Munchen 25 Aug. 1822 Hochgeschäzter, theuerster Freund und Collega! Mit Spix habe ich gesprochen: es laßt sich droguiren und kaufen; Vieles ist an Thieren doppelt und mehr- fach vorhanden: lebende wilde Katzen gibt es in Baiern nimmer, doch ausgestopfte stehen zu Dien- sten, auch Luxe u. d. gl. Zur Basis sollte er freylich vorerst wissen, was Sie bedürfen und so wird's gut seyn, sich mit ihm selbst in Correspondenz zu setzen. Die Adresse ist an Herrn Hofrath und Akademiker Spix in München . Recht herzlich danke ich für Ihren lieben Brief und für die Genehmigung meiner Familienbitte. Neues weiß ich Ihnen weiter Nichts zu schreiben, was Sie interessiren könnte. Ueber 500 entbehrliche literarische Werke habe ich verauctioniren lassen und gegen 1200 (vielleicht 2000 Bände) behielt ich noch zurük . Darf man etwa auch in das Preußische (wie, dem Vernehmen nach, in das Russische) nur eine bestimmte Zahl von Wer- ken mitbringen? Glauben Sie nicht, daß ich Sie diesen Herbst, welcher hoffen läßt schön zu werden, noch in Breslau grüßen kann? Mit der eventuelen Berufung kann es nicht fehlschlagen, dann ich habe so wenig über positive Religion als über Politik eine Zeile geschrieben, und auch im Theoretischen habe ich die jetzigen religiösen Ansichten auf das zar- teste geschont. Uebrigens habe ich im Lehramte über meine die Religion oder den Staat angehenden Ansichten nie Vorträge gehalten und werde das aus Ueberzeugung nie thun; es ist jedes Lehrers Pflicht, unter den feuerigen Gemüthern die zur Extravaganz geneigten zunächst in den Schranken ihres Berufs zu erhalten; der besonnene Mann kann, wenn er dann das Bedürfniß fühlt und Muse hat seinen Verstand schon weiter bilden. Ich schreibe Ihnen das, weil ich versichert bin, daß Sie mit mir gleiche Gesinnung theilen; im Uebrigen enthielt ich mich von je her möglichst alles Gesprächs über jene Umtribe, ließ mir so- gar Unkosten gefallen, um diesem Vorsatze treu zu bleiben, und verreiste, wenn ein Gelehrter hier war, von dem man über seine Gesinnung in dieser Hinsicht ungewiß zu seyn schien. Damit es nicht zudringlich scheine will ich mit der Absendung meiner sämmtl. Werke an Herrn Minister von Altenstein warten, bis zur erfolgten Berufung Der in früheren Zeiten von unserm Könige mir erbetene Bau zu mehrerer Bequemlichkeit meiner durch herrliche Aussichten angenehmen Dienstwohnung wurde seitdem bewilligt und wir steckten 4 Wochen lang mit unserm gan- zen Kram eine Treppe niedriger in ein paar Hörsälen. Da wir dieses mühsame Hin- und Herziehen scheuten, und es damals ahneten als wir frühere Ankunft in Bres- lau wünschten, so war das nun ein Motiv mehr für unser nun fehlgeschlagenes Sehnen. Wenn meine vielen Beschäftigungen mit Bau und Umziehen beendet sind, hoffe ich, mich mit Ihnen wieder länger unterhalten zu kön- nen; derweil ist auch die meiste Arbeit mit dem von mir gefertigten Repertorium über die 100 Bände der Jahrgänge 1801-1820 unserer med. chir Zeitung (welches bald, etwa 80 Bogen stark, die Presse verlassen wird) vorbey, und wie ich hoffe, werde ich bey der bevorstehenden Ver- grösserung meiner Familie nicht zu viele Zerstreu- ung finden. Auch mein Weib läßt dankbar sich empfehlen. Erhalten Sie in gütigem Andenken Ihren Freund Gruithuisen