Hoch und Wohlgeborner Herr Freiherr. Hochgbietender Herr Geheimer Staatsminister. Gnädiger Herr. Ew. Exzellenz stets mir erzeigte Hohe Gnade und Wohlwollen machen es mir zur unerläßlichen Pflicht Hochdenenselben einer der wichtigsten Ereigniße meines Lebens anzuzeigen: ich stehe nemlich im Begriff mich zu verheiraten. Meine Braut ist die Tochter des sächsischen Oberst- Lieutenant von Wittern , welche ich im Laufe dieses Winters hier kennen lernte und ihre Liebenswürdigkeit und anderer treflichen Eigenschaften wegen bald achtete und liebte; ich erhielt ihre Gegen- liebe und hoffe ein recht glückliches Loos gezogen zu haben; unsere Hochzeit soll im Anfange May statt finden. Nächstdem aber wage ich noch im Vertrauen auf die Hohe Gnade womit Ew. Exzellenz mich stets beglückt haben, eine ganz unterthänige Bitte. Ohngeachtet meines Protestirens hat man mir in Bezug auf meine frühere Anstel- lung als Lehrer der Zeichenkunst bei der Universitaet zu Bonn , hier im gesellschaftlichen Verkehr das Prädikat Professor beigelegt, und meinen Wiederspruch blos für falsche Bescheidenheit gehalten, was auch hauptsächlich daher kommen mag, daß ich in dem König. Kabinetsp ass nach Italien als solcher bezeichnet war, was ganz ohne mein Zuthun geschehen, da ich denselben schon ausgefertigt erhielt, und sonach von meinen Bekanten , sogar auch von den den Herren Professoren der Uni- versität Breslau diesen Titel, troz meines Streibens dageg en erhielt. Da ich selbst nun mich nie für etwas anderes gegeben, als w as ich wirklich bin, so hatte diß nun im Ganzen wenig zu bedeuten jetzt aber ist es ganz anders. Man ist im allgemeinen hier sehr titelsüchtig, und da ich jetzt durch meine Heirath in verwandschaftlich er und anderer Hinsicht gleichsam in eine genauere und offizielle Be rüh rung mit dem hiesigen Publiko trete, so müßte ich auch gewisser- maßen auf eine offizielle Weise mich selbst degradiren, was mir mindestens Mißdeutung zuziehen würde, da ja die meisten Mensch en bei Beurtheilung anderer von sich selbst auszugehen pflegen. Vielleicht würde es sogar, wenn auch nur im stillen, meiner jungen Frau unangenehm sein, wenn ich ihr dafür, daß ich sie in den bürgerlichen Stand herabziehe weder ein glänzendes Loos in pekuniärer Hinsicht noch auch wenigstens einen Namen geben kann, womit sie in der Gesellschaft welche darauf so viel Werth legt, etwas gilt. Lediglich um diesem allem auszuweichen, wünschte ich, mich dieses Titel mit Recht bedienen zu können, und wage deshalb an Ew. Exzellenz die unterthänige Bitte, um gnädige Ertheilung des Karakters als Professor, in sofern es mit Hochderoselben deshalb feststehenden Grundsätzen vereinbar ist. Da ich sowohl durch mein eifriges Bestreben, mich zu einem Künstler zu bilden, als auch durch Erfüllung meiner Pflicht gegen das Vaterland mit Aufopferung meines Vortheils, indem ich den Posten als Grosherzoglich Hessischer Hofmaler verließ, um durch meine geringen Kenntniße dem Vaterlande zu dienen, wobei ich mir als Ingenieur Geograph den Beifall und die Wohl- gewogenheit der Herrn Generale, unter deren Befehlen ich gestanden erworben habe, so hoffe ich dieser Hohen Gnade einigermaßen nicht ganz unwerth zu sein. Als ich aus Italien zurückkehrte hatte ich das Un- glück, Ew. Exzellenz nicht in Berlin zu treffen; eine Commission der Accademie prüfte damals mein aus Rom mitgebrachtes Altarbild und wenn diß nebst den aus Italien an ein Hohes Ministerium ein- gesandten Arbeiten nicht hinlänglich sein sollte, die zur Ertheilung des gebetenen Karakters erforderliche künstlerische Ausbildung s Tüchtigkeit darzuthun, so könnte ja nöthigenfalls noch die fertige Skizze zu einem neuem Altarbilde für Naumburg am >Queis ( das 22 Fuß hoch u 11 breit wird,) die hier viel Beifall findet, so wie auch etwa eine gelungene Kopie im kleinem, nach dem schönen Bilde des Bagnacavallo in der hiesigen Gallerie einsenden. Eine größer e Arbeit zu diesem Behuf für den Augenblick zu machen würde wohl jetzt nicht gut möglich sein, da mir die Zeit dazu fehlt. Da so viel ich weiß, mehrere Künstler in Berlin den Titel Professor führen ohne als Lehrer bei der Academie angestellt zu sein, so glau be ich um so mehr, daß in dieser Hinsicht meiner Bitte nichts entge gen stehen wird; bis es vielleicht später die Verhältniße erlauben, daß Ew. Exzellenz mir eine meinen Kentnißen , und Bedürfnißen an- gemessene Anstellung gewähren, welches mein innigster Wunsch ist, da ich einen nützlichen Wirkungskreis im Vaterlande jeder Anstellung im Auslande weit vorziehen würde. Daß nicht Titel- sucht meinerseits Veranlassung meiner Bitte ist, sondern lediglich die Besorgniß des Nachtheils, der mir aus der Mißdeutung der Menschen erwachsen würde, werden Ew: Exzellenz gewiß überzeugt sein. Obgleich ich gesonnen bin in 3 bis 4 Wochen nach Berlin zu reisen, wo ich mich unterstehen würde Ew. Exzellenz meine unterthänige Aufwartung zu machen, so wage ich es doch Hochdieselben um einen noch früheren vorläufigen kurzen Bescheid ganz unter- thänigst zu bitten, damit ich wenigstens vor der Hand über die Erfüllung oder Nichterfüllung meiner Bitte auser Zweifel bin, und mein desfalsiges Benehmen hier darnach noch einrichten kann, zu welchem Zweck ich mich unterstehe, meine Addresse hier beizufügen. Sie ist: Dem Hofmaler J. Raabe , p. Addr. Herrn Post Secretair Simon in Dresden . Ew. Exzellenz bitte ich wegen der Behelligung mit diese dieser Anliegenh eit ganz unterthänigst um Verzeihung, empfehle mich Hochderose lben Gnade und Wohlgewogenheit auf das angelegentlichste, und verharre in tiefster Verehrung. Ew: Exzellenz ganz unterthänigster Diener J. Raabe Dresden d. 24 t April 1823.