Ew. Excellenz sage ich den verbindlichsten Dank für die mir geliehenen Bücher. Beygehend sende ich des Diego de Carvalho Memoria p zurück; die Observations sur les Ombres colorées muß ich bitten mir noch einige Zeit zu lassen, da ich sie noch nicht habe excerpiren können. [...] - Wir sind mit unserm neuen Wohnorte ganz zufrieden; ich habe mir sogleich eine dunkle Kammer eingerichtet und wieder zu experimentiren angefangen. Meine erste Arbeit im August war die Wiederholung der Beobachtungen und Versuche von Malus über Spiegelung und doppelte Strahlenbrechung , wovon er in seiner Théorie de la double réfraction, Paris 1810 Nachricht gegeben hat. Malus hat nämlich gefunden, daß das Licht , wenn es unter einem Winkel von ungefähr 35° auf ein unbelegtes Spiegelglas fällt, und reflectirt wird, sich gegen den Doppelspath anders verhält, als das direkte Licht , in gewissen Lagen des Haupt- schnittes vom Doppelspath nur ein einfaches Bild gibt, ferner, daß ein 2 tes Glas , welches dieselbe Neigung gegen den Horizont hat, als das erste, in 2 Richtungen das vom ersten Glase reflectirte Licht nicht weiter reflectirt. Es sey AB das auf das erste unbelegte Siegel- glas I fallende Sonnenlicht , welches nach C reflectirt, und dort von einem 2 tn unbelegten Glase aufgefangen wird, so erscheint, wenn AB sich in der Mittagsebene befindet, und das 2 te Glas nach Norden oder nach Süden gerichtet ist, ein gespiegeltes Bild der Sonne , (hier als nach Norden fallend vor- gestellt,) wie gewöhnlich. Wird aber das 2 te Glas um BC wie um eine Achse gedreht, während es seine vorige Neigung gegen den Horizont behält, so wird das Bild D immer schwächer, und wenn die spiegelnde Fläche II nach Osten oder Westen gerichtet ist, so wird man kein Licht in D (dann in Osten befindlich) gewahr. Neigt man in dieser Stellung eines oder das andere der beyden Gläser nur ein wenig gegen den Horizont, daß der einfallende Winkel in B oder C nur etwas größer oder kleiner wird, so sieht man sogleich ein reflectirtes Bild der Sonne auch in Osten. Diese Erscheinungen sind übrigens ganz unabhängig von den Weltgegenden. Jedesmahl wenn das 2 te Glas mit dem 1 tn gleiche Neigung hat, und das Licht unter ungefähr 35° reflectirt, so erfolgt in der Richtung der Einfallsebene eine Spiegelung , dagegen keine in der diese Einfallsebene rechtwinklig schneidenden Fläche. - Bringt man in BC ein Rhomboeder von Doppelspath , so erhält man nicht in jeder Lage desselben ein Doppelbild, wie gewöhnlich im Sonnenlichte , sondern das Bild ist, wenn der Hauptschnitt sich in der Einfallsebene befindet, einfach, und genau das von der gewöhnlichen Brechung , wie man es nennt, und ebenso ist es einfach wenn der Hauptschnitt des Doppelspathes die Einfallsebene unter einem rechten Winkel schneidet, dies ist aber dann das von der ungewöhnlichen Brechung hervorgebrachte Bild, in allen Zwischenlagen ist das Bild doppelt. Den Hauptschnitt nennt man seit Huygens eine Fläche, welche am regulären oder gleichseitigen Kalkspath-Rhomboeder durch die kleine Diagonale und zwey einander gegenüber stehende stumpfe Ecken geht; es hat also jedes Rhomboeder 3 Hauptschnitte. - HE. Arago hat wiederum bemerkt, daß ein solches ver- schwundenes Bild vom Doppelspath , und ebenso das durch das 2 te Glas in Osten und Westen nicht mehr sichtbare Bild, sogleich wieder hergestellt werde, wenn man ein dünnes Blättchen russisches Marienglas, oder Gyps, oder eine Berg- krystalltafel in BC über den Doppelspath oder das Glas II hält, und daß dies wiederhergestellte Bild 4 mahl verschwindet und 4 mahl im lebhaftesten Lichte erscheint, wie man das Glimmerblatt um BC wie um eine Achse einmahl herum dreht. - Eine ausführlichere Nachricht von diesen und andern Erscheinungen finden Ew. Excellenz in Gilberts Annalen von 1809, 1811 und 1812. - Wenn man statt der unbelegten Gläser Metallspiegel oder auch belegte Glasspiegel verwendet, so finden nicht mehr dieselben Erscheinungen statt. Wasser hingegen und überhaupt alle durchsichtige Körper bringen sie hervor, doch unter andern Winkeln zum Theil als Glas . - Die Theorie von HE. Malus ist ganz mechanisch, er nimmt viereckige Lichtstrahlen und Licht moleculs mit 3 Achsen an p, und trägt nun in dieser theoretischen Sprache seine Beobachtungen vor, so daß man sie häufig erst in die einfache Beschreibung der Phänomene übersetzen muß, um nur zu wissen, was er denn gesehen hat. Ich habe die mehresten von seinen Versuchen wiederholt und weiter verfolgt, und bin so glücklich gewesen einige für die Lehre von der Brechung und Spiegelung und für das Verhalten des Lichtes zu den durchsichtigen Körpern überhaupt wichtige Entdeckungen zu machen. In einem Monate hoffe ich Ew. Excellenz eine gedruckte Nachricht hiervon überreichen zu können. Ich wünschte Ihnen diese Versuche selbst zeigen zu können, sie sind sehr merkwürdig und müssen gehörig verfolgt, uns noch bedeutende Aufschlüsse über die Action des Lichtes verschaffen. Damit Sie Sich durch eigene Anschauung wenigstens von den oben erzählten factis überzeugen, habe ich einen kleinen Apparat und ein Prisma von Doppelspath für Sie verfertigt, welche hier beylege. Wenn Sie den mit A bezeichneten Würfel an eine Tischkante so stellen, daß die Seite A nach außen gekehrt ist, und davor eine Kerze in die Verlängerung der einen innen gezogenen Linie stellen, so wirft das schwarze Glas das Bild des Lichtes unter einem Winkel von ungefähr 35° in der Richtung der andern Linie, und der Tischkante zugleich zurück. Stellen Sie hierauf den 2 tn Würfel B so an die Kante des Tisches, daß die Seite B nach oben gerichtet ist, dem 1 tn Glase gegenüber steht, und das von diesem gespiegelte Bild auffängt, so sehen Sie, wenn Sie auf das Glas in B gerade niederblicken, die Flamme der Kerze; wie Sie aber das Auge entfernen und in die Verlängerung der in B gezogenen Linie bringen, so verschwindet Ihnen das Bild des Lichtes mehr oder minder vollkommen, je nachdem die Stellung des Lichtes , der Gläser und des Auges gelungen ist. 2) Behalten Sie die letzte Stellung des Auges bey, in der Ihnen die Flamme verschwunden war, und bringen Sie eine dünne Tafel von Marienglas, oder ein durch- sichtiges dünnes Stück Gyps, perpendiculär zwischen die beyden Würfel, so wird die Flamme sogleich sichtbar. Drehen Sie das Marienglas um eine hier horizontal zu denkende Achse, so verschwindet Ihnen das von B gespiegelte Bild während einer Umdrehung 4 mahl. 3) Geben Sie, während A unverändert stehen bleibt, dem Würfel B die Lage, daß die Seite B nach außen gekehrt ist, wie A , beyde Gläser also so einander gegenüber stehen / \ so sehen Sie die Flamme der Kerze in jeder Richtung. Wird nun, indem das Auge unter einem Winkel von 35° (d. h. in der Verlängerung der innen gezogenen Linie) auf B sieht, eine Tafel Marienglas zwischen die beyden Würfel gehalten, so erscheint die Flamme gerade in den Stellungen des Marienglases geschwächt und trüb, in denen es bey der 1 tn Lage von B lebhaft war, und wiederum lebhaft in den Stellungen des Marienglases, wo es in der ersten Lage von B unsichtbar war. 4) Stellen Sie B bey Seite, und betrachten Sie das von dem Glase A gespiegelte Bild durch das Prisma von Kalkspath , so sehen Sie 2 Bilder der Flamme; drehen Sie das Prisma um eine horizontal zu denkende Achse, so wird Ihnen das eine Bild schwächer und verschwindet endlich gänzlich; wie Sie weiter drehen, so kömmt das verschwundene Bild wieder zum Vorschein, und das andere wird schwächer und verschwindet endlich gänzlich. Zweymahl ver- schwindet das eine und 2 mahl das andere Bild. 6) Ein Glimmerblatt zwischen den feststehenden Doppelspath und dem Glase A gehalten, bringt auch hier das verschwundene Bild wieder zum Vorschein. Es wirkt der Glimmer hier gleichsam vertheilend. Ich habe auch untersucht, ob diese Erscheinungen in irgend einem Zusammenhange mit der Polarität des farbigen Lichtes stehn, habe aber noch keinen bedeutenden Einfluß der einen auf die andern wahrgenommen; doch sind noch nicht alle Versuche gemacht die ich deshalb entworfen hatte. Der niedrige Stand der Sonne , und die üble Witterung überhaupt, zwangen mich diese Arbeit früher zu unterbrechen, als mir lieb ist. Eine merkwürdige Stelle aus Malus Théorie muß ich Ihnen noch mittheilen. Nachdem er Huygens Untersuchungen über die doppelte Strahlenbrechung das gebührende Lob ertheilt hat, sagt er p . 290: Cette loi considérée en elle-même & débarrassée de l'explication à laquelle Huygens l'avoit attachée, est une des plus belles découvertes de ce célèbre géomètre. - Newton , dans les questions qui suivent son traité d'Optique, a consacré plusieurs pages à la double refraction. Il connoissoit l'ouvrage d' Huygens ; cependant il substitue à la loi de ce géomètre une loi plus simple en apparence, mais absolument contraire aux phénomènes, comme M. Haüy l'a remarqué et démontré le premier. On a peine à expliquer le peu de cas que Newton fit, dans cette circonstance, d'une loi que Huygens avoit déclarée conforme à ses experiences; il est probable qu'il n'en répéta aucune avec le soin qu'il étoit accoutumé à mettre dans ses travaux physiques, et que, dédaignant l'hypothèse des ondulations qu'il avoit combattue et terrassée par ses théories, il enveloppa dans le même jugement et la loi et l'explication qui sembloit l'appuyer. Sein Werk schließt Malus folgendermaßen: Ainsi, après un siècle de recherches et de discussions sur cette matière, une connoissance plus parfaite des phénomènes nous ramène à admettre, comme incontestable, cette loi remarquable que l'autorité de Newton a fait méconnoître, et replace une des plus belles découvertes de Huygens au rang qu'elle doit occuper dans le système de nos connoissances. Wenn Ew. Excellenz Rizzettis Specimen phys. mathemat. de luminis affectionibus besitzen, so würde ich mir es auf einige Wochen ausbitten. Desaguliers Abhandlung gegen ihn in den Philos. Transact. enthält einen Versuch über das Verschwinden des gespiegelten Bildes wenn ein Glasprisma eine Wasserfläche berührt. Rizzetti hat vielleicht hierüber noch mehr. Das obenbenannte Werk von ihm befindet sich nicht in München , und die Acta Eruditorum enthalten wohl nur Auszüge. Ich würde Ew. Excellenz bitten es mir gerade mit der fahrenden Post zu senden. Des Diego de Carvalho Versuche habe ich noch nicht wiederholen können, es soll aber nächstens geschehen. Noch bin ich gesonnen diesen Winter einige merk- würdige und ganz übersehene Beobachtungen von Herschel über lichtlose Wärme näher zu untersuchen. Ich habe mir hierzu 2 empfindliche korrespondierende Thermometer in Ansbach bestellt, welche ich nächstens erhalten soll. - Ich habe vor kurzen in Ansbach die Bekanntschaft eines Mannes gemacht, welcher sich mit Verfertigung von Achromaten beschäftigt, und große sehr vorzügliche Werkzeuge dieser Art zu Stande gebracht hat, er heißt Bischof und war bis vor einem Jahre Baudirector und Finanzrath. Dieser Mann hatte sich bey seinem Aufenthalte in Engeland mit einem beträchtlichen Vorrate von gutem englischen Flintglase und Crownglase versehen, und besitzt auch verschiedene sinnreich ausgedachte Vorrichtungen zur genauen Bestimmung der Brechung und Farbenzerstreuung seiner Gläser . Er sagte mir, daß er auch den Apparat des Duc de Chaulnes besitze. Als ich ihn fragte, ob er denn mittelst desselben einen Unterschied in der deutlichen Abbildung der Objecte durch das rothe und das blaue Glas bemerkt habe? erwiederte er: niemahls, und er habe überhaupt jenen Apparat zur Bestimmung der Farbenzerstreuung nicht brauchbar gefunden. Dies stimmt vollkommen mit meinen im vorigen Winter mit Kerzenlicht angestellten Versuchen überein; ich werde nun auch den ersten hellen Mittag benutzen ihn im Sonnenlichte zu wiederholen. Die Fernröhre des HE. Bischof gehören wohl zu den vorzüglichsten welche in Deutschland verfertigt worden, und stehen selbst, wie mir der Astronom HE. Soldner aus München versicherte, den englischen gleicher Art nicht nach. Die Objective bestehen blos aus 2 Gläsern und sind vollkommen achromatisch. HE. Bischof hatte 3 Instrumente fertig, 2 von drittehalb Fuß und eines von etwa 4 Fuß; mit dem letztern konnte ich in einem Abstande von 170 Schritten ungefähr die kleinste Schrift eines Titelblattes vollkommen deutlich lesen. Mit den kleinern konnte ich dies zwar auch, doch erst als ich den Inhalt des Blattes kannte. Die Sternwarte in München besitzt ein solches kleineres Fernrohr, wofür ihm 30 Carolins gezahlt worden sind, auch wurde er zum correspondirenden Mitglied der Akademie ernannt. Der König von Preußen besitzt gleichfalls ein Fernrohr von ihm, wofür er eine Gehaltszulage erhielt. Eines von den 2 1/2füßigen, die er jetzt fertig hat, würde er wohl für 200 Rht. lassen. Noch hat HE. Bischof ein Objectiv von beynahe 5 Zoll Durchmesser nebst Ocularen zu einem 12füßigen Achromat fertig, desgleichen das kupferne Rohr dazu, nur das Stativ fehlt. Dies ist wohl das größte bis jetzt zu Stande gebrachte achromatische Fernrohr. - Bey Herrn Rath Soldner habe einen Multiplikations- kreis von Reichenbach zu terrestrischen Vermessungen gesehen. Dies Instrument ist vollendet zu nennen. Es ist seit 4 Jahren zu den weitläuftigen Vermessungen im Reiche gebraucht worden, und ist noch so vollkommen, als es aus der Hand des Künstlers gekommen ist. HE. Soldner versicherte, daß es die besten englischen Werkzeuge der Art, welche er in Berlin und Gotha gebraucht habe, weit übertreffe; auch die Übereinstimmung in den gemessenen Winkeln in dem Tagebuche des HE. S . sprechen für die große Vollkommenheit des Instrumentes. Es hat dies 1 Fuß im Durchmesser und hat 70 Carolins gekostet. Kleinere Kreise à 8 Zoll Durchmesser, welche 10 Sec . angeben, zu terrestrischen und astronomischen Gebrauch eingerichtet, kosten bey HE. v. Reichenbach nur 40 Carolins . Herr Baumann in Stuttgard , welcher auch sehr gute Instrumente dieser Art verfertigen soll, läßt sich für ein solches 8zölliges 70 Carolins zahlen. Eine ausführliche Nachricht von den Reichenbachschen Kreisen und der Genauigkeit, welche selbst die kleinsten zulassen, finden Ew. Excellenz in der Bibliothèque Britannique 1812 Fevr . & Mars von HE. v. Zach. Da Sie mit der Einrichtung einer Sternwarte in Jena beschäftigt sind, so sind Ihnen diese Notizen vielleicht brauchbar. Von den astronomischen Sehwerkzeugen von Reichenbach finden Sie einen Preiscourant in Gilberts Annalen 1811. 7 tes St . [...] Ew. Excellenz erhalten hier zugleich etwas echtes Lignum nephriticum , das einzige und letzte was in den hiesigen alten Apotheken noch aufzutreiben war.