Actum Berlin den 9 t Julii 1819. Die unterzeichneten Gerichtsperso- nen begaben sich heute nach der Hausvogtey, um den L. v. Henning zu vernehmen. Aufgefordert, über alles das, worüber er befragt und vernommen werden würde, die Wahrheit zu sagen, versprach er, dieser Auf- forderung nachzukommen, und sagt: Ich heiße Leopold Dorotheus v. Henning , bin 27 Jahr alt, luthe- rischer Confession, aus Gotha ge- bürtig. Mein verstorbener, im Felde gebliebener Vater war Oberst in Gothaischen Diensten; Am Rand mit Bleistift angestrichen. meine Mutter lebt noch. Ich habe noch 6 jüngere Geschwister, von denen keins in den Preuß. Staaten lebt. Im Jahre 1812 ging ich nach Heidelberg und studirte die Rechte. Im Jahre 1813 setzte ich mein Studium in Jena fort. Am Rand mit Bleistift angestrichen. Nachdem ich eine Reise nach der Schweiz gemacht und in Genf den Wiederausbruch des Krieges mit Frankreich erfah- ren hatte, ging ich zu Fuß nach Leipzig Ende des Jahres 1813. Ich trat zu dem 1 ten Sächsischen leichten Inf. Reg. , welches zum 3 ten deutschen Armee-Corps gehörte, machte den Feldzug Am Rand mit Bleistift angestrichen. mit, avancirte zum Offizier, machte aus der Kantonirung von Namur eine Reise nach London und kehrte im März 1814 nach dem Regimente zurück. Ich bekam zuerst auf mein Verlangen Urlaub und hernach den Abschied - mich dünkt im Decbr. 1814. Den Winter 1814/15 hielt ich mich in Wien auf, und faßte hier den Entschluß in Preußische Dienste zu treten. Mit einem Schreiben des Hrn. St. Kanzlers und dHrn G.St.R. v. Steegemann ging ich nach Berlin , und wurde bei der Regie- rung, damals zu Königsberg in Am Rand mit Bleistift angestrichen. der Neumark als Referendar angestellt. Bei dem neuen Aus- bruch des Krieges im Jahre 1813 Am Rand mit Bleistift angestrichen. ging ich mit Genehmigung des Reg. Präs. nach Berlin und wurde als Offizier angestellt bei dem 3ten Landw. Reg. in Kölln . Mit Am Rand mit Bleistift angestrichen. der Weisung, mich nach Paris zu begeben, wurde ich zum 1 ten Westphälischen Landw. Reg. versetzt, Am Rand mit Bleistift angestrichen. blieb aber bei dem General von Steinmetz als Kommandirter und reisete im November 1815 nach Trier mit ihm, wo der General die für ihn bestimmte neue Brigade formirte. Ich Jahre 1816 wurde ich auf mein Ansuchen des Militairdien- stes entlassen, und bei der Regie- rung zu Erfurth als Referen- dar angestellt. Mehr zu wissenschaftlichen Arbei- ten geneigt, als zu denen, welche mir bei der Regierung oblagen, reisete ich im Septbr. pr. nach Berlin hörte und höre noch jetzt Collegia um mich zum akademischen Lehrer auszubilden. Ich wohne in der Breiten Straß 29. Am Rand mit Bleistift angestrichen. Vorgestern 7/6 19 früh um 4 Uhr wur- den meine Papiere in Beschlag genommen und gestern morgen wurde ich selbst verhaftet - weßhalb? Am Rand mit Bleistift angestrichen. weiß ich eigentlich gar nicht. Daß geheime Verbindungen und Vereine in Deutschland exist iren, um die Staatsverfassung von Deutschland sowohl überhaupt, als der einzelnen Staaten zu veränd- dern, oder über den Haufen zu werfen, davon ist mir gar nichts bekannt, bekannt ist mir, daß unter den Studenten eine Verbindung unter dem Nahmen Burschenschaft exist irt, die aber, was ich von ihnen darüber gehört habe, gar keinen andern Zweck hat, als den Spannungen un- ter den Landsmannschaften, der Ent- fernung von ihren Lehrern, dem Zweikampf und überhaupt dem soge- nannten alten Burschencomment ein Ende zu machen. Ich kann ver- sichern, bei den Studenten, die zu dieser Verbindung gehören, und deren Bekanntschaft ich durch das Besuchen der Collegia gemacht habe, einen höheren Grad von Sittlichkeit und Moralität gefunden zu haben, als bei andern. Eine Verbin- dung bezeichnet mit dem Nahmen engerer Verein oder schwarze Brüder oder Unbedingte ist mir unbekannt. Zu den Personen, die ich schon seit mehreren Jahren gekannt, oder deren Bekanntschaft ich hier späterhin gemacht habe, gehören der Dr. Förster , der Geh.Ob.R.R Schultze , der Geh. Ob. R.R. Koreff , der Dr. Jahn , der Herr R.R. Kölln , der Hof R. Müller im statischen Bureau, der Major v. Weiher , der Geh. St.R. v. Stegemann , der Hauptmann v. Plehwe , der Buch- händler Reimer , der Professor Solger und de Wette , der Professor Hegel , der Dr. Jung , der Dr. Rue- diger . Den Capt v. Plehwe habe ich etwa 4 oder 5 mal besucht. Auch weiß ich, daß des Montags sich eine Gesellschaft bei ihm versammelte von seinen Bekannten, und Einmal habe ich selbst daran Theil genommen. Man unter- hielt sich, es wurde gesungen, nament- lich mehrere Lieder aus der Kriegs- zeit, ein mäßiges Abendessen gehalten, und ein Glas Bier getrunken. Bei meiner Anwesenheit in dieser Gesellschaft, und das kann ich mit Wahrheit versichern, ist gar nicht einmal von den Verfassungen Deutsch- lands, noch weniger von einer Um- änderung derselben die Rede ge- wesen. Ich kenne keine Vereine, deren Zweck eine solche politische Tendenz hätte, noch weniger gehö- re ich selbst dazu. Ich wiederhole noch einmal meine Behauptung, daß ich nicht weiß, weß- halb ich verhaftet bin und bitte mich des Arrestes zu entlassen, und nicht länger in dem Besuch der philosophischen Vorlesungen unter- brochen zu werden. An dem Einen Tage, an welchem ich in dem gesellschaftlichen Cirkel des Hauptm. v. Plehwe war, befan- den sich etwa 10-12 Personen, von denen ich, soviel ich mich noch erinne- re, kannte den Dr. Jung , den Lieut. v. Weiher den Aelteren, den Lieut. v. Griesheim , den Turnlehrer Eiseler , den cand: theol: Gross , ich glaube auch einen gewissen Beek oder Beneke , nach dessen Namen ich mich erkundigte, denn ich kann- te ihn vorher nicht, den Lieut: von Plehwe . Ich bitte um die Erlaubniß, an meine kränkliche Mutter, die sehr darauf rechnet, alle 14 Tage wenig- stens von mir einen Brief zu er- halten, zu schreiben. p. r. s. [?] Leopold v. Henning a. u. s. Schmidt Dambach