Mit wahrer Freude, mein trefflicher und vielgeliebter Freund, ergreife die Gelegenheit Ihnen einmal wieder zu schreiben und mich nach Ihrem Wohlseyn zu erkundigen. Sowohl Berliner als andere Reisende, haben mir versichert, daß Sie wohl und thätig sind, möge ich dieses auch un- mittelbar von Ihnen erfahren. Nun aber wünsche daß Sie beykommen- der Arbeit ansehn mögen, wieviel ich die Zeit her an Sie gedacht, und wie ich dankbar bemüht gewe- sen die herrliche Entdeckung die wir Ihnen schul- dig geworden, auf Elemente zurück zu führen, zu entwickeln und so wohl der übrigen Farbenlehre, als auch sonstigen Erscheinungen der Natur, anzu- schließen. Da das Ganze nun einmal Capitelweise da- steht, so wird es sich im einzelnen bearbeiten, einiges ausführen und anderes e i nschalten laßen. Den Hauptpunct die doppelt refrangirenden Körper betr. habe nur im Ganzen berührt, ihrer schönen und ausführlichen Behandlung gar wohl eingedenk. Mögen Sie mir Ihre Gedanken vielleicht er- öffnen und Winke geben, was noch zu thun seyn möchte, damit, wenn ich wieder an die Arbeit gehen sollte, ich wie sonst, auch dies mal durch Sie glücklich gefördert sey, vor allem aber wünschte ich zu er- fahren, wohin sich gegenwärtig Ihre Thätigkeit gewendet, damit ich auf jenem Wege in Gedanken einigermaßen folgen kann . Möge sich von nun an unser freundliches Ver- hältniß abermals erneuen! Je länger man lebt, desto mehr fühlt man wie hoch frühere persönliche Bezüge zu schätzen sind. Vier Berliner Freunde die mich in dieser Zeit besucht, haben mich in die lebendige, that- und geräuschvolle Königsstadt recht eigentlich versetzt. Freund Meyer, der , auch in meinen meinem Namen , einen Gegenbesuch ab- stattet, wird Ihnen gewiß willkommen seyn. Durch ihn wünsche ausführlich zu verneh- men, daß es Ihnen und den theuren Ihrigen in jedem Sinne wohl gehe. Laßen Sie in Ihrem lieben Kreise mein Andenken auf das Beste empfohlen seyn. treulichst Goethe Jena den 7 n Octbr. 1820.