Hochwohlgebohrner Herr Höchstverehrter Herr Geheimer Staatsminister! Fast muß ich fürchten daß Ew. Excellenz mich, da ich seit so geraumer Zeit kein Lebenszeichen von mir gegeben, zu den Verschollenen zählen werden. Um diesem Nachtheil zu begegnen, erlaube ich mir Höchstdieselben zu versichern daß ich während der beyden letzten Jahre nicht nur überhaupt nicht unthätig, sondern auch sowohl in diesem als auch im vorige Sommersemester ins beson- dre auf dem chromatischen Gebiet nach besten Kräften beschäftigt gewe- sen bin. Da ich auf Veranlassung meines dermaligen Ferienbesuchs hier in meiner Vaterstadt binnen einigen Tagen (wahrscheinlich nächsten Mittewoch ) auch nach Weimar zu kommen hoffe und somit der frohen Aussicht lebe Ew. Excellenz persönlich aufwarten zu dürfen, so unterlasse ich es mich hier schriftlich über meine chromatischen Bemühungen während des vorerwähnten Zeitraums zu verbreiten indem ich mir vorbehalte Ew. Excellenz mit Ihrer gnädigen Erlaubniß hierüber mündlichen, und wie ich im voraus sagen darf nicht unerfreulichen, Bericht zu erstatten. - Der nächste Zweck dieser ehrerbietigsten Zeilen ist, au- ßer der Ew. Excellenz hiermit vorgetragenen Bitte persönlich vor Höchstdenselben erscheinen zu dürfen, die vorläufige Über- sendung des hierbey erfolgenden mir von Berlin aus zu- gegangenen dramatischen Versuchs, dessen junger Verfasser, ein eifriger Schüler Hegels , gegenwärtig in Paris ist und mich bey seinem Abgang von Berlin ersucht hat, seine während sei- ner Abwesenheit im Druck fertig gewordene Arbeit Ew. Ex- cellenz vorzulegen, da ihm selbst, auch abgesehen von seiner dermaligen Abwesenheit aus dem Vaterlande, seine Bescheidenheit nicht verstattete sich Höchstdenselben selbst mit seinem poetischen Versuch zu nahen. - Gleichzeitig erlaube mir noch Ew. Ex- cellenz anliegend eine von meinem Freund Förster aus Ber- lin mir zugegangenen Artikel aus der dort erscheinenden Vossi- schen Zeitung über die von Deutschen zu Paris veranstaltete Feier des 28 sten August zu überreichen und darf ich die Versicherung hinzufügen daß ich, mit allen daheim gebliebenen Freunden, die im Nahmen unserer Landsleute vieleicht zum ersten Mal in solcher Weise ausgesprochenen Gesinnungen der Dankbarkeit und der Ehrerbietung von ganzem Herzen mit tiefen Be- wußtseyn theile. Ew. Excellenz ganz unterthäniger Diener Leopold von Henning . Gotha den 24 sten September 1825 .