Hochwohlgeborner Höchstzuverehrender Herr Geheimer Staats Minister ! Ew Exzellenz werden gnädigst verzeihen daß ich nicht schon früher meinen ganz unterthänigsten Dank, sowohl für die gütige Verlängerung meines Urlaubs als auch für die neue Unterstitzung abgestattet habe. Ich würde es auch nicht solange verschoben haben, wenn ich es nicht in der Absicht gethan hätte um Ew Exzellenz etwas bestimteres über die hier anzufertigenden Arbeiten sagen zu können, von welchen ich, da ich erst spät die Erlaubnüß erhalten, bis jetzt erst die 13 Tänzerin und die 4 Centauren Gruppen aus Herkula n um kopirt habe, wobey ich mich dißmahl der Oehlfarben bedient habe, weil ich dadurch die Originale, welche mit Wachsfarben auf dunklen Grund gemahlt und mit einem Firnüß überzogen scheinen, am genauesten nachzuahmen glaubte besonders da ich die Kopien in der Größe wie die Originale gemacht, ohne das geringste zu ändern oder zu ergänzen wie es bei den Kupfern in dem Werke von Herkulanum geschehen ist, und wodurch soviel von der Originalität der Figuren verloren gegangen ist, da man sich nicht einmahl die Mühe gegeben hat die halbverwischten und schmutzigen Stellen genauer zu untersuchen sondern wie die ganz verdorbenen willkührlich ergänzt hat. Meine zwahr mühsamen aber auch ganz treuen Nachahmungen sind mir sogut gelungen daß sie hier allgemeinen Beifall finden, und ich aufgefordert worden bin mehrere derseleben zu mahlen und in Kupfer ste c hen zu lassen; ich werde dahero meinen Aufenthalt hier möglichst verlängern; weil ich auch gern einige von den vortreff- lichen Bronzen, die ebenfals in den Kupfern sehr schlecht wiedergegeben sind zeichnen möchte. Für Ew Exzellenz habe ich schon eine von den Tänzerin kopirt, und werde, sobald ich die nachgesuchte Erlaubnüß erhalten, die schöne Leda , welche in Her- kula n um gefunden worden, und ohngefehr die Größe wie die Figuren in der aldobrand: Hochtzeit hat, für Hochdieselben kopieren. Unter diesen Umständen werde ich wohl schwärlich vor Weinachten nach Rom kommen, sosehr ich mich auch darnach sehne, besonders da ich durch einige Portraits welche ich hier gemalt soviel verdient daß ich noch einige Zeit hier verweilen kann, was mir sonst, ohnerachtet der gütigen Unterstützung Eines Hohen Mi- nisterii bei dem hier sehr teurem Leben nicht möglich gewesen wäre. Da ich aber von der Portraitmalerei künftig wenig Gebrauch machen kann, wenn ich die mir in Italien vergönnte Zeit gut benutzen, so unterstehe ich mich Ew: Exzellen z zu bitten, mich förnerhin bei meinen Studien zu unterstützen; so wie ich es auch wage, meine frühere Bitte um eine genauere Bestimmung meiner künftigen Verhältnüße bei meiner Anstellung in Bonn zu wiederholen, um meine Studien zwe c kmäßig betreiben zu konnen. Denn ohnerachtet ich mich in dieser Hinsicht, nach dem mir vom Herrn Ober-Bau- Rath Schinkel vorgeschriebenen Lehrplan richte, so arbeite ich doch immer mit Ungewißheit, da ich nicht weiß ob derselbe beibehalten wird, da indem ich auf mein Ansuchen, in dieser Beziehung zu Rom einige architektonische Werke anschaffen zu dürfen keine Antwort erhalten habe. Eine gewiß- ere Bestimmung meiner künftigen Verhältnüße würden gewiß einen sehr günstigen Einfluß auf meine Studien in Italien haben, weßwegen ich auf eine baldige Bestimmung derselben mit Sehnsucht hoffe. Und indem ich mein künftiges Schicksahl Ew: Exzellenz Wohlgewogenheit, em- pfehle habe ich die Ehre in tiefster Verehrung zu verharren Ew: Excellenz ganz unterthänigster Diener Joseph Raabe Zeichenlehrer bei der Universität zu Bonn . Neapel 28 Nowember 1820.