Physiologische Farben; Uebergang . Durch Vertrauen auf eigene Kräfte gar oft irre geführt mußte ich mir im Fortschreiten den fortschreitenden Le- ben zur Pflicht machen, bey jeder Unternehmung, sorgfäl- tiger als erst, zu prüfen, was meiner Natur gemäss gemäß und wo ich einzugreifen berech- tigt sey. Ich lernte nun das für mich Erreichbare in gera- der Linie verfolgen, das Verwandte, nächst zur Seite Liegende, andern nach ihrer Weise zu behandeln über- lassen d , an ihrem Gelingen mich meines Theils belehrend und erfreuend. Die Natur hatte mich zum Poeten gewollt und als ein solcher trat ich oft mehr als billig in die Tiefen des ethischen Subjects zurück, wovon meine Arbeiten genugsames Zeugniß ablegen. Zur Naturforschung ge- trieben erkannte ich wohl, dass man sich selbst, in soferne insoferne zu diesem Geschäft Verstand und Vernunft unerläßlich nöthig sind, prüfen, kennen und ausbilden müsse, und ich lies ließ es daran nach bestem Ver- mögen nicht ermangeln. Als ich zur Farbenlehre schritt, durfte ich mir nicht verläug- nen daß die Chromatik erst im Auge gegründet werden müße müsse ; aber es war mir unmöglich in mein eigenes organisches Subject tiefer zu- rückzugehen, so wie ich nach der objectiven Seite zu gar wohl er- kannte: daß auf Licht, Schatten und ein Drittes alles ankomme, aber doch nicht wagte mich in jene Fernen abstrakt zu ver- lieren, in solche Tiefen mich forschend zu versenken. Ich nahm also, von der innern subjecktiven Seite, das Auge wie es mir diente für bekannt an, suchte jedoch das physiologe Sehen und die daraus sich ent- wickelnden Haupterscheinungen zu kennen, zu ordnen, mitzu- theilen, einer ächten Farben- lehre den Eingang hiedurch er- öffnend. Nach Außen zog ich mir keine Gränzen und ging getrost meine Wege vorwärts, höchst aufmerk- sam jedoch auf das was andere Hier und dort schon geleistet und im Fortschritte der Zeit wahrscheinlich leisten würden. Herr Staatsrath Schulz in Berlin, zart und auf- merksam sich selbst betrach- tend, wendete sein Beschauen rückwärts in die innern Tie- fen in die ich mich nicht wagen durfte; da nun seine Behand- lung völlig mit meinen Wün- schen übereintraf, mußte mir dessen Bemühen höchlich zu statten kommen. Sein Aufsatz über physiologe Farben in dem Schweiggerischen Journal B. XVI . S. 121. ward mit verdienter Aufmerk- samkeit aufgenommen. Der Entwurf einer Fort- setzung liegt handschrift- lich bey mir, sollte jedoch vor seinem öffentlichen Er- scheinen nochmals überdacht und durchgearbeitet werden. Einige Jahre sind indeß verstrichen und ich finde immer wünschens werther, daß der verehrte Mann sich zu Rundung und Ab- schluß anschicken möge, da im subjectiven Felde ein Beobachter den andern gar wohl benutzen, aber nicht an seine Stelle rücken, frem- de Arbeiten nicht redigiren kann. __________________ Wichtiges aber ward uns neuerlich von anderer Seite geboten. Herr Professor Purkinje , in Prag, hat eine Schrift herausgegeben: "Zur Kenntniss des Sehens in subjectiver Hinsicht; Prag 1819." Wir halten diese Arbeit von großem Werth und konnten, indem sie uns soviel zu denken gab, dem Triebe nicht widerstehen sie auszuziehen und was eigene Erfahrung was Nachdenken verlieh sogleich mit anzuschlie- ßen. Alle und jede Männer eigentlich vom Fach werden , wenn ihnen das Werk nicht schon zur Hand gekommen seyn sollte, hierdurch angeregt seyn es zu lesen und zu stu- diren, andere begnügen sich allenfalls mit diesem Auszug und finden sich wohl veranlaßt dasjenige was sie selbst erfahren sich ord- nungsgemäß zu vergegen- wärtigen, und in sofern sie es bedeutend finden für bedeutend halten , zur allgemeinen Aufklärung freundlich mitzutheilen.