Hochwohlgeborner Herr Freiherr Hochgebietender Herr Staatsminister Gnädiger Herr. Hatten euer Excellenz mir gnädigst erlaubt, Hochdenselben meine früheren physiologischen Arbeiten über den Gesichtssinn demuthsvoll zuzueigne n und ist diese Weise durch Ihre gnaden - volle und huldreiche Aufnahme mir selbst ein unvergeßliches Denkmal einer höhern Verknüpfung meines wissenschaftlichen Lebens geworden, so gereicht es mir nunmehr zur doppelt freudigen Wiedererneuung dieses erhebende n Gelöbnisses, indem ich es wage, jetzt Euer Excellenz in bescheidener und demuthsvoller Unterwürfigkeit auch dasjenige vorzulegen, was nur als eine Fortsetzung der früheren Ihnen gewidmeten physiologischen Untersuchungen angesehen werden kann und was also in dem- selben Sinne Euer Excellenz geweiht seyn muß. Der Umfang der früheren Mittheilungen hielt mich ab, schon diesen Theil, über die phantastischen Gesichtserschei- nungen, welcher den Gesichtssinn in seinen höheren geselligen Verhältnissen zu dem geistigen Leben behandelt, in jenen Kreis aufzunehmen. Durch diese letzte Unter- suchung, welche gerade die innerlichste Seite der Sinnlichkeit betrifft, ist denn auch dieser Kreis der physiologischen Forschung für mich geschlossen, und werden die nächsten Jahre, in wie fern sich meine Thätigkeit diesem Theil der Physiologie insbesondere zuwenden darf, dazu bestimmt seyn, einiges Licht über die Geheimnisse des Gehörsinnes zu verbreiten und dieses noch tiefdunkle Gebiet der Physiologie gangbar zu machen. Auch wagte ich, die Übersetzung des von der Schwedischen Academie der Wissen- schaften herausgegebenen Jahresberichte über die Fortschritte der Zoologie, Botanik, Anatomie und Physiologie beizufügen. Eine kritische alljährige Mittheilung dessen, was in der organi schen Physik wissenschaftliches Gemeingut geworden war schon seit langer Zeit bei den vielen zersplitterten, aber auch häufig kritiklosen Mittheilungen in den verschiedenen einzelnen Doctrinen gewidmeten Zeitschriften, allgemeines Bedürfniß. Diesem hat sich eine Aca- demie der Wissenschaften unterzogen. Der Deutsche Jahresbericht erscheint hier zuerst als Übersetzung des Schwedischen, mit mannigfachen Zusätzen ausgestattet, soll aber späterhin unabhängig von dem Schwedischen aus eigenen Mitteln fort- gesetzt werden. Sehr muß ich es bedauern, daß unsere Untersuchungen über den Einfluß des farbigen Lichtes auf die Vegetation und die Lebenserscheinungen der Pflanzen und Thiere noch nicht so weit gediehen sind, daß ich Euer Excellenz darüber berichten dürfte. Trotz aller unserer Bemühungen haben wir bisher weder von Böhmen aus noch aus anderen näheren Quellen zum Besitze des rothen und grünen Glases kommen können. Wenn wir gleich nicht unterlassen konnten, mit den vorhandenen Mitteln unsere Untersuchungen fortzusetzen, so mußten wir uns doch, um zu allgemeinen Resultate n zu kommen, auf den nächsten Frühling vertrösten, wenn wir die Desiderate von Paris her oder unterdeß aus Böhmen erhalten haben werden. Euer Excellenz hatten in Ihrer letzten gnädigen Zuschrift die ausserordentliche Güte, mich zur Angabe der bisher von mir zur Ausführung meiner physiologischen Arbeiten gemachten Auslagen aufzufordern in der gnädigen Absicht, diese mir zu ersetzen. Die Auslagen für eine seit mehreren Jahren geförderte Arbeit sind aber so mannigfaltig und die in dieser Beziehung zu der verschiedensten Zeit eingetretenen Bedürfnisse erforderten zudem eine augenblickliche Befriedigung, so daß es mir jetzt ganz unmöglich ist ein genaues specificirtes Verzeichniß dieser Auslagen vorzulegen. Denn was von Thieren verschrieben oder zur Hand angekauft wurde, was an Instrumenten und mannigfachen anderen Desideraten in verschiedenen Zeiten nach Umständen nöthig war, wurde, jenachdem ich die Kosten bestreiten konnte, sogleich bei- gebracht, so daß von dem allerwenigsten mir Rechnungen vorliegen. Da es mir anderseits nicht zukommt, hievon einen beiläufigen Überschlag zu machen und vor Euer Excellenz zur Berücksichtigung kommen zu lassen, so muß ich diese Angelegenheit Euer Excellenz fernerer gütigen und wohlwollenden entscheidung überlassen. Über den Erfolg und die Ausbreitung meiner academischen Wirksamkeit habe ich immer mehr Ursache mich zu freuen. Ausser den während des verflossenen Sommers gehaltenen Vorlesungen über die gesammte specielle Physiologie fand ich so viel rege Theilnahme für das Studium der vergleichenden Anatomie daß ich, was bisjetzt zum erstenmale geschah, in andern Privatvorlesungen einen vollständigen Cursus der vergleichenden Anatomie mit Zuziehung der Präparate des anatomischen Musei halten konnte; wie mir denn in meiner academischen Stellung und Wirksamkeit für jetzt keine Wünsche übrig bleiben. Um so mehr aber bleibt es immer noch meine dringendste, mit vielen Sorgen gehegte Angelegenheit, daß meine jetzige Stellung, in welcher ich im vereinten Wirken mit den übrigen verehrten Lehrern wesentlich zur Vervollständigung des medicinischen Unterrichtes beizutragen glaube, dur ch eine fixe Besoldung befestigt werden möge. Euer Excellenz huldreiche und gnädige Fürsorge hat mich zwar nie verlassen und ohne sie war das bisher ige nicht zu leisten. Aber ohne fixe Besold ung wird es mir nie gelingen können mi ch zu meinem Auskommen nach besten Kräften einzurichten und über die drückendsten Sorgen mich zu erheben indem bei dem seit vielen Jahren gewohnten Mangel aller andern Subsidi en und bei der Nothwendigkeit älteren durch eine langwierige Bildungszeit nothwendig gewordenen Schulden nachzukommen, die momentane Hülfe immer der Beschwichtigung eines älteren Bedürfnisses der Vergangenheit verwandt seyn kann und in immer gegenwärtiger Noth mich zurückläßt. Unter diesen besorglichen Umständen habe ich es nochmal gewagt, dem Herrn Regierungsbevollmächtigten eine gehorsamste Vorstellung zur Be- förderung an das Hohe Ministerium einzureichen. Mögen Euer Excellenz auch diesen letzten Schritt zur Vollen- dung Ihres Werkes in gnädiger Berücksichtung meiner ganz besondern oeconomischen Lage thun, damit meine Thätigkeit, die so gern endlich einmal sorgenfrei ihrem einzigen Berufe allein sich widmen möchte, befestigt und gesichert werden könne. Vor Allem aber möge mich das Wohl- wollen und die Gnade Euer Excellenz in allen meinen wissenschaftlichen Bestrebungen und Unternehmungen fürder geleiten. Nie werde ich dann ohne innere Beruhigung, ohne Hoffnung ohne Vertrauen und demuthsvolle Ergebenheit in mein Geschick seyn. In tiefster Hochachtung und ehrerbietiger Unterwürfigkeit Euer Excellenz unterthäniger Diener Prof. Dr. Joh. Müller Bonn am 15 September 1826.