Zu des Herrn Geheimen OberRe- gierungsRaths Schulz Abhandlung: Über physiologische Gesichts- und Farben Erscheinungen , im Journal für Chemie und Physik von Schweig- ger XVI. Band 1816. S. 121. ff. Herr Geheime OberRegierungsRath Schulz machte mir und einigen Bekannten im Winter 1821-1822 das Vergnügen, uns die Reihe der interessanten Beobachtungen, wel- che derselbe über die physiolo- gischen Erscheinungen des Sehens und der Farben gemacht, so wie die allgemeinen Ansichten, welche er daraus gezogen hatte, in Abendunterhaltungen vor- zulegen. Der Anfang wurde mit dem im Journal für Chemie und Physik , bereits früher ab- gedruckten Aufsatze gemacht, dessen Haupt Gegenstand das Doppel- sehen ist. Die nähere Einsicht, welche ich durch diese belehrende Mittheilung in dies Phänomen er- hielt, veranlaßte mich zu Bemer- kungen über etliche Nebenum- stände, die sich an die Dar- stellung desselben knüpften, und die einige Beziehung auf Farben- erscheinungen haben, die bei dem- selben vorkommen können, und die auch im Verfolge jenes Aufsatzes angegeben sind. Doch sind diese Farbenerscheinungen hier etwas sekundäres und die Be- merkungen, die ich machen werde, beziehen sich nicht auf diese Er- scheinungen selbst, sondern be- schränken sich ganz nur auf Um- stände des Doppelsehens, die in dem Aufsatze mit demselben in nähere Beziehungen gebracht sind und zu einigen Schlüssen über die Natur der Farben selbst Veranlassung geworden sind. Von diesen Schlüssen wird hier abgesehen, und nur jene Umstände, auf welchen jene Be- ziehungen beruhen sollen, für sich betrachtet. Es wird bei dem folgenden Vor- trag ganz die Figur zu Grunde gelegt, welche jenem Aufsatze im Journal beigegeben; so wie die präsente Bekanntschaft mit jenem Aufsatz, vorausgesetzt. a . Ich gehe von einer Bemerkung über jene Figur aus, wie dieselbe zur Darstellung des Phänomens des Doppelsehens gebraucht wird, und wie mir diese Figur zu ei- nem Misverständnisse in An- sehung desselben Veranlassung geben zu können scheint. Angenommen, F , G . als die beiden Augen; A, B, C, D. etc. als Punkte in der geraden Linie, welche Senkrecht auf die Linie F, G. und durch deren Mitte geht, so ist B der Winkel, un- ter welchem F . gesehen wird ist das ganze Bild in der Erscheinung für das Auge F , - da bei A . das Sehen von etwas anfängt, - in dem Dreiek A,F,D. befaßt, welches Dreiek in die weitern A.F.B, BFC u. s. f. in sich getheilt ist, zusammen in die Fi- gur FABCDF . Gleicherwei- se ist das Bild für G . , in dem △ AGD mit den weiter darin enthaltenen Richtungen GA, GB u. s. f. zusammen in der Figur GABCDG , ausgedrückt. Ferner ist eben so deutlich, daß A, B, C. u. s. f. nur dann in gerader Linie so befindlich, daß sie sich decken , gesehen werden, wann Ein Auge, es sei F . oder G . sich in die Mitte der Linie FG , d. i. selbst in die Rich- tung AD . in I . stellt, indem dabei jedesmal das andere Au- ge zugeschlossen ist. Nun gehe ich weiter und behaup- te, daß die Figur FABCDF das Bild der Objekte A, B, C, D. etc. für G , und die Figur GABCDG , das Bild derselben Ob- jekte für G . nämlich für jedes ein- zelne der beiden Augen abgeson- dert , zwar ganz richtig , nämlich nach dem Verhältnisse der Win- kel AGB, CGB, etc. AFB, CFB. u. s. f. dargestellt, aber nicht richtig , in so fern als nach der Figur für jedes der bei- den Augen auch der Punkt A, B, C, D u. s. f. als Ein und Der- selbe bleiben und erscheinen würde. Um dies bestimmter auszu- drücken, unterscheide ich an den Punkten A, B, C, D u. s. f. zwei- erlei |: und werde in Zukunft den Ausdruck Punkt vermei- den :| α.) die Bilder von A, B, C, u. s. f. z. B. Stifte, Nadeln u. derg. und β.) die Örter A, B, C, u. s. f. Für beide Augen sind nothwendig die Bil- der dieselben, aber nicht die Örter. Wenn die Figur daher so ver- standen würde, daß FABCDF . vorstellte, wie das Auge F |: in F :|, und GABCDG , wie das Auge G |: in G :| das System der Bilder A, B, C, D. ect. vor sich hätte, so würde nach dem Gesagten die Unrichtigkeit darin liegen, daß jedes der beiden Augen die- selben gemeinschaftlichen Bil- der A, B, C, D auch an den- selben gemeinschaftlichen Ör- tern A, B, C, D sehen sollte. Dieser Misverstand ist übri- gens zunächst blos möglich; er hat in § 32. und der wei- tern Abhandlung gar nicht Statt, indem es sich in der- selben ausdrücklich vom Dop- pelsehen handelt, d. i. eben vom Sehen, wo die Bilder A, B, C, D sich nicht zugleich an für beide Augen gemein- schaftlichen Orten befinden. Ich bemerke die Möglichkeit dieses Misverständnisses nur, in so fern von dem Sehen je- desmal durch Ein Auge ins- besondere die Rede sein ka , und es auch in Hinsicht des Doppelsehens Interesse haben kann, jenes Sehen vorher ins- besondere zu betrachten; wo- von nachher. Daß die Erscheinung der Orts- veränderung der Bilder A, B, C, wenn sie das einemal durch das eine, das andere Mal durch das andere Auge gesehen werden, zu haben, nichts leichter ist, brauche ich nicht anzuführen. Das Herüber und Hinüberhüpfen der Bilder bei schneller Ab- wechselung des Öffnens des Einen mit gleichzeitigem Schlie- ßen des andern Auges, und des Öffnens des an- dern mit gleichzeitigem Schlie- ßen des erstern, - mag et- wa dazu dienen, auf sol- che Erscheinungen Aufmerk- samkeit zu erwecken, und es ist für das Folgende wich- tig, zunächst dieses Herüber und Hinüberhüpfen der Bilder bei dem Öffnen des Einen, und dann schnellem Oeffnen des andern bei Schließen des erstern, bemerkt zu ha- ben, und mit demselben be- kannt zu sein. Am besten beobachtet es sich, wenn ein Stift nah vor die Augen gegen andere entferntere Gegenstände gehalten wird. b. ) Nun kommt das Doppelsehen. Dasselbe ist in der Figur aus- führlich dargestellt. Ich bemer- ke nun hierüber, daß für das Auge F , in so fern es allein sieht, eben so für G . in so fern es allein sieht, im Orts Systeme ihrer Bilder, keine Veränderung dadurch vor- geht, daß beim Doppelsehen beide sehen; α.) Auch nach der Construk- tion der Figur geht in so fern keine Veränderung vor als die Winkel AFB, BFC. u. s. f. und AGB, BGC. u. s. f. dieselben bleiben, αα , es sehe entweder jedesmal nur das eine oder das andere Auge, oder beide zugleich und ββ , es werde entweder A oder B oder C . u. s. f. von ei- nem oder beiden Augen fixirt; die Winkel sind immer die- selben. Indem aber die Winkel immer dieselben blei- ben, ist in der Zeichnung der Figur β.) auch eine Veränderung für F . angegeben, daß nämlich, indem z. B. A . von beiden Au- gen fixirt wird, B nun dem F . näher , nämlich nach a , C nach c u. s. f. - für G , daß B näher nach b , C nach d u. s. f. hergerückt werde. Diese Annäherung ist es, die ich nicht gerechtfertigt finde. Für F ., so wie seinerseits für G . sind die Entfernungen AB, BC, CD, u. s. f. welche, um die Vergleichung zu ver- einfachen, als gleich angenom- men sind, nach den Regeln der gewöhnlichen Perspek- tive in Entfernungen ver- ändert, die durch die Win- kel AFB, BFC u. s. f. be- stimmt sind. Wenn gleich AB = BC = DE , so werden diese Abstände jedoch vom Auge F . nicht gleich gesehen, sondern nach der Größe der verschiedenen Winkel AFB ; BFC u. s. f. - was etwas bekanntes ist. Diese veränderten Entfernungen nun sind nur relative Ent- fernungen von A, B, C, D zu einander , nicht zu F oder G . Ferner, wenn mit bei- den Augen F und G , und z. B. D doppelt gesehen wird, so ist das Verhältniß der zwei Bilder von D zu einander, ein Verhältniß, das weder für das Auge F , noch für das Auge G , Statt hat, sondern nur für Ich , welcher die beiden Perspektiven, die das des F und die das G des G , vor sich hat und sie vergleicht. Für Ich, der als in der Axe AD und zwar in I , zu stehen stehend anzusehen ist, ist, wenn A fixirt ist, D dop- pelt in f und e , C ist in d und c |: in so fern wir für einen Augenblick von der Entfer- nung des e, c, a von F , und des f, d, b , von G . abstrahiren und sie nur überhaupt als Ör- ter, die zur Seite von AD liegen, nehmen :| Diese Ent- fernungen des f von e , des d von c , des b von a . haben als Vergleichungen der Örter der einen Seite mit den Örtern der andern , nichts zu thun mit den Entfernungen des A, B, C, D und des F auf einer Einer Seite unter sich . Es ist nach der Figur an- genommen, daß wenn E . fixirt wird, A |: der näch- ste Punkt :| für I in h und g ., d. i. in denselben Örtern erscheint, in welchen E |: der ent- fernteste Punkt :| erscheine, wenn A fixirt wird. Dies würde ich nur in so fern zu- geben, als g . und h . überhaupt von der Axe AD distirende Punkte bezeichneten. E erscheint, wenn A fixirt wird, in derselben Distanz von AD zu dessen beiden Seiten, als A erscheint, wenn E fixirt wird. Obwohl die- se Distanzen dieselben sind, so folgt aber daraus nicht, daß die Distanz des ver- doppelten E . |: wenn A . fixirt ist :| und des verdoppelten A |: wenn E fixirt ist :| von F oder G dieselben sind. Die nächste Weisung Weise, die Ver- rückung des E als eine Annähe- rung zu F und zu G . zu consta- tiren, wäre wohl nur die Erfahrung, daß E eine grö- ßere Helligkeit gewinne, je nachdem D, C, B, oder A , fixirt wird. Von solcher Er- fahrung ist jedoch in dem Aufsatze theils nichts erwähnt, theils wird überhaupt für I , der fixirte Punkt auch der hell- ste Punkt sein, da in ihm die beiden Bilder desselben, das vom Auge F . und das vom Auge G . zusammenfallen, die andern doppelgesehenen Bilder aber schwächer sein und durchsichtig umherschweben werden, da sie nur Einem Auge ange- hören. Die besprochene Herbeiziehung aber näher betrachtet, könnte sie nicht etwas ungefähres, sondern müßte nothwendig be- stimmt sein, und wenn diese ihre Bestimmtheit sich als unge- rechtfertigt zeigt, so ist sie selbst schon um deswillen un- gerechtfertigt. Die Annäherung ist nun so bestimmt, daß wenn A . fixirt wird, die übrigen Bilder B, C, D, u.s.f. für das Auge F in die Achse GA des das A . fixirenden Auges G , fallen sollen, dagegen für das Auge G . in die Achse FA . des das A . fixirenden Auges F u. s. f. Diese Bestimmung scheint mir nicht begründet zu sein. Ich kann nämlich GA . oder FA . nur betrachten jenes als das Sehen vom Auge G ., dieses als das Sehen vom Auge F , welches bis A . und nicht weiter geht, so daß das Sehen GA . oder die Achse GA . das Auge F . nichts angeht, wie die Achse FA das Auge G nichts angeht. Wird das Auge G geschlossen, so bleiben für F . die Gegenstände B, C, D. u.s.f ganz an den- selben Örtern und die Örter derselben sind ganz allein von F . aus bestimmt, ohne G . und GA . u. s. f. Es bietet sich wohl als etwas nahe Liegendes dar, diese Achse AG . des einen Auges G zum Orte der Bilder B, C, D u. s. f. für das andere Auge F zu nehmen. Wenn bei der Erscheinung des Doppel- sehens, z. B. A fixirt wird , so wird A normal d. i. ein- fach gesehen. Das Fixiren eines Punktes zeigt sich als die Haupt-Bestimmung des allge- meinen Arrangements des gan- zen Bildes, somit kann die Achse dieses Fixirens sich wohl auch als das Bestimmende für die besondern Örter der Bilder B, C, D, u. s. f. zunächst dar- bieten. In dieser Ansicht aber scheint zu liegen, daß das Fixiren irgend eines Punktes durch beide Augen derjenige Umstand sei, durch welchen für die Erschei- nung des Doppelsehens, die Lage der Bilder A, B, C, D. u. s. f. in jeder Rücksicht be- stimmt werde. Daß dies aber nicht der Fall sei, davon überzeugt man sich leicht, wenn man die Er- scheinung des Doppelsehens hat, und nun das Eine Auge schließt. Hier wird man bemerken, daß die Hälfte der Bilder, nämlich alle die, welche dem noch offnen Auge angehören, ganz an derselben Stelle blei- ben, die sie einnahmen, als man ihre Gegenbilder durch das gleichfallsige Offensein des andern Auges gleichfalls vor sich hatte. Das dem Einen Auge angehörige einfache System bleibt dasselbe, ver- ändert nicht im Ganzen und in keinem seiner Theile den Ort ; man mag beim Doppel- sehen, welches Theil-Bild es sey, fixirt d. i. einfach ge- macht haben. - Ohnehin ist es bei diesem Sehen mit Einem Auge gleichgültig, ob man ein einzelnes Bild des Ganzen fixirt, oder alle mit gleicher Indiffe- renz vor sich hat; die Per- spektive des Ganzen bleibt unverändert. Hieraus wäre dies zu folgern, daß von der Erscheinung des Doppelsehens, d. h. von der in demselben erscheinenden Ortsstellung der Bilder A, B, C, D, u. s. f. nur Ein Theil dem Doppelsehen selbst als solchem, und dem in ihm vorhandenen Fixiren eines Punktes A . z. B. zukomme, ein anderer Theil aber der Ortsstellungen einem andern Umstande, näm- lich der Perspektive der Bil- der, wie sie sich für jedes Auge insbesondere zeichnet. Wie so eben bemerkt, bleibt für jedes einzelne Auge das System seiner Bilder unverändert, nachdem man doppelt gesehen und nun das andere Auge schließt. Dem Doppeltsehen als sol- chem, d. h. dem zugleich Sehen der beiden , jedem Auge schon eigenthümlichen und bleibenden Systeme, kann nur dies eigenthümlich sein, daß Einer der Punkte fixirt wird , d. h. den z. B. von B in beiden Augen herkommenden zwei Bildern B', B'' ein gemein- schaftlicher Ort gegeben, und dieselben nun nur als ein Ein Bild B gesehen wer- den. Dem Doppelsehen als solchem kann wohl keine wei- tere +++ Aktivirung zugeschrie- ben werden. Indem B' und B'' nur Ein Bild B machen, so bleibt die jedem Auge ei- genthümliche Perspektive von A, C, D, E u. s. f. unter einander und zu B ganz dieselbe . In dieser Perspektive jedes einzelnen Auges würde nun die Bestimmung für die re- lativen Orte des A, B, C, D . u. s. f. nämlich als A', B', C', D' für das Auge F unter einander und als A'', B'', C'' u. s. f für das Auge G . zu suchen sein, statt diese Ortsbestim- mungen der B', C', D' für das Auge F . aus der Achse AG . des Auges G ., und die der Bilder B'', C'', D'' für das Auge G . aus der Achse AF des Auges F zu entnehmen. In dieser Rücksicht wäre es, daß wie oben be- merkt, es interessant sein würde, die Ortsstellungen der A, B, C, D, vorher für jedes einzelne Auge, zu bestimmen, worauf dann erst dies im Doppelsehen hinzukommende Eigenthümliche, das Fixiren Eines Punktes allein, in Anschlag käme. In sol- cher Darstellung würde dann der Übergang von der Stellung der Punkte A , B, C, D, E u. s. f. |: in der Figur 1 :| in einer geraden Linie, und der Stellung der Augen F . und G . zum Dop- pelsehen, nicht unmittel- bar gemacht, sondern durch die Bestimmung der Bilder, wie sie sich für jedes einzelne Auge stellen, hindurch zum Phänomen des Doppelsehens übergegangen. c. Eine Explikation des Doppel- sehens nun, wobei nach den im Vorhergehenden enthaltenen Gesichtspunkten verfahren wurde würde , möchte sich etwa nach folgenden Darstellungen be- werkstelligen: α.) Nehmen wir zuerst das Sehen der, wie in der Figur 1, hinter- einander gestellten Punkte A, B, C, D, u. s. f. durch die an die Stellen F . und G . ge- setzten Augen so vor, daß nur das Eine Auge jedesmal offen gehalten wird, und be- trachten diese besondern Systeme der Bilder jedes für sich, so wird der Umfang F, A, B, C, D .. F, als richtiger Ausdruck des Bildes des Ganzen für das Auge F , so wie G, A, B, C, D .. G. als Ausdruck des- selben für das Auge G un- gezweifelt anerkannt werden, mit der Bestimmung aber, daß für diese zwei Bilder des Auges F und des G . nicht A , B, C, D u. s. f. die gemein- schaftlichen Örter der ihnen in jedem Bilde correspondirenden A', B', C' u. s. f. und A'', B'', C'' u. s. f. sind; - s. oben. β.) Es muß wohl auch ein gemein- schaftlicher Punkt für beide Bilder bleiben. Welcher be- sondere Punkt unter den meh- reren in jedem Bilde zu dem gemeinschaftlichen Punkte im Doppelsehen werde, hängt von der Richtung meines Willens ab. Insofern wir aber zunächst die abgesonderten Bild-Systeme der einzelnen Augen insbe- sondere betrachten, und sie schnell wechseln lassen, so bedürfen wir für die Ver- gleichung ihrer Stellungen gleich- falls einen gemeinschaftlichen Punkt - einen solchen, der bei ihrem Wechsel auf eine natürliche Weise unveränder- lich ist, denn dem Willen kann bei diesem Sehen, jedesmal nur durch ein Auge noch kein Einfluß zugeschrieben werden. Dieser sich von selbst festhal- tende Punkt wird der ent- fernteste E sein; wie dies sich sogleich aus der Betrach- tung dessen ergeben wird, was beim Sehen durch das Eine Auge und dann in der Vergleichung dieses Sehens mit dem Sehen durch das andere Auge vorgeht. Zunächst aber ist für eine Bestimmung in der Vergleichung nichts vorhanden, als Ich der Sehende als ein Punkt, und ein Raum vor mir, in welchem Ich in Beziehung auf mich ein Rechts und Links unterscheiden kann. Die Punk- te A, B, C, D, E u. s. f. in Einer Linie liegend und zu den bei- den Augen, wie in der Grund- figur, liegend liegend, erhalten in der Beziehung auf I ., (das in den Durchschnitt der Linie der A, B, C, D. u. s. f. und der Linie der beiden Augen zu se- tzen ist,) gleichfalls eine De- termination von Rechts und Links; je nachdem sie mit dem einen oder dem andern Auge gesehen werden. γ.) Wenn Ich nunmehr aus F |: dem rechten Auge:| sehe, so sehe Ich den Punkt A links von B um den größern ∠ AFB , den Punkt B links von C um den kleinern ∠ BFC , u. s. f. und den Punkt E links von D . unter dem kleinsten EFD , den Punkt E aber sehe ich nicht mehr links von einem andern. Hingegen sehe ich von G |: dem linken Auge :| aus, so sehe ich den Punkt A rechts von B , um den größten Winkel AGB , den Punkt B rechts von C um den kleinern ∠ BGC u. s. f. Bei der Vergleichung der bei- den Bilder in Mir, dem Einen, kommen also die Bilder A', A'' vom nächsten A viel weiter, das Eine Links das andere Rechts , als von dem entfernteren B . u. s. f. und das ent- fernteste rückt unendlich we- nig, d. i. gar nicht von sei- ner Stelle, wenigstens relativ nicht gegen die Nähere, - was dasselbe ist. Übrigens bedarf es keines ausdrücklichen Punktbildes für diesen entferntesten festen Ort, wie es z. B. wenn eine einfärbige Wand, der Him- mel, den Hintergrund aus- macht, nicht der Fall ist; meine Richtung , welche Eine und die- selbe ist, enthält die Deter- mination der Achse, an wel- cher das Mehr und Weniger des Rechts und Links, der nähern und entfernteren Punkte sich abscheidet. Von Mir ist nun, besonders in so fern es darum zu thun ist, wie diese Phänomene zu zeichnen sind, vornämlich die Bestimmung wichtig und festzuhalten, daß Ich nur Einer bin, - Ein und der- selbe in F . und G ., und nicht von F . nach G G , und umgek. herüber und hinüberhüpfe, sondern in F und G als Einer sehe, d. i. die Stel- lung den Stand- punkt oder Ort nicht verän- dere, ob ich gleich itzt durch F ., itzt durch G . sehe. Ich bin Ein Auge und Ich als Sehend nur Zurechnen Zu rechnen als Ein Ort. I ist zu E . der zweite feste Eine Ort. δ.) Sollte nun dies gezeichnet werden, so würden wir zunächst I auf die Linie LR. , welche beide Augen, das Rechte R , das Linke L , verbindet, setzen, wobei die Richtung EI die unveränder- liche Achse ist. Fig: 2. Anm. Wenn andere Rücksich- ten es als plausibler erschei- nen ließen, I abstehend von LR etwa nach i zu setzen, so würde dies hier zunächst gleichgültig sein; nothwendig ist nur, daß I in der Achse IE liegt und diese Linie als eine unveränderliche Achse be- trachtet werde. Allein fer- ner, indem nun I . in die Mit- te oder in die Achse AD . gesetzt ist, dürfen L und R . nicht auf der Seite stehen gelassen werden , sondern es verzeichnet sich itzt das Sehen, das einemal durch das rechte, das anderemal durch das linke Auge so, daß dort R in I . und hier L . in I . fällt in die unbeweg- liche Achse IE , bestimmt durch die zwei gemeinschaftlichen, fixen Punkte IE . Die Stellung und Zeichnung des Sehens mit dem rechten Auge ergiebt sich demnach so, daß das perspekti- vische Bild FABCDEF aus der Grund Figur, zwar bleibt was es ist, aber in die Stel- lung tritt, daß IE . die Mit- telachse bleibt, und hiernach die Bilder A, B C, u. s. f. linker Hand in ihrer perspek- tivischen Ordnung zu stehen kommen. |: Fig: 3 :| Hingegen das Bild GABCDEG , in dem L in I gestellt und nur mit L gesehen wird, stellt sich so, daß A, B, C u. s. f. rechts von IE . nach ihrer perspektivischen Stellung zu stehen kommen. Fig: 4. ε.) Wird nunmehr von hier aus zum Doppelsehen übergegan- gen, d. i. beide Augen ge- öffnet, und NB . hiebei der Punkt E fixirt gelassen, so geschieht nur dies, daß die beiden vorigen Bilder jedes einzelnen Auges un- verändert für sich, zusam- mengebracht werden und zwar werden sie so zusammenge- bracht, daß |: Fig: 5 :| die Achsen IE und IE als das für sich gemeinschaft- liche, itzt auch als gemein- schaftlich als Eine Achse in diesem Sehen vorhanden ist. Das Bild stellt sich demnach nach der (nebenstehenden) Figur 5, als eine einfache Vereinigung jener vorhergehenden einzelnen zwei Bilder dar. ζ) Bei dem Sehen mit beiden Au- gen kommt es auf folgende Umstände an, daß αα.) mein Wille nichts über das Bild eines jeden einzel- nen Auges für sich vermag . Das Bild beim Doppelsehen ist nur eine Zusammensetzung jener beiden Bilder, - indem jedes solches Bild des einzelnen Auges durch die allgemeinen Gesetze des Sehens und der Perspektive bestimmt ist; ββ.) Mein Wille vermag aber irgend einen Punkt der beiden Bilder zum Gemeinschaftlichen zu machen, und nur diese Gemeinschaftlichkeit ist das dem Willen im Sehen mit bei- den Augen eigenthümliche . Sei es aber dieser oder jener Punkt, der zum Gemeinschaft- lichen gemacht wird, so bleibt die Stellung der Punkte A, B, C. u. s. f. in jedem der Bilder der beiden Augen insbesondere, unter sich un- verändert Eine und dieselbe; γγ.) daß Ich nur Einen Punkt gemeinschaftlich machen kann, folgt von selbst daraus, daß die Stellung der Punkte A, B, C und ihre Winkel zum Auge in jedem Bilde für sich , perspektivisch bestimmt sind. δδ.) daß Ich aber willkühr- lich jedem einzelnen Bild A, B, C, des Ganzen einen gemeinschaft- lichen Ort geben, es als Eines sehen kann, liegt in der Natur des Sehens durch Mich überhaupt, so zu sagen die physische Aufmerksamkeit beider Augen in Einem Punkte vereinigen zu können, somit ihn nur als Einen zu sehen. η.) In welche Stellung die Bilder beim Doppelsehen kommen, je nachdem irgend einer der Punkte fixirt ist, d. i. als Einer gesehen wird, läßt sich am leichtesten so darstellig machen, wenn man die auf Papier ver- zeichnete zunächst zu Grunde gelegte Figur |: hier Fig. 6, :| so in zwei Stücke zerschneidet, daß jedes Stück das Bild, das mit Einem der beiden Augen gesehen wird, ent- hält, - also das Stück LAEL . und das Stück RAER , wie Fig: 3. und 4. Hierauf lege man den Punkt R und L . auf einander, und welcher der Punkte A, B, C u. s. f. nur der fixirte d. i. als Einer gesehene, sein soll, dessen beide Bilder in dem einen und in dem andern Stücke, legt man auf einander, so hat der fixirte Punkt nur Einen Ort , die übrigen aber behalten relativ ihre Stellun- gen, die sie in jedem der besondern Bilder gegen die andern haben, bei, fallen aber, jeder der einzelne Punkt, gegen sich selbst, wie er im andern Stücke ist, aus- einander. Es fallen damit, wie geschehen soll, die bei- den Richtungen der beiden Augen auf Einen Punkt, in Eine Linie zusammen. Wird also E fixirt, so erhält das Bild des Doppelsehens wie vorhin gesagt, die Gestalt, die in Fig: 5. verzeichnet ist, wo A', A'' die beiden Bilder von A am weitesten aus ein- ander treten. Wird A , der nächste Punkt gegen die Au- gen zu, fixirt, so gehen die zwei Bilder von E . am wei- testen auseinander, und das ganze Bild erhält die Gestalt von Fig: 6 7 . Wird B . als Ein Punkt ge- sehen, so fallen die Linien LB . und RB . in einander, und das Bild erhält die Ge- stalt von Fig: 7 8 . Auf der linken Seite von IB hat man hier A', C'', D'', E'', d. i. diese Bilder Einer Seite ge- hören nicht sämtlich Einem und demselben Auge, son- dern A' gehört dem rechten Auge, C'', D'', E'' hingegen dem linken Auge an; |: wie dies in § 32 der Abhandlung des Geh. R. Schulz angegeben ist :| d Ich darf es nicht unterlassen, dem Bisherigen noch den Ver- such beizufügen, wie ich einem interessanten Einwurfe zu begegnen hätte, den Herr Geheime Rath Schulz in einer folgenden Unterhaltung, nach- dem ich demselben die obige Darstellung vorgelegt und er dieselbe durchzugehen die Güte gehabt hatte, dagegen einlegte. Wie oben er- wähnt, war ich davon aus- gegangen, daß ich die An- nahme nicht gerechtfertigt ge- funden hatte, daß |: s. Grund- figur :| wenn z.B. A fixirt ist, die Örter vor B, C, D, u. s. f. nach a, c, e u. s. f. für F . verlegt und diese Örter a, c, e u. s. f. durch die Achse des andern Auges G , nämlich die das A fixi- rende Achse GA bestimmt werden sollen. Ich suchte die Determination der Örter der Bilder beim Doppelsehen vielmehr in der perspektivischen Stellung der Bilder, wie sie für das Sehen mit Einem Auge sich bestimmt, und dann in der Art, wie diese bei- den einzelnen für sich un- verändert bleibenden Stellun- gen, nunmehr, wenn mit bei- den Augen gesehen wird, blos in einander und je nachdem der eine oder der andere Punkt fi- xirt wird, geschoben werden. Dieser Vorstellung nun wurde entgegengesetzt, daß die Entfernung der B, C, D, u. s. f. auch das des A , für Ein Auge nicht bestimmt sei, son- dern erst durch beide Augen bestimmt werde, und diese Be- stimmung für Ein Auge so- mit gleichfalls durch die Achse des andern und nur allein dadurch gegeben werden könne. Hieher gehöre die allerdings interessante Erfahrung, daß wenn ein Ring zwischen zwei Lichtern aufgehangen und Ein Auge geschlossen werde, man kaum im Stande sei, mit einem Stabe |: einem krummen, damit die Direktion nicht gegeben ist :| den Ring zu treffen. Diese Erfahrung aber möchte ich gerade selbst gegen die Behauptung, die ich angefochten, wenden, und zum Behuf meiner Darstellung gebrauchen. Nach dieser Erscheinung ist nämlich der Ort des Ringes erst dann bestimmt, wenn ich ihn mit bei- den Augen fixire, beide Achsen in ihm zusammentreffen lasse. Dies ist es nun, was beim Doppelsehen, in so fern A fixirt wird, für B, C, D, u. s. f. nicht geschieht. Beim Doppelsehen ist es der Fall, daß das Eine Auge blind in Ansehung der Örter der Bilder des andern ist, welches andere die seinigen für sich hat, so sehr, daß es, wenn ein mittlerer Punkt fixirt ist, einen Theil seiner Bilder, näm- lich die vom fixirten Punkt aus, ihm näher liegenden Bil- der in den Raum der Bilder des Erstern den Gesichts- kreis desselben, hineinträgt. So sehr der Ring an seiner richtigen Stelle darum nicht ge- sehen wird, weil er nur mit Einem Auge gesehen wird, so sehr werden beim Doppel- sehen, außer dem Fixirten, die übrigen sämtlich nicht an ihrer richtigen Stelle |: vielmehr jedes an zwei verschiedenen Stellen :| ge- sehen, darum weil jedes dieser einzelnen Bilder nur mit Einem Auge gesehen wird.