Hoch und Wohlgebohrener Herr Hochverehrter und Hochgebietender Herr Geheimer Staatsminister! Ew. Excellenz haben geruht sich auf das in meiner Eingabe vom 18ten October v. J. Hochdenselben wiederhohlt vorgetragene ehrerbietigste Gesuch um Beför- derung zu einer außerordentlichen Professur im philosophischen Lehrfach, bey der mir demnächst gnädigst bewilligten Audienz, auf eine so beruhigende Weise gegen mich auszulassen, daß ich darin bisher hinlänglichen Grund gefunden habe habe, der definitiven Fixirung meiner Verhältnisse als academischer Lehrer, vertrauensvoll entge- gen zu sehen. Indem ich auch jetzt noch den festen Glauben hege, daß Ew. Excel- lenz den auf meiner wissenschaftlichen Laufbahn seit einer Reihe von Jahren mir gnädigst gewährten Schutz und Beystand, auch in Zukunft ohne mein Verschulden mir nicht entziehen werden und ich deshalb weit davon ent- fernt bin den rücksichtlich meiner fernern Wirksamkeit als philosophischer Docent von Hochdenselben gehegten Absichten durch ungeduldiges Solliciti- ren vorgreifen zu wollen, so fühle ich mich dennoch zugleich gedrungen Hochdenselben ehrerbietigst bemerklich zu machen, wie meine dermalige Stellung als Privatdocent an der hiesigen Universität von der Art ist, daß die unbestimmte Fortdauer derselben in mehr als einer Hinsicht noth- wendig auf eine höchst schmerzliche Weise von mir empfunden werden muß. Zwar verkenne ich keineswegs das Glück welches mir dadurch zu Theil geworden ist, daß ich, nach Beseitigung so mancher Schwierigkeiten, endlich dazu gelangt bin, mir einen meinem innersten Bedürfnis durchaus entsprechenden Wirkungskreis, gerade in dieser Hauptstadt, an einer so ausgezeichneten, wo nicht der ersten deutschen Lehranstalt eröffnet zu sehen und ich darf dabey mit befriedigtem Bewustseyn des gedeih- lichen Fortgangs meiner in dieser Stellung der Verbreitung intellectu- eller Bildung gewidmeten Bemühungen gedenken; - gleichwohl dürfte es zugleich in der Natur der Sache liegen, daß wenn das in der öffent- lichen Meinung mit Recht nur für eine Durchgangs- und Prüfungsstufe geltende Verhältnis eines Privatdocenten nicht mit der Zeit zu einem öffentlichen und festen Lehramt erhoben wird, dieß auf die Wirksamkeit des be- treffenden Docenten, sowohl nach innen als auch nach außen, nach und nach den hemmendsten Einfluß üben muß. Ich halte nunmehr bereits im fünften Jahre philosophische Vorlesungen an der hieseigen Universität und wie wichtig und unentbehrlich mir auch in dieser Situation die von Ew. Excellenz mir huld- reichst gewährte und mit dem aufrichtigsten Dank von mir genossenen pe- cuniären Unterstützung ist, so langt diese doch allein nicht aus um mich auf die Dauer aufrecht zu erhalten. Mein ferneres Lebensbedürfnis ist gegen- wärtig das der Ehre ; die durch meinen academischen Grad mir gewährten summi honores sind heut zu Tage zu einem leeren Titel heruntergesunken und die inhaltsvolleren Ehren deren ein academischer Docent, wenn es neben andern Docenten mit Erfolg bestehen und sowohl in den Augen der Stu- direnden als auch in dem weiteren Kreise der bürgerlichen Gesellschaft Etwas gelten soll, bedarf es, wie Ew. Excellenz hocherleuchtetem Ermessen nicht entge- hen wird, die vom Staat, durch das Organ der höchsten Unterrichtsbehörde, als ein Zeichen der Anerkennung und des Vertrauens ertheilte öffentliche Professur. - Indem ich es wage mich Ew. Excellenz auf's Neue mit meinem diesfalsigen ehrerbietigsten Gesuch zu nahen und rücksichtlich meiner wissen- schaftlichen Qualifikation auf die Hochdenselben bereits vorliegenden Data mich stütze, erlaube ich mich mir, zu Entschuldigung meiner Dringlichkeit, Hochden- selben noch vorstellig zu machen, daß ich nunmehr bereits länger als zehn Jahre dem preußischen Staate, als meinem geistigen Vaterlande, mit Treue und Ergebenheit, meine Dienste gewidmet habe und daß, da ich gegenwärtig Familienvater bin, auch aus diesem Grunde die definitive Fixirung mei- ner Verhältnisse mir im hohen Grade wünschenwerth seyn muß; zugleich darf ich schließlich noch erwähnen, daß mir die Gewährung meines Gesuchs ge- rade jetzt von besonderer Wichtigkeit seyn würde, das der schwankende und durch den Verlust unseres Kindes beträchtlich erschütterte Gesundheitszustand meiner Frau es räthlich macht zu Ende dieses Sommers mit ihr eine Er- hohlungsreise nach meiner Heimath, wo meine sämmtlichen Geschwister versammelt sind, zu unternehmen, ich aber, wenn es mir auch möglich werden sollte durch Sparsamkeit das diesem Plan entgegenstehende pecuniäre Hinderniß zu überwinden beseitigen , nur mit der größten Überwindung mich dazu entschließen würde dahin zu gehen, wohin sonst mein Herz mich zieht, in- dem ich fast alle meine Jugendgenossen und zum Theil selbst meine jün- gern Brüder, bereits in ehrenvollen Staatsämtern in der Heimath an- gestellt finden und ich selbst, zumahl rücksichtlich der im Jahre 1819 ge- gen mich verhängten Untersuchung, ohne öffentliche Anstellung, dort zu meiner eigenen und meiner Angehörigen Kränkung, in einem in je- der Hinsicht zweifelhaften und ungünstigen Lichte erscheinen werde. Einer huldvollen Entscheidung mit sicherem Vertrauen entgegen sehend verharre ich ehrerbietigst Berlin den 29 sten May 1825 . Ew. Excellenz unterthänigster Diener Leopold von Henning . Dr. Phil.