Hoch- und Wohlgebohrner Freiherr! Hochgebietender Herr Minister besonders Hochzuverehrender Herr! Ungeübt in der Rolle eines Bittstellers habe ich mich auch jetzt nur mit widerstrebendem Herzen entschlossen Ew. Excellenz mit einem Gesuche um Gehaltsvermehrung zu belästigen. Als ich vor eilf Jahren, dem ehrenvollen Rufe Ew. Excellenz folgend, nach Breslau kam hielt ich den mir damals bewilligten Gehalt von 800 rth für meine Bedürfnisse zureichend, theils weil ich diese mehr nach dem früheren als nach dem neuen Wohnorte abmaß, dessen Verhältnisse mir unbekannt waren, theils weil ich (zumal nach den mir gewordenen tröstlichen Zusicherungen) eine gelegentliche Verbesserung meiner Lage durch die Gnade Ew. Excellenz erwarten durfte. Bald aber mußte es mir klar werden, wie ein solcher Gehalt, in Ermanglung der reichen Zuflüsse, die den mit ärztlicher Praxis beschäftigten Collegen, und der bedeutenden Honorare die dem Professor der Anatomie zu Theil werden, nur bei der äußersten Einschränkung die nöthigen Geldmittel erübrigen läßt, um die litterarischen Bedürfnisse meines Fachs, die bei dem nahen Zusammenhange desselben mit der gesammten Naturwissenschaft so bedeutend sind, nothdürftig zu befriedigen. Es wäre schlechthin unmöglich gewesen, unter solchen Verhältnissen an eine eheliche Verbindung zu denken, wenn nicht ein von meinem Schwieger- vater gewährter Zuschuß von jährlich 450 rh die Vermehrung der Bedürfnisse ausgeglichen hätte. Durch den frühzeitigen Tod desselben ist leider diese Quelle großentheils versiegt, indem die Zinsen des, weit unter der Erwartung gebliebenen Erbtheils, selbst dann, wenn sie erst vollständig flüssig sind (was nicht eher eintritt als bis die in Terminen zu bezahlenden Kaufgelder der von S r . Majestät dem Könige angekauften Bibliothek und andern Sammlungen zur Erhebung gekommen seyn werden) noch nicht die Hälfte des Ausfalls decken, der durch jenen Todesfall in meinen Einkünften entstanden ist. Somit bin ich ganz außer Stande fortan mit dem seit meiner Anstellung nur um 100 rh vermehrten Gehalte zu bestehen. Die durch die eingetretenen Verhältnisse mir auferlegte Nothwendigkeit, das Wohlwollen Ew. Excellenz in Anspruch zu nehmen, würde für mich noch um vieles drückender seyn, wenn nicht das Bewußtseyn mich aufrichtete, daß die erbetene Gnade keine ganz unverdiente ist: denn ich darf mir schmeicheln, in den eilf Jahren meiner breslauischen Thätigkeit, theils als Lehrer der Physiologie und Pathologie , theils als Schriftsteller, theils endlich als Mitglied der hiesigen patriotischen Gesellschaft mit Eifer gewirkt zu haben, was auch nicht ohne Erfolg und Anerkennung geblieben ist. Namentlich haben die von mir angestellten und von wichtigen Entdeckungen begleiteten eigenthümlichen Forschungen im Gebiete der thierischen und Pflanzenphysiologie eine erfreu- liche Würdigung gefunden, die auch in der von mehreren gelehrten Instituten (unter denen ich nur die berliner Akad. d. W. nennen will) erfolgten Zusendung von Diplomen sich ausgesprochen hat. Daß aber auch meine Wirksamkeit bei der Universität eine anregende war, beweisen mehrere hier erschienene Doctordissertationen physiologischen Inhalts (von Krauß , Valentin , Kroeker , Wendt u. a. ) eine Frucht meiner physiologischen Experimental- demonstrationen, wodurch unsere Universität vor den meisten andern, wo dergleichen ganzlich fehlen einen Vorzug behauptet. Ich habe mich bemüht, die Billigkeit oder Unbilligkeit meiner Wünsche mit aller möglichen Unpartheilichkeit zu erwägen; ich habe meinen Gehalt mit dem Gehalte meines Vorgängers ( Barte l s ) verglichen (der übrigens seine Hauptthätigkeit der ärztlichen Praxis zuwendete und in dieser auch die Hauptquelle seiner Einnahmen fand): ich habe die Stellung anderer Collegen von ungefähr gleich langer Wirksamkeit in Betrachtung gezogen, immer schien es mir als dürfte ich ohne Unbescheidenheit die Bitte wagen Ew. Excellenz wolle gnädigst geruhen mir eine Vermehrung meiner Bedürfnisse entsprechende Gehaltsvermehrung zuzuwenden. Die Gunst, deren die Naturwissenschaften bei Ew. Excellenz von jeher sich zu erfreuen hatten, so wie die wohlwollenden Zusicherungen die mir insbesondere bei verschiedenen Gelegenheiten von Seite Ew. Excellenz zu Theil geworden sind, lassen mich hoffen, daß diese durch den Drang der Umstände mir abgenöthigte Bitte keine Fehlbitte seyn werde. Uibrigens habe ich der bestehenden Ordnung gemäß dieses Gesuch gleichzeitig dem Universitätscuratorium übergeben, und um Bevorwortung desselben bei Ew. Excellenz gebeten. In hochachtungsvoller Unterwerfung Ew. Excellenz ergebenster Diener JEv. Purkinje . Breslau den 14 ten December 1833.