Berlin den 8 tn May 1822. An den Herrn Hofrath und Professor Hirt Wohlgeboren hieselbst. Cito Der jetzt hier anwesende Maler C. W. Tischbein , Sohn des verstor- benen Direktors Tischbein in Leipzig hat bei dem Ministerio um Verleihung der Zeichnenlehrer- stelle bei der Universität in Bonn gebeten, und sich in Hinsicht seiner Fähigkeit zu diesem Amte auf Ihr Ew. p Zeugniß berufen. Die ge- dachte Stelle ist zwar bereits an den Maler Kolbe in Köln vergeben; indessen hat derselbe sie noch nicht angetreten, und scheint auch der letztern von ihm eingereichten Erklärung nicht ge- neigt, unter den ihm gestellten Bedingungen nach Bonn gehen zu wollen. Es entsteht daher die Frage, ob der p Tischbein für den Fall, daß der p Kolbe dem an ihn erlassenen Rufe nicht folgen sollte, die erforderlichen Eigenschaften zu der Stelle eines Zeichnenlehrers bei der Univer- sität in Bonn besitzt. Zu diesen Eigenschaften rechnet das Ministe- rium nicht sowohl ein ausgezeich- net produktives Talent in der Ma- lerei, als vielmehr die Fähigkeit, einen gründlichen Unterricht im Zeichnen zu ertheilen, und theils hiedurch, theils durch anderweitige zweckdienliche Mittel in den Stu- direnden den Sinn für die bil- dende Kunst überhaupt zu wecken und sie mit denjenigen Kennt- nissen auszurüsten, welche zu einer richtigen Beurtheilung von Gemälden und Werken der bil- denden Kunst erforderlich sind. Das Ministerium ersucht Sie, sich in dieser Beziehung über die Qua- lifikation des p Tischbein gut- achtlich zu äußern. Berlin p Ministerium p Altenstein