Vorwort Die Frauenlyrik ist noch jung wie alle Frauenkunst. Sie hat kaum eine Vergangenheit, aber eine Gegenwart und noch mehr — eine Zukunft! Schweigen lag über dem inneren Leben und Erleben der Frauen. Vereinzelte Gesänge von Frauen, denen wir in alten Büchern begegnen, sind ihnen in den Mund gelegt worden von männlichen Schriftstellern. Wir haben keinen Beweis dafür in der Hand, daß sie selbst diese Gesänge verfaßt und gesungen haben. Vereinzelt, fast rätselhaft, ragt Sappho mit dem Kreise ihrer Jüngerinnen aus der fernen Vergangenheit herüber. Der Lyrik innerlich nahestehend sind Briefe und Offenbarungen frommer Beghinen und Klosterfrauen des Mittelalters, aus Italien, Deutschland, Schweden und anderen Ländern, jene Dichtungen der Mystik, denen sich heut wieder das literarische Interesse zuwendet. Es war ein seltsames Eiland, das der schöpferischen Phantasiebetätigung der Frauen in einer längeren Zeitepoche einzig offen gehalten war, und es trug seltsame Blüten. Nicht als Offenbarungen ihres Geistes faßte man jene Briefe und Mitteilungen auf, sondern als Offenbarungen Gottes, der jene heiligen Frauen als Sprachrohr gebrauchte. Und es läßt sich von ihnen leicht eine Brücke schlagen zu den Sybillen, zur Pythia und anderen weissagenden Frauen des Altertums. Nur Roswitha von Gandersheim, die noch nicht in dem geheimnisvollen Garten der Mystik wandelte, schrieb Dramen, die als freie Dichtungen aufgefaßt wurden, praktische, lebendige, leicht faßliche Bühnenspiele für die Nonnen ihres Klosters. Durch Jahrhunderte von diesem Boden getrennt — mehr noch durch Lebensverhältnisse und Weltanschauung getrennt —, der Sappho näher als den schreibenden Frauen des Mittelalters steht unsre heutige Frauenlyrik da. Sie scheint wie aus neuen Quellen hervorgebrochen, fließt reichlich und steigt. Einige wenige Vorboten haben ein neues Leben angekündigt, Vorboten, denen der Frühling nicht sogleich folgte. Madame de Staël und George Sand in Frankreich. In Deutschland erstanden um diese Zeit Frauen, innerhalb des Kreises der Klassiker und mehr noch der Romantiker, die, wie uns Briefe und Erinnerungen, Aufzeichnungen von Frauen und Männern verraten, ein lebhaft-geistiges Leben führten. Angeregt von dem lebendigen Kreis in dem sie lebten, die Männer in ihren geistigen Interessen verstehend, regten sie dieselben wiederum an und förderten sie in ihrem Wollen und Streben. Aber zu einem eigentlichen Kunstschaffen jener Frauen ist es noch nicht gekommen. Bettina v. Arnim schrieb „Goethes Briefwechsel mit einem Kinde“ und Luise Hensel ihre rührend einfachen, religiösen Gedichte. Zwischen ihnen und der Gegenwart liegt eine Zeit, in der eine Reihe schreibender Frauen auftrat, die sich vor allem dem Romane zuwandte, Frauen, welche die Bande der Konvention und ihres eignen, eingeengten Lebens nicht durchbrechen und darum nicht zu freier Künstlerschaft gelangen konnten. Es ist kein Zufall, daß die meisten dieser Frauen adligen Hausern angehörten. Denn, obgleich sie in dieser Umgebung durch Konvention stark gebunden waren, gewährten ihnen die in ihren Kreisen herrschenden Anschauungen und Sitten doch eine sorgfältigere Geistesbildung und gestatteten ihnen eine geistige Beschäftigung. Aber auch aus bürgerlichen Familien stammten einige dieser romanschreibenden Frauen. Einige fanden ein großes Lesepublikum. Sie schufen sogar einen neuen Typ des Romans, den sogenannten Familienroman, der — wie man sich in einer noch nicht ganz vergangnen Zeit ausdrückte — auch jungen Mädchen in die Hand gegeben werden konnte. In diesen Romanen schilderten Frauen die Welt zumeist, wie sie von Frauen gesehen werden sollte — ohne das Streben nach objektiver Wahrheit, ohne den inneren Drang, tiefer hinter die äußere Erscheinungswelt zu schauen ohne den Wissens- und Schöpfertrieb des Künstlers — und darum stießen sie nicht gegen Sitte und Anschauung und ihr eignes enggebundenes Leben. Nur Annette von Droste-Hülshoff ragt herb und eigenartig aus dem Kreise der schreibenden Frauen heraus als einzige beachtenswerte Dichterin Deutschlands, die in der Literaturgeschichte verzeichnet ist. Die freie Betätigung aber, die man die Frauen auf manchen Gebieten in unserer Zeit sich erringen ließ, zerbrach viele der alten äußeren Fesseln. Ein neues Leben — von manchen begrüßt, von den meisten geschmäht — brach und bricht sich Bahn. Die geistige Lust, welche die Frauen umweht, beginnt ihr Leben tiefer aufzustacheln und aufzuwühlen bis zu eigenschöpferischer Regsamkeit. Auf dem objektiven, die eigene Persönlichkeit verhüllenden Gebiete des Romans erstanden in jüngster Zeit Schriftstellerinnen, die bereits eine Bereicherung und ein bedeutender Bestandteil unserer gegenwärtigen Literatur geworden sind, z. B. Ricarda Huch, Enrica v. Handel-Mazzetti und manche andere. Mit den äußeren Fesseln zerbrach und zerbricht auch die Fessel des Schweigens über das eigene, verborgene, unmittelbarste Leben und Er- leben der Frauen. Das anerzogene, tiefst eingeprägte Schamgefühl, das den Frauen gebot, von ihrem eignen Lieben, Hoffen und inneren Leiden zu schweigen, versank fast jäh vor dem dichterischen Bedürfnis der Frauen, dieses innere Leben und Erleben dichterisch herauszugestalten. Die Begriffe waren nicht mehr starr genug, um dieses drängende Leben zurückhalten zu können. Dieses aber ist das erste Band, das man zerreißen muß, um zu lyrischer Betätigung zu gelangen — die Scheu zu reden von dem tiefsten, geheimen, inneren Erleben. „Das lyrische Gedicht ist der Chor im Drama des Lebens, der Welt,“ sagt Novalis. Es ist nicht aus dichterischer Phantasie, aus Erfindung geboren, es ist aus Fleisch und Blut, aus geistiger Erhebung und Not, aus dem Leben des Dichtenden selbst geboren. Und darum wird uns die neue Frauenlyrik, die fast jäh und auf einmal reich hervorgebrochen ist — wie ein Frühling, der plötzlich über Nacht kam, — uns zu tiefst in das Leben der Frauen hineinführen und es uns enthüllen. Es war meine Absicht, ein Buch zusammenzustellen, das die schönsten Dichtungen der Frauen enthalte, ein schönes und gutes Buch, das uns zeigen sollte, was Frauen dichten und sagen könnten. Aber meine Vorstellung von der Frauenlyrik in ihrer Gesamtheit war nicht klar umrissen. Und erst, da ich Band um Band las und studierte — eine endlose Reihe talentvoller und talentloser Gaben — wurde mir das ihr Eigentümliche klar. Das äußere Gewand der Gedichte, ihre Versform, Ausdrucksweise und Rhythmus sind verschieden. Wo nicht ganz eigne Wege zu verspüren sind, mehr oder minder anlehnend an die bestehenden Strömungen unserer gegenwärtigen Lyrik oder die einfachere, zum Teil volksliederartige Dichtungsweise der vergehenden Epoche. Aber der Ton in ihnen ist ein anderer — das Leben in ihnen ist ein anderes als in der Lyrik der männlichen Dichter. Und was ich fand und sich mir mit zwingender Gewißheit aufdrängte, wird vielen befremdend, seltsam und unglaublich scheinen — nämlich, daß die Lyrik der Frauen in ihrer Gesamtheit einen viel traurigeren Ton hat, als die der Männer. Es ist mehr Schwere in ihnen, heißere Liebe und tieferes Gebundensein, mehr Bedrängtsein, schwererer Kampf, tieferes Verstricktsein in das Schicksal — oft ein Verstricktsein bis zum Erlahmen aller hoffnungsfrohen, schaffenden Kräfte. Eine erschütternde Schwere, Traurigkeit oder Resignation liegt über vielen dieser Gedichtbände, deren Verfasserinnen oft kaum je irgendwo genannt worden sind und genannt werden. Sie haben auch zum größten Teil nicht Aufnahme in diesem Buche gefunden, — aber wer die Seele der Frau studieren wollte, wie sie im Kampf mit ihrem Schicksal lebt und leidet, der sollte an diesen Bänden nicht vorübergehen. Die Liebe zum Manne nimmt den weitaus größten Raum in der gesamten Frauenlyrik ein. Dagegen verschwindet merkwürdig die geringe Zahl der Gedichte, die dem Kinde gehören. Und welch eine Liebe! Ein unergründlich tiefer Bronnen, ein Hoffen und Erwarten, ein Stürmen und Jauchzen, eine Wildheit der Kräfte und ein schmerzzerschnittener Schrei und lähmende Enttäuschung und Zerbrochensein. Das sind die Einen! Schicksalsschwere und Gebundensein liegt über ihren Büchern, die von ihrer Liebe erzählen — einer Liebe von der sie leben, an der sie kranken und erlahmen. Aber da sind noch Andre — und in ihnen liegt die Möglichkeit der Entfaltung und weiterer Ausbreitung höchster menschlich-weiblicher Kräfte. Diese haben ihr Gefühl auch auf die Welt gerichtet. Die Natur mit ihren uns tief verwandten göttlichen Lauten spricht zu ihnen. Sie können ihr Wesen darin wiederfinden und immer wieder läutern und ihre Kräfte erneuern. Sie sehen die Welt und das Leben! Sie fühlen den Geist, der in ihnen und der Welt wirkt und waltet und erheben sich in Augenblicken schon bis zum höchsten, göttlich-menschlichen Fühlen. Es ist ein Umschalten der Gefühle, ein Heraustreten aus der tiefsten Gebundenheit, ein Zerbrechen der innersten Fesseln, ein Erweitern der Liebe zum weltumfassenden Gefühl. Ich habe nun das Buch zusammengestellt — nicht nach den Dichterinnen — sondern nach Stimmung und Inhalt der Gedichte. Es soll durch die Natur und das Leben führen, durch Frühling und Liebe, durch Mutterschaft, durch traurige Stunden und selbst den Kampf des Lebens, durch Einsamkeit und Andacht und durch Leben und Tod. Ich wollte, daß das Buch eins von denen sei, die man gern bei sich auf dem Tisch liegen habe, um hineinzugreifen — je nach der wechselnden Stimmung und Lage des Lebens, um ein Mitklingen, Mittrauern und Mitfreuen darin zu finden —, die Frauen, um den Widerhall des eigenen Lebens zu suchen — die Männer, um die Seele der Frauen in ihren eigenen Lauten reden zu hören. Es ist oft geredet und geschrieben worden über Frauenliteratur und Frauenkunst, als läge sie schon als etwas Übersehbares vor uns, und nicht, als sei sie noch ein so jung Gewordenes, ein neu Hervorbrechendes aus uralten Banden, und man hat über ihre Grenzen geurteilt mit verfehlter Kühnheit und verfrühtem Eifer. Ich habe bei meiner Arbeit die Grenzen nicht finden können, trotz der großen, seelischen Gebundenheit Vieler. Denn die Wenigen tragen weiter, nicht die Vielen! Und in ihnen fand ich unbegrenzte Möglichkeiten. Die Grenzen ihrer Kunst sind im Unendlichen verborgen, wie die Grenzen aller Kunst. Aus diesem kommt wieder das neue Leben, das schon Gegenwärtige und noch Zukünftige, das die aufgestellten Grenzen, Lehrsätze und Meinungen zertrümmert, nach dem sich wieder neue Grenzen und Meinungen bilden werden, um von neuem Leben wieder zertrümmert zu werden — und so fort — — Indem ich nun bedachte, wie kurz noch die Zeit sei, in der die neue Frauenlyrik erstand und die schönen, oft seltsam gefärbten Blüten sah, die sie hervorgebracht hat und das knospende und keimende, noch nicht ganz aufgebrochene Leben und all die Schätze, die man noch im Verborgenen zu ahnen vermag, fragte ich mich erstaunt im Gegensatz zu Jenen: Dies alles schon jetzt? — — M. H. Gareth Im Mai 1911. Mit rosigem Schein Über die Gipfelreihn Gleitet der erste Strahl Einmal und noch einmal — — Und dann ruht das Licht! Marie v. Gebsattel Neuer Tag I. Mit rosigem Schein Über die Gipfelreihn Gleitet der erste Strahl Einmal und noch einmal — Und dann ruht das Licht. — — — — — — — — Neige dein Angesicht, Hebe die Hände empor Und verschließe dein Ohr Den Stimmen der Nacht. Was du in ihr gedacht, Hat dir den Mut erschlafft. Nun aber sammle die Kraft, Stähle des Herzens Schlag Für den neuen Tag. II. Leuchtende Sonne liegt hoch überm Schnee, Leuchtende Sonne besternt den See, Kalt ist des Nordwinds stürmisches Wehn — Nun muß alles Schwache zugrunde gehn! — — — — — — — — — — — — Mein Herz seiner irdischen Fessel vergißt. Alles, was schwach und kleinlich ist Will ich mit frohen Händen zerschlagen. Will es zerschlagen in diesen Tagen Mit jauchzendem Schrei — Stark und frei! Ein Februarnachmittag Gelbbraune Wiesen — kein Flöckchen Schnee Am Rande der Bäche, wohin ich auch seh. Blattlose Sträucher, manch schlanker Baum Blicken so still in den kahlen Raum, Trinken ein Licht, das ihr Geäst Fein und doch scharf erkennen läßt. — — Ein leiser Frost, der die Bäche hält. Die Wintersaaten tief grün im Feld. — — Grellrote Dächer, noch gestern beschneit, Von jeglichem Stäubchen heute befreit, Und eine Sonne, die bald zwar enteilt, Aber schon täglich länger verweilt. Lachend blick ich ins Land hinein — — Reizlos soll jetzt meine Heimat sein? Die ihr in Städten hastet und jagt, Glaube wohl, daß sie euch gar nichts sagt. Denn sie verschließt sich allem, was laut, Gibt sich nur denen, die ihr vertraut. Bleibt darum fern, ich willige ein, Bin ja so gern, ach wie gern allein. Lenzgefühl Aus Tiefen zur Höhe Ringt sich mein Wehe: Erlösung, Erlösung! Bang ist mein Herz. Sonnenstrahlen Mehren die Kälte, Schauer und Qualen. Verworrene Stimmen aus tiefen Tiefen, Wo sie gebettet, eingewiegt schliefen: Erlösung, Erlösung! Was wollen die Vögel mit ihrem Sang? Die blauen Glöckchen mit Silberklang? Läutet, läutet, läutet, Es ist der alte Geist der Nacht In meiner Seele aufgewacht. He, Frühlingswind, Du Himmelskind, Blase von der dunst'gen Schwele Mir frei die abgrundtiefe Seele, Doch blase tief, tief, tief hinein. Aus Tiefen zur Höhe Ringt sich mein Wehe: Erlösung, Erlösung! Ostersonnabend Aus fernen Gründen, die noch keiner nannte, Weil alle dort wie eine stille Welle Im Strome des Vergessens sinken, sandte Der Welterhalter junge Lebensquelle. Nun fuhr der Tauwind brausend durch die Lande — Am Berghang blüht die blaue Küchenschelle, Ich zittre, weil mir jäh das Herz entbrannte In dieses Abends keusch-verklärter Helle. Durch klare Stille tönen stark die Glocken. Ja, dieser Abend ist durchbebt von Freude, Von einer Freude, die sich wie erschrocken Bewußt wird dieses kindersüßen Heute. Du glühst, mein Herz? Wohl dir, du kannst frohlocken: Dein Ostern kommt mit lenzlichem Geläute. Ostern Christ ist erstanden! Mächtig schwillt Der Glocken Schall, es anzusagen. Ein Hauch des Himmels, stark und mild, Liegt traumhaft über diesen Tagen. Frohlockend schwebt der Lerche Lied Im Blauen über allen Landen. In Tau und Knospen steht das Ried —: Er ist wahrhaftig auferstanden! Die Nacht ward lang bei Not und Weh; Die Hoffnung schlief, statt leis zu singen. Auf allen Gräbern lag der Schnee Und Trauer auf der Seele Schwingen. Nun tagt's; nun quillt's von Licht und Duft; Frei spielt der Strom mit seinen Banden, Ein Veilchenbeet ward jede Gruft. Er ist wahrhaftig auferstanden! So festlich ist die Welt erneut, So hell von Lenzlicht übergossen, Als wandelte durchs Land noch heut Der Gottessohn mit den Genossen. Als stünd' er heut noch in der Schar, Mild segnend, die ihn gläubig fanden: „Ich bleibe bei euch immerdar — — — “ Er ist wahrhaftig auferstanden! Wer weint noch still? Wer klagt? Wer fragt, Warum so heiß die Herzen pochen? Du Seele, die so tief gezagt, Wohl dir in diesen Osterwochen! Und wohl dir, wenn im Abendrot Die letzten Erdenträume schwanden! Was ist nun Nacht und Not und Tod? Er ist wahrhaftig auferstanden! Vorfrühling Die ersten Blüten trug sie heim vom Wald Behutsam in der zarten Mädchenhand; In ihren Augen fremd ein Leuchten stand Vom ersten Frühlingslicht im fernen Wald. So ging sie durch die graue Alltagsstadt Und hielt die Blüten immer vor sich hin. So feierlich wie eine Priesterin, Die eine Sendung zu vollbringen hat. Und wer ihr sah ins kindliche Gesicht, Den rührt ein frühlingsheller Zauber an. Und eine Hoffnung ward ihm aufgetan, Und eine Türe ging ihm auf zum Licht. An den Frühling Du üppiges Grün! — Wie lag vor kurzem noch statt deiner Blüten Fülle Der eis'ge Schnee auf deinen dürren Ästen, — Wie hüllte noch die grause, winterliche Stille Dein wonnig Werden und dein junges Leben ein. Als wilder Sturm und grimme Kälte Durch deine kahlen, öden Zweige blies, — Und jetzt ist doch nach allem diesen Die große Herrlichkeit erwacht; Es kommen Blütenmassen, Blätter über Nacht; Und wie aus güldnem Horn ergießen sich die Düfte. O laßt mich stehen, neuerstandne Frühlingskinder, Und gebet mir ein sichres Hoffen wieder; Es fegten auch vorbei an mir nicht minder, Der schlimmen Stürme hoffnungslose Lieder. Laß mich den Frühling sehen Laß mich in heißer verschwiegener Qual, Laß durch die Gärten mich gehen, Laß mich den Frühling sehen, Wie er tanzt im vergoldeten Saal. Alles Frohe will mit mir gehn, Jünglinge, selige Frauen, Jauchzend den Frühling zu schauen, Glückumschlungen am Tor zu stehn. Wer liebt dich, wie ich, Gesegneter du, Vor dir, dem heilig Lebendigen, Das sterbliche Wehe zu bändigen? Siehe, durch Tränen lächl' ich dir zu. Lenzerfüllung Sieh, das fahle Grau am Horizonte Wird sich bald mit starken Wäldern krönen. Und der Hügel dort, der stillbesonnte, Ist schon hellgestirnt mit Tausendschönen. In den Lüften spielt's wie weiche Geigen, Und die Winde wehen frohe Takte; Eine Eiche wiegt sich stolz im Reigen, Knospenschleier hüllt die göttlich nackte... Siehst du, wie die Quellen tanzend springen, Die da lagen in kristallnen Ketten? Wie sie sich hinaus zu Strömen ringen, Und ins Freie, Uferlose retten? Siehst du nicht die tausendschönen Auen? Fühlst du nicht den großen Lebenswillen Wie aus unsichtbaren Schalen tauen, Und empor aus Erdengründen quillen? Alle, alle goldnen Lebenstriebe Müssen am Erfüllungstage reifen; Und aus Herzensengen muß die Liebe Wachsend in die frohe Weite schweifen. Laß dich lächelnd von dem Frühling führen, Gib die Seele frei an seine Sonne! Offen findst du meines Herzens Türen, Wo du bergen kannst die Knospenwonne... Frühlingsnacht Stumm wacht die weiße Frühlingsnacht Vor meinem Fenster. Und es tastet sich Ihr zager Duft in meinen wachen Traum. Ich liege still und lausche in das Land Und sehe alles, — ohne hinzusehn — In unermess'nem, mattem Glanze liegen. Ich horche auf den Pulsschlag alles Lebens Und bin doch selber wie ein weißer Baum, Der lautlos in die laue Luft sich dehnt, Der — ganz verloren in sein eignes Blühen — Erschauernd seines Wachsens Wunder lauscht. Der Erde Pfingstgesang Wie du in Strahlenglut, Heiligen Geistes Feuerflamme du, Pfingstsonne, dich hebst! Wie ich Erde Sehnend aus dunstigem Traum dir entgegenschauere, — Auf daß du in mir lebst! In tausend Knospen bebt und ringt es. Wacht mir auf zu fühlenden Augen, In all meines Wesens Poren dringt es, Zu leben, zu blühen und Licht zu saugen! Mich dunkle Erde faßt ein Drang Uralten Traums unnennbarer Lust! Schon ward ich ein einziger Frühlingsblust, Schon spür ich sich regen süßen Gesang Ahnungstrunken im Herzen meiner Dichter! Was euch das heilige Sehnen verheißt, Singt es heller! singt es lichter! Daß leuchtend durchtöne der Zeiten Gang Mein Gott = strahlender Frühlingssang: „Ich werde noch Flamme! Ich werde noch Geist!“ — Nun steigt die Pfingstensonne. Frühling Der du kamst aus lichteren Welten — Ach, du sagst: aus Heimatwelten — Frühling, goldener Frühling! Die fern und verborgen uns armen Verirrten Hinter dem Tränenschleier der Erde, Frühling, goldener Frühling! Der du kamst in Strahlengewanden Deiner Heimat, mit Prangen und Locken Sehnsucht zu wecken nach ihrem Glanz! — Bald wirst du scheiden. Kurz ist dein Weilen. Auf dieser tränenumschleierten Erde, Was schön ist, vergeht. — Ach, wir grüßen dich jubelvoll, Frühling, goldener Frühling! Öffnen dir sehnend des Herzens Tore, Daß du uns füllest mit Heimatleuchten, Daß wir durch die Tränen der Erde Künftig wandeln entrückt. Maienfeier Beengt von Zauber hält die Erde Den maiensüßen Atem an: Jungsommernacht, die lenzbetörte, Naht liebefroh im Blumenkahn. Duftende Wogen steigen auf Liebe weckend in trunkenem Lauf. Als Tropfen purpurrot entfielen Viel Tulpen ferner Sonnenglut: Auf schlanken grünen Blumenstielen Korallen in der Frühlingsflut. Silbern netzet die Ruder der Tau: Syringendolden weiß und blau. Auf dieser See smaragdnem Grunde Mein Wachen schien ein goldner Traum: Die lenzessüße Weltenstunde schlug wonnenächtig sich zu Schaum. — Zauberbeseelten Widerhall Jauchzt und weint eine Nachtigall. Johanneslied Johannes, warum, sag, bist du gegangen An diesem wunderbaren Sommertag? Johannes, warum, sag, bist du geflohen Vor dieser schönheitschweren Sommernacht? Wie rauschet die Quelle im Wiesengrund, Wie dürsten die Blumen, die Erde nach ihr! Die Quelle, sie bietet den frischen Mund Der schweigenden Nacht. Es murmelt die Quelle im Wiesengrund, In träumender Nacht ein plaudernder Mund — — Wie meine Seele. Du halfst ihr auf, Sie strömt in die dunkle Nacht hinaus. Wie meine Seele. Als sie dich fand, Von dir gestreichelt mit weicher Hand, Da hob sie die kranken Augen auf Und sah zu der eigenen Höhe hinauf, Und sah wieder frisch in die wachende Welt Und über ein sonniges Schaffensfeld. Und was du mir Schönes entgegengebracht, Es liegt umschlossen von dieser Nacht. Und meine Seele in Tränen lacht, — — Johannes — — dir weihe ich diese Nacht. Stille Überschwer und still die Luft. Bewegungsträge in Gewitterschwüle, Rose und Jasmin im Duft. Zu Buschgehanges dunkelweichem Pfühle, Tief in farbentrollter Schluft, Die Lebensgötter fort von Ernst und Spiele Lockt es in die Willens-Gruft. — Bleierner Schlaf am Wegesziele. Amen! diese Stille ruft Als Echo tonverschwebend im Gefühle. Mittagszauber Goldstaub die Luft! — Der stille Park verträumt. Die Rosen schwer, vom eignen Dufte trunken. Und jeder Halm von weißem Licht umsäumt. Und selbst das Erlenlaub in Schlaf versunken. Es ist so still — nur dann und wann im Hag Ein Wachtelruf, des Hähers Liebeslocken, Ein schluchzend abgebrochner Amselschlag, Ein kurzes Brausen wie versunkne Glocken. Ich selbst verträumt, das Auge sonnenschwer. Es flutet über mich mit schwüler Welle, Ein blauer Falter taumelt um mich her. Vom Schilfe tönt das Schwirren der Libelle. In meiner Seele wird es licht und weit, Ein Schwanken ist's, ein selig Untergehn... Des Sommertags verlor'ne Einsamkeit Fühl ich wie gold'ne Nebel mich umwehn. Noch sieht mein Aug' ein fallend Rosenblatt, Ein Wasserhuhn ist taumelnd aufgeflogen. Ich sinke hin — so still und traumesmatt Und treibe steuerlos auf Traumeswogen. Schwüle Kein Ruf kann die Erde wecken, Sie schläft im Totenreiche, Sie schläft unter goldenen Decken Wie eine Königsleiche. Im Wald die Gräser und Farren Beben in letzter Pein, Sie müssen im Lichte erstarren, Sie tranken vom Todeswein. In tausend Sonnenflüssen Ergoß der Himmel Verderben, Von tausend Sonnenküssen Ein großes Welken und Sterben. Im Gold verschmachten die Felder, Im Gold verzehrt sich die Luft... Und durch die träumenden Wälder Ein schwerer Verwesungsduft. Bei Sturm Huiij! — wie das saust! Huiij! — wie das braust Und schlägt sich wild umher, Jagt holl und troll das Rebenlaub, Zerzaust's die Kreuz und Quer. Huiij! — wie er trillert im Diskant Ums Dach, der Wirbelwind, Schlägt schrill die Glaser klirrend klein Wo Luken offen sind. Poseidons lose Buben schrein! Da klafft die Wetterruh; Huiij ja, die wilde Jagd ist los, Zerstörend packt sie zu. Nur los, ihr wildes Göttervolk, Getobt in Saus und Braus! Verschont mir nur in eurer Wut Mein herrlich Elternhaus. Sommernacht O schöne Sommernacht, Wie ist die Welt so still. Ein feuchter Nebel dämmt die Wiesen ein, Nur eine Seele wacht, Und auch die eine träumt. O schöne Sommernacht, Die Wolkenschicht am Himmel leuchtet matt, Vom Mondenlicht beschienen, Die Weiden und die Erlen stehen still, Der Blick schweift durch die Nebel in die Ferne; Wie ist die Welt so schön, — so schön, Verloren bin ich, Nacht, in deine Ruh, Decke den wachen Träumer zu! Irdische Liebe — — — — — — — — — — — — — — — — — — Unten duftet die Nacht so lau, — — Oben der Sterne einsame Kreise! Halte den Atem an — leise, o leise! Feindliche Schatten durchhuschen die Au, Leise, daß uns kein Unheil droht! Denn durch die nachtumschauerten Gründe Irrt meine schöne Schwester, die Sünde, Und mein Bruder, der Tod. Hedwig Dransfeld Irdische Liebe Weiche, o weiche nicht schaudernd zurück, Mag auch die Seele dir ahnend erbeben... Rosen, Rosen will ich dir geben, Denn mich sendet das purpurne Glück. In die blühende Welt hinaus, Wo die nächtlichen Fluren sich breiten, Will ich auf schwanken Stegen dich leiten — — Morgen sind wir zu Haus. Folge mir nach in der Dunkelheit... Leise, leise durch Gräser und Ranken! Wo die goldenen Ähren schwanken, Schläft am Wege das Erdenleid. Stille des Herzens fiebernden Gang! Daß wir das purpurne Glück nicht schrecken, Daß wir das schlafende Leid nicht wecken... Leise hinunter den Hang! Unten duftet die Nacht so lau, — — Oben der Sterne einsame Kreise! Halte den Atem an — leise, o leise! Feindliche Schatten durchhuschen die Au, Leise, daß uns kein Unheil droht! Denn durch die nachtumschauerten Gründe Irrt meine schöne Schwester, die Sünde, Und mein Bruder, der Tod. Als sich mein Fuß noch keinen Weg gewählt Als sich mein Fuß noch keinen Weg gewählt, Da kamst du, wie der Knabe mit der Flöte, Ihm folgt das Kind durch Feld und Abendröte Und weiß es nicht, was ihr das Lied erzählt. Am Bergesabhang bei den müden Lämmern, Da kauert er und flötet vor sich nieder — Zu ihren Füßen, durch den Busch von Flieder, Sieht sie im Duft das Land des Lebens dämmern. Sieben Jahre Sieben Jahre blüht die Wunderblume — Sieben Jahre schmachtet die Prinzessin — Sieben Jahr'! — gefangen in dem Turme. — Sieben Jahre will ich deiner harren. Jedes Jahr erschließt sich eine Blüte, Naht ein kleiner Vogel der Prinzessin Als ein Zeichen, daß der Prinz noch lebt — Jedes Jahr darf ich dich einmal sehen. Aber wenn nach diesen sieben Jahren Nicht der Prinz die Wunderblume findet, Welkt auf ewig sie — und die Prinzessin Bleibt verwunschen, ewig! — und ich sterbe. Mädchenlied Übern Zaun quillt der Flieder, So dicht, so weiß, Da schluchzt seine Lieder Ein Vogel so heiß. Da plätschert der Brunnen Im Muschelstein, Seine uralte Weise, Die schläfert ein. Ich steh im Garten Erwartungsvoll, Das Herz der Mainacht. Pocht süß und toll. Ein lauer Schauer Steigt aus dem Gras, Muß warten, warten, Weiß nicht auf was. Mädchenlied Wieder die alte Leier! Sitzt da im Hause ein Freier, Und sie meinen jetzt drinnen, Ich möchte mich wohl besinnen Und, daß auf Liebe die Frauen Einzig ihr Lebensglück bauen. — — — — — — — — — — — — Wär es der Rechte, 's kann sein, Ich ginge gerne hinein, Aber mein ganzes Leben Würd' ich auch dem nicht geben. Ich behielt mir zurück Sicher ein gutes Stück. Daß auf die Liebe die Frauen Einzig ihr Lebensglück bauen, Nein, das glaube ich nimmer. Sagt man's auch immer und immer „Glück“ — sind meine jungen Glieder Und meine Brust voll Lieder Und meine Freude am Leben Und meine Lust zu streben. Wenn mich die Liebe will, So halte sie bei mir still; Wenn sie mich einst verläßt — Ich halte sie sicher nicht fest. — — — — — — — — — — — — Ja, richtig der Freier im Haus! Der kommt wohl auch ohne mich aus. — — — — — — — — — — — — Vor mir die blühende Welt, Jauchzend eil' ich ins Feld. Schicksalswende Das faß ich nicht, wie ihr so ruhvoll lebt, Und euch kein Ahnen sagt, wie schwer ich leide. Und wie auf eines Messers schmaler Schneide Mein armes pfadverirrtes Schicksal schwebt! Uns schirmt der einen alten Heimat Dach, Zu einem Tische heben wir die Hände, Und ist doch heut an meiner Wege Wende Nicht Mutteraug' noch Vatersorge wach! Pflicht Ich muß dich wiedersehen Und reite durch die Nacht, Nicht stille will ich stehen, Bis daß dein Aug' mir lacht. Es jagt mit losem Zügel Mein Hengst in Sturmes Graus Durch Dorngeheg und Hügel Bis hart vor deinem Haus. Ich klopf an deinem Fenster, Du rufst: „Herein, mein Glück!“ Da jagen mich Gespenster Den rauhen Weg zurück. Traumbild Nächtlich trat ich in das Zimmer, Wo mein Freund am Schreibtisch stand. Leuchtend fiel der Lampenschimmer Auf mein festliches Gewand. Mahnend legt ich meine Hände Auf des Denkers müdes Haupt: „Ist die Arbeit nicht zu Ende, Die dich mir so lang geraubt?“ „Sieh, das Leben geht vorüber, Ungenossen bleibt die Lust, Unser Blick wird trüb und trüber, Ruh dich aus an meiner Brust.“ Langsam hob der Freund die Lider, Sah mich an und sprach kein Wort. Schauernd zogs durch meine Glieder, Und still weinend ging ich fort. Nach dem Fest Ich ging zum Fest als wie ein Kind, Trug einen Strauß von Veilchen — Verwelkt all meine Wünsche sind, Sie blühten nur ein Weilchen. Jetzt leg ich vor dem Spiegel ab Mein Kleid und mein Geschmeide — Er sieht so blaß zu mir hinab, Er weiß, warum ich leide; Weiß, wer mir seine Hand nicht bot Und mir nicht zugetrunken. Welch heiße, tiefe Herzensnot Auf mich herabgesunken. Ich leg die Veilchen und das Kleid Zu unterst in die Truhe — Ach, fände auch mein Herzeleid Tief unten seine Ruhe! Zu spät Doch zögerst du, so geht die Sonne unter, Ein grauer Nebel deckt die Flur. Ich seh auf eine tote Welt herunter Und find als Antwort Tränen nur. Die Pappeln steil und ernst am Wege stehen, Wie Friedhofswächter, stummer Klage voll. Vor Weinen kann ich nicht dein Antlitz sehen, Und aus des Herzens Pein es leise quoll: Du hast versäumt — verträumt die rechte Stunde, Verzagt — verklagt hast du das rechte Wort — Verwelken ließest du den Kuß auf meinem Munde, Du kommst zu spät zu mir — geh fort! Gottesdienst der Liebe An jenem Tage, da du mich geküßt, Bin heimlich hin zur Kirche ich gegangen, Es kam mir plötzlich, daß ich beten müßt, Weil einen Gruß vom Himmel ich empfangen. Dort in der alten, weißen Kirchenbank Hab auf den Knien ich vor Gott gelegen. Ein Schluchzen sich aus meiner Seele rang Gleich wie nach Winterfrost ein Frühlingsregen. Ob wirklich ich gebetet? Ob von dir Ich nur gestammelt hab und meinem Lieben? Ich weiß es nicht — doch hat der Himmel mir Als Gottesdienst die Stunde angeschrieben. In den Binsen Langsam und zagend folgt ich dir nach In die rauschenden Binsen... Nickende Lilien standen am Bach Zwischen den Wasserlinsen. Und so sicher und stark dein Arm, Rings ein seliges Raunen, — Und die Sonne lockte so warm: „Schlaf auf goldenen Daunen.“ Näher und näher zum Teich heran, Immer verstrickter die Loden... Und du lachtest mich sonnig an: „Lug und Trug ist der Boden. Zitternde Quellchen schon hier und dort Aus verborgenen Gründen! — Halte dich fest — gleich sind wir am Ort, Wo wir die Lilien finden.“ Meine Seele war ganz Vertrau'n, Und mir sprühten die Wangen... Ach, ich wäre durch Nacht und Grau'n Gläubig mit dir gegangen. Sonder Furcht vor dem schwankenden Rain, Vor den tückischen Bronnen, — Immer dir nach in die Binsen hinein Ganz verträumt und versonnen. Drüben sah ich in silbernem Flor Sich die Binsen erhellen, — Eine Natter züngelt empor, Höher sprühen die Quellen, Weicher der Grund... Dir nach, dir nach! Hielt mich ein Zauber gebunden? Aber die nickenden Lilien am Bach Haben wir nicht gefunden. Enttäuschung Schwer war mein Herz von leisbewußtem Glück An jenem Abend, als du auf mein Haupt Und auf mein langes, dunkles Mädchenhaar Mir deine schmale, weiße Hand gelegt. Schwer war mein Herz. Und meine Stirne sank So tief herab, daß du die Tränen nicht Erraten solltest, die verstohlen mir In's Auge stiegen aus der Seele Grund. Aus meiner Seele, die in Sehnsucht schwoll, In knospend junger, scheuer Mädchenliebe, Und die in Andacht, betend fast geharrt Des Segens, der aus deinen Händen rann, — Der Weihe ihres tiefgeheimen Glücks. Da sah ich auf. Und — spielen sah ich dich Mit meinem Haar, — so wie man lächelnd spielt Mit Frauenhaaren. Und noch tiefer sank Die Stirn mir nieder, heißer stiegen noch Die Tränen auf. Nicht andachtsweich und fromm, — O nein! — Von deinem Lächeln war Mein scheues Beten wie entzweigerissen. Wie hold die Worte dir vom Munde gehn Wie hold die Worte dir vom Munde gehn, Von Weisheit voll und wie Musik zu hören; Doch spür ich oft den Ton nur mich umwehn, Und ihren Inhalt könnt ich nicht beschwören. So fühl ich deine Nähe mich betören, Daß meine Augen wie durch Nebel sehn; Als ob die äußern Sinne sich verlören, Weil mir im Herzen zu viel Glück geschehn. Das pocht und jauchzt, als sprengt es mir die Brust! Du bist's! du bist's! wie sucht ich dich vergebens! Die ganze Welt durchsucht' ich, ach, nach dir! Und du antwortest stumm und unbewußt: Ich bin's, die einz'ge Liebe deines Lebens Und dein Verhängnis; zittre nun vor mir! Sehnsucht Um bei dir zu sein, Trüg ich Not und Fährde, Ließ ich Freund und Haus Und die Fülle der Erde. Mich verlangt nach dir, Wie die Flut nach dem Strande, Wie die Schwalbe im Herbst Nach dem südlichen Lande. Wie den Alpsohn heim, Wenn er denkt, Nachts alleine, An die Berge voll Schnee Im Mondenscheine. Nein, Liebe kann nicht sterben Nein, Liebe kann nicht sterben, Wie heiß ihr Weh auch flammt, Eh' ging die Welt in Scherben, Eh' Liebe könnt verderben, Denn ewig ist ihr Amt. Kann ich den Schwur bestreiten, Den ich im Himmel gab? Durchs Leben dir zur Seiten In Glück und Not zu schreiten, Dein Schutzgeist bis zum Grab! Leg an mein Haupt das deine, Was kümmert mich die Welt? Die Welt voll Neid und Scheine, — Ich weiß ja nur das eine, Daß ich für dich bestellt. Die Mandolinen spielen Die Mandolinen spielen. — Laß mich tanzen! — Hier, wo der Mond das Kreuz am Boden malt, Und Klang und Duft der Nacht durchs Fenster schwebt — Mein Kleid ist weiß — du löstest meine Haare — Und meine Glieder folgen diesen Tönen, Es klingt so süß — es lockt — ich muß mich heben Und drehn — und meine Arme so bewegen Und wieder senken — meine Füße kreisen, Das Haupt sinkt in den Nacken — und ich tanze Und weiß nicht was — und immer seh ich dich — Dein Auge lenkt mich und die Mandoline — Sie lockt und zieht und lehrt mich diesen Reigen — Nun will sie jagen mich — die Pulse klopfen Ich muß — in diesem Wirbel ja! — — halt fest! Ganz fest! — es will — — — — — — — was will die Mandoline? Brautlied Glieder bei Gliedern gelöst, Schlaf in die Lider geflößt, Herzen, die ruhiger pochen, Und kein Wort mehr gesprochen, Nur in befriedigter Brust Eins noch des andern bewußt. Lippen, die küßten sich wund, Küßten die Herzen gesund, Weg das Siechen und Sehnen, Seufzer und Küsse und Tränen. Liebe ward wieder ein Kind, Schuldlos, wie Selige sind. Horch und die Glocke erscholl, Mahnt, daß die Stunde nun voll. Leicht wie Flaum ist das Leben, Das sich der Liebe gegeben. Sterne, o neiget den Blick Auf ein vollkommnes Geschick! Droben rudert ein Schwan Milchweißschimmernde Bahn, Hell das Gefieder von Sternen Zieht er durch himmlische Fernen, Rudert nach Traumland voraus, Sucht der Glückseligen Haus. Weile, du goldener Schwan. Stunde, den Flügel halt an. Über dem bräutlichen Dache Leis beziehet die Wache. Bleibt in der Sel'gen Revier — Traumland und Glücksland sind hier. Eros O, wie stark du bist! Dich zwingen nicht Stürme zur Erde, Du kennst nicht Müh' noch Beschwerde, Steigst immer bergan, bergauf, Keiner hemmt dir den Lauf! O, wie stark du bist! Trittst du in die Versammlung herein, Meint man, du müßtest ihr König sein, So frei und so frank Ist dein Gang. O, wie stark du bist! Den Stolz und die Stärke, die lieb' ich an dir. Trägst sie wie einer Krone Zier, Wie ein edel, unsichtbar Schwert; Das Leben hat dich zu streiten gelehrt. Das Leben gab dir den siegenden Mut, Kühn ist dein Auge und flammend dein Blut. Wärst du in alten Zeiten geboren, Dich hätten die Helden zum Führer erkoren! Hätten dich auf dem Schilde getragen, Hättest die Schlachten für sie geschlagen, Hättest die Feinde gezwungen zur Frone, Säßest auf goldnem strahlenden Throne. O, wie stark du bist. *** Meine Wünsche möcht' ich wie zwei Schwingen, Liebster, dir an deine Schultern heften, Daß sie dich im Sturme vorwärts trügen Durch die Luft mit ihren Wunderkräften, Daß die Mauern vor dir niederstürzten, All' die starken Walle, die uns trennen, Daß du kämest, wenn vom Rot des Abends Lichterloh des Westens Wolken brennen, Daß du trätest in mein stilles Zimmer, Froh und stark mit unserem Glück beladen, Wie dereinst des Himmels sel'ge Boten Zu den Darbenden und Armen traten. Ein Engel hat den vollen Kranz der Liebe Liebeslieder Ein Engel hat den vollen Kranz der Liebe Einst auf dies töricht junge Haupt gesetzt, Und daß er Rosen überschwänglich triebe, Mit seiner Tränen Flut ihn reich benetzt. Die Sonne sank, seit wir uns Treu gelobten. Wie grün er war, der Kranz ist lang verbleicht — — O Scham, Triumph und Demut des Erprobten, Dem Gott die Krone ew'gen Lebens reicht! Wie Laodamiens Gatte für drei Stunden Liebeslieder Wie Laodamiens Gatte für drei Stunden Vom Nebelschoß des Todes losgebunden; Erschienest du, wie einst mir zu gehören; Und da ich noch mit innigstem Beschwören An deinem traumesschweren Leibe sauge, Senkst du in meine Brust zum letzten mal Mit dunkler Kraft das mitternächt'ge Auge, Und tauchst hinunter in die leere Qual! Drei Tage kniet ich weinend auf der Schwelle Liebeslieder Drei Tage kniet ich weinend auf der Schwelle Und rief den Namen an, einst mir so mild. Dann drang ich in des Tempels letzte Zelle Und sah erbebend das verehrte Bild. Das Götterangesicht, das langentbehrte, Enthüllend stand er streng im Flammenschein. Erst als die Glut mich griff, doch nicht verzehrte, Sprach er: Ich kenne dich. Und du bist mein. Du kamst zu mir, mein Abgott, meine Schlange Liebeslieder Du kamst zu mir, mein Abgott, meine Schlange, In dunkler Nacht, die um dich her erglühte. Ich diente dir mit Liebesüberschwange Und trank das Feuer, das dein Atem sprühte. Du flohst, ich suchte lang in Finsternissen. Da kannten mich die Götter und Dämonen An jenem Glanze, den ich dir entrissen, Und führten mich ins Licht, mit dir zu thronen. Denn unsre Liebe hat zu heiß geflammt Liebeslieder Denn unsre Liebe hat zu heiß geflammt, Die wir entrissen alten Göttermächten. Von Sterblichen verdammt Schlug sie empor in unterirdschen Nächten. Sie loderte wie Fackeln überm Grab, Der Sterne Heer zerschmolz in ihrem Hauch Und troff auf sie herab. So schmolzen schmerzlich unsre Seelen auch. O Wohlgeruch, o Gluth! O Lust und Glanz! O Qual, nie nah genug, so nah zusammen! Empfang uns endlich ganz, Abgrund der Nacht, in deinen Liebesflammen. Schwill an, mein Strom, schwill über deine Weide Liebeslieder Schwill an, mein Strom, schwill über deine Weide, Umschlinge Haupt und Stamm zu dir hinab. Daß sich kein Blatt aus deiner Flut mehr scheide, Taucht sie die Zweige schluchzend in dein Grab. Daß dich doch dürstete, wie sie verschmachtet! Verzehre sie, wie sie dich trinken will! In dich gebogen, ganz von dir umnachtet, Von dir verschlungen wird die Seele still. Rondo Wie zärtlich sich dein Nacken biegt, Wie flimmernd dir das Wildhaar fliegt! Dein Auge siegt! Und wie dein Mund mich singend rief, Als ich in meinen Tränen tief Und gnadlos schlief: „Tritt aus dem Traum der dich umspannt! Sieh hin, das weite Herbstesland Ist bunt entbrannt... So bunt, so bunt von totem Laub! Ein trotzig Lodern, eh der Staub Es nimmt zum Raub. Mein Blut ist jung, die Stunde lacht — Vielleicht, vielleicht kommt über Nacht Das Sterben sacht. Und sind auch alle Blüten tot, Schau nur, wie in Korallen rot Die Esche loht! Die Beeren reih ich dir zum Kranz, Du wirst von ihrem Feuerglanz Umronnen ganz. Und wieder lachen lernt dein Herz, Die Ketten brech ich altem Schmerz Mit jungem Scherz. Denn starke Lust ist wie ein Held: Den Grimmen, der die Sichel hält, Jagt sie ins Feld. Zu Gipfeln führt sie uns hindann, Das Lachen klingt wie Glocken an — Frei ist die Bahn!“... Heimat Rück naher, Lieber, laß uns niedersitzen, Von deiner Heimat sollst du mir erzählen, Indes ich innig fasse deine Hand, Vom Dörfchen sprich mir, fern im Frankenland. Wo fröhlich dir am Baum in junger Sonne Des Heimaterdreichs deine Kraft erblüht. Ach, wurzellos, vor jedem Wind getrieben, Wuchs in der Brust mein heimatloses Lieben. Sieh, zwischen uns steht tausendjähr'ges Weinen, Verlorner Jammer des gehaßten Volks; Und wo du zugreifst und das Glück umfaßt: Muß ich erst umschaun auf die Leidenslast. Ein aufgescheuchtes Heer von fremden Vögeln, Die jeder Gassenbube frech verjagt: Die Heimatlosen wir vom Stamm der Juden An fremden Tischen, die zum Spott uns luden. Doch wenn ich still mich an die Brust dir schmiege, Dein blonder Bart mein dunkles Kraushaar küßt: Könnt' aller Haß vor jenem Glanz versinken! In Liebe, Heimat, Heimat sich die Seele trinken! Engste Bande Feine, weiche Seelenfäden Spinnen sich von früh bis abends, Liebster, dir um deine Seele! Und aus feinem, weißem Faden Webe ich von dem Gespinste Feste, seidenklare Bande, Die dich, Liebster, halten sollen. Und aus dünnem Spinngewebe Solche eisenstarke Fesseln — Die verbinden uns auf ewig. Hüte dich, sie zu zerschneiden! Feinster Seelennerven Fasern Würden zuckend uns die Herzen, Die zu eng verbundnen, rühren. Unter überstarken Qualen Würden sich die Wunden röten — Und verzuckend und verendend Würdest du zwei Herzen töten. Nachtlied Nacht ist's. — Tiefe, schwarze Stille Blickt herein ins helle Zimmer, Wo die Lampe traulich brennet Dir und mir. — Im Dorfe unten Bellen ferne her die Hunde; Nur gedämpft dringt jener laute Lärm an unser beider Ohren. Vor dem Fenster bläht der Nachtwind Die Gardinen uns zu Bogen Wie der Schiffe Segel zweie, Auf dem Meer im Dunkel fahrend. Und der Nachtwind spielt ein Lied uns Auf den Saiten unsrer Seelen. Und sein Singen weckt das Zittern Der Empfindung in uns beiden Bis zum Übermaß des Schauerns — — — Und zwei Tränen fühl ich gleiten, Die den Augen sind entflossen Dir und mir — — — O du! Setze dich nieder an meiner Seite, Und deine beiden Hände breite Mir über die Stirne Und über die feuchten Augen. In meinem Hirne Sieht's übel aus, Ich finde nicht ein noch aus, Ich will es dir beichten. Laß die Hand auf den Augen, den müden. — Sieh — ich mag nicht mit Worten spielen, Du mußt es so fühlen: All die Gedanken, die dich verklagen, Die Stimmen, die dich zu lästern wagen, Besprich sie zum Frieden — — Deine Hand, deine heilige Hand, Die mir das Messer ins Herz gerannt, Wie ein Kind, das die schneidende Waffe nicht kennt, Nicht weiß, daß Feuer brennt, Laß sie ruhn auf der fiebernden Schläfe. Komm! Rücke näher heran, Du geliebtester Mann — Ganz nah, ganz dicht sollst du sitzen, Mich vor mir selber beschützen — — Daß uns ein Blitzstrahl jetzt träfe! Lieder an Liane I. Ich wollte einmal dich in meiner Heimat grüßen, Ich wollte einmal, daß zu deinen Füßen Die Wege ziehen, die mir lang vertraut. Ich wollte, daß mein stilles Land dir brächte Sein tiefes Sehnen, seine hellen Nächte Und du es sähest, wie ich es geschaut. Ich wollte einmal deine Lippen küssen — Ich wollte einmal deine lieben, süßen, Geliebten Augen auf mir ruhen sehn — Ich wollte einmal — einmal nur dir sagen, Wie lang dein Bild im Herzen ich getragen, Und wie es ruht dort bis zum Untergehn. Dann aber? O ich weiß nicht, was noch wäre, Still ruht die Sehnsucht, — ankerstill im Meere Fragst du den Beter, was er noch begehrt, Wenn ihm sein Gott die Seligkeit gewährt? Fragst du den Schiffer, der den Hafen sieht, Ob noch ein Wunsch durch seine Seele zieht? Ich wollte einmal deine Lippen küssen, Ich wollte dich in meinem Hause grüßen — Einmal mit dir allein sein — fern vom Leben. Ich wollte einmal dir in erstem Schweigen Die Heimat und mich selbst ganz dir zu eigen Bedingungslos in deine Hände geben. II. Du sollst in meiner Mutter schönstem Bett So ruhig schlafen, bis du nicht mehr müd' — Und wenn dir dann der junge Tag erglüht, Wird er dich wecken aus dem Traum der Nacht, Daß dir erwacht Der schönere Traum des Lebens. Du sollst an meiner Mutter stillem Herd Die alten lieben, guten Worte hören, Die alten Worte, die das Herz betören: Von Heimatglück, von fernen Zeiten, Von müden, lang erblaßten Leiden, Die uns noch rühren. Du sollst in meiner Mutter Gartenland Die kleinen, bunten Blumen pflücken, Die überfallend nach dem Steig sich bücken, Die roten Rosen, die dort einsam blühen Und erglühen Für dich allein. Du sollst in meiner Mutter altem Haus Die Liebe nehmen, die ich holen will Aus meiner Seele Tiefe und dir still Zu Füßen legen, bis der letzte Tag Uns kommen mag In diesem Leben. Du sollst in meiner Mutter Heimatdorf Die Einsamkeit und frühes Leid vergessen Und allen Kummer, den du je ermessen — Weil ich dich führen will und lächelnd tragen Mit stolzem Wagen Zu unserm letzten Glück. Du sollst in meiner Mutter Hochzeitskleid Von weicher, weißer, weiter Schimmerseide, Die ein Symbol der Freude für uns beide, Das liebe gute Wort mir geben, Das mein Leben Mit dir vereint. III. Nacht ist um uns, die bange Lautlos sinkende Nacht — Sie hat nach verblassendem Leide Erlöstes Sehnen gebracht. Greift dir ihr Schweigen an dein Herz? Zieht es dich leise erdenwärts — — Am Himmel — fern Löst sich ein blasser Funken, Ein Augenblick Er ist im All versunken. Ein Wunsch flammt auf, Ein Wunsch — so heiß, Ein Wunsch, der letzter Liebe Preis. In deine Arme laß mich sinken, In deiner Liebe laß mich ertrinken, Gib mir doch ganz, Gib mir den Glanz Von Erdenglück: Unser letztes Geschick — — Nicht fort — Komm — kein Wort, Kein Wort durchbreche die Stille. Mich lockt deine Stimme Mich ruft deine Stimme aus Nacht und Not, Aus der Tiefe, darin die Flamme loht, — Sie gellt hinauf in den schimmernden Saal; Bleich werden die Gäste beim Hochzeitsmahl. Ein Schatten fiel in des Festes Glanz, — Aus dem Haar lös' ich den Myrtenkranz; Ab setz ich das Glas mit dem glühroten Wein; Mich ruft deine Stimme aus feuriger Pein. Sie ruft mich hinweg aus dem sonnigen Licht; Am Finger der güldene Reif zerbricht, Auf der Stirne brennt mir das Kainsmal, — Mich lockt deine Stimme in ewiger Qual. Rosen und Myrten, die mir zum Gruß Am Boden duften, zertritt mein Fuß, Den seidenen Schleier reiß ich entzwei... Ich komme, Unseliger — ich bin frei! Und mit der Hand, die den Goldreif trug Scheuch ich den Geier in seinem Flug — — In die Flamme der Hölle riefst du mich, Und meine Träne rinnt über dich... Ja, — es schläft nur. — Ja! — es schläft nur — und lebt und erwacht ohne Ende. Zwinget Mund an Mund, Brust an Brust, Hand an Hände. Und es schlägt seinen Mantel aus glühendem Rauch und aus Flammen Über zitterndem Fleisch und trunkenen Seelen zusammen Und es trägt uns empor, und es stürzt uns in purpurne Tiefen, Wo Geschöpfe des Abgrunds in gläsernen Höhlen schliefen. Und der Atem versagt und wir starr'n mit ertrinkenden Augen, Wie Wirbel der Wasser die Wonnen uns treiben und saugen Und es reißt uns hinauf — und da glättet sich jählings die Flut — Unter blassenden Sternen die zitternde Fläche ruht — Und wir treiben im Kahn — im sanften, kühlenden Wind Und der Himmel rötet sich — und der Tag beginnt. Einmal Einmal hat uns die Flut mit Rauschen getragen Bis dahin, wo die goldenen Stühle ragen, Einmal perlte der Trank, und wir schlürften den Schaum, Einmal glühte die Frucht am verbotenen Baum, Glühte und lockte, und lockte uns nicht vergebens. „Heut genieße,“ so sprachst du, „die Fülle des Lebens.“ Und du gabst und ich nahm — da rief keine Stimme, Nicht der Herr verscheuchte die Kecken im Grimme, Und das flammende Schwert kein rächender Engel schwang — Nur die Stunde verrann — und der prangende Baum versank — Und das Kind, aus der Fülle des Lebens erstanden, Schwand dahin, wie die goldenen Früchte schwanden — Und dein Mund verlernte Küssen und Reden — Und die Dornen stehn hoch um den Garten Eden. Im kleinsten Raum... Im kleinsten Raum, im unermeßnen hausend, Aus nichts gezeugt, zu nichts verflüchtigt auch, In ew'gem Wechsel ewig eins, ein Hauch, Und doch dem Sturmwind gleich die Welt durchsausend, Ein Strom, vom Quell zum Meere rastlos brausend, Aus Nacht zum Licht, vom Lichte in die Nacht, Das ist das Leben. Und aus seiner Macht Verjünget sich Jahrtausend um Jahrtausend. Weh uns! Erkennest du, was in uns waltet, Aus unsrem Blute wachsend sich entringt? Gestalt erstrebt es, selbst noch ungestaltet, Es hält sich herrisch fest, es will entstehen; Und was so wild uns zueinander zwingt, Sind seines Werdens ungestüme Wehen. Nie werde ich Erfüllung dir bereiten Nie werde ich Erfüllung dir bereiten! Der Fremdling, der an meinen Schritten hängt, Er ist's, der zwischen dich und mich sich drängt, Gespenstisch gegenwärtig allezeiten. Vermöcht es doch dein Kuß, mich wegzuleiten! Von solcher Überredung gern besiegt, Zu weltvergeßnen Träumen eingewiegt, Versänke ich mit dir in Seligkeiten. Durch meine Wonneschauer aber zittert — Hörst du es nicht? — ein ewiges Warum. Aus deinen Armen wend ich mich erschüttert, Zerrissen fühl ich die geliebten Bande: Der Fremdling starrt mich an, der kalt und stumm Hinausweist in die grauen Nebellande. Warum, ach, kann ich nicht zu dir gelangen! Warum, ach, kann ich nicht zu dir gelangen! Wie nah du bist, es führt kein Weg zu dir, Wie nah du bist, du bist doch fern von mir, Ich halte dich und hab dich nicht umfangen. Was meine Sinne je von dir errangen, Das ist ein Teil von dir, das bist nicht du, Nicht deine Seele neigte sich mir zu, Wenn meine Arme sehnlich dich umschlangen. Dem Leibe fluchend, der feindselig trennend Sich zwischen uns erhebt, verfolg ich sie, Demütig flehend bald und bald entbrennend — Und auf der Schwelle seh ich sie entweichen, Die ewig Unzugängliche, und nie Wird sie mir ihre Hand zum Bunde reichen. Mein Dämon — weißt du noch — der wilde Traum? Mein Dämon — weißt du noch — der wilde Traum? Millionensternig strahlt der Himmelsraum. Wir saßen einsam, hoch auf dem Balkon, Er war wie unsres Glückes erzener Thron. Blauschillerseide floß um meine Glieder —, Auf die den Mund du preßtest immer wieder. Dann klang „ Sakuntala “ dir von den Lippen, Den süßen, brennenden Korallenklippen, An denen langsam die Vernunft versank Und tief vom Taumelkelch der Sinne trank. In fieberschwangern Dschungelfinsternissen, Die Krallen tief ins wilde Herz gerissen, Wie Tiger eines mit dem anderen rang — Und dann zu seliger Einheit sich umschlang. — In Dschungelnacht — Tiger am Wüstensaum — Ich weiß nichts weiter — alles war ein Traum! Kannst du noch schlafen? Seit der tödlichen Nacht, Da zuletzt wir uns trafen, Hab ich immer gewacht — Kannst du noch schlafen? Ein Etwas hat laut Aus dem Weltall geschrien, Wie wenn Ewigkeit graut Und die Lachenden fliehen... Und doch hast du leis Ein Wort nur gesprochen; Doch das hat den Kreis Unsres Lebens zerbrochen. Seit der tödlichen Nacht, Da zuletzt wir uns trafen, Hab ich immer gewacht — Kannst du noch schlafen? Festabend Die Saiten spannten sich, fein zum Zerreißen. Ein zärtlich Lächeln stand um deinen Mund. In deinen Händen schrie die Geige wund Und gellend ihre schrillen Weisen. Da legte sie die Hände still darüber Und lächelte und sagte leise: „Lieber...“ Da sank der Bogen. Fernher zogen Hoch über ruhigen und weißen Wogen Silberne Möwen durch das Blau der Nacht, In der ich meine Seele heimgebracht. Dein Tun ist wertlos und dein Auge blind, Sehnsucht, mein schmerzvolles, liebes Kind. Laß uns die alte Einsamkeit üben: Niemand heilt Wunden, die Leidende lieben. Nachts Nun da ich nichts mehr bin als ein Gefäß Für deinen Willen Und nur ein Spiegel noch für dein Gesicht, Grüßt mich ein Lächeln tief aus dem Verzicht, Und meine Tage wollen gern verhüllen. Nachts ist kein Wille mehr, der gütig hält, Und klar und traurig sehn wir unsre Welt. — Nun ist es immer so: Es ist kein Traum bei mir, der nicht von deinem Bild Allein erfüllt. — Doch nichts ist froh. Seit... Seit ich mein Leben willenlos und willig Verschenkt und meinem lieben Herrn beschert — Bewußt und ganz; daß mir nicht mehr der Tag, Nicht mehr der Schlaf, nicht mehr die Nacht gehört — Scheint jede Stunde festlich mir und wert Und gütiger und reicher und verklärt. Weil alles schön sein muß, Was ihm gehört. Segnung Deine Lippen will ich küssen Als der Götter süßes Pfand, Aber deine Hände segnen, Segnen noch in Todesland. Deine Hände, deine weißen, Trugen mein unendlich Leid Mit der lieben sanften Ruhe Tief in die Vergessenheit. Bei der Wanderung zu zweien Nach der Seele Glückesruhn, Deine weißen Hände drückten Meine, ihnen wohlzutun. Milde meine kranken Kräfte, Führten sie zu Höchstem an; Segnung deinen Heilandhänden, Die so weit mir aufgetan. Meine Seele Meine Seele schläft vor dir; Weck' sie nicht mit rauhem Schrei'n. Von dem deinen nie begehrt, Schlief mein Wesen ein. Wie ein dunkler Fittich schwebt Über ihr dein kalter Hohn — Und doch lacht sie, — denn sie träumt, Träumt vom Glück so lange schon. Komm, kühle Nacht... Komm, kühle Nacht, und deck mich ein Du mußt nun mein Geliebter sein. Mein Geliebter ging weit, Zwischen ihm und mir wächst Zeit, Zwischen uns beiden steht der Gram Und das Lächeln, mit dem ich Abschied nahm. Keiner vergißt dem andern die Not, Und heimlich wünscht einer, der andre wär tot. Ach käme der Tod, Der machte dich jung Wie du lebst in geliebter Erinnerung! Ach käme der Tod, Der machte uns frei, Daß einer wieder des andern sei! — — — — — — — — — — Das Leben nur läßt uns allein. Komm, kühle Nacht, und deck mich ein. Meine Mutter war... Meine Mutter war der Unrast voll, Das liegt mir nun im Blut. Zuweilen macht mich die Sehnsucht toll, Und ich weiß nicht, wie ich sie stillen soll — Alles ist rote Glut. So hab ich deinen Mund verführt, Daß er mich stille küßt, Doch wem ich noch ans Herz gerührt, Dem hab ich Leiden angeschürt, Die er mir nie vergißt. Und lieb ich dich so flammend rot Und wie ein feurig Wehn Und halt ich dich wie in Herzensnot, Es fällt ein Wort, die Liebe ist tot, Und ich muß von dir gehn. Meine Mutter war der Unrast voll, Das liegt mir nun im Blut. Zuweilen macht mich die Sehnsucht toll Und ich weiß nicht, wie ich sie stillen soll Als wie mit Herzensblut. Verlassen Wie in der Silberkaskade Glitzernd die Sonne sich bricht! — Mutter, o schließe das Fenster, Mutter, mich tötet das Licht. Leg auf die glühenden Augen, Mutter, die kühlende Hand, Mutter, o lehr mich vergessen, Daß meine Sonne entschwand. Leuchtender Tag ist's gewesen, Ganz wie zum Lieben gemacht, Aber die Nacht ist gekommen, Mutter, die dunkelste Nacht. Seit ich am sonnigen Hange Ströme des Glückes einst sog, Mutter, da haß ich die Sonne, Weil sie mich schmeichelnd betrog. Doch wie das Dunkel so traulich Mir um die Seele sich schlingt, Mutter, als wollt es verbergen, Was in mir zittert und ringt. Mutter, drum aus dem Gemache Bann mir den feurigen Schein, — Laß mich mit meinen Gedanken, Mutter, im Dunkel allein. Ohne Liebe I. Er gab mir ohne Liebe Das goldne Ringelein. Ich nahm es ohne Liebe; Gott mag's verzeihn. Nun wärmen im Maienlichte Die Blüten sich lenzesfroh — Wir stehen in der Sonne Und frieren so. Gebeugt von goldnen Körnern Nicken die Ähren im Wind — Da kommt's mir, wie wir beide So hungrig sind. Der Wintersturm rüttelt die Linde, Die Lampe gibt traulichen Schein — Wir sitzen am Herde beisammen: Ist jedes allein. II. Tage gibt es, die sind zu lang, Nächte gibt es, die sind zu bang, Sommer, die sind zu schwül und heiß, Winter, die sind zu kalt und weiß Ohne Liebe. Wege zu einsam und todesleer, Dunkle Weiher, die locken so sehr, Berge, die tragen zu starres Gesicht Und, wie man sich müht, man erklimmt sie nicht Ohne Liebe. Heimatglocken, die rufen zu traut, Nachtigallen, die schluchzen zu laut, Ringe, die sind zu schwer und kalt, Und Herzen gibt es, die brechen zu bald Ohne Liebe. Frau Venus Im Hörselberg bin ich gewesen, In 'n Hörselberg will ich zurück. Da find ich die schöne Frau Venus Und alles irdische Glück. O Knabe, schöner Knabe, So nimm dich doch in acht, Daß dir die Heidinne Frau Venus, Deine Seele nicht abwendig macht. Deine Seel', die ist ein Vöglein, Spannt ihre Flügel aus, Will sich zum Himmel schwingen Nach oben, wo sie zu Haus. Meine Seele ist längst abgefedert, Verjubelt, verspielt und verzecht, Die liegt auf der Straß' bei den Dirnen, Und so ist's mir eben recht. Im Hörselberg bin ich gewesen, In 'n Hörselberg will ich zurück. Da find ich die schöne Frau Venus Und alles irdische Glück. Zuflucht Keine Hütte dürfen wir uns bauen, Drum nach einem Grabe ging ich schauen. Bat den alten Berg, uns einzulassen, Weil uns Menschen und Gestirne hassen. Sprach der Gute: Mögt ihr zwei denn kommen, Wenn mein Haupt im Abendrot entglommen. Wo noch keines Menschen Fuß gegangen, Wilden Vogels Kralle nur gehangen, Will ich auftun euch die schwarze Pforte Und den kühlen Gang zum Bergeshorte. Heimlich wachsen dort die mächt'gen Steine: Weicher Onyx und Kristall, der reine. Der Granaten trauliches Gefunkel Wärmt die Luft und leuchtet mild ins Dunkel. Wollt ihr aus dem Drang des Tales schwinden, Legt euch dahin, niemand wird euch finden. Sollt den Lärm der Tiefe nicht mehr hören, Niemand weckt euch, niemand wird euch stören Als vielleicht das Murmeltier, das fette, Wenn es leise schnarcht im Winterbette Oder Sommernachts zum Zeitvertreibe Einsam tanzt auf eurem weichen Leibe. Wach auf, mein Lieb Fernab der Zeit liegst du in deinem Grabe Und träumst und träumst, Mich aber jammert es der schönen Tage, Die du versäumst. Mit roten Rosen kränz' ich deinen Hügel — Spürst du den Duft? Dringt's nicht wie Sonnenglanz und Liebesodem In deine Gruft? Wach auf, mein Lieb! Willst du den Lenz verschlafen Und seine Pracht? Der kleine Vogel, den du liebst vor allen, Singt jede Nacht. Weiß ist mein Arm und meine Lippen brennen, Der Ampel Licht Blitzt wie ein Sternlein durch das Kammerfenster — Du siehst es nicht! Die Sehnsucht kreist mir ruhelos im Blute, Ach, daß du kämst Und all mein Leid und meine große Liebe Ans Herze nähmst. Tritt nicht ein Tritt nicht, wenn ich gestorben bin, Tritt nicht in die Totenkammer hinein, Daß nicht dein Auge, von Mitleid feucht, Sich senk' auf mein schlummerndes Lid vielleicht, Daß nicht leis zuckend sich deine Hand Leg' auf mein Herz, das die Ruhe fand, Daß nicht eine Träne sich dir entringt Und brennend auf meine Stirne sinkt, Daß nicht ein Wort von der Lippe dir tönt Und dumpf durch mein starrendes Hirn erdröhnt, Tritt nicht in die Kammer, von ferne steh, Sprich ein Gebet mir und weiter geh. Tritt leise auf, geh vorüber sacht, Daß nicht bei deinem Schritt erwacht All das, was endlich zur Ruhe kam: Bitterer Gram, Brennendes Herzweh, verzehrende Glut, Die erloschen ruht! — All das Leid um dich, Das erblich. O wenn ich werde gestorben sein, Tritt nicht in die Totenkammer ein! Die Tote spricht: Siehe, ich liege in Myrtenblüten Und blassen, knospigen Rosen. Neun dicke Kerzen in silbernen Leuchtern Werfen roten, zuckenden Schein Auf mein weißes, scharfes Gesicht. Du hast es mir so feierlich gemacht, Wie's meine andachtsvolle Seele liebte Im Leben, das sie überwunden hat. Damals, als ich nach Feiern durstig war, Drücktest du Dornen in mein weiches Haar, Daß es mir rot und warm stirnabwärts rann. Da war ich deine arme, kleine, blasse, Dornengekrönte Königin. Mein Purpur war mein eignes junges Blut... Nun willst du mich mit Myrten überschütten, Mit blassen, knospigen Rosen, Daß du die Wundenmale nicht sehen mußt, Die du in mein geduldig Fleisch geritzt. Gutmachen soll die letzte Totenweihe Der bittren Lebensstunden lange Pein. Zu spät, mein Freund, um dir und mir Wiederzugeben, was verloren ist. Aber wieder ich und du: — Zart gewebt aus Wolkenstreifen Winkt ein liebes Bild uns zu. Klara Müller Empfängnis Nimm mich fest in deine Arme, Kette mich an deine Brust, Daß mein zitternd Herz erwarme. Zu dem Eiland, das inmitten Liegt des breiten Stroms der Lust, Gleiten wir mit Christusschritten. Fern am Ufer unser Boot. In die früchteschweren Bäume Glüht das erste Morgenrot. Eine süße Stimme ruft, Und es wandeln weiße Träume Durch der Heimat Ambraduft. Dort im grellen Mittagsschein, Wo die tiefsten Wünsche reifen, Werden du und ich nicht sein... Aber wieder ich und du: — Zart gewebt aus Wolkenstreifen Winkt ein liebes Bild uns zu. Seidenweiches Lockenhaar Seh ich goldne Schleier breiten... Und mich grüßt aus Ewigkeiten Unsres Kindes Augenpaar. Ich schlief so sanft die ganze Nacht Ich schlief so sanft die ganze Nacht, Doch plötzlich bin ich aufgewacht: Erbebend hab ich sacht verspürt, Wie Gottes Hand mich angerührt; Ich fühlte, wie sich's leise regt, Ich hörte, daß ein Herzchen schlägt, Und still und selig lag ich da, Weil Heiliges an mir geschah. Selige Hoffnung Du schläfst mir still zur Seite — Ich aber lausche schon In eine dunkle Weite. Es klingt ein fremder Ton Durch meiner Nächte Schweigen Gar süß und wunderlich, Und goldne Sterne neigen Sich grüßend über mich. So tief bin ich befangen In meiner Heimlichkeit Und so voll Lust und Bangen — Darüber fliegt die Zeit... Zwei Kinderfüßchen schreiten Allnächtlich durch mein Haus, Und kleine Arme breiten Sich hilflos nach mir aus. — Ich hab mein liebes Leben Nicht mehr für mich allein, Ein andres wächst daneben. Im dunklen Kämmerlein Will's leise schon sich regen, Ich aber träume sacht Dem sel'gen Tag entgegen, Da's mir im Arm erwacht! Vom Schlafe... Vom Schlafe bin ich jäh erwacht: Es heult mein Hund in dunkler Nacht. Er heult im Traum so dumpf und bang! Aus weiter Ferne ein Weheklang... Ums Fenster nächtiges Grauen spinnt: Leis raunend singt Novemberwind Ein Sterbelied der kranken Welt — — — Und morgen fegt der Sturm das Feld, Und morgen deckt den Hag der Schnee... Mir ist so weh, zum Sterben weh! Mir ist, als hörte ich nimmermehr In Frühlingslüften der Vögel Heer, — Als grüben sie bald im Totenschrein Mich in die kalte Erde ein, Und schlafen müßt ich da Jahr und Tag, Und niemand hielte mir Totenklag... Und niemand segnet mein Grab, — vielleicht, Daß noch mein Hund auf den Kirchhof schleicht Und einsam hält da die Leichenwacht Und bange heult durch die Winternacht! — — — Mein liebes Kind, in Schmerzen... Mein liebes Kind, in Schmerzen, — Mein armes Kind, in Schmach Bis zum Befreiungstag Trag ich dich unterm Herzen. Getränkt mit meinen Tränen, Genährt mit meinem Blut, — Mein höchstes Erdengut — Ich darf dich nicht ersehnen! Darf fühlen nur mit Beben Geheimer Lust und Pein — Noch eins mit meinem Sein — Dein jung erwachend Leben. In grüner Wälder Stille Geh ich zur tiefen Nacht, — Aus reifer Ernten Pracht Keimt mir der Lebenswille. Fern von der Menschen Blicken, Von der Gerechten Zorn, Trink ich aus ew'gem Born Ein schmerzliches Entzücken... Bis an den Tag der Schmerzen, Den Tag, der dich mir nimmt, Schlaf ruhig, du mein Kind, Schlaf unter meinem Herzen. Jäh um Mitternacht bin ich erwacht Jäh um Mitternacht bin ich erwacht, Neben mir mein Kind im Traume lacht, Und der Mond mit hartem weißen Schein Schaut durchs Fenster ins Gemach herein. Wie das Mondlicht auf dem Köpfchen spielt, Fast als ob's die heißen Härchen kühlt, Die ihm feucht die kleine Stirn umkleben; Plötzlich durch sein Antlitz zuckt ein Beben, Und in leisem Wimmern stöhnt der Mund, Recht als litt's in tiefster Seele Grund. Mählich stirbt der leise Jammerton, Wie er schnell gekommen, schnell entflohn, Nur ein schwerer Seufzer aus der Brust Langsam gleitet. Wieder dann zur Lust Glätten sich die süßen Kinderzüge Tief im Schlaf. Mir ist, als ob es früge: Was so schwer beschattet mir den Sinn, Ist dies Leid für immer nun dahin?... Lächelnd dann, als ob es Engel küßten, Bettet's tiefer sich an Mütterbrüsten, Und das Mondlicht gleitet drüber hin, Kalt und weiß. Mir zittert's durch den Sinn: Schattenbilder sind's von deinem Leben, Die im Traum dir durch die Seele schweben, Schattenbilder nur von Glück und Leid, Das sich perlgleich aneinanderreiht, Bis die weiße Perlenschnur zerrinnt In den Sand der Ewigkeit, mein Kind! Wenn das weiße Mondenlicht... Wenn das weiße Mondenlicht Durch die klaren Scheiben rinnt Und dein holdes Angesicht Sacht mit Schleiern überspinnt, Wenn das Kind an deiner Brust Träumend lächelt, fremd der Welt, Ahnt mir, daß es unbewußt Noch mit Engeln Zwiesprach hält. Mutter der Barmherzigkeit... Mutter der Barmherzigkeit, Retterin aus Todesnöten, Halte deinen Fuß bereit, Schützend vor mich hinzutreten, Die gebenedeite Hand, Die den Herrn der Welt durft pflegen, Auch auf meines Kindes Haupt, Aller Gnaden voll, zu legen... In dunkler Straße... In dunkler Straße das niedere Haus — Vorüberflutet der Welt Gebraus. Voll Stroh die Lade, nicht Bett, noch Schrein, Und drüber des leuchtenden Sternes Schein! Und drinnen das reichste Glück der Welt: Die Mutter, welche ihr Kindlein hält. Und aus den Augen des Kindes fällt Ein Heilandsblick in die dunkle Welt... Wiegenlied Susa, susa, mein Kindchen, Lächelt dein Mündchen? Äugelein blinken, Willst du zu trinken? Schlafe an meiner Brust, Erde hat wenig Lust, Erde hat viele Pein, Schlafe, mein Liebling, schlaf ein. Schneewittchen in der Wiegen So stille ist's im Schlosse, Geht alles auf den Zeh'n, Die Bronnen hört man rauschen, Die Winde hört man wehn. Schneewittchen in der Wiegen Träumt lächelnd für sich hin, Die Mutter schaukelt's leise, Die blasse Königin. Sie singt ein altes Liedchen, Das hat so wehen Klang, Durch hohe Bogenfenster Schwebt zitternd der Gesang. Da reckt der Tag die Glieder, Die Tauben werden wach, Die Sonne klettert lustig Bis auf des Schlosses Dach. Schneewittchen in der Wiegen Träumt lächelnd für sich hin — Die Mutter ist gestorben, Die blasse Königin. Mutter Um dein blütenjunges Leben Hab ich meines hingegeben — Spiele, Knabe, spiele! Lach mit Augen ohne Fehle Mir zwei andre aus der Seele — Spiele, Knabe, spiele! Daß der Becher klar in deiner Hand, Goß ich meinen in den Sand — Spiele, Knabe, spiele! Mein lieb Töchterlein Klein-Snüfi! süße kleine Elfe, Wo bist du? Still! da ist sie in ihrem Wunderland Unter der roten Buche an Eichhörnchens Grab, — Halb zerfallen in moosigem Grün, Grau-Gitterlein hält's umspannt. Auf dem Kreuzlein tanzt der Sonnenschein, — Klatscht's mit den feinen Händchen hinein. O du süßes kleines Elfchen! Husch! — flattert Eichhörnleins Seelchen im Baum? Flügel hat's doch und Äuglein braun Und ein wunderschönes rotes Schwänzchen. Mein Elfchen macht's Mündchen auf und sinnt — Zu Fangegrüßchen die Fingerlein küßt's — Horch! silbertönend: „Rotschwänzchen, du bist's?“ Du kleiner Räuber, laß Mücklein und Raupen, Willst du nicht süße Frühlingstrauben Für dich und alle deine Kleinen? Weg ist Klein-Snüfi durch Hummeln und Bienen; Mit ros'gen Wänglein kehrt sie wieder Zu dem versteckten Märchenreich, In ihren Ärmchen ruhen weich Goldregen und blaue Glyzinen. Oo du süße, süße, kleine Elfe, In deinem heimlichen Himmelreich, Da werden alle Wunder lebendig. Kinderland Bleib im Kinderland, Bleib im Engelsstand, Seliger verklärter Leib, Schöner viel als Mann und Weib. Tierlein kommt und spricht dich an, Denn dein Sinn ist aufgetan. Lang und glücklich ist dein Tag, Sonne nicht zur Ruhe mag Überm Kinderland. Kommt die Nacht herauf, Sternlein mit zu Hauf Freundlich grad herunterzielen, Wollen mit dem Kinde spielen. In die Ecke Strumpf und Schuh! Sandmann schließt die Läden zu, Nur am Baum die Edelsteine Leuchten fort mit sanftem Scheine Überm Kinderland. Wenn der Rauchfrost fällt, Zucker wird die Welt: Kriecht das Zwerglein aus dem Fels, Bär mit braunem Zottelpelz, Hängen all voll weißer Zäpfchen, Schlange kommt und leert dein Näpfchen. Alle dir verwandt, All im Kinderland. Schleichst du je hinaus, Findst nicht mehr nach Haus. Draußen weht der Wind so stark, Weht dem Kind durch Bein und Mark, Tierlein kommt noch zu dir her, Aber du verstehst's nicht mehr. Irrst im Wald nach frischem Trank, Rote Beeren machen krank, Immer mußt du draußen stehen, Immer suchen, fragen, flehen, Bist und bleibst verbannt, Fern vom Kinderland. Sie ging hinab in den Garten Sie ging hinab in den Garten Im roten Gewand Eine Lilie in weißer Hand — Sie wollte das Leben erwarten. „Rein ist meine junge Seele, Meine Träume sind rein — Gott, lasse mich glücklich sein, Doch ohne Schuld und Fehle.“ — Bleib stehen, Kind, bleib stehen Vor der goldenen Tür! Das Glück kommt nimmer zu dir. Du sollst nicht weitergehen. Wer will deine Seele schonen, Die weiß ist und rein? Wer kennt deinen Edelstein? Wer sieht deine funkelnden Kronen? Wer wird deiner Träume Gestalten Liebend verstehn? Wer wird dir zur Seite gehn Und dein Haupt beschirmen und halten? Wer wird seinen Mantel schlagen Um dein sehnendes Herz? Wer panzert es leuchtend in Erz, Um die Speere der Welt zu ertragen? Du sollst nicht weitergehen In die blühende Pracht. Dein Herz verblutet vor Nacht — Du gläubiges Kind — bleib stehen! Lilien In dem Gemach, verhangen Rings mit Gardinen rot, Liegt ein krankes Kindlein gefangen, Liegt ein armes Kindlein am Tod. Es ist Winter im Land, doch der Maien Hat Grüße ans Bett gesandt, Rosen und Lilien, im Freien Gewachsen, am Adriastrand. Auf der Decke von Seide Ist ausgelegt eine Pracht; Was je nur zur Augenweide Seiner Kinder der Reichtum erdacht: Goldig gefiederte Pfauen, Lämmer, weißer als Schnee, Und die schönste der Puppenfrauen Und das reizendste Puppenbébé. Doch nur nach der Blumenvase Das Kind wie sehnend blickt; Den vergehenden Lilien im Glase Gleicht sein Köpflein, schmerzgeknickt. Die Mutter mag es nicht denken, Noch spricht sie mit zitterndem Mund Von nichts als von Spielen, Geschenken; Und so nah, so nah ist die Stund... Horch, ein Stimmlein vom Kissen Lispelt matt und verträumt: „Mutter, willst du's auch wissen, Was mir hat Schönes geträumt? Ich war im Wald spazieren, Im grünen, grünen Wald allein, Hab geredet mit allen Tieren Und gepflückt soviel Blumen fein. Da war eine schöne, schöne Lilie, Die hab ich mir angeschaut, Steigt ein weißes Kind aus der Lilie Und sagt: Du bist meine Braut.“ „Liebling! Was träumst du für Sachen? Braut! Da hat's wohl noch Zeit!“ Lacht die Mutter; beim Lachen Bricht ihr das Herz vor Leid. Und plötzlich schließt sie die Kleine In ihre Arme mit Beben ein... Es kommt im Dämmerscheine Ein weißes Kind herein. Mein totes Kind Mein Kind, das früh geschieden, Goldlockig, hold und klein, Oft nahmst du jetzt der Müden, Längst sank dein Hügel ein. Nie hab' ich dich vergessen. Die andern wurden groß, Du aber unterdessen Bliebst klein auf meinem Schoß. Oft unter Sturm und Schmerzen Im heißen Mittagslicht, Verblich in meinem Herzen Dein süßes Angesicht. Doch jetzt beim Abendfrieden Wie neuerwacht eilst du, Mein Kind, das früh geschieden, Der Mutter wieder zu. Wie selig sind wir beide! Ich fühl dein Ärmchen rund, Der Locken blonde Seide, Den lieben, kleinen Mund. „Sie ließen dich alleine, Mein armes Mütterlein, Ich aber, deine Kleine, Ich will nun bei dir sein.“ Auf deinem Grab die Rosen Schaukeln im Abendwind, Indes wir heimlich kosen, Mein süßes, totes Kind. Da opfert die Sonne ihr goldigstes Licht, Und die Nacht entschleiert ihr Sternengesicht. Die weißen Birken wehn feierlich, Und die Pfaffenhütchen verneigen sich. Vom Lupinenfeld und vom Himbeerbruch Schwingt sich ein süßer Opfergeruch. Die Wiese am Walde ist schattenblau, Die Herbstzeitlosen taumeln im Tau. Im Rohre duckt sich der Kormoran. — — — — — — — — — — — — — Leise, ganz leise nur darfst du dich nahn — Unter dem Steine schlummert Pan. Ilse Franke Selige Stunde Wir waren Kinder, große Kinder, ich und du, Und spielten: „Ganz alleine auf der Welt“; Wir haben uns kein stolzes Schloß dazu, Nur unter alten Buchen eine Bank erwählt. Weit ausgebreitet lag ein grüner Wiesenrain, Aus dunklen Tälern floß herab der Frieden. Tiefselig so in unserm Sonnenschein Wir voller Unschuld niederknieten, Und schauten lachend in das blaue Himmelslicht Und sahn uns in die Augen — immer wieder, Halb wußten wir's, halb wußten wir es nicht. Im Sang der tausend süßen Vogellieder, O Gott, wie war die weite, weite Welt so schön! — So still die Wälder, wie sie nie geschwiegen — So lind die Lüfte, wie sie nimmer wehn — Wie sie im trauten Märchenland nur wiegen. Zwei Königskinder. — Königskinder: — ich und du. Wir spielten: „Ganz alleine auf der Welt“, Und haben uns kein stolzes Schloß dazu, Nur unter Buchen eine Märchenbank erwählt. Weggis Sehet den Zauber im Abendflug! Auf güldenem Wolkenzug Reitet mein Fürst. Graues Röcklein, Weißer Hut, O wie steht das meinem Prinzen gut! Hurra hussa! Die Arme auf! Könnt ich zu diesem Bild hinauf! Die andern lachen, Sie sehen nichts. So grüß ich dich denn, Wie ich dich seh, Im goldenen Schimmer Über dem See. Über dem grünen Vierwaldstätter See Grüßt den Märchenprinzen die Fee. Wie liegt das alte Gemäuer versonnen Wie liegt das alte Gemäuer versonnen — Spinnen haben es eingesponnen, Der Efeu und der wilde Wein Drängen sich über die Brüstung herein, Und in dem morschen Geländer haben Ameisen sich eine Wohnung gegraben. Zwischen den Fugen geborstener Fließen Erdbeerpflänzchen und Gräser sprießen, Vögel von allen Seiten singen, Eichkätzchen in den Wipfeln springen — Siehst du — das ist in der Sommerszeit Meine lauschige Einsamkeit. Glühwürmchen Glühwürmchen, grün und klein, Leuchtest im dunkeln Hain — Sag, wer bist du? Bist einer Blume Seel'? Kehrst dich den Schwestern hell Nachts wieder zu? Bist ein Laternelein? Trägt dich ein Elfelein Wohl in der Hand? Daß Blume nachts und Blatt Zittern und Angst nicht hat. Glänzt dein Gewand? Bist du ein Himmelsstern? Hattest uns Menschen gern, Kamst deshalb her? Find'st zu dem Sternenland, Irrend am Waldesrand, Heim du nicht mehr? — Leise! — und frage nicht! Sonst löscht das helle Licht Glühwürmchen aus. Schickt dich in dunkler Nacht Ohne des Lichtes Pracht Traurig nach Haus. Pans Grab Im Birkicht steht ein Opferstein, Der sammelt den Tau des Himmels ein In seinen moosigen Rinnen. Da weben weißkreuzige Spinnen Ihr duftiges Elfenlinnen. Da opfert die Sonne ihr goldigstes Licht, Und die Nacht entschleiert ihr Sternengesicht. Die weißen Birken wehn feierlich, Und die Pfaffenhütchen verneigen sich. Vom Lupinenfeld und vom Himbeerbruch Schwingt sich ein süßer Opfergeruch. Die Wiese am Walde ist schattenblau, Die Herbstzeitlosen taumeln im Tau. Im Rohre duckt sich der Kormoran. Leise, leise nur darfst du dich nahn... Hochheiliges Schweigen am Opferstein Schläfert alles Lebendige ein. Leben im Tode und Sterben im Sein, Frieden des Grabes macht dich so klein... Leise, ganz leise darfst du dich nahn, — Unter dem Steine schlummert Pan. Hirtenlied Wer springt dort aus dem Busch hervor, Ein rundes Horn auf jedem Ohr, Haare und Huf an Füßen? Er tanzt possierlich, schaut ihn an: Das ist Gott Pan, das ist Gott Pan, Freundlich sollt ihr ihn grüßen. Er springt auf einen Weidenbaum Und schnitzt ein Zweiglein kreuz und quer Und spielt, — ei seht, — ist es ein Traum? So viele leichte Tänzer her: Aus jedem Baum Dryaden, Viel Nymphen aus dem Fluß, Die Parze selbst den Faden Voll Staunen halten muß. Soll'n wohl die Hirten säumen Und ihre Zeit verträumen? Die weißen Lämmer springen, Die frommen Hirten singen: Das ist Gott Pan! Das ist Gott Pan! Mittagsstille Komm, laß uns wandern, Eng einer gedrückt an den andern, Durch die Felder, von Segen schwer, Durch ein wogendes Ährenmeer Unter wonnigen Erntedüften Tief in den schweigenden Mittag hinein, Wir beide allein. Horch! — Kein Hauch in den Lüften, Ein Klirren nur, wenn sich die Halme regen Als jauchzten sie schon der Sense entgegen. Wie der Mohn am Gelände flammt! Wie ein Saum von purpurnem Samt, Ein Strom von Blut, den wir durchschreiten müssen — Halte dich fest auf den Füßen! Die Sonne sticht und die Luft drückt schwer, Dein Arm in dem meinen lastet sehr, So brennend heiß unsere Hände, Und noch immer des Wegs kein Ende! Tiefer das Korn sich zu Boden neigt, Stärker das Düften aufwärts steigt Aus goldenem Opferbecken. Tritt leise! Halt deinen Atem an, Geliebter Mann, Daß wir den großen Pan nicht wecken. Heidemoor Öd ist es und wüst ist es rings umher, Öd ist es und fahl in der Heide Gebiet, Wo moorige Rinnsale langsam und schwer Die Wasser schleppen hinunter ins Meer, Die verkrüppeltes Zwergholz am Ufer umkniet. O trauriges Land voll Nebelgequalm, Das selten die Sonne in Himmelsblau schaut! Gespenstisch im Rohre rauscht Halm an Halm, Wenn die Frösche beginnen den Abendpsalm, Wenn der Dunst um Heide und Ginster braut. Das ist im Lande die böse Stund, Da hebt sich empor, was Ruhe nicht fand, Da sucht nach Worten der Toten Mund, Zu tun ihr Leid den Lebendigen kund — Und wehe jeglichem, der sie verstand! Denn ihr Hauch löscht aus alle Jugendkraft, Daß jäh deine Lippe das Lachen vergißt, Daß stumm du dich beugst in des Grames Haft, Bis Liebe, Hoffen und Leidenschaft So welk und tot wie die Heide ist. Das tote Tal Das tote Tal — Es ist durch Fluch verödet. Ohn Strauch und Baum, Die Felsen kahl. Was dort geschehn, Die Sage hat's vergessen. Der Fluch jedoch, Der blieb bestehn. Die Pappeln von Brognau Wie Türme über breiten Kathedralen Hochragend, schlank zum lichten Himmel steigen, So heben sich mit enggeschmiegten Zweigen Die Pappeln Brognaus über grünen Hallen — Wie jene Türme weisen sie nach oben, Ein Blattgelispel ist ihr Glockenläuten, In dem sie flüsternd Gottes Wunder deuten, In dem sie seinen Namen schauernd loben, Und sterbend noch die halbentlaubten Recken Mit allen Ästen, Zweigen, schwanken Reihen Empor, empor zu Gottes Himmel weisen Dem sie sich ungebeugt entgegenstrecken. Resignatio Angreifend und begehrlich braust die See, Sie muß stets schäumen, rollen... Die hehren Berge steh'n in stiller Ruh, Sie schau'n dem Spiel von Wind und Wellen zu, So still und unbewegt, Weil sie, sich selbst genug, für sich nichts wollen. Dur Es dehnt sich die Bucht, wenn der Nebel steigt, Und die Wasser strömen behender, Goldglitzernd zur Erde, der Ginster sich neigt, Und die Wolken sind silberne Bänder. Bei Dudelsackpfeifen und Fiedelgebrumm Am Strande in zitternder Helle Geht stetig der wiegende Reigen rundrum, — Und hintenan tanzet die Welle. Aus blauender Weite kommt Harfengesang, Der Meerjungfern sinniges Grüßen; Hell zieht er die blühenden Ufer entlang — Und sinkt mir ersterbend zu Füßen. Ihr rauschenden Wipfel... Ihr rauschenden Wipfel Über meinem Fenster, Ihr wißt es, wißt es, Ich habe nie geklagt. In eurem Brausen Erstickte mein Seufzen, Und wenn ihr schwieget, War ich stille, Weil euer Frieden Mich niederzwang. Wer hört auch mein Klagen Im Weltakkord? Ach, meiner Stimme Qualschrille Laute, Sie sind kein Mißton Dem Ohr der Götter, Kein grelles Wimmern, Das Mitleid heischt. Sie fügen willig Den Harmonien Der Welt sich ein. Und ob ich lache, Und ob ich weine, Dem heil'gen Gleichmut Der ew'gen Götter Erklingt es gleich. Drum hab' ich nie geklagt, Ihr rauschenden Wipfel Über meinem Fenster, Ihr wißt es. Klaglos und freudlos Lausch ich euch, Die ihr die Stimmen Dem reinen Einklang Des Weltalls weiht, Demüt'ger als der Mensch, Der schicksalsvolle. Territet Komm, schau hinaus mit mir auf diese blaue Wasserfläche, Die weiße Sternenreigen blitzend übertanzen Wie ringelreihnde Grazienkinder In leichte, lichte Sonnenschleier eingehüllt; Die zähneblitzend mit dem Sonnenlächeln Und weichen Gliedern hin sich schmiegend, Vereinen Luft und Wasser zu dem Schönheitganzen. Schau du hinaus mit mir in jene duft'gen Berge Die am Savoyerufer diesen blauen See Mit einem Silberkranz umdrangen, Die lichten Segel und die schnee'gen Möven Sich in dem Saphirglanze widerspiegeln. Und sieh hinauf zu diesen stolzen Felsenhängen, Die wie Kristall und Edelsteine glühen In ihrer herbstlich reichen Farbenpracht. Ja schau hinaus mit mir in diese Welt voll Wunder Und reich mir deine beiden lieben Hände Und schau mich an mit deinen klugen Augen, Die als zwei herbstlich goldenbraune Lichter, Mit all der Pracht sich einend, leuchten — Und alle Schönheit sieghaft überstrahlen. Auf der Sternwarte Es sank der Sonnenball in Wolkenbändern; Am Firmamente stieg empor die Nacht; Und da verlassen uns der Wärmespender, Hat er den Mond, die Sterne uns gebracht. Hoch oben stand ich auf der Warte Höhen, Rings unter mir ein zahllos Häusermeer. So tief, so fern erschien der Großstadt Wehen, Kein Laut des Lebens wagte sich hierher. Dort sah von oben ich das wirre Eilen, — Wie Mensch an Mensch geschäftig vorwärts drängt; Ich sah hinein in enger Straßen Zeilen, Darein des Mondes Strahlen sich gesenkt. Der Großstadt Lichterketten sah ich funkeln, Den Strom, der still und schön die Stadt durchfließt, Sah Wald und Feld und Baum und Strauch im Dunkeln Und manchen Turm, der stolz den Himmel grüßt, — — Hinauf hab' ich geschaut zu all den Sternen, Zum Mond mit seinem silberhellen Schein. Mir ward so leicht, als müßten jene Fernen Und nicht die Erde meine Heimat sein. Mir schien, ich schwebte frei im Weltenraume, Gelöst von dem, was mich hier unten hält. Gewißheit ward, was ich ersehnt im Traume: Dort oben liegt der Seele Wunderwelt. Höchster Norden Berge dort von schwärzestem Metall, Doch sehr flach, — am kalten Boden klebend, Denn die Erde scheint erstarrt im All, Und ihr Atem geht nicht hoch, nicht hebend. Und vom Grat der Berge starren Flecken Weißen Schnees Wie tote Riesenaugen. Längst gebrochne Blicke recken Sich noch aufwärts, und sie saugen Fahlen Himmels Gletscherbläue in ihr ewiges Gefäß. Weiter an der Felsen Lehne Liegt ein Schneefeld wie der Rücken Vom vereisten Urwelt-Rind. Dehnt sich zum See, wo in knirschenden Stücken Schollen sich schieben, — vorwärts rücken Wie kristallerstarrte Kähne, Die dem Tod ein Spiegel sind. Kalte Stille. — Aber dort Sah ich schmale Felsenspalte Einen Strauch, einen blassen, tragen, Wie ein leises, ein schüchternes Wort, Das die Erde in ersten Tagen Ihrer kargen Kindheit lallte. An den Sturm Deiner Flügel, Sturmwind, Die über den Schnee der Alpe Im Vorüberfluge streifen, Entgürte dich. Aus Felsenschluchten brichst du hervor, Wie aus den sieben Siegeln des himmlischen Buches Die Vernichtung, Und singst dich nicht müde An deinem Zornlied. Aber hier auf dem geborst'nen Leib des Felsens Geselle dich zu mir, Daß sich dein Auge Wie ein Abgrund vor mir auftut, Der Jahrhunderte verschlang. Verachte mich nicht, Weil ich Mensch bin Und dein entfesseltes Gewand Mit gebeugtem Haupt und Knie Und abwehrenden Händen Bebend verehre: Du bist meiner Seele nicht fremd, Ein lebendige Kette Sinnaustauschender Geister Trägt deine Stimme An die widerhallende Mauer, meine Brust. Aber legst du dein Ohr An dies tönende Gewölbe, Schatzkammer meines Herzens, So vernimmst du den singenden Chor Meiner Gefühle. Wie das rauschende Atmen Eines schlummernden Waldes bei Nacht Klingt jetzt sein beruhigtes Lied. Aber aus der Tiefe des Gesanges Immer und immer Drängt ein Laut sich hervor Wie des Sommergewitters Erster verkündender Ton. Fällt dann das mächtige Echo, Von Lieb oder Hassen erregt, Verwandter Gemüter ein, Füllt das Brausen mein Ohr bis zum Rand, Daß ich dich selber nicht höre Hart über meinem Haupte. Und wenn ich tot bin, Und du, der Unsterbliche, Über dem sinkenden Hügel meines Grabes Wie von Anfang hinschwebst, Flammt noch unerloschen, An der Fackel auch meines Geistes Genährt, eine Leuchte, Die die Funken verflackernder Brände Sammelt und trägt. Von Hand zu Hand geh'nd In der Zukunft Jahrhunderte. Sturm und Flamme Laß dich umfassen, flackernde Lohe, Die aus dem Fünkchen des Herdes entsprang Wachse gen Himmel, räche dich, hohe, Dienende Sklavin warst du so lang. Schmählich zu niederer Arbeit gefangen, Krochst du, gebundenen Fittigs, am Grund, Breite die Arme zu heißem Umfangen, Küsse, küsse mit loderndem Mund! Tochter des Himmels, nun kenn ich dich wieder, Rührst mit der Stirn an der Wolken Rand, Purpurn und golden streckst du die Glieder, Denen entsunken das Knechtsgewand. Laß dich mich tragen, laß dich mich fassen, Wachse, wachse im Arme mir! Laß uns zertreten, sie, die wir hassen, Freigewordene Sklaven wir! Wie sie sich wehren in machtlosem Neide Gegen den Sturm und sein Flammenlieb! Götter der Erde sind wir jetzt beide, Weißt du, was da, wo wir herrschten, blieb? Oftmals, die schlafenden Funken zu wecken, Hat uns der singende Kessel erzählt Von jener Nacht einst voll lodernder Schrecken, Wenn mit dem Sturm sich die Flamme vermählt. Götter der Erde sind wir geworden, Doch im Jauchzen hauch ich dir's zu: Wenn wir zu Ende mit Sengen und Morden, Sinken mußt mit den Sinkenden du. Laß uns durchschwelgen die selige, rasche, Glühende Stunde, eh' sie entwich; Morgen durch eine Wüste von Asche Streifet der Nachtwind, klagend um dich. Still, als Funken liegst du gebettet, Horchend umkreis ich dein Grabgemach, Bis dich aufs Neue mein Atem entkettet, Küssend zu loderndem Leben dich wach. Einstmals aber im letzten Entflammen, Ehe der Erdball in Schlacken zerfällt, Schmelzen im glühenden Kuß wir zusammen; Totenfackel der sterbenden Welt. Begeisterung Sonnendurchgoldeter, himmelbestrahlter, Brausender Sturm! Blütensprühend fährst du daher, Triffst die erschauernde Seele mir Lebenatmend in jauchzendem Kuß, Trägst sie empor in den lichtklaren Äther, Wo die ewigen Götter wohnen — Lächelnd, Und segnend den Staubgebornen, Der deinen wolkenjagenden Schwingen Mutig vertraute zu schwindelnder Fahrt. Ja, ich erfuhr es, dein Machtgebot! Folge nun fraglos dir, Folge dir weglos, Auf zu den Höhn, da die Schönheit wohnt — Sonnendurchgoldeter, himmelbestrahlter, Heiliger Sturm! Freiheit Über die Höhen, über die Berge fort, Wo der Sonne Strahl Das Gestade küßt, Wo die Wogen sich Grau unermeßlich Über nie gekannte Reiche Um den Erdkreis wälzen! — Dort, wo das Leben schweigt, wo die Möwe nur Ihre Herrschaft übt, Auf der Klippe ruht, Ihrem Flutenthron, Welchen der Meergott Selbst erbaut, der Lüfte Segler An sein Reich zu fesseln. Dorthin entfliehe der Geist, der gewaltige, Den das Leben beengt. Schranken kennt das Land, Aber unbeengt, In ewiger Jugend, Rollen des Ozeans Wogen, Eine Welt im Tropfen. Mit des Ozeans wilden Mächten im Kampf, Mit dem heulenden Sturm, der tobenden Flut, Da lerne der Geist Sich selber erkennen, — Seiner Tatkraft Ziel. — Noch nie bezwungen, verhöhnt der Meergott Den Gott der Erde, Den Menschensohn! — Meeresschöpfung Wogen rauschen und rollen den Sand, Berge hoch aufwärts am dürftigen Strand, Düne, endlose Düne! Stürme heulen, es tobt der Nord, Zischend schreitet das Sandmeer fort, Düne, endlose Düne. — Da kommt der Lenz mit dem Sonnenschein, Lächelt viel knospige Triebe hinein, Schmückt die sandige Düne. Busch auf Busch, wie es wächst und lacht! Heideblumen in farbiger Pracht, — Düne, grünende Düne! Birken und Erlen flüstern im Rund, Eiche wurzelt im sandigen Grund Waldgewordener Düne. Wurzeln vielarmig strecken sie aus, Stützen und tragen das freundliche Haus, Fischerhaus hoch auf der Düne. Berge sterben vergessen im Meer, Welle nur trägt ihr Gedenken her, Sand ihr Anfang und Ende. Aber Natur in urewiger Kraft, Formt und ändert, tötet und schafft, Endlose Fülle des Lebens! — Die Wasserflut Horch, die Wasser rauschen Und der Bach schäumt über Und die Menschen jammern An den grünen Ufern: — Ach, was wird uns werden, Ach, die Frucht der Felder, Scheune, Ställe, Häuser Kann er niederreißen, Was wir lang erbaut Und mit Müh erworben. Ach, das große Unglück! — Rausche, rausche, Wasser, Schöner Bach, schäume über, Reiße in die Ufer Klaffend große Risse, Unterwühl der Häuser Festgefügte Mauern, Und, ihr wilden Wolken, Strömt den Reichtum nieder, Den ihr nicht ertragt. Stürzen ihre Häuser Ein wie Kartenhäuser, Rennen ihre Herden Blökend in die Weiten Und die Menschen flüchten Auf die freien Berge, Spüren Windes Kälte Und des Regens Schauer, Blicken staunend aufwärts Zu den wilden Wolken, Die sich mächtig ballen Und im wilden Wasser Wieder aufwärts spiegeln, Sehen Baum und Sträucher Aus dem Wasser ragen: — — Majestät und Schönheit, Größe, Freiheit, Macht, Was wir töricht spielten, Wird hier offenbar, Und kein Buch der Erde Hat es je verkündet, Was wir hierin lesen; Ach, nun sind wir Menschen! — Am livischen Strand Die weite See lag friedumsponnen. Wir wandelten am Abend auf den Dünen, Und in dem endlos fernen Raum Verwob sich alles golddurchschienen. Wir schaufelten im weichen Sande, Der wie Topas aus grüner Heide lugte, Und Lachen klang, und helle Lust, Wenn eins im Sand Versteck sich suchte. War still die Sonne, feuerglühend, Verscheidend bis zum Meer hinabgesunken, Vier flinke Möwen, flogen wir Zum Wasser, freud- und schönheitstrunken. Wo Land und Meer im alten Spiele Des wechselvollen Dein und Mein befangen, Da schauten wir erwartungsvoll Zur Sonne hin, mit heißen Wangen. O Glück! wenn sie in grünem Strahle Erlosch, als Weckruf ihrer Abendröte, Die Düne stürmten wir hinaus Ob zweimal sich das Wunder böte. Was wahrnehmbar im Farbenspiele Der hingewichne Glanz dem Aug entfaltet, Erstand im Spiegel der Idee Zu geist'ger Sonne umgestaltet. Der Menschheit ungestilltes Suchen, — Als grüner Strahl erwachte es zum Leben Dem Seherblick. Da stand im Licht: „Euch sei das dritte Reich gegeben.“ Dunkle Ströme fluten durch die Herzen, Menschengeist erkennt sie nicht, Achtlos über Recht und Pflicht Brausen ihre Wogen Weltakkorde, Klänge aus dem Weltgedicht, Wo der Kranz der Raumesringe, Die ein Gott zusammenflicht, Schwebt in unbegriffnem Licht. Elli Pfaff-Joerissen Unerkannt Dunkle Ströme fluten durch die Herzen, Menschengeist erkennt sie nicht, Achtlos über Recht und Pflicht Brausen ihre Wogen Weltakkorde, Klänge aus dem Weltgedicht, Wo der Kranz der Raumesringe, Die ein Gott zusammenflicht, Schwebt in unbegriffnem Licht. Dunkle Stöme fluten durch die Herzen, Menschengeist erkennt sie nicht. Ich soll mich wieder freuen an euren Wonnen Ich soll mich wieder freun an euren Wonnen, Und ich bin traurig, daß ich es nicht lerne. Ich kann nur noch aus allertiefstem Bronnen Ein Glück verstehen, oder eins wie Sterne, Ihr könnt mir nicht die kleinste Freude geben, Wenn ich nicht selbst mit Inbrunst darum werbe. Mir ist ein Glück nicht wert, dafür zu leben, Wenn es nicht wert ist, daß ich dafür sterbe. Bitte Ihr Lieben, Lieben, laßt mich nun allein! Kehrt rüstig heim in eure Tageshelle. Läßt Gott so schweren Kranken zu sich ein, Bleiben selbst dessen Engel vor der Schwelle! Ich möchte, daß mein Ringen keinen störe, — Ich möchte gehn wie unter einem Strom. Mir ward so Festliches, als sängen Chöre Für mich allein in einem großen Dom. Es kam ein Trösten aus der Ewigkeit: Die blitzversengte Saat soll dennoch reifen! Ich brauche noch viel stille, tiefe Zeit, Um dieses große Wunder zu begreifen! Der Gast Du kamst und trankst von meiner Fröhlichkeit, Du finstrer Gast! — Dein Auge wurde helle. Du kamst aus glänzender Verlassenheit, Wo keine Freude lacht und keine Quelle. Wie du nun sprachst und wie du lächeltest, Beschirmt ich meinen klaren Trank verstohlen. Trink, — doch vergifte mir nicht meinen Rest! Ich muß es mir zu weit und tief her holen! Ich wehre mich gegen die dunklen Gewalten Ich wehre mich gegen die dunkeln Gewalten. — Du kommst zu mir — und solltest mich halten, Denn du bist älter und stärker als ich. Drum hab ich auch keine Tränen für dich, Kein Wort des Trostes, kein bißchen Licht. Für die andern hatt' ich's, für dich aber nicht. Deine Bitterkeit hat alles zerknickt Wie Schnee, der alles Leben erstickt. — Doch nein, — es wird sich bis morgen geben! Ich bin noch jung — ich glaube ans Leben. Und werden wir morgen die Sonne nicht sehn, Wir wollen den Tag doch zusammen gehn. Und vielleicht ist es heute abend dir gut, Daß dein Kopf an meiner Schulter ruht, Daß ich dich einmal ganz verstehe, Mit dir in das leere Dunkel sehe. Auf der Höhe ist's einsam Aus der Höhe ist's einsam, Und ich will in die Tiefe, Will in die Tiefe Wieder zu Menschen. Denn nun gehst auch du, Der mich oben gehalten. — Und mir ist doch, als wäre Es heller um uns — Weil wir beide auch in den dunkelsten Tagen Noch füreinander ein Lächeln hatten. An Emma I. Heimweg Wie grüßt du schon von ferne, helles Fenster, Mein müdes Aug' mit deinem trauten Scheine, In kalter Nacht ein warmer Liebesschimmer. Ich weiß, dort oben hat die liebe Kleine, Zur Abwehr aller Schatten und Gespenster, Die Lampe schon entfacht im stillen Zimmer. O leuchte du mir immer, Mein sanftes Licht! Für tausend Freudenkerzen Tausch' ich dich nicht! Für alle Menschenherzen Dies eine nicht! II. O Freundesliebe, die du sanft und groß Mein Leben hast durchleuchtet und getragen, Verlaß mich nicht, nimm mich in deinen Schoß, Und mach' mich still wie in den alten Tagen. Ein andres maßt sich deinen Namen an, Das süß und tödlich in den Adern wütet, Es rast mein Blut, das so gelassen rann, Die Lippe schmachtet, heiß und unbehütet. Nimm von mir, was mich jäh zu Boden reißt. Mir graut, mich selbst in solcher Glut zu sehen; Und laß das Schlackenfeuer vor dem Geist Zu Erdenasche werden und verwehen. III. Wie selten doch die Menschenseele ist, Die einen einzigen flüssigen Kern umschließt! Dich aber, reiches Herz, vergleich' ich gern Mit der Granate hundertfachem Kern. Ein leiser Druck, und helles Herzblut quillt, So warm, so tropfenfrisch, so herb und mild; Und wem es offen liegt, blickt fort und fort Wie in lebendigen Rubinenhort. Kein Spiegel widerstrahlt so warm durchglüht Mein bestes Selbst, mein Wesen und Gemüt. Trotz Oft reckt sich etwas dunkel auf in mir, Was stärker ist und trotziger als ich, In Waffen stehts und fordert alle Welt Zum Kampf heraus — zum Kampf um mich. Um mich, — um das, was ich im Tiefsten bin, Bis tausendstimmig dann der Hohn erwacht, Und tausend Hände heben Stein um Stein. Die fängt's wie Bälle in der Luft und lacht, Und lacht und türmt sie riesig in die Höh, Bis eine Mauer rings um mich erscheint, Doch — hinter dieser harten Mauer steh Ich wie ein Kind, das bang im Dunkeln weint. Der Vogel Ihr habt mich unsanft oft gestoßen, Gedrängt, verhöhnt, ihr Mitleidlosen, Im schmerzlich bunten Weltgedränge. Ihr gönntet meinem Streben kaum Den allerwinzigst kleinen Raum. Mit Worten, die nicht grad' Gesänge, Triebt ihr mich weidlich in die Enge. Ich meinte manchmal zu ersticken Und wähnte wohl, daß ihr erdrücken Mich könntet, o, ihr klugen Tröpfe, Die ihresgleichen nur begriffen, Und nicht was andre Vögel pfiffen. — Zerreißt euch nun die eignen Schöpfe! Der Vogel fliegt euch über die Köpfe. Irrt euch nicht Ihr schlugt mich tot und ich lebe noch, Ihr pflanztet einen gekreuzten Stecken Auf meines Grabes kühle Borden. Und sieh! Die Sonne tat ihn lieblich wecken, Er ist zum Rosenstrauch geworden. Ach, irrt euch nicht! Ihr könnt nimmermehr Das atmende Leben in mir ertöten. Mich wecken zu seligen Liedern die Schmerzen, Es kann mein Blut eure Schwerter röten, Ich aber lebe in tausend Herzen. Euch, Banausen Tötet mir alles — — Ein Licht in meiner Brust Verlöscht ihr nicht . Als weiße Leuchte In dem Kranz des Ew'gen Vergeht es nicht. Lebendgen Geistes Selbst aus toter Hülle Hervor es bricht! Schlagt immer nur zu — — Ein Licht in meiner Brust Erreicht ihr nicht! Ich will Mein Glück, ich will es, Ich will mein Glück! Hollah, fort über die Willensbrück, Die eiserne. Auf! Zu den lichten Höhn! Unten laß ich die Menschen stehn. Und da oben, Da wird mir die Brust so weit Und ich jauchze Und juble in Seligkeit. Kennt ihr wohl diese Seligkeit, Wenn ein freier Geist Seiner Freiheit sich freut? Kennt ihr das wohl? Die Hunde Was hetzt ihr mit heißerem Hohngebell Meine sinnende Seele des Sein entlang? Und wenn sie mit durstigen Lippen trank, Was schaltet ihr schmutzig den lauteren Quell? Lang habt ihr zerkläfft mir Leben und Glück, Ihr Hunde, Zaudern und Zweifelmut! — Und jetzt, da matter mir fließt das Blut, Jetzt duckt ihr die Köpfe und bleibt zurück? Da schau ich mich um in dem Abendschein, (Schon dämmert im Rücken die ewige Nacht) Da pfeif ich euch zwischen den Zähnen sacht: Heran, mich grauet's mit mir allein. Die Maske fort! Ich habe die Komödie satt! Muß endlich mich befreien, Was mich so lang gefoltert hat, Mir von der Seele schreien! So wißt: ich habe oft gelacht Ein schmerzlich falsches Lachen, Mit Ekel Phrasen auch gemacht Wie andre Leute machen! Ich habe mit Gewalt erstickt, Was mein Gemüt bewegte, So manchem Unsinn zugenickt, Der Widerspruch erregte. Ich hab' mich trefflich amüsiert Bei eurem Klatsch und Schwätzen Und niemals habt ihr je gespürt Mein Grauen und Entsetzen. Zur luft'gen Fratze gar versteint Mein Antlitz noch vom Scherzen — — — Indessen meine Seele weint, Verblutet still im Herzen! — — — Frau Sorge Es locken die Berge in hehrer Pracht Die Quelle murmelt, die Sonne lacht. Ich wandre in frühester Morgenstund Mit fröhlichem Herzen durch Waldesgrund. Da — fällt ein Schatten mir über den Weg Verdunkelt die Sonne, versperrt den Steg: Die Sorge, die graue Sorge! — Und suche ich nach des Tages Last Bei meinen Büchern Erholung und Rast — Und grüble ich über den Rätseln des Seins Und fühl' ich mit unsern Dichtern mich eins — Da drängt sich dazwischen die hagre Gestalt Umklammert den Geist mit brutaler Gewalt Die Sorge, die graue Sorge! — Und regen Gedanken sich hinter der Stirn Und will mein mit Zahlen gefülltes Hirn Versuchen zu formen ein Lied, einen Sang — Da — starr wird mein Blick und das Auge bang — Ich fühl ihres Atems erkältenden Hauch — Da ist sie schon wieder, jetzt seh ich sie auch: Die Sorge, die graue Sorge! — Sie steht mit mir auf und schläft mit mir ein Oft sind wir beide ganz allein. — Ich schleudre ihr meinen Hass ins Gesicht — Sie lächelt nur höhnisch und weicht doch nicht — Es bannt sie kein Fluchen und kein Gebet — Ob sie bis ans Ende mal mit mir geht? Die Sorge, die graue Sorge? — Nur nicht den Menschen Nur nicht den Menschen überliefert sein! Der ist verloren, der vom Mitleid lebt! Der ist verloren, der den Schläger hebt An fremder Tür: man jagt ihn rauh hinaus. O, kämpfe, kämpfe für dein eignes Dach! Für diese Wand, die dich vor Feinden schirmt, Für diesen Boden, der dein Eigentum, Für diesen Zaun, der fern dir hält die Welt. Halt über deines heilgen Feuers Herd Schützend die Hände! Deiner Kerze Brand Hüt vor dem Sturme! Sei ein Kämpfer treu Für dies dein Recht! Denn Gott hat nicht gewollt, Daß du getreten werdest in den Sand Von rohen Hufen. Gott hat nicht gewollt, Daß dein erhobnes Haupt du beugen solltest Vor Ungerechten. Gott, der stolz erschuf Dein leuchtend Auge, will dein Helfer sein. Ein eignes Leben Ein eignes Leben will ich, — — und nichts weiter. Glaubt mir, ich wollt' euch nie mit Absicht kränken, Doch was euch leicht dünkt, gibt mir viel zu denken Und was ihr ernst nehmt, stimmt mich oft nur heiter. Das war mitunter ein gar seltsam Wandern! Und niemals lernt' ich's auf dem Weg, zu fassen, Warum das Weib nur immer anzupassen Sich habe allen Sitten und den andern. Und heimlich bin ich manchmal dann gegangen Die eignen Pfade; doch stets riefen Stimmen Der Weggenossen, die zur Rückkehr zwangen. Nun aber soll mich nichts, o nichts mehr halten! Ich will allein die steilen Stege klimmen Und mir mein Leben still für mich gestalten. Den Neugierigen Kommt die Rede auf mein Haus, Gibt es hundert Fragen, — — Und man meint: „Wird Einsamkeit Dich nicht oftmals plagen?“ Ungefragt sagt jeder dann, Wie ich's machen sollte, — — — — Seufzend denk' ich: „Wenn doch nur Einer fragen wollte: Sag', wie haben Menschen dich Jahrelang gequält, Daß du dir als höchstes Glück Einsamkeit erwählt?“ Deine Wege werden wirre Deine Wege werden wirre, Und die Menschen die du liebst, Werden alle an dir irre, Wenn du nicht Parole gibst. Gib Parole, gib das Zeichen! Keinem bist du zugeschoren? — Und man fängt schon an zu weichen, Das Vertrauen ist verloren. Wer nicht des Alltags Pfade geht... Wer nicht des Alltags Pfade geht Und seinem dunkeln Drange folgt, Und sich von seinem Geiste führen läßt, Den führt der Geist fort aus dem Kreise der Menschen. In immer größere Einsamkeit. Der Einsamkeit entrinnt er rückwärts zu dem Kreise der Menschen Und tritt voll Sehnsucht in die Häuser ein, Doch ach, zu eng ist Haus und Brauch und Dach, Er stößt sich, wenn er aufrecht geht Und geht er selbst zur Zeit nicht fort, So jagt man ihn zurück, in seine Einsamkeit. Den Lachenden! Lacht nur und spottet! Fallt über mich her, — Doch hemmt ihr nicht meinen Lauf. Wird mir der Weg noch so sauer und schwer — Ich steige den Berg doch hinauf! Und ich will hinauf, ob ihr spottet und lacht, — Wie tut euer Lachen so weh — Durch Dornen und Sturm und die finsterste Nacht, Ich muß hinauf in die Höh, Hinauf, wo die goldene Zeit uns winkt, So blickt doch nach oben und schaut — Still, still, daß ihr Sausen auch zu euch dringt, — Ihr hört's nicht! — Ihr lachet zu laut! — Einsam Du flohst den Kreis, wo man dich gerne meidet, Du hast dich selbst aus jener Welt verbannt Von der dein Denken dich, dein Fühlen scheidet Da ihre Hohlheit, ihre Selbstsucht du erkannt. Denn deine Seele mußte zitternd schauen Was andre nur gedankenlos erblickt — — Das große Heer von abgehärmten Frauen Die Weibeslos und Enge fast erdrückt!! Mit Angst sahst du, wie sie die Fesseln schleifen Am wunden Fuß nach scheuer Sklaven Art, — Du schriest um Hilfe rettend zuzugreifen, — — Da hat Gelächter dich und Hohn genarrt! — — — Sei fest Nie sollst du zweifeln an der Wahrheit Rechten. Und glaubst du auch, vergebens wär' gestritten, Vergebens alle Lebensnot durchlitten: Sink lieber hin vom Trosse überritten, Als daß du in der Scheinmacht Lügenmitten Den Sieg erringst, der doch nur gilt vor Knechten! Meine stillen und verträumten Gärten! Weiches Wolkengrau und müdes Leuchten Manchmal rieseln lautlos feine Tröpfchen, Und die Blüten in den stillen Gärten Neigen scheu im Perlenschmuck die Köpfchen. Auf den Straßen, die mich zu den Zielen, Zu den Zielen meines Alltags leiten Wird mich heute, wenn ich weiter wandre Nicht der Staub, der läst'ge Staub begleiten. Und ich käme wohl ein gut Stück weiter Heut mit meinen rüstigen Gefährten, Doch es locken mich mit Zaubermitteln Meine stillen und verträumten Gärten. Blasses Wolkengrau und müdes Leuchten Und ich weiß, an solchen bleichen Tagen Hat die Frau, die meine Seele küßte Da ich Kind war — mir noch viel zu sagen. Und ich suche, suche meine Sehnsucht Und die Blüten neigen ihre Köpfchen Und das fahle Licht der grauen Wolken Spiegelt sich in tausend feinen Tröpfchen. Und ich suche, suche meine Sehnsucht — Und sie läßt mich immer länger warten. Warum horch ich nach dem Lärm der Straße Selbst in meinem stillen Zaubergarten? Sind das Stimmen wohl, die draußen riefen, Stimmen meiner wandernden Gefährten? Soll ich folgen — soll ich sie vergessen — Meine stillen und verträumten Gärten? Die Zeit will Kampf Die Zeit will Kampf, — ich aber möchte träumen, Des Lebens Märkten endlos weit entrückt Hier unter meinen hohen alten Bäumen, In meinen trauten lautlos stillen Räumen, Wo mich kein Straßenlärm und Staub bedrückt. Die Zeit will Kampf, hab ich ein Recht zu rasten, Jetzt wo ich endlich, endlich einmal frei! — Ich sehe andere mit schweren Lasten, Auf staub'ger Straße ohne Hoffnung hasten, Und höre manchen müden dumpfen Schrei Die Zeit will Kampf, ruft Männer und ruft Frauen, Und viele säumen, viele hören nicht, Jetzt wo es gilt, für Kommende zu bauen, Daß ich sie rufen könnte, all die Lauen, Zu denen mahnend kein Gewissen spricht Vom guten Kampf — — auch ich, ich möchte träumen, Des Lebens Märkten endlos weit entrückt, Hier unter meinen hohen alten Bäumen, In meinen trauten, lautlos stillen Räumen Wo mich kein Straßenlärm und Staub bedrückt. Wer soll sich Ruhe bewahren? Wer soll sich Ruhe bewahren In dieser lebendigen Zeit? Von widerstreitenden Fragen Sind alle Gemüter zerrissen, Und kaum hat einer verkündet Die Lösung, den richtigen Weg, So stürzen von neuem sich Scharen Und wehren und warnen und schelten Und zeigen den rechten Weg. Wo, sagt mir, wo sollen wir wandern? Wer ist hier Autorität? — Gehe zurück in die Kammer Und frage, wozu dich treibt, Von allem Streiten entledigt, In der Stille dein Herz. Denn schrieb man auch Bücher dagegen Und lächelte drüber mit Spott Und stritt mit gelehrten Systemen, — — Wisse, — es kommen die Tage, Da schreibt man andere Bücher Und lächelt mit Spott über jene Und hat die Systeme geändert. Geständnis Den ihr den Ölzweig nennt, er ist ein Schwert, Mit dem ich kämpfe gegen die Verderber In meiner Brust. Da tobt ein wilder Streit, Das Land der Ruhe scheint so ewig weit, Und die Gedanken flattern — aufgescheuchte Sperber. Die Taube schein ich euch, die unversehrt In reinen Höhen fliegt, in weltenfernen, Aus meinen angsterfüllten Liedern klingt Die Sehnsucht, die geheiligte, sie singt Und trägt im Traum die Seele zu den kühlen Sternen. Die Brust, der Lieder Quell, ist unbewehrt Und hilflos wie ein preisgegeben Haus, Beschämt, das Haupt gesenkt, gesteh ich ein: Ich, die euch Helfer, Tröster wollte sein — Erschöpft zum Tode liefre ich den Degen aus. Die Frauenwacht Wir reiten, Wir reiten durch Nacht und Tod, Wir reiten, Wir reiten ins Morgenrot. Wir sind die Scharen der Frauenwacht, Wir sattelten schon vor Mitternacht, Wir haben zeitig uns aufgemacht. Denn der Weg ist lang, Und der Weg ist weit, Er führt durch Öde und Feindlichkeit... Wir sind die Scharen der Frauenwacht, Wir haben zeitig uns aufgemacht. Denn der Weg ist steil Und so fern das Ziel, Des Kämpfens und Ringens ist noch so viel... Wir sind die Scharen der Frauenwacht, Wir sattelten schon vor Mitternacht. Denn es geht um die Freiheit, Es geht um die Ehr', Um Leben und Liebe, Um Recht und um Wehr!... Wir sind die Scharen der Frauenwacht, Wir sattelten schon vor Mitternacht, Wir haben zeitig uns aufgemacht: Und fallen die einen In Nacht und Tod, Die andern, die schauen Das Morgenrot: Freiheit, dich grüßen wir. Ein Lied vom Ende der Not Dumpf liegt der Herbsttag und schwer Über Gehöften und Feld, Gärten, verlassen und leer, Eine freudlose Welt. — Menschen mit stumpfem Sinn Ruhn von der Arbeit aus, Fröstelnd durch naßkalten Tag Eil' ich von Haus zu Haus. Nirgends auf meinem Weg Die öde Straße entlang, Lockt mich ein froher Schein, Grüßt mich ein fröhlicher Klang. Dreschmaschinengesumm, — Ich kenne den Ton, Kenne das surrende Lied Seit frühester Jugend schon. Immer rief es mir zu: Was willst du, hier ist keine Not, Allen in meinem Bereich Schaff ich von jeher das Brot. — Brot! Die Maschine summt — Herbsttag drückt müde und schwer, Rings die Gehöfte, das Feld, Alles so öde, so leer. — Brot? Und mein Denken enteilt — Ich träume von einer Zeit, Die alle Müden dereinst Von ihrer Stumpfheit befreit. Jubelnd ertönt mir ein Lied, Ein Lied vom Ende der Not, Da alle Menschen geladen Zu Freude, Wissen und Brot. Weissagt, Propheten! Siehst du das Rot am Himmel? Höre, es naht der Tag. Siehst du das Rot am Himmel? Merke, es kommt die Nacht. Siehst du das Rot auf der Erde? Menschen vergießen ihr Blut, Ach, und du kannst es nicht sehen, Menschen vergießen den Geist. Wie viele Menschen vergossen Blut und des Geistes Kräfte? Tausend und abertausend! — Wieviele Menschen verkamen Schon in Mühen und Qualen? Tausend und abertausend! — Wie viele Menschen verdarben Schon die eigene Seele? Tausend und abertausend! — Weissagt, Propheten, — was folgt der Not? — An solchen Tagen kommt die Traurigkeit Und sickert lautlos schwer durch jedes Ding, Und aller Stunden Maß ist ganz gefüllt Mit der Verschollenen und Müden Qual. — Dann ist es, daß man aufzustehn vergißt, Daß man im Stehen schläft, ein andermal. Paula Rösler Graue Tage An solchen Tagen kommt die Traurigkeit Und sickert lautlos schwer durch jedes Ding, Und aller Stunden Maß ist ganz gefüllt Mit der Verschollenen und Müden Qual. — Dann ist es, daß man aufzustehn vergißt, Daß man im Stehen schläft, ein andres Mal. Es scheint entrückter, was die Fernen bringen. Gleichgültig treiben wir in dunklem Ringen Und schwarzen Wirbeln. — Keiner war und ist Der uns vermißt. An den Schmerz Gewohnheit macht das Bitterste vertraut. Ich hab zu oft mit dir zur Nacht gebetet, Nun bist du nah und ein vertrauter Freund. So wie ein Blinder, der des Lichts entwöhnt, Nichts andres kennt, dem nie ein Morgen rötet, Kein Mittag blaut. — — Nun ist es gut und ist so still versöhnt. Man hält die Hände leise in die Sonne; Und lächelt dankbar, zärtlich fast und müde. Und tief verschönt. Es tobt ein wilder Sturm Es tobt ein wilder Sturm! Ich sehe meine Träume ihn unbehindert in die Lüfte tragen Und höre trübe Geister zu mir sagen: „Wo sind sie hin, die du in deinem Herzen hegtest, Und wie ein Samenkorn Im Innern still verborgen pflegtest, Daß niemand deine Sehnsucht nur ergründen sollte? „Wird dir der nächste West Das Vielerhoffte nun erfüllt zurückebringen?“ Nein, — nein, er wird es nicht! Nur wie ein Büschel welker Blätter Im Kreise drehend, wird er wieder Sie alle mir von Neuem vor die Füße treiben. Trostlos Grau umspinnt Mich das Wehe, Gräber sind, Wo ich stehe. Vorwärts nicht Mag ich schauen: Wegseits dicht Steht das Grauen. Nicht zurück Geht mein Denken: Sah das Glück Seitab schwenken. Wo des Geists Friedenslände? Warten heißt's Auf das Ende. Trübe Stunde In Nebel und Moor — Wohin soll ich gehen? Kann doch nichts sehen. — Gott, tritt hervor! Hier bleib ich stehen, Doch sinkt mein Fuß, Weil er so muß, Stetig hinein. — Wie lang wird es währen, Dann sinkst du hinein? — Soll ich wandern? Ruf ich nach andren? Bleib ich allein? — Der Nebel ist dicht, Menschen helfen dir nicht, Götter schleudern dich weit In des Nebels Einsamkeit! Rufe nicht, doch bleib auch nicht stehn, Gehst du nicht selbst, wird die Zeit doch gehn, Die Grube bleibt dir am Ende bereit, Geh! — es vertreibt dir die Zeit! — Credo Ich glaube, daß der Menschen flüchtiges Geschlecht Endloser Qual zur Beute ward verdammt. Ich glaube, daß für Wahrheit, Fug und Recht, Wie einst, so heute noch der Holzstoß flammt. Ich glaube an der Schöpfung ungemessne Not, Die gellend auf zum fernen Himmel schreit; Ich glaube an die Gräber und den Tod, An alles Herrlichen Vergänglichkeit. Ich glaube an den Seufzer, den das Leid erpreßt, Und an das Fluchwort, das Verzweiflung spricht; An jene Macht, die Wunde leben läßt, Die Starken aber in der Blüte bricht. Ich glaube, daß seit Anbeginn der Welt Dieselbe Last uns beugte erdenwärts, Daß nie vom Fuße uns die Fessel fällt — — Ich glaube an das Ewige: den Schmerz. Tränenkrüglein Es wächst das Krüglein von Tag zu Tag, Der Trank wird gar zu bitter, Es steigt die Flut mit des Herzens Schlag, Bald werf ich den Ton in Splitter. Dann steigt die Flut, die salzige Flut, Und wird zum entsetzlichen Meere — Die Wellen leuchten wie Gold und Blut. Hol über! — Dort winket die Fähre. Du armes Herz Du armes Herz bist noch nicht tot Und willst noch nicht versteinen? Ich hörte beim Brausen der Alltagsnot Nicht mehr dein stilles Weinen. Ich hab dich vergessen, du schlugst so leis, Ich hatte so viel zu sorgen; Ich hielt dich in deinem Sarge von Eis Für alle Zeiten geborgen. Was hast du mir für Not gebracht, Mit heißem Bangen und Pochen! Wir haben gejauchzt, geweint, gelacht, Bis endlich du schluchzend gebrochen. Die Räder des Lebens rollen fort Auch über gebrochene Herzen, Über Blumen und Hoffnungen, die verdorrt, Und über begrabene Schmerzen. Du kennst es ja, du kennst es doch, Laß ab, laß ab zu weinen; Es ist ja das alte Leben noch. — Lern' endlich doch versteinen! Flucht Der Tränen hast du allzuviel vergossen, Sie machten dir die Augen trüb und trüber, Sie sind nach innen dir ins Blut geflossen, Das peinigt dich in schmerzhaft wildem Fieber. Weil andre Menschen nicht dein Leid verstehen, Nichts ahnen von dein angstvoll schweren Kämpfen, Laß sie auch niemals deine Schmerzen sehen, Du hast kein Recht, der Frohen Lust zu dämpfen! Kein Recht hast du, zu stören ihre Kreise, — Klirr mit der Kette nicht an deinen Füßen, Schleich still dich fort, ganz unauffällig leise. Dich trüben Gast wird niemand wohl vermissen. Ohne Hoffen Was singst du mir Wasser? Ist's ein Lied, Wie's gurgelnd um die Felsen zieht? Sag, singest du, Wasser, Singst du so laut, Daß du des Kummers Schmerzensbraut? Was stäubst du mir sonst Zum Munde den Gruß In liebewerbendem Schluchze-Kuß? Und ziehest hinab Zu deinem Grund Meine trostverlassenste Stund! O wie du singest in meiner Not, Ein lebensletztes Lied vom Tod. Schwer sinken die Glieder Zur kühlen Flut... So werde mir Henker Mein stolzer Mut. Im Feld ein Mädchen singt Im Feld ein Mädchen singt — Vielleicht ist ihr Liebster gestorben, Vielleicht ist ihr Glück verdorben, Daß ihr Lied so traurig klingt. Das Abendrot verglüht — Die Weiden stehn und schweigen — Und immer noch so eigen Tönt fern das traurige Lied. — Der letzte Ton verklingt, — Ich möchte zu ihr gehen. Wir müßten uns wohl verstehen, Da sie so traurig singt. In stillster Stunde, die das Dunkel wirkt, Begehrt der Glanz, auf Sterbliches zu tauen Die Stimme nahet, die zu Mose sprach: Das Rauschen meines Mantels vor dir her — Kein irdisch Auge wird mein Antlitz schauen. Margarete Susmann Die Spur im Sande — — Abseits vom breiten Pfade Irrte auch ich, Denn ich verstand nicht Das Tun der Menschen. Da nahm die Wüste mich auf — Und durch den Sand Schritt ich mit blutenden Füßen Weiter und weiter, Und ich sah nicht zurück, Wo der bläuliche Nebel In endlosen Weiten Die Dörfer der Menschen verschlang. Da kreiste am Himmel Mit ausgebreiteten Schwingen Ein Riesengeier, Die Einsamkeit. Da sank die Sonne Mit brandigem Schimmer, Und Schatten huschten vorüber Wie abgeschiedene Geister. Da brachen aus ihren Höhlen Die Tiere der Wüste, Und ihr Gebrüll Durchtoste das Sandmeer, Lüstern nach Raub. Und mir entgegen Grinste der Hunger, Grinste der Durst Und die seelentötende Einsamkeit. Und ich in der Wüste Der einzige Mensch. Da höhnte der Geist: „So sprich, warum bist du Dem Pfade der Menschen entflohn — Dem breiten Pfade Durch Weizenfelder? — “ Und ich neigte die Stirne und sprach: „Ich habe nicht Teil an ihnen.“ Und wieder höhnte her Geist: „Daß du entwichen, Dem eigenen Geschlecht, Ist nun dein Fluch — Denn die einsamen Pfade Führen zum Tod... Du dürstest nach Menschen Und stirbst am Durste...“ Und ich wanderte weiter, Umbrüllt von hungrigen Tieren, Umflattert von irrenden Schatten — Und es höhnten die Steine am Weg: „Der einzige Mensch!“ Und weiter und weiter — Endlos der Himmel, Endlos die Wüste, Und mitten darinnen Ein kleines, klopfendes Herz! Umfiebert die Stirn, Vertrocknet die Lippe, Keuchend der Atem! — — Da stieg mir der Wahnsinn empor. Und ich küßte am Wege den Stein. „O hätte Menschenfuß Dich je betreten! O wäre auf diesem Pfade Ein andrer gewandelt! O einmal nur Ein Kinderlachen, Ein Glockentönen, Bevor ich sterbe — — Mich dürstet nach Menschen.“ Da — vor mir im dünnen Sande Auf glatten Felsen — Barmherziger Gott! — Eine Menschenspur! Und weinend brach ich ins Knie. Nicht mehr der einzige Mensch Ein anderer vor mir! Wohin sein Pfad? Verschlang ihn die Wüste? Kehrte er heimwärts Zu seinem Geschlecht? Schritt er im Wahnsinn? Schritt er, von Sehnsucht beschwingt, Nach leuchtenden Zielen? So rede, rede, Heilige Spur! — — Doch die Einsamkeit sprach: „Wozu die Frage? — Ein Mensch, ein Mensch, Der gelitten wie du Und geirrt wie du! Ein Mensch in der Wüste, Abseits vom Pfade Der Weizenfelder, Suchend das Licht!“ — — Da wich der Wahnsinn Da strahlte die Nacht, Da stand der Himmel in Flammen — Und wund geküßt Auf nacktem Stein Hab' ich die brennende Lippe... Ein Mensch in der Wüste! Im Sand eine Spur! — — Hab' Dank, o Fremdling... Confiteor Zum Stillesein, Herz, ist es jetzt nicht Zeit! Tritt an des Altars Stufen zu bekennen Dein tiefstes Ich. Du sollst von denen sein, Die ihren Namen in die Seele brennen, Weil sie aus Gottes Kraft geboren sind. Zweimal geboren! — Aus dem Blut zuerst Dann aus dem Geist! Die große Feuertaufe Des Menschenhasses hat dich frei gemacht, Heilig zu reden in dem Heiligtume. Herr, ich bekenne selig mich zu dir. Und ich bekenne mich zu deinem Leben! Aus deiner Tiefe gib du mir die Kraft, Den schweren Stein von meiner Gruft zu heben. Wie die zu reden, die begraben waren Und nun aus Nacht und Schmerzen aufwärts fahren. Hochflut So wie ein großer ungekämmter Strom Kommt meiner Jugend Kampf herangefahren. Er tost und brandet um den dürren Wall, Den ich gebaut in langen, harten Jahren All die Entbehrung tief und grenzenlos, Und all das Leid, mir angetan von andern, All die gestaute Liebesfähigkeit. Die stumme Welle — sie beginnt zu wandern. Kein Halten mehr! Ich muß mein Leben leben! Die Hochflut naht, die alten Gletscher tauen. Mich zwingt Erwachens große Allgewalt, Bewußt zu leben und bewußt zu schauen. Heran, ihr Wasser! Keine Täuschung mehr: Das ist des Wissens furchtbar ernste Stunde: Das ist des Blindgebornen Wahrheitstag, Das ist das Bluten meiner Lebenswunde. Vorposten Es gingen unerkannt und ungeliebt, Die an der fernen Zukunft Pforten schlugen, Und aus der Brust das Heiligtum des Volks Schweigsam und ernst durch Pöbelhaufen trugen. Auf fernen Posten starben sie allein, Doch sahen sie mit Augen, großen, feuchten, Auf diese Welt voll Eigennutz und Schein Die ewgen Sterne Gottes niederleuchten. Die Jünger schliefen Die Jünger schliefen. Ach sie schliefen immer, Wenn der Entscheidungsstunde Flammenbrand, Und wenn des Schicksals großer Kelchesträger Zum Flug bereit am nächt'gen Himmel stand. Sie hielt nicht wach, das bittre Geistesstreiten, Sie hielt nicht wach das Kämpfen mit dem Tod, Sie waren müde und sie wollten schlafen. Den Schlaf verscheucht uns nur die eigne Not. Und immer, immer werden Einsamkeiten Um jenen, der auf Tod und Leben ringt, Mit einer Hochflut, die zum Hals ihm dringt, Die ungeheuren, dunklen Fitt'ge breiten. Es wachen in der toten Stadt die Feuer — Es wachen in der toten Stadt die Feuer — Die Brunnen schlafen und die Wolken stehn. In schweren Nebeln starb das letzte Wehn — Doch wachen in der toten Stadt die Feuer. Nun gehn wir zwei mit hohlen leisen Schritten, Du führst mich, eine Waise, an der Hand, Es blieb kein Lebender in diesem Land — Die Feuer brennen — und wir gehn inmitten. Auch du mußt ziehn. Mein Atem sucht dich scheuer. Siehst du die Flammen, welche meine sind? O rette, rette dein verlornes Kind. Es wachen in der toten Stadt die Feuer. Aus tiefgeliebten Dingen wich der Glanz Aus tiefgeliebten Dingen wich der Glanz Und stieg und ließ sie arm und nackt zurück Und barg sich in der ew'gen Früchte Kranz. Ein karges Schimmern lohnt dem bangen Blick, Ein mattes Rieseln sehnsuchtsvollem Ohr. In stillster Stunde, die das Dunkel wirkt, Begehrt der Glanz, auf Sterbliches zu tauen Die Stimme nahet, die zu Mose sprach: Das Rauschen meines Mantels vor dir her — Kein irdisch Auge wird mein Antlitz schauen. Die Stirn am Boden Die Stirn am Boden, einsam ohn' Begreifen Befrag' ich dich mit Fragen ohne Wort — Still rauscht das Korn; die Rose glüht und dorrt — Um mich ein unabänderliches Reifen. Werd' ich die Stimme heute noch vernehmen; Lautlosen Trost, Erfüllung ohne Schein, Des Rausches Perlen ohne goldnen Wein, Gewähr der Liebe ohne Blut und Schemen? Willst du dich der gefangnen Sehnsucht geben, Die noch bedarf, der jeder Hauch ein Gib? Muß erst der Leib der Seele Licht zulieb Sich wandeln büßend für ihr rein'res Leben? Doch wenn du dich in diesem Kreis mir weihest Daß ich dich fasse mit des Lebens Hauch, So dringe durch der Bilder Schein und Rauch Und gib ein Zeichen — gib mir, daß du seiest! Ich blicke auf. Zu weißer Wolken Bogen Baut sich die Welt, ein frommgewölbter Saal — Ich lausche tief. In ewigem Choral Bewegen rhythmisch sich des Kornes Wogen. Buddha Buddha starrt schwarz und schweigend und groß Der ringenden Nacht in den samtenen Schoß, Dahinter die Abendgluten Am Himmel zitternd verbluten. So hat er gestarrt vom ersten Tag In tausende sehnender Herzen Schlag, So hat er gestarrt und geschwiegen, Wenn zum Himmel die Wünsche stiegen. Und er starrt noch immer — die Dschungelnacht Wächst höher und höher in grüner Pracht, Und flüsternd die Bäume sich neigen, Sie kennen des Buddha Schweigen. Sie wissen nur eines frommt den Sinn, Nichts sehnen, nichts wünschen, am Boden hin Wunschlos und traumlos schwanken —, Flüchtig wie Blumenranken. Einen Tag dem Buddha die Stirn umziehn Und dann vermodern und dann verglühn. Nirwana, das große Traumes-Nichts, Verschlingt unersättlich den Born des Lichts. ...Und den Urwald durchraunt ein Neigen — Der Buddha lächelt im Schweigen. Gott Du, den ich qualvoll rufe, Tag und Nacht, Unendlicher, der unsers Jammers lacht, Könnt' ich dir folgen durch die weite Welt, Dir folgen bis zum fernsten Sternenzelt, Ich läge kniend vor dir hingebeugt, Bis meiner Seele Flehen dich erweicht. O könnt' ich folgen, bleiben, wo du weilst, Grausamer Gott, der du von hinnen eilst, Sterne zu schaffen, neuer Sonnen Pracht, Nicht denkst des Leids, das deine Welt gebracht. Klein ist mein Weh vor deinem Angesicht, Doch ich bin Mensch — und ich ertrag es nicht. Bergpsalm Noch wurzle ich in der Erde Die breit zu meinen Füßen ruht. Und Liebe nährt mich, wie das Kind die Milch, Und immer tiefer schlagen meine Wurzeln. Der Baum wird knorrig, steif und fest, Doch wenn der Wind kommt, fängt er an zu rauschen: O, Menschen, Menschen, Menschen, Ihr kommt und geht und nützt die Zeit, Mir aber scheint, ich stünde fest, Versinnend meine Zeit, Die ich gewinnen will, indem ich sie verliere. Gewinne ich so auch den Gott, den ich verlor? Ich streckte meine Äste aus, All meine Zweige gen den Himmel. Vom Abendrot und Morgenrot Weht mir herüber ungemessne Zeit. Hört auf zu zählen. Nur Vergänglichkeit muß zählen. Was ist, besteht! Im Rhythmus schreitet fort die Ewigkeit. Allmacht und Ewigkeit! Es reißt sich meine Seele los so wie ein Vogel Und fliegt, und fliegt Zum Gott der Allmacht und der Ewigkeit. — Was kommst du Vogel wieder, Dürstend und schlaff, Und sinkst zum Erdreich und hinein Und trinkst? — — Kalt ist die Welt, Allmacht, Weisheit und Ewigkeit. Ich suchte Liebe. Verschmachten muß man droben, Doch alles, was hier drunten Wärme hat Und lebt und liebt muß sterben. Ich aber liebe und will ewig leben! — Prometheus Verdunkelt Glücksland, Bald entschwebst auch du. Letzte Wipfelkronen winken, Grauen Nebel zu versinken; Meiner Stirne zu — Was willst du, Verzweiflungshand? Prometheus! Bruder du! Deine bartverschwielte Dulderfaust fühlte ich, Wie sie leis' mein Haupt umkühlte! Einzger! — oder — Traust du mir noch nicht? Sieh her, sieh in mein Gesicht, Die Leidensrunnen lies, Die eingebrannt. Doch die Augen, übermüden, Bergen Schätze seltner Blüten, Deinen duftverwandt. In der Seele still Verließ, Unter heißerprangten Schmerzen, Leidbeschwornem Königtum, Süßen Adels voll, Rein erglühten aus des Dornenkranzes Wunden Blüten, Gottlebendigem zum Strauß gebunden. Zueignung I. Wie du lächelnd Mit deiner holden Nähe Musik Labend mich grüßest, Unausgesprochenes, Sei mir gegrüßt! Du wirst zum Wohllaut In der Brust des seligen Vogels, Und dem Menschen, dem bang In bunte Traumwelt Gebannten, Dem Ewigkeitswesen, Wirst du Gedicht. Du ziehst ihm die Sinne In weite, tönende Wahrheitswelten, Und umrauscht vom singenden Licht, Ahnt er das Leben. II. Die du geheimnisvoll dem Meere des Lebens entstrahlest, Leuchtend zu wallen in unsere ungewordene, Werdebang ringende Welt, Schaffenskraft! Selige Reinheit! Von dir leben die Lüfte! Du rührst sie mit rosigem Finger, Siehe, da regt sich's und rinnt: Ätherklar junge Bläue Öffnet den goldenen Blick und segnet die dunstige Erde. Und du gleitest gelind über die Wellen der Berge, Über das tauige Tal; da erwacht erschauerndes Freuen. Und du küssest das träumende Leben, daß fromm es und willig Quillt und bildet die Form nach reinen nach ewigen Rhythmen. O wie in seligem Spiel beschwingter Linien Anmut Schwebt! wie in Farben erbraust leuchtende Wundermusik! Daß der Rabe laut schreit vor Lust im trinkenden Äther, Und ein sehnsüchtig Lied die holde Nachtigall flötet, Und den dürstenden Sinn öffnet, Gott ahnend, der Mensch! — — Krankheitumfangen, verstört wach ich heran den Morgen, Sehe die Welt durchflossen von dir, o selige Reinheit, Lege mich still in dein Licht. Ruhe Ob den frohen Lenzgestalten, Die, von äthergoldnem Duft umwittert, Frisches, junges, grünes Leben jauchzen Und des Frühlings Sehnsuchtswonnen feiern, Ruht des dunkelblauen Himmels tiefe, stille Flut. Und ein Adler, über all dem Buntspiel, Schwebt und trinkt und schweiget, schwebt und schweiget In der dunkelblauen Flut dahin. Ich bin heimgekommen. Trautes Buntspiel du der Erdgestalten, Ferne plauderst, ferne plätschernd quillst du Um des Lebensstrandes glitzergoldnen Sand. Ich ward schweigend. Dunkel ward ich; Eine sel'ge Welle, ruhend In der ew'gen Ruhe tiefer, blauer Flut. Gottesstimme I. Freilich ist es Genuß, mein Kind, Sich klein zu machen, recht klein. Freilich ist es sel'ger Genuß, Sich fest an starke Menschen zu klammern, Und alles fröhlich den Guten zu danken, Und weil es dich lockt, und weil es dich bindet, Sei dir's versagt! Steh allein! Und kommen die Wogen und schlagen ans Herz dir, Und gehen die Wasser dir über die Seele, Sollst nicht strecken flehenden Arm Nach Helfern aus! Wer sich hält, Wird nicht frei. Du hast so heiß gefleht um Freiheit, Ich will sie dir geben, ich dein Gott, Aber leicht ist sie nicht zu lernen! Ich will sie dir geben, ich dein Gott, Tu auf dein Herz, sie kommt mit Entsetzen, — Das große Geschenk meiner Liebe! II. Näher, noch näher, mein Kind, zu mir! Ganz nah! Und die fühlenden Herzensfäden alle, Die so heiß liebend die Welt umfassen, Reiß los, Schneid ab, Und schmerzt's auch und blutet's, du wirst nicht verbluten, Komm nur nahe zu mir, das heilt, Ich bin ja dein Heiland! Dein Lebenlang habe ich dich gezogen, Du mußtest weinen, wenn andere sich freuten, Und durftest's nicht klagen, damit kein Tröster, Kein menschlicher Tröster die Wunden dir heilte, Die mir gehörten. Und wer dir nahte, den hast du umklammert, Mit all deinen Herzensfasern umklammert, Viel zu heiß, Viel zu fest, Drum macht' ich dich einsam. Und wo dir ein holder Ruheplatz winkte, Da hast du dich fest, fest eingewurzelt, Da wolltest du bleiben, Und solltest doch pilgern Zu mir. Drum mußte ich kommen und mit Schmerzen dich lösen. Du hast mir viel, viel Arbeit gemacht, Doch hab ich dich nie gelassen. Denn sieh, mein Kind, Du törichtes Kind, Ich hab dich je und je geliebt , Darum habe ich dich Zu mir gezogen, Aus lauter Güte! III. Es weht, es weht, es rauscht der Geist! Menschenseele, horch auf! Es weht, es weht, es rauscht der Geist! Er sucht ein Herz, das unter ihm erklinge! Erzitternd, erbebend sollst du ihm ertönen — „Ich, Herr, ich? Ich mich unterwinden zu reden dein Wort? Ich? Ich Nichts?“ Zuviel! Zuviel! Sei Nichts! Zerbrich dein Ich, das trotzige Verzagen, Wähnest du, daß der hochheilige Gott Rede durch kindisches Menschenmeinen? Stirb! Wenn tot ist dein Zweifeln, dein Wähnen und Wollen, Wenn du nichts bist — dann bist du mir heilige Harfe, Die, meinem Atem gehorchend, Meinem Volk Offenbarung tönt! IV. Ich habe dich geführt, hoch über Menschenbahnen, Einsamen Pfad zu mir. Ich habe dir gehallt, hoch über Menschenworte, Der Ewigkeit heiligen Laut. Ich habe mir geschaffen in dir eine Stimme, Die da rede meinem Volk von mir, seinem Gott, Denn die Zeit ist erfüllt, und mit hoher Offenbarung Will ich aufgehen diesem Geschlecht! „Wann, Herr, wann? Es tönt zu mir herauf die Not meiner Brüder, Es schreit zu mir herauf das Weinen deines Volkes, Ach, dein rettendes Wort, es verbrenne mir die Seele, Wann, Herr? Wann?“ Wenn du stille geworden bist, Wenn du geduldig geworden bist, Wenn es mir, deinem Gott gefällt! De profundis Ich sehe in der Höhe sel'ges Land. Auf stillen Wegen wandeln weiße Seelen, Von mildem Leuchten wundersam erklärt. Aus meiner Tiefe führt kein Weg empor; Nur eine Leiter raget, senkrecht, steil. Doch ihre Sprossen sind zu glatt geworden, Und ich zu müde von dem ewigen Fallen. So lieg ich denn in übergroßer Qual Und seh die Sonne mir zu Häupten ziehn Und sehe ferne der Erlösung Land — — Und werde liegen bis zum jüngsten Tag. Herr, es war nicht der Mühe wert Herr, es war nicht der Mühe wert! In Demut komm ich ernst und schlicht. Der heiße Kampf, den ich gekämpft, Er lohnte sich der Mühe nicht. Ich gab mein Herz hin, Herr, du weißt, In Hände, die es schlimm versehrt, Die es verkritzelt und verstaubt — Herr, es war nicht der Mühe wert. Sie traten auf das arme Herz, Als müsse es zertreten sein. Sie gingen lachend ihres Wegs Und ließen's blutend und allein. Doch was die Welt zertreten hat Und was sie tausendfach versehrt, Das bring ich dir zur Heilung dar: Für dich ist's noch der Mühe wert. Laß mich die ganze Welt vergessen Laß mich die ganze Welt vergessen Und dir zu Füßen stille sein, Laß mich nur deine Stimme hören, Laß meine Seele zu dir ein. Zu deinem Trost, der allgewaltig Sie an sich zieht aus Sturm und Not, An den sie sich so einsam klammert, Als sie einst sein wird nach dem Tod. Laß mich das Leben überwinden, Das tausendmal das Herz mir bricht, Das schwache Herz, das tief verloren Sich aufwärts sehnt nach deinem Licht. Ich will an deinem Worte zehren Und seinem Ernst, der mich befreit, Ob seine Flammen auch verbrennen Die allerletzte Eitelkeit. Gebet Herr, wenn du jemals gegen mich verstummtest! Wenn dieser stillen Zwiesprach' Seligkeit In nichts versänke! Ach, wie würd ich messen Den dunklen Abgrund dann — voll Todesleid? Denn meiner Stille warst du der Beleber, Auf meinen stumpfen Wassern du der Glanz. In meinen öden Stunden — du der Inhalt, Auf meiner wunden Stirne du der Kranz. Du bliebst bei mir, als alle mich verließen, Als ich allein in meiner Feste Saal, Als keine Schritte mehr auf meinen Fliesen, Als welk die Gärten und die Wälder fahl. Da sprächst du mir von einem ew'gen Pfade, Von neuer Jugend und von tiefrem Glück, Von größrer Liebe! Herr, die sel'ge Gnade Der stummen Zwiesprach, nimm sie nicht zurück! Wie könntest du so furchtbar mich verstoßen? Die dein Geschöpf und nur in dir gedeiht? Wenn du verstummtest! Ach wie könnt ich fassen Den dunklen Abgrund dann — voll Todesleid. Der Zukunftsdom Wer wird die große Kathedrale baun, Der neuen Völker starken Gottesdom, Der höher noch und stolzer sich erhebt Als der des Michelangelo in Rom? Wer wird das Glaubensringen unsrer Zeit, Der neuen Kunst Gestalten tief und schwer Fixieren können? Wer den Wogenschwall Kristallisieren aus bewegtem Meer? Wer wird die Tiefe der vergangnen Zeit Mit neuen Weiten urgewaltig einen? Wer wird mit Davids ew'gen Liturgien Verschmelzen unsrer Tage Sehnsuchtsweinen? Wer wird das selige Erlöserhaupt Mit unsrer Sommer Rosen neu bekrönen Und stolz und ernst das Leid der Menschenbrust Aus den Äonen wundervoll versöhnen? Laß mich ein Strom sein... Laß mich ein Strom sein und fließen, Ich bin ein versandeter Bach, Laß ins Meer mich ergießen, Dem Meere ziehe ich nach. Es hat der Sand mir verschüttet Den Lauf zum ewigen Meer; Nun sickern die Tropfen ins Erdreich Und finden die Richtung nicht mehr. O Herr, du bist das Meer! O Herr, o Herr, aus meinen Erdentagen Erhebe ich hinauf die Blicke Und spähe scharf herunter und umher. Wo mündet alles, Was in dieser rätselhaften Welt Dem Zeitlichen enteilt, Das Träge neu bewegt Und unerkannt und unbemerkt Den Samen guter Früchte streut? Wo mündet, Was in dumpfem Drucke, Gebundnen Geistes Doch noch Liebe spendet, Was, tausendmal getreten, Sich wieder aufwärts ringt? O Herr, du bist das Meer, Du sammelst alle Wasser, Die Flüsse mit und ohne Namen, Die Nebenflüsse und die Bäche, Die Quellen und die Regentropfen, Die Feuchtigkeit im Erdreich, Die, ungesehen, doch die Erde grünen läßt. Kein Tropfen geht verloren, Ein jeder bringt den Segen Den er nur bringen kann. Bergluft Du überkreisest mich im reinen Tal Und schwingst ob mir die sanftbewegten Flügel, Und täuschst mit weichem Bande Firn und Hügel Um ihres Einzelseins versteinte Qual, Und wandelst scharfer Nadelwälder Grün In blauen Samt wie Lager weicher Glieder, Und trägst dem Schnee der Sonne Botschaft nieder Vor Nacht in dunklen Rosen zu erblühn. Du Odem Gottes und sein reinstes Bild, In unsichtbarem Wesen sichtbar waltend Und aller Gnaden sanften Strom entfaltend, Du, der als Leben mir ins Inn're quillt, Ich atme dich, und meine Seele lauscht, Von deinem ungetrübten Hauch umfangen, Und staunt, an Gottes ew'ger Brust zu hangen, Da mir zu Füßen ird'sche Welle rauscht. Ich danke dir, o Unergründlicher Ich danke dir, o Unergründlicher — In dieser einen Stunde dank ich dir, Daß du mir Leben gabst! O sieh mich an! Ich knie vor deinem Thron; Die eh'rnen Fesseln habe ich zersprengt, Die Arme heb ich frei zum Licht empor Und danke dir. — Ich danke dir für diesen warmen Odem, Der als ein Opferhauch für deine Größe Sich lautlos über meine Lippen drängt. Ich danke dir für dieses Auges Tor, Durch das sich alle deine Wunder drängten, Um hier in meiner engen Menschenbrust Die ganze Welt sich leuchtend auszubau'n. Ich danke dir für diese tiefe Glut, Die wie der Freiheit Flammenzeichen brennt In meiner Brust, In der die finstern Kerker meiner Leiden Zusammenstürzen und gen Himmel lodern. Und ob kein Funken dieser heil'gen Glut Zurückgelangt in deinen Weltenraum, Ob nichts der Nachwelt jemals künden wird: Hier schlug ein Herz, das heiß die Welt umschloß! — Ich fühle doch in dieser ew'gen Stunde Die ganze Größe deines Riesenwerkes, Ich fühle deinen Schöpferhauch im Busen, Und ewig bin ich — ewig wie dein Werk. Die Erde hat gerungen um den Frieden, Sie hat gekämpft um ihn mit starkem Mut — Aus Herzenswunden floß ihr rotes Blut — Doch hat er sie das ganze Jahr gemieden. Nun ist die Hoffnung auch von ihr geschieden, Und sterbensmüde legt sie sich zur Ruh. Der erste Schnee deckt alles Leiden zu — Und sieh — es naht der heil'ge Weihnachtsfrieden. Marie v. Gebsattel Herbst Willkommen, mein stolzer, mein wilder Gesell! Zieh' den Wolkenschleier, den dunkeln, Der Sonn' übers Antlitz — sie lacht so grell — Laß das Gold deiner Lieder funkeln — Greif' in die Harfe — wie tönt sie schrill — Die kreischenden Vögel werden still. Treib' die Blätter hinweg, sie sind versengt, Der Blumen schreiende Pracht — O die Glut, die der Erde die Farben mengt, O die Glut — wie sie elend macht! Nimm sie mit auf wehendem Flügel, Du Sturm, mit verhängtem Zügel. Wenn dein heiliger Zorn sie reingefegt, Die Welt, von Liebe und Sünde, Wenn, des Schmucks beraubt, sie sich kaum bewegt, Dann schmilzt dir im Herzen die Rinde — Mein Herbst, dann sitzest du wie einst — Die Wildheit zerbrochen, am Grab — und weinst. Herbstwolken An dem herbstlichen Himmel wandern sie Über die Welt hin. Sturmwind treibt sie, Gleich einer Herde schneeiger Widder Freyas Gehöft zu, weiß und leuchtend, Mit silbernen Bändern. Aber gleich Wölfen, Wotans Wölfen, Feindlich der Herde, Jagen schwarze Gesellen dazwischen, Bläuliche Schatten im sträubenden Felle, Reißen in Fetzen des Vlieses Schimmer, Mit scharfem Zahn, daß flockende Wolle Weit umherfliegt über den Himmel. Siehe, im Westen Tut sich das Tor auf, funkelnd und golden, Scheu zu Boden ducken die Wölfe. Aber der Widder friedliche Scharen Ziehen hinein in freundlichem Drängen, Und es leuchten in rosigen Gluten Ewige Fluren. Herbst Siehst du den Herbst mit seinen Flammenwipfeln? In Glut und Purpur glüht sein stolzes Kleid. Ich suchte Trauer unter seinen Gipfeln Und finde nichts von Todesschmerz und Leid. Wie Freudenfakeln sein Farben lodern, In reinstem Ton, in Siegesherrlichkeit. Noch spricht kein Blatt von Welken und Vermodern, Im Goldschmuck harren sie der Winterzeit. Der Ruhezeit für sie zu neuem Leben, Das keimend schon in ihren Zweigen ruht. — Da schreit' ich heim, und durch mein Innres beben, Des Herbstes Weisheit und des Herbstes Mut. Allerseelen Krächzt, ihr Raben, schreit, ihr Vögel, Ach, ihr singt mir grade recht, Und du, dichter Nebel, spinne, Spinne diese Erde ein; Spinne, spinne einen Schleier Um uns arme Menschenleben, Daß wir uns nicht schämen brauchen, Schämen unsrer nackten Not. Und ihr Raben, und ihr Krähen, Singt, ihr singt mir grade recht, Daß ich nicht das Weinen höre, Weinen der versenkten Götter In der dumpfen Menschennot. Krächzt, ihr schwarzen Totenvögel, Denn mir weint das Herz nach innen, Weinet um gestorbnes Gut — — — Fort, — bringt mir die Totenlichter, Menschen, laßt die Lichter brennen, Denn das Herz lebt nur in Flammen, Laßt die Lichter aufwärts steigen, Denn das Herz lebt nur im Steigen, Laßt uns brennen, laßt uns brennen! Kalt und dunkel ist der Tod! November Su, su, summ-summ summ summ — Der Nebel fällt, ein Flüstern geht um, Nun will unser Mütterlein schlafen. Der schmerzgepeinigte, matte Schoß, Die Tränen, die sie in Quellen ergoß Die Pfeile, die sie trafen. Sie haben sie alle so müd' gemacht, Nun ist sie verträumt, nun webt ganz sacht Der Herbst eine Blätterdecke. Darunter findet die Erde Ruh', Der Himmel zieht seinen Vorhang zu, Die Sonne schielt um die Ecke. Su, su, summ-summ summ summ — Der Nebel fällt, ein Flüstern geht um, Ein Flüstern, daß keiner sie wecke. Winter Die Erde hat gerungen um den Frieden, Sie hat gekämpft um ihn mit starkem Mut — Aus Herzenswunden floß ihr rotes Blut — Doch hat er sie das ganze Jahr gemieden. Nun ist die Hoffnung auch von ihr geschieden, Und sterbensmüde legt sie sich zur Ruh. — Der erste Schnee deckt alles Leiden zu — Und sieh — es naht der heil'ge Weihnachtsfrieden. Winter In Weiß gehüllt der Grund, die Bäume — Der Wald verträumt des Winters Weh. Nur leise stäubt es von den Zweigen, Und ringsum Sonne, Stille, Schnee. Advent Höre, die Kinder draußen Singen ein altes Lied, Lind wie des Frühlings Brausen In deine Brust es zieht, Und in dem frühen Dunkel Lieblich ein Lichtlein brennt — Noch ist des Sternes Gefunkel: Lichtlein nur des Advent! Bist doch einst selbst gegangen In seinem zitternden Schein, Hast an der Mutter gehangen: Lasse das Lichtlein herein! Gib denen draußen, die singen, Äpfel und Honigseim! — Wieder will dir erklingen Ewiger Sehnsucht Reim! Hat dir so vieles versprochen, Leben, das dich gelockt! Hat dir so vieles gebrochen, Weiß dir die Schläfe beflockt. Hart wurden weiche Hände, Die sich der Arbeit geweiht, Falte sie ruhig am Ende, Sie ist erfüllet, die Zeit! Dämmerung sinkt hernieder, Aber die Hoffnung wacht. Leise verhallen die Lieder, Leise erhellt sich die Nacht. Was deines Lebens Ringen — Fühle dem Frieden dich nah! Müssen die Kinder es singen: Siehe, dein König ist da?! Stille Nacht Graue, graue Einsamkeit Und das Feld so endlos weit... Wo die gelben Bäume stehn, Einer Mühle Flügel gehn. Fern erlischt ein letztes Rot, Und der blasse Tag ist tot. Tief im Nebel liegt die Stadt, Tausend Lichter blinken matt. Gehn drei Kinder über Land, Halten still sich bei der Hand. Lallen traumhaft, summen sacht, Andachtstrunken: „Stille Nacht!“ „Stille Nacht... stille Nacht“ ... Dumpf gefühlt und ungedacht. Und dies eine liebe Wort Klingt aus Dunst und Dämmer fort... Weihnacht Still ward es draußen. Nun breitet die Nacht Über die Erde sternfunkelnden Schleier; Engelein halten am Himmel die Wacht, Flüstern ganz heimlich von Christkindleins Feier. Nieder senkt sich ein seliger Traum, Einmal im Jahre der Menschheit gegeben, Trägt seinen Segen in jeglichen Raum, Spinnt seinen Zauber um jegliches Leben. Frieden bringt er und mildert das Leid, Löset die Herzen vom Alltagsgetriebe, Kündet durch nächtlicher Glocken Geläut: Weihnacht ist kommen mit all seiner Liebe. Weihnachtslied Heut ist die Nacht, die Wundernacht, Des wollen wir uns herzlich freuen. Im Stroh das schönste Kindlein lacht, Wir wollen ihm Lieder weihen. Wir wollen grüßen die Mutter gut. O Mutter, sollst an Kreuz und Blut Am heutigen Tag nicht denken; Sollst freun dich, daß dein heil'ger Christ So schön und hold und liebreich ist, Und gar nichts darf dich kränken. Wir danken dir, o Herre treu, Daß du ein Kind bist kommen. Nun ist uns alle Furcht und Scheu, Alle Schand ist uns genommen. Ein Tüchlein arm den Leib verdeckt, Der in die Höll den Satan schreckt, Und die die Welt gestalten, Die Hände, überm Herzlein zart Ruhn sie so schwach, nach Kinderart Zur Bitte still gefalten. O Kind, tu auf die Händchen dein! Wir bringen dir unsere Herzen. Sonst sind sie wüst, heut sind sie rein Wie weiße Opferkerzen. Das aus der Krippe strahlt, das Licht, Verändert gar das Weltgewicht, Heut ist nicht Schuld noch Fehle. Heut müssen Wölfe Lämmer sein, Jed Dörnlein trägt eine Lilie rein, Einen Engel jede Seele. Heut ist die Zeit, die Wunderzeit, Der Winter ward zum Maien. Gott ward ein Kind, eine Mutter die Maid, Und wir Sünder singen den zweien. Das harte Stroh im Kripplein rauscht, Das zarte Kind im Kripplein lauscht, Süß hat das Lied geklungen. Kind, kommst du richten einst mit Macht, Denk, daß wir dir in heil'ger Nacht Dies Krippenlied gesungen. Sie schmerzt mich fast, die Fülle von Gesichten, Die in mir wacht und die zum Licht hin will, Ein Leben ist zu kurz, um sie zu dichten. Puttkamer, Alberta von [alt. Puttkammer, Alberta von] Ruth Seht ihr den Weg im Abendschatten Die beiden Frauen einsam schreiten? Die Mutter des verlornen Gatten Des jungen Weibes Hand geleiten? Naemis Haar hat Gram gebleicht, Ihr Haupt des Lebens Last gebückt, Indessen Ruth der Palme gleicht, Die frisch des Frühlings Krone schmückt. Sie wandern bang der Nacht entgegen, Da spricht Naemi an der Wende Des Wegs: Empfange meinen Segen, Daß ich, o Ruth, dich heimwärts sende! Ist auch dein Trost wie Balsam lind, Nicht ferner teile meine Not, Denn meines Lebens Tag verrinnt, Und bitter ist der Fremde Brot. Nicht folge mir in öde Ferne, Laß meine Hand aus deiner sinken, Es sind des Heimatlandes Sterne, Die freundlich dir zu bleiben winken! — Der Greisin mildem Segenswort Neigt Ruth ihr weinend Angesicht, Doch wendet nicht den Fuß sie fort Und ihre Lippe flehend spricht: Laß deine müde Hand mich fassen, Ist nicht mein Gott zugleich der deine? Ich will mit dir die Heimat lassen, Es sei dein Volk hinfort das meine. Solang du mir ins Antlitz siehst, Bist du nicht trostlos noch allein, Wo dir der Tod die Augen schließt, Da will auch ich begraben sein. Jephthas Tochter Vater, weine nicht um mich, Nicht um die verwehte Blüte; Wie auch manche schon erblich, Immer wieder kleidet sich Neu die Flur durch Gottes Güte. Lieblich floß mein Morgen hin, Wie ein Silberbach im Haine. Wenn ich nun gestorben bin, Denke mein mit mildem Sinn Manchmal bei des Mondes Scheine. Gerne scheid' ich, Vater mein; Mögen andre blühn und treiben. Doch dem Wunsche sag' nicht nein: Laß in dieser Nacht allein Mich bei den Gespielen bleiben. Schauen wollt ich noch so gern Ihren holdgeschlungnen Reigen, Noch die Wolken leicht und fern Und den schönen Morgenstern — Dann ins Grab entsagend steigen. David Und Bathseba war schön! O Salomon, Der du geboren warst aus sünd'gem Weh. Doch warst du meines Herzens liebster Sohn, Und deine Seele war so weiß wie Schnee. O Bathseba war schön! Ich fiel um sie Auch Jahves Gnade und aus Jahves Huld, Und rieb mir wund um sie die Büßerknie, Und lud auf meine Seele Todesschuld. Doch warst du, Salomon, von Gott geliebt, Denn tiefste Liebe rief dich auf zum Licht, Wie reichster Boden reichste Früchte gibt. In Sonnenschönheit leuchtet dein Gesicht. Und alles Glück wird sein auf deinem Pfad, Den Tempel wirst du baun auf stolzen Höhn, Und man wird sagen: Salomonis Rat Geht über alles! Bathseba war schön. Salomo Mein Haar ist grau, sprach Salomo im Harme, Und lässig dünkt mich meiner Pulse Klopfen; Die straffen Muskeln werden schlaff im Arme; Das Blut, einst frischen Stromes, schleicht in Tropfen. Ich hatte Tag für Tag an Lust und Schätzen, Was Tyrus und was Indien auserlesen; Mein war die Welt, die Sinne zu ergötzen — Was ist's gewesen? Den Becher, der von Liebe schäumt, kredenzten Mir Weiber jung und schön aus allen Zonen; An meines Lebens Himmel Sterne glänzten Zahlreich wie das Gestein in meinen Kronen; Doch ihre Zeit ist um, und sie erbleichen. Ein leid'ger Mahner, lichtet sich mein Scheitel, Die Lust, die ich gedungen, fühl ich weichen — Alles ist eitel. Was ich genoß, bespülte wie die Welle Mein Herz und hinterließ ihm keine Spuren, Die ich so oft empfing auf meiner Schwelle, Die Freuden fliehn davon, ein Heer von Huren. Was ich besaß, die gier'ge Schande raffte, Den Wahn des Hasses wie die Kraft zum Lieben, Und vom Gewinn, den sie mir einst verschaffte, Ist nichts geblieben. Mir wurden Freunde, doch die treusten Herzen Kann eine Mitternacht in Gift verkehren. Ich konnte weinen; doch die tiefsten Schmerzen Sah ich wie Wachs am Lichte sich verzehren. Mit überdrüss'ger Hand verschwend ich heute, Was gestern ich mit Goldeslast erhandelt. Was tät ich, das mich nimmermehr gereute? Die Zeit nicht wandelt? Nichts Neues kündet mir der junge Morgen, Und ewig lernt die Sonne nichts als Scheinen. Der Menschen Stirne furchen gleiche Sorgen, Die Toren lachen, und die Schwachen weinen. Das Lied des Lebens könnt ich schlafend raunen, Sein edler Schlußreim heißt: enttäuschter Glaube, Fern möcht ich ruhn von Gottes Weltenlaunen, Staub neben Staube. Wettläuferin In ihrer Schlankheit sind die hundert Spiele Der Kindertage noch belebt und wach; Herb wie die Hüften männlicher Gespiele Sind auch die ihren und in Keuschheit flach. Die leichten Arme, die im Laufe schwanken, Gleich Weidenzweigen, die ein Wind durchfliegt, In die noch niemals stärkere Arme sanken, Sie kennen nur ein kindisches Umranken Des Nackens, der im Kampfspiel unterliegt. Die Füße, die sich wie beschwingt erheben, Mit Luft und mit Arenasand vertraut, Sie rühren sich in stetem Takt und streben Nicht minder schnell als jene der Epheben, Dem Ziel zu, das der helle Blick schon schaut. Es lächelt leis der Mund, der nur vom Siege, Von Palmen träumt, — und ob wohl der Gewinn Ihr wehend in geschwenkter Hand bald fliege Über die Mädchen und die Knaben hin. Phantasie auf dem Palatin Heut bin ich römische Kaiserin! — Räume, gefügt aus felshohen Wänden Hundertfach aneinander gereiht, Hallen, — Stufen mit Marmorgeländen, — Alles für mich — für mich liegt's bereit! Vielfarbene Steine schimmern hernieder, Säulen glänzen von Bronze und Gold, — Tausend Spiegel werfen es wider, Was sich in Bildern gestaltend entrollt. Tausend Fackeln sprühn in den Gängen, Die sich zum alten Palaste ziehn, Tausend Sklaven warten und drängen Heute sich meinen Befehlen hin. — Gestern noch gellte der Kampf auf den Treppen; Ah — noch ist mir als röche ich Blut; — Juble! Heut schleifen vielleicht meine Schleppen Dort, wo das Haupt der Besiegten geruht! — — Schafft von der Loggia die Statuenreihen! Freier will ich zum Forum den Blick. — Wie sie dort unten die Rostra umschreien. — Heil, Imperator! Ich winke dir Glück! — Gestern noch eine der Vogelfreien, — Heute von tausend Schmeichlern umringt, Morgen — ? Ich will der Venus weihen, Daß sie des Kaisers Liebe mir zwingt! Tannhäuser Leid ist mir die Welt geworden, Blinder Menschen Zank und Morden, Kaiser, Pfaffen, Kruzifixe, Bären, Affen, Schlangen, Lüchse! In der Erde Tiefem Bau, Da wohnt meine Liebe Frau: Venus! Venus! Sieh, ich großer Mann will dein Bübchen dir am Busen sein. Bin bald wild und Bin bald still, Eigensinnig, Wie ich will. Doch du lächelst, Rot von Mund, Immer mach' ich's Dir zu bunt, Venus! Venus! Leb wohl, Erde, Waffenglanz, Muntrer Pferde Schritt und Tanz, Blättergrün und Himmelsblaun, Blumenblühn und Schöne Fraun! Nicht euch Feinen Will ich frein; Laß mich deinen Liebling sein, Venus! Venus! Ach, ich fühl es, Bin entzückt Des Gewühles Lärm entrückt! Rosen, Rosen, Rosenduft, Kuß und Kosen In der Luft! Rosen meinem Leib entsprießen: Venus kommt, mich Zu umschließen. Die Hexe Felsen über meiner stillen Klause, Dräu' noch mehr, damit ich sichrer hause! Sonne, keinen Strahl auf meine Schwelle! Doch im Tale scheine morgenhelle! Stecht mit scharfem Dorn, ihr wilden Ranken! Schäume, Wildbach! Allen will ich danken! Nicht genugsam kann die Nacht mich decken. Meine einz'ge Waffe ist der Schrecken. Gebt sie mir! — Und ruhig will ich harren, Daß sie bittend nah'n, die stolzen Narren. Kreise zieh' ich, murmle Zauberworte —: Nehmt und glaubt — und weicht von diesem Orte! Geht nur hin! Ihr denkt ja all im Scheiden: Dennoch sollst den Flammentod du leiden! — Undankbare! Eure Wunden heilt' ich, Zu den Siechen tief im Tale eilt' ich. Gut! Wohl kenn ich unheilvolle Kräfte, Mischen kann ich nächt'ger Pflanzen Säfte, Euch verderben kann ich. Stille! — Schritte! Eine Frau tritt aus des Waldes Mitte, In den Arm ein blasses Kind gebettet — —: „Mutter, sei getrost ! Es wird gerettet !“ Im Strohkranz Einen Strohkranz trag' ich, einen unsichtbaren, Immer noch wie damals in den gelben Haaren, Wo ich blaß und steinern und so tief in Schanden Hab' im Büßerhemde an der Tür gestanden. Meine bloßen Füße auf verschneiten Stufen, Wagt' ich arme Seele Gott nicht anzurufen. Nur die müde Kerze bebend konnt' ich halten, Als die Frauen strenge mir vorüberwallten. Um nicht meiner Buße härnes Kleid zu streifen, Sah ich sie des Mantels bunten Saum ergreifen. Und dann ist auch einer scheu vorbeigegangen, Der im toten Frühling selig mich umfangen. Einen Strohkranz trag' ich, einen unsichtbaren, Stets seit jener Stunde in den gelben Haaren, Werd' ihn tragen, bis ich meine Augen schließe, Und dann wird sie kommen aus dem Paradiese, Naht die Gottesmutter mir mit leisen Schritten, Sieht die milde Fraue, was ich hier gelitten —: Ihre Arme wird sie mir entgegenstrecken, Mit dem Silberschleier meinen Strohkranz decken. Die Königin Es saß die Königin steif am Spinett, Der Reifrock bläht sich weit. Im Haar der Reiher nickt, Und Diamanten glänzen und Rubin Am Schneppenmieder, reich mit Gold gestickt, Die schlanken Finger spielen Menuett, Ein krächzend Stücklein, hart und ohne Ton. Sie spielte falsch. Bedford und Leicester sahn Sich heimlich an. Sie lächelten voll Hohn. Und neigten doch vor der Gebiet'rin sich Und applaudierten mit beschuhter Hand, Und lobten ihre hohe Meisterschaft Und ihren königlichen Kunstverstand. „Viel Dank, Mylords!“ Die Königin brach ab — Dumpfrollend scholl ein Trommelwirbel her, Ein Zügenglöcklein wimmerte von fern, Als ob ein Mensch in letzten Nöten wär. „Lord Leicester!“ sprach erstaunt Elisabeth, „Was will die Glocke und das Klaggeläut?“ — „Es ist für Essex, große Königin,“ Sprach süß der Lord, „man richtete ihn heut.“ „Ach — so — für Essex! Das vergaß ich ganz!“ Und höhnisch zog sie bogengleich den Mund. „Er war Rebell!“ — Doch ihr im Herzen lebt Erinnerung an eine andre Stund. Da lag in Essex' starken Armen sie, Ganz selbstvergessen, drängend, Brust an Brust, Und Mund an Mund! Wie stand so blutig rot Vor ihren Augen die vergangne Lust. Doch zeigt sie nichts. Ihr Angesicht bleibt hart, Graukalt das Aug', das Herz so bettelarm. — „Man spielt ja Pyramus und Thispe heut — Ein lustig Stück! — Graf Leicester — Euren Arm!“ — Rembrandt Er starb in Lumpen, der so königlich Schönheit und Licht verschenkt. Der niemals karg, Starb als ein Bettler. Ja — er trank sich tot, Und man begrub ihn — in der Armen Sarg. Den Pinsel hinterließ er — farbenschwer, Den Malerkittel grau und schlecht genäht, Und ein paar Bilder an die Wand gelehnt, Und ein paar Bilder, von der Welt verschmäht. Der goldne Becher, aus dem Saskia Ihm bot der Liebe Trank, dahin — zerschellt — Nichts blieb ihm, als sein stolzes Königtum, Das ihn verschloß in seine eigne Welt. Nichts blieb ihm, als die nackte Wirklichkeit, Nichts blieb ihm, als das schnödeste Vergessen. Entthront, verachtet, ausgehöhnt, verarmt — Nichts blieb ihm, als sein Können unermessen. Verlassen starb er, in der Menschen Acht, Der Purpurtraum war längst von ihm gewichen, Erloschen der Juwelen Zauberschein; Brokat und Samt und Krönungskleid — verblichen. Das weiche Licht im schimmernden Gemach — Vorbei — dahin! Der seidne Vorhang riß. Ihm blieb ein schmutzig Stüblein unterm Dach, Die grelle Sonne und die Finsternis. Da ging die Schönheit, die er heiß geliebt, Vorbei am Markt und trat zum Armen Und gab ihm ihren letzten Himmelstraum, Und ihrer Güte heiligstes Erbarmen. Sie lehrte ihn der Armut tiefen Sinn, Sie zeigte ihm das wahre Menschentum, Das tiefverhüllte. — Für das Katzengold Des Tagesbeifalls gab sie ew'gen Ruhm. Wir aber danken ihm das tiefe Schaun, Wir danken ihm das Menschenangesicht, Wir danken ihm der Seele goldnen Schein, Der durch die Falten und das Alter bricht. Das Schloß in Spanien O, wenn ich doch ein Fräulein wär, Ein Edelfräulein reich! Ich trüg einen seidnen Mantel schwer Und Schühlein sammetweich. Ade dann Besen, Rocken, Herd! Du alter Krug, zerbrich! Die große Frau zu Nonnenwert Wär nicht so stolz wie ich. Hätt ich Ohrringlein, Halsgeschmeid Und einen Federhut Und einen Reifrock ellenweit, Wie stünd mir das so gut! Ich ließ die Hände in dem Schoß Von früh bis abends ruhn, Mein goldbetreßter Dienertroß Hätt Wunder was zu tun. Meine Mutter ist nicht klug! Die will, Ich soll den Rumpolt frein. Der Rumpolt nehm' die Isebill! Ich mag keinen Bauern! Nein! Paßt auf! Bald fährt der Wagen für, Mit Schimmeln sechs bespannt, Ein edler Graf geht ein zur Tür Und wirbt um meine Hand. Wohl auf sein Schloß in Spanien Führt er mich stattlich dar. Auf hohem Schloß in Spanien, Da leb ich wunderbar. Eß nichts als lauter Gutelein, Blitzkuchen und Pastet; Mein Tisch, der muß ganz golden sein Und auch mein Himmelbett. Daß ich ein armes Mägdlein bin, Das ist mir bitter leid. Nach großen Dingen steht mein Sinn, Nach Glanz und Herrlichkeit. Nach hohen Dingen steht mein Sinn, Bin hübsch und klug und fein, Drum will ich keine Bäuerin, Ich will ein Fräulein sein. Ach Gott, wer leiht zwölf Taler mir, Ich möcht auf Reisen gehn. Es kann ja doch kein Mädel hier, Kein Bursch kann mich verstehn. Gret, steig du nur wie 'n Pfau einher, Beth, kräusle dir den Schopf! Ich hab' im kleinen Finger mehr Als ihr im ganzen Kopf! Der Priester Und doch! Wie lieb ich dich, du ewiges Sakrament, Das meine schuldbeladnen Hände fast verbrennt Mit seinem reinen Feuer. O du! der meines Fleisches sünd'ge Schwachheit kennt, Erkenne auch mein heißes Wollen. Ach! mich trennt Ein Abgrund von dem süßen Gut, Das meiner Seele teuer. Weh mir! ich halte dich, der Welten Heil, empor! — Ein selig Schweigen beugt den weiten Menschenchor, Es lauschen dir die Deinen. Und leis einschreitest du zu ihres Herzens Tor... Vorüber gehst du nur an mir, der dich verlor... Es bebt dein goldnes Haus... Denn ich bin schwach von schwerem Weinen! Morphium Ja, schlafen, schlafen! seufzt der Kranke schwer, — Er nimmt den Trunk, er lächelt: „Schlafen, schlafen!“ Nun glättet sich der Schmerzen wildes Meer, Und seine matte Seele treibt zum Hafen. Die Rechte sinkt zurück — der trockne Mund Scheint durstig noch den kühlen Trunk zu schlürfen, — Ein Atemzug, so schwer und krank und wund! — „O, eine Ewigkeit nur schlafen dürfen!“ Ein mattes Glimmen noch im trüben Blick, Ein traumhaft Dehnen durch die kranken Glieder! Und immer weiter taucht der Geist zurück. Und immer tiefer senken sich die Lider. Er gleitet heimwärts in ein schön'res Land... Schon sieht er purpurn sich die Nacht erhellen, Und weich und wiegend an den fremden Strand Trägt ihn der Kahn durch blaue Nebelwellen. Wohin? — Er wiegt und gleitet immerzu, Ein ziellos Dämmern ist's und Weiterschweben, Und aus dem Dunkel taucht die große Ruh Und nimmt an ihre Brust sein krankes Leben — Und küßt ihn lind; da wird das Herz ihm weit, Er lacht im Traum, die Qualen sind verflogen... Und hinter ihm versinkt sein großes Leid, Und vor ihm schwingt das Glück den Irisbogen. Doch plötzlich bebt er... das Bewußtsein loht Im trüben Blick und auf den blassen Zügen... Er ist erwacht, und das Gespenst der Not Schreit ihm ins Ohr, daß seine Träume lügen. Da fährt er auf — sein Blick so fremd und schwer, Als ob ihn schon des Todes Pfeile trafen... Die schlaffe Rechte tastet wild umher, — „Den Trank — gebt mir den Trank! — Ach, schlafen, schlafen!“ In der Fabrik Mit Rad und Riemen, Schaft und Schraube droht Polypengleich das schwarze Ungeheuer Und wirft die Schlacken aus wie flüssig Feuer Und taucht den Mittag in ein falbes Rot. Ein Wutgeheul! Der Riesenkörper bebt... Ein hundertarmig Ineinandergreifen, Ein tückisch Vorwärtsschießen, Rückwärtsschleifen, Von einer einz'gen großen Kraft belebt! Und um den Herrn der Knechte dunkle Schar In Ruß und Rauch... die Riesenhämmer klingen, Die Funken tanzen, und die Räder singen Das große Lied der Arbeit und Gefahr. Im Schlund der Esse loht es purpurbraun... Und wo die Räder hart und stählern blitzen, Seh' ich ein Weib mit heißen Augen sitzen Und fest und saugend mir ins Antlitz schaun. Der nackte Arm wie ein verdorrtes Scheit, Finster die Stirn und rauchgeschwärzt die Wange... Sie neigt sich mir, — sie spricht mit wildem Klange: „Ich bin die graue Not, ich bin das Leid. Herrin des Weltalls ich — wie keine war! Sahst du schon je so eifrig die Vasallen Durch Glut und Rauch für ihre Herrin wallen, Unsichtbar, stets den Opferkranz im Haar? Ja, ich bin stark, und mein das größte Reich! Mein Hauch bewegt die tosenden Maschinen, Mein Blick allein heißt tausend Arme dienen Und macht die kecksten Männerstirnen bleich.“ Sie springt empor, sie bebt — ihr Auge lacht... Die Achsen kreischen, und die Hebel krümmen Sich von der Last, die roten Essen glimmen, Durch Rad und Riemen tobt die wilde Jagd. Die Menschen keuchen: „Arbeit nur und Brot!“ Und durch das Wutgeheul, Schleifen und Krachen Hör' ich ein leises, sieggewohntes Lachen: „Herrin des Weltalls ich — die graue Not!“ Uralter Worte kundig kommt die Nacht; Sie löst den Dingen Rüstung ab und Bande, Sie wechselt die Gestalten und Gewande Und hüllt den Streit in gleiche braune Tracht. Ricarda Huch Hesperus O fühlst du, wie nach Sonnenuntergang Ein tiefer Atem durch die Landschaft geht? Versunken hinter hohem Bergeshang Der glühnde Ball, der Hitze Brand verweht. Die harte Last des Tages sinkt herab, Der Pflug steht still, der Sense Schwirren ruht, In kühler Herberg lehnt der Wanderstab, Die Herde trinkt sich Kühlung aus der Flut. Entschirrt die Rosse, jochbefreit der Stier, Die Amsel sitzt schon schweigend im Geheg, Ein großes Stillesein für Mensch und Tier, Ein großes Heimwärtsziehn auf Feld und Steg. Ob roten Dächern steigt der blaue Rauch, Als sei's von Opferkerzen, himmelwärts, Es träumt der Strom in seines Nebels Hauch, Im Abendzwielicht träumt das Menschenherz. In seine Arme schließt der Mann das Weib, Das Kindlein schlummert an der Mutter Brust, In süßer Müdigkeit streckt sich der Leib, Und seines Daseins wird der Mensch bewußt. Einst bist auch du getröstet und befreit, Wie heiß auch Mittagsglühen auf dir lag, Denn diese Stunde tiefer Heiligkeit Hat Gott gegeben jedem schweren Tag. Uralter Worte kundig kommt die Nacht Uralter Worte kundig kommt die Nacht; Sie löst den Dingen Rüstung ab und Bande, Sie wechselt die Gestalten und Gewande Und hüllt den Streit in gleiche braune Tracht. Da rührt das steinerne Gebirg sich sacht Und schwillt wie Meer hinüber in die Lande. Der Abgrund kriecht verlangend bis zum Rande Und trinkt der Sterne hingebeugte Pracht. Ich halte dich und bin von dir umschlossen, Erschöpfte Wandrer wiederum zu Haus; So fühl ich dich in Fleisch und Blut gegossen, Von deinem Leib und Leben meins umkleidet. Die Seele ruht von langer Sehnsucht aus, Die eins vom andern nicht mehr unterscheidet. Nacht So düster die Welt, ein finstres Revier, Gestalten drängen und schieben, Viel bleierne Nebel lasten schwer Und Dünste schleichen — gleich Dieben. Ein trostloses Auge, blicket die Nacht Hernieder in stummem Verzagen, Wie konnte sie dieses grausige Bild Die endlosen Jahre ertragen? Wie ein Schrei gesammelter Leidenschaft Schlägt aufwärts die glühende Lohe Der Essen — und färbt mit trübem Blut Das Himmelsantlitz, das hohe. Kein Stern scheint nieder in all das Weh, Nur diese sündigen Flammen, Die flackern je und je empor Und sinken kraftlos zusammen. Wo gibt es ein Licht für soviel Nacht? Und wo eine Hand, eine reine? Ach! ahnst du den Jammer, verborgene Macht? So erlös' uns vom Übel — erscheine —! Nachtgebet Ich liege allein — Durch die Winternacht Zittert Sternenschein, Und sacht Im Dunkeln Hüllt das Funkeln Die Schmerzen ein. Ein Kind möcht ich sein! Möchte kindlich sagen, Daß nach müden Tagen Gottes Licht Durch die Dunkelheit bricht. In mir wird's still — Meine Sehnsucht will, Vater, zu dir. Fern am dämmernden Himmel Steht er und gräbt und gräbt. Im Nebelgewimmel, Den Spaten hebt, Der vernichtet, was lebt. M. Herbert Stunden Meine rasenden Rosse Jagen den Hügel hinan, Wie Sturmgeschosse; Sie reißen voran Auf schwindelnder Bahn. Meine schleppenden Zügel Schleifen am Boden im Staub, Auf fremdem Flügel, Durch dürres Laub, Bin Todes Raub. Fern am dämmernden Himmel Steht er und gräbt und gräbt. Im Nebelgewimmel, Den Spaten hebt, Der vernichtet, was lebt. Gräbt in die wartende Erde, Gräbt meine harrende Gruft. Seines Winkens Gebärde Lockt und ruft Durch die schweigsame Luft. Meine rasenden Rosse Jagen den Hügel hinan, Wie Sturmgeschosse; Sie reißen voran Auf schwindelnder Bahn. Mein Haus Ein Haus will ich mir bauen, Altväterlich und schlicht, So golden anzuschauen Wie Morgensonnenlicht. Weitab vom Lärm der Gassen, Weitab vom Strom der Welt, Da soll es Wurzel fassen, Das Haus, das mir gefällt. Nicht Zinnen und nicht Türme, Kein Erker keck und stolz; Ein breites Dach gen Stürme, Die Wand aus Tannenholz. Die Läden sollen mahnen, Mit Flammen weiß und rot, An alte Schweizerfahnen, Wo Freiheitsfeuer loht. Und jeder Fensterbogen Umrahmt als ew'ges Bild Das blaue Tal der Wogen, Der Firnen Schneegefild. Nicht lad ich frohe Gäste In diese Heimstatt ein, Drin feir' ich stille Feste Mit meinem Lied allein. Nur eine von den allen Führ ich zum Tor hinein, Ihr soll es hier gefallen, Mein einz'ges Mütterlein. Am Herd Am Herd, im stillen Winkel, Da wacht Genügsamkeit Und hält im irdnen Topfe Das Vespermahl bereit. Am Webstuhl in der Kammer, Da sitzt im Dämmerschein Die flinke Schar der Träume Und webt mein Leben ein. Erinnerung spinnt am Rocken Und singt ein Lied dabei, Und die Gedanken huschen Aus Ecken scheu herbei. Am Ofen spult die Katze, Es strickt mein Mütterlein, Und draußen hüllen Flocken Die Welt in Unschuld ein. So gehen ems'ge Geister Verstohlen ein und aus, Und doch herrscht heil'ge Stille, Als ging der Herr durchs Haus. In dem Dunkel Als ich noch ein kleines Mädchen, Hegt' ich einen stillen Plan, Wollte mir ein Häuschen bauen Ganz versteckt im grünen Dickicht, Wo die Blumen und die Vögel Sicher mit mir plaudern würden, Und die lauten Spielgefährten Nimmermehr mich finden könnten. Nur die liebsten meiner Puppen Und die schönsten Bilderbücher Wollt' ich in dem Häuschen dulden. — Und ich schleppte schwere Ziegeln Heimlich in dem Puppenwagen Nun herbei, — mit vieler Mühe Legt' ich seufzend Stein auf Stein. — Aber spröde blieb der Ziegel, Und je höher meiner kleinen Hände Bauwerk wuchs, je leichter Ward es Opfer jeden Anpralls, Ob ich selbst die Mauer prüfte, Ob der Sturm sie nachts erfaßte, Immer wieder ward zu Trümmern Meine Hoffnung — und ich weinte; — Sinnend, was wohl Mauern bindet, Wenn die Großen Hauser bauen. Kinderträume wurden Wahrheit. — Was ich einstens heiß ersehnte, Immer hab' ich's noch errungen. — — — — — — — — — — Dort mein Häuschen an der Lehne! Fest gefügt, und manches drinnen Schwer erkämpft — doch meinem Herzen Eben darum um so teurer. Und auch liebe Kinderträume Huschen manchmal noch vorüber, Schaukeln in den schlanken Ästen, Nicken aus den bunten Blüten, Winken von der nahen Wiese. — Ja nun weiß ich, was sie bindet, Meine Mauern, — und noch vieles, Was das kleine Kinderköpfchen Einstens quälte, ist mir klar. Aber ach! manch andre Rätsel Bot es mir, das ernste Leben, Und wie heute sitz' ich grübelnd Oft, und starre stumm ins Dunkel. Wie der Bau der Welt sich fügte? — — — — — — — — — — Und dort oben jene Welten? — — — — — — — — — — Nachtluft spielt mit meinen Flechten, Kühlt die Stirn mir leise, leise. — O die tiefe, tiefe Stille! Ewigkeit scheint mich zu grüßen, Aber stumm huscht sie vorüber, Läßt mich einsam in dem Dunkel. Wir sind wie arme, verlassene Kinder Wir sind wie arme, verlassene Kinder, Die sich im Walde verlaufen haben. Es gehen der Wege viele zur Heimat, Und viele auch enden in Heide und Moor. Was ist nun das Rechte? Sich schlafen legen? Oder einen der Wege wandern, Ohne zu wissen, wohin er uns führt? Lebensqual Ein Verschmachteter häng' ich Am Baume des Lebens, Dürste nach einem Tropfen, Ach, einem Tropfen nur Des Glücks! Wolken ziehen vorüber, Sterne erbleichen. Und die Sonne vollendet Ihren ewigen Lauf. Weh, alle Wesen der Natur, Gleichgültig zu meinen Klagen, Wandeln vorüber — und Gott — Wo ist Gott? — Krank Da sink' ich wieder an der Mauer nieder, Die mir ein langes Leiden aufgebaut. Es klingen wohl der Erde frohe Lieder Zu mir herüber wie ein wirrer Laut, Doch mag ich mich auch auf die Zehen strecken Und flehend tasten an der kalten Wand, Ach, immer will sie neidisch mir verdecken Das tatenfrohe, bunte Wunderland. Sang dankbar ich dem Leide viele Weisen, Und hüllte es mir Segens Fülle ein, Jetzt möcht' ich doch die Mauer niederreißen Und einmal ohne Grenzen glücklich sein. Der Wanderer Einsam bin ich auf der Erden, Überall bin ich nur Gast. Wo die Schatten länger werden, Halt' ich wohl ein Weilchen Rast, Weiter, weiter dann zu wandern, Darf nicht feiern mit den andern. Und bin doch in allen Landen Nie allein, bin stets zu Haus, Nimmer wird mein Mut zuschanden, Heimat ist mir Sturmgebraus, Dunkler Wald und weite Heide, Was ich bin, und was ich leide. Rastlos meine Schritte schallen Aus dem dämmerstillen Pfad, Bis sie sinken und verhallen In der frühlingsgrünen Saat Lebensheißer junger Fluren — Niemand achtet ihrer Spuren. Heimatlos Hör mich, Mutter, höre mich in deinem dunklen Grabe, Sage mir, wo ich Verirrter meine Heimat habe. Wenn ich schlafe unter deinem Trauerweidenbaume, Zeige mir das Land, das süße Vaterland, im Traume. Laß mich meine Sterne sehen, eine milde Sonne Durch das Meer des Himmels segeln, junger Saatenwonne, Und die Wasser jubelnd hoch von meinen Bergen stieben; Meine Brüder, meine Schwestern zeig mir, die mich lieben. Wär' der Weg auch noch so weit, ich will ihn gerne gehen; Wär' er noch so hoch und steil, ich will ihn gern bestehen. Denn ich mag nicht, mag nicht länger in der Fremde weilen, Ich bin krank im Herzen, nur die Heimat kann mich heilen! Käm' ich auch als Bettler zu der vielgeliebten Stelle, Legen will ich mich auf meines Vaterhauses Schwelle; Küsse werden, Tränen auf die alten Steine brennen, Die mich besser als die Menschen in der Fremde kennen. — „Kind, dein Vaterland ist ferne und der Weg ist weiter, Als die Erde weit ist, und die Nacht ist dein Begleiter. An der Pforte wird die Ewigkeit dich still begrüßen Und die Wanderschuh dir lösen von den wunden Füßen.“ Horror vacui Ein brennendes Sodom liegt hinter mir; Die Flammen rasen in freier Gier — Sie sind wie Fackeln auf meinem Wege, Und doch verwirren sich rings die Stege... Und weithin hör ich in lautem Entsetzen Die Rosse der Leidenschaft stampfen und hetzen. — Ich möchte die Welt der Menschen verlassen, Auf Höhen die Einsamkeit umfassen; Ich möchte zu Fremdem und kaum Geahnten, Auf Gründe, die niemals Menschen bahnten! Vor mir die Leere! — Ich muß sie durchmessen, Um das wilde Irrlicht des Scheins zu vergessen; ... Es tanzt in Flammen — es will mich locken — Am Weg seh ich grinsend die Lüge hocken. Ich stürme vorbei, — es peitscht mich Grauen, Ich will nicht zur Rechten, zur Linken schauen. Find ich die Höhen? find ich die Weiten? Find ich entfliehende Seligkeiten? Find ich ein Bett in vergessener Tiefe, Damit ich das grause Wissen verschliefe? Ach, daß ich schliefe , um nicht zu wissen Von all den Fragen und Zweifeln und Rissen, Die durch das Leben wühlen und klaffen Und nur die Qual und die Sehnsucht schaffen... Denn das Herrlichste ist dem Gesetz verfallen: Der Tod setzt an alle Schönheit die Krallen, Und hinter dem Leben grinst der Schrecken: Das Gerippe der Leere aus tausend Verstecken... — — — — — — — — — — — — — Wie Sodom brennt hinter mir kurzes Glück — Es stäubt die Asche — ich schau nicht zurück — Und was da vor mir am Wege lockt, Daß manchmal entzückt noch mein Atem stockt: An allem erkenn ich das Kainszeichen Des Grauens, dem die Lebendigsten weichen. — — — — — — — — — — — — — Die Vielen sind blind; die Wenigen schauen, Die aber sehn hinter den Dingen das Grauen. Die Vielen sind taub, — die Wenigen hören, Die aber vernehmen aus Lebenschören, Aus den Harfen der Liebe, die lockend werben, Immer den zitternden Grundton vom Sterben... Dopo fine Was soll ich noch im hellen, heißen Saale, Durch den die edlen Melodien geflossen? Ich habe bis zum himmlischen Finale, Zum feinsten Nachhall das Konzert genossen. Die Geiger mit den feinen Instrumenten Sind fort, — der stille Meister ist von hinnen. Im Saale mit den zarten Ornamenten Soll nun ein lautes, buntes Fest beginnen. Schon strömt es ein, das fremde, frohe Treiben, Mit Lärm und Glanz und lachenden Gebärden. Mir kommt so heiße Angst, ich könnte bleiben Und in den Schwall hineingerissen werden! — Zeit, wie du wütest! Zeit, — wie du wütest — Zeit, — wie dein Geist die Erde verwandelt; In wonniger Lust und gutem Gedeihn Steht die allherrschende Gottesnatur, Es könnte nicht schöner noch werden. Mit friedvollem Lächeln Sieht Mutter Sonne ihr Werk, Es jubelt alles in heller Freude, — Und morgen — wo ist all dieses Geschmeide? Der Sturm ist gekommen, Die Zeit hat's genommen; Wohin? — Fragt mich nicht! Es stürmte auch unter uns Menschen. Sie waren, blühten und freuten sich, Und heut? — Ein dunkler mit ihnen von dannen schlich. Die Ungeborenen Ist Flut in uns, dann steigen sie empor Aus grünen Tiefen — wie farblose Quallen Heraufgespült, und mit der Ebbe fallen Sie stumm zurück, wie in ein offenes Tor. Uralte Dinge schleppt der dunkle Chor Aus Tanggewirr und Wäldern von Korallen, Die wir vergaßen, wissend einst von allen, Und wie die Muschel summt an unserm Ohr. So flüstern diese, die im Dunkeln treiben, Undeutlich stets und unter Wasser bleiben Und doch wie wir sind — uns so eng verbunden, Daß sie die Narben tragen unsrer Wunden, Mit unserm Blut sich nährend wachsen, steigen, Bis ihre Stunde kommt und unser Schweigen. Eh' ich gehe Auf die Blumen sinkt der Tau; Feucht und grau Weht des Abends Nebelschleier Über Wiese, Wald und Weiher. Gib noch einmal mir die Hand! — Aus der Wolke Silberwand Steigt es golden in die Höhe. — Eh' ich gehe Gib noch einmal mir die Hand! Wege kreuzen lang und schmal Berg und Tal, Dahin, dorthin, weiter, weiter. — Heller steigt der Mond und breiter, Strahlend aus der Wolken Rand. Herden ziehen heimgewandt, Vöglein sucht des Nestes Nähe. — Eh' ich gehe Gib noch einmal mir die Hand! Froh nun ruht im sichern Haus Jeder aus. Nur der Bach fließt rastlos munter In das fremde Tal hinunter, Aus dem Tal von Land zu Land. Mit ihm zieh' ich weggewandt; Und mein Herz ist müd' und wehe. Eh' ich gehe Gib noch einmal mir die Hand! Thanatos Zuweilen hört mein Herz in tiefer Nacht, Wenn alles schläft und nur sein Hämmern wacht, In weiter Ferne einen dumpfen Schritt. Durch fremde, dunkle Länder kommt er her, Die Erde schläft. Es träumt und ruht das Meer, Und deshalb hör' ich jenen leisen Tritt. Der Tag verschlang ihn. Meiner Jugend Schlaf War also tief, daß ihn der Klang nicht traf. Nun aber — lieg' ich bange Stunden wach. Ein Wandrer kommt, der lang schon nach mir sucht, Das ew'ge Schicksal hat mich ihm verbucht, Er weiß es, wo mein einsam Lager steht. Ganz stetig kommt er näher. Unverwandt Hält er die Richtung durch das finstre Land, Und lauter, immer lauter dröhnt sein Fuß, Ich weiß es, eines Nachts, nicht allzu fern, Wird wie der Donner laut der dumpfe Gang, Und kennen werd' ich meiner Tage Herrn, Der bittre Tod! — Stets hielt er mich am Strang. Antwort Ich sprach zum Leben: Laß mich Meister sein! Es sei der schwere Kampf nun ganz entschieden, Von all den bunten, goldnen Schätzen dein Will ich ja nur die Arbeit und den Frieden. Doch meine Arbeit, sie sei wohlgetan, Mein Frieden sei gefestigt und vollkommen. O sei gerecht und öffne mir die Bahn, Da du so vieles, vieles mir genommen. O laß in meiner Seele mir die Kraft, Und hemme nicht des Blutes feurig Fließen, Eh ich zur höchsten Kunst mein Werk geschafft, Eh ich die letzten Formen durfte gießen! — Das Leben sah mich schmerzhaft lächelnd an: Nach höchstem Preise stellst du das Verlangen! Auch du wirst ruhn, eh du genug getan, Wie all die vielen, die vorangegangen. Still zerfällt mir dein Kranz Still zerfällt mir dein Kranz, Den du mir fordernd gegeben, Ewig leuchtendes Leben — Still zerfällt mir dein Kranz. Still, wie dein Licht mir entsinkt, Tief in der Nacht zu erkalten, Eh' es emporwinkt Neuen süßen Gestalten. Daß ihre Hand am Altar Heiliges Feuer mir hüte — Stumme, geliebte Schar Nie dem Dunkel entblühte Tiefer hat nie dein Glanz Sterbliche Sehnsucht entzündet, Schwerer ward nie dein Kranz Sterblichen Händen geründet. Still in des Todes Hut Blasen die letzten Blüten — Die erloschene Glut Wird keine Seele behüten. Nicht lange mehr Nicht lange mehr — die Flut rinnt schwarz und still, Seit über ihr das goldne Licht verglommen Und aller Farben Inbrunst hingenommen — Nicht lang für den mehr, der hinüber will. Ihn hält kein Ruf, kein Schein, der liebend winkt, Kein Wellenblitz, kein Ufer will ihn ziehn — Die Nacht blickt stumpf und schweigend wider ihn; Kein Zittern streift ihn, ob sein Nachen sinkt. Nicht lange mehr — da er vom Ufer stieß, Als ihn der Morgen glühend hell umwand, Als er das Ruder griff mit junger Hand Und jeder Schlag ein goldnes Zeichen ließ. Wie lang — in seinen Adern sang das Blut Des Morgens und der Rosen Farbe gleich, Und Röte schlug in das besonnte Reich Aus seines Traumes starker Morgenglut. — Dir sagt in dieser schwarzen Nacht kein Licht, Ob, der hinübertreibt mit matter Hand, Ob er es ist, der stark am Ruder stand — Der Herr allein erkennt sein Angesicht. Nun seufze ich dir noch ein letztes Lied Nun seufze ich dir noch ein letztes Lied, Das Herz ist so gramvoll, die Sinne müd, Nur liegen möcht' ich und ruhn. So ist es zu Ende, so Lust als Leid, Es kommt die Stille nach Sturmeszeit, Wohl besser, wir schlafen nun. Tief wollen wir schlafen, nicht wünschen mehr, Es liebte das lebende Herz zu sehr Und liebte zu böser Zeit. 's ist Raum auf der Erde, wir können gehn, Die Augen weit offen, uns doch nicht sehn; Ach freilich, die Welt ist so weit. Und ob sie uns einen, das Land, die Stadt, Ob engerer Raum noch umfaßt uns hat — Ach, dennoch auf ewig fern. So schwindet das Blau, das das Aug' entzückt, Ein Traumbild, viel weiter dem Sinn entrückt Als jemals der fernste Stern. So schwindet ein Glück, das geahnt bestand, So löst sich ein niemals geschlungenes Band, Das härter als Ketten drückt. Ich kann dir nicht zürnen, noch zürn ich mir — Du wirst mir zum Nichts und zu nichts ich dir — Das Blau, das den Himmel schmückt. Der Selbstmörder Ich nahe deinen sanften Uferbänken, Geliebter Strom, den Mord in meiner Brust. Er soll mit Blut die keusche Welle tränken, Die nur vom Himmel über ihr gewußt. Wie lauter gleitet sie und ahnungslos! Ich starre hin und muß die Augen schließen — Mich selber seh ich still in ihrem Schoß Vorüberfließen. Sprichst du von Frieden oder Todesschrecken? Was kündest du mir, bleiches Angesicht? Noch hab ich Macht, dich wieder aufzuwecken, Ich weiß das Wort, das diesen Zauber bricht. Ich öffne wieder dir das goldne Tor Und weise dir die grünen Lebensbäume, Die Blumen auch im bunten Freudenflor, Die falschen Träume. Viel süße Düfte ihrem Kelch entschweben; O sprecht, wann haltet ihr uns Armen Wort? Es hat getrogen hier im Erdenleben, Löst ihr es ein in einem schönen Dort? Wo find ich diese warme Freundeshand, Die ihr verspracht, nach der ich ach! zeitlebens Durchwandert habe manches ferne Land, Und stets vergebens? Wo ist der Endreim meiner liebsten Lieder? Das Echo meinem einsamen Gesang? Nur Steine schicken ihn mir fühllos wieder, Kein Laut der Seele bricht aus diesem Klang. Wo ist genug? In meines Durstes Glut Hab ich zum Born des Wissens mich gebogen; Doch wie einst Tantalus, hat mich die Flut Gehöhnt, betrogen. Trostloser Schall ist die Musik der Sterne Dem Darbenden, den nur die Sonne speist; Kein Balsam träuft aus jener Himmelsferne Auf Wunden, die der Zahn des Mangels reißt. Nur du, mitleid'ger Freund der Menschennot, Schlaf, Grab des Kummers, Trockner aller Tränen, Du kommst gewandelt mit dem Abendrot Und stillst das Sehnen. Was hat von meinem Lager dich getrieben? Was tat ich? was verwirfst du mein Gebet? In meine Stirn hat sich der Tod geschrieben, Seit mir dein Flügel nächtelang nicht weht. Find ich dich hier? Mir war, als ob mein Ohr Die alten Wiegenlieder murmelnd trafen; Du singst sie aus der Welle mir hervor — Da werd ich schlafen. Rückblick Die Tore der Nacht stehn in flammender Glut. — Eine Glocke läutet mit tiefstem Klange. Wie alles weich und gebettet ruht! Ich schaue zurück vom herbstlichen Hange. Wie schön der Abend den Weg besonnt, Den Weg in den Bergen, den fernen, feinen. Den ich am Morgen kaum gehen gekonnt Vor Angst und Schluchzen, vor Dornen und Steinen. Leben, Leben, bunter Traum Leben, Leben, bunter Traum, Leben, Leben, weites Meer, Hast so trüben, dunklen Schaum. — Sterben wird mir nicht mehr schwer, Müde sinke ich hinein — Stille wird es drunten sein. Ach, was zuckt noch einmal auf Mir wie Blut in meinen Adern! Schloß die Sonne schon den Lauf? Will nicht mit dem Schicksal hadern, Trinken laß mich goldnes Licht, — Sonne, — bis mein Auge bricht. Sonne hatte ich getrunken In mein heißes, junges Herz — War so lang in Nacht versunken — Einsam — wie mein Todesschmerz. Sonne — Sonne — Sonne —. Ein Lied vom Tod (an Novalis gegeben) Sieh wie zärtlich ist der Tod — Kommt mit weichen leisen Händen, Nimmt dir deine letzte Not, Läßt dich nicht vom Leben schänden, Sieh wie zärtlich ist der Tod. Flammend rot sind seine Kränze, Und du neigst dich seinen Küssen, Und er führt dich zu der Grenze, Wo du schweigst vor sel'gem Wissen, Flammend rot sind seine Kränze. Heimat ist für dich der Tod, Heimatlos war dir das Leben, Herz, zerbrich nun deine Not — Darfst einmal dein Letztes geben, Darfst — einmal — dein — Letztes — geben. Rauschen fernster Zeiten Rauschen fernster Zeiten, Das herüberschwillt, Aller Welten Bild Liebend und erlösend zu umgleiten. Lenz und Herbst verschlingend In den einen Klang — Dunkle Stunden lang Um Entstehen und Verblühen schwingend. Du mit Gottes Stimme Heiligend, die blind Seine Kinder sind, Ob ihr Licht entbrenne — ob verglimme. Dem Hinüberlauschen Schwindet Glück und Leid — Es versinkt die Zeit Vor der Zeiten Rauschen. Rauschen fernster Zeiten, Das mich tief umzieht, Still verwebt dein Lied Traum und Blüte in die Ewigkeiten. Der alte Friedhof Trauernde Birken! In hängenden Zweigen Flüsterndes Rauschen und trauerndes Schweigen; Taucht ihr den Wipfel ins morgende Rot — Die Wurzel tief drunten umklammert den Tod. Dona eis requiem! Üppige Gräser! Gleich prächtigen Palmen Deckt ihr die Hügel mit wildernden Halmen; Tautröpflein haftet an moosigen Steinen, Es neigen die Blüten die Köpfchen und weinen — Dona eis requiem! Spielende Kinder! In fröhlichen Herzen Keimet nur Jubel und Lachen und Scherzen; Strahlender Frohsinn sein Krönlein euch flicht — Sagt — hört ihr das Flüstern und Raunen nicht: „Dona eis requiem?“ Schütteln die Kleinen die lockigen Köpfe, Flattern die Röcke und fliegen die Zöpfe, Schlingt sich der Reigen zu hüpfender Weise — Doch unter den Tritten, da seufzet es leise: „Dona eis requiem!“ Singt nur! Die Vöglein im molligen Neste, Duftenden Frühlings willkommene Gäste, Zwitschern ihr Liedchen ja auch dem Mai; Drum singt nur und jubelt! Bald zieht er vorbei. — Dona eis requiem! Ich will dich sehn und lauschen — Schrill bricht die Weise ab. Ich hör die Weiden rauschen Im Wind auf deinem Grab. Isabelle Kaiser Alte Weise Ich spiel' die alten Lieder Aus sehnsuchtsheißem Drang — Da hör ich plötzlich wieder Der Violine Klang. Als ob dein Haupt sich neige Wie einst im Jugendland — Und über deine Geige Streicht eine Geisterhand. Ich will dich sehn und lauschen — Schrill bricht die Weise ab. Ich hör die Weiden rauschen Im Wind auf deinem Grab. Mein Schwesterlein An meine Schwester Fatime Oft schleichst du in mein Kämmerlein In tiefer Nacht so still herein, Als ob der Mond erscheine: „Was treibst du hier so ganz allein?“ Ach! Schwesterlein, mein Schwesterlein, Ich klag um dich und weine! Und wenn ich dich umfassen will, Auf daß mein Aug sich heiß und still An deinem Anblick labe, So halt ich bebend nur im Arm Den Mondenstrahl. — Wie bin ich arm, Seit ich dich nicht mehr habe! Oft grüß ich dich, mein Schwesterlein, Wenn hoch, hoch über Berges Rain Die Firne Lichter blinken. Und wüßt ich, wo mein Christus ruht, Ich liefe barfuß durch die Flut Und ohne zu versinken. Und klagen würd' ich ihm mein Leid, Und schrill durch alle Ewigkeit Ertönte da mein Flehen: — „O wecke auf mein Schwesterlein Wie einst Jairus' Töchterlein, Daß wir uns wiedersehen!“ Die erste Nacht Jetzt kommt die Nacht, die erste Nacht im Grab. O wo ist aller Glanz, der dich umgab? In kalter Erde ist dein Bett gemacht. Wie wirst du schlummern diese Nacht? Vom letzten Regen ist dein Kissen feucht, Nachtvögel schrein, vom Wind emporgescheucht, Kein Lämpchen brennt dir mehr, nur kalt und fahl Spielt auf der Schlummerstatt der Mondenstrahl. Die Stunden schleichen — schläfst du bis zum Tag? Horchst du wie ich auf jeden Glockenschlag? Wie kann ich ruhn und schlummern kurze Frist, Wenn du, mein Lieb, so schlecht gebettet bist? O wie ein Ton noch zittert in der Luft O wie ein Ton noch zittert in der Luft, Wenn schon die Saite sprang, die ihn geboren, So leb ich weiter, seit ich dich verloren: Ich atme, wandle noch auf deiner Gruft. Noch kann ich gehn, wohin dein Mahnen ruft, Dem Wege treu, den du und ich erkoren — Doch summt's wie Grabgeläut mir um die Ohren, Und wo ich bin, umweht mich Moderduft. Der Balsam, der aus allem Leben quillt, Mir frommt er nicht, mich lüstet nur nach Erde, Nach kühler Erde, die auch dich gestillt. Vergebens lockt des Ruhmes goldner Schein, In dem ich nie mit dir mich sonnen werde — Mein ganzer Ehrgeiz ist, dir gleich zu sein. Ein Schatten du — im Licht mein Aufenthalt! Ein Schatten du — im Licht mein Aufenthalt! Mein Herz schlägt warm und deins ist starr und kalt! Mein ist der Tag, das Heute reich und jung, Du bist ein Traumbild, bist Erinnerung. In allen Adern glüht mir warmes Leben, Und kann dir nichts von meiner Fülle geben! Nach dir durchirrt mein Aug' die Sternenflur, Durch alle Welten such' ich deine Spur. Kein Blümchen hat die Erde, die dich deckt, Kein Licht die Sonne, die dich nicht mehr weckt. Die Phantasie, die schimmernd dich bestrickt, Hab ich dir nach ins Reich der Nacht geschickt, Denn seit auf deine Stirn die Scholle fiel, Ward dieses Leben mir zum Schattenspiel. Memento I. Laut rauscht an deinem Grab vorbei die Zeit, In heißen Stürmen bebt das Menschenherz, Und neue Sehnsucht zieht am Himmel auf, Du aber träumst dich in Vergessenheit. All deine Pflichten sanken von dir ab, Du liegst in Ruh und tiefer Schweigsamkeit, Und deine Augen hebst du nicht empor, Wenn wir dich suchen am verwachsnen Grab. Wir aber tragen unsrer Tage Last Und unsrer Herzen ungestillte Qual, Und all die Sorgen, all das Alltagsweh, Das du mit Lächeln längst vergessen hast. Wir mühen uns, durch so viel staub'ge Zeit In uns zu wecken noch dein Angesicht Und deiner Augen güt'gen Liebesstrahl, Und deines Todes bittres Abschiedsleid. Wir sind zu schwach. Du ruhst und schläfst zu schwer, Dein Todesschweigen ist so lang und tief, Du wanderst fern in einer andern Welt Und hörst der Sehnsucht bangen Ruf nicht mehr. II. Hörst du mich nicht? — Du hast mich doch geliebt? Du nur allein von allen, die da gehn. Hörst du mich nicht? Hörst du den Angstschrei nicht, Der von der Seele wie ein Funken stiebt? Weißt du denn nicht — wie schwer die Einsamkeit? Führt denn kein Weg aus deinem Land in meins? Ließ deine Seele ihres Lebens Glut, Und geht kalt lächelnd in der Ewigkeit? Ist das gestorben, was das Höchste war? Und liegt die Liebe unterm Marmelstein, Starr und vermodernd mit des Leibes Rest, Tot und begraben nun auf immerdar? Ach — heißest mich nicht in Ergebung gehn, Weil es ein Los ist, das uns alle trifft, Weil es so war von allem Anbeginn — Ich aber werd es nimmermehr verstehn. Schattenbild vergangener Zeiten Den Morgenhimmel färbt ein mattes Rot — Den Morgennebel hebt der helle Tag, Der helle Tag. Ich geh allein hinaus mit meiner Not Und such und seh, ob ich dich finden mag Am hellen Tag. Das goldne Feld erglänzt im Sonnenstrahl, Und in der Heide blüht das Heidekraut. Da fielen weiche Klänge durch die Luft, So sehnsuchtsvoll! Es ist ein Gruß von dir, Ein Gruß von dir! — Wie kenn ich sie! Wie kenn ich den, der ruft. Und wär ich tot, der Ruf käm' doch zu mir, Ein Gruß von dir. Das goldne Feld erglänzt im Sonnenstrahl, Und in der Heide blüht das Heidekraut. O Gott, du bist's! Du brichst mir ganz das Herz, Laß sein, laß sein! Find ich dich überall? Ach, überall! Du schweigst und siehst so traurig niederwärts, Ach hört' ich deiner Stimme süßen Schall Ein einzig Mal! Das Feld erglänzt im goldnen Sonnenstrahl, Und auf der Heide blüht das Heidekraut. Du sprachst! Jawohl, du sprachst — ich hab's gehört. Hätt'st du doch nie gesprochen so in Schmerz! Ach, so in Schmerz! Was tat ich nur? War ich denn ganz betört? Laß sein, laß sein, du brichst mir ja das Herz, Ja, ganz das Herz. Das goldne Feld erglänzt im Sonnenstrahl, Und in der Heide blüht das Heidekraut. Weiche, lieber Schatten, weiche Weiche, lieber Schatten, weiche, Störe nicht des Tages Leben! Ist dir doch der Traum ergeben, Daß dein Bild mir nicht erbleiche. Gehe zu den Toten, gehe, Wo ich dir den Platz gewiesen. Will ich leben und genießen. Kann ich's nicht, wenn ich dich sehe. Das Leben ist so klein Das Leben ist so klein, der Tod so groß Es schüttet seine ganze Blütengabe Dem übermächt'gen Feinde in den Schoß Und reißt sich blutend unter Tränen los Vom Grabe. Doch leuchtend über Tod und Leben spannt Die Liebe ihren ew'gen Regenbogen; Sie hat das einzige, das ew'ge Band Hinüber in das unbekannte Land Gezogen. Sie folgt dem Scheidenden zur Gruft hinab Und legt sich stumm und sehnend ihm zur Seite; Sie bleibt bei dem Verlassenen auf dem Grab Und zieht mit ihm am dunklen Wanderstab Ins Weite.