Der bey Dreßden auf dem Dorffe Prießnitz grausam-verübte Nacht-Mord/ Welchen drey Mörder an einem inwohnenden Bauer daselbst begangen: Der Aussage und schrifftlicher Zeugniß nach alles gar genau und richtig beschrieben Jn diesem 1693 sten Jahre. A M 29. Aprilis dieses 1693sten Jahrs des Nachts gegen 12. Uhr haben drey Mörder in Georg Pietschens Bauer- hoff allhier zu Prießnitz gewaltiger Weise eingebrochen/ und erstlich den Kettenhund erwürget/ umb ihr böses Vorhaben desto sicherer zu bewerck- stelligen; Dann haben sie die Knechte in dem Stalle versperret/ und so fort ins Hauß gebrochen; da denn der eine unten im Hause Woche halten müssen/ die zwey andern aber den Mann in seiner Schlaffkammer mör- derischer Weise überfallen/ und derogestalt mit Hauen/ Stechen und Schlägen so erbärmlich verwundet und zugerichtet/ daß er folgendes Tages seinen Geist mit grossen Schmertzen jämmerlicher Weise auffgeben müssen. Ob nun wohl die deßfalls höchstbestürtzte und er- schrockene Frau/ welche noch unten in der Stube gewe- sen/ und den Tumult mit grossen Erstaunen angehö- ret/ diesen zween Mördern entsprungen/ und ihr Leben aus ihren blutigen Händen vermeinet errettet zu haben/ so fället sie doch wieder alles vermuhten zu ihrem grösserm Unglück/ als sie auß der Stube gehen/ und sich des Tumults wegen erkundigen wollen/ dem dritten Mörder/ welcher unten im Hause auffpasset/ in seine mörderische Hände/ der sie denn mit solcher Furie anfället/ und mit Hauen und anderer Grau- samkeit derogestalt verwundet/ daß es ihr/ wo sie sich nicht durch Gottes sonderbaren Schutz auß seiner Gewalt entrissen/ also ergangen wäre als ihrem Manne; Auß grosser Angst aber/ weil die andern zweene Mörder/ die dem Manne schon genug gegeben/ auch darzu kamen/ und über sie her wollen/ springet sie in in die Mistpfütze/ und fühlet sich mit schreyen und ruffen darinnen so lange herumb/ biß es endlich Lärmen wird, worauff sich denn die Mörder mit ihrer gestohlen Beu- te/ welches sich ohne andere Sachen auff ein ziemlichs baar Geld belaufft/ mit der Flucht falvi ret. Wer aber die Mörder gewesen sind/ weiß man noch zur Zeit nicht/ vermuhtlich aber mögen sie ge- naue Kundschafft von des Mannes Zustand und Ver- mögen gehabt haben/ und wie die Frau aussaget/ hätten sie graue Röcke getragen/ dieses mag wohl seyn/ alleine bey der Nacht sind alle Katzen grau oder schwartz. Die Frau lässet sich an ihren empfangenen Wunden wieder curi ren/ und hoffet man/ daß es eben keine son- derliche Lebens-Gefahr mit ihr habe. Die entsprunge- nen Mörder aber werden schon zu rechter Zeit ihren verdienten Lohn empfangen/ ob sie gleich jetzo noch nicht offenbahr sind/ so bleibet gewißlich nach dem alten Sprichwort nichts so klein gesponnen/ es kömmt an die helle Sonn; Dergleichen Exempel könte man so wohl aus denen alten als neuen Geschichten zur Gnüge anführen/ wie nehmlich der nagende Gewissens-Wurm solche boßhafftige und Sinnlose Mörder so lange und dermassen gequälet/ daß sie ihre That selbsten offen- bahret. Jch erinnere mich hierbey einer sonderlichen Geschicht eines Mörders/ die sich vor weniger Zeit in ei- nem gewissen Ampte des Thüringischen Kreyses mit demselben zugetragen: Als es ward auff eine Zeit von denen Fischern ein entleibter Cörper in der Unstrut ge- funden/ da anfänglich diesen wegen einiger Verwesung niemand erkennen können/ so lange biß es kundbar wor- den/ daß sich ein Schüler verlohren/ welcher selbiger Gegend auff einer Schule frequenti ret/ und aber nie- mand anders gewust/ daß er in sein Patriam gereiset/ da man man auch hernach nicht unrecht raisoni ret/ es müste der entleibte Cörper der verlohrne Schüler gewesen seyn/ wie ers denn auch/ wie man hernach erfahren/ war- hafftig gewesen ist. Den Mürder aber wuste niemand/ und ohngeachtet man wohl auff einige gemuthmasset/ die Obꝛigkeit auch wegẽ einiger Indicia ex officio inqui- ri ret/ aber vergeblich/ biß endlich ein verwegener Bube gewisser Beschuldigung wegen/ in gefängliche Hafft ge- bracht/ und gegen ihn inquiri ret/ worinnen er zwar un- schuldig erfunden worden; Weil aber der Amptschös- ser als ein kluger und scharffer Mann ihn hart zugesetzet/ und von ihm begehret/ er solte sein Hertz entblössen/ wel- ches er auch frecher massen gethan/ so befindet sichs/ daß er ein fein klahr Hembde auff dem Leibe hat/ worein ein frembder Nahme genehet; Hierauff setzet ihm der Amptschösser ferner zu/ und fragt ihn/ woher er das Hembde genommen/ das sey auff seinem Miste auch nicht gewachsen/ der Kerl erschrickt und kan kein Wort mehr antworten/ darauff steckt man ihn wieder bey/ und untersucht den in das Hembde geneheten Nahmen/ so befindet sichs/ daß es des entleibten Schülers Nah- me ist; alsdenn wird mit schärfferer Inquisition gegen ihn verfahren/ und gesteht er ungemartert/ daß er den Schüler erschlagen habe/ in Meynung/ Geld bey ihm zu finden/ habe aber mehr nicht als 6. Groschen bey ihm gefunden. Darauff hat man ihm mit dem Rade seinen verdienten Lohn gegeben: Anders zu geschwei- gen. Und entgehẽ solche Mörder auch gleich der zeitlichẽ Straffe/ so werden sie doch der ewigen Quaal nimmer- mehr entkommen/ noch weniger entspringen können.