D. Johann Gottlieb Gleditsch Koͤnigl. Preuß. Professors und ordentlichen Mitgliedes der Akad. der Wissensch. wie auch der Gesellschaft naturforschender Freunde, und vieler auswaͤrtigen Akademien, vermischte botanische Abhandlungen, herausgegeben und mit einer Vorrede versehen von D. Karl Abraham Gerhard Koͤnigl. Preußischen Geheimen Ober-Finanz-Kriegs- und Domainenrath. Erster Band . Berlin, 1789 . In Commission bey Siegismund Friedrich Hesse. Vorbericht . S chon in einer Vorrede zu einigen kleinen Abhandlungen des verstorbenen Hofrath und Professor Gleditsch, welche sich noch unter der Presse befinden, habe ich dem gelehrten Publi- kum versprochen, die noch vorgefundenen Ar- beiten des seligen Mannes durch den Druck be- kannt zu machen. Dieses soll jezt mit einigen botanischen Ab- handlungen geschehen, welche den ersten Band ausmachen werden. Diesen werden noch ei- nige kleine vermischte Schriften folgen, um da- durch Liebhabern in diesem Fache Gelegenheit zu geben, ihren angefangenen Fleiß und Arbeit weiter auszufuͤhren und fortzusetzen. Es Es ist in diesen Abhandlungen keine Ver- aͤnderung vorgenommen, sondern alles nach des seligen Mannes eigenen Aufsatz beybehalten wor- den. Die mehresten Aufsaͤtze sind bey der Koͤnigl. Akademie der Wissenschaften vorgelesen, groͤß- tentheils aber in den Memoiren der Akademie noch nicht gedruckt worden. Gerhard Koͤnigl. Geheimer Oberfinanz-Kriegs- und Domainenrath. Inhalt. Inhalt . Z ufaͤllige Gedanken uͤber den Blumenstaub, und die durch ihn bewirkt werdende Befruchtung bey den Pflan- zen. S. 1 Physikalische Beobachtung des Blumengriffels, als ei- nes zur Befruchtung des Saamens gehoͤrigen Haupt- theils. S. 40 Beytrag zur natuͤrlichen Geschichte der Moose. S. 60 Fortsetzung des Beytrags zur natuͤrlichen Geschichte der Moose. S. 89 Beschluß des Beytrags zur natuͤrlichen Geschichte der Moose. S. 125 Zufaͤllige Gedanken uͤber einige Versuche, Beobachtun- gen und Meynungen der neuern Naturforscher, die natuͤr- liche Befruchtung der Gewaͤchse betreffend. S. 145 Neueste Nachrichten von einem schaͤdlichen nordameri- kanischen Gewaͤchse, und denen hier im Lande dadurch ver- ursachten besondern Zusaͤllen . S. 162 Gedan- Gedanken uͤber die physikalischen Kennzeichen der wah ren Kraͤuter, und der davon verschiedenen Staudengewaͤchse, insofern sie sich aus der Naturordnung und Erfahrung be- stimmen lassen. S. 200 Physi s jch- oͤkonomische Gedanken uͤber die sichere Wir- kung der sauern Arzeneymittel bey heftigen Viehseuchen und Zufaͤllen, die ihren Grund in einer boͤsartigen, zur innern Faͤulniß, Entzuͤndung und Ausschlaͤgen geneigten Schaͤrfe des Blutes und einer verdorbenen Galle haben, nach den neuesten daruͤber angestellten Versuchen. S. 222 Neuer Beytrag zur Geschichte der natuͤrlichen Fort- pflanzung der Landeichen in unsern Forsten, durch Ver- suche und Bemerkungen begruͤndet. S. 241 Zufaͤl- Zufaͤllige Gedanken uͤber den Blumen-Staub , und die durch ihm bewirkt werdende Befruchtung bey denen Pflanzen. D er Blumenstaub, welcher sonst unter dem Na- men des beschwaͤngernden oder befruchtenden Stau- bes, wie auch des Blumenmehls bekannt ist, wird an- derweit genitura florum aut plantarum, semen masculum et florale, ferner pollen, pollen anthe- rarum, pulvis floralis et antherarum, und endlich essentia florum von etlichen genennet. Er bestehet aus einer Menge von uͤberaus kleinen und hohlen A Saa- Saamengefaͤßen, wie die Vergroͤßerungsglaͤser zei- gen, in denen eine hoͤchst zarte Substanz von ganz besonderer wirksamer Art enthalten ist, deren Un- tersuchung und wahre Bestimmung unsern Sinnen wo nicht ganz, doch zum Theil fast unmoͤglich, oder wenigstens uͤberaus schwer faͤllt, und dahero, wie es scheinet, noch lange Zeit, auch wohl groͤßten- theils, verborgen bleiben duͤrfte. Dieses nur er- waͤhnte vegetabilische befruchtende Saamenwesen wird in denjenigen kleinen besondern organischen Blumentheilchen erzeuget, ernaͤhret und zu seiner Vollkommenheit gebracht, welche durch ihre erstau- nende Menge den sogenannten Blumenstaub eigent- lich ausmachen, und in ihnen so lange aufbehalten, bis es endlich bey gewisser Gelegenheit und auf ei- nen bestimmten Zeitpunkt mit eben solcher Gewalt und Geschwindigkeit partienweise heraus faͤhret, als das verduͤnnte Wasser aus einer erhitzten Dampfkugel. Angezeigte kleine Saamengefaͤßgen sind alle- zeit hohl, und sitzen nach einer besondern regelmaͤßi- gen Ordnung auf uͤberaus kurzen und zarten Faͤden an der ganzen innern Flaͤche der Blumen-Staub- kapseln, ( antherarum ) dermaßen dicke an einan- der, daß sie dieselbe voͤllig bedecken. Bey der na- tuͤrlichen Eroͤfnung der antherarum werden sie un- ter der Gestalt eines Rauches oder Staubes, in dem sie ploͤtzlich herausschnellen, mit einiger Gewalt und Geschwindigkeit in großen Partien davon abgeris- sen, sen, welches so oft wiederholt wird, bis die ganze Blumenstaubkapsel davon leer geworden ist. Die Gestalt mehr gedachter kleiner Saamengefaͤßgen findet sich bey verschiedenen Blumengeschlechtern auch etwas verschieden, und bey den aͤhnlichen zei- get sich bald eine groͤßere bald eine geringere Gleich- heit. Insgemein bestehet aller Blumenstaub aus solchen kleinen Saamengesaͤßchen, Blaͤschen, oder Kuͤgelchen, wie man sie nennen will, welche voll- kommen rund, und dabey mit zarten Stacheln und Haͤkgen versehen sind. In etlichen Arten bestehet er aus doppelten Blaͤschen, oder auch laͤnglichrun- den, eyfoͤrmigen, durchbrochenen Platten und da- bey gezackten, ferner aus nierenfoͤrmigen, eckigten und irregulaͤrgewundenen Blaͤschen. Derjenige Blumenstaub aber, welcher in einer jeden einzelnen Saamenstaubkapsel beysammen ge- funden wird, oder auch in einer ganzen Blume oder Gattung von diesem Geschlechte, dieser ist bey natuͤrlichen Umstaͤnden allemahl von einerley Ge- stalt, Groͤße und Eigenschaft, ohne, daß sich von dem, was ich hier angegeben habe, jemahls das Gegentheil finden ließe; wie man sich denn da- von durch die Vergroͤßerungsglaͤser sehr leicht uͤber- zeugen kann. Was das in oftgenannten Gefaͤßchen enthal- tene hoͤchst zarte, wirksame und befruchtende Saa- menwesen betrift, das man im eigentlichen Ver- stande und mit mehrerem Rechte genituram flora- A 2 lem lem nennen koͤnnte, als, daß man dessen Huͤlse zu- gleich mit unter diesen Namen begreift; so zeigen die Vergroͤßerungsglaͤser ebenfalls, daß es eine sehr feine, durchsichtige, schleimige, etwas membranoͤse und wohl temperirte Masse sey, in welcher eine große Menge der allerzartesten und dunkelsten run- den Staͤubchen oder Koͤrperchen gleichsam einge- wickelt ist, die dem Auge durch ein gemeines Glas als die allerkleinsten Punkte vorkommen. Wenn nun die Staubkuͤgelchen von einer Feuchtigkeit be- ruͤhrt werden, so nimmt man gar bald wahr, daß das in ihnen verschlossene Saamenwesen in we- nigen Augenblicken innerhalb derselben in eine schnelle und heftige Bewegung geraͤth, im Heraus- schnellen die Kuͤgelchen dermaßen auseinander stoͤ- ßet, und, daß diese selbst nach Art der Billardku- geln gegen, an und untereinander fahren, im Her- umwalzen aber zerplatzen, ihre Gestalt und Groͤße zugleich in etwas veraͤndern, und mitten unter die- ser Revolution das schleimige und haͤutige Saa- menwesen von sich spruͤtzen, welches alsdenn außer denenselben dem Saamen einiger Wasserthiere uͤber- aus gleichet, wie solches von Mr. Needham ganz richtig bemerket worden ist; und wie ich verschiede- ne mahl wahrgenommen, so hat es sich eine Weile nach dem Heraussprutzen als eine sehr subtile, oͤhlige, punktirte Haut uͤber das Wasser gezogen, in wel- ches die Kuͤgelchen gelegt worden waren. Mr. Jussien hat auch von dem Staubmehle des Hanfs einen einen schwimmenden fetten Saft im Wasser aufspruͤ- tzen sehen. Ich muß gestehen, daß sich bey Betrachtung solcher Erscheinungen, und bey Ueberlegung so vieler uͤbereinstimmenden Umstaͤnde der Befruchtung, in der That viele Spuren von Aehnlichkeit und noch groͤßere Gruͤnde vor die Gleichheit der Generation zwischen denen Thieren und Pflanzen finden, sogar daß hitzige Naturforscher Muͤhe haben, ihre Ver- muthungen von gewissen Wahrheiten zu unterschei- den. Indessen werde ich ganz aufrichtig hier das- jenige vorlegen, und mit einigen gegruͤndeten Muthmaßungen unterstuͤtzen, was mir bey mei- nen Versuchen vorgekommen ist. Vielleicht wer- den diese die Meynungen, welche andere von der Befruchtung und dem befruchtenden Blumenstaube schon vor mir, oder mit mir zugleich gehabt, ent- weder in groͤßeres Licht setzen, oder doch wenigstens die dabey vorkommenden Uebereilungen und Schwierigkeiten mehr und mehr entdecken. Denn was ist wohl bey einigen Gelehrten leichter, oder vielmehr gewoͤhnlicher, als sich bey dergleichen Ver- suchen im Observiren und Schließen zu uͤbereilen, und aus Vergnuͤgen uͤber eine ungewoͤhnliche Neuigkeit Vermuthungen mit Wahrheiten zu ver- wechseln. Die eigentliche Befruchtung des Ovarii, wel- ches bey den Pflanzen durch den Blumenstaub in ihren Blumen geschiehet, ist eine Sache, die die A 3 Natur- Naturforscher sowohl in unsern gegenwaͤrtigen als kurz vorhergehenden Zeiten zu mancherley Versu- chen verleitet hat, unter welchen ihnen einige wohl gelungen sind, an vielen aber kann man aus sichern Gruͤnden zweifeln. Verschiedene haben uns zwar sehr vieles bereden wollen, das uns in Erstaunen setzen koͤnnte, wenn es wuͤrklich erwiesen waͤre; allein, bey genauerer Untersuchung ihrer Schrif- ten hat sich gefunden, daß die auctores, wie ge- woͤhnlich, zum Theil nicht selbst, oder ohne die Verschiedenheit des wahren Baues in denen Bln- men zu kennen, zum Theil aber, nicht mit der ge- hoͤrigen Vorsicht gearbeitet haben, sondern viel- mehr mit fremden Augen gesehen, und, aus an- derer Scribenten noch nie erwiesenen Versuchen uͤbereilte Schluͤsse gezogen, so, wie es der Vor- theil und die Beschaffenheit ihrer verschiedenen Lehrgebaͤude etwa zu erfordern geschienen. So gewiß indessen die Befruchtung des Ovarii durch den Blumenstaub bey den Pflan- zen an und vor sich ist, so ist sie dennoch noch lange nicht dermaßen ausgemacht, daß man von einer richtigen und ungezweifelten Theorie sprechen duͤrf- te? Das, was ich hier sage, wird niemand in Zweifel ziehen, der da weiß, daß wir zur Zeit we- der die wahren Eigenschaften, Kraͤfte und Actio- nen des befruchtenden Blumenstaubes, noch die wahre Beschaffenheit des Ovarii, nebst dessen Zu- behoͤr und andern Umstaͤnden recht gehoͤrig kennnen , wel- welche sich insbesondere in diesem organischen Blu- mentheile, bey und nach der vigoureusen Pro- jection des Blumenstaubes, nebst der uns noch nicht voͤllig bekannten Art des Eindringens dieses hoͤchst subtilen und wuͤrksamen befruchtenden Saa- menwesens nach einander zutragen. Vielleicht er- fahren wir von allen diesen kuͤnftighin nach aller an- gewandten Muͤhe nur das wenigste, vielleicht aber niemals das wesentliche? Was Malpighius, Jungius, Camerarius, Burghart, Rajus, Grewius, Vaillant, Mor- land und deren Nachfolger von allen Blumenthei- len sowohl uͤberhaupt, als von dem befruchtenden Blumenstaube und dem Unterschiede des Geschlech- tes bey den Pflanzen insbesondere vermuthet, geur- theilet und in oͤffentlichen Schriften abgehandelt, ist bekannt, und gar leicht abzusehen, wie diese Maͤnner aus der nach und nach mehr entdeckten Blumenstructur, und Untersuchung derer un- fruchtbaren und fruchtbaren Blumen, wenn sie auch nur ganz gemeine Erfahrungen dabey zu Huͤlfe genommen, auf ihre davon gehabte Gedanken ver- fallen muͤssen. Diesen Vorgaͤngern bin ich behut- sam gefolget, und habe durch Versuche so viel gefun- den, welches das, was sie davon schon vor mir ver- muthet gehabt, groͤßtentheils bekraͤftiget. Zu an- derer Zeit habe ich Entdeckungen gemacht, welche den erstern Erfindungen offenbar widersprechen; wenigstens habe ich aus ihren Erfahrungen und A 4 Ver- Vermuthungen diejenigen Schluͤsse nicht allezeit zie- hen koͤnnen, die sie geglaubet. Ich kann nicht sa- gen, welche von beyderley Erfahrungen, nehmlich denen bekraͤftigenden oder verneinenden, mir die an- genehmsten gewesen sind, da ich von ihnen den Nu- tzen gehabt, daß ich keiner Observation getrauet, wenn sie von mir nicht etlichemahl wiederholet wer- den koͤnnen, und daß ich mich vor unrichtigen Schluͤssen in Acht genommen. Demnach habe ich es gewagt, an vielen dergleichen Umstaͤnden, wel- che so oft vor ganz unstreitig ausgegeben worden sind, bis zu einem richtigern Erweise, noch auf ei- nige Zeit mit Grunde zu zweifeln. Mr. Needham, welcher seine Versuche mit vieler Vorsicht angestellet, und seine mikroskopischen Entdeckungen mit großer Bescheidenheit mitgethei- let hat, scheint den Eifer derer Forschenden uͤber vorerzaͤhlte Umstaͤnde ganz von neuem rege gemacht zu haben, da er allem Ansehen nach, zu einer meh- rern Erkenntniß des Blumenstaubes und der daher entstehenden Pflanzenbefruchtung einen so guten Beytrag gethan hat, fast zu gleicher Zeit, da ich mit eben dergleichen Arbeiten beschaͤftiget gewesen bin. Dahero glaube ich nichts uͤberfluͤßiges zu thun, wenn ich dessen Entdeckungen und Muthma- ßungen in gegenwaͤrtiger Abhandlung mit den mei- nigen vergleiche, und mich uͤber diejenigen Punkte erklaͤre, in denen ich mich vor der Hand noch von von ihm in etwas abzugehen genoͤthiget gesehen habe. Wenn man nun also das, was der beruͤhmte Leuwenhoek schon ehemals von seinen sogenannten Saamenthierchen bey verschiedenen maͤnnlichen Thieren wahrgenommen, und, was Mr. Needham von den Milchgefaͤßen des Calmars entdeckt hat, hier annimmt, und als gewiß voraussetzt, und bey- derley Entdeckungen mit den Umstaͤnden von dem befruchtenden Blumenstaube, in so weit uns solche bekannt worden sind, behutsam vergleichet; so wird man an der Aehnlichkeit der Generation, die sich zwischen den Koͤrpern des Thier- und Kraͤuter- reichs findet, wenige Ursache zu zweifeln haben, wie oben bereits gedacht worden ist. Denn, man beliebe nur das, was uns Mr. Needham von den Milchgefaͤßen des Calmars gesaget, wohl zu er- waͤgen, und gegen die Umstaͤnde zu halten, welche sich bey denen mit Wasser angefeuchteten Blumen- staube oder Staubkuͤgelchen ereignen, als: 1) Die bey beyderley Saamenkoͤrperchen an- gemerkte innerliche und aͤußerliche Bewe- gung. 2) Das Auseinanderwickeln und Zerreißen dieser Koͤrperchen. 3) Die drauf folgende Veraͤnderung ihrer Ge- stalt und Lage; so wird man von selbst auf eine gewisse Ueberein- stimmung eines innerlichen verborgenen Baues A 5 oder oder Mechanismi verfallen, der sich wahrscheinli- cherweise bey beyden befinden muß; folglich wird man kaum zweifeln, daß der Blumenstaub mit den Milchgefaͤßen des Calmars, ingleichen den Leuwen- hoͤckischen Saamenthierchen einen sehr aͤhnlichen Nutzen und Gebrauch haben koͤnnen. Daß indessen nur gedachte Bewegung, nebst dem Auseinanderwickeln, Zerreißen und der Ver- aͤnderung der Gestalt und Lage bey den Saamen- thierchen nach Leuwenhoͤks Vermuthung von der großen Subtilitaͤt derselben entstehen sollte, dage- gen streitet dessen eigener Versuch, nach welchem er dieselben 5 Monate hindurch auf einer Glaßtafel conservirt haben will, wie ihm Mr. Needham ganz recht zur Last leget. Auch bey den Staubkuͤgel- chen koͤnnte dieser Umstand nicht dargethan, noch we- niger aber als ein Grund von ihrer Bewegung an- gegeben werden, weil sie nehmlich, wenn sie nicht mit Wasser befeuchtet werden, uͤberaus dauerhaft sind; wovon man den Umstand besonders zu mer- ken hat, welchen Hr. Prof. Ludwig zu Leipzig in Dissert. de Sexu Plantarum, von der bey den Moh- ren gewoͤhnlichen Art die Palmen zu befruchten, anfuͤhrt, und in meiner Abhandlung de foecundatione artificiali in Palma dactylifera foemina, folio fla- belliformi suseepta ein mehreres finden wird. So- bald aber die Kuͤgelchen ins Wasser kommen, und in Bewegung gerathen, so scheinet es, als ob sich die Menge von hoͤchst subtilen athomis sper- mati- maticis auf einmahl auf das schnellste aus ihrer schleimig membranoͤsen Matrize und mit Gewalt ab- reißen und auswickeln wollte, welches in einer feuchten Luft nicht geschiehet, und also ihre Dauer- haftigkeit mehr bestaͤtiget. Was aber die oft erwaͤhnte Aehnlichkeit der Generation bey dem Thier- und Pflanzenreiche be- trift, welche sich so verschiedentlich offenbaret, so ist es gut, wenn man weder dieselben weiter an- nimmt, noch extendirt, als sie wuͤrklich erwiesen ist, und also mit den Observationen behutsam verfaͤhrt, so wie man denn den wesentlichen Unterschied beyder Naturreiche bestaͤndig vor Augen haben muß, um sich eben dadurch in seiner Untersuchung und Beur- theilung dieser Aehnlichkeit richtige und der Natur gemaͤße Grenzen zu setzen; außerdem wird uns die Einbildung leicht auf falsche und unnatuͤrliche Vor- stellungen von einer solchen Aehnlichkeit leiten, wel- che im eigentlichen Verstande niemahls existirt, und wir muͤssen endlich auf das Laͤcherliche verfallen, zuletzt aber gar außer den Zirkel der Naturlehre ge- rathen, nicht zu gedenken v. gr. gaudia florum, Sponsalia plantarum legitima, aperta und clande- stina, aestruvenerem plantarum, adveterium ne- cessarium mariti, coniuges, meretrices vegetabiles cet. dergleichen etlichen an sich sonst großen und verdienten Maͤnnern, als zu weit getriebene Fiktionen noch dann und wann vorgeworfen werden wollen; welche Umstaͤnde sich indessen auf ziemlich leb- lebhafte Vergleichungen und Gleichheiten gruͤnden, wenn man davon etwas freundlicher und bescheide- ner urtheilen will. Unterdessen da die Erzeugung der Pflanzen und ihre Befruchtung durch den Blumenstaub in der Naturlehre einen wichtigen Punkt ausmacht, so muß sie sich nothwendig auf wichtige Observatio- nen gruͤnden, und durch dergleichen bestimmt wer- den, indem bloße Conjecturen oder auch an- dere nur scheinbar mit einander uͤbereinstimmende Fictionen, die mit Gewalt herbeygezogen werden, hier nicht gelten koͤnnen; es mag im uͤbrigen mit den Entdeckungen in einer so wichtigen Sache so sparsam hergehen, als es immer will. Vor allen Dingen muͤssen wir, um des rechten Zwecks nicht zu verfeh- len, uns anlegen seyn lassen, diejenigen Theile in den Blumen, mit denen in ihnen enthaltenen we- sentlichen Substanzen, und ihren Functionen, wel- che zur Foͤcundation bey denen Pflanzen das ihrige beytragen, genauer kennen lernen; denn diese sind uns noch nicht so, wie man sich etwa einbilden koͤnnte, und so weit es zu unserem Endzweck noͤthig ist, be- kannt genug. Was den Blumenstaub insbesondere angehet, hat Mr. Needham meinen Beduͤnken nach nicht uͤbel geurtheilet, wenn er saget, daß man die Vermuthung wegen einer so scheinbaren Aehn- lichkeit, die sich bey der Generation zwischen den Thieren und Pflanzen findet, bald zu mehrerer Ge- wiß- wißheit bringen wuͤrde, wenn man eine groͤssere Art desselben zur Untersuchung haben koͤnnte, oder, wie er sich eigentlich daruͤber auszudruͤcken beliebet: „er zweifle nicht, daß seine Conjectur nicht „sollte zu verschiedenen Aufschluͤssen dienen, „mit welchen man dieselbe ins kuͤnftige wuͤrde „vermehren koͤnnen, wenn man dahin gelan- „gen sollte, auf etliche Pflanzen einen solchen „Staub ( pollen antherarum ) zu entdecken, „welcher in Absicht auf denjenigen, den man „gemeiniglich auf den Pflanzen bemerket, eben „so groß waͤren, als die Milchgefaͤße des Cal- „ mars, in Absicht auf die Saamenthierchen „sind. Alsdenn (faͤhrt er fort) wuͤrde man „im Stande seyn, weit richtigere Observatio- „nen uͤber die Beschaffenheit des Blumenstau- „bes zu machen, und mit seinen eigenen Au- „gen so etwas zu sehen, worauf man jetzo kei- „ne andere als nur noch muthmaßliche Schluͤsse „ziehen kann, NB. wegen der Kleinigkeit „ der Kuͤgelchen, woraus dieser Staub be- „ stehet. ‟ Wenn man bey der Untersuchung und Er- kenntniß des Blumenstaubes blos allein beruhen kann und will, so wird hier wenig zu erinnern seyn, nicht aber, wenn es von der ganzen Foͤcundation und Generation gelten soll, als, wozu das pistil- lum mit seinen Theilen gehoͤrt, und dennoch werden sich dabey solche Schwierigkeiten ereignen, die sich durch durch mikroskopische Entdeckungen wohl nicht alle- zeit heben lassen duͤrften; wie die Arbeiten einem jeden, der sie ohne Vorurtheile unternimmt, leicht zeigen werden. In Ansehung des Blumenstaubes muß die Erfahrung allerdings vor die Needhamische Meynung sprechen, indem die bekannten Arten desselben, sie moͤgen fein oder auch etwas groͤber seyn, nicht deutlich und hinreichend genug sind, daß sich durch sie etwas genau bestimmen ließe, wenn sie auch gleich eine blaue, dunkelrothe, braune oder schwarze Farbe haben; denn, hier muß die Groͤße allerdings nothwendig seyn. Es sind mir zwar mit einigen Arten des fei- nen Blumenstaubes, als von Chelidonio und Aqui- legia officinali auch andern noch feinern, die Ver- suche so wohl gelungen, daß ich die Bewegung und Veraͤnderung der Kuͤgelchen im Wasser habe sehen koͤnnen, indem ich etliche Tropfen mit einigen Vor- theil darauf gebracht habe, ohne, daß mein Auge waͤre verhindert worden, diejenigen wenigen Au- genblicke genau zu bemerken, in welchen die bewun- derungswuͤrdige Bewegung und Veraͤnderung an denen ins Wasser gebrachten Staubkuͤgelchen sich zu ereignen und sogleich wieder zu endigen pfleget. Aber, so etwas deutlich zu bestimmen, als hier ei- gentlich verlangt wird, dazu habe ich noch keine un- ter allen von mir zeithero untersuchten Arten des Blumenstaubes hinreichend gefunden. Es Es hat mich unterdessen eben wegen Erman- gelung einer solchen groͤßern Art des Blumenstau- bes sowohl die Cultur der Pflanzen, als meine Auf- merksamkeit bey dem jaͤhrlichen Einsammlen dersel- ben auf die Gedanken gebracht: ob man nicht etwa durch Kunst gewisse Arten von Pflanzen dahin brin- gen koͤnnte, daß sie groͤßere Blumen truͤgen, und in diesen groͤßere antheras und pistilla bekaͤmen? Unter denen Gartenpflanzen finden sich schon ver- schiedene, welche von Natur nicht allein große Blumen bringen, sondern auch in solche Abaͤnde- rungen ( varietates ) ausarten, welche noch weit mehr vergroͤßerte Blumen haben; dergleichen fin- den sich unter denen Tulipanen, Lilien, Kayserkro- nen, Kuͤrbissen, Glocken, Malven und andern, welche aus den Saamen besonders erzogen werden; auch sogar, unter denen Fruchttragenden Baͤumen, besonders dem Steinobste. Bey etlichen faͤllt diese Vergroͤßerung auf die ganze Blume uͤberhaupt, bey andern auf die Blumenblaͤtter oder auch dem Kelch, manchmahl alleine auf die antheras und den Blu- menstaub, oder nur auf das pistillum insbesondere, ohne, daß man dabey Mißgewaͤchse wahrnehmen koͤnnte. Ich muß bekennen, daß mir solche Varietaͤ- ten von vergroͤßerten Blumen bey mikroskopischen Versuchen die besten Dienste geleistet haben, beson- ders deswegen, weil ich bey ihnen das Ova- rium nicht allein viel besser beobachten koͤnnen, als bey bey andern, sondern auch, weil es mir verschiedene- mahle gegluͤckt, den Eingang in das Ovarium und selbst die unten im Stylo zunaͤchst am Ovario im Eindringen begriffene befruchtende Saamensubstanz aus den Staubkuͤgelchen genauer zu betrachten. Diese letztere Observation verdienet ihrer Wichtig- keit halber bey vielerley Blumenarten mit Vorsicht sehr oft wiederholet zu werden; denn, wenn sie von andern geschickten Maͤnnern verificirt werden sollte, so haͤtte man dadurch in der That in einer sehr wichtigen Sache einen großen Schritt gethan! Unter den wilden Pflanzen finden sich oͤfters auch besondere Abaͤnderungen, welche geringe, nie- drige Stauden, kleine magere Stiele und Blaͤtter, aber dabey 3 bis 4mahl so große Blumen als bey ihren natuͤrlichen Gattungen gewoͤhnlich sind, her- vorbringen; dergleichen finden sich insbesondere un- ter denen Gewaͤchsen, welche in Gebirgen und zwar in einer Gegend mehr, als in der andern, leben. Selbst die Betrachtung uͤber unsere Getreidearten bestaͤrken mich in meinen Gedanken, die ich von der durch die Kunst zu bewirkenden Blumenvergroͤsse- rung gehabt hatte, da sich durch die Cultur ihre Buͤschel, Aehren, Blumen und Saamen vergroͤs- sern, welche bey verabsaͤumter Cultur wieder ge- ringer und kleiner werden, daß daher die Fa- bel entstanden ist, der Weitzen und Rocken veraͤndre sich in Trespe. Da Da ich also in dieser Sache einige nicht unge- gruͤndete Beobachtungen vor mir habe, nach welcher die Pflanzen durch Cultur in allerley Erdboden, und durch verschiedene zufaͤllige Umstaͤnde dahin gebracht werden koͤnnen, daß sie bald ihre ganzen Blumen und Fruͤchte, bald nur deren einzelne Theile, gegen die sonst natuͤrliche Proportion, sehr ansehnlich vergroͤßern; da es auch ferner seine Richtigkeit hat, daß einige Blumen 1) Wegen der poroͤsen Textur ihrer Pflanzen, 2) eines in ihnen uͤberfluͤßigen kraͤf- tigen Nahrungszweiges halber, 3) in einem sehr fetten und wohltemperirten Boden, 4) insbeson- dere, unter denen, welche sich in den besten Fruͤh- lingsmonaten oͤfnen, vielmehr als andre zu einer Vergroͤßerung oder Extension geneigt sind; da man endlich aus der Erfahrung noch dieses beyfuͤgen kann, daß Baͤume welche sonst wegen Menge der Blumen und Fruͤchte dermaßen geschwaͤchet wor- den sind, daß sie kleinere Fruͤchte getragen, sobald ihnen zu rechter Zeit entweder das uͤberfluͤßige Tra- geholz genommen, oder die mehresten Bluͤthknospen ausgebrochen werden, groͤßere Fruͤchte und neue Zweige bringen: so fraͤgt es sich, ob man ihnen nicht durch Handgriffe in etwas zu Huͤlfe kommen koͤnnte, damit sie sich besonders im Ovario antheris und dem Blumenstaube vergroͤßerten? Da nun die Erfahrung gezeiget, daß dieses unterweilen von selbst geschehe, so wuͤrde man durch Versuche nach und nach vielleicht auf diejenigen B Spu- Spuren geleitet werden, die die Gelegenheit und wahren Ursachen einer solchen specialen Abaͤnde- rung der Blume endlich entdecken muͤsten. Diese Bemuͤhung wuͤrde in ihrer Art sich reichlicher ver- gelten, als viele andere, und durch die Entdeckung die groͤßesten Naturforscher uͤberaus verbinden, we- gen der gluͤcklichen Folgen, von denen uns Mr. Needham im vorhergehenden gleichsam einen Vor- schmack gegeben hat. Aus dem, was ich in dieser Abhandlung von dem Blumenstaube bereits angezeiget habe, wird man sich eines Theils von denen Ursachen leicht uͤberzeugen koͤnnen, welche eigentlich die Naturfor- scher antreiben, sich einen so merkwuͤrdigen Blu- mentheil so genau als moͤglich bekannt zu machen; anderntheils wird man auf die Nothwendigkeit die- ser Erkenntniß daraus schließen. Sobald man nun von oftgedachten Blumenstaube durch richtige Versuche eine naͤhere Kenntniß erlanget, so wird man bald einsehen, daß die Meynung, welche der beruͤhmte Tournefort zu seiner Zeit, ehe nehmlich noch der Nutzen der Blumentheile besser bekannt war, und nach ihm einige Anhaͤnger davon gehabt, dermaßen schlecht gegruͤndet sey, daß sie, wie ich aus der Betrachtung uͤber etliche Blumenarten bald zeigen werde, keiner muͤhsamen Widerlegung von noͤthen habe. Denn, woher laͤßet sich nach Mr. Tourne- forts Vorgeben behaupten, daß die Stamina oder Blu- Blumenstaubgefaͤße nichts anders bey den Blu- men sind, als eine Art von (excernirenden) ausfuͤh- renden Gefaͤßen? Woher weiß man ferner, daß die in ihnen befindlichen Staubkuͤgelchen nichts anders waͤren oder seyn koͤnnten, als ein Excrement oder Auswurf desjenigen Saftes, welcher sonst zur Nahrung der zarten Frucht bestimmt ist? Gewiß diese Meynung stehet auf schwachen Gruͤnden, nach welchen aber, wenn sie dennoch guͤltig seyn sollten, eben niemand besonders verdacht werden koͤnnte, wenn er das Ovarium auch vor ein vas excretorium florale hielte, und die darinnen befind- liche Saamen gleichfalls vor besondere Blumenex- cremente ausgaͤbe. Eine etwas aͤhnliche Beschaffenheit hat es beynahe mit einer ganz neuerlich bekannt geworde- nen Meynung, da man sich nicht gescheuet, von denen Blumen und Blumentheilen vorzugeben, als waͤren sie keine solche Partieen, welche natuͤrli- cherweise von den Pflanzen hervorgebracht werden muͤsten, sondern vielmehr solche, die aus einer feh- lerhaften Eigenschaft der Pflanzen entstuͤnden. Man muß sich billig wundern, daß bey so aufge- klaͤrten Zeiten, da nehmlich der Bau der Blumen zusammt ihren Nutzen, den sie bey der Befruch- tung, bey der Nahrung und der Erhaltung des Saamens haben, bekannter worden ist, wider sol- che Wahrheiten gehandelt wird, welche mehr na- tuͤrlich uͤbereinstimmendes enthalten, als daß sie B 2 mit mit bloßen Fictionen die doch selten uͤber etliche Monate lang unter den Gelehrten gelten koͤnnen, so- gleich uͤber den Haufen geworfen werden koͤnnten. Allein, was nennet man bey denen Pflanzen natuͤrlich? und was ist unnatuͤrlich oder fehlerhaft? und woher stehet es zu beweisen, daß Blumen und Fruͤchte unnatuͤrliche Pflanzenproducte sind? Wo- her weiß man, daß die Pflanzen ohne dergleichen jaͤhrlich zu bringen, natuͤrlicherweise bis ins unend- liche bestaͤndig haͤtten fortwachsen koͤnnen und sol- len? Woher kommt es, daß die Pflanzen bey Hervorbringung ihrer Blumen und Fruͤchte jaͤhr- lich einerley Ordnung halten, und in dieser einerley Structur bestaͤndig beybehalten? Kann man so et- was allgemeines etwas bestaͤndiges und gewisses wohl von einer fehlerhaften Eigenschaft erwarten? Was faget man zu dem Colchico, oder auch zu denjenigen Baͤumen, deren Blumen ihre Zweige nicht terminiren? Wie reimet man diese Meynung mit demjenigen ewigen natuͤrlichen Gesetze und Vermoͤgen vernuͤnftig zusammen, daß allen Pflan- zen gegeben worden ist, und, nach welchen jede Art ihre besondern Fruͤchte und fruchtbare Saamen tra- gen soll, und, wie wird es hier um die Folgen und Schluͤsse stehen, welche aus dieser vorgegebenen fehlerhaften Eigenschaft der Pflanzen auf andere noch wichtigere Wahrheiten gezogen werden koͤnn- ten und muͤsten. Gewiß, wenn man bey streiten- den Theilen bey oͤffentlichen Disputationen um be- sondere sondere Erdichtungen verlegen waͤre, so koͤnnte der- gleichen Fiction einem wohl in der Geschwindigkeit und aus Noth, um einen Praͤses und seinen Respon- denten konfus zu machen, helfen; aber, außerdem wird sich eigentlich kein Naturforscher damit das geringste zu thun machen, da sie sich durch bestaͤndige Wider- spruͤche von selbst widerleget. So ungegruͤndet aber dieses Vorgeben nur immer seyn kann, eben so muß die vorerzaͤhlte Meynung des Tourneforts einen Kenner des wahren Blumenbaues allezeit vorkom- men. Da ich nun den so genannten befruchtenden Blumenstaub zu einem Hauptvorwurfe meiner ge- genwaͤrtigen Betrachtung erwaͤhlet habe, dessen Mey- nung aber dennoch heute zu Tage gewissermaßen ihre Vertheidiger findet, so wird es nicht uͤberfluͤßig seyn, zu zeigen, daß sie weder in der Vernunft noch Erfahrung gegruͤndet sey. Der Blumenstaub bestehet, wie ich schon vorher gesaget habe, aus einer erstaunenden Menge der allerkleinsten organisirten uͤberaus dauerhaften Gefaͤße oder Behaͤltnisse, welche gemeiniglich die Gestalt eines Korns, Eyes, oder einer Kugel haben, und mit einer ganz besonders lebhaften, wuͤrksa- men, schleimigen, membranoͤsen und mehr oder weniger durchsichtigen Masse angefuͤllet sind. In dieser Masse lieget eine große Menge von den allersubtilsten athomis oder corpusculis sperma- ticis, welche darinnen gleichsam eingewickelt zu seyn scheinen. Wenn wir nun hierzu dasje- B 3 nige nige fuͤgen, was unsere Sinnen durch die Vergroͤ- ßerungsglaͤser von einer besondern Bewegung die- ses Blumenstaubes im Wasser entdecken, nebst dem, was theils mit dieser Bewegung zugleich ver- bunden ist, theils unmittelbar darauf erfolget; und wenn wir also gehoͤrig mit diesen angefuͤhrten Um- staͤnden diejenigen Begriffe vergleichen, welche man sich von allen und jeden nur erdenklichen trocknen oder fluͤßigen Arten von Excrementen immer ma- chen kann, die nehmlich zu verschiedener Zeit aus den Saͤften der Pflanzen separirt werden; so wird man darinnen dasjenige gewiß nicht finden, was Mr. Tournefort sich etwa von dem Blumenstaube vorgestellet haben mag. Es ist wahr, daß sich auf gewissen Arten von Blaͤttern und Blumen, in einem gewissen Alter, oder bey besonderer Jahrszeit und Witterung ein zaͤher durchsichtiger oder verhaͤrteter kuglicher Staub findet, welcher ganze Partien uͤberziehet, und bald Schleim, Harz, oder auch Zucker ist; allein der- gleichen Staub ist von dem wahren Blumenstaube in allen und jeden voͤllig unterschieden, daß man kaum glauben sollte, daß sich jemand darauf im Ernste beziehen koͤnnte. Indessen saget doch der große Stahl in Fundamentis Chymiae dogmaticae et experimentalis de semine Lycopodii. pag. 116. §. 44. interim nihil aliud est, quam tenerrima corticalis scobs, qua foliorum rudimenta prima alias stipari solent . Wer aber hat wohl jemahls beson- besonders construirte oder wirklich organisirte Excre- mente gesehen, die aus irgend einem Safte waͤren abgeschieden worden? Wollte man dem ohngeachtet die stamina pro organis florum excretoriis und den pulverem an- therarum pro excremento succi nutrititii teneri fructus ausgeben, so, wie solches von denen necta- riis florum propriis mit mehrerm Grunde gesche- hen kann, so wuͤrde man seine Meynung wenig- stens durch solche Exempel von Blumen wahr- scheinlich zu machen suchen muͤssen, bey welchen e. g. die stamina mit dem pistillo auf einem thala- mo oder receptaculo floris proprio und also in ei- ner Blume ganz nahe beysammen, oder doch nicht eben allzuweit auseinander stehen. Dergleichen Exempel koͤnnten aber doch nur denen vielleicht beym ersten Anblick vor die Meinung des Mr. Tourne- fort wahrscheinliche Zeugnisse enthalten, die sich we- der um structuram partium floris noch deren End- zweck und Nutzen sonderlich bekuͤmmern. Allein, wie wuͤrde man seinen Erweiß bey solchen Pflanzen gruͤndlich genug fuͤhren, deren stamina und pistilla nicht, wie bey denen vorherge- henden gesagt worden, in einem thalamo floris proprio mit einander verbunden sind, sondern viel- mehr, in verschiedenen durch besondere Schuppen, Federn, Wolle, oder blaͤtterige Scheidewaͤnde ganz von einander abgesonderten Blumen in einem tha- lamo und calyce communi neben einander stehen, B 4 der- dergleichen man bey den meisten Compositis und ih- ren verwandten Blumenarten sehen kann? Gesetzt, man gedaͤchte sich hier durch einige Fictionen von dem Erweise in etwas loszumachen, so bleiben dennoch zweyerley Hauptarten von Pflan- zen uͤbrig, welche die Sexualisten in ihrem Syste- mate Monoicas und Dioicas, andere aber Relativas nennen, in welchen die staubtragenden Blumen ganz und gar von denen getrennet sind, welche die pistilla haben. Mit den Blumen der erstern Art von Pflan- zen verhaͤlt es sich also, daß einige davon, welche nehmlich die antheras mit dem Blumenstaube tra- gen, ohne, daß darauf weiter eine Frucht erfolgen sollte, von den uͤbrigen abgesondert, und auf an- dern Zweigen hervorkommen, die andern Blumen hingegen, welche zwar auf eben der Pflanze, aber nicht nahe bey den erstern wachsen, sind bloß mit Pistillen versehen, und bringen ihre Fruͤchte, ohne daß die antherae mit ihnen in einem Kelche bey- sammen waͤren. Hierher gehoͤren unter andern, die Eiche, Else, Birke, Roth- und Weißbuche, Haselstaude, Tanne, Fichte, der Wunderbaum, nebst denen Kuͤrbissen, Gurken, Melonen, etlichen Grasarten, und dergleichen. Wie kann nun bey diesen Pflanzengeschlechtern das Staubmehl der Blumen vor ein Excrement aus dem zur Nahrung der zarten Frucht bestimmten Nahrungssafte ge- halten werden, da die Frucht und das Mehl auf vor- vorbesagte Art gar nicht in einer Blume beysam- men sind? Die letztere Blumenordnung begreift lauter solche Pflanzen unter sich, davon die staubtragen- den oder maͤnnlichen Blumen der einen natuͤrlichen Gattung allezeit in einer besondern Pflanze allein wachsen, und diejenigen, welche die Fruͤchte brin- gen, und daher weibliche Blumen genennet wer- den, in einer andern von der vorigen ganz und gar abgesonderten Pflanze hervorkommen. Derglei- chen hierher gehoͤrige Geschlechter sind unter andern folgende die bekanntesten: nehmlich, das Bingel- kraut, der Spinat, Hopfen, Hanf, der Wachol- der- und Ibenbaum, Melonenbaum, Weiden und Pappeln und etliche Arten des Palmbaumes. Diese Pflanzen werden hoffentlich genugsam im Stande seyn, den Ungrund von dem, was Mr. Tournefort von dem Blumenstaube vorgegeben, grundlich zu widerlegen; indem bey allen derglei- chen Pflanzen die Frucht und derjenige Saft, aus welchem der Staub excernirt worden seyn soll, nie- mahls beysammen gewesen sind. So schlechte und irrige Gedanken einige dem- nach in vorigen und neuern Zeiten von dem Blu- menstaube und dessen Nutzen gehabt, und noch ha- ben moͤgen, so sind die Naturkundiger aus sorgfaͤl- tigen Versuchen dennoch eines andern belehrt wor- den, bis auf sehr wenige, die entweder Sachen zu sehen verlangten, dergleichen selbst noch nicht ein- B 5 mahl mahl bey der Befruchtung der Thiere offenbar wor- den oder jemahls werden koͤnnen, oder aber, denen es, die Wahrheit zu sagen, an Gedult und Auf- merksamkeit gefehlt hat. Denn dieser Blumen- staub, der den Namen des befruchtenden mit allem Rechte erhalten, findet sich wie die Erfahrung zei- get, in natuͤrlichen Umstaͤnden, bey welchen er zu gesetzter Zeit allemahl da seyn kann und muß, bey allen und jeden bluͤhenden Pflanzen in besonders fuͤr ihm bestimmten und gebauten Gefaͤßen; in die- sen wird er sorgfaͤltig gebildet, verwahret, zu seiner Vollkommenheit gebracht, und so lange aufbehal- ten, bis er im Stande ist, durch seine gewoͤhnliche erstaunende Vivacitaͤt die Befruchtung des Ovarii zu bewirken. Alte und neuere Erfahrungen setzen das, was ich hier sage, außer Zweifel, und bekraͤf- tigen auf hunderterley Weise, so viel, daß er nie- mahls fehle, gefehlet habe, und fehlen koͤnne, wenn fruchtbare Saamen zugegen sind; im Gegentheil aber, wo er fehle oder unwirksam sey, oder durch einen Umstand von Seiten des Pistilli an seiner Wirkung verhindert werde, daß entweder lauter unfruchtbare Saamen erfolgen, oder aber, wie es bey verschiedenen Pflanzenarten oͤfters geschiehet, nicht einmahl Fruͤchte, als welches zweyerley ist. Daß sich indessen verschiedene von den neu angehenden Naturforschern einbilden, das Gegen- theil von dem, was hier gesaget worden ist, durch Gegenerfahrungen darzuthun, geschiehet aus sol- chen chen Ursachen, die ich in vorhergehenden schon be- ruͤhrt habe. Es werden allerdings Erfahrungen angestellet, aber sehr selten ganz ohne Vorurtheile, daß also dasjenige gar nicht gesucht und gefunden werden kann, was wider eine eigene vorgefaßte Meynung streitet, sondern fast allezeit das, was man eben zu sehen und zu erfahren zum voraus ge- wuͤnschet hat. Ich weiß wohl, daß etliche vorge- ben, als haͤtten sie in ihren Gaͤrten von den weibli- chen Pflanzen des Spinats, Hanfs und Bingel- krautes einen fruchtbaren Saamen gezogen, ohne, daß sich zu der Zeit ihre maͤnnlichen Pflanzen dabey be- funden. Ferner sagen sie, es gaͤbe in einigen morgen- laͤndischen und abendlaͤndischen Gegenden gewisse Palmen, welche Datteln truͤgen, ohne, daß sie, wie sonst in der Barbarey und andern Laͤndern ge- woͤhnlich ist, mit dem Blumenstaube auf eine kuͤnst- liche Art zuvor befruchtet oder bestreuet wuͤrden. Und hieraus, was sie als gewiß annehmen, und durch eigene Versuche angemerkt zu haben denken, glauben sie (ohne fernere Untersuchung, Auslegung und Anwendung der wahren Umstaͤnde) es sey die Lehre von der Befruchtung des Blumenstaubes ge- nugsam widerleget, und koͤnne fuͤr weiter nichts als ein Spielwerk passiren, womit sich die Gelehr- ten belustigen. Was soll man aber davon sagen, daß etliche von denen, welche den Nutzen des Blu- menstaubes durch Erfahrungen in oͤffentlichen Schrif- ten widerleget zu haben glauben, die maͤnnlichen, weib- weiblichen und Zwitterpflanzen offenbar miteinander verwechselt, folglich weder recht gekannt, noch mit Aufmerksamkeit untersuchet, als durch welches Versehen nothwendig der Lehre von der Befruch- tung der Blumen, wider die Absichten der Gegner, mehr Vortheil als Schaden zugewachsen ist. Ich kann also gar leicht zugeben, daß es wahr sey, daß die weiblichen Pflanzen des Spinats, Hopfens, und des Bingelkrautes in einem Garten Saamen tragen, ja fruchtbare Saamen getragen haben, und immer tragen koͤnnen, ohne daß maͤnn- liche Pflanzen in diesem Garten zugegen sind, oder, wie es weit wahrscheinlicher ist, gefunden worden sind; allein, da ich mich uͤber Umstaͤnde und Ursa- chen erklaͤren will, so wird man sehen, daß das oft- genannte Systema der Saamenbefruchtung im Pflanzenreiche, demohngeachtet bestehe und beste- hen koͤnne. Denn, nicht zu gedenken, daß sich ohn- geachtet aller Sorgfaͤltigkeit dennoch Pflanzen in ei- nen Garten, oder dessen Nachbarschaft und Ge- gend, so verstecken koͤnnen, daß sie nicht leicht ge- funden werden, und daß sich der Zufaͤlle halber nie- mand im Ernste anheischig machen kann, vor das Daseyn oder Wegseyn von etlichen Pflanzen auf 1 bis 2 Stunden weit zu stehen, so dienet außerdem fol- gendes, als eine gewisse Nachricht: nehmlich, daß man bey den maͤnnlichen Pflanzen sehr ofte einzeln oder auch haͤufiger gleichsam mit eingestreute weib- liche Blumen, und in den weiblichen Pflanzen ver- steckte steckte maͤnnliche finde, welches, wie es scheint, zu- mahl bey den weiblichen, gewiß aus einer ganz son- derbaren natuͤrlichen Vorsorge also geordnet seyn muß. Eben dieses findet sich auch bey allen sol- chen Pflanzen, bey denen sonst die maͤnnliche und weiblichen Blumen auf ganz von einander abgeson- derten Zweigen und Spitzen hervorkommen, so, daß bald die weiblichen Blumenzweige und Spitzen zugleich mit etlichen maͤnnlichen, bald die maͤnnli- chen mit weiblichen versehen sind. Daß aber etli- che wenige maͤnnliche Blumen eine ganze Men- ge weiblicher zu befruchten hinreichend sind, solches bezeuget die Beschaffenheit des in den Staubkuͤgel- chen enthaltenen Saamenwesens uͤberaus deutlich. Gesetzt auch, daß eine von allen maͤnnlichen Blumen voͤllig reine weibliche Pflanze des Spinats, Haufs, und Bingelkrautes in einen Garten vollkom- men fruchtbare Saamen braͤchte, ohne daß die sonst dazu gehoͤrige maͤnnliche Pflanze daselbst ge- funden wuͤrde; gesetzt, daß ferner die Lage des Ortes Luft und Wind abhielte, daß also der be- fruchtende Staub der weiblichen Pflanze nirgend- her koͤnnte zugefuͤhret werden, so kann dieses den- noch ganz unvermerkt durch die Bienen und an- dere Insekten geschehen, wovon uns zum Theil noch nicht einmahl bekannt worden, daß sie mit dem Blumenstaube also umgehen, und die ihrer Nah- rung sehr weit nachzufliegen gewohnt sind. Man kann dieses des Morgens sehr fruͤh gewahr werden, wenn wenn die Biene aus den starkbethauten Blumen, besonders an den Kuͤrbissen, denen Schoten- und Huͤlsentragenden Pflanzen, ingleichen an denen monopetalis anomalis labiatis und rictiformibus als Melisse, Origan., Lamium, Betonica, Antir- rhinum cet. ihren Honig und Blumenstaub abwech- selnd sammeln, da sie denn eine Menge dieses Staubes an ihren zottigen Gliedern mit sich fuͤhren, und im Aus- und Einkriechen damit an das pistil- lum anstreichen; wie ich hieruͤber bereits vor 10 Jahren etliche Monate hindurch besondere Anmer- kungen gemacht, und bereits in meiner kleinen Ab- handlung von dem weiblichen Zwergapfelbaume Er- innerung gethan habe. Und endlich ist ja noch ein sehr merkwuͤrdiger Umstand bekannt und richtig, welcher seiner Wich- tigkeit halber eben die Aufmerksamkeit erfordert, als alle vorhergehende, wovon des verstorbenen Hrn. Prof. Gmelins und Hrn. Linnaͤi akademische kleine Schriften nachgesehen werden koͤnnen, nehm- lich 1) daß diejenigen Pflanzen wegen natuͤrlicher uͤbereinstimmender Gleichheit der Structur in den Blumen so nahe verwandt sind, daß sie unter einem Geschlechte nothwendig stehen muͤssen, wie nicht weniger solche Pflanzen, welche in einer natuͤrlichen Klasse unter die naͤchst verwandten Geschlechter ge- hoͤren, daß diese sage ich, einander zufaͤlligerweise befruchten, ohne, daß eben die neuen von derglei- chen Befruchtung entstandenen Pflanzen allezeit eine eine gar zu merkliche Veraͤnderung aͤußerlich zeig- ten, außer in einigen, oder andern, da gemeiniglich plantae hybridae entstehen, und sich gar sehr von plantis naturalibus unterscheiden. Hier sind alle die Wege der Befruchtung, welches ohne Wunder- werk geschiehet und geschehen kann, wenn auch eine planta mere foeminea, ohne eine masculam in der Naͤhe zu haben, fruchtbaren und vollkommenen Saamen bringet, daß also Theoria foecundationis naturalis florum durch dergleichen unvollkommene Erfahrungen noch gar nicht widerleget. Was die vorher angezeigten Palmen betrift, so koͤnnen die weiblichen Pflanzen allerdings Fruͤchte bringen, ohne von dem Staube befruchtet zu seyn, aber doch nur solche, die 1) ihre vollkommene Groͤße nicht haben, 2) keinen guten Geschmack haben, 3) kei- ne fruchtbare Kerne enthalten, wie man hiervon die Erlaͤuterung in des Pair Labat seinen Schriften mit mehrern finden kann; etliche Palmen aber werfen die unvollkommenen Fruͤchte allezeit ab. Es giebt aber auch von der Palme, Chamaerops oder Cha- maeriphes genannt, eine Art mit Zwitterblumen, welche sich gegenwaͤrtig im botanischen Garten der K. Akad. der Wissenschaften befindet, und schon 1732 zu Leipzig im Bosischen Garten unter meiner Auf- sicht vollkommen reife Fruͤchte brachte. Demnach koͤnnen alle vorher angezeigten Be- fruchtungen der weiblichen Pflanzen unter angefuͤhr- ten Bedingungen und Umstaͤnden statt haben, ohne daß daß man allezeit eine besondre staubtragende Pflanze bey ihnen in der Naͤhe gewahr wird; daß also dar- aus verhoffentlich noch nicht erwiesen werden kann, wie andre sich und uns uͤberreden wollen, der Blu- menstaub sey zur Befruchtung der Pflanzen des- wegen unnoͤthig, weil diese ohne demselben na- tuͤrlicherweise von selbst geschehe und geschehen koͤnne. Demnach werde ich so lange den Blumenstaub vor einen der allerunentbehrlichsten Blumentheile halten, in welchen eine ganz besondere Secretion von der alleredelsten vegetabilischen Substanz ge- schiehet, bis mir durch ungezweifelte und unter mei- ner oder anderer glaubhaften Maͤnner Aufsicht ge- machten Versuchen, dasjenige, was man dagegen saget, klaͤrlich wird erwiesen seyn. Daß er aber, wie andere Theile zu denen Blumen wirklich ge- hoͤre und kein Excrement der Blumen sey, kann unter andern auch daher erhellen, weil er in den noch ganz unzeitigen Blumen, innerhalb den Keimen, Knospen, Augen, Zwiebeln, Knollen und Wurzeln vom Anfange mit der uͤbrigen Blu- me zugleich ordentlich gebildet wird, da der Begrif von einem Blumenexcremente noch nicht statt findet. Denn was nicht im kleinen schon wirklich da, oder gebildet ist, kann mit den andern Theilen nicht her- vorwachsen und sich vergroͤßern; da aber die Staub- kuͤgelchen gleich denen andern Blumentheilen wach- sen, so muͤssen sie als besondere Organe oder Be- haͤlt- haͤltnisse zu einer außerordentlichen Masse, die erst vor das kuͤnftige in ihnen abgesondert werden soll, schon bey der ersten und zarten Blumenbildung zu- gleich mit gebildet worden seyn, daß also außer de- nen Ausdehnungen denselben nichts fehlet. Von dem was ich hier sage, und wahrscheinlich vermuthet hatte, davon haben mich die mit den Vergroͤßerungsglaͤsern bey allerley Blumen gemach- ten Versuche sattsam uͤberzeuget, unter denen ich die von Knoll- und Zwiebelgewaͤchsen als die vor- zuͤglichsten gefunden habe. Zu meinen Versuchen habe ich mir von nur erwaͤhnten Arten vor andern solche gewaͤhlet, die gemeiniglich 1) große Blumen tragen, 2) nur eine, oder doch nur wenige Blumen auf einem Stengel beysammen haben, 3) in einer Blume weniger, aber groͤßere Blumenstaubkapseln als andre haben, als von Narcissen Tulipanen, Amaryllen, Kay- serkronen, weißen und rothen Lilien, und den Kuͤr- bissen, auch sogar dem Safran und dem Colchico. Von deren innern Beschaffenheit glaube ich ganz sicher auf alle andere zarte noch tiefverborgene fruchtbare Blumen schließen zu koͤnnen, welche sich noch innerhalb den Keimen, Augen, Knospen, Knollen, Zwiebeln und Wurzeln in ihrer erstern Bildung und Auswickelung befinden. Um mich aber von meiner Vermuthung gewiß zu uͤberzeugen, so nahm ich zur Herbstzeit verschie- C dene dene tragbare Knollen und Zwiebeln, da man sie eben in die Erde legen wollte, um das kuͤnftige Jahr die Blume zu erwarten. Diese schnitt ich entweder bis fast zur Mitte auf verschiedene Art, doch sehr behutsam auf, oder die schuppichten Zwiebeln blaͤtterte ich voͤllig ab, bis die darinnen befindliche und fest ineinander gepreßte junge Pflanze mit dem ganzen Blumenbuͤschel entbloͤset war. Diese Arbeiten continuirte ich bis zum November, und von da wieder bis zum Ausgange des Ja- nuars. So oft ich eine Blume an nur besagten Pflanzen oͤfnete, sie mochte auch so klein seyn, als sie immer wollte, so fielen mir die antherae (Blu- menstaubgefaͤße) wegen ihrer Groͤße allezeit vor an- dern ins Gesichte, welche weit uͤber die Haͤlfte an- sehnlicher war, als die Groͤße des Pistills, so daß von ihnen die Blume beynahe ganz allein ausgefuͤl- let zu seyn schien. Beym Croco verno und an- dern, deren Blumen in haͤutigen gemeinschaftli- chen Scheiden versteckt sind, haben diese antherae eine Laͤnge, die noch einmahl so viel betraͤgt, als die ganze Blume, und das Pistill ist um ein Drittel kuͤrzer, da doch die antherae hernach bey dem bluͤ- henden Croco fast um die Haͤlfte kuͤrzer sind, als die Einschnitte der Blume selbst. Wie es hier fast scheinen will, so ist die Bildung derer antherarum ein Hauptwerk bey einigen Blumenarten, und die ansehnliche Groͤße derselben, gegen andere Theile, in solchen zarten Blumen, ein solcher Punkt, der uns uns auf weit gruͤndlichere Muthmaßung fuͤhrt, als man sonst insgemein von ihnen zu haben pfleget. Was die Fasern betrift, auf denen die anthe- rae sonst bey den meisten Blumen befestigt sind, und die in der geoͤfneten Blume gegen die antheras wohl eine 2, 3, 6 bis 10 und mehrfache Laͤnge haben, so fehlen diese Fasern oͤfters dem Anscheine nach, oder sie sind doch, so lange die Blumen auf vorbesagte Art noch verschlossen liegen, uͤberaus kurz. Da ich also, wie gedacht, die antheras bey denen in ihrer Bildung und Auswickelung sich be- findenden und verborgenen Blumen von so ansehn- licher Groͤße zu seyn bemerkte, so machte mich die- ser Umstand um desto neugieriger, zu untersuchen, was es dermahlen mit dem unvollkommenen Blu- menstaube vor eine Beschaffenheit haben moͤgte. Zu diesem Ende nahm ich eben in der Mitte des Jenners eine ziemliche Partie Tulipanenzwiebeln aus der Erde, und aus diesen auf einmahl alle ihre neugebildeten jungen Pflanzen heraus, von denen ich die mehresten sogleich untersuchte, die uͤbrigen aber ins Wasser legte, um sie vor dem Eintrocknen zu verwahren. Anfangs oͤfnete ich etliche antheras an den Spitzen, und druͤckte die ganzen contenta derselben durch die gemachte Oefnung behutsam heraus, wel- che einen Klumpen eines dicken weißen und milch- artigen Saftes sehr deutlich vorstellten. Bey an- dern antheris oͤfnete ich die Seiten ganz gelinde mit C 2 einer einer Nadel, und nahm mit deren Spitze nur ge- dachte Masse heraus; da ich denn gewahr wurde, daß der an der Nadel haͤngende Tropfen oder Klum- pen bey weiten so dicke nicht war, als der erste. Diesen nun dem ersten Ansehen nach weißen und dicken milchartigen Saft brachte ich unter verschie- dene gute Vergroͤßerungsglaͤser, da ich denn daran so viel unterscheiden konnte, daß der Saft aus ei- nem Klumpen ganz kleiner und durchsichtiger Koͤr- perchen bestand, deren große Menge in einem zaͤ- hen und etwas haͤutig und fettig scheinenden We- sen sehr feste in einander lagen, und mit diesen zu- gleich einen zarten Laͤich von Wasserinsekten vorstell- ten; doch war ihre uͤbrige Gestalt auf diese Art nicht leicht zu bestimmen. Um also diese Masse weiter unterscheiden zu koͤnnen, legte ich ein Glastaͤfelchen mit einer Ver- tiefung unter das Vergroͤßerungsglas, in welcher ich ein Paar Tropfen Wasser brachte und in dieser mit einer Nadelspitze eine kleine Portion von oftge- dachter Masse zu gleicher Zeit vorsichtig hinein- senkte, da ich eben das Auge auf dem Vergroͤße- rungsglase haben konnte. Sobald ich nur mit der Nadel in den Wassertropfen eine kleine Bewegung machte, so agirte das Wasser sehr geschwind in den an der Nadel haͤngenden milchartigen Klum- pen, und loͤsete ihn gaͤnzlich auseinander, so, daß in Zeit von etwa 2 bis 3 Secunden das ganze Was- ser mit einer uͤberaus großen Menge der allerfein- Kuͤgel- Kuͤgelchen erfuͤllet war. Diese Kuͤgelchen waren der Gestalt nach etwas weniges von den vollkom- menen Staubkugeln einer bluͤhenden Tulipane un- terschieden, außerdem aber weiß, und so vollkom- men durchsichtig, daß man in ihnen gar nichts truͤ- bes, fleckigtes oder farbiges sonderlich unterschei- den konnte, wie man sonst bey vollkommen reisen und ins Wasser gebrachten Blumenstaubkugeln, wenn sie zumahl nach ihrer natuͤrlichen Vivacitaͤt in Bewegung gerathen, deutlich wahrnimmt. Die also leer scheinenden Kuͤgelchen schwommen zwar eine kurze Zeit in den Wassertropfen, setzten sich aber bald in feste Klumpen zu Boden. Zu eben der Zeit oͤfnete ich den Keim, der sich in der Cavitaͤt eines Wurzelknollens von der soge- nannten Kaiserkrone befindet, und bemerkte an denen, in diesen fest verschlossenen Blumen folgen- des: nehmlich, daß die 6 Blumenblaͤtter, die die uͤbrigen Theile voͤllig bedeckten, beynahe feste zu- sammen verwachsen waren. Die stamina bestun- den aus uͤberaus kurzen Filamenten und sehr langen antheris, welche letztere beynahe die Laͤnge der gan- zen Blume hatten und noch um den vierten Theil laͤn- ger waren, als das pistillum. Die antherae ga- ben, da sie mit einer Nehnadelspitze etwas tief ver- wundet wurden, einen Saft von sich, der sich mit einem dicken, truͤben, halbdurchsichtigen Wasser vergleichen ließ, doch aber viel duͤnner, als der aus der Tuli- pane, und dabey auch zaͤher war. C 3 Wenn Wenn ich den oberen Theil der antherarum abschnitt, so quoll aus dieser Oefnung ein halbdurch- sichtiger Tropfen heraus, der unter dem Vergroͤsse- rungsglase im Wasser eine ungestalte Masse vor- stellte, in der eine Menge von außerordentlich kleinen athomis gleichsam feste eingewickelt war. Dieses schleimige Wesen ließ sich wie ein Vogelleim mit der Nadelspitze zu Faden ziehen, und das Wasser agirte weit langsamer darin, als bey Tulipanen und andern geschiehet, ohne daß ich bemerken koͤnnen, daß die darinnen verwickelte Koͤrperchen sich haͤtten deutlicher, als bey andern, unterscheiden lassen. Ob man nun in dergleichen unzeitigen weißen Staubkuͤgelchen schon durch Vergroͤßerungsglaͤser noch nichts unterscheiden kann, das zu der Zeit denen athomis spermaticis futuri seminis, oder eigentlich zu reden, denen zukuͤnftigen Augen oder Keimen der zum Saamen destinirten Theilgen aͤhnlich waͤre, so ist doch kaum zu glauben daß sie leer seyn sollten; eben so wie die Saamengefaͤße junger Kinder und Thiere maͤnnlichen Geschlechts deswegen nicht ganz ledig seyn koͤnnen, ob man schon zu der Zeit noch keine Saamenthierchen darinnen entdecket. Das, was ich an den unvollkommenen Staub- kuͤgelchen bemerket, hat mich veranlaßt, hier eine wahrscheinliche Reflexion zu wagen, welche, wie et- liche im vorhergehenden, auf eine Aehnlichkeit der Ge- neration zwischen den Thieren und Pflanzen abzielet. In Betrachtung dessen, daß sich eben der vorbeschrie- bene bene dicke milchartige Saamensaft schon in denen antheris zu einer solchen Zeit befunden hat, da die ganz zarte und neue Pflanze noch in ihrer Gemma oder bulbo cet . sehr fest und unausgewickelt verschlos- sen lag, so laͤßt sich dieser Umstand gleichfalls mit unvollkommenen contentis , die sich in den Saamen- gefaͤßen ganz junger Kinder und Thiere befinden, gar wohl in Vergleichung setzen. Denn wie bekannt, so haben die Naturforscher, welche sich mit Unter- suchung des maͤnnlichen Saamens bey allerhand Thieren insbesondere beschaͤftiget, in den Saamen solcher Thiere noch keine Saamenthierchen entdecken koͤnnen, ehe diese das zu Fortpflanzung ihres Ge- schlechtes bestimmte natuͤrliche Alter gehoͤrig errei- chet; eben so wie ich in dem dicken milchartigen Saa- mensafte bey den Blumen der ganz jungen und un- zeitigen Pflanzen keine germina oder athomos sper- maticos habe unterscheiden koͤnnen. So verhaͤlt es sich also nach meinen wenigen Versuchen, mit denen unzeitigen und unvollkomme- nen Blumenstaube vor seiner Entwickelung. C 4 Physi- Physikalische Beobachtung des Blumengriffels, als eines zur Befruchtung des Saamens gehoͤrigen Haupttheiles. 1. D ie einzige und wahre jaͤhrliche Werkstaͤtte der natuͤrlichen Befruchtung des ganzen weitlaͤuftigen Pflanzenreiches bestehet eigentlich in der Blume und der Frucht : beyde aber zusammengenommen beste- hen ferner aus 7 von einander verschiedenen Haupt- theilen, zu denen sich bey vielen Pflanzenarten zu- weilen der 8te noch findet. Von diesen Theilen, welche auf dem gemeinschaftlichen Befruchtungs- stuhle ( Thalamo fructificationis ) mit einander ver- bunden sind, unterscheiden sich, in Ansehung ihrer Verrichtung und des Nutzens, die zur Blume be- sonders gehoͤrigen Theile in zweyerley, nehm- lich lich, in die aͤußern und innern . 1. Die erstern dienen denen innern Theilen theils zu einer Bedeckung, theils aber dazu, daß sie von denen zu ganz beson- dern Absichten bestimmten allerfeinsten und reinsten Saͤften die groͤbern absondern, und den uͤbrigen kleinern Theilen wechselsweise die noͤthige Nahrung verschaffen. Dergleichen sind 1. der eigentliche Blumenkelch , ( Perianthium ) 2. die zarten Blu- menblaͤtter ( Petala ), die sich an Farbe, Bau und Schoͤnheit am meisten unterscheiden, und zusam- mengenommen die Corollam ausmachen. Beyderley Theile sind in vielen Blumen zu- gleich zugegen, in vielen aber fehlet auch entweder der eine, oder der andere Theil; insgemein trift es die Corollam ; den Kelch vermisset man schon sel- tener, und zuweilen fehlen beyde ganz. Ihre Stelle wird alsdann durch einen andern Pflanzen- theil ersetzet, der außer der Blume ist. Sie moͤgen indessen zugegen seyn oder nicht, so gehet in natuͤr- lichen Umstaͤnden die Befruchtung des Saamens dennnoch mit gluͤcklichem Erfolge vor sich. 2. Die innern Theile der Blumen sind die- jenigen, die im allereigentlichsten Verstande die Blumen selbst ausmachen , und also die allerwe- sentlichsten derselben sind, weil sie zu der Erzeu- gung, Bildung, Nahrung und Befruchtung des kuͤnftigen Saamens einzig und allein gewidmet sind, und dahero in allen Blumen natuͤrlicherweise allezeit zugegen seyn, und niemahls fehlen koͤnnen C 5 und und duͤrfen. Dergleichen sind die Staubhuͤlsen mit oder ohne Stiele . ( Antherae cum vel absque Filamentis ), und der Blumengriffel ( Pistillum ); welcher letztere insgemein aus 3 Theilen , oͤfters aber nur aus 2 Theilen besonders bestehet: als nehmlich dem untersten, dem Ovario oder Eyer- stocke , oder dem Behaͤltnisse des zu befruchtenden Saamens , ferner aus dem mittelsten, nehmlich der Fruchtroͤhre , ( Stylo vel Tuba ) und dem obersten und aͤußersten Theile, nehmlich der Narbe ( Stigma ), welches schon Kircherus in seinem Museo in der Blume der Valerianae Caudatae Epistitium genennet hat. 3. Mit dem 8ten Blumentheile, der sich un- terweilen bey denen uͤbrigen zur Befruchtung gehoͤ- rigen Theilen findet, zuweilen aber gar nicht, hat es folgende Beschaffenheit: Da der Honig noch zu- letzt aus der Vermischung der uͤbrigen hoͤchst feinen Blumensaͤfte dergestalt und so vollkommen abgeson- dert werden muß, daß die zur kuͤnftigen Befruch- tung des Saamens bestimmte Feuchtigkeit, ihre reine und durchdringende Eigenschaft und die ihr eigentlich und besonders zukommende Gestalt des Oehls zugleich erhalten koͤnne, und vollkommen ge- schickt gemacht werde, daß sie durch die Staubfa- den und Huͤlsen eindringen, und sich, bis zu dem hoͤchsten Grad ihrer Reife, in die Staubkuͤgelchen vertheilen koͤnne: so ist ein besonderes Werkzeug vorhanden, in welchem diese so wichtige Absonde- rung rung und Sammlung des Honigs noch zuvor ge- schiehet. Diesen hat man den besondern Namen des ( Nectarii ), oder der Honigwebe gegeben. 4. Ob nun die Absonderung des Honigs in allen bekannten Blumen schon gewiß ist, so sind doch die dazu bestimmten Werkzeuge bey den meh- resten Arten dermaßen verdeckt und unkenntlich, daß man außer etlichen hoͤchst zarten Ausgaͤngen, die in den feinesten Oefnungen und Punkten oder Erha- benheiten bestehen, nichts sonderliches, auch wohl gar nichts entdecken kann. Sind sie aber zu fin- den, und von denen uͤbrigen Blumentheilen ganz unterschieden, so bemerket man an ihnen theils eine besondere Gestalt und Anzahl, nach welcher sie mehr oder weniger bestimmet zu seyn scheinen, theils ihren Sitz, welchen sie bald auf einen, bald auf zweyen von den andern Theilen der Befruchtung zugleich haben. Insgemein sitzen sie im Grunde der Blume, auf dem Befruchtungsstuhle ( Thala- mo Fructificationis ), außerdem aber bald am Blu- menkelche , oder an der Corolla , bald auf dem Blu- mengriffel selbst. 5. Man kennet diesen Blumentheil noch viel zu wenig, als daß man davon etwas recht zuverlaͤßi- ges sagen koͤnnte. Es hat indessen ein sehr geschick- ter Botanist unter den Deutschen, nehmlich der Herr Oberlandshauptmann Baron von Muͤnchhau- sen zu Schwoͤber im Hannoͤverschen, vor ohngefaͤhr 16 Jahren die Theorie des Nectarii in einer be- sondern sondern an die hiesige Koͤnigliche Akademie der Wissenschaften eingesandten Schrift abgehandelt, welche ich, damals vorzulesen und zu uͤbergeben die Ehre gehabt zu haben, mich mit Vergnuͤgen erin- nere. Herr Linnaͤus hat in seiner 1751 herausge- gebenen Philosophia Botanica pag. 73 — 74. §. 110 . desgleichen gethan. Wie denn auch D. Hill in sei- nem Entwurf eines Lehrgebaͤudes von Erzeu- gung der Pflanzen pag. 22. seqq. Tab. II. wegen des Nectarii Amarillidis nachgesehen zu werden ver- dient, ob gleich dessen uͤbrige Beobachtungen der Wahrheit widersprechen. 6. Doch ohne hier von den Befruchtungs- theilen der Pflanzen weitlaͤnftiger zu seyn, habe ich mir in gegenwaͤrtiger Abhandlung bloß den Blu- mengriffel zu meinem Vorwurfe ausgesetzt, uͤber welchen ich einige selbst gemachte Erfahrungen und Beobachtungen in der Fortsetzung dieser Abhand- lung mitzutheilen willens bin. Dieser so merk- wuͤrdige Theil der Befruchtung befindet sich bey allen vollkommenen und fruchtbaren Blumen jeder- zeit in ihren Mittelpunkten, niemahls aber etwa anderswo, und außer demselben, worinnen doch die uͤbrigen Theile der Blume oͤfters abzuwechseln pflegen. Ob er auch gleich, wie bey verschiedenen Geschlechtern der Pflanzen, sowohl in der Gestalt Lage und Anzahl , als in der innern und aͤußern Abtheilung, Laͤnge und Staͤrke seiner 3 Stuͤcken , aus denen er insgemein bestehet, fast alle Arten der Ver- aͤnderung und Abweichung zeiget, so veraͤndert sich dennoch sein Hauptsitz auf dem Mittelpunkte des Befruchtungsstuhles , und dessen feste Verbindung mit demselben niemahls. Wie denn die Bestaͤndigkeit dieses Zustandes dermaßen gewiß ist, daß noch nie ein einziges Exempel im Pflanzenreiche vorhanden gewesen, wodurch das Gegentheil haͤtte erwiesen werden koͤnnen. 7. Was ist wohl bekannter, als daß unter andern der Sitz der Staubhuͤlsen ( Antherarum ) am meisten abwechsle, und daß man sie auf allen andern Blumentheilen antreffe? Die uͤbrigen Blu- mentheile sind von dieser Veraͤnderung auch nicht ausgenommen; nur der einzige Blumengriffel lei- det dergleichen Abwechslungen ganz und gar nicht. Es ist aber sehr wohl zu merken, daß gedachter Blumengriffel nicht nur aͤußerlich blos auf dem Mittelpunkte des Befruchtungsstuhles sitze, und sich in diesem endige, sondern es geschiehet vielmehr eine richtige Verbindung beyder Theile dadurch, daß sich dieser Thalamus Fructificationis durch seine besondere lockere, schwammige und celluloͤse Fort- saͤtze durch das Ovarium sogar bis in den Stylum oder die Befruchtungsroͤhre erstrecke, als wovon der innere Bau der Fruchtbehaͤltnisse mit mehrern zeiget. 8. Meiner Meynung nach ist der Grund der Bestaͤndigkeit von nur gedachter Verbindung dieser beyden Theile eben nicht schwer zu errathen, wenn man man nur bedenket, daß fast alle Theile der Blume oder doch die meisten, nachdem sie das ihrige uͤber- haupt oder insbesondere mit der erforderlichen Kraft in der eigentlichen Werkstatt der natuͤrli- chen Befruchtung beygetragen haben, in gar kur- zer Zeit nacheinander abfallen, vergehen, oder doch wenigstens in so etwas veraͤndert werden, das sei- nem vorhergehenden Zustande groͤßtentheils unaͤhn- lich ist. Mit dem Blumengriffel hingegen ist es etwas anders beschaffen. Denn dessen unterster befruchteter Theil, nehmlich Ovarium foecundatum bleibet, wenn auch dessen 2 obere Theile nicht mehr genaͤhret werden, allezeit nach dem Verbluͤhen der Blumen, bis zur vollkommnern Reife der Frucht und Absonderung des Saamens, an seiner Pflanze feste sitzen; und erhaͤlt ihre bestaͤndige Nahrung blos aus dem Thalamo . 9. Aus mehr gedachter Verbindung des Blu- mengriffels laͤßt sich leicht einsehen, daß er den groͤßten Theil seiner Saͤfte aus der celluloͤsen Ex- pansion des Thalami , welches von einem lockern Gewebe von Gefaͤßen durchdrungen ist, lediglich erhalten muͤsse; als von welcher bekannt und aus- gemacht ist, daß sich ihre Fortsaͤtze in die allerklein- sten Zwischenraͤumchen der Blumen durch alle ihre Theile erstrecken, in denen sie so lange wahrgenom- men werden, als die Bildung, Nahrung, Be- wegung und Absonderung der Saͤfte und folglich die Perspiration mit gehoͤriger Lebhaftigkeit vor sich gehet. Die uͤbrigen Blumentheile , welche einen veraͤnderlichen Sitz haben, koͤnnen ihre Saͤfte nicht geradesweges, auch nicht bestaͤndig aus dem Thalamo fructificationis erhalten, sondern wenn diese zuvor weiter gemischet, gereiniget, abgesondert und verduͤnnet worden sind, erst durch diejenigen Theile mit welchen sie verbunden sind. Hiervon zeiget die Lage und Verbindung solcher Theile, die anato- mische Untersuchung , die Maceration , und eine mit Aufmerksamkeit wiederholte Beobachtung durch Vergroͤßerungsglaͤser . 10. Die Betrachtung uͤber jezt erzaͤhlte Um- staͤnde, ist von großer Wichtigkeit, weil alle die Blumentheile ihren besondern Bau und Lage ha- ben, und deren Gefaͤße wiederum mit einer beson- dern Direction versehen sind, welche unter einander bald eine groͤßere bald eine geringere Aehnlichkeit oder Verschiedenheit zeigen, vermoͤge welcher sie nach Maßgabe der Hallerischen Versuche nicht alle und jede Saͤfte, die in den uͤbrigen Theilen der Pflan- zen befindlich sind, geradesweges annehmen und durchsetzen, sondern vielmehr andere und ganz von einander verschiedene, durch Vermischen, Verdi- cken, Verduͤnnen, Absondern und andere dergleichen Wirkungen in denen Blumen erzeugen, unter de- nen sich auch einige von denen uͤbrigen weit edlere befinden, welche nehmlich im hoͤchsten Grade subtil sind, und eine ausnehmende Kraft haben, in die allerkleinsten neugebildeten und unbegreiflich zar- ten ten organischen Theilchen des innerhalb dem Eyerstock liegenden Saamenstoffes einzudringen, diese in ihren allerzartesten Zustande, bey und waͤh- rend ihrer fernern Bildung, auf das allerfeinste zu naͤhren, und dann so lange fortzufahren, bis sich dergleichen Theilchen in eine groͤßere Flaͤche ausbrei- ten, dichter werden, und aus andern Gefaͤßen groͤ- bere Saͤfte anzunehmen im Stande sind. Hierin- nen setze ich nach meinen Begriffen das Wahre und Wesentliche der Befruchtung des Saamens und der Erzeugung der Pflanzen, so lange, bis ich mit Gewißheit eines andern uͤberfuͤhrt seyn werde. Wer weiß, wie es eigentlich bey denen Thieren damit zu- gehet, von deren Erzeugung ich mit dem Herrn v. Reaumuͤr und andern festiglich glaube, daß das- jenige, was man sich von ihnen in diesem Punkte am allergewissesten zu wissen schmeichelt, noch lange vor so ausgemacht und unwidersprechlich nicht gehalten werden koͤnne, als man davon insge- mein denket. 11. Was nun den Blumengriffel weiter be- trift, so ist dieser seit einiger Zeit weit aufmerksa- mer betrachtet worden, als vor diesen. Hierzu hat nicht etwa blos dessen besondere Gestalt und La- ge bey denen Blumenliebhabern Gelegenheit gege- ben, sondern vornehmlich dessen unterster Theil , welchen die gelehrten Naturforscher schon vor unse- rer Zeit fuͤr den Vterus und dessen innere Abthei- lungen fuͤr das Ovarium der Blumen erkannt hat- ten, ten, aus welchem Grunde denn der darinnen be- findliche unzeitige Saamenstoff von ihnen schon vesiculae colliquamenti s. inchoamenta seminum genen- net worden war. Hingegen hat man von der wah- ren Erzeugung und Befruchtung dieses in seinen Behaͤltnissen verborgenen Saamens selbst noch fast lauter dunkle und verwirrte Begriffe behalten. Da- her es auch nicht zu bewundern ist, wenn diese so wichtige Wahrheit weder ganz in Zweifel gezogen worden, noch den erwuͤnschten Beyfall erhal- ten hat. 12. Der obere und mittlere Theil des Grif- fels ( Stigma et Stylus ) schienen sonst von jeher nicht eben bey allen eine gleiche oder auch die erforderliche Aufmerksamkeit nach sich zu ziehen, indem diese Theile, als bloße Fortsaͤtze des Vteri und Ovarii flo- ralis betrachtet, vielleicht nur die Perspiration des- selben befoͤrdern, vielleicht aber den Blumen uͤber- haupt zur Zierde dienen sollten; solche Gedanken hatten sehr viele davon. Die aus der Befruch- tung entstehende Nothwendigkeit ihres Daseyns hin- gegen, war noch wenig oder gar nicht bekannt. Die neuen Naturforscher haben endlich auch diesen Hauptpunkt durch ihre mit den Vergroͤßerungsglaͤ- sern angestellte Beobachtungen nach und nach besser entdeckt, und gar viele Zweifel entschieden. 13. Diese bemerkten zum Theil, daß kurz vor oder nach dem natuͤrlichen Aufbrechen der Blumen der obere auch wohl der mittlere Theil des D Grif- Griffels zur Haͤlfte mit dem Blumenstaube fast alle- zeit mehr oder weniger bedeckt war, gewisse Arten ausgenommen. Sie wurden ferner gewahr, daß daselbst die Staubkuͤgelchen eine Zeitlang aufgehal- ten wurden, und daß der Ort des Griffels , auf welchem der Staub saß, mit einer klebrigten Feuch- tigkeit uͤberzogen war. Eben dieser Staub veraͤn- derte sich nach einiger Zeit, kurz darauf fiel er auf den Grund der Blumen, die Staubfaͤden vergien- gen mit ihrem Zubehoͤr, oder fielen auch mit andern Theilen gar ab und die obern Theile des Griffels ver- aͤnderten sich gleichfalls auf verschiedene Weise: nur der untere Theil desselben wurde staͤrker und von Zeit zu Zeit ansehnlicher, und schien, indem der Rest der uͤbrigen Blume immer unscheinbarer wurde, alle Nahrung allein an sich zu ziehen. End- lich kam die Frucht zu ihrer Vollkommenheit und Reife, deren befruchtete Saamen junge Pflanzen hervoxbrachte. 14. Das Gegentheil von allen dem, was ge- sagt worden ist, fiel ihnen bald in die Sinne, so- bald sich kein Staub auf dem Griffel bey vorer- waͤhnten Umstaͤnden befand, und durch Zufaͤlle oder Kunst davon abgehalten worden war, wie denn ein gleiches wahrgenommen wurde, so oft die Narbe und Roͤhre des Griffels etwas unnatuͤrli- ches an sich hatte, oder die Staubfaden besonders vor ihrer Eroͤfnung verdorben oder verstuͤmmelt ge- wesen waren. Und wie konnte wohl in einem sol- chen chen Zustande eine Befruchtung erfolgen? Aus diesen Umstaͤnden kamen die Naturforscher endlich auf alle moͤgliche Versuche, die Befruchtung des Saamens in den Griffel durch Kunst nach Gefal- len zu veraͤndern, zu hindern und zu befoͤrdern, und dadurch erhielten sie eine weit mehrere Gewiß- heit in dieser hoͤchst wichtigen Sache, als man zu- vor nie gehabt hatte. 15. Diese Versuche waren wegen Gewißheit der Hauptsache zwar entscheidend genug, allein, wegen des wahren Ortes an dem Griffel durch wel- chen die Befruchtung geschaͤhe, und was die be- fruchtende Materie sey, daruͤber blieben die Mey- nungen getheilt, und etliche hielten das letztere gar vor ein unergruͤndliches Geheimniß der Natur. Viele blieben bey der bloßen Verwunderung stehen, andere schrieben und beteten ihren Lehrmeistern nach, und erlaͤuterten dasjenige mit Figuren, was weder ihre Meister noch sie jemahls gesehen hatten, und andere nach ihnen, außer den Figuren, niemahls werden zu sehen bekommen haben. Was den Ort der Befruchtung betrift, so nahmen die meisten die Narbe des Griffels , andere aber die Fruchtroͤhre davor an. Die nachfolgenden Naturforscher, welche die Verschiedenheiten und Abweichungen des innern und aͤußern Baues nach ihrer wahren Beschaffen- heit besser kannten, und dahero bey ganzen natuͤrli- chen Klassen und Ordnungen der Pflanzen, etwas D 2 besser besser zu vergleichen und aufmerksamer zu beobach- ten gewohnt waren, sahen gar wohl ein, daß, ob gleich die Narbe des Griffels bey sehr vielen Blu- men insgemein der Ort der Befruchtung sey, seyn koͤnne und muͤsse, man dennoch dieser Befruchtung eben keine so allgemeine und enge Grenzen zu setzen Ursach habe, sowohl jedes vorangefuͤhrten Umstandes halber uͤberhaupt, als auch da die Griffel innerlich und aͤußerlich so viele natuͤrliche Wege zeigten, durch wel- che eine befruchtende Materie nach dem Innern des Ovarii zu dem unreifen Saamenstoffe ganz leicht und sicher gelangen koͤnnte. Dieses, wie sie aus richti- gen Vegriffen und Erfahrungen und nach einer im Pflanzenreiche gewoͤhnlichen Aehnlichkeit darthun konnten, sagten sie, waͤre der Natur zu Erreichung ihrer Hauptendzwecke immer einerley, ob die Be- fruchtung durch lange, enge und subtile uns unbe- greifliche Wege geschaͤhe, oder durch ganz kurze Kanaͤle , oder ein cellenfoͤrmiges Gewebe und andere dergleichen; sie moͤgten nun ganz oben und au- ßen an der Narbe anfangen, oder sich in der Roͤhre des Griffels, oder in dem markigen Wesen und dem Saa- men selbst oͤfnen. Ja wie sie davor hielten, so koͤnn- ten diese Werkzeuge unmittelbar auf der aͤußern Flaͤche des Ovarii , oder innen in einer Duplicatur und so weiter sitzen, indem nur alle moͤgliche Ab- weichungen in der Hauptsache selbst weder etwas zu hindern noch zu befoͤrdern im Stande sind. Und in der That so koͤnnen sich die mit Warzen besetzten und und mit einer Feuchtigkeit uͤberzogenen Fortsaͤtze der Narbe von außen nach den innern Theilen sehr weit erstrecken. 17. Es giebt ferner noch gewisse Faͤlle, wo man sehr große Ovaria antrift, deren uͤberaus klei- ne, schmale, spitzige, und fast unmerkliche Raͤnder aͤußerlich mit Warzen besetzt sind, und wo man keine besondere Befruchtungsroͤhre weiter gewahr wird, die sich der Laͤnge nach in das Ovarium selbst oͤfnen sollte, wie es doch sonst bey vielen andern Blumen wahrgenommen wird. Allein dieser Bau widerspricht den andern im geringsten nicht, die Roͤhre mag gegenwaͤrtig seyn, und das Ovarium mit der Narbe verbinden oder nicht, die Narbe ist der obere Ausgang der Roͤhre , und die Roͤhre eine Fortsetzung von der ersten, welche sich in das Ova- rium endiget , oder in dasselbe gar hinein gehet, oder aber bald durch einen offenen Kanal, bald ei- nen Spalt, oder porum mit demselben dergestalt verbunden ist, daß entweder vermittelst einer wirk- lichen Hoͤhle oder contextus cellulosi allezeit eine wirkliche Communikation bemerket wird. 18. Man wird sich aber in der That aus dieser und vielen andern Schwierigkeiten sehr wohl helfen, wenn man gewisse Umstaͤnde unterscheidet, wenn man ferner denjenigen Theil des Blumengriffels, welchen die Botanisten nach ihren angenommenen Grundsaͤtzen bey dieser oder jener Blumenart vor das Stigma oder die Narbe des Griffels halten, D 3 alle- zeit noch genauer untersuchet, und unter andern wohl bemerket, wo dessen mit Warzen besetzte aͤußere Flaͤche anfaͤngt, und sich nach inn- oder auswaͤrts in gewisse Vertiefungen, Winkel, Spalten und und Kanaͤle endiget. Ferner auch wenn man ins- besondere untersuchet, ob dieser Theil mit seinen Warzen in die Befruchtungshoͤhle continuire, und ob dieser Theil der Laͤnge nach zur Zeit der wirkli- chen Befruchtung dergestalt offen sey, daß er durch eine Art der Oefnung mit dem Ovario communiciren kann. Diese und andere Untersuchungen muß man nicht allein wegen der Abweichungen des Baues im Blumengriffel fleißig fortsetzen, die sich bey ganz natuͤrlichen Klassen und Pflanzenordnungen in voͤllig natuͤrlichen Umstaͤnden dennoch finden, sondern auch wegen der sehr haͤufigen ganz unnatuͤrlichen Zufaͤlle, welche einen Naturforscher sehr oͤfters be- truͤgen, und bald ofne Kanaͤle, bald verschloßene Eingaͤnge zeigen, wo doch sonst keine von beyden da seyn koͤnnen und sollen. 19. Es moͤgen indessen die Theile des Blu- mengriffels alle moͤgliche Abweichungen zeigen, und eine Gestalt, Groͤße, Lage, Abtheilung, Staͤrke und Anzahl haben, welche sie immer wol- len, daß sie sogar dadurch dermaßen unkenntlich werden, daß sie sich von keinen Botanisten richtig bestimmen lassen, so kann sich ein Naturforscher dennoch allezeit helfen. Denn wenn er unter an- dern findet, kurz zuvor, oder in dem Augenblicke, oder oder auch sogleich hernach, wenn die meisten Arten von Blumen aufbrechen, daß die Griffel derselben bald an den einen bald an dem andern Theile mit einer oͤhligen Feuchtigkeit uͤberzogen sind, ( es sey wo es wolle ), so hat er zweyerley Hauptumstaͤnde zugleich richtig gefunden, nehmlich das Stigma oder die Narbe , als das rechte wahre Werkzeug der natuͤrlichen Befruchtung: dieses Werkzeug aber hat er zugleich in solchen Zustande angetroffen, in welchen es seyn soll, wenn der Griffel diejenige Vollkommenheit erreichet, nach welcher er sich nun- mehro geoͤfnet hat, und also zur Befruchtung des Saamenstoffs tuͤchtig geworden ist. 20. Diese Befruchtung geschiehet manchmal sogleich, unter waͤhrender Betrachtung und in wenig Augenblicken, bey gewissen Arten von Blumen, oder sie hat, wie insgemein vor dem Aufbrechen schon angefangen, und wird nur fortgesetzt oder noch etliche mahl wiederholet. Hiervon erhaͤlt man die Gewißheit, wenn man auf dem mit einer Feuchtigkeit uͤberzogenen Theile des Griffels die Kuͤgelchen des Blumenstaubes zugleich antrift. Ist aber bey vorbesagten Zustande der Blumen gedachte Feuchtigkeit noch nicht auf dem Griffel zu spuͤren, so ist auch der Zeitpunkt der Befruchtung noch nicht gegenwaͤrtig. Auf angezeigte Art laͤßet sich die unter den Naturforschern in vorigen Zeiten obwaltende Streitigkeit gluͤcklich heben, und der Theil und Ort der Befruchtung richtig bestimmen, D 4 wel- welches in natuͤrlichen Umstaͤnden niemahlen truͤgen kann, wenn man sich auch in andern Nebensachen bey einigen besondern Pflanzengeschlechtern irren sollte. 21. Ueber dasjenige, woruͤber im 15ten 16ten und 17ten §. die Rede gewesen ist, fand sich noch ein Umstand, welcher die Meynungen der Naturforscher theilte. Diese zweifelten nehmlich zwar nicht an der Wirklichkeit der Befruchtung des Griffels , aber dieweil ihnen die befruchtende Materie selbst noch immer verborgen blieb, und der Blumenstaub aus Kugeln und Blasen bestand, dessen wahre Beschaf- fenheit den meisten noch unbekannt war, so hielten einige unter ihnen dafuͤr, die ganzen Staubkugeln draͤngen ein, und befruchteten den Saamen. Die andern aber hatten weit vernuͤnftigere Gruͤnde fuͤr sich, und behaupteten, daß eine subtile Materie aus den Kugein des Saamenstaubes die Befeuch- tung bewirkte . Die erstern bekuͤmmerten sich in- dessen gar nicht eigentlich um die Wege und deren proportionirliche Weite, durch welche die ganzen Kugeln des Staubes eindringen koͤnnten und sollten, wie sie denn auch nicht betrachteten, was die Huͤlse mit ihren Contentis , wenn sie auch ganz in den Saa- menstoff dringen koͤnnte, darinnen nuͤtzen wuͤrde. Und ob schon niemand einsahe, wie eine solche gro- be Huͤlse oder Blase dergleichen hoͤchst feine und sonst impenetrable Kanaͤle ( vascula omnium minu- tissima ei plus quam capillaria halituosa ) passiren koͤnnte, koͤnnte, welche keine andern Koͤrper, als die allerfluͤ- ßigsten, und zwar unter keiner andern, als einer wahren dampfartigen Gestalt einzunehmen, und von sich zu lassen im Stande sind. 22. Haͤtte man aber die Beobachtungen, die Mr. Bernh. de Jussien mit dem Blumenstaube schon ehedem im Wasser gemacht hatte, weiter nach- gedacht, und die Materie etwas genauer besehen, die sich in den Kugeln befindet, welche den Blumen- staub ausmachen, so haͤtte man bey der im §. 21. erwaͤhnten Meynung nicht bleiben koͤnnen, und man muͤßte schon laͤngst dahin gekommen seyn, wohin man erst jetzo gelanget ist. Wie aber die Neuig- keiten bey vielen Gelehrten, wenn sie zumahl bey schoͤn ausgedachten Lehrgebaͤuden des einen oder des andern ohne weitere Muͤhe genutzet werden koͤnnen, zur Schande und zum Schaden der Experimentalphy- sik oͤfters mit weit groͤßerer Begierde als Einsichten angenommen werden, wenn sie auch gleich aus dem Verfahren und den Arbeiten des Erfinders beym ersten Anblick ersehen koͤnnten, daß er sich in ein fremdes Feld gewagt, in welchen er nicht zu Hause gehoͤrt, so scheinet ihnen doch die Neuigkeit viel- mahl auf eine kurze Zeit weit angenehmer, als die Wahrheit. 23. Da man sich also noch nicht voͤllig zu zweifeln getrauete, ob die ganzen Blumenstaubku- geln durch den Griffel in die Saamen zu ihrer Be- fruchtung einzudringen im Stande waͤren, so kam D 5 der fleißige Herr Needham mit seinen mikroskopischen Observationen zum Vorschein, und setzte damit ei- nige Gelehrte von neuen in große Verlegenheit. Diesem Naturforscher kam es vor, als ob er auf dem Griffel einer Lilienblume , in der Hoͤhle eines auf der Narbe stehenden Waͤrzgens eine ganze ein- gedrungene Staubkugel gesehen haͤtte, von welcher er zugleich eine Figur gab. Dadurch wurde die vorgedachte alte Meynung wieder rege, und man hielte sie nunmehro voͤllig fuͤr bewiesen, ob gleich, nach Hrn. Needhams Observation, niemand diese Wahrheit außer dessen gegebenen Figur weiter fin- den koͤnnen, wenn er auch mit den besten englischen Vergroͤßerungsglaͤsern versehen gewesen ist. 24. Nach Hrn. Needham hat sich ein anderer englischer Naturforscher, nehmlich Hr. D. Hill ge- funden, welcher zwar nichts in die Oefnungen der Waͤrzchen eindringen sehen, demohngeachtet aber, noch viel weiter bey der Wahrheit vorbey spazieret; und sogar Zeichnungen von solchen Umstaͤnden des befruchtenden Blumenstaubes nach seinen bey sich gehabten Vorstellungen gegeben, welche so viel be- weisen, daß er das, was er gesehen, gar nicht ge- kannt hat, folglich gar nicht noͤthig gehabt haͤtte, außer seiner falschen Angabe, noch falsche Saͤtze zu erdichten, welche beyde ein mittelmaͤßiges refle- etirendes Vergroͤßerungsglas zu widerlegen im Stande ist. Er Er will nehmlich eine junge mit einem feinen Wachs umwickelte Pflanze in den Staubkugeln einer gewissen Amaryllisblume entdecket haben, diese neue Pflanze soll 1) durch eine natuͤrliche Oefnung bey jeder Kugel des Blumenstaubes her- auskommen, 2) durch eben so eine Oefnung eines Waͤrzchens auf der Narbe wie Herr Needhams Staubkuͤgelchen hineindringen, und in dem Saa- men zum Keim werden, wovon sich aber das Unge- reimte von selbst ohne alle Widerlegung ergiebt. Beytrag Beytrag zur natuͤrlichen Geschichte der Moose. D ie Moose Musci. gehoͤren unter solche Gewaͤchsar- ten, um die man sich nicht eben so sonderlich zu be- kuͤmmern pfleget; außer der bloßen und allerersten Bestimmung, die von ihnen, durch die Pflanzen- verstaͤndigen, in der Naturgeschichte, wie bey allen uͤbrigen Gewaͤchsen bereits geschehen ist, in so weit diese zu ihrer Kenntniß gekommen sind, und welche vorher richtig geschehen muß, ehe man zu einer weitern Untersuchung derselben gehen, und sie ge- nauer erkennen lernen kann. Vielleicht ist man um sie desto weniger bekuͤmmert, weil man bey einer so gemeinen Sache, wie sie wirklich sind, die man deshalb fast taͤglich zu sehen gewohnt ist, nicht mehr etwas etwas sonderliches zu entdecken oder denken zu koͤn- nen glaubet? Man siehet demnach die Moose kaum mit einiger Aufmerksamkeit an, wenigstens mit kei- ner solchen, die sie allerdings erfordern, so daß es vielen, noch bey ihrer Nachlaͤßigkeit, fast eben so ergehet, als andern mit den Arten des Grases, die sie doch oͤfters besser zu kennen, alle Ursache haͤtten, und dennoch mit einem einzigen sehr schnellen Blick dergestalt uͤbersehen, daß sie von ihnen einen eben so dunkeln als unvollkommenen Begrif erlangen, als einer, der aus einer betraͤchtlichen Ferne einen gruͤnen Wald, oder eine schoͤne Wiese betrachtet, ohne daß er außer der gruͤnen Farbe, etwas sonder- liches zu unterscheiden im Stande ist. Wie sie denn auch insgemein alle zusammenge- nommen, mit einem Namen, nehmlich der Moose oder das Moos beleget werden, ohne zu wissen, daß diese Familie von Gewaͤchsen bereits uͤber 200 verschiedene Gattungen enthalten. Wo werden also die schoͤnen, und in ihrer Art zum Theil wich- tige Naturbegebenheiten bleiben, zu denen bald diese, bald jene Gattungen das ihrige vorzuͤglich beytragen, und zu deren Unterhaltung sie in der großen und weitlaͤuftigen Naturhaushaltung den Grund legen? ohne sie wuͤrde manches nicht leicht vor sich gehen, und ohne deren Erkenntniß wuͤrden manche Vorfaͤlle weder richtig verstanden noch erklaͤrt werden koͤnnen. Diese Diese also den meisten Menschen sehr unvoll- kommen bekannte Naturkoͤrper, machen unter den 7 Hauptklassen des Gewaͤchsreiches, eine ganz besonde- re Ordnung aus. Ordo Muscorum. Das aͤußerliche Ansehen unter- scheidet die meisten Geschlechter und deren Gattun- gen von allen uͤbrigen Pflanzen, mit welchen sie etwa einige groͤßere oder geringere Aehnlichkeit ha- ben koͤnnten. Die Anzahl unserer deutschen Moos- arten welche nunmehro ziemlich bestimmt sind, be- laͤuft sich schon auf 143, diejenigen nicht gerechnet, die nur nach dem Lehrbegrif einiger Botanisten dazu gehoͤren sollen, und weit uͤber etliche 40 Gattungen steigen. Man wuͤrde ihre Anzahl fuͤr weit groͤßer halten, wenn die haͤufigen Abaͤnderungen nicht bes- ser bekannt waͤren; besonders solche, die sich in ihren verschiedenen Alter fast uͤberall zeigen, daß man, um nicht hintergangen zu werden, bey vielen immer etliche Stuͤcke von einer und eben der Moos- art beysammen haben muß, die die verschiedenen Grade ihrer Entwickelung deutlich machen. Alle Moose , ob sie schon gegen andere Ge- waͤchse einen viel einfachern Bau haben, sind doch gegen die Schwaͤmme Fungi. und Flechten Algae. , mit wahren und recht deutlich zu unterscheidenden Wurzeln, Stengeln, Blaͤttern und Fruchtstielen versehen, und ihre Blaͤtter gleichen dem innern Ge- webe webe nach, dem uͤbrigen Pflanzenlaube gar sehr. Ihre alten Stengel veraͤndern sich bey sehr vielen jaͤhrlich nach und nach in Wurzeln; doch giebt es unter ihnen, bey uns, etliche jaͤhrliche Moose, die, so viel man davon weiß, auf den Triften, den Huͤ- geln und erhabenen Wiesen und Landstraßen, den Fruchtlaͤndern, und an solchen Stellen, wo das Winterwasser lange gestanden, nur in den Fruͤh- lingsmonaten leben, wo sie sich in einzeln kleinen dichten Rasenflecken zeigen, und nachher wieder vergehen. Dahingegen ist der groͤßte Theil der Moose immer gruͤnend, dauerhaft, und in seinen natuͤrlichen Standorten das ganze Jahr hindurch zu finden. Wegen ihrer langen Dauer, uͤbergehen solche Moosarten eine sehr große Menge von den sonst ansehnlichsten Pflanzen; sie wachsen in den allerkaͤl- testen Weltgegenden, auf Groͤnland, Ißland, an den Kuͤsten der Bay Houdson, Labrador und andern Orten, wo sonst nur wenig andere Gewaͤchse leben koͤnnen. Eben so wachsen sie bey uns, in den Win- termonaten, bey dem niedrigsten Sonnenstande, in welchen sogar sehr viele bluͤhen, und ihre Frucht bringen, weil sie zu Erhaltung ihres Lebens und Besoͤrderung ihres Wachsthumes, nur den aller- niedrigsten Grad der Waͤrme noͤthig haben, den man etwa bey unsern Landgewaͤchsen annehmen kann. Nur etliche wenige bluͤhen bey uns vom Ende des Julius an bis zum September; da als- denn denn die uͤbrigen Moose staͤrker wachsen, und bis gegen Ausgang des folgenden Aprils nacheinander bluͤhen. Es kann die Veraͤnderung ihres natuͤrli- chen Standes, und dessen Verschiedenheit, auch eine bestaͤndige naßkalte oder warme Witterung bey diesen Zeitpunkten manche Ausnahme machen, so wie denn die Lage, hohe Felsen, tiefe hangende Klippen, schattige Thaͤler mit Quellen und Moraͤsten, oder auch frey und hoch gelegene Berge vieles be- stimmen. In den waͤrmern Jahreszeiten, bey großer Duͤrre, und uͤberhaupt wenn die Sonne sich ihrem hoͤchsten Stande naͤhert, oder sich davon noch nicht weit genug entfernt hat, trift man sie in keinem son- derlichen Wachsthume. Sie scheinen zu dieser Zeit fast in ihrem Wachsthume am unmerklichsten zu werden, und beynahe bey ihren mehresten Arten still zu stehen, und etliche sind in der That auf einen sehr großen Grad zusammengezogen, welk und tro- cken, daß man sie dem aͤußerlichen Ansehen nach gar vor duͤrre und abgestorben halten sollte, da sie doch innerlich noch wirklich ein schwaches Leben ha- ben; nur, daß sie in ihrem Wachsthume merklich einhalten. Die nachfolgende kuͤhlere Jahreszeit und gemaͤßigte Feuchte belebet sie von neuen, daß sie sich wieder ausdehnen, ihr natuͤrliches Ansehen wieder annehmen, von neuen wachsen, und bluͤhen, zum Zeichen, daß sie sich bey vorgedachten Veraͤnde- rungen rungen, in dem kleinsten Grade des Lebens, eine gute Zeit erhalten koͤnnen. Wegen einer so dauerhaften Eigenschaft und eines zaͤhen Lebens koͤnnte man etliche Geschlechter der Moose, gewissermaßen, fast unvergaͤnglich nen- nen, da sie uͤberdem, so viel man weiß, von viel weni- gern Zufaͤllen, von der Witterung und andern Umstaͤn- den leiden; ob sie schon saͤmmtlich nur ihre gewisse Zeit uͤberleben koͤnnen, nach welcher sie wirklich todt gefunden werden. Dieses bezeugen sowohl die, bey der Cultur der uͤbrigen Gewaͤchse mit dem Moose, statt der Erde, von mir hieruͤber angestell- ten Erfahrungen, nach welchen sie endlich kurz, sproͤde und bruͤchig werden, und gar leicht in ein grobes Pulver zergehen, als auch ihre wirkliche Vererdung, und unter Wasser besonders, ihre endliche Verwandlung in Torf oder Torfschlamm. Sie koͤnnen auch absterben, ehe man dieses gewahr wird, da sich die gesammelten Mose weit uͤber 100 Jahr trocken erhalten lassen, ohne ihr aͤußerliches Ansehen viel zu aͤndern. Vielleicht wird unsere Auf- merksamkeit, durch diesen und etliche vorerwaͤhnte Umstaͤnde, nur gar zu oft hintergangen, da sie bey ihrer trocknen Gestalt, dennoch eine gute Zeit in- nerlich leben koͤnnen, daß wir deshalben zweifelhaft bleiben, bis sie ihre verborgen gehaltene Lebhaf- tigkeit durch ein verneuertes Wachsen wieder zeigen. E Unsere Unsere trockne Sammlungen von Gewaͤchsen koͤnnen zu Erlaͤuterung dieser lebhaften Eigenschaft dienen, die wir Herbaria viva nennen. In sol- chen haben wir Moose, von C. Bauhins 1593. , Bur- sers 1591. , Petivers 1692. , Morisons 1699. , Junger- manns 1615. , Casp. Schwenkfeds 1600. , Tourne- forts 1694. Zeiten, und noch von den naͤchst verfloß- nen in Herb. vivo a me collecto ab anno 1729. 1730. ad 1770. 40 bis 20, 10 bis 8, 3 bis zu 2 Jahren aufbehalten. Diese wenn sie gut gesammlet, be- hutsam getrocknet, und wohl erhalten worden, zei- gen nach ihren wirklich erfolgten Absterben, noch einen großen Grad von ihrer besondern Lebhaftig- keit, wenn man sie in das allerkaͤlteste Brunnen- wasser leget, in welchen sie sich zuweilen schon in 7 bis 8 Stunden, sonst in 12, 16 bis 30 Stunden, hoͤchstens in 4 bis 5 Tagen voͤllig ausbreiten, und ihr voriges lebhaftes Ansehen, und die Gestalt so weit als moͤglich annehmen, daß man sie, da sie immer gruͤnend sind, fast vor lebendig ansehen koͤnnte, wo man es nicht besser wuͤste. Sie glei- chen hierinnen nicht nur der sogenannten Rose von Jericho Anastatica hierochuntica. Linn. Sp. Pl. 2. 895. Rosa hierochuntea vulgo dicta. C. P. Pin. 484. sehr, die um Cairo, in den sandigen Gegen- Gegenden von Palaͤstina, und sonst an den Ufern des rothen Meeres ihren natuͤrlichen Stand hat, sondern sie uͤbertreffen dieselbe noch deshalb, weil sie ihre Blaͤtter noch haben, welche an jener laͤngst abgefallen sind: doch dehnet sie sich auch in 7, 10 bis 12 Stunden im kalten Wasser voͤllig aus, und so oft man will; wenn sie auch schon weit uͤber 100 Jahre in den Naturaliensammlungen aufbehalten worden ist. Das Ausdehnen der Rose von Jericho gehet zuletzt um desto geschwinder, je oͤfter man sie etwa hintereinander im Wasser wieder hat aufquellen lassen, daß es alsdenn kaum 2 Stunden erfordert Unsere Moose verdienten wegen der Eigenschaft, des so scheinbaren Wiederauflebens im Wasser nach einer so betraͤchtlichen Zeit, den Namen von plantis anasta- ticis s. resurgentibus ebenfals mit Recht. . Ein viel staͤrkerer Grad der Waͤrme zur Wie- derbelebung und des fortzusetzenden Wachsthumes bey denen Moosen, als derjenige seyn mag, der ihnen bey uns zur Winterszeit uͤbrig gelassen und welcher der natuͤrlichste ist, trocknet sie dermaßen aus, daß sie ganz zusammengezogen und an ihren Ansehen veraͤn- dert werden, auch fast duͤrre und abgestorben zu seyn scheinen. Dieses gehet zwar in verdeckten, feuchten, kuͤhlen und schattigen Orten etwas lang- samer, auch weniger merklich zu, aber in freyen, erhabenen und waͤrmern desto geschwinder vor sich. Man wird dergleichen Veraͤnderung an gewissen E 2 Arten Arten der Moose gar bald gewahr, wenn man sie aus ihren natuͤrlichen Standorten, sehr geschwind oder bey warmer Witterung in andere bringet, da sie sich nicht lange hernach zusammen ziehen, welk werden, und eine dabey sehr unkenntliche und unan- genehme Gestalt erhalten. In einem so geringen Grade des Lebens, in welchen sie jaͤhrlich, oder auch sonst, durch das all- maͤhlige Zusammentrocknen versetzet werden, koͤn- nen sie sich eine geraume Zeit befinden, ohne daß sie eben deswegen aufhoͤren sollten zu leben. Man kann ihnen vielmehr hernach ihre Lebhaftigkeit wie- der geben, wenn sie nur nicht wirklich am Feuer, oder sonst durch eine schnell trocknende Hitze getoͤdet worden sind. Denn wenn man sie an ihren ersten schattigen, verdeckten, kuͤhlen und gemaͤßigten seuch- ten Ort bringet, oder aber dem Regen aussetzet, oder ins kalte Wasser leget, so leben sie auf, dehnen sich aus, und wachsen fort. Es ist indessen unmerklich genug, daß derglei- chen Moose, welche, wie schon erwaͤhnet, ohnge- faͤhr schon vor 6, 8, 10, 20, 40, 80, 100, 150, auch 200 Jahren wirklich gelebt, und eingesamm- let worden, nach Verlauf einer so langen Zeit, durch das eindringende kalte Wasser, sich wieder aus- dehnen und einen so großen Grad der Lebhaftigkeit annehmen, daß sie sich dadurch den lebendigen uͤber- aus vergleichen lassen. Diese merkwuͤrdige Eigen- schaft schaft unterscheidet die Moose von vielen andern be- kannten Gewaͤchsen. Man kann zwar einige Pflanzen, mit Beybe- haltung ihres lebhaften Ansehens, Glanzes und der Farbe, zuweilen so behutsam trocknen, wenn es zumahl geschwinde genug geschiehet, und sie bey ei- ner guten trocknen Witterung abgebrochen oder ein- sammlet worden sind; allein sie sind nicht im Stande, sich nach einer gewissen Zeit, abwechselnd wieder zusammen zu ziehen und wieder auseinander zu dehnen, wie die Moose, und die Rose von Jericho. Alles, was man an solchen bemerket, ist in der ersten Zeit, daß sie in der Luft runzlich werden, wenn sie nicht trocken genug worden sind. Das lauwarme Wasser thut dazu, besonders auch an den feinen trock- nen Pflanzen, eine besondere Wirkung, die es dermaßen erweicht, so daß sie sich bald ausdehnen, und lebhafter werden, daß sie sich mit großerer Deutlichkeit darstellen, als vorher. Dieses Mittel wuͤrde noch brauchbarer seyn, wenn das warme Wasser nicht vornehmlich ihre zartesten salzigschlei- migen Antheile auszoͤge, und davon gefaͤrbt wuͤrde. Den Botanisten ist indessen dieser Umstand immer sehr betraͤchtlich, wenn sie ihn bey Untersuchung der Blumen anwenden, wie Hr. Linnaͤus, Schreber und Solander gethan. Es ist ferner eben so gewiß, daß sich verschie- dene Saamen außer der Erde, 3, 5, 8 bis 12 Jahre lebhaft und fruchtbar erhalten lassen, und E 3 nach nach Verfluß dieser Zeit dennoch keimen und wach- sen, und ich selbst habe eigene wohl gelungene Ver- suche mit weit aͤltern, recht wohl reifen und trocknen Saamen gemacht, welche der Zufall, wie ich sicher wissen konnte, weit laͤnger und dergestalt, ohne Ver- derbniß vor der warmen und freyen Luft und einer starken Ausduͤnstung verwahret hatte, daß sie in ih- ren Huͤlsen und Kapseln wenig oder nichts durch die Ausduͤnstung verlohren, wodurch ihre innere naͤhrende Substanz etwa sehr merklich haͤtte veraͤn- dert und unkraͤftig gemacht werden koͤnnen. Fast einen gleichen Zufall habe ich an etlichen knolligen Wurzeln bemerkt, die ich nach und nach im Schat- ten gelinde lufttrocken gemacht, von denen mir nur die Wurzeln von einer großen Art des Knabenkrau- tes Orchis mascula Rivini. s. Orchis galea et alis cinereis. I. B. Hist. 2. p. 755. Cynosorchis latifolia, hiante cuculo maior. C. B. Pin. 80. und die Wurzeln der asiatischen schoͤnen Ra- nunkeln Ranunculus asiaticus. Linn. Sp. Pl. 777. Ranunculus grumosa radice, ramosus. C. B. Pin. 181. noch erinnerlich sind. Von diesen habe ich die erstern ein ganzes Jahr außer der Erde be- halten, die andern 15 Monate. Beyde sind gewach- sen, und haben ihre Blumen gebracht. Was in vorhergehenden angefuͤhret worden, dienet zur Erlaͤuterung, theils der großen und dauer- haften Lebhaftigkeit der Moose, theils zu einer wei- tern tern Vergleichung mit andern aͤhnlichen Umstaͤnden, bey etlichen Gewaͤchsarten. Außer der besondern Dauerhaftigkeit, und ei- nem wechselsweisen Wiederaufleben sehr vieler Moose, wovon vorher eben die Rede gewesen, ist deren erstaunende, und wo die Gelegenheit und Witterung dazu vorhanden, fast uͤbermaͤßige Ver- mehrung, in vielen weitlaͤuftigen Gegenden, auf unsern Gebuͤrgen, Huͤgeln, Wiesen und Triften, in den Landseen, Moraͤsten und andern Grundstuͤ- cken, die nach Verschiedenheit und Lage des Bo- dens, in unsern Forstrevieren, in Gebirgen und waldigen Bruͤchern, auch insbesondere in denen mit jungen Holze wohl bestandenen Oertern, zuwei- len ganz uͤbermaͤßig gefunden wird, in eine beson- dere Betrachtung zu nehmen. Dieses wird sowohl zu physikalischen Absichten, als bey der fernern schicklichen Anwendung gewisser damit verbunde- ner Naturbegebenheiten zu landwirthschaftlichen An- stalten, mit vielen Nutzen geschehen. Alle Wirkungen der Natur, die theils ganz offenbar sind, theils die sich bey der immerwaͤhren- den Unterhaltung ihrer richtig bestimmten Ordnung etwa bedenken lassen, geschehen in einer ununter- brochenen Zeitfolge, dergestalt aufeinander, daß dabey, und dadurch allen moͤglichen Endzwecken zugleich ein Genuͤge geschiehet. Dabey aber ist gar nichts Ueberfluͤßiges, nichts Unzureichendes, nichts Schaͤdliches, es muͤßte denn zuweilen ohne E 4 ihre ihre Schuld, durch Zufaͤlle, oder eine von uns selbst zu besondern Absichten gemachte Anwendung, erst dazu werden. Auch dieses werden einige aus der natuͤrlichen Geschichte der Moose, leicht zu zie- hende besondere Vorfaͤlle hinreichend erlaͤutern. Die Moose, als Beyspiele der allerdauerhaf- testen Gewaͤchse, haben zwar sehr verschiedene Standoͤrter; doch ist ihnen die Feuchte vor andern besonders zutraͤglich; ob sie schon auch, bey andern Gelegenheiten, in derselben und durch dieselbe zer- stoͤret und vererdet werden. Demnach finden sich die Moose auf den hoͤchsten Gebirgen, die fast be- staͤndig unter den Wolken liegen, deren kahle Gipfel sie ganz und zuweilen auf 1 bis 2 Fuß hoch uͤberzie- hen, und daselbst die haͤufigen luftigen Gewaͤsser, der daran sich scheidenden schweren Wolken bestaͤndig in sich nehmen, durch ihr gefilztes Gewebe gleich- sam filtriren und in die unten liegenden Vertiefun- gen Gruben und Spalten sammlen lassen, die sie zuweilen ganz ausfuͤllen. Hier ist, der Erfahrung zufolge, nicht selten der erste Anfang der allerklein- sten, auch in gewissen Himmelsgegenden vielleicht, der meisten Baͤche, dergleichen gar viele auf den Gebirgen, ohne besondere Quelle zu haben, entste- hen, und weil sie aus dem nassen Moose einen be- staͤndigen Zufluß haben, zu fließen selten auf- hoͤren. So betraͤchtlich die Hoͤhe solcher Gebirge auch immer seyn mag, auf welchen die Moose entweder einen einen ganz freyen, oder aber sehr verdeckten Stand haben, eben so ist es mit den tiefen Thaͤlern, den Abgruͤnden und Moraͤsten, im Gegentheil be- schaffen, auch mit den Ebenen, die sich zwischen solchen Gebirgen, auch ganz unten an dem Fuße derselben, besonders an der Nord- oder Westseite befinden, in denen die Moose nicht allein fast alles uͤberzogen und ausgefuͤllet haben, sondern auch viele von denjenigen Moosarten, und fast die mei- sten gefunden werden, die sich sonst auf ihren hoͤch- sten Gipfeln erhalten. Tiefe Klippen, gespaltene, abgerissene, heruntergestuͤrzte Felsen und deren Truͤm- mer, und schattige mit Holz und Strauch bewach- sene Oerter, die am Eingange der Gebirge noch mit Quellen und Suͤmpfen versehen sind, haben hier- bey noch ein vieles voraus. Auch die mit Weiß- tannen, Fichten und Kiefern wohl bestandenen Forstreviere, die sich von den Vorgebirgen in die weitlaͤuftige Ebenen ziehen, in wirkliche Landforste veraͤndern, und zum Theil sehr sandig, grusig, tro- cken und unfruchtbar sind, werden theils mit ver- schiedenen langen, weichen, kriechenden Moosarten, theils mit kurzen, rauhen, struppigten Moosen sehr dichte und hoch uͤberzogen. Diese Umstaͤnde hoͤren nirgend gaͤnzlich auf, sondern vermehren sich, oder sie werden vermindert, nach Verschiedenheit und der Lage des fetten, derben oder leichten, magern Grundes, solange ihr Wachs- thum nicht auf solchen Grundstuͤcken bestaͤndig un- E 5 terbro- terbrochen wird, welche etwa den Pflug unterwor- fen sind, oder auch in Wiesen, welche wohl unter- halten werden, und in Wassern, welche einen zu schnellen Lauf haben, und sehr fleißig gereiniget werden. Denn unsere Wiesen, auch niedrige Fruchtlaͤnder, und Gaͤrten bemoosen leicht, wenn man auf die bestaͤndige Veraͤnderung des Zu- wachses gedachter Gewaͤchse nicht immer auf- merksam ist. Der Sitz der Moose ist in allen vorerwaͤhnten Gegenden, kein ganz besonderer, wenn nur der Grund und alle diejenigen Koͤrper, auf welchen die Saamen oder jungen Moose, bey feuchter Witte- rung anfliegen, einigen Anhalt und Ruhe haben, und sich gegen Wasser, Wind und Sturm so lange befestigen koͤnnen, bis sie sich weiter ausbreiten und alles uͤberziehen. Sie wachsen entweder in ganz freyer Luft und Witterung, oder sie verlangen eini- ge Bedeckung und maͤßige Feuchte, oder sie befin- den sich in und unter Wasser. Da sie auch ihre meiste Nahrung aus der Luft und Wasser an sich ziehen, so ist der Grund oder der Koͤrper, auf wel- chen sie wachsen, den meisten Arten fast gleich, wenn es auch Knochen, metallische Erden, Glas, Schiefer, todtes faules Holz, lebendige und in gu- tem Wachsthum stehende Staͤmme, Fels und an- der hartes Gestein, auch selbst nur Schlaacken seyn sollten. In In tiefen Spalten und Ritzen, zwischen den den Felsen, in offenen Hoͤhlen, und auf Kalkstein wachsen die Moose sehr gerne, und an der Wetter- seite uͤberziehen sie alles, worauf sich ihre Fasern nur so forthelfen koͤnnen, und lassen oft Abdruͤcke von ihrer Gestalt auf den Steinen zuruͤck. In tie- fen Hoͤhlen, verschloßnen Roͤhren, Wasserleitun- gen, und Bergwerken habe ich sie noch nie antref- fen koͤnnen, wo sich doch sonst noch verschiedene Arten von Flechten Algae. und Schwaͤmmen sehr gerne vermehren: sollte es auch in einer betraͤchtlichen Tiefe von 83, 100 bis 130 Lachter an dem Zim- merwerke und Kunstgezeuge selbst seyn. In den Baͤchen, wo eine feine aufgeloͤßte Kalkerde ist, wer- den sie, wie andere Koͤrper, davon uͤberzogen. Die Moose werden zwar außer der Gewaͤchs- kunde, im gemeinen Leben, nach Verschiedenheit der Oerter, in welchen sie ihren Stand haben, ins- gemein in Berg- Stein- Erd- Baum- Holz- und Wassermoose abgetheilet, welchen man fast mit glei- chem Rechte eine Unterabtheilung in den Feld- Wie- se- Wald- und Gartenmoosen zusetzen koͤnnte. Wenn man aber wahrnimmt, daß anfangs gleich und noch wohl eine lange Zeit hernach, ganze Flaͤ- chen, stehende Wasser und Graben fast einzig und allein, oder doch vornehmlich mit Moos uͤberzogen wer- werden, worauf, der Gelegenheit des Bodens und der Witterung halber, vorher keine andre Arten von Gewaͤchsen ihre Nahrung und Aufenthalt haͤt- ten finden oder daselbst festen Fuß fassen koͤnnen, so wird man es in seinen Betrachtungen dabey noch nicht so leicht bewenden lassen, ohne auf die Ursa- chen der vielerley auf einander folgenden Erschei- nungen mit zu denken. Wenn man ferner, unter den mancherley Veraͤnderungen auf der Erde, Tie- fen entstehen siehet, und Abgruͤnde, und Moraͤste sich nach und nach in einer betraͤchtlichen Zeit mit dem Moose uͤberziehen, und mit Schlamme, der vorher darinnen nicht war, sich wieder ausfuͤllen, auch wieder in fruchttragende Ebenen oder Wiesen verwandeln, und folglich gleichsam in einen solchen Stand sich wieder herstellen siehet, in welchen sie vorher gewesen sind, so muß man sich uͤber die ganz unmerklich vorgegangene, vorgehende, und endlich mehr in die Sinne fallende Vorbereitungs- und Verbesserungsanstalten oder Naturhaushaltung hoͤchst verwundern, und in ein tieferes Nachdenken gerathen. Dieses mit Nutzen fortzusetzen, geben uns die Erdmoose insbesondere weitere Gelegenheit, da sie fast die erste und allgemeinste Erddecke ausmachen. Sie uͤberziehen viele hohe Gebirge, Felsen, Huͤgel und weitlaͤuftige Ebenen, in den Waldungen und Wiesen, wie bereits gesagt worden ist, wo sie bald dich- dichter oder lockerer in einander verwachsen, bald nur einzelne Flecken oder auch mehr zusammenhaͤn- gende Rasenstuͤcken bilden. In solchen Moosen sammlet sich ein Theil der aus der Erde aufsteigen- den und in ihre feinen Theilgen dunstartig aufgeloͤß- ten verschiedenen Substanzen, und eine Menge von sehr verschiedenen Feuchtigkeiten aus der Luft, noch außer den vielen Tagewasser selbst. Sie halten sich in einer Art des Mooses, und bey einer Art der La- ge, laͤnger darinnen, als in einer andern, und die Natur der gleich darunter liegenden lockern aber derben obern Erdschichten, die wir Dammerde nen- nen, bestimmet dabey noch ein vieles. Die ver- schiedenen Feuchtigkeiten selbst sind es unterdessen nicht allein, die sich in den lockern Moos einsenken, sondern der Zutritt des allerzartesten Erdschlammes, das ist die unreine Erde von voͤllig verrotteten Thie- ren und Gewaͤchsen, die sich zugleich zwischen den Moos niederschlaͤgt, macht eine neue Erdrinde aus, die man mit Recht vor eine der feinsten, und zu dem nachfolgenden Aufenthalte und der Nahrung mehrerer Gewaͤchse allergeschicktesten nach allen Er- fahrungen angeben kann. Was sich hierinnen durch die waͤßrigen Feuchtigkeiten noch zufaͤlliger- weise salziges und weiter auflosbares befindet, tritt mit jenen in eine neue Verbindung; es durchdringet den uͤbrigen zarten schlammigen Niederschlag, und selbst die obersten undurchwitterten Schichten der wilden Erde, auf eine gewisse Tiefe, zu welcher et- wa wa bey der Filtration wenigstens die mit den brenn- baren und salzigten Theilgen geschwaͤngerten Feuch- tigkeiten gelangen koͤnnen. Hier aͤndern sich zu- gleich manche Eigenschaften selbst, da die Mitwir- kung der Luft nur allzu betraͤchtlich ist; der Moos haͤlt indessen die unmittelbare, allzufreye, schnelle und heftige Wirkung der heißen, der kalten und strengen Luft von denen kuͤnftig unter ihm wurzelnden zarten Saamenpflanzen ab, und erhaͤlt eben in diesen nahr- haften Boden eine gemaͤßigte Feuchte, weil er zum Theil davon selbst eine ziemliche Menge in sich nehmen kann, ehe er sie fahren und durch sich filtri- ren laͤßet, so daß es blos dabey auf die Hoͤhe und Dicke der Moosdecke, auf die Hoͤhe der unterlie- genden Erdschichten, und eine außerordentlich naße oder trockne Witterung ankommt: in dem allerun- fruchtbarsten Flugsande, steinigten Grunde, und Heideboden, ist die Wirkung von eben gedachten Umstaͤnden zusammengenommen, ungemein, und recht augenscheinlich. Ein Grund ist geschickter, daß er von dem Moose bald und hoch uͤberzogen werden kann, als der andere, und den einem ist es eben so nuͤtzlich und nothwendig, wenn ihm hernach die Natur mit Gras und Kraͤutern darauf bald, oder auch lang- samer bekleiden soll, als es einen andern im Ge- gentheil wegen weitern Anwachs mehrerer Gewaͤchse schaͤdlich wird, oder werden kann. Das starke Wachsthum eines bald uͤberhandnehmenden Moo- ses, ses, wird das Bemoosen, und das dazu geneigte Land, ein moosigter Grund genennet. Der Moos, wenn er in sichern Orten, wo es seyn kann und muß, gewisse Zeit in Ruhe gelassen wird, waͤchset viele und lange Jahre fort, (wenn er keine jaͤhrliche oder Sommerart ist); den Grund uͤberziehet er dichte und hoch, da er oberwaͤrts frey fortwachsen kann, unterwaͤrts hingegen sich seine alten Stengel in Wurzeln verwandeln, und am ganz untersten Ende, nach und nach langsam ver- rotten und vererden, wodurch eben die vorbesagte neue fruchtbare Erdschichte erzeuget wird, welche, so langsam und unmerklich es anfaͤnglich, zumahl in trocknen, freyen, erhabenen Orten, auch damit zugehet, dennoch mit der Zeit wegen Zutritt des feinen nahrhaften Schlammes, den die Tagewasser dahin fuͤhren, und in den Lagen zwischen den Moos- wurzeln das Salzige mit dem Fetten und Brennba- ren vereinigen, recht ansehnlich wird: wie es auch selbst die trocknen Heydelaͤnder, am meisten aber dicke und schattige Oerter, beweisen. Bey allen solchen Umstaͤnden, die allerdings vor etwas mehr als vor anscheinend gehalten wer- den muͤssen, wird der Grund zu den nachfolgenden wichtigen Veraͤnderungen auf denen nur durch das Bemoosen vor der Hand gleichsam zu zubereiteten Erdflaͤchen geleget, wie es durch Anflug oder Auf- schlag junger Waldungen, durch Ausfuͤllung gro- ßer Untiefen, Erzeugung eines brauchbaren Tor- fes fes, auch Verwandlung der Moraͤste in Huͤtungen, Wiesen oder tragbares Ackerland, zu unsern Nutzen geschiehet, oder auch zum Schaden, wie es die Verstopfung der Graben und Kanaͤle, der ver- dorbene Graswuchs auf uͤbermoosten Wiesen, und der vereitelte Holzanflug zuweilen bestaͤtiget: bey solchen sage ich, ist es ganz unnoͤthig, zu erweisen, daß in einer langen Zeitfolge, eine Menge von großen und kleinen Ungeziefer, unter dieser natuͤrli- chen Moosdecke, ihren Aufenthalt und Paarung ge- habt, und darinnen vom Ey an bis wieder zum Ey ihre gewoͤhnlichen Veraͤnderungen uͤberstanden. Was nun dergleichen Ungeziefer, nach allen diesen Perioden, in und unter dem Moose zuruͤcke gelas- sen, bis es endlich seinen eigenen Koͤrper darinnen vergraben, welches zu den Eigenschaften der da- von mit entstandenen Erden das seinige beygetragen, ist leicht zu errathen. Was von den bey den Erdmoosen sich er- eignenden Umstaͤnden weiter angefuͤhret werden koͤnnte, kann unter gewissen Einschraͤnkungen, oder Erweiterungen, auf alle andere mit Moos stark uͤberzogene große und kleinere Flaͤchen gehoͤrig ange- wendet werden, und folglich mit einigen Veraͤnde- rungen, auf die in und um die Forstreviere belege- nen Niederungen und Moospfuͤhle, in welchen der Moos nicht selten 1 bis 2 Fuß, auch oft staͤrker in die Tiefe setzet, und abwechselnd unter Wasser stehet. Bey solchen gehet alles oͤfters noch viel weiter, als an an trockenen oder erhabenen Orten. Es kommt viel darauf an, ob dergleichen Oerter zwischen ho- hen Bergen liegen, und von der Hoͤhe und vielen Seiten zugleich einen starken Zusammenfluß von Tagewassern, und auch einen verhaͤltnißmaͤßigen Abzug derselben haben, auch aus was vor Erd- und Steinschichten der Grund und die daranliegenden Berge bestehen, und ob daraus kleine Quellen durch Thon- Alaun- Salz- Kieß- oder Pechkohlen- lager entstehen, die mit in solche tiefen Oerter ihren Eingang nehmen. Denn hier findet man ein mehr oder weniger stehendes faules Wasser, das man zuweilen viel- leicht nicht unrecht fast eine unreine und sehr ver- mischte Erdlauge nennen koͤnnte, in welcher sich ein von allerhand rohen und aufgeloͤßten Erden beste- hender feiner Schlamm, von Zeit zu Zeit, zwischen ein oder etliche Arten des fest verwachsenen Was- sermooses einsenket, und den Grund ausfuͤllen hilft. Der Moos selbst wird oberwaͤrts von Riedgrase Carex. , Rohr Arundo. , Schilf Typha. , Strauchwerk, und einigen dem Moose besonders eigenen Gewaͤchsen ganz zu- sammengesponnen, daß er in ganzen Stuͤcken, als schwimmende Inseln, mit dem Wasser steiget und faͤllet. Unter den schwimmenden, langen, feinen Wassermoosen, (welche bey den Botanisten Hypna genen- F genennet werden) findet sich eine andere Art, wel- che ( Sphagnum palustre candicans et molle ) der eigentliche Torfmoos ist, weil vornehmlich aus dessen Vererdung derjenige feine und reine Wasser- schlamm entstehet, welcher den besten Torf groͤßten- theils bildet, wiewohl davon verschiedene feine gruͤ- ne Wasserconferven die sich in langsam fließenden, und stehenden Wassern dermaßen vermehren, daß sie ganze Flaͤchen uͤberziehen Species confervae. nicht ausgeschlossen werden koͤnnen. Ob wir nun aber schon diejenige Werkstadt der Natur aus angezeigten Umstaͤnden sicher finden koͤnnen, in welcher sie den Torf aus ge- wissen Materien nach langen Jahren erzeuget, so wird doch dessen gehoͤrige Vollkommenheit nicht immer auf eine solche Art bewirket, daß sie bis zu der bekannten Nutzung erhoben werden koͤnnte. Es ist indessen schon genug dergleichen ab- wechselnde Naturwirkungen in ihren wichtigen Fol- gen zu bewundern; und sie verdienten gewiß im- mer aller Orten, wegen eines sonst bey der Feue- rung so vorzuͤglichen Landesproductes, wie der Torf in gewissen Gegenden immer seyn muß, eine ganz besondere Aufmerksamkeit, wo nehmlich das Holz mangelt, und nebst den Steinkohlen immer in ei- nem sehr hohen Preise siehet; auch muͤssen die Be- merkungen uͤber dergleichen natuͤrliche Begebenhei- ten den Kennern, auch sogar den Landeswirth- schaftsverstaͤndigen, nicht anders denn angenehm seyn, seyn, wenn sie sich entsinnen, unter andern gehoͤret zu haben, daß vor ihrer Zeit diese oder jene weit- laͤuftige Oerter, die man als Erdfaͤlle und große Untiefen gekannt, in welchen ehedem manches Stuͤck Vieh ersoffen sey, und auf denen man mit Kaͤhnen gefahren, nach und nach aber mit Moos, Schilf und Riedgras bewachsen gewesen, und end- lich durch den Schlamm dermaßen ausgefuͤllet wor- den, daß man sie trocknen, zu Weiden und Wie- sen, und endlich gar zu tragbaren Ackerlande ma- chen koͤnnen. Nun kommen noch manche und ganz andere Umstaͤnde hinzu, die, außer den nur erwaͤhnten, den allgemeinen Nutzen der Moosdecke betreffen, sie mag in den tiefen feuchten Orten und Moraͤsten, oder auf freyen und erhabenen Bergen, Felsen, und trocknen und schattigen Planen gefunden werden, nur daß die dabey obwaltenden Ausnahmen und Einschraͤnkungen jederzeit in Betrachtung gezogen werden muͤssen; wie man denn dabey voraussetzet, es habe der Moos seit vielen Jahren durch die Luft, die Tagewasser und mancherley Witterungszufaͤlle, allerhand Erd- oder Wasserschlamm, Staub, und in solchen, grobe und feine salzigbrennbare und nahrhafte Substanzen erhalten, die sich auch darin- nen ohne Aufhoͤren noch immer anhaͤufen. Hierdurch befindet sich ein solcher Moos in dem Stande, gewisse Pflanzenarten, die ihm der Zufall im Saamen oder Wurzeln zubringet, eben F 2 so so hinreichend zu naͤhren, und bis zu ihrer vollkom- menen Entwickelung zu erhalten, als ob sie in einer fruchtbaren Erde erwachsen waͤren. Andern Ge- waͤchsen hingegen giebt ein gemaͤßigt feuchter und mehr oder weniger derber filziger Moos nur ihre erste zarte Nahrung, nebst dem Schutze und Aufenthalte, auf eine sehr aͤhnliche Art, wie es sonst ein sehr lockerer nahrhafter Boden auch zu thun vermag, so lange bis sie ihre mehr erstreckte Pfahl- und Hauptwurzeln, durch den feinen Filz des Mooses, in die unterliegenden ebenfals sehr feine Mooserden verlaͤngern, und von da tiefer schlagen, und bis sie endlich in den wilden Grund selbst eindringen; wie es alles von den Auskeimen des Saamens an, bey großen Arten, in einer Zeit von 5 bis 6 Monat geschiehet. Der Moos dienet ihren Wurzeln zu einer sehr sichern Decke gegen allerhand Witterung, sie haͤlt den Grund, in wel- chen sie sich verbreiten, maͤßig feuchte, und giebt ihnen die nahrhaften Feuchtigkeiten nach und nach, die durch diesen Moos langsam filtrirt werden. Diese Umstaͤnde sind gewiß allgemein, und sehr betraͤchtlich; eine Erfahrung von vielen, seit etliche 30 Jahren gluͤcklich darinnen gemachten, sehr einfachen Versuchen bestaͤtiget sie voͤllig: derglei- chen in folgenden zur Erlaͤuterung weiter angefuͤhret zu werden verdienen. Da wir aber hier sowohl mit denen mit dem Erdmoose uͤberzogenen Holzbo- den, als auch andern damit bedeckten Gebirgen, Klip- Klippen und Steinen vornehmlich zu thun haben, die sich in unsern Forstrevieren etwa befinden, au- ßerdem aber mit denen im Wasser schwimmenden großen Moosinseln und Betten; so muß dabey nicht unerinnert bleiben, daß vorerwaͤhnte Hauptum- staͤnde, unter sicher bestimmten Bedingungen, auf saͤmmtlich angezeigte Umstaͤnde sehr wohl passen. Nur muß man bedenken, daß dasjenige, was von den Gewaͤchsen, wegen einer hinreichenden Nah- rung zum voͤlligen Wachsthume im Moose gesagt worden, nur im ersten Falle, von den Erd- gewaͤchsen gelte, sie moͤgen sonst in einem Grunde wachsen, in welchen sie wollen, im andern Falle hingegen, von Bruchgewaͤchsen ( plantis palustribus ) und allen solchen verstanden werden wuͤsse, die ei- nen bestaͤndig nassen und dabey sehr schwammigen Boden durchaus noͤthig haben. Wenn man zu vorgedachten Versuchen, zur Herbst- und Fruͤhlingszeit, die meisten feinen, wei- chen, kriechenden Arten des Mooses, aus stehenden Wassern, feuchten tiefen Wiesen, schattigen Wal- dungen, auch von Baumwurzeln, Staͤmmen, Steinen oder Klippen einsammlen laͤsset, wo sie als ein Filz alles dichte uͤberzogen haben, und davon als ein Pelz abgezogen werden koͤnnen, so ist man schon laͤngst gewohnet, dergleichen, nachdem man sie von Schlamm, Sand, Wurzeln und Pflanzen oder allerhand Blaͤttern gereiniget, und wegen des Schimmels luftt r cken gemacht, an lufrigen Orten F 3 zu zu allerhand Gebrauche aufzuheben. Bauern, Brunnenmacher, Waldbewohner und Gaͤrtner ha- ben dergleichen Vorraͤthe in mancherley Faͤllen sehr noͤthig. Der Naturforscher entdecket an den Moo- sen in besagten Zustande gewisse Eigenschaften und Unterschiede ganz zufaͤlligerweise, welche ihm zu einer ganz neuen Anwendung Gelegenheit geben, zum Nutzen der Naturgeschichte solche Versuche zu machen, die ihm manche Aufschluͤsse von denen im Großen, sich bey der Erhaltung und Vermeh- rung vielerley Gewaͤchsarten zeigenden Umstaͤnden verschaffen, welche er, ohne dergleichen angestellet zu haben, nicht haben wuͤrde. Der Bauer sammlet die Erd- und Wasser- moose Fuderweise ein, und gebraucht sie ganz frisch, ohne sie im geringsten rein zu machen, wenn er um seine Grundstuͤcken von Feldsteinen etwa hin und wieder niedrige Steindaͤmme zu setzen und zu befe- stigen noͤthig hat, die bey feuchter Witterung, bald, auch sonst nach und nach mit den in Saamen anfliegenden Gras und Kraͤutern uͤberwachsen. Der Brunnenmacher verlanget feinen, langen, weichen und einen sehr reinen Moos, um seine Brunnen damit nach bekannter Art auszusetzen. Die Gaͤrtner hingegen nehmen die feinsten und weichsten, schwimmenden Moosarten am liebsten, wenn sie dergleichen haben koͤnnen, auch wohl die langen kriechenden Erd- und Baummoose, aus den schattigen Waldungen, die sie aber von Gras und andern andern Saamen oder Pflanzen eben so rein nicht machen, auch selten so lufttrocken gebrauchen, als es eigentlich seyn muͤßte. Die wilden Thiere und einige Voͤgel machen ihre Lager und Nester davon, und wer weiß nicht, daß gewisse Erdbewohner ihre Ruhe darauf nehmen. Wenn nun ein solcher eingesammleter Moos hernach, uͤber kurz oder lang, zum Einpacken ande- rer Gewaͤchse beym Versenden gebraucht wird, da er einige Zeit, in Schachteln und Kasten enger zu- sammengepreßt liegen muß, so ziehet er ganz von neuen Feuchtigkeit an, die er sowohl aus der Luft, als bey einer langwierigen Versendung von 14 Ta- gen bis 3 oder 4 Wochen von Regen in sich nimmt, welche diejenige noch vermehret, so er bereits aus dem darinnen liegenden frischen Gewaͤchsen enthaͤlt. Die noch mit weniger Erde umgebenen Wurzeln solcher Gewaͤchse, verlaͤngern sich alsdann gar leicht uͤberall in den Moos, und spinnen denselben zuletzt in feste Klumpen zusammen, daß man davon ein feines netzfoͤrmiges Gewebe durch und durch ge- wahr wird. Dieser Zufall ist mir vor 27 Jahren bereits mit einer Schachtel voll Nelkenpflanzen begegnet, welche von Nuͤrnberg nach Leipzig etwas laͤnger un- ter Weges war, als es seyn sollte: vor nunmehro 22 Jahren aber, mit einem Pisang, ( Musa ) die mir von Wien nach der Trebnitz geschickt wurde. Beyde Vorfaͤlle, und die ich seit 1729 mit andern F 4 in in hohen Gebuͤrgen unter den tiefen Steinklippen und Spalten der Felsen haͤufig vorgekommenen, sehr gut vergleichen konnte, gaben mir Gelegenheit, nach der Hand wegen der eigentlichen Nahrung der Gewaͤchse im Moos, ohne Erde, von der dazu ge- schickten Materie, ihren Unterschieden und uͤbrigen Eigenschaften, selbst eigene Versuche zu machen, und dazu alle und jede mir bekannte Gewaͤchsarten nach und nach anzuwenden, von welchen im Ver- folg weitere Anzeige geschehen soll. Fort- Fortgesetzter Beytrag zur natuͤrlichen Geschichte der Moose . N och ein sehr gemeiner und hierher gehoͤriger Umstand kann nicht unerinnert bleiben, da er den Gebrauch, nebst der Unterhaltung des Mooses zu besondern Absichten, in den weitlaͤuftigen Orange- rien betrift, und fast jaͤhrlich in solchen Gaͤrten beym Austreiben der neu aus Italien und der Barbarey bey uns ankommenden Orangen- und Citronenstaͤm- me vorkoͤmmt. Dieser Gebrauch des Mooses dienet zur Befoͤrderung einer besondern Naturwir- kung bey solchen der Krone und Wurzel vollig be- raubten Staͤmmen, wobey er zu Unterstuͤtzung der Absichten des Gaͤrtners fast nothwendig ist, auch deshalb der Aufmerksamkeit und fernern Anwen- dung der Naturforscher wuͤrdig genug seyn muß. Nur gedachte Orangen- und Citronenstaͤmme, die, F 5 wie wie sie in Italien zu gewisser Jahreszeit aus- und abgehauen worden sind, werden in einem solchen verstuͤmmelten Zustande, in Kisten, oder auch we- gen besonderer Laͤnge und Staͤrke, nur zuweilen in Matten gepackt, auf die Schiffe gegeben, wo sie ei- nen 3, 4 bis 5monatlichen Aufenthalt ohne weitere Pflege haben, auch oͤfters sehr betrocknet oder an den Rinden stark beschaͤdigt, im Juny und July bey uns ankommen; da man sie sonst schon im Maͤrz und April erwarten koͤnnte. Sobald sie ausgepackt worden sind, laͤßet man sie verluften, und in gute luftige Keller bringen, worauf sie ferner mit groben Lappen wohl abgerie- ben, gewaschen, und in der Luft rein abgetrocknet werden. Sollten sie aber alle zu spaͤt, und wie es zuweilen geschiehet, ziemlich eingetrocknet ankom- men, werden sie einige Tage lang wie die Setzlinge der Weiden, Erlen und Pappeln, ganz und gar in ein weiches Wasser geleget, um ihre Rinde zu erweichen, daß sie den noͤthigen Saft einsaugen kan, worauf sie in freyer Luft etwas abtrocknen muͤssen, daß sie gepflanzt werden koͤnnen. Die Gaͤrtner, die zum Verpflanzen solcher Staͤmme bereits einen guten Vorrath einer recht guten, nahrhaften, maͤßig feuchten, und lockern Gar- tenerde, die sie zu den Orangebaͤumen besonders mischen, schon besorgt haben, halten auch vor je- den Stamm insbesondere, einen verhaͤltnißmaͤßig großen Kasten fertig, der sich nach dem Umfange seiner seiner abgehauenen Wurzeln richtet, und etliche Zoll weiter ist als jene. Zugleich haben sie ein war- mes wohl ausgedunstetes Mistbeete in einem Glaß- oder Treibehause in Bereitschaft, das sie mit Ger- berlohe bedecken. In dieses setzen sie gedachte Orangebaͤume hernach dergestalt, daß sie zwar eine bestaͤndige und voͤllige Waͤrme davon haben, aber die nachgehends ausschlagenden jungen Wurzeln nicht verbrennen. Nach Berichtigung dieser Umstaͤnde, werden die Citronen- und Orangestaͤmme, fals es noch nicht geschehen seyn sollte, ganz und gar mit frischen reinen und weichen lufttrocknen Moose beleget, und durch das Umwinden des Bastes, daran befestiget. Die Erde wird alsdenn nicht eher allmaͤhlig be- gossen, bis der Saft in die Rinde, dieser mit Moos bedeckten Staͤmme, in gehoͤrige Bewe- gung gebracht worden, daß sie unter einem staͤrkern Ausdampfen und Einsaugen ihrer jun- gen Zweige und Wurzeln bereits zu treiben ange- fangen haben. Diesen Zustand aber befoͤrdert eine anhaltende starke Hitze im Treibehause, welche durch die Sonne gut unterhalten wird. Da sich nun bey einer solchen Waͤrme die Feuchte des de- ckenden Mooses sehr merklich verringert, so wird sie durch ein abwechselndes Besprengen mit lauen, weichem Wasser bestaͤndig unterhalten, welches mit den nassen Strohwedeln geschiehet. Bey Bey einer solchen Behandlung werden Wur- zeln und Zweige wieder in Wachsthum gebracht, und wenn sie sich verlaͤngern, steifer werden, und in der Erde und Luft gehoͤrige Dienste thun koͤnnen, nimmt man den Moos nach und nach von den Staͤmmen wieder ab. Waͤhrend der ersten Zeit aber bringet der feuchte Moos alle in ihm verbor- gen gewesene Saamen und Wurzeln herfuͤr, daß er in der Folge mit Gras und Kraͤutern eben so stark bedecket seyn wuͤrde, als in seinem natuͤrlichen Standorte selbst. Mit den Orangestaͤmmen hat unser zahmer Birnbaum, wenn man ihm Wurzel und Krone genommen, vor den uͤbrigen Baumar- ten eine ziemliche Aehnlichkeit, welches Umstandes man sich vielleicht schon laͤngst auf eine weit nuͤtz- lichere Art haͤtte bedienen koͤnnen, als man gethan, oder zu thun verstanden hat. Der aufmerksame Naturforscher aber, dem es uͤberall um die Entdeckung von Spuren der Natur- wirkungen zu Erweiterung seiner Wissenschaften zu thun ist, saͤumet auch hier nicht, von diesen Vor- faͤllen eine bessere und noch richtigere Anwendung zu machen. Denn er bemerket bey den unterschied- lichen Moosarten, die nach allen davon bekannt ge- wordenen Umstaͤnden, gewiß nicht etwa eine nur zu- faͤllige und daher gleichguͤltige, oder wie sich man- che davon vorstellen, gar eine schaͤdliche Erdbede- ckung bilden, daß in ihnen allerhand Gattungen von Gewaͤchsen, eben sowohl einzeln wachsen, wie es es zwischen den Steinen, Mauern, Klippen und Felsen geschiehet, sondern auch in groͤßter Menge aufschlagen: wie man an ganzen Fichten- und Tan- nenwaldungen, in den Gebirgen und sogar auf den ausgetrockneten Moospfuhlen und Wiesen findet, welche in dem Moose ihren ersten Anfang nehmen, wo sie sich eine geraume Zeit erhalten, bis sie nach einigen darinnen uͤberstandenen Veraͤnderungen, endlich in die darunter liegenden und ihnen eigentli- cher zukommenden festen Erdschichten tiefere Wur- zeln schlagen, und zu eben der Groͤße, Staͤrke, Dauer und Ansehen gelangen, als ob sie gleich an- fangs aus ihren Saamen in der bloßen Erde ent- standen waͤren. Von vielen andern aber wird man gerade das Gegentheil gewahr, als welche zwar, wie fast alle, in den Moos entstehen, und aus den Saamen in den ersten Jahren gut und schnell aufwachsen, aber darinnen nur einen gewissen Grad der Ausbildung erreichen, welchen sie nicht uͤberschreiten, sondern als- denn langsam wieder vergehen. Denn ein ziemlich an- sehnlicher Theil von groͤßern Gewaͤchsen hat in dem Moose eine uͤberaus kurze Dauer, wobey er sich sehr schlecht entwickelt, daß er nicht nur sehr selten zur Bluͤthe und Frucht gelanget, sondern auch so- gar in haͤufige Mißgewaͤchse ausartet. Außerdem findet der Naturforschende, nach Verschiedenheit des Grundes, den der Moos uͤber- zogen hat, daß er denen oberwaͤrts sehr flach aus- strei- streichenden Thauwurzeln der Baͤume und Straͤu- cher gegen eindringenden Frost und Hitze, Duͤrre, und eine uͤbermaͤßige Naͤsse, einen hinreichenden Schutz giebet. Er reiniget, filtriret und maͤßiget die zufließenden Tagewasser, und befoͤrdert die na- tuͤrliche Besaamung aller Gewaͤchse zugleich uͤber- all. Es verdienen dergleichen in der Naturkunde und Haushaltung so wichtige Umstaͤnde, allerdings eine weitere Untersuchung und Anwendung, ob gleich sehr viele Menschen dergleichen Vorfaͤlle vor allzu gemein, bekannt und geringe schaͤtzen, und also auch die wahre Groͤße und Ordnung in den Natur- wirkungen mit Fleiß verkennen, oder aber in den Folgen nicht zu beurtheilen wissen, und folglich we- nig reizendes dabey finden. Es dringet sich indessen den Botanisten vor andern eine Menge von guten Erfahrungen auf, wenn sich nehmlich deren Wissenschaft nicht etwa mit der bloßen Bestimmung der Geschlechtszeichen bey den Gewaͤchsen, in den Gaͤrten und Studier- stuben endiget, sondern wenn sie vielmehr die Gewaͤchse in ihren natuͤrlichen Standoͤrtern zu Be- forderung des allgemeinen Nutzens, mit Nachden- ken zu sammlen, und bey der Sammlung selbst, auf alles dasjenige wohl acht zu haben gewohnt sind, was sie an ihnen in dem verschiedenen Zustande be- merkenswerthes finden. Um also die Gewaͤchs- kunde ebenfalls immer gemeinnuͤtziger zu machen, habe ich mir von jeher zu einem Gesetze gemacht, der- dergleichen gruͤndliches Verfahren auf alle Weise nachzuahmen, wovon ich auch jederzeit erwuͤnschte Wirkungen gefunden habe. Da mir nun Anno 1732. ehedem die Erneuerung des botanischen Gartens bey der Universitaͤt zu Leipzig, nebst der Wiederherstellung und Ordnung des im Horto Caspar Bosiano befindlichen Vorrathes von Gewaͤchsen zugleich aufgetragen war, dabey ich die Sammlung der fehlenden Arten mit uͤbernehmen muste, so fand ich eine zu meinen Absichten taug- liche sehr bequeme Gelegenheit, weil ich insbeson- dere die Gewaͤchse aus den benachbarten Gebirgen und Gegenden zusammentragen mußte. Ich wurde nehmlich die natuͤrliche starke Ver- mehrung vieler Gewaͤchse durch den Moos gewahr, von denen mir vorher noch wenig bekannt war. Die Farnkraͤuter Filices. waren unter andern die ersten, die ich unter den schattigen Klippen, aus den mit Moos ganz ausgefuͤllten Spalten und Hoͤhlungen der Steine um die Quellen herausziehen konnte, besonders das Engelsuͤß Polypodium officinale. , die Mauerraute Asplenium Ruta mu- raria. den rothen Steinbrech Trichomanes Tournefort. , das Milzkraut Asplenium Ceterach. und andre kleine Arten des Steinfarns Polypodium Dryopteris et Phaegopteris. . Diese und und mehrere hatten mit ihren feinen Haarwurzeln den Moos uͤberall so dichte durchwachsen und so feste zusammengesponnen, daß man sie ohne zu zer- reißen, nicht auseinander wickeln konnte. Zuwei- len waren diese in Moos verwachsene Wurzeln zu- gleich mit einer zwischen den Felsen mit dem Wasser herausdringenden zart aufgeloͤßten feinen kalkichten, thonichten oder einer andern topfsteinartigen Erde vermischt und uͤberzogen, zwischen welche sie sich dergestalt, gleich einem im Wasser aufgeloͤßten Gipse dazwischen eingesenket, daß sie den sonst be- kannten incrustirten Moose nicht unaͤhnlich gewor- den, und davon noch weniger zu trennen waren. Uebrigens hatte Wurzel und Moos in solchen Tuff- steinartigen Ballen Feuchtigkeit genug, auch junge Blaͤtter getrieben. In diesen gedoppelten Zustande nahm ich viele von dergleichen Wurzelklumpen mit mir, und pflanzte sie an einen schattigen feuchten Ort in gedachten Gaͤrten, wo sie gut fortgewach- sen sind. Nach dieser Zeit begegneten mir nicht nur kurz vorher angezeigte Pflanzen im Moos, nebst andern Stauden und einigen Holzarten von mittelmaͤßiger Groͤße Sambucus racemosa. Lonicera Xylosteum. Vibur- num Lautana. , welche in der Bluͤthe stunden, die ich Mefpilus. Cotoneaster. Crataegus Torminalis. Daphne Mezereum. Clematis. mit mit sammt den Moosballen mit mir nahm, und mit gleichem guten Erfolg verpflanzte. Zuweilen machte dieser Moos eine sehr hohe, feste, lockere aber filzige Decke uͤber die Felsen, wo er ihre Ri- tzen und groͤßere Spalten ausfuͤllte, und eine ge- ringe Unterlage von einer von vergangenen Moos- wurzeln entstandenen sehr feinen Erde hatte. Die zwischen solchen Felsen und Huͤgeln gelegenen torfi- gen Abgruͤnde waren gleichfals ungemein hoch mit einem solchen Moose uͤberzogen, und nur Gras, Kraͤutern, Strauchwerk und jungen Baͤumen Pinus. Picea. Betula alba. Fagus communis. von 4, 6 bis 7 Fuß lang dergestalt bewachsen, daß ich sie mit sammt dem Moose, worinnen sie stunden, gleich als mit einem Pelze, auf einmahl davon fleck- weise abziehen konnte. Da ich aber das, was ich eben gesagt habe, einstmals in einem etwas weitlaͤuftigen Sumpfe Im Saͤchsischen Erzgebuͤrge, hart an der Boͤhmi- schen Grenze, zu St. Neidhards Thal, uͤber Ey- benstock. thun wollte, entbloͤßte ich auf einmahl einen ziemli- chen großen Platz von seiner Moosdecke, welche mit niedrigen Strauchwerke Erica glabra. Vaccinium Oxycoccus et vligi- nosum. ganz durchflochten war, und es kam bey naͤherer Untersuchung unter diesem dichten Moose eine starke Lage von einer nas- sen, G sen, schmierigen und schneeweißen feinen Erde zum Vorschein, die sich in der Tiefe eines Fußes fast uͤber den ganzen Sumpf erstreckte. Von dieser Erde nahm ich so viel mit mir, als ich fortbringen konnte, und da sie sowohl an meinen Haͤnden in der Luft, als in den Papieren an der Luft trocken ge- worden war, und in kurzer Zeit eine vortrefliche der Schmalte gleichende blaue Farbe angenommen hatte, erkannte ich sie nachhero gar bald vor eben diejenige, von welcher Herr Hofrath Springsfeld In Act. Nat. Curiosor. Vol. X. Obs. 33. unter der Benennung der Eccartsbergischen Erde eine besondere Nachricht gegeben, die er nesterweise unter dem Schwefelkiese angetroffen, und gefunden, daß ihre blaue Farbe vom Eisen abstamme, wie denn auch der verstorbene Herr Bergrath Lehmann In seiner Abhandlung von Floͤtzgebirgen, pag. 200. fast eine dergleichen Erde aufuͤhret, die im Centner 25 Pf. Eisen gehalten haben soll. Das folgende Jahr habe ich durch einen aͤhnlichen Umstand eben der- gleichen Erde im hohen Boͤhmischen Gebirge, in einem Moosbruche entdecket Bey dem Bergstaͤdtgen Gottesgabe. , und in der Neu- mark und Pommern findet sie sich auch hin und wieder, aber nur mit einem wenigen Eisengehalte. Sehr viele von solchen mit dem Moose in ei- nen Filz fest verwachsene Pflanzen brachte ich da- mals nach den botanischen Garten zu Leipzig, wo ich ich sie bey einem guten Wachsthume so lange er- hielt, bis sich endlich entweder die Ameisen zu stark einnisteten, oder die gemeinen Gartenkroͤten sie so un- terwuͤhlten, daß sie verdorren mußten. Die oͤftern Beobachtungen uͤber dergleichen wilde Pflanzen setzten mich unterdessen im Stand, daß ich nicht nur diesen uͤbeln Zufaͤllen vorkommen, sondern auch uͤber die Unterhaltung mancherley Gewaͤchse im Moose ordentliche und sichere Versuche anstellen konnte. Dergleichen habe ich hernach seit 1736, bis auf diesen jetzigen Fruͤhling, mit allen Veraͤnde- rungen immer abwechselnd fortgesetzt, dazu allerley Gewaͤchse angewendet, und solche sowohl aus Saa- men als Wurzeln im Wasser- und Erdmoosen erzogen. Zu diesem Ende habe ich jaͤhrlich die erforder- liche Menge von solchen dazu schicklichen Arten des Mooses zusammenbringen lassen, welche zu Haupt- versuchen zuweilen sehr viel ausmachte. Diese wurde von Schlamm, Sand, Wurzel- und Blaͤt- terwerk gereiniget, und bald frisch, bald lufttrocken, gebraucht. Um den verschiedenen nahrhaften Gehalt dieser oder jener Moosart zu erfahren, laugte ich selbige mit Wasser so lange aus, als die zwischen denselben be- findliche feine erdigsalzige, schleimige und brenn- bare Materie das Wasser faͤrben, und noch einige Spuren geben wollte, und machte dieses ausge- laugte Wesen durch sehr gelindes Abdampfen zu G 2 einem einem Extrakte, ich destillirte es, und verfuhr sonst in allem dabey, wie schon vor mir der fleißige Kuͤl- bel mit seinen Erden gethan hatte. Die verschie- dene Beschaffenheit und Menge der naͤhrenden Ma- terie des Mooses wird nach dem Unterschiede der Oerter und ihrer Lage immer betraͤchtlich, und ist der Pflege halber, welche die in den Moos gesaͤeten oder gepflanzten Gewaͤchse haben, wohl in Betrach- tung zu ziehen. Nach eben diesen Unterschieden, findet sich außer der kurz vorher angefuͤhrten nahrhaften Ma- terie, die sich von Zeit zu Zeit in dem dicken Moose angesammlet, noch eine groͤbere Erde mit Salz ver- mischt, nebst einem feinen Schlamme und viel oder weniger von andern halb vererdeten Ueberbleibseln darinnen, nachdem nehmlich Wind, Regen und Ue- berschwemmung, nebst den kleinen Thieren und dem Ungeziefer, viel oder wenig zufuͤhren und darinnen absetzen koͤnnen. Alles dieses muß in der Folge endlich dazu dienen, daß es, mit den untersten abge- storbenen Enden der Mooswurzeln, mit der Zeit eine neue und feine Erdlage bilden hilft. Damit sich aber meine schon oft angefuͤhrten Versuche auf alle natuͤrlichen Klassen der Gewaͤchse gehoͤrig ausbreiten moͤchten, so habe ich auch fast alle zu der Zeit in den botanischen Gaͤrten befindli- che, und sonst andere, außer den wilden vor den uͤbrigen sonst schwer zu cultivirenden Wasser- und Bergpflanzen, so lange in dem Moose zu un- ter- terhalten gesucht, als es zu meinen Absichten noͤ- thig gewesen. Wie ich denn die Gewaͤchse aus den Lust-Kuͤchen- und Baumgaͤrten, nebst den Getreide- arten, dazu nach und nach dergestalt angewendet ha- be, daß ich fast nicht weiß, ob mir damals noch viele von bekannten gangbaren fremden und einhei- mischen zu versuchen uͤbrig geblieben seyn sollten. Zu geschweigen, daß ich sehr viele zu unterhalten nicht einmahl noͤthig gefunden, weil ich sie wider meinen Willen dabey eben so wenig habe ganz aus- rotten koͤnnen, als die Gaͤrtner das gemeine Un- kraut. Denn viele kamen aus ihren Saamen von selbst zum Vorschein, sowohl aus dem trocknen Sandboden als aus strengen Acker, daß ich genug zu vertilgen hatte. Die seltenern Wasser- und Berggewaͤchse, die sich in den botanischen Gaͤrten sonst so schwer unter- halten lassen, daß sie auch deshalb sehr selten vor- kommen, weil sich kein Gaͤrtner leicht daran wagen will, habe ich bey diesen Versuchen etwas genauer kennen lernen, als vorher, und in Absicht auf man- che physikalische und oͤkonomische Umstaͤnde weit nuͤtzlicher befunden, als ich zuvor gewußt hatte. Die meisten Arten von unsern Erd- und Was- sermoosen habe ich zwar zu meinen Versuchen eben so geschickt befunden, als sie im natuͤrlichen Zustan- de sind, doch immer die eine mehr fuͤr der andern, da sowohl das Saͤen und Pflanzen der Gewaͤchse immer seine besondern und verschiedenen Arten von G 3 selbst selbst anzeiget. Die langen kriechenden, reinen und weichen an der Luft wohl getrockneten Moose Hypna. deren sich die Brunnenmacher insbesondere bedie- nen, habe ich vor den uͤbrigen am geschicktesten be- funden. Diese wachsen in schattigen feuchten Wal- dungen, auf niedrigen Wiesen, in stehenden Was- sern, Teichen und Graͤben. Sie ziehen einen ge- wissen Theil der Feuchtigkeit allmaͤhlich in sich, wie ein baumwollnes Lampendocht, und lassen das uͤber- fluͤßige bald wieder von sich. Dabey sind sie weich und locker, sie muͤßten denn sehr derb zusammenge- druͤckt worden seyn. Unter den Erdmoosen giebt es andere, welche mit Stengel und Blaͤtter gleich gerade auf und sehr dichte wachsen, wie eine Buͤrste, dabey sie eben so steif, hart und struppich gefunden werden, und ganze erhabene feste Rasenstuͤcken bilden, auf wel- chen das Wasser ablaͤuft und der kleine und leichte Saame abgespuͤlet wird, daß sie auch einige Zeit trocken bleiben, ehe die Feuchte eindringen kann, weshalb das Moos- und Streurechen zuweilen be- sonders in den Holzschlaͤgen erlaubet werden muß. Sie finden sich sehr haͤufig auf hohen und trocknen Heiden, zwischen dem Heidekraute und im Sand- boden, und schicken sich zur natuͤrlichen und kuͤnstli- chen Besaamung und Verpflanzung der Gewaͤchse viel weniger, als die vorigen, außer, wo sie sehr feucht und schattig stehen, da ich denn 2, 3jaͤhrige Eichen Eichen und Fichten darinnen gefunden habe, deren Pfahlwurzeln bereits tief durch sie hindurch in den unterliegenden Waldboden eingedrungen waren. In der Mitte des Octobers ließ ich insgemein den zu meinen Versuchen noͤthigen Vorrath von weichen lockern Moosen einsammlen, an einem war- men erhabenen Orte ausbreiten und so lange wen- den, bis er an der Sonne trocken geworden war, worauf er auf einen luftigen Boden verwahret wurde. Wenn ich aber mitten im Witter daran einigen Mangel hatte, ließ ich mir dergleichen von Brunnenmachern holen. Bey dem Verwahren des oft erwaͤhnten Moo- ses auf einem luftig und warmgelegenen Boden eines Gartenhauses, bekam ich eine Kenntniß von etwas besondern, daran ich damahls am wenigsten dachte, daß nehmlich die großen rauchen gelbbrau- nen Erdbienen, die man sonst Hummeln nennet, und an den etwas erhabenen Wiesenraͤndern, den Feldraͤumen, an und zwischen den Feldhecken, 1—½ Fuß tief in der tragbaren Erde, unter den Baum- wurzeln und sonst in flachen mit Moos ausgefuͤllten Gruben, in den trocknen Waͤldern zu finden ge- wohnt ist, daß eben diese Bienen, auch in den Moos auf den Boden ihren Stand nehmen. Sie hatten aber ein so starkes Nest daselbst gebauet, wo- rinnen man das Volk ohne die Brut, im Monat Juli schon an 6 bis 700 rechnen konnte, da sonst ihre Schwaͤrme ungemein schwach im Juli sind. Der G 4 Um- Umstand gab indessen Gelegenheit, daß ich mit eben dieser wilden Bienenart, wie mit der allergroͤßten schwarzgelben, von 1745 an bis 1748 jaͤhrlich Versuche machte, bey welchen mir der Moos tref- lich zu statten kam. Meine allerersten Versuche, zu welchen ich das Moos in so betraͤchtlicher Menge einsammlen ließ, stellte ich in der Mark Brandenburg mit Saͤen und Pflanzen der Gewaͤchse, in den ehema- ligen botanischen Garten des Herrn von Ziethen zu Trebnitz an, und folglich unter den Augen eines sehr großen Kenners von Gewaͤchsen und ihrer Un- terhaltung. Dieses geschahe zur Herbstzeit, mit aller Aufmerksamkeit und Ordnung, und ich waͤhlte gleich zum Anfang die Gewaͤchse dazu, die nach meinem Beduͤnken dazu die geschicktesten seyn konn- ten, nehmlich die schoͤnen Varietaͤten von Anemo- nen und Ranunkeln, Zwiebel- und Knoilengewaͤch- sen, nebst andern, die man sonst zur Winterszeit auf Glaͤsern im Wasser zu treiben pfleget. Diese alle legte ich in Gartentoͤpfe, die mit lockern oder derbern Moose gefuͤllet waren. Diesen folgten andere fruͤhe Fruͤhlingsgewaͤchse als niedrige Grides, Croci, Narcissi, Hyacinthi, Amaryllis formosissima, Erdbeeren, Primeln, Au- rikeln, nebst etlichen Aloes und andern saftreichen, zwischen der Linie und beyden Tropicis wachsenden und bey uns 2mahl bluͤhenden Gewaͤchsen, wie es etwa sonst der Raum der Gewaͤchs- und Treibhaͤu- ser ser verstatten wollte. Jede Art erforderte eine aͤhn- liche Aufsicht und Pflege, als ob sie in der Erde er- zogen wuͤrde. Noch vor Eintritt des Winters pflanzte ich kleine Orangebaͤume, Jasmine, Paßionsblumen, fruͤhe Kirschen, Zwergmandeln, Pfirschen, Apri- cosen und Pflaumenbaͤume, in diesen Moos, mit dessen Ausgang hingegen, verschiedene Species von Aloes, Cacto, Mesembryanthemo, Euphor- bia, Crassula, Stapelia, Cotyledoniaus, Garten- nelken, Coffeebaͤumen, Pisang, Ananassen, und von fremden Geraniis . Ich steckte allerhand Gar- tenerbsen, saͤete Kuͤchenkraͤuter und einige Getrei- dearten, und kurz solche Gewaͤchse, von welchen ich wahrscheinlich wissen konnte, daß ich ihnen in dem Moose hinreichende Nahrung zu verschaffen im Stande waͤre. Mit diesen und dergleichen Anstalten fuhr ich jaͤhrlich mit gutem Erfolg abwechselnd fort, bis ich endlich weiter mit Absenken, Ablegen und mit Ab- schnitten von vielen Gewaͤchsen auch Versuche machte, wie es sonst in der Erde damit zu geschehen pflegt. Den Beschluß dieser Versuche machte ich im Trebnitzer Garten, mit etlichen gemeinen Kuͤ- chengewaͤchsen, als Salat, Gurken, Petersilie, auch Coloquinthen, und endlich mit der Tannen- und Fichtensaat. Das, was ich hier erzaͤhle, brachte mich her- nach auf den Einfall, in folgenden Jahren zu Ber- G 5 lin lin einen kleinen Moosgarten anzulegen, welchen ich wieder aufheben konnte, wenn ich wollte. Hier waͤhlte ich wegen Abzug der Feuchtigkeiten einen Platz von 30 Fuß lang und 17 Fuß breit, welcher ein gutes festes Steinpflaster hatte, und etwas schraͤg war, so gut, als ich ihn dazu bekommen konnte, und ließ ihn mit reinen weißen Sande be- streuen. Die dazu tauglichen Gewaͤchsarten wa- ren saͤmmtlich von solcher Beschaffenheit, daß sie nur flache Wurzeln trieben, die uͤber dem Stein- pflaster sich uͤberall in den Moos verbreiteten. Die- sen Platz uͤberdeckte ich mit Moos, fast einen Schuh hoch, und theilte ihn durch lange befestigte quer darauf gelegte Latten in lauter schmale Bee- ten, wodurch der Moos etwas derber zu liegen kam, die Steige hingegen zwischen diesen Moos- beeten blieben blos. Den Platz versahe ich end- lich mit einem niedrigen hoͤlzernen Gitterwerke, und richtete ihn so ein, daß ich die Natur so viel moͤg- lich eben so nachahmen konnte, als ob ich in die Erde haͤtte saͤen und pflanzen wollen. Ueberhaupt stellete ich sowohl bey diesen letz- tern, als allen uͤbrigen Versuchen mit den Gewaͤch- sen, eine genauere Wahl an, und beurtheilte sie jederzeit, der Pflege halber, nach ihrem verschiede- nen natuͤrlichen Stande, welchen sie in verschiede- nem Grunde und abwechselnder Lage von selbst nehmen. Denn nach selbigen muͤssen sie auch be- handelt werden, wenn man sie auf eine solche Art unter- unterhalten will, daß sie in dem Moose nicht schlechter werden, als sie in der Erde gefunden werden. Es fallen aber auch bey einem solchen Verfahren ungemein viele Hindernisse weg, wo- durch die Versuche in den Garten sonst aufgehal- ten, erschweret oder gar vereitelt werden. So wie nun eine richtige Kenntniß der natuͤr- lichen Standoͤrter der Gewaͤchse, unter ihren Him- melsstrichen, hier alle Vortheile verschaffet, so ist auch die Vernachlaͤßigung und Unwissenheit dersel- ben, bey den gemeinen sogenannten Kunst- und Lust- gaͤrtnern und andern Liebhabern zeithero noch im- mer eine dieser Ursachen gewesen, warum sie sich an die Cultur der Gewaͤchse im Moose noch nicht haben machen wollen. Fast aus aͤhnlichen Ursa- chen haben sie manche schoͤne und seltene Gewaͤchse in der Erde weit muͤhsamer, und mit einen weit schlechtern Gluͤcke zu erziehen gesucht, die sowohl im Moose weit geschwinder wuͤrden fortgewachsen seyn, als sie darinnen eine laͤngere Dauer gehabt haben wuͤrden. Manche Gewaͤchse haben sie außer dem Moose gar nicht unterhalten koͤnnen, und folglich derglei- chen zu ziehen vor unmoͤglich gehalten, welches sie vielleicht auch wirklich seyn wuͤrden, wenn sie bloß unter solchen Leuten ohne weitere Anwendung haͤt- ten bleiben sollen. Die botanischen Gaͤrten haben deshalb manches nuͤtzliche Gewaͤchse verlohren, und wie viele muß man nicht noch immer entbehren, die zu zu Erlaͤuterung wichtiger Wahrheiten dienen koͤnn- ten, und von welchen man zuverlaͤßig weiß, daß ihre Unterhaltung durchaus im Moose gesche- hen muß. Aus Vergleichung des natuͤrlichen Standes, welchen die Gewaͤchse in verschiedenem Grunde ab- wechselnd nehmen, mit denen daher entspringenden Veraͤnderungen, die man unter jedem Himmelsstrich an denselbigen wahrnimmt, kann man von gewissen Arten zum voraus schon ziemlich wissen, ob sie in lockern, weichen und immer feuchten Moose fort- kommen und sich darinnen erhalten werden. Fast alle Pflanzen, die einen dergleichen aͤhnlichen lockern fruchtbaren und maͤßig feuchten Boden lieben, wie er auf vielen guten Wiesen ist, schicken sich vor den Moos viel besser, als andre. Denn ein solcher Bo- den nimmt, wie der Moos, nicht nur fast die allermei- sten an, sondern er erhaͤlt sie auch in ihren ersten Wachsthume und so lange sie jung sind, und giebt ihnen genugsame Nahrung, obgleich das zuneh- mende Alter hernach bey vielen, wenn sie ordentlich bluͤhen und vollkommene Fruͤchte zur Reife bringen sollen, mehrere Nahrung, einen viel derbern Grund und noch mehrere Umstaͤnde erfordert, als von welchen allen die Versuche hinreichende Gewiß- heit geben. Mit der Unterhaltung der Gewaͤchse im Moos hat es im Fruͤhlinge, Sommer und Herbst weniger Schwierigkeit, dagegen man im Winter bey den nie- niedrigsten Sonnenstande desto aufmerksamer seyn muß, weil der Moos alsdenn seine Feuchtigkeit nur bis auf einen gewissen Grad behalten und verlieren muß, ohne zu stocken und zu schimmeln, oder aber zu stark einzutrocknen. Der Mangel des Zuganges einer reinen und freyen Luft ist alsdenn zu be- traͤchtlich, so wie die Einrichtung des rechten Gra- des der Waͤrme. Gewaͤchse aus derben fetten Thon, oder lei- migen, zaͤhen und grusigen, oder steinigten Boden, wie auch die, welche einen trocknern, erhabenen, kalksteinigen Boden lieben, oder fast in einem blo- sen Sande wachsen, machen hier fast eben so man- cherley Ausnahmen, als andere, deren Wurzeln in der einen Jahreszeit eine bestaͤndige Naͤsse, in der andern eine ziemlich anhaltende aber doch mehrere Trockne erfordern. Denn fast ein jeder Boden un- terhaͤlt seine eigene Gewaͤchse, die er selbst hervor- bringet, welcher Umstand bey andern mehr ver- mischten Erdschichten nicht immer von einerley Wichtigkeit ist. Wenn nun eine oder die andere Art des Bodens merklich veraͤndert wird, leiden natuͤrlicherweise dessen Gewaͤchse ihre eigene Ver- aͤnderung; er darf nur lockerer oder derber, feuch- ter oder trockner, kaͤlter oder waͤrmer, magerer oder fetter werden, als er vorher war, so werden sich die Veraͤnderungen an den Gewaͤchsen bald zeigen, so wie alsdenn einige etwas freudiger wachsen, an- dere darinnen fortzuwachsen, oder gut zu wachsen, oder oder gar zu leben aufhoͤren und sich verlieren wer- den. Viele werden schlecht und kommen in ihrer Entwickelung kaum bis zur Haͤlfte; zur Bluͤthe und Frucht kommen auch bisweilen nur wenige, wel- ches die wilden Holzarten genugsam beweisen, wenn sie sich in ihren natuͤrlichen Standorten nicht befin- den, sondern durch Zufaͤlle außer demselben aufge- wachsen sind. Zu allen vorangefuͤhrten Umstaͤn- den kommen noch die fruchtbaren oder unfruchtba- ren Erdschichten von Thon, Sand, Leimen, Stein- baͤnken, Klippen, Morast, Torf, Kalk und kalten Quellen, welche unmittelbar unter der Dammerde liegen. Alle Verschiedenheiten, die den natuͤrlichen Stand der Gewaͤchse betreffen, wovon die gemei- nen Gaͤrtner so schlechte Kenntnisse haben, muͤssen bey der Saat, Pflanzung, Verpflegung und Dauer derselben in dem Moose, in Betrachtung gezogen werden, wenn man etwas nuͤtzliches dabey ausrich- ten will. Denn ihre Unterhaltung soll der natuͤrli- chen so aͤhnlich als moͤglich, seyn, und dennoch wer- den sich Veraͤnderungen finden, denen auf keine Weise vorzubeugen steht. Die kleinen, feinen, und viele jaͤhrliche Pflan- zen, deren zarte Haarwurzeln uͤberall flach durch den lockern, feuchten und weichen Moos laufen, und ihn in Klumpen zusammenspinnen, kommen darinnen besser fort, als die großen Straͤucher und Baͤume. Denn die ersten haben fuͤr ihre kurze Dauer, Dauer, zur Vollkommenheit des Saamens, Nah- rung genug. Zwar halten sich groͤßere junge Baͤu- me von 10 bis 15 Schuhe hoch, in dem Moose uͤberaus gut, wenn sie auch lange Pfahlwurzeln, und viele Seiten- und Thauwurzeln treiben. Al- lein sie zehren die in dem Moose angesammlete nahr- hafte Materie gar zu geschwind aus, und umspin- nen den ganzen Klumpen Moos, in welchen sie wurzeln, gar bald zusammen, wenn ihre Wurzeln in große Kasten, Gartentoͤpfe, oder auch zwischen den Felsen eingeschlossen sind. Wo also ihr erster schoͤner Trieb, welcher insgemein der staͤrkste ist, nicht schwach werden oder gar aufhoͤren soll, haben sie einen bestaͤndigen reinen Zufluß von der naͤhren- den Materie noͤthig, und die im Garten unterhal- ten werden, muͤssen zu dem Ende fleißiger ver- pflanzt werden, als andere. Die wilden haben diese Vorsorge nicht noͤthig, da sich die Wurzeln selbst Nahrung und anstaͤndigen Grund zu suchen im Stande sind. Der groͤßte Theil von hohen Afrikanischen, Suͤdamerikanischen und den uͤbrigen saftreichen In- dianischen Stauden und andern Gewaͤchsen, haͤlt sich in einen maͤßig feuchten, recht lockern Moose, bey einem hohen Grade der Waͤrme, sehr wohl, er zeiget ein lebhaftes Wachsthum, vertraͤgt aber ei- nen bestaͤndig naßkalten, derb zusammengedruͤckten groben Moos, in einer kuͤhlen Witterung uͤberaus schlecht. Man kann dergleichen Gewaͤchsarten, wenn wenn sie saftreich sind, viel mehr trocken, und zwar weit trockner, auch viel laͤnger, als in der Erde, er- halten. Die Waͤrme kann dabey in unsern Win- terhaͤusern gleichwohl betraͤchtlich seyn, ohne daß man sie zu begiessen noͤthig haͤtte, sie muͤsten denn an- fangen, im Winter zu bluͤhen, und dazu starke Stengel zu treiben, wie es oͤfters von Capischen und Tropickschen Gewaͤchsen beym allerniedrigsten Son- nenstande geschiehet. Wenn die Sommerpflanzen stark treiben, und mit ihrer Menge von fasrigen Wurzeln den Moos zu geschwind aussaugen, als sie sonst in der aller- fruchtbarsten Erde thun, daß sie nehmlich in ihrem Wachsthume auf einmahl einhalten, ehe sie zur Bluͤthe und Frucht gelangen koͤnnen; so muͤssen sie sogleich in frischen Moos verpflanzet werden, und sollte es auch in einem halben Jahre 2mahl gesche- hen. Andere Pflanzen saugen den Moos nicht so geschwind oder auf einmahl aus, wie jene. Doch wird der Moos durch das starke Aussaugen derma- ßen veraͤndert, daß er seine schoͤne gruͤne Farbe in eine dunkle verwandelt, sein voriges sanftes weiches gelindes Wesen verlieret, und ganz hart, sproͤde und dermaßen bruͤchig wird, daß man ihn, wenn er etwas trocken geworden ist, zwischen den Fingern leicht in ein Pulver zerreiben kann. Fast alle Mittelgewaͤchse, junge Baͤume und Holzarten, wachsen anfangs sehr gerne und freudig in einem solchen weichen und feuchten Moose, aus Saa- Saamen und Pflanzen, welchen die Witterung und Tagewasser seit einiger Zeit eine Menge naͤhrender Materie mit der Feuchte zugefuͤhret haben, daß er davon gleichsam aufgetrieben und fett worden ist. Sie machen den ersten Trieb darinnen recht natuͤr- lich und schoͤn, saugen aber den in Kasten und Blu- mentoͤpfe eingedruͤckten Moos ebenfalls geschwind aus, wenn er durch keinen Zufluß unterhalten oder durch keinen gekuͤnstelten duͤngenden Guß ersetzt werden kann, außerdem fangen sie an merklich zu schmachten. Je mehr sie auch an Groͤße und Alter darinnen zunehmen, je derber muß der Moos nach und nach um und zwischen ihren Wurzeln seyn. Sie wachsen alsdenn zwar wieder von neuen, aber wegen ermangelnder Nahrung, dennoch mit schwaͤ- chern kleinern Trieben als in dem freyen Moose, oder in der Erde, wo sie weiter auslaufen koͤnnen. Wenn auch gleich eine Bluͤthe erfolgen sollte, so vergehet sie, ohne eine Frucht anzusetzen, oder der- gleichen zur Reife zu bringen. Will man also an solchen Gewaͤchsen reife und vollkommene Fruͤchte oder Saamen sehen, muß man ihren Wurzeln Platz verschaffen, daß sie sich in dem Moose weiter ausbreiten, verstaͤrken, und mehrere Nahrung an sich ziehen koͤnnen. Der Moos selbst muß dichter und derber gemacht wer- den, damit er demjenigen festen Boden ziemlich gleich koͤmmt, in welchen sie sonst ihren natuͤrlichen Stand haben, wenn sie geschickt werden sollen H Fruͤchte Fruͤchte zu tragen. Um aber die Nahrung dem Moose hinreichend zu geben, die er dazu haben muß, so bedienet man sich dazu eines so genannten Gusses, das ist eine Lauge von wohl verfaulten Hornspaͤnen, Schaaf- Kuh- oder auch Tauben- und Huͤhnermiste, wie ihn etwa die Gaͤrtner den Orangebaͤumen sonst zu geben pflegen. Diese Lau- ge muß sehr verduͤnnet, und uͤberaus maͤßig ge- braucht werden, und so oft man sie noͤthig findet, mit dem Wasser, jedoch einen sehr geringen Zusatz gemischt werden. Außer einem solchen Zusatze, und einem fleißigen Versetzen, richtet man wenig aus, als daß man solche Gewaͤchse zwar bey einer geringen Kraft, beym Leben, aber auch in einer bestaͤndigen Un- fruchtbarkeit erhaͤlt, da das bloße Wasser, zu einer vollstaͤndigen Entwickelung bey den meisten Erdge- waͤchsen bis zur ganz vollkommnen reifen Frucht, nicht hinreichend seyn will. Man muß deshalb den so oft falschverstandenen und uͤbel angebrachten Satz von dem Wachsthume der Blumenzwiebeln auf dem Wasser hierher mit Gewalt nicht ziehen. Viele andere Gewaͤchse haben diese Unterhaltungs- art, wie sie hier angewendet wird, nicht noͤthig. Noch moͤchte hierbey dieses zu erinnern seyn, daß die Gewaͤchse in dem Moose, entweder zu keiner ganz außerordentlichen Jahreszeit, oder wenigstens mit vieler Behutsamkeit, in Wachsthum gebracht werden sollen, als die ihnen die natuͤrlichste ist, außer außer denen, welche sonst vor sich, sehr fruͤh im Jahre bluͤhen. Mit der Saat auf oder in dem Moos braucht es weniger Muͤhe und Kuͤnste, sie mag so klein, fein oder staubfoͤrmig seyn, wie sie immer gefunden wird, und wegen der großen Saamen ist ohnehin kein Zweifel. Nur muß kein Saamen allzutief zwischen oder unter dem naßkalten und zu derbgemachten Moos zu liegen kommen. Wenn man saͤen will, werden vorher die mit Moos gehoͤrig gefuͤllten Gar- tentoͤpfe in weiches Fließwasser gesetzt, und eine lange Zeit darinnen gelassen, bis sie das noͤthige Wasser eingesogen haben. Alles uͤberfluͤßige laͤßt der Moos von sich. Die feinsten und andre staub- foͤrmigen Saamen von Tannen, Fichten, Orchis, Aurikeln, Trachelium Serapias, werden alsdenn nur oben darauf gesaͤet, die mittlern von Getreide, Kohl, Gartennelken, Aepfel und Birnen, kommen etwas tiefer, und die großen, als Kerne, Eicheln, Nuͤsse, Mandeln und dergleichen, bringet man un- ter eine 1 bis 1½zoͤllige Lage von Moos. Wie nun, laut Anzeige der Acker- und Garten- bestellung, und der natuͤrlichen Besaamung aller Gewaͤchse, insbesondere auch des Anflugs von jun- gen Holze, alle junge Saatpflanzen zu ihrem Fort- kommen gleich anfangs einen leichten, lockern, ge- maͤßigt feuchten Boden erfordern, so wachsen auch alle junge Pflanzen, deren man sich nur entsinnen kann, die ersten Jahre im Moose uͤberaus lebhaft, H 2 weil weil sie vor dem ersten Zeitpunkte ihrer Ausbildung hinreichende und zarte Nahrungstheile genug darin- nen finden. Wenn sie aber ihr Wachsthum wei- ter fortsetzen sollen, und stark und tragbar werden, kann sie der Moos, zumahl in Toͤpfen, nicht mehr gehoͤrig unterhalten, und ihnen die Menge von ei- ner fetten und haͤufigen Nahrung verschaffen, der- gleichen sie in einem guten Erdreiche haben koͤnnen. Sie bleiben auch deswegen im Wachsthume gegen andere sehr weit zuruͤcke, weil das Ausdampfen und Einsaugen solcher Gewaͤchse, in dem kuͤhlen und nassen Moose, fast niemahls so lebhaft werden kann, als wenn sie in einen freyen und warmen Grunde unterhalten wuͤrden, man muͤßte denn der- gleichen, durch eine gekuͤnstelte und verstaͤrkte Waͤr- me, auf einige Zeit zu befoͤrdern suchen, wie es bey einigen mit Vortheil geschiehet. Denn ein an- deres muß es seyn, kleinere Baͤume, Straͤucher, und andere Gewaͤchse in dergleichen Moose, oder gar in Wasser, nur auf einige Zeit zu erhalten, als diese in selbigen eben so groß und dauerhaft zu zie- hen, daß sie ihre Fruͤchte truͤgen, wie sie in der Erde mit der Zeit zu thun im Stande sind. Die Wasserbaͤume, als Ruͤster, Erlen, Bir- ken und Weiden, lassen sich freylich in dem Moose am weitesten bringen, aber nicht immer bis zu ihrer natuͤrlichen Vollkommenheit, wie es denn die Absicht der Natur auch ganz und gar nicht seyn kann, wenn sie die weitlaͤuftigen Waldungen von Tan- Tannen und Fichten auf den Moos saͤet. Denn sie giebt ihnen blos ihren ersten Aufenthalt und An- fang zur Entwickelung darinnen; die weitere Fort- setzung zur Ausbildung, bis zur natuͤrlichen Voll- kommenheit, geschiehet außer demselben, und erfor- dert einen viel reichlichern und anhaltenden Zufluß von Nahrungstheilen. Da nun die Baͤume, nebst den uͤbrigen Holz- arten und Gewaͤchsen, auch bey der kuͤnstlichen Saat und nachherigen Verpflanzung in dem Moos, ihren natuͤrlichen Stand sehr merklich vertauschen, so wie es auch aus dem einen Himmelsstriche, Grund und Boden in dem andern, und aus dem Moose wieder abwechselnd in die Erde allerdings geschiehet, so hat man der Erfahrung zufolge, uͤber- haupt bey oft erwaͤhnten Versuchen mit so vielerley Gewaͤchsen, seinen Bedacht auf nachfolgende Um- staͤnde vor andern zu nehmen. Nimmt man die Pflanzen dazu aus einem sehr schlammigen und lockern feuchten Grunde, der eine schattige kuͤhle Lage hat, so ist der gute An- wachs im Moose außer Zweifel, und die Unterhal- tung leichter, als sonst. Kommen sie aber aus ei- nem derben Erdreiche, so muͤssen sie in eben der- gleichen derb oder derber gemachte Mooslagen ver- setzt werden, als der natuͤrliche Grund gewesen, wo sie anders wohl unterhalten werden, und zu ihrer rechten Vollkommenheit gebracht werden sollen. Sind es Bergpflanzen, aus warmen, freyen, trock- H 3 nen nen erhabenen Gegenden, so muß der Moos ziemlich locker seyn, und weniger naß gehalten werden, um sie in der ersten Zeit daran zu gewoͤhnen. Außer einer solchen Vorsicht, bleiben die Gewaͤchse eine laͤngere Zeit im Wachsthume stehen, und treiben her- nach dennoch sehr schwach. Es vergehen und ver- faulen auch wohl die allerfeinsten Haarwurzeln, daß sie deshalb die voͤllige Nahrung verlieren, und verdorren. Alle Wurzeln, die zu ihrem Wachsthume eine staͤrkere Waͤrme noͤthig haben, als andere, welche in bestaͤndig naßen oder naßkalten Moose leben koͤn- nen, oder auch solche, die nur zu einer gewissen Jahreszeit, laͤnger, kuͤrzer, auch abwechselnd im Wasser stehen wollen, vertragen einen sehr derben und nassen Moos sehr ungerne, wohl aber die Was- serbaͤume und Pflanzen, auch die sonst auf hohen, rauhen, kalten und moosigen Gebuͤrgen wohnen. Die sehr fleischigen, weichen und saftreichen Gewaͤchse, sowohl unserer kaͤltern, als der heißern Gegenden, ertragen die Naͤsse des Mooses alsdenn am besten, wenn man sie in eine groͤßere Waͤrme bringet, da sie staͤrker ausdampfen und einsaugen, als sie sonst zu thun im Stande sind. Außerdem stehen sie bey geringerer Waͤrme, oder einer kuͤh- len Luft und Jahreszeit, viel lieber lange trocken, welches sie viele Monate ohne Schaden aus- halten. Wenn Wenn man nun von den Gewaͤchsen, wie schon gesagt worden ist, eine richtige Kenntniß hat, so ist man im Stande, mit ihnen in Glas-Fruͤh- und Treibehaͤusern, in Moos, Lohe und Mist man- cherley nuͤtzliche Physikalisch-oͤkonomische Versuche anzustellen, da man denn ihren natuͤrlichen Eigen- schaften und Kraͤften auf keine Weise gerade ent- gegen wirket, als wenn man eine dergleichen Kennt- niß nicht hat. Zwiebeln und Knollen, welche wie bekannt, wegen ihrer fleischigen, weichern und saftreichen Beschaffenheit, bey einer anhaltenden zu feuchten Waͤrme, ohne abwechselnden Zutritt einer reinen Luft, leicht zu beschimmeln auch gar anzufaulen pflegen, leget man, wie die großen Kerne und Nuͤsse, zwischen die obere Lage des lockern Mooses, bey einem vermehrten Grade der Waͤrme, unter den schon angefuͤhrten Bedingungen. Man wird, wenn man sie lange gut erhalten will dabey wohl voraus so viel wissen, ob sie viele, wenige, lange, kurze, schraͤglaufende, wagerechte oder senkrechte, weiche und schwammige Wurzeln treiben, weil man sich in Ansehung der Weite und Tiefe der Blumen- toͤpfe darnach richten muß. Das Verhaͤltniß des Mooses gegen die Gefaͤße und Wurzeln ist mit dem von der Erde fast gleich. Wenn man pflanzet, muß der Moos fein gleich ausgezogen werden, eben geleget und fast eben so aufgelockert seyn, als eine Wolle zum Spinnen, da- H 4 mit mit man ihn uͤberall zwischen die Hauptzweige und Fasern der feinen und langen Wurzeln durchflechten und ziehen kann, woraus alsdann zuletzt nach der Groͤße der damit verdeckten Wurzel, auf der hohlen Hand ein fester zusammenhaltender Moosballen ge- macht, und mit mehrern Moosen aͤußerlich vergroͤ- ßert, und nach Befinden etwas zusammengedruͤckt werden koͤnne. Um hernach den Gewaͤchsen ihre Befestigung und die senkrechte Lage zu verschaffen, setzet man den Ballen recht in die Mitte eines zur Haͤlfte schon mit Moose ausgefuͤllten Gartentopfes welchen man damit noch mehr, auch etwas derber ausfuͤttert, und so lange zusammendruͤckt, bis er so vielen Moos hat, als er fassen kann, oder so weit es seyn muß. Alsdenn giebt man dem Gewaͤchse einen Stock, an welchen es ordentlich angebunden werden kann. Doch soll man nicht leicht ein Ge- waͤchse tiefer in den Moos pflanzen, als es vorher in der Erde gestanden hat. Ist nungedachte Verpflanzung vor sich gegan- gen, wird der ganze Gartentopf mit dem Gewaͤchse in ein Faß voll weichen Fluß- oder Sumpfwassers gesetzt, in welchen er so lange stehen muß, bis der Moos nichts mehr davon in sich ziehen kann, und recht aufgequollen ist. Man laͤßt ihn alsdenn her- ausnehmen, und auf ein Paar Latten oder Steine so weit wieder ablausen , als das Wasser abfließen will, und bringet ihn an den Ort seiner ersten Be- stimmung, in Ruhe und Schatten. Etliche Etliche Gewaͤchsarten werden nur nach und nach begossen, ohne daß man noͤthig haͤtte, sie lange ins Wasser zu bringen, wenn man aber in den Moos saͤet, muͤssen die Toͤpfe mit dem Moos schon im Wasser gewesen seyn, welche hernach eine lange Zeit stehen bleiben, ohne begossen zu werden, wenn sie zumahl kuͤhl und schattig und keiner großen Waͤr- me oder heißen Witterung ausgesetzt sind, welches besonders von den weichen, saftigen Arten zu ver- stehen ist, da man außerdem keinem Gewaͤchse an Wasser Mangel leiden lassen muß. Bey allen nur erwaͤhnten Umstaͤnden moͤgte noch folgendes wohl in Acht zu nehmen seyn, daß man den Moos durch allzustarkes heftiges und wiederholtes Begießen nicht auslaugen solle, auch die in den Boden des Gartengefaͤßes befindliche Oefnungen, wie sonst gewoͤhnlich mit Steinen oder Scherben dergestalt bedecke, damit das Wasser nur langsam und gelinde abziehe, ohne daß das in dem Moose schon aufgeloͤßte feine, eigentliche nahrhafte schleimigsalzige fette Wesen, vor der Zeit ohne Nu- tzen mit abgespuͤlet werde, wie es sich denn ohnehin aus dem anhaltenden Wachsthume bald zeigen muß, ob der Moos viele oder wenige Nahrungstheile in sich habe. Denn ohne solche ist das Wasser nicht im Stande, den Wachsthum allein zu unterhalten, ob es wohl bey weichen und jungen Gewaͤchsen, einen schon gebildeten Theil bis auf einen gewissen Grad entwickeln, und ein Gewaͤchse in einem sehr mittel- H 5 maͤßi- maͤßigen Zustande erhalten hilft. Der Moos faͤngt alsdenn nach und nach an zu schwinden, daß er das Gefaͤß kaum noch den dritten Theil anfuͤllet, er veraͤndert seine gruͤne Farbe in eine dunkle, wird muͤrbe, sproͤde und bruͤchig. Sobald man aber einen anhaltenden Wachs- thum bey den Gewaͤchsen gewahr wird, muͤssen sie in einem ausgezehrten Moose niemahls lange stehen, sondern in frischen Moos und etwas groͤßern Ge- faͤßen, auch wohl wieder in die vorigen gebracht wer- den, welches bey denen in starken Wachsthum ste- henden, oder gar zur Bluͤthe eilenden sehr bald geschehen muß, damit sie wieder anfangen von neuen zu treiben. Wegen dieser letztern Umstaͤnde habe ich einige schnellwachsende Sommergewaͤchse, und andere, vor ihrer Bluͤthe, in Zeit von 5 Monaten, zwey auch dreymahl versetzen muͤssen. Viele andere koͤnnen dagegen 1, 3 bis 4 Jahre stehen, wie man sonst auch mit der Versetzung in Erden verfaͤhret. Das Pflanzen der Gewaͤchse aus einen Moos in den andern, ist weit bequemer, als aus einer Erde in die andere, und wird man die Jah- reszeit dazu, wenn es sonst noͤthig seyn sollte, ziem- lich gleich finden. Denn man ziehet ein Ge- waͤchse mit seinen ganzen Moosballen, auf ein- mahl aus dem Gartentopfe, und schneidet das aͤu- ßerste Netze von Wurzelfasern auf der Oberflaͤche des Mooses mit einem sehr scharfen Messer oder einer einer groben Scheere rund herum ab, so tief, als es noͤthig gefunden wird, und setzet ihn wieder in frischen Moos, daß er feste stehet, und begießet ihn etwas, oder setzet ihn ins Wasser. Auf angezeigte sehr simple Weise bin ich mit allen Arten der Gewaͤchse, nach ihren Unterschie- den, bey der Saat, Verpflanzung und Unterhal- tung im Moose verfahren, so lange ich noͤthig hatte, Versuche damit anzustellen, und auch sogar mit Orange- und etlichen Baͤumen von Steinobst, die eine so schickliche Groͤße hatten, daß man sie in Gartengefaͤßen zum Fruchttragen bringen konnte. Bey andern war weniger Schwierigkeit. Nach der Hand habe ich diese Versuche zu Berlin von dem Jahre 1744 an bis 1759 theils im Koͤnigl. botanischen Garten, theils in meinem kleinen Gaͤrt- chen vor mir wiederholet, auch gar sehr mit Vor- theil veraͤndert und erweitert, bis ich sie endlich von 1767 an bis 1770 zu ganz andern Absichten anzuwenden und zu nutzen gesucht habe. Mit Baͤumen von Steinobste, besonders Kir- schen, Pfirschen und Pflaumen, auch mit ver- schriebenen Indianischen Gewaͤchsen, machte ich 1745 bis 1747 noch wieder ganz besondere Ver- suche, die mir sowohl gelungen, daß ich im Stande war, dergleichen sehen zu lassen. Wie ich denn die Ehre hatte, 1747 an dem Geburtstage Sr. Maje- staͤt staͤt des Koͤnigs, in der Versammlung der Koͤnigl. Akademie eine ansehnliche Zahl solcher Gewaͤchse in ihrer Bluͤthe vorzuzeigen und dabey eine vorlaͤu- fige Abhandlung de Cultura plantarum in musco, humi vices sustinente vorzulesen, von welcher aber der Aufsatz durch einen mir selbst unbekann- ten Zufall verlohren gegangen. Beschluß Beschluß des Beytrages zur natuͤrlichen Geschichte der Moose . N och an eben diesen nur erwaͤhnten glorreichen und feyerlichen Tage, ließen sich Sr. Majestaͤt der Koͤnig bey der Koͤnigin Frau Mutter, eine kurze Nachricht von diesen Versuchen geben, und zu- gleich die in voller Bluͤthe stehenden Gewaͤchse, die aus der Versammlung der Akademie dahin gebracht wurden, vorzeigen, welche sie nicht nur mit Dero allerhoͤchsten Beyfall betrachteten, sondern auch die damahls versprochenen Fruͤchte an den Obstbaͤu- men bald zu sehen wuͤnschten. Diese gnaͤdigste Er- innerung gab mir Eifer genug, die bereits so weit gebrachten Versuche voͤllig zu Stande zu bringen. Der Herr von Haller sowohl, als Herr Professor Ludwig trugen ein gleiches Verlangen, dergleichen eßbare Baumfruͤchte im Moos erzogen zu sehen, da sie sie die dabey obwaltenden Schwierigkeiten, welche bey kleinern Zwiebel-Stauden- und Sommerge- waͤchsen von selbst wegfallen, einigermaßen vorher sahen. Denn es ist gewiß, daß ein Gewaͤchs, welches sich unter andern in Zeit von 3, 4 bis 6 Monaten aus seinen Saamen bis wieder in Saa- men entwickelt, seine voͤllige Nahrung in einem frischen Moose, welcher noch keine andre Gewaͤchse vorher getragen hat, allerdings haben koͤnne. Wenn aber ein solcher Moos groͤßere Gewaͤchse zu ernaͤh- ren hat, dergleichen die fruchttragenden Holzarten sind, so gehoͤrt mehrere Nahrung dazu, und ein ge- schicktes Verpflanzen, wenn selbige 2 bis 3 Jahre nacheinander ein reifes und zuletzt ein tragbares Holz, zu geschweigen, wenn sie gar vollkommen reife und eßbare Fruͤchte bringen sollen. Um also diesesmahl vollkommen reife Fruͤchte von Steinobste zu erziehen, so waͤhlte ich dazu 6 Stuͤck anderthalbzoͤllige junge niedrige gut oculirte Pfirschstaͤmme, die sich wegen der Wurzeln in gro- ßen Gartentoͤpfen etwa 4½ Fuß hoch ziehen und gut unterhalten ließen. Diese waren stark bewurzelt, und hatten im Moose bereits ansehnliches und viel junges Holz getrieben. Man hatte die Baͤumchen vorher groͤßtentheils bis zum groͤßten Froste jaͤhrlich in freyer Luft unterhalten, da sie hernach in einem luftigen Gewaͤchshause unter der Orangerie aufbe- halten, und dann und wann mit lauen Sumpfwasser waren begossen worden. Im Im Februar des nehmlichen Jahres gab ich diesen Baͤumchen sogleich etwas tiefere Gartentoͤpfe, die zugleich einen starken Zoll weiter waren, und verpflanzte sie in einen viel derber zusammen ge- druckten Moos, als sie vorher gestanden hatten, daß also sowohl die Unterlagen, als die neue Bedeckung, auf den Seiten uͤberall dichter wurden. Ich ver- fuhr also damit auf eine fast aͤhnliche Weise, wie die Gaͤrtner mit den in einer allzuleichten oder lo- ckern Erde stehenden Orangebaͤumen zu thun pfle- gen, wenn sie allzustark ins Holz wachsen, ohne Fruͤchte anzusetzen und zu behalten, denn dazu ist ein fetterer und schwererer Grund noͤthig. In besagtem Zustande ließ ich sie unter der Orangerie, bis gegen Ende des folgenden Maͤrz, da ich sie in eine gemaͤßigte Waͤrme brachte, bey welcher sie bald neue Wurzeln machten, und ihre Knospen zu oͤfnen anfingen. Nachdem sich Laub und Zweige vergroͤßerten, und der Trieb uͤberhaupt leb- hafter zu werden schien, setzte ich dem vorgedachten Sumpfwasser, beym Begießen, nach und nach etwas von einer Lauge zu, die man sonst bey den Gaͤrtnern einen Guß zu nennen gewohnt ist, doch davon nur dermaßen wenig, daß sie durch das viele Wasser sehr verduͤnnet wurde. Diese Lauge bestund aus recht fetten Schaafmiste und recht wohl verfaulten Hornspaͤnen. Mit dieser Lauge wechselte ich beym Begießen also ab, daß die Pflanzen, nach Erforde- rung der staͤrkern Verduͤnstung, immer uͤber den 3ten, 5ten 5ten und 9ten Tag davon bekamen. Von diesen nahrhaften Zusatze aͤußerte sich die bekannte gute Wirkung gar bald durch einen freyen Wachsthum der Zweige, das Laub wurde groͤsser, fetter, dun- kelgruͤner, und weit glaͤnzender, als es sonst zu seyn pfleget. Doch fiel im erstern Jahre die haͤufige Bluͤthe gaͤnzlich ab. Im folgenden hingegen, da die Pfirschbaͤumchen volle Wurzeln gefaßt, und die Hauptwurzeln besonders uͤber und uͤber mit den fein- sten Haar und Saugewurzeln versehen waren, hat- ten sie Kraͤfte genug, ihre Bluͤthe zu behalten, und zeitige Fruͤchte anzusetzen. Da nun gedachte Baͤumchen 2 Jahre lang auf angezeigte Art gepfleget worden, daß sie nehm- lich die meiste Zeit des Jahres bis zum November bey einer warmen Lauge in freyer Luft erhalten wor- den, hernach aber jedesmahl ihren Stand in einem luftigen Orangehause erhalten hatten, bis sie end- lich gegen den Fruͤhling im Fruͤhhause durch eine groͤßere Waͤrme zum Treiben gebracht werden konn- ten, so haben sie mit dem Anfange des 3ten Jah- res nicht nur weit staͤrker gebluͤhet, sondern 2 Stuͤck von diesen Baͤumchen haben von den uͤbrigen die meisten und groͤßten Fruͤchte behalten, so daß man an den einen 19 und an den andern 21 vollkommen reife Fruͤchte von einem guten Geschmacke zaͤhlen koͤn- nen. Den 5ten July desselben Jahres habe ich beyde Sr. Majestaͤt dem Koͤnige in Dero Zimmer setzen lassen. So So weit war ich also damahls mit diesen mei- nen Versuchen gekommen, als sich die Nachrichten davon in den Tagebuͤchern der gelehrten Naturfor- scher zu verbreiten anfingen, auch bald darauf etli- che Versuche von einem und dem andern wiederho- let worden waren, unter welchen der beruͤhmte Hr. Bonnet die besten, meisten und richtigsten nachge- macht hat, daß ich dadurch der Muͤhe voͤllig uͤber- hoben bin, davon gegenwaͤrtig weiter zu handeln, obgleich durch die Versuche alles dasjenige bey wei- tem noch nicht erschoͤpft ist, was zu Erforschung der Eigenschaften und der Nutzungsarten des Mooses in der großen Haushaltung der Natur noch weiter gehoͤret. Die Anwendung gedachter vielen Versu- che auf die natuͤrliche Aussaat in den Waldungen, oder den natuͤrlichen Anflug, wovon in der Abhandlung ei- nige Meldung geschehen, macht unter den Vorwuͤrfen einen der wichtigsten mit aus. Man kann bey einem solchen Anfluge des wilden Holzes fast alle moͤgliche Beyspiele und Erlaͤuterung der Entwickelung der verschiedenen Holzarten, nach ihren Graden bis zur Vollkommenheit, wahrnehmen, wie sich auch im Gegentheil alle Grade der Abweichung bis ins un- natuͤrliche und fehlerhafte, in Vermischung mit den vorigen, unter der großen Menge von jungen Pflan- zen deutlich genug zeigen. Die Eigenschaften des Mooses, als einer allge- meinen Erddecke, zeigen sich dabey ganz ausnehmend. Er nimmt den Saamen aller Holzarten auf, und J fuͤh- fuͤhret den jungen Saamenpflanzen die erste zarte Nahrung in seinen lockern, gemaͤßigt feuchten filzi- gen Gewebe so lange zu, bis sich ihre Hauptwur- zeln endlich durch seine Lagen in den unterliegenden Grund verlaͤngern, und diese erste Nahrung und der Sitz, den sie in dem Moos finden, sind diese er- ste Zeit uͤber, laut Erfahrung, fuͤr sie voͤllig hinrei- chend. Diese Umstaͤnde sind bey dem praktischen Theile der Forstwissenschaft ungemein betraͤchtlich. Man uͤberlege nur, daß ein feiner, weicher und lo- ckerer Moos in den Tannen- und Fichtenwaldungen ein sicheres Mittel abgiebt, den Anflug und Auf- schlag in denselben, ohne irgend eine weitere Bey- huͤlfe zu unterhalten, so wird man von dessen gro- ßen Nutzen und dem nothwendigen Daseyn desselben die rechten Begriffe haben. Denn daß die abflie- genden Saamen in den Nadelhoͤlzern, auf dem Moose, ohne weiter untergebracht zu werden, eben sowohl und noch besser auskeimen und gedeihen, als andere auf und in der Erde, hat seine voͤllige Rich- tigkeit. Nun zeigen sowohl die mit harten Ker- nen, groͤßern Saamen, Nuͤssen, Eicheln und Bee- ren hieruͤber gemachten Versuche, als deren natuͤr- liche und wilde Saat, daß es damit gleiche Beschaf- fenheit habe, indem alle Saamen in einem lockern Boden, welcher sich gemaͤßigt und feuchte erhaͤlt, sehr wohl auskeimen, auch die jungen Saatpflan- zen die erste Zeit darinnen recht gut wachsen. Das fernere Wachsthum koͤmmt hierbey auf gewisse Um- staͤnde staͤnde an, die hauptsaͤchlich den unter den gruͤnen- den und frischen Moose tiefer oder flacher liegenden Grund betreffen. Denn wenn dieser hernach de- nen verschiedenen Holzarten nicht angemessen oder uͤberhaupt fuͤr alle untauglich ist, so hoͤren sie auf zu wachsen, sobald sie ihn mit den Wurzeln erreichen, zum wenigsten geben sie hernach niemahls ein recht vollkommenes und starkes Bau- oder Nutzholz, daß sich so hoch als Kaufmannsgut nutzen ließe. Der- gleichen Unterlagen, die unter dem Moos und einer sonst guten Dammerde oͤfters abwechseln, sind starke Steinbaͤnke und feste Thonlager, Torfschichten mit kalten verborgenen Quellen, oder andern faulen, scharfen und boͤsen Wassern. Was indessen den Moos weiter betrift, so wird bey Unterhaltung der Forsten wegen des Nu- tzens und Schadens ganz verschieden geurtheilet. Viele wollen dem Anfluge oder der wilden Holzsaat das Moos nicht zutraͤglich halten, weil sie in der Meynung stehen, aller Saamen verlange schlech- terdings zu seinem Auskeimen und Wachsthume eine frische und entbloͤßte Erde, und bey etlichen Arten von großen Saamen ziehen sie die kuͤnstliche Saat der natuͤrlichen weit vor, weil der Grund da- bey rein gemacht und geackert wird. Es laͤßt sich aber aus richtigen Erfahrungen beweisen, daß bey der Forstwissenschaft beyderley abwechselnd statt fin- det, wenn die eine oder die andere nach Zeit und Umstaͤnden, nicht mit der gehoͤrigen Wirkung vor J 2 sich sich gehen kann. Doch leidet es keinen Wi- derspruch, wenn man behauptet, daß die natuͤrliche Saat, um ein gutes Bauholz zu ziehen, alle kuͤnst- liche Besaamungsarten sehr weit uͤbertreffe, und daß die Natur in ihren Wirkungen hinreichend ge- nug sey. Denn wer hat die uralten und weitlaͤuftigen Waͤlder von jeher ohne jemandes Beyhuͤlfe ange- bauet und unterhalten, als die Natur selbst, wer hat zum Behuf der wilden Holzsaat, um den Boden reine zu machen, die Moosdecke abgezogen und ge- ackert? Die Natur, welche bey ihren Wirkungen nur allein allen moͤglichen Endzwecken Genuͤge zu leisten im Stande ist, nimmt zugleich außer den vie- lerley Zufaͤllen, allen Abgang an kleinen Zweigen, Laub, Saamen und andern Pflanzentheilen auf sich, welcher zur Fuͤtterung und Erhaltung einer so großen Menge von Thieren schlechterdings noth- wendig ist. Diese und dergleichen Umstaͤnde werden wir also mit allen gekuͤnstelten Anstalten der Holzsaat niemahls abwenden. Die reifen Saamen fallen entweder auf einen durch Moos, Rasen oder andere Waldstreu bedeck- ten Grund, und erhalten eine ganz verschiedene La- ge, nach welcher sie entweder etwas tiefer in die Erde kommen, oder zwischen allerhand andern dar- auf liegenden Koͤrpern haͤngen bleiben, und ihr Zu- stand wird durch Sturm, Regen und andere Zu- faͤlle noch immer veraͤndert, ehe sie auskeimen koͤn- nen. nen. Viele kommen in oder an die Erde mit eini- ger Bedeckung, die mehresten bleiben oberwaͤrts liegen, und die wenigsten werden sehr tief unterge- bracht. Die Art des Saamens und des Grundes, nebst der Witterung und Jahreszeit bestimmen die Umstaͤnde eines baldigen und gluͤcklichen Auskei- mens. Viele Saamen gehen bald auf, nehmlich nach 4 bis 6 Wochen, andre nach 6 oder 12 Monaten, und andre kommen vor dem dritten Jahre nie zum Vorschein. Die entbloͤßte Erde und der Moos nehmen alle Saamenarten gut auf, in einem derben filzigen oder mit einem struppigen Rasen feste durchwachsenen Boden aber wird die natuͤrliche und kuͤnstliche Holzsaat gar sehr vereitelt, und ob schon das Aufkeimen anfaͤnglich geschiehet, so vergehen dennoch die erstickten Saatpflanzen sehr haͤufig; woraus leicht zu ersehen ist, welcher Grund und bey welcher Art der Holzsaat derselbe gereiniget und mit Vortheil geackert werden muͤsse, wenn er nehmlich wie in den Landforsten dem Pflug unterworfen seyn kann. An hohen und steilen Ber- gen wird insgemein nur ein leichtes Behacken, auch wohl nur ein scharfes Aufkratzen und Entbloͤßen des Grundes bey der Buchen- und Eichelsaat ange- bracht werden koͤnnen, und was von Saat in den Moos faͤllt, wird ohnehin niemahls verlohren gehen, und eben so wachsen, als ob der Grund dazu durch ein tiefes und feines Durchpfluͤgen sehr wohl zubereitet worden waͤre. Hier hat J 3 man man die gemeine Erfahrung in allen Stuͤcken fuͤr sich. Wenn den natuͤrlichen Wirkungen hierbey die gehoͤrige Zeit gelassen wird, wenn man keine schaͤd- liche Forstnutzung so scheinbar sie auch immer seyn mag, beguͤnstiget, und gegen die natuͤrliche Ord- nung vor der Zeit keine stoͤhrende Nutzung verlangt, oder eine angehende zu weit treibet, welche uns beym Forsthaushalte der zukuͤnftigen wahren Haupt- vortheile zum voraus beraubet; so gehet der natuͤr- liche Anflug besonders der Tannen und uͤbrigen Na- delhoͤlzer in dem Moose auf den Revieren sehr gut von statten. Nimmt man aber den Moos von der Erde ganz weg, um ihn davon zu reinigen, so wer- den dadurch alle Saamen und Saatpflanzen zu- gleich mit weggeraffet. Demnach gehoͤrt ein unuͤberlegtes Moos- und Streurechen, wenn es in den Waldungen, ohne Ruͤcksicht auf die rechte Jahres- und Besaamungs- zeit, und Beschaffenheit des Anfluges und jungen Holzes geschiehet, unter eine der allerschaͤdlichsten Forstnutzung. Das schlimmste ist noch dabey, daß die Einsammlung der Waldstreu zu Vermeh- rung des Duͤngers bey dem Landmanne nicht nur zur Gewohnheit geworden, dergleichen an allen Orten in den Forsten ohne Unterschied ohne weitere Anweisung der Forstbedienten zu thun, wo er nur Moos finden kann, sondern auch daß Forstbediente bey der Anweisung selbst nachlaͤßig sind, weil sie in den den Gedanken stehen, daß der Auflug der wilden Holzsaat durch das Moos- und Streurechen uͤber- aus befoͤrdert werde. Wenn sie die Umstaͤnde zu unterscheiden Lust haben, so kann dergleichen, zu Vermehrung des Duͤngers an gewissen Stellen, in den Forstrevieren allerdings nuͤtzlich werden, wie es im Gegentheile uͤberaus schaͤdlich ist. Das Moos- und Streurechen stehet zu erlau- ben in gemeinen Heiden und alten stehenden und ab- staͤndigen Hoͤlzern, zumahl in einem feucht und kalt- gruͤndigen Boden, auch nur so lange, als darinnen keine Schonungen zum Anflug oder Aufschlag ge- macht, und Saamen und junger Aufschlag wirklich vorhanden sind; wie auch in allen solchen Oertern, wo weder ein rechtschaffener Aufschlag zu hoffen steht, noch einer verlangt wird. Ferner findet es statt, wo ein Revier durch ein sehr alt gewordenes absterbendes Moos allzuhoch und voͤllig uͤberwach- sen ist, daß etwa noch dazu, wegen eines darunter liegenden zaͤhen und kleyigen Bodens, sich die Feuch- tigkeiten nicht verbreiten koͤnnen, daß also ein der- gleichen Moos unterwaͤrts stark mit Schimmel be- zogen ist, so ist es Zeit, ihm Luft zu machen, damit die unter demselben sehr hoch und flach ausstreichen- den Thauwurzeln, mit ihren feinsten faserigen Sau- gewurzeln, durch die stockende uͤbermaͤßige Feuch- tigkeit nicht abfaulen, und ganze weitlaͤuftige Stre- cken mit jungen Holze, das noch in seinem besten Wachsthume stehet, absterben und verdorren muͤssen. J 4 Das Das Abraͤumen des Mooses aber muß alsdenn im Fruͤhlinge geschehen, damit man den Zufaͤllen von Hitze und Frost im jungen Holze nicht selbst Gele- genheit mache, selbiges zu Grunde zu richten, wie denn das Moos nicht allzuscharf oder ganz und gar abgeharket werden soll. Die darauf einfallenden sanften Regen werden der entbloͤßten Erde alsdenn eine frische und luftige Feuchtigkeit zufuͤhren, und das durch den zu nassen und dichten Moos ver- hinderte Ausdampfen derselben wird sich wieder herstellen. Ein gleiches Absterben und Verdorren ganzer Oerter wuͤrde nach und nach erfolgen muͤssen, wenn der Erdboden seiner vieljaͤhrigen Moosdecke auf einmahl voͤllig, oder auch zu einer solchen Jahres- zeit beraubt wuͤrde, in welcher sich die obere Rinde der Erde zu geschwind zusammensetzen muß, daß die Menge der allerfeinsten Haar- und Saugewur- zeln, die in gedachter Erde ungemein flach ausstrei- chen, auf einmahl vergehen. Denn hierdurch wuͤr- de das Holz ganzer Schonoͤrter mit einmahl kran- ken, den Wachsthum verlieren, und endlich nach und nach verderben; wo nicht eine kuͤhle Witterung oder ein sanfter Regen dabey zu statten kaͤme, und sich neue Wurzelfasern bilden koͤnnten. Da nun fast alle Zufaͤlle bestens zu vermeiden sind, welche den Verlust der feinsten Saugewurzeln auf einmahl nach sich ziehen, so wird das uͤbertriebene Moos- und Strohrechen zu einer unschicklichen Jahreszeit, da da Frost und Hitze schaden koͤnnen, ein fuͤr allemahl als forstverderblich angesehen werden muͤssen. Man siehet zwar mit groͤßter Betruͤbniß das Verdorren der Baͤume in den schoͤnsten Revieren, ohne daß man sich auf die wahren Ursachen, welche durch unsere eigenen Anstalten die Gelegenheit dazu geben, besinnen kann und will; man nimmt deshalb sehr leicht ganz unbekannte Ursachen an. Man untersuche indessen bey einer so schaͤdlichen Verdor- rung ganzer Oerter nur den Zustand der feinsten Haarwurzeln, es mag nun ihr Verlust von der Faͤulniß der stockenden uͤbermaͤßigen Feuchte, oder von einem heftigen Blachfroste, oder auch von gro- ßer anhaltender Duͤrre entstanden seyn, so vergehen sie bey allen dergleichen Zufaͤllen, und die Baͤume sterben ab; dieses aͤußert sich zwar in kurzer Zeit, das Erkranken gehet indeß ein bis etliche Jahr vorher. Sollte man nun die in solchen Oertern be- triebene Wirthschaft durch das zu unrechter Jah- reszeit ohne Ueberlegung vorgenommene Moos- und Streurechen, wie es noch dazu ohne die noͤthige Anweisung der Forstbedienten geschiehet, naͤher sehen, so wuͤrde man sich nach der Entdeckung der Hauptur- sachen vor das kuͤnftige schon huͤten lernen. Alle Schonoͤrter und das junge wachsende und stehende Holz muß davon schlechterdings ausgenommen seyn, so wie es hingegen ohne Schaden, in allen solchen wohl abgetheilten Gehauen vorgenommen werden kann, welche nach der Ordnung der Hieb in 2 bis J 5 3 Jah- 3 Jahren treffen muß, oder auch in solcher, wo sich die Graͤserey besser vermehren soll; die etwa des- halb zu machenden Ausnahmen wird ein der Sa- chen verstaͤndiger alsdenn an Ort und Stelle am be- sten entscheiden. Da ich ferner, wie in der Abhandlung bereits Erwaͤhnung geschehen, bey so vieljaͤhrigen Versu- chen wahrgenommen habe, daß in den langen, wei- chen, lockern, gruͤnenden Arten des Erd- und Was- sermooses, gewisse besondere Gewaͤchsarten entwe- der allein hervorkommen, die in der Erde entweder nicht wachsen, oder nur selten wachsen koͤnnen, auch wohl nur eine sehr kurze Zeit darinnen dauern, die doch gleichwohl in mancherley Absichten recht merk- wuͤrdige Vorwuͤrfe der Naturforscher abgeben, weil auch in der Natur keines unter den Geschoͤpfen um- sonst gemacht ist, da es einmahl da ist, von welchen man mit der Zeit nicht einigen Nutzen auszufinden im Stande seyn sollte; Als habe ich deren Unter- haltung im Moose seit 1747 bis jetzo noch immer abwechselnd fortgesetzet; um den Naturforschern die Erhaltung solcher besondern Gewaͤchse zu ihren Ab- sichten bekannter zu machen, welche sonst schwer ist, wenn man sie weiter erkennen und anwenden will, da man sie nicht in allem Zustande waͤhrend ihrer Veraͤnderung fuͤr sich haben kann, wie die andern. Die zur Sammlung von allerhand Gewaͤchsen bestimmten Oerter, und wo man damit allerhand Erfah- Erfahrungen machen kann, sind die großen botani- schen Gaͤrten. Da aber diesen Gaͤrten, ohngeach- tet, aller guten Absichten und Entwuͤrfe ihrer Stif- ter, dennoch insgemein gewisse nothwendige Vor- theile und Gelegenheiten fehlen, die sich hernach nur sehr selten einrichten lassen, sollten es auch der Lage wegen solche seyn, deren Abgang nicht erlaub- te, gewisse Gewaͤchsarten zu unterhalten, deren Pflege von der bekannten unterschieden ist; als habe ich darauf gedacht, durch Beyhuͤlfe des frischen und gruͤnenden Mooses ihnen einige Bequemlichkeit dazu zu verschaffen. Ich habe dergleichen seltene Gewaͤchse selbst im Moos zu diesem Ende erzogen und sehr lange unterhalten, sie wachsen nur allein darinnen, oder doch immer besser als in der Erde, und lassen sich in dem erstern ohne Muͤhe und Kuͤnste leichter erhalten, als in der letztern. Das Verzeichniß derselben ist weitlaͤuftiger, als daß es in meiner Abhandlung Platz finden koͤnnte, doch wird man aus den wenigen, die ich hier nur vorlaͤufig anzeige, sehr leicht auf die uͤbrigen schlie- ßen koͤnnen. Es gehoͤren aber unter andern hier- her vornehmlich alle Sumpf-Torf- und Wasser- pflanzen, nebst denen seltenen, die die Alpen und andere hohe Gebirge in moosigten feuchten Grunde erhalten, viele davon sind sehr selten, andere von besonderer Schoͤnheit und einem dergleichen frem- den Ansehen. Die mehresten haben zu seine und weiche Saamen, als daß sie in der Erde sowohl er- zogen zogen werden koͤnnten, als sie im Moose stehen, außer welchen sie schwerlich lange aushalten, und wenn sie ja an sehr feine Schlammerde gewoͤhnet worden, halten sie in selbiger doch nicht lange aus, und bluͤhen sparsam, unvollkommen oder gar nicht, sie moͤgen auch einen schattigen, kalten und feuchten Stand haben, wie man ihnen geben kann. Die bekanntesten darunter sind solche, die in Torf-Moos-Holz- und Blaͤttererde abwechselnd gefunden werden, als: Valeriana divica; Ledum palustre; Andiomeda Polifolia; Die Gattungen von Orchis, Satyrium und Ophrys; Calla palustris; Peplis Portula; Limosella aquatica; Pedicularis pa- lustris et silvatica, Pinguicula vulgaris; Drosera rotandi folia et longifolia; Saxefragae, Pyrolae et Aretiae species; Polygula vulgaris; Authericum ossifragum; die uͤbrigen bleiben im Moose und Wasser, als: Alisma natans et cordifolia; Spar- ganium natans; Vaccinium Oxycoccor; Myriophyl- lum spicatum et verticillatum; Ceratophyllum sub- mersum et demersum; Hipparis vulgaris; Me- nianthes Nymphoides und ternatifolia; Nayas ma- rina; Stratiotes Aloides et Hidrocharis; Hoffonia palustris; Utricularia vulgaris et minor; Scheuch- zeria palustris; und andere. Die plantae algaceae terrestres, nebst den kleinern Filicibus werden im Moose ebenfalls sehr bequem erhalten, wie auch viele von denen indianischen succulenten feinern Ge- waͤchsen, die sich im Moose selbst saͤen, und in ei- nem nem gewissen Grade der Waͤrme bey wenigen Begie- ßen sehr wohl halten. Die Unterhaltung solcher und anderer aͤhnli- cher Gewaͤchse kann in den botanischen Gaͤrten im Moose auf folgende sehr bequeme Art geschehen, an solchen Stellen, welche schattig, kuͤhle und etwas feuchte gehalten werden koͤnnen, daß sie nur allein die Morgensonne haben. Man kann nach seinen Absichten und der Menge, die man zu sammlen vor hat, verschiedene kleine, hohle Huͤgel von Kalk- Bruch- oder Feldsteinen und Moos so feste errich- ten lassen, daß sie weder Wasser noch Frost ausein- ander treiben kann. Diese muͤssen uͤberall aͤußer- lich mit Spalten und Ritzen versehen seyn, durch die man die in Moos eingewickelte Wurzeln stecken kann; die Mitte wird mit Erde, und der obere Theil, welcher offen stehet, ganz mit Moos ausgefuͤllet, durch welchen sich Regen und das eingegossene Wasser langsam uͤberall durchziehen kann. Zu Unterhaltung der uͤbrigen Gewaͤchse kann man, ohne den geringsten Uebelstand den Garten zu geben, kleine aus Steinen zusammengesetzte becken - formige breite Hydrophi lacia oder Wasserbehaͤlter von einer schicklichen Gestalt bey den Brunnen mit etlichen Roͤhren und Haͤhnen anbringen, ihnen die unterste La- ge von Sand, die mittlere von etwas Torf und Erde, und die oberste starke von langen, weichen, gruͤnen Wassermoose geben, und das Wasser nach Be- schaffenheit der Jahreszeiten darinnen in einen bald hohen, hohen, mittlern oder niedrigen Stande und einen sehr sanften Abfluß erhalten. Dergleichen Hydro- phillacea koͤnnten etliche unter und neben einander ste- hen, aus denen sich das Wasser durch den Moos immer aus einen in den andern filtrirte. Man wuͤr- de in einem sehr maͤßigen Raume eine Menge sehr seltener Gewaͤchse in Bluͤthe und Frucht bestaͤndig vor sich haben koͤnnen, die man sonst, außer den Ver- zeichnissen, in solchen Gaͤrten selbst vergebens su- chen muß. Was nun den vorlaͤufig angezeigten großen Nu- tzen des Mooses betrift, so kann es vor der Hand genug seyn, wegen der Forstwissenschaft zu Unter- haltung der Waldungen, wie auch von Erzeugung des Torfes Erwaͤhnung gethan zu haben, alle uͤbri- gen Nutzungsarten lassen sich damit in keine Verglei- chung setzen. Sonst waͤre von den Waldmoosen noch bey- laͤufig folgendes zu merken, daß er vor sich gute Asche gebe, und zur Auslaugung vor die Potasche unter der uͤbrigen Holzasche selbst wohl tauglich sey. Wie denn auch die langen, weichen, und reinen Wassermoose eine recht feine schwarze entzuͤndliche Kohle geben, die vielleicht noch besser anzuwenden stuͤnde. Die bekannte Nutzung etlicher Moose in der der Arzeney ist wohl unter allen die geringste, und er- streckt sich auf 4 bis 5 Arten, welche wegen Menge anderer, die viel sicherer und besser sind, voͤllig zu ent- behren behren stehen. Die kleinen Landfabriquen bedie- nen sich etlicher Gattungen des Baͤrenmooses ( Ly- copodium ) in einigen Provinzen, um mit ihrer Lau- ge das wollene Garn gruͤn zu faͤrben, und der Blu- menstaub des gemeinen Baͤrenmooses, der bey der Experimentalphysik, wegen seiner Leichtigkeit und Entzuͤndlichkeit, unter dem Namen Sulphur Lyco- podii bekannt genug ist, wird bey der Kunst- und Lust; Feuerwerkerey zu etlichen Saͤtzen besonders an- gew n det. Außerdem bediente man sich des langen wei- chen Mooses zu Auslegung der Brunnen, zu An- legung der niedrigen Steindaͤmme in den Feldern, zum Ausstopfen von allerhand Gebaͤuden, in Lust- gaͤrten auf dem Lande und im hohen Gebuͤrge bey den Blockhaͤusern, um die Witterung abzuhalten, und endlich bey Verfertigung und Auszierung der Brunnenhaͤuser, Wald- und Jagdcabinette und zu Eremitagen in den Lustwaͤldern. Wenn man dergleichen reine lange und weiche Wald-Wasser- und Wiesenmoose, wenn sie noch naß sind, lang ausziehet, in duͤnne derbe Lagen recht feste zusammenpresset, und in der Lust allmaͤhlig so trocknen laͤßet, daß man sie in ordentliche Kuchen schneiden und zusammenbringen kann, so lassen sie sich gleich den Lohkuchen ordentlich anzuͤnden und glim- men solche sehr lange und stark, so daß man unter der Asche eine starke anhaltende Glut ganze Tage lang unter- unterhalten kann. Man kann darinnen digeriren und auch gelinde kochen. Diese letztere sehr entzuͤndliche und glimmende Eigenschaft eines derben und recht trocknen Mooses erinnert mich an einen ungluͤcklichen Zufall, der sich zur Sommerszeit zuweilen zu großer Bestuͤrzung der Besitzer in Forsten aͤußert. Ich meyne das schlei- chende und kriechende, lange verborgene, und schwer zu daͤmpfende Erdfeuer, auf trocknen Heiden, in ganz ausgetrockneten Torfmooren, und in Nadel- hoͤlzern, wovon man die Forstschriftsteller mit meh- rern nachsehen kann. Von den Schaden des Mooses in Gaͤrten und andern Fruchtlaͤndern, auf Wiesen, und an verschiedenen Gebaͤuden, wird bey anderer Gele- genheit ein mehreres zu erinnern seyn. Zufaͤllige Zufaͤllige Gedanken uͤber einige Versuche, Beobachtungen, und Meynungen der neuern Naturforscher, die natuͤrliche Befruchtung bey denen Gewaͤchsen betreffend. D ie muͤhsamen Versuche und Beobachtungen der Naturforscher haben zeither noch immer viele zweifelhafte Umstaͤnde und dunkle Begriffe, wegen der Wirklichkeit von beyderley Geschlechten der Ge- waͤchse und ihrer wahren und natuͤrlichen Befruch- tungsart , in ein ziemliches Licht gesetzet. Man ist also auch in den wichtigsten Punkten etwas weiter gekommen, als es etwa bey den Thieren in einem solchen geheimnißvollen Naturgeschaͤfte geschehen K koͤn- koͤnnen. Doch hat eine zu starke Einbildung der Aehnlichkeit der Thiere mit den Gewaͤch- sen , just, wo sie nicht ist, und eine uͤbertriebe- ne Vergleichung des verschiedenen innern Baues der zur Befruchtung dienlichen Werkzeuge von beyderley Geschoͤpfen, manche so weit verleitet, daß sie sich selbst hintergehen muͤssen. Durch Schluͤsse haben etliche mehr Wahrheiten zu entde- cken geglaubet, als durch selbst eigene Beobachtun- gen, allein ihre gemachte einzelne Erfahrungen nach ihren Saͤtzen haben sich dabey sehr schlecht be- staͤtigen wollen, weil sie damit mehr zu voreilig, als bedaͤchtig und muͤhsam genug, zu Werke gegan- gen sind. Was Wunder kann es also seyn, wenn die auf so ungewissen Gruͤnden nur allzu fruͤhzeitig errichteten Lehrgebaͤude von schlechter Dauer seyn werden. Die Absicht gegenwaͤrtiger Abhandlung mag also vornehmlich dahin gerichtet seyn, etliche hierher gehoͤrige Hauptgrundsaͤtze kuͤrzlich zu pruͤ- fen, zu erklaͤren, auch durch richtige Erfahrungen zu bestaͤtigen, alsdenn aber deren Zusammenhang deutlicher zu zeigen, und auf solche Weise etliche Hauptluͤcken, in dem Lehrgebaͤude der Pflanzenbe- fruchtung , so gut als moͤglich auszufuͤllen. Der Blumen- oder Saamenstaub , oder das Blumenmehl , pulvis et pollen antherarum, ist ein feines Pulver, welches in einigen dazu bestimm- ten Theilen der Blumen erzeuget wird, und bey je- der natuͤrlichen Pflanzenart und deren Abaͤnderun- gen gen, aus lauter gleichfoͤrmigen, organischen, hob- len, blasenartigen Theilchen bestehet, die ihre eige- ne, besondere, und wohl bestimmte Gestalt haben. Es waltet hierbey eine wirkliche Gewißheit, Allgemeinheit und Bestaͤndigkeit ob, so daß also der vorgebliche Begriff, welchen sich der sonst so große Tournefort nebst seinen Anhaͤngern von dem lu- menstaube gemacht, da sie ihn fuͤr einen unnuͤtzen und uͤberfluͤßigen Auswurf ( excrementum ) der Blumen ausgegeben haben, auf keine Weise statt finden kann. Vielmehr macht dieser Blumenstaub in der natuͤrlichen Befruchtungswerkstatt, bey den Gewaͤchsen, denjenigen besondern Haupttheil aus, welcher in sich allein die allerwesentlichste, nehm- lich die wahre befruchtende Materie des maͤnnli- chen Saamens erzeuget, abscheidet, enthaͤlt, zur Aussonderung geschickt macht, und endlich selbst aussondert, die von etlichen genitura von andern essentia florum genennet worden ist. Der Bau des Blumenstaubes ist allezeit re- gelmaͤßig, und jedes einzelne Theilchen desselben, oder woraus er eigentlich bestehet, ist eine klei- ne Blase oder Kugel. Jedes Staubruͤgelchen bestehet : 1. aus 2 uͤbereinander gezogenen und zusammen verwachsenen Haͤuten , welche 2. dessen Hoͤhle bilden , in welcher gleichsam 3. ein besonderer Kern enthalten ist, der die ganze Hoͤhle ausfuͤllet, und aus einem K 2 wah- wahren zellenfoͤrmigen Gewebe bestehet, auch 4. in seinen Zellen eine sehr feine fluͤßige Ma- terie enthaͤlt, die bey den Pflanzen die ei- gentliche befruchtende Materie, oder der maͤnnliche Saamen selbst ist. Diese gehet nach ihrer Zeitigung, als nach dem dazu bestimmten Zeitpunkte, nach und nach her- aus, in einer so feinen Gestalt, als es die Bildung und Entwickelung zarter und un- begreiflich feiner organischer Blumentheile theils verstattet, theils erfordert. Die aͤußere Haut , die in verschiedenen Blu- menarten, Gattungen und Abaͤnderungen verschie- dener Farbe gefunden wird, ist allezeit dicker, haͤr- ter und elastischer, als die innere; ihre ganze Ober- flaͤche zeiget in einem gewissen und regelmaͤßigen Abstande diejenigen allerfeinsten Oefnungen , durch welche die hinreichend verduͤnnete, reif und fluͤßig gewordene maͤnnliche Saamenmaterie ausgesondert wird, und dann durch sie unter der Gestalt der fein- sten Troͤpfchen von allen Seiten langsam heraus tritt. Eben diese aͤußere dicke Rinde scheinet die Feuchtigkeit von außen stark anzunehmen, und nach der innern Hoͤhle durchzulassen, wodurch sich bey dem noch unreifen Zustande des Saamenstaubes ein ganz unnatuͤrliches und so gewaltsames Zer- sprengen mit besondern Erscheinungen ereignet, wovon im Verfolge weiter die Rede seyn wird. Die Die ungemein zarten Aussonderungsgaͤnge dieser Saamenmaterie , die sich aus der innern Hoͤhle, durch die beyden Haͤutgen, auf der Ober- flaͤche der Kuͤgelchen zeigen, erscheinen dem gewaf- neten Auge bey vielen Blumenarten als bloße Punkte ; bey andern scheinen sich sehr feine Spitzen besonders zu oͤfnen. Ein großer Theil von Blu- menstaube bestehet aus Kuͤgelchen , welche uͤber und uͤber entweder mit Waͤrzchen, Stacheln, Haͤk- chen oder andern Arten von Erhabenheiten besetzt sind. Auf den Spitzen derselben oder in ihren Mittelpunkten zeigen sich alsdenn vorgedachte Aus- sonderungsgaͤnge des maͤnnlichen Saamens. Wenn man in verschiedenen groͤßern Arten von Blumen, die Staubbeutel, Huͤlsen oder Koͤlb- chen ( Antheras ) etwas vor der Zeit oͤfnet, welches der Laͤnge nach behutsam geschehen muß, so wird man finden, daß die ganze innere Flaͤche derselben mit ofterwaͤhnten Staubkuͤchelchen uͤber und uͤber besetzt ist. Diese Kuͤgelchen stehen an kurzen Faͤ- den sehr dichte an einander, von welchen sie, bey der allmaͤhligen Reife der Saamenmaterie zur Zeit der Befruchtung , nach und nach losgehen, und sich in Klumpen zusammen geben. Diese Absonderung geschiehet nach Verschiedenheit der Witterung, und der laͤnger oder kuͤrzer anhaltenden Befruchtungsart der Blumen, auf ein oder auf etliche mahl, wel- ches uͤberhaupt so lange dauert, bis die Staubbeu- tel von allen ihren Vorrathe leer geworden sind. K 3 Bey Bey andern habe ich das, was ich eben ge- sagt, noch nicht finden koͤnnen. Die Staubkuͤgel- chen waren vielmehr frey, und erfuͤllten die ganze Huͤlse nach Art eines lockern Pulvers ; oder sie hin- gen an duͤnnen Faͤden aneinander, oder sie waren sonst schnuren- und streifweise an einander befestigt oder gekettet. Da ich nun von solchen Umstaͤnden verschiedene selbst wahrgenommen habe, so bin ich geneigt zu glauben, daß die Staubkuͤgelchen in meh- rern Blumenarten an der inwendigen Flaͤche der Staubbeutel, mit und ohne Stielchen, gegen die Meynung etlicher Naturforscher gar wohl befestigt, auch auf noch mehrere Arten unter einander selbst verbunden, oder auch allenfalls ganz frey seyn koͤn- nen, so wie ich versichert bin, daß sich die Staub- beutel selbst auf verschiedene Weise, und dabey bald langsam und gelinde, bald schnell und mit ei- niger Gewalt oͤfnen, und aufspringen koͤnnen. Diese Abaͤnderung macht in den wesentlichen Umstaͤnden der Befruchtung keine Hinderniß. Was die oft gedachte aͤußere, harte und dicke Haut der Staubkuͤgelchen weiter betrift, so kann man doch sowohl durch diese, als durch die innere damit verwachsene zugleich, das in ihrer Hoͤhle be- findliche cellen- oder netzfoͤrmige Gewebe ganz wohl unterscheiden. Je unreifer aber die in diesem Gewebe enthaltene Saamenmaterie ist, je dunkler ist alsdenn der Kern in den Kuͤgelchen, welchen man man bald in der Mitte, bald mehr auf der einen, bald auf der andern Seite, sehen kann. Ist aber vorgedachte Saamenmaterie etwas mehr zur Reife gediehen, und in demjenigen fluͤßi- gen Zustande, in welchem sie zur Aussonderung seyn soll, so erscheint der dunkle Kern viel kleiner als vorher, und der uͤbrige Theil des Staubkuͤgelchens wird immer noch weit heller und durchsichtiger, welcher Zustand sich bey zunehmender Reife ver- mehret. Es laͤßt sich alsdenn das cellige netzfoͤr- mige Gewebe weit besser erkennen, und man un- terscheidet daran ziemlich regelmaͤßige eckige und an- dere Abtheilungen, die aber nach den Arten von Blumen und Blumenstaube selbst, immer et- was, verschieden sind. Es scheinen dergleichen Ab- theilungen jedesmahl auf die vorangegebenen aͤu- ßern Oefnungen der Absonderungsgaͤnge fuͤr die Saamenmaterie ordentlich zu passen. Die innere Seite der nur beschriebenen harten Haut der Staubkuͤgelchen ist mit einem duͤnnen, schwachen Haͤutchen zusammen verwachsen, und ganz umkleidet, welches so fein ist, daß man an dessen besondern Bau nichts vorzuͤgliches entdecken kann. Bey einem natuͤrlichen schnellen und gewaltsamen Ausdehnen einer einzelnen Staubkugel , dabey die aͤußere Haut sogleich auf ganz verschiedene Weise dergestalt zersprenget wird, daß sie an einen oder mehr Orten zugleich platzen muß, tritt bey vielen Blu- menstaubarten, wenn sie noch unreif sind, das in- K 4 nere nere feine Haͤutchen auf verschiedene Ecken mit her- aus, und zeiget nebst seiner Feinheit zugleich eine weiße oder weißliche Farbe, indem es unter waͤhren- den Zerplatzen von der dicken Haut zum Theil abge- schaͤlet worden ist. Von diesen beyden Haͤuten, die die Hoͤhle der Saamenstaubkuͤgelchen bilden, sind nachfolgende Umstaͤnde anmerklich genug: als 1) Wenn nehmlich die befruchtende Saamenmaterie aus der erwaͤhn- ten innern Hoͤhlung, und folglich aus ihren Bla- sengewebe herausgebracht worden, und die leeren Blasen, Kugeln oder Huͤlsen eintrocknen; so er- langen sie bey ihrer bekannten außerordentlichen Leichtigkeit eine sehr vorzuͤgliche Haͤrte und Steife, und dauern hernach ziemlich lange, ehe sie sich wei- ter veraͤndern. Ein Beyspiel hiervon giebt uns der sehr trockne, leichte und wachsartige Blumenstaub des gemeinen Lycopodii , welcher schon laͤngst unter den Namen Muscus terrestris in den Apotheken be- kannt ist, auch vorlaͤngst bey physikalischen Versu- chen und bey den Lustfeuerwerken gebraͤuchlich ge- wesen; imgleichen der im Maymonat in groͤßter Menge bey uns ausfallende und abfliegende Blu- menstaub der wilden Fichten in den Nadelhoͤlzern, als welcher so leichte, trocken und dauerhaft be- funden wird, daß er ohne sich mit dem Wasser zu mischen, in solchen Waldungen bey der geringsten Bewegung außerordentlich staͤubet, das Gras uͤber- ziehet, und denen darinnen weidenden Schaafen ei- nen nen heftigen Husten erwecket; weshalb auch ver- staͤndige Schaͤfer die ganze andere Haͤlfte des May- monats, und so lange die Fichten staͤuben, das Vieh sehr behutsam oder gar nicht dahin treiben; es muͤß- ten denn etliche anhaltende Regen diesen Staub be- reits abgespuͤlet haben. Wenn man diesen Fichtenstaub , welchen der ge- meine Mann fuͤr einen Schwefel haͤlt, nach den Ge- wittern im Maymonat, von den Wassern sammlet, die er zuweilen ganz uͤberziehet, und wohin ihn der vor- hergehende Sturm in großer Menge geworfen hat; so wird man finden, daß seine einzelnen Blaͤsgen oder Kuͤgelchen, aus denen er bestehet, sehr zaͤhe und feste sind, und ihre Gestalt, die sie entweder bey Aussonderung der reifen Saamenmaterie schon gehabt haben, oder aber mit derselben erst erhalten, nicht weiter veraͤndern, bis sie auf andere Weise zerstoͤret worden sind, welches letztere sehr schwer und langsam geschiehet, wenn man sie durch ein stark anhaltendes Reiben im Moͤrsel mit Sand- oder Metallspaͤnen vermischt, und bis zu einer wachs- seifigten Materie ganz zermalmet. Die Gestalt, Leichtigkeit und Zaͤhigkeit dieses Blumenpulvers bleibt auch sogar alsdenn noch immer bestaͤndig, wenn man es auch schon etliche Monat lang bey großer Waͤrme an der freyen Luft und Sonne im Wasser erhaͤlt. Es schwimmet be- staͤndig, bis endlich das in die Faulung gerathene Wasser ganz verdampfet, und das Pulver mit den K 5 zar- zarten niedersinkenden Wasserschlamme voͤllig zu- sammentrocknet, so daß man es aufweichen, und den Schlamm davon scheiden muß. Von einem der- gleichen wieder aufgeweichten Fichtenblumenstaube habe ich im July unter dem Vergroͤßerungsglase be- merket, daß dessen einzelne leeren Huͤlsen ihre vo- rige Gestalt und Haͤrte groͤßtentheils noch hatten, bis auf solche, welche schon vorher zersprungen waren. Um also dessen Zerstoͤrung auf eine Weise zu bewirken, die ich vor gewisser hielte, bediente ich mich der Faulung, und zwar einer geschwinden, und goß auf eine ziemliche Menge desselben Fichtenstau- bes 2 Quart faulen Urin , mit dem ich ihn wieder an die freye Luft und Sonne brachte, bis zur Mitte des Septembers, da er voͤllig verdampfet, und der Staub mit dessen Niederschlage wieder ganz zusam- mengetrocknet war, so daß ich ihn, wie das erstemahl geschehen, aufweichen und ab spuͤlen mußte, da er denn noch so leicht war, als vorher, und noch oben auf dem Wasser schwamm. Unter dem Glase zeigte er in- dessen noch immer seine vorige Gestalt und Eigen- schaft. Daß sich aber alle vegetabilische Substan- zen, welche wachsend sind, endlich dennoch zerstoͤren, und vererden lassen, leidet keinen Widerspruch. Ihre außerordentliche Zaͤhigkeit und Dauer bleibet unterdessen noch immer ein sehr betraͤchtlicher Umstand, dergleichen er auch bey der natuͤrlichen Befruchtung der Gewaͤchse wirklich seyn muß, wenn wenn man bedenkt, daß gewisse Arten des Blumen- staubes, von einer Pflanze auf die andere, durch den Wind und die Insekten gebracht werden, auch werden muͤssen, ohne von ihrer befruchtenden Kraft zu verlieren. Dieses geschiehet in einer Entfernung von viertel und halben Meilen in der freyen Luft, eben so, wie sonst der befruchtete Frosch- und Fischlaich von den Wasservoͤgeln aus einem Gewaͤsser in das andere uͤbergebracht wird. An der Versendung des Fischlaichs und groͤßerer Eyer in weit entlegene Laͤnder ist ohnehin kein Zweifel, wie man denn selbst den befruchtenden Blumenstaub, welchen man aus seinen Staubhuͤlsen herausge- bracht, in Briefen auf eine solche Weite verschi- cken kann, daß er 3 bis 4 Wochen und laͤnger un- terweges seyn muß, und dabey dennoch im Stande bleibet, eine weibliche Pflanze noch vollkommen zu befruchten, und dieser ist doch von den befruchteten Eyern noch sehr verschieden. Vielleicht ist dieses das einzige und besonderste Beyspiel, welches man in der Naturhaushaltung hat kennen lernen, wel- ches uns die Nothwendigkeit der Dauer und Haͤrte der wachsartigen Blumenstaubkuͤgelchen begreiflich macht, wovon in der Folge die noͤthige Anwendung weiter gemacht werden wird. Die gewoͤhnlichste Gestalt oftgedachter Blu- menstaubkuͤgelchen oder Blasen ist insgemein laͤnglichrund, nierensoͤrmig , ey- oder auch kugel- rund, doch aber bey einem sehr großem Theile von Ge- Gewaͤchsen so besonders und vielfaͤltig, daß man im Stande ist, davon eine sehr zahlreiche und bewun- derungswerthe Verschiedenheit anzugeben, worun- ter einige ganz ungewoͤhnlich gestaltet vorkommen, von welchen der Herr Rath Koͤhlreuter unter den neuern Naturforschern fast die meisten bemerket hat, vor ihm aber der Melch. Verdries in Act. Eruditor. ein gleiches zu thun versucht hat. Es findet sich unterdessen eine gewisse aͤußerli- che Aehnlichkeit zwischen den Kuͤgelchen des be- fruchtenden Blumenstaubes und andern zarten ke- gelfoͤrmigen Koͤrperchen, die auf den Gewaͤchsen außer der Blume zu gewisser Zeit zum Vorschein kommen. Man kann sie aber auch nur als eine aͤu- ßerliche annehmen, wenn man sie zumahl nur oben- hin und fluͤchtig betrachtet, sonst aber auch nicht ein- mahl, ob gleich es schon oͤfters geschiehet. Es giebt nehmlich eine gewisse-Staub- oder Mehlart auf Blaͤttern, wie auch zwischen den jun- gen Keimen, Sprossen und Trieben vieler Gewaͤch- fe, eben zu der Zeit, wenn sie sich aus ihren Au- gen zu entwickeln und auszudehnen anfangen. Die- ser Staub ist zuweilen groͤber, und bestehet aus lau- ter durchsichtigen Kugeln, er wird auch zuweilen noch in ganzen Lagen, zwischen den Blaͤttern und um die jungen weichen Stengel und Stiele, als ein etwas feuchtes Mehl gefunden, wo er anfangs, um die Zwischenraͤume dieser Theile auszufuͤllen, sich nach aller Wahrscheinlichkeit daselbst befinden mag. Er Er verlieret sich aber nach einiger Zeit, wenn sich nehmlich gedachte Theile weiter ausgebildet und aus- einander gezogen haben, so daß man als denn nur ein- zelne Kuͤgelchen hin und wieder, auch wohl gar sehr zerstreuet, wahrnehmen kann, und die Luft trocknet ihn dermaßen, daß er als ein leichtes Pulver abfliegen muß. Sehr ofte ist dieser Blaͤtterstaub so fein, daß man ihn fuͤr einen zarten Beschlag oder Schimmel halten sollte, da man ihn beym bloßen Anruͤhren so gleich mit den Fingern abwischen kann. Etliche Botanisten nennen dieses Pulver farinam andere scobem foliorum , und die damit bestaͤubten Blaͤtter folia farinosa , wie sie auch die feinere Art, welche ei- nen Beschlag vorstellet, pruinam genennet haben. Dieses an sich sonst so wenig erheblich schei- nenden Umstandes glaube ich alle Ursache zu ha- ben, hier, als eines besondern, ordentlich zu erwaͤh- nen, weil das eben angezeigte Blaͤttermehl schon ehemahls unsern großen und hoͤchstverdienten Stahl Gelegenheit gegeben, daß er in einen offenbaren Irrthum verfallen ist, welchen er in seinen Fundam. Chymiae Dogmat. et Experimental . p. 116. §. 44. de semine Lycopodii geaͤußert, wo er folgendes ge- saget: Interim (sc. Lycopodii pulvis ) nihil aliud est, quam tenerrima corticalis scobs, qua foliorum rudimenta prima alias stipari solent. Allein wie weit ist erstlich der wahre Blumenstaub, und folglich das sogenannte semen Lycopodii , von einem Blaͤtter- mehl mehl unterschieden, und wer hat noch zur Zeit er- wiesen, daß die Epidermis plantarum oder folio- rum aus kugelfoͤrmigen Theilchen bestehe, in wel- che sie sich bey gewisser Gelegenheit aufloͤse. Denn ein anders ist eine ganze Lage eines aufgeloͤßten Contextns cellulosi vegetabilis , die sich in kugelfoͤrmi- gen abgesonderten Koͤrpern zeiget, ein anders aber die aus den aͤußersten Spitzen desselben auf der Oberflaͤche gebildete Haut. Die Kuͤgelchen indessen, welche das Blaͤtter- mehl ausmachen, sind helle und durchsichtig, ohne daß man zur Zeit darinnen in vorerwaͤhnten Umstaͤn- den etwas weiter entdecken koͤnnen. Der aͤußern Gestalt nach gleichen sie nur einzig und allein gewis- sen Arten des feinen Blaumenstaubes, sie haben aber, so viel man weiß, damit nichts weiter ge- mein, denn sie enthalten nichts von jenem. Allen Vermuthen nach sind sie anfaͤnglich, wenn sie sich noch in ihrem ersten und natuͤrlichen Zusammen- hange oder einer gewissen Verbindungsart mit ein- ander befinden, nichts anders, als ganze Lagen von nach und nach ausgesogenen und leeren uͤbrig geblie- benen Blasen, die nach der natuͤrlichen Theilung der ordentlichen Lagen des Markes, des holzigen Wesens, Splindes, Bastes, der Rinde und Schaale, wie sie beym Wachsthume und der Bil- dung neuer Pflanzentheile allezeit geschehen muß, alsdenn gefunden werden, wenn ihr celligtes und netz- netzfoͤrmiges vormaliges wohl zusammenhaͤngendes Gewebe ( contextus cellulosus ) voͤllig, aber ordent- lich ohne alle Gewalt, getrennet worden ist. Man kann, bey den physikalisch anatomischen Pflanzenuntersuchungen, dergleichen netzfoͤrmiges Blasengewebe in gar verschiedener Gestalt finden, welches auch nach uͤberstandener Veraͤnderung, die bey der Ausbildung neuer Theile vor sich gehet, endlich auch bey Abgange des Markes, aus Man- gel der Nahrung sich selbst aus seinem vormahligen Zusammenhange setzet; wie sich denn aus eben dem Grunde nicht selten ganze Lagen von allen Arten des Gewebes in einer wohl bestimmten Ordnung, in welcher sie vorher an einander schlossen, allmaͤh- lig trennen, zu der Zeit, wenn ein Pflanzentheil in den andern durch die Verwandlung uͤbergehet. Man findet aber nicht immer dergleichen kugliche Zellen, in ganzen abgesonderten Lagen, zwischen den uͤbrigen fasrigen Geweben beysammen, sondern auch in einzelnen oder mehreren von einander abge- sonderten, und mit dem uͤbrigen fasrigen netzfoͤrmi- gen Gewebe ketten- und schlangenweise durchfloch- tenen Reihen. Es geschiehet ferner noch oft, daß dergleichen Zellen noch, in besonders gestalteten Schnuren, auf vielerley Weise zusammengekettet werden. Ihre aͤußere Trennung in ganzen Lagen ist, bey der Zertheilung der Haupttheile, dennoch eben so gewiß, als ihre innere Verwandlung, die sich sich jaͤhrlich beym Uebergange des einen Theiles in den andern wirklich zutraͤget. Da nun, wie gesagt, die Absonderung gewis- ser Lagen des Gewebes von der naͤchst anliegenden, bey der natuͤrlichen Verwandlung der Theile in den Gewaͤchsen, und beym Ausdehnen oder Wachsen, bald auf den Spitzen der Zweige, bald an den Au- gen und Knospen auf eine Art geschieht, nach wel- cher es nothwendig geschehen muß; so trift die Ord- nung der Absonderung wahrscheinlich allemahl eine solche Lage zwischen den uͤbrigen, in welcher sie am leichtesten geschehen kann, welches wohl vornehm- lich der Contextus cellulosus ist. Er wird bey der Absonderung auf eine solche Weise getrennet, die ihre Beziehung auf den verschiedenen Bau dessel- ben haben muß, daß man also den Rest einer sol- chen destruirten Lage, auf der hernach entbloͤßten Oberflaͤche, bald unter der Gestalt eines Pulvers, das aus Kugeln oder anders gestalteten Blasen be- stehet, bald als eine Wolle, oder Schuppen, und oͤfters als ein feines zerrissenes Spinnengewebe finden kann. Wer nicht geuͤbt und gewohnt genug ist, auf dergleichen und andere Veraͤnderungen wohl Acht zu haben, die sich bey der allmaͤhligen Ausbildung gewisser Pflanzentheile zu ereignen pflegen, beson- ders aber auf solche, die das uͤberall und ohne Auf- Aufhoͤren bildende Mark, von einer Lage des Gewe- bes zu der andern und durch die uͤbrigen Lagen, bey dem jaͤhrlichen Zuwachse und Erneuerung durch den ganzen Pflanzenkoͤrper hervorzubringen im Stan- de ist, wird sich davon die gehoͤrigen Vorstellun- gen sogleich nicht machen koͤnnen, und folglich auch von dem Blaͤttermehle und dessen Eigenschaf- ten die erforderliche Kenntniß nicht haben. L Neueste Neueste Nachricht von einem schaͤdlichen nordamerikanischen Gewaͤchse und denen hier im Lande dadurch verursachten besondern Zufaͤllen . D ie Entdeckung solcher Gewaͤchse, die sich durch ihre Wirksamkeit von den uͤbrigen besonders aus- gezeichnet, und deshalb in gewissen Zeitaltern einen Ruf vor sich gehabt, hat man, ihrer guten oder uͤbeln Wirkungsfolgen halber bald Arzeneyen bald Gifte genennet. Sie sind, wie uns die Geschichte deswegen belehret, groͤßtentheils durch bloße Zu- faͤlle mehr, als durch einen aus wissenschaftlichen Einsichten entspringenden tiefern Nachsinnen, kenn- bar geworden. Was die mit den gemeinen Erfah- rungen hernach verbundenen Einsichten, das Nach- denken denken, und eine abwechselnde Zubereitungsart vor oder bey der weitern Anwendung derselben zu ge- wissen Absichten gethan, ist ohnehin schon vor sich außer Zweifel gesetzt. Ohne gegenwaͤrtig von den als Arzeneyen in Gebrauch gekommenen Gewaͤch- sen zu handeln, duͤrfen wir nur bey den schaͤdlichen und sogenannten giftigen Pflanzen stehen bleiben; so wird sich ergeben, daß man es zuweilen blos bey ihrer Erfindung und Erfindungsgeschichte bewenden lassen, auch vielleicht aus Mangel der Gelegenheit und vielen auch zum Theil nicht ganz verwerflichen Ursachen wenig Verlangen bezeiget, sich weiter dar- nach zu erkundigen, bis ein zweyter oder dritter be- denklicher Zufall die Aufmerksamkeit von neuen re- ge gemacht. Es haben sich alsdenn Kunstverstaͤn- dige und andere, Vortheils oder Schadens halber, und also gleichsam nothgedrungen gesehen, der er- sten Entdeckung weiter nachzudenken, und einer oder der andern sonderbaren Erscheinung halber, in und außer dem Vaterlande, und selbst an den aͤußersten Enden von beyden Indien, ernstlichere Erkundigun- gen davon einzuziehen. Gegenwaͤrtig ereignete sich in unserer Nach- barschaft wieder ein aͤhnlicher Fall, welcher uns schon seit einigen Jahren in der Berlinischen Ge- gend vorgekommen ist, und uns schon damahls haͤtte aufmerksam machen sollen, auch eben dasje- nige mehr als doppelt und dreyfach bestaͤtiget, wo- von vorher die Rede gewesen. Die Sache betrift L 2 eigent- eigentlich eine wirklich schaͤdliche Pflanze, welche als eine fremde schon vor unserer Zeit in den alten botanischen Gaͤrten und andern starken Sammlun- gen von amerikanischen Baͤumen und kleinen Holz- arten sehr lange Zeit, auch weit uͤber ein Jahrhun- dert unter den meisten fast unwissend, was die wah- ren Eigenschaften betrift, mit unterhalten worden ist, ihrer Schaͤdlichkeit wegen aber in ihrem Vater- lande, dem noͤrdlichen Amerika vorlaͤngst unter dem Namen Toxicotendra , des Giftbaumes, bekannt ge- wesen seyn muß, woher sie Europa erhalten hat. Von daher sind ihre Fruͤchte fast zuerst nach Frankreich, und darauf auch nach England gebracht worden, woraus denn sowohl diese, als etliche von ihren noch vorhandenen Abaͤnderungen, nebst einer davon ganz verschiedenen Gattung, erzogen worden ist, die auch in Japan in zwey sehr wohl zu unter- scheidenden Abaͤnderungen gefunden wird, an Boͤs- artigkeit aber beyden uͤberaus gleichet, wenn diese nicht noch davon uͤbertroffen wird. Nach und nach ist sie in unsere deutsche botanische Gaͤrten gekom- men, daß man sie endlich als bekannt genug, ohne weitern Versuch, in den Verzeichnissen mit aufgefuͤh- ret hat. Die Botanisten stellten damahls bey ihren Vorlesungen zwar uͤber den Namen derselben Pflanze oft nur fluͤchtige Vetrachtungen an, und zeigten sie in den oͤffentlichen Gaͤrten als eine solche vor, welche wegen ihrer schaͤdlichen Eigen- schaf- schaft und in Amerika geaͤußerten boͤsartigen Wir- kung Verdacht genug erwecken sollte; wobey es in- dessen ohne weitere Untersuchung lange geblieben ist. Diese Gewaͤchse wurden eine ziemliche Zeit ohne alle Furcht in den Gaͤrten verpflanzet und be- handelt, so wie es mit der einen, von der hier eigent- lich die Rede ist, und welche man noch immer in Toͤpfen in den Winterhaͤusern zu unterhalten ge- wohnt war, wenigstens alle drey Jahre geschehen mußte. Eine andere lies man als eine vom Stam- me 3 fuͤßige Baumart stehen, bis vor wenig Jah- ren, da man ihre Schaͤdlichkeit fuͤrchten lernte. Es vermehrten sich aber diese Gewaͤchse aus den Wur- zelstoͤcken durch die Brut so ausnehmend haͤufig, daß man sie endlich ins freye Land verpflanzen und jaͤhrlich eine Menge Wurzelsprossen wegwersen mußte, indem sie außerdem zwar wenig Blumen und gar keine Fruͤchte brachten, und noch dabey die Gefaͤße durch ihre Wurzeln auseinander ge- sprengt wurden. Wurzeln und Zweige wurden allezeit an den beyden letztern Gewaͤchsarten sehr stark beschnitten, und ihre Verpflanzung geschahe entweder zu Anfange des Aprils oder gegen die Mitte des Septembers, da sich ihre Saͤfte des Wachsthumes halber entweder noch nicht, oder hernach nicht mehr in einer so lebhaften Bewegung befanden, als vom Juny an bis zu Ausgange des Augustmonates, bey guter warmer Witterung. Es geschah auch, weil man nur wenige einzelne Stuͤcke L 3 davon davon unterhielt, daß man sich damit weder zu lange aufzuhalten noch zu erhitzen sonderlich Gele- genheit fand, um ihre Schaͤdlichkeit an sich selbst erfahren zu duͤrfen, die sich sonst an etlichen damit umgehenden Personen nur nicht allemahl oder noth- wendig zu aͤußern pfleget. Die schaͤdlichen Wirkungen schienen indessen, seit der alten Sage davon, fast in Vergessenheit gerathen zu seyn, und man glaubte, als ob man sich vor dieser Pflanze eben so genau nicht in Acht zu nehmen haͤtte. Selbst ich, als der ich mich in juͤngern Jahren mit der Cultur der saͤmmtlichen in Deutsch- land seit 1660 bekannt gewordenen Pflanzen sehr stark beschaͤftigte, und besonderer Umstaͤnde wegen genoͤthiget war, jaͤhrlich eine sehr ansehnliche Men- ge von dergleichen fremden Gewaͤchsen mit eigener Hand zu verpflanzen und zu vermehren, habe da- mahls darauf eben so wenig Acht gehabt, als andre, außer daß, wie ich mich wohl besinnen kann, ich beym Verpflanzen und Beschneiden solcher Ge- waͤchse so vorsichtig gewesen bin, niemahls den fri- schen Saft auf die bloße Haut, oder durch Reiben der Finger, am Hals, ins Gesichte und so weiter beson- ders bey starken Schweiße zu bringen, oder aber gar das Messer womit sie beschnitten wurden, nach- laͤßigerweise in den Mund zu nehmen, wie es gegen alle Verwarnung auch zuweilen in Gedanken ge- schiehet. Dieses alles geschah also fruͤher oder spaͤter im Jahre, ehe die Gewaͤchse stark treiben oder oder gar bluͤhen. Doch habe ich zum oͤftern die jungen saftreichen Zweige zur Bluͤthezeit abgebro- chen, und wie meine Schuͤler nach mir noch zu thun pflegen, Stundenlang bey warmen Wetter oh- ne Furcht und Schaden in der bloßen Hand ge- tragen, bis ich Gelegenheit fand, sie in ein Buch zu legen, die Blumentheile zu untersuchen oder auf- zutrocknen, ohne zu der Zeit vernommen zu haben, daß sie andern geschadet haͤtten. Noch gestern, als ich dieses Gewaͤchs verpflanzte und selbiges be- schneiden mußte, schaͤlte ich von der Wurzel ein Stuͤck Rinde, theilte dasselbe, und behielt jedes Stuͤck wohl eine halbe Viertelstunde im Munde; ich fand bey dieser Herbstzeit nichts fluͤßiges und schar- fes darinnen, wohl aber ein erdhaftes zusammen- ziehendes Wesen, welches den Mund austrocknete, und auf der Zunge insbesondere uͤberaus anhal- tend, beschwerlich und merklich herbe wurde, eben als wenn man von den frischen Wallnuͤssen das herbe Haͤutchen mit dem Kerne zugleich genießt. Im Fruͤhlinge und Sommer wuͤrde ich weder die Wurzel, noch sonst einen Theil von diesem Gewaͤchse, so frisch und lange zu kosten gewagt haben. Etliche andere hingegen sind nach dieser Zeit nicht so gluͤcklich gewesen, als ich, sie haben vielmehr die boͤsartige Wirkung dieser Pflanzen nach einer verschiedenen Heftigkeit recht stark erfahren muͤssen, auch solche, welche vorher davon immer verschonet geblieben waren. Es kann uns zu dem Ende noch L 4 wohl wohl erinnerlich seyn, was dem Koͤnigl. Gaͤrtner Muͤller im Garten der Koͤnigl. Akademie nebst dessen Gesellen und Lehrpurschen, bey dem Verpflanzen dieses bald zu beschreibenden Gewaͤchses, uͤbles be- gegnet ist. Einer von unsern hiesigen geschickten Aerzten, Herr D. Pallas , wird von seiner bey den davon entstandenen schweren und bey dem Gaͤrtner insbesondere lange angehaltenen Zufaͤllen angewende- ten Kurart die zuverlaͤßigste Nachricht geben koͤnnen. Eben diese Pflanze, von welcher nur eigentlich die Rede seyn wird, ist mit ihrer 2ten Geschlechtsart, von welcher noch nicht gehoͤrig ausgemacht werden koͤnnen, ob sie nicht eine bloße Abaͤnderung der er- sten sey, nebst den sogenannten Firniß oder Firniß- baume unter dem Namen von Giftbaum in Ca- nada, Virginien, und Pensylvanien vorlaͤngst be- kannt gewesen. Die Botanisten in Europa, welchen die uͤbrigen unschicklichen Benennungen außer jenen nicht mehr gefallen wollten, machten aus dem la- teinischen Namen Arbor venerata endlich den grie- chischen Toxicodendron , welcher aber nunmehro aus guten Gruͤnden unter das Pflanzengeschlecht von Rhus von Hrn. von Linne gebracht worden ist. Un- ter den aͤltern Benennungen dieser Pflanze finden sich schon die Namen: Edera Canadensis. Cornut. Canad. 69. tab. 97. Hederae trifoliae Canadensi affinis planta, Ar- bor venerata quorundam. Hort. Reg. Pa- ris. p. 84. wie sie nach Tourneforts Zeug- niß niß schon der Koͤnigl. Professor der Bota- nik Dionisius Jacquet in den Jahren 1659 — 1660. im Pariser Kraͤutergarten vor ihm genannt. Arbor trifolia venerata virginiana folio hirsu- to. Raj. Hist. 1799. auch Hederae trifoliae canadensi affinis surrecta, Arbor tinctoria. Pulk. Almagest. 181. Daß aber die sehr kurz und unvollkom- men unter dem Namen Apocynum trifolium indicum fruticans beym Bod. a Stapel. im Theophrast. p. 364. beschriebene Pflanze die unsrige seyn sollte, laͤßt sich aus dem beygefuͤgten sehr groben und falschen Holzschnitt kaum denken. Sie ist viel- mehr Rhus Toxicodendrum, foliis ternatis, foliolis pe- tiolatis angulatis pubescentibus; caule radi- cante . Linn. Spec. Plant. T. I. No. 9. pag. 381. Rhus foliis ternatis, foliolis petiolatis, ovatis actuis pubeseentibus; nunc integris nunc sinuatis. Gronov. flor. Virgin. 149. welche beyde Beschrei- bungen der Blaͤtter in der vor mir habenden Pflanze richtig gefunden werden. Toxicodendron triphyllum, folio sinua- to pubescente. Tourn. Inst. R. Hb. L 5 611. 611. Herbe a la Puce. Hb. Pulica- ni, Floͤhkraut. Der dreyblaͤtterige Giftbaum mit et- was ausgeschweiften wolligten Blaͤt- tern, sehr uneigentlich. Der Gift- baum mit Eichenblaͤttern, und noch schlechter die Giftesche, weil er keine Blaͤtter hat, wie der Fir- nißbaum , die sich dem Eschenlaube vergleichen. Der beste deutsche Name dieser Pflanze wuͤrde seyn, der große 3blaͤtterige nordamerika- nische Giftrebenstrauch . Diese Art des Giftbaumes ist diejenige, wel- che fast von allen Schriftstellern davor gehalten worden, und nur eigentlich die, von welcher hier in der folgenden Nachricht die Rede seyn wird. Man hat sie mit den beyden andern Giftbaͤumen , die mit ihr gleich boͤsartig gefunden werden, auch blos des Namens wegen eben so irrig verwechselt, als mit etlichen ganz unschaͤdlichen Gewaͤchsen geschehen ist, an deren Statt man den Giftbaum unwissend im Gebrauch gezogen, und sich und andere dadurch Schaden zugefuͤget hat, wie die mir von der hiesi- gen Gesellschaft naturforschender Freunde zur Un- tersuchung uͤberschickte Pflanze außer allen Zweifel setzet. Folgende von Crossen ein ihres angerichte- ten Schadens halber eingeschickte Nachricht von dieser Art des Giftbaumes habe ich sowohl einer weitern weitern Untersuchung und noͤthigen Erlaͤuterung auch Verbesserung werth gehalten, und daher nicht ermangeln wollen, solche hier mitzutheilen. In den reformirten Pfarrhause zu Crossen hat sich seit ungefaͤhr 16 Jahren eine besondere Krank- heit ge aͤußert, welche sonst weder vorher in andern Orten dieser Stadt, noch in gegenwaͤrtigem Herbste weiter daselbst wahrgenommen worden ist. Mit dieser sind jaͤhrlich alle Bewohner desselben Hauses in den Fruͤhlingsmonaten, auch den Sommer hin- durch bis zum Eintritte des Herbstes, ein oder meh- rere mahl, nach verschiedenen Graden der Heftigkeit und Dauer, befallen worden, doch ohne, daß es dem einen oder dem andern das Leben gekostet haben sollte. Niemand verfiel auf die eigentliche Ursache der Krankheit, ob man schon bey der Untersuchung zumahl in beyden letztern Jahren alle Muͤhe anwen- dete. Es aͤußerte sich aber dieselbe insgemein da- durch, daß einzelne damit befallene Personen im Gesichte, an den Armen und Haͤnden einen beson- dern Ausschlag bekamen, davon die sehr aufgetrie- bene, entzuͤndete, hochrothe Haut gleich anfangs mit kleinen hellen Blaͤschen besetzt war, welche ein bestaͤndiges, brennendes, zuletzt unertraͤglich wer- dendes Jucken verursachten. Diese Blaͤschen ver- aͤnderten sich nach etwa 3 Tagen dergestalt, daß sie sehr groß wurden und eine waͤßrig zaͤhe Materie ent- hielten, welche sich zwar sehr leicht ausdruͤcken ließ, aber aber sehr geschwind wieder ersetzt wurde. Ein star- kes Fieber, Beaͤngstigung und Mangel des Schlafs, mit Schmerzen im Halse und Augen, fanden sich ein, die Zufaͤlle hielten bey etlichen bis zum achten und zehnten, bey andern bis zum 12ten und 14ten Tage an, und zeigten von der Heftigkeit der Krank- heitsmaterie und Ursachen zur Genuͤge, bis endlich die Geschwulst allmaͤhlig abnahm, und die Blasen, nachdem die Materie bey der Vereiterung tiefer oder flacher eingedrungen war, mit Hinterlassung rother Flecken abtrockneten, und ganz vergiengen. Diesem heftigen und ungewoͤhnlichen Rothlaufe gab man, der Aehnlichkeit halber, den Namen einer starken Blatterrose . Ob man nun den Grund dieser beschwerlichen Krankheit schon anfangs in den uͤbeln Umstaͤnden der Wohnzimmer des Pfarrhauses gefunden zu haben glaubte, so war doch vor den vorher angezeigten 16 Jahren kein Be- wohner dieses Hauses damit befallen worden, wie es sonst schon im Winter und Herbste bey anhalten- der feuchten Witterung mit andern Krankheiten leicht geschehen kann; es zeigte sich vielmehr in An- sehung der Jahrszeiten gerade das Gegentheil, in- dem sich der verdrießliche Zufall nur in den besten Fruͤhlings- und warmen Sommermonaten einstellte, dagegen er sich mit deren Ablaufe von selbst vermin- derte und verlohr. Man aͤnderte dahero die Muthmaßungen we- gen des Hauses, und urtheilte aus nachfolgenden Umstaͤn- Umstaͤnden weit richtiger, nachdem die Bewohner des Hauses seit 6 Jahren nach verschiedenen Gra- den der Heftigkeit die Krankheit oͤfters uͤberstanden, daß das Uebel seinen Grund vielmehr in dem klei- nen, und von Mauern und Gebaͤuden eingeschraͤnk- ten, hinter dem Pfarrhause belegenen, dumpfigten Garten habe, wie man denn sogar den Genuß der darinnen erbauten Kuͤchengewaͤchse nicht außer Verdacht ließ. So aufmerksam saͤmmtliche Be- wohner des Pfarrhauses auf alle dahin gehoͤrige Umstaͤnde waren, und sich sowohl des Gartens, als Gartengewaͤchse daraus so selten, als moͤglich, und einige der letztern gar nicht bediente, so waren sie doch nicht im Stande, das Uebel von sich voͤllig abzuhalten, daß sie nicht alle dennoch dann wieder befallen worden waͤren. Sie wurden also wegen Entdeckung der wahren Krankheitsursachen von neuen zweifelhaft, dabey doch der Verdacht gegen den Garten immer noch uͤbrig bleiben mußte. Denn da sie die Jahreszeit mit den Anfaͤllen ihres bald heftigern bald gelindern vorher angezeig- ten Rothlaufes viel zu genau vergleichen konnten, und selbst die Tageszeit jedesmahl bemerkten, wenn sie sich im Garten laͤnger oder kuͤrzer aufgehal- ten hatten, so wurden sie endlich durch einen ganz neuen Vorfall in dem letztverwichenen Mo- nat July von der Richtigkeit ihrer davon ge- habten Vermuthung voͤllig uͤberzeuget. Es er- hielt nehmlich die im Pfarrhause wohnende Fami- Familie des Hofpredigers den Besuch von ei- nem jungen Frauenzimmer, welche in den kleinen Garten eine ganze Stunde lang sich aufhielt. Eben diese Person, welche vorher von dem Jahre 1769 bis 1776 in demselbigen Hause gewohnt, und jaͤhrlich zur Sommerszeit vorerwaͤhnte Krankheit etlichemahl ausgestanden hatte, seit dem sie sich aber nicht mehr darinnen befunden, von allen derglei- chen Anfaͤllen vollkommen frey geblieben war, klagte noch selbigen Abend wieder uͤber die ihr ehedem sehr genau bekannt gewesenen kraͤnklichen Umstaͤnde. Das dabey gewoͤhnliche brennende Jucken stellte sich am linken Arme wieder ein, und den darauf fol- genden Morgen war schon die Haut zum Theil ent- zuͤndet, roth und mit Blasen bedecket, nur daß diesesmahl die Zufaͤlle gelinder waren, als sonst, da die Brust, Gesicht und Haͤnde besonders gelitten hatten, und die uͤbrigen Theile des Koͤrpers vor- jezt davon nicht angegriffen wurden. Man glaubte nunmehr dadurch uͤberzeugt zu seyn, daß man den Grund des Uebels in dem Garten, und zwar etwa in einem solchen Gewaͤchse zu suchen habe, welches vor sich im Stande sey, dergleichen Zufaͤlle durch seinen fluͤchtigen, scharfen, hoͤchst wirksamen Dunst zu erregen, welches alles sich aus den nachfolgenden Umstaͤnden sehr deutlich ergeben wird. Das Pfarrhaus, welches durch ein Vermaͤcht- niß dem reformirten Hofprediger in Crossen zur freyen Wohnung bestimmt worden war, hatte gleich Ein- Einganges in dem kleinen Garten ein belaubtes Ca- binet, an welches 1769 der oben angefuͤhrte Gift- baum , aus einen sehr großen Irrthum, als ein schlan- kes Rebengewaͤchse, statt des so genannten fuͤnf- blaͤtterigen wilden Weinstocks , Vitis quinquesolia canadensis , einer fremden Art von Epheu , gepflanzt worden war. Dieses Gewaͤchs kannte zwar nie- mand, da man aber doch sahe, daß es nicht der rechte Canadische wilde Weinstock war, fiel der Verdacht allein darauf. Man beschloß es aus die- sem Grunde auszurotten, nachdem man zumahl noch etliche neuere Erfahrungen gemacht, und mit allen vorhergehenden wohl verglichen hatte. Denn man erinnerte sich sehr genau, daß da- mals in eben dem Zeitpunkte, als das vorher ge- pflanzte Gewaͤchse 1770 zum ersten mahle ausschlug, die ofterwaͤhnte beschwerliche Krankheit in dem Pfarrhause ihren ersten Anfang genommen, mit je- dem Herbste nachgelassen, und jedesmahl im Som- mer, wenn alles Gewaͤchse belaubt gewesen und in der Bluͤthe gestanden, wiedergekommen war. Der zeitige Besitzer ward ferner noch ganz zuletzt von der Krankheit vor allen fast am heftigsten angegriffen, da er des Tages vorher nur in Zeit von einer Stun- de die uͤbermaͤßig wachsenden Wurzelsprossen aus- geschnitten, und die herunterhaͤngenden Reben dieses Gewaͤchses aufgebunden hatte; wozu noch kam, daß eine Kinderwaͤrterin sich in diesem mit dem Ge- waͤchse bezogenen Cabinette so lange aufhielt, als ihr ihr Kind auf dem Hofe herumlief, welche noch da- zu Zweige davon abgebrochen hatte, um sich damit Fliegen und Muͤcken abzukehren, dagegen das Kind nur selten zu ihr kam. Diese Frau wurde am mei- sten und heftigsten im Gesichte damit befallen, da- gegen bey dem Kinde auf der rechten oder linken Seite im Gesichte zuweilen nur eine sehr schwache Roͤthe bemerkt werden konnte. Unter allen Perso- nen im Pfarrhause ist nur die einzige Koͤchin von der Krankheit verschont geblieben, weil sie sich sehr selten, und niemahls zu lange im Garten, am aller- wenigsten aber im Cabinette selbst, in den giftigen scharfen Duͤnsten befunden hat. Im Anfange des 1777sten Jahres wurde also dieser Giftbaum im Garten so gut als moͤglich aus- gerottet; es ging damit zugleich das große Uebel zu Ende, und man besuchte den Garten von der Zeit an fleißiger, als jemahls, ohne daß man den folgenden Sommer davon weiter das geringste ver- spuͤret haͤtte. Doch muß man noch dabey anmer- ken, was der Koͤnigl. Hofprediger Hr. Conrad un- term 20ten August nachberichtet hat, wie nehmlich ein junges Frauenzimmer, das sich mit einer Gesell- schaft in dem nun mit Buchen bepflanzten Cabinet befunden, unter der Bank noch einen einzigen jun- gen Sproßling von dem schon ausgerotteten schaͤdli- chen Gewaͤchse zwischen den Steinen gewahr ge- worden, ihn abgebrochen, und der Gesellschaft vor- gezeiget. Nach Verlauf von 24 Stunden kamen bey bey dieser Person schon die gewoͤhnlichen Blasen zum Vorschein, mit welchen der ganze Arm bezo- gen, auch durch sie sogar der andere Arm ergriffen wurde. Doch weiter sind sie nicht gekommen, son- dern nach etlichen schmerzhaften Naͤchten wie- der vergangen. Was kann deutlicher und unterrichtender seyn, als diese Nachricht, welche eben deswegen, gegen andere bey verschiedenen Schriftstellern nur gele- gentlich oder zu unvollkommen gegebene, ihre Vor- zuͤge hat. Denn es laͤßt sich daraus die eigentliche Krankheit mit ihren gewoͤhnlichen und bekannten Zufaͤllen ersehen, womit eine ganze Familie von etli- chen dem Geschlecht, Alter und Leibesbeschaffenheit nach verschiedenen Personen, zu einer gewissen Jah- reszeit, auch wohl zweymahl in einem Jahre, nach verschiedenen Graden der Heftigkeit befallen wor- den ist. Sie fuͤhret ferner auf die verletzende Ursa- che auf das wahrscheinlichste, von welcher theils nach Vernunft und Umstaͤnden zusammengenommen erweißlich gemacht worden, theils aus sichern Erfah- rungen und Beyspielen wirklich erwiesen worden ist, daß die der verdruͤßlichen Zufaͤlle halber in Ver- dacht genommene giftige Pflanze eine von denjenigen und eben den dreyerley Pflanzen sey, welche sich sowohl bey uns im noͤrdlichen Deutschland, als schon ehe- dem in etlichen Provinzen des nordlichen Amerika, nicht nur durch aͤhnliche Vergiftungen kenntlich ge- nug gemacht, sondern auch eben dieselbe Krankheit M mit mit gleichen Zufaͤllen erreget, so daß man sie daselbst schon fast uͤber ein Jahrhundert eben so gefuͤrchtet, als es nach der Zeit in Frankreich geschehen, und nunmehro auch bey uns geschehen wird. Die Jahreszeit nach gewissen damit verbunde- nen Umstaͤnden, in welcher sich die Pflanze in Nord- amerika und Europa allezeit schaͤdlich erwiesen, ma- chen von der andern Haͤlfte des Maymonates, bey anhaltend warmen Wetter und einer Tageslaͤnge von 15 bis 16 Stunden, bis zu den ersten Tagen des Septembers, eine Periode von etwa 120 Tagen aus. Weder vor dieser noch nach derselben spuͤret man ihre giftige Wirkung, es muͤßte denn seyn, wie gleichfalls nicht unbemerkt geblieben ist, daß man unversehener Weise etwas von abgehauenen Holze unter den Vorrath zur Feuerung haͤtte kommen las- sen. Denn bey dem hohen Sonnenstande stehet die Pflanze im besten Wachsthume und Bluͤthe, und zugleich in der groͤßten Kraft ihrer Schaͤdlich- keit, indem ihr Saft voͤllig verduͤnnet sich in der staͤrksten Bewegung befindet, und am staͤrksten aus- dampfet, da sich denn dessen scharfe fluͤchtige Duͤn- ste in den natuͤrlichen dicken und schattigen Stand- orten, ohne von der frey zugehenden Luft zerstreuet zu werden, ansammlen, und von den mehr oder we- niger schwitzenden Menschen aufgefangen, oder ein- gesogen werden koͤnnen. Ich glaube aber nichts zu verfehlen, wenn ich zur Erlaͤuterung und fernern Bestaͤtigung oft er- waͤhn- waͤhnter Krankheitsgeschichte, diejenigen wohlbe- stimmten Nachrichten, nach einer schicklichen und kurzen Auswahl, hier beybringe, welche andere Schriftsteller außer unsern Vaterlande theils von der auch bey uns vergiftenden Pflanze, theils etli- chen andern derselben naͤchst verwandten und gleich schaͤdlichen Pflanzengattungen aus Nordamerika von Zeit zu Zeit bekannt gemacht haben. Die Nachricht des aufmerksamen Kalms in dessen zwey- ten Theil der Reisebeschreibung, und eines Dutley in den gelehrten Abhandlungen der Koͤnigl. Socie- taͤt zu Londen, sind vor andern die vorzuͤglichsten. Was nun die Krankheit betrift, welche mit ihren Zufaͤllen von dem Rhus Toxicodendrum ver- ursacht worden, so hat man sie gerade fuͤr diejenige gehalten, die sie wirklich ist, nehmlich fuͤr eine Art der Blatterrose mit denen nachfolgenden abwech- selnden oft beschriebenen Entzuͤndungszufaͤllen, die die Aerzte Phlegmonem pustulosam oder vesicularem , die gemeinen Leute aber das laufende Feuer oder den Rothlauf mit Blattern und Blasen zu nennen gewohnt sind. Die Zeichen einer schnellen, bald heftigern bald geringern Entzuͤndung an etlichen aͤußerlichen Theilen mit einer Haͤrte, schmerzhaften Spannung, Geschwulst, hohen Roͤthe, die sich all- maͤhlig fast uͤber den ganzen Leib ausbreitet, und dem davon unzertrennlichen symptomatischen Fieber, sind deutlich genug. Die allmaͤhlig dabey entste- M 2 hen- henden Zufaͤlle, als ein bestaͤndiges, beißendes, zu- letzt ganz unertraͤgliches Jucken der Haut, der Au- genlieder, mit Steifigkeit derselben und Entzuͤn- dung der Augen, Schmerzen im Halse, Beaͤngsti- gung, Unruhe, Mangel des Schlafes, oder auch eine fliegende Hitze mit bald voruͤbergehenden leich- ten Phantasieen, oder Ohnmachten und Zuckungen, wechseln ab. Es zeigen sich dabey insgemein auf der entzuͤndeten Haut zugleich haͤufige Blasen oder Blattern, die eine scharfe Feuchtigkeit von sich ge- ben, und sich selten gleich anfangs wieder, ohne zu verschwoͤren, verlieren, meistentheils aber in eine starke Vereiterung uͤbergehen. Alle diese Um- staͤnde aͤußern sich bey einer heißen Witterung, bey welcher die Koͤrper leicht in staͤrkere Bewegung ge- rathen, und mit ihren mehr verdorbenen oder auch gesunden Saͤften in eine reichlichere Ausduͤnstung versetzt werden, so daß im Verhaͤltniß jener, das Einsaugen eines hoͤchst feinen dunstartigen Pflan- zengiftes zugleich schneller vor sich gehet, und die Menschen nach verschiedenen Graden der Heftigkeit davon angegriffen werden koͤnnen. Man betrachte also dicke, kuͤhle, schattige Laubwaͤlder, als die Standoͤrter der vergiftenden Pflanze in Nordame- rika, oder welches einerley seyn muß, dicht damit bezogene gruͤne Spatziergaͤnge und Cabinette in un- sern Gaͤrten, unter denen man sich auszuruhen, vor der Sonnenhitze zu verbergen und abzukuͤhlen gewohnt ist, so werden sich vorbesagte Umstaͤnde der der unvermutheten Zufaͤlle sehr leicht einsehen lassen. Wenn wir hier zur Absicht haͤtten, durch eine ordentliche Abhandlung der ganzen Krankheitsge- schichte in ihren Umfange, und die abwechselnden be- sondern Zufaͤlle, die Grenzen eines Naturforschers zu uͤberschreiten, muͤßten wir mit den Aerzten von den Kraͤften einer angeblich giftigen noch nicht voͤl- lig untersuchten Pflanze reden, auch von de- ren natuͤrlichen schaͤdlichen und uͤbrigen Be- standtheilen, Wirkungsarten und Folgen, welche sich in den menschlichen Koͤrper aͤußern, einen deutlichen Bericht geben, ohne daß wir dieses Man- gels halber dazu im Stande waͤren. Besser muß es also seyn, ehe man sich einem dergleichen Vor- haben, bey Ermangelung gedachter nothwendigen Untersuchung, unterziehet, dasjenige vorher richtiger zu bestimmen, als es von andern hat geschehen koͤn- nen, die diejenigen vergiftenden Pflanzen nach ih- ren Namen, Geschlechter und Gattungen noch gar nicht gekannt haben, durch welche das Uebel sowohl bey uns als in Amerika verursacht worden ist. Hier- durch wird man Gelegenheit haben schon eine be- traͤchtliche Luͤcke in der natuͤrlichen Geschichte des groͤßern Canadischen dreyblaͤtterigen Giftreben- strauchs auszufuͤllen, als welcher zur Untersuchung von Crossen, wo er den Schaden angerichtet, ein- geschickt worden ist. M 3 Dieser Dieser bestehet in einem niedrigen jungen aus- laufenden Wurzelstocke von den eben angezeigten Giftrebenstrauche , und ist folglich von dem angeb- lichen Celastro scandente Linn. Sp Pl. T. I. No. 2. p. 205. inermi caule volubili, foliis serrulatis dem steigenden Celasterstrauch oder Blumenmoͤrder , nach allen bey den Botanisten davon festgesetzten Unterscheidungszeichen, offenbar unterschieden. So unschuldig der Celaster aber, wegen einer Kraft die Thiere zu vergiften, gefunden wird, so ersticket er doch in Canada und Virginien die groͤßten Baͤume, um deren Staͤmme er sich windet, bis in die Krone aufsteiget, und daselbst die Zweige dermaßen zusam- men spinnet, daß sie fest in einander geschlungen ab- sterben muͤssen. Von den 6 nachfolgenden steigen- den Reben- und windigen Gewaͤchsen welche bey der uͤberschickten Nachricht mit angefuͤhrt worden, unterscheidet er sich ohnehin voͤllig, daß es ein so offenbarer Fehler seyn wuͤrde, als wenn man die Tuͤrkische Kressen und Schminkbohnenpflanzen , oder andere, die nicht einmahl Holzarten sind, mit unsern Weinstoͤcken verwechseln wollte. Denn hierher gehoͤren gar nicht Hedera (helix) Linn. Sp. Pl. T. I. No. 1. p. 293. der Epheustrauch . Clematis (vitalba) Linn. Sp. Pl. T. I. No. 8. p. 766. die steigende Waldreben oder Lienen. Tamos Tamus (communis) Linn. Sp. Pl. T. II. No. 1. 1458. schwarze Stickwurz . Lonicera (caprifolium) Linn. Sp. Pl. T. I. No. 1. pag. 246. Die welsche Zaun- gilge . Menispermum (canadense) Linn. Sp. Pl. T. II. No. 1. p. 1468. Falscher cana- discher Hopfen . Bignonia (radicans) Linn. Sp. Pl. To. II. No. 13. p. 672. Steigende Trompe- tenblume . Dergleichen grobe Fehler zu begehen, welche fast vor keine, oder doch vor sehr wenig bedeutende angesehen werden wollen, erlauben sich die gemei- nen und unwissenden Gaͤrtner sehr oft, welche oh- nedem manches unternehmen, was ihnen, ihrer we- nigen Einsichten halber, nicht zukoͤmmt; ob sie sich schon dergleichen erdreisten, gegen alle Kunstver- staͤndige zu behaupten, weil sie sich gegen allen Un- terricht zu weise duͤnken, und zuweilen gar mit ih- ren unrichtigen Beschreibungen und Nachrichten, auch ganz falschen und verdrehten Nahmen, unter die Schriftsteller von der Naturgeschichte einzudrin- gen. Dieser Umstand hat von jeher zu vielen schwer und langsam abzustellenden Vorurtheilen und Unord- nungen, auch in einer Zeit von 10 bis 12 Jahren, zu einer ansehnlichen Menge von frischen und trocknen vielleicht unbrauchbaren und falschen Pflanzensamm- lungen Anlaß gegeben. Bey der wirklichen Anwen- M 4 dung dung der Gewaͤchse aber ist im gemeinen Leben schon mancher Schaden bey der Baum-Material- und Specereyhandlung, dem Arzeney- und Apotheker- wesen, auch den uͤbrigen landwirthschaftlichen Nah- rungszweigen dadurch entstanden; selbst die Akten bey den Gerichtshofen und Polizeykollegiis enthal- ten davon Beyspiele. Dieses zu erlaͤutern findet sich von neuen Ge- legenheit bey unsern großen Canadischen Gift- rebenstrauch , welcher wie es oft mit andern geschie- het, unter den falschen Namen des laͤngst bekann- ten wilden Weines aus einen andern Garten nach Crossen gekommen, und daselbst vor 8 Jahren zu Bekleidung einer Sommerlaube bestimmt worden war. Dieser wilde Wein ist Hedera (quinquefo- lia) Linn. Sp. Pl. T. I. No. 2. p. 292. der fuͤnf- blaͤttrige Canadische steigende Epheu , welchen man seit 80 Jahren zu Bekleidung der Lusthaͤuser, Spatziergaͤngen und Prospekten in weitlaͤuftigen Gaͤrten, seines schnellen freyen Wachsthumes und großen reinlichen Laubes halber, ohne allen Schaden angewendet hat. Mit dem Weinstocke hat dieses fremde steigende Rebengewaͤchse, was das Wachs- thum und Ansehen betrift, manches gemein, naͤhert sich aber dem Epheustrauch wegen der vielen Haa- ken, Klammern und Saugeroͤhren, die sich an der- jenigen Seite der Reben befinden, wo sie auf Moos Erde, Stein, Mauern und Holz zu liegen kommen, und sich dadurch befestigen. Der Bau seiner Blu- men men bringet diesen Strauch zum Epheu, und sein fuͤnfblaͤtteriges Laub unterscheidet ihn von allen vor- her namentlich angefuͤhrten Gewaͤchsen vollkom- men, und also auch von unsern dreyblaͤttrigen Gift- rebenstrauche; aus welchen Kennzeichen man auch bey der Untersuchung in Crossen erkannte, daß der an der Sommerlaube im Garten gepflanzte und der Vergiftung halber in Verdacht gezogene Strauch nicht der rechte wilde Wein sey. Der Giftrebenstrauch , welcher, wie wir schon gemeldet, unter dem Namen eines Giftbaumes so- wohl in Amerika, als etlichen Laͤndern, auch selbst bey uns bekannt war, wurde auch seiner schaͤdlichen Wirkung halber im vorigen Jahre zum erstenmahle wieder bekannt, und ist ein von derjenigen kleinern Giftrebenart ganz verschiedenes Gewaͤchse, wel- ches vor etlichen Jahren im Garten der Koͤnigl. Aka- demie der Wissenschaften beym Verpflanzen Scha- den angerichtet hatte. Er ziehet in einem solchen Zeitpunkte die Aufmerksamkeit der Aerzte und an- derer Gartenliebhaber mit allem Recht auf sich, in welchen sich ein großer Theil der letztern, mit Ver- aͤnderung ihres zeitherigen Geschmacks, mit der Unterhaltung der nordamerikanischen Baͤume und anderer Strauch- und Erdholzarten, welche bey der Strenge unserer Winter in freyer Luft aushalten, in ihren Gaͤrten, Plantagen und Lustwaͤldern mehr aus Vergnuͤgen beschaͤftigen, als daß sie andere Ab- sichten haben sollten, dabey an sich nichts zu erin- M 5 nern nern seyn moͤgte, als daß alle dergleichen Zeit und Geld verschwendende Anlagen, wenn sie nicht fuͤr un- nuͤtz gehalten werden sollen, endlich zum Nutzen des Staats selbst gereichen muͤssen. Ob nun dieses Gewaͤchs in denen fast zur Mode gewordenen Englischen Pflanzungen vor neu gehalten werden wollen, so ist es doch seit Jouquets Zeiten in Frankreich unterhalten worden, auch in den deutschen botanischen Gaͤrten hin und wieder befindlich gewesen, wie es denn seit 1733 in der Mark Brandenburg schon eingefuͤhret war, und vor etlichen Jahren mit der großen Menge Ameri- kanischer Saamen aus England ankam, da man es denn in den Lustwaͤldern saͤete und erzog; ob es gleich aͤußerlich eben keine sonderlichen Vorzuͤge hatte, als daß es sich unter dem Schutze der uͤbri- gen Holzarten stark vermehrte, und einen sehr schnel- len Wuchs zeigte. Die dunkle Wurzel der Pflanze, welche holzig und faserig, und in jedem Grunde und jeder Lage gleich dauerhaft ist, gleichet den jungen Rebenstaͤm- men, sie gehet sehr stark um sich, und in eine fast uͤbermaͤßige Menge von Sprossen und Wurzelstoͤ- cken, so daß die Staͤmme nur sehr selten hoch und stark werden, wenn man jene nicht immer davon abnimmt; da sie denn bis etwa 10 Fuß hoch ge- zogen werden koͤnnen, aber doch immer schlank und schwach bleiben. Die jungen Schoͤßlinge strecken sich ohne Nutzen auf der Erde, uͤber Steine, Moos und und Holz, zwischen welchen sie ihre uͤberall aus ih- ren lockern saftreichen Rinden herauskommende Saugewurzeln einschlagen; werden sie aber aͤlter und fester, so lassen sie sich in gerade und staͤrkere Staͤmme ziehen. Ihr dunkelgruͤnes, adriges Laub ist dreyblaͤt- trig, und stehet einzeln und abwechselnd auf spannen- langen, oberwaͤrts dreytheiligen, starken Stielen an den jungen weichen Trieben, welche geschnitten oder abgebrochen einen zaͤhen milchenden Saft geben. Die Blaͤtter sind oberwaͤts glatt, unterwaͤrts aber bey uns mit einem feinen, kurzen, weißen, wolligten Wesen nur duͤnne bezogen, sonst aber, so lange sie jung sind, mehr roth, und fallen im Herbste ab. An Gestalt sind sie etwas veraͤnderlich, und nach- dem die Witterung ihre Ausbildung befoͤrdert, nach- der Zeit, dem Alter und Nahrung sehr verschieden, und am untern Ende sehr lang zugespitzt, oder auch laͤnger, runder und verkuͤrzet. Der Rand ist weit- schweifig und stumpf, flach oder tiefer gezackt, zu- weilen ganz ohne alle Zacken. Die ausgeschweif- ten Winkel aber habe ich so tief daran nicht finden koͤnnen, daß sich die Blaͤtter, wie andere sagen, mit dem Eichenlaube vergleichen ließen. Die Pflanze, welche sich im Fruͤhling und Herbste sehr zeitig versetzen laͤsset, treibet aus ihren im Oktober schon ziemlich ansehnlichen Knospen im Juny noch feine und duͤnne, helle, gruͤne, aͤstige und spitzige, kleinbluͤthige, etwa 2zoͤllige, einzelne oder oder gepaarte Blumenstraͤußer. Dabey bemerkt man maͤnnliche von den weiblichen ganz abgeson- derte Straͤucher, worunter die ersten etwas kleinere Bluͤtchen tragen, als die letztern. Beyderley Blumen haben indessen bestaͤndige regelmaͤßige 5theilige aufrechtstehende Kelche, ihre Blumenkronen sind 5blaͤttrig und offen, die einzel- nen Blaͤtter eyrund. In den maͤnnlichen wird man 5 sehr kurze Staubfaden mit sehr kleinen Staubhuͤlschen gewahr. Dagegen ist in den gleich- foͤrmigen weiblichen Bluͤthchen allezeit ein rundli- ches Fruchtknoͤtchen, ohne Spuren einer Befruch- tungsroͤhre, mit 3 uͤberaus kleinen und zarten herz- foͤrmigen Befruchtungsnarben. Die Fruͤchte sind rundliche, aschfarbene, glatte, gestreifte Beeren, mit einem glatten tief gestrichelten Kerne. Dabey muß man merken, daß sich die 3 giftigen Ge- schlechtsarten, und Rhus cominia . Linn. Sp Pl. T. I. p. 391. der wilde Pfefferbaum, vor den uͤbrigen 8 Gattungen darinnen auszeichnen, daß sie keine Zwitterblumen tragen. Rhus cotinus Linn. Sp. Pl. T. I. No. p. der Gelbholz- oder Parukenbaum aber ist durch seine feine langstieligen, großen Fe- derbuͤsche kenntbar. Was den Geruch des Saftes unserer vergif- tenden Pflanze betrift, so ist er so wenig merklich, als die Schaͤrfe im Geschmacke. Sonst wird dieser zaͤhe milchende Saft, welcher sich mit einer andern aus einer verschiedenen Lage von Roͤhren heraus- drin- dringenden vermischt, an der Luft gar bald uͤbelrie- chend und schwarz, er greift das Eisen etwas an, macht dunkelbraune oder schwarze Flecken in Pa- pier und Leinewand, welche nicht wieder ausgehen. Man hat geglaubt, als ob der Saft auf die Men- schen keine so schlimme Wirkung thue, welches bey etlichen wahr befunden wird, dagegen er bey andern oder bey eben denselben Personen nur in einen gewissen koͤrperlichen Zustande, desto heftiger wirket. Auf die Haut gestrichen, be- koͤmmt sie von dessen Schaͤrfe braune Blasen, Ge- schwulst und offenbare Merkmale von Entzuͤn- dung und Schmerzen, und bey etlichen, bey denen man den aufgeschmierten Saft hat eintrocknen las- sen, erscheinet den folgenden Tag ein brauner Fleck, und die duͤnne Haut schaͤlet sich oberwaͤrts ab. Ein frisches Blatt, wenn die Haut scharf damit gerie- ben wird, macht dunkelbraune Flecken, welche sich hernach entzuͤnden und schmerzhaft werden, worauf zugleich sehr um sich fressende Blasen aufschießen. Man hat ferner bemerkt, daß der aufgestri- chene Saft bey andern dermaßen in die Haut gewuͤr- ket, daß sie nach etlichen Stunden davon ganz schwarz, dichte, und hart, wie ein wirkliches Leder, ge- worden sey, von der sich nach wenigen Tagen das Haͤutchen davon in Schuppen abgeloͤset habe. Um die dabey entstehenden Schmerzen zu lindern, hat ein geschickter Zuͤllichauer Arzt sich der austrocknen- den Mittel mit gutem Erfolge bedienet. Unter den neuern neuern Versuchen, die gleich den vorigen ordentlich wiederholt zu werden sehr wohl verdienen, hat un- ter andern derjenige, durch welchen der aus der Pflanze quellende Saft einem Hunde oder einer Henne mit Bruhe oder Wurzel mit Fleiß eingege- ben, und in die Blutader an den Schenkeln frisch eingebracht, diesesmahl nicht sonderlich geschadet; doch will man bey dem Hunde einige leichte bald uͤbergehende Zuckungen bemerket haben. Ueber die schaͤdliche Wirkung des Holzes dieser Giftrebe in der Feuerung sind gleichfalls kurz abgebrochene Bemerkungen vorhanden, von welcher im vorher- gehenden Anzeige geschehen ist. Diese und dergleichen Versuche geben reich- lichen Stoff zu weitern Bemerkungen, ob man gleich bey der Anwendung und in aͤhnlichen Faͤllen nur einen sehr behutsamen Gebrauch davon machen kann. Dabey man sich besonders zu huͤten hat, von einem Menschen und Umstande auf alle Thiere und Menschen, oder von einer Thierart auf die so- wohl aus einer als aus verschiedenen Hauptklassen, sonder Einschraͤnkungen zu schließen, indem bey den mancherley Erscheinungen der wirkenden Dinge nicht immer alle, auch nicht die vornehmsten, und wesentlichsten Kennzeichen zugleich zugegen sind, aus denen wir auf die gesammten mit verbundenen Wirkungsursachen sicher schließen koͤnnten. Soweit gehen die Umstaͤnde welche uns von den schaͤdlichen Eigenschaften des ersten oder großen Cana- Canadischen Giftrebenstrauches, Rhus Toxicoden- drum, den noͤthigen Unterricht geben konnten. Die von Crossen eingeschickte Nachricht und kurze Krankheitsgeschichte, welche durch achtjaͤh- rige Erfahrungen in unsern nordlichen Deutschlande unterstuͤtzt wird, hebet viele Zweifel, die gegen die Ge- wißheit einer schaͤdlichen Wirkung des großen drey- blaͤttrigen Canadischen Giftrebenstrauchs gemacht werden koͤnnten, so daß man mit mehrerer Gewißheit davon sprechen kann, und giebt einigen hie und da be- findlichen unvollkommenen und abgebrochenen An- zeigen von der Schaͤdlichkeit ihrer Wirkung ein wirkliches Gewichte. Von der hoͤchst feinen und fluͤchtigen Schaͤrfe der Pflanze werden uns die kuͤnf- tigen Versuche naͤher unterrichten. Was die zweyte Art des gleichsalls unter den Namen des Giftbaumes laͤngst bekannten kleinen glatten dreyblaͤtterigen , von der bereits abgehan- delten Gewaͤchsart ganz unterschiedenen, nordameri- kanischen Giftrebenstrauches betrift, so ist sie Rhus ( radicans ) Linn. Sp. Pl. P. I. N. 8. pag. 381. oder Toxicodendron amplexicaule, foliis minori- bus glabris. Dill. Hort. Elth. p 380. et Toxico- dendron rectum, foliis minoribus glabris. Dill. H. Elth. p. 389. tab. 291. fig. 375. Die Benennungen des Dillenius bezeichnen eine junge und alte Abaͤnderung dieser Geschlechts- art. Die Pflanze ist in unsern botanischen Gaͤrten beynahe einheimisch, und fast aͤlter, als die vorherge- hende hende, ohne daß man auf deren so schaͤdliche Eigen- schaft sonderlich gedacht hat. Sie ist viel kleiner und unansehnlicher, als die vorhergehende, sie wu- chert aber auch mehr, als jene, in Wurzeln und Spros- sen. Sie hat mit der vorigen Art fast die meisten Eigenschaften gemein, und selbst ihre Erziehung aus Wurzeln, Sprossen, Zweigen und Saamen. Herr Duͤ Hamel hat ganze Gebuͤsche gesehen, die von einzelnen vorher gepflanzten Straͤuchen entstan- den waren. Ihre jungen weichen Reben winden sich um die Zweige anderer Gewaͤchse, sie treiben haͤufige Saugewurzeln, durch die sie sich uͤberall befe- stigen, und in ihren Vaterlande Canada, Virginien, und Pensylvanien bis in die Spitzen der Baͤume aufsteigen, wachsen aber auch im freyen gerade auf, doch in niedrigen schwachen Staͤmmen. Ihre Blaͤtter gleichen in der Hauptgestalt de- nen von den vorbeschriebenen Pflanzen, nur daß sie etwas kleiner, glatt, und ohne Zacken sind, und aus dem Gruͤnen mehr ins Rothe spielen; das jun- ge Laub aber ist sehr braunroth, die Bluͤthen sind sehr lichtgruͤn, und die Frucht trocken, und von eben der Farbe. Der aus der Rinde des jungen Holzes durch den Schnitt heraustretende Saft ist braun- gelblich, und macht in Leinwand und Papier schwarze Flecke, welche nicht wieder herausgebracht werden koͤnnen. Herr Kalm erinnert zwar von den uͤbeln Zu- faͤllen, die durch das Beruͤhren und die Ausduͤn- stun- duͤnstung entstehen, meldet aber dabey, daß ihre Schaͤdlichkeit geringer sey, als bey dem Firniß- baume. Diesem aber koͤnnen wir aus sicherer Erfahrung beyfuͤgen, daß der glatte und kleinere Giftrebenstrauch mit den vorhergehenden groͤßern gleich uͤble Zufaͤlle, und mit eben der vorangezeigten Heftigkeit, verursache, als wovon uns das einzige sehr bekannte Beyspiel mit dem Koͤnigl. Gaͤrtner Hrn. Muͤller und dessen Gesellen und Lehrpurschen im Garten der Koͤnigl. Akademie hinreichend uͤber- zeugen wird. Denn da diese Personen einen sehr alten, seit geraumer Zeit ohne Verpflanzung geblie- benen, stark eingewurzelten Stock der zweyten Pflanze mit Gewalt wechselsweise herauszuziehen viele Muͤhe anwenden mußten, sich dabey, bey dem schon ohnehin warmen Wetter, etwas erhitzten, daß sie in Schweiß kamen, auch sich mit der bloßen Hand uͤber die schwitzende Haut des Gesichts, Hal- ses, der entbloͤßten Brust und des Unterleibes stri- chen und kratzten, so wurden sie mit verschiedener Heftigkeit von allen denjenigen verdruͤßlichen Krank- heitszufaͤllen befallen, welche in der von Cros- sen eingeschickten Nachricht sehr deutlich ausge- druͤckt sind. Die dritte Gattung von Giftpflanzen verdie- net den Namen des Giftbaumes mit Recht, weil er ein wirklicher Baum ist, von welchen in des Hrn. duͤ Hamels Schriften, so wie von beyden vorherge- henden, gemeldet wird, daß ihre Benennung von N den den vielen Schaden, den sie durch das Vergiften in Canada in so vielen Jahren angerichtet, fast zu ge- linde sey. Der Baum ist Rhus (Vernix) Linn. Sp. Pl. T. I. No. I pag. 380. foliis pinnatis integerrimis, petiolo integro aequali. Kalm Itin. II. p. 211. Colden. Novebor. p. 64 Toxicodendron foliis alatis, fructu rhomboide. Dill. Elth. 390. tab. 292. fig 377. Arbor americana, alatis foliis, sueco lacteo venerato. Plukm. Almag. 45. tab. 145. fig. 1. Arbor cujus lignum veneratum est. Dudley Act. Angl. No. 376. pag. 145. Sidef. Sitz dsiu Kaemps. Amoen. 791. tab. 792. Toxicodendron Carolinianum, foliis pinnatis, floribus minimis herbaceis. Müller. Catalog. Giftesche. Gift- baum. Vermis. Firnißbaum. Poi- son-wood. Ein Bewohner der feuchten, nassen und sum- pfigen Waͤlder in Canada, Carolina, Pensylva- nien und Japan, wo er eine Hoͤhe von 20 Fuß errei- chet, einen nicht sonderlich starken Stamm in etli- chen Jahren treibet, und wegen seines schwammi- gen Holzes nicht lange dauert. Er breitet seine Zweige sehr weit aus, und hat, sowohl wegen des schnellen Wachsthums, als der gefiederten Blaͤtter, das das regelmaͤßige Ansehen einer jungen Esche. Bey uns wird er nicht viel uͤber 10 bis 12 Fuß hoch, waͤchset geschwind, vermehret sich aus den Wur- zeln nicht so stark, wie die vorhergehenden, und wird haͤufig aus dem Saamen erzogen, ob er schon nach dem 3jaͤhrigen Hiebe allezeit im Unterholze etliche Staͤmme treibet. Gute Eigenschaften sind von ihm nicht bekannt, außer daß sein, zwischen der Rin- de bey dem Einschneiden heraustretender, gelber klebrichter und milchender Saft in Indien, China und Japan einen Firniß giebt, sonst aber ist er uͤber- all wegen seiner boͤsartigen Eigenschaften in großen aber schlechten Ruf, daß sich jedermann davor furch- tet, ob er schon nicht immer oder allen Menschen schadet, sie moͤgen damit umgehen, fast wie sie wollen. Der Saft dieses wilden und wahren Firniß- baumes, wie er aus dem Holze quillt, hat wie das Holz selbst einen heftigen stinkenden Geruch, und bald mehr oder minder scharfen Geschmack, zum wenigsten niemahls ohne Empfindung einiger Hitze auf der Zunge, er greifet das Eisen sehr stark an, und wird in der Luft bald schwarz. Die auf dem Papier geriebenen Blaͤtter geben ihm gelbbraune Flecke, ohne daß sie merklich scharf schmecken soll- ten, und seine Bluͤthe hat einen angenehmen aber betruͤglichen Geruch. Nach allen wahren Kenn- zeichen ist der Japanische unaͤchte Firnißbaum eine und eben die Geschlechtsart von der nordamerikani- N 2 schen. schen. Alle die mit dem Holze dieses Baumes um- gehen, muͤssen sich nach den Berichten sehr in Acht nehmen, und wenn der Saft in Indien zum Firniß daraus gesammlet wird, welcher nicht uͤberfluͤßig ist, muͤssen sich die Sammler, so wie diejenigen, welche damit lackiren oder sonst zu thun haben, sei- ner giftigen Ausduͤnstung halber, Gesicht und Mund verbinden, weil sie außerdem Kopfschmerzen und ge- schwollene Lippen davon bekommen. Von der star- ken Ausduͤnstung dieses Baumes bekommen die Kinder, die sich darunter aufhalten, in gedachten warmen Himmelsgegenden, einen Ausschlag uͤber den ganzen Leib. Das scharfe, feuchte und zugleich narcotische Wesen soll, nach besondern Berichten, in waͤrmern Gegenden noch wirksamer seyn, als bey uns, so daß nicht jedermann den Baum angreifen, an das frischgeschaͤlte Holz riechen, oder es unter das zur Feuerung bestimmte Reißholz bringen las- sen darf. Diejenigen, welche Schaden davon haben, werden zuweilen etliche Tage blind, und die Augen schwellen zu, andere bekommen davon eine Ge- schwulst und andre verdruͤßliche Zufaͤlle; doch ohne daß man wuͤßte, daß daran einer gestorben waͤre. Vielen wird nur das Beruͤhren des jungen Holzes nachtheilig, auch nach dem Kalmischen Berichte, welcher, wegen der giftigen Wirkungsart, mit der Crossenschen Nachricht gar sehr uͤbereinstimmet, wird man mit den verdruͤßlichen Zufaͤllen beschweret, wenn wenn man von einem andern mit der Hand beruͤhret wird, welcher dieses Holz bearbeitet, und der Rauch von dem mit diesem Holze gemachten Feuer ist merklich schaͤdlich und heftig. Gesicht und Haͤnde schwellen oͤf- ters und zuweilen die Haut uͤber den ganzen Leib, wor- auf zuweilen so haͤufige Blasen entstehen, als ob die Kranken Aussatz oder Kraͤtze haͤtten. Nach einigen Tagen schaͤlet sich die Haut eben so, als wenn man sich verbrannt hat. Manchen Leuten ist der Dunst des Firnißbau- mes so gefaͤhrlich, daß sie sich ohne eine Geschwulst davon zu tragen, ihm nicht naͤhern duͤrfen, und wenn dieses sich doch unwissend zutraͤgt, so schwellen Haͤn- de und Gesicht fast geschwinder, als sie merken, daß sie sich dabey befunden haben. Herr Kalm hat angemerket, daß sich deshalb ein alter Mann vor diesem Baume mehr gefuͤrchtet habe, als vor einer Otter, auch sind ihm ganze Familien bekannt gewesen, aus welchen einige ohne Gefahr mit dem- selben haben umgehen koͤnnen, wogegen andere dar- aus um desto mehr beschaͤdiget worden sind. Einen Mann hat er gesehen, der nicht nur von den Aus- duͤnstungen des Baumes sehr stark geschwollen, sondern auch dabey so steif als ein Klotz geworden war, daß man ihn in Lacken tragen und umwenden mußte, und einen andern, welcher von diesem Bau- me lange Zeit nicht beschaͤdiget worden war, der aber nachdem, als sein Koͤrper etwas schwaͤcher geworden, von dem giftigen Dunste durchdrungen wurde. N 3 Der Der erste hiesige K. Leibmedikus der Herr Geheimerath Cothenius entsinnet sich ehemahls bey- nahe alle diese Zufaͤlle beysammen gefunden zu ha- ben, bey einer geschwind krank gewordenen Frau, auf den Genuß der Hamburger gesottenen Muscheln, worunter eine sogenannte giftige mit befindlich ge- wesen, dabey man doch nicht vergessen gehabt, nach Gewohnheit zur Vorsicht eine Zwiebel mit hinein zu werfen, wie er selbst gesehen hat. Endlich hat Herr Kalm an sich selbst einige oft wiederholte Versuche gemacht, um die bekannte Schaͤdlichkeit des Firnißbaumes zu erfahren, er hat Zweige davon abgeschaͤlet, daran gerochen, die fri- schen geschaͤlten Zweige zwischen den Haͤnden gerie- ben, und einige Zeit darinnen getragen, dabey er einige Zeit von den verdruͤßlichen Zufaͤllen ganz frey geblieben ist; dagegen er hernach doch einige schaͤd- liche Wirkungen des Giftes an sich erfahren. An einem heißen Tage schnitt er besonders ein Reiß ab, da er im Schweiße war, trug es eine halbe Stunde in der Hand, ohne daß er denselben Tag davon et- was widriges haͤtte empfinden sollen, bis auf den Abend nur etwas sehr weniges. Als er aber den folgenden Morgen erwachte, empfand er um die Au- gen und an den Augenliedern ein starkes Jucken, welches zwar nach einem oͤftern Auswaschen mit eiskalten Wasser nachließ, doch so, daß die Augen- lieder noch den ganzen Tag uͤber steif blieben. Ge- gen den Abend fand sich das vorige Jucken wieder ein, und und wurde den folgenden Morgen eben so stark, als es den ersten Tag gewesen war. Sein vorher so lindernd gewesenes Mittel that keine Wirkung, die Augen blieben ganz roth, die Augenlieder waren schwer zu bewegen, das Uebel hielte noch die ganze Woche an, und verging erst nach Ablauf derselben. Alle diese hier erzaͤhlten Umstaͤnde zusammen- genommen sind genugsam im Stande, mit denen von Crossen her berichteten, sowohl die Krankheits- geschichte zu erlaͤutern, als die Schaͤdlichkeit der an- gefuͤhrten dreyerley Giftbaͤume in drey Welttheilen außer Zweifel zu setzen. N 4 Gedan- Gedanken uͤber die Physikalischen Kennzeichen der wahren Kraͤuter und der davon verschiedenen Staudengewaͤchsen, insofern sie sich aus der Naturordnung und Erfahrung bestimmen lassen. S chon die aͤltesten Weltweisen unter den Grie- chen haben uns in ihren Fragmenten von Naturge- schichten sehr dunkle und unbestimmte Nachrichten, von Gewaͤchsen und deren Abtheilungen in Kraͤu- tern, Staudengewaͤchsen, Straͤuchen und Baͤu- men gegeben, und uns deren Richtigkeit zu bestim- men, men, hinterlassen. Denn bey der allerersten Sammlung der Gewaͤchse ließen sie sich so, wie von allen uͤbrigen Naturkoͤrpern, nach der Gewohn- heit ihres Zeitalters vorher den Nutzen und Ge- brauch davon zu entdecken am meisten angelegen seyn, ehe sie die Dinge, von welchen die Rede seyn sollte, hinreichend kannten. Diejenige koͤr- perlich- organische Hauptnaturklasse, von denen im eigentlichen Verstande, in Vergleichung mit den Thieren, zwar sinnlosen, aber doch lebendigen Ge- schoͤpfen, die wir Gewaͤchse ( vegetabilia ) zu nennen gewohnt sind, hat bey ihrer allerersten Bestimmung ein allgemeines Gesetz, und ein ihnen eigenes ge- setzmaͤßiges Vermoͤgen ihrer Vermehrung und Fort- pflanzungsart erhalten; nach diesem sollten die Ge- waͤchse, einen jeder Art besonders eigenen frucht- baren Saamen, dergleichen sie dem Stoffe nach zu einen gewissen Zeitpunkte in und bey sich haben und ausbilden koͤnnen, nach Art der Thiere in sich selbst hervorbringen, wie es denn auch geschiehet. Dte- ses , von jenem allermerkwuͤrdigsten Zeitpunkte an, nun unveraͤnderliche Naturgesetz, in welchem es, wie sich der Ritter von Linné daruͤber ausdruͤckt, arte divina zuerst gegruͤndet wurde, gehet uͤber all und dergestalt in seine eigene Erfuͤllung, daß seit dieser Zeit nicht nur alle ganz neue Erzeugung von Gewaͤchsarten uͤberfluͤßig seyn muß, sondern auch so zu sagen, allen wirklichen Ausartungen der Ge- schlechter und ihren Gattungen unter den Gewaͤch- N 5 sen, sen, gleichsam auf immer ein Riegel vorgeschoben worden ist. Daher denn der bestaͤndige Wechsel mit der Menge von lastbaren und ungewissen, dabey aber auch ganz unvermeidlichen, Zufaͤllen, die so manche Naturwirkungsordnung eine Zeitlang aufzuhalten, zu uͤbereilen, zu vermindern, oder auch dem An- scheine nach, bis fast ins Unmerkliche abzuaͤndern, im Stande sind, wenn sie unterweilen bis zum al- leraͤußersten und entferntesten Grade einer Gegen- wirkung steigen sollten, doch nie in der allerinner- sten und zusammengesetzten vielfach wiederholten Verbindung so viel zu bewirken maͤchtig sind, wo- durch nur die allergeringste Gattung von Gewaͤch- sen, im uneigentlichen Verstande, aus ihrer Art schlagen koͤnnte. Davor leistet uns der zu jeder Gewaͤchsart, zu jeder Vermehrung und Fortpflan- zung wesentlich gehoͤrige, und in seiner allerfeinsten Anlage schon entworfene Keim die Gewaͤhr, zu dessen Ausbildung jede Art nur allein faͤhig ist, und dessen Entwurf unter einer unglaublich zarten Ge- stalt zuerst in dem Marke des befruchteten Saa- mens entstehet, von da aus er vor der weitern Ausbildung von der Mutterpflanze allezeit recht ei- gentlich in die neu auszubildenden jungen Pflanzen uͤbergehet. Die ganze Naturklasse des Gewaͤchsreiches macht, wie bekannt, 7 Hauptabtheilungen aus, wel- che ihrer sehr natuͤrlich nahen Verwandschaft hal- ber ber Familien genennet werden, und ihren Kennzei- chen nach keinen Zweifel unterworfen sind; darun- ter machen 1) die Schwaͤmme, Fungi, 2) die Algen und Flechten, Algae, 3) die Moose, Musci 4) die Grase oder Graͤser, Gramina, 5) die Farnkraͤuter, Filices, 6) die Palmen, Palmae, 7) die Pflanzen, Plantae, saͤmmtliche Ordnungen aus, die im uͤbrigen als Ge- waͤchse mit einander uͤbereinkommen. Die Pflanzenordnung aber, welche an Ge- schlechten, Gattungen und Abaͤnderungen vor den uͤbrigen, als die zahlreichste an Bauart, die gewoͤhn- lichste und verstaͤndlichste bleiben wird, nimmt sich, wegen der vielen Unterscheidungszeichen, vor jenen so besonders aus, daß ihre Gewaͤchsart mit keinen der uͤbrigen verbunden werden koͤnne. Sollten diese 7 verschiedene Abtheilungen bey mehreren Endeckungen der Naturforscher nicht mehr hinrei- chend seyn, so muͤssen sie sich durch Zusatz einer neuen, ohne Unordnung in dem physikalisch bota- nischen Lehrgebaͤuden, leicht vermehren lassen. Meinen Absichten gemaͤß machen gegenwaͤrtig die eigentlichen Pflanzen den Vorwurf einer kurzen Betrachtung aus, welchen ich die Ordnung der Grase und etliche Moosarten mit beyfuͤgen kann, da da ihnen von der Natur etliche vorzuͤgliche Haupt- eigenschaften gegeben worden sind. Nach den Berichten aus der alten Gewaͤchs- kunde beschaͤftigten sich die Naturforscher damahls mit der Sammlung der Gewaͤchse, vornehmlich und mehr, als daß sie eigentlich den rechten Stoff zu richtigen Grundlagen guter Lehrgebaͤude haͤtten zusammen und in einige Ordnung bringen koͤnnen. Ihre Kenntnisse waren zum Theil gut, aber von den 3 Naturreichen nur allzu lokal, Mittel und Wege zu Kenntnissen nicht immer hinreichend und in ihrer Gewalt; dunkle und schwankende Nach- richten vertraten oft die Stelle wichtiger Vemer- kungen, von Beweisen konnte also damahls kaum die Rede seyn. Selbst Aristoteles und Theophrast, so gruͤndlich sie sonst von natuͤrlichen Dingen und Erscheinungen zu urtheilen vermochten, so weit solche zu ihrer Kenntniß kamen, konnten damahls von vielen dergleichen weniger gruͤndliches sagen, als sie davon Gewißheit hatten. Spuren der Wahrheit finden sich indessen in ihren Berichten allenthalben, und ihre Muthmaßungen waren oͤfters weit gegruͤn- deter, als man sich in einem solchen Zustande der Sachen, bey der ganz finstern Zeit, haͤtte verspre- chen koͤnnen. Denn hier blieb allenthalben viel Wahres von dem Unbrauchbaren abzusondern und in Ordnung zu bringen. Die Begriffe aber gehoͤ- rig auseinander zu setzen, daß man bey den Unter- suchun- suchungen recht sichere Schritte haͤtte thun koͤnnen, war es noch zu fruͤh. Zum Beyspiel darf man sich nur auf das be- sinnen, wovon gleich Eingangs dieser Abhandlung Anzeige geschehen ist. Es fehlte auch in jenen Zei- ten den Naturforschem an Kunstwoͤrtern, um sich bey deren Anwendung uͤber manche Sachen gehoͤ- rig auszudruͤcken, und die wenigen wurden sehr uͤbel angebracht, so daß sie bald diese bald jene Sache zugleich bedeuteten, bald einzelne Gattungen, ganze Geschlechter und Gattungen, auch ganze Ordnungen zugleich dadurch anzeigten. Die Gewaͤchse waren noch viel zu unvollstaͤndig untersucht, als daß sie, ihrer natuͤrlichen Kennzeichen halber, unter ihre Ab- theilungen haͤtten gebracht werden koͤnnen, und die nachfolgenden gelehrten Ausleger, die nicht sach- verstaͤndige Selbstkenner gewesen sind, haben sich wegen der uͤbrigen Umstaͤnde mit vielen Widerspruͤ- chen aufhalten muͤssen. Namen und Sachen waren in groͤßter Unord- nung vorhanden, man hatte Abtheilungen des Ge- waͤchsreiches, ohne richtige Bestimmungen, gemacht, man theilte sie in Kraͤuter, herbas in Stauden- gewaͤchse oder Halbstauden, Suffrutices , und in Straͤuche , Frutices , Baͤume, Arbores; diese Arbei- ten wurden deshalb abgebrochen, unbrauchbar, und den Nachkommen fast entbehrlich. Bey naͤherer Un- tersuchung der abgeth eilten Pflanzen nach physika- lischen Gruͤnden, wurde man die Folgen dieser Un- ordnun- ordnungen noch mehr gewahr; ob man schon in aller der dadurch verursachten Dunkelheit unzureichende Spuren von Wahrheit erblickte. Nach oͤftern ge- schehenen Untersuchungen kam man endlich zu den rechten Kenntnissen von Eigenschaften, man setzte sich in den Stand, nach sichern natuͤrlichen Kenn- zeichen, die Gewaͤchse unter ihre Familien zu ver- theilen, worunter sie gehoͤrten, und alles an Sa- chen und Namen ließ sich durch dergleichen Huͤlfs- mittel genauer bestimmen, so daß es seine eigene an- gemessene Bedeutung bekam; der starke Anwachs der an sich weitlaͤuftigen Pflanzenordnung war nun nicht mehr im Wege, nach sichern Kenn- zeichen aus physikalischen Gruͤnden zu bestimmen, was ein Kraut, ein Staudengewaͤchse, Strauch oder Baum sey; die Mehrheit der Stimmen uͤber- zeugte durch die Allgemeinheit, Gewißheit und Bestaͤndigkeit jeden von der natuͤrlichen Beschaffen- heit dieser Pflanzenabtheilungen hinreichend. Ein Einwurf, welcher die neuen Naturforscher zuruͤck zu halten geschienen, war vor andern die- ser, daß sie die nur gedachte Pflanzenabtheilung vor nicht gruͤndlich genug halten zu koͤnnen glaub- ten, und sich auch nicht voͤllig uͤberzeugen konn- ten, daß diese Abtheilung der Alten auch in andern Welttheilen eben so statt haben werde, als bey uns. Es ist aber aus der gemeinen Erfahrung und der Naturgeschichte jener Erdstriche bewiesen genug, daß daselbst eben die schon angezeigte Verschieden- heit heit der Pflanzen, mit oder ohne Veraͤnderung, wie bey uns, gefunden werde, die den Anzeigen nach mit den Thierarten wegen ihrer gewissen besondern Eigenschaften gleich sind. Ein jedes physisches Clima, hat nach seinen Unterschieden, seine eigene Gewaͤchse, die ihm besonders zugehoͤren, und nach Verschiedenheit des Sonnenstandes erleidet ein je- des fremdes Gewaͤchs, was aus dem einen Klima in das andere uͤbergehet, mehr oder weniger Ver- aͤnderung, bis auf einen gewissen Grad. Voͤllig hin- gegen, oder auf bestaͤndig kann keine Pflanze ganz veraͤndert werden. Viele fremde bleiben bey uns eben die, welche sie in ihren Vaterlande gewesen, aber nicht alle. Auch veraͤndern sich unsere ge- meinen Pflanzen in fremden Himmelsstrichen, so wie die fremden, und eben so geschiehet die Veraͤn- derung bey andern langsam, schwer, oder gar nicht, oder nur in gewissen Eigenschaften, aber nicht im- mer nothwendig. Hiervon zeigen die vielen Blumengaͤrten, Kuͤchengewaͤchse, Gewuͤrzkraͤuter, Getreidearten, Baum- und Erdfruchtarten, als welche bey gewis- sen Gelegenheiten bald wieder in ihren natuͤrlichen Zu- stand zuruͤck gehn, bald unveraͤnderlich bleiben. Es muß indessen ein jedes Gewaͤchs gerade aus dem na- tuͤrlichen Erdstriche beurtheilet werden, in welchen es von selbst herkommt. In diesen erleidet es Abaͤnde- rungen genug, die es zu ertragen faͤhig ist, in einem fremden Klima mehr oder weniger, doch alle mog- liche liche Veraͤnderungen an Pflanzen in der ganzen Welt, gehen so weit nicht, daß aus einem Kraute, gegen die Natur, ein wahres Staudengewaͤchse, oder aus beyden wahre Holzarten, das sind Baͤu- me und Straͤuche, entstuͤnden. Denn eine Pflanze, die von Natur gar keine Knospen traͤgt, wird nie in eine Knospe tragen- de verwandelt, so wie keine Knospentragende zu einem Kraute werden kann. Kein Staudenge- waͤchse, als welches jaͤhrlich durch Knospen aus der Wurzel erneuert wird, und nur allein bis wie- der dahin abstirbt, kann sich in ein Kraut verwan- deln. Denn dieses letztere hat keine Knospen, es traͤgt, wenn es aus seinen Saamen hervorgekom- men, nur ein einziges mahl Frucht, und stirbt ganz. Zu Holzarten koͤnnen beyde aus weiter anzufuͤhren- den Ursachen gar nicht werden; woraus man erse- hen wird, daß der Unterschied der Pflanzen von der Natur bestimmt genug sey, und daß die alten Naturforscher diese Wahrheit zwar erkannt, aber gar zu unbestimmt gelassen haben. Bey einer so sichern natuͤrlichen Bestimmung durch den Keim, moͤgen sich Gestalt, Groͤße, Verhaͤltniß, Geruch, Farben, Geschmack und mehrere Eigen- schaften der Pflanze, auch durch Klima, Witte- rung oder Bearbeitung, so oft und so weit es sich denken laͤßt, daß es moͤglich seyn kann, veraͤn- dern; so werden doch dadurch die 4 Hauptpflan- zenarten niemahls aufhoͤren, diejenigen zu seyn, wozu wozu sie die Natur durch den Keim bestimmt hat. Ob nun beyde allerersten Vaͤter der Pflanzenkunde schon, wie vorgesagt, aus Mangel einer sichern Bestimmung von jeher sehr unzureichend befunden worden sind, so glaubte man doch zum Theil, aus Achtung gegen das Alterthum, einige Spuren der Wahrheit darinnen erblickt zu haben, und fuͤhrte sie deswegen in allen Schriften mit einigen Erinne- rungen an. Die Erfahrung als der sicherste Lehr- meister, welcher der Natur getreu verbleibet, beleh- ret die Zweifel am gewissesten, uͤber diese Veraͤnde- rungen aller Pflanzen aus einem fremden Himmels- strich in den andern, auch unter einen und eben denselben; sie uͤberzeuget nehmlich, daß nachdem Zeit, Kosten, Muͤhe und Nachdenken vielfaͤltig auch nicht ganz ohne Einsicht verschwendet worden, die wahren Kraͤuter, plantae herbaceae , dennoch weder zu Staudengewaͤchsen, suffrutices , gemacht, noch beyderley ohne einen bloßen Anschein in Straͤu- cher, frutices , und Baͤume, arbores , verwandelt, das ist, wirklich umgebildet werden koͤnnen. Denn die Untersuchung hebt allen bloßen Anschein auf, und man kann alle solche Gewaͤchse, nut auf einige Zeit, in einen solchen Zustand versetzen, der zwi- schen allen viererley Pflanzenabtheilungen, bloß und hoͤchstens das Mittel haͤlt, ohne daß sie darinn bleiben, oder lange ausdauern. Denn diese Cultur derselben Gewaͤchse ist hoͤchst muͤhsam, und wenn sie den moͤglichsten Grad von Abaͤnderungen und O Ver- Verwandlungen erreicht, so fallen sie entweder in ihren natuͤrlichen Zustand allmaͤhlig zuruͤck, oder sie sterben bald langsam, bald ploͤtzlich ab. Dergleichen Erscheinung kann jeder Botanist selbst erfahren, wenn er andern keinen Glauben geben will, welche schon vor ihm eben dergleichen Umstaͤnde durch viel- jaͤhrige und muͤhsame selbst eigne Erfahrungen ausge- mittelt haben. Der Ritter von Linné selbst aͤußert seine Gedanken daruͤber, mit einem kurzen eben nicht guͤnstigen Gutachten in Philosoph. Botan. Cap. III. §. 78. No. 7 . wo er von den hohen und niedern Holzarten, de Arboribus et fruticibus sagt: adeoque haec divisio non est naturalis, cum inter fruticem et arborem nullos limites posuerit natura, sed opinio vulgi , uͤber welches Gutachten ich mich bey einer andern Gelegenheit, mit Beybehaltung aller Acht- samkeit, die jeder den Verdiensten dieses großen Mannes in der Naturgeschichte und Gewaͤchskunde schuldig seyn muß, weiter erklaͤren werde. Es scheinet etwas hart gesagt zu seyn, und seinen Grund bey ihm in der Beschaffenheit des rauhen, harten, vaterlaͤndischen Himmelsstriches, und der daselbst sehr schweren Kultur der Gewaͤchse, bey andern aber in einem weit gelindern Klima woh- nenden groͤßtentheils in einer vernachlaͤßigten Unter- suchung des Unterschiedes vorbenannnter Gewaͤchse zu haben, es wird sich aber doch unter gewissen Ein- schraͤnkungen erklaͤren lassen. Richtig waͤre des Ritters Meynung, wenn man bey der Anwendung dieser dieser Pflanzenabtheilung von Baͤumen und Straͤuchen blos als großen und kleinen, oder star- ken und schwachen Holzarten sprechen wollte, wenn sie beyderseits mit eigentlichen Knospen, Gemmis veris raaicalibus caulinis et rameis versehen sind, daß sie alsdenn fast durch nichts weiter, als durch die bloße Gestalt unterschieden werden koͤn- nen. Wenn man aber den wichtigen physikali- schen Unterschied einer plantae gemmi parae und non gemmiparae , und die Verschiedenheit der Knospen selbst aus der Erfahrung genauer kennt, so siehet man sich genoͤthiget, mit den beruͤhmten Pontedera anderer Meynung zu werden, da der na- tuͤrliche verschiedene Zustand von dergleichen Pflan- zen alsdenn zugleich zu einer solchen Vorschrift wird, welche viele Widerspruͤche aufhebet. Am angefuͤhrten Orte aͤußert der Herr von Linné kurz vorher seine Gedanken, uͤber die Kraͤu- ter, Herbas , die er sowohl Herbas als plantus her- baceae nennet, und in perennes und annuas unter- schieden wissen will. Diese sind nach der Abtheilung und aͤltesten Benennung herbae et suffrutices . Er bedienet sich diesesmahl gegen seine sonst ein vor allemahl recht wohl gegebene Regel, des Namens herba ge- doppelt, nehmlich, wenn er eine sowohl besondere Pflanzenart dadurch anzeigen will, als bey anderer Gelegenheit einen einzelnen ganzen Haupttheil des Pflanzenkoͤrpers zu bestimmen vor hat, welcher O 2 letztere letztere seinen Anfang aus der Erde von der Wurzel nimmt, und in Stamm, Stengel und Blaͤttern bestehet, ohne sich in die Bluͤthe und Frucht ent- wickelt zu haben. Sonst kann man die Pflanzenbenennung durch den Namen herbae und plantae herbaceae vollkommen vor einerley gelten lassen, wenn sie ein wahres und natuͤrliches Kraut anzeigen soll, welches von den Staudengewaͤchse oder suffrutices der Alten gilt, wie ihn der physikalische Unterschied sowohl davon, als von andern kleinen und schwachen Straͤuchen oder Holzarten hinreichend unterscheidet, daß also auch hier der Ausdruck, Opinio vulgi , alsdenn von selbst wegfallen muß. Da indessen weder die bloße Gestalt noch Groͤße, nebst der innerlichen oder aͤu- ßerlichen Bauart, vielweniger aber eine schwam- mige, weiche, harte, zaͤhe Beschaffenheit des Pflanzenkoͤrpers, am allerwenigsten aber, wie schon gesagt, Farbe, Geruch und Geschmack mit andern veraͤnderlichen Eigenschaften, denjenigen Grund zusammen genommen, ausmachen, nach welchen die 4 Hauptunterschiede der Pflanzenord- nung festgesetzt werden; weil auch ferner in allen Welttheilen und unter jedem Himmelsstriche insbe- sondere, so weit nur Gewaͤchse leben, wachsen und fruchtbare Saamen tragen koͤnnen, wahre, natuͤr- liche, verschiedene Kraͤuter, wie auch natuͤrliche Staudengewaͤchse, Straͤuche und Baͤume gefun- den werden, welche daselbst als natuͤrliche Bewoh- ner ner diejenigen bleipen, dergleichen ihre Arten von jeher gewesen sind, so muͤssen sie auch ihrer zufaͤlli- gen Veraͤnderungsarten halber, aus dieser ihrer ihnen besonders zukommenden klimatischen Wir- kung, nicht aber aus fremden Umstaͤnden an- derer Erdstriche, in welchen besagte 4 Hauptun- terschiede, gegen alle unbestaͤndige und zufaͤllige Ab- aͤnderungen, die wie bey uns statt haben, beur- theilet werden. Es hat, wie vor angezeiget, dem Herrn von von Linné also gefallen, die herbas und suffrutices der Alten unter eine Ordnung zu bringen und die ersten plantas herbaceas , die andern herbas perennes zu nennen. Von der ersten sagt er, plantae her- baceae (s. annuae supra radicem quotannis pereunt ), und von seinen herbis perennibus oder suffruticibus be- hauptet er mit Recht, daß sie jaͤhrlich ihre Stengel abwuͤrfen, und sich durch neue Knospen vermehre- ten. Allein wie die gemeine Erfahrung von den wahren Kraͤutern , die er Sommerpflanzen nen- net, beweiset, so sterben sie jaͤhrlich nicht uͤber der Wurzel, sondern mit sammt der Wurzel, voͤllig ab, und hinterlassen außer dem fruchtbaren Saa- men nichts lebendiges; dahingegen sterben nur, nach der voͤlligen Entwickelung der ganzen Pflanze bey den Staudengewaͤchsen, bey uns und in andern Welttheilen, nur allein die aus der Wurzel getriebene Stengel oder Augen, wenn sie Blumen und Saamen getragen haben, bis an die O 3 Wur- Wurzel ab; von der Mutterpflanze aber bleibet, außer den befruchtenden Saamen und der Wur- zel selbst, von der uͤber der Erde stehenden Pflanze nichts weiter uͤbrig. Wie leicht aber koͤnnen sich bey so verschiede- ner Behandlung einer Pflanze, aus einem Klima in das andere durch Saat, Pflanzung und andern kuͤnstlichen Bearbeitungsarten zu verschiedenen Ab- sichten, in verschiedenen Boden und bey verschie- dener Witterung sehr merkwuͤrdige Abaͤnderungen unter den Pflanzen ereignen, wenn sie zumahl als fremde, etliche 100 bis 1000 Jahre außer ihrem Vaterlande behandelt worden sind, wie viele von unsern Baum- und Kuͤchengewaͤchsen. Derglei- chen Abaͤnderungen haben ihre Richtigkeit, sie sind unbestaͤndig, von gar verschiedener Dauer, und der geringste Zufall bringet sie wieder zu ihren na- tuͤrlichen Zustande zuruͤck. Sie sind aber demohn- geachtet keiner solchen Verwandlung bey allem An- scheine faͤhig, wodurch wahre und natuͤrliche durch ihren Keim zu Kraͤutern, Staudengewaͤchsen, Straͤuchen, oder Baͤumen fast bestimmte Pflanzen sich abwechselnd in einander wirklich verwandeln konnten, nachdem ihr natuͤrlicher organischer Keim, Stoff in seinen Anlagen voͤllig umgekehret worden. Die beyden ersten Arten der Pflanzen sind ent- weder Kraͤuter, herbae , oder Staudengewaͤchse, suffrutices ; die wahren Kraͤuter entstehen aus den Saa- Saamen, ohne alle Knospen, Gemmas , und ent- wickeln sich sogleich in die Wurzel, Stengel und Blaͤtter, zu einer einfachen Vermehrung und Fortpflanzung voͤllig bis in die Blumen, und fruchtbaren Saamen, und endigen damit, nach der Erzeugung, Befruchtung und Reife des Saamens zugleich allen Wachsthum, und mit die- sem das Leben. Sie verlieren zu dem Ende ihr alein bildendes Mark voͤllig, daß sie zum voraus keine weitere neue Triebe machen koͤnnen; es blei- bei von dem ganzen Gewaͤchs zur Fortpflanzung au- ßer den fruchtbaren Saamen, nichts uͤbrig. Dergleichen Kraͤuter oder krautartige Pflan- zen befinden sich in den uͤbrigen Welttheilen, unter jedem Himmelsstriche, wie bey uns, und zwar in dem einen mehr, in den andern weniger, wo sie in Ansehung ihrer wesentlichen Beschaffenheit, den- noch dieselben ohne Veraͤnderung bleiben, wie die Insekten, und sie werden daselbst nie zu Stauden- gewaͤchsen werden, so wie die letzten in die ersten niemahls uͤbergehen. Die wahren natuͤrlichen Kraͤuter haben in diesen Umstaͤnden unter ihren va- terlaͤndischen Himmelsstrichen, eben das Gesetz, mit dem groͤßten Theile einheimischer Insekten ge- mein. Sie stellen auf eine hierinnen aͤhnliche Art eben eine von den uͤbrigen Klassen der Gewaͤchse natuͤrlich verschiedene Ordnung vor, wie befagte Insekten von den Thieren. Unter allen moͤglichen bekannten Verwandlungsumstaͤnden haben und be- O 4 hal- halten die Kraͤuter ein besonderes gesetzmaͤßiges Vermoͤgen, sich in natuͤrlichen Umstaͤnden nur ein einzigesmahl in fruchtbaren Saamen zu ent- wickeln, worauf sie ohne vorher neue Knospen oder Keime zur kuͤnftigen Vermehrung und Fort- pflanzung zu machen, oder nach Art der Stauden- gewaͤchse und Holzarten, Wurzel, Stengel oder Zweige bilden zu koͤnnen beym schwindenden Marke der Mutterpflanze ganz absterben. Diese Umstaͤr- de lassen sich durch kuͤnstliche Barbeitung zwar et- was verschieben, wie vorher gesagt, aber nicht ver- aͤndern, und bey den meisten Pflanzen vermag alle Kunst gegen die Natur nichts. Dieses besaget die Erfahrung an aͤhnlichen Thieren und Gewaͤchsen in warmen und kalten Laͤndern, denen die Na- tur das Vermoͤgen verliehen, das Befruchtungs- geschaͤfte nur ein einzigesmahl zu uͤberstehen, oder auszuhalten, daß sie gleich darauf aus Man- gel des markigen, bildenden organischen Stoffs, dessen wesentliche Beschaffenheit den Naturfor- schern noch unbekannt ist, voͤllig absterben. Die Staudengewaͤchse, suffrutices s. herbae perennes Linnaei , die den Namen von der Aehnlich- keit mit Straͤuchen oder schwachen staudigen Holz- arten, fructibus, haben, entwickeln sich aus den Knospen einer bestaͤndigen Wurzel, e gemmis radicibus, oder wie alle andere Pflanzen auch aus den Saamen zugleich, bis in den fruchtbaren Saa- men. Nur jedes altes bis in dem befruchteten Saa- Saamen ganz entwickelte Auge hat mit der gan- zen Pflanze eines Krautes gleiche Schicksale, daß es nehmlich nach dem Fruchttragen jedesmahl ganz abstirbet; dahingegen bildet das Mark der bestaͤndigen Wurzel eines Staudengewaͤchses jaͤhrlich neue Knospen. Die Fortpflanzung und Vermehrung einer solchen Pflanzenart geschiehet also, theils durch die Saamen, theils aus der Wurzel der Mutterpflanze zugleich, da sie bey den Kraͤutern nur allein aus dem Stamme gesetz- maͤßig wird, ob schon der Zufall und und Kunst die Vermehrung aus andern Pflanzen, durch den Saa- men von der Natur bewirket. Hierinnen liegt der wahre Unterschied zwi- schen beyden, dessen Gewißheit und Bestaͤndigkeit sich in allen Welttheilen allgemein zeiget, ohne daß man dieses vor Einbildung, oder gar fuͤr eine nichts bedeutende Kleinigkeit halten duͤrfte. Denn hier zeiget sich ein gedoppeltes Vermoͤgen zu der Ver- mehrung und Fortpflanzung solcher Arten, zu- gleich aber dabey eine Dauer, mehrere jaͤhrliche Befruchtung aushalten zu koͤnnen, als die Kraͤu- ter haben. Man verwechsle also die wahren Um- staͤnde, bey der mit andern aus einem fremden Him- melsstriche behandelten Gewaͤchse nicht, und verstehe sie recht, damit man sich und andere vor Trugschluͤs- sen verwahren kann. Die Entwickelung der Kraͤuter geschiehet ins- gemein aus ihren Saamen, in einem und eben dem O 5 Jahre Jahre bis wieder in den fruchtbaren Saamen; wie es auch oft schon nach 4, 6, 8, 10 bis 12 Wo- chen geschiehet, nach Verlauf dieser Zeit sterben sie wie der groͤßte Theil von Insekten, nach ihren Ver- wandlungen, Paarungen und den gelegten Eyern in allen Laͤndern, ohne eine neue 2te Befruchtung abwarten und aushalten zu koͤnnen. Sie leben auch 12 Monat, ehe sie vergehen. Manche Arten der Kraͤuter werden durch Kunst und Zufaͤlle 2, 3, 5 bis 7 Jahre beym Le- ben erhalten, wenn man sie nehmlich von der Bluͤte durch oͤsteres Verpflanzen und Beschneiden abhal- ten kann; welches mit etlichen Insektenarten auf etliche Monate, auch wohl etwas laͤnger bewir- ket werden kann; nur nicht mit allen, denn sie schmachten zuletzt allzusehr, und muͤssen ohne Nutzen vergehen, sobald Mark und Lebenskraͤfte erschoͤpft werden. Laͤnger scheinen sie nicht leben zu koͤnnen oder zu sollen, oder nach dem gewoͤhnlichen Aus- drucke zur Reife und Vollkommenheit zu gelangen. Sie haben zwar Schaale, Rinde, Bast und Splint, koͤnnen aber den letztern in kein wahres Holz ver- wandeln, es ist ihnen zu ihrer geschwinden Entwi- ckelung so wenig Zeit gelassen, daß sie nach natuͤr- lichen Umstaͤnden, das Mark viel eher verlieren, als sie neue Augen oder Sprossen machen koͤnnten, und die Verwandlung des Splinters in wahres Holz vor sich gehen kann; daß also der Erfahrung zu folge alles Wachsthum derselben mit der Be- fruch- fruchtung und zugleich das Leben aufhoͤret und aufhoͤren muß . Von den fremden hierher gehoͤri- gen Gewaͤchsen muß man also vorher ihren vater- laͤndischen Zustand genau wissen, ehe man aus ihren Veraͤnderungen hier im Lande sichere Schluͤsse auf das natuͤrliche ziehen kann. Wenn ich Vorhabens waͤre, die Holzarten gegenwaͤrtig, wie beyderley vorhergehende Pflan- zengattungen durchzugehen, wuͤrde sich ein ganz neues Feld zu einer Menge von Betrachtungen oͤf- nen, da ich unter diesen plantas gemmiparas mit de- nen non gemmiparis , wie bey denen Staudenge- waͤchsen und Straͤuchen zugleich vor mir habe. Der physikalische Unterschied indessen, den man bey den 4ten Hauptpflanzenarten so deutlich wahrnimmt, ist dermaßen gewiß, allgemein und bestaͤndig, daß man deshalb ihn vor voͤllig natuͤrlich halten kann; da er zumahl wesentliche Kennzeichen des Endzwecks der Pflanzenbefruchtung enthaͤlt, nach welchen sich die uͤbrigen Umstaͤnde der Erzeugung, Entwick- lung und Dauer von jeder Art der Pflanzen richten. Bey solchen wohl bestimmten und genau unterschei- denden Begriffen ist es nunmehr außer Zweifel, daß die alten griechischen Weltweisen ganz richtig gedacht, und mehr das Gewaͤchsreich nach den na- tuͤrlichsten Merkmalen abzutheilen bemuͤhet gewesen sind, als daß sie gleich im allerersten Anfange im Stande gewesen seyn sollten, ihren Schuͤlern von allen Sachen die sie erst zur Untersuchung sammlen muß- mußten, recht unterscheidend bestimmte Begriffe zu geben. Denn es blieb freylich in jenen Zeitpunkte nach Lage der Sachen, immer mitten in dem Hin- derniß, viele Wahrheit, die man zwar spuͤren, aber aus einem so unuͤbersehlichen Wust von Sachen, ohne Ordnung, nicht sogleich auseinander setzen konnte. Dieses ist nun unsern Zeiten, wegen der Menge von guten Entdeckungen und aufklaͤrenden Huͤlfsmttteln vorbehalten, um die von den Alten angefangenen Arbeiten fortzusetzen und zu Stande zu bringen. Ob nun aber von den hieher gehoͤrigen Unterschieden und Abtheilungen der Pflanzenord- nung eben ein Gebrauch zu Errichtung eines botani- schen Lehrgebaͤudes oder mehrerer zu machen sey, oder ob sie nicht vor der Hand vielmehr unter den na- tuͤrlichen Fragmenten der Pflanzenordnung ihren Platz finden, ist hier die Frage nicht. Sonst kann hier zur Erlaͤuterung der uralten Abtheilung der Gewaͤchse, besonders bey dem Un- terschiede des natuͤrlichen Befruchtungs- und Fort- pflanzungsgeschaͤftes, noch folgendes sehr bequem angefuͤhret werden, welches auch bey der 5ten Ord- nung des Thierreiches, die die Insekten unter sich begreift, wie bey den Pflanzen statt findet. Das Thierreich, welches zeither aus 7 erweiß- lichen Ordnungen mit 74 Geschlechtern, die Krab- ben und Krebse ausgenommen, und aus weit uͤber 2000 Gattungen besteht, enthaͤlt jaͤhrlich aus allen Welttheilen noch einen bestaͤndigen Zufluß. Von diesen diesen Insekten oder Gattungen des Ungeziefers wie uns die Erfahrungen versichern, hat der groͤßte Theil das Vermoͤgen, sich vom Ey an, in kurzer Zeit voͤllig zu entwickeln, alsdenn nach den gewoͤhn- lich uͤberstandenen Verwandlungen sich zu paaren, und nur ein einzigesmahl ihre befruchteten Eyer zu legen ; worauf denn diejenigen maͤnnlichen und weiblichen Thiere sterben, welche das Werk der Be- fruchtung und Eyerlegens voͤllig uͤberstanden; ohne weiter eine folgende Paarung zu erleben, und sie von neuen auszuhalten. Diese Ordnung ist in allen Welttheilen gewiß allgemein und bestaͤndig, wie bey den Kraͤutern , wenn sie nur daselbst leben koͤnnen, daß man des- halb keinen neuen Beweis zu fuͤhren noͤthig hat; man muß sich bey den Versuchen mit den kleinen Insek- ten, weder durch Spaͤtlinge noch andere Zufaͤlle irre machen lassen, welche dem Scheine nach auch nach Lokalumstaͤnden manches verzoͤgern, befoͤrdern oder vereiteln, ohne daß sie das einmahl gegebene Natur- gesetz aufzuheben im Stande seyn sollten. Physisch- Physisch-oͤkonomische Eedanken uͤber die sichere Wirkung der sauern Arzeneymittel bey heftigen Viehseuchen und Zufaͤllen, die ihren Grund in einer boͤsartigen, zur innern Faͤulniß, Entzuͤndung und Ausschlaͤgen geneigten Schaͤrfe des Blutes und einer verdorbenen Galle haben, nach den neuesten daruͤber angestellten Versuchen und Erfahrungen. D ie vortreflichen Eigenschaften, Kraͤfte und Wirkungen der Saͤuren aus allen 3 Naturreichen sind durch eine kluge Anwendung und sichere Er- fahrungen laͤngst außer Zweifel gesetzt. Die aus dem dem Mineralreiche zeigen sich allenthalben als die schwersten, staͤrksten und schaͤrfsten, die von den Gewaͤchsen sind gemaͤßigter und die zahlreichsten, und von Thieren die wenigsten, auch am wenigsten bekannt und gebraͤuchlich. Ihr saueres Salzwesen ist zum Theil in einer verschiedenern, feinern oder groͤbern, fluͤchtigen oder feuerbestaͤndigen Verbin- dung mit dem Brennbaren und uͤbrigen, das sich durch Geschmack, Geruch, und die besonders ihm eigene Wirkungen und Wirkungsarten sehr kennt- lich macht, dergleichen sich in so vielerley Mi- schungsarten der Naturkoͤrper, und an den lebendi- gen thierischen Koͤrpern, in seinen eigenen und de- ren Unterschieden, nach den Graden der Heftigkeit aͤußert. Der vernuͤnftige Arzt haͤlt sie nach richtigen Erfahrungen und Einsichten fuͤr unentbehrlich, da er aus Ueberzeugung nach physikalisch-chymisch- therapevtischen Gruͤnden den rechten Gebrauch da- von zu machen verstehet, nach welchen sie unter die sichern und besten Arzeneyen aufgenommen worden sind. Denn diesen zufolge, sind sie es wirklich, sowohl bey Menschen als bey den Thieren, und man wird davon der letztern wegen nachdruͤcklich uͤberzeuget, nachdem man endlich angefangen, auch die Vieharzeney mit mehrern Nachdenken zu trei- ben. Eine Wissenschaft, die vor den Ackerbau und die vielen Nahrungszweige der Stadt- und Land- Landwirthschaft, wegen Erhaltung unseres Eigen- thumes, so wichtig, so vorzuͤglich ist, und die ihrer Weitlaͤuftigkeit halber, auch als ein noch ziemliches unbsarbeitetes Feld noch lange nicht wird uͤbersehen werden koͤnnen. Alle dazu gehoͤrige Saͤuren, von welchen wir zum Arzeneygebrauche immer die gemaͤßigten den andern vorziehen, und den groͤßten Theil aus dem Gewaͤchsreiche zu nehmen gewohnt sind, haben bald eine trockne Salzgestalt, bald eine fluͤßige oder halbfluͤßige; sie unterscheiden sich ferner in salzig- schleimige, oͤlig erdhafte, andere sind roh und waͤs- serigstarke oder schwache, noch andere aber zube- reitete, und durch die Gaͤhrung erzeugte, weinhafte, oder halb fluͤchtig gemachte, wie die Eßige und der- gleichen. Die Mineralsaͤuren sind in allem schwe- rer, groͤber und caustischer, doch aber von einen so allgemeinen Gebrauche, wie die vorerwaͤhnten, wenn sie nur vorher durch die Zubereitung ihre Reinigkeit erhalten haben, oder auch ferner durch Zusatz von vielen Wasser verduͤnnet, von Weingei- ste versuͤßet, und von andern Materien dergestalt gedaͤmpfet worden, daß sie in kleiner Dosi bey Menschen und Vieh einen sichern Gebrauch haben koͤnnen. Solange sich indessen die Pflanzensaͤuren bey gewissen Zufaͤllen, nach den verschiedenen Graden der Heftigkeit und Kuͤrze der Zeit, wirksam erzeu- gen, und zu Daͤmpfung einer schaͤdlichen boͤsarti- gen gen, zur heftigen Entzuͤndung, Faͤulniß und Bran- de geneigten Materie, hinreichend gefunden werden, so bleibet der Arzt bey ihrem Gebrauche stehen. Wie oft aber noͤthigen uns die, bey der heftigen und schnellen Wirkung einer solchen schaͤdlichen Materie, schon allzusehr geschwaͤchten Lebenskraͤfte der sonst uͤberall mitwirkenden Natur, unsere Zuflucht gleich anfangs zu den etwas gedaͤmpften Mineralsaͤuren zu nehmen. Der thierischen Saͤuren sind gegen die vorigen rohen und zubereiteten zu wenig, und ist davon zu we- nig bekannt geworden, uͤbrigens aber werden sie eben so gemaͤßiget gefunden, als die feinen Pflan- zensaͤuren. Ihr Gebrauch indessen bleibet noch im- mer zu kostbar, außer den Molken, daß sich von ihren Vorzuͤgen bey Menschen und Vieh sehr we- nig Bestimmtes sagen laͤsset. Die uͤbrigen Arten der Saͤuren verdienen und erfordern, ihrer natuͤrli- chen Mischungen und Verbindungen halber mit al- lerhand verschiedenen Substanzen, bey der Anwen- dung, immer eine besondere Aufmerksamkeit auf die Koͤrper der Menschen und der Thiere, indem sie bald mit groͤbern bald mit feinern aufloͤslichen mine- ralischen oder Pflanzen-Erdarten, bald mit metal- lischen Theilen selbst verbunden sind. Sie sind fer- ner in vielen Substanzen versteckt, in andern offen- barer, und befinden sich abwechselnd in waͤßrigen, oͤligen, schleimigen, harzigen, gewuͤrzhaften, fluͤch- tigen, scharfen, bittern, sußen und sußlichen, fet- P ten ten, salzigen, herben oder andern Mischungen mehr. Das Wasser ist fuͤr sie alle das allgemeine Aufloͤ- sungsmittel, weil sie Salze sind, in welchen sie in gleichartige Theile zergehen, auch durch Huͤlfe des- selben aus andern Substanzen gezogen, und in tro- ckener oder fluͤßiger Gestalt angewendet werden. Ein großer Theil von solchen Salzen zeiget in seiner Reinigkeit, außer der Mischung oder Ver- bindung mit andern Dingen, in Kraͤften, Wirkun- gen und Wirkungsarten mehrere Gleichheit und we- niger betraͤchtliche Hauptunterschiede, wenn es nicht etwa die Grade der Heftigkeit betrift, oder von ei- ner neuen Zubereitung entstehet, oder durch die ver- schiedene Dosen bey der Anwendung mit Fleiß ver- ursachet wird. Im Zustande der Reinigkeit betrachtet, gehen also die Hauptkraͤfte und Wirkungsarten der Saͤu- ren vornehmlich dahin: Daß sie als Salze, die festen, koͤrperlichen, geschwaͤchten Theile mehr oder weniger reizen, wodurch sich ihre Fasern und Haͤute lebhafter und geschwinder zusammen ziehen, von wel- cher veraͤnderten Bewegung, nach therapevti- schen Anzeigen, alle gute Folgen entstehen, die ihren Gebrauch veranlassen. Unserm in allzu heftige Bewegung gesetzten, und ausge- dehnten verduͤnnten Blute, nebst andern Saͤf- ten, geben sie bey ihrem Zutritte, wenn sie unveraͤndert dazu gelangen, durch eine Verdi- ckung ckung, die natuͤrliche gemaͤßigte Consistenz wieder, besonders, da sie die bey langanhal- tender und zerstoͤrender Hitze zu haͤufig daraus abgeschiedenen, boͤsartigen, und zur Faulung geneigten, salzig urinoͤsen Theile umkehren, oder unschaͤdlich machen, und veranlassen, daß sie, solchergestalt geschickt gemacht oder vorberei- tet, durch die gewoͤhnlichen Aussonderungs- wege als Schweiß und Urin aus der Blutmasse gebracht werden koͤnnen. Da aber diese bald fixe bald mehr fluͤchtige Saͤuren, bey dem in- nerlichen Gebrauch, zuerst durch den Mund nach den Magen, und von da weiter nach den Gedaͤrmen gebracht werden, darinnen aber oͤfters einen groben unverdauten oder auch so- genannten nitoroͤsen, faulenden Unrath an- treffen, welchen sie durchdringen, veraͤndern, und unschaͤdlich machen, auch zugleich durch das Reizen die peristaltische Bewegung des Magens und ganzen Speisekanals verstaͤrken, so befoͤrdern sie den Appetit und Verdauung sehr merklich. So wie sie nun auf eine ge- wisse Art die gegenwaͤrtige Faulung nicht nur hemmen, und die bevorstehende kraͤftig hindern, so stellen sie auf eben diese Weise die verdorbene oder auch scharf werdende Galle wieder her, und da sie, wie schon gesagt, die Wallung und davon entstandene Congestionen, Hitze, Fieber und Entzuͤndungen daͤmpfen, so P 2 thun thun sie der heftig und schnell ausdehnenden Wirkung der starken narkotischen Gifte den geschwindesten Einhalt, und daͤmpfen die bis zur Auszehrung und zu uͤbermaͤßigen Nacht- schweißen gestiegene Fieberhitze, und binden die in solchen Faͤllen zu stark aufgeloͤßte Blutmasse wieder; Durst, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Raserey und heftige Blut- stuͤrze, die sich auf aͤhnliche Ursachen gruͤnden, werden durch den Gebrauch der sauren Arze- neyen sehr vermindert, wie zuweilen der hef- tige Gestank des Blutes bey den Aderlaͤssen der Menschen und Thiere, auch des Schwei- ses, Athems, Urins und des Unrathes. Alle diese und mehrere Wirkungsfolgen bestaͤ- tigen sich durch taͤgliche Erfahrungen und Ausspruͤ- che der groͤßten Aerzte, sowohl beym innerlichen als aͤußerlichen Gebrauche, daß man beynahe mit groͤß- ter Wahrscheinlichkeit davon sagen kann, die Na- tur habe Menschen und Thieren zu Erhaltung und Verlaͤngerung ihres Lebens, gegen die faulende Auf- loͤsung des Blutes, auch den heißen, kalten und trocknen Brand, fast kein groͤßeres Geschenke ma- chen koͤnnen oder wollen, als die Saͤurensubstan- zen, da sie dergleichen nicht nur denen Arzeneyen, und einem so großen Theile der Nahrungsmittel ein- verleibet, sondern auch selbst in der Luft und dem Wasser, mit und ohne Verbindung des brenn- baren baren Wesens, uͤberall so reichlich ausgebrei- tet hat. Nur koͤmmt es auf die rechte Anwendung der- selben an, welche, da sie bey denen Menschen ge- schehen, und zum groͤßten Gluͤcke noch immer ge- schiehet, hier unsern Vorwurf eigentlich nicht aus- macht, sondern vielmehr in Absicht der Wir- kung auf das Vieh, bey aͤhnlichen und solchen wich- tigen Zufaͤllen, die man wegen der ungluͤcklichen Folgen im allgemeinen, fuͤr den Ackerbau und die davon abhangenden landwirthschaftlichen Zweige nicht fuͤrchterlich genug abschildern kann. Denn sie betreffen das Vieh, einen großen Theil des Ver- moͤgens, wovon der Gebrauch und die Produkte durch die vielfache Veredlung der Handwerker und Kuͤnstler das Landeskapital unterhalten und vermeh- ren helfen muͤssen. So sehr indessen die Aerzte vor die Menschen besorgt sind oder auch besorgt seyn muͤssen, die ihnen Leben und Gesundheit anvertrauen, so wenige Ge- legenheit haben sie, oder eine besondere Art der Aerzte, den Zufaͤllen der Thiere abzuhelfen. Die Be- sorgung bey den oͤffentlichen Anstalten, ist nicht im- mer von der Art, wie sie doch seyn sollte, daß man von den ungluͤcklichen Krankheitsumstaͤnden dieser unentbehrlichen Thiere genugsame Kenntniß neh- men und sie erweitern koͤnnte, die man oͤfters viel- mehr mit Fleiß verkennet, auch andere davon ab- haͤlt, als daß man ihnen durch eine recht thaͤtliche P 3 Huͤlfe Huͤlfe zu statten zu kommen sucht. Auch der bloße Verzug und das unnoͤthige Disputiren uͤber aller- hand kleine Gerechtsame, Schuldigkeiten, Dienst- arten, Kosten und Vorschuß, eine unzeitige Stren- ge mit verkehrten oder unvollkommenen Anstalten, lassen dem schleichenden Gifte der boͤsartigen Vieh- seuchen viel zu viel Zeit, als daß er sich nicht unbe- merkt verbreiten koͤnnte, bis endlich der heftige Ausbruch unsere groben Fehler durch den empfind- lichsten Verlust auf einmahl klar macht, daß auch die Wirkung der besten Rettungsmittel schlechter- dings vergebens seyn muß. Es ist aber die hoͤchste Zeit, um durch mehr ernsthafte thaͤtliche Anstalten beyzuspringen, meh- rere Kenntnisse davon zu nehmen, und zu sagen, daß der in vielen Gegenden in dem gar zu sehr ent- kraͤfteten Landviehe verborgene Gift heraus ge- bracht, und die Landwirthschaft dadurch vor das kuͤnftige sicher gestellt werde, ohne den letzten und recht empfindlichsten Stoß, womit unser Ackerbau allerdings bedrohet wird, sorglos abzuwarten. Un- ser alter dauerhafter Schlag von Landvieh hat sich zum Theil schon verlohren, er ist ausgeartet und ge- schwaͤcht, er muß voͤllig zu Ende gehen, und aller Wechsel der Menge des bestaͤndig fremd eingebrach- ten Viehes hilft zu nichts, so lange den vielen Maͤn- geln nicht auf eine recht solide Art vorher abgehol- fen wird, die die innlaͤndische Viehzucht dadurch be- staͤndig vereiteln, daß sie zu keinem recht reinen Vieh- stande stande jemahls kommen oder diesen mit Nachdruck unterhalten kann. Aber alles, was einen guten Viehstand in den dazu natuͤrlich geschickten Gegenden nicht unter- stuͤtzt, und die Viehzucht schleichend zu Grunde rich- tet, es geschehe aus Unwissenheit, Nachlaͤßigkeit oder Bosheit, das schlaͤgt den Ackerbau nieder, und was den Ackerbau druͤckt, vereitelt in der Fol- ge n den Anwachs, die Groͤße und Dauer des Staats. Man lasse diese Hauptquelle versinken, oder verstopfe sie eine Zeitlang, die doch die Quelle der Unterhaltung, Bevoͤlkerung, der Macht, des Reichthumes und so vieler Bequemlichkeiten ist, oder doch werden kann, so muß es alsdenn klaͤglich ge- nug seyn, wenn man sich nur der Zeit als den groͤßten Lehrmeister Preis geben will, um sich von einer so traurigen Wichtigkeit in bester Form beleh- ren zu lassen. Die klugen Roͤmer, deren Werke der Kunst des Verstandes und Geschmacks, nebst vielen davon herkommenden Anstalten, noch immer von großen Kennern bewundert werden, setzten bey jeder nuͤtz- lichen Anlage einer neuen Kolonie, in aller Absicht auf die Landwirthschaft und der recht gluͤcklich da- bey, ohne Abgang oder Bedruͤckung des einen oder des andern Zweiges, zu betreibenden Geschaͤfte vor- aus: einen zur Kultur geschickten Grund und Bo- den, reine Luft, ein reines hinreichendes Wasser, nebst einer reinen nahrhaften ebenfalls hinreichen- P 4 den den Sommerweide, bey einer dazu schicklichen Art das Vieh abwechselnd zu weiden, wie auch eine reine und gute hinreichende Winterfuͤtterung, Stal- lung und reinliche Pflege, durch welche die Nahrung und Arbeit des Viehes nach einer guten Ordnung uͤberall verhaͤltnißmaͤßig gegen einander erhalten werden koͤnnen. Dieses sind vernachlaͤßigte Grund- regeln, welche vielen zum Vorwurfe und Schande ihrer zu unnatuͤrlich und ausschweifend betriebenen Landwirthschaft gereichen muͤssen, und bey ihren ge- machten Anstalten und neuen Einfaͤllen ohne Schaam kaum gelesen werden koͤnnen. Doch wer kann unter den wohlgesinneten jetztlebenden die Schanden der vorhergehenden tragen, oder alle ein- mahl gemachte Verfassungen aufheben, da diese Veraͤnderungen leicht das Ganze zerruͤtten, wenn man sich derselben nur nicht auf das neue schuldig machen wollte. Wenn es aber bey dem Viehe, mit der zu dem bey jeder Jahreszeit und bey den schwererern Ar- beiten gehoͤrigen reinlichen verhaͤltnißmaͤßigen Pfle- ge, vor allen Dingen seine Richtigkeit hat, wenn eine gesunde und nahrhafte Sommerweide, Trift und Wasser zur Traͤnke nicht zu abgelegen und zu weitlaͤuftig sind, daß das Vieh sich deshalb fast taͤglich abwechselnd erhitzen und auf der Nachtweide wieder stark erkaͤlten muß, so bleiben die Koͤrper stark, sie widerstehen den Anfaͤllen der Witterung besser, die Seuchen werden seltener, sie sind wenig- stens stens nicht so heftig und boͤsartig, daß sie sich unter dem Vieh so schnell verbreiten. Wird aber das Vieh, besonders aber das oft verkaͤltete oder erhitzte Zugvieh, von allzu schwerer Arbeit, bey einem wenigen, unreinen und unkraͤf- tigen Futter, und Mangel einer reinen und zu rech- ter Zeit erforderlichen Traͤnke, matt oder laͤßig, so wird es zugleich in sich selbst unreiner, oder doch deshalb leichter angesteckt, und davon merklich hin- faͤllig. Hunger und Kaͤlte bey uͤbermaͤßiger Arbeit, legen unter den ausgemergelten unreinen Vieh oft den Grund zu starken Niederlagen ganzer Heer- den. Diese offenbare Wahrheiten zu verdraͤngen, muͤssen alle Einwendungen, Strenge und Mis- brauch des Ansehens voͤllig vergebens und unkraͤf- tig seyn. Woher entstehet unter andern in gewissen Ge- genden die haͤßliche und so boͤsartig werdende Raͤude der Pferde und des Rindviehes, ohne daß sie ge- wisse Jahre und Witterungsarten schlechterdings unvermeidlich machen sollte. Das letztere, nehm- lich das Rindvieh, wird beynahe davon 6 bis 7 Monate, meistens aber ganz kahl, und ohne Haare gefunden, und kann seine schoͤne Decke, die es im Maͤrz wieder bekommt, nur hoͤchstens bis zum No- vember behalten. Was sind das vor Anzeigen; dieser Zufall bleibet solchen Gegenden fast einhei- misch, aber gewiß nicht aus natuͤrlichen Fehlern derselben, oder nur hoͤchst selten, sondern wegen P 5 der oͤkonomischen Einrichtung und Behandlung des Vie- hes und aus Fehlern der Pflege, nach welchen ein dergleichen empfindliches Uebel immer bleiben, sich so lange ziemlich unmerklich verhalten, und eben von daher doch bey gewissen Witterungszufaͤllen und Jahren in die benachbarten Provinzen mehr oder weniger verbreiten kann. Das Vieh ist gna- tzig, es wird kahl, es schauert, reibet und beißet sich uͤberall am Leibe, wohin es gelangen kann, man wird das Uebel gewohnt, nimmt es vor bekannt an, klaget zuweilen, thut gute Wuͤnsche, aber dabey bleibet es mehrentheils, bis der schwer oder nur langsam auch kaum zu ersetzende Schaden Herrschaf- ten und Unterthanen aus ihren Schlummer erwe- cket. Das Ungluͤck gehet insgemein durch Huͤlfe der Jahreszeit, der Witterung und neuen Zuwachs der Nahrung auf der Weide voruͤber, bis zu einem kuͤnftigen neuen Ausbruche. An die Abaͤnderung der Gelegenheiten und Grundursachen des uͤber- standenen Ungluͤcks hingegen denket niemand mehr, wenn zumahl die Rechnungen bey Seite geleget worden sind; und viele glauben, es koͤnne nicht an- ders seyn. Was soll man von der in vorigen Jahren so fuͤrchterlich gewuͤtheten Pest unter dem Rindvieh sagen, die durch fremdes Vieh zum Theil ins Land gebracht wurde, zum Theil sich nach und nach selbst im Lande ohne Anstecken erzeuget hat. Damahls wurde damit starkes und gesundes auch schlechtes, unrei- unreines, schwaches Rindvieh befallen, wie zu jetzi- ger Zeit, mit ganz ungleichen Zufaͤllen und einem schlechten Ausgange. Sie bestand in einer Art ei- nes faulen, galligten, allerheftigsten Entzuͤndungs- fiebers, das den Thieren durch die schwersten und toͤdtlichsten Zufaͤlle schon den 3ten oder 4ten Tag das Leben nahm. Der heftige Gestank aus den Rachen, und des fließenden Blutes bey den Ader- laͤßen bis zu der Ohnmacht, auch des gelben gauchigten Schweißes, Harns und uͤbrigen mit den zaͤhesten Schleim uͤber- und durchsponnenen Unrathes, war bey einem ploͤtzlichen Verluste des Wiederkaͤuens und aller Lebenskraͤfte ein sehr merkwuͤrdiges Kennzeichen der boͤsartigen Eigen- schaft, so wie sich dergleichen auch im Anfange die- ses Jahres 1775 schon einzeln unter eben diesen Viehe wieder zu zeigen anfieng. Bey diesen und andern betruͤbten aͤhnlichen Ungluͤcksfaͤllen werden die Aerzte an ihre Pflichten immer alles Ernstes erinnert, einer so boͤsen Sache, und eben wenn sie sich bereits in ihrer groͤßten Wuth befindet, Einhalt zu thun, und sie wieder gut zu machen. Allein, da alle Vorbauungsmittel und Anstalten immer den Vorzug haben vor andern, die zu einer Heilung gehoͤren, so stehen uͤberdem doch die meisten in der Macht des Arztes gar nicht; da sie eine ganz andere Art von Einrichtung und Huͤlfe erfordern, als man aus der gruͤndlichsten und treusten Arzeneywissenschaft jemahls mit Frucht anzu- anzuweisen im Stande seyn wird, und dieses sind die nach der Natur der Sache hinreichend oͤkonomi- schen Anstalten. Zur Erlaͤuterung dessen, wovon eben hier die Rede gewesen ist, kann die im vorhergehenden be- reits erwaͤhnte Kaͤude der Pferde, auch des Kind- viehes , Soabies Equorum et armentorum , dienen, welche bey einzelnen Stuͤcken unterweilen dermaßen boͤsartig befunden wird, daß, wo sie nicht eine kuͤr- zere Dauer und leichtere Heilungsart haͤtten, sich mit einer wahren Lepra , oder dem Aussatze der Thiere sehr wohl vergleichen ließe. Sie ist dem in schlechte Haushaltungsumstaͤnde gerathenen Land- manne leider mehr bekannt, als nach ihrer Heftig- keit und Abaͤnderungen recht untersucht, da sich denn solche Elende, vom Eigennutze anderer ge- fuͤhrt, durch nichts weiter helfen zu koͤnnen glau- ben, als durch das Schmieren , ohne weitere in- nerliche Vorbereitung der Abfuͤhrungsmaterie, wo- bey doch weder sie noch die Aerzte sich im Stande befinden, Ursachen, Uebel und Hauptzufaͤlle zu he- ben, bis sich letztere so weit verschlimmern, daß diese Betrogene, zum Theil widerspenstige, und ei- gensinnige Landleute, am Ende doch Pferde und Rindvieh verlieren, welches davon kropfig, rotzig, oder sonst steif, lahm und unbrauchbar wird, auch wohl seine durch den trocknen Brand verdorbene einzelne Glieder verlieret, daß es todt geschlagen werden muß. Man Man bemerket laut sichern Erfahrungen bey dieser haͤßlichen ansteckenden Krankheit, mit welcher auch zuletzt die Viehwaͤrter selbst befallen werden , unter andern bey den Pferden, eine unreine schup- pige recht verhaͤrtete, rauhe, von Haaren entbloͤßte geborstene und tief zerkerbte Haut, die hin und wie- der, auch wohl groͤßtentheils mit Krusten oder Grindschellen bezogen ist. Zuweilen ist ein uner- traͤgliches Beißen und Jucken dabey, die Weichen, Ohren, Augenlieder, Nase und Lefzen sind eben so hart, auch wie der Hals und Maͤhne angeschwollen, und mit Druͤsen, Serophuln und Beulen besetzt. Es findet sich diese Raͤude sowohl trocken, dabey die aͤußere Haut in Schellen oder Schuppen aufge- loͤset wird, als auch daß aus den Grindschellen eine gelbe, duͤnne, stinkende Gauche heraustritt, die kein wahres Eiter ist, indessen und uͤberall durchsiegert. Wenn sie noch boͤsartiger ist, so wird die Haut durch eine Menge stinkender und fressender Ge- schwuͤre zerstoͤret, die tiefer oder flacher sitzen, und in die Vereiterung gehen, dergestalt, daß man die ganz abgestorbene Haut in großen Haͤndebreiten Stuͤcken abziehen kann, wozu noch einzelne kriechen- de, besonders offene, fressende Geschwuͤre kommen, die man sonst mit dem Namen des auf- oder aus- werfenden Wurms zu belegen gewohnt ist. Hat diese unreine Seuche schon sehr uͤberhand genom- men, so werden die Pferde mager und hinfaͤllig, daß sie weder gehen noch stehen koͤnnen. Daß Daß aber die Materie der Raͤude ansteckend sey und sich leicht und ganz schleichend verbreite, bis sie sich an den geschwaͤchtesten Koͤrpern am ersten und staͤrksten zeiget, wo sie mit den schwersten Zu- faͤllen begleitet, zuweilen auch hartnaͤckig ist, wird durch die Erfahrung bestaͤtiget. Wie sie sich denn durch die bekannten Wege sowohl auf der Weide, als in den Staͤllen an den Krippen, und wo sonst das Vieh mit einander einige Gemeinschaft haben kann, oder unreines Vieh sich aufgehalten, sicher verbreitet, auch durch Sattel, Zaͤume, Buͤrsten, Decken, Wischtuͤcher, Striegeln und Stroh, daß man endlich die Infektion wohl merken kann. Man hat alle Ursache, ein solches Uebel, das sich einige Zeit verstecken und immer fortpflanzen kann, beym ersten Ausbruche sogleich zu ersti- cken, um den Folgen vorzubeugen. Denn da die Curen hernach bey der zunehmenden Menge solcher angesteckten Pferde, die sich in 4 bis 6 Dorfschaf- ten zuweilen auf 2, 3 bis 400 erstrecken kann, wegen der dazu noͤthigen Quantitaͤt, auch der sonst recht wohlfeilen herbey zu schaffenden Mittel, und der bekannten Armuth vieler Unterthanen gar bald zu kostbar werden, da sich uͤberdem das Uebel nicht gleich in etlichen Tagen endigen laͤßt, auch Verdienst und Arbeiten liegen bleiben muͤssen, so hat man da- vor besondere Sorge getragen, welche aber ohne werkthaͤtige Beyhuͤlfe der Cameralanstalten, we- gen der Aufsicht, und eines guten Futrers, einer Nach- Nachlassung der Dienste, und prompter Befolgung aller heilsamen Vorschriften von keinen Nutzen seyn kann. Die bey dem Uebel hoͤchst noͤthige Absonde- rung der Gesunden von den Kranken, und von die- sen der Wiedergenesenden, macht viele Weitlaͤuftig- keit, so wie die Jahreszeit und Witterung; auch nicht selten ein heimlicher Widerwille gegen alle dem Landmanne ungewohnt vorkommende Anstalten, nebst andern Punkten zusammengenommen, erschwe- ren den guten Fortgang der Curen ungemein. Diejenige Art von Raͤude unter Pferden und dem uͤbrigen Zugvieh , welche ihren Ursprung bey einer uͤbertriebenen Arbeit, unter abwechselnder Erhitzung und starken Verkaͤltung, einem Mangel an Futter und Traͤnke zu verdanken hat, und statt dessen von einer schlechten und unreinen Futterung, nebst einer sparsamen ganz unreinen Traͤnke zu entstehen pfleget, wird insgemein die Hungerraude genennet. Diese theilet man ferner in die gemeine, einfache oder gelindere und trockne Zitter- und Flechten- Raͤude , weil sie ohne Vereiterung ist, und in die fluͤßige mit Vereiterung . Beyderley haben ihre Grade der Heftigkeit. Wenn sie aber im hoͤchsten Grad boͤsartig und ansteckend gefunden wird, viele große Laschen oder Grindschellen durch Zerstoͤrung der Haut, ohne eine wahre Vereiterung zeiget, son- dern an deren statt eine sehr stinkende weit und tief um oder unter sich fressende gelbgruͤne Feuchtigkeit oder oder Gauche uͤberall herausdringet, so fuͤhret sie den Namen des Grindes. Den Grund dazu legen also alle die Ursachen, welche durch eine oͤftere und anhaltende Unterdruͤ- ckung der natuͤrlichen Ausduͤnstung Gelegenheit ge- ben, das angehaͤufte Blut und andere Saͤfte zu verdicken, daß es bey einem nothwendig immer zuneh- menden Grade der Schwaͤche und Erschlappung von Gefaͤßen zuletzt einen so schwachen Umlauf bekoͤmmt, und in den feinen Gefaͤßen stockend und unrein wer- den muß, daß es am Ende in einen scharfen und faulenden Zustand versetzt wird, da sich bey der zu- nehmenden Schwaͤche der Ab- und Aussonderungs- wege von dem angesammelten verdorbenen Unrathe aus der Blutmasse immer weniger abscheidet, und folglich zuletzt durch Schweiß und Urin das aller- wenigste ausgefuͤhrt werden kann. Neuer Neuer Beytrag zur Geschichte der natuͤrlichen Fortpflanzung der Landeichen in unsern Forsten durch Versuche und Bemerkungen begruͤndet. L aut sichern Erfahrungen, enthalten die Koͤnigli- chen Laͤnder in unsern Klima, unter allen nur moͤg- lichen guten und schlechten Abaͤnderungen von Ei- chen oder Eichbaͤumen , eine einzige wahre und na- tuͤrliche Gattung. Die Sachverstaͤndigen haben derselben indessen verschiedene Namen zu geben fuͤr gut gefunden, welche sich nach den davon herrschen- den Meynungen unter dem gemeinen Mann sehr vervielfaͤltigt, daß man davon schon seit dem aͤlte- sten Zeitalter ohne Erweiß und Gewißheit mehrere Q Arten Arten angenommen, als die Natur hervorge- bracht hat. Die wahren Umstaͤnde davon sind den Natur- forschern, wegen der noch ruͤckstaͤndigen Untersu- chung und Bestimmung solcher Eichen aus ihren Eigenschaften, noch eben so wichtig, als sie dem Forstmann und Holzarbeiter bey der praktischen An- wendung, wegen der bekannten Unterschiede der Dauer, des Werthes, der Verkaufpreiße und beson- dern Guͤte des Holzes zum Land-Wasser-Schiff- und Maschinenbau und den uͤbrigen Fabrikenwesen nur immer seyn koͤnnen. Dergleichen Umstaͤnde ver- mehren sich nothwendig von selbst, so oft man in ernstlicherer Ueberlegung nimmt, daß die Eiche, diese so edle Holzart , sowohl bey uns und bey un- sern naͤchsten Nachbarn, als in mehrern weitlaͤufti- gen Gegenden zugleich, schon zu unserer Zeit der- maßen selten zu werden angefangen, als fast keine der uͤbrigen großen Baumarten; denn wie sehr ha- ben bereits die recht starken Nutzeichen zu Zim- mer- und Schiffholze nicht zu mangeln angefangen. Ueber das alles muß uns das aͤußerst sparsame Wachsthum der Eichenstaͤmme in die Dicke und Laͤnge an unsern so voreilig begangenen Nutzungs- fehlern noch lange Zeit ganz besonders erinnern. Zwar sind in mancher Absicht, wie man glau- bet, statt der Eichen die Kastanien und Rothbu- chen noch uͤbrig, aber nicht zu solchen Hauptarti- keln, zu welchen man nur die Eichen anwenden kann; kann; wie sie denn den letztern Holzarten im Wachs- thume nicht vorgehen, zu geschweigen, daß sie deren Stelle uͤberall vertreten koͤnnten, ob sie wohl gegen viele andere Holzarten ihren besondern Nutzen zei- gen. Die Eiche also verdienet wegen ihrer ganz erweißlichen Vorzuͤge, die ihr von jeher mit allen Schonungs- und Nutzungsausnahmen zugeschrie- ben worden sind, ihren Ruf mit Recht. Man will zwar durch das, was eben jetzt ge- sagt worden, und in den bekannten sehr langsa- men Wachsthume der allergesundesten Eichen mehr als zu wohl gegruͤndet ist, nicht behaupten, als ob dieselben nach Unterschied ihrer Wurzel, ihres Alters, des Grundes und Bodens, der Witterungs- umstaͤnde, und ihrer verschiedenen Lebenskraͤfte, nach welchen sie vom Saamen an, bald fruͤher, bald spaͤter, zu ihrem rechten Wachsthume gelan- gen, etwa ihre Knospen im jungen Holze nicht voͤl- lig ausbildeten, oder in recht ansehnliche Triebe verlaͤngerten, wie andere Baumarten, denn dieses lehrt die Erfahrung. Das sich aber die in dem Hauptstamme der Eiche jaͤhrlich neu erzeugten weichen Theile, in einer gewiß zu bestimmenden Zeit, so bald, wie bey andern Waldbaͤumen, naͤher zusammenziehen und in einen festen Bast uͤbergehen muͤssen, daß ferner der im vorigen Jahre auf besagte Art schon gebildete Bast , besage der Wachsthumsordnung, nach sei- ner Abloͤsung von der Rinde, sich gleichmaͤßig in Q 2 einen einen noch steifern Splint schlechterdings dermaßen geschwind verwandeln sollte, wie es seyn muͤßte, wie wir es nach unsern Absichten verlangen zu koͤn- nen glauben, oder doch noͤthig zu haben denken, daß es hernach eben so bald zu einen reinen gesunden und kernfesten Eichenholze werden koͤnnte: dieses ist so wenig zu erweisen, als es durch Kuͤnste zu be- wirken, oder durch Befehle zu erzwingen stehet. Dieser ganz sichern Umstaͤnde ungeachtet, und, da sich der Mangel der Eichen bey vielen sehr be- traͤchtlichen Nahrungszweigen fast gar zu sehr ver- groͤßert, so wird man den Eichen dennoch die schon erwaͤhnten Erhaltungsvorzuͤge und Ausnahmen beym Hau eben so wenig zugestehen, als der gemeine Wirth- schaftsmann die Cedern von Libanon oder den Brodbaum von Otaheite vor dem Hiebe verscho- nen wuͤrde, wenn er beyde in seine Gewalt bekaͤme. Da sich aber bey den aus besondern fast herrschend gewordenen Leidenschaften, dem Verfahren, den Ein- und Absichten mancher anfaͤnglich eben so wenig mit Gewalt sichere Grenzen setzen lassen, als man die Wuth eines reißenden Stromes aufhalten kann, so muß man die dazu noͤthige Besserung und Anstalten der Zeit selbst, als den am besten unterrichtenden Lehr- meister, uͤberlassen. Denn dieser allein ist im Stan- de, alle Meynungen und Widerspruͤche am besten zu heben, und durch sie wird es klar, wenn selbst die Vernunft zur Ueberzeugung nichts mehr vermocht hat; da sonst kein Vernuͤnftiger in Zweifel ziehet, daß daß nehmlich ein sterblicher Entwurf fuͤr sich im Stande sey, die in der großen Naturhaushaltung ein vor allemahl auf bestaͤndig eingefuͤhrte Ordnung, in den aufeinander folgenden Wirkungsgeschaͤften , sowohl bey den zerstoͤrenden koͤrperlichen Tren- nungs- als den Wiederbildungsarten des Grund- stoffes, aus der schon unmerklich entworfenen An- lage, dergestalt aufzuheben, daß die Natur dadurch genoͤthiget wuͤrde, deshalb Spruͤnge zu thun. Ueber alle dergleichen hinreichend bekannte Umstaͤnde, von denen sich die vornehmsten von selbst verstehen, wuͤrde es kaum schicklich seyn, recht- schaffen denkende Kenner von neuen in weitere Be- wegung zu setzen, als sie schon sind. Denn die traurige Aussicht in die Zukunft muß ihnen ohne- hin mehr Kummer als Vergnuͤgen machen. Viel- mehr ist es rathsamer, ohne die Schwere des kuͤnf- tighin druͤckenden Mangels abzuwarten, bey der ge- genwaͤrtig so schnellen als bestaͤndigen Abnahme der guten Eichen , allen Einsichtsvollen theilnehmenden Maͤnnern den jaͤhrlichen Anbau mit einer recht forst- maͤßigen Nutzung, durch Saat und Anpflanzung be- stens zu empfehlen, auch ohne sich um die kuͤnftigen Schicksale der vielen oͤkonomischen Forstzuschauer mitten unter ihren Wuͤnschen zu bekuͤmmern. Nie- mand aber erwarte die bloßen Naturwirkungen allein, die bey einer allzu großen Sicherheit durch so viele zum Theil recht gewaltsame Hindernisse fast uͤberall vereitelt werden koͤnnen. Q 3 Von Von der kuͤnstlichen Eichelsaat und Erzie- hung der Eichen durchs Versetzen der Saat- pflanzen ist, wie von ihren natuͤrlichen Besaa- mungen in den Waldungen, sehr viel geschrieben, wovon man aus der Erfahrung am sichersten urthei- len kann. Leider aber wird dabey von den Schrift- stellern manches vor praktisch ausgegeben, was andern auf Treu und Glauben nachgeschrieben worden ist, wobey doch die Schriftsteller auf Zufaͤlle, Wit- terungs- und Lokalumstaͤnde Bedacht zu nehmen, entweder nicht vor gut gefunden, oder aber, wie es scheinet die Sache sehr schlecht verstanden haben. Verschiedene betraͤchtliche Umstaͤnde indessen, uͤber welche ich hier meine unvorgreifliche Gedanken aͤu- ßern werde, sind vor weniger wichtig angesehen worden, als sie bey der Untersuchung befunden wor- den. Man hat sie oͤfters unter sehr unbedeutende Zufaͤlle versetzt, da sie doch unter solche Naturwir- kungen gehoͤren, welche die Aufmerksamkeit der Forschenden wohl verdienen. Ohne nun dabey blos auf solche Meynungen zu sehen, durch die ihre Anhaͤnger von weitern Untersuchungen abgezogen werden, so habe ich mich an deren ersteres und ge- ringe scheinendes Ansehen nicht gekehret, sondern zugleich um diejenigen Folgen zu bekuͤmmern noͤthig gefunden, die vor das Ganze und Allgemeine dar- aus entspringen, daß man von diesen mit mehrerer Gewißheit auf ihre Wichtigkeit schließen koͤnnen. Es Es ist aber doch immer eben so gut, als noͤthig, daß der Naturforscher, welcher Beobachtungen an- stellen will, oder dergleichen schon gemacht hat, die ihn theils zu weitern Versuchen dienen sollen, theils ihrer Brauchbarkeit halber, andern bey allerhand Vorfaͤllen zur Anwendung Gelegenheit geben koͤnnen, davon noch vorher, ehe er zu ihrer weitern Beschreibung und Erklaͤrung gehet, mit allen dazu gehoͤrigen Umstaͤnden eine kurze Nach- richt giebt. Aus solcher muß alsdenn hervorgehen, welche Erscheinung ihm die erste Gelegenheit dazu gegeben, wie auch welchen Weg er eigentlich betre- ten, daß er auf mehrere Beobachtungen gekommen, und was fuͤr das Allgemeine vor eine richtige An- wendung davon gemacht werden kann. Wie nun aber kein Naturkoͤrper, aus welchen Naturreiche er auch seyn mag, in oder außer sei- nen natuͤrlichen Stand- und Entstehungsorten, gleich anfangs ohne weitere Untersuchung, und nach physikalischen Gruͤnden gemachten Bemerkungen gesammlet, und den uͤbrigen wohlgeordneten Vorraͤ- then mit Sicherheit einverleibet werden kann und soll, eben so muͤssen auch alsdenn die ohnehin sehr seichten Vorwuͤrfe gegen die Ausuͤbung der Natur- geschichte, mit den Gedanken eines gedankenlosen Gedaͤchtnißwerkes von selbst wegfallen. Denn kein Sachverstaͤndiger wird nach Einsicht mit Wahr- heit eingestehen, wenn anders die Naturkoͤrper nur bey der Untersuchung auf vorgeschlagene Art be- han- handelt werden, daß sie dem Geiste nicht uͤberfluͤ- ßige Nahrung gaͤben und Gelegenheit verschaften, in manche wichtige Wahrheiten tiefer einzudringen: in so ferne sie der Staͤrke eines forschenden Geistes in einem sterblichen Zustande verhaͤltnißmaͤßig seyn koͤnnen. Das was ich hier sage, will ich gegenwaͤrtig nur bey der Untersuchung des Gewaͤchsreiches an- gewendet wissen. Die Beobachtungen nehmen zwar bey ihrem sehr einfachen Ansehen einen sehr gleichfoͤrmigen Anfang, der Fortgang derselben aber eroͤfnet ein weites Feld vor gelehrte Beschaͤftigungen, und wird bey einem fruchtbaren Zuwachse derselben in den Folgen ungemein wichtig. Unter Voraussetzung der Gewißheit solcher Wahrheiten, wiederhole ich manche ganz einfache Bemerkung, die mir bey verschiedenen Baumar- ten seit manchen Jahren, mehr oder weniger ver- aͤndert vorgekommen war, da ich unter andern in Waldungen zu oft, auch jaͤhrlich mehr als etliche mahl, in denen zur Eichelsaat in Schonung geleg- ten Orten Beobachtungen zu machen Gelegenheit fand. Hier machte ich manche Bemerkung derge- stalt und ganz von neuen, als ob ich dergleichen zuvor noch nie gemacht haͤtte, nur mit dem Unter- schiede, daß ich wegen der schon habenden Kennt- nisse in allen weit leichter und geschwinder fortkom- men konnte. Ich nahm also die frischabfallen- de und sich selbst saͤende Eichel vor, bemerkte den ersten Anfang ihres Auskeimens, die Verlaͤngerung des des Keimes in die Wurzel und dem Saatpflaͤnzgen. Ich setzte meine Beobachtung daruͤber bis in das 3te, 5te, 10te und 16te Jahr der jungen Eichen fort. Ich ging deshalb von einem Eichengarten zu dem andern, und da in dem einen nur der erste und folgende Zustand wahrgenommen werden konnte, so waren doch in andern die jaͤhrlichen Folgen des verschiedenen Wachsthums in den Zwischenzeiten deutlich zu spuͤren, bis ich sie endlich in ganz ver- schiedenen von einander entlegenen Gegenden, nebst den 16jaͤhrigen und hoͤhern Alter der jungen Ei- chen gegen einander in Betrachtung nehmen konnte. Ich muß demnach nun von unsern einheimi- schen Eichen allein handeln, in welcher Gestalt sie uns in den Forsten immer vorkommen moͤgen. Und diese lassen ihr Laub , wie bekannt, im Herbste nach und nach fallen , wenn nehmlich ihre Som- mertriebe ihre Augen vollkommen ausgebildet ha- ben, nachdem sie 4, 5 bis 6 Wochen vorher ihre reifgewordenen Eicheln zur Saat, und Nahrung vieler Thiere, abgeworfen haben. Diese na- tuͤrliche Eichelsaat mußte ich mit der kuͤnstlichen, von welcher schon ein Vieles gesagt worden ist, sehr oft vergleichen. Von fremden immer gruͤnenden Arten dieses Geschlechts kann ich hier nichts an- fuͤhren, weil meine Beobachtungen einen ganz an- dern Vorwurf zum Zweck haben. Der Vorwurf der derselben aber ist die allgemeine und natuͤrliche Aussaat unserer Landeicheln , wie diese sogleich frisch, nach dem Abfalle derselben vom Stamme, in unsern Forsten uͤberall vor sich gehet, und die Eichwaͤlder ohne die geringste Beyhuͤlfe, von selbst unterhaͤlt, auch von jeher unterhalten hat. Diese Naturwirkung ist geschehen, und so, und nicht anders vor sich gegangen, seitdem die Forsten die- ses Erdstrichs von Anfang her damit besetzet gewe- sen sind. Um aber dieses so wichtige Geschaͤfte zu befoͤrdern, folget außer denen verschiedenen Mit- teln, deren sich die Natur zur Aussaat und Erhal- tung aller Gewaͤchsarten bedienet, noch ein zwey- tes, eben so einfaches als natuͤrliches , 1, 3, 4 bis 6 Wochen auf das erste. Dieses bestehet in der Bildung einer eben so natuͤrlichen ungekuͤnstelten Decke , welche durch das allmaͤhliche Abfallen des Laubes , von eben diesen fruchttragenden Eichbaͤu- men geschiehet. Niemahls aber erfolget das Abfallen des Laubes bey dieser Eichenart , wie bey etlichen andern Baumarten, vor dem Abwer- fen der Fruͤchte , sondern erst alsdenn, wenn die Eichelsaat bereits geschehen ist, welcher Umstand, so wenig bedeutend er immer scheinen kann, dennoch der Saatdecke wegen, gegen die Witterungs- und an- dere Zufaͤlle, keinesweges so gleichguͤltig ist, so wie der Schutz der ganz frischen Saat, gegen ihre umstehende Auskeimungszeit nothwendig ist. Da- von hat mich die Erfahrung selbst auf das beste uͤber- uͤberzeuget, und die daruͤber besonders angestellten Versuche haben ein gleiches bekraͤftigt. Die Natur hat also auf die allereinfachste Weise, wie schon gesagt, von jeher die alleransehnlichsten Waldungen in einem dazu besonders erforderlichen Zeitraume und Boden nicht nur selbst gezogen, son- dern auch den Menschen damit ein ganz unverdien- tes und wichtiges Geschenke gemacht, zu dessen An- lage und Entstehung bis zu der aͤußersten Stufe der Vollkommenheit, diese oft so undankbaren Geschoͤ- pfe nicht das allergeringste durch Ueberlegung, Kuͤn- ste und Fleiß beygetragen haben, es mußte denn in nachfolgenden Zeiten geschehen seyn, daß sie sehr lange nicht hineingekommen waͤren, und durch ver- wuͤstende Anstalten nichts gegen die Naturwirkun- gen unternommen haͤtten. Gleichwohl ist doch ein vieles auf der einen Seite durch Feuer und andere Verwuͤstung geschehen, was auf der andern Seite noch die vulkanischen Zerstoͤrungen und Hauptwas- serfluthen strichweise zu Grunde gerichtet, welches eben diese wirksame Natur seit der Zeit auf den oft ausgewitterten Truͤmmern und neu vererdeten Ue- berbleibseln der vorigen durch die 10te, 20ste viel- leicht 50ste Generation neuer Baͤume und Ei- chenwaldungen wieder herstellen muͤssen. Wenn man sich von jenen grauen Zeitalter ei- ne Vorstellung machen will, woraus von dem natuͤr- lichen Zustande der Erdflaͤchen in den verschiedenen Welttheilen keine Nachrichten mehr vorhanden sind, R und und weshalb man sich, zur Befriedigung seiner Neu- gierde, mit den unvollkommenen Nachlaß einiger alten Naturgeschichtschreiber, und mit der Verglei- chung ihrer Beschreibungen, mit aͤhnlichen aber oft truͤglichen Naturbegebenheiten beruhigen muß, so versenkt sich endlich das fernere Nachdenken in lauter Dunkelheit. Dieses vorerwaͤhnte Zeitalter und der Zustand gewisser Erdstriche, verglichen mit der voͤllig erwie- senen Wachsthums- und Lebenszeit einer Kapital- Eiche von ihrem Entstehen aus dem Saamen an bis zu der groͤßten Vollkommenheit, worin wir sie antref- fen, und als gutes Holz nutzen koͤnnen, beweißt of- fenbar, daß wir aufjede einzelne gesunde voͤllig aus- gewachsene Eiche wenigstens eine Zeit von 300 Jah- ren annehmen muͤssen, ob gleich man hin und wie- der Eichen von 500 Jahren aufweisen zu koͤnnen behaupten will. Freylich ist dies eine unangenehme und schlimme Wahrheit fuͤr alle Holzverwuͤster, und alle diejenigen Nutzungsbegierigen, welche die Ei- chen zum Bau- und Schiffsholz in weit kuͤrzerer Zeit zur Vollkommenheit zu bringen verlangen, so wie auch fuͤr diejenigen Großsprecher, welche sol- ches leisten zu wollen versprechen. Eben so belehrend ist diese sich auf Erfahrung gruͤndende Wahrheit fuͤr eine andere Art von Forstleuten, welche das We- sentliche und Vortheilhafte der Forstnutzung ohne Unterschied in der Eichenzucht allein und schlechter- dings gesetzt wissen wollen, ohne diese sie an die so spaͤte spaͤte Zeit der Nutzung durch die Eichen gedenken, und ohne die Interessen von dem Wertheihres Forst- kapitals zu uͤberschlagen. Um aber wieder auf die natuͤrliche Erhaltung der Waͤlder durch die wilde Eichensaat zu kommen, so lassen sich zu den vorher- angezeigten zerstoͤrenden Umstaͤnden noch folgende hinzusetzen. Wenn also nun auch gleich nicht uͤber- all ein Hauptumsturz auf ganzen weitlaͤuftigen Erd- strichen vor sich gegangen seyn mag, so haben sich dennoch in einen ganz ungeheuren Zeitraume, bey der darnach folgenden Ruhe der ersten, so wie bey den unzerstoͤrten Zustande der letztern sehr wichtige, auch sonst nicht ungewoͤhnliche, schaͤdliche Witterungszu- faͤlle ereignet; denn es sind in den dicksten Eichwaͤl- dern wilde und zur Nahrung auf die Eichel laͤngst angewiesene große und kleine Thiere, Wuͤr- mer und die große Menge von Holz-Rinden-Mark- Blaͤtter-Bluͤthen- und Fruͤchte zerstoͤrenden Unge- ziefer abwechselnd zugegen gewesen; wovon noch heute zu Tage die rechte Anzahl nicht einmahl voͤllig bekannt geworden, obschon solche auf 57 Gattun- gen von Ungeziefer an den Eichen allein fest- gesetzt worden ist. Diesen allen ohngeachtet blieb doch von einer Mast bis zur andern, nehmlich von 6 zu 6 Jahren, insgemein ein so verhaͤltnißmaͤßiger Vorrath uͤbrig, daß davon diejenigen ungeheuren Eichwaͤlder erwachsen koͤnnen, deren sich nur un- sere Groß- und Aeltervaͤter in Deutschland noch strichweise gesehen zu haben ruͤhmen koͤnnen, da- R 2 gegen gegen wie nur mit den bloßen Ueberbleibseln und Nachrichten zufrieden seyn muͤssen. Da aber die Natur, die in einem Jahre die Ei- cheln reichlicher aussaete als in den andern, auch im- mer reichlicher als wir die Waldungen besorgte, die wir uns weit kluͤger halten, und der Erde bey der Aussaat, vermoͤge unserer Berechnung und Kuͤnste immer heim- lich etwas abbrechen zu koͤnnen glauben, so gab sie je- desmahl den jaͤhrlichen Abgang an Nahrungsmitteln in jungen Rinden, Knospen, Laub, Bluͤthen und un- vollkommenen abgefallenen Fruͤchten bis zu ihrer vollkommenen Reife vor alle die Thiere, zugleich mit der Saat, zu mehrern Endzwecken her; diese wurden satt und groß, und pflanzten ihr Geschlecht fort, und mit den Eichen hatte es gleich guten Fortgang. Die- ser Abgang von gedachten Eichelvorrathe, wenn er zur Saat allein unter seiner einzelnen Muttereiche jedesmahl zu dicke liegen geblieben seyn und ausge- keimet haben sollte, wuͤrde in den engen Raume, von etwa 10, 16, 24, 30 und 36 Fuß sich nie ha- ben naͤhren, geschweige denn zu rechten Baͤumen er- wachsen koͤnnen: außerdem daß er von 6 zu 6 Jahren noch einen neuen natuͤrlichen Zuwachs haͤtte erhalten muͤssen. Wie es also um den Raum des Grundes bey jeder Muttereiche und um die von Zeit zu Zeit neu ankommenden Saateichen und endlich um die Nahrung, auch die Waldungen wegen der Nah- rung und des Erstickens des ganzen Wachsthumes selbst selbst wuͤrden ausgesehen haben, laͤßt sich leicht er- rathen. Doch um zu der vorher angefangenen Beob- achtung wieder zuruͤcke zu gehen, von der bereits ge- sagt worden ist, in welcher Zeit und Ordnung die Eicheln im Herbste abfallen und das Laub folge, um die Eicheln zu decken, so koͤnnen folgende Um- staͤnde dienen, daß nehmlich diese Einrichtung eben nicht bey allen Baum- und Straucharten schlechterdings statt habe oder haben koͤnne. Denn dieses muß aus der Verschiedenheit der uͤbrigen Ei- genschaften einer jeden Gattung in der Naturge- schichte derselben insbesondere ersehen werden. Man kann es inzwischen auch fuͤr ausgemacht halten, daß der groͤßte Theil von unsern wilden Baͤumen ganze Fruͤchte oder doch Saamen abwerfe, wenn nehm- lich die rechte Jahreszeit dazu vorhanden sey, sie moͤgen an der freyen Sonne stehen, oder im Schat- ten, auch mag dabey die Bewegung der Luft sanf- ter oder stuͤrmisch seyn. Daß es aber Zufaͤlle gebe, die das Aussaͤen salcher Holzarten mehr befoͤrdern, oder auch verhindern, und sogar in einen Zustand versetzen, in welchen der Hauptzweck nicht selten vereitelt wird, kann niemand bezweifeln. Bey allen dergleichen Zufaͤllen bleiben der Natur doch immer Mittel und Wege genug uͤbrig wodurch sie dazu auf einer andern Seite im Großen und All- gemeinen wirken kann, wenn es uns gleich in beson- dern einzelnen Faͤllen scheinen sollte, als ob sie zu- R 3 weilen weilen ihre Kraͤfte fast umsonst verschwenden muͤßte. Denn was ist wohl deutlicher zu spuͤren, als daß, nach allen vorher zugleich erfuͤllten Nebenendzwe- cken und vielen uͤberstandenen so widrigen Zufaͤllen, folglich nach dem dadurch erfolgten so betraͤchtlichen Abgange von dem jaͤhrlichen Saamenvorrathe , doch noch so viel uͤbrig bleibe, welches hinreichend seyn kann, die Geschlechtsarten jedes Baumes, und nach Verschiedenheit der Umstaͤnde, ganze Waldun- gen durch Fortpflanzen zu erhalten. Sollte sich auch in etlichen Jahren auf einander bey der natuͤrlichen oder wilden Aussaat ein zu reichlicher Ausfall er- eignen, so ersetzen die gleich darauf folgenden Jahre diesen Ausfall zur Saat mehr, als gedoppelt. Der Naturforscher kann diesen Zustand schon zum voraus gleichsam eintreten sehen, da er weiß, was unter dieser Zeit an Vor- und Zubereitung bey dergleichen vorgehet, und was darauf gewiß erfolgen wird. Ein sicheres Beyspiel von demjenigen, was ich eben hier sage, geben uns insgemein diejenigen Jahre, welche zwischen den Jahren einer guten und voll- kommenen Eichelmast sind, und bis zu der andern nach gewissen Jahren wieder bevorstehenden Mast ein- ander folgen. Da nehmen wir alsdenn wahr, daß sich die auf der einen Seite und in einzelnen Jahren zuweilen sehr in ihren Wirkungen aufgehaltene und geschwaͤcht scheinenden Naturkraͤfte auf der andern merklich verdoppeln. Wenn also die Eichelsaat durch Fruͤhlings- und Herbstkaͤlte, Sturm, Trockenheit und und Ungeziefer schon zum voraus vereitelt wird, daß die Eichen alsdenn in eben dem Jahre, desto staͤr- kere, groͤßere, mehrere und vollkommnere Sommer- und andere Triebe machen, und folglich zur kuͤnftigen Ersetzung des Abganges an Eicheln, sich vorbereiten, indem sie im kuͤnftigen Jahre am Holze desto mehr zu- nehmen, so bilden sie eine unglaubliche Menge von Au- gen oder Knospen mehr aus, als sonst. Diese wuͤrden ihnen, der Zahl nach hervorzubringen, nicht moͤglich seyn, wenn sie im gleichen Verhaͤltnisse ihrer Bluͤthe eine so große Menge von vollkommenen nnd un- reifen Fruͤchten in den vorherigen Jahren bestaͤndig getragen haͤtten. Denn so viele Millionen von Eicheln der al- lerfruchtbarste Eichenwald in einem Jahre im Fruͤhlinge nur immer ansetzen, und bey guter Witte- rung in einem gewissen verhaͤltnißmaͤßigen Antheile zur Vollkommenheit bringen kann, eben so viele An- theile seines belebenden Markes verlieret er allezeit nothwendig, sowohl im Fruͤhlinge und Sommer, als im Herbste dabey, daß er aus dem Grunde von zu uͤbermaͤßiger Fruchtbarkeit auf einige Zeit an Kraͤf- ten gewissermaßen erschoͤpft werden kann. Denn wo Mark ist da ist Leben und Wachsthum, wo das Mark fehlerhaft ist, sind schmachtende Pflanzen, die nur wenigen Zufaͤllen widerstehen koͤnnen, und zuletzt vor der Zeit der voͤlligen Ausbildung meistens vergehen; wo aber das, bey allen erst auszubildenden Pflan- zen und Pflanzentheilen, anfangs in ihren Mittel- punkte punkte befindliche Mark zu zeitig verderbet, so hoͤ- ret das Wachsthum daselbst mit dem Leben zugleich auf. In denjenigen Pflanzentheile aber, in welche sich das Mark bey der Ausbildung bereits sehr ver- wandelt hat, oder in andere Theile uͤbergegangen ist, hoͤret das Wachsthum von selbst auf, so daß sich erst aus dem uͤbrigen Marke der Zweige ganz neue Au- gen bilden muͤssen. Da nun dieses Mark , welches mit denjenigen, welches sich in den aͤußersten Haarfa- sern der Wurzeln befindet, ein und das nehmliche ist, das sich in den hoͤchsten und feinsten Zweigen der Baͤume befindet, durch deren Spitzen es sich in die Mitte des in den Eicheln befindlichen Herzkei- mes endiget, und im Herbste mit den Fruͤchten ab- faͤllt so gehet mit diesem Abfallen zugleich das ganze Wachsthum eines jeden einzelnen Auges oder Knospe bey der Eiche, als der Mutterpflanze , alle- mahl voͤllig zum Ende. Tab: II. Tab: I.