DIE GESCHICHTE DES EISENS IN TECHNISCHER UND KULTURGESCHICHTLICHER BEZIEHUNG. ZWEITE ABTEILUNG. DAS XVI. UND XVII. JAHRHUNDERT . Holzstiche aus dem xylographischen Atelier von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig . Papier aus der mechanischen Papier-Fabrik der Gebrüder Vieweg zu Wendhausen bei Braunschweig . DIE GESCHICHTE DES EISENS IN TECHNISCHER UND KULTURGESCHICHTLICHER BEZIEHUNG VON Dr . LUDWIG BECK . ZWEITE ABTEILUNG. DAS XVI. UND XVII. JAHRHUNDERT . MIT 232 EINGEDRUCKTEN ABBILDUNGEN . BRAUNSCHWEIG, DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN. 1893—1895 . Alle Rechte vorbehalten . VORWORT . I ndem ich die zweite Abteilung meiner Geschichte des Eisens der Öffentlichkeit übergebe, sei es mir ge- stattet, einige erläuternde Worte vorauszuschicken. Der Plan des Werkes, eine umfassende Geschichte des Eisens in technischer und kulturgeschichtlicher Beziehung zu bieten, ist unverändert festgehalten; allein es liegt in der Natur der Sache, dass mit der fortschreitenden Ent- wickelung der Eisenindustrie der technische Standpunkt mehr und mehr in den Vordergrund tritt. Im ersten Teil überwog das kulturgeschichtliche Element, in den übrigen wird das technische vorherrschen, doch werden sich auch hier überall kulturgeschichtliche Anknüpfungen finden. Eine grosse Schwierigkeit bot die Gliederung des Stoffes. In der alten Geschichte konnte die Einteilung nach Nationen vorangestellt und die technischen Erörterungen derselben untergeordnet werden, in der neueren Geschichte ist dies nicht mehr möglich, hier müssen die technischen Gesichts- punkte das Einteilungsprincip bilden, während die nationale Teilung zurücktritt. Dies wird mit jedem neuen Jahrhundert mehr der Fall, indem die Eisenindustrie um so mehr inter- national wird, je mehr sie sich der Gegenwart nähert. Um Vorwort. die Fülle des Stoffes überhaupt bewältigen zu können und eine chronologische Ordnung festzuhalten, sind für die Haupteinteilung Abschnitte nach den Jahrhunderten ge- wählt worden. Jedes Jahrhundert zerfällt sodann in einen allgemeinen technischen Teil und in einen lokalen Teil, in welchem die Geschichte der einzelnen Länder abgehandelt wird. Diese Landesgeschichte enthält vielfach Beispiele für die allgemeine Geschichte. Je näher man aber der Gegenwart kommt, je mehr tritt der zweite Teil gegen den ersten zurück. Für das neunzehnte Jahrhundert lässt sich diese Einteilung überhaupt nicht mehr streng fest- halten. Denn während in den früheren Jahrhunderten, wie in der ganzen alten Zeit die Nachrichten über die Technik der Eisenbereitung so spärlich sind, dass die Hauptarbeit darin bestand, das Material dafür zusammenzusuchen, so entwickelte sich seit der Erfindung der Dampfmaschine, besonders aber in unserem Jahrhundert eine solche Fülle der technischen Litteratur, dass die Mühe umgekehrt darin bestand, in dieser Hochflut des Stoffes das Steuer fest- zuhalten, um den Kurs nicht zu verlieren. Bei der gross- artigen Entwickelung der Eisenindustrie im neunzehnten Jahrhundert, bei der fast verwirrenden Teilung und Spe- cialisierung der technischen Prozesse war es durch die Menge des Materials nicht mehr möglich, an so grossen Zeitabschnitten festzuhalten, es mussten, um den histo- rischen Fortschritt klarstellen zu können, kürzere Perioden gewählt werden. Leider ist es bei dieser Art der Behand- lung nicht immer möglich gewesen, Wiederholungen zu vermeiden. Der Verfasser hat sich die grösste Mühe ge- geben, dieselben möglichst zu beschränken und wo sie für das Verständnis unvermeidlich waren, ihnen neue Seiten abzugewinnen gesucht. Vorwort. Eine andere kaum lösbare Schwierigkeit lag darin, den ungeheuren Stoff so zu bearbeiten, dass er das Inter- esse des Technikers ebenso wie das des Nichttechnikers fesselt. Eine ganz leichte Arbeit wird es für den Laien in der Technik nicht sein, sich durch das Werk durch- zuarbeiten. Trotzdem wagt der Verfasser zu hoffen, dass es jedem Gebildeten verständlich sein wird. Freilich ge- hört dazu freundliches Entgegenkommen der Leser, sowie gütige Nachsicht der berufenen Kritiker. Rheinhütte-Biebrich , im Juni 1895. Dr. L. Beck . INHALTSVERZEICHNIS. Die Eisenhüttenkunde im 16. Jahrhundert . Seite Einleitung 1—21 Allgemeine Lage 1—6. Erfindung des Schiesspulvers und der Buch- druckerkunst 7—10. — Polydorus Vergilius — Nikolaus Bourbon 11—14. — Sein Gedicht „von der Eisenschmiede“ 14—21. Schriftsteller des 18. Jahrhunderts 22—69 Georg Agricola 22—46. Vanuccio Biringuccio 46—53. Sonstige: Enzelius, Erker, Mathesius, Monardo, Cardanus, Garzoni etc. 53—69. Allgemeiner Teil . Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung 70—89 Rösten der Erze 89—94 Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf 94—106 Von den Öfen 106—126 Von den Blasebälgen 126—143 Das Ausschmelzen der Eisenerze . Luppenschmiede 144—154 Stücköfen 154—177 Blauöfen 177—183 Flossöfen 184—186 Hochöfen 186—205 Die Schmiedeeisenbereitung in Frischfeuern . Das Frischen 206—245 Löschherde in Steiermark 207—211, in Thüringen 211—216. Der Frischprozess 216—221. Einmalschmelzerei 222. Glühfrischen 223. Mügla- oder Bergamaskische Schmiede 224—225. Frischen in Siegen 226—232. Märkische Osmundschmiede 232—234. Deutsche oder Schwabenschmiede 234—238. Rheinisches oder Kaltfrischen 239. Französische oder Comtéschmiede 239—241. Wallonschmiede 241—245. Die Stahlbereitung im 16. Jahrhundert 246—266 Agricola 247. Biringuccio 248—251. Brescianschmiede 252—255. Siegensche Rohstahlarbeit 255—261. Cementstahlfabrikation 261. — Härten 261—265, Treiben, Ätzen 265—266. Inhaltsverzeichnis. Seite Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert 267—321 Saarbrücken 269. Lazarus Erker, Rivius 269. Giesssand 269 — Biringuccio 270. Formen und Giessen von Geschützen 270—286, von eisernen Kugeln 286—288. Kleine Gussstücke 288—290, Formen in Formsand mit hölzernem Formkasten 290—292, in feuchtem Sand 292—293. Ofenplatten 293—318, andere Gusswaren 318—321. Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert 321—342 Geschütze 321—330. Geschützbohren 330—333. Artillerieschulen, Zeughäuser 335—337, Geschosse 337—339, Hohlkugeln 339—342. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert 342—455 Biringuccio 343—347 — Schneidekunst (Glyptik) 347 — Plattner, Rüstungen 348—364, Treiben 365, Anlassen 366, Beizen 367, Ätzen 367, Tauschieren 368, Niello 369, Email 369, Schneiden 369—371; berühmte Plattner und Plattnerzeichen 371—378. Panzerschmiede 381. Grobschmiede, Garzoni 382—388. Helm- und Haubenschmiede 388, Sporer 389. Trutzwaffen . Schwertschmiede 392, Schwertzeichen 395—398, Schwertformen 399. Spanische Schwertschmiede und Schwert- zeichen 401—404, Italienische 404, Belgische 405. Dolche 407. Messerschmiede 408—412. Solingen 413. Messer 415—418, Gabeln, Scheren 419. Sensen 420—424. — Kriegssichel, Gläfe, Hellebarde, Partisane 425. Lanze 426. Streitaxt 427. Büchsenschmiederei 427—438. Gewehrfabrikation 439—444. Büchsenschmiede 445 — Geschmiedete Geschütze 446—450. Preise der Waffen 450—455. Die Kunstschmiederei 455—468 Die Schlosserei 468—476 Wasserhämmer, Zainschmiede 477—493 Nagelschmiede 493—498 Blechschmiede 499—505 Draht- und Nadelfabrikation 505—518 Maschinenwesen 519—538 Wasserräder 520. Triebwerke 523. Krahnen 524. Windflügel- gebläse (Ventilatoren) 525. Drahtzug, Walzwerk 527. Poch- werk 530. Pferdegöpel 533, Dampfmaschine 533—538. Chemie 538—541 Bergbau, Bergordnungen, Bergmannsgebräuche 541—549 Waldwirtschaft und Waldordnungen 550—555 Zünfte der Eisenarbeiter 555—567 Der Eisenhandel und die deutsche Hansa 568—597 Besonderer Teil . Die Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern . Deutschland . Steiermark 598—641 Kärnten 641—653 Krain 653—657 Tirol 657—659 Österreich 659—661 Inhaltsverzeichnis. Seite Böhmen 661—663 Mähren 663—665 Baiern 665—692 Württemberg 692—693 Baden 693—707 Schweiz 707—709 Rheinpfalz 709—711 Nassau 711—743 Hessen 743—752 Thüringen 753—760 Stolberg und der Unterharz 760—773 Der Oberharz 773—816 Sauerland, Mark, Berg und die Eifel 816—831 Sachsen 831—843 Schlesien 843—846 Brandenburg und Norddeutschland 846—849 Belgien und Lothringen 849—856 Italien, Spanien (861) und Frankreich (869) 856—879 England 879—897 Schweden und Norwegen 898—904 Polen 904. Russland 905—908 Die Geschichte des Eisens im 17. Jahrhundert . Allgemeiner Teil . Einleitung 909—910 Litteratur im 17. Jahrhundert 911—915 Physik und Mechanik im 17. Jahrhundert 915—919 Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert 919—938 Gebläse im 17. Jahrhundert 938—945 Die Walz- und Schneidwerke im 17. Jahrhundert 945—960 Die Chemie im 17. Jahrhundert 961—965 Hüttenkunde im 17. Jahrhundert 965—966 Direkte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert 967—969 Indirekte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert 969—971 Die Veredlung und Verarbeitung des Schmiedeeisens im 17. Jahrhundert 971—978 Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert 979—987 Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert 987—997 Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert 997—1001 Die Schlosserkunst im 17. Jahrhundert 1002—1008 Zimmeröfen im 17. Jahrhundert 1008—1011 Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert 1011—1022 Die Zünfte im 17. Jahrhundert 1022—1030 Eisenhandel im 17. Jahrhundert 1030—1032 Das Patentwesen im 17. Jahrhundert 1032—1034 Schulen und gelehrte Gesellschaften im 17. Jahrhundert 1034—1036 Inhaltsverzeichnis. Besonderer Teil . Die Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern . Deutschland . Seite Steiermark 1036—1041 Kärnten 1042—1058 Krain 1058—1060 Baiern 1060—1065 Württemberg 1065—1066 Baden 1066—1071 Hessen 1071—1079 Nassau 1079—1099 Thüringen 1099—1105 Der Harz 1105—1174 Westfalen 1174—1198 Die Rheinprovinz 1199—1200 Sachsen 1200—1206 Brandenburg 1206—1209 Belgien 1209—1221 Italien, Spanien, Portugal 1221—1225 Frankreich 1225—1238 Lothringen 1239—1241 England 1241—1289 Schweden 1289—1299 Russland 1299—1304 Register 1305—1332 DIE GESCHICHTE DES EISENS IM SECHZEHNTEN JAHRHUNDERT . DIE EISENHÜTTENKUNDE IM SECHSZEHNTEN JAHRHUNDERT. Einleitung . Eine neue Zeit begann um das Jahr 1500. Eine gewaltige Be- wegung hatte alle Geister in Europa ergriffen. Es vollzog sich ein Gärungsprozess, in dem das Alte in nichts zu verschwinden schien vor dem Neuen. Auf allen Gebieten machte sich ein revolutionäres Streben fühl- bar. Der künstliche Bau der scholastischen Weltweisheit, auf theo- logischer Grundlage errichtet, stürzte in Trümmern vor dem frischen Hauch des Humanismus und vor der überzeugenden Kraft der Natur- wissenschaft. Himmel und Erde schienen sich zu verändern. Der alte Himmel war nicht mehr das über den Erdkreis gespannte Ge- wölbe, an dem Sonne, Mond und Sterne sich in täglichem Laufe um die ruhende Erdscheibe bewegten; der neue Himmel erweiterte sich zum unendlichen Raume, in dem Welten ihre gesetzmässigen Bahnen wanderten und deren Mittelpunkt — schon ahnte man dies und bald bewies es der gelehrte Kanonikus von Frauenburg, Nikolaus Koper- nikus — die Erde nicht war. Auch die alte Erde war nicht mehr dieselbe. Hatte doch der kühne Genuese Christoph Kolumbus im festen Glauben, dass die Erde nicht die Scheibe sei, auf deren abgekehrter Seite sich die Hölle befinde, wie sie sein grosser Lands- mann Dante in der „göttlichen Komödie“ so ergreifend geschildert hatte, sondern dass sie Kugelgestalt habe, es gewagt, seinem Glauben und seinem Kompass vertrauend, nach Westen in den unbekannten, unendlichen Ozean hinauszusteuern mit dem kühnen Entschluss, die Erdkugel zu umfahren, um einen kürzeren Weg nach dem Goldlande Indien zu finden. Glänzender Erfolg hatte sein kühnes Unternehmen Beck , Geschichte des Eisens. 1 Einleitung. gekrönt. Eine neue Welt war entdeckt, mit neuen Menschen und Tieren bevölkert und so gesegnet mit Gold und Silber, dass ihr Reichtum unerschöpflich zu sein schien. Da erkannte auch der ein- fache Mann, dass die alte Erde, wie sie die Priester bis dahin gelehrt hatten, ein Märchen gewesen war. Aber auch alle menschlichen Verhältnisse, sowohl auf dem Ge- biete der Politik, des Rechts, der Religion, der bürgerlichen Ordnung wie der gewerblichen Thätigkeit rangen nach Erneuerung. Auf dem politischen Gebiete hatten sich in der zweiten Hälfte wichtige Ereignisse vollzogen. Den grössten Eindruck hatte die Eroberung Konstantinopels durch die Türken im Jahre 1453 auf das abendländische Europa gemacht. Damit war der letzte Rest des einst so stolzen römischen Reiches in den Staub gesunken. Byzanz, die mehr als tausendjährige Hauptstadt des oströmischen Reiches, das östlichste, stärkste Bollwerk christlichen Glaubens und europäischer Gesittung, war in die Hände der Ungläubigen, der kriegslustigen Türken gefallen. Ein allgemeiner Schrecken, ein tiefer Schmerz erfasste die Christenheit. — Aber aus diesem politischen Untergang erblühte neues Leben. Das Reich, welches allein noch unmittelbar an das klassische Altertum anknüpfte, erlag, aber der Geist des klassischen Altertums wurde dadurch erst im Abendlande lebendig. Die grosse Schar der von den ungläubigen Barbaren ausgetriebenen Gelehrten und Künstler aller Art wurden in Italien, besonders in Rom, von dem hochgebildeten Papste Nikolaus V. mit offenen Armen aufgenommen. Sie brachten die reichen litterarischen Schätze nach Rom, welche der Grundstock der berühmten Vatikanischen Bibliothek geworden sind. Die griechischen Klassiker waren bis dahin im Abendlande noch so gut wie unbekannt gewesen. Papst Nikolaus liess lateinische Übersetzungen ihrer Werke anfertigen und streute dadurch selbst den segensreichen Samen aus, der zum Humanismus und zur Refor- mation der Kirche führte, freilich zugleich auch zum Sturze der scholastischen Philosophie und zum Abfall des Protestantismus von Rom. Hatte der Islam im Osten Europas gesiegt, so unterlag er im Westen. 1492 fiel Granada und mit ihm der letzte Rest der hoch- gebildeten arabisch-islamitischen Herrschaft in Spanien. Auch dieses Ereignis trug dazu bei, den wissenschaftlichen und künstlerischen Gesichtskreis der europäischen Abendländer zu erweitern. Jetzt erst, nachdem man den Mauren nicht mehr feindlich gegenüberstand, lernte man den Reichtum ihrer wissenschaftlichen Werke, besonders auf den Einleitung. Gebieten der Mathematik, Medizin und Chemie, sowie die herrliche Pracht ihrer Bauwerke würdigen und bewundern. Der römische Geist breitete sich mit überraschender Schnelligkeit aus und wirkte zersetzend nach den verschiedensten Richtungen hin. Wie dies auf dem philosophisch-wissenschaftlichen Gebiete der Fall war, so geschah es nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch auf dem des Rechtes . Der heidnische Geist des römischen Rechtes kämpfte wider die christliche Grundlage des kanonischen, welches bis dahin allein massgebend gewesen war. Die Zeit war reif zur Aufnahme der römischen Rechtslehre und so fand diese rasch Eingang. Die römische Jurisprudenz geht aus von der Idee des Staates als der Quelle des Rechtes. Die ganze politische Entwickelung am Schlusse des Mittelalters drängte aber zur Staatenbildung, zur Bildung starker politischer Körper, grösserer Machtgebiete hin. In Spanien war durch die Vereinigung von Kastilien und Ara- gonien unter Ferdinand und Isabella, sowie durch die gänzliche Vertreibung der Mauren ein mächtiger Staat entstanden, dessen Macht und Glanz noch erhöht wurden durch die Reichtümer, die aus der neuen Welt ihm zuströmten. Frankreich hatte sich nach jahrhundertelangen Kämpfen zu einem starken geschlossenen Einheitsstaat durchgerungen. Der langwierige Kampf mit England um die Herrschaft Nordfrankreichs war in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu Gunsten Frankreichs entschie- den worden. In der zweiten Hälfte befestigte Frankreich seine militärische Macht besonders durch die Einführung eines stehenden Heeres und sein Ansehen und Besitz erweiterten sich beträchtlich durch den Untergang seines gefährlichsten Rivalen, des Herzogs Karl des Kühnen von Burgund. Der siegreiche Feldzug König Karls VIII. durch Italien und die Einnahme Neapels war ein Triumphzug nicht nur der königlichen Macht Frankreichs, sondern auch ganz besonders der modernen Artillerie. England fing erst jetzt an, seinen Beruf zu erfassen. Das Streben seiner normannischen Herrscher, eine starke Kontinentalmacht in Europa zu begründen, war trotz glänzender Waffenthaten zuletzt gescheitert: es musste sich vor dem siegreichen Frankreich zurück- ziehen. Die Kämpfe des mächtigen Feudaladels hatten fast ein Jahr- hundert lang die Entwickelung im Inneren und eine zielbewusste Politik nach aussen gehemmt. Endlich hatte die Schlacht bei Bos- worth am 22. August 1485 und der Tod Richards III., des letzten Königs aus dem Stamme der Plantagenets, dem traurigen Kriege der 1* Einleitung. roten und weissen Rose ein Ende gemacht. Heinrich Tudor bestieg als Heinrich VII. den englischen Thron, und wenn er auch kein Fürst von hervorragender Begabung war, so war doch seine Regierung eine kluge und sparsame, vor allem aber begriff er klar, dass Eng- lands zukünftige Entwickelung von seiner bevorzugten Insellage bedingt sein müsse. Er liess deshalb die kriegerische Kontinentalpolitik seiner Vorgänger fallen und trat in freundschaftliche Beziehung mit der ersten Seemacht der damaligen Zeit, mit Spanien. Im Inneren aber stärkte er durch Schwächung des Adels und durch Kräftigung des Bürgerstandes die Einheit des Reiches. Auch das skandinavische Reich im Norden Europas rang nach Entwickelung einheitlicher Macht. Äusserlich war diese ja schon von der genialen Königin Margarete durch die Kalmarische Union im Jahre 1397 erreicht worden. Aber eine innere Verschmelzung der drei stammverwandten Königreiche Dänemark, Schweden und Nor- wegen wurde hierdurch nicht erzielt. Ihre Lebensbedingungen waren zu verschieden, als dass die künstliche Vereinigung eine dauernde hätte sein können. Jedes der drei Reiche strebte nach selbständiger Einheit und schon hatten in Schweden die blutigen Kämpfe begonnen, die zu diesem Ziele führen sollten. Sehen wir bei den westlichen und nordischen Reichen Europas eine ausgesprochene centripetale Entwickelung, so scheint bei den Reichen der Mitte, Deutschland und Italien, das centrifugale Streben den Sieg behalten zu sollen. Italien ist zerrissen durch widerstreitende Interessen, Deutschland durch die wachsende Macht der Lehens- fürsten, durch welche die Kaisermacht immer mehr eingeschränkt wird. Aber trotz dieser Zersplitterung lässt sich doch bei den Einzel- fürsten Italiens und Deutschlands ein ebenso energisches Streben nach Machterweiterung und nach Erhöhung der Souveränität erkennen, wie wir dies bei den einheitlichen Staaten des Westens gesehen haben. In dieser Beziehung ging das Haus Habsburg, bei dem die römische Kaiserkrone jetzt durch Gewohnheit erblich geworden war, selbst allen anderen voraus, indem es planmässig seine Hausmacht auf Kosten der kaiserlichen Macht vergrösserte und den mächtigen österreichischen Staat gründete. Alle diese Bestrebungen nach Erhöhung der Fürstenmacht, nach Gründung starker staatlicher Verbände, fanden eine kräftige Stütze und eine sittliche Rechtfertigung in dem römischen Recht, das, aus den gleichen Verhältnissen hervorgegangen, auf dem Begriff der Souveränität des Staates aufgebaut war. Deshalb unterstützten die Einleitung. Fürsten die Einführung des römischen Rechtes in egoistischem Inter- esse. Sie befreiten sich dadurch von der lästigen Bevormundung durch die Priesterschaft, deren massgebende Stellung eine Voraus- setzung des kanonischen Rechtes bildete. Auch das germanische Recht, welches mit dem kanonischen in der kommunistischen Grundlage, wonach der Besitz ursprünglich der Gesamtheit, der Gemeinschaft ge- hört, übereinstimmte, wurde von dem römischen Recht mit seiner scharfen Definition des Eigentums und seinen klaren Bestimmungen zum Schutz des persönlichen Besitzes verdrängt zum Vorteil der Reichen und Mächtigen, zum Nachteil der Armen und Besitzlosen. Freilich liessen sich die Beschränkungen, welche das kanonische und zum Teil auch das germanische Recht der Mobilisierung des Eigentums in den Weg legte, nicht aufrecht erhalten in einer Zeit, in der Handel, Verkehr und Gewerbthätigkeit nach Ausdehnung und Entwickelung strebten. Besonders die Wucherverbote, welche jedes Zinsnehmen für das mobile Kapital für sündhaft, die jeden Handel, der nicht Tauschhandel war und der mit der Absicht, einen Gewinn zu erzielen, betrieben wurde, für unchristlich und wucherisch erklärten, konnten ohne grosse Nachteile nicht fortbestehen. Die schönen Grund- begriffe des deutschen Rechtes, Ehre und Treue, erwiesen sich un- zulänglich in Handel und Verkehr und wurden ersetzt durch die be- stimmteren Paragraphen des Justinianischen Gesetzbuches über das Eigentum. Damit zog aber zugleich ein ganz neuer Geist in das wirtschaft- liche Gebiet. Auch auf ihm verdrängten neue Anschauungen die alten Gewohnheiten. Der Begriff des Geldes als Mass für alle Werte kam jetzt erst zu allgemeiner Anerkennung. Daraus entsprang die Festsetzung von Preisen für Waren, für Güter und für die Arbeit. Es entsprang aber ferner daraus eine Wertschätzung des Besitzes von geprägtem Geld, die man früher kaum gekannt hatte und die zu einseitiger Übertreibung neigte. In engem Zusammenhange damit entwickelte sich eine grössere Beweg- lichkeit des Vermögens, insbesondere des mobilen Vermögens; — die fast vollständige Gleichstellung der beweglichen mit den unbeweglichen Gütern; die scharfe Unterscheidung von Eigentum und Forderung Siehe Roscher , Geschichte der Nationalökonomie 1874, S. 17. . Waren dies Vorteile für das wirtschaftliche Gebiet, so brachte uns die Übernahme der römischen Gesetzeserbschaft auch Nachteile. Der Römer kannte die freie Arbeit nicht, für ihn gab es nur Sklaven- arbeit; er verachtete infolgedessen die gewerbliche Arbeit, und frei- Einleitung. willige Arbeitsleistung gegen Lohn war ihm ein Unding. Diese nie- drige Auffassung der Würde und des Wertes der Arbeit ist auch in der römischen Gesetzgebung festgehalten. Diese dem germanischen und auch dem christlichen Geiste fremde Anschauung schlich sich nun mit den fremden Gesetzen gleichzeitig ein. Zur Abwehr gegen diese Entwürdigung schlossen sich die genossenschaftlichen Organi- sationen auf den Gebieten der Gewerbe und des Handels, die Gilden, Zünfte, Gewerkschaften, Handelsgenossenschaften u. s. w. fester zu- sammen und auf diesem Gebiete blieb der deutsche Geist Sieger. Die germanische Einrichtung der Genossenschaften erhielt sich siegreich auf dem Felde des geistigen und des wirtschaftlichen Lebens; — nicht am wenigsten bei den Eisenarbeitern, sowohl beim Bergbau, als bei dem Hüttenbetriebe und der Verarbeitung des Eisens. Auf kirchlichem Gebiete hatte gleichfalls eine gewaltige Gärung alle Gemüter ergriffen. — Wie auf allen Gebieten des Lebens der Glaube an die Autorität des Priestertums erschüttert war, wie eine allgemeine Auflehnung gegen die geistliche Bevormundung in den Gemütern Platz griff, so war dies am unmittelbarsten auf kirchlichem Gebiete der Fall. Der Glaube an die Autorität der Kirche schwand mit dem Fortschritt der allgemeinen Bildung. Die Priesterschaft hatte nicht mehr das Privileg eines überlegenen Wissens vor den unter- richteten Laien, ja die niedere Geistlichkeit zeichnete sich mehr durch Roheit und Mangel an Gesittung, als durch das Gegenteil aus. Der Papst selbst aber hatte seinen hohen Beruf vergessen, er war nicht mehr der Nachfolger des Apostels, der Stellvertreter Christi auf Erden, sondern ein weltlicher Fürst, der seinen Ruhm darin suchte, der erste zu sein in Üppigkeit und weltlichem Glanz, und zu diesem Zweck wurden die Ablasspfennige von den Armen und Be- drängten in ganz Europa unablässig zusammengebettelt. Eine allgemeine Sehnsucht nach dem verloren gegangenen Paradies des Glaubens, nach dem einfachen idealen Christentum der alten Zeit, da die Apostel und die Priester wetteiferten in Frömmigkeit, Demut, Opferwilligkeit und im Glauben, erfasste die Christenheit. Trauer und Verstimmung zog in die Herzen der besten Männer ein, wenn sie das gegenwärtige Treiben der Geistlichkeit und ihres obersten Hauptes betrachteten. Auch hier bereitete sich eine Revolution vor. Fragen wir uns nun aber, wie es denn kam, dass gerade um diese Zeit eine solche allgemeine Gärung sich bemerklich machte, warum eine solche Bewegung alle Geister in Europa ergriffen hatte, warum alles nach Neugestaltung drängte? Zwei technische Er- Einleitung. findungen waren es hauptsächlich, welche die alten Ver- hältnisse über den Haufen warfen und eine neue Zeit ins Leben riefen: die Erfindung des Schiesspulvers und die Erfindung der Buchdruckerkunst . Wie unsere Zeit unter der Signatur des Dampfes steht, so stand die Zeit um das Jahr 1500 unter der Signatur des Pulvers und des Buchdruckes. Auch wir leben in einer stürmischen Zeit der Neu- gestaltung, des Fortschrittes und ihren Ausgangspunkt hat diese Periode in der Verbesserung der Dampfmaschine durch James Watt ; denn durch diese Erfindung wurden die Kräfte der Menschen verviel- fältigt, durch diese Erfindung wurden neue, ungeahnte Verkehrsmittel geschaffen, welche die Bewohner der ganzen Erde in neue, enge Be- ziehungen gesetzt, tausenderlei neue Erwerbsmittel geschaffen haben. — Ähnlich waren die umgestaltenden Wirkungen der beiden Erfindungen am Ausgange des Mittelalters, die des Pulvers und des Buchdrucks. Über die Erfindung des Schiesspulvers und ihre Bedeutung für die Geschichte der Eisenindustrie haben wir uns bereits im ersten Bande (S. 892) ausführlich ausgesprochen. Indem wir daran anknüpfen, führen wir hier nur weiter aus, wie durchgreifend ihr Einfluss auf die Umgestaltung der Bewaffnung und des Kriegswesens war und wie durch sie eine ganz neue Politik in Europa geschaffen wurde. Was wir oben in flüchtiger Skizze zu schildern versucht haben, das Streben, stärkere Machtgebiete zu bilden, hatte seinen Grund und Ausgang in der veränderten Kriegsführung infolge der Einführung der Feuerwaffen. Die Tapferkeit des einzelnen Mannes, seine Gewandtheit in der Führung der Waffen, selbst die Vor- trefflichkeit seiner kostspieligen Schutzbewaffnung verlor mehr und mehr an Bedeutung gegenüber der Zahl und der Güte der Feuer- röhren, von geübten, wenn auch nur abgerichteten Händen bedient. So sank der Wert des freien Ritters mit dem Glanze der mittel- alterlichen Kampfweise. Und wie der Wert des gewappneten Mannes gegenüber dem Handrohr gering wurde, so wurden es die Bollwerke des Rittertums, die Mauern und Türme ihrer Burgen gegenüber dem schweren Geschütz, den Stücken und Bombarden. Nicht mehr war der Fürst der mächtigste, der die glänzendste Ritterschaft um sich versammeln konnte, sondern der, welcher die Geldmittel besass, die meisten Schützen und die besten Büchsenmeister zu bezahlen. In Deutschland hatte die Geschützkunst ihren Ausgangspunkt, ihre eigentliche Heimat. Deshalb waren es zunächst die reichen deutschen Städte, deren politische Macht und deren Ansehen wuchs Einleitung. durch ihr Geschützwesen. Sie hatten zuerst geordnete Schützengilden, eine geordnete Landwehr. Gegen sie konnten die einzelnen Ritter nichts mehr ausrichten, auch nicht das Aufgebot ganzer Ritterschaftsverbände durch die Landesfürsten. Die deutschen Städte lieferten die besten Truppen für das Reichsheer, sowohl in Beziehung auf Geschicklichkeit als Aus- rüstung des einzelnen Mannes. Ein stehendes Heer war dies noch nicht, aber ein Stock waffentüchtiger Leute, um den sich die lose Masse der damaligen Reichsheere gruppieren konnte. Ein solcher zuverlässiger Stock fehlte dem kriegslustigen Frankreich, deshalb ver- fielen seine Könige zuerst darauf, sich eine besoldete, stehende Truppe zu schaffen. Schon Karl VII. sah sich hierzu gezwungen, um die wilde Söldnerschar, welche nach Beendigung des englischen Krieges beschäftigungslos geworden war, die sogenannten Armagnaks, in Pflicht und Sold zu halten. Diese Truppe, welche aus 5000 Armbrustschützen zu Fuss und zu Pferd bestand, bereitete aber durch ihre schlechte Disziplin dem französischen Königtum mehr Verlegenheiten als Vorteile. Deshalb ging Karls Nachfolger Ludwig XI. dazu über, eine Leibgarde von Be- rufssoldaten aus fremden Söldnern, meist Schotten und Schweizern, zu bilden. Dadurch wurde die Einrichtung des stehenden Heeres eine bleibende für Frankreich, und bald sahen sich die übrigen europäischen Staaten gezwungen, Frankreichs Beispiel nachzuahmen. Dies hatte grossen Einfluss auf die Waffenfabrikation. Die gleichförmige Be- waffnung grösserer Heeresmassen verlangte Massenfabrikation und so entstanden die ersten Gewehrfabriken. Welchen Einfluss die Entwickelung des Geschützwesens auf das Eisengewerbe ausgeübt hat, haben wir im ersten Teil unserer Geschichte bereits ausführlich nachgewiesen. Die erste Verwendung des neu erfundenen Eisengusses war für die Herstellung von Kanonenkugeln. Es ist sogar nicht unwahrscheinlich, dass das Bedürfnis der Artillerie die Erfindung des Eisengusses veranlasst hat. War die Erfindung des Schiesspulvers zunächst für die politische Entwickelung Europas von grösstem Einfluss, so war es die Erfin- dung der Buchdruckerkunst für die geistige Entwickelung. Die mächtige Bewegung der Geister, die nervöse Erregtheit, welche für den Anfang des 16. Jahrhunderts symptomatisch ist, hatte ihren Grund und Ursprung in der so wunderbar einfachen und doch in ihrer Wirkung so unermesslichen Erfindung des Johann Gens- fleisch , mehr bekannt unter dem Namen seiner Mutter v. Guten- Einleitung. berg aus Mainz: der Einführung der beweglichen Typen zum Schrift- druck. Keine Erfindung des menschlichen Geistes hat so durchschlagen- den Erfolg, so rasche Anerkennung und Verbreitung gehabt wie diese. Es ist deshalb wohl am Platze, bei derselben zu verweilen. Göthes treffende Antwort auf die Frage: was ist Erfindung?: „der Abschluss des Gesuchten“, ist eine anerkannte Wahrheit, deshalb spielen aber doch die Umstände, der glückliche Zufall eine grosse Rolle bei der Bethätigung einer Erfindung. Wie dem aber auch sei, nicht die Auffindung einer neuen Thatsache allein bedingt den Wert einer Erfindung, sondern ihre praktische Verwertung. Der Erfinder muss die Geschicklichkeit und die Mittel haben, seiner Idee eine zweckmässige Gestalt zu geben. Die Konzeption eines neuen Gedankens genügt noch nicht zu einer epochemachenden Erfindung. Die Über- setzung des Gedankens in die Praxis ist in den zahlreichsten Fällen der schwierigste und wichtigste Teil des Unternehmens. Ja selbst das Geschick, die Idee in eine praktische Form zu bringen, genügt nicht, wenn die materiellen Mittel zur Ausbeutung fehlen, und alles dies zusammengenommen hat keinen Wert, wenn kein Bedürfnis für die Erfindung vorliegt. Der Erfolg einer Erfindung ist demnach durch vier Faktoren bedingt: den Gedanken, die praktische Einkleidung, die Mittel zur Einführung und das Bedürfnis für die Sache. Wie manche schöne Idee hat keinen Anklang gefunden, weil nur einer dieser Faktoren fehlte; weil sie verfrüht war, weil das Geschick oder die Mittel für ihre Einführung in das Leben fehlten oder weil sie kein Interesse erweckte. Bei der Erfindung der Buchdruckerkunst trafen alle genannten Bedingungen für den Erfolg auf das glücklichste zusammen, aber auch nur durch das Zusammenwirken mehrerer gleichstrebender Personen. Die Idee des Druckes mit beweglichen Lettern und die praktische Ausarbeitung derselben sind das unbestrittene Verdienst Johannes Gutenbergs ; für das Kapital und die geschäftliche Ausnutzung der Erfindung sorgten die mit Gutenberg verbundenen Mainzer Bürger Johann Faust und der hochbegabte Peter Schäffer , welchem letzteren wahrscheinlich die Erfindung des Letterngusses zugeschrieben werden muss. Wie sehr aber die Erfindung dem Bedürfnis der Zeit entsprach, das bewies der grossartige Erfolg. Von Mainz aus verbreiteten sich in überraschend kurzer Zeit Druckereien über ganz Europa. Einleitung. Mit den Büchern wurde das Wissen überall hingetragen. Die Wissenschaft war von nun an nicht mehr in unzugänglichen Klöstern und Bibliotheken eingesperrt, sie war frei und hielt ihren Triumphzug von Ort zu Ort. Die Lernbegierde wurde wach. Bis dahin hatte der Laie kein Bedürfnis empfunden, Schriftliches zu lesen, das war aus- schliesslich Sache der Priester und der Gelehrten gewesen. Jetzt, wo die neuen Druckschriften auf den Jahrmärkten zum Kauf ausgelegt wurden, wollte jeder diese Kunst besitzen, um zu sehen, was in der Welt vor sich ging und was die grossen Männer des Altertums gelehrt hatten. Die ganze Welt wurde eine Gemeinde von Wissensdurstigen, deren Evangelium den Druckereien entströmte. Die ganze Welt rückte näher zusammen durch die Kenntnisse, welche die neuen Schriften verbreiteten. Ein neues, reges, geistiges Leben erwachte in der ganzen gebildeten Welt, dessen lebenskräftige Wirkungen sich bald auf allen Gebieten menschlichen Wissens fühlbar machten. An- fangs waren es die Bibel, die Schriften des Neuen Testamentes, die Schriften der Kirchenväter, zugleich mit den Werken der alten heid- nischen Klassiker, die am meisten Verbreitung fanden, bald aber waren es geographische, mathematische und naturwissenschaftliche Schriften, die das grösste Interesse erregten. Die Wissenschaft, die bis dahin entweder ganz einseitig oder encyklopädisch gewesen war, trennte sich in besondere Gebiete, zog deren Grenzen und bearbeitete dieselben mit Eifer und Gründlichkeit. Eine enthusiastische, hoffnungs- freudige Stimmung durchzog die gebildete Welt, welcher Ulrich von Hutten so schön Ausdruck verlieh in den Worten: „O Jahrhundert, die Studien blühen, die Geister erwachen, es ist eine Lust zu leben!“ Auch auf das Gebiet der Eisentechnik dehnte sich dieser belebende Einfluss der Buchdruckerkunst aus. — Durch das gesteigerte Bedürfnis der Zeit war das Interesse an der Metallgewinnung und Verarbeitung ein allgemeines geworden. Aber noch fehlte es an systematischer Behandlung der Metallurgie als Wissenschaft. Alles war Empirie einzelner enger Kreise. Diese hatte bereits herrliche Blüten gezeitigt auf dem Gebiete der Metallverarbeitung. Die Klingenschmiede, Sarworchte und Plattner, dann die Kunstschmiede und Schlosser lieferten Meisterwerke und bildeten hochangesehene Handwerkszünfte; dagegen war die Gewinnung des Eisens aus seinen Erzen bis zum 15. Jahrhundert nicht weiter gekommen, als wie sie schon zur Zeit der Herrschaft der Römer gewesen war. Sie wurde meist von den Bauern als Nebengewerbe betrieben und nur an solchen Orten, die von der Natur mit besonderem Reichtum guter Eisenerze gesegnet Einleitung. waren, gab es Eisenarbeiter, welche ihr Gewerbe berufsmässig betrieben, doch standen diese meist nicht auf der Höhe, noch in dem Ansehen der übrigen Hüttenleute. Gold, Silber, Kupfer und Blei wurden weit höher geschätzt als das Eisen, deshalb schenkte man deren Gewinnung grössere Aufmerksamkeit und ein höheres Interesse. Eisen war ja freilich das unentbehrlichste Metall und keine Thätigkeit im Frieden wie im Kriege war denkbar ohne dieses. Aber die gütige Natur hatte es so reichlich und aller Orten hervorgebracht, dass seine Erze fast wertlos schienen, und seine Gewinnung war so ein- fach, dass ein jeder es auszuschmelzen im stande war. Deshalb erregte seine Darstellung die Beachtung der Gebildeten nur im ge- ringen Grade, und was diese darüber zu berichten wussten, ging nicht über das hinaus, was Plinius bereits mitgeteilt hatte. So ist die ganze mittelalterliche Litteratur über das Eisen, mit Ausnahme der wenigen Schriften, die wir im ersten Bande besprochen haben, unter denen die des Theophilus Presbyter (siehe I, 974) hervorragt, nur eine Wiederholung der bezüglichen Stellen des Aristoteles, Theo- phrast, Plinius und Strabo , zu denen nur noch Albertus Magnus als Autorität hinzutrat. Dies war in der ersten Periode des Buchdruckes kaum anders zu erwarten, denn in dieser wollte man zunächst hauptsächlich erfahren, was die berühmten Schriftsteller des Altertums von der Natur und den natürlichen Dingen gewusst und was sie darüber gelehrt hatten. So ist diese meist encyklopädische Litteratur eine Rekapitulation des Wissens der Alten, eine Repetition für die Neuen. Eines der charakteristischsten Bücher dieser Periode, welches grosse Verbreitung in ganz Europa fand und in zahlreichen Auflagen gedruckt wurde, ist das Werk De rerum inventoribus, über die Erfinder der Dinge, des Polydorus Vergilius von Urbino. Dieses Buch, dessen älteste Auflage 1499 erschien, hat allein im 16. Jahrhundert 39 Auflagen erlebt Beckmann spricht in seinen „Beiträgen zur Geschichte der Erfindungen“, Bd. III, S. 571 ausführlich über das Werk und führt sämtliche Ausgaben an. Die älteste von 1499 führt den Titel: „Polydori Vergilii Urbinatis de inventoribus rerum libri tres“. Ausser den 39 Auflagen im 16. Jahrhundert erschienen noch 12 Auflagen in lateinischer Sprache im 17. Jahrhundert, sowie ferner eine nebst einer deutschen Übersetzung im 18. Jahrhundert. Beckmann sind also 54 Auf- lagen bekannt gewesen. . Es wurde in allen Ländern Europas gelesen und ist interessant durch den freien Geist, in dem es geschrieben ist, durch die Bekämpfung des Aberglaubens, die scharfen Bemerkungen über den Hochmut und die Ausschweifungen der Geistlichkeit, sowie die freisinnige Behandlung der Frage der Einleitung. Abkunft der katholischen Gebräuche. In dieser Beziehung trug es viel zur Aufklärung im 16. Jahrhundert bei und half mit die Refor- mation vorzubereiten. Technische Belehrung, die man nach dem Titel erwarten sollte, bietet dagegen das Werk nur wenig. Es ist eine Zusammenstellung von Namen meist mythischer Persönlichkeiten, die den Griechen, Römern und Juden als die Erfinder der Künste und Handwerke galten. Das Eisen ist nur kurz in dem 19. Kapitel des II. Buches abgehandelt, welches den Titel führt: „Wer zuerst Gold, Silber, Eisen, Blei, Erz, die Werkzeuge, das Feuer für sich, dann aus Kiesel und aus Holz, sowie die Blasebälge und die Kerzen erfunden hat.“ Aber vergeblich sucht man nach sachlichen Mitteilungen; man findet nur Namen und bezüglich des Eisens nur die von Plinius, Clemens von Alexandria, Herodot, Strabo, Josephus und in der heiligen Schrift namhaft gemachten Erfinder desselben. Über die Eisen- gewinnung zur Zeit des Verfassers selbst erfahren wir nichts. Die Eisenindustrie hatte aber im 15. Jahrhundert eine grosse Umwälzung erfahren. Wir wissen dies, wenn auch kein Schriftsteller dieses Jahrhunderts davon Kunde giebt. In den Anfang des 15. Jahr- hunderts fällt die Erfindung des Eisengusses und der Übergang zum Hochofenbetrieb, also von der direkten zu der indirekten Eisenberei- tung, zur Roheisenerzeugung. Wir haben diesen Umschwung und die Ursachen, welche dazu geführt haben, bereits ausführlich im letzten Theile des I. Bandes dieses Werkes dargestellt und begnügen uns, kurz die Hauptmomente zu wiederholen. Der Ausgangspunkt sowohl der Erfindung des Eisengusses als des Überganges zur Roheisendarstellung bildete die Benutzung des Wassers als Betriebskraft bei der Eisenbereitung. Hauptsächlich nach zwei Richtungen wurde die Wasserkraft nutzbar gemacht: zur Be- wegung eiserner Hämmer beim Ausschmieden der Luppen und zur Bewegung der Blasebälge. Dadurch wurden beim Schmieden wie beim Schmelzen weit grössere Wirkungen erzielt, als das vordem geschehen war. Beim Schmelzen der Erze war die Wirkung der verstärkten Windzufuhr, anfangs zum Schrecken des Schmelzers, eine solche, dass er das Eisen gar nicht mehr als eine zähe, wachsartige Masse, die sich unter dem Hammer schmieden liess, aus dem Ofen erhielt, sondern als ein flüssiges Metall, das erstarrt, unter dem Ham- mer auseinander flog. Dieses Eisen war so flüssig, dass es sich wie geschmolzenes Erz in Formen giessen liess. Zum zweitenmal und zwar in einem Herdfeuer vor dem Winde niedergeschmolzen, ver- Einleitung. wandelte es sich in weiches, schmiedbares Eisen, welches gleichmässiger und in vielen Fällen auch besser war, als das seither in Luppenfeuern und Stücköfen bereitete. Diese entschiedenen Vorteile, welche die Be- nutzung der Wasserkraft gewährte, gaben die Veranlassung, dass sich die Eisenindustrie von den Höhen der Berge, aus der Einsamkeit der Wälder in die Thäler zog, wo an Stelle zahlreicher kleiner Schmelz- feuer stattliche Öfen mit Hüttengebäuden, Wasserrädern, Blasebälgen, Pochwerken und schweren Hämmern entstanden, in denen das Eisen in grossen Massen im Vergleich zu den armseligen Rennfeuern der Waldschmieden gewonnen und verarbeitet wurde. Es entstand der Fabrikbetrieb, die eigentliche Eisenindustrie. Nur langsam vollzog sich diese tief einschneidende Umwandlung. Ihr entgegen stand die alte Gewohnheit, die Bequemlichkeit des früheren Verfahrens und die Kostspieligkeit der neuen Anlagen. Aber unaufhaltsam verbreiteten sich die neuen Eisenwerke, die alten Waldfeuer immer mehr in ent- legene, unwirtsame, verkehrsarme Gebiete zurückdrängend. Um das Jahr 1500, dem Zeitpunkte, mit dem wir diesen Theil unserer Ge- schichte beginnen, war der Sieg des neuen Verfahrens über das alte, der Sieg des Hochofenbetriebes über den Rennwerksbetrieb im Prinzip errungen, und aus dieser Zeit stammt auch das erste litterarische Zeugnis, welches diesen neuen Hüttenprozess besingt und verherrlicht, ein Lied des Nikolaus Bourbon , welches wir deshalb hier unverkürzt in möglichst wortgetreuer Übersetzung mitteilen und an die Spitze stellen. Zuvor nur einige Worte zur Einleitung. Nicola Bourbon war der Sohn eines Eisenhüttenbesitzers von Vandeuvre Vandeuvre, Stadt in der Champagne am Flüsschen Barse, westlich von Bar le Duc an der Eisenbahn von Chaumont nach Troyes. . Er schildert in poetischer Form in einem lateinischen Gedicht, welches im Jahre 1517 in Paris gedruckt wurde, die Erinnerungen seiner Knabenzeit, die er im elterlichen Hause auf der Eisenhütte, wo er die Arbeiten des Vaters und seiner Arbeiter beobachtete, daran teilnahm und sie lieb gewann, verbracht hatte. Danach hatte er sich wissenschaftlichen Studien gewidmet, und zwar mit Erfolg, das beweist die Gewandtheit, mit der er in lateinischen Versen seine Schilderung und seine Be- geisterung auszudrücken weis, und er schildert anschaulich und mit liebevoller Wärme den Betrieb des väterlichen Eisenwerkes, wobei ihm der ernste Zweck der Belehrung deutlich vorschwebt. Deshalb ist seine Schilderung nicht nur ansprechend, sondern systematisch Einleitung. geordnet und lehrreich. Er schreibt von sich als einem jugendlichen Dichter. Zu solcher Vollkommenheit in Beherrschung der latei- nischen poetischen Diktion dürfte es der Sohn des Hüttenmeisters von Vandeuvre aber kaum vor etwa dem 25. Lebensjahre gebracht haben, so dass die Zeit, an die sich die Erinnerungen, welche er uns vorführt, knüpfen, gewiss in das erste Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts zurückgehen. Das Gedicht Das Original des Gedichtes des Nicolas Bourbon ist sehr selten. Eine französische Übersetzung desselben von Anton Dufrénoy ist abgedruckt in den Annales des Mines, Ser. III, T. XII, p. 137. Dieser ist folgende Note beigefügt: „Die entlegene Zeit, in welcher das Gedicht des Nicolas Bourbon verfasst wurde, die Genauigkeit, mit welcher die verschiedenen Operationen, die sich auf die Eisen- arbeit beziehen, geschildert sind, haben die Kommissare der Annales des Mines veranlasst, davon eine Übersetzung zu veröffentlichen.“ Eine teilweise Übersetzung hiervon hat Herr Professor Ledebur in dem Jahrbuch für das Berg- und Hütten- wesen im Königreich Sachsen für 1881, S. 99 mitgeteilt. „von der Eisenschmiede“, verfasst 1517 von Nico- laus Bourbon , lautet: „Es war eine Winternacht; schwere Dunkelheit deckte die Erde; die Luft war bewegt, mit Regen überladen; die Winde bliesen mit Heftigkeit; eine schwere Müdigkeit teilte sich den ermatteten Gliedern mit: da erschien mir plötzlich Vulkan im Traume; sein Gesicht war schwarz und schrecklich; wie wenn er eben das Feuer verlassen, rieselte der Schweiss von seinem ganzen Leibe; sein Haupthaar war mit Eisenrost bedeckt und aus seinen wilden Augen zuckten Blitze. Bei ihm waren drei seiner Gesellen, Riesen unglaublicher Gestalt, völlig nackt, des einen Auges beraubt: Cyklopen, wie man sie einst- mals nannte. Sie umstanden Vulkan, während er, der Gott, ohne meinen Schlaf zu unterbrechen, mich mit strafenden Worten ansprach: „Jüngling, Undankbarer, der du deines Vaters und deines Vaterlandes vergisst, warum verlierst du deine Zeit in dieser schmachvollen Un- thätigkeit? Warum vergeudest du unnütz deine besten Tage? Du versündigst dich an dem Namen, an dem Ruhm, an dem Talent deines Vaters, an ihm, der in Frieden seine Eisenarbeiter leitete, in seiner verständigen Umsicht es verstand, ihren Eifer zu erwecken und jede Leistung nach ihrem Verdienst zu belohnen. Unglücklicher! Warum vernachlässigst du so den väterlichen Ackergrund? Weshalb dies un- dankbare Vergessen der Wälder, die du so oft in deiner Jugend ge- schaut, du und deine Kameraden in frohem Spiel mit jungen Mädchen unter ihrem Laubwerk. — Diese Quellen, diese Bäche, welche diese lieblichen Wiesengründe bewässern und deren Gewässer den Schmieden Einleitung. deines Vaters von so grossem Nutzen sind, — die hast du vergessen? Die zauberischen Plätze, deren Anblick selbst die Himmlischen entzückt, sind die deinem Gedächtnis entschwunden? Menschlichen Wünschen scheint es schöner wie das Thal Tempe; es ist weniger bewölkt als die elysischen Inseln, so lieblich ist die Temperatur, so reich und mannigfaltig sind die Erzeugnisse. Also verachtest du dein Vaterland, deine heimischen Penaten, unglückseliges Kind? Dieses Land, so würdig der Musen, soll es nie besungen werden? Soll es ewig in unwürdiger Dunkelheit begraben bleiben? Höre denn, welchen Rat ich dir erteilen will: wenn du klug bist, grabe meine Worte in deines Herzensgrund: ich will, dass du deine Verse dazu weihest, diese Schmiede zu besingen und dass du auf diese Art allen Menschen, die es noch nicht wissen, die Kunst der Ge- winnung des Eisens lehrst, dieses Metalls, so verderblich und doch gleichzeitig so kostbar; des Eisens, das die Quelle so grossen Segens und so grossen Unheils ist, des Lebens und des Todes! Nur mit seiner Hilfe kann man ja den wilden, unkultivierten Boden bearbeiten, um ihn fruchtbar zu machen für reichliche Ernten für die Menschen: die Bäume, die Weinberge, von denen man die wilden Schösslinge weg- schneidet, damit sie von neuem in frischem Grün erstehen und sich mit Frucht bedecken. Mit dem Eisen baut man die Häuser, durchschneidet man die harten Felsen: es ist jedem menschlichen Bedürfnis von Nutzen. Aber anderseits dient es zum Männermord, zu unseligen Kriegen, zur Rache, und geschleudert von Kriegsmaschinen oder von Menschen- händen dient es, den schrecklichen Tod zu beschleunigen. Wohl denn, wenn du in deinem Stolz uns Gehorsam weigerst, so weist du wohl, was du zu fürchten hast für die Heimstätte deines Vaters. Noch nicht lange ist es her, dass du es nur zu sehr erfahren hast, wenn du dich erinnerst der schrecklichen Wirkung unseres Zornes: meine Glut hat deine Verse verzehrt, ich habe das gastfreundliche Haus deines Vaters zur Beute der Flamme werden lassen, ja Gras würde jetzt an der Stätte jener Schmiede wachsen, wenn nicht der gnädige Herrscher des Olympos Einhalt geboten hätte, gerührt durch die Thränen deiner kindlichen Liebe.“ Er sprach’s und gefolgt von seinen Cyklopen verschwand er in dem Schosse der Dunkelheit. Lange Zeit grübelte ich über diese Worte nach, erschüttert von einem Auftrage von so hoher Stelle und ich beschloss, das auszuführen, was mir befohlen war. So beginne ich denn schon heute, denn ich Einleitung. mag damit nicht zögern, nicht, weil ich, o Vulkan, deine Blitze, deine Donner, deine tobenden Stürme fürchtete, aber ich lächle bei dem Gedanken, meine müde Seele für einige Zeit wachzurufen, und ihrem dichterischen Verlangen einen freien Aufschwung zu gestatten. Wolle du gnädig unser Unternehmen begünstigen, du mächtiger Schieds- richter der Welt, du, der einzige geschmückten Hauptes, der mit einem Losungswort uns schützen kann, denn du bist der höchste Gott: ver- leihe deinem jungen Kinde die erforderliche Kraft und Weisheit. — Auf dem Gebiete von Vandeuvre giebt es einen Platz, worauf eine Eisenhütte (ce que nous nommons une forge) sich befindet. Sie liegt am Ufer des Flusses Barse, mitten in Wiesen und in der Nähe eines hohen Turmes, den einst vandalische Krieger errichtet hatten, wie dies die Geschichte und aufgefundene Monumente uns lehren; daher trägt jenes Gebiet den Namen Vandeuvre, dessen Nachbar- gebiet Langres grossen Ruhm erworben hat. Hier ist, wie ich sagte, der Platz, wo die Eisenhütte liegt; hier ist es, wo mein Vater Bour- bon (o möchten die gütigen Götter ihn mir erhalten) die Arbeit leitet. Zunächst wählt er sich Arbeiter aus, die es verstehen, Bäume zu fällen, lange Mühe zu ertragen und die Axt zu führen; diese führt er in den Wald. Die Steinesche, die sich leicht fällen lässt, die wilde Esche, sowie die andern Eschenarten, die Steineiche, die Fichte und die Buche, Baumarten, die schon den Alten zur Feuerung ge- dient haben, stürzen krachend unter den Streichen der Axthiebe. Der ganze Wald hallt davon wieder; Haufen von Holz erheben sich nach allen Seiten hin. Der erfahrene Holzhacker schont das Unter- holz, der unwissende hackt die Stechpalme mit, der Buchs lehnt sich auf: denn die Kohle, aus diesen Hölzern gebrannt, ist zu nichts nütze; und wenn man sie anzünden will, so prasselt sie auf, wie das Holz des Lorbeers, wirft eine leuchtende Flamme aus und erlöscht rasch; die Arbeit aber lässt nach und der Arbeiter schäumt vor Wut. Hat man nun gefunden, dass die Menge des geschlagenen Holzes genügt, so beginnen die Waldbewohner, arme Leute, nur schlecht bekleidet, aber stets zufrieden mit ihrem Los und geübt, Beschwerden zu er- tragen, das Holz zu messen, und die Holzhacker zählen die gefällten Stämme; sie beeifern sich aber, zu prüfen und die genaue Zahl auf- zunehmen, damit sie sich nicht irren bezüglich der Kohle, die sie meinem Vater abliefern, und dass anderseits mein Vater nicht mehr bezahle als sie verdienen. Jetzt sucht ein jeder einen entblössten, völlig trockenen Platz, denn die Kohle brennt sich nicht gut auf feuchtem Boden und verzehrt Einleitung. sich zu Asche. So sucht auch der geschickte Arbeiter die hoch- gelegensten Plätze aus, um das Holz auf völlig trockenem Boden auf- zurichten. Dann baut er einen Holzstoss auf von ungeheurer Masse, breit und rund an der Basis, oben wie eine Pyramide abschliessend. Alsbald bedeckt er dessen Oberfläche mit Eichen- und Buchenblättern, dann mit schwarzer, schwerer Kohlenlösche, so ist das Holz, das davon bedeckt wird, nicht mehr der Luft ausgesetzt. Wenn der Augenblick gekommen ist, das Feuer anzulegen, bedient man sich einer engen Öffnung, die darunter durchläuft und mit Sorgfalt hergestellt ist, die einen Kanal inmitten des Meilers bildet und dazu dient, das Feuer anzulegen; alsdann, sobald dies geschehen, verschliesst er diese Öffnung hermetisch mit Blättern und lettiger Erde; weder Wind noch Luft können eindringen. Das Feuer, indem es mit der Luft in Verbindung zu treten sucht, kriecht langsam, aber vergeblich in das Innere, wobei sich sein Fortschreiten durch lautes Geräusch bemerklich macht. Säulen von Dampf steigen in die Luft auf, so dicht und schwer und von so durchdringendem Geruch, wie die, welche der Tartarus aus- atmet, oder wie der Wirbelwind, den der Sage nach Cacus, der Sohn Vulkans, gegen Herkules ausspie in dem Moment, ehe er den Todes- streich für seinen tempelschänderischen Raub in der Höhle des Berges Aventin durch Herkules empfing. Es ist nötig, dass der Arbeiter sieben Tage und Nächte wacht, damit die Kohlen richtig gebrannt werden, dass er die Regen vorausbeachte und den Wind, der von Süden bläst (Föhn), was der Anblick des Himmels sei und dass er die Sterne beobachtete. Er lasse sich nie täuschen durch den Fuhr- mann und sein träges Gespann, noch durch Orion, welcher die Regen voraussagt, er kenne vollständig die verschiedenen Phasen des Mondes. Während sich das Brennen der Kohle vollzieht, kann sich der Köhler von Zeit zu Zeit ausruhen am Fusse des Meilers. Sobald der Hahn seinen Morgengesang ertönen lässt, kommt seine Frau, um ihn bei seiner Mühe zu unterstützen: sie bringt ihm Knoblauch, Salz, Zwiebel, Öl und einen Schlauch Landwein, sowie ein Stück fetten Speckes. Sie wacht einige Nächte, um dem ermüdeten Gatten Gesellschaft zu leisten, fürchtet nicht teilzunehmen an der Mühe der Nachtwache, sorgt für seine Ruhe, bereitet ihm sein Lager, reinigt seine Hütte (für deren Errichtung er zuvor sorgen muss); unser Mann arbeitet ohne Ermüdung, geniesst seine Ruhe; sie immer vergnügt wie er. Nach Verlauf von sieben Tagen ist das Kohlenbrennen vollständig zu Ende geführt, und man sieht das Feuer aufhören. Dann deckt man den Meiler ab mit der Hilfe von Harken, das Holz erscheint, Beck , Geschichte des Eisens. 2 Einleitung. und hat eine vollständige Umwandlung erfahren. So erscheinen die Holzblöcke, die noch kurze Zeit vorher weiss von Farbe und feucht waren, jetzt schwarz und trocken; indess sind sie nicht vermindert durch die Einwirkung des Feuers, ändern nur die Farbe und be- kommen neue Eigenschaften. Jetzt muss der Fuhrmann kommen (denn der Regen schadet der Kohle), der mit Pferd und Wagen bis nach der Behausung des Eisenschmelzers hinfährt. Hiervon jetzt genug. Und nun wollen wir reden von den Arbeiten der Bergleute (terrassier) und meine Bemerkungen über sie, die mir nicht, trotz meiner Jugend, entgangen sind. So nennt man nämlich die Arbeiter, welche nach unendlicher Mühe und langer Zeit es dahin bringen, die Eisenerze an die Oberfläche zu bringen, die, ohne Unterlass grabend, in die Eingeweide der Erde dringen, um dort die Eisenadern zu finden, die in der Tiefe verborgen sind, und die das Metall empor- ziehen mit Hilfe eines Seiles und einer Maschine, die sich in sich selbst dreht. Ihr könnt nun wohl fragen, wie ich es wissen kann, durch den blossen Anblick des Platzes, ob er Erz enthält? Die Kinder, selbst die Bauern wissen es, denn die rote Farbe zeigt es an, und es giebt keinen so unfruchtbaren Boden, wo man nicht Eisen finden könnte. Aber merkt Euch, was in der Regel das Erz besserer Güte anzeigt, das ist, dass es viel wiegt, dessen Farbe ins Gelbliche spielt, und dass es im Bruche funkelt; dann kann man seiner Güte gewiss sein, und wird sich, wenn man es schmilzt, in seiner Hoffnung nicht täuschen; dann dürfen wir auch eines grossen Überflusses von Eisen versichert sein. Was aber das Erz betrifft, das von leichtem Ge- wicht ist und von blasser Farbe, solches wird vom Feuer verzehrt, wie Mist und lässt im Ofen nichts zurück, als eine Masse fremder Bestand- teile trotz der Hilfe von Blasebälgen, die dabei nichts nützen können. Nun muss man das ganze Erz der gewöhnten Operation, der Waschung, unterziehen; ist es zu dick und zu sehr gemischt, so legt man es erst auf Kohlen, um es zu brennen, nachdem es hiernach in kleine Stücke zerbrochen ist, wäscht man es in einem Wasserlauf, der zu diesem Zwecke hergerichtet ist, alsdann wird es zu dem Auf- gange am Fusse des Ofens gefahren. An dem Ufer des Flusses Barse liegt der Hochofen , wie man ihn nennt, von quadratischer Form, massig aufgeführt, aus gewöhnlichen Steinen, inwendig aber aus sehr harten Sandsteinen gebaut, welche in bewundernswertem Grade der Zerstörung durch die Flamme und Hitze zu widerstehen vermögen. Zwei ungeheure Blasebälge aus Ochsenhaut speisen von der Rück- Einleitung. seite aus den Ofen und gehorchen einem Rade, welches unaufhörlich vom Wasser gedreht wird. Sie bewegen sich und blasen einer nach dem andern, indem sie abwechselnd sich füllen und entleeren, und ihre Bewegungen folgen mit grosser Gleichmässigkeit aufeinander. Vor dem Ofen steht der Schmelzer (denn so ist der Name dieses Arbeiters), er lässt geschickt das Eisen, welches „Gusseisen“ genannt wird, aus dem Ofen fliessen, verlangsamt oder beschleunigt die Be- wegung der Bälge, entfernt mit eisernen Haken die Schlacken und regelt die Glut des Feuers; er sondert das gereinigte Eisen von dem ungereinigten und wacht Tag und Nacht, abgehärtet durch die Arbeit und an alle Mühsale gewöhnt; wie man sagt, schläft er kaum eine halbe Stunde und seine Mühe hört in den zwei Monaten, die man das Eisen in dem Inneren des Ofens lässt, nicht auf. Auf ihm ruht es, die Blasebälge zum Auswechseln der ersten, wenn sie dienst- untauglich geworden sind, instand zu setzen, und die Hitze zu erneuern und das Feuer zu unterhalten. Da strömen feurige Eisenbäche aus dem Ofen; das geschmolzene Metall fliesst unter zischendem Geräusche, Flammenwirbel und Rauch ausstossend, welcher bis zu den Gestirnen sich zu erheben scheint. Also hauchte der Ätna Flammen und Rauch aus, als Encela vergeblich seinen gewaltigen Körper frei zu machen suchte, und mit Mühe nur noch Atem holen konnte bei seinen ver- geblichen Anstrengungen; ein Knall ähnlich dem Donner bricht los; Flammen schlagen sprühend hervor und die Gewässer des Meeres schäumen auf. Während der Arbeit unterstützt ein zweiter Arbeiter den Schmelzer und hat die Aufgabe, frische Kohlen und Erze in den Ofen, sobald ein leerer Raum dort entstanden ist, durch seine weite Gicht zu schütten; dieser Arbeiter verharrt stets oben auf dem Ofen, wie ein treuer Wächter, ähnlich in seiner Gestalt und seinem Äusseren dem Fährmann der Unterwelt; er hat um sich Arbeiter, welche zuvor die Formen machen, von runder und hohler Gestalt aus Lehm, dann giessen sie das Eisen in diese Formen hinein und giessen selbst (unerhörtes Wunder) Bomben (so nennt man diese höllischen Werk- zeuge, dämonische Erfindungen, Zeugnisse der Wut und des Zornes der Götter, schreckliche Waffen, welche Vulkan zum ersten Male den Deutschen in die Hände gegeben hat), ausser diesen giessen sie Mörser, welche dazu dienen, die Mauern niederzuwerfen und Städte und Festungen bis auf ihre Fundamente zu vernichten. Ähnlich dem Blitz, der die Flamme und das Feuer trägt, schleudern diese furcht- baren Maschinen Bomben, deren Wirkung ähnlich der des Don- ners ist. 2* Einleitung. Das Eisen, welches aus dem Ofen kommt, nennt man noch nicht reines Eisen. Bald wird es durch einen andern Arbeiter der aber- maligen Einwirkung des Feuers unterworfen und in einem Ofen ein zweites Mal gereinigt, und er macht es genugsam weich, damit es die Gestalt von Kugeln (Luppen) annimmt. Alsdann erscheinen ge- schickte Arbeiter, es zu glätten und auszustrecken. Sie haben einen ungeheuren Eisenhammer, durch die Gewalt des Wassers getrieben. Sie erhitzen das Eisen noch einmal, indem sie es mit starken Zangen ergreifen und in die Mitte des Feuers halten, um es, wenn es auf Weissglut erhitzt ist, in die Gefässe, zu diesem Zwecke vorgerichtet, zu tauchen. Darin ahmen sie den Chalybern nach, bei welchen der Fluss Bibueras fliesst, dessen Wasser die Natur des Eisens weich macht, geschmeidiger und geeigneter zur Herstellung von Waffen. Hat das Feuer durchgewirkt, bearbeitet man es mit kräftigen Hammer- schlägen. Die ganze Umgegend, Luft, Berge und Wälder hallen davon wieder bis in ihre innersten Tiefen. Dann kann man die Eisenstücke in überraschender Weise sich ausdehnen und die Form langer, dünner Schnüre annehmen sehen; man könnte es für Wachs halten. Wenn das Eisen gut geschmiedet und ausgeschlagen ist, war es die Pflicht meines Vaters, es zum Wochenschlusse sorgfältig zu wiegen. Alsdann sieht man rasch den Köhler, den Platzarbeiter, den Schmelzer, die Schmiede heraneilen; sie versammeln sich freudig zur Empfangnahme des festgesetzten Lohnes und freudig verlassen sie meinen Vater. Mein Vater, um nicht Gefahr zu laufen, irgend einem den rechtmässigen Lohn zu schmälern, führt ein Buch über den Ver- dienst jeglichen Arbeiters; er will weder jemand betrügen, noch von ihm betrogen sein. Solcherart weis er genau, was einem jeglichen zukommt. Die Arbeiter, wenn sie das Geld in der Tasche haben, kommen nun zusammen, um die Mühsale, die sie erlitten, in der Freude eines Mahles zu vergessen. Wein und Fröhlichkeit beleben sie. Dieser trinkt seinem Nachbar zu, welcher gierig an einem Knochen nagt; jener ist zur Erde gesunken, vom Schlafe übermannt, und ermüdet von dem schlechten Wein, den er getrunken. Das Haus erschallt von ihrem Geschrei; eine unerhörte Verwirrung greift Platz; sie schwatzen die verschiedenartigsten Dinge durcheinander. Man möchte glauben, La- pithen vor sich zu sehen, wenn man sieht, wie die Becher durchs Zimmer fliegen, Schlägereien entstehen, wobei Tische umgeworfen werden und oft Blut fliesst. Solchen Aufregungen pflegt sich die länd- liche Bevölkerung zu überlassen, wenn der Wein sie irre führt. Die Folge dieser Ausschweifung aber ist, dass ein einziger Tag die Früchte Einleitung. der Mühen verzehrt, welche sie Tag und Nacht zu ertragen hatten, und sie aufs neue in lange Dürftigkeit versetzt. Aber warum sich erstaunen? Thun sie doch nichts, als den Gewohnheiten und Sitten der Grossen nachzuahmen; denn wenn die Hirten schlafen, verirrt sich die Herde; aber täuschen wir uns nicht, ich will ja nicht sagen, dass ihre Habgier schläft; denn nichts lässt sich vergleichen, ihren Fleiss und ihren Eifer, ihre Einkünfte zu vermehren, die Ungerechtig- keiten zu verteidigen, welche keinen andern Zweck haben, als das arme Volk in ihr Garn fallen zu lassen und sie zum Opfer ihrer ver- brecherischen Ränke zu machen. Doch welche Unklugheit! Warum, armer Bourbon, sprichst du dich aus über diese kühne Freibeuterei? Warum, Unsinniger, suchst du dir nicht die Gunst der Grossen zu fangen? ...... Was mich anlangt, so habe ich bis dahin meinen Gegenstand ausgemalt, ich bin aus Klugheit bei dem Kapitel des Eisens über manche Dinge hinweggegangen, welche wohl unser Interesse verdien- ten; ich habe zahlreiche Einzelheiten weggelassen, die mir einen älteren Dichter als mich und ein umfangreicheres Werk fordern würden. Was die Dinge anlangt, die ich bekannt gegeben habe, so habe ich sie nur leichthin behandelt für den einzigen Zweck, die Jugend zu unterrichten; deshalb, ihr jungen Leute, nehmt dieses kleine Gedicht mit Wohlwollen an, das Gedicht eines Kindes, dieses soll die Einleitung unserer Lieder sein. SCHRIFTSTELLER DES SECHSZEHNTEN JAHRHUNDERTS . Georg Agricola . Wenden wir uns zu dem Leben und Wirken des Mannes, den man mit Recht den Vater der Mineralogie und mit noch höherem Recht den Vater der Metallurgie nennt, der zuerst die reichen Schätze empirischer Kenntnisse auf diesen beiden Gebieten der Naturwissen- schaft mit philosophischem Geist durchdrungen und in lichtvoller Ordnung behandelt hat. Georg Bauer , der als Schriftsteller nach der Sitte der Zeit seinen Namen latinisierte und sich Georgius Agricola Siehe Friedr. Aug. Schmid , Einige Nachrichten über G. Agricolas Leben und Schriften in G. Agricola , Bermannus, Freiberg 1806 und Dr. F. L. Becher , Die Mineralogen Georg Agricola zu Chemnitz und G. A. Werner zu Freiberg. Freiberg 1819. — Vergl. auch Dr. G. H. Jacobi , Der Mineraloge Georgius Agricola und sein Verhältnis zur Wissenschaft seiner Zeit, 1889 und Berg- und Hüttenmännische Zeitung, Juli 1889, S. 37 und Theodor Beck , Civil- inge ieur, Bd. XXXIV, Heft 8. nannte, wurde am 24. März 1494 zu Glauchau in der Grafschaft Schönburg geboren. Er erwarb sich eine gründliche humanistische Vorbildung, doch trat schon früh eine entschiedene Neigung für die Naturwissen- schaften bei ihm zu Tage. Nachdem er sich für das Lehrfach ent- schlossen hatte, wurde er bereits 1518 Rector extraordinarius für die griechische Sprache bei der „grossen Schule“ in Zwickau. Eine grammatische Abhandlung, die er 1520 schrieb, erregte Auf- sehen und brachte ihn mit namhaften Gelehrten in Verbindung, namentlich mit Petrus Mosellanus , der damals als Professor in Leipzig wirkte Siehe den Brief des Petr. Mosellanus an Agricola , der in Schmids Bermannus, S. 2 abgedruckt ist. . Dieser bestärkte Agricola in seinem Streben, sich noch weiter auszubilden. Zu diesem Zweck gab derselbe 1522 seine Stelle in Zwickau auf und bezog die Universität Leipzig als Lektor Georg Agricola. bei Petrus Mosellanus . Dieser Aufenthalt war entscheidend für seine künftige Richtung. Durch seinen eigenen Genius, wie durch den Geist der Zeit zum Studium der Natur hingezogen, widmete er sich der Medizin und der Chemie. Sein Trieb zu noch gründlicherer Ausbildung, sowie des Mosellanus Tod veranlassten ihn, nach zwei- jährigem Aufenthalt im Jahre 1524 Leipzig zu verlassen und in das gelobte Land der Wissenschaften — insonderheit der Naturwissen- schaft — nach Italien zu ziehen. Daselbst verbrachte er über zwei Jahre auf den berühmten Uni- versitäten von Bologna und Padua im eifrigen Studium besonders der Medizin und Philosophie. Agricola erwarb sich dort den medizi- nischen Doktorhut, sowie viele hochgebildete Freunde. Auf seiner Rückreise von Italien kam er, angezogen von den reichen Mineral- schätzen des Erzgebirges, nach der rasch erblühten Bergstadt Joachims- thal in Böhmen, und liess sich auf den Rat von Freunden daselbst als Arzt um so lieber nieder, als er hier die beste Gelegenheit fand, seinem Lieblingsstudium, der Mineralogie, nachzugehen. Sein Inter- esse für die Mineralogie stand in unmittelbarer Verbindung mit seinem medizinischen Beruf. Er war überzeugt, dass ein gründliches Studium der Mineralien das beste Mittel sei, den Arzneischatz zu vermehren und zu verbessern. Er schreibt selbst: „Diese Lücke in der Heil- kunde“ — nämlich, dass man die Heilmittel nicht sorgfältiger studiere, was nur da richtig geschehen könne, wo sie in der Natur vorkämen — „war vorzüglich der Grund, der mich bewog, einen Bergort zu meinem Aufenthalt zu wählen.“ Aber der mächtige Eindruck, den das praktische Leben in dem rührigen, silberreichen Joachimsthal auf ihn machte, weckte bei dem strebsamen Gelehrten ein ganz neues Interesse. Er sah, welche mannigfachen Kenntnisse und welche Erfahrung zur Anlage und zum Betriebe der Bergwerke, zum Ausschmelzen und zur Scheidung der Metalle nötig sind, und er erfasste diese Seite der praktischen Natur- wissenschaft mit dem ganzen Feuer seines strebsamen Geistes. Sieben Jahre blieb er in Joachimsthal, neben medizinischen und klassischen Studien hauptsächlich mit Mineralogie beschäftigt in fast täglichem Umgange mit bergwerkskundigen, praktischen Männern, wie dem Hütten- schreiber Lorenz Bermann und dem reichen Gewerken Bartho- lomäus Bach . Dieser Anregung entsprang die 1528 veröffentlichte originelle Schrift „Bermannus sive de re metallica“, eine in klassi- scher, dialogisierender Form gehaltene lateinische Schrift über Berg- bau und Hüttenkunde. Dieses Büchlein erlebte zahlreiche Auflagen Georg Agricola. und Übersetzungen, darunter die bereits genannte von Schmid (Freiberg 1806). Bermannus erweckt in vieler Hinsicht unser Interesse. Fesselt zunächst die Form, das lebendige Gespräch, so erfreut bald noch mehr der reiche Inhalt und die glückliche Verbindung der klassischen Überlieferung mit der praktischen Gegenwart. Diese ist in genialer Weise durch die dramatische Form erreicht. Bermannus , der Joachimsthaler Freund des Agricola , der erfahrene Praktiker, erörtert die wichtigsten auf Bergbau und Hüttenkunde bezüglichen Fragen, mit zwei in den Schriften der Alten wohlerfahrenen Medizinern Jo- hannes Nävius und Nikolaus Ancon , und obwohl der eine seinen empirischen Standpunkt, die andern beiden die gelehrte Theorie kon- sequent festhalten, finden sie sich doch am Ende immer zusammen, indem die Kenntnisse des einen die der andern ergänzen, bestätigen und erweitern. So soll die kleine Schrift zugleich ein Beweis dafür sein, wie wichtig das Zusammenwirken von Praxis und Theorie ist. Zu- gleich ist sie eine liebenswürdige Huldigung, die Agricola , seinem Freunde Bermann , dem er seine Worte in den Mund gelegt und dessen Namen er dadurch unsterblich gemacht hat, darbringt Nach den Ansichten einiger Biographen des Agricola wären Nävius und Ancon Lehrer oder Freunde des Agricola in Italien gewesen. Dr. Laube ist aber in seiner Vergangenheit Joachimsthals, Prag 1873, der Ansicht, dass es zwei Ärzte in Joachimsthal, von denen der eine sein Nachfolger gewesen ist, waren. . In diesem Büchlein finden wir die Hauptgesichtspunkte aller späteren um- fassenden Werke Agricolas in leichter Weise skizziert. Das gefällige Schriftchen, welches in klassischer Form doch so ganz aus dem praktischen Leben gegriffen war, erregte allgemeines Interesse und den lebhaften Beifall der gelehrtesten Männer jener Zeit, wie dies aus den beiden anerkennenden Briefen des Erasmus von Rotterdam Erasmus schreibt in einem Briefe an den Herrn von Könneritz : „Ich kann kaum sagen, ob ich mich an dem Buch mehr erfreut oder belehrt habe. Ausserordentlich gefiel mir die Originalität der Durchführung, es erfreuen die ein- gestreuten Scherze und sehr angenehm berührt die Einfachheit des Styls, der fast attisch ist: vor Allem aber die Energie, mit der dem Leser die Gegenstände vor Augen geführt werden. Es schien mir nicht, als läse ich von Thälern, Hügeln, Bergwerken und Maschinen, sondern als sähe ich sie, und es fehlte nicht viel, so überkam mich bei der Beschreibung so vieler Silber- und Goldgruben eine Be- gierde nach diesen Dingen.“ und des Petrus Plateanus , welche den zahlreichen späteren Auflagen vor- gedruckt sind, beweisen. Auch für die weitere Entwickelung und die äusseren Lebensschicksale des Agricola war der Erfolg dieses Buches von massgebendem Einfluss. Georg Agricola. Agricola war aber nicht nur Gelehrter, sondern auch ein Mann, der an dem öffentlichen Leben lebhaften Anteil nahm und die Fragen seiner Zeit mit Wärme ergriff. 1529 war Sultan Soliman vor Wien erschienen. 1530 erschien eine geharnischte Schrift Agricolas : Oratio de bello Turcicis inferendo, eine Art Kreuzzugspredigt gegen den Türken, die grossen Anklang fand und die eigentlich der Aus- gangspunkt des für Agricolas Leben so wichtigen Verhältnisses zu dem späteren Kurfürsten Moritz von Sachsen wurde. Auch der Re- formation Luthers hatte er sich anfangs mit Begeisterung zugewandt. Es geschah dies in der Zeit, als er noch Lehrer in Zwickau war. Besonders war ihm, wie allen wohldenkenden Deutschen, der Ablass- kram des römischen Papstes in der Seele verhasst und er trat ihm mit beissenden Epigrammen entgegen Siehe Albin , Meissn. Chronik, S. 355: Si nos injecto salvabit cistula nummo Heu! nimium infelix tu mihi pauper eris! Si nos, Christe, tua servatos morte beasti Jam nihil infelix tu mihi, pauper eris. . Aber dabei blieb er nicht stehen. Wie es sein innerstes Wesen verlangte, allem auf den Grund zu gehen, vertiefte er sich sogar in theologische Studien und schrieb ein Büchlein „von den Überlieferungen der Apostel“, „de traditionibus apostolicis“. Und doch sollte die feindliche Stellung zur Reforma- tion dem nach Wahrheit Strebenden am Abend des Lebens verhäng- nisvoll werden. Der Beifall, den seine Schriften, insbesondere sein Bermannus fanden, lenkten die Blicke seiner Landsleute auf ihn und so entschloss er sich im Jahre 1531, einem Ruf der Bergstadt Chemnitz zu der Stelle eines Stadtphysikus Folge zu leisten. Wahrscheinlich geschah diese Berufung auf Veranlassung des Herzogs von Sachsen selbst, der ihm nicht lange danach auch die Stelle des ersten Historiographen des sächsischen Fürstenhauses (der albertinischen Linie) übertrug. Als solcher verfasste er das genealogische Werk: „Dominatores Saxoniae“. Die Trennung von dem freundlichen Joachimsthal wurde ihm schwer. Aber jetzt erst fand er die Musse, den Schatz der Erkennt- nis, den er dort mit rastlosem Fleisse gesammelt hatte, der Welt in herrlichen Schriftwerken zu offenbaren. Schon 1533 erschien die mehr einleitende Schrift De mensuris et ponderibus, Libri V. Die Reihe berühmter Werke, die ihn unsterblich gemacht haben, begann er aber erst zehn Jahre später zu veröffentlichen, so durchdacht und ausgearbeitet, dass sie in ihrer klassischen Vollendung heute noch unsere Bewunderung erregen. Im Jahre 1544 erschienen die Schriften, die als die Fundamentalwerke der Geologie anzusehen sind: Georg Agricola. De ortu et causis subterraneorum, Libri V (Von der Entstehung und Ursache der unterirdischen Dinge). De fontibus medicatis (Über die Heilquellen). De balneis (Von den Bädern). De natura eorum, quae effluunt exterra (Über die Natur der Erdausströmungen), eine geologische Abhandlung, der eine im Novem- ber 1545 verfasste Widmung an den Kurfürsten Moritz von Sachsen vorgedruckt ist. Hieran reiht sich noch 1548 die sonderbare Schrift: De animanti- bus subterraneis (Von den lebenden Wesen im Inneren der Erde), in welcher die Existenz der Berggeister verfochten wird. Noch gereifter und bedeutungsvoller waren die hierauf folgenden mineralogischen Werke des Agricola , von denen die Schrift De vete- ribus et novis metallis Mit der hochinteressanten Widmung an Georg Commerstadt, in welcher der Autor seinen Lebenslauf und seine wissenschaftlichen Grundsätze in geistvoller Weise und in klassischer Form schildert. mehr eine historische Einleitung ist, in welcher die Geschichte der Kenntnis der Metalle behandelt wird, während das grosse Werk De natura fossilium, Libri X Hiervon giebt es eine deutsche Übersetzung von Ernst Lehmann , welche 1812 bei Cratz und Gerlach in Freiberg erschienen ist. , die zehn Bücher von den Mineralien, die Grundlage der wissenschaftlichen Mineralogie, insbesondere der Oryklognosie geworden ist. Dieses wichtige Werk erschien im Februar 1546 ebenfalls mit einer Widmung an Herzog Moritz von Sachsen. Daneben arbeitete der fleissige Mann ununterbrochen an dem Werke, das am meisten seinen Ruhm begründet hat und das auch für uns das wichtigste ist, an den zehn Büchern De re metallica (über das Hüttenwesen). Es war dies sein Lieblingswerk, an dem er bis zu seinem Tode hämmerte und feilte, dessen Veröffentlichung er aber nicht mehr erlebte. Es war sein Schwanengesang. Obgleich in der Hauptsache schon im Jahre 1550 vollendet, gelangte es erst 1556 nach Agricolas Ableben zum Druck und zwar in Basel, wurde aber in diesem ersten Jahre bereits dreimal aufgelegt. Bis zum Jahre 1614 sind sieben Auflagen davon erschienen, sowie zwei deutsche Übersetzungen, die eine von Philipp Bechius 1580 bei Sigmundt Feyrabend in Frankfurt a. M., die andere 1621 in Basel. Die äusseren Lebensschicksale des grossen Mannes hatten sich leider nicht so gestaltet, wie er es verdient hätte. Selbstlos wie er Georg Agricola. war, opferte er sich für die Allgemeinheit und musste in den letzten Jahren seines Lebens die Bitterkeit der Armut kennen lernen. In noch schmerzlichere Bedrängnis brachte ihn sein Verhältnis zur Reformation. Er hatte der Sturmtrompete von Wittenberg mit derselben Begeisterung gelauscht, wie alle aufgeweckten Geister seiner Zeit. Auch ihm waren Luthers Hammerschläge an der Kirchenthüre zu Wittenberg sympathische Klänge gewesen. Aber die Konsequenzen dieser tief eingreifenden Revolution waren dem gewissenhaften, auf ernstes Studium gerichteten und entschieden konservativen Gelehrten nicht erfreulich. Die Bauernkriege, die er auf die Reformation zu- rückführte, missbilligte er; noch weniger aber konnte der reichstreue Mann sich mit der Auflehnung der protestantischen Fürsten gegen den Kaiser befreunden. Der Schmalkaldische Bund war ihm ein Un- recht. Zu diesen sich mehr und mehr verschärfenden Anschauungen wirkten verschiedene Verhältnisse bestimmend mit. Sein Aufenthalt in Italien und das intime Verhältnis zu seinen katholischen Lehrern mögen schon dazu beigetragen haben, noch mehr sein Verhältnis zu Erasmus von Rotterdam , dem er in freundschaftlicher Verehrung ergeben war, am meisten aber in älteren Jahren seine innigen Bezie- hungen zu Kurfürst Moritz von Sachsen, diesem hochbegabten, ehr- geizigen Fürsten, dessen rege Natur, wissenschaftliches Streben und hochfliegende Pläne Agricola mächtig anzogen. Es bestand zwischen dem jugendlichen Fürsten und dem gereiften Gelehrten ein geradezu freundschaftliches Verhältnis und Agricola hatte seinem Fürsten für viele Wohlthaten zu danken. Kurfürst Moritz gewährte ihm schon bald nach seiner Thronbesteigung, besonders auf die Empfehlung seines vertrauten Rates Dr. Kammerstädt freie Wohnung, einen Jahresgehalt und Steuerfreiheit zur unbehinderten Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Studien. Im Jahre 1546 war Agricola durch die Wahl seiner Mitbürger in Chemnitz nicht nur in den Stadtrat ge- wählt, sondern auch — eine Ausnahme der Regel — sofort zum Bürgermeister ernannt worden. Dieses Ehrenamt wurde ihm dreimal von neuem übertragen, ein Beweis, wie sehr ihn trotz abweichender Religionsansichten seine Mitbürger achteten. Aber in der Konflikts- zeit wurde er der streng protestantisch gesinnten Bürgerschaft ver- dächtig und infolgedessen nach vielen Verdriesslichkeiten trotz sechsjähriger tadelloser Amtsführung im Jahre 1552 seines Amtes entsetzt. Die hauptsächliche Veranlassung hierzu war sein persön- liches Verhältnis zu Kurfürst Moritz und seine laute Verurteilung der schmalkaldischen Wirren. Agricola stand fest und unerschüt- Georg Agricola. terlich auf der Seite des Kaisers und zwar mit solcher Begeisterung, dass er als betagter Mann noch zu den Waffen griff und sich dem Heere Karls V. gegen die aufrührerischen Böhmen anschloss, „zur Bewährung seiner volkstümlichen Treue mit Hinterlassung seiner Kinder und schwangeren Gattin, ja mit Aufopferung seiner Habe“, wie er selbst schreibt. Die Chemnitzer dagegen hielten es mit dem Schmalkaldischen Bunde und mit dem Kurfürsten Johann Friederich. Diesem war es 1547 kurz vor der Schlacht von Mühlhausen gelungen, die Stadt Chemnitz in seine Hände zu bekommen. Als dann Herzog Moritz nach der Schlacht vor den Thoren erschien, verliess Agricola die Stadt und zog mit diesem, ein Schritt, den man ihm nachmals in gehässiger Weise als Feigheit oder gar als Verrat an der Stadt aus- gelegt hat. In Wahrheit war Agricola nicht nur ein guter Deut- scher, sondern auch ein guter Sachse, was er dadurch bewies, dass er, als ihn im Jahre 1534 Herzog Heinrich der Jüngere von Braun- schweig unter fürstlichen Versprechungen zur Mithilfe der Wieder- aufnahme des Berg- und Hüttenwesens im Harze einlud, er diesen Ruf dankend ablehnte. Seine Opposition gegen die reformatorischen Bestrebungen, wo- durch er sich so vielen Verdruss schuf, verdient achtungsvolle Beur- teilung, denn sie entsprang bei ihm nur aus edler Vaterlandsliebe. So warm er sich anfangs der Bewegung zur Abstellung der Missbräuche in den katholischen Kirchen angeschlossen hatte, so sehr beklagte er nachmals die politische Uneinigkeit, die infolge derselben in Deutsch- land eingerissen war. Er hoffte auf Herzog Moritz als Wiederhersteller der deutschen Einheit. In diesem Sinne schrieb er in der Zueignung seines Werkes De natura eorum quae effluunt ex terra bereits 1545 an den Fürsten: „Mögest du und dein Bruder, die Ihr von Gottes- furcht erwärmt seid, beten, dass er unser durch Religionsirrungen gespaltenes Deutschland wieder zu seiner früheren Eintracht zurück- führe.“ Der sektiererische Geist, der in Deutschland immer mehr um sich griff, war ihm ein Greuel. Er konnte nicht einsehen, wie es ver- schiedene Arten des Christentums geben könne. Ihm war die christ- liche Religion etwas viel Höheres als das Bekenntnis, und so blieb es ihm unverständlich, warum sich diese nicht in der alten Form be- kennen lassen solle. Die leidenschaftliche Wut gegen die ihm ehr- würdigen Formen der früheren Gottesverehrung, die Spaltungen und die Zwietracht, welche die Reformation bewirkt hatten, erschienen ihm als ein Unglück, als ein Attentat gegen die Kultur. Kurz, er Georg Agricola. sah diese weltbewegende Zeitfrage von dem Standpunkte des Patrioten und des von humanistischem Geiste erfüllten Katholiken an. Schon als Herzog Heinrich der Fromme, des nachmaligen Kur- fürsten Moritz Vater, an die Regierung gekommen war, und die Lutheraner bevorzugte, wurde Agricola wegen seines Festhaltens am Katholizismus eine förmliche Verwarnung erteilt. Hierzu bemerkt ein zeitgenössischer Biograph Melchior Adam : „Viele unbedacht- same Schritte mancher lutherischen Gelehrten und Schriftsteller, ein ärgerliches Leben vieler neuen Anhänger der gereinigten Lehre, die fanatischen Greuel des Bauernkrieges und der Bilderstürmer, die durch die Kirchenverbesserung erfolgte schnelle Abstellung alles Gepränges bei kirchlichen Gebräuchen hätten ihn nie zur evangelischen Bekehrung vermögen können.“ Es war ein achtungswerter Mut, dass er in dieser Zeit, trotz aller äusseren Verlockungen seinem strengen Gewissen folgend, dem Katholizismus auch im äusserlichen Bekennt- nis treu blieb. Wohl aber verbitterten die Kränkung seiner Absetzung als Bürgermeister wegen seiner religiösen Anschauung, und der Hohn und Spott, den er ertragen musste, die letzten Jahre seines Lebens und beschleunigten seinen Tod. Der als Gelehrter so milde Mann konnte sich im Kreise von Freunden und Mitbürgern nicht immer die Mässi- gung abgewinnen, frivolen Spott schweigend zu ertragen und es gab eine feige Clique in Chemnitz, die sich förmlich ein Geschäft daraus machte, den alten Herrn zu reizen. Es lag dann in seinem Wesen aufzubrausen und heftig seine Meinung zu verfechten. Diese unbe- schränkten, lauten Bekenntnisse bei einem Disput dieser Art sollen auch seinen frühen plötzlichen Tod herbeigeführt haben, und schmach- voll war die Behandlung, welche der edle Mann noch nach dem Tode von seinen Mitbürgern zu erdulden hatte. Am 21. November 1555 geschah es, dass Agricola ganz unerwartet während eines heftigen mündlichen Zwistes in einer Gesellschaft mit Neuprotestanten von einem Schlagfluss getroffen dahinstarb. Diese beklagenswerte Veran- lassung seines Todes erweckte erst recht den Hass und den Ingrimm der neugeordneten evangelischen Behörden von Chemnitz, und da sie den Lebenden nicht anzufassen gewagt hatten, rächten sie sich an dem Toten, indem sie ihm ein ehrliches Begräbnis verweigerten. Ihm als früherem Bürgermeister und kurfürstlichem Historiographen und Pensionär mit freier Wohnung hätte nach altem Herkommen eine Grabstätte in der Hauptkirche gebührt, statt dessen entschied der Pastor Herr Johann Tettelbach , dass ihm eine jede Beerdigung auf städtischem Gebiete zu versagen sei. So lag denn der Leichnam Georg Agricola. Agricolas fast fünf Tage unbeerdigt, wie der eines Verfluchten, bis sich die wenigen Freunde des Verewigten an den damaligen Bischof Julius von Pflug in Zeitz, sieben Meilen von Chemnitz, wendeten. Dieser gewährte der Hülle des grossen Mannes eine anständige Ruhe- stätte in der dortigen Stiftskirche mit friedlicher Abholung und allem Gepränge, wie es der katholische Ritus vorschreibt. Dies erfolgte aber erst am sechsten Tage nach seinem Hinscheiden, Mittwoch nach Katharina im Jahre 1555. Auf seinem Grabe wurde ein schöner Denkstein mit Inschrift errichtet. Sie lautet: „D. O. M. Giorgio Agricolae, Medicinae Doctori et Cons. Chem- nicensi, viro pietate atque doctrina insigni, deque Republica sua optime merito, cujus nomen scripta, quae reliquit, praeclara, immor- talitati consecrarunt. Spiritum autem Christus in sua illa aeterna tabernacula transtulit. Uxor et Liberi lugentes F. C. Mortuus est aetatis suae 62. 10 calend. Nov. Anno post Chri- stum natum 1555.“ Es ist ein melancholisches Schicksal, dass oft die besten Männer von den Nächststehenden ihrer Zeit nicht verstanden werden, denn während der Leichnam des Georg Agricola solche Schmach seitens seiner Mitbürger erfuhr, war sein Ruhm als Gelehrter schon über das ganze gebildete Europa verbreitet. Und wie begründet dieser Ruhm war, dafür spricht der Umstand, dass er bis zu unserer Zeit nicht abgenommen hat. Er war einer der grössten Naturphilosophen, die je gelebt haben. Unübertroffen ist er in seinen Schriften durch die wunderbare Durchdringung von Praxis und Theorie. Die Empirie, die damals allein die Technik und selbst die Naturwissenschaft be- herrschte, genügte ihm nicht, er strebte nach systematischer Behand- lung, besonders der Mineralogie und Metallurgie. Dabei sind seine Schriften klassisch in Ausdruck und Form, lebendig und kernig, anmutig und kräftig, scharfsinnig und originell. Gesner , mit dem er in wissenschaftlichem Verkehre stand, nennt Agricola den deut- schen Plinius. Melanchthon schreibt von ihm: Argenti venas olim celebravit Albertus Magnus Sed hunc longe vicit Georgius Agricola Medicus. In einem der Lobgedichte, die sein Freund und Landsmann Georg Fabricius nach seinem Tode auf ihn verfasste, heisst es: Georg Agricola. Viderat Agricolae , Phoebo monstrante libellos Jupiter et tales edidit ore sonos: „Ex ipso hic terrae thesaurus eruet Ores Et fratris pandet tertia regna mei!“ Ein anderer hervorragender Zeitgenosse, Joh. Bodinus schreibt über ihn J. Bodinus , meth. hist., p. 161. : Metallicam disciplinam ita tractavit Georg. Agricola , homo Germanus, ut Aristoteles ac Plinius in eo genere nihil intellexisse videantur. Und ähnlich schreibt Thuanus , der ihn unter den grossen, klassischen Schriftstellern aufführt: Er hat in diesem Jahrhundert über Bergwerkswesen, Fossilien und unterirdische Geschöpfe mit solcher Sorgfalt geschrieben, dass er in dieser Gattung die Alten übertraf. Dabei durchweht seine Schriften bei aller Lebhaftigkeit des Aus- druckes ein Geist ruhiger Objektivität, wie er nur umfassendem Wissen, verbunden mit dem reinen Streben nach Wahrheit, eigen ist und sein Urteil der Geist der Gerechtigkeit und Mässigung. Er sagt selbst an einer Stelle: „Wenn ich die Ergebnisse meiner Forschung schriftlich mitteile, bin ich wohl zuweilen genötigt, mit einigem Nach- druck die Schriften anderer zu bekämpfen und zu widerlegen, aber wahrlich nicht aus unredlicher Absicht, achtungswerte Männer herab- zusetzen, Männer, welche der Erforschung der Natur so viele Zeit und Mühe geopfert haben, sondern im Feuereifer, die schwarzen Nebel zu zerstreuen, welche unsere Kenntnisse von der unterirdischen Natur umhüllen und ein neues Licht darüber anzuzünden. Erreiche ich diesen Zweck nicht ganz, stifte ich durch meine Arbeit nicht den ge- hofften Nutzen, so ist es dem heiligen Dunkel zuzuschreiben, hinter welchem die Natur vorzüglich die Gegenstände im Inneren des Erd- körpers verbirgt.“ Dass ein Arzt der erste Lehrer der Bergbau- und Hüttenkunde wurde, kann uns nicht wunder nehmen. Die einzelnen Disziplinen der Naturwissenschaft waren zu jener Zeit noch nicht getrennt, das Studium der Medizin umfasste sie alle. Agricolas Genie lenkte sich aber mit Vorliebe der praktischen Naturforschung zu und er ver- teidigt die Würde derselben mit Nachdruck. „Multi habent hanc opinionem, rem metallicam fortuitum quiddam esse et sordidum opus, atque omnino ejusmodi negotium, quod non tam artis indigeat, quam Georg Agricola. laboris.“ Und an einer andern Stelle: „Metallicus sic oportet mul- tarum artium et disciplinarum non ignarus.“ Dies schrieb er hauptsächlich gegenüber dem hochmütigen Dünkel derjenigen, die ihre schwindelhafte Mystik für etwas Höheres hielten, als die praktische Naturwissenschaft, und deren unwahrhaftige Hohl- heit Agricola mit scharfen Worten geisselte. Er stand klar und fest auf dem Boden der Beobachtung; die Spekulation ohne diese Grundlage verwarf er, nur was er selbst gesehen und erkannt hat, will er beschreiben: „Sic sane a me id praetermissum, quod nec ipse vidi, neque legi, nec ex hominibus fide dignio cognovi; id profecto, quod non vel vidi, vel lectum aut auditum suspendi, non est scriptum .“ Von diesem Geist des wahren Naturforschers erfüllt, schrieb er seine Werke Ausser den bereits angeführten noch eine medizinische Schrift „De peste“. Basel 1552. , schrieb er besonders seine zwölf Bücher De re metal- lica. Dieses Werk ist für uns das wichtigste. Wir haben bereits er- wähnt, dass es erst nach seinem Tode im Jahre 1556 im Druck erschien, obgleich die Widmung desselben an Kurfürst Moritz und Herzog August von Sachsen schon von 1550 datiert ist. Jedenfalls feilte der ge- wissenhafte Mann noch immer an diesem seinem Lieblingswerk, denn das Horazische decem prematur in annis war auch sein Grundsatz. Ja , so vollendet das Werk vor uns liegt, so scheinen doch noch Ab- schnitte darin zu fehlen, wie dies aus einer Stelle hervorgeht, in der er sagt, die Beschreibung der Formerkunst werde er in seinem Werke „De re metallica“ geben; — diese ist er aber schuldig geblieben. In der Widmung führt er zunächst die Bedeutung des Bergbaus besonders mit Hinweis auf die Landwirtschaft aus. Freilich, fährt er fort, sei es weit schwerer für ihn, über den Bergbau zu handeln als dem Columella — dessen Werk De re rustica, Libri XII ihm als Vorbild gedient zu haben scheint und dem er Titel und Einteilung nachbildete — über die Landwirtschaft. Denn Columella habe noch mehr als 50 griechische Schriften und 10 lateinische Werke als Quellen benutzen können, während ihm von klassischen Schriften nur die Bücher des Plinius zum Studium hätten dienen können. „In unserer Sprache sind aber nur zwei Schriften verfasst, die eine „„über die Aufsuchung der Metalle und metallischen Stoffe““, sehr verworren und von unbekanntem Autor, die andere handelt über die Erzgänge, über welche auch der Engländer Pandulphus gehandelt Georg Agricola. haben soll. Diese deutsche Schrift verfasste Kalb aus Freiberg, ein nicht ununterrichteter Arzt.“ Doch spricht Agricola auch von dieser Schrift geringschätzig. Beide sind wohl gänzlich verloren gegangen. Dagegen rühmt er das Werk des Italieners Vanuccio Biringuccio , das ihm genau bekannt war und das er, wie er bemerkt, zum Teil benutzt habe. Er erwähnt noch, dass er dieses Buch von Franziscus Bodoarius, einem Patrizier Venedigs und einem sehr gelehrten und würdigen Mann, zum Geschenk erhalten habe. Agricolas Werk De re metallica zerfällt in zwölf Bücher. Während das erste eine allgemeine Betrachtung über die Bedeutung der Erz- gewinnung giebt, handeln die fünf folgenden vom Vorkommen der Erze und vom Bergbau, das siebente von der Probierkunst, das achte vom Waschen, Aufbereiten und Rösten der Erze, das neunte von den Schmelzprozessen und Schmelzvorrichtungen im allgemeinen, das zehnte von der Scheidung von Gold und Silber und von der des Bleies von beiden, das elfte hauptsächlich von der Gewinnung des Silbers aus den Erzen, das zwölfte endlich behandelt die Bereitung des Salzes, des Salpeters, des Alauns u. s. w. Über die Darstellung von Eisen und Stahl ist nur kurz im neun- ten Buche, in dem alle Schmelzverfahren zusammengestellt sind, Nach- richt gegeben. Überhaupt sind die Mitteilungen über das Eisen weniger ausführlich, als wie über die andern Metalle. Es ist das für uns sehr zu beklagen, aber nicht verwunderlich, da in jener Zeit das Eisen trotz des gestiegenen und immer steigenden Bedarfes noch das Stiefkind unter den Metallen war. Es wurde an vielen Plätzen, aber meist in wenig umfangreichen Betrieben gewonnen, von Leuten, die ihre Arbeit ganz empirisch betrieben, vielfach sogar noch von den Bauern als Nebengewerbe. Das Ausschmelzen des Eisens schien so einfach zu sein, seine Verarbeitung aus einer Reihe vererbter Hand- griffe zu bestehen, so dass es das Interesse der Gelehrten nicht auf sich zog und auch die Habsucht der Besitzenden, namentlich der Fürsten nur in geringem Grade reizte. Dennoch sind die Mitteilungen Agricolas über das Eisen inhalts- reicher und bedeutender, als man gewöhnlich annimmt, man muss sich nur nicht mit den zwei kurzen Abschnitten über die Eisen- und Stahlbereitung im neunten Buche der Metallurgie, wie dies gewöhn- lich geschieht, begnügen, sondern sämtliche auf das Eisen bezügliche Stellen, die in den verschiedenen Werken zerstreut sind, zusammen- stellen. Wir wollen dies in systematischer Weise zu thun versuchen und die Stellen wörtlich nach dem lateinischen Originaltext wieder- Beck , Geschichte des Eisens. 3 Georg Agricola. geben. Es wird sich dann zeigen, dass Agricolas Kenntnisse vom Eisen doch recht umfassend waren und dass uns über dasselbe ausser von Vanuccio Biringuccio , nichts Besseres geschrieben worden ist bis zu den Schriften von Reaumur und Swedenborg im vorigen Jahrhundert. Auch in betreff des Eisens blieben die Werke Agri- colas die wichtigste Quelle der Erkenntnis der Gebildeten während der folgenden zwei Jahrhunderte. Über die erste Erfindung des Eisens findet sich im ersten Buche de veteribus et novis metallis folgende sorgfältige Zusammenstellung aus den klassischen Schriften des Altertums: Die Telchinen, welche aus Kreta zuerst nach Cypern und dann nach Rhodus kamen, betrieben sowohl Eisen- als auch Kupferwerke. Aber in Asien haben die Chalyber zuerst das Eisen erfunden: in Kreta wiederum Faunus und die Diktäer, wie Herodot schreibt, jener im Gebirge Dicta, diese im Ida. Eine Eisenwerkstätte erfanden auch die Cyklopen, welche berühmte Erz- und Eisenschmiede waren: die Lötung des Eisens ersann Glaukos von Chios: die Kunst des Giessens Theodoros von Samos. Aber Cynira , der Sohn der Agriopa, erfand die Zange, den Hammer, den Rengel und den Amboss, wie Diodor von Sizilien berichtet. Andere aber lehren, dass Vulkan die Kunst der Bereitung des Eisens, Erzes, Goldes, Silbers, kurz aller Metalle für den Gebrauch der Menschen, die des Feuers bedürfen, zuerst erfunden und gelehrt habe. Weshalb die Arbeiter in diesen Dingen jenem Gott ihre Gelübde und Opfer darbringen: und das Feuer zur ewigen Erinnerung an die von ihm empfangene Wohlthat mit dem Namen des Vulkan benennen: wie die Soldaten den Krieg Mars, weil er die ersten Waffen bereitet und die ersten Kriege ge- führt habe. Über die geographische Verbreitung des Eisens und über die wichtigsten Plätze, wo Eisen gewonnen wird, giebt das zweite Buch desselben Werkes eine ausführliche und interessante Zusammenstellung, die um so wichtiger ist, als darin auch Bemerkungen über die Ver- wendung des Eisens in einzelnen Gegenden eingestreut werden, die von technischer Bedeutung sind. Von den alten und neuen Metallen. 2. Buch. Es bleibt noch das Eisen übrig, mit dessen Erzen alle Gebirgs- gegenden angefüllt sind. Die Hügel Britanniens erzeugen es, wie Strabo schreibt: das diesseitige Spanien, wie das ganze Gebiet der Pyrenäen, nach Plinius , der ferner berichtet, dass in dem seewärts Georg Agricola. gelegenen Kantabrien, da, wo der Ozean die Küste bespült, ein Berg hoch und steil hervorragt, der — unglaublich zu sagen — ganz aus diesem Stoff besteht. Sodann befinden sich bei Perigord und Bourges in Gallien Hütten, in denen Eisen dargestellt wird. In Deutschland findet sich, wie ich schon im vorhergehenden Buche erwähnt habe, Eisen in den böhmisch-mährischen Bergen (Luna sylva), wie Ptolo- mäus schreibt: dieses gruben nach Cornelius Tacitus die Gothinen. Dann kommt Steyermark (Noricum), dessen Eisen von den Versen der Dichter besungen wird. So Ovid : „Härter noch als Eisen, geschmolzen in norischem Feuer.“ Weiter- hin liegt im Tyrrhenischen Meer Elba: „Die Insel gesegnet mit un- erschöpflichem Metall der Chalyber.“ Diese nennen die Griechen Äthalia und von ihr erzählen sie, wie auch die Latiner, dass das Eisen wieder wachse. Aber Varro hat berichtet, dass alles in Stäbe ge- streckt werden könne, was nach Populonia, einer tuskischen Stadt, hinübergebracht werde. Fernerhin gruben die Diktäer auf Kreta Eisen. Sodann war, wie Strabo erzählt, Kupfer und Eisen gemein im lilandischen Felde auf Euböa. Aber in Asien fand man Eisenerze bei Andira: im Gebiete der Chalyber: in den Gebirgen Palästinas, die nach Arabien zu schauen: in Carmanien. Und wie in Europa das norische und hispanische Eisen am meisten in den Liedern der Dichter gepriesen wird, so in Asien das chalybische. Deshalb haben dieselben Dichter den Namen Chalybien oft für Eisen missbraucht. In Afrika aber findet sich Eisen auf der Insel Meroe. Weil nun in allen gebirgigen Gegenden Eisen im Überfluss vor- kommt, so will ich nur die Erzgebiete anführen, die in unserer Zeit in grösster Blüte stehen. Es giebt jetzt auch bei den Schotten, die in Britannien wohnen, wie in Spanien und Frankreich viel und gutes Eisen. Ebenso in Deutschland in der Gegend, die man die Eifel nennt, und zwar im Gebiete des Grafen von Manderscheid. Woselbst auch eiserne Öfen, die wir in den Warmräumen gebrauchen, gegossen werden. Die Art und Weise, wie diese gegossen werden, will ich in den Büchern über die Metalle beschreiben. (Ist aber leider nicht geschehen!) Aber noch an vielen andern Plätzen des grossen Deutschland wird dieses Metall dargestellt, welche einzeln aufzuführen mir unnötig erscheint, weshalb ich nur die besonders hervorragenden anführen will. So wird im Harz bei Muckshol, welches etwa 12000 Schritt von Nordhausen entfernt liegt, Eisenstein gegraben, welcher nahezu abgebaut zu sein scheint, und der Mennige ähnlich erscheint. In Hessen ist bei Waldungen Überfluss an Eisenstein, sowie bei der 3* Georg Agricola. Stadt Siegen und im ganzen Sauerland, nach der kölnischen Seite zu, wo ebenfalls eiserne Öfen gegossen werden. Sodann hat der Thüringer Wald (sylva Semana) sehr viel Eisen- erz: noch mehr das norische Land diesseits der Donau, wo an Güte die Erze bei Amberg gegen Sulzbach zu nicht weniger vortrefflich sind. Ferner wird an vielen Orten im Fichtelgebirge Eisen gegraben, ganz besonders bei Wunsiedel: im Elbogenschen (in Böhmen) bei der Lessau-Mark: im Meissnischen, insbesondere bei dem Dorf Pela, da, wo man nach rechts hin in das reiche Joachimsthal kommt, welches Bergwerk von seinem Entdecker Burkart und dem abschüssigen Ort seinen Namen hat. Sodann das zwischen dem Wald von Rascha und dem Kloster von Grünhain, welches man den Memmeler nennt: aber das beste soll das bei Lauenstein und Giesshübel sein, wo auch eiserne Öfen gegossen werden. Es ist nicht weit von Pirna gegen Süden ge- legen. Bei Sagan in Schlesien wird auf Wiesen Eisenstein gegraben, vermittelst zwei Fuss tiefer Schürfe. Tiefer darf man der Wasser wegen nicht niedergehen. Nach zehn Jahren wird das wieder erzeugte Eisen von neuem gegraben, gerade wie das elbanische, das ebenso sehr schwer ist. Weit voran steht aber das schwedische, welches Osemund genannt wird. Es wird in Upland gegraben, in einem Wald, der von Kupferthal bis zum Hafen Tuna sich erstreckt: ferner in Ostgot- land bei dem Dorf Advidha: bei der Stadt Tingualla an der Grenze Schwedens und Norwegens: in Norwegen zwischen Socnadal und Osterdal und im Gebiet Tillemarchia, drei Meilensteine von der Stadt Schida (in Drontheim?). Endlich wird in Norikum nicht weniger und häufig Stahleisen reichlich gewonnen und dargestellt, zumeist in Kärnten und Vordernberg. Doch nun auch genug vom Eisen. Von den Eisenerzen berichtet Agricola ausführlich in seinem grössten mineralogischen Werke „De natura fossilium“, allerdings ohne Berücksichtigung des hüttenmännischen Standpunktes. Wir geben in dem Folgenden einen Auszug seiner zum Teil sehr weit- läufigen Mitteilungen. Über den Eisenrost sagt er im dritten Buche: „Der Eisenrost (Hammerschlag) ist sozusagen eine Ausscheidung des metallischen Eisens. Der Eisenrost wird in der Erde ebenso selten ge- funden, als das gediegene Eisen . Man nennt ihn im Lateinischen bald ferrugo, bald rubigo. Ersteres, weil er sich wie ein Ausschlag an das nass gemachte Eisen anlegt; letzteres, weil seine dunkle Farbe ins Rötliche schielt. Daher ihn auch einige rot, andere schwarz Georg Agricola. nennen. Er ist ebenso adstringierend, aber weniger ätzend als der Vitriol. Die Schuhmacher bedienen sich seiner zum Schwärzen des Leders. Aus der Wäsche und den Kleidern sind Rostflecken schwer herauszubringen.“ Ausführlich handelt dann Agricola über die wichtigsten Eisen- miner im fünften Buche. Er giebt darin zunächst eine allgemeine Einteilung aller Steine in vier Geschlechter: 1. Eigentliche oder gemeine Steine (Magnetstein, Hämatit, Gips etc.). 2. Edelsteine (Diamant, Smaragd etc.). 3. Marmorarten (die sich schleifen lassen). 4. Fels- und Gebirgsarten (Sandstein, Kalkstein). Zu dem ersten Geschlechte rechnet er den Magnetstein (Magnes), über den er sehr eingehend berichtet: „Der Magnetstein ist wegen seiner wunderbaren Kraft, das Eisen an sich zu ziehen, unter allen Steinen der berühmteste und bekannteste. Die Griechen haben ihm die Namen: Magnes, magnetes, heraklischer Stein und Siderit bei- gelegt. Magnes und Magnetes wird er genannt nach seinem Ent- decker, der ihn auf dem Ida fand — eine Mutmassung des Nikan- der , wie Plinius berichtet —, oder nach der asiatischen Provinz Magnesia, einem Hauptfundort desselben. Deshalb singt Lucretius von ihm: Quem Magneta vocant patrio de nomine Graii, Magnetum quia sit patriis in finibus ortus. Die Benennung „heraklischer Stein“ bezieht sich entweder auf die Stadt Heraklea oder auf den Herakles. Denn wie Herakles die grässlichen, unbändigen Ungeheuer bezwang, so zieht der Magnet das Eisen, den Besieger aller Körper auf Erden, an sich und hält ihn gefangen. Diese Kraft erwarb ihm auch den Namen Siderit. Der Magnet hat das Ansehen des polierten Eisens und bricht auch ge- wöhnlich auf Eisensteingruben, freilich nur auf wenigen, denn ihrer giebt es bekanntermassen sehr viele. Es sind entweder kleine Stückchen davon in dem Eisenerz eingeschlossen oder er bildet mäch- tigere und grössere Mittel.“ Unter den Fundorten, die er nun auf- führt, erwähnt er die spanische Provinz Kantabrien, eine nordische Insel, nicht weit von Lappland, verschiedene Plätze in Deutschland, sowie Magnesia, „linkerhand vom See Böbeis“ und andere mehr. Nachdem er die wichtigsten physikalischen Kennzeichen: Farbe, Festig- keit und Schwere beschrieben hat, fährt er fort: „Einige Magnete Georg Agricola. ziehen das Eisen stark an, andere schwach; jener heisst weiblicher Magnet.“ — „Der ganz gute Magnet begnügt sich nicht damit, das Eisen an sich zu ziehen und festzuhalten; er teilt sogar diese Kraft dem Eisen mit, so dass dieses nunmehr selbst anderes Eisen an sich zu ziehen und festzuhalten vermag. Wenn man mehrere eiserne Ringe auf einem Tisch herumstreut und hält einen magnetischen Ring dar- über, so zieht dieser dieselben an, so dass sie an ihm herabhängen. Ein Magnet, den man einem eisernen Ringe nahe bringt, teilt letz- terem die magnetische Kraft mit, so dass dieser Ring einen zweiten, der zweite einen dritten und so ferner anzuziehen vermag; in wel- chem Falle dann die Ringe reihenweise und wie die Glieder einer Kette aneinander hängen, ohne dass einer in den andern verschlun- gen ist. Von diesen Ringen hängt jedoch der erste am festesten und die folgenden immer lockerer, bis sie zuletzt gar nicht mehr halten. Diese Erscheinung hat von jeher die grösste Bewunderung erweckt. Das gemeine Volk pflegte zu Plinius’ Zeiten das magnetische Eisen „lebendiges Eisen“ (ferrum vivum) zu nennen. Empedokles , ein Philosoph aus Agrigent, soll dem Magnet eine Seele beigelegt haben. — Die Theologen halten die Ursache dieser Kräfte des Magnetes für übernatürlich, die Ärzte für natürlich, obgleich unerklärbar.“ Nun folgt eine Aufzählung scheinbarer Wunder, die mit dem Magnet auszuführen sind, so z. B. die eiserne Kugel, die von einem Spiegel, durch einen verborgenen Magnet, angezogen wird, dann die schwebende Figur im Serapistempel zu Alexandria und endlich der bekannte Versuch des Baumeisters Dinokrates (der aber nicht gelang), ein magnetisches Gewölbe in einem Tempel der Arsinoe so zu konstruieren, dass das Bild der Göttin im Mittelpunkte ganz frei schweben sollte. Hieran knüpft Agricola verschiedene anekdotenhafte Berichte über die Entdeckung des Magneten, wie Bergleute, welche ihr Gezähe in der Grube zurückgelassen, am andern Tage ihre Schlägel und Eisen nicht mehr an ihrem Platze, sondern an der Decke hängend gefunden hätten, sowie die bekannten arabischen Märchen von den Magnetinseln. Von dem ökonomischen Gebrauche des Magneten er- wähnt er, dass, nach Angabe des Plinius , die Glaser sich ehemals des Magnetes bedient hätten, weil sie glaubten, dass er die Kiesel- feuchtigkeit ebenso an sich ziehe, wie das Eisen. Auch die Ärzte machten Gebrauch davon, wie man beim Galen und Dioskorides nachlesen könne. Des Kompasses bedienten sich die Schiffer und die Bergleute. Gebrannt nähme er die Farbe des Hämatites an, wofür man Georg Agricola. ihn auch ehemals verkauft habe. Nachdem er noch den Stein „thea- medes“, der eine dem Magnet entgegengesetzte Natur habe, so dass er das Eisen abstosse, statt anziehe, und der beiden indischen Inseln, auf deren einer der, welcher Nägel an den Schuhen hat, hängen bleibe, während er auf der andern den Fuss nicht aufzusetzen ver- mag, erwähnt hat, wendet er sich zu den dem Magnetstein verwandten Steinarten, dem Hämatitos und dem Schistos. Was er über diese sagt, lassen wir wörtlich folgen: In den Eisengruben, oft aber auch in eigenen, findet man Hä- matite und Schistos (Blutsteine und Glaskopf oder Faserstein), zwei (unter sich und dem Magnet) verwandte Steine, die auch aus derselben Materie verdichtet sind und nur in der Gestalt und in einigen andern Eigenschaften voneinander abweichen. Hämatite werden sie genannt, teils weil sie die Farbe des Blutes haben, wie dies Galen , der darin dem Theophrast folgt, bemerkt: teils weil sie, wie einer oder der andere meint, am Schleifsteine gerieben einen blutroten Saft geben. Der Schistos aber wird so genannt, nicht weil er gespalten oder leicht spaltbar wäre, denn das ist er nicht, sondern weil er aussieht, als sei er gespalten (d. h. von faseriger Struktur). Seine einzelnen Teile sind so zusammengesetzt, als seien sie gerade wie Holz zusammen- gewachsen, ähnlich wie bei dem Salmiak. Viele Gegenden Deutschlands erzeugen diese Steinarten, so Sach- sen in der Hildesheimer Gegend, jenseits des Moritzbergs, und zwar in Quadern. In demselben Sachsen beim vierten Meilensteine von Goslar, da, wo man nach dem Berge zu geht, den sie dort mit seinem Eigennamen „Kalte Birke“ nennen, diese nennen wir den Goslarischen. Am Harze finden sie sich an verschiedenen Plätzen, vorzüglich aber bei Harzgerode, wo Schistos vorkommt, und bei Ilefeld, einem Kloster im Gebiete des Eichsfeldes. In Hessen, das ein Teil des Landes der Katten bildet, in den Bergen bei Gladenbach. Zu Müsen in einer Grube der Hermunduren, welche sie „die Goldkrone“ nennen. Ein Überfluss an Schistos findet sich etwa 5000 Schritte von der Stadt Marienberg (im Erzgebirge). In Böhmen in den Eisengruben der Lessau-Mark (Karlsbader Gegend), ebenso zuweilen in den Silber- bergwerken von Joachimsthal. Jedoch an beiden Orten nur hier und da: wie auch in den Eisengruben von Norikum diesseits der Donau, zwei Meilensteine von Amberg entfernt, wenn man von Sulzbach nach Westen geht. Überall, wo Hämatit und Schistos gefunden wer- den, sind die Felsen rot und die Erde von derselben Farbe und aus Georg Agricola. diesen sind sie ursprünglich entstanden. So schreibt auch gleicher- massen Dioskorides , dass sich Hämatit in der roten sinopischen Erde fände. Ferner erzeugt Spanien Schistos; Arabien, Ägypten, Afrika und Äthiopien Hämatit. Die verschiedenen Steinarten weichen aber in der Farbe ab. Denn entweder sehen sie aus wie verdichtetes Blut und daher eben haben sie den Namen Hämatite: oder sie haben die Farbe des Eisens und dann wieder sind die äusseren Teile von gelber Farbe: wie sie Müsen (oder Meissen? Misena) erzeugt (brauner Glaskopf). Oder sie sind ganz schwarz, wie diejenigen, welche an dem oben erwähnten Berge „Kalte Birke“ gegraben werden. Wie denn auch, wie Sotacus berichtet, in Afrika ein schwarzer Schistos wächst, den sie wegen der Farbe wie Holzkohlen Anthrazit nennen.“ ..... Agricola fährt dann fort, die einzelnen Varietäten des Schistos zu beschreiben, wobei er besonders den weichen Eisenrahm und Eisen- glimmer dem harten Eisenglanz, wie er besonders bei Müsen vor- komme, gegenüberstellt. Dann wendet er sich zu den Farben, welche man durch Mahlen oder Brennen aus diesen Steinarten gewinnt, dem roten, gelben und schwärzlichen Ocker. Dabei hebt er hervor, dass die Farben des gebrannten Schistos lichter sind, als die des unge- brannten. Er unterscheidet die vielen Varietäten in klarer Weise. Er schreibt nicht nur dem Hämatit, sondern auch dem Schistos einen adstringierenden Geschmack zu; kommt sodann auf die verschiedene Härte der einzelnen Arten, wobei im allgemeinen zu bemerken sei, dass der Schistos um so härter sei, je mehr er wie Eisen glänze. Er erwähnt seine vorzüglichen Eigenschaften als Polierstein für die Goldschmiede. Danach führt er die verschiedenartigen eigentümlichen Formen auf, in denen besonders die Glasköpfe gefunden werden. Endlich wendet er sich eingehend zur Verwendung des Hämatites und Schistos in der Heilkunde. Die Beschreibung des Agricola ist eine durchaus mineralogische. Von der Verwendung dieser Steinarten als Erze zur Gewinnung des Eisens spricht er nicht. Dennoch ist sie auch für uns von grossem Interesse ihrer Gründlichkeit und Klarheit wegen. Über das Eisen als Metall, seine Eigenschaften und seine Ver- wendung handelt er dagegen ausführlich in einem interessanten und für uns sehr wichtigen Kapitel des achten Buches „de natura fossilium“ folgendermassen: Ich wende mich zu dem Eisen, von dem die Alten nirgends be- richten, dass es gediegen vorkomme. Solches, das seine Farbe trägt, wird allerdings im Sand der Flüsse gegraben und gefunden, wenn Georg Agricola. auch nur selten. Aber eben dieses ist noch nicht völlig rein: so dass die schwarzen Graupen, aus denen das Zinn geschmolzen wird, reiner sind und weniger Schmelzens bedürfen, als diese Eisenkörner und Stückchen, was auch Albertus Magnus wohl bekannt war. Denn er schreibt, das Eisen wird in einer wässerigen Erde in der Gestalt von Hirsenkörnern, aber sehr verunreinigt gefunden. Die Farbe des un- polierten Eisens fällt ins Schwärzliche, die des polierten ins Mattweisse. Das aus dem Erz geschmolzene Eisen ist flüssig und kann geschmolzen werden: wenn man es darauf, nachdem die Schlacken abgezogen sind, nochmals glüht (frischt — refrixit), so wird es weich, so dass es unter dem Hammer gestreckt und zu Blechen ausgebreitet werden kann, aber giessen lässt es sich dann nicht mehr leicht: es sei denn, dass man es in dieselbe Art Öfen bringt und niederschmelzt. Alles Eisen ist hart, deswegen giebt es auch von allen Metallen den grössten Schall. Aber das eine weicht darin von dem andern ab. Denn einiges ist zähe und dies ist das beste, anderes nur mittel- mässig, deshalb auch nur von mittlerer Güte: anderes spröde und kupferhaltig: dieses ist das schlechteste. Von der ersten Sorte ist das schwedische, norwegische und norische, von der zweiten das von Lauenstein und Giesshübel im Meissnischen und das von Sulzbach in den norischen Bergen diesseits der Donau; zu der dritten gehört das, welches auf dem Amboss unter dem Hammer wie Glas auseinander fliegt: und das noch andere Fehler in sich vereinigt. Aus dem Eisen, wenn man es öfter schmelzt und von den Schlacken reinigt, entsteht das, was die Griechen στόμωμα nennen, die Lateiner aber, wenn ich mich nicht irre, öfter acies — Stahl. Von dieser Art war das serische, par- thische, norische, comensische. Bisweilen wandelt sich das Eisen in- folge der Güte seiner Erze in Stahl, wie auch noch heute das norische: bisweilen durch das Wasser, in das man es öfter eintaucht, wie zu Como in Italien und zu Bilbilis und Turassio in Spanien. Der Stahl wird zu höherem Preise als das übrige Eisen verkauft. Wird das Eisen öfter gereinigt, so verliert es viel an Masse und Gewicht. Das Eisen wird verdorben durch einen Fehler, den man den Rost (ferrugo et rubigo) nennt; er entsteht durch die Berührung mit Feuchtigkeit, am raschesten mit Menschenblut. Mit Meerwasser kann man diese Flecken am schnellsten wieder herausbringen: und man schützt es davor durch mancherlei Umhüllungsmittel, durch Mennige, Bleiweiss, Gips, Bitumen und flüssigen Teer. Das glühende Eisen bricht leicht, wenn es nicht durch Hammerschläge dicht gemacht ist. Aus Eisen werden mehr Gegenstände gefertigt, als aus irgend einem Georg Agricola. andern Metall. Ausser als Geld haben es die Lacedämonier zu Ringen benutzt: Halsketten davon trugen die hispanischen Frauen: zu Delphi waren sehr schöne Kratere davon, ein Geschenk des lydischen Königs Alyattes, ein Werk des Glaukos von Chios: eiserne Statuen waren in dem lakonischen Skias, ein Werk des Theodoros von Samos. Aus Eisen macht man ferner Schlüssel, Thürangeln, Schlösser, Nägel, Gitter, Thüren, Thorflügel, Spaten, Stangen, Heugabeln, Haken, Drei- zacke, Dreifüsse, Setzeisen, Hämmer, Keile, Hauen, Äxte, Sicheln, Grabscheite, Keilhauen, Ambosse, Ketten, Hebel, Karste, Pflugscharen, Baummesser, Pfannen, Schüsseln, Löffel, Bratspiesse, Messer, Dolche, Degen, Beile, Speere, Wurfspiesse, Lanzen und andere Waffen, die ihre Namen von verschiedenen Völkerschaften führen. Ferner Wurf- lanzen, Mörserkeile, Fussangeln, Brustharnische, Helme, Beinschienen, Kugeln, die aus den ehernen Geschützen geschleudert werden, Hand- schellen u. s. w. Doch jezt genug vom Eisen ..... Nun endlich kommen wir zu dem, was Agricola vom hütten- männischen Standpunkte aus über die Bereitung und Verarbeitung von Eisen und Stahl in seinem Werke „De re metallica“ mitteilt. Zunächst bemerkt er über die Prüfung der Eisenerze auf ihren Gehalt an Eisen im fünften Buche, worin er von der Probierkunst handelt, folgendes: Endlich wird das Eisen im Schmiedefeuer probiert; es wird gleich- falls geröstet, zerstossen, gewaschen und getrocknet. Dann wird ein Magnet in die Masse (das Gekrätz) gelegt, welcher die Eisenteilchen an sich zieht: diese werden dann, nachdem sie mit einer Feder ab- gestrichen worden sind, in einen Tiegel gebracht, und wird der Magnet so oft in dies Pulver gelegt und die Teilchen abgestrichen, bis nichts mehr da ist, was der Magnet anziehe. Diese werden mit Salpeter im Tiegel eingeschmolzen bis zum Fluss und so wird ein Eisenkorn ausgeschmolzen. Zieht der Magnet rasch und leicht die Eisenteilchen an sich, so schliessen wir, dass das Eisenerz reich sei: scheint er sie aber eher abzustossen, so enthält das Erz wenig oder kein Eisen. Agricola kennt nur diese eine trockene Probe, wie denn über- haupt auch in dem folgenden Jahrhundert der Eisengehalt der Eisen- erze einzig durch die Schmelzprobe im Tiegel bestimmt wurde. Nun kommen die beiden wichtigen Kapitel im neunten Buche, welche von dem Ausschmelzen der Erze, von der Stabeisen- und Stahl- bereitung handeln. (Luppenfeuer.) Eisenerz , das besonders gut ist, soll in einem Ofen geschmolzen werden, der dem folgenden fast gleich ist. Der Georg Agricola. Schmelzherd soll 3½ Fuss hoch und an 5 Fuss breit und lang sein: in dessen Mitte sei ein Tiegel 1 Fuss tief und 1½ Fuss weit. Wie- wohl er höher oder niedriger, breiter oder enger sein kann, je nach- dem mehr oder weniger Eisen aus dem Erz bereitet wird. Dem Meister (Renner) soll ein gewisses Mass Eisenerz gegeben werden, ob er daraus viel oder wenig Eisen schmelzen kann: will dieser seine Arbeit beginnen, so wirft er erst Kohlen in den Tiegel, darauf so viel gepochtes Eisenerz, gemischt mit ungelöschtem Kalk, als eine eiserne Schaufel fassen mag. Dann werfe er abermals Kohlen hinein und dies öfter und streue das Eisenerz darauf und zwar so lange, bis allmählich ein Haufen daraus entstehe, welchen er, nachdem die Kohlen entzündet, mittels Blasebälgen, die künstlich in ein Rohr (die Form) zusammengeführt sind, durch den Wind zur Glut an- facht und so ausschmelzt, welche Arbeit er bald in acht, bald in zehn, manchmal auch in zwölf Stunden vollbringen kann. Damit ihm aber das Feuer das Gesicht nicht verbrenne, wie dies zu ge- schehen pflegt, bedecke er es ganz mit einem Hut, an dem jedoch Löcher angebracht sind, durch welche er sehen und atmen kann. An dem Ofen sei eine Zugstange, mit der er, so oft es die Arbeit verlangt und sie verlangt es, sobald die Bälge zu viel Wind in den Ofen einblasen, oder sobald er selbst die übrigen Erze und Kohlen aufgiebt, oder sobald er die Schlacken abzieht, das Schussgerinne, durch welches das Aufschlagwasser auf das Rad geleitet wird, und die Welle, welche die Bälge niederdrückt, in ihrer Bewegung hemmt oder sich umdrehen lässt: auf diese Weise fliesst das Eisen in eine Masse (Stück) zusammen, von zwei bis drei Zentner Gewicht, je nach der Reichhaltigkeit der Erze. Alsbald öffnet der Meister das Schlacken- loch mit dem Spiess und lässt, nachdem die Schlacken ganz ab- geflossen sind, die Masse erkalten: sodann soll er und die Gesellen dieselbe mit eisernen Brechstangen aus dem Ofen auf den Boden schaffen und sie mit hölzernen Hämmern, die dünne, aber 5 Fuss lange Stiele haben, zusammenschlagen, damit er die Schlacken, welche ihr noch anhängen, abklopfe und sie dieselbe zugleich dicht mache und ausbreite. Denn wenn sie sogleich auf den Amboss gelegt, mit dem grossen Hammer, der von den Hebedaumen der Welle, die das Wasser- rad bewegt, aufgehoben wird, geschlagen würde, flöge sie auseinander: während so kann sie bald mit Zangen aufgehoben unter demselben Hammer mit einem scharfen Eisen (Schrotmeissel) in vier, fünf oder sechs Stücke, je nachdem sie gross oder klein war, geteilt werden: aus diesen, nachdem sie von neuem in einem andern Herd ausgeheizt Georg Agricola. und wiederum auf den Amboss gebracht worden sind, fertigen die Schmiede quadratische Blöcke (Kolben), Pflugeisen, Radschienen, zu- meist aber Stangeneisen, von denen vier, sechs oder acht den fünften Teil eines Zentners wiegen: aus diesen pflegen sie dann abermals ver- schiedene Werkzeuge anzufertigen. Bei jedem Hammerschlag schüttet ein Junge mit einer Kelle Wasser auf das glühende Eisen, das die Schmiede formen: daher kommt es, dass diese Schläge einen so lauten Schall geben, dass man es weithin von der Hütte hört. Nachdem das „Stück“ aus dem Ofen, in dem die Erze geschmolzen worden sind, herausgebrochen ist, bleibt im Tiegel hartes Eisen, das sich nur schwer strecken lässt, zurück: aus diesem kann man die Köpfe der Pochstempel (Pocheisen) und andere ganz harte Gegenstände machen. (Stücköfen.) Aber für die Eisenerze, welche kupferhaltig sind oder nur schwer, wenn sie geschmolzen werden, fliessen, muss man mehr Arbeit und stärkeres Feuer anwenden, denn man muss sie nicht nur, um die metallischen Teile von den nicht metallischen zu trennen, unter einem trockenen Pochwerke zerkleinern, sondern sie auch rösten, wie die Erze anderer Metalle, damit die schädlichen Säfte sich ver- flüchtigen, und sie waschen, dass alles, was leicht ist, von ihnen ge- schieden werde. Sie sollen aber in einem Ofen, der dem ersten ganz ähnlich, nur viel höher und weiter, um viel Erz und Kohlen fassen zu können, geschmolzen werden; dieser wird nun ganz mit Erzen, welche nicht über nussgross sein dürfen, und mit Kohlen angefüllt, welche die Schmelzer auf Stufen, die auf der einen Seite des Ofens angebracht sind, hinauftragen und einwerfen. Aus solchem Erz, wenn es einmal oder zweimal geschmolzen ist, wird dann ein Eisen erhalten, das geeignet ist, in dem Herd eines Eisenofens von neuem ausgeheizt und unter jenem grossen Eisenhammer ausgebreitet und mit scharfen Eisen in Stücke zerschroten zu werden. (Stahl.) So macht die Kunst mittels Feuer und Zuschlägen das Eisen und aus diesem den Stahl, welchen die Griechen στόμωμα nennen. Man wähle solches Eisen aus, das leicht fliesst, dabei hart ist und das sich leicht ausstrecken lässt. Denn wenn es auch aus Erzen, die mit andern Metallen gemischt sind, erblasen schmilzt, so ist es doch entweder weich oder spröde (fragile). Ein solches Eisen aber soll zuerst glühend in kleine Stücke zerschlagen, sodann mit zer- kleinerten, leichtflüssigen Zuschlägen vermischt werden: danach mache man in dem Frischherd einen Tiegel, aus demselben angefeuchteten Pulver, aus welchem man die Tiegel macht, die sich vor den Öfen, Georg Agricola. in welchen man die Gold- und Silbererze schmelzt, befinden, mit einer Weite von 1½ Fuss und 1 Fuss tief. Die Bälge aber sollen so gesetzt werden, dass sie durch die Form in die Mitte des Tiegels blasen: hierauf fülle man den Tiegel mit den besten Kohlen und setze ringsherum Bruchsteine, welche die Eisenstücke und die darüber geschütteten Kohlen zusammenhalten: aber sobald die Kohlen in Brand sind und der Tiegel glüht, lässt man den Wind blasen und der Zerennmeister giebt von der Mischung von Eisen und Flusssteinen so viel auf, als ihm einzuschütten geboten erscheint; in diese taucht er, sobald sie geschmolzen ist, vier Eisenluppen, von denen eine jede 30 Pfund wiegt, ein und soll sie bei starkem Feuer fünf oder sechs Stunden schmelzen und dabei mit einer Krücke das flüssige Eisen öfter umrühren, damit die kleinen Öffnungen der Luppen den zarte- sten Teil derselben einsaugen, welche Teile durch ihre Kraft die fetten Teile der Luppen verzehren und ausdehnen: wodurch sie weich und einem Hefenteig ähnlich werden. Hierauf soll der Meister unter Beihülfe des Vorläufers eine Luppe mit der Zange herausziehen und auf den Amboss bringen, damit der Hammer, der durch das Rad ab- wechselnd auf und ab bewegt wird, sie ausbreite. Ist dies geschehen, so wirft er sie noch heiss in das Wasser und löscht sie ab: das so Abgelöschte bringt er wiederum auf den Amboss und zerbricht es, in- dem er es mit demselben Hammer schlägt. Indem er die Stücke sofort betrachtet, sieht er, ob noch irgendwo sich Eisen zeigt, oder ob die ganze Masse dicht und in Stahl umgewandelt erscheint. Da- nach nimmt er ein Luppenstück nach dem andern mit der Zange heraus und zerbricht es nach dem Ausrecken in Stücke, dann macht er die Mischung (das Werk — den Sauer) wieder heiss und setzt von der frischen einen Teil zu: welcher das ersetzt, was die Luppen aufgesaugt haben und die Kräfte des übrigen Teils auffrischt, so dass es die Masselstücke, welche danach wieder in den Herd eingelegt werden, besser reinigt, deren jedes er, nachdem sie wie die ersten ausgeheizt sind, mit der Zange fasst, unter den Hammer bringt und in die Form von Stäben ausreckt. Diese wirft er noch glühend in ganz kaltes, fliessendes Wasser, das nahe dabei sein muss, wodurch es sich sofort verdichtet und in lauter Stahl verwandelt wird, welcher viel härter und weisser ist als Eisen. Fügen wir hier noch hinzu, dass Agricola das Verzinnen eiserner Geschirre erwähnt De natura fossilium, Lib. IX, Bd. I, S. 891. und dass er über die Verwendung der Stein- Georg Agricola. kohle im Schmiedefeuer von den Eisenschmieden im Meissnischen bereits im Bermannus berichtet, so haben wir wohl alle Stellen zu- sammengestellt, die in seinen Werken auf die Eisenindustrie Bezug haben Zu erwähnen bliebe vielleicht nur noch ein Wörterverzeichnis des G. Agri- cola , welches mit einer Zuschrift an Wolfgang Macrel am XII. Calend. April. an. 1546 gedruckt und den Gesamtausgaben beigefügt ist. Darin sind einige auf Eisen und Stahl bezügliche Wörter enthalten. . Einen besondern Wert erhält das Buch des Agricola „De re metallica“ noch durch die vorzüglichen Zeichnungen, mit denen es ausgestattet ist. Dieselben sind in realistischer Weise von einem be- gabten Künstler, der selbst metallurgisches Verständnis hatte, nach der Natur aufgenommen. Es war dies Basilius Wefring , Bürger in Joachimsthal, wie Mathesius in seiner Joachimsthaler Chronik bezeugt, welcher die 264 Zeichnungen jedenfalls unter Agricolas Leitung angefertigt hat. Vanuccio Biringuccio . War Georg Agricola der hervorragendste deutsche metallur- gische Schriftsteller des 16. Jahrhunderts, so war dies für die Völker romanischer Zunge der Italiener Vanuccio Biringuccio . Er war ein Zeitgenosse des Agricola , als metallurgischer Schrifsteller sogar sein Vorläufer, denn die erste Auflage seiner Pyrotechnia erschien bereits 1540. Auch war dem Agricola das Buch des Biringuccio bekannt, als er sein Werk „über die Metalle“ schrieb, und er bekennt selbst in seiner Vorrede, es benutzt zu haben. Das Buch des Agricola ist aber so originell, so ganz auf eigener Erfahrung und Beobachtung aufgebaut, dass sich kaum nachweisen lässt, wo er sich der Schriften des Italieners bedient habe. Trotz der Vortrefflichkeit der Hüttenkunde des Agricola bleibt es aber doch zu beklagen, dass durch den Beifall und die Anerkennung, welche dieses Werk sich sofort nach seinem Erscheinen in Deutsch- land erworben hatte, das höchst originelle und inhaltsreiche Buch des Biringuccio bei uns unbeachtet blieb, so dass dieses, während es in Italien und Frankreich denselben Ruhm erlangte, wie bei uns die Metallurgie des Agricola und in zahlreichen Auflagen verbreitet wurde, in Deutschland so gut wie unbekannt blieb, und als J. Beck- Vanuccio Biringuccio. mann in seinen „Beiträgen zur Geschichte der Erfindungen“ (Bd. I, S. 133 etc.) 1780 wieder die Aufmerksamkeit darauf lenkte, galt dies fast mehr der litterarischen Kuriosität als dem reichen In- halt, der noch heute eine Quelle der Belehrung bietet, welche erst von den neuesten metallurgischen Schriftstellern richtig gewürdigt worden ist Siehe Percy , „Gold and Silver“. . Leider giebt es keine deutsche Übersetzung des Werkes. Das Buch des Biringuccio heisst einfach „Pyrotechnia“ oder genauer „Della pirotechnia, libri X“. Dasselbe ist aber kein „Feuer- werksbuch“, wie deren mehrere in dieser Periode erschienen sind und die sich darauf beschränken, die Künste vorzutragen, die ein ge- prüfter Büchsenmeister verstehen muss, sondern es ist ein systematisches Lehrbuch der Metallurgie, in dem allerdings der Guss und die Be- arbeitung der Kanonen, die Pulverbereitung und die Minierkunst mit behandelt sind. Es ist in italienischer Sprache in Briefform verfasst. Konnten wir von Georg Agricola eine ziemlich ausführliche Lebensbeschreibung geben, so wissen wir von Vanuccio Biringuccio (oder Biringoccio ) fast nichts, als das, was er hier und da in seinem Buche über sich selbst eingestreut hat. Er war von edlem Geschlecht in der Stadt Siena geboren, in welchem Jahre aber ist unbekannt. Er studierte Mathematik und Naturwissenschaften und wurde ein bedeutender, ja ein berühmter Ingenieur. Mazuchelli Siehe Mazuchelli , Scrittori d’Italia II, p. 1262. „ Biringucci v. Birin- goccio (Vanuccio) Sanese“ ...... Fu chiamato da molti Principi ad operare presso di loro, e servi Pier Luigi Farnese Duca di Parma, poi Ercole d’Este, Duca di Ferrara, et appresso i Veneziani. Fu per adventura il primo de’ nostri Italiani che scrivesse sopra la cognitione e il gitto de’ metalli. , der einzige Schriftsteller, der von Birin- guccio etwas zu sagen weis, nennt ihn einen Mathematiker, sehr erfahren besonders in der Kenntnis und der Schmelzung der Metalle, der um die Mitte des 16. Jahrhunderts gelebt habe. Er sei von ver- schiedenen Fürsten und Staaten seiner Kenntnisse wegen berufen worden, so von Peter Aloysius Farnese — den sein Vater Papst Paul III. 1545 zum ersten Herzoge von Parma gemacht hatte, der aber schon im Jahre 1547 ermordet wurde, von Herkules II. von Este, Herzog von Ferrara, der 1534 bis 1559 regierte Beckmann ist entschieden im Irrtume, wenn er annimmt, der von Ma- zuchelli genannte Ercole d’Este sei Herkules I. gewesen, der 50 Jahre früher, nämlich 1471 bis 1506, lebte. — und ebenso von der Republik Venedig. Mazuchelli nennt ihn den ersten Italiener, der über Metallurgie geschrieben habe. Vanuccio Biringuccio. Aus den in seinem Buche zerstreuten Stellen über sich selbst geht hervor, dass er in jüngeren Jahren die Bergwerke und Eisenwerke des Fürsten Pandolfo im Thale von Boccheggiano zu leiten hatte und daselbst bedeutende Maschinenanlagen ausführte. Denn in dem Kapitel über die Eisenerze (Lib. I, Cap. VI) sagt er: „Die meisten Eisenerze sind so sehr mit andern Metallen vermischt, dass sie sich nur mit Mühe davon befreien lassen, wie ich solches in unserer Gegend bei Siena, als ich noch ein junger Mann war, erfahren habe, und zwar in dem Thale von Boccheggiano, wo sich mehrere Fabriken für Eisenbereitung des mächtigen Fürsten Pandolfo, deren Betrieb ich zu leiten hatte , befanden. Ich nahm zu den Eisenerzen von Elba noch diejenigen, welche in der Nachbarschaft gefunden wurden, hinzu und mit dem einen und dem andern habe ich schöne Erfah- rungen gemacht.“ In einem andern Kapitel, wo er von den Blase- bälgen und den Übertragungen spricht, erzählt er, dass er in dem genannten Thale von Boccheggiano eine grosse Maschinenanlage ge- macht habe, bestehend aus einem grossen Kübelrad, das eine Anzahl Bälge in Bewegung setzte, so dass diese vier Feuer gleichzeitig be- dienen konnten, wofür man sonst vier Wasserräder nötig hatte. Er fügt bescheiden hinzu: „Ich kann Euch dies nicht durch eine Zeich- nung deutlich machen, denn es wäre für mich eine zu schwierige Sache, es zu zeichnen.“ Ferner erfahren wir von Biringuccio , dass er zu seiner Aus- bildung grosse Reisen, besonders nach Deutschland gemacht und dass er in diesem Lande seine Kenntnisse vom Erzschmelzen sehr erweitert hat. Da, wo er in dem Kapitel „von den Öfen“ vom Ausschmelzen der Kupfer- und Silbererze spricht, sagt er: „Ich erinnere mich, in Deutschland, wo solche Kunst vielleicht am meisten in der ganzen Christenheit geübt wird und blüht, nicht allein diese Anordnung der Schachtöfen, sondern auch die Vorbereitung zum Schmelzen gesehen zu haben.“ Er schildert sodann das in Deutschland übliche Ver- fahren, silberhaltige Kupfererze in Schachtöfen zu schmelzen und fügt hinzu, dass er sich desselben selbst bedient habe. Ebenso bemerkt er bei den Flammöfen, dass solche in Deutschland auch zum Schmelzen von Erzen in Anwendung seien, dass er zwar selbst keine gesehen habe, dass sie ihm aber dort mit Worten so gut erklärt worden seien, dass er eine Beschreibung davon liefern könne. Besondere Erfahrung hatte er in dem Guss, sowie in dem Aus- bohren der Geschütze, welche Künste er meisterlich beschrieben hat. Vanuccio Biringuccio. Als Stückgiesser scheint er hochberühmt gewesen zu sein und als solcher hauptsächlich wurde er von Fürsten und Städten berufen. Er beschreibt die Flammöfen zum Schmelzen des Kanonen- und Glockenmetalles nach den Verbesserungen, die er selbst dabei gemacht und wie er sie konstruiert habe. „Ich will Euch nur von der Art von Öfen sprechen, welche ich ausgeführt habe, so oft ich dazu Ge- legenheit hatte, wobei ich von keiner der oben erwähnten Formen Gebrauch machte, sondern von allen diejenigen Teile nahm, welche mir am zweckmässigsten schienen.“ Ebenso beschreibt er Maschinen zum Ausbohren der Geschütze seiner eigenen Erfindung. Er spricht dabei von Erfahrungen, die er an unterschiedlichen Plätzen gemacht habe, wie z. B. zu Florenz, und von verschiedenen von ihm angewendeten Konstruktionen. So bohrte er schwere Stücke aus mittels einer starken Holzspindel, in der acht Bohrmesser eingesetzt waren. Das Riesengeschütz Leofante aber bohrte er mit einem grossen „französischen Bohrer“, wahrscheinlich einem Radbohrer, aus. Aus alledem ersehen wir, dass er ein thätiger, erfindungsreicher Ingenieur war Siehe auch Theodor Beck , Civilingenieur, S. 561. . Sein Todestag ist uns ebenso unbekannt, wie der Tag seiner Geburt und wir wissen nicht, wo seine Gebeine beigesetzt worden sind. Vanuccio Biringuccio war ein Mann der ausübenden Praxis und dies drückt auch seinem Buche den Stempel auf. Es ist nicht in gewähltem Latein geschrieben, wie das des Agricola , sondern in seiner Muttersprache, leichthin erzählend, sogar des Autors toscanischen Dialekt nicht verleugnend. Es ist nicht so gelehrt und im einzelnen durchdacht und abgemessen, wie Agricolas Schriften, aber seine Ausdrucksweise ist gefällig, klar und lebendig. Meisterhaft sind seine Schilderungen und Beschreibungen technischer Vorgänge, anschaulich und unmittelbar, wie dies nur derjenige vermag, welcher die Dinge, die er beschreibt, selbst kennt und erlebt hat. Dabei hält er sich fern von aller Pedanterie und bleibt auch in ausführlichen Einzel- beschreibungen noch fesselnd. Die leichte Briefform unterstützt dies wesentlich. Sie ist zwar nicht ganz streng festgehalten, aber indem der Verfasser immer eine dritte Person anspricht und ihr die Dinge, die er vorträgt, zu verdeutlichen bestrebt ist, wird er von selbst deut- lich und der Leser versetzt sich unwillkürlich an die Stelle des Angeredeten. Der Zweck, zu belehren, liegt schon in dieser Form, Beck , Geschichte des Eisens. 4 Vanuccio Biringuccio. wenn er auch nur gelegentlich betont wird. Dabei ist der umfang- reiche, spröde Stoff meisterlich disponiert, logisch geordnet und über- sichtlich behandelt. Werfen wir nun einen Blick auf das Werk selbst. Die erste Ausgabe erschien im Jahre 1540 in Venedig in Folio mit einer Zueignungsschrift von Moncelesi an Navo , aber ohne den Namen des Verfassers unter folgendem Titel: Della pirotechnia , libri X dove ampiamente si tratta di ogni sorte e diversita di miniere, ma ancora quanto si ricerca intorno alla pratica, di quelle cose, di quel che si appartiene a l’arte della fusione, ovver gitto de metalli come d’ogni altra cosa simile a questa. — In Venezia per Ventorino Roffinello 1540. 4°. — Eine zweite Ausgabe erschien ebenfalls anonym 1550. „Venezia per G. Padovano a instanzia di Curzio Navo .“ Eine dritte Ausgabe mit dem Namen des Autors erschien um 1558 zu Venedig und schon im folgenden Jahre eine neue vierte Auflage in Kleinoktav, welche ich besitze und deren Titel verdeutscht folgendermassen lautet: „Des G. Vanuccio Biringuccio von Siena zehn Bücher von der Feuerkunst , in denen nicht nur von den Ver- schiedenheiten der Mineralien gehandelt wird, sondern auch von der Art ihrer Gewinnung; sowie von dem, was zur Kunst des Schmelzens und Giessens gehört, Glocken und Geschütze zu machen, Kunstfeuer- werk und andere sehr nützliche Dinge. — Von neuem durchgesehen und gedruckt mit den Abbildungen der bemerkenswertesten Dinge zu Venedig in der Druckerei des P. Gironimo Giglio und Genossen 1559 Alle folgenden Citate beziehen sich auf diese Ausgabe. .“ Vorgedruckt ist dem Texte ein Vorwort des Vanuccio Birin- guccio von Siena an den Herrn Bernardino Moncelese von Salo. Eine fünfte Auflage erschien zu Bologna 1678. Es giebt drei französische Übersetzungen der Pyrotechnia, die älteste von 1556 par Jacques Vincent à Paris chez Claude Fremy , die zweite von 1572, die dritte von 1627. Die Übersetzung von Vincent ist unvollständig, indem verschiedenes darin ausgelassen ist. Eine späte lateinische Übersetzung erschien 1658 zu Köln in Quart. Das Werk zerfällt, wie der Titel besagt, in zehn Bücher, deren Hauptinhalt der folgende ist: Nachdem in der Einleitung einiges über den Bergbau gesagt ist, handelt das erste Buch von den Metallen und deren Erzen; das zweite von den Halbmetallen und deren Zugutemachung; das dritte von dem Vanuccio Biringuccio. Probieren der Erze, von ihrer Vorbereitung zum Schmelzen, von den Blasebälgen, Öfen und den Hüttenwerken und den Hüttenprozessen, wobei auch schon des Saigerns des Schwarzkupfers gedacht wird; das vierte von der Goldscheidung und der Bereitung des Scheidewassers; das fünfte von den Legierungen des Goldes, Kupfers, Silbers und Zinnes; das sechste von der Formerei, besonders von dem Gusse der metallenen Geschütze und Glocken; das siebente enthält die Be- schreibung der Schmelzöfen, der Bälge und Balgengerüste, der Bohr- mühlen zum Kanonenbohren und des Gusses eiserner Kugeln; das achte handelt vom Gusse kleiner Gegenstände; das neunte vom De- stillieren, Sublimieren und von der Münzkunst, sowie vom Gold- und Eisenschmieden, von der Zinnverarbeitung, der Schriftgiesserei, Draht- zieherei, dem Vergolden, der Anfertigung von Metallspiegeln und end- lich noch von der Töpferkunst und dem Kalkbrennen; das zehnte von der Bereitung des Schiesspulvers, der Feuerwerkerei und Minierkunst. Ohne auf den reichen Inhalt der einzelnen Bücher näher ein- zugehen, wollen wir nur eine Übersicht derjenigen Kapitel geben, die mehr oder weniger direkt auf das Eisenhüttenwesen Bezug haben. Im ersten Buche trägt das sechste Kapitel die Überschrift von den Erzen des Eisens und von seiner Natur. In demselben ist nicht nur eine Beschreibung der Eisenerze gegeben, sondern auch schon das Ausschmelzen der Erze geschildert. Deshalb lässt Biringuccio hierauf sogleich die wichtige Darstellung „von der Praxis der Stahl- bereitung“ als siebentes Kapitel folgen. Im zweiten Buche sind nur etwa die Kapitel über die Kiese und Vitriole, dann über den Magnetstein und die Ocherarten zu erwähnen. Im dritten Buche sind folgende Kapitel für uns von Interesse: „Von dem Verfahren, alle Erze zu probieren“; „Die Vorbereitung der Erze zum Schmelzen“; „Über die Gestalt der Blasebälge und der Schmelzöfen“; und „Von der Art und Weise, wie man beim Ver- schmelzen der Erze zu verfahren hat“; endlich das Schlusskapitel „Über die Eigenschaften und Verschiedenheit der Holzkohlen und die Art, wie man sie zu bereiten pflegt“. Das vierte und fünfte Buch enthalten nichts auf das Eisen Be- zügliches. Das sechste Buch dagegen, welches den Guss der Kanonen und Glocken beschreibt, ist für die Formerkunst von grösster Wichtigkeit, wie schon aus der Aufzählung der einzelnen Kapitel hervorgehen wird. Sie lauten: „Über die Beschaffenheit des Formsandes“; „Über die Herstellung der Formen“; „Über die Verschiedenheit der Geschütze 4* Vanuccio Biringuccio. und ihrer Dimensionen“; „Über das Formen der metallenen Ver- zierungen“; „Über das Formen der Kanonen“; „Wie man die Seele der Geschütze formt“; „Wie man den dritten Teil des Geschützes, „die Büchse“ genannt, formt“; „Über die Gusstrichter und die Wind- pfeifen bei den Formen“; „Über das Trocknen der Formen“; „Was man bei der Herstellung der Geschütze wissen und beachten muss“; endlich „Grosse Glocken zu formen und zu giessen“. Hieran reiht sich unmittelbar das siebente Buch, welches haupt- sächlich die Vorrichtungen zum Schmelzen und Giessen und die ver- schiedenen Arten desselben schildert, und zwar in den folgenden Kapiteln: „Wie man die verschiedenen Flammöfen (Reverberieröfen) zum Metallschmelzen macht“; „Über deren Konstruktion“; „Wie man die Schmelzgrube, die Schüssel oder den Test macht“; „Wie man den Korb macht“; „Von dem Schmelzen in Tiegeln, — im Herde (a crogiolo), — in kleinen Wind (Gebläse) öfen“; „Über das Schmelzen der Bronze und anderer Metalle im allgemeinen“; „Bemerkungen über den Guss von Geschützen“; „Über Bronzen und über zusammen- gesetzte und legierte Metalle überhaupt“; „Über verschiedene Er- findungen betreffs der Blasebälge zum Metallschmelzen“; „Über das Fertigmachen der Geschütze und der Geschützwagen“; „Über den Guss der eisernen Kugeln für grobe und leichte Geschütze“. Das achte Buch handelt 1) zunächst von verschiedenen Arten Formsand zu machen, um kleine Bronzegussstücke darin zu giessen; 2) Von der Art, das Salz zu präparieren, um die Lauge dem Formsande beim Giessen zuzusetzen; 3) Von den Regeln und der Art des Formens im Staubsande mit Giessrahmen oder hölzernen Kästen in der Klein- giesserei; 4) Methode, den Staubsand zu machen, um jedes Metall in die feuchte Form zu giessen und die Art des Formens; 5) Methode, verschiedene Modelle (relievi) abzuformen; 6) Von verschiedenen Stoffen, welche die Eigenschaft haben, das Metall flüssiger zu machen. Im neunten Buche, welches die allgemeine Überschrift „Von verschiedenen andern wichtigen Wirkungen des Feuers“ trägt, sind die für uns wichtigsten Kapitel das von den Eisenschmieden und das vom Ziehen des Eisendrahtes. Das zehnte Buch enthält nichts, was sich speziell auf die Eisen- industrie bezieht. Aus dieser Inhaltsübersicht ergiebt sich schon, dass Biringuccios Mitteilungen über das Eisen viel mannigfaltiger sind, als die des Agricola ; sie sind auch, soweit dies das Gebiet der Technik betrifft, also über das Schmelzen, Giessen, Schmieden von Eisen und die Stahl- Vanuccio Biringuccio. bereitung, viel ausführlicher, und so verlockend es wäre, sämtliche bezügliche Stellen in ausführlicher Übersetzung, in ähnlicher Weise, wie wir es bei Agricola gethan haben, zusammenzustellen, so würde dies doch zu weitläufig werden und zu unnötigen Wiederholungen Veranlassung geben, weil wir die betreffenden Stellen der Pyrotechnia doch wieder bei der speziellen Geschichte der Eisentechnik im 16. Jahr- hundert bei jeder einzelnen Schilderung anführen müssen. Da erscheint es uns aber als eine Ehrenschuld, dem grossen, zu wenig bekann- ten Metallurgen gegenüber, seine Aussprüche möglichst wortgetreu wiederzugeben. Georg Agricola und Vanuccio Biringuccio sind diejenigen Schriftsteller, deren Werke das Fundament der metallurgischen Wissen- schaft gelegt haben. Alle folgenden Autoren auf diesem Gebiete im 16., 17. und noch teilweise im 18. Jahrhundert stehen auf ihren Schultern und sind kaum über sie hinausgekommen. Wir können bei diesen späteren deshalb auch meist kurz verweilen. Sonstige Schriftsteller des 16. Jahrhunderts, die über das Eisen geschrieben haben. Ein Zeitgenosse Georg Agricolas war Christoph Enzelius von Saalfeld, der unter demselben Titel wie jener ein Buch De re metallica schrieb De re Metallica, hoc est, de origine, varietate et natura corporum metalli- corum, lapidum, gemmarum, atque aliarum, quaere fodinis eruuntur, rerum, ad Medicinae usum deservientium, Libri III — Autore Christophoro Encelio Sal- ueldensi. — Cum Priv. Imp. Franc. apud Haered. Christiani Egenolphi MDLVII. . Es ist dies aber durchaus keine Hüttenkunde, sondern vielmehr ein Kompendium der Mineralogie, in der Haupt- sache nur ein Auszug aus den Schriften des Agricola . Eine gewisse ausdrucksvolle Kürze und Übersichtlichkeit war es wohl zumeist, die Philipp Melanchthon veranlasste, die Drucklegung des Buches zu veranlassen, denn kein geringerer als der berühmte Reformator und vielseitige Gelehrte stand ihm Pathe. Enzelius , der, wie Agri- cola , ebenfalls Arzt war, schrieb sein mineralogisches Kompendium ausdrücklich zum „Gebrauch der Medizin“. Doch scheint er dem Ruhm und der allgemeinen Anerkennung der Schriften des Agricola gegenüber zaghaft gewesen zu sein, seine Schrift zu veröffentlichen. Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. Dies bewirkte Melanchthon , der, wie Luther und Mathesius ein grosser Freund und Förderer der Mineralogie und der Bergbau- kunde Ph. Melanchthon schrieb selbst um diese Zeit die Schrift: De venis metallicis gratiarum actio et precatio. Wittenberg 1552. , den pädagogischen Wert des mit gründlichem Fleiss und mit Verständnis ausgearbeiteten Buches wohl erkannte. Er schickte es bereits im August 1551 mit einem empfehlenden Einführungs- schreiben an seinen Freund, den Drucker und Verleger Christian Egenolf in Frankfurt mit der Bitte, es drucken zu lassen. Doch geschah dies erst 1557 von den Erben des inzwischen verstorbenen Egenolf . In dem erwähnten Briefe, welcher dem Buche an Stelle einer Vorrede vorgedruckt ist, sagt Melanchthon ausdrücklich, dass das Buch durchaus nicht den Anspruch mache, mit den Schriften des berühmten Agricola in Wettbewerb zu treten, dass aber die fleissige Arbeit wohl ein dankenswerter Beitrag zur philosophischen Wissenschaft sei. Der Abschnitt über das Eisen (Lib. I, Cap. XXVIII) bietet dem Historiker nur wenig, doch werden wir auf einige Bemerkungen über Gangerz und Sumpferz und das daraus gewonnene Eisen, sowie über Torf und Steinkohlen später zurückkommen. Ein Schüler und Freund des Agricola und sein begeisterter Verehrer war der gelehrte Georg Fabricius von Meissen. Er war es, der nach Agricolas plötzlichem Tode die Drucklegung des Werkes „De re metallica“ besorgt hat. Das diesem Werke vorgedruckte, schwungvolle lateinische Gedicht „an den Leser“ trägt aber bereits die Jahreszahl 1551. Ausser verschiedenen Lobgedichten auf Agri- cola verfasste Fabricius auch einige metallurgische Schriften, die aber erst nach seinem Tode im Druck erschienen Georgii Fabricii observationes, ed. Kentmann , 1564 und De metall. rebus ac nominibus ex schedis Georgii Fabricii , Tigur. 1565. . Sie enthalten indes nur Worterklärungen und Erläuterungen zu Agricola . Ein origineller Schriftsteller war dagegen Lazarus Erker von Annaberg, der das erste selbständige Werk über die Probierkunst ge- schrieben hat. Er behandelt darin allerdings fast ausschliesslich die Prüfung der Gold-, Silber-, Kupfer- und Bleierze. Was er über das Probieren der Eisenerze sagt, werden wir später mitteilen, hier sei nur erwähnt, dass daraus hervorgeht, dass zu seiner Zeit der Hoch- ofen- und Frischprozess schon allgemeine Verbreitung gefunden hatte. Sein Probierbuch erschien 1574 unter folgendem Titel: „Beschrei- bung der allerfürnemsten Mineralischen Ertzt vnd Berckwerksarten, dieselbigen ...... trewlich vnd fleissig an Tag geben durch Lazarus Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. Erckern .“ Die Vorrede ist an den „allerdurchleuchtigsten etc. Herrn Maximiliano den Andern“ gerichtet und schliesst mit der Unterschrift „geben Prag, nach Christi vnsres Seligmachers geburt im ein Tausent fünff hundert und vier und Siebenzigsten Jahre den III. Septem- bris u. s. w. Lazarus Ercker von Sant Anna Berck“ ......, „gedruckt zu Prag inn der Alten Stadt durch Georgen Schwartz M.D.LXXIIIj.“ Dieses Werk fand grossen und dauernden Beifall. Es blieb lange das angesehenste Probierbuch und wurde infolgedessen auch in den folgenden Jahrhunderten mehrfach neu aufgelegt Die mir bekannt gewordenen späteren Ausgaben sind von 1629, 1672, 1703 und 1736. Sie führen den prahlerischen Titel: Aula subterranae, domina domi- nantium, subdita subditorum. Das ist: Unterirdische Hoffhaltung , ohne welche weder die Herren regieren noch die Unterthanen gehorchen können, oder: Gründliche Beschreibung derjenigen Sachen, so in der tieffe der Erden wachsen etc. Vormals durch den Weltberühmten und gantz Teutschland zierenden Herren Lazarus Ercker , Weiland der Röm. Kayserl. Majest. obersten Bergmeister aufs treulichste beschrieben ...... (zum 4. mal gedruckt Frankfurt a. M. von Johann David Zunner — Anno MDCCIII). . Es existiert noch eine ganze Anzahl von „Probierbüchlein“ aus dem 16. Jahrhundert, unter denen die von Cyriakus Schreitmann von 1578 und das von Modestin Fachs von 1595 die bekanntesten sind. Doch ist in sämtlichen das Eisen nur nebenher behandelt, indem die Silber- und Goldproben den Hauptinhalt ausmachen. Von weit grösserem Interesse selbst vom technischen Standpunkt aus sind die originellen Bergpredigten des Mathesius , Pfarrers von Joachimsthal, namentlich diejenigen, welche in seiner „ Sarepta oder Bergpostill “ enthalten sind. Es ist eine merkwürdige Zeit und merkwürdige Umstände, denen dies eigenartige Werk seine Entstehung verdankt. Eine kurze Schil- derung derselben wird uns, ebenso wie die Lebensbeschreibung des Agricola , ein richtigeres Bild davon geben, als lange kulturgeschicht- liche Auseinandersetzungen. Der Bergbau auf silberhaltige Erze im Erzgebirge hatte gegen das Ende des 15. Jahrhunderts einen wunderbaren Aufschwung ge- nommen, besonders auf der sächsischen Seite waren im Meissnischen durch die Erschürfung reicher Silbererzänge blühende Städte, wie Schneeberg, Annaberg und Marienberg, entstanden, welche mit ihrem Bergsegen den Herzog Albrecht von Meissen zum reichsten Fürsten Deutschlands machten. Bekannt ist, dass einst in Schneeberg eine so grosse Silberstufe gewonnen wurde, dass der Herzog mit seinen Gästen in der Grube daran zu Tafel sitzen konnte, wobei er in die Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. Worte ausbrach: „Der Kaiser Friedrich ist ein mächtiger Herr, aber solch einen Tisch, daran wir sitzen, hat er doch nicht.“ Aber die Glanzzeit der sächsischen Bergstädte dauerte nicht lange. Der Reich- tum, den die Natur bot, verwöhnte die Bergleute, so dass sie nur raschem und mühelosem Gewinn nachgingen. Die reichen Mittel, die über der Thalsohle lagen und durch Stollen aufzuschliessen waren, wurden rasch abgebaut, dann aber verliessen die meisten durch den leichten Erwerb zu Abenteuern geneigten Bergleute die Bergwerke, um an einem andern Orte, wo man „fündig“ geworden war, in gleicher Weise ihr Glück zu versuchen. Es waren ähnliche Zustände, wie wir sie in unserm Jahrhundert bei den Goldfeldern von Kalifornien und Australien erlebt haben. In gleicher Weise lockte der Ruf des Silber- reichtums des Erzgebirges Abenteurer aus allen Ländern und aus allen Ständen an. Städte entstanden in unwirtbaren Gegenden in erstaunlich kurzer Zeit, um oft ebenso rasch wieder zur Unbedeutendheit herabzusinken, wenn der Bergsegen erschöpft war. Dies war bei dem sächsischen Silberbergbau im zweiten Jahrzehnt des sechzehnten Jahrhunderts bereits eingetreten. Die reichen Erzmittel waren ab- gebaut, die Ausbeute liess nach, die fahrenden Bergleute sahen sich nach lohnenderer Arbeit um. Da erklang plötzlich die Kunde von reichen Silberanbrüchen „im Thal“ im böhmischen Erzgebirge. „Zum Thal“ — noch hatte der Platz keinen andern Namen — wurde die Losung der Bergleute. „Im Thal, im Thal mit Mutter und All“, das war der Ruf, der durch das ganze Erzgebirge scholl, wie Mathesius berichtet. Zwei säch- sische Bergleute, Bach aus Geyer und Öser aus Schlackenwerth, waren es gewesen, die wahrscheinlich im Jahre 1510 den ersten Berg- bau „im Thal“ eröffnet hatten Nach der Angabe in J. Böhms handschriftlicher Chronik in der Stadt- Dechantei zu Joachimsthal. . Doch war ihr Erfolg nicht gross und fehlte es ihnen an Mitteln, ihren Bau fortzusetzen. Da bildete sich 1515 in Karlsbad eine Gewerkschaft zur Ausbeutung der Erz- gänge im Thal, der namentlich der Hauptgrundbesitzer der Gegend Graf Stefan Schlick beitrat. Diese erzielte schon 1516 glänzende Ausbeute und wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht davon im Erzgebirge. Scharenweise kamen Bergleute und Kolonisten gezogen. Überall fand man Silber, gediegen oder als reiches Rotgiltigerz, unter dem Rasen und unter Baumwurzeln, ähnlich, wie in Peru oder Bolivia. Im folgenden Jahre 1517 war schon eine Ortschaft entstanden Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. mit einer Kapelle. 1518 wählten die Bergleute bereits zwei Berg- meister und einen Bergrichter, und die Grafen Schlick , die sich als Bergherren ansahen und das Regal beanspruchten, erliessen eine neue Bergordnung mit zeitgemässeren Bestimmungen als die alte Wenzes- laussche; auch prägten sie die ersten Silbermünzen, da sie sich das Münzrecht gleichfalls anmassten, die unter dem Namen der „Thaler“ bald in alle Welt gingen und sich als Münzname dauernd erhalten hat. Das erste Schulhaus wurde bereits 1518 erbaut. 1520 wurde die in drei Jahren entstandene Stadt im Thale unter dem Namen Joachimsthal zur freien Bergstadt erhoben. In demselben Jahre wurde auch schon die berühmt gewordene Lateinschule daselbst eröffnet. Es war eine eigentümlich gemischte Gesellschaft, die sich in der neuen Stadt zusammengefunden hatte. Viel unruhige Köpfe waren darunter, das bewiesen die Aufstände, die in den Jahren 1523 und 1525 ausbrachen, aber auch viele tüchtige, nach Besserem ringende Kräfte, das bezeugen die vielen gemeinnützigen Stiftungen aus eigener Kraft und eigenen Mitteln und die gute städtische Verwaltung. Im Jahre 1525 wurden die bei dem Aufruhr vernichteten Statuten der Stadt erneuert und Dienstag nach Mariä Geburt öffentlich bekannt gemacht. Diesem Statut war bereits eine sehr gute Handwerker- ordnung mit ausführlichen Lohnfestsetzungen, selbst einer Apotheker- taxe beigefügt; ferner ein Luxusgesetz für Hochzeiten, Vorschriften über Leichenbestattung, eine Feuerordnung u. s. w. Die Stadt wuchs immer grösser, so dass Sebastian Münster Seb. Münster , Cosmographey 1592, S. 981. berichtet: „Umb das jar Christi 1526 hat man im Joachimsthal angefangen zu bawen, und ist dies Thal so voll Gebavs gesteckt worden oben und unden, dass die Heuser auff einander hocken und eine anzeigung geben einer grossen Stadt“, und im Bermannus sagt Agricola 1528, dass Joachims- thal an Städte wie Erfurt und Prag erinnere. Die erwähnten Auf- stände entstanden teils aus dem Widerstreben der unruhigen Bevöl- kerung gegen eine strenge Handhabung der Ordnung besonders in Bergsachen, teils aus dem Widerstande gegen die Heeresfolge, welche die Bergleute den Grafen Schlick mit Recht weigerten; endlich aus dem Zerwürfnis der Schlicks chen mit dem Kaiser, welches zuerst darin seinen Ausdruck fand, dass König Ferdinand I. nach seiner Thronbesteigung im Jahre 1528 den Grafen Schlick das angemasste Münzrecht entzog. Indessen hören wir nach der Unterdrückung des Aufruhrs vom Jahre 1525 nichts mehr von ernsten Kämpfen in der Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. Stadt, vielmehr war die darauf folgende Zeit eine Periode glänzender, friedlicher Entwickelung. Im Jahre 1527 kam Agricola als Stadt- arzt nach Joachimsthal. 1530 wurde aus freiwilligen Beiträgen ein Spital und ein Friedhof erbaut und 1534 bis 1537 eine neue Kirche ganz aus eigenen Mitteln errichtet. Die Joachimsthaler hatten sich von Anfang an entschieden der Reformation Luthers zugewendet. 1532 wurde Johannes Mathe- sius als Rektor an die Lateinschule berufen. Er war am 24. Juni 1504 zu Rochlitz in Sachsen geboren, von angesehener Familie, die mehrere gelehrte Glieder besass, darunter Burgard Mathesius , der lange Rektor bei St. Sebald in Nürnberg und später Vikar vom Stifte Bam- berg war. Johanns Vater Wolfgang war Ratsherr zu Rochlitz. Auch in diese Stadt, in deren Umgebung schon früher Bergbau be- trieben wurde, war das Silberfieber, welches damals das ganze Erz- gebirge ergriffen hatte, eingezogen. Der alte Wolfgang beteiligte sich eifrig dabei, scheint aber sein ganzes Vermögen dabei zugesetzt zu haben, so dass, als er im Jahre 1521 starb, der verwaiste sieb- zehnjährige Johannes fast mittellos dastand. Doch hatte er bereits einen Blick in das Bergmannsleben thun können, denn sein Vater hatte schon in dem Jahre 1518 dem vierzehnjährigen Sohne eine An- stellung als Zubusseeinnehmer auf einer Zeche verschafft gehabt. Nach des Vaters Tode aber verliess er Rochlitz und zog, seinem inneren Berufe folgend, als fahrender Schüler nach Nürnberg, wo sein Vetter Burkhard Rektor war. Es folgten nun wechselvolle Jahre der Prüfung für Johannes . Mit Luthers Schriften wurde er 1525 zuerst bekannt. Sie erweckten in ihm die Sehnsucht, den kühnen Reforma- tor persönlich kennen zu lernen, und so zog er 1528 zum erstenmal nach Wittenberg, das damals in höchster Blüte stand, wo neben Luther Philipp Melanchthon, Justus Jonas und Johann Bugenhagen wirkten. Sein Herzenswunsch war erfüllt, er sass als eifriger Schüler zu den Füssen des grossen Mannes, dem er später so viel näher treten sollte. Damals gestattete ihm die Knappheit seiner Mittel nicht, seinen Wunsch, auch noch Theologie zu studieren, zur Ausführung zu bringen. Er musste für seinen Lebensunterhalt sorgen und so nahm er nach zwei Jahren 1530 die ihm von seinen ihn hochschätzenden Lehrern an- gebotene Stelle als Lehrgehülfe des Andreas Misenus zu Altenburg an. Von da wurde er bereits 1532, wie oben erwähnt, als Rektor an die Lateinschule nach Joachimsthal berufen. Hier begann und endete sein segensreiches Wirken. Leicht wurde ihm das anfangs freilich Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. nicht gemacht. Er, der streng an Luthers Lehren hielt, fand mancherlei Widersacher. Zwar bekannten sich die Joachimsthaler mit Eifer zu der neuen evangelischen Lehre, aber es spukte viel Un- klarheit in den Köpfen dieser Bekenner. Den Samen dazu hatte der erste Pfarrer von Joachimsthal, Joh. Sylvius Egranus ( Johann Wildauer aus Eger), selbst gegeben, der zwar, ehe er 1521 von Zwickau hierher berufen wurde, mit Luther eng verbündet gewesen war im Kampfe gegen Thomas Münzer und die Wiedertäufer, der aber sonst mehr der katholisierenden Richtung zuneigte und durchaus nach seinem Kopfe reformieren wollte. Schon vor ihm aber hatte das Silberfieber und der Ruf „zum Thale“ neben manchen fahrenden Schülern und Studenten, die ihrer alma mater den Rücken gekehrt hatten, um hier rasch reich zu werden, auch den unruhigen Karl- stadt hierher geführt, der mit seinem fanatischen Eifer auch schon manche Köpfe verdreht hatte. Dass auch die Wiedertäufer eifrig und mit Erfolg hier für ihre Lehre warben, sieht man aus den strengen Massregeln, welche die Grafen Schlick gegen sie ergriffen. Alle An- feindungen und Schwierigkeiten — die allerdings so gross waren, dass nur die Bitten und der treue Beistand des Stadtarztes Dr. Nae- vius ihn davon zurückhielten, seine Stelle aufzugeben und Joachims- thal zu verlassen — überwand Mathesius durch seine Treue und Tüchtigkeit in seinem Lehrberuf. Von Jahr zu Jahr erkannten die Bürger Joachimsthals immer mehr den Wert des gerechten, aufrichtigen, gelehrten Mannes und bald wandten sich ihm aller Herzen zu. Dass die berühmtesten pro- testantischen Gelehrten, wie Melanchthon, Eoban Hesse, Justus Jonas und Georg Spalatin , in diesen Jahren 1535 bis 1537 nach Joachimsthal kamen, um ihm und der berühmt gewordenen Latein- schule, wo lateinische und griechische Schauspiele unter seiner Lei- tung mit bestem Erfolge aufgeführt wurden, ihren Besuch abzustatten, trug gewiss auch viel zur Erhöhung seines Ansehens bei. Ein rühren- der Zug ist es aber, dass die Dankbarkeit seiner Schüler und deren Eltern ihm die Mittel verschafften, den höchsten Wunsch seines Lebens, nämlich noch einmal nach Wittenberg ziehen zu dürfen und unter Luthers Leitung seine theologischen Studien zu vollenden, zur Er- füllung zu bringen. Im Jahre 1538 machte ihn der Steiger Mathes Sax aus Dank- barkeit für den seinen Kindern erteilten Unterricht zum Mitgewerken bei einer neuen Zeche, wovon Mathesius in der Vorrede zu seiner Sarepta sagt: „Unser lieber Gott hat mir durch meiner Schüler Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. dankbare Eltern etliche Küxlein zugeworfen, davon ich zwei Jahre zu Wittenberg zum andernmal studiert und eine schöne kleine Liberei erzeugt habe.“ In Wittenberg gestalteten sich die Verhältnisse für ihn ausserordentlich günstig. Er wurde Luthers Tischgenosse und schloss sich ihm in inniger, vertrauter Freundschaft an, so dass nach Luthers Tod keiner so berufen war, das Leben des grossen Mannes zu beschreiben, wie Mathesius . Hier in Wittenberg erhielt er erst sein charakteristisches Gepräge. Er kehrte, von einer stattlichen Deputation von Joachimsthaler Bürgern eingeholt, im Jahre 1541 als Pfarrer in das ihm liebe und zur Heimat gewordene Thal zurück. Luther hatte die sieben Mitglieder der Deputation im eigenen Hause bewirtet und so freundlich empfangen und wiederkommen heissen, dass dieselben im folgenden Jahre 1542 ihren Besuch wiederholten. Mathesius fand in seinem neuen Amte viel Arbeit vor. Sein Hauptstreben, das auch von Erfolg gekrönt war, ging dahin, eine strengere Kirchenordnung in seiner Gemeinde einzuführen. Natürlich begegnete er hierbei mancherlei Widerstand. Aber auch die politischen Verhältnisse brachten ihm viel Unruhe. Die Grafen Schlick , die eifrige Protestanten und seine treuen Beschützer waren, hatten sich viele Hoheitsrechte angemasst, für die sie keine Rechtstitel besassen und die ihnen von der kaiserlichen Regierung bestritten wurden. Dieser Konflikt spitzte sich zum förmlichen Kampfe um den Besitz von Joachims- thal zu, bis im Jahre 1545 der Kaiser die Grafen Schlick mit Ge- walt zur Entsagung zwang. Eine kaiserliche Kommission nahm die Stadt für den Kaiser in Besitz. Die alten Privilegien wurden auf- gehoben und neue veröffentlicht. — Bei diesem ganzen Streit hatte Mathesius auf der Seite der Grafen Schlick gestanden, sowohl aus persönlicher Überzeugung, als weil er von der katholischen kaiserlichen Regierung für seine Gemeinde fürchtete. Als nun die kaiserliche Regierung an die Joachimsthaler Bürger das Ansinnen stellte, Kriegs- volk zu stellen zur Einnahme der sächsischen Orte Pletten und Gottes- gab, verweigerten diese, auf altes Bergrecht sich stützend Siehe Bd. I, S. 776. , die Heeresfolge, und Mathesius forderte in seinen Predigten zum Wider- stande auf. Dafür wurde er mit Bürgermeister und Rat zur Ver- antwortung nach Prag geladen. Es war gewiss ein saurer Gang für den pflichttreuen Mann. Von Mitte November 1545 bis Ausgang des Jahres mussten sie warten, wurden dann aber mit glimpflichem Ver- weis entlassen. Mathesius wurde allein vor den Kaiser beschieden Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. und der kluge Herr, der bekanntlich ein eifriger Freund und Förderer des Bergbaues war und dem deshalb Joachimsthal sehr am Herzen lag, sprach so freundlich, milde und verständig mit Mathesius , dass dieser dem einzigen Verlangen des Kaisers, für die Folge sich aller aufreizenden Reden gegen die Obrigkeit zu enthalten, gern entsprach. Der Kaiser hatte durch seine Freundlichkeit sein Herz gewonnen und er blieb ihm in aufrichtiger Treue ergeben, wie manche Stellen seiner Predigten bezeugen. Nun aber brach der Schmalkaldische Krieg aus, der neue Unruhen über Joachimsthal, das natürlich fest beim Schmal- kaldischen Bunde hielt, brachte. Doch die Schlacht bei Mühlberg am 24. April 1547 entschied rasch das Schicksal der Stadt. Sie ergab sich dem kaiserlichen Bevollmächtigten Graf Hassenstein , freilich war der grösste Teil der Bürger zuvor geflohen. Den Grafen Schlick wurden ihre Güter genommen, Graf Albin Schlick floh nach Thürin- gen zum Grafen von Gleichen , wo er starb. Der immer noch mächtige Einfluss der Schlick war damit gebrochen. Die Stadt wurde glimpflich behandelt, doch wurden ihr die alten Privilegien genommen. Am 10. Oktober 1547 erteilte der König der Stadt ein neues Privilegium in 14 Artikeln. In diesen wurde sie für alle Zeiten als freie Berg- stadt anerkannt, doch wurden die Freiheiten der Bürger darin wesent- lich eingeschränkt. Von da ab folgte nun eine lange Zeit der Ruhe für Joachimsthal, in der das segensreiche Wirken ihres treuen Pfarrers sich erst recht entfalten konnte. Freilich, die Glanzzeit Joachimsthals kehrte nicht mehr zurück, um so mehr aber Ruhe und Ordnung, so dass Mathesius in seiner Joachimsthaler Chronik vom Jahre 1562 schreiben konnte: „In diesen vergangenen 14 Jahren ist gottlob kein Todtschlag hier geschehen.“ Auch er fühlte sich glücklich in Joachims- thal, er liebte den Ort und seine Gemeinde, wie er auch von ihr ge- ehrt und geliebt wurde. Deshalb lehnte er auch alle Berufungen zu glänzenderen Stellungen, darunter auch die zu einer theologischen Professur in Leipzig ab. Befriedigt schreibt er in der Einleitung zur Sarepta: „Darneben hat mir Gott in diesem Gebirge unter den Herrn Schlicken gnädigen Herren gute und beständige Freunde, gehorsame Pfarrkinder und gottselige, fleissige Kollegen, einesteils gute Nach- barn, dankbare Schüler, die vielen Städten mit Ehren dienen, gegeben. Überdies eine bequeme luftige Wohnung und ein tugendliches Weib aus ehrlicher Freundschaft, liebe Kinder, treues Gesinde und darneben mit gelehrten Leuten grosse Kundschaft machen lassen, und feinen Hausfrieden und manche ehrliche Freude in diesem Thale mit ver- Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. trauten Leuten bescheret.“ Der häufige Besuch gelehrter und hoch- verehrter Freunde verschönte ihm auch den Aufenthalt. Melanch- thon besuchte ihn noch zwei Jahre vor seinem Tode im Jahre 1558, welchen Besuch er dem schon erkrankten Freunde im folgenden Jahre erwiderte. Mathesius selbst nahm der Tod plötzlich mitten in seiner Berufs- thätigkeit weg. Den 8. Oktober 1565 an einem Sonntage, als er eben über das Evangelium von der Auferweckung des Sohnes der Witwe gepredigt hatte, rührte ihn in der Kirche der Schlag und in wenigen Stunden war er eine Leiche. Die dankbare Knappschaft stiftete dem Vielbeweinten im Jahre 1572 ein Grabdenkmal. Mathesius , ähnlich wie sein grosser Freund Luther , in der harten Schule des Lebens gebildet, hatte einen biederen Sinn, einen treuen, edlen, echt deutschen Charakter. Dabei war er ein Mann nicht nur von tiefer, sondern von fast universeller Gelehrsamkeit. Er ge- hörte zu den hervorragendsten Theologen, Philologen und Pädagogen seiner Zeit; Geschichte, Münzkunde, Musik und die Dichtkunst pflegte er, am meisten aber interessieren uns seine mineralogischen, berg- und hüttenmännischen und technischen Kenntnisse, die ganz hervor- ragend waren. In der Jugend schon auf den Bergbau hingewiesen, wuchs sein Interesse an dem Berufe in Joachimsthal, das sein Ent- stehen und sein Bestehen allein diesem Industriezweige verdankte. Er studierte nicht nur die Bücher des Agricola , der ja auch den grössten Teil seines bergmännischen Wissens in Joachimsthal gesammelt hatte, sondern er unterhielt sich mit Vorliebe mit den Bergleuten, fuhr selbst mit an und sammelte seltene Mineralien mit solchem Eifer und Erfolge, dass er sich rühmen konnte, in seiner Sammlung Stufen zu besitzen, die selbst Agricola nicht habe Vorrede zur Sarepta, worin auch ein historisch-interessanter Katalog seiner Mineraliensammlung mitgeteilt ist. . Aus diesem warmen Interesse für den Bergbau und aus der Anregung, die Luther — selbst eines Bergmannes Sohn — gegeben hatte, hielt er jedes Jahr zu Joachimsthal eine besondere Bergpredigt, und die Sammlung dieser Bergpredigten ist das originelle Buch, welches er unter dem Namen Sarepta — bekanntlich eine altbiblische Bergstadt — veröffentlichte. Das Buch erschien 1562 unter dem Titel: „Die Sarepta oder Berg- postille, samt der Joachimsthaler kurzen Chronik.“ Sie enthält 16 Predigten, welche der Reihe nach Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Zinn, Blei u. s. w., sowie das Schmelzen, Münzwesen und Glasmachen Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. umfassen, daran schliesst sich dann eine chronistische, kurz gehaltene Darstellung der Geschichte von Joachimsthal von der Zeit seiner Entstehung an. Die Predigten sind eine merkwürdige Verquickung von Technik und christlicher Theologie, aber so wahr, ernst gedacht und treffend, dass sie noch heute tiefen Eindruck machen. An das, was der Berg- mann sieht und erlebt, knüpfen sich die Gleichnisse an, welche die Allmacht, die Güte, das Wirken Gottes, wie die Pflichten der Men- schen bezeugen sollen, und dies geschieht in so sachverständiger, ein- gehender Weise, dass in gewissem Sinne die Sarepta doch ein Lehrbuch der Metallurgie genannt werden kann. Den Zweck, ein technisches Lehrbuch zu schreiben, verfolgte Mathesius zwar durchaus nicht, er verwahrt sich in seiner Vorrede sogar ausdrücklich dagegen, aber die mineralogischen und technischen Erklärungen, die mitgeteilten Ansichten über die Bildung der Mineralien, die Lagerung der Gesteine, den Bergbau, die Gewinnung und Behandlung der Metalle zeugen von so viel Erfahrung und Geist, dass sie für den Historiker zu einer Quelle der Belehrung werden. Die Predigt, die uns für unsern Zweck besonders interessiert, ist die achte der Sarepta, gehalten um 1558 und überschrieben: „Berg- Predigt vom Eisen, Stahel vnnd der Regiment Seulen Danielis.“ Sie knüpft an das Traumbild des Königs Nebukadnezar von der gewal- tigen Bildsäule, dessen Haupt von Gold, dessen Brust und Arme von Silber, dessen Bauch und Lenden von Erz, dessen Schenkel von Eisen, dessen Füsse aber teils Eisen, teils Thon waren (Daniel II), und zwar redet er insbesondere von den eisernen Füssen, „daran etliche irdene Zehen waren“. „Weil wir den bisher vom löthigen und silbrichten Golde und vom Silber und Kupfer geprediget, wollen wir im Namen des Herrn aller Herren heute von Eisen und Stahl reden und erstlich dies Metall, des kein Haus auf Erden gerathen kann, preissen und von seinem Namen, Natur und Eigenschaft und wie man es gräbt, rennet, schröt, zu Stahl machet, bergläufftiger Weise bei euch Bergleuten handeln, wie denn Daniel selber als ein Bergmann von des Eisens Stärke und Kraft redet.“ Mathesius giebt nun zunächst eine ausführliche Skizze über das Alter und die Geschichte des Eisens. Er hält das Eisen mit dem Kupfer für das älteste Metall, „denn da Adam graben und roden, Eva spinnen und wirken, Kain mähen und schneiden, Abel, Seth und Enoch opfern und schlachten sollten, konnten sie des Eisenwerks nicht gerathen“. Wenn uns dieser naive Beweis auch nicht genügen Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. dürfte, so giebt der Prediger hiernach eine reichhaltige Zusammen- stellung andrer Beweisstellen aus den alten Schriften, besonders aus der Bibel, worin er seine gründliche Kenntnis der hebräischen Sprache beweist. Seine sprachlichen Untersuchungen und Betrachtungen sind in der That höchst neu und geistreich. So spricht er beispielsweise die Vermutung aus, der Name der Stadt Barcelona stamme von dem hebräischen barzel, Eisen, her, denn es sei eine Stadt der Phönizier gewesen und diese hätten dort das berühmte spanische Eisen ein- gehandelt, der Name sei also gerade gebildet wie etwa Ferrara in Italien oder Eisenach in Thüringen, „darinn der würdig Herr D. Luther seliger in die Schul gangen“. Hierauf verbreitet er sich über das Vorkommen des Eisens und die Eisenbergwerke, wobei er hauptsächlich die der Nachbargebiete in Böhmen und Sachsen erwähnt. Er giebt genaue Angaben über Mass und Gewicht, wonach die Erze gekauft werden, wie auch über den Preis des Eisens. Sodann beschreibt er die Vorbereitung der Erze und das Ausschmelzen derselben. Schildert dann die Arten des Eisens und wie man Stahl aus Eisen macht. Hierbei macht er wieder mancherlei Anmerkungen, z. B. dass die Innsbrucker Harnisch- macher jetzt den grössten Ruhm hätten, dem Stahl die richtige Härtung zu geben, was dem dortigen Wasser zugeschrieben werde. Die Bergleute weist er darauf hin, wie wichtig bei dem Berggezäh das richtige Anschweissen des Stahles sei. Auch seine Betrachtungen über die innige Verwandtschaft von Stahl, Eisen und Kupfer sind, wenn auch nicht richtig, doch inter- essant. Er führt nämlich aus, dass, wie Eisen sich in Kupfer ver- wandle beim Eintauchen in gewisse vitriolische Laugen, so entstehe aus Eisen Stahl, sei also im Wesen nichts Verschiedenes. — So findet sich in dem technischen Teile dieser grossen Predigt eine ganze Reihe von historisch wichtigen Bemerkungen, und wenn der Leser etwa glauben möchte, dass eine so ausführliche technische Einleitung zu einer Predigt höchst ermüdend sein müsse, so wird jeder Berg- und Hütten- mann, der sie liest, den entgegengesetzten Eindruck empfangen. An Bergleute war aber die Predigt gerichtet. Ihr Interesse wurde durch diese praktische Einleitung, die an ihr eigen Wissen und Können anknüpfte und doch vieles Neue und Merkwürdige brachte, so angeregt, dass sie im stande waren, die folgenden grossartigen Aus- führungen der Predigt zu verstehen. Denn nun entrollt der Prediger, indem er wieder zu dem Ausgangspunkte, der riesigen Bildsäule, die Nebukadnezar im Traume erschienen war und ihn so in Schrecken Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. versetzt hatte, zurückkehrt, ein gewaltiges Bild der Weltgeschichte und des Weltgerichtes mit prophetischem Hinweis auf schwere Zeiten, die über unser deutsches Vaterland hereinbrechen würden (30jähriger Krieg); mit der ernsten Mahnung zu rechtzeitiger Einkehr. Die ganze Predigt ist von hohem historischen Interesse Über das Leben des Joh. Mathesius vergl.: Lebensbeschreibung des M. J. Mathesius durch M. Joh. Balthasar Mathesius , Dresden 1705; das Leben des M. Joh. Mathesius von Karl Fr. Ledderhose , Heidelberg 1849; Johann Mathesius von Dr. Jacob Nöggerath , Westermanns Monatshefte, Bd. 8, 1860; Dr. Gustav C. Laube , Aus der Vergangenheit Joachimsthals, Prag 1873. . Unter den im 16. Jahrhundert erschienenen Fachschriften, in denen sich beachtenswerte Angaben über Eisen und Stahl finden, sind ferner noch zu erwähnen: Kentmanns Mineralogie 1565 und Conrad Gesners Abhandlung: De omni rerum fossilium genere, gemmis, lapidibus metallicis etc. 1565. Die mystisch-alchemischen Schriften jener Periode, wie die des Morienus Romanus De re metallica, metallorum transmuta- tione etc. 1564 und des Th. Moresinus Liber novus metallorum causis et transsubstantiatione 1593 verdienen kaum der Erwähnung. Bedeutsamer ist dagegen des Nic. Monardo Gespräch über das Eisen , welches 1580 in spanischer Sprache unter dem Titel: Dialogo del hierro y de sus grandezas etc. zuerst erschienen ist Das Gespräch ist gedruckt in des Verfassers: Historia de las plantas que se traen de las Indias. Sevilla 1580, 4°, fol. 125—147. Dieses Werk wurde zuerst ins Englische übersetzt unter dem Titel: N. Monardus , Joyful newes out of the newfound world 1580, ed 1596, fol. 139—163: The dialoge of Yron, which treateth of the greatness thereof. Das Gespräch vom Eisen wurde dann für sich allein von Carolus Clusius ins Lateinische übersetzt als Nicol. Monardi dia- logus de ferro, ejusque praestantia ac facultatibus und findet sich in Carol. Clusii exoticor., libr. X, Lugd. Bat. 1605. Diese lateinische Übersetzung wurde 1605 von Jeremias Gesner ins Deutsche übertragen als: „Ein nützlich und lustig Gespräch von Stahl und Eisen etc.“ Leipzig 1615. . Es ist in Gesprächsform geschrieben und werden darin drei Personen, ein Doktor, ein Apotheker und ein Eisenhändler, ganz in der Weise von Agricolas Bermannus, redend eingeführt. Der Eisenhändler Octunus , der aus Kantabrien gebürtig ist und die Eisenindustrie seines Heimatlandes genau kennt, giebt auf Ver- anlassung des Doktor Monardo eine Schilderung derselben, und führt alsdann aus, zu welchen Zwecken Eisen und Stahl verwendet werden. Dr. Monardus erklärt im zweiten Gespräche die Natur von Eisen und Stahl und seine Bedeutung in der Medizin. Nachdem Burgus , der Apotheker, auf des Doktors Veranlassung, die Bereitung der Eisen- und Stahlarzneien beschrieben hat, schildert Monardus Beck , Geschichte des Eisens. 5 Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. die mannigfaltige Heilkraft derselben. Das Ganze ist wirklich, wie der Titel sagt, „ein nützlich und lustig Gespräch“, und die prak- tischen Zusätze des deutschen Übersetzers Jeremias Gesner erhöhen noch seinen Wert. Andreas Cesalpini von Arrezzo (geb. 1519), Professor in Pisa und Leibarzt des Papstes Clemens VIII., war, wie Monardo , ein berühmter Mediziner und Botaniker, und schrieb, wie dieser, ein Buch über die Metalle, welches zuerst 1596 zu Rom und dann 1604 zu Nürnberg unter dem Titel: „De metallicis libri tres“ gedruckt wurde. Es ist eine sehr schätzbare Mineralogie, in der auch dem Eisen und Stahl ein Kapitel gewidmet ist (Lib. III, Cap. VI), doch sucht man technische Angaben darin vergebens. Interessanter und wichtiger hierfür sind zwei encyklopädische Werke. Das Buch De rerum varietate des Cardanus und der Piazza universale des Garzoni . Hieronymus Castellioneus Cardanus aus Pavia, geboren 1501, gestorben 1576, war einer der gelehrtesten und scharfsinnigsten Männer seiner Zeit. Besonders berühmt ist er als Mathematiker und Cardans Regel zur Lösung der Gleichungen vierten Grades trägt heute noch seinen Namen. Ursprünglich Theologe, wendete er sich der Mathematik und den Naturwissenschaften zu, wurde 1553 Professor der Mathematik in Mailand, 1559 Professor der Medizin in Pavia und 1562 zu Bologna. Er beherrschte das ganze Gebiet der Natur- wissenschaften. Von seinen Schriften fanden besonders die Bücher De subtilitate (1550) und De rerum varietate (1556) grosse Ver- breitung. Das letztere wurde wiederholt ins Deutsche übersetzt, zuerst von Heinrich Pantaleon , der Arznei Doktor, unter dem Titel: Offenbarung der Natur und natürlicher Dinge, 1559. Cardanus war sehr eigenartig in seinem Denken, wenn auch ein eifriger Astro- loge und fest an Geistererscheinungen glaubend, trat er doch den alten überlieferten Doktrinen als Revolutionär gegenüber. Er ver- warf sie und erklärte alles aus dem Genius. Aus drei Universal- prinzipien: Materie, Form und Seele und aus drei Elementen: Erde, Luft und Wasser erklärte er das Wesen aller Dinge. Die Physik und Mechanik verdanken ihm wichtige Entdeckungen: er untersuchte die Schwere der Luft durch Versuche und lehrte zuerst das Parallelo- gramm der Kräfte für den Fall, dass die Kräfte im rechten Winkel wirken Siehe Theodor Beck , Zivilingenieur, XXXV, 7. Heft. . — Die Offenbarung der Natur ist eine Encyklopädie des Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. gesamten damaligen Wissens, darin sind auch die Metalle abgehandelt und seine Bemerkungen über Eisen und Stahl sind sehr beachtens- wert und werden bei den betreffenden Abschnitten mitgeteilt werden. Noch mannigfaltiger und reichhaltiger sind aber die Mitteilungen über Eisen und Eisengewerbe in dem originellen „Schauplatz“ des Garzoni. Thomas Garzoni , einer der grössten italienischen Saty- riker, war geboren zu Bagna-Cavallo in der Romagna 1549. Er hiess eigentlich mit seinem Taufnamen Oktavius, wofür ihm aber bei seinem Eintritt ins Kloster im Jahre 1566 der Name Thomas gegeben wurde. Sehr früh zeigte sich seine hohe Begabung und eine unbändige Lern- begier. Schon im 11. Jahre verfasste er ein italienisches Gedicht, das grossen Beifall fand, obgleich es nichts schilderte, als die ge- wöhnlichen Händel der Kinder. Im 14. Lebensjahre studierte er bereits zu Ferrara Rechtsgelehrsamkeit, gab aber dieses Studium auf, nachdem er in seinem 17. Jahre Ordensbruder geworden war. Er starb, kaum 40 Jahre alt, als ein Canonicus regularis Lateranensis in seiner Vaterstadt den 8. Juni 1589. Garzoni , obgleich Ordensbruder, war durch und durch Realist und besass eine grosse Kenntnis aller Lebensverhältnisse und eine vorzügliche Begabung, sie zu schildern. Er war ein scharfer Satyriker, aber im Geiste des Aristophanes , und erfüllt von dem Glauben an die siegreiche Kraft des Realismus. Seine drastischen Schilderungen der menschlichen Schwächen sind packende Sittenpredigten. Rastloser Fleiss und aufreibende Thätig- keit machten seinem Leben früh im 40. Lebensjahre ein Ende. Ausser seinem Buche „La piazza universale“, das ins Lateinische, Französische und Deutsche übersetzt wurde, haben die satyrischen Schriften: „L’hospitale de’ pazzi incurabili“, das deutsch als „das Spital unheilbarer Narren und Närrinnen“, und „La Sinagoga de gl’ignoranti“, in denen er die Gebrechen seiner Zeit verspottet und geisselt, besondern Beifall gefunden. Der „Piazza universale“, dessen erste Ausgabe im Jahre 1580 erschien, ist eine Schilderung aller Berufsarten, Künste und Gewerbe, sowohl nach Ursprung und Ent- stehung als in technischer Beziehung. Die 1651 von M. Merian herausgegebene deutsche Übersetzung führt den Haupttitel: Thomae Garzoni Piazza Universale oder Allgemeiner Schauplatz aller Künste, Professionen und Handwerke, und wenn auf dem ausführlicheren zweiten Titel gedruckt ist „jedermänniglich, wess Standts der sey, sehr nützlich und lustig zu lesen“, so ist dies ganz der Wahrheit entsprechend. In der Anlage erinnert das Buch an des Polydorus Vergilius ’ Geschichte der Erfindungen, ist aber viel reicher an 5* Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. praktischem Inhalt und zeigt, mit jenem verglichen, recht deutlich den bedeutenden Fortschritt der Technik im Laufe des 16. Jahr- hunderts. Was er über Bergbau und Hüttenkunde mitteilt, ist meist aus Biringuccios Pyrotechnia entnommen, doch findet man auch viele originelle Mitteilungen, namentlich über die Kleineisengewerbe. So handelt z. B. der 46. Diskurs: „Von Schmieden insgemein, in specie aber von Grobschmiedten, Kupferschmiedten, Messerschmiedten, Waffen- schmiedten, Schlossern, Scheerschmiedten, Schleiffern, Zinngiessern, Spengelern oder Laternenmachern, Nadelmachern, Täschenbeschlagern, Sporern, Gürtlern und Huffschmiedten.“ Der 69. Diskurs, der über- schrieben ist: „Von Bergleuten, von Rothgiessern und sonderlich von Geschütz- und Glockengiessern“, behandelt zunächst das Aufsuchen der Erze und Erzmittel, das Schürfen, Probieren und Rösten der Erze, die Anlage des Bergwerkes, die Einteilung der Mineralien, die Ansichten über die Natur der Metalle, das Vorkommen derselben, die Kunst des Giessens und Formens besonders von Glocken und Kanonen, wobei wieder hauptsächlich Vanuccio ausgeschrieben ist. So gab es also nach dem Mitgeteilten im 16. Jahrhundert bereits eine Litteratur des Eisens, wenn dieselbe auch zumeist nur in ver- schiedenen Werken eingestreut ist. Was sie uns bietet, giebt nur ein unvollständiges Bild der Eisentechnik jener Periode. Zur Vervoll- ständigung desselben müssen noch viele andere Quellen herangezogen werden. Über die Verwendung des Eisens zur Bewaffnung finden wir vieles in den Kriegsbüchern, die eine eigenartige Litteratur bilden und von denen wir die des Leonhard Fronsperger 1557 und des Grafen Reinhard zu Solms 1559 besonders namhaft machen. Manches findet sich in Chroniken, wie z. B. besonders in der Meissnischen Chronik des Albinus vom Jahre 1589. Wichtige Aufschlüsse geben die Berg- und Hüttenordnungen, die Hammerwerkseinigungen, von denen besonders die Sulzbacher zu er- wähnen ist. Auch aus den Waldordnungen und den allgemeinen Landesgesetzen lässt sich manches entnehmen. Die Archive, besonders die der wichtigen Bergstädte, die Staatsarchive, die der Bergämter und königlich preussischen Regierungen enthalten in den auf Berg- bau und Hüttenwesen bezüglichen Akten, besonders aber in den betreffenden Rechnungen noch Schätze der Belehrung über die Ver- gangenheit, doch sind dieselben meist noch ungehoben. Eine Be- arbeitung dieses Materiales ist zeitraubend und sehr schwierig, weil sie nur an Ort und Stelle vorgenommen werden kann. Hoffentlich Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. erwacht aber das Interesse für derartige Untersuchungen mehr und mehr, so dass sich aus den Ergebnissen der Lokalforschungen mit der Zeit ein richtigeres und vollständigeres Bild der Entwickelung der Eisenindustrie im 16. Jahrhundert darstellen lässt, als dies bis jetzt noch möglich ist. Zum Schlusse erwähnen wir noch, dass auch das Studium der Mechanik, des Maschinenwesens, der Ingenieur- und Baukunst, worüber im 16. Jahrhundert bereits eine recht umfangreiche Litteratur vor- handen ist — wir führen die Werke von Albrecht Dürer, Tar- taglio, Rivius, Ramelli, Besson und Zonka an —, manchen Aufschluss über das Eisenhüttenwesen jener Periode giebt. ALLGEMEINER TEIL . Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung . Die Ansichten der Gelehrten des 16. Jahrhunderts über die Natur und das Wesen des Eisens waren noch die der aristote- lischen Philosophie. Das Eisen galt als ein durch Verdichtung von Dämpfen im Schosse der Erde entstandenes Metall. Nach der Lehre der Alchimisten bestand es wie alle Metalle aus den zwei Materien oder „Prinzipien“, aus Schwefel und Quecksilber. Mercurius est ma- teria metallorum cum sulphure sagte Geber . Davon sei der Schwefel der Vater, das Quecksilber die Mutter. Die natürliche Hitze des Schwefels zwinge und backe das Quecksilber in den Erdspalten der- massen zusammen, dass aus beiden alle Metalle geboren werden: und aus diesen beiden Veränderungen entstehen allerlei unterschiedliche Metalle Monardo , Gespräch von Stahl und Eisen, S. 8. . Demnach bestehen alle Metalle aus derselben Materie und unterscheiden sich nur durch die grössere oder geringere Reinheit derselben. Im Golde sind sie am reinsten, und manche sagen, alle Metalle hätten Gold werden sollen, aber die Unvollkommenheit des Schwefels und des Quecksilbers hätten es verhindert. Eisen enthält diese Materien im Zustande der grössten Verunreinigung. Dies lehrte schon Geber Siehe Bd. I, S. 972. , und Encelius drückt dies folgendermassen aus: Wenn poröses, erdiges und unreines Quecksilber mit Schwefel, der gleich- falls unrein, stinkend und erdig und von fester Beschaffenheit ist, sich vereinigt („tanquam si pene morbidus cum matre menstruosa coit“), entsteht Eisen. Aus dieser Zusammensetzung werden nun auch die Eigenschaften des Eisens abgeleitet, zunächst seine unansehnliche Farbe. Monardo sagt, das Eisen sei finster, schwarz und grob, Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. weil es aus solcher Materie seinen Anfang genommen habe. Ence- lius beschreibt das Eisen als metallisch, sehr bleifarbig, wenig röt- lich von unreinem Weiss, magnetisch (? participans) und hart. Sodann wird seine Schwerschmelzbarkeit von seiner Unreinheit hergeleitet. Cäsalpinus Cäsalpinus , De metallicis, Libr. III, Cap. VI. sagt: Seine unedle Natur wird zunächst bezeugt durch seine Unschmelzbarkeit, die von den vielen trockenen, sehr dicken und erdigen Dünsten herrührt, ferner wird dieselbe durch seine schmutzig- graue Farbe (colore livido) bewiesen, wie es denn auch am raschesten Rost anzieht und in Staub zerfällt. Im Feuer aber steht es besser wie die übrigen unreinen Metalle, wegen der vielen erdigen Bei- mengung. Albertus Magnus sagt schon: Wenn das Eisen glüht, wird es rot, weil es mehrenteils irdisch ist. — Endlich wurde auch die Härte des Eisens aus der Unreinigkeit seiner Materie hergeleitet. Über die schlechten Eigenschaften, welche wir seine „Unarten“ nennen, und den Einfluss fremder Beimengungen auf dieselben teilen die metallurgischen Schriftsteller des 16. Jahrhunderts nur wenig mit. Agricola unterscheidet noch nicht zwischen Kalt- und Rotbruch; er sagt nur in seiner Hüttenkunde: „Das schlechteste Eisen, welches wie Glas auf dem Amboss zerspringe, sei kupferhaltig, ferrum fragile et aerosum .“ Sodann macht er im achten Buche bei der Röstung die Bemerkung, der Schwefel schade dem Eisen am meisten. Basilius Valentinus sagt von dem Eisenerz in bezug auf das darzustellende Eisen: „Eisenstein nimmt die höchsten Metalle an sich, Gold, Silber, Kupfer, Zinn und Blei, davon es spröde und ohnartig wird, aber Gold und Silber schaden ihm nichts, die machen es geschmeidig; welches nur kupferflössig oder mit geringen Metallarten vermischt ist, das zerfällt auch leichtlich.“ Der Stahl wurde im allgemeinen als ein gereinigtes Eisen an- gesehen. Am ausführlichsten erklärt dies Albertus Magnus . Er sagt Alb. Magnus , De mineralibus et rebus metallicis, Lib. V, Cal. 1669, p. 369. Chalybs autem non est alia species metalli, quam ferrum sed subtilior et aquasior pars ferri ex ferro per destillationem extracta et ideo durior est et com- pactior propter vim ignis et propter partium subtilitatem quac duriores efficiun- tur quando uruntur. Est autem albius, propter majorem a terrestritate sepera- tionem et cum nimis induratur tunc scinditur et percussum comminuitur propter nimiam sui desiccationem. : Der Stahl ist keine andre Art Metall als das Eisen, nur feiner, indem die wässerigen Teile des Eisens durch Destillation von dem Eisen abgeschieden sind, dadurch wird es härter und dichter infolge der Kraft des Feuers und der Feinheit seiner Teile, welche Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. härter werden, so oft man sie glüht. Er wird weisser durch die grössere Abscheidung des Erdigen, und wenn er zu sehr gehärtet wird, zerspringt er und lässt sich unter dem Hammer zerkleinern wegen seiner zu grossen Austrocknung. Dies war auch die Ansicht derjenigen Metallurgen, welche, wie Agricola und Biringuccio , sich nicht so ganz auf den Boden der überlieferten Theorieen des Aristoteles und der Alchimisten stellten. Von dem Standpunkte der letzteren aus war diese Läuterung leicht zu erklären. Nach Monardos Ansicht wurde durch die fortgesetzte Behandlung des Eisens im Feuer ein Teil des erdigen Schwefels aus- getrieben. Die hellere, silberähnliche Farbe des Stahls galt als ein Beweis der Reinigung. Cäsalpinus sagt, dass man dieselbe noch weiter (also wohl bis zum reinen Silber) fortsetzen könne, dass man dies aber nicht thue, des grossen Abbrandes wegen und weil das Eisen in dem unvollkommenen Zustande der Läuterung für viele Zwecke am geeignetsten sei. Aus dieser Mischung von Schwefel und Quecksilber in unreinem Zustande erklärte man auch die medizinischen Wirkungen von Eisen und Stahl, die in den Schriften der Metallurgen des 16. Jahrhunderts, welche fast alle Ärzte waren, eine hervorragende Rolle spielen. Schon Galen hatte das Eisen für kalt und trocken erklärt, weshalb es als Medikament trocknend und zusammenziehend wirken musste. Man teilte damals die Körper nach ihrer arzneilichen Wirkung in zwei Klassen: in solche, die kühlend, trocknend und beruhigend, und in solche, die wärmend, lösend und belebend wirkten. Das Eisen und seine Verbindungen spielten aber schon im hohen Altertum eine her- vorragende Rolle als Arzneimittel. Es galt im allgemeinen als kalt und trocken, aber seine Anwendung war eine so vielfältige, dass es auch in Fällen angewendet wurde, wo wärmende und lösende Mittel geboten waren, deshalb erklärten es viele, wie schon Galen und Avicenna , für warm und trocken. Monardo giebt sich in seinem angeführten Gespräch Mühe, diese Widersprüche zu lösen, indem er auf die Zusammensetzung der Materie des Eisens selbst zurückgeht. Er sagt: das Eisen bestehe aus dem hitzigsten Schwefel und dem kältesten Quecksilber. Des Quecksilbers Natur sei wässerig und irdisch, dieses herrsche im Eisen vor, deshalb wirke dieses kühlend, trocknend, die Hitze des Schwefels aber bedingte seine lösende Wirkung. Da nun der Stahl mehr von Schwefel gereinigt sei, so wirke dieser mehr kühlend und trocknend, während das ungereinigte Eisen mehr wärmend und lösend wirke. Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. Agricola hält sich von diesen theoretischen Spekulationen im ganzen fern, dagegen behandelt er wiederholt die mineralogisch wich- tige Frage, ob das Eisen in gediegenem Zustande in der Natur ge- funden werde. Im allgemeinen verneint er dies, wie die meisten Naturforscher dieses Jahrhunderts, doch gerät er bei dieser Frage in Widersprüche, weil er das meteorische Eisen nicht von dem terrestrischen unterscheidet. In seinem Werke, dem Bermannus, spricht er sich noch für das Vorkommen von gediegenem Eisen aus. Er sagt: „Es ist sicher, dass reine Massen von Eisen, sowie auch kleine Körner davon gefunden werden, wie dies schon Albertus wusste“, und wiederholt diese Behauptung an einer andern Stelle „Sed ferri quoque massae puri et grana quaedam parva, quod Albertus novit, reperiri certum est.“ Und an andrer Stelle: Ferri puri massae et granula quaedam, ut dixi, reperiuntur. . Dagegen sagt er in seinem späteren Werke De natura fossilium: die Alten hätten nirgends über das Vorkommen von gediegenem Eisen berichtet und die Körner, welche seine Farbe hätten und zuweilen im Sande der Flüsse ge- funden würden, seien so unrein, dass sie erst geschmolzen werden müssten, um sie zu verwenden. Da er sie mit Zinngraupen vergleicht, so dürften hier Magneteisenkörner, die sich oft in Seifenwerken finden, gemeint sein. Meteoreisen kennt Agricola nur aus den Schriften des Avicenna . Er verhält sich aber skeptisch gegen den ausser- irdischen Ursprung der Meteorsteinfälle und will dieselben lieber von vulkanischen Wirkungen herleiten Siehe Agricola , De ortu et causis subterraneurum, Lib. V und Bd. I, S. 19. . Encelius behauptet dagegen bestimmt, dass gediegenes Eisen in der Erde gefunden werde. Nach ihm „ist das Eisen zweierlei Art, entweder natürliches oder ge- schmolzenes. Das natürliche ist rein und wird in Bergwerken in Körnern oder Klumpen gefunden; die Deutschen nennen es „gediegen Eisen“ Siehe Ch. Encelius , l. c., Lib. I, Cap. 18. “. Georg Fabricius führt einen beglaubigten Meteoreisenfall in Sachsen an, den er folgendermassen beschreibt Siehe Georgii Fabricii , observationes ed. Kentmann , 1565, p. 27: Fer- ream massam recremento similem, ex aëre decidisse in sylvis Neuhovianis prope Grimam, sunt qui affirmant, eamque massam multorum pondo fuisse, narrant, adeo ut in locum illum nec deportari propter gravitatem, nec curru adduci propter loca invia potuerit. : Verschiedene ver- sichern es, dass eine Eisenmasse, ähnlich einer Schlacke, aus der Luft niedergefallen sei in den Waldungen von Neuhofen bei Grimma, diese Masse sei von grossem Gewicht gewesen, so sehr, dass man sie wegen ihrer Schwere nicht fortbringen konnte, noch liess sich ein Wagen Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. an die Stelle bringen, wegen der Unwegsamkeit des Ortes. Dies er- eignete sich aber vor dem sächsischen Bürgerkriege, den die blutsver- wandten Fürsten gegeneinander führten. Ebenso berichtet Scaliger von dem Fall einer meteorischen Eisenmasse Siehe Bd. I, S. 19. . Über die Oxyde des Eisens hatte man, dem damaligen Stande der Wissenschaft entsprechend, sehr unklare Vorstellungen. Der Eisenrost galt allgemein als eine Krankheit des Eisens, welcher das Eisen verzehre. Agricola nennt ihn ein vitium metalli, von der das Eisen durch die Feuchtigkeit wie von einem Ausschlag befallen werde Siehe De natura fossilium, Lib. III, quod ea tanquam scabie quadam in- festatur ferrum, humore contactum. . Im Schosse der Erde werde er ebenso selten gefunden, wie das gediegene Eisen. Schon Plinius unterscheidet ferrugo und rubigo und Agricola sagt, manche nennen ihn rot, manche schwarz Siehe oben S. 39. . Doch wird der Hammerschlag, das Eisenoxyduloxyd, welches beim Schmieden des Eisens abfällt, nicht als etwas dem Rost Verwandtes, sondern als ein Rückstand der Verbrennung, als eine Asche (cinis) angesehen, die mehr den Schlacken (ramenta oder recrementa ferri) verwandt war. Kentmann unterscheidet Frischschlacke, Stock- schlacke und Hammerschlag Joh. Kentmann , Mineralogia, 1565, p. 92: 1. Recrementa nigri ferri. 2. Desilentia de massa ferrea calido quando densatur et pulsatum malleis ligneis in massam redigitur „Eysen, das da abspringt, wann man es zusammentreibt“. 3. Bractea , quae de ferro desiliunt, quando bacilla malleis magnis faciunt, postea fabri ferri acuunt. „Grosser Hammerschlack, damit die Schmied stächeln.“ . Monardo schildert den Eisenrost als eine Krankheit, die man auch als solche behandeln müsse und giebt Mittel gegen das Verrosten an. Er sagt: „Es hat das Eisen seine Krankheit, welche dasselbe verzehrt, nämlich den Rost, aber dawider sind viele Arzneien erfunden, also dass man dasjenige, so aus Eisen gemacht, sauber, ohne Staub und in trocknen Orten behalte, dasselbe oft gebrauche, mit Gold oder Silber überziehe, blau anlaufen lasse, mit Baumöl, Hirschwachs, Spieke, Fett von Geflügeln, Cerusin mit Essig versetzet u. s. w. einschmiere Vergleiche auch Agricola , De nat. fossil., Lib. VIII, oben S. 36. . Wenn’s aber verrostet, ist nichts bequemer, denn mit der Feile darüber her dasselbe abgefeilet, in Essig gelegt und durch ein Feuer gezogen, so bringt man den Rost hinweg, es wäre denn schon ganz angefressen und verzehret, da kann keine Arznei mehr helfen.“ Cardanus spricht sich noch genauer über die Ursache und das Wesen des Rostes aus. Er setzt klar aus- einander, dass dasselbe nicht durch die Luft allein, sondern wesent- Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. lich durch das Wasser bei Zutritt von Luft entstehe. Deshalb be- streiche man Sachen, die nicht rosten sollen, mit Öl, welches die Feuchtigkeit abhält. „Dieweil denn das Öl den Rost weret und das Wasser solchen machet, vermerkend, wiewol dass der Rost weder von der Kälte noch von der Feuchte entstehet. Denn das Öl ist an ihm selbst kalt und mag auch feucht werden oder an ihm selbst sein. Darum wird der Rost von einer faulenden Wärme, es faulet aber das Wasser, darum ist dieses Ding ein Gift.“ Obgleich man annahm, dass beim Verrosten der Metalle etwas verzehrt werde, also eine Ge- wichtsverminderung eintreten müsste, war man doch mit der That- sache, dass die Metalle bei ihrer „Verkalkung“, d. h. Oxydation, an Gewicht zunehmen, schon früh bekannt. Geber wusste dies schon vom Blei und vom Zinn. Ganz bestimmt sprach es Paul Eck von Sulzbach um 1490 aus, aber die Alchymisten nahmen keine Notiz davon. Cardanus , der dieselbe Beobachtung bei dem Blei gemacht hatte, erklärte die Erscheinung in seinem Werke De rerum subtili- tate aus der Entweichung der himmlischen Wärme, der er also ähn- lich wie die Chemiker des vorigen Jahrhunderts eine negative Schwere zuschrieb. Skaliger verdunkelt diese Idee des Cardanus nur, indem er ausführt, es würde das Metall durch Reduktion von in ihm ein- geschlossener Luft schwerer, wobei er spezifisches und absolutes Ge- wicht verwechselt. Die Erze betrachtete man als Mineralien, die unmittelbar aus der Hand der Natur hervorgegangen seien und deshalb als die ein- fachen, elementaren Stoffe, die sich beim Schmelzen durch Zutritt von irgend etwas in Metalle verwandelten. Die Mineralien waren nach Aristoteles ebenfalls aus irdischen Ausdünstungen gebildet, und zwar die Steine aus trockenen, die Metalle aus feuchten, wes- halb die Steine unschmelzbar und zerreiblich, die Metalle schmelz- bar oder dehnbar wären. Diese Einteilung war indes nur so lange haltbar, als man nur die alten sieben planetarischen Metalle: Gold, Silber, Elektrum, Kupfer, Eisen, Blei und Zinn kannte. Schon Geber sah sich gezwungen, die Metalle in edle und unedle zu trennen und zu letzteren auch einige Halbmetalle zu rechnen. Im 16. Jahrhundert unterschied man bereits folgende Halbmetalle: Quecksilber, Antimon, Arsen, Kobalt, Wismut und Zink, die dadurch gekennzeichnet waren, dass sie sich unter dem Hammer nicht strecken liessen. Die Steine teilte schon Aristoteles ebenfalls in zwei Gruppen ein, von denen die der einen aus fetten, die der anderen aus mageren Dünsten entstan- den waren; die erste umfasste die brennbaren Fossilien, wie Schwefel, Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. Auripigment, die Bitumina, wozu auch die Kohlen gehörten, sowie noch einige andere Mineralien; die zweite Gruppe umfasste alle übrigen Steinarten. Agricola nahm schon vier Klassen an: Gemeine Steine, Edelsteine, Marmorarten und Felsarten. Die Eisenminer, nämlich Magneteisenstein, Hämatit und Glaskopf, gehören zur ersten Klasse. Agricola beschreibt die mineralogischen Kennzeichen derselben ausführlich, jedoch nicht als Eisenerze. Eisen- erz ist kein mineralogischer, sondern ein hüttenmännischer Begriff. Eisenerze nennen wir diejenigen Steine, aus denen Eisen mit Vorteil gewonnen werden kann. Es giebt sehr eisenreiche Mineralien, wie Magnet- und Schwefelkies, die, weil sie diese Bedingung nicht erfüllen, keine Eisenerze sind. Wenn wir die Eisenerze in die fünf Haupt- gruppen: Magnet-, Rot-, Braun-, Spat- und Thoneisensteine teilen, so ist dies ebenfalls eine praktische und keine mineralogische Ein- teilung, wenn auch jede dieser Erzarten durch ein besonderes Eisen- mineral charakterisiert ist. Die mineralogische Einteilung der oxy- dischen Eisenverbindungen, um die es sich hier allein handelt Siehe Bd. I, S. 9. , ist unabhängig von der hüttenmännischen. Man muss deshalb beide nebeneinander betrachten. Agricola in seinen mineralogischen Schriften unterscheidet die oxydischen Eisenverbindungen am genauesten, ohne indes von ihrer chemischen Zusammensetzung irgend welche Kenntnis zu haben. Er beschreibt zunächst den Magnetstein, sodann die Hämatite und den „Schistos“, indem er darin der Einteilung und Bezeichnung des Plinius folgt. Sie gehören alle zur ersten Klasse der Mineralien, zu den „eigentlichen oder gemeinen Steinen“. Was Agricola vom Magnetsteine berichtet, ist auszugsweise be- reits mitgeteilt worden Siehe oben S. 40. . Er hält ihn nicht für ein Eisenerz, sagt aber, dass er die Farbe von poliertem Eisen habe und auch zumeist in Eisensteingruben gefunden werde, wo er entweder in kleinen Stücken im Erze eingesprengt oder in mächtigeren, grösseren Mitteln vorkomme. In Deutschland führt er die folgenden Fundorte an: im Harze jenseits Harzburg, sieben Steine (Meilen) von Goslar entfernt, wo es aus einem besondern Schachte gefördert werde: in den meiss- nischen Bergen in Eisenerzlagern nicht weit von Schwarzenberg und von Eibenstock, vornehmlich in der Grube, welche man die Magnet- grube nenne; ferner nicht weit von dem Orte Pela, da, wo man zur Rechten in das reiche Joachimsthal herabsteigt, welches Eisenberg- Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. werk von seinem Entdecker Burkart und dem steilen Orte seinen Namen erhalten hat; im Gebiete der Franken; in Böhmen gleichfalls in den Eisenbergwerken des Lessawaldes, der zwischen der Stadt Schlackenwerth und deren Warmbad Karls IV. (Karlsbad) gelegen ist. Agricola weis zwar, dass gebrannter Magnetstein dem Hämatit gleiche und als solcher verkauft werde, mit keiner Silbe aber erwähnt er seine Verwendung als Eisenerz. In Deutschland wurde zu jener Zeit Magneteisenstein nicht als solcher benutzt und die Beimengung von Magnetstein in den Erzen galt sogar als der Güte des Eisens nachteilig. Die von Plinius überkommene Einteilung der übrigen Eisenerze in Hämatite und Schistos ist eine wenig glückliche. Der eine Name ist von der Farbe, der andere von der Form abgeleitet; nach unserer Bezeichnungsweise würden wir sie mit Blut- stein und Glasköpfe übersetzen müssen, dies entspricht auch Agricola , in dem von ihm selbst aufgestellten Wörterverzeichnis, doch sagt er bei dem undefinierbaren Worte „Schistos“ selbst: „Glasköpfe oder Blut- stein, denn viele Deutsche unterscheiden ihn nicht von dem Hämatit“. Es ist dies auch gar nicht möglich, da der rote Glaskopf Blutstein ist und der faserige Blutstein Glaskopf, ja, die Deutschen bezeichnen mit dem Namen Blutstein vorzugsweise den roten Glaskopf. So bleibt denn auch Agricolas Beschreibung, die wir oben bereits im Wort- laute mitgeteilt haben Siehe oben S. 42. , trotz ihrer Ausführlichkeit, unklar, namentlich ist das, was er unter dem Namen Schistos beschreibt, vom mineralo- gischen Standpunkte aus ein wahres Sammelsurium. Es ist eigentlich eine Schilderung der gebräuchlichen Eisenerze, der Rot- und Braun- eisensteine, von deren technischer Verwendung der Verfasser aber nicht spricht. Eine weniger wissenschaftliche, aber mehr praktische Einteilung und Beschreibung der Eisenerze giebt uns Vanuccio Biringuccio Siehe Pyrotechnia, Lib. I, Cap. VI. . „Wie zuvor erwähnt“, schreibt er, „wird das Eisenerz in den rauhesten Bergen gefunden, und dieses wird von den Alchimisten unedel genannt, weil es grobe, erdige Bestandteile mit sich führt, woher es kommt, dass das Eisen in der Glut des Feuers mehr erweicht als schmilzt, auch wegen seiner schlechten Beimengungen und grossen Porosität leicht rostet und, wenn man es verarbeitet, sich verzehrt, indem es sich in Schlacke verwandelt. (Wie gute Erze beschaffen sind: Birin- guccio hat dabei hauptsächlich die Erze von Elba und Toskana im Auge. Die Eisenerze zeigen sich, wie gesagt, verschiedener Art. Das gute soll hell und schwer sein, Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. von festem Korn und rein von Erde und Gangart, wie von jeder Metall- beimischung. Diejenigen von brauner Farbe und die, welche schwarz sind oder die Farbe der Trauer (calamita — des Magnetes?) haben, sind nicht viel wert, weil sie fast alle Spuren von Kupfer enthalten. Mir sind vier verschiedene Arten bekannt. Die erste ist jene helle (chiara), von der ich Euch sagte, dass sie vollkommen ist, wenn sie schwarz ist; die zweite jene glänzende (lucente) von kleinem Korn, welche leicht zerreiblich und nicht sehr gut ist. Die (dritte) schwarze, von grossem Korn hat wenig Wert, weil sie fast immer Kupfer und andere Metallbeimischungen mit sich führt. Die vierte ist schwarz, von kleinem Korn und mehr oder weniger gut, je nach dem Gestein, in dem sie sich findet. Die Erze, welche eine metallische Beimischung, wenn auch nicht viel, haben, kann man nur durch langandauernde und starke Feuer reinigen, denn es sind verdorbene Materien, die auf andere Weise voneinander kaum zu trennen sind. Von diesen macht man deshalb, da man sie nicht zur vollkommenen Weichheit bringen kann, weil sie sich aber leicht schmelzen lassen, Artillerie- kugeln und andere Gusswaren, welche, je nach der Menge der Ver- unreinigung, auch mehr oder weniger zerbrechlich sind. Diese Erze erzeugen sich, wie der Augenschein lehrt, in allen Gesteinsarten in den Bergen, aus welchen das beste, reinste Wasser hervorbricht, und wo die Luft gut ist. Oft erzeugt es sich in einem weissen Gestein, ähnlich dem Marmor, wenn es aber, mit diesem verbunden, geschmolzen wird, so wird das Eisen selten weich. Es findet sich ferner für sich in einer gewissen losen, roten Erde, dieses ist sehr zerreiblich und zeigt schwarze Flecken und gelbe Linsen. Ähnlich findet es sich auch in einer gewissen gelben Erde, die fast so leicht ist wie Schlamm, aber ich rate Euch nicht, bei diesem Eure Zeit zu verlieren, weil es nicht rein ist. Ihr werdet dies noch genauer beurteilen können, wenn Ihr dabei grün oder blau gefärbte Steine findet, oder beim Zerbrechen gelbe Körper wie Knöpfe oder schwarze wie Kohlen.“ Nachdem Biringuccio weiterhin auseinandergesetzt hat, wie man auf chemi- schem Wege die Verunreinigungen der Erze nachweisen kann, worüber wir an anderer Stelle sprechen wollen, fährt er fort: „Dasjenige Erd- reich (mergola), an dem man erkennen kann, wo gutes Eisen sich findet, ist der Bolus oder eine andere erdige Substanz, rot, weich und fett, welche, wenn man sie mit den Zähnen zermalmt, kein Knirschen wie von Erde zeigt, denn hierin erweist sich nach der Meinung der Praktiker ein sehr vollkommenes Erz. Dieses ist aber nicht in Gängen (filone) geordnet. Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. Um endlich zu erzählen, von welcher Art sich ausserdem noch Eisenerz findet, so ist das meiste von der Sorte, welche die Eisen- rostfarbe (color ferruginoso) zeigt, das, nach meinem Wissen, nicht sehr gut ist. Hiervon, wie von einer anderen schwarzen Sorte, habe ich viele im Gebiete von Siena, im Thale von Boccheggiano, sowie an vielen anderen Plätzen gesehen . . . .“ Encelius unterscheidet die nutzbaren Eisenminer in Eisenerz und in Eisenerde, ersteres findet sich in den Gebirgen und wird bergmännisch gewonnen, wie z. B. in seiner Heimat bei Saalfeld, letzteres findet sich im Flachlande, unter dem Ackerboden als eine rote Erde, die vom Roste gewissermassen angesteckt ist, wie in Schlesien und in Brandenburg. Es ist dies das Wiesenerz oder der Raseneisenstein, der in ganz Norddeutschland auf Eisen verschmolzen wurde, den Kentmann als Torgauer Erz, von lebergelber Farbe und schwammartig, „darauss man vil eysen rennet“, aufführt. Lazarus Erker Laz. Erker , Beschreibung der allerfürnehmsten mineralischen Erz- und Bergwerksarten 1574, Lib. IV, S. CXXX b etc. giebt folgende Beschreibung: „Der Eysenstein der ist braun , vnd zeucht sich seine farb dahin, das er im gemeyn fast einem verrosten Eysen gleich sihet. Der beste und gar reiche Eysenstein aber, der frisch ist, des Farb ist blawlecht (bläulich), was vergleicht sich einem gediegen Eysen. Etliche Eisenstein seyn magnetisch, die durch jre Natur das Eysen sichtiglich zu sich ziehen, welches wie auch hernach berichtet wirdt, aus ihrer beyder verborgner hitz her- kommt . . . . . Der Stahelstein aber, der ist dem Eysenstein an seiner farb gar vngleich. vnd sihet etlicher gleich wie eine gelb- lichter spart . . . . .“ Die Entstehung der Erzlager schreibt Cardanus den Gestirnen zu, von denen die Sonne den mächtigsten Einfluss hat. Deshalb seien die Erze nach den Breitengraden verschieden verteilt, und wegen der grösseren Sonnennähe habe Potosi so viel Silber, Italien dagegen so wenig, aber viel Eisen, weil es nicht gar zu warm, aber auch nicht ganz kalt ist. Die Eisenerze wurden meist durch Tagebau gewonnen. An manchen Orten, wo reiche Erzlager zu Tage ausstrichen, wurde das Erz aufgelesen, oder es wurden im Herbste, nachdem die Ernte ein- gethan war, Schurfgräben aufgeworfen und das Erz oberflächlich aus- gegraben. So geschah es in alter Zeit im Siegerlande und in der Herrschaft Sayn-Altenkirchen, und da hierbei oberflächliche Gänge Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. und Erdhaufen entstanden, die denen der Maulwürfe („Moll“) ähnlich waren, welche „Mollhügel“ hiessen, so nannte man diese Art der Erz- gewinnung „moltern“ und das Erz Moltererz L. W. Cramer , Vom Berg-, Hütten- und Hammerwesen in den Nassau- Usingischen Landen, 1805, S. 86 f. . Diese Art der Ge- winnung stand dem Grundbesitzer frei und war nicht von einer Be- lehnung oder Mutung abhängig. Nachdem auf einem Grundstück der Molterstein gewonnen war, wurden die Gräben zugeworfen und der Acker wieder bestellt. In ähnlicher Weise geschah die Gewinnung der Rasenerze in Norddeutschland, Holland u. s. w. Agricola be- richtet Siehe oben S. 39. , dass man bei der Gewinnung der Wiesenerze in Schlesien zwei Fuss tiefe Schurfgräben aufwerfe. Tiefer dürfe man wegen dem Grundwasser nicht niedergehen, doch wüchse das Erz nach, so dass es nach zehn Jahren von neuem gegraben werden könne. Wie das Seeerz in Schweden gewonnen wurde, haben wir aus- führlich im ersten Bande beschrieben Siehe Bd. I, S. 808. . Wo mächtige Erzlager waren, enstanden grössere Tagebaue, wie schon in ältester Zeit auf der Insel Elba, am Erzberg bei Eisenärz, zu Hüttenberg in Kärnten u. s. w. Aber auch durch regelmässigen Gangbergbau wurden schon im Mittel- alter die Eisenlager ausgebeutet, und in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nahm der Bergbau einen so allgemeinen Aufschwung, dass auch viele grössere Eisenerzlager durch regelrechte Stollen, Schächte und Strecken erschlossen und abgebaut wurden. Die Anwendung von Wasserrädern als Bewegungsmaschinen für kräftige Pumpwerke ermöglichten erst den eigentlichen Tiefbau, den Abbau unter der Stollensohle. Die Eisensteinbergwerke wurden indes zu Anfang des 16. Jahr- hunderts meistens noch ausschliesslich nur über der Thalsohle mit Stollenbetrieb abgebaut, Tiefbau war für den geringpreisigen Eisen- stein damals noch zu kostspielig. — Regelmässiger Streckenbergbau auf Eisenerze fand besonders in Gebirgsgegenden statt. Im Harz ist er sehr alt. Als man im Jahre 1795 den alten Stollen der Vollmer- grube zwischen Elbingerode und Wernigerode, der winkelig, eng und nur durch Schrämmarbeit hergestellt war, aufräumte und erweiterte, fand man die Jahreszahl 1227 im Gestein eingehauen. An den mäch- tigsten und bekanntesten Erzstöcken ging man schon früh vom Tage- bau zum Stollenbau über, so ausser am Harz im Stahlberg bei Müsen im Siegerlande, am Erzberg bei Eisenärz, in Sulzbach und an vielen andern Orten. Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. Auch das Feuersetzen kam bei der Gewinnung der Eisenerze hier und da in Anwendung; so geschah dies noch Ende des vorigen Jahr- hunderts zu Frauenberg im Erzgebirge, wo man den Magneteisenstein auf diese Weise gewann und an dem beschwerlichen Verfahren fest- hielt, weil dadurch zugleich das Erz eine teilweise Röstung erfuhr. Es würde zu weit führen, alle im 16. Jahrhundert betriebenen Eisen- bergwerke aufzuführen; wir werden bei der Geschichte der Eisen- industrie der einzelnen Länder Gelegenheit haben, die wichtigsten derselben namhaft zu machen. Das geförderte Erz wurde in Haufen auf der Halde aufgefahren, und zwar in der Weise, dass der Neunte oder Zehnte, welcher als Abgabe gewöhnlich dem Landesherrn zu entrichten war, für sich ge- stürzt wurde. Wenn das Erz keiner besondern Aufbereitung bedurfte, so war es jetzt zum Verkauf oder zum Verschmelzen fertig und konnte die Probe genommen werden. Das Probieren der Eisenerze geschah, wie das Probieren der Erze überhaupt, auf trockenem Wege. Die „trockene Erzprobe“ war bereits im 16. Jahrhundert zu einer Vollkommenheit entwickelt, dass dieser Zweig der Chemie bis zu unserer Zeit wenig Änderungen und Verbesserungen erfahren hat. Die metallurgische Chemie, die unter dem Namen der Probierkunst begriffen wurde, war eine in sich abgeschlossene Wissenschaft oder nach der Ausdrucksweise der Alten „eine Kunst“. Sie zeichnete sich sehr vorteilhaft vor den geheimnis- vollen Operationen der Alchimisten und Adepten durch Einfachheit und Klarheit aus. Bei ihr bildete die Wage bereits das wichtigste Instrument; sie war die einzige Form der chemischen Analyse. So ist die Probierkunst, obgleich fast ausschliesslich von Berg- und Hüttenleuten für ihre praktischen Bedürfnisse gepflegt, in gewisser Beziehung der Ausgangspunkt der modernen Chemie geworden; denn erst dadurch, dass man mit der Wage in der Hand alle chemischen Vorgänge prüfte, enstand die exakte chemische Wissenschaft. Die Operationen des Probierers waren im wesentlichen die Ope- rationen des Hüttenmannes bei der Zugutemachung der Erze auf den kleinen Raum des Laboratoriums mit seinen Tiegeln, Kapellen, Muffeln, Windöfen und Handblasebälgen reduziert. Wie die Ausschmelzung der Eisenerze ein einfacher Vorgang war, so war es auch das Probieren derselben auf ihren Gehalt. Es war dies eine einfache Tiegelprobe. Das gepulverte Eisenerz wurde in einem Tiegel mit Kohlenpulver gemengt zu einem Regulus, König, Beck , Geschichte des Eisens. 6 Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. oder Probierkorn geschmolzen. Das Schmelzen geschah im Schmiede- feuer oder in einem Probierofen, bei dem der Schmelzherd durch einen eisernen Ring ersetzt wurde. In diesen wurde der Tiegel ein- gesetzt, die Kohlen eingetragen und mittels eines Doppelbalges von drei Werkschuh, also etwa einem Meter Länge, das Feuer angefacht. Fig. 1 giebt die Abbildung eines Probierofens nach Agricola . Die Ermittelung des Eisengehaltes der Erze war der Hauptzweck der Probe, doch konnte man dasselbe Verfahren auch anwenden, um die vorteilhafteste Zusammensetzung von Erzen und Zuschlägen, den sogenannten „Möller“ zu ermitteln. Man nannte dieses „die Be- schickungsprobe“. Diese war indes im 16. Jahrhundert noch kaum Fig. 1. in Anwendung. Zur richtigen Schmelzprobe gehörte das richtige Probenehmen. Denn da der Zweck der Probe darin bestand, den richtigen Durchschnittsgehalt an Eisen zu ermitteln, so war es un- zulässig, ein einzelnes Erzstück zur Probe auszusuchen, man schöpfte vielmehr mit einer Schaufel von verschiedenen Stellen des Erzhaufens kleine Mengen, bildete aus diesen ein kleineres Haufwerk, von dem man in gleicher Weise wieder die Probe nahm, die dann zerkleinert und gut gemischt den möglichst richtigen Durchschnitt ergab. Das Erzpulver setzte man dann nach gehöriger Vorbereitung mit dem nötigen „Fluss“ in die „Tute“ ein. Ehe wir dies näher beschreiben, wollen wir das erwähnen, was die Schriftsteller des 16. Jahrhunderts, die über die Probierkunst geschrieben haben, mitteilen. Es sind dies Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. besonders Georg Agricola und Lazarus Erker . Was ersterer im siebenten Buche De re metallica darüber gesagt hat, haben wir oben (S. 45) bereits angeführt. Er röstet das Erz, zieht die eisenhaltigen Teilchen mit dem Magnet aus, sammelt diese, mischt sie mit einem Fluss und schmelzt sie in einer Tute im Schmiedefeuer. Der Eisen- könig wird gewogen. Auch Lazarus Erker bedient sich bei der Eisenprobe des Mag- netes und giebt in seinem Probierbuche (p. CXXXI) fast die gleiche Vorschrift, nur etwas weitläufiger, wie Agricola . Unter der Über- schrift „wie man probieren soll, ob ein Eysenstein reich an Eysen sei“ schreibt er: „Solche und dergleichen Eysensteine kann man durch kein andere weiss leichtlicher und bass probiren, dann durch den Magneten. Darumb so du denselben versuchen wilt, so röst ihn (wie- wohl ihn etliche ungeröst nehmen), reib ihn klein und nimb einen guten Magneten, welze oder zeuch den darinnen herumb, so hangt sich der gute Eisenstein alle an den Magneten, den streich mit einem Hasenfuss herab und hebe wiederumb mit dem Magneten den Eysen- stein auff, so viel du aufheben kannst und so zuletzt was liegen bleibt, dass sich nit aufheben will lassen, dass ist taub und nicht guter Stein. Hiemit kannstu sehen, ob eine Bergkart Eysen hat, oder ob ein Eysenstein reich oder arm an Eysen sey, dann wie gemelt, so hebt der Magnet kein ander metal auff, dann allein Eysen und Stahel. Der Stahelstein aber, der ist dem Eysenstein an seiner farb gar vngleich und sihet etlicher gleich wie ein gelblichter spart, den hebt der Magnet roh, wie auch etliche Eysenstein, gar nicht auff, so man aber den Stahelstein röstet, so ferbt er sich, dass er dem reichen Eysenstein an der farb gleich ist, dann hebt der Magnet denselben gar gern und noch ehr und lieber als den Eysenstein . . . . . So durch solche Prob durch den Magneten befunden wird, dass der Eysenstein gut und reich ist, so können dann die Hammerschmid mit ihren zuschlegen denselben im grossen fewer ferner probiren und versuchen . . . . .“ Charakteristisch für die alte Eisenprobe ist die Vorbereitung der Erze, besonders das Rösten oder Brennen derselben und das Aus- ziehen mit dem Magnet. Aber auch die Schmelzung wich in mancher Beziehung von der jetzt gebräuchlichen ab. Die Tiegel waren zwar, wie die Abbildungen bei Agricola und andern beweisen, dieselben wie heutzutage (Fig. 2). Es waren die sogenannten „hessischen“ Tiegel oder Tuten von Grossalmerode, die am Boden rund, am 6* Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. oberen Rande dreieckig ausliefen. Dieselben wurden erst mit einem Gemenge von Kohle und Lehm etwa 3 mm dick an den Wänden ausgeschlagen. Die Mischung bestand gewöhnlich aus 2 Tln. Kohlen- pulver und 1 Tl. Lehm. Dann wurde dies kohlenreiche Gemisch, welches die Reduktion bewirkte und aus 3 Tln. Kohlenstaub und 1 Tl. Lehm hergestellt war, eingetragen. Man drückte dieses fest ein, so dass nur eine kleine Öffnung in der Mitte zum Einsetzen der Probe verblieb. Die Probe bestand aus dem Eisensteinpulver und dem Fluss, welche zuvor in einem Mörser gehörig gemischt worden waren. Als Fluss giebt Agricola nur Salpeter an. Jedenfalls wendete man Flussmittel an, welche die beigemengten Silikate leicht verschlackten und ein flüssiges Glas gaben, während man in späterer Fig. 2. Zeit auch solche Zuschläge als Fluss- mittel gab, welche der Beschickung in Hochöfen entsprachen, also Kalk, Thon und Kieselerde. Es lässt sich vermuten, dass man bei kalkhaltigen Erzen schon damals neben dem Sal- peter auch noch Glas zugab. Die Schmelzung geschah in der Regel in einer Schmiedeesse vor dem Winde. Die Tiegel wurden mit Lehm befestigt und durch ein Stück Holz- kohle, das zu einem Deckel geformt war, verschlossen. Auf diesen Deckel wurde dann zum weiteren Schutze vor dem Winde noch etwas Kohlen- stübbe aufgedrückt. Man gab anfangs gelindes, dann heftiges Feuer. In etwa einer Stunde war die Probe fertig. Das Gewicht des Eisen- kornes gab das Ausbringen an Roheisen aus dem untersuchten Erze an. Aus dem Aussehen der Schlacke und des Regulus, sowie aus dessen Verhalten konnte man auf die Güte und Beschaffenheit des Eisensteines schliessen. Eine Eisenprobe auf nassem Wege gab es damals noch nicht. Nur qualitativ liess sich Eisen durch flüssige Reagentien nachweisen. Schon Plinius erwähnt die Galläpfeltinktur als ein Reagens auf Eisen, und Paracelsus wies damit das Eisen in den Mineralwässern nach. — Interessant ist die Art, wie Biringuccio die Verunreini- gungen der Eisenerze auf nassem Wege nachweist. Er schreibt: Man kann auch die Reinheit der Erze auf die Weise erkennen, dass man die Masse in eine starke Lauge (liscia forte — jedenfalls Scheide- Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. wasser) einträgt, und sie, indem man sie herausnimmt, über ein gut unterhaltenes Feuer bringt, wobei es auf die Farbe des Rauches an- kommt, der sich entwickelt. Wenn sie längere Zeit in der Lauge gewesen ist, wobei man mit einem Blasebalge oder einem andern Rohre langsam hineingeblasen hat, so erkennt man an den Blasen, die sich bilden, an der Verschiedenheit der Farben ihre Verunrei- nigung, welche vom Kupfer herrührt. In Nürnberg gab es schon in der ersten Hälfte des 16. Jahr- hunderts eine öffentliche Probieranstalt, die sich ganz besonders mit Erzproben beschäftigte. Aus dem Eisengehalte liess sich die Schmelzwürdigkeit und der Wert des Erzes bestimmen. Nur gutartige und reiche Erze liessen sich mit den unvollkommenen Hilfsmitteln jener Zeit mit Vorteil verwenden, und viele Eisensteine, die jetzt gesucht und geschätzt sind, wurden damals als zu arm oder zu schwer schmelzig verworfen. Da man nur reiche, gut schmelzige Beschickungen verwenden konnte, war man gezwungen, die Erze durch vorbereitende Behandlung, durch Waschen, Rösten u. s. w. zu reinigen und anzureichern. Diese Vor- bereitung der Erze musste weit sorgfältiger geschehen, als heut- zutage, und bildete deshalb einen viel wichtigeren Teil der hütten- männischen Praxis, als dies jetzt der Fall ist. Agricola schreibt, man müsse die unreinen und schwer schmelzbaren Erze so sorgfältig rösten, wie die Erze anderer Metalle. Zur Vorbereitung sollte man sie erst unter einem Trockenpochwerk zerkleinern, sodann sie rösten, damit die schädlichen Säfte sich ver- flüchtigen und sie dann waschen, damit alles, was leicht ist, von ihnen geschieden werde. Die Grösse der Erzstücke, die man aufgiebt, soll nicht über Nussgrösse betragen. — Das Zerkleinern der Erze ist die erste und wichtigste Vorbereitung der Erze für den Schmelz- prozess. Es ist einleuchtend, dass auf kleinere Stücke, infolge der grösseren Oberfläche, die reduzierenden Gase und die Hitze intensiver einwirken, und dass die gleichmässige Grösse der Erzstücke einen gleichmässigen Ofengang bewirkt. Biringuccio sagt, dass diese Zer- kleinerung des Erzes zu Nussgrösse die einzige Vorbereitung sei, deren die Erze von Elba bedürften; dagegen müssten unreinere Eisenerze ausgelesen, geröstet, nochmals gut sortiert und verwaschen werden. — Die Handscheidung war diejenige Art der Aufbereitung der Erze, welche, wegen ihrer Einfachheit und Billigkeit, auch bei den ge- ringeren Erzsorten gebräuchlich war. Man konnte dazu Frauen, Kinder und Greise, die zu anderer Arbeit nicht mehr zu gebrauchen Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. waren, verwenden. Das Scheiden mit der Hand bestand in dem Zer- klopfen der Erzstücke mit einem Handhammer oder „Fäustel“ auf einem Stein oder einem Stück Eisen (Amboss) als Unterlage, „den Bocken“, und dem Auslesen, „Ausklauben“, der tauben, unhaltigen oder unreinen Teile, „denn unnütz Erz mit dem nützen zu verschmelzen ist schädlich“, sagt Agricola . Es geschah dies meistens schon auf der Halde. War das Erz mit Thon stark gemengt, lettig oder lehmig, so musste dieser erst ausgewaschen , die unhaltigen Stücke aus- geklaubt werden. Die über nussgrossen Erzstücke wurden zerkleinert. Fig. 3. Fig. 4. Das Auslesen, „Ausklauben“, geschah auf grossen Tischen, den Klaub- tischen. Fig. 3 zeigt einen Scheider mit dem Scheidehammer C und dem Erzfass E bei der Arbeit. Fig. 4 ist ein Klaubtisch, an dem Mädchen arbeiten (aus Agricola ). Biringuccio hebt die Wichtigkeit des Sortierens der Eisenerze ebenfalls besonders hervor Van. Biringuccio , Pyrotechnia, Lib. I, Cap. VI. : „Wer aber das Eisen weich machen will durch die Güte des Eisenerzes selbst, abgesehen von der Behandlung und den Kohlen, der muss einen geschickten und erfahrenen Sortierer haben, der genau das Reine und das Unreine auswähle und sie durch das Urteil seines Auges und dadurch, dass er sie zerbricht, voneinander sondert.“ Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. Zuweilen geschah das Zerkleinern der Erze unter einem grossen Hammer mit platter Bahn, der durch Wasser bewegt wurde. Die Anwendung des Bock- oder Pochhammers , der in seiner Konstruk- tion dem Stabeisenhammer ähnlich war und nur durch die flache Hammerbahn und den plattenartigen Amboss abwich, fand im Norden, namentlich in Schweden, mehr Eingang, während in Mitteleuropa die Stempelpochwerke gebräuchlicher waren. Agricola beschreibt nur die letzteren bei der Erzzerkleinerung; dieselben waren seiner Zeit im Erzgebirge bereits in allgemeiner Anwendung, während sie in den übrigen europäischen Ländern erst später Eingang fanden. So bediente man sich in Frankreich noch ausschliesslich der Mörser und Siebe zur Zerkleinerung der Erze und erst im Jahre 1579 soll das erste Poch- werk aufgestellt worden sein Siehe Poppe , Geschichte der Künste und Wissenschaften, Bd. II, S. 381. . In Deutschland waren dagegen die Trockenpochwerke schon im 15. Jahrhundert in Anwendung. Sie gehörten zu denjenigen Arbeits- maschinen, welche, wie die grossen Schmiedehämmer, infolge der Be- nutzung des Wassers als bewegende Kraft erfunden wurden. Wahr- scheinlich pochte man zuerst nur mit einem Stempel, später dann mit drei oder noch gewöhnlicher mit vier. Auch das Nasspoch- werk , durch welches erst eine rationelle Aufbereitung der fein ein- gesprengten Erze ermöglicht wurde, ist in Deutschland erfunden worden, und geschah dies bereits in den ersten Jahren des 16. Jahr- hunderts. Der sächsische Edelmann Sigismund von Maltiz liess im Jahre 1505 oder 1507 die ersten Nasspochwerke zum Pochen der Zinnerze erbauen Siehe Beckmann , Beiträge zur Geschichte der Erfindungen, Bd. V, S. 103. . Agricola schreibt: Maltiz habe das Nasspochwerk erfunden, und im Jahre 1512 die ersten zu Dippoldiswalde und Alten- berg erbaut Agricola , De re metallica, Lib. VIII. Cum anno M.D.XII Georgius illustris Saxonum Dux in Misena jus omnium tumulorum e fodinis egestorum dedisset nobili et prudenti viro Sigismundo Malthicio , patri Joannis Episcopi Miseni et Henrici: Is Dippoldisvaldi et Aldebergi, quibus in locis fodiuntur lapilli nigri, ex quibus plumbum candidum conficitur, rejectis pilis siccis, cribris amplis, mola, invenit machinam , quae venas udas pilis praeferratis tunderet. . In Joachimsthal baute einige Jahre später Paul Grommestetter , aus Schwarz gebürtig, daher Schwarzer genannt, das erste Nasspochwerk zur Aufbereitung der Silbererze. 1521 wurde dann ebendaselbst ein grosses Pochwerk, um über den Plan zu waschen, angelegt, welches grosse Ersparnisse brachte. 1525 baute Hans Pörtner das erste Nasspochwerk zu Schlackenwalde. Ausserhalb Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. Sachsen und Böhmen scheinen damals Pochwerke noch nicht im Ge- brauch gewesen zu sein. Wenigstens wurde das erste Trockenpoch- werk im Harze, welches nur mit einem Stempel arbeitete, erst 1524 unter der Regierung Heinrichs des Jüngeren von Peter Philipp zu Wildemann angelegt. Während bei dem Trockenpochwerk die an Stempeln befestigten Pocheisen auf eine offene Pochsohle, welche aus einem mit Eisenblech beschlagenen Eisenklotz hergestellt war, auf- Fig. 5. schlugen, war die Pochsohle bei dem Nasspochwerke mit einem starken Kasten umgeben, in dessen einer Wand ein Gitter oder ein Sieb eingesetzt war, durch welches das Wasser mit dem Pochmehle aus- strömte. Zum Zerkleinern der Eisenerze wendete man das Nass- pochwerk nicht an, weil dies zu kostspielig gewesen wäre, man auch die Zerkleinerung des Erzes nicht bis zur Pulver- oder Schliegform. sondern nur bis zur Nussgrösse erstrebte. Fig. 5 zeigt ein Trocken- pochwerk mit vier Stempeln nach einer der zahlreichen Abbildungen Rösten der Erze. in Agricolas De re metallica. Es werden immer zwei Pochstempel durch Daumen an der Welle gleichzeitig gehoben. In Fig. 6 sind Wasserradwelle mit Daumen ( a ), Pochstempel mit und ohne Poch- eisen ( b, c ), Pocheisen ( d ) für sich, Spannring ( e ) und ein Hebe- daumen ( f ) für sich dargestellt. Ausführlichere Angaben über die Fig. 6. Fig. 7. Konstruktion der Pochwerke jener Zeit findet man im achten Buche De re metallica. Das Verwaschen der Erze geschah in Schlämmgräben oder Schlammgerinnen, wie es Agricola in Fig. 7 darstellt. In der Regel war bei den Eisenerzen nur ein Abwaschen der lettigen Beimengung nötig. Ein Verwaschen durch Siebe kam bei Gangerz kaum vor, wohl aber bei den Wiesenerzen oder Raseneisensteinen. Rösten der Erze . Die wichtigste Vorbereitung der Erze zum Schmelzprozess ist das Rösten . Auch dieser Prozess war in früheren Zeiten von grösserer Bedeutung und allgemeiner gebräuchlich als heutzutage, denn in unsern jetzigen gewaltigen Hochöfen vollzieht sich die Röstung im Schacht des Hochofens von selbst. Ganz anders war dies bei den alten Rennfeuern und Stucköfen. Da musste die Röstung als eine Rösten der Erze. selbständige Operation der Schmelzung vorausgehen, und man röstete auch solche Erze, die heutzutage infolge der starken Gebläse einer solchen Vorbereitung gar nicht mehr bedürfen. Denn die Röstung ist nicht nur eine chemische, sondern auch eine mechanische Vorbereitung der Erze. — Agricola drückt dies bereits De re metallica, Lib. VIII. At duabus de causis venae uruntur vel enim ut ex duris molles et fragiles factae facilius aut tundi malleis pilisve, aut mox excoqui possent: vel ut res pingues comburantur sulphur scilicet, bitumen, auri- pigmentum, sandaraca: sed sulphur saepius in venis metallicis inest et plerumque plus quam caetera noect metallis omnibus excepto auro: verum maxime nocet ferro. klar und bestimmt folgendermassen aus: Die Erze werden aus zweierlei Ursachen ge- röstet, entweder damit man die harten weich und zerbrechlich mache, um sie leichter mit Fäusteln oder Pochwerken zerkleinern zu können, oder damit die fettigen Beimengungen, wie Schwefel, Bitumen, Arse- nik (Auripigment und Sandarach) verbrannt werden: der Schwefel ist aber am häufigsten in den Erzen und schadet allen Metallen — ausser dem Gold — mehr denn die andern: am meisten aber schadet er dem Eisen. Das Rösten der Eisenerze ist ein Brennen auf einem Glühfeuer. Es wurde angewendet: 1. Wenn die Erze zu fest waren, um sich leicht zerkleinern zu lassen, wobei die Röstung nur ein Auflockern der Masse bewirkte. Es geschah dies bei Magneterz, besonders aber bei dichtem Roteisen- stein und Eisenglanz. 2. Wenn eine höhere Oxydation zweckmässig schien, namentlich bei Erzen, welche das Eisen im Zustande des Oxyduls enthielten, weil dieses sich verschlackte und grossen Schmelzverlust erzeugte und da- durch zugleich eine Rohschlacke bildete, welche entkohlend wirkte und Frischeisenbildung zur Folge hatte. Dieses war der Fall bei Magneteisensteinen und bei Frisch- und Schweissschlacken, welche auf Eisen verschmolzen werden sollten. 3. Wenn fremde Verbindungen, welche dem Eisen schädlich sind, entfernt werden sollen. Es kommen hier besonders Schwefel, Arsenik und Zink in der Form von Schwefelkies, Arsenikkies, und Blende in Betracht. 4. Wenn Wasser und Kohlensäure ausgetrieben werden sollen. Während dies jetzt meistens im Schacht des Hochofens geschieht, wurde dies früher durch Rösten bewirkt, weil die Abkühlung durch die zur Verflüchtigung der genannten Beimengungen gebundene Wärme, bei den niedrigen Öfen nachteilig wirkte. Es war dies besonders bei Spateisenstein und Sphärosideriten notwendig. Rösten der Erze. Das Rösten geschah in freien Haufen, in Stadeln oder in Öfen. Das Rösten in Haufen erforderte keine baulichen Vorrichtungen, es geschah auf ebenem Boden über einer rostartigen Holzlage. Diese Art der Röstung haben wir bereits bei der alten Eisengewinnung in Schweden und in Steiermark kennen gelernt Siehe Bd. I, S. 809 und 821. . Agricola sagt: Diese Art des Röstens ist bei allen Arten von Erzen in Anwendung. Zunächst wird die Erde ausgegraben, so dass eine viereckige Fläche, welche nach der Stirnseite frei ist, entsteht. Auf diese wird eine Lage von Holzscheiten gelegt, darüber eine zweite im rechten Winkel, welches man den Rost nennt: dies wiederholt man, bis die Schicht eine bis zwei Ellen hoch ist: hierauf wird dann das Erz, welcher Art Fig. 8. es sei, nachdem es zu- vor mit Hämmern zer- kleinert worden ist, aus- gebreitet: erst das gröb- ste, dann das mittlere, zu oberst das feinste, so dass der Haufen die Form einer Pyramide erhält. Derselbe wird wie ein Kohlenmeiler gedeckt und dann ent- zündet. Zu dem Rösten in Stadeln gehört ein meist längliches, viereckiges Mauerwerk, das auf einer der Schmalseiten offen ist. Es ist dies die Röststadel oder Röststätte. Ringsum sind Zuglöcher angebracht. Das Aufschichten des Erzes und des Brennmaterials geschieht in ähnlicher Weise wie bei den freien Haufen, doch ist hierbei weniger Brenn- material nötig, auch hat man das Feuer mehr in der Gewalt. Im Agricola finden sich verschiedene Abbildungen von Röst- stadeln und dem Rösten der Erze in denselben. Fig. 8 stellt die Zurichtung des Holzrostes in einem Röststadel dar, Fig. 9 zeigt links einen besetzten Stadel im Brand, rechts einen nach vollendeter Röstung, der abgewässert wird. Agricola giebt die Masse der Röststadeln für Kupferstein zu 12 Werkschuh Länge, 8 Breite und 3 Tiefe an. Auch Biringuccio spricht nur vom Rösten der Eisenerze in Stadeln. Er Rösten der Erze. sagt, der Schmelzer müsse die Erze „in einem offenen Ofen rösten“ (à forno aperto la ricuoca) und zwar wiederholt. „Wenn er sie dann röstet und wieder röstet und sie gut ausdampfen lässt, ehe er sie verschmilzt, erhält er ein gutes Eisen, das sich leicht bearbeiten lässt.“ Was hier unter forno aperto gemeint ist, lässt sich allerdings nicht bestimmt behaupten. Dem Wortlaut nach müsste man zumeist an die eigentümlichen, hohen Röststadeln oder Röstöfen denken, welche Agricola am Ende seines achten Buches erwähnt: Hae fornaces Fig. 9. structuram habent similem struc- turam fornacum, in quibus venae excoquuntur, nisi quod ex priore parte pateant: altae vero sunt pedes sex: latae quatuor. Die Röstöfen, wenn solche überhaupt damals schon ange- wendet wurden, waren Schacht- öfen. In ihrer einfachsten Ge- stalt waren es schachtförmige Gruben in trockenem Boden in steil abfallenden Hügeln, ähnlich den primitiven Kalköfen oder Kalkgruben. Besser sind die gemauerten Schachtöfen, die einen runden oder viereckigen Querschnitt und meistens die Gestalt eines umgekehrten Kegels oder einer Pyramide hatten. Es ist möglich, dass die Röstung in Schachtöfen in den Gegenden, wo Spateisensteine verschmolzen wurden, wie besonders im Sieger- lande und am Erzberge in Steiermark, ferner in der Dauphiné, Graf- schaft Foix, Roussillon und Navarra, schon sehr früh im Gebrauche war, doch fehlen darüber bestimmte Angaben. Möglich, dass Biringuccios Forno aperto, den wir oben als Röststadel erklärt haben, ein unten offener Schachtofen bedeuten soll. Auch das Rösten von wertvolleren Erzen in einem backofen- artigen Flammofen beschreibt Agricola bereits. Eigentümlich war das Rösten der Erze in den Rennherden zu Corsica. Es geschah in denselben Herdöfen, in denen auch die Erze reduziert und eingeschmolzen wurden, und bildete den ersten Teil dieser Arbeit. Hierbei wurde die Röstung viel weiter getrieben, als dies sonst gebräuchlich war, so dass die Erzmasse bereits zusammen- Rösten der Erze. sinterte und schon eine teilweise Reduktion eintrat. Das Nähere hierüber findet sich im ersten Teile, S. 785. Hatte das Rösten nur den Zweck, allzu feste Erze mürbe zu machen, aufzulockern, so war jetzt vor dem Einschmelzen nur noch ein Zer- klopfen nötig; handelte es sich aber um die Oxydation beigemengter schwefel- oder arsenikhaltiger Kiese oder Glanze, oder auch von Phosphorverbindungen, so folgte der Röstung ein Abwässern und Auslaugen . Dies konnte durch Einleiten von Wasser in die Röst- stadel, wie dies in der Zeichnung von Agricola , Fig. 9, dargestellt ist, geschehen, oder durch Ausbreiten im Freien, wonach dann der Regen die Auflösung und Wegführung der schädlichen Salze bewirkte, oder durch Behandlung in besondern Wässerungskasten, die etwa 3 m breit und 6 m lang waren und 5 bis 10 t fassten. Die Erz- haufen blieben ein bis drei Jahre an der Luft liegen, wobei immer wieder von Zeit zu Zeit Wasser darauf geleitet wurde, ehe sie zur Verwendung in den Schmelzofen kamen. Man kann das künstliche Rösten und Abwässern durch die lang- same, aber lange fortgesetzte Einwirkung der Atmosphärilien, also durch das Verwittern an der Luft ersetzen. Dieses geschah viel- fach bei Spateisensteinen, die man auf diese Weise „reif“ werden liess. Freilich müssten die Erze dann viele Jahre auf der Halde liegen, ehe sie verschmolzen werden konnten, und da dies grosses Betriebskapital erfordert, so kommt dieses Verfahren heutzutage, wo man bestrebt ist, alle Prozesse möglichst abzukürzen, um die Produk- tion zu erhöhen, nur noch ausnahmsweise in Anwendung. Wiederholtes Rösten und Auslaugenlassen durch den Regen empfiehlt Biringuccio als die beste Vorbereitung. Er beschreibt dies (Pyrotechnia, Lib. I, Cap. VI) also: „Nachdem die Erze am offenen Feuer halb geröstet sind, und Regengüsse sie benetzt, und die Sonne sie wieder getrocknet haben, lässt sie der „„Sortierer““ eine Zeitlang liegen. Ehe er sie dann zum zweitenmal ganz klein zum Röstofen bringt, sieht er sie Stück für Stück durch, indem er nun das aussondert, was äusserlich die Spur eines andern Metalles zeigt. Wenn er sie dann röstet und wieder röstet, und sie gut ausdampfen lässt, ehe er sie einschmilzt, so erhält er ein gutes Eisen u. s. w.“ Nun war das Erz so weit vorbereitet, dass es verschmolzen werden konnte. Selten aber waren die Erze so zusammengesetzt, dass dies ohne weiteres ohne Zusätze, welche die Schmelzung beförderten, also ohne sogenannte Zuschläge geschehen konnte. Da die Gangart in den meisten Fällen eine kieselige oder thonige, d. h. eine saure war, Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. so war ein basischer Zuschlag erforderlich, und hierfür diente von altersher der Kalk. Dieser wurde im Altertume meist in gebranntem Zustande, als gelöschter Kalk, mit dem die zerklopften oder gepochten, feinen Erze eingebunden wurden, angewendet. So beschreibt es Agricola bei den Rennfeuern. Die niedrige Temperatur im Schmelz- herde war die Veranlassung zu diesem Verfahren, indem die An- wendung von ungebranntem Kalke den Prozess sehr verzögert und den Kohlenverbrauch unverhältnismässig gesteigert haben würde. Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. Das verkohlte Holz — die Holzkohle — war das wichtigste Brennmaterial für das Ausschmelzen der Erze, sowie für alle hütten- männischen Operationen in früheren Zeiten. Dies wird bestätigt so- wohl durch Ausgrabungen Siehe Bd. I, 523. , wie durch viele Stellen griechischer und römischer Schriftsteller. Bei keinem finden wir indes eine genaue Beschreibung des Vorganges der Holzverkohlung, wir wissen nur, dass sie in Gruben und Haufen oder Meilern geschah. Der erste, der ausführlicher über die Holzverkohlung geschrieben hat, ist Vanuccio Biringuccio Pyrotechnia, Libr. III, Cap. X. . Er unterscheidet die Holzverkohlung in Meilern und die in Gruben , und berichtet darüber im zehnten Kapitel des dritten Buches seiner Pyrotechnia, welches überschrieben ist „Von den Eigenschaften und Verschiedenheiten der Kohlen und wie man sie zu machen pflegt“, folgendes: .... „Gewiss glaube ich, dass die Menschen eher die Erze ent- behren könnten, als die Brennmaterialien (das Feuer), wegen des mannigfaltigen Nutzens derselben, und sie (die Natur) hat ausser den Bäumen an mehreren Orten auch Steine gemacht, welche die Natur von wirklichen Kohlen haben, und womit sie in jenen Ländern das Eisen bearbeiten, die andern Metalle schmelzen und Steine zu- bereiten, um Kalk zum Mauern zu machen. Aber wir wollen hier jetzt nicht an entfernte Dinge denken, da wir ja sehen, dass die Natur jedem Bedürfnisse entspricht und hinsichtlich der Erze bietet sie zur Hilfe, wenn nicht auf denselben Bergen, so doch in der Nach- barschaft, stets eine reichliche Menge von Bäumen dar, denn sie weiss, wie viele man davon nötig hat. Die Holzkohle ist der Stoff, welcher Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. in erster Linie für das Schmelzen wichtig ist und besonders, dass man sie von guter Qualität habe, deshalb muss man sich über die Bereitung der Kohlen und über die Verschiedenheit der Holzsorten unterrichten, über welches beides ich nun berichten will. Zuerst spreche ich von der Verschiedenheit der Hölzer, wovon jeder Praktiker genaue Kenntnis haben muss. Denn alle jene Ope- rationen, welche ein nachhaltiges, kräftiges und lebhaftes Feuer nötig haben, erfordern eine Kohle, die von kräftigem und festem Holze gemacht ist und nicht von weichem. Wo man aber Flammfeuer nötig hat, wie in den Reverberieröfen, ist die Kohle unnütz, hierzu bedient man sich des reifen, trockenen Holzes. — Harte Kohlen nennt man die von gewissen Holzarten, welche von Natur erdig sind, wie die Eiche, Buche, (eccio?), Ulme, Esche und andere grobe und harte Holzarten; weiche Kohlen aber macht man aus den gewöhnlicheren Holzarten, die mehr lufthaltiger Natur sind, wie die Tanne, Weide, Ulme, Haselstaude und ähnliche von sehr weicher und schwacher Qualität. Alle Kohle ist aber nichts anderes als die hitzige und trockene Holzsubstanz, aus der die wässe- rigen und fetten Teile, die das Holz enthält, durch das Feuer aus- getrieben sind. — Man muss auch das Holz lange Zeit gespalten an einem trockenen Orte lagern lassen, oder es in einen Wärmeofen bringen, um es trocken zu machen; denn so lange es noch Feuchtig- keit enthält, brennt es nicht zu Asche und widersteht dem Feuer.“ Biringuccio betrachtet nun das Wesen der Verbrennung, deren Intensität einerseits von der elementaren Substanz des Holzes, ander- seits von der Art und den Mitteln der Verbrennung abhängig sei. Bei der Verbrennung unterscheidet er drei Vorgänge: erstens die Ausdunstung der Feuchtigkeit des Holzes, welche ein unreiner Dampf sei, welcher bei starker Hitze sich entzünde und die Flamme bilde, zweitens die Verbrennung der Kohle und drittens die Abscheidung der erdigen Bestandteile des Holzes in der Asche. Obgleich die Kohle nicht die lebhafte Flamme des Holzes ent- wickele, so gäbe es doch eine viel stärkere Hitze als dieses, weil die Feuchtigkeit ausgetrieben, die „lebendige Kraft“ sehr konzentriert sei und die Luft besser eindringen könne. Holz ohne Kohlen gäbe auch trotz des Blasebalges keine genügende Hitze zum Schmelzen. Dabei sei es noch sehr wichtig, das Holz je nach dem Standort, wo es ge- wachsen, auszuwählen. — Lasse man diese Vorschriften ausser acht, so mache man sich leicht vergebliche Mühe und Kosten. So z. B., wenn man Gold, Silber, Kupfer oder andere Metalle schmelzen wolle Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. und dazu Birkenkohle nehme, würde man sich wohl umsonst abmühen, ebenso, wenn man etwas dickes Eisen schweissen (bollire) wolle und dazu Kohlen von Weiden, Tannen, Massholder, Espen oder ähnlichen Holzarten nehme, würde man schwerlich die genügende Kraft der Hitze erzielen, Kohle von Kastanien, Weiden und ähnlichen Bäumen könne der Eisenschmied überhaupt nicht gebrauchen. „Im allgemeinen ist es nicht ratsam, Kohle zu brennen an Orten, wo gutes Holz nur spärlich vorkommt, ausser wenn man dazu ge- zwungen ist. Die Güte des Holzes allein genügt aber nicht, die Art der Bereitung muss auch die richtige sein, und Kohlen von derselben Holzart können starken oder schwachen Brand machen, je nachdem sie auf die eine oder die andere Art gemacht, mit einer oder der andern Erde gedeckt sind, und es macht einen grossen Unterschied, ob das Holz noch jung ist oder von alten Bäumen, oder ob es rein ist oder astreich, ob es gesund und stark geschlagen wurde, ob zu einer oder der andern Jahreszeit, ob das Holz trocken und ausgereift oder noch grün war, ob es dann gut aufgesetzt und lufttrocken war, und so macht es auch einen grossen Unterschied, ob die Bäume auf hohen Bergen, wo sie frei stehen und die Sonne Kraft hat, oder ob sie an schattigen und sumpfigen Plätzen gewachsen sind. Wo man nur Flamme braucht, ist es gerade umgekehrt, indem das Feuer und die Flamme, das die letzteren geben, sehr stark ist. Manchem mag dies unglaublich scheinen, aber Versuche werden ihn davon über- zeugen und den Grund will ich sogleich angeben; da nämlich nur das Holz auf den Bergen gehörig austrocknen und die verbrennliche Feuchtigkeit verdichten kann, wird die Porosität vermindert, wodurch das Feuer nur schwer in das Innere eindringen und die inwendige Feuchtigkeit nur schwer aus den kleinen, engen Poren ausdünsten kann zum Brennen, so dass sie sich fast ohne Flamme verzehrt. Bei dem Holze, welches im Thale oder im Sumpfe wächst, ist dies nicht der Fall. Wenn hier durch das Feuer die überflüssige, kalte, wässerige Feuchtigkeit verjagt ist, bleibt das Holz locker und porös zurück. Durch dieses dringt das kräftige Feuer mit Leichtigkeit ein, was bei frisch geschlagenem Holze wieder viel weniger geschieht, als bei trockenem. Lassen wir aber jetzt das Holz beiseite, und wenden wir uns zu unserm eigentlichen Gegenstande, zur Kohle. Die Kenntnis derselben ist für die Feuerung von grösster Wichtigkeit. Man muss die Art des Holzes kennen, muss wissen, dass es nicht länger als ein Jahr geschlagen ist und ob es auf trockenem oder an einem feuchten und weichen Orte gewachsen ist. Denn nasses Holz, welches das Wasser Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. wie ein Schwamm aufgesaugt hat, taugt nichts, obgleich solches Holz zur Fundamentierung von Gebäuden sehr geeignet sein kann und ich habe selbst solche Hölzer herausziehen sehen, die über 400 Jahre im Boden staken und so frisch aussahen, als ob sie gestern eingesetzt worden wären. Nun will ich Euch aber die Herstellungsarten der Holzkohlen lehren ..... Es giebt deren zwei. Die erste und von allen die beste nennt man die Meilerverkohlung (à pagliaro — eigentlich nach Art des Strohschobers). Um sie auszuführen, wählt man einen für das Holz, welches geschlagen werden muss, geeigneten Platz. Er sei eben, und wenn er es nicht ist, mache man ihn so und gebe ihm die Form einer kreisrunden Stätte (una ara tonda), in die Mitte stecke man vier starke Stangen ins Geviert oder drei ins Dreieck, so dass sie nahezu eine halbe Elle voneinander stehen und um diese herum legt Ihr Kreis über Kreis all Euer gespaltenes Holz, mit klein gemachten Klötzen (Schmalholz) dazwischen, in Gestalt einer abgestumpften Pyramide oder eines Strohschobers, woher der Name kommt. Um gute Kohle zu machen, muss das Holz wenigstens sechs Monate oder ein Jahr getrocknet sein. Man setzt aber mit gewissen Zwischen- räumen Lage über Lage, bis Ihr die Höhe und Breite erreicht habt, welche Ihr dem Meiler geben wollt, und in der Mitte zwischen den Stangen lasst Ihr eine Leere bis oben hin. Wenn dies geschehen ist, bedeckt Ihr alles aufs beste mit Farnkrautblättern und mit Pfriemkraut und darüber mit guter Erde, so zähe und trocken, wie man sie gräbt, und deckt so bis obenhin, indem man die Decke etwa eine Hand dick macht, alles gut zubereitet und gut geschlossen, dass sie nichts durchlässt, ausgenommen, wo man am Kopfe zehn oder zwölf Luftlöcher lässt, um den Rauch und die Feuchtigkeit, welche das Holz und die Erde enthalten, entweichen zu lassen. Nachdem dies geschehen, lasst Ihr auf den Boden des Loches in der Mitte zwischen den Stangen Feuer werfen und darüber trockene Reiser und dürre Blätter und füllt es damit bis obenhin oder so weit, dass Ihr glaubt, dass das Feuer sich überall mitteile. Alsdann verschliesst man auch noch diese oberste Öffnung mit Erde und lässt nur die Luftlöcher offen. So kommt nach und nach in sechs bis acht Tagen der ganze Meiler in Brand und kocht (treibt). Wenn man sieht, dass an den Luftlöchern der starke Rauch aufhört, kann man annehmen, dass er gar ist. Alsdann verschliesst man ihn oben, ringsherum und überall mit derselben Sorte von Erde, so dass alle Luftlöcher nichts ausatmen können, damit das Feuer, weil sein Aus- Beck , Geschichte des Eisens. 7 Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. atmen gehemmt ist, sofort ersticke und verlösche. Auf diese Art bleibt all Euer Holz in Kohle verwandelt ohne Asche oder Feuchtig- keit. Auch könnt Ihr, wenn Ihr sie nicht ganz abkühlen lassen, sondern sofort davon haben wollt, davon nehmen, indem Ihr eine Seite der Erde der Decke, die Ihr gemacht habt, abhebt, wenn dies auch wegen der Hitze keine ganz unbeschwerliche Sache ist. Man macht auch noch Holzkohlen auf eine andere Art, und zwar machen es auf diese Weise meistens die Schmiede, wenn sie Kohlen von Birken oder Kastanien machen; dieselben werden dadurch härter, aber weniger gut. Man macht eine Grube in der Erde, anderthalb Ellen im Durchmesser und ebenso tief. Man füllt sie und häufelt sie auch mit Birkenwurzelstöcken oder gespaltenem Kastanienholz oder anderm Holze, und lässt in der Mitte eine Höhlung vom Gipfel bis zum Boden, um das Feuer darin zu entzünden. Das übrige wird mit Fig. 10. Farnkraut oder Besen- pfriem bedeckt und darauf mit Erde, wie ich es oben bei der Her- stellung der grossen Meiler beschrieben habe, und ebenso ver- fährt man auch beim Feuergeben und Aus- löschen. Aber weil nur wenig Feuer (d. h. Brennholz) hier eingesetzt wird, so ist es in acht bis zehn Stunden völlig gar. Sie müssen auch von gutem Holze gemacht werden, be- sonders wenn man nicht mit dem Winde starker Blasebälge arbeitet, da sie wegen ihrer Härte nicht so gut brennen, als die in Meiler gemachten. Aber wenn sie in Brand gebracht sind, halten sie gut an. Gute Kohle muss von gutem, trockenem Holze sein, gar und nicht verbrannt, wodurch sie zerfallen und matt werden, während gare Kohle grosse, feste Stücke giebt, die einen Klang geben wie Glas.“ Zum Schlusse hebt Biringuccio noch hervor, wie wichtig es ist, dass die Holzkohlen trocken aufbewahrt werden, indem sie, wenn sie feucht werden, unter Funkensprühen knisternd auseinander- fahren. Die Meiler, die Biringuccio beschreibt, sind die sogenannten „wälschen“, welche einen aus Stangen (Quandelstäben) hergestellten Quandelschacht haben, durch welchen der Meiler von der Mitte aus Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. von oben angezündet wird. Es sind ferner „stehende Meiler“, d. h. solche, bei denen die Holzscheite aufrecht stehend, nur wenig gegen die Achse geneigt, in Kreisen um den „Quandel“ gestellt werden. Es ist dies also dieselbe Art Meiler, welche auch bei uns und in dem ganzen westlichen Europa die gebräuchlichste ist. Die „slavischen“ Meiler Siehe Bd. I, S. 523. mit horizontaler Zündgasse sind mehr im östlichen Europa und die „liegenden“ Meiler, bei denen das Holz horizontal um die Achse gelegt wird, in Skandinavien gebräuchlich. Auch ist die Be- schreibung so klar und verständlich, dass wir kaum noch etwas hinzuzufügen haben. Die theoretischen Betrachtungen, namentlich über den Unterschied von hartem und weichem Holze und über die Verbrennung, sowie über die Verkohlung, sind sehr beachtenswert. Werfen wir noch einen Blick auf die beigefügten Abbildungen, Fig. 10 und 11. Dieselben sind, wie die meisten Zeichnungen Birin- Fig. 11. guccios , sehr skizzen- haft und nicht durch- aus zuverlässig. So ist der fertige Meiler, der in Fig. 10 rechts dar- gestellt ist, viel zu steil; bei solcher Rüstung würde die Decke gleich herabfallen. Aus dem angefangenen Meiler zur Linken erkennen wir, dass das Holz in vier Stockwerken, in der oben beschriebenen Weise nach dem Quandel zu geneigt, aufgebaut ist. Der Köhler zur Linken des Bildes schleppt das zum Verkohlen bestimmte, nach Mass zu- gerichtete Holz herbei. Nach der Art, wie er es trägt, dürfen wir schliessen, dass es die noch jetzt gebräuchliche Länge von 60 bis 70 cm hat, so dass der ganze Meiler eine Höhe von ungefähr 2 m haben dürfte. Es ist in der Zeichnung nicht angedeutet, dass in den aufeinander folgenden Stockwerken des Meilers die Holzscheite immer mehr geneigt sind, so dass dieselben in dem obersten, der sogenannten „Haube“, welche den Abschluss bildet, mehr liegen als stehen. Doch halten wir dies für ein Versehen des Zeichners. Denn im allgemeinen geht sowohl aus der Zeichnung, wie aus der Beschreibung hervor, dass das Kohlenbrennen in Meilern damals im wesentlichen gerade so be- 7* Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. trieben wurde wie heutzutage, und wie dies wohl auch schon 2000 Jahre zuvor der Fall war, was sich aus dem, was Theophrast und Plinius darüber mitgeteilt haben, schliessen lässt. Die Köhlerei ist ein nur auf Erfahrung beruhendes Gewerbe, um das sich die Spekulation in früheren Perioden nicht bekümmerte, und welches die Theorie, die sich seit kaum mehr als einem Jahr- hundert damit befasst hat, auch nicht mehr wesentlich fördern konnte. Vanuccio gebührt aber das Verdienst, den technisch hochwichtigen Vorgang bei der Holzverkohlung zuerst eingehend, klar und ausführ- lich beschrieben zu haben: und wie keine frühere Schilderung existiert, die dieser an die Seite gestellt werden könnte, so ist auch in den folgenden 200 Jahren bis zu Wallners Schrift über die schwedische Holzverkohlung (1740) nichts Ausführliches darüber veröffentlicht worden. Wir finden nur in einzelnen Werken, wie in Garzonis Schauplatz (113. Gespräch) Auszüge aus Biringuccio . Sehr mit Unrecht wird in der einschlägigen Fachlitteratur auf diesen Auszug, der zum Teil ein wörtlicher Abdruck ist, öfter hingewiesen, während ich die viel gediegenere, umfangreichere Quelle in der Pyrotechnia nirgends erwähnt gefunden habe. Über die Grubenverkohlung, wahr- scheinlich die älteste Art der Verkohlung, die aber in Deutschland und in Nordeuropa jetzt ganz ungebräuchlich ist, besitzen wir über- haupt keine besseren Nachrichten, als die oben angeführten. Aus der beigefügten Abbildung, Fig. 11, geht hervor, dass bei diesem Verfahren nicht zugerichtetes Scheitholz, sondern Astholz und Wurzelstücke verkohlt wurden, denn solche trägt der Köhler auf der linken Seite in die Grube ein, der Knabe rechts hält einen ziemlich geraden Ast, der jedenfalls als Quandel dienen soll, um den oben beschriebenen mittleren Zugkanal herzustellen. Aus der Abbildung der in Brand befindlichen Grube erkennen wir, dass das Holz noch über der Grube aufgehäuft war. Die Grubenkohlen sind, wie oben erwähnt, hart und zu vielen Zwecken nicht zu gebrauchen, auch fallen viele schlechte Brände, und ist der Abbrand bei ihrer Herstellung grösser als in Meilern; aber sie lassen sich leicht und rasch herstellen, und wenn Garzoni erzählt, dass die Kohlenträger, die er unter die Klasse der Fachini rechnet, und welche zu seiner Zeit die Holzkohlen für die Küchen und die Schmiede hausierend in den italienischen Städten herumtrugen, ihre Kohlen häufig selbst machten, so lässt sich vermuten, dass dies auf dem einfachen und raschen Wege der Grubenverkohlung geschah. Die Verwendung der Steinkohlen war zu Anfang des 16. Jahr- hunderts noch eine sehr beschränkte. Doch wurden sie in den Gegen- Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. den, wo sie zu Tag anstanden und mit leichter Mühe gewonnen werden konnten, sowohl zum Hausbrand als auch in den Schmieden benutzt. Dies berichtet Biringuccio in der bereits oben angeführten Stelle Siehe S. 102. , wo er sagt, dass man in jenen Ländern, wo sich Steinkohlen fänden, solche verwende, um Eisen zu bearbeiten, Metalle zu schmelzen, Backsteine zu machen und Kalk zu brennen. Aber die Verwendung der Steinkohle in Schmiedefeuern geht in viel frühere Jahrhunderte zurück. Ein Schmied soll es gewesen sein, der die Steinkohlen im Bistum Lüttich im Jahre 1198 entdeckte und zuerst verwendete Siehe Bd. I, S. 769. . Die Chronik Lamberts des Kleinen, welche von Reinerus , einem Mönch von St. Jacob zu Lüttich, fortgesetzt wurde, setzt die Ent- deckung der Steinkohlen 15 Jahre später, erwähnt aber dabei ebenfalls gleich ihre Verwendung für Schmiede und Metallarbeiter. Zum Jahre 1213 ist darin bemerkt: „Das Jahr geht zu Ende, vorher aber will ich noch drei nützliche und höchst merkwürdige Entdeckungen in unsrer Gegend anführen, nämlich Mergelerde, die zur Verbesserung des Bodens dient, schwarze Erde, den Holzkohlen sehr ähn- lich (terra nigra carbonum simillima), welche für Schmiede, Metallarbeiter und arme Leute als Feuerungsmittel von grosser Bedeutung ist , und drittens, dass Blei in unsrer Gegend aufgefunden worden.“ Hundert Jahre früher aber werden schon „Kol- kulen“, Kohlengruben, im Wurmrevier bei Herzogenrath erwähnt In den Annales Rodenses, ab- gedruckt in M. S. P. Ernst , Histoire de Limbourg. Siehe auch den Aufsatz „Zur Geschichte der Kohlenbergwerke im Wurmrevier“ von Michèl im Echo der Gegenwart vom 7. Mai 1873, Nr. 126 und folgende. , auf dem zur Augustinerabtei Klosterrath gehörigen Grund und Boden. Dies dürften die ältesten Steinkohlengruben des europäischen Fest- landes sein. In England wird der Anfang des Steinkohlenbergbaues bis vor die Zeit Wilhelms des Eroberers um die Mitte des 9. Jahr- hunderts zurückdatiert. Während in Aachen und Lüttich, wie in Deutschland überhaupt die Steinkohlen nicht zu den Regalien gerechnet wurden, ihre Ge- winnung vielmehr dem Grundbesitzer zustand, erklärte Wilhelm der Eroberer dieselben in England für Regal und verlieh dasselbe mit den übrigen Bergregalien an die Grossen des Reiches. Die Steinkohlengruben von Staffordshire bei Newcastle-under-Lyne, welche damals schon in Betrieb standen, oder bald danach eröffnet wurden, erklärte er als Grundherr (Lord of the manor) für königlichen Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. Besitz. Die Steinkohlen von Newcastle-on-Tyne werden im Jahre 1234 zum erstenmal erwähnt. In diesem Jahre bestätigte König Heinrich III. das Privileg, welches sein Vater, König Johann, Newcastle gegeben hatte, worin er den genannten „ehrlichen Leuten“ (probi homines) auf ihr Gesuch hin das Recht verlieh, Kohlen und Steine in dem ge- wöhnlichen Feld ausserhalb der Mauer, genannt Castle-Moor, zu graben, wie es scheint, nur für den eigenen Gebrauch. Doch wurden diese Steinkohlen bald danach bereits zu Schiff nach London gebracht. Im Jahre 1273 erhebt zum erstenmal der in London ansässige Adel bei König Eduard I. Beschwerde gegen den überhand nehmenden Ge- brauch der Steinkohlen (sea coals) — es waren hauptsächlich Ge- werbetreibende, namentlich die Färber und Bierbrauer, die sich der- selben bedienten — und den damit verknüpften Belästigungen durch Rauch und üblen Geruch. Infolgedessen wurden auch Verordnungen dagegen erlassen, doch nahm der Gebrauch und die Zufuhr von New- castle-on-Tyne nach London trotzdem ständig zu. Zur Zeit Eduards III. waren die Wälder in der Umgegend von London bereits so dünn und infolgedessen das Holz so teuer geworden, dass die ärmere Bevölke- rung auf die Benutzung der Schiffskohle angewiesen war. Eduard III. trug wesentlich zur Hebung des Steinkohlenbergbaues von Newcastle bei, denn wenn Eduard I. den „ehrlichen Leuten“ von Newcastle nur erlaubt hatte, Kohlen im Felde Castle-moor zu graben, so gab Eduard III. die ganzen Felder von Castle-moor und Castle- field den Bürgern von Newcastle in Eigentum, mit dem Recht der Steinkohlengewinnung. Richard II. legte 1379 den ersten Zoll auf die Kohlenschiffe, die von Newcastle nach London kamen. Dieser Zoll warf später grosse Summen ab. Trotz des Zolles und trotz der wiederholten Petitionen des Adels und der Bürgerschaft von London gegen das schädliche und ungesunde Brennmaterial (to prohibit the further use of so noxious and unhealthy a kind of fuel) stieg die Einfuhr fortwährend. 1421 war dieselbe bereits so gross, dass Hein- rich V. besondere Kommissäre anstellte, wegen des richtigen Masses und der richtigen Verzollung. Seit dieser Zeit war die Steinkohle das allgemein gebräuchliche Brennmaterial in London. Über das Alter des westfälischen Steinkohlenbergbaues haben wir bereits im ersten Bande Siehe Bd. I, S. 770. Mitteilungen gemacht, auch dort ver- wendeten die Schmiede bereits die Steinkohlen. In Sachsen soll die Steinkohlengewinnung bis in das 10. Jahrhundert zurückreichen Siehe Karmarsch , Geschichte der Technologie, S. 239. . Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. Der älteste Bergbau wurde zu Zwickau betrieben. Derselbe war zu Anfang des 15. Jahrhunderts bereits in starker Ausbeute, obgleich damals das Klafter Holz nur sechs bis sieben Groschen kostete, die Steinkohle also nur einen sehr niedrigen Preis haben konnte. Die erste schriftliche Steinkohlenordnung für Zwickau wurde 1520 er- lassen und zwar von den Besitzern, dem Stift Grünhain und dem Ritter von der Planitz; 1532 folgte die erste und 1552 die zweite kurfürstliche Kohlenordnung. Die Steinkohlen wurden schon früh vielfach von den Schmieden benutzt. In den alten Schmiedeartikeln vom Jahre 1348 heisst es: „daz sullet ir wizzen, daz alle smide, die niederhalb der mur sitzen, mit nichte sullen smiden mit steinkolen“ Siehe D. Herzog , Geschichte des Zwickauer Steinkohlenbergbaues. Dresden 1852, S. 3. . Bei Wettin im Saalkreise wurden 1466 Steinkohlen entdeckt. Dass die Kohlen von Potschappel bei Dresden und die böhmischen Braun- kohlen im 16. Jahrhundert bereits bekannt waren und benutzt wurden, geht aus Kentmanns Mineralogie hervor, der die ersteren als Bitu- men Bohemicum, die andern als carbones bituminosi et fossiles non procul Dresdae anführt. Der Grubenbetrieb auf die Braunkohlen auf dem Meissner in Hessen, die aber ebenfalls Steinkohlen ähnlich sind, wurde unter Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel im Jahre 1578 von dem bekannten „Pfarrer, Salzgreven und Holzvoigt“ von Allen- dorf, Johannes Rhenanus , eröffnet Siehe H. Cramer , Johannes Rhenanus, 1879, S. 36. . Schon 1571 hatte der Land- graf auf einen Bericht des Rhenanus über das Kohlenvorkommen am Meissner geantwortet, dass er gewillt sei, zum Besten seiner armen Unterthanen das Kohlenbergwerk zu bauen. Rhenanus benutzte die Kohle hauptsächlich zum Salzsieden. Er stiess dabei aber auf Schwie- rigkeiten und liess deshalb 1588 — was damals noch etwas Neues war — einen eisernen Rost anfertigen. Auch Roste von „gebackenen Steinen“ für Holz- und Kohlenfeuer konstruierte er, woraus hervor- zugehen scheint, dass man das Holz vordem noch ohne Rost ver- brannt hatte. Über das Wesen und die Entstehung der Steinkohlen herrschten bereits im 16. Jahrhundert Meinungsverschiedenheiten, zumeist darüber, ob die Kohle, wie die Theologen wollten, etwas Fertiges, mit der Erde zu- gleich Erschaffenes oder etwas nachträglich Entstandenes, ähnlich den organischen Wesen sei. Die meisten Naturforscher dieser Periode halten die Steinkohle für ein eingetrocknetes Harz. Georg Agri- cola De natura fossilium, Lib. IV. ist der Meinung, dass die Steinkohle ein fetter, harziger, mit Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. einer schwefligen Materie vermischter Saft sei, der in der Erde verhärtet und zu Stein geworden sei. Cardanus nennt die Stein- kohlen „Judenpech“, d. i. Asphalt. Er sagt: England ist voll von schwarzem Judenpech, welches man Bitumen nennt, womit man auch dort Steine aus Erde brennt. Und Libavius Libav. I. singul. P. 3, c. 9, p. 1045. sagt: Die Steinkohlen sind gegrabene, schwarze, harzige oder Pech-Kohlen, hart wie Steine und sehr schweflig, gar leicht anzubrennen, daher sie auch zum Ein- heizen und zu Schmiedearbeiten sehr bequem und dienlich sind. Christoph Encelius kommt unserer modernen Anschauung näher, indem er ihre Entstehung vom Torfe ableitet. Er sagt: Der Torf ist ein Bitumen, welches durch die Sonnenhitze an der Oberfläche der Erde ausgetrocknet ist, er ist ohne Zweifel die Mutter der Stein- kohle, welche ein durch die Hitze im Inneren der Erde fest gewordenes Bitumen ist Encelius , De re metallica, Lib. de lithantrac. Thurfius … est bitumen calore solis exsiccatum extra terram mater procul dubio carbonis lapidei , qui est bitumen induratum calore intra terram. . Über die Verwendung der Steinkohlen haben wir bereits ver- schiedene Stellen angeführt. Ihre Hauptverwendung im 16. Jahrhundert war für den Hausbrand der ärmeren Leute und in den Schmieden. Ausserdem wurden sie benutzt zum Brennen von Ziegel- und Back- steinen, von Kalksteinen, zum Salzsieden, dagegen konnte man sie zu andern metallurgischen Operationen, zum Schmelzen der Erze, zum Frischen des Eisens u. s. w. in jener Zeit noch nicht verwenden. Agricola spricht sich über den Gebrauch der Steinkohlen am deut- lichsten, und zwar im vierten Buche des grossen Werkes „De natura fossilium“, welches überhaupt die beste und ausführlichste Abhandlung jener Periode über die Steinkohlen ist, folgendermassen aus Etenim fabri aeraerii et ferrarii carbonum, quod eis multo diutius duret, vice ipso utuntur. Sed quia sua pinguitudine inficit ferrum et fragile facit, qui subtilia opera efficiunt, hoc non utuntur, nisi eorum qui ex ligno fiunt, magna fuerit penuria. Eodem bitumine hi quos ligna deficiunt, cibos coquunt, caldaria, in quibus hyeme degunt vitam, calfaciunt, calcem urunt, vitium vero foetoris plerunque sale, in ignem injecto, corrigunt. Agricolae eodem vites oblinunt, quod vermes illarum oculos rodentes interficiat. Eodem decoris gratia quidam tingunt palpebras et capillos. In medicinae vero usu exsiccat et digerit. At ex duro polito tigurantur effigies hominum: globuli quibus numerantur preces gemmae annulis inferendae, aut funda claudendae. Id nostris temporibus gagates dicitur. : Denn die Erz- und Eisenschmiede bedienen sich der Steinkohlen, die ihnen viel länger anhält. Aber weil sie durch ihren Fettgehalt das Eisen verdirbt und brüchig macht, so nehmen die, welche feinere Arbeiten machen, sie nicht, ausser wenn sie an Holzkohlen grossen Mangel Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. haben. Mit demselben Bitumen kochen die, denen das Holz fehlt, ihre Speisen, heizen damit die warmen Stuben, in denen sie im Winter ihr Leben verbringen, und brennen damit Kalk, den bösen Geruch aber vertreiben sie meistens mit Salz, das sie in das Feuer werfen. Die Bauern streichen damit (mit dem daraus gewonnenen Teer) die Weinstöcke an, damit dadurch die Würmer, welche die jungen Triebe abnagen, getötet werden. Derselben heilsamen Wirkung wegen bestreichen sie sich zuweilen die Augenlider und Haare damit. Als Medizin aber wirkt es austrocknend und abführend. Aus dem harten, glänzenden aber macht man menschliche Figuren: kleine Kugeln, an denen man die Gebete abzählt (am Rosenkranze), Edel- steine für Ringe und Knöpfe für die Geldtäschchen. Dieses wird in unsrer Zeit „Gagat“ genannt. Im allgemeinen war aber die Verwendung der Steinkohlen zu Anfang des 16. Jahrhunderts noch eine sehr geringe und auf die Gegenden, wo Steinkohle auf Tagebau gewonnen werden konnte, beschränkte. Doch beginnt in dieser Periode die Steinkohle Export- artikel zu werden. Zunächst in England, wo sich die Ausfuhr von Newcastle aus nicht auf den Handel mit London beschränkte, sondern Steinkohlen auch nach Schottland, ja sogar bereits nach Holland, Hamburg und Dänemark verladen wurden. Lüttich handelte mit Steinkohlen. Auch auf dem Rheine fing man an, Steinkohlen zu ver- schiffen. 1545 ging ein Schiff mit Eisen von einem badischen Hütten- werke nach der Grafschaft Berg und brachte als Rückfracht Stein- kohlen zurück, die wie Holz verzollt wurden Siehe Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheines XII, 386 etc. . War die Bedeutung der Steinkohle für die Metallurgie im 16. Jahr- hundert nur eine sehr geringe, so war die des Torfes fast gleich null. Die Verwendung des Torfes für den Hausbrand war freilich in Deutschland längst gebräuchlich. Friesland und Holland sind die klassischen Länder dafür. Schon Plinius erzählt von den alten Bewohnern Frieslands, den Chauken Siehe Plinius , Hist. nat. XVI, 1. , dass sie eine lehmige Erde mit den Händen zusammenballten, an der Sonne oder mehr noch durch den Wind trocknen liessen und damit sowohl ihre Speisen kochten als ihre Behausungen erwärmten. Die frühesten Nachrichten über Torfgräbereien stammen aus dem 12. Jahrhundert Siehe Beckmann , Beiträge zur Geschichte der Erfindungen IV, 395. . Ein Abt Ludolf erlaubte im Jahre 1113 einem Nonnenkloster in der Nähe von Utrecht, auf einem Teile seiner Torfmoore (vena vom altfrie- Von den Öfen. sischen venne, holländisch veen) zum eigenen Gebrauche Torf (ces- pides = gestochener Rasen, Stechtorf) zu graben. Das Wort Torf, Torff, Turf, latinisirt turba, turbo, turbae, turfa, kommt am Ende des 12. Jahrhunderts zuerst vor Siehe Ducange , Glossarium Lambertus Ardensio (um 1200), p. 257: similiter mariscum (Torfmoor), ut ajunt, proprium perfodi et in turbas dissecari. . Hieraus entstand das Wort turbaria für Torfmoor (1259 bei Matthäus Paris ), und turbagium, das Recht Torf zu graben (1308 in einem Diplome Philipps des Schönen). Im 13. Jahrhundert wurde der Gebrauch des Torfes im westlichen Deutschland allgemeiner. In der Eisenindustrie fand er aber noch keine Verwendung, weder im Mittelalter noch im 16. Jahrhundert. Von den Öfen . Die Öfen sind die wichtigsten Apparate für die hüttenmännische Behandlung der Erze. Schon Plinius sagt, dass die Gestalt der Eisenschmelzöfen von grosser Verschiedenheit sei: fornacium magna differentia est. Im 16. Jahrhundert finden wir bereits alle Haupt- arten von Öfen, deren wir uns heute bedienen, in Benutzung. Der Herdofen und der Tiegel waren wohl die ältesten Schmelzgefässe und schon seit vorgeschichtlicher Zeit in Anwendung. Die Herdöfen treten uns bei Agricola als Stadeln, Gruben, gestampfte und ge- mauerte Herde, Feinbrennherde, Treibherde und Garöfen mit und ohne Gebläse entgegen. Ebenso erscheint der Schachtofen von seinem Übergange zur Stadel als forno aperto bei Biringuccio bis zum Eisen- hochofen mit Gebläse in mannigfacher Form und Gestalt. Die Ge- bläseöfen erscheinen als Windöfen, Tiegelöfen, Muffelöfen, Töpferöfen, Glasöfen, Destillieröfen u. s. w. Auch die Flammöfen von dem uralten Backofen ausgehend, erscheinen bereits in ihrer charakteristischen Form mit getrennter Rostfeuerung. Agricola behandelt die Öfen zwar nicht in systematischer Weise, er giebt aber bei der Schilderung der verschiedenen hüttenmännischen Vorgänge mehr oder weniger genaue Beschreibungen der angewendeten Öfen mit trefflichen Zeich- nungen. Biringuccio dagegen hat in seiner Pyrotechnia ein selb- ständiges Kapitel „Von den Formen der Schachtöfen und der gewöhn- lichen Öfen zum Schmelzen der Erze“ Delle forme delle Maniche et Forni per fonder le minere, Pyrot. Lib. III, Cap. III. . Von den Öfen. Dasselbe handelt selbstredend nicht von den Eisenschmelzöfen allein, sondern von allen Arten von metallurgischen Öfen und wird charakteristisch folgendermassen eingeleitet: Man hat wohl acht zu geben, mit welchen Mitteln man vor- gehen muss, um die Schmelzfeuer zu bereiten. Solche sind insbesondere die Öfen (forni), die man nach Bedarf und nach den Eigenschaften der Mineralien herrichten muss. Gewöhnlich hat man zu diesem Zwecke Schachtöfen (maniche von manica = Ärmel), oben weit und am Fusse eng, welche mit Holzkohlen und dem Winde von gewaltigen Blasebälgen ein mächtiges Feuer geben, sowohl weil es eingeengt, als auch weil es seitlich vor Abkühlung geschützt ist, und das Feuer wird nach dem Belieben der Meister um so grösser, je mehr sie den Wind verstärken durch zwei oder drei Paare von Blasebälgen (Fig. 12) Biringuccios Abbildungen sind höchst mangelhaft, manchmal kaum ver- ständlich, da sie aber durch ihr Alter ehrwürdig sind und der Text sich öfter auf sie bezieht, teilen wir sie dennoch mit. . Aber unsinnig viel Gewalt darf man nicht anwenden, weil dies oft Fig. 12. schadet anstatt zu nützen; denn man verzehrt dann die Güte der Erze, indem man sie verdampfen und sich in Rauch auflösen lässt, weshalb die Flamm- öfen für Holz und Koh- len, geschlossen und gut konstruiert, oft besser ge- eignet sind als Schacht- öfen. Wenn man sich dieser bedient, wird das Erz zuerst, indem es geröstet wird, sehr gut abgedampft, dann pocht man es und nachdem man es herausgenommen hat, mischt man die Beschickung, und durch solche Massregeln muss man es dahin bringen, wenn es nicht von Natur leicht schmelzbar ist, dass man den Widerstand seiner Härte besiegt, indem man stets Vorsicht und Geduld eines Meisters anwendet. Und eben zu diesem Zweck erinnere ich mich, in Deutschland , wo solche Kunst vielleicht am meisten geübt wird und blüht in der ganzen Christenheit, nicht allein die Anordnung der Schachtöfen, sondern auch die Vor- bereitung zum Schmelzen gesehen zu haben. Zu welchem Zweck sie die Kupfererze, die auch viel Silber enthielten, nachdem sie sie in Stückchen wie Bohnen zerbrochen hatten, mit dem vierten Teil Eisen- Von den Öfen. schlacken und dem andern Viertel gestossenem Bleierz und etwa ein Drittel von dem Ganzen gestossenen Marmor auf einem Estrich mischten und nachdem sie eine Schichte daraus geformt hatten, davon in einen Kasten fassten und sie zum Schmelzen in den Schachtofen brachten. Von dieser Mischung (Möller, Beschickung) und den Kohlen wurde der Ofen immer voll gehalten, und sowie die Kohlen verzehrt wurden und die Erze schmolzen, gab man immer wieder davon auf. Wenn ich dies betrachte, halte ich es für gewiss (ja ich bin dessen sehr sicher, weil ich mich selbst dessen bedient habe), dass jedes andere Erz, welches seiner Natur nach nicht sehr weit von dem genannten entfernt ist, auf gleiche Weise sich reduzieren würde, wie dies bei der Reinigung durch die Schmelzung aus der Art und Weise, deren die andern sich bedienen, erscheint. Es ist dies die grosse Pforte, die man passieren muss, um sicher auf andere Wege zu kommen, die Fig. 13. nach den gewünschten Zielen führen. „Kap. III. Von den Formen der Schacht- öfen (maniche) und der gewöhnlichen Öfen (forni) zum Schmelzen der Erze .“ (S. 114.) „Um Schacht- öfen zu machen, muss man Steine haben, welche dem Feuer genügend widerstehen (verschiedene passende Steinsorten werden aufgeführt) La silice negra a pizzicata di bianco, ò certa pietra morta faldosa che è qua si mezza di talco. “ ..... (S. 115.) „Ich werde die gewöhnliche Form (der Schachtöfen) angeben, denn die Abweichungen sind weiter keine, als dass die Mauern doppelt gemacht werden, oder nochmals verdoppelt bei den Blasebälgen (auf der Formseite). Auch giebt es Meister, die sie (im Schmelzraum) in verschiedenen Formen zu machen pflegen, der eine lang und schmal, der andere unten etwas ge- krümmt. Wieder andere machen sie da, wo der Wind der Bälge ein- tritt, mehr oder weniger weit. Aber um zum Schlusse zu kommen, alle lassen sie den Ofen an eine Mauer anlehnen Vergleiche Agricola , De re metallica, Lib. IX zu Anfang. , welche für das Wasser zum Bau des Wasserrades, welches die Bälge bewegt, geeignet ist, und gewöhnlich giebt man ihnen die Form eines Mühlentrichters, Von den Öfen. an der Öffnung weit und am Boden eng (Fig. 13) In diesen eigentümlichen Zeichnungen sind in den Abteilungen a, b, c die inneren Schmelzräume dargestellt. und man macht in der Regel deren vier oder sechs, je nach der Menge der Erze, die man verarbeiten will, oder je nachdem man Wasserkraft hat, und die Werke, welche die Blasebälge treiben, passt man so den Ver- hältnissen an, dass mit dem Wasser und vermittelst eines Wasser- rades alle Öfen, oder so viele Ihr davon wollt, auf einmal arbeiten, was gewiss nicht nur eine sinnreiche, sondern auch eine sehr nützliche Sache ist u. s. w......“ „Ich wende mich wieder zu den Schachtöfen. Zuvor habe ich schon gesagt, dass sie an eine Mauer angebaut werden und einige schneiden sie sogar in diese ein. Aber um nicht soviel Mühe zu haben, muss man jeden Ofen zwischen zwei Pfeilern, etwa 2½ Ellen von- einander entfernt und 4 oder mehr Ellen hoch setzen, welche die Höhe des Ofens noch überragen, damit diese (die Öfen) keinen Schaden thun, und zwischen diesen Pfeilern baut man den Ofen von jenen Steinen, welche, wie ich oben gesagt habe, nicht schmelzen, indem man sie mit wenig Kalk aufmauert, genau als Geschwister (Zwillings- öfen), und am stärksten da, wo sie am meisten von dem Feuer zu leiden haben. Um ihnen die Form ihrer Höhlung zu geben, muss man zuerst als Fundament eines solchen Ofens eine etwas nach vor- wärts geneigte Ebene herstellen, ½ Elle hoch von der Erde, über welcher man anfängt zu mauern und eine viereckige Höhlung zu machen, 1½ Hand breit und von jeder Ecke dieses Bodens spanne man zwei Schnüre in die Höhe, welche die Gestalt der umgekehrten Pyramide angeben (Fig. 13 a), welche von der äussersten Mündung 2/4 (wahrscheinlich Ellen in der lichten Weite) habe und vom Grunde aus sei die Höhe 2 Ellen, oder 1¾, denn in der That ist weder in der Länge noch in der Breite ein wenig mehr oder weniger von Belang, denn ob man diese Dinge gerade so oder so machen will, hängt von den Ansichten der Meister ab. Wenn dies geschehen ist, schliesst man vornen mit gutem Mauerwerk, welches beinahe gerade steht. In Wahrheit aber, um es gut zu machen, muss man alles mit- einander aufmauern, um die Mauern gut miteinander zu verbinden, und die genannte Vordermauer muss nur so hoch gemacht werden, dass der Schmelzer ohne zu grosse Unbequemlichkeiten dahin ge- langen kann, um Kohlen und Erze aufzuheben. Ich mache darauf aufmerksam, dass, je strengflüssiger die Erze sind, desto länger muss Von den Öfen. das, was Ihr schmelzen wollt, im Feuer bleiben, sie kommen dann mehr erweicht und heisser an den Ort, wo das Feuer durch die Ge- walt des Windes am mächtigsten ist. Hinter diesen Schachtofen, von der Seite der Mauer, wo die Blasebälge sind und das Wasserrad oder eine andere Einrichtung sie bewegt, setzt man eine Form von Kupfer, welche an ihrem breitesten Teil die beiden Mündungen der Blase- bälge aufnimmt, damit durch das Loch dieser Form innerhalb des Ofens immer ein einziger, kontinuierlicher Luftstrom entstehe und nicht deren zwei. Vorausgesetzt, dass nicht zwei Formen von zwei Paar Blasebälgen eingesetzt werden, deren Mundstücke in gerader Linie so gerichtet sind, dass der Wind beinahe in der Mitte des Ofens den begegnenden treffe und sich nach abwärts wende. An der Vorder- seite des Ofens sei eine Öffnung mit einer Einpassung (Brust), in welche ein steinernes Thürchen eingesetzt wird, um durch dieses die Erze im Inneren nach Bedürfnis heben, setzen oder zurecht schieben zu können, und alsdann macht man am Fusse dieser Brust mit dem Boden gleich ein kleines Loch, durch welches die geschmolzene Materie herauskommen soll und man macht auch nahe bei dem Ofen, wo dieses kleine Loch herausgeht, einen Herd aus Eisenplatten oder Steinplatten in die Erde gemauert nach Art eines Scheffels oder von ähnlicher Grösse (einen Tiegel). Seitlich davon macht man eine Grube in die Erde, 1 Elle breit und ½ tief. Nachdem Ihr alle diese Dinge gemacht habt und nun mit dem Ofen arbeiten wollt, so nehmt Kohlenstaub und Thon oder Pfeifenerde und etwas Asche Vergleiche Agricolas ausführliche Beschreibung der Bereitung von Kohlen- lösche im 9. Buche De re metallica. , welche in einem hölzernen oder steinernen Becken mittels eines mit dem Rade der Blasebälge verbundenen Hammers von Holz, indem er sie tüchtig zusammenschlägt und zwar in feuchtem Zustande und mit so viel Wasser, dass sie gut zusammenhalten, vermischt werden. Wenn man sie so zugerichtet hat, nimmt man sie, und macht davon den Boden des Ofens, und schlägt ihn bestens mit einem abgerundeten Stein oder Holz, um ihn fest zu machen, wie bei den Aschenherden; auch giebt man ihm eine kleine Neigung nach dem kleinen Loche hin, damit das geschmolzene Metall leicht herausfliessen kann, und dann schliesst man mit dem eingefugten Steine und Lehm die Öffnung, welche man vorher gelassen hat, um den Boden (des Ofens) herzu- richten. Erhaltet nur das kleine, zwei Finger breite Loch, das Ihr liesset, um das Metall und Schlacke nach Eurem Belieben zu dem Von den Öfen. Herde zu leiten. Und wenn dies geschehen ist, füllt man mit der- selben Mischung von Kohlenstaub und Erde den Herd, welchen Ihr vor dem Ofen gemacht habt, und durch Schlagen presst Ihr sie zu- sammen und macht sie gut fest, und indem man dann in der Mitte herausschneidet, nimmt man etwas heraus, und macht einen Tiegel bis auf den Boden, eine Hand breit. Seitlich macht man ein Loch, um einen Ausgang zu schaffen, welcher in die seitliche Grube hinaus geht, von der ich sagte, dass sie in die Erde gemacht werden müsse. Dann macht man zwischen der Ausflussöffnung des Ofens und dem Tiegel einen Kanal. Wenn ihr sehet, dass der Raum zwischen dem Boden (des Ofens) und der Mündung der Blasebälge voll von ge- schmolzenem Metall und Schlacke ist, macht man den Ofen mit einem Eisen auf und lässt die ganze Schmelzung, die man gemacht hatte, heraus durch jenen Kanal in den Tiegel. Dort scheidet sich alle metallische Substanz ab, indem man sie sich setzen lässt, weil sie schwerer und weniger schleimig ist, und die erdigen Teile, geschmolzen und in Schlacke verwandelt, trennen sich, und stehen oben schwimmend, so sage ich Euch, wie die geschmolzenen Erze sich reinigen. Und also, wie ich es Euch gesagt habe, errichtet und macht man die gewöhnlichen Schachtöfen. Einige haben die Schachtöfen schon doppelt gemacht mit zwei Paar Blasebälgen, indem sie den einen Ofen in den andern anordneten [d. h. übereinander, wie der mittlere Ofen der Abbildung (Fig. 13 b) gezeichnet ist], und so bewirkte man, dass die Schmelzung vom ersten in den zweiten floss. Dies scheint mir eine Sache zu sein, die nicht nur doppelte Mühe und mehr Kosten verursacht, sondern die auch mehr abergläubisch als nützlich ist. Denn wenn Euch der Hohlraum eines Schachtes zu wenig erscheint, was Euch verführt, zwei Öfen zu machen, so macht einen langen anstatt zwei, und setzt auch, wenn es nicht schon hinreicht, zwei oder drei Paar Blasebälge hinein, so viele Ihr für gut haltet. — Einige andere machen die Schachtöfen (maniche) wie wirkliche Ärmel (manica = Ärmel), woher erstere den Namen haben, unten weit und gebogen wie ein Ellbogen, und von da ab gerade, wie Ihr aus der vorstehenden Figur (Fig. 13 c), welche neben die andern deutlich gezeichnet ist, sehen könnt. Von diesen fliesst alles, was schmilzt, in eine Grube oder einen Tiegel, den man da anlegt. Seinen Wind nimmt er ungefähr in der Biegung des Ellbogens auf oder vier Finger breit darüber. Aber diese Form gefällt mir nicht, wenn man nicht wenigstens ¾ von der vorderen Mündung zustopft (Ofen Von den Öfen. mit offener Brust, Sumpfofen). Denn mir scheint, dass die Kohlen und Flammen, von der Kraft des Windes getrieben, mehr durch die Mün- dung herausfliegen müssen, als davon darin bleibt. — Einige andere vertauschen die Schachtöfen mit andern Öfen. Weil sie weiche Mineralien zu schmelzen haben, machen sie Schmelz- öfen gewöhnlicher Art mit Wind (Herdöfen). Und wieder andere machen Flammöfen (Reverberieröfen) für Holz, weil sie kein kräftiges Feuer geben wollen, wie dasjenige ist, welches die Schachtöfen mit Wind und Kohlen geben, welche sich in der That für Blei, für Zinn und gewisse verwitterte Erze nicht eignen. Sie sagen auch, dass sie in den so beschaffenen Öfen schmelzen, weil sich die Erze in solchen Feuern nicht bis zur Verdampfung ausdehnen und das Feuer sich gelinder darin entwickelt, sie sagen sogar, dass es ungefähr so sei, als ob die Erze vor dem Schmelzen darin geröstet würden. Obgleich Fig. 14. ich niemals einen solchen Ofen ge- sehen habe , so sind sie mir doch mit Wor- ten so gut erklärt wor- den, dass ich, indem ich diese Euch wieder- hole, denke, dass sie Euch genügen könn- ten. Auch will ich zum besseren Verständnis sie durch Zeichnung erklären. Aber seien sie, wie sie wollen, mir scheinen sie mehr zum Rösten als wie zum Schmelzen dienlich. Nach dem, wie ich es ver- standen habe, macht man in die Erde ein gemauertes Fundament, rund, wie ein ebenes Rad, welches 2½ Ellen im Durchmesser hat, eine Höhe von der Erde, oder wenn Ihr wollt, eine Dicke von ½ Elle, und in der Mitte desselben macht man ein Loch, wie das eines Mühl- steines, ¾ Ellen breit oder wenig mehr, und darunter bringt man einen Hohlraum an, welcher beinahe von einer Seite des Rades bis zur andern geht, durch welchen man Feuer gehen lassen kann (Fig. 14). Und dann mauert man über diesem Rad a und setzt den Hohlraum in der Mitte fort, indem man ihn jedoch fortwährend verengt, bis er 1½ Ellen hoch ist, ähnlich einer Trompete (Trichter) oder einem umgestürzten Laugekorb und dies hat als Rohr zu dienen, in welchem das Feuer aufsteigt. Und wenn Ihr an seinem Ende angekommen seid, macht man Von den Öfen. eine Ebene (Herd), welche vier Abläufe nach den äusseren Seiten hin hat, d. h. sie sei an vier Stellen geteilt. Der Mund, aus dem die Flammen zuströmen, habe eine Weite von ⅓ Elle und von da sich erweiternd um ⅛ Elle, wo er sich nach aussen öffnet. Mit einer Mauer von ¼ Elle umschliesst man und baut ein Gewölbe, und deckt überall auf das beste in der Höhe von 1¼ Elle und unten an jedem Ende, wo ein Ablauf hinkommt, macht man ein kleines Loch, damit man einen Kanal habe, durch welchen das geschmolzene Erz herauskommen und ablaufen kann. Unter diesem sei eine Grube, welche je nach den Materien, welche herausfliessen, sie aufnehmen. Und drei und vier Finger breit über der Ebene des Ofens (im Inneren) macht man zwei kleine Löcher, um das Erz sehen, legen und behandeln zu kön- nen, welche mit zwei kleinen Thürchen nach Belieben geöffnet oder geschlossen werden können. Und an dem Gewölbe, ein wenig über diesen Löchern, macht man vier Ausputzöffnungen, damit der über- schüssige Rauch und Flammen austreten können. Dies ist die Ofenform, wie man sagt, welche aber nach meiner Meinung nicht sehr leistungs- fähig ist. Einige machen auch, wie ich gehört habe, zum Schmelzen der Erze gewöhnliche Flammöfen, aber sie machen sie lang und nicht rund. Die Abläufe der Böden haben sie nach der Seite hin, wo die Flammen eintreten, um da die Erze immer leicht erreichen und so die Schlacke darausziehen zu können, und auch, damit das Feuer sie überall besser trifft; und den Weg für das Feuer machen sie durch den hinteren Teil und unter der Ebene des Ofens, was für mich auch keine Sache ist, die mir gefällt, wenn ich sehe, dass das Erz die Eintrittsöffnung des Feuers besetzt hält, indem es als Schlacke oder Metall ausfliesst. Einige andere schmelzen die Erze mit einfachen Holzflammen, dadurch, dass sie diesen verschiedene Eingangswege in die Öfen geben, von welchen Öfen und Instrumenten zum Schmelzen der Erze ich hier Mitteilung machen wollte, damit auch Ihr davon sprechen könnt; wenn es sich aber darum handelt, sich eines zu bedienen, so würdet Ihr, nach meinem Rate, mit dem Schachtofen arbeiten, weil er leistungsfähig ist und mehr Erfolg verspricht, besonders bei gewissen Arten von Metallen; welche mächtige Feuer zum Schmelzen erfordern. Das Eisen , wovon ich bezüglich des Erzes genug gesagt habe, will ich auch in diesem Kapitel nicht mit Stillschweigen übergehen und will Euch sagen, dass die Hilfsmittel, deren man sich bedient zum Schmelzen und Reinigen desselben, wenn man sie auch Öfen Beck , Geschichte des Eisens. 8 Von den Öfen. (forni) nennt, doch in Wirklichkeit Schachtöfen (maniche) sind. Aller- dings sind sie viel grösser und auch in anderer Weise dem Zwecke mehr angepasst als die gewöhnlichen, weil das Eisen wegen seiner schlecht gemischten Erdigkeit eine grössere Menge Feuer erfordert und grössere Gewalt, und deshalb macht man jene grossen Blase- bälge und jene grossen Hohlräume zur Aufnahme der Kohlen; woher ich jene Schachtöfen 7 und wohl auch nahezu 8 Ellen hoch und 2½ Ellen weit gesehen habe in seinem Durchmesser in der Mitte und unten 2 Ellen. Und wer sie gut machen will, der schneidet sie in eine Grotte (Abhang) ein, so dass man auf der Fläche darüber die Erze leicht lagern kann und die Kohlen, indem man dort leicht die Traglasten der Tiere, die sie herbei bringen, ablegen kann. Wohl verstanden, keiner dieser Schachtöfen ist so klein, dass er nicht 50 bis 60 Säcke Kohlen verlangte, und ebenso fortwährend sechs oder acht Lasten Erz, und deshalb ist es nicht zum Verwundern, dass man viel Wind nötig hat, um das Feuer lebendig zu erhalten und dass man grosse Blasebälge braucht. Von diesen habe ich schon gesprochen und Euch schon vorher durch Abbildung (Fig. 12) gezeigt, wie sie gerade zum Ofen stehen, und dass sie ihren Wind in ein Rohr schicken beinahe am Boden des Ofens mit einer Mündung (Form — lugello), welche den Wind abwärts weist. Und wenn man jene Wasserkünste gemacht hat, welche man auf andere Weise (als mit Wasser) nicht machen könnte, trägt man die Frucht der Mühseligkeiten davon, welche man ertragen hat, entweder Eisen oder Kupfer oder Silber oder welches Mineral es sei, von welchen allen man keines ganz entbehren kann, weil man sonst wegen wenig Wissen viel Nutzen entbehren würde.“ Handelt das vorstehende ausführliche Kapitel des Biringuccio mehr von den Schachtöfen, so beschreibt er im weiteren Verlaufe seiner Darstellung der verschiedenen Schmelzmethoden auch die andern Ofenarten mit grosser Gründlichkeit. Was er oben bereits über die Flammöfen mitgeteilt hat, wird erweitert und ergänzt durch das erste Kapitel des siebenten Buches: „Wie man Flammöfen für den Erzguss macht etc.“ Nachdem er einleitend bemerkt hat, dass dies auf sehr ver- schiedene Weise geschähe, fährt er fort: „Um Euch aber durch die grosse Verschiedenheit der Anordnungen nicht zu verwirren, werde ich Euch nur von der Art sprechen, welche ich ausgeführt habe , so oft ich dazu Gelegenheit hatte, wobei ich von keiner der oben erwähnten Formen Gebrauch machte, sondern von allen diejenigen Von den Öfen. Teile nahm, welche mir am zweckmässigsten schienen. Zuerst habe ich die Feuerstelle ausgewählt, alsdann den ganzen Hohlraum genau von der gewünschten Grösse auf die Erde gezeichnet und auch die Mauerstärken darum. Damit Ihr dies besser versteht, wollen wir annehmen, ich hätte einen Durchmesser von 2½ Ellen nötig gehabt. Dann habe ich mir eine gerade Linie von 3½ (oder 3⅔) Ellen ge- Fig. 15. zogen und habe sie unten durch eine Linie von ⅔ Ellen geteilt für die Eintrittsöffnung der Flammen, siehe Fig. 15. Dann habe ich bei 2 Ellen eine Linie durch- gezogen von 2¼ Ellen Länge und habe so eine Kreuzform gebildet. Am hintersten Ende habe ich eine Linie von einer Hand Breite gezogen und habe alle von Punkt zu Punkt mit geraden Linien umzogen und an die Enden der grössten Arme des Kreuzes habe ich die Fenster gezeichnet oder richtiger zu sagen, die Ausströmungsöffnungen der Flammen. Dann habe ich den Raum gezeichnet, wo man das Holz Fig. 16. zur Feuerung einlegt und habe die Dicke der Mauer, von der ich haben wollte, dass sie sich zwischen das Erz und diesen Raum stelle, angegeben. Hiernach habe ich noch soviel ringsherum aufgetragen, wie ich haben wollte, dass die Dicke der Mauer überall betrage, welche ich vom Boden an aufwärts immer 1 Elle (oder wenigstens ¾ Ellen) stark gemacht habe. Und nach dieser Anord- nung habe ich mauern und die massiven Wände des Feuerraumes aufführen lassen, aussen bis zu 1 Elle hoch über den Boden, und wenn ich sie der Kostenersparnis wegen hohl gemacht habe, so liess ich sie mit Asche und Erde ausfüllen und mit Stampfen festmachen. Dann habe ich darüber einen ebenen Boden von Ziegelsteinen her- stellen lassen, welcher durchgehends nach der Abstichöffnung hin 8* Von den Öfen. Fall hatte (etwa ½ Elle oder weniger), damit die geschmolzene Bronze nicht stehen bleiben könne, noch nach vornen flösse. Dar- über liess ich noch eine Ebene von Ziegelsteinen mit eingeschnitte- nem Ablauf mauern, wozu ich nicht nur die Steine mit den schärfsten Kanten auswählte, sondern sie auch noch abschleifen liess, um sie besser aneinander passend zu machen. Dann habe ich darüber nach derselben Anordnung der Zeichnung den Hohlraum vollenden lassen, wie ich ihn beschrieben und auch hier gezeichnet habe, Fig. 16 Die eingezeichnete krumme Linie soll den mittleren Durchschnitt des Flamm- ofengewölbes darstellen. (a. v. S.), und der gewissermassen die Form einer Laute ergiebt. Wenn nun dieser erste Teil gemacht ist, schneidet Ihr etwa zwei Ziegelsteine heraus, entweder hochkantig oder flach, wie es Euch am besten scheint, und da hinein legt Ihr den Abstich, aus einem pyramidenförmigen Eisen gebildet, so dass das breite Ende dem ge- schmolzenen Erze zugekehrt ist, so dass dieses dagegen drückt und so den Ofen um so besser verschliesst. Ich habe verschiedene Me- thoden befolgt, um die Ziegel so auszuschneiden und, wenn ich konnte, habe ich es am liebsten mit einem der Steine so gemacht, welche das Feuer berühren. Dann liess ich die Mauern nach der Anordnung ausführen, dass ich die Fensterchen (die Züge) mit zwei Abschrägungen versah und mit einer Öffnung von wenigstens einer halben Elle im Inneren. Bei der vierten Elle, um welche der Meister dann die Mauer erhöht hatte, liess ich den Zirkel des Gewölbes, welches den Ofen bedeckt, anfangen. Und ausserhalb habe ich die Mauern gerade aufführen und an der Stelle der Fenster auskehlen lassen nach Art von Schiessscharten, welche sich nach aussen erweitern und nach innen verengen, und in dieser Höhe habe ich die Mauer ein- gezogen und um ¼ Elle schwächer gemacht, wobei ich jedoch über die Höhe hinausging, wo das geschmolzene Erz mit seinem grossen Gewichte schiebt. Nachdem nun das Gewölbe geschlagen war und die Bogen über den Fenstern, liess ich den Raum folgen, wo man das Holz zum Feuermachen einlegt. Hierzu liess ich zuerst eine grosse Grube machen, tief und lang, wie der ganze Ofen, diese liess ich ½ Elle tiefer als die Ebene der Eintrittsöffnung des Feuers mit einer Ein- deckung aus Bogen, welche über die Breite dieses Grabens gespannt wurden, versehen. Diese standen drei Finger voneinander entfernt, nach und nach sich erweiternd, so dass vom ersten bis zum letzten etwa ⅓ bis 1 Elle oder mehr Fall nach der Mündung hin, wo man Von den Öfen. das Holz aufgiebt, war. Und auch im Inneren habe ich zwischen den Mauern eine gewisse Wölbung geben lassen, damit die Seitenmauer die Flamme nach und nach zur Eintrittsöffnung (in den Schmelzraum) hindränge, und die an der Mauer an der Front nach einwärts dränge und am Kopf breiter werde. Das Gewölbe aber verlaufe so, dass es vorne bei der Eingangsöffnung des Holzes eng anfängt, und indem es sich erhebt, weiter wird, bis wo das Feuer einzutreten hat, damit die Flammen sich drängend vorwärts gehen und gedrängt vom Gewölbe und dem Anpass der Brustwehr (der Feuerbrücke) ganz vereinigt in den Schmelzraum eintreten. In dieser Gestalt habe ich nicht nur das Gewölbe des Feuerungsraumes anfangen lassen, sondern auch den, in welchem die Bronze sich befindet. Doch habe ich zu bewirken gesucht, dass das Gewölbe der Feuerung etwas niedriger sei, als das des Ofens, und dass die erwähnte Wölbung an dem Teile der Mauer wenig über der Ebene des Bogens anfängt und sich aufstützt, damit die Flamme zum Durchzug nach dem Fuchse, welcher nach dem Ofen führt, hingedrängt werde. Und so führe ich das Gewölbe über der Abstichöffnung niedrig, damit die zurückgeworfenen Flammen stossweise auf das Metall fallen. Die Höhe von der Ebene der Bogen bis zur Ebene der Eintrittsöffnung lasse ich ½ Elle machen und die Dicke zwischen dem Holzfeuer und dem Schmelzherde ¾. Über dem Bogen, der offen geblieben ist, lasse ich das andere Gewölbe folgen, welches den Ofen da, wo das Metallbad ist, bedeckt. Dieses macht man konkav, aber so niedrig, dass von der unteren Ebene bis zu seiner grössten Höhe ungefähr 1¼ Elle ist, oder etwas weniger, damit es die Flammen und deren Hitze der Bronze näher bringt. Auch will ich, dass das Gewölbe nach der Abschüssigkeit des Bodens in gleichem Grade herabsteige, damit die Flammen nicht in der Höhe bleiben, sondern nach der Richtung des Abstichloches hingejagt werden, um den Boden zu erhitzen und die darüber befindliche Bronze, worin das Wichtigste des Ganzen liegt. — Nachdem dieses Gewölbe nun so gemacht war, habe ich das über den Fenstern (Zuglöchern) gemacht, welche offen gelassen wurden, damit die Flamme dort austrete. Um aber in den Ofen sehen und die Bronze darin bearbeiten zu können, werden zwei kleine Öffnungen von ⅛ Elle oder ein wenig mehr Weite durch die Mauer geführt. So können die Flammen herausschlagen, um andern zum Eintreten Platz zu machen, wenn die kleine Thür vor dem Ausgangspförtchen verschlossen ist, wie Ihr einsehen werdet. Diese oder eine andere von den erwähnten Formen könnt Ihr nach Belieben machen, wenn Von den Öfen. Ihr nur darauf achtet, den Raum, wo das Holz liegt, geräumig zu machen, damit er genug fassen kann, und entsprechend sei der Schmelzraum ausreichend, damit nicht viel Metall und wenig Feuer da sei.“ Nun folgt eine ausführliche Ermahnung, den Ofen im Inneren sorgfältig mit feuerfestem Thon auszukleiden, dann den Ofen gehörig zu trocknen und anzuwärmen, danach alle entstandenen Risse aus- zubessern und mit Holzasche auszustreichen, damit kein Metall durch die Risse dringe ..... „Aber es könnte sein, dass die erforderliche Metallmasse so gross wäre, dass Ihr es nicht für gut halten würdet, Euch einem einzigen Ofen anzuvertrauen, sondern es machen würdet, wie Leonardo da Vinci , der ausgezeichnete Bildhauer, welcher den grossen Koloss eines Pferdes, das er für den Herzog von Mailand zu machen hatte, aus drei Öfen auf einmal goss. Das Gleiche habe ich gehört Fig. 17. von einem Glockengiesser in Flandern, welcher, als er sein Material schmel- zen wollte, dies in zwei Öfen thun musste, da es ihm mit einem das erste Mal nicht gelang. Doch kann ich nicht glauben, dass einem, der die Menge des Feuers zu der Menge des Materials richtig bemisst, im Grossen wie im Kleinen dies nicht gelingen sollte. Ich sage zwar nicht, dass, wenn ich so etwas zu machen hätte, ich mir anmassen würde, das zu wissen, was andere nicht wissen, aber so weit es den Feuerkanal und den Feuerraum anlangt, so würde ich denselben so gross machen, dass ihm die Flammen nicht fehlen würden. Um es aber noch besser zu machen, würde ich deren zwei anlegen (Fig. 17), so dass jeder für sich die Flammen nach dem Schmelz- raume bringe, in der Weise, dass sie beim Eintritte in das Innere voneinander getrennt wären, dann aber sich verbänden und Eins würden. Denn ich weis wohl, dass, wenn die Kanäle sich begegnen würden, die Flammen sich beeinträchtigen, und in ihrem Laufe, um auf die Bronze zu schlagen, sich hindern würden dadurch, dass sie sich einander vertrieben. Damit Ihr aber das, was ich Euch sage, besser versteht, zeige ich Euch hier in einer Zeichnung den Grundriss des Ofens, wie ich ihn machen würde, Fig. 17. Von den Öfen. Ich will nicht fortfahren, ohne Euch auch etwas zu sagen von denen, welche ihre Öfen oval machen und zwar quer zu dem Eingange des Feuers (Fig. 18). Da es sich nach einer und derselben Richtung bewege, so müsse von der Eintrittsöffnung bis zur Abstich- stelle ein Raum von einer gewissen Weite sein, damit die Flamme, ehe sie durch die Fenster (Züge) austritt, erst zweimal auf jeder Seite über der Bronze herumwirbele, wie es die Zeichnung zeigt. Die, welche der Meinung sind, dass es besser sei, den Ofen der Länge nach oval zu machen, haben vielleicht noch einen besseren Beweggrund, wenn sie sagen, der Ofen enthalte in dieser Form eine grössere Menge vereinigter Flammen über der Bronze und zwischen derselben und dass das Feuer, wo es in grösserer Menge vorhanden sei, auch grössere Kraft besitze; wenn man in der Bronze aber arbeiten Fig. 18. wolle, so lasse sich dies bei diesem Ofen leichter thun. Diejenigen, welche bei der runden Form stehen bleiben, führen zwei sehr wichtige Gründe dafür an. Der eine ist, dass diese Art Öfen seit lan- ger Zeit im Gebrauche sind und dass die vielen Erfahrungen, die man mit ihnen gemacht hat, sehr dienlich sind. Ausserdem glaube ich aber, dass ein weiterer Grund darin besteht, dass in einem Kreise alle Strahlen nach der Mitte hinstreben, und dass das Feuer, welches in jenem Hohlraume eingeschlossen ist, sich nicht anders verhält, als die Sonne in einem Hohlspiegel, von welcher wir sehen, dass sie Feuer entzündet. Das ist es, was ich von den verschiedenen Ofenformen gefunden habe. Nun bringe man in dem Euch rätlich erscheinenden Ofen die Bronze an den dafür bestimmten Ort, ¼ Elle vom Boden entfernt auf Ziegelsteine oder kleine Bronzestücke, und lege tüchtig Holz ein, damit die Flammen überall darum schlagen; mit Hilfe eines Schür- eisens und trockenen Holzes entzündet man das Feuer, so viel, dass alles flüssig wird. Wenn dann die Bronze gut geschmolzen ist, lässt man, indem man das Abstichloch öffnet, sie durch einen Kanal in die Form laufen, so dass sich alle Hohlräume derselben füllen, wie ich seiner Zeit genau und ausführlich zeigen werde .....“ Von den Öfen. Sind Biringuccios ausführliche Abhandlungen über die Schacht- und Flammöfen von hohem historischen Interesse, so verdienen seine Schilderungen des Schmelzens in Herden und in Tiegeln im Windofen gleichfalls unsere Beachtung. Sie sind im siebenten Buche der Pyro- technia enthalten. Das zweite Kapitel desselben ist überschrieben: Fig. 19. Die Arten des Schmel- zens in der Schüssel (ca- tino — im Herde) und andere Arten des Metall- schmelzens mit Kohlen und Blasebälgen. „Das Schmelzen im Herde (in der Schüssel) und im Korbe (Schanz- korbe) ist gleichsam ein und dieselbe Sache, und bei dem einen wie bei dem andern bedient man sich der Kohlen und der Blasebälge, die man je nach der Menge dessen, was man schmelzen will, klein oder gross macht, oder man bringt mehrere oder weniger an, je nach dem Falle. Man macht die Schüssel, Fig. 19, oder Wanne, oder das Schmelzbecken, wie es die Meister nennen, aus Backsteinmauerwerk und Thon nach Art der Schmiedeessen, und mit- Fig. 20. ten vor die Düsen der Blasebälge macht man eine runde Höhlung nach Art einer Waschschüssel, oben weit und am Boden eng, mit einem Loche zum Entleeren, in welches man, damit man es nach Bedarf verstopfen kann, einen eisernen Dorn steckt oder einen ge- schnittenen, zugespitzten Backstein. Dann wird das Ganze gut mit Asche ausgestrichen und die Düse so angepasst, dass der Wind auf die Mitte trifft, damit er das Metall nicht nur schmilzt, sondern auch warm erhält. Zuerst füllt man nun mit Kohlen und brennt sie gut aus, dann füllt man von neuem mit Kohlen, setzt sie in Brand und lässt sie nach und nach von selbst ersticken, alsdann beginnt man mit dem Schmelzen, indem man ein oder zwei Paar Blasebälge in Von den Öfen. Bewegung setzt und oben auf die Kohlen das Material legt, welches man schmelzen will. Wenn es geschmolzen ist, zieht Ihr den Dorn heraus, den Ihr in den Boden gesteckt habt, und führt das Metall durch einen Kanal nach Euren Formen (Fig. 20). Zwischen dem Korbe (Fig. 21 a ) und der Schüssel (Fig. 21 b ), dem Kessel oder der Wanne, wie ich sie beschrieben habe, ist kein Unterschied, als dass der Korb auf einem grossen, freien Platze gemacht wird. Er setzt sich zusammen aus Hölzern, die in kreisrunder Form in die Erde geschlagen und dann überflochten werden mit Ruten von Kastanien, Weiden oder Nussbäumen, ganz so, wie ein Tragkorb oder Schanzkorb, jedoch so hoch und so weit, wie es Euch nötig scheint. Dann füllt man ihn mit festgestampfter Erde und macht in der Mitte eine runde Höhlung, so tief und so breit, wie Ihr glaubt, dass sie das Material, welches man schmelzen will, fassen könne. Fig. 21. Nachdem Ihr den Boden gemacht, ein Abstichloch für die Bronze ange- bracht, einen eisernen Dorn gut eingesetzt und alles gehörig mit Asche, die mit Salzwasser an- gemacht ist, bestrichen habt, brennt Ihr sie aus. Nachdem Ihr dann die Blasebälge an ihre Stelle gesetzt habt, richtet Ihr die Düsen so, wie Ihr es bei dem Herdofen (der Schüssel) gethan habt und schmelzt nieder. Der erste von diesen Korböfen, den ich gesehen habe, war in Palermo. Später sah ich noch mehrere an verschiedenen Orten, und mit einem solchen Appa- rate goss der Meister eine Glocke von etwa 1000 Pfund. Sehr viel gebrauchen ihn gewisse savoyische und französische Meister, welche umherziehen und Glocken giessen, und habe ich schon welche von diesen gesehen, die zwei bis drei Paar Blasebälge darum setzten, und habe auch solche gesehen, die anstatt aus Baumzweigen und Hölzern aus Mauerwerk gemacht waren, wie kleine Türmchen, und diese ge- fallen mir sehr gut, und wenn ich je damit zu arbeiten hätte, würde ich keine andere machen, als solche aus Mauerwerk.“ Diese Öfen erinnern bereits an kleine Kupolöfen. Bemerkenswert ist an denselben ihre Beweglichkeit. Es waren nicht geradezu transportable Schmelzöfen, wie sie Reaumur im Anfange des vorigen Jahrhunderts Von den Öfen. zuerst beschrieben hat, aber diese Schanzkorböfen liessen sich überall leicht und rasch aufrichten, so dass die erwähnten hausierenden savoyischen und französischen Meister vielleicht selbst das ganze Gestell zu dem Schmelzofen mit sich führten, dass sie dann nur am Orte, wo sie Arbeit fanden, frisch ausstampften und auskleideten. Diese Korböfen sind ferner auch dadurch von besonderm Inter- esse, als sie den charakteristischsten Übergang des Herdofens in den Schachtofen darstellen. Und als Schachtöfen sind sie wieder die ersten Beispiele von Massenöfen, d. h. von Öfen, deren Inneres nicht gemauert, sondern gestampft ist. Zur Schmelzung noch kleinerer Metallmassen diente das Schmelzen im Löffel, welches wir noch ähnlich bei den hausierenden Löffelgiessern und Zinnflickern finden. Biringuccio beschreibt dieses Verfahren im dritten Kapitel als „die Art, im Löffel zu schmelzen“. Der Giesslöffel, Fig. 22 a , ist ein kleines Schüsselchen mit einem Gitter von Eisenstäben wie ein Vogelkäfig überzogen, derselbe hat Fig. 22. einen Handgriff, um ihn leicht von der Esse neh- men und ihn dahin tra- gen zu können, wo es Euch passt. Er ist ein allgemeines und gewöhn- liches Gerät der Meister, wo es sich um kleine Gusswaren handelt, denn bei einem grossen Ge- wichte würde man ihn auch, wenn man Hebel und Winden zu Hilfe nähme, nur schwer mit den Armen aufheben können, und wenn man es dennoch thäte, so könnte man nur mit Anstrengung die vorerwähnte Schüssel heben und, wenn dabei ein Fehler gemacht würde, könnte es zu Verlust führen. Auch hierzu bedarf man einer Esse und ein paar guter Blasebälge b , welche gross und gut mit Leder (Tuch) beschlagen sind. Das er- wähnte Schüsselchen aber wird von guter, gebrannter Erde gemacht, gehörig mit Asche bestrichen, dann setzt man es vor die Düse, indem man oben rings um den Rand einen Kranz von zwei oder drei Back- steinen macht, damit diese die Kohlen besser und in grösserer Menge zusammenhalten. Alsdann zündet man an, und wenn man die Kohlen in dem Löffel gut in Brand gesetzt hat, legt man die Stücke des zu schmelzenden Materiales nach und nach darauf, die, wenn sie ein- Von den Öfen. geschmolzen sind, in den Behälter herabfliessen. Dann hebt man den Löffel heraus und trägt ihn dahin, wo die Formen aufgestellt sind und giesst damit. Ich habe auch mit offenem Giesslöffel giessen sehen, d. h. ohne Esse und ohne glühende Asche darum, sondern mitten in einem Raume, wo der nackte Löffel auf einem eisernen Dreifusse stand. Die Blasebälge hatten lange Röhren und die Mündungen, aus denen der Wind kam, gingen über den Rand des Löffels. Der Löffel selbst hatte eine grosse Weite und war vorn höher als hinten; um den Rand war ein vier Finger breiter Reif von Eisen gelegt, um die Kohlen zusammenzuhalten. Auf diese Weise habe ich mehrmals Silber in grösserer Menge schmelzen sehen, es schmolz sehr gut und sauber, und man arbeitete mit grosser Leichtigkeit und Kohlenersparnis. Und für den Fall, dass ein Körnchen zufällig aus dem Löffel flösse, stellte der Meister eine Schüssel mit Wasser darunter, damit auch das kleinste darin aufgefangen würde und sich darin sammele. Kap. III. Die Art, im Tiegel zu schmelzen, Fig. 23. Das Schmelzen im Tiegel ist das Verfahren, welches bei kleinen Gegenständen gebräuchlich ist. Es geschieht auf zweierlei Weise, mit Fig. 23. Wind aus Blasebälgen oder mit dem Zugofen. Das Schmelzen mit Blase- bälgen, das ich zunächst beschreiben will, ist am gebräuchlichsten, man schmilzt auf diese Art schnell und sie ist den Goldschmieden und jedermann sehr bekannt. Ich brauchte daher wohl auch nichts darüber zu sagen, dennoch, um Euch zu belehren, wenn Ihr es vielleicht nicht wissen solltet, sage ich Euch die Vorschrift. Zunächst richtet man eine kleine Esse zu mit einem Paar Blasebälgen, die mit der Hand oder auf andere Weise betrieben werden. Dann nimmt man einen Tiegel von der Grösse, die man nötig hat, und füllt ihn mit dem Material, das man schmelzen will. Dann entzündet man auf der Esse vor der Öffnung, wo der Wind ausströmt, eine solche Menge Kohlen, als man denkt, sie könnten gut den Tiegel be- decken. Dann setzt Ihr den mit dem Schmelzmaterial gefüllten Tiegel mitten in die angezündeten Kohlen über den Windstrom, zwei oder drei Von den Öfen. Finger von der Wand, wo der Wind austritt, oder mehr oder weniger, je nach der Grösse des Tiegels oder der Mächtigkeit der Blasebälge. Man lässt dann alles nach und nach in Brand geraten, und sobald man es schön rot sieht, facht man mit dem Winde an und verstärkt das Feuer, und so lässt man es so lange kräftig wirken, bis alles gut geschmolzen ist. Dabei müsst Ihr darauf achten, dass Ihr den Tiegel immer in der Mitte, aufrecht, zwischen den Kohlen erhöht und gut bedeckt haltet, zu diesem Zwecke bedient sich der eine eines halben Ringes von Stabeisen, der andere macht ihn von Ziegelstücken auf der oberen Fläche der Esse, und dies geschieht nur, um die Kohlen zusammenzuhalten und um mehr darüber aufhäufen zu können, damit man ein stärkeres Feuer bekomme und die Luft nicht über der Fläche durchdringen könne. Wenn dann das Metall eingeschmolzen und von aller Asche und Kohlen rein ist, giesst man es nach Belieben in die Formen. Es giebt einige (besonders Messinggiesser), welche zur grösseren Bequemlichkeit eine gemauerte Höhlung machen, rund oder quadra- tisch von einem Palmo (= 25 cm) Durchmesser, oder etwas mehr oder weniger, und quer darüber nahe dem Rande bringen sie zwei oder drei Eisen an, dass der Wind von den Blasebälgen sie unterhalb trifft und lässt sie so gleichsam die Rolle eines kleinen Schachtofens spielen. Dann stellen sie die Tiegel auf die Eisen mit der Beschickung und füllen sie und häuflen sie mit Kohlen, setzen, sobald es warm wird, die Blasebälge in Bewegung und schmelzen es. Und solche Meister sagen, dass sie durch Erfahrung gefunden hätten, dass das Messing auf diese Weise seine Farbe besser erhalte, als auf irgend eine andere, auch schmelze man schneller und werde alles auf diese Weise ohne viele Mühe aufs beste geschmolzen. Kap. VI. Über die Art, in kleinen Windöfen (fornello a vento) zu schmelzen. Diese Art, mit dem Windofen (Fig. 24) zu schmelzen, wird von vielen der Schmelzen mit dem Luftofen (Zugofen) genannt, und lässt sich mit geringer Mühe ausführen. Man macht zunächst, je nach Be- lieben, einen kleinen oder grossen Ofen mit Tiegeln und Kohlen, aber ohne Wind von Blasebälgen, jedoch nicht ohne Zugluft, welche aus dem Raume, in dem man den Ofen macht, und aus der Anordnung des Ofens hervorgeht, und welche im Laufe der Zeit das Schmelzen derjenigen Sache und derjenigen Menge bewirkt, welche Ihr schmel- zen wollt, die aber im richtigen Verhältnisse zu dem Hohlraume, dem Feuer und der Luft, welche soviel wie möglich Zug erzeugen Von den Öfen. soll, stehen muss. Um dies zu erreichen, macht man zunächst den Ofen aus Mauerwerk, oder man arbeitet ihn aus einem Felsen- vorsprung oder einer Wand von Lehm heraus, oder man kann sie auch tragbar machen aus Eisenstäben mit Lehm, wie ich es Euch beschreiben werde. In welcher Weise Ihr es aber auch macht, so müsst Ihr ihn an einen Ort stellen, der Zug erzeugt. Ihr könnt ihn z. B. in ein grosses Zimmer stellen oder zwischen Thür und Fenster. Man macht ihn von runder oder quadratischer Form nach Belieben. Aus Backsteinen lässt er sich am besten quadratisch machen. Nach- dem man den Platz ausgewählt hat, macht man ihn unten ½ oder auch ¾ Elle weit und 1¼ Elle hoch, und an der Ausmündung ⅓ Elle, oder, wenn Ihr wollt, auch mehr; mit dem Boden gleich macht man ein Loch ¼ Elle oder mehr weit und einen Palmo (= 25 cm) hoch. An der Mündung macht man einen Rost aus eisernen Querstäben, auf Fig. 24. welchen man in der Mitte ein Stück Ziegel- stein legt, so gross wie der Boden des Tiegels. Diesen hat man beim Schmelzen darauf zu stellen, damit er immer gerade steht, auch wenn die Kohlen sich ver- zehren. Wenn er in der Mitte des Feuers erhöht eingestellt ist, füllt man den Hohlraum ganz mit Kohlen, nachdem man vorher den Tiegel mit dem zu schmelzenden Material gefüllt hat. Und so lasst Ihr alles stehen, ohne es anzurühren, ausgenommen, dass Ihr Kohlen zufügt, wenn die, welche Ihr aufgelegt habt, verzehrt sind, bis dass es geschmolzen ist. Diese Öfen schmelzen schneller oder langsamer, je nachdem die Kohlen sind und der Ort, wo sie gemacht sind, oder je nachdem sie die Zugluft bequem aufnehmen können. Auch macht man sie, wie gesagt, zuweilen tragbar auf einem grossen, eisernen Dreifuss, wie ein mit Lehm ausgekleideter kleiner Tragkorb. Am Boden macht man einen Rost, und wer will, dass es schneller schmelze, stellt eine Schüssel mit Wasser darunter, in welches die brennenden Kohlen fallen, welche durch die Öffnungen des Rostes gehen, und, indem sie sich löschen, verursachen sie durch ihre Hitze eine Verdunstung, welche Zug ver- ursacht, der sehr nützlich ist. Diese Schüssel mit Wasser hilft auch Von den Blasebälgen. denen viel, welche Gold oder Silber schmelzen, denn wenn irgend ein Körnchen davon durch Zufall herabfällt, wie es vorkommt beim Hantieren oder Kohlenauflegen, so fällt es in die Schüssel voll Wasser an einem sicheren Orte, wo man es leicht wiederfinden kann. Ehe wir uns nun zur Beschreibung der verschiedenen Arten des Ausschmelzens der Eisenerze im Speziellen wenden, müssen wir noch die wichtigsten mechanischen Hilfsmittel, wie sie im Anfange des 16. Jahrhunderts zur Beförderung der Schmelzung gebräuchlich waren, betrachten. Von den Blasebälgen . Das wichtigste mechanische Beförderungsmittel der Schmelzung ist das Gebläse . Als solches war in der ersten Hälfte des 16. Jahr- hunderts zum Schmelzen der Erze fast ausschliesslich der Blasebalg in Anwendung. Zwar war möglicherweise in den Hochgebirgsgegen- den der Pyrenäen und der Alpen auch das Wassertrommelgebläse im Gebrauch, da dieses aber weder von Biringuccio noch von Agri- cola , noch von irgend einem andern Schriftsteller des 16. Jahr- hunderts erwähnt wird, so haben wir keine Veranlassung, schon an dieser Stelle auf seine Konstruktion näher einzugehen. Über die Blase- bälge dagegen besitzen wir ausführliche Mitteilungen sowohl von Agri- cola als von Biringuccio , und diese ergänzen sich gewissermassen, indem ersterer mehr die Konstruktion des Balges, letzterer mehr die Arten der Bewegung desselben behandelt. Man kannte damals nur den Lederbalg . Der Holzblasebalg, der später im Hüttenwesen so allgemeine Verbreitung fand, war noch nicht erfunden. Der Form nach waren die Bälge fast ausschliesslich Spitzbälge. Der cylindrische Lederbalg mit kreisrundem Boden und Deckel, wie ihn nach Agri- colas Beschreibung die Lusitanier beim Zinnschmelzen verwendeten (s. Fig. 303, Bd. I), war eine Ausnahme. Agricola beschreibt die Konstruktion des Spitzbalges zum Erzschmelzen genau (Lib. IX, De re metallica). Wir wollen den Hauptinhalt im Auszuge mitteilen mit einigen Zeichnungen des Originals. Jeder Blasebalg (Fig. 25) besteht aus dem Balgleib und dem Balghaupt. Der Balgleib ist zu- sammengesetzt aus zwei Holzbrettern, „den Backen“, aus zwei Rahmen und aus zwei Balgledern. Der obere Backen oder der Balgdeckel Von den Blasebälgen. ist eine Handbreite (palmus = 75 mm) NB. Wo es nicht auf eine besonders sorgfältige Massangabe, also auf ganz genaue Reduktion des Landesmasses ankommt, oder wo die richtige Grösse des Landesmasses unbekannt ist, setzen wir den Fuss oder Werkschuh = 300 mm, die Elle = 2 Fuss = 600 mm, den palmus (die Handbreite) = ¼ Fuss = 75 mm, den Querfinger (digitus) = 1/16 Fuss = 18,75 mm. dick, fünf Werkschuh und drei Handbreiten (= 1,725 m) lang, am hinteren Teile, dessen Ecken gerundet oder gebrochen werden, 2½ Werkschuh (0,75 m) breit, am vordern, da, wo das Balghaupt sich anschliesst, eine Elle (0,60 m). Der ganze Balgleib verengert sich also nach dem Balghaupt. Die Balgbacken sind in der Regel aus zwei Fichtenbrettern zusammen- geleimt, diese pflegt man aussen mit zwei schmalen, spitz zulaufen- den Lindenbrettern zu umgeben. In letztere werden die Nägel des Balgleders eingeschlagen. Diejenigen, welche diesen Rahmen von Lindenholz nicht anwenden, nehmen die Fichtenbretter entsprechend dicker. An dem oberen Balgbrett, dem Balgdeckel, befindet sich ein Spundloch und der Balgsterzel oder Balgarm. Das Spundloch ist meistens eine viereckige Öffnung, sechs Querfinger (= 112,5 mm) lang und vier Querfinger (75 mm) breit. Es ist wie ein Schiebkästchen Fig. 25. eingerichtet und wird mit einem Schieber als Deckel geschlossen, der zwei Palmen einen Querfinger (168 3/3 mm) lang und breit und drei Querfinger (56¼ mm) dick ist. Diesen oberen Schieber öffnet der Schmelzer mehr oder weniger dann, wenn der Druck im Balg zu stark wird, so dass das Zerplatzen des Leders zu befürchten steht. Andere haben für denselben Zweck statt dieses viereckigen Schiebers runde Löcher im Balgdeckel, in welche ein Zapfen eingesteckt wird, der nach Bedürfnis gelockert oder herausgenommen werden kann. Der Balgsterzel bildet den Hebel, auf welchen die Daumen drücken oder der Balg sonst bewegt wird, also den Angriffspunkt der bewegenden Von den Blasebälgen. Kraft. Er besteht aus einem starken Holz, 525 mm Länge und 150 mm mittlerer Breite. Es ist auf den Deckel aufgeleimt und mit Holz- nägeln aufgestiftet und ragt sieben Querfinger über dem Deckel vor. Gegen dasselbe ist auf der entgegengesetzten Seite des Deckels ein zweites Holz von 750 mm Länge und 75 mm Dicke dawider geleimt und verstiftet zur Verstärkung, um den Zug und Druck auszuhalten. Der untere Balgbacken, der Boden (Fig. 26), ist, wie der Deckel, aus zwei starken Fichtenbrettern und zwei schmalen Lindenbrettern zu- sammengeleimt; er ist von gleicher Breite und Dicke, aber länger, weil er zugleich die untere Seite des Balghauptes bildet. Der Balg- boden enthält das Ventil, den „Windfang“. Dieser Windfang befindet sich eine halbe Elle vom Ende. Er ist in der Mitte 300 mm lang und 225 mm breit und durch einen Steg in der Mitte, der, nicht aus Fig. 26. dem Boden herausgeschnitten, einen Teil desselben bildet und 81,25 mm breit ist, geteilt. Der Deckel des Windfangs aber, der 356 mm lang und 281 mm Fig. 27. breit ist, wird aus einem „subtilen“ Brettchen gebildet, das mit einer Ziegenhaut bekleidet ist; der haarige Teil desselben ist nach unten gekehrt, während die Haut an einer Seite mit Stiften an den inneren Balgboden aufgenagelt ist. Das Leder besteht, den beiden Öffnungen im Boden, welche sieben Querfinger voneinander abstehen, entsprechend, aus zwei Stücken. Durch jeden der Schlitze geht ein Riemen, welcher ausserhalb an der unteren Seite des Bodens befestigt ist und bewirkt, dass die Klappen nur bis zu einer gewissen Höhe sich öffnen und nicht überschlagen können. Drei Spannen von dem hinteren Ende des Bodens ist ein starker, eiserner, etwas zusammengedrückter Ring in demselben befestigt. Die beiden Bügel zwischen Balgboden und Deckel sind Rahmen von der Gestalt der Backen; sie liegen zwischen diesen und dienen dazu, das Balgleder daran zu befestigen, um ihm mehr Halt zu geben. Sie sind aus vier Lindenbrettern von 75 mm auf 37 mm ausge- schnitten. Das Balghaupt oder der Balgkopf bildet einen Kasten für Von den Blasebälgen. sich, der ausser nach der dem Balgleib zugekehrten Seite ringsum ge- schlossen ist. An der dem Balgleib abgewendeten Seite befindet sich die Öffnung für die „Balgliese“ oder Düse, so heisst das Blechrohr, durch welches der Wind ausströmt. Das Leder des Balges wird aus Ochsen- oder Pferdehäuten bereitet. Aber Ochsenleder ist besser als Rossleder. Die zwei, aus je einer Haut bestehenden Lederstücke, die am hinteren Teile des Balges in der Mitte zusammenstossen, sind 3½ Werkschuh (= 1,05 m) breit. Sie werden an den Balgbacken und Fig. 28. Bügeln mit Riemen und eisernen Hakennägeln festgenagelt (Fig. 27). Die länglichen Nagel- köpfe, 47 mm breit, so dass an den Backen einer den andern be- rührt; an den Bügeln stehen sie weiter von- einander ab, damit das Leder nicht zu sehr gespannt wird und zer- reisst. Andere nehmen statt der Nägel eiserne Schrauben. Das Balg- haupt ist mit einem drei Querfinger breiten, eisernen Bande um- zogen. Die Düse ist von Eisenblech und vorn drei Querfinger weit, im Ganzen drei Werkschuh (900 mm) lang. Das Balghaupt ist mit dem beweglichen Balgdeckel durch ein doppeltes Scharnier ver- bunden. Diese Bälge hatten keinen Windsammler, der als Regulator diente, sondern sie bliesen den Wind nur stossweise, beim Zusammenpressen aus. Deshalb mussten, um dem Schmelzofen fortwährend Wind zu- zuführen, mindestens zwei Bälge zusammen blasen, und zwar in der Weise, dass abwechselnd der eine saugte, während der andere blies Allerdings kannte Agricola auch bereits den Doppelbalg mit feststehender Scheidewand und aufgesetztem Windkasten. Er beschreibt ihn beim Probierofen. Zum Erzschmelzen aber waren diese Bälge nicht in Anwendung. . Beck , Geschichte des Eisens. 9 Von den Blasebälgen. Zuweilen kombinierte man auch drei Bälge zu einem System, doch waren zwei die Regel und spricht man daher von den Bälgen oder von dem Bälgenpaar. Die Bälge ruhten auf einem starken Gerüste, dem Balggerüste , Fig. 28 (a. v. S.), über dessen Konstruktion Agricola Fig. 29. ebenfalls eingehende Mitteilung macht. Die- ses Gerüst stand in dem hinteren Teil der Hütte, unmittelbar hinter der Mauer, gegen welche Fig. 30. die Schmelzöfen angebaut waren. Auf derselben Seite befand sich auch das Wasserrad, welches die Bälge bewegte. Die beiden Balg- liesen bliesen zusammen in ein gemeinschaftliches, trichterähnliches Fig. 31. Blech, die Form, welche in die Ofenwand eingelassen war. So kam nur ein Luftstrahl in den Ofen. Die Form, Fig. 29, wurde aus Kupfer- oder Eisenblech zusammengefalzt. Ihre Länge betrug 487¼ mm. Das Blech nahm man 9½ mm, am Boden aber 19 mm dick. Von den Blasebälgen. Der Querschnitt der Form war nämlich kein voller Kreis, sondern auf der unteren Seite, wo sie auf dem Mauerwerk des Ofens auflag, Fig. 32. war sie abgeplattet. Die vordere Öffnung war 56 mm breit, 47 mm hoch. Der hinterste, breiteste Teil hatte 500 mm. An diesem weitesten Teile pflegten die Bleche nicht ganz übereinander zu grei- fen, so dass ein Schlitz blieb. Die Düsen der Bälge, welche in die Form mündeten, hat- ten vorn 94 mm lichte Öff- nung. Die Bewegung der Bälge wurde vermittelt durch höl- zerne oder eiserne Daumen, Kämme oder sogenannte Wellfüsse, welche in eine Welle, manchmal die Was- serradwelle selbst, fest eingezapft waren. Diese drückten entweder direkt auf den Balgsterzel und pressten so den Balg zusammen oder Fig. 33. auf einen Zughebel, der an dem Balgsterzel befestigt war. Die Gegenbewegung, der Auf- gang des Balges, wurde durch ein Gegengewicht, welches an einer Hebelstange, einer Art Balancier, dessen anderes Ende mit der Zugstange des Balges verbunden war, bewirkt. Die Bewegung der Bälge geschah indessen in jener Zeit nicht immer durch Wasserkraft, sondern vielfach noch durch Menschen und Tiere. Es überschreitet den Rahmen unserer Aufgabe, auf die Art und Weise der Benutzung dieser Kräfte näher einzugehen. Dieses müsste in einer Geschichte des Maschinenbaues behandelt werden. Wohl 9* Von den Blasebälgen. aber gehört es zur Vervollständigung unseres Geschichtsbildes, die Formen der Verwendung der lebenden und der toten motorischen Kräfte in jener Periode übersichtlich vorzuführen, um so mehr, da alle Fortschritte auf diesem Gebiete unmittelbare Fortschritte der Eisenindustrie veranlasst haben. Die direkte Bewegung des Balgdeckels mit der Hand kommt bei den gewöhnlichen Hüttenbälgen, wie wir sie oben beschrieben haben, nicht vor, wohl aber finden wir diese Art der Kraftübertragung bei Fig. 34. Fig. 35. den früher beschriebenen cylindrischen Bälgen (siehe Bd. I, S. 957) in Anwen- dung. Die einfache Umsetzung der Kraft mittels Hebel und Zugstange (Fig. 30, a. S. 130), wie wir sie bei den Schmieden noch meistens sehen, war bei den grossen Hüttenbälgen nicht wohl anwendbar, wohl aber bei den Bälgen kleiner Frisch- und namentlich der Zerennfeuer. Da aber auch bei diesen die Bewegung durch die Zugstange auf die Dauer zu anstrengend war und nicht die nötige Sicherheit für einen kontinuierlichen, gleich- mässigen Luftstrom, wie er erforderlich war, bot, so unterstützte man die Arbeit des Menschen entweder durch ein Tretwerk, ähnlich wie bei einer Orgel, oder durch das Tretrad. Ein solches Tretwerk, in Verbindung mit einem System von drei Blasebälgen zur Grubenventi- lation und sehr primitiver Kraftüberleitung mittels Lederschnur, giebt die Abbildung des Agricola , Fig. 31 (a. S. 130). Die Treträder waren Von den Blasebälgen. schon ziemlich mannigfaltiger Konstruktion. Am einfachsten waren die Horizontalräder, in welchen zwei Arbeiter umliefen, welche sich mit den Händen an einem feststehenden Gerüst halten, Fig. 32 (a. S. 131). Wirkungsvoller und weniger anstrengend für die Arbeiter waren die aufrecht stehenden Laufräder, in deren Inneren gewöhnlich zwei Männer in der Weise liefen, dass sie auf den an der Innenseite des Radkranzes angebrachten Stufen aufstiegen und dadurch das beweglich aufgehängte Rad durch ihr Gewicht umtrieben. Während sich also das Rad herum bewegte, blieben die Treter immer in derselben Höhe. Ein solches Rad von etwa 4 m Durchmesser ist nach Agricola Fig. 33 (a. S. 131) abgebildet. Gab man dem Laufrad einen sehr Fig. 36. grossen Durchmesser, wie in Fig. 34, so konnte durch den langen Hebelarm schon eine bedeutende Kraft ausgeübt werden. Bei den Treträdern wendete man auch Tiere an, besonders Hunde und Ziegen, die förmlich für diese Arbeit abgerichtet wurden, und solche von Hunden bewegte Laufräder zum Ziehen des Blasebalges finden sich heute noch bei den Nagelschmieden im Gebrauch Kürzlich sah ich noch ein solches von einem Hunde bewegtes Laufrad bei einem Nagelschmied in Schmitten im Taunus im Betriebe. . In Fig. 35 ist ein solches von Ziegen bewegtes Laufrad aus dem Agricola abgebildet. Pferde liessen sich in dieser Art Laufrädern nicht gut verwenden. Diese liess man aber in einer andern Art von Rädern, bei welchen die Trittleisten an der Aussenseite des Rad- Von den Blasebälgen. kranzes angebracht waren, laufen, wie dies Agricola Fig. 36 (a. v. S.) darstellt. Der Fleiss des Pferdes wird hier in sehr eigentümlicher Fig. 37. Art dadurch angespornt, dass ihm der Futterkorb so vor die Nase gehängt ist, dass es, um ihn zu erreichen, ge- zwungen ist, auf die Tritt- leisten des Laufrades, das dann immer unter ihm aus- weicht, zu treten. Weit zweckmässiger wurde die Kraft des Pferdes aber an dem Pferdegöpel, Fig. 37 und Fig. 38, wie er jetzt noch im Gebrauch ist, ausge- nutzt. Fig. 39 zeigt die Be- nutzung des Göpels zur Be- wegung eines Bälgepaares nach Agricola . Bei weitem der beste und auch am meisten angewandte Motor zum Betriebe der Hüt- tenbälge war die Wasserkraft, die durch Wasserräder über- tragen wurde. Es waren dies Fig. 38. in Deutschland in der Regel oberschlächtige Räder. Bei Agricola finden wir wenigstens keine andern abgebildet. Sehr mannigfaltig war Von den Blasebälgen. die Art der Kraftübertragung vom Motor auf den Balg. Über diesen Gegenstand hat sich Biringuccio weitläufig in seinem Kapitel über die Blasebälge (Lib. VII, Cap. VII: Modi di diversi ingegni de accomo- dare mantici per fondere metalli) ausgesprochen und teilen wir das Wichtigste daraus in folgendem mit: „Ein wichtiges und notwendiges Mittel für die meisten Schmelzungen sind die Blasebälge, bei denen man nicht nur darauf sehen muss, dass sie geschmeidig und ausreichend mit Tuch (Leder) beschlagen sind, sondern auch lang, von grossem Hub und von gutem Aussehen, dass sie gute Ventile haben, lange und gute Röhren (Düsen) und dass sie nicht durch Risse Wind verlieren. Die Art, sie einzurichten, ist sehr wichtig für ihre Wirkung und deshalb werde ich jetzt einige einfache Maschinen angeben, um sie mit Fig. 39. Wasser oder mit Menschenkraft zu bewegen, damit ihr Euch vorkom- menden Falles derselben bedienen könnt. Obgleich ein jeder Meister diesen Effekt nach seinem Gutdünken hervorzubringen pflegt, so stimmen doch alle in der Absicht überein, kräftig und schnell zu erhitzen, um das Material zu schmelzen. Da man einen starken, mächtigen Wind anstrebt, damit das Feuer entsprechend sei, und da die Menschenkräfte grossen Dingen gegenüber schwach sind, so sucht man nach Maschinen, indem man verschiedene Hebel anwendet oder die Hilfe des Wassers. Deshalb ordnen einige ein Kübelrad an, sechs, sieben oder acht Ellen im Durchmesser, je nach der Lokalität und der Wassermenge, so dass seine Welle unter dem Ende des Brettes, welches auf der Rückseite unten an den Bälgen sich be- findet (dem Balgsterzel), durchgeht und dass in dieser Welle an den richtigen Stellen zwei einander gegenüberstehende Querhebel (Daumen) Von den Blasebälgen. befestigt sind, Fig. 40. Das obere Brett der Blasebälge, der Deckel, sei fest, während das untere, der Boden (gerade umgekehrt wie bei Agricola ), durch nichts gehalten, herabfalle und den Blasebalg öffne. Dieser dehne sich aus, bis er über die Daumen des Wasserrades an- komme, worauf die von der Wasserkraft bewegten Daumen das Ende des Brettes unten am Blasebalge heben und gegen den oberen Teil Fig. 40. drücken, und wenn sie — die Daumen — vorüber- gegangen sind, fällt der Balg wieder zurück; auf diese Weise wird das Ende des Brettes unten am Balge immer wieder von dem Ende des Dau- mens mitgenommen, wie Ihr aus der Zeichnung erseht. Auch richtet man die Blasebälge für Wasserkraft noch auf mehrere andere Arten ein, wovon ich zwei beschreiben will, damit Ihr Euch vor- kommenden Falles mit diesen oder mit Teilen derselben ausrüsten könnt. Man mache zuerst ein Kübelrad, wie das vorhin erwähnte und Fig. 41. am Ende seines Zapfens, auf dem es ruht, bringe man eine gekröpfte Achse an, wie bei einem Schleif- stein, welcher Krumm- zapfen, indem er sich hebt, eine Stange nie- derdrückt und indem er herabgeht, dieselbe in die Höhe zieht (d. h. den gegenüber liegenden Teil eines zweiarmigen Hebels). Diese Stange ist über den Blasebälgen quer gelagert und hat zwei Arme, wie ein Kreuz, an welchen die Deckel der Blasebälge angehängt sind, von denen das Rad bei seiner Umdrehung immer einen in die Höhe zieht (siehe Fig. 41, die un- richtige Zeichnung des Biringuccio ) In den historischen Notizen von Th. Beck , „Zivilingenieur“, 1888, Taf. XVII, sind diese Balgsysteme nach der Beschreibung verbessert abgebildet. . Von den Blasebälgen. Die andere Art macht man ähnlich, wie die eben beschriebene. Auch sie besteht aus einem Wasserrad, am Ende von dessen Welle sich ein ähnlicher Krummzapfen befinde. Über den Blasebälgen sei ein Querhebel in Zapfen ruhend, welcher an einem Ende ein Gegen- gewicht hat, am andern den Griff, auf der Seite des Krummzapfens, welche, indem er sich dreht, den Hebel hinunterzieht und hinauf- schiebt und dieser, an geeigneter Stelle mit den Bälgen verbunden, wird den einen davon niederdrücken, während das Gegengewicht gehoben wird, und der andere hebt sich, wenn dieses wieder herunter- sinkt. Biringuccio giebt hierzu die nebenstehenden Abbildungen (s. Fig. 42), die übrigens, wie viele seiner Zeichnungen, recht mangel- Fig. 42. haft sind, namentlich ist die Anordnung des Krummzapfens durch- aus falsch. Viel verständlicher ist die Abbildung des Agricola , Fig. 43 a. f. S. Hier werden die Böden der Bälge durch Well- füsse niedergedrückt und sodann durch Gegen- gewichte aufgezogen. Jeder Balg hat hier seinen eigenen Balancier und Kontragewicht, wie dies in Deutschland wenigstens am gebräuch- lichsten war. Das Gegengewicht pflegte entweder ein dicker Stein zu sein, welcher an dem der Zugstange entgegengesetzten, breiten Ende des Querhebels oder Balanciers festgebunden war, oder besser war es ein viereckiger eiserner Kasten, der, in ähnlicher Weise auf dem Hebel befestigt, mit Steinen oder Eisenstücken gefüllt und beschwert wurde. Bei dieser Anordnung war es leicht, das Gegengewicht zu vermehren oder zu vermindern, je nachdem der Balg rascher oder langsamer gehen sollte. Biringuccio wendet sich nun in seiner Beschreibung zu den durch Menschenkraft bewegten Bälgen, wie sie besonders bei Schmiede- feuern gebräuchlich waren, indem er folgendermassen fortfährt: Man macht auch für Menschenkraft durch verschiedene Hebel noch man- cherlei Bewegungsvorrichtungen für Blasebälge. Die gewöhnlichste und gebräuchlichste ist die mit einem aufrechten, in Zapfen gelagerten Kreuz mit einer Querstange, welche an dem oberen Arme befestigt ist und an dem Querarm vorbeigehend, herabläuft bis zu einer Höhe Von den Blasebälgen. von einer halben Elle vom Boden. An die Arme dieses Kreuzes hängt man die Blasebälge (Fig. 44) an und so schiebt ein Mann, Fig. 43. indem er sich um einen Schritt bewegt, den Griff des Hebels einmal vorwärts und zieht das andere Mal rückwärts und auf diese Art werden Von den Blasebälgen. die Bälge bewegt, indem sie aufsteigen, wenn sie gezogen werden und sich senken, wenn sie losgelassen werden. Eine andere Art wird viel gebraucht, weil der Arbeiter selbst, wenn er das Eisen nicht schmiedet, ohne Hilfe eines andern die Blasebälge bewegen kann. Zu diesem Zwecke stellt man einen Pfosten aufrecht mitten zwischen die Blasebälge (Fig. 45, a. f. S.) und darüber legt man ein Holz in Zapfen mit einem Gegengewicht am einen Ende, während man an das andere einen Strick bindet, welcher an einer Stange herabgeht, die längs der ganzen Schmiede auf die Erde gesetzt und so angebunden ist, dass sie etwas Neigung von der Erde ab hat. Wenn man nun mit einem Fuss darauf steigt und so das Seil be- lastet, so wirkt es wie das Schwungrad einer Glocke und so, indem man herauf- und herabsteigt von jener Stange, werden die Blasebälge Fig. 44. gezogen und abgelassen und machen dadurch Wind und zwar mit sehr gutem Erfolge. Viele, namentlich die Metallgiesser, bringen die Blasebälge dadurch in Bewegung, dass sie ein Hanfseil an der Decke oder einem andern über den Blasebälgen befind- lichen Gegenstand befestigen, so dass es in der Mitte über sie zu hängen kommt, an dieses bindet man ein Querholz (das einen Balancier bildet, der mit den Bälgen verbunden ist, an denen sich der Arbeiter zugleich festhält) und das die Meister „glogo“ zu nennen pflegen, und indem er auf die Bälge springt, abwechselnd auf den einen und auf den andern, lässt man sie, indem man sie belastet, Wind erzeugen und es erzeugt sich soviel, dass man eine beliebige Menge Material schmelzen kann (Fig. 46, a. f. S.) Vergleiche hiermit die Blasebälge der Indier in den Khasiabergen, Bd. I, Fig. 46. . Auch legte man, um je einen der Bälge aufsteigen zu machen, eine horizontale Welle mit Zapfen über den Ort, wo die Blasebälge aufgestellt sind, mit zwei Armen, die durch einen Hebel bewegt werden, welcher von unten in das Ende des Holzes zunächst dem äusseren Zapfen gesteckt ist. Wird dieser Hebel von einem oder zwei Männern Von den Blasebälgen. zwei Schritte vor und zwei Schritte zurückgetrieben, so hebt sich bald der eine, bald der andere Blasebalg, wie Ihr aus der Zeichnung (Fig. 44) erseht. In dieser und vielen andern Weisen kann man es auch noch machen: So macht man z. B. ein grosses doppeltes Rad, so dass ein Fig. 45. Mensch darin gehen kann (Tretrad) und welches auf der einen Seite stellenweise gezahnt sei. Auch kann man statt eines halben Zahnrades ein Holz aufrecht stellen (eine leiterartige Zahn- stange), welches einen Hebel in die Höhe hebt, der eine in der Mitte in Zapfen gelagerte Stange treibt, an welche die Ringe des Blasebalges angehängt sind. Wenn sich dann das grosse Rad dreht, so greifen die Zähne in das Sprossenwerk des Hebels, bewegen ihn (am gegenüber- liegenden Ende) aufwärts und treiben den Wagebalken, an dem die Blasebälge angehängt sind. Der eine bewegt sich durch diesen Antrieb nach oben, der andere durch sein Fallen nach unten. Und so be- Fig. 46. wegen sie sich, um das zu thun, was erforder- lich ist (Fig. 47) Vergl. Th. Beck , a. a. O., Fig. 7. . Es giebt unendlich viele Arten aufzuheben, niederzudrücken und zu ziehen, welche man alle anwenden könnte, um derartige Wirkungen hervorzubringen, und ich erinnere mich, dass, als ich über diese Maschine nachdachte, ich zu dem Schlusse kam, dass alle jene Wirkungen, welche sich mit Wasser hervorbringen lassen, im Falle der Not auch durch Menschenkräfte erzeugt werden könnten, und dass ebenso alles, was man mit Menschenkräften macht, viel leichter durch das Wasser gemacht werden könnte. Unter anderm Von den Blasebälgen. habe ich eine Maschinerie in einem Gebäude des Thales von Boccheg- giano angeordnet, welche mit einem einzigen Rade in einem und dem- selben Raume vier verschiedenen Essen diente und diese Maschinerie that dieselben Dienste wie vier Wasserräder. Es war dies ein Kübelrad, wie gewöhnlich, und an seiner Welle waren die Arme (Hebedaumen) angebracht, welche die Blasebälge bei der ersten Esse hoben. Ferner war an dem Ende der Welle, wo der Zapfen war, ein Krummzapfen, welcher, indem er sich in einem hölzernen Stempel umdrehte, einen Hebel in die Höhe hob und ihn beim Rückgange wieder abwärts be- wegte, und dieser schob einen Arm von einer andern Welle, welche bis über die Blasebälge einer andern Esse reichte und bei den Schüben, welche er machte, hob er bald den einen, bald den andern Arm, an die die Blasebälge angehängt waren. Und von dieser ging wieder eine Fig. 47. andere Stange aus, die eine andere Welle an- trieb, welche horinzontal über einem andern Paar Blasebälge lag und welche in gleicher Weise durch den Schub, welchen sie hervorbrachte, die Blasebälge hob, die an die andern beiden Arme angehängt waren. Und so brachte die eine Welle (des Wasserrades) von einem Gerät zum andern, indem sie auf dieselbe Weise die andern trieb, die Wirkung hervor, dass alle vier einzeln oder zu zwei oder zu drei, je nach dem Willen des Meisters, sich bewegten. Und ich glaube, dass man es mit noch mehr so machen könnte, wenn das Wasser mächtig genug wäre, um die Hebel zu heben, welche die Wasser treiben, worauf man zu achten hat. Was aber die Anordnung betrifft, so ist dies eine leichte Sache, denn von der ersten Bewegung kann man zu vielen übergehen. Aber was mir bei dieser Wirkungsweise der Instand- haltung entgegen zu sein scheint, ist das Bestehen aus so vielen Teilen und dass so viel Gewicht zu bewegen und so viele Kräfte fortzupflanzen sind, so dass bei jedem Spiele der Maschinerie ein grosser Lärm entstand durch die Stösse der Hölzer. Ich kann Euch das nicht durch Zeichnung deutlich machen, denn es wäre für mich eine zu schwierige Sache, es zu zeichnen. Mögen Euch die genügen, welche ich Euch geboten habe und welche Euch Von den Blasebälgen. den Weg zeigen können zu dem, was Ihr nötig habt, wenn meine Worte nicht genügend waren, um es auszudrücken.“ Dieses Problem, mehrere Feuer und mehrere Bälgepaare von einem Wasserrad aus zu betreiben, welche Biringuccio so klar Fig. 48. und lebendig beschrieben hat, ist eine Lieblingsaufgabe der späte- ren italienischen Mechaniker des 16. Jahrhunderts geblieben, und wir können es uns nicht versagen, zum Schlusse eine Lösung derselben, welche Agostino Ramelli in seinem Werke: „Le diverse et artificiose machine“, Parizi 1588 (Fig. CXXXVII, Fol. 213), in einem vorzüglichen Kupferstiche ausgeführt hat, hier in verkleinertem Bilde zum Schlusse mitzuteilen (Fig. 48). Ramelli giebt dazu folgende Er- klärung (Cap. CXXXVII): Per opera della presente machina di puo in uno istesso tempo fare scaldare il ferro a due fuocne con l’aiutu d’un canale, Perche il detto canale facendo tornare la ruota signata H con la forga del suo corso, fa uobtrare la manuella G , ch’ i fitta nell’ esstrimenta d’ell esse di quella, allaquale manuella essendo giunta la barra E che disopera piglia il braciullo, ilaqualè fitto nel sub- bio D , ella s’alza et s’abaffa perli riuot ginenti d’essa maniella et fa co’l suo alzaro et abbassarsi tornar’hora da’ un cant’, hora dall’ altro esso subbio per uia del bracciulo sudetto, nel qual subbio essendo fitt’ un’ altro bracciuolo, ch’a duoi anelli nella sua estensita, lo fa co’l suo moto andare innanzi et indietro et essendo a glianelli die questo bracciullo giunti per uia di duoi alquesti tai mouimenti andar’ auicenda innanzi et indietro esse subij, ciascuno de quali hauendo in se fitti duoi altri bracciuoli, che sestegnono le braccia de i mantici EV.AI , gli alzano, et li fanno per cotai mouimente soffiare auicenda nelle fucine sudette, come benissimo si puo comprendere per il disegne. Der vollständige Titel des berühmten Werkes lautet: Le diverse et artificiose machine nelle quali si contengono varii ed industriosi movimenti, degni di gran discimo speculationi, per caverne beneficio infinito in ogni sorte d’operatione in ligua Italiana et Francese. Paris 1588. Fol. (Deutsche Übersetzung. Leipzig 1620.) : Mit Hilfe der hier abgebildeten Maschine kann man in einer und derselben Zeit das Eisen in zwei Feuern erhitzen mit Hilfe von nur einem Wassergerinne. Während dieses Gerinne durch die Kraft des Wasserlaufes das Rad umdreht, dreht er die Kurbel, welche an dem Ende der Radwelle befestigt ist, und an welche die Stange befestigt ist, die an ihrem andern Ende Von den Blasebälgen. den kurzen Arm (Hebel) fasst, welcher mit dem Wellbaum verbunden ist, und durch die Umdrehung der Kurbel auf- und abgezogen wird, wodurch er bei seinem Auf- und Niedergange den Wellbaum hin und her dreht, was alles durch den kurzen Arm geschieht. In diesem Wellbaum ist ein anderer kurzer Arm befestigt, welcher an seinem Ende in zwei Ringe ausläuft, welche durch die Bewegung hin- und hergehen und mittels dieser Ringe ist derselbe mit zwei andern kurzen Armen verbunden, welche in den zwei Wellbäumen befestigt sind, und durch seinen Hin- und Hergang bewegt er diese Wellen vor- und rückwärts. Jede dieser ist wieder mit zwei kurzen Armen versehen, welche mit den Zugstangen der Blasebälge verbunden, diese aufziehen, und durch diese Bewegung bewirkt, dass einer um den andern Wind in die erwähnten Feuer bläst, wie aus der Zeichnung leicht zu verstehen ist. DAS AUSSCHMELZEN DER EISENERZE . Luppenschmiede . Das Ausschmelzen der Eisenerze geschah zu Anfang des 16. Jahr- hunderts in Rennherden , in Stücköfen , in Blauöfen und in Hochöfen . In den Herden und Stücköfen erhielt man unmittelbar ein zu einer Luppe zusammengebackenes, schmiedbares Produkt, man nennt dies deshalb das direkte Verfahren , in den hohen Öfen oder Hoch- öfen erhielt man geschmolzenes, flüssiges Roheisen, welches man durch eine zweite Operation, das Verfrischen, erst in Schmiedeeisen oder Stahl umwandelte, deshalb heisst dieses Schmelzverfahren das in- direkte . Dieses letztere war eine neue Erfindung, deren Anfänge sich bis in das erste Viertel des 15. Jahrhunderts zurück verfolgen lassen. Über die älteren direkten Methoden der Eisengewinnung, wie über die Erfindung des Hochofenbetriebes, der Roheisendarstellung, haben wir im ersten Bande ausführlich gehandelt. Wir werden uns deshalb bezüglich der direkten Methoden in der Hauptsache auf das beschränken, was Agricola und Biringuccio über das Schmelzverfahren zu ihrer Zeit mitteilen, um dann ausführlicher auf das Wesen des Hochofen- prozesses, der zwar beim Beginne unseres Zeitabschnittes schon bekannt war, aber noch wenig Verbreitung gefunden hatte, einzugehen. Nur in einzelnen Gegenden, und zwar hauptsächlich im Stromgebiete des Rheines, war er in Anwendung. Daher kommt es, dass er Agricola ganz unbekannt geblieben ist und auch Biringuccio nur von Hören- sagen, wie es scheint, von ihm spricht. Beide beschreiben in ihren Werken nur die indirekten Schmelzmethoden, welche zu ihrer Zeit die gebräuchlichsten waren. Besonders waren es die Rennherde oder Luppenfeuer , welche die weiteste Verbreitung hatten und in allgemeiner Anwendung stan- den, denn diese liessen sich ohne Mühe und Kosten überall leicht Luppenschmiede. aufrichten und waren nicht, wie die Stück- und Hochöfen, von einer Wasserkraft abhängig. Allerdings war man zu Beginn des 16. Jahr- hunderts auch bei dem Luppenfeuer vielfach zur Benutzung der Wasserkraft, sowohl zur Bewegung der Blasebälge, als auch zu der des Schmiedehammers übergegangen. Aber daneben standen noch viele Luppenfeuer auf den Bergen in wald- und erzreichen Revieren, deren Bälge mit Menschenhand oder vermittels eines Tretwerkes — woher die Bezeichnung „Trethütten“ kommt — bewegt, und deren Hämmer nur von den kräftigen Armen des „Waldschmiedes“ geschwungen wurden. Der Schmelzofen dieser Rennwerke, die man auch Zerennfeuer, Luppenschmiede, Iserschmitten, Waldschmitten nannte, war ein ein- facher Herd. Derselbe war in den meisten Fällen gemauert. Bei leichtschmelzigen Erzen genügte sogar eine einfache Grube, die mit losen Steinen, um die Kohlen zusammenzuhalten, umgeben wurde. So war es beim Ausschmelzen der vorzüglichen Erze von Elba zu Biringuccios Zeiten noch der Fall. Er sagt Lib. I, Cap. VI. : „Die Erze von Elba sind von solcher Güte, dass es, um das Eisen herausziehen und zu seiner Reinheit zu bringen, nicht der Gewalt heftiger Feuer und vieler Vorrichtungen bedarf, wie dies bei andern Erzen der Fall ist, sondern indem man es einfach in einer Schmiede vor die Mündung des Blase- balges bringt, schmelzt man bei einem ordentlichen Feuer ein sehr weiches und leicht zu behandelndes Eisen aus, von dem man leicht jedes beliebige Schmiedestück herstellen kann, wie wenn es Silber oder ein anderes leicht zu verarbeitendes Metall wäre.“ Wie ein solcher Luppenherd hergestellt wurde, beschreibt Birin- guccio folgendermassen: „Die Erze, nachdem man sie zuvor in kleine Stücke von Nuss- grösse zerbrochen hat, werden an dem dafür bestimmten Platze in einem Haufen aufgefahren. Alsdann macht man um diesen Haufen herum eine Einfriedigung (clausura) in Form eines Kreises aus dickeren Erzstücken oder aus andern, tauben Steinen, die man nur dorthin stellt, um die Kohlen und das Feuer zusammenzuhalten. Mit diesen Kohlen bedeckt man aufs beste die zu reduzierenden Erze. Alsdann lässt man die durch ein Wasserrad bewegten Bälge an und schmilzt nur mit einem Feuer von acht bis zehn Stunden. Auf diese Art reinigt man es von dem Erdigen, welches es enthält, und es verbleibt das Eisen geläutert, in einer Masse, ähnlich einem Wachsklumpen, Beck , Geschichte des Eisens. 10 Luppenschmiede. welcher sich leicht aus der Umwallung herausheben lässt. So zieht man es warm aus dem Herde und bricht es mit Handkeulen in mehrere Stücke. Man erwärmt dann ein jedes der Stücke von neuem und schmiedet sie unter dem Hammer zu Luppenstäben. Nachdem dies geschehen, bringt man diese in dieselbe Esse zurück , heizt sie gut aus, und teilt sie mit den erwähnten Keulen, und schmiedet sie aus, entweder (rund) in Gestalt von Ruten, oder viereckig oder wie man will. Ist die Arbeit vollendet, so findet man, dass das Erz sich um nicht mehr als um 40 bis 45 Prozent verringert hat, der Rest ist das reinste Eisen, ein Ausbringen, wie es bei keinem andern Eisenerze vorkommt.“ In der That war ein so einfaches Schmelzverfahren, das bei einem Feuer gleich ein gutes, fertiges Schmiedeeisen bei einem Ausbringen von 55 bis 66 Prozent gab, nur bei so vorzüglichem Erze, wie das von Elba war, möglich. Für reiche und gutartige Erze war das Verschmelzen im Luppen- feuer leichter und vorteilhafter als im Schachtofen. Dies hebt auch Agricola in seiner bereits oben (S. 42) mitgeteilten Schilderung eines Rennfeuers hervor. Der Schmelzapparat, den er beschreibt, ist aber nicht so einfach, wie der vorige, sondern er ist sorgfältig aus Mauerwerk hergestellt, das ungefähr 1,5 m breit und lang und 1 m hoch ist. In der Mitte dieses massiven Mauerwerkes befindet sich der eigentliche Schmelzherd in Form eines flachen Tiegels von etwa 45 cm Durchmesser und 30 cm Tiefe. Der Herd, der aus Gestübbe gestampft ist, wird erst mit Kohlen angewärmt, auf diese werden dann lagen- weise Gichten von Erz und Kohlen in regelmässigem Wechsel auf- getragen und der Wind angelassen. Dem Erze wird nach Bedürfnis noch gebrannter Kalk als Flussmittel beigemischt. Das Schmelzen dauert acht bis zwölf Stunden. Während des Einschmelzens lässt der Schmelzer von Zeit zu Zeit die Schlacke abfliessen. Den Wind regu- liert er durch eine Zugstange, welche mit einer Schütze verbunden ist, die den Zufluss des Aufschlagwassers regelt. Das reduzierte Eisen sammelt sich in einen Klumpen von 100 bis 150 kg zumeist am Boden zusammen. Der Meister untersucht dessen fortschreitendes Anwachsen mittels einer Eisenstange, hebt und wendet dieselbe von Zeit zu Zeit, lässt, wenn er ihm gar zu sein scheint, die Schlacke durch das ge- öffnete Schlackenloch völlig abfliessen, räumt die Kohlen weg und hebt mit Hilfe seiner Gehilfen, meist deren zwei, dem Knechte und dem Schlackenläufer, die Luppe mit eisernen Brechstangen und der grossen Luppenzange aus dem Herde auf den Boden der Schmiede. Hier wird Luppenschmiede. sie zunächst mit starken Holzhämmern mit fünf Fuss langen Stielen abgeklopft, um die Schlacke, die ihr anhängt, zu entfernen und sie oberflächlich zu dichten. Beistehende Abbildung (Fig. 49) illustriert die Beschreibung des Agricola . Bei A sehen wir den Schmelzofen, der unter einer Esse steht, zur Abführung der Gase, über dem Herde des Ofens den flammenden Fig. 49. Kohlenhaufen, dessen Glut der Meister mit seiner linken Hand mit- tels eines Hebels ( B ), der mit der Schütze verbunden ist, regu- liert, während er mit seiner rechten einen Luppenstab zum Aus- heizen in das Feuer schiebt. Ein um den unteren Teil des Ge- sichtes geschlungenes Tuch, das Mund und Nase bedeckt, schützt ihn vor der Glut und den schädlichen Gasen. Aus dem Schlacken- loch C zur rechten Seite fliesst die Schlacke reichlich ab, während das reduzierte Eisen auf den Boden des Her- des vor dem Winde zu- sammenschweisst. Hat sich die Luppe gebildet, so wird der Rest der Schlacke abgelassen, die Kohle fortgeräumt und die Luppe E mit Brechstangen und Zangen auf den Hüttenboden gehoben. Hier wird sie von den Knechten mit grossen hölzernen Hämmern abgeklopft. Alsdann wird sie unter den Wasserhammer gebracht und mit einem Setzeisen ( I ) im Kolben ( F ) zerteilt. Diese werden in einem besondern Feuer ausgeheizt und in 10* Luppenschmiede. Luppenstäbe ( G ) geschmiedet, die dann weiter zu Schienen, Pflug- eisen u. s. w. ausgeschmiedet werden, wie dies im Vordergrunde unserer Abbildung dargestellt ist. Das Ausheizen geschieht nach unserm Bilde in dem Schmelzherde selbst, während im Texte gesagt ist, dass dies in einem besondern Herde vorgenommen werde. Diese Art der Eisenbereitung in Rennherden war in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die gebräuchlichste und hat sich auch bei uns in Deutschland neben den Hochöfen noch lange Zeit erhalten. Trotzdem ist uns über dieses Verfahren nur sehr wenig überliefert und wir müssen neuere Berichte zu Hilfe nehmen, um uns das Bild der Vergangenheit auszumalen. Ausser bei Biringuccio und Agricola finden wir nur noch bei Monardo in seinem „Lustigen Gespräch von Stahl und Eisen“ einige nähere Angaben über die Rennarbeit aus dem 16. Jahrhundert. Monardo selbst schreibt allerdings nur wenig von den in Spanien gebräuchlichen Catalanschmieden Siehe Bd. I, S. 802. , dagegen hat der deutsche Übersetzer, Jeremias Gesner , in einem wertvollen Zusatze des in seiner Heimat in Schlesien damals (1615 und früher) übliche Verfahren folgendermassen beschrieben: In Schlesien und in andern benachbarten, ebenen Landen wird der Eisenstein in sumpfigen Orten bald unter dem Rasen gegraben, sind kleine, rote Stücke, die werden gewaschen, fuderweise auf Hammer- und Schmelzhütten ge- fahren, auf eine Grube voll glühender Kohlen schaufelweise gestreuet, eine nach der andern, bis genug ist, — da schmelzet es zu Haufen; — wenn die Grube voll ist und wohl zusammengeflossen, welches die Hammermeister mit einem Stachel erforschen, räumen sie die Kohlen weg und stechen die Grube ab, so fliessen die Schlacken heraus (an etlichen Orten werfen sie Kalksteine unter dem Schmelzen zu, die scheiden die Schlacken ab), danach heben sie den Klumpf oder Luppe aus der Schmelzgrube, schlagen mit grossen Hämmern die übrigen Schlacken vollends ab und treiben die Luppe zusammen. Danach schleppen sie solche Luppe mit den Haken auf einen grossen Hammer, von Wasser getrieben, pochen die Schlacken wohl heraus und spalten sie vielmal zu kleinen Stücken. Diese werden hernach auf einer sonderen Esse geglüht und wieder auf den grossen Hammer ge- bracht, allda sie zu Schienen oder Stäben formieret und gemacht werden. Auf dem Schmiedeberge aber im schlesischen Gebirge wird das Eisenerz oder Stein in tiefen Gängen und harten Felsen gebrochen, Luppenschmiede. wie auch in Böheim, Mähren, Österreich und Steiermark, und geschmolzen wie oben.“ Die leichtschmelzigen Raseneisensteine Niederschlesiens wurden demnach in höchst primitiven Gruben, ähnlich wie sie Biringuccio beschreibt, geschmolzen. Betrachten wir den Rennwerksbetrieb im allgemeinen, so lassen sich einige allgemeine Erfahrungssätze, die zum Teil schon aus dem früher Mitgeteilten hervorgehen, feststellen. Die Grösse des Herdes, sowohl die Weite als die Tiefe, sind bedingt durch die Art der Erze und der Kohlen, sowie durch die Stärke des Windes. Bei leicht- flüssigen Erzen, schweren Kohlen und kräftigem Winde wird man diese Dimensionen grösser wählen, als im umgekehrten Falle. Der Abstand der Form vom Boden schwankte bei den deutschen Luppen- feuern von 30 bis 50 cm. Die Form lag in der Regel ganz horizontal, wie bei den Hochöfen. Der Herd war auf Lehmgrund oder auf Mauer- werk mit Gestübbe ausgeschlagen. Derselbe wurde zum Beginne des Schmelzprozesses erst „ausgebrannt“, d. h. es wurde erst eine Kruste von Erz eingeschmolzen, welche den festen Boden für die Luppe und die flüssige Schlacke bildete. Das Erz wurde schaufelweise auf die aufgehäuften Kohlen aufgetragen und wurde die folgende erst auf- geworfen, nachdem die vorhergehende durchgeschmolzen, „durchge- trieben“, war. Je schneller das Erz durchtrieb, je roher wurde die Luppe, indem bei der höheren Temperatur das reduzierte Eisen Kohlenstoff aufnahm; je langsamer das Durchtreiben geschah, je garer wurde die Luppe, je geschmeidiger, schmiedbarer das Eisen, aber je geringer war auch das Ausbringen, indem ein grosser Teil des Erzes unreduziert in die Schlacke ging. Den vorteilhaftesten Mittelweg zu finden war die Kunst des Renners. Auch hatte er es dadurch in der Hand, ein weicheres oder härteres Eisen zu erzeugen. Hierauf gründeten sich auch die beiden hauptsächlichen Methoden der deutschen Luppenfrischarbeit, die wir nach den Ländern, wo sie hauptsächlich in Anwendung waren und sich am längsten erhalten haben, die schlesische und die pfälzische Rennarbeit nennen können. Bei ersterer wurde das Erz unmittelbar auf gares Eisen verschmolzen, bei letzterer wurde erst eine rohe oder halbgare Luppe erblasen, welche dann in einem zweiten Feuer zu Gareisen umge- schmolzen wurde. Das günstigere Ausbringen bei dem ersten Einschmelzen im pfäl- zischen Luppenherde wurde wieder ausgeglichen durch den starken Abbrand beim Umschmelzen, der oft bis zu 30 Prozent betrug. Im Luppenschmiede. schlesischen Herde wurden die Luppenstücke wieder in demselben Herde ausgeheizt, wie es auch in der Abbildung des Agricola (Fig. 49) dargestellt ist. Das Ausbringen war bei gut geführter Arbeit günstiger, doch war diese auch schwieriger und nicht für alle Erz- arten geeignet. — In Oberschlesien war das Verfahren wieder anders. Hierbei trug man Erz und Kohlen lagenweise auf und schmolz mit in den Herd geneigter „stark stechender“ Form ein. Damit die Erze nicht durchrollen, sondern so wie aufgegeben niederschmolzen, be- feuchtete man die Erze mit Wasser, ja man rührte sie an manchen Orten zu einem förmlichen Brei an, den man über die Kohlen aus- goss. Die Kohlengichten von 3 bis 4 Kubikfuss blieben dabei konstant, während man mit dem Erzsatze je nach dem Gange des Schmelz- prozesses wechselt. Das Eisen schmolz bei lebhaftem Winde rasch und also mehr roh ein, und wurde dann auf dem Boden durch den stehenden Wind zur Gare gebracht. Dies wurde beschleunigt durch öfteres Abstechen der Rohschlacke und Aufbrechen des angesetzten Eisens. Hier ist also Roheinschmelzen und Frischen in demselben Herde verbunden. Die oberschlesischen Luppenherde waren aus feuer- festem Thone oder aus Ziegeln rund aufgeführt Siehe Karsten , Handbuch der Eisenhüttenkunde 1816, II, S. 530 etc. . Alle sechs Stunden war eine Luppe von 1¼ bis 1½ Ztr. fertig, so dass in sechs Arbeits- tagen wöchentlich 36 bis 40 Ztr. Stabeisen geschmiedet werden konnten. Nach Karstens Angabe brauchte man in Oberschlesien für Tarnowitzer Erze im Luppenfeuer zu 1 Ztr. Stabeisen 60 rhein. Kubikfuss Holz- kohlen, und erzielte dabei ein Ausbringen an Eisen von 12½ Prozent des Gewichtes der Erze, während beim Hochofen- und Frischprozesse zur Darstellung von 1 Ztr. Stabeisen nur 42 rhein. Kubikfuss Kohlen bei 17 Prozent Ausbringen aus denselben Erzen erforderlich sind Für 1 Ztr. Roheisen werden 7 Scheffel = 2,3916 Kubikfuss = 16,7412 Kubik- fuss Kohlen gebraucht resp. 19,1 Kubikfuss bei 2/7 Abgang des Roheisens beim Verfrischen. Der Kohlenverbrauch im Frischfeuer = 32,9 rhein. Kubikfuss ergiebt Gesamtkohlenverbrauch zirka 42 Kubikfuss. Das mittlere Ausbringen aus den Tarnowitzer Erzen ist 24 Prozent, davon 2/7 Abgang beim Verfrischen ergiebt 17 Prozent Stabeisen. . Bei den oberschlesischen Erzen ist also der Rennwerksbetrieb entschieden unvorteilhafter als das indirekte Verfahren, und dies ist allgemein der Fall bei geringhaltigen Erzen. Bei reichen Erzen kann er unter Umständen bezüglich des Kohlenverbrauches günstiger sein, dagegen wird der Abbrand an Eisen bei den Luppenschmieden immer grösser sein. Dies liegt in der Natur des Prozesses. Derselbe muss so geführt werden, dass das Eisenerz gerade reduziert ist, wenn es vor Luppenschmiede. die Form kommt, damit es keine Zeit hat, Kohlenstoff aufzunehmen. Diese Grenze ist aber unmöglich mit Sicherheit zu treffen, dickere, festere Stückchen werden nicht oder unvollkommen reduziert vor die Form kommen und sich im Schmelzraume verschlacken. Die Schlacke muss möglichst eisenreich und dickflüssig sein, damit sie nachträgliche Kohlung verhindert, und das reduzierte Eisen nicht ganz bedeckt und von der Wirkung des Windes abschliesst. Es ist dies dieselbe Art von Schlacken, die sich in den prähistorischen Schmelzstätten gefunden haben (Bd. I, S. 525). Ihrer Zusammensetzung nach sind es Gemenge von Singulo- und Subsilikaten, die sich aber meist dem Singulosilikat nähern, wie dies aus den von Berthier angestellten Analysen hervorgeht Annales des mines, 3 me Série, T. 512; Archiv für Bergbau VII, 223 u. 356. . Übrigens schwanken die Schlacken sehr in ihrer Zusammensetzung je nach den Erzen. Das Eisen ist öfter bis nahe zur Hälfte durch Mangan ersetzt. Richard teilt folgende mittlere Zusammensetzung mit: Kieselsäure 33,542 Thonerde 1,905 Eisenoxydul 41,771 Manganoxydul 12,310 Kalk 8,541 Magnesia 1,321 99,390 T. Richard , Études sur l’art d’extraire immédiatement le fer de ses minerais, sans convertir le métal en fonte. Paris 1838. Die französischen Luppenschmieden, welche sich besonders in den Gebirgsländern Südfrankreichs bis in dieses Jahrhundert erhalten haben, sind bereits im ersten Bande (S. 792) ausführlich beschrieben worden. Der darin betriebene Schmelzprozess unterscheidet sich von der deutschen Rennarbeit dadurch, dass die Erze, welche mit Kohlen- staub gemischt aufgegeben werden, zuerst einer scharfen Röstung, die so weit getrieben wird, dass die Erze zusammenbacken, in dem Schmelzherde selbst unterworfen werden, dieser folgt dann das Ein- schmelzen in denselben Herden und ohne dass die gebackenen Erze herausgenommen werden. Dieses Schmelzverfahren beschränkte sich nicht auf Südfrankreich, es war in den ganzen spanischen Pyrenäen, besonders in den alten Sitzen der Basken, in Biscaya, Guypozcoa und Navarra, sowie in den cantabrischen Bergen in Anwendung. Man Luppenschmiede. pflegte die verschiedenen Arten des Prozesses unter dem Namen Katalanschmieden zusammenzufassen. Wir verweisen wegen derselben auf unsere ausführliche Schilderung im ersten Bande, wo auch bereits das, was Monardo über dieses Schmelzverfahren überliefert hat, mitgeteilt ist. Einige Ergänzungen werden wir bei der Geschichte des Eisens in Frankreich und Spanien nachbringen Die Litteratur über die französischen Luppenschmieden ist eine sehr um- fangreiche. Die wichtigsten Schriften sind folgende: La Peyrouse , Abhand- lungen über die Eisenbergwerke und Eisenhütten in der Grafschaft Foix. Aus dem Französischen von Karsten 1789. — Tronson de Courdray , Beschreibung der Eisenmanipulation auf Corsika. Deutsch von Wille . — Rinman , Geschichte des Eisens I, 543 u. f. — Muthuon , Traité des forges dites catalanes etc. Turin 1808. — Gueymard , Mémoire sur les forges catalanes etc.; Annales des mines 1, 385. — Berthier , Untersuchungen der Erze und Schlacken der Luppenfeuer zu des Arques im Archiv für Bergbau VII, 323. — Derselbe , Über die Natur der Luppen- schlacken und Frischschlacken; ebendaselbst 356. — Combes , Über die kata- lonischen Frischhütten zu Gincla und Sahorre; ebendaselbst IX, 465. — Aufsätze von Marrot , Annal. des mines 3, Série VIII, 461. — François , Annal. des mines XIII, 535 u. XIV, 95, 425. — T. Richard , Siehe oben. — Karsten , Handbuch der Eisenhüttenkunde 1816, II, 522 etc. . Einen weiteren Aufschluss über die Luppen- oder Rennfeuer des 16. Jahrhunderts geben uns die interessanten Faktoreirechnungen der Gittelder Hütten am Harze Diese Rechnungen, welche die Periode von 1573 bis 1849 umfassen, befinden sich im Archive des Oberbergamtes zu Klausthal und verdanke ich die Erlaubnis der Benutzung derselben dem liebenswürdigen Entgegenkommen des Herrn Berg- hauptmannes Achenbach daselbst. Ich werde bei der Lokalgeschichte auf diese historisch hochinteressanten Akten bei der Geschichte des Eisens im Harze aus- führlich zu sprechen kommen. . Sie beziehen sich auf den „Massen- ofen“, die „Deichhütte“, die Oberhütte und Clusingshütte. Von diesen war Clusingshütte im 16. Jahrhundert ein grösseres Rennwerk mit eigenem Hüttenteiche. In der ersten Zeit von 1573 bis 1580 war dasselbe verpachtet. Von 1580 bis 1590 fehlen die Rechnungen. Dagegen wurde es 1590 und später von der fürstlich braunschwei- gischen Herrschaft in eigener Regie betrieben, und geben uns die zwei Quartalsrechnungen von 1590 einen Einblick in den Betrieb dieses Werkes. Wir sehen aus den Rechnungen, dass nicht nur im 16., sondern noch während des ganzen 17. Jahrhunderts die „Zerennhütten“ sich noch neben den Hochöfen und den Frischhütten erhielten, und zwar nicht nur auf den grossen Höfen und Bauerngütern, wo dieser Betrieb nach alter Väter Weise noch lange fortgesetzt wurde, sondern auch auf den fürstlichen Hütten, neben den Frischschmelzen her. Der Luppenschmiede. Grund hierfür lag in dem billigen Preise und in der Qualität des Zerenneisens, weshalb es namentlich von den Bergschmieden der Ober- harzer Bergwerke vorgezogen wurde. Ein weiterer Grund lag darin, dass die Anlage einer Zerennhütte sehr einfach war, infolgedessen nur wenig Anlagekosten und auch nur geringe Betriebskosten erforderte. Die Wasserkraft war das einzig Wichtige und Wertvolle bei einer solchen Anlage. Sie hatte zwei Räder zu treiben, eins für den Hammer und eins für die Blasebälge, das Hammerrad und das Blaserad, und brauchte lange nicht so stark zu sein, als für einen Hochofen oder Massenofen. Der Schmelzherd selbst hatte einen gemauerten Boden, auf dem der Herd mit Lehm und mit Gestübbe aufgeschlagen wurde. Er hatte wie auch die oberpfälzischen Zerennherde, nur auf einer Seite, auf der Formseite, einen eisernen Zacken, „Taggen“ genannt. Aus den Baukostenrechnungen ergiebt sich, dass einen neuen Herd zu machen 10 Groschen, also etwa 1 Mk. kostete, das gesamte Eisen für den Herd ist mit 1 Fl. 4 Gr., also etwa mit 3 Mk. angesetzt. Die Form war von Kupfer, das Blasewerk waren Lederbälge. Es wurde hauptsächlich sogenanntes „Waageisen“ gemacht. Eine Waag war gleich ⅓ Centner, ungefähr 18½ kg und war ursprünglich wohl dasjenige Gewicht, welches ein Schmied auf dem Rücken von Gittelde nach Zellerfeld zur Bergfaktorei trug. Ausser zu Waageisen wurde das Produkt des Zerenneisens direkt zu gewissen ordinären Werkzeugen ausgeschmiedet, hauptsächlich zu Pflugeisen und Kellen- blättern. Der Preis des Zerenneisens war beträchtlich niedriger als der des Frischeisens („Zweigeschmolzenen Eisens“). Im Jahre 1590 kostete „Zweigeschmolzenes Eisen“ per Tonne 200 Mk., „Clusings- eisen“ (Zerenneisen) 160 Mk. Dementsprechend waren aber auch die Gestehungskosten. Dieselben berechnen sich für die Tonne: Stücköfen. Hieraus ersieht man, dass der Verlust an Eisen im Zerennfeuer beträchtlich grösser war, als bei den beiden Prozessen des Schmelzens im Hochofen und des Verfrischens zusammengenommen, dagegen stellte sich der Kohlenaufwand und der Arbeitslohn viel niedriger. Im ganzen wurde in den zwei Quartalen des Jahres 1590 nach Ausweis der Rechnungen auf der Clusingshütte 7740 kg Zerenneisen gemacht, was, das Jahr zu 300 Arbeitstagen gerechnet, 51,6 kg für den Tag entsprechen würde. Stücköfen . Waren die Rennherde zu Anfang des 16. Jahrhunderts auch noch die am meisten verbreiteten Vorrichtungen zum Ausschmelzen der Eisenerze, so genügten sie doch nicht, sobald es sich um die Ver- hüttung von schwer schmelzbaren, unreinen Erzen handelte. Solche bedurften längeren Verweilens in der Reduktionszone und höherer Temperatur in der Schmelzzone, als dies bei den Luppenfeuern mög- lich war. Für solche Erze waren deshalb Schachtöfen vorzuziehen und wendete man solche auch schon seit alter Zeit hierfür an Siehe Bd. I, 507, 803. . Es waren dies die sogenannten Stücköfen oder Stucköfen, auch Wolfs-, Plaa-, Blau- und Bauernöfen genannt, in welchen das Eisen sich eben- falls zu einem Klumpen von schmiedbarem Eisen — Stück oder Stuck, Wolff, Luppe, Mass und Guss genannt — am Boden sammelte und wenn dasselbe die gewünschte Gare und Grösse erlangt hatte, mit Brechstangen aufgebrochen und mit Haken und Zangen aus dem Ofen gezogen wurde. Diese Eisenklumpen waren meist beträchtlich grösser, als die Luppen der Rennfeuer. Biringuccio teilt über das Verschmelzen der Eisenerze in Schachtöfen folgendes mit. Nachdem er die grosse Reinheit der elba- nischen Erze gerühmt hat, fährt er (Lib. I, Cap. VI) fort: „Aber es giebt nur wenige, welche nicht mit andern Erzarten gemischt sind und nicht in ihrem eigenen Wesen in einem groben und rohen Zu- stande vorkommen, wodurch es nötig wird, dass sie durch grosse Öfen hindurchgehen bei mächtigem und lustigem Feuer, wozu viele Kohlen gehören und eine Menge Arbeiter, denn auf andere Weise könnte seine Roheit nicht bemeistert werden. Keines ist nämlich ganz ohne Stücköfen. böse Beimischung oder Spuren von andern Metallen, von welchen es oft so durchdrungen ist, dass man es nur mit Mühe davon befreien kann, wie ich solches in unserer Gegend bei Siena, als ich noch ein junger Mann war, erfahren habe, und zwar in dem Thale von Boccheggiano, wo sich mehrere Fabriken für Eisenbearbeitung des mächtigen Fürsten Pandolfo befanden, deren Betrieb ich zu leiten hatte. Ich nahm zu den Eisenerzen von Elba noch diejenigen, welche in der Nachbarschaft gefunden werden, hinzu und mit den einen und den andern (d. h. mit dieser Gattierung) habe ich schöne Resultate erzielt.“ Diese Erze, die denen von Bascaya, Bresciana und Buti ähn- lich sind, mussten erst sorgfältig geröstet, ausgelesen, sortiert und gewaschen werden. Sodann sind mehrere Hochöfen (forni) — so nennt man die Schachtöfen, die einen grossen Schmelzraum haben — nötig, Fig. 50. die so geformt und gestaltet sind, wie es in nebenstehender Fig. 50 dargestellt ist. Mit diesem Ofen sind ein Paar grosse Blase- bälge verbunden, die ganz dicht an der Ofenmauer anliegen, nach Art eines grossen Flügelpaares von 6 bis 8 Ellen (braccia = 3,50 m bis 4,67 m) 1 braccio = 0,58365 m. Höhe, welche durch ein starkes Wasserrad bewegt werden. Sie haben eine grosse Öffnung zum Blasen. Und so bringt man mit ihrem mächtigen Winde, der in diese Schacht- öfen ungefähr 2½ Ellen vom Boden durch ein Rohr geschickt wird, und nachdem man sie mit Kohlen gefüllt hat, das Erz zum Schmelzen und je nach der Sorte einmal oder zweimal , bis es in gutes Eisen verwandelt ist, das man zur Schmiede geben kann, weil es sich gut ausstrecken lässt. Trotzdem kommt es sehr oft vor, dass bei aller Sorgfalt es nicht möglich gewesen ist, das Erz zu einer solchen Weichheit zu bringen, dass es sich verarbeiten lässt wegen der Tücke seiner Beimengungen, welche beim Schmelzen sich unzertrennlich mit ihm vereinigen. Wenn man aber durch irgend eine Sache (einen Zu- schlag) dieser abhelfen kann, um es leicht löslich zu machen, so ist dies die beste und leichteste Art, um es zu grösserer Vollkommenheit Stücköfen. zu bringen. — Erze finden sich aber von vielen Sorten und man reinigt sie auf mancherlei Weise, je nach ihrer Beschaffenheit und je nach dem Wissen und Können der Schmelzmeister.“ Nach der Verschiedenheit der Vorbereitung der Erze, des Schmelz- verfahrens und der Qualität der Kohlen falle das Ausbringen aus denselben Erzen sehr verschieden aus. Er zweifle nicht, dass Kohlen von weichen Holzarten auch das Eisen weich und sehnig mache, während es umgekehrt durch harte Kohlen hart, fest und von ge- brochener Sehne werde. Und nun kommt Biringuccio auf die bereits angeführte Wichtigkeit der Vorbereitung der Erze, um weiches, sehniges Eisen zu erzeugen. — Dies gelinge indes trotz sorgfältigster Vorbereitung nicht immer: „Kommt es nun aber dennoch, dass es durch seine eigene Natur und trotz aller Sorgfalt kein weiches, son- dern nur hartes Eisen giebt, so ist es in diesem Falle gut, Stahl daraus zu machen, ja es ist sogar weit besser, als weiches Eisen daraus machen zu wollen. Manche nennen wohl solches Erz schon Stahl und nicht Eisen (-erz). Aber so weit ich sehe, irren diese, denn es lässt sich keine solche Verschiedenheit zwischen Stahl und Eisen wahrnehmen, dass es schon in den Erzen zu unter- scheiden wäre . Auch habe ich niemals von diesen Theoretikern (speculatori) erfahren können, welche Eigenschaften sie diesen zu- schreiben. Ich glaube vielmehr, dass man es Eisenerz nennen kann, wenn man auch, indem man bei richtiger Behandlung doch kein weiches Eisen giebt, besser Stahl daraus macht, wie ich weiter unten ausführlicher darlegen will.“ Agricola beschreibt ebenfalls von der Schmelzung der Eisen- erze im Schachtofen nur den Stückofenbetrieb Siehe oben S. 44. . Er ist, wie Birin- guccio , der Ansicht, dass derselbe für unreinere, schwer schmelzigere Erze, die mehr Arbeit und stärkeres Feuer bedürfen, vorzuziehen sei. Diese Erze bedürfen sorgfältiger Vorbehandlung durch Zerkleinern, Rösten und Waschen und werden dann in Schachtöfen eingeschmolzen, die den zuvor von ihm beschriebenen Krummöfen ganz ähnlich, nur viel höher und weiter seien. Einen solchen Ofen, von dem Agri- cola die in Fig. 51 reproduzierte Abbildung A giebt, wird ganz mit Kohlen und gepochtem Erz, das nicht über nussgross sein darf, an- gefüllt, welche der Schmelzer in flachen Körben (Rispen) aufgiebt, indem er auf den Stufen einer Treppe, die an der Ofenwand ange- bracht ist, in die Höhe steigt und sie in bestimmter Reihenfolge ein- Stücköfen. wirft, den Ofen damit anfüllt, und ihn gefüllt hält, bis Erz genug eingetragen ist, um eine genügend grosse Luppe zu erhalten. Auch Agricola bestätigt, dass dieses Niederschmelzen bei manchen Erzen zweimal erfolgen musste, um eine Luppe von gutem Eisen zu erhalten. Diese wurde mit einem grossen Setzeisen B unter dem Wasserhammer in Stücke zerhauen, welche auf einem besondern Herd, dem Löschherd, von Fig. 51. neuem ausgeheizt und ausgeschmiedet wur- den. Die Beschreibung des Agricola ist noch unvollständiger, als die des Biringuccio , da- gegen trägt seine bes- sere Zeichnung vieles zum Verständnis bei. Auf dieser Zeichnung erblicken wir zunächst den Ofen A . Es ist ein viereckiger Schacht- ofen mit offener Gicht und geschlossener Brust. Er ist mit regelmässig geformten Steinen gebaut, die un- ten, nach dem Schmelz- raum zu, an Grösse zu- nehmen. Diese Steine können der Zeich- nung nach ebensowohl gebrannte Ziegelsteine als wie behauene Sand- steine sein und dies stimmt ganz mit Agri- colas Angaben über den Bau der Schachtöfen im allgemeinen im Anfang des neunten Buches seiner Hüttenkunde überein, wo er ausdrücklich sagt, dass solche Öfen in der einen wie in der andern Weise aufgeführt würden, dass aber gute Natursteine ihrer grösseren Widerstandsfähigkeit wegen sowohl gegen Feuer als gegen den „Kobalt“, d. h. gegen die chemische Einwirkung der Dämpfe, vorzuziehen seien. Der Ofen hat rechtwinke- Stücköfen. ligen Querschnitt und erweitert sich etwas nach oben. Es ist kein Grund, anzunehmen, dass das Ofeninnere anders gestaltet war, er ähnelt also weit mehr den schwedischen Bauernöfen, als den späteren Stück- öfen, welche einen Kohlensack hatten und nach der Gicht zu sich ver- engten. Der Ofen hat auf der Vorderseite eine Brust, d. h. eine Öffnung im Mauerwerk, die mit Lehm oder Lehmsteinen verschlossen ist und am Ende jeder Charge zum Zweck der Entleerung des Ofens, besonders des Ausbrechens des „Stuckes“ ausgebrochen und vor Beginn der näch- sten Charge wieder neu hergestellt wird. Auch die Schlacke wird durch diese Brust aus Öffnungen, welche man mit einem eisernen Spiess hineinstösst, abgelassen. Die Bälge dagegen liegen auf der Rückseite. Die ganze Anordnung ist also ganz wie bei den Metallschmelzöfen und gerade so stellt dieselbe Biringuccio in Fig. 50 dar, welcher die Anordnung des Ofens und der Bälge in der Queransicht, also recht- winkelig, zu der Darstellung des Agricola zeigt. Diese Anordnung ist sowohl die natürlichere, als auch die der historischen Entwicke- lung entsprechendere. Sie weicht aber durchaus von den in Steier- mark wohl schon damals gebräuchlichen Stücköfen ab. Die Gestalt und Grösse der lezteren war indes durch besondere lokale Verhält- nisse bedingt, die wir später erläutern werden, und wir dürfen wohl annehmen, dass die oben erwähnten Ofendimensionen die Anfangs des 16. Jahrhunderts allgemein gebräuchlichen waren. Wir sehen ferner den Aufgeber, der die Treppe am Ofen hinauf- gestiegen ist, um die Beschickung in den Ofen zu werfen. Zum Schutz gegen die Ofengase hat er Mund und Nase mit einem Tuch verbunden. Die Gestalt des Mannes ist in der Zeichnung zu gross ausgefallen. Wäre sie richtig, so betrüge die Ofenhöhe nur etwa 1,60 m; während Agricola ausdrücklich sagt, dass die Eisenschmelz- öfen viel weiter und höher (multo ampliora et altiora) seien, als die zuvor beschriebenen Erzschmelzöfen (Krummöfen), deren Höhe er auf sechs Werkschuh angiebt, was auch dadurch bestätigt wird, dass diese direkt vom Boden aus beschickt werden, während der Aufgeber beim Eisenschmelzofen zu diesem Zwecke erst eine Treppe hinaufsteigen muss. Acht Werkschuh oder 2,40 m wird deshalb als die niedrigste Höhe der Stücköfen von der Art, wie sie Agricola beschreibt, anzu- nehmen sein. Biringuccio giebt auch kein Mass für die Ofenhöhe an, dagegen bestimmt er die Grösse seiner Blasebälge zu sechs bis acht Ellen gleich 3,50 m bis 4,67 m und danach würde die Höhe des Ofens, vorausgesetzt, dass die unvollkommene Zeichnung einigermassen im Massstab gezeichnet ist, etwa 3⅓ m betragen. Zehn Fuss, also Stücköfen. 3⅓ m, ist die Höhe, welche von den meisten älteren Stücköfen an- gegeben wird und dürfte wohl schon im 16. Jahrhundert das normale Höhenmass gewesen sein. — In der Abbildung des Hüttenraumes vor dem Ofen zieht Verschiedenes unsere Aufmerksamkeit auf sich. Unmittelbar vor dem Ofen befindet sich eine runde Vertiefung, ein Sumpf, in den die Schlacke floss, um dann, wenn die Oberfläche genügend erkaltet war, in Scheiben abgehoben und aus der Hütte ge- fahren zu werden. Vor diesem Sumpf liegt die in Stücke zerhauene Luppe. Es lassen sich 14 Stücke zählen. Neben diesen liegen die Holzhämmer, mit denen die Luppe, sobald sie aus dem Stückofen ge- zogen ist, abgeklopft wird. Links lehnt an dem Hammergerüst der grosse Schrotmeissel oder das Setzeisen, mit dem die Luppe zerteilt wird. Dies geschieht unter dem Wasserhammer, den wir vorn links erblicken. Er hat eine breite, platte Bahn und schlägt auf einen Amboss, der fast wie ein Tisch von quadratischer Form gestaltet ist. Die platte Gestalt ist notwendig, weil die Luppe erst zu einem flachen Kuchen ausgeschlagen wird, der dann erst mit dem grossen Schrot- meissel unter dem Hammer in Stücke zersetzt wird. Diese Arbeit ist soeben vollendet und so benutzen der Schmiedemeister und sein Geselle die Pause, um ihre Mahlzeit einzunehmen, während der Knecht des Schmelzers auf der rechten Seite des Bildes damit beschäftigt ist, einen Füllkorb mit Erz zu füllen. Die Holzkohlen sind vom Erz getrennt, in einem besondern Haufen mehr nach vorn gelagert. Die Luppenstücke müssen zur weiteren Verarbeitung in einem andern Feuer, dem sogenannten Löschherd, der aber auf dem Bilde nicht zu sehen ist, ausgeheizt werden. So giebt uns die Zeichnung des Agricola ein recht anschauliches Bild der wichtigsten Arbeiten bei dem Stückofenbetrieb. Über Konstruktion, Bau, Anwärmen und Betrieb der Stücköfen können wir noch mancherlei aus Agricolas allgemeiner Beschreibung der Schachtöfen entnehmen. So erklärt er es für eine unbedingte Notwendigkeit, dass unter jedem Schachtofen sich ein gemauerter Hohlraum, die Abzucht , befinde, damit der Boden des Herdes trocken liege und die Feuchtigkeit des Untergrundes die Schmelzung nicht beeinträchtige. Er giebt darüber folgende Vorschrift Sub quoque autem catino et foco fornacis ad altitudinem cubiti sit trans- versum et latens humoris receptaculum, longum pedes tres, latum palmos tres altum cubitum ex saxis tantum tectum vel lateribus factum, saxis: quod ni esset atque ita se haberet, ni ignium humorem ex terris eliceret ..... quo modo magnum damnum contraheret. : Stücköfen. Unter jedem Tiegel oder Herd eines Schmelzofens muss in der Tiefe von einer Elle eine verborgene Abzucht sein, drei Werkschuh lang, drei Spannen breit und eine Elle hoch, aus Bruchsteinen oder Ziegeln gemacht und ganz mit Steinplatten gedeckt: denn wenn dies nicht geschähe, würde die Kraft des Feuers die Feuchtigkeit aus der Erde ziehen ...., wodurch grosser Schaden entstände. Dieser Hohl- raum muss Abführungskanäle nach aussen haben. Denn nachdem der Ofen auf gutem Fundament aufgebaut ist, wird der Herd aus Gestübbe geschlagen. Das Gestübbe wird aus Kohlenstaub und Lehm bereitet. Zu diesem Zwecke wird erst die Holzkohle unter einem Pochwerk, das nur Stempel von Holz hat, zerstampft und sodann gesiebt. Der Lehm wird erst getrocknet, dann durchgehordet und hierauf in den Kasten, in dem sich das Kohlenpulver befindet, hineingesiebt. Nach- dem es gut gemischt ist, wird es in eine Grube eingetragen, in der es angefeuchtet längere Zeit liegen bleibt. Die Grube ist mit Brettern zugedeckt. Man nimmt zwei Teile Kohlen auf einen Teil Lehm. Der Zubereitung eines guten Gestübbes legt Agricola grossen Wert bei. — Nachdem dann der Ofen im Inneren sorgfältig mit Lehm aus- gestrichen, teils um die Fugen zu decken, teils die Steine vor der Glut zu schützen, wird auf dem Boden des Ofens der Herd mit Ge- stübbe sorgfältig geschlagen. Die Art, wie dies gemacht wird, die Werkzeuge, die dabei gebraucht werden u. s. w., beschreibt Agricola weitläufig. Nachdem die Brust des Ofens mit Lehm geschlossen wor- den ist, folgt das Anwärmen. Dieses bezweckt zunächst ein gutes Austrocknen, sodann eine Erwärmung des Schmelzraumes, damit das Mauerwerk durch die zu plötzliche Erhitzung beim Schmelzen nicht Schaden leide und sich die geschmolzene Masse nicht an die noch kalten Wände ansetze und dadurch das ganze Schmelzwerk störe. Das Eintragen des Feuers geschieht dabei durch die Form. Ehe man das Erz aufgiebt, schlägt man etwas Schlacke vor; läuft diese wohl- geschmolzen ab, so kann man mit dem regelmässigen Aufgichten be- ginnen. Dies geschieht in der Weise, dass abwechselnd Kohlen und Erz aufgetragen und in Lagen ausgebreitet werden. Dabei ist es alter Brauch, den Kohlensatz gleich zu halten, mit dem Erzsatz aber nach Bedürfnis, d. h. nach der Hitze im Ofen, nach der Art der Erze u. s. w., zu wechseln. Waren die von Agricola und Biringuccio beschriebenen und dargestellten Arten der Stücköfen wohl diejenigen, welche in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die grösste Verbreitung hatten, so entwickelten sich diese Öfen in Gestalt, Grösse und Betrieb ver- Stücköfen. schieden in verschiedenen Gegenden und wir müssen schon in dieser Periode verschiedene Arten von Stücköfen nebeneinander unterscheiden. Die einfachsten und primitivsten Schachtöfen waren die in Schweden gebräuchlichen Bauernöfen . Wir haben die Konstruktion und den Betrieb derselben bereits ausführlich im ersten Bande Siehe Bd. I, S. 809 ff. be- handelt. Dieselben waren noch kleiner und unvollkommener, als die zweite, bereits oben beschriebene Art, welche bis in dieses Jahrhundert in Ungarn unter dem Namen „Slovakenöfen“ in Anwendung waren und die sich in Siebenbürgen, der Walachei und Bulgarien noch heut- zutage finden In den sechziger Jahren war noch ein Slovakenofen zu Marvanykö im Zipser Komitat im Betriebe. . Als dritte Art möchten wir die steirischen Stück- öfen, die sich bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in Steiermark erhalten haben, bezeichnen; als vierte endlich die niedrigen Blauöfen Fig. 52. der Grafschaft Henneberg, welche noch in diesem Jahrhundert zu Schmalkalden betrieben wurden. Zu unserer Schilderung der schwedischen Bauernöfen haben wir hier nur noch einiges Weniges nachzutragen. Swedenborg , welcher in seinem trefflichen Buche „de ferro“ eine genaue Beschreibung dieser Öfen giebt Swedenborgius , De ferro 1734, fol. 105, §. 3. De vena ferri palustri, ejusque coctione et praeparatione Sveciae praesertim in Angermannia et Dalecarlia, sive de ferro, quod Sveciae vocatur „Myrjern“. , hält das Verschmelzen der Sumpferze (vena palu- dinosa) zu Sumpfeisen (ferrum palustre-„Myrjern“) für die älteste Art der Eisengewinnung in Schweden. Die ältesten Öfen sind nach seiner Beschreibung diejenigen mit einem Balg, der getreten wird, wie sie zu seiner Zeit, in den ersten Dezennien des vorigen Jahr- hunderts, noch in Dalekarlien gebräuchlich waren. Er beschreibt dieselben folgendermassen: „In Dalekarlien wird der Schmelzofen (ustrina), Fig. 52, irgendwo in der Ebene angelegt, indem man eine Grube von drei Fuss Tiefe, Beck , Geschichte des Eisens. 11 Stücköfen. fünf Fuss Länge und vier Fuss Breite macht. Die Weite am Boden beträgt zwei Fuss. Er wird ohne Kanal zur Abführung der Feuchtig- keit, ohne Bodenstein und ohne die sorgfältige Konstruktion des Schmelzraumes (foci), wie dies bei den grösseren Öfen geschieht, sondern nur aus flachen Steinen, die mit Thon verstrichen werden, hergestellt. Der Boden besteht nur aus trockener Erde mit etwas Schlacken ver- mischt. Anders ist es in Ångermanland: hier hat der Schmelzraum zwei Öffnungen zum Windeinblasen. Der Herd oder Tiegel ist nicht unähnlich denjenigen, in welchen man das Kupfer zu reinigen pflegt, aber er ist tiefer als die in Dalekarlien gebräuchlichen und nach obenzu weiter. Die Lederbälge werden von Wasserrädern getrieben, weshalb auch die Öfen grösser sind und eine grössere Menge Erz in derselben Zeit darin geschmolzen werden kann; indessen sind diese Art Öfen noch nicht überall in Ångermanland im Gebrauch. Ferner sind auch im westlichen Dalekarlien, sowie in Lima grössere Öfen erbaut worden, welche mit zwei Bälgen (flabella, eigentlich Fächer) verbunden sind; sie sind breiter und haben eine Öffnung, durch welche die Schlacke ausläuft; es kann in diesen in der gleichen Zeit die doppelte Menge Erz geschmolzen werden. Im übrigen besteht der Boden der Öfen in Ångermanland aus einer Steinplatte; die Tiefe des Schmelzherdes ist 1½ Ellen, der obere Umfang 1½ Ellen im Durch- messer und von kreisrundem Querschnitt bis zur Form. Der Raum darunter aber ist quadratisch von ⅜ Ellen Seitenlänge, mit ab- gerundeten Ecken. Die Form liegt vom Boden 4 Zoll ab. Sonst macht man (bei den alten Öfen) keinerlei Öffnung, um die Schlacke abzulassen, wie dies bei den Hochöfen der Fall ist, sondern wenn sich die Schlacke gesammelt hat, so dass sie bis zum Formmunde gestiegen ist, so lässt man sie durch diese allgemeine Öffnung ab- fliessen; für gewöhnlich verbleiben aber diese flüssigen Unreinigkeiten in dem Schmelzraume bis zur Beendigung der ganzen Schmelzung, und wenn sie erstarren, bilden sie die Oberfläche der Eisenluppe. Doch damit ich nicht so oberflächlich die Konstruktion dieser kleinen, aber durch ihr Alter und ihre Einfachheit bemerkenswerte Anlagen übergehe, will ich eine genauere Beschreibung davon geben. Man legt dieselben an trockenen Plätzen an, in Wäldern oder in abfallenden, von Hügeln umkränzten Seitenthälern, wo sie vor Wind und Sturm geschützt sind: besser noch ist es, wenn man einen Ort sucht, wenn er zu finden ist, am Ufer eines Baches, welcher ein Wasserrad treiben und die Bälge (flabella) bewegen kann, die man andernfalls, wenn kein Wasser zur Hand ist, treten muss. Sie werden Stücköfen. auf dem nackten Boden aufgerichtet, indem man erst eine Mauer von ½ bis ¾ Elle Dicke herstellt, hierauf wird der Tiegel oder Schmelz- herd aufgeführt, dem man eine länglich-viereckige Gestalt giebt, 1½ Ellen lang, ½ bis ¾ Elle breit, 1 Elle senkrechte Höhe. Wo der Tiegel (das Gestell) aufhört, beginnt der Schacht des Ofens, welcher sich kegelförmig nach oben erweitert bis zu 2½ Ellen Durchmesser. Von dem Boden des Herdes bis zur Gicht giebt man ihm eine Höhe von 4½ Ellen und der Mauer eine Dicke von ¼ bis ½ Elle. Die Innenwände des Ofens, sowohl des Schachtes als auch des Schmelzraumes, werden mit dem besten Thon ausgestrichen. Der Boden des Ofens wird mit Kohlenpulver bedeckt und zwar mit frischem, wenn der Ofen neu gebaut und die Schmelzung erst begonnen wird, während man später die übrigbleibenden Kohlen mit darunter mischt. Unten wird dann die Form, durch welche die Führer den Wind in den Ofen treiben, hergerichtet und zwar ½ Elle vom Bodenstein: der Formrüssel erhält eine ganz schwache Neigung nach innen zu, so dass ein Tropfen Wasser eben noch von selbst auslaufen kann. Die Wände des Öfchens werden mit Balken umkleidet, derart, dass ein Abstand von ¼ bis ¾ Elle zwischen diesen und dem Steinmauer- werk bleiben, welcher mit lehmigem Sand (pulvere terreo) ausgefüllt und bis obenhin festgestampft wird. Wenn die Arbeit lebhaft geht und das Feuer durch das Mauerwerk schlägt und die Holzumkleidung zu verzehren droht, so bändigt man die Glut durch Anspritzen von Wasser. Meistenteils werden zwei Lederbälge angewendet. Wenn man mit zweien bläst, nennt man die Hütte „Twekielling“, wenn nur mit einem „Enkielling“. — Der Durchmesser des Wasserrades beträgt drei Ellen und die Länge der Hebelstange, welche von dem Rade be- wegt wird, sechs Ellen. — Wenn aber kein Bach vorhanden ist, so wird der Balg von einer Frau oder einem Mann bewegt. Die Frau dreht Spindel und Faden dabei und besorgt so doppelte Arbeit, indem sie mit Füssen und Händen thätig ist, doppelten Gewinn erhoffend Swedenborg drückt dies in dichterischer Anwandlung so aus: Urget que utrumque opus, tam pedibus manibusque sedula est, in spemque laborat. . Die Art und Weise, wie die Schmelzung der Erze vor sich geht, haben wir bereits im ersten Bande ausführlich auseinandergesetzt Bd. I, S. 812. . Das Charakteristische war, dass mit rohem Holz geschmolzen wurde. Dasselbe wurde über dem Ofen aufgehäuft, wie es in Swedenborgs skizzenhafter Zeichnung (Fig. 53 a und b, a. f. S.) dargestellt ist. Die erste Operation bestand in der Hauptsache nur in der Holzverkohlung, 11* Stücköfen. damit war aber ein allmähliches, sich bis zur Schmelzhöhe steigerndes Vorwärmen der Ofenwände verbunden, welche der Vorbereitung der Erze sehr zu statten kam. Nur hieraus lässt es sich erklären, dass Versuche, das Sumpferz mit Holzkohlen in denselben Öfen einzuschmelzen, un- günstige Resultate hatten und nur ein ungares Produkt lieferten. Das Feuer wurde bei den alten dalekarlischen Öfen durch die Form eingetragen. Beim ersten Schmelzen, wobei der Ofen noch Fig. 53 a. kalt war, erhielt man ½ grosses Pfund Ein Liesspfund gleich 20 Pfund. (5 kg) Eisen, aber schon nach dreimal 24 Stunden fielen 1½ bis 2 Liesspfund (15 bis 20 kg). Die ausgeschmolzene Masse wurde mit Haken aus dem Ofen gezogen und mit der Zange unter den Hammer gebracht und erhielt hier eine runde Form, indem alle Auswüchse niedergeschlagen wurden. Man pflegte sieben Schmelzen in einer vollen Schicht (Tag und Nacht) zu machen. Der normale Zeitaufwand für eine Schmelzung betrug Fig. 53 b. zwei Stunden und reicht diese Zeit gerade hin, dass ein Mann soviel Holz spalten und zurichten konnte, als für das Schmelzen nötig war. An einem solchen einfachen Ofen (Enkielling) waren nämlich in der Regel nur zwei Arbeiter beschäftigt, der eine, der das Holz spaltete und aufgab und der andere, der die Bälge trat. Das Aufbrechen, Schmieden u. s. w. besorgten dann beide gemeinschaftlich. Stücköfen. War das ausgebrachte Eisen unrein, so musste es in einem Löschherde umgeschmolzen werden; war es aber gut geschmolzen, so brachte man es unmittelbar unter den Hammer und schmiedete es aus. Dabei wurden die Verunreinigungen herausgetrieben und es blieb nur zähes Eisen zurück. Allerdings pflegte hierbei die Hälfte des Gewichtes der Luppe in Verlust zu gehen. Diese alten dalekarlischen Bauernöfen sind wohl als die primi- tivsten Stücköfen anzusehen. Ähnliche Öfen gab es in Finnland und Russland. Diejenigen, welche Agricola und Biringuccio beschrieben haben, waren in Süddeutschland, Italien, überhaupt in dem ganzen südlichen Europa heimisch und waren auch diejenigen, welche sich am längsten erhalten haben und sich in den südlichsten Ländern Europas heute noch finden. In Kärnten waren die „Stücköfen“ im 16. Jahrhundert in all- gemeinem Gebrauch. Sie standen in den Plaahütten, welche den Radmeistern gehörten. Sie hatten rechtwinkeligen oder cylindrischen Querschnitt und waren sechs bis acht Fuss hoch Siehe Münichsdorfer , Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 24. . Die Brust wurde einfach mit Lehm geschlossen. Der „Brustseite“ gegenüber lag die „Wasserseite“, während der Wind seitlich durch die „Esseisenseite“ eintrat. Dem Esseisen, d. h. der Form gegenüber lag die Windseite. Erz und Kohle wurden lagenweise aufgegeben und die zusammen- gesinterten, halb geschmolzenen Erze mehrmals auf die Oberfläche gebracht, bis sich endlich im Sumpfe der Eisenklumpen, „das Stück“, ein halb rohes, halb gefrischtes Produkt, ansammelte, welches als solches in den Handel gebracht wurde. Eine Schmelzung dauerte 8 bis 12 Stunden und wurden Stücke von 8 bis 12 Ztr. erzeugt. Der Kohlenaufwand betrug noch im vorigen Jahrhundert bis zu 60 Kubik- fuss pro Zentner und das Ausbringen aus den besten Hüttenberger Erzen nur 20 bis 24 Prozent. Neben diesen Stuckhütten, welche keinen Wasserhammer hatten, bestanden schon seit Anfang des 15. Jahrhunderts in Kärnten die „Deutsch-Hämmer“. Diese enthielten neben einem kleinen Stückofen einen Löschherd und einen Wasserhammer. Das geschmolzene Stück, welches kleiner war, wie das einer Stuckhütte, wurde sogleich in drei bis vier Stücke zerschroten, im Löschherd ausgeheizt und direkt zu verschiedenen Grobwaren oder auch zu Stahl ausgeschmiedet. Dieses sind die Hütten, wie sie Agricola beschrieben hat. Ihre Besitzer hiessen Hammermeister. Über die ökonomischen und recht- Stücköfen. lichen Verhältnisse dieser Eisenhütten und Hämmer in Kärnten und Krain werden wir später zurückkommen. Ähnlich waren die Stücköfen in Ungarn , welche sich als „Slo- wakenöfen“ bis in die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts in Ungarn erhalten haben. Zu dieser Art gehörten auch die Stücköfen, welche um das Jahr 1770 noch in der Wochein in Krain in Anwendung waren. Da dieselben im Betriebe einige Absonderlichkeiten zeigen, wollen wir sie hier kurz beschreiben Siehe Oryctographia Carniolica oder Physikalische Erdbeschreibung des Herzogtums Krain, Istrien und zum Teil der benachbarten Länder. Leipzig 1778, Bd. I, S. 20. . Über die Wochein und den uralten Eisenhüttenbetrieb daselbst, der namentlich zur Zeit der Römerherrschaft blühte, haben wir bereits im ersten Bande berichtet Siehe Bd. I, S. 507. . Es scheint, dass sich der alte Betrieb in dem geschützten Thale ohne grosse Störungen und deshalb auch ohne grosse Veränderungen durch viele Jahrhunderte erhalten hat. Die Stücköfen, die hier gewöhnlich als Wolföfen bezeichnet wurden, hatten ein viereckiges Rauhgemäuer von 8 Fuss Seiten- länge und 11 Fuss Höhe, vom „Wolfbett“ bis zum „Einsturz“, d. h. vom Boden bis zur Gicht, und waren aus gewöhnlichen Kalksteinen aufgeführt. Das inwendige Futter wurde aus einem glimmerartigen Sandsteine und schwarzem Thon hergestellt. Dieser Sandstein war sehr feuerbeständig, ein wahrer „saxum fornaceum“. Das Innere des Ofens hatte kreisförmigen Querschnitt, zwei Fuss Durchmesser das Wolfbett und einen Fuss der Einsturz, in der Mitte aber war der Ofen weiter. In dem Rauhmauerwerk befanden sich zwei halbmond- förmige Gewölbe von zwei bis drei Fuss Höhe, das eine führte zur Ofenbrust, das andere zum Schlackenabstich. Die Öffnung für die Brust war die wichtigste, denn diese war zugleich auch die Formseite. Hier lagen die Bälge, welche den Wind in den Ofen trieben, und hier wurde der Wolf ausgebrochen, wenn die Schmelzung beendet war. Sie hatte zwei Fuss im Quadrat. Die Blasebälge lagen auf Walzen, um sie leicht zurückschieben zu können, wenn der Ofen aufgemacht wurde. Die Brust wurde nur mit Thon zugemacht; die Form war ein einfaches rundes Loch, welches mit einem hölzernen Keil durch denselben gestossen wurde. Die Ofenwand des andern Gewölbes war dagegen mit Ziegeln vermauert, so dass in der Mitte nur ein Schlitz blieb von vier bis sechs Zoll Breite und zwei Fuss Höhe. Dieser wurde ebenfalls mit Thon zugemacht und bildete das Abstichloch für die Schlacken, das leicht hoch oder niedrig geöffnet werden konnte. Stücköfen. Häufiger aber brachte man statt dieses Schlitzes viereckige Öffnungen in verschiedener Höhe an, welche mit einem eisernen, mit Lehm be- schlagenen Stöpsel zugestopft wurden und dienten diese dann als Schlackenlöcher. Das Eigentümliche bei den Wolfsöfen der Wochein war, dass die Form nicht in der gleichen Höhenlage blieb, sondern dass man dieselbe anfangs ganz tief, nahe dem Boden, ansetzte und sie dann während dem Betriebe höher und höher legte. In der tiefsten Lage liess man sie so lange, bis aus dem Essloche Funken und kleine Schlackenkerne herausflogen; wenn dies geschah, so wurden auf den Seiten in dem Brustgewölbe kleine Öffnungen gemacht, um der Schlacke Abfluss zu geben. „Fängt nun einmal der Wolf an, sich nach und nach zu setzen, oder wie man sonst zu sagen pflegt, zu wachsen, so wurde ein anderes Esloch zween Zoll höher gemacht oder besser gesagt, ausgebrochen und der Blasebalg erhöhte sich, sowie auch die Schlackenlöcher, sowohl in dieser als in der andern Fläche . Je desto mehr steigt man auch mit dem Esloch, gemeiniglich bis unter den gewölbten Bogen oder den Mauerzirkel; da wird aber auch auf der Brustseite der Thon, der die Öffnung verstopft hat, weg- gebrochen, wo man denn noch während der Schmelzung die Masse oder den Wolf stocken sieht.“ Diese alte Schilderung von einem erfahrenen Hüttenmanne, aus Krain gebürtig und selbst Gewerke — wie aus den eingestreuten Be- merkungen der Beschreibung hervorgeht —, ist sehr beachtenswert. Der Schlusssatz soll heissen, dass man die mit Thon „vermachte“ Brustwand gegen Ende der Schmelzung oben aufbrach, um den Wolf im Herd beobachten zu können und gerade auf diese Art den Zeit- moment bestimmte, wann der Wolf fertig war und man die Bälge abführen durfte. Um einen Wolf zu machen, wurden 40 bis 50 Zentner Erz ge- nommen, wozu, nachdem der Ofen gehörig ausgeheizt war, beinahe die gleiche Menge Kohlen eingesetzt wurden. Als Zuschlag gab man nur zu 3 Zentner (315 Pfund) 60 bis 70 Pfund „Nägelschnutt-Sinter“, d. h. Hammerschlag, wie er bei den Nagelschmieden fiel. „Das Schlackenauge“ — jedenfalls auf der Schlackenabstichseite — „wird stets geräumt und offen gehalten; nach 18 bis 20 Stunden, wenn der ganze Erzsatz eingesetzt ist und der Ofen eingeht, werden auf der Walze die Bälge zurückgeschoben, die Brust eingerennt und der Wolf oder die geschmolzene Eisenmasse mit Haken herausgezogen, welcher dann gemeiniglich 15 bis 17 Zentner an Gewicht hat. Man nimmt Stücköfen. jedoch nicht gleich bei Öffnung der Brust einen solchen Wolf heraus, sondern man muss so lange warten, bis er „gestockt“ hat; hat man ihn einmal aus dem Ofen, so wird er unter einen 13 Zentner schweren Hammer gebracht, eine ungeheure Schwere, und in acht, auch mehr Stücke zersetzt, welche man in der dortigen Hüttensprache Kothlizhe nennet, sowie das mit den Schlacken aus dem Ofen fliessende Eisen Pogahze Graglach in Steiermark, siehe Bd. I. genannt wird. Nachdem der Wolf aus dem Ofen und in dem Grunde mit Wassereinsprengen abgekühlt ist, so werden die darin befindlichen eisenhaltigen Schlacken abgekratzt und in den Fluss geworfen, wo dann das Eisen sich durch das Anprellen der Stein absondert, welches alle Arbeiter, wenn sie Zeit haben, besonders aber die Weiber und Kinder, aus den Flüssen zu sammeln pflegen und von den Hüttenverwesern gegen eine gesetzte Taxe eingelöst wird. Dies ist bei den dortigen Hütten das sogenannte Probiraina oder Waschwerk und wird auch als ein Zusatz mit dem Erz ver- schmolzen.“ Auch diese Art, das Wascheisen zu gewinnen, ist höchst primitiv, deshalb wahrscheinlich sehr alt. Die Kothlizhe (massa) wurde dann weiter in den Plähfeuern ver- arbeitet, worüber später berichtet werden wird. In Steiermark hatte sich schon in früher Zeit aus den Hand- und Tretöfen, die auf dem „Arzberge“ und dem Prebügel gestanden hatten, der Stückofenbetrieb an den beiden Hauptthälern zu Eisenerz und zu Vordernberg entwickelt. Auch hier waren die Öfen anfangs klein. Da man aber durch den Mangel an Holzkohlen in nächster Nähe gezwungen war, die Masseln oder Stucke in unverarbeitetem Zustande zu verkaufen, so kam man bald dazu, die Öfen grösser zu bauen und grössere Stücke zu erzeugen, weil hierdurch an Kohlen wie an Arbeitslohn gespart wurde. Kohlenmangel und die Art des Eisenhandels waren also die Veranlassung für die einigermassen ab- weichende Konstruktion der Stücköfen in Steiermark. Wir haben diese bereits im ersten Bande (S. 819 u. s. w.) geschildert und be- schränken uns hier darauf, die charakteristischen Unterschiede noch- mals hervorzuheben Vergl. Swedenborgius , De ferro. . Swedenborg in seinem Werke De ferro (1734) und Jars in seinem Reiseberichte von 1758 haben im vorigen Jahr- hundert nach eigener Anschauung die besten Schilderungen davon ge- liefert. Das Eigentümliche der steirischen Stücköfen bestand haupt- sächlich darin, dass die Blaseöffnung und die Ausziehöffnung auf derselben Seite lagen, so dass durch die Lehmwand, welche am Schluss Stücköfen. der Schmelzung jedesmal ausgebrochen wurde, auch geblasen wurde. Die Ursache hierfür lag an der Stellung der Öfen zu den Wasserrädern. Man hatte bei diesen Stückhütten nur ein Wasserrad, welches die Bälge in Bewegung setzte, dagegen kein zweites, wie in den Deutschhämmern, um einen Hammer zu treiben, da ein solcher überhaupt nicht vor- handen war. Die Bälge mussten bei jedem Aufbrechen abgehoben und auf die Seite gerückt werden, damit sie beim Ausziehen der Luppe durch die Glut nicht verbrannten. Das Ausziehen der schweren Luppe konnte nicht, wie bei den kleineren Öfen, mit Haken geschehen, sondern geschah durch ein Ziehwerk mittels einer schweren Zange, die an einer Kette befestigt war. Diese Kette wurde ebenfalls von der Wasserradwelle in Bewegung gesetzt. Das 13 bis 14 Zentner schwere Stück konnte deshalb auch nicht, wie da, wo man sich eines Wasserhammers bediente, in eine Anzahl von Luppenstücken, wie sie zum Ausheizen und Verschmieden geschickt waren, zerteilt werden, sondern zwei Arbeiter hieben sie erst mit Beilen bis auf die Hälfte ein und teilten sie dann mit schweren Hämmern und Keilen völlig in zwei Stücke (Halbmassen), von denen ein jedes also sechs bis sieben Zentner wog und die so auf die Hammerwerke bei St. Gallen ge- fahren wurden. Swedenborg beschreibt den Betrieb der Stücköfen zu Vordern- berg , wie er sie um das Jahr 1710 gesehen hatte, von denen ihm aber erzählt wurde, dass dieselben schon seit 800 Jahren im Gebrauch seien Siehe Swedenborgius , De ferro, p. 177 (§. XIX). . Es waren damals 16 solcher Öfen vorhanden, die alle einer dicht neben dem andern an dem reissenden Fluss im Vordernberger Thale gelegen waren. Ein jeder war mit einem Dach überbaut und hatte sein besonderes Rösthaus. „Die Höhe eines Ofens betrug 14 Fuss, der Durchmesser des oberen Hohlraumes dicht über der Form (der Kohlensack) 4 Fuss, am Boden aber 2 Fuss. Das Innere des Hohlraumes wurde auf das sorg- fältigste mit Lehm ausgefugt und bestrichen. Wenn das Erz geröstet werden sollte, so wurde zuerst eine Lage von Kohlen und hierauf eine von Erz ½ Fuss dick ausgebreitet, hierauf wieder eine Lage von Kohlen und darüber Erz und so in dreifacher Folge; zuletzt wurde der Rest des erforderlichen Erzes in der Form eines Scheiterhaufens aufgeschichtet; diese Rösthaufen hiessen Grametl. Hierauf wurde Feuer untergelegt, welches drei Wochen erhalten wurde, damit das Erz durch die langandauernde Röstung leichter zu Stücköfen. Pulver zerstossen werden konnte, weil es alsdann im Ofen besser zu Eisen zusammenschmolz. Das zerkleinerte oder gepulverte Erz wurde mit Hilfe von Wasser- oder Handrädern auf die Gicht des Ofens empor- gezogen (Fig. 55). Wenn der Ofen nun mit Kohlen gefüllt war, wurde ein Satz Erz aufgetragen, der dem Masse einer Tonne gleichkam. Die Kohlen- füllung sank nach einiger Zeit nieder, indem das Feuer langsam durch- drang: war dies geschehen, so wurden acht Mass Kohlen, die in Körben geteilt waren, aufgetragen und hierauf Erz lagenweise ausgebreitet, was 15 Stunden hindurch fortgesetzt zu werden pflegte. Mit diesem Brennmaterial gestattete man dem Erz, indem die Kohlen sich durch das Feuer verzehrten, bis zur Form niederzugehen und so erschien vor der Form die Luppe, „Masse“ Swedenborgius schreibt „Hallmassen“ statt „Halbmassen“, aber auch dies ist ein Irrtum, denn die Halbmassen sind die zwei Hälften des zerteilten Stückes oder der Masse. Die alte Bezeichnung war „das Mass“. genannt, die sich, wie erwähnt, in einem Zeitraume von 15 Stunden ansammelte. — Die Schlacke wurde auf der Brustseite nahe den Düsen der Blasebälge laufen lassen. Beim Ausbrechen des Eisenklumpens fand man immer über jenem noch einen Teil flüssigen Eisens, welches besonders und von dem Eisenstück getrennt herausgelassen wurde und welches Graglach hiess Swedenborg schreibt fälschlich Krogloch. : es war dies eine Materie des besten und ausgesuchtesten Roheisens und wurde diese Sorte für geeignet gehalten, entweder in Stahl umgewandelt zu werden oder Geräte (utensilia) daraus zu machen Vergl. Bd. I, S. 823. . Nachdem diese abgelassen, wurde die zurückgebliebene Materie, die Luppe oder „Halbmassen“, welche eine Breite von 5 Fuss einnahm, aus dem Ofen gezogen und von Männern, solange sie noch heiss war, in zwei Teile geteilt, von denen ein jeder Teil 10 Zentner schwer zu sein pflegte, so dass man jeden Tag und Nacht eine Masse von 20 Zentnern zu erhalten pflegte. Dieses Verfahren, das Eisen zu schmelzen, das Schmelzwerk täg- lich von neuem zu beginnen und eine feste Eisenluppe aus dem Ofen zu ziehen, sei, wie viele sagen, schon seit 800 Jahren, also etwa seit 910, im Gebrauch; und wenn sie auch zugestehen, dass eine grössere Menge von Eisen gewonnen werden könne, wenn die Schmelzung nach der in Kärnten gebräuchlichen Weise (in Flossöfen), kontinuierlich und nicht mit Unterbrechungen geschähe, so behaupten sie doch, bedürfe es die eigentümliche Trägheit ihres Erzes, dass ein Wechsel kurzer, unterbrochener Schmelzungen stattfände, denn sie glaubten, dass ihre Stücköfen. Erze ein anhaltendes und soviel schärferes Feuer nicht ertragen, noch dass sie dann jenes beste Eisen, welches die Oberflächen der Luppen enthalten, erlangen könnten. Übrigens waren sie in der Lage, in jeder Woche sieben solcher Stücke in einem Ofen erzeugen zu können.“ Swedenborg beschreibt nun weiter den Stückofenbetrieb in „Steiermark“, wobei, da er Styria im Gegensatz zu Vordernberg ge- braucht, wohl nur an Eisenärz gedacht werden kann. Was er hierüber anführt, ist nicht eigene Erfahrung, sondern den Mit- Fig. 54. teilungen eines „glaubhaften Gewährsmannes“ entnommen. Er sagt, man habe drei ver- schiedene Ofenarten, grosse, mittlere und kleine. Die grossen seien 18 Fuss, die mittlern 14 Fuss hoch. Von den kleinen giebt er die Höhe nicht an, doch dürfen wir dieselben wohl zu 10 bis 12 Fuss annehmen. Diese letz- teren seien die ältesten und auch die zahlreichsten, wes- halb uns diese hier auch allein interessieren. Sie wären in ihrem unteren Teile quadra- tisch von zwei Fuss Seiten- länge. Indem sich der Ofen über der Form bis etwa zur Mitte der ganzen Höhe bis zu vier Fuss erweitert, ging der quadratische Querschnitt in einen kreisrunden über. Von der grössten Weite in der Mitte verengte sich der Ofen nach oben bis zur Gicht auf einen Fuss. Swedenborg vergleicht die Gestalt des Ofeninneren mit einem italienischen, aus- gebauchten Krug. Die inneren Ofenwände wurden aus feuerfestem Lehm aufgestampft und sollen diese 12 Jahre lang gehalten haben Vergl. Schreber , Schauplatz der Künste und Handwerke, Bd. XI, S. 15. . Die nebenstehenden Zeichnungen, Fig. 54 und 55, sollen das Bild eines der grossen steirischen Stücköfen geben, wozu aber Sweden- Stücköfen. borg bemerkt, dass die mittleren und kleinen nur durch die Masse verschieden seien. Danach hätte der Ofen in einem Rauhmauerwerk gestanden, in dessen vorderen Teil ein Gewölbe eingebaut war, durch welches man zur Ofenbrust gelangte. Charakteristisch sind besonders die Gestalt des Ofeninneren und das Schlackenloch, welches sich links von dem Formloch befindet. In der Zeichnung Fig. 55 soll der Moment dargestellt werden, in dem der Ofen aufgebrochen ist, um das Stück herauszuziehen. Die faden- Fig. 55. artige Linie deutet die Kette an, mittels der dies geschieht. Sie wickelt sich um die Blase- welle auf. Die Blasebälge, welche durch die Hebedaumen bewegt werden, sind aus- gehängt und auf die Seite geschoben. Es geschah dies mittels des Zughebels. Der einfache Aufzug, durch welchen die Erzkörbe zur Ofengicht gehoben werden, wird gleich- falls durch die Blasewelle be- wegt. — Ein solcher Ofen hielt mehrere Jahre, während das Gestell alle Vierteljahr erneuert werden musste. In den kleinen Öfen er- hielt man alle 6 Stunden ein Stück von 2¼ bis 2½ Zent- ner Gewicht, so dass in 24 Stunden 8 bis 10 Zentner Eisen gewonnen wurden. Es wurden 20 bis 24 Gichten, jede zu 2 Fass Erz und ein Mass Kohlen (wovon drei einen Sack ausmachten), aufgegeben. Im Durchschnitt wurde in Eisenerz beim Stückofenbetrieb aus 1 Zentner Erz 39¼ Pfund Rauheisen ausgebracht und wurde zu 1 Zentner Eisen 2 Fass gleich 10 Wiener Scheffel Kohlen gebraucht. Über weitere Einzelheiten des steirischen Stückofenbetriebes, z. B. über die Herstellung der Lehmform, lese man im ersten Bande nach Bd. I, S. 820 ff. , wo ein ausführlicher Auszug aus Stücköfen. Jars ’ G. Jars , Metallurgische Reisen, deutsch von Gerhard , Bd, I, S. 64. Beschreibung des steirischen Stückofenbetriebes von 1765 mitgeteilt ist. Die vierte Art der Stücköfen, welche in Thüringen , in der Graf- schaft Henneberg, besonders bei Suhl und Schmalkalden , seit vielen Jahrhunderten betrieben wurde, verdient unsere Aufmerksamkeit einer- seits, weil es der älteste nachweisbare Stückofenbetrieb in Deutschland ist, der sich auch am längsten, nämlich noch bis in die vierziger Jahre unseres Jahrhunderts, erhalten hat, anderseits, weil er das deut- lichste Beispiel des unmittelbaren Überganges vom Stückofen- zum Hochofenbetriebe darbietet. Wir haben das Wichtigste darüber bereits im ersten Bande mitgeteilt Siehe Bd. I, S. 824. . Der Bergbau auf dem Stahlberge bei Schmalkalden soll der Überlieferung nach bereits im Jahre 385 unserer Zeitrechnung von einem Steiermärker eröffnet worden sein. Wenn dies auch sagenhaft ist, so spricht doch nichts gegen die Möglichkeit. Im Stahlberge finden sich Erze, die den steirischen sehr ähnlich sind. Es ist der Spateisenstein und das aus der Verwitterung desselben entstandene Braunerz. Die Übertragung des steirischen Betriebes hierher erscheint deshalb durchaus wahrscheinlich. Jedenfalls bestand hier schon Eisensteinbergbau und Eisengewinnung in jener Zeit, als slawische Stämme sich im Thüringerwalde anzusiedeln suchten Siehe R. Fulda , Über den Schmalkalder Bergbau, S. 9. . Die ersten Anlagen befanden sich auf dem Rücken der Berge, da, wo die Eisenlager zu Tage ausstrichen. Man ging den reichsten Erzen nach. Roteisenstein, Eisenglanz und Glaskopf suchte man zu ge- winnen, während man das Spaterz unbenutzt liegen liess. Das Ausschmelzen der Erze geschah in Luppenfeuern, deren Bälge mit Hand oder Fuss betrieben wurden. Alte Schlackenhaufen auf den Höhen legen noch Zeugnis ab von diesem Betriebe. Als der Bergbau grösseren Umfang annahm und man anfing, die Wasser- kraft der Bäche für den Schmelzprozess dienstbar zu machen, was bereits im 13. Jahrhundert geschehen zu sein scheint Joh. Just. Winkelmann sagt in seiner „Beschreibung der Fürstentümer Hessen und Hersfeld, VI. Teil, Bremen 1697“, Bd. II, S. 295: „Der Ruhm von Schmalkalden wird noch weiter vermehrt, wegen der daselbst sich befindlichen und von Gott verliehenen reichen Stahl- und Eisenberg- und Hammerwerken, deren Bergwerke teils über 450, teils über 350 Jahre im Gange und fündig gemacht worden.“ , wurden zwar die alten Rennfeuer zum Teil noch beibehalten, wie zu Altenrode im Thüringer Thale und am Kaltenbach bei Steinbach-Liebenstein. Da- Stücköfen. neben aber entstanden in der Nähe von Schmalkalden und Suhla Stücköfen. Dieselben waren fast genau so, wie die von Swedenborg beschriebenen kleinen steirischen zugestellt. Das Innere, das aus feuerbeständigen Sandsteinen der jüngeren Sandsteinformation her- gestellt war, hatte die Gestalt von zwei mit den Grundflächen auf- einander gestellten, abgestutzten Kegeln oder Pyramiden, denn die ältesten Öfen der Art scheinen viereckigen Querschnitt gehabt zu haben Siehe Joh. Chr. Quantz , Hüttenschreiber zu Lerbach, Praktische Ab- handlung über die Eisen- und Stahlmanipulation in der Herrschaft Schmalkalden. Nürnberg 1799. . Die Weite am Boden betrug 2½ Fuss, im Kohlensack 4 Fuss 2 Zoll und an der Gicht 1½ Fuss, die Höhe der älteren Öfen 12 Fuss. Der Kohlensack lag in der Mitte der Ofenhöhe. Auf der Gicht war ein trichterförmiger Aufsatz von einigen Fuss Höhe aufgebaut, um besser aufgeben zu können (Fig. 56). Die Form lag 14 Zoll über dem Bodenstein, ganz horizontal, und ragte 3 Zoll in den Herd hinein. Fig. 56. Der Bodenstein, der aus Kieselkonglomerat bestand, hatte 2 bis 3 Zoll Fall nach der Brustseite zu. Die „Vermalterung“, d. h. der Möller, bestand nach Quantz ’ Angabe im vorigen Jahrhundert aus ⅓ Stahl- berger, ⅓ Mommeler Eisenstein und ⅓ Lech oder Schlacke, welche beim Zängen der „Deuls“ (Luppenstücke) abfiel. Der Ofen wurde erst mit 12 Stützen gleich 1½ Fuder Kohlen gefüllt, angezündet und, nachdem das Feuer durchgebrannt war, mit Erz und Kohlen be- schickt. Auf ein Füllfass (circa 1 Kubikfuss) Erz gab man ein Füllfass Kohlen, was etwa dem vierfachen Volumen entsprach. Auf diese Weise wurden 15 Gichten gesetzt. Alsdann stach man die Schlacke ab, die man fortwährend abfliessen liess. Dieselbe wurde des Wasch- Stücköfen. eisens wegen zerklopft. Im Herde des Ofens beginnt die Eisenmasse sich aufzubauen. Entsprechend wie dieses geschieht, lässt man die Schlacke sich ansammlen, damit die Masse im Ofen warm gehalten werde, weil im entgegengesetzten Falle das Losbrechen des „Gusses“ sehr erschwert werden würde. Dies geschieht einfach dadurch, dass man mit dem Schlackenstich, den man anfangs ziemlich nahe dem Boden angesetzt hatte, allmählich in die Höhe geht. Auf die ersten 15 Gichten folgen noch weitere 21 bis 24. Der Schmelzer prüft mit dem Formhaken, ob sich das Eisen genügend im Herde aufgebaut hat. Ist dies der Fall, so werden zwei leichte Gichten, d. h. Kohlen- gichten ohne Erzsatz, aufgegeben. Sobald diese vor die Form gerückt sind, stösst man die Ofenbrust, die nur mit Lehm, Ziegeln und Schlackenbrocken zugemacht war, auf und bricht den „Guss“ mit Brechstangen los und zieht ihn mit Haken heraus. Man bedeckt ihn sofort mit Kohlenstübbe, damit er warm bleibt, und zerschrotet ihn unter dem Wasserhammer in zwei Teile, die auch hier „Stücke“ hiessen und von denen Quantz den Namen „Stückofen“ ableitet. Das eine Stück kommt sogleich in das Löschfeuer, um es warm zu halten, während das andere in kleine Teile zerschroten wird. Zu dieser Arbeit sind acht Arbeiter erforderlich. Währenddem macht der Schmelzer den Ofen wieder zu, giebt dann im Anfang nur Kohlen auf, dann wieder abwechselnd Erz und Kohlengichten, bis er nach der 15. die Schlacke laufen lässt u. s. w., wie oben beschrieben. Gewöhnlich wurde der Ofen am Sonntag mit Kohlen gefüllt, am Montag die Bälge angelassen und am Samstagmorgen ausgeblasen. So geschah es im vorigen Jahrhundert. Früher aber ward der Ofen jedesmal ganz niedergeblasen und nach dem Ausziehen des „Gussstückes“ die ganze Arbeit wieder von vorn angefangen. Man nannte dies die „einfachen Güsse“, im Gegensatz zu den, bei der die ganze Woche fortgeführten Arbeit gewonnenen „doppelten Güssen“. Das Eigentümliche des schmalkaldischen Betriebes bestand aber darin, dass man in denselben Öfen, wenn das Bedürfnis vorlag, auch Roheisen, sogenanntes „Scheibeneisen“, schmolz und wurde dabei nach Quantz ’ Angabe nichts geändert, als dass man die Form 2 Zoll tiefer legte, so dass dieselbe statt 14 Zoll nur 12 Zoll über dem Bodenstein lag und dass man sie nicht in den Ofen hineinragen liess. Doch lag nicht hierin allein die Ursache der veränderten Wirkung, sondern in der Art und Weise, wie der Betrieb geführt wurde. Man setzte kleinere Erzgichten, blies schärfer, indem man die Bälge rascher wechseln liess, und stach die Schlacken nicht ab oder nur soweit es Stücköfen. dringend nötig war, so dass das Eisen immer durch eine Schlacken- decke vor der entkohlenden Wirkung des Windes geschützt war. Hier haben wir also den unmittelbaren Übergang des Stück- ofenbetriebes zum Hochofenbetrieb , und in der That sind im Schmalkaldischen die „Blauöfen“, niedrige Hochöfen mit geschlossener Brust, unmittelbar aus den Stücköfen entstanden. Fassen wir den Stückofenbetrieb als Schmelzprozess ins Auge, so unterscheidet sich derselbe von dem Herdofenbetriebe wesentlich dadurch, dass der ganze Prozess im Inneren des Ofens verläuft und der Arbeiter hierbei durch sein Eingreifen, sein Nachhelfen mit der Brechstange u. s. w. diesen nicht befördern kann. Dagegen hat er mit der Rennarbeit das gemein, dass der Betrieb ein unterbrochener ist und unmittelbar eine schmiedbare Luppe erzielt wird. Während aber bei den Rennfeuern Reduktion, Kohlung, Schmelzung und Ent- kohlung fast gleichzeitig und in einem örtlich eng umschlossenen Raume vor sich gehen, findet dies im Stückofen in zeitlicher und örtlicher Aufeinanderfolge statt, indem die Reduktion sich in dem erweiterten Ofenraume oberhalb der Form vollzieht, während die Schmelzung und Entkohlung vor der Form geschehen. Vom Hochofenbetrieb unterscheidet sich der Stückofenbetrieb aber wesentlich dadurch, dass die Kohlung eine unvollständige bleibt, dass das Erz reduziert, aber nur wenig gekohlt vor die Form gelangt und hier noch durch die Einwirkung des Windes des etwaigen Über- schusses an Kohle beraubt wird. Deshalb setzt man die Eisenmasse möglichst unmittelbar der Einwirkung des Windes aus, indem man die Schlacke fortwährend ablaufen lässt und der Form meistens eine Neigung nach dem Ofeninneren zu giebt. Dass bei einem solchen Schmelzprozess die Schlacke sehr eisenreich ausfallen muss, so dass sie mehr einer Frisch- wie einer Hochofenschlacke gleicht, ist ein- leuchtend, denn einerseits ist die Reduktion oberhalb der Form keine vollkommene, so dass die vorhandene Kieselsäure noch reichlich Eisen- oxydul vorfindet, anderseits wirkt der Wind, der meist durch eine nach unten geneigte Form eingeführt wird, frischend auf das Eisen im Gestell ein, wobei eine weitere Menge Eisenoxydul in die Schlacke übergeführt wird. Die abgestochene Schlacke ist höchstens ein Sin- gulosilikat, welches 53 bis 54 Proz. Eisen- und Manganoxydul enthält Siehe Bd. I, S. 825. . Dies Eisenoxydul in der Schlacke wirkt wie beim Frischprozess ent- kohlend auf das Eisen. Dabei hat die Schlacke einen niedrigen Stücköfen. Schmelzpunkt, weshalb die Form fast immer dunkel geht und häufig gereinigt werden muss. So wird also bei dem Stückofenbetriebe nur ein Teil des Eisens aus den Erzen als metallische Masse abgeschieden und ist der Schmelzverlust demnach ein sehr hoher. Nur reiche, leichtschmelzige Erze lassen sich überhaupt so behandeln, bei armen Erzen würde fast alles Eisen in die Schlacken gehen, das wenige Eisen selbst aber, da es durch das Übermass an Schlacke der Ein- wirkung des Windes entzogen würde, als Roheisen sich abscheiden. Auch bei richtig geführtem Betriebe ging doch immer etwa die Hälfte des in den Erzen enthaltenen Eisens in die Schlacke. Es kann dies nicht als ein Fehler angesehen werden, sondern der Prozess erforderte eine so eisenreiche Schlacke. Natürlich wurde er dadurch sehr un- ökonomisch. Wenn er sich trotzdem, auch nachdem der Hochofen- prozess erfunden war, in wichtigen eisenerzeugenden Gebieten so lange erhalten hat, so liegt dies daran, dass bei verhältnismässig geringen Anlagekosten und einfacher Arbeit ein Eisen von ganz vorzüglicher Güte erzeugt wurde. Dies ist natürlich, weil erstens Reduktion und Schmelzung bei möglichst niedriger Temperatur erfolgen, wobei die schädlichen Verunreinigungen des Eisens, besonders die Phosphorsäure, noch nicht zu Phosphor reduziert und in das Eisen übergeführt werden und weil zweitens die nachträgliche Einwirkung des Windes und der Eisenoxydulschlacke im Herde eine weitere Reinigung bewirkt. Dass das Produkt, welches bei dem Stückofenbetriebe erhalten wird, in sich nicht gleichförmig ist, dass bei geringen Abweichungen in der Beschaffenheit der Erze, ihrem Eisengehalt, ihrer Schmelzbarkeit u. s. w. bei jeder Schmelzung eine andere Qualität fällt, ist einleuchtend. Es kann ebensogut ein ganz weiches, wie ein ganz hartes, stahlartiges Eisen im Stückofen erzeugt werden. In der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts hatten die Stücköfen eine grosse Verbreitung. In ihnen und in den Rennherden wurde der weitaus grösste Teil des benötigten Eisens dargestellt. Blauöfen . Obgleich die Einführung des Hochofenbetriebes und der dadurch bedingte Übergang von der direkten zu der indirekten Eisengewinnung ein so wichtiges Ereignis war, dass es den bedeutsamsten Abschnitt Beck , Geschichte des Eisens. 12 Blauöfen. in der ganzen Geschichte des Eisens bildet, so dass man die Zeit vor der Einführung der Hochöfen als die alte Zeit, diejenige seit der- selben als die neue Zeit in der Geschichte der Eisenindustrie bezeichnen muss, so ist dieser Übergang doch durchaus kein plötzlicher und gewaltsamer, sondern ein ganz allmählicher gewesen, der sich nicht als eine geniale Erfindung oder Entdeckung, sondern als praktische Erfahrung beim Stückofenbetriebe darstellte, welche wahrscheinlich nicht einmal an einem einzelnen Platze zuerst gemacht und von diesem aus verbreitet wurde, sondern sich überall, wo ausgedehnter Stück- ofenbetrieb geraume Zeit betrieben wurde, von selbst ergab. Wie leicht dieser Übergang war, haben wir bereits bei der Schilderung des schmalkaldischen Blauofenbetriebes gesehen. Man konnte in demselben Ofen durch geringe Abänderungen der Wind- führung, des Erzsatzes und des Schlackenabstechens einmal eine Luppe schmiedbaren Eisens, das andere Mal flüssiges Roheisen erhalten. Führte man den Betrieb in letzterer Weise, so hatte man den Vorteil, dass man immer fortblasen konnte, indem man nur in kurzen Zwischen- räumen die geschmolzene Masse Eisen und Schlacken aus dem Herde ablaufen liess. Man brauchte nicht den Betrieb zu unterbrechen, wie dies der Fall war, wenn man den Ofen als Stückofen auf Erzeugung einer schmiedbaren Luppe führte. Dieser charakteristische Unter- schied, dass man fortblasen konnte, war auch die Veranlassung, dass diese Art Öfen in Thüringen, wie auch in andern Gegenden Mittel- und Norddeutschlands, den Namen „Blauöfen“ erhielten, ein Name, der, wie wir bereits früher nachgewiesen haben, keineswegs von der blauen Farbe, sondern von der alten Bezeichnung „Blaseöfen“, steierisch Plaaöfen, herzuleiten ist Siehe Bd. I, S. 816 . Mit dem Ausdrucke Plaaofen wurden in Steiermark ursprünglich die Stücköfen im allgemeinen bezeichnet, ebenso waren die alten thüringischen Blauöfen Stücköfen, während später der Ausdruck Blauöfen in Deutschland denjenigen niedrigen Schachtöfen mit geschlossener Brust, in welchen flüssiges Roheisen aus den Erzen erzeugt wurde, beigelegt wurde. Diese Öfen waren aus den Stücköfen entstanden und wichen in ihren Dimensionen kaum von denselben ab. Konnte man doch in denselben Öfen den Betrieb in der einen und der andern Weise führen. Sobald man aber darauf ausging, flüssiges Roheisen zu erzeugen und Öfen nur für diesen Zweck erbaute, bediente man sich bei der Zustellung der Erfahrungen, die man bei den Stücköfen bereits gemacht hatte. Insbesondere machte Blauöfen. man den Schmelzraum kleiner, legte die Form tiefer, 12 Zoll statt 14 Zoll, und verengerte den unteren Ofenraum. Dadurch erhielt man eine höhere Temperatur im Schmelzraum, infolgedessen auch eine höhere Temperatur über demselben, wodurch das Eisen vollstän- diger reduziert und gekohlt wurde, als dies beim Stückofen der Fall war. Indem man ferner den Wind nicht auf das Eisen im Herde einwirken liess, dadurch, dass man der Form eine horizontale, meist sogar eine etwas nach aufwärts gerichtete Lage gab, und das ge- schmolzene Eisen immer mit Schlacke bedeckt hielt, erreichte man schon den Zweck, flüssiges Roheisen zu erhalten. Die Vorteile dieses Schmelzverfahrens lagen darin, dass man ein besseres Ausbringen aus den Erzen und geringeren Kohlenverbrauch hatte. Das bessere Aus- bringen war dadurch bedingt, dass bei der höheren Temperatur das Eisen vollständiger reduziert und die Erdbasen verschlackt wurden, wodurch weniger Eisenoxydul in die Schlacke übergeführt wurde. Der geringere Kohlenverbrauch wurde hauptsächlich dadurch herbeigeführt, dass der Betrieb ununterbrochen fortging, während er beim Stückofen mit jedem neuen „Guss“ oder „Wolf“ von neuem begonnen werden musste. In allen übrigen Dingen hielt man sich dagegen fast ängstlich an die Erfahrungen, die man bei den alten Stücköfen gemacht hatte. Dies geschah namentlich bezüglich der Gestalt und der Grössenverhältnisse. Man machte die Blauöfen ursprünglich nicht höher als die Stück- öfen, und hielt genau daran fest, dass die grösste Ofenweite in der Mitte, der Kohlensack also in der halben Höhe lag. Man behielt die Gestalt zweier, mit der Basis aufeinander gestellter abgestutzter Pyra- miden oder Kegel bei. Obgleich die Erhöhung der Öfen, namentlich die des Schachtes, sich schon früh als vorteilhaft erwiesen haben muss, ging man doch nur sehr allmählich von den alten Massen ab. Die hohen, d. h. mehr als 18 Fuss hohen Blau- und Flossöfen gelangten erst im vorigen Jahrhundert zur Einführung. Sie verdrängten dann allerdings rasch die niedrigen Blauöfen, welche sich nur für die Verarbeitung der Bohr- und Drehspäne bei den Gewehrfabriken zu Suhl und Neustadt-Eberswalde bis in dieses Jahrhundert erhalten haben. Die alten Blauöfen waren, wie erwähnt, nicht höher als die Stück- öfen. Ein Ofen von 14 Fuss Höhe hatte folgende Hauptmasse. Die Höhe vom Boden bis zum Kohlensacke war gleich der Höhe vom Kohlensacke bis zur Gicht, also gleich 7 Fuss. Die Weite des Ofens an der Gicht betrug 2 Fuss, im Kohlensacke 5 Fuss und am Boden 12* Blauöfen. 3 Fuss. Bei den ältesten Öfen war das Untergestell viereckig. Der Bodenstein pflegte aus einem einzigen grossen Stein zu bestehen. In Schmalkalden nahm man dazu eine Kieselbreccie. Der Bodenstein war 4 Fuss lang, 3½ Fuss breit, 1½ Fuss dick und fiel nach dem Abstiche 2½ Zoll, nach der Form 1 Zoll. Unter dem Bodensteine lagen Kreuzkanäle von 1½ Fuss Höhe, ähnlich wie bei den Stück- öfen. Die Öfen, welche aus Sandstein erbaut wurden, hatten ein Ar- beits- und ein Formgewölbe. Wenn auch zwischen den deutschen Blauöfen, wie sie in Thüringen und am Harze gebräuchlich waren, und den Flossöfen der österreichi- Fig. 57. Grundriss. Fig. 58. Aufriss von der Formseite. schen Alpenländer ein wesentlicher Unterschied nicht bestand, so wollen wir doch eine jede Ofenart für sich behandeln. Über die thüringischen Blauöfen hat Quantz die ausführlichste Auskunft gegeben. Ihre Konstruktion ist aus nebenstehenden Abbil- dungen, Fig. 57 bis 60, ersichtlich, ihre Masse haben wir bereits bei dem schmalkaldischen Stückofenbetriebe mitgeteilt. Die Brust oder der „Abstich“, wie Quantz sie bezeichnet, war ähnlich wie bei den Stücköfen, 2 Fuss breit und 14 Zoll hoch. Sie wurde erst mit Kohlenstübbe zugestampft, später aber, wenn das Gestell erwärmt war, mit Sandsteinen zugesetzt und mit Lehm verschmiert. Diese Versetzsteine schlossen sich aber nur auf der einen Seite an die Herdwand an, auf der andern verblieb ein 3 Zoll breiter Spalt, der mit Lehm verwahrt wurde und als Stichöffnung zum Ablassen von Schlacken und Eisen diente. Blauöfen. Nachdem die Brust geschlossen war, wurde der Ofen zum Anheizen mit Kohlen gefüllt, und zwar schüttete man zunächst auf die Sohle des Herdes weiche Kohlen. War der Ofen bis zur halben Höhe gefüllt, so führte man durch die Form einige glühende Kohlen ein und blies diese mit dem Balge langsam an, bis man sich überzeugt hatte, dass das Feuer um sich griff. Hierauf füllte man den Ofen vollends bis zur Gicht. Wenn dann nach drei bis vier Stunden die Kohlen völlig in Brand geraten und bereits etwas niedergebrannt waren, wurde zuerst ein Füllfass voll Kohlen und eine Schaufel voll Fig. 59. Aufriss von der Stichseite. Fig. 60. Profil durch A B . Eisenstein, welche zu- vor auf der Gichtplatte erwärmt worden waren, aufgegeben und das Ge- bläse angelassen. So wie sich der Ofen mehr und mehr er- wärmte, wurde auch der Eisensteinsatz verstärkt und in demselben Verhältnis liess man auch die Bälge schneller wechseln. Ehe der Eisenstein aufgegeben wurde, stürzte man denselben auf die Gichtplatten, welche den erweiterten Trichter zur Gicht bildeten, um ihn vorzuwärmen, die Feuchtigkeit auszutreiben und schon die Röstung einzuleiten. Letzteres wurde auch durch ein hohes Aufgeben, d. h. ein hohes Aufhäufen des Erzes über der Gicht, erreicht. Beim Aufgeben wurden die groben Kohlen nach der Formseite hingezogen, um den Luftzug im Ofen zu unter- halten und den Eisenstein auf der Windseite niederzuschmelzen. Man gab überall sehr kleine Kohlengichten von 4 bis 5 Kubikfuss, wovon bei regelmässigem Ofengange stündlich vier durchgesetzt wurden. Besondere Zuschläge oder Flüsse wurden nicht gebraucht, man suchte vielmehr die richtige Schlackenbildung in bezug auf Menge und Zusammensetzung durch entsprechende Gattierung der verschie- Blauöfen. denen Eisensteinsorten zu erreichen. Hierbei war man bestrebt, nicht mehr Schlacke zu erzeugen, als für den Zweck nötig war, indem man dieselbe in der Regel nicht während dem Niederschmelzen, sondern mit dem Eisen zusammen abstach. Nach dem Füllen und Anblasen vergingen 12 bis 14 Stunden, bis man zum erstenmal das Stichloch mit dem Handstachel aufstiess, und die aus Eisen und Schlacken bestehende Schmelzmasse in eine aus Stübbe und Sand hergestellte runde Grube vor dem Ofen laufen liess. Hatten sich im Ofen Ansätze, sogenannte „Hurten“, gebildet, so wurde der Abstich weiter aufge- brochen und dieselben mit dem Rengel losgestossen und herausgeschafft. Das Abstichloch oder das Auge wurde dann in den ersten Tagen mit Gestübbe, später aber mit feuchtem Lehm zugestopft. Die geschmolzene Masse in der Grube wurde mit Wasser besprengt, wodurch sich die Schlacke abschied, erstarrte und abgehoben werden konnte. Dies wurde zwei- bis dreimal je nach der Menge der Schlacken wiederholt. Der Roheisenkuchen blieb so lange in der Grube liegen, bis seit dem Ablassen wieder vier Gichten aufgegeben waren, alsdann wurde er hervorgezogen und unter einer Wasserrinne abgekühlt. Dadurch wurde das Eisen abgeschreckt, wonach es sich leichter zerschlagen liess und die Schlacke leichter absprang. Auch liess sich das ab- geschreckte Eisen leichter im Löschherde verfrischen. Dieses Eisen, welches die Form eines flachen Kuchens hatte, hiess „Scheibeneisen“. Dasselbe pflegte im Löschherde zu Stahl verfrischt zu werden, sollte es aber zu Eisen gefrischt werden, was in Schmal- kalden nach der Kaltfrischmethode geschah, so liess man es in Leisten laufen und darin langsam erstarren. Man gewann es dann als so- genannte „Gänse“ oder „Gänze“. Das Roheisen der schmalkaldischen Blauöfen war dickgrell, des- halb zur Giesserei nicht geeignet, um so mehr zur Stahlbereitung, und zwar pflegte man das Stückofeneisen mit dem Scheibeneisen hierfür zusammen zu verfrischen. Für Stabeisen arbeitete man auf „blumige Flossen“, während man für die Stahlfeuer mehr Spiegelflossen zu erzeugen suchte. Wie sehr Stückofen und Blauofen verwandt waren, erweist sich auch daraus, dass man, wenn man den Blauofen ausblasen wollte, zum Schlusse noch ein Stück darin herstellte. Dieses war eine Accidenz des Schmelzers. Zu dem Zwecke gab er vor dem Ausblasen noch soviel Eisenstein, als die Kohlen tragen konnten, auf, schmolz das Ganze nieder und brach dann die gebildete Luppe, welche mehrere Zentner schwer war, nachdem er die Ofenbrust eingestossen hatte, Blauöfen. ganz wie beim Stückofen auf. Auch diese Luppe wurde im Lösch- feuer mit Scheibeneisen zu Stahl verfrischt. Hieraus erkennt man auch, wodurch man überhaupt dazu kam, den Blauofenbetrieb von dem Stückofenbetriebe zu trennen. Man bedurfte bei dieser Art der Stahlbereitung ausser dem Stück- eisen auch dickgrelles Roheisen. Dies bildete sich in den steierischen Stücköfen zwar nebenher als Graglach, allein man hatte es nicht in der Hand, die Menge desselben zu bestimmen, und so erwies es sich als vorteilhafter, dieses flüssige Eisen in besondern Öfen oder durch besondere Schmelzungen für sich darzustellen. War der Blauofen im richtigen Gange, so wurde nach je acht Sätzen, meistens alle 1½ bis 2 Stunden, abgestochen und dabei jedes- mal ein Kuchen von 1½ bis 2½ Zentner Eisengewicht erhalten. Auf diese Weise verschmolz man in den hohen Blauöfen in 24 Stunden gewöhnlich 3 bis 3½ Fuder Eisensteine mit 3½ bis 4 Fuder Kohlen, und erhielt davon 30 bis 35 Zentner Roheisen. Man rechnete auf ein Fuder Stahlberger Eisenstein 10 Zentner, auf ein Fuder von der Mommel 9½ Zentner. Die kleinen Blauöfen arbeiteten weniger günstig. Bei dem 1½ fachen Kohlenaufwande lieferten sie im Tage nur 12 bis 15 Zentner Roheisen. Anfangs fiel meistens Spiegeleisen, „sperriges“ (= spatiges) Eisen genannt; dies ging dann in ein strahliges Eisen von feinem, dichtem Korn, weissgrauer Farbe und glatter Oberfläche über. Dieses war das harte Eisen zur Stahlarbeit. Für das Kaltfrischen suchte man dagegen ein schnellfrischendes Eisen zu erblasen. Es war dies eine Art „luckiger Floss“, ganz weiss, feinstrahlig, inwendig voller Löcher, die oft bunt angelaufen waren, die Oberfläche voller Blasen. Dieses kohlenstoffarme Roheisen ging rasch im Frischherde. Die Schlacke war weiss, schaumig, bimssteinartig bei dem heissen Gange, sonst dicht, von bräunlicher Farbe, unmittelbar auf dem Eisen aber grün und glasig. Die hohen Blauöfen, welche Hochöfen mit geschlossener Brust waren, in denen nur Roheisen und niemals schmiedbares Eisen her- gestellt wurde, kamen, wie oben erwähnt, erst im vorigen Jahrhundert in Schmalkalden zur Einführung und können deshalb auch hier noch nicht näher berücksichtigt werden. Flossöfen. Flossöfen . Früher schon fanden dagegen ähnliche Öfen in den deutsch- österreichischen Alpenländern, und zwar zuerst in Kärnten, Eingang, wo man bereits im 16. Jahrhundert auf der Urtler Hütte vom Stück- ofen zum Hochofenbetriebe überging, oder richtiger gesagt, man baute Schachtöfen, in denen man nur flüssiges Eisen darstellte. Diese Öfen, welche, wie die Stücköfen, eine geschlossene Brust hatten, nannte man Flossöfen . Die Stadt St. Veit besass den ersten derartigen Ofen. In einer alten Rechnung des dortigen Stadtarchives heisst es Siehe Münichsdörfer a. a. O., S. 72. : „Kurz nach Publizierung der Bergordnung im Jahre 1567 wurde der Stadt St. Veit ein förmliches kaiserliches Privilegium und Kon- zessionsbrief für einen Flossofen in Urtl gegeben, und zu den der Stadt gehörigen Hämmern zu St. Salvator wurden im Jahre 1580 nur Flossen vom Urtlerofen zugeführt.“ Diese Erfindung stammte aus Deutschland, was daraus klar hervorgeht, dass man diese neuen Öfen „ deutsche Flossöfen “ nannte. Sie waren keine einheimische Er- findung, hatten sich nicht organisch aus den Stücköfen entwickelt, sondern wurden als etwas Fremdes aus der Fremde eingeführt. Münichsdörfer teilt folgendes über dieselben mit: „Die ersten Flossöfen in Kärnten hatten rechteckigen Querschnitt, erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ging man auf runden Querschnitt über; erstere mit rechteckigem Querschnitte nannte man die deut- schen Flossöfen, letztere mit rundem, weil zuerst in Steiermark in Ausführung gebracht, die steierischen oder innerberger Flossöfen. — Der reichen Stadt St. Veit waren die Mittel zum Baue eines Flossofens in Urtl gegeben. Die Flossöfen waren 12 bis 14 Fuss hoch, es wurde mit einer Form geblasen und der Wind in Spitzbälgen er- zeugt. Man unterschied auch hier, wie bei den Stucköfen die Brust-, Wasser-, Wind- und Esseisenseite. Der Querschnitt der Öfen war, wie erwähnt, zuerst rechteckig, die Form des inneren Raumes gleich zwei übereinander gestellten Pyramiden mit dem Kohlensacke in der Mitte; Weite des Kohlensackes nur 3 Fuss, der Gicht 17 bis 18 Zoll; Weite des Eisenherdes am Boden von der Brust- zur Wasserseite 18 Zoll, von der Wind- zur Esseisenseite 34 Zoll, die Formhöhe über dem Boden 13 Zoll. Die Öfen waren aus einem feuerbeständigen, granitischen Gesteine aufgeführt. Flossöfen. In einem Jahre führte man meist nur zwei Kampagnen ab, und es betrugen die Jahreserzeugungen eines solchen Flossofens im Anfange 5000 bis 6000 Zentner Flossen, das Stück nahe bei 5 Zentner Gewicht. Man stach die Flossen in Masseln oder Gänzen von 4 Fuss Länge, 1 Fuss Breite und 4 Zoll Dicke. In 24 Stunden wurden sieben bis acht Stücke solcher Flossen erzeugt mit einem Kohlenaufwande von 22 bis 26 Schaff à 15,5 Kubikfuss pro Meiler Roheisen. Drei Stück Flossen wurden ein Zug genannt.“ Dies kam jedenfalls daher, dass man je drei Abstiche der Gänze mit dem Haspelwerke herauszog. Um Stahl zu machen, liess man das dafür erblasene Roheisen in eine vor dem Ofen aus Stübbe hergerichtete Grube, ähnlich wie beim Kupferschmelzen, laufen und begoss sie, nachdem sich Eisen und Schlacke gut abgeschieden hatten, mit Wasser, zog erst die Schlacke ab und goss dann von neuem Wasser auf. Die dünne eiserne Scheibe, die durch die Abkühlung entstand, hob man ab und goss wieder Wasser auf, so fuhr man fort, bis man 20 bis 25 „Blatteln“ abgehoben hatte. Diese wurden dann geröstet und zu Stahl verfrischt. So wichtige Vorteile diese Erfindung der Roheisendarstellung brachte, so ist doch sehr bemerkenswert, dass diese neue Methode der Erzschmelzung nur sehr langsam Eingang in den eisenerzeugen- den Ländern Österreichs fand, dass viemehr der Stückofenbetrieb noch zwei Jahrhunderte lang herrschend blieb. Viel trug dazu die zunftmässige Gewöhnung der Arbeiter, die jeder Neuerung abhold war, bei. Denn als die Stadt St. Veit, die Vorteile des kontinuierlichen Betriebes einsehend, im Jahre 1606 auch in Hüttenberg einen Floss- ofen erbauen wollte, erhoben sich alle Radgewerke von Mosing, Hüttenberg und Lölling und die Eisenhändler von Althofen wie ein Mann gegen die Konzession und schilderten in einem Protokolle das Elend, die „Verderbnis“, welches durch Erbauung eines zweiten Floss- ofens über die Märkte Hüttenbergs und Althofens hereinbrechen müsste. Der Gewerke Urban Latacher wurde in der Gewerken- versammlung in dieser Angelegenheit als Schreiber erwählt, und ihm 20 Thaler hierfür zugebilligt. Er erhielt den Auftrag, sich zur nieder- österreichischen Regierung nach Gratz zu begeben, um mündlich und schriftlich gegen die Erbauung des Flossofens zu protestieren. Für die Reise erhielt Latacher 10 Dukaten und Vergütung der Reise- kosten. Wirklich erwirkten die Gewerken die Hintertreibung des Baues, allein man riet ihnen, in Hüttenberg in Gemeinschaft einen Unions- ofen zu erbauen, was im Jahre 1606 in der Gewerkenversammlung Hochöfen. zwar zum Beschlusse erhoben, aber aus Uneinigkeit der einzelnen Gewerken auch nur auf dem Papiere verblieb. Ein Gewerke wollte an dem zu erbauenden Flossofen mehr Anteile erlangen als der zweite; Karl Vellner zu Treibach verlangte sogar die Hälfte. Als man dies Begehren abwies, erbaute er im Jahre 1606 in Treibach auf eigene Rechnung, ungeachtet des Verbotes seitens des Vizedomes und Berg- richters ohne Konzession einen Flossofen, den zweiten in Kärnten. In einem Zeitraume von etwa 100 Jahren entstanden nur vier der- artige Öfen: um 1580 der zu Urtl, 1606 die Flossöfen in der Heft und zu Treibach und 1650 der zu Gilligstein bei Eberstein. Hochöfen . Der wichtigste Fortschritt der Eisenindustrie, welcher den Ab- schluss der alten und den Übergang der neuen Geschichte bildet, war die Einführung der Hochöfen. Sie fällt bereits in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts Siehe Bd. I, S. 96. . Aber diese Verbesserung, die zuerst im Rheingebiet Eingang gefunden zu haben scheint, verbreitete sich äusserst langsam, so dass dieselbe noch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf Westdeutschland und Ostfrankreich beschränkt blieb. Agricola berichtet uns nichts über Hochöfen, denn weder in Sachsen, noch in Böhmen, Schlesien oder Österreich waren dieselben bekannt geworden und augenscheinlich hatte der gelehrte Metallurg nie einen solchen Ofen selbst gesehen. Auch Biringuccio geht nicht näher auf dieselben ein, doch hatte er Kenntnis von ihnen und werden wir das wenige, was er darüber sagt, nachher mitteilen. Zuvor ist es nötig, das Wesen des Fortschrittes, der in der Ein- führung des Hochofenbetriebes lag, sowie den Unterschied der Hoch- öfen von den seither beschriebenen Ofenarten zu beleuchten. Der Übergang zum Hochofenbetrieb war bedingt durch die stärkere und gleichmässigere Windzufuhr, und diese ergab sich von selbst, sowie man angefangen hatte, die Wasserkraft für die Bewegung der Blase- bälge in Anspruch zu nehmen. In den alten Windöfen, Waldschmieden und Bauernöfen, deren Bälge gezogen oder getreten wurden, konnte Hochöfen. man nur eine armselige Produktion erzielen; dies wurde anders, als man die Plahäuser, Hütten- und Hammerwerke in die Thäler ver- legte und Bäche und Flüsse die Räder treiben liess, welche die Bälge in Bewegung setzten. Dadurch konnte man in den Zerennherden und noch mehr in den Stücköfen grössere Eisenmassen auf einmal schmelzen, als dies früher der Fall war. Man lernte die Stücköfen höher und weiter zu bauen und grössere Mengen von Erz auf einmal einzuschmelzen. Trotzdem blieb die ganze Eisengewinnung nur eine beschränkte, denn man konnte in den genannten Öfen nur reichhaltige und leichtschmelzige Erze verhütten. Für den Rennwerksbetrieb waren nur die leicht reduzierbarsten Erze zu verwenden, denn hierbei musste sich ja Reduktion und Schmelzung fast in demselben Punkte, in dem engbegrenzten Verbrennungsraum vor der Form, vollziehen. Im Stückofen war dies etwas besser, indem die Erze länger im Ofen verweilten und dadurch besser vorgewärmt wurden, und Reduktion und Schmelzung räumlich und zeitlich mehr getrennt waren. Da man aber auch hier die Temperatur niedrig führen musste, um den Zweck zu erreichen, indem bei gesteigerter Temperatur sofort die Qualität und das Ausbringen des Eisens ungünstig beeinflusst wurden, so konnte man auch für diesen Prozess nur reiche, reine und gut- artige Erze verwenden. Solche Erze bilden aber nur den kleinsten Teil der vielen und mächtigen Eisenerzablagerungen, die überall auf der Erde verbreitet sind. Um schwerer schmelzbare Erze mit Vor- teil zugute machen zu können, musste der Hochofenprozess erfunden werden. Der Stückofenbetrieb führte von selbst darauf hin. Wir haben bereits gesehen, wie leicht sich der Übergang vom Stückofen zum Blauofen und zum Flossofen vollzog. Man hätte bei diesen letzt- genannten Ofenarten stehen bleiben können, wie dies auch in manchen Gegenden geschah, aber auch in diesen liessen sich nur bessere und reiche Erze mit Vorteil verhütten. Waren die Erze arm, so fielen zu viel Schlacken, waren sie strengflüssig, so ge- langten sie unreduziert vor die Form und ein grosser Teil des Eisens ging in die Schlacken. Bei dem Stückofenbetrieb musste man nach Einführung des Wasserradbetriebes die Erfahrung machen, dass, wenn man den Wind verstärkte, dadurch, dass man grössere Bälge verwendete oder die Bälge rascher wechseln liess, der grösste Teil des Eisens in flüssiger Form abgeschieden wurde. Dies war für den Zweck dieses Betriebes nicht erwünscht, denn das Stück wurde dadurch kleiner und wuchs nicht zusammen, es „stockte“ nicht. Hochöfen. Seitdem man aber gelernt hatte, den „Graglach“, das geflossene Eisen, für sich oder mit dem Stückeisen zusammen zu verfrischen, war man längst von der Meinung abgekommen, dieses geflossene Eisen als etwas Unnützes anzusehen. Im Gegenteil musste man bald zur Erkenntnis kommen, dass es für manche Erze vorteilhafter war, dieselben nur auf flüssiges Eisen zu verschmelzen und dieses nachher zu weichem Eisen oder zu Stahl zu verfrischen, als direkt Schmiede- eisen zu erzeugen. Man wurde auch schon bei dem Stückofen- betrieb darauf hingeführt, dass dies um so rascher und vollkommener geschah, je enger man den Ofen vor der Form und je weiter und höher man den Schacht machte. Durch ersteres wurde die Schmelz- temperatnr im Herde erhöht, durch letzteres die Reduktion und Koh- lung des Eisens befördert, weil die Erze viel länger im Ofen ver- weilten, wodurch genügende Zeit zur vollständigen Reduktion und Kohlung geboten wurde. Auch konnten sich bei der höheren Schmelz- temperatur diejenigen Bestandteile der Erze, welche deren Streng- flüssigkeit bedingten, verschlacken oder reduzieren. Aber hierbei entstand eine andere Schwierigkeit. Dadurch, dass man den unteren Ofenraum zusammengezogen hatte, um die Schmelzhitze in demselben zu steigern, hatte man keinen Platz mehr, das Eisen und die Schlacke in den engen Tiegel zu fassen. Man hätte also fortwährend in ganz kurzen Zwischenräumen ab- stechen müssen, um so öfter, je kräftiger geblasen wurde, je besser die Schmelzung verlief. Dies hätte aber nicht ohne Unterbrechung der Schmelzung und Abkühlung des Ofens geschehen können. So musste man daran denken, den Sammelraum für das flüssige Eisen grösser zu machen, und dies erreicht man dadurch, dass man den Tiegelofen in einen Sumpfofen umwandelte , d. h. dass man den Raum unterhalb der Form derart erweiterte, dass er bis vor den Ofen vorragte. Hierdurch entstand der Hochofen, dessen charakte- ristischstes Merkmal in früherer Zeit die offene Brust war. Die offene Brust war aber noch durch einen andern Umstand be- dingt. Je unreinere und schwerschmelzigere Erze man verhüttete, je leichter bildeten sich feste Ansätze und Verunreinigungen im Ge- stell. Um diese entfernen zu können, musste man mit Brechstangen im Gestell arbeiten können, und dies war nur möglich bei der offenen Ofenbrust. Dadurch, dass der untere Teil des erweiterten Gestelles, der „Herd“ oder „Eisenkasten“, bis vor die Ofenwand verlängert wurde, entstand der dem Hochofen eigentümliche Vorherd , durch welchen man zum Inneren des Ofens gelangen konnte, der aber Hochöfen. während dem Schmelzen sorgfältig mit Kohlenstübbe geschlossen ge- halten wurde, um die Abkühlung des Herdes möglichst zu vermeiden. Den Namen Hochöfen oder Hohöfen bekamen aber diese Öfen nicht von diesen wichtigen, inneren Änderungen, sondern von der mehr ins Auge fallenden Erscheinung, dass sie höher aufgeführt wurden, als die alten Stücköfen. Freilich waren diese Hochöfen im Vergleich mit unsern heutigen Riesenöfen armselige Bauwerke. Die ganze Er- höhung gegen die Stücköfen betrug 5 bis 6 Fuss, so dass die Hoch- öfen des 16. Jahrhunderts meist nur eine Höhe von 16 bis 18 Fuss hatten. Die Erhöhung war veranlasst durch die notwendige Ver- grösserung des Schachtraumes. Diese und die gleichzeitige Ver- engerung des Gestelles gab die Veranlassung zu einem neuen Ofen- teil, der „Rast“, welche die Verbindung zwischen Ofenschacht und Gestell bildete. Leider giebt es keine Abbildungen von Hochöfen aus dem 16. Jahrhundert. Um dem Leser eine Vorstellung eines Fig. 61. Hochofens aus früherer Zeit und seiner einzelnen Teile geben zu können, müssen wir uns mit der Darstellung eines Holzkohlen- hochofens aus dem vorigen Jahrhundert begnügen. Der eigentliche Schmelzofen steht in einem massiven Rauh- gemäuer von Bruchsteinen oder Backsteinen. In diesem Rauhgemäuer ( A A , Fig. 61) sind unten zwei Gewölbe ausgespart, welche den Zu- gang zu dem Schmelzofen gestatten. Das vordere ( B B , Fig. 61, und 62, 63 a. f. S.), welches meist das grössere ist, heisst das „Arbeits- gewölbe“, und diese Ofenseite, die Brust- oder Stichseite, weil hier Hochöfen. der Zugang zu dem Ofeninneren ist, hier also Eisen und Schlacken abgelassen und von hier aus das Gestell gereinigt wird. Die gegen- überliegende Seite heisst die Hinter- oder Rückseite. Die Seite, auf welcher sich die Blasebälge befinden und der Wind durch die Form in den Ofen tritt, heisst die Form- oder Blaseseite, die gegenüber- liegende Seite, gegen welche der Windstrom der Blasebälge gerichtet ist, die Windseite. Das Ofeninnere wurde aus möglichst feuerfestem Material hergestellt. Namentlich musste man für den unteren Teil des Ofens, den eigentlichen Schmelzraum, gute, feuerbeständige Steine wählen. Die drei Haupträume des Ofeninneren sind der Schacht E P (Fig. 62, 63), die Rast K P und das Gestell K . Der Schacht nimmt den oberen, grössten Raum ein; er erweitert sich von seiner oberen Fig. 62. Fig. 63. Öffnung, der „Gicht“ E , bis zu der unteren Öffnung P , dem „Kohlen- sack“. Der Kohlensack bildet meistens nur eine Fläche, wie in unserer Abbildung, zuweilen aber sind an dieser weitesten Stelle des Ofens die Wände ein kurzes Stück senkrecht geführt, so dass ein cylindri- sches Zwischenstück entsteht, wovon wohl die Bezeichnung Kohlensack herrührt. Vom Kohlensack bis zum oberen Rande des Gestelles ist der Ofen zusammengezogen ( I I K ) und dieser trichterförmige Ofenteil heisst die „Rast“, der untere, engste Ofenteil, welcher den eigent- lichen Schmelzraum bildet, das „Gestell“. In dieses mündet die Wind- form M (Fig. 62) etwa in halber Höhe ein. Den Raum über den Formen nennt man das Obergestell, den unter denselben das Unter- Hochöfen. gestell. Das Untergestell erweitert sich über die Vorderwand hinaus zum Herd oder Eisenkasten c (Fig. 63), dem Sammelraum für die ge- schmolzene Masse. Der aus dem Ofen hervorragende Teil des Herdes heisst der Vorherd. Der über demselben befindliche Stein, welcher die Vorderwand über dem Herd abschliesst, heisst der Tümpelstein I (Fig. 63). Er wurde meist noch an seiner vorderen Unterkante durch ein starkes Eisen, das Tümpeleisen i , geschützt. Tümpelstein und Tümpel- eisen bilden zusammen den Tümpel, der besonders viel auszuhalten hat, sowohl durch Hitze und Abkühlung als durch das Arbeiten im Gestell. Nach vorn ist der Herd durch einen grossen, vorgesetzten Stein F (Fig. 63) abgeschlossen, welcher der Wallstein oder der Damm heisst. In demselben ist entweder an der einen unteren Seite die Rinne ein- gehauen, welche das Stichloch oder den Abstich bildet, welcher mit Lehm geschlossen gehalten wird, den man durchstösst, wenn man Fig. 64. das flüssige Eisen abzapfen, „abstechen“ will, oder er schliesst überhaupt nur auf der einen Seite fest an die Ofenwand an, während auf der andern ein Schlitz bleibt, der mit Lehm zugestopft wurde und in dem man den Abstich anbrachte. An den Wallstein lehnt sich auf der dem Stich entgegengesetzten Seite die Schlackentrift an, über welche die über den Wall fliessenden Schlacken abgelassen werden. Wie erwähnt, muss der untere Teil des Ofens aus besonders feuerfestem Material hergestellt sein; wählt man hierzu Steine, so nennt man dies eine Steinz ustellung, stampft man das Gestell aus feuerfestem Thon, dem grober Quarzsand eingemengt wird, auf, so heisst dies eine Massenz ustellung. Letztere war da gebräuchlich, wo feuerfeste Steine nicht zu haben waren. Die alten Steingestelle hatten in der Regel viereckigen Querschnitt, während man die Massengestelle meist rund machte. Ein Steingestell späterer Zeit ist in Fig. 64 dargestellt; a a ist der Bodenstein, welcher die Sohle des Herdes bildet. Derselbe ist bei grösseren Hochöfen aus mehreren genau abgepassten Steinen zusammen- gesetzt. Unter dem Bodenstein befindet sich eine Schicht Sand oder Hochöfen. gestampfter Lehm, darunter eine eiserne Platte o o , welche die Kreuz- Abzüchte n n , die zur Ableitung der Bodenfeuchtigkeit im Fundament ausgespart sind, bedecken. d ist der Wallstein, ihm gegenüber be- findet sich der Rückstein c , zu beiden Seiten die Backensteine b b. c ist der Tümpelstein mit dem Tümpeleisen f und dem Tümpel- blech g . Die Steine h i , in denen die Formlöcher ausgespart sind, heissen die Formsteine. Die alten Hochöfen hatten nur ein Formloch und zwar meistens in der Ofenseite rechts vom Formgewölbe. Die grössten Schachtöfen zum Schmelzen der Eisenerze, welche Biringuccio erwähnt, waren 7 bis 8 Ellen, also etwa 4,20 bis 4,80 m, hoch. Sie waren am Boden 1,20, im Kohlensack 1,50 m weit und scheinen demnach eher Stücköfen als Hochöfen gewesen zu sein Siehe oben S. 155. . Doch waren auch die letzteren im 16. Jahrhundert nicht höher. Tölle und Gärtner berichten, dass die ältesten Hochöfen im Harz etwa 16 bis 18 Fuss hoch gewesen seien. Sie waren vier- eckig, hatten aber eine kreisrunde Gicht von 2 Fuss 6 Zoll Durch- messer; der Schacht war 13 Fuss hoch, dagegen das Gestell ausser- ordentlich eng. Es war vor der Form nur 10 Zoll weit, oben 12 Zoll und 36 bis 40 Zoll hoch. Die Blasezeit war 25 Wochen, die aber meist nicht erreicht wurde. Das Rauhmauerwerk war 5 Fuss 10 Zoll im Quadrat. Die beste Beschreibung eines Hochofens und seines Betriebes aus jener Zeit ist noch diejenige, welche in dem Gedicht des Bourbon enthalten ist. Danach war der Ofen von Vandeuvre, dessen starke Blasebälge aus Ochsenhaut, durch ein Wasserrad, welches die Wasser des Flusses Barsa umtrieben, von quadratischer Form massiv von Natursteinen aufgeführt, das Rauhgemäuer aus gewöhnlichen Steinen, das innere „Ofenfutter“ aus einem sehr harten Sandstein, der besonders feuer- beständig war. Der Wind trat durch die hintere Seite in den Ofen, so dass die Formseite der Arbeitsseite entgegengesetzt war, wie dies auch bei den alten Stücköfen des Agricola und Biringuccio (Fig. 50, 51, a. S. 155, 157) der Fall war. Der Schmelzer sticht das „Guss- eisen“ auf der Vorderseite des Ofens ab und entfernt die Schlacken mit eisernen Haken. „Da strömen feurige Eisenbäche aus dem Ofen; das geschmolzene Metall fliesst unter zischendem Geräusche, Flammen- wirbel und Rauch ausstossend, welcher bis zu den Gestirnen sich zu erheben scheint.“ Der Betrieb war ein kontinuierlicher und dauerte eine Hüttenreise, zwei Monate. Den Ofen bediente der Schmelzer, Hochöfen. der die Stärke des Windes regelte, die Bälge im Stand hielt, die Schlacken entfernte und das Eisen abstach. Auf der Gicht befand sich der Aufgeber, der in regelmässigem Wechsel Erz und Kohlen aufgab. Dann waren noch Former bei dem Ofen beschäftigt, welche die Gussformen aus Lehm herstellten. Über Konstruktion und Mass- verhältnisse aber giebt uns das Gedicht keinen Aufschluss. Lange vor dieser Zeit waren schon Hochöfen im Siegerland im Betriebe gewesen Siehe Bd. I, S. 964. . Dort wurden bereits im Jahre 1443 gesetzliche Bestimmungen erlassen, um das Wasserrecht zwischen den Schmelz- werken und Mühlen, sowie den Eisenhütten untereinander zu ordnen. Zahlreiche Eisenhütten waren damals in der Grafschaft Nassau-Siegen entstanden und dadurch, dass sie ununterbrochen Tag und Nacht viele Wochen hindurch mit starken Bälgen bliesen, beeinträchtigten sie den Betrieb der Getreidemühlen, weshalb am 21. Juli 1443 diese wichtige „Verordnung“ erlassen wurde, die ein „Weistum“ genannt wird, „wie es mit dem Schmelzen und Mahlen zu halten, wenn zwei Hütten oder Mühlen in einen Graben gehen“. Es wird darin bestimmt, dass, wenn bei kleinem Wasser das- selbe unzureichend sei, beide Werke zu treiben, die Besitzer darum losen sollten, wem das Vorrecht gebühre. — Der Erlass eines solchen Gesetzes lässt darauf schliessen, dass solche Streitfälle oft vorkamen, dass zahlreiche Hütten im Betriebe standen und dass diese keine neuen Anlagen sein konnten, geht sowohl daraus hervor, dass die Verordnung ein „Weistum“, d. h. eine schon seit langer Zeit anerkannte Rechtsgewohnheit war, als auch, dass den ur- alten und für das tägliche Brot unentbehrlichen Getreidemühlen keine Vorrechte vor den Schmelzhütten eingeräumt wurden. Eine so grosse Wichtigkeit hatten letztere schon in jener Zeit für das Siegerland. Ihre grosse Anzahl wird bestätigt durch die nassau-siegenschen Renteirechnungen vom Jahre 1444, worin bereits 29 „Blasehütten“ aufgeführt werden Siehe J. Ph. Becher : Mineralogische Beschreibung der Oranien-Nassauischen Lande nebst einer Geschichte des Siegenschen Hütten- und Hammerwesens, Marburg 1789. . Darunter werden namentlich folgende genannt: vier Hütten auf der Eisern, zwei auf der Gosenbach, die Hütte des Tilmann Fick (jetzt der Ort Fickenhütten), eine bei Caan und eine unterm Hain, beide am Weissbach gelegen, ferner die Blashütten bei Dreisbach, Osthelden, Niederndorf, Freudenberg, Weidenau, auf der Ubach und auf der Allenbach, welche als die „neue Hütte“ bezeichnet wird. Diese Blasehütten waren Hochofenwerke und keine Stückhütten. Beck , Geschichte des Eisens. 13 Hochöfen. Dies geht unter anderm auch daraus hervor, dass Blasehütten und Hammerhütten ganz getrennt waren. In ersteren wurden die Erze zu Masseleisen verschmolzen, in den letzteren wurde das Masseleisen zu Stabeisen oder Stahl verfrischt. Freilich war ihr Betrieb noch höchst einfach und unvollkommen. Die Hüttenreisen dauerten nicht länger als drei bis vier Wochen und der Aufwand an Kohlen und Eisenstein war ein sehr grosser. Immer neue Werke kamen hinzu und die alten dehnten ihren Betrieb aus, so dass um das Jahr 1500 bereits Schwierigkeiten entstanden, sowohl wegen des Wassers als wegen des Holzes und es mussten weitere gesetzliche Beschränkungen eingeführt werden. Dies geschah durch die „Kurbriefe“, welche vor allem darauf hinzielten, die Produktion der Hütten in ein bestimmtes Verhältnis zu dem Erträgnis der Waldungen zu bringen. Die Kurbriefe waren „die Gesetze der Massenbläser und Hammer- schmiede“, deren wichtigste Bestimmungen diejenigen über die be- schränkte Hütten- und Hammerzeit waren. Den ersten und deshalb für uns wichtigsten, vollständigen Kurbrief erteilte im Jahre 1516 Graf Johann Siehe Becher a. a. O., S. 516. . Aber dieses Gesetz, „nach dem Hütten und Hämmer künftig betrieben werden sollten“, war kein neuer Entwurf, sondern eine Zusammenstellung von älteren landesherrlichen Verordnungen, von Schlüssen und Übereinkünften der Massenbläser und Hammer- schmiede unter sich und von altem „undenklichem Herkommen, das ihnen mehr wie schriftliche Gesetze, das ihnen ein Heiligtum war“. Der Kurbrief entstand auf das Gesuch der Massenbläser und Hammer- schmiede, welche darin „die uralte Massenbläser- und Hammer- schmiedezunft“ genannt werden, die alten Ordnungen mit einigen neuen, ihr Handwerk betreffenden Artikeln, die sie überreichten, in ein Ganzes zu bringen und dafür die obrigkeitliche Bestätigung zu erteilen. Es war darin insbesondere bestimmt, dass eine Massen- hütte oder Blashütte im Jahre nur zwölf Wochen und nicht länger, die Woche zu sechs Tagen gerechnet, betrieben werden sollte. Und weil das Anheben der Massenhütten auf den Tag des heiligen Kreuzes den Massenbläsern ungelegen, ja schädlich wäre, weil sie dadurch gegen Pfingsten ablassen müssten, so sollten künftig die Hütten gleich nach Ostern anheben und die Reise bis Pfingsten dauern, so dass jede Hütte in dieser Periode sechs Wochen blasen könnte, ohne dass ein Hammer sie behindern dürfe. Von Pfingsten bis Michaelis ver- hielt es sich dann umgekehrt und hatten die Hämmer in diesem Hochöfen. Zeitraume das Vorrecht auf dem Wasser und die Hütten durften ihnen davon nichts entziehen, wenn solches nicht überflüssig war. — Von Michaelis bis Weihnachten erhielten dagegen die Hütten dieses Vorrecht, welches dann wieder an die Eisenhämmer oder Hammer- hütten überging. Es sollte indes jedem unbenommen sein, bei vollem Wasser mehr wie sechs Wochen, auch die zwölf Wochen hinterein- ander „in einer Reise“ zu blasen, jedoch — „auf sein Ebenteuer“, d. h. auf seine Gefahr und Wagnis und mit dem Beding, dass kein Hammer auf irgend eine Art behindert werde. Keinenfalls sollte aber eine Hütte länger als zwölf Wochen im Jahre blasen und eine jede, die hiergegen handle, von jedem Tag, den sie zuviel blies, dem heiligen Kreuz mit sechs Pfund Wachs, der herrschaftlichen Kasse mit sechs und den Brüdern oder der Zunft mit zwei Gulden verfallen sein. Auch verordnet dieser Kurbrief, dass kein Massenbläser und Hammerschmied mehr Kohlen kaufe oder sich in Vorrat anschaffe, wie er nötig habe, damit sowohl der Arme wie der Reiche die er- forderlichen Kohlen bekommen könnten und alle Kohlen sollten mit dem im Lande eingeführten Kohlenmass gemessen werden. Bereits im Jahre 1528 musste Graf Wilhelm , jedenfalls weil damals schon Kohlenmangel einzutreten begann, die Hüttenzeit der Massenbläser von zwölf Wochen auf acht Wochen herabsetzen und die Strafe für jeden Tag, der überhüttet wurde, auf zehn Gulden erhöhen. Das Kohlenmass wurde folgendermassen festgesetzt: ein Wagen sollte 2 Fuder zu 5 „Zain“ oder „Zehn“, wie es früher hiess, haben. Der Zain ist also der zehnte Teil des Wagens und fasst 17⅔ Kubikfuss, so dass das Fuder 88⅓, der Wagen 176⅔ Kubikfuss Inhalt hatte. Dieses Mass hat sich bis in dieses Jahrhundert erhalten. — Das Gewicht des Eisens wurde nach „Stalln“ gerechnet. Ein Stalln Roh- eisen war von alters her bis zum Jahre 1851 gleich 150 Pfund. 16 Stalln machten einen Wagen Roheisen aus. Stabeisen wurde nach „Wag“ gerechnet, eine Wag geschmiedetes Eisen wog 120 Pfund und war es Vorschrift, dass aus einem Stalln Roheisen eine Wag ge- schmiedetes Eisen dargestellt wurde. Über die Abänderung dieser Gewichte, sowie über das Gewicht des Stahls im Siegenschen werden wir später zu sprechen Gelegenheit haben. Becher , dem die siegenschen und Dillenburger Akten noch vollständig zugänglich waren Leider sind dieselben infolge der politischen Wandlungen zum Teil ver- kommen, zum Teil an den verschiedensten Orten zerstreut. Die siegenschen Berg- , sagt, über den Bau und die Ein- 13* Hochöfen. richtung der hohen Öfen des 16. Jahrhunderts habe er nie eine Nachricht gefunden Becher , a. a. O. S. 525. . Für die Angabe, welche Simmersbach in seiner Geschichte des Siegerländer Bergbaues macht, dass nach der Tradition im Siegerland im 12. Jahrhundert Blauöfen von 10 Fuss Höhe zuerst in Aufnahme gekommen seien, im 15. Jahrhundert schon Hochöfen von 20 bis 22 Fuss Höhe im Brauch gewesen seien, ist es mir nicht gelungen, irgend welche Quelle aufzufinden. Dass die Hochöfen im Siegerland bereits im 15. Jahrhundert eine solche Höhe gehabt hätten, scheint sehr unwahrscheinlich, denn Becher sagt, die Hochöfen zu seiner Zeit, also gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, seien in der Regel 19 und 20 Fuss hoch ge- wesen A. a. O. S. 543. ; die Öfen des 16. und 17. Jahrhunderts seien aber viel un- vollkommener gewesen, oder, wie er sich ausdrückt A. a. O. S. 525. , „dass die Öfen die jetzige vorteilhafte Struktur nicht gehabt“, und da ihre Produk- tion eine viel geringere war, als die der Öfen des vorigen Jahrhunderts, so lässt sich daraus mit Wahrscheinlichkeit schliessen, dass sie auch weniger hoch waren. Die Hochöfen des Siegerlandes waren von Natursteinen erbaut, mit feuerfesten Sandsteinen im Inneren ausgekleidet. Die uralten Sandsteinbrüche an der „kalten Eiche“, dem Pass zwischen Dill und Sieg, zwischen Dillenburg und dem Siegerland heissen schon in sehr früher Zeit „die Gestellsteinbrüche“. Die Hochöfen hatten viereckigen Querschnitt, sonderbarer Weise war derselbe weder quadratisch noch rechtwinkelig, sondern er stellte ein verschobenes Viereck dar mit einem rechten, zwei stumpfen und einem spitzen Winkel. Letzteren nannte man die „lange Eck“. Diese Art der Zustellung war uralt, die siegenschen Hochofenmeister hielten abergläubisch daran fest und es ist kaum zweifelhaft, dass schon die ersten Hochöfen, also auch die des 16. Jahrhunderts, in dieser Weise konstruiert waren, weshalb wir diese absonderliche Bauart hier näher betrachten müssen. Über der Form gab man dem Gestell eine Neigung nach der Windseite werks- und Hüttenrechnungen, „die Renterei-Rechnungen“ dürften vielleicht bei dem Oberbergamt in Bonn noch vorhanden sein, die übrigen Siegerländer Akten befinden sich wohl zumeist im Archiv des Oberpräsidiums der Provinz Westfalen zu Münster. Die Dillenburger Akten sind im königl. preussischen Staatsarchiv zu Wiesbaden, doch habe ich von den vielen von Becher angeführten älteren Rech- nungen und Verleihungen dort nichts vorgefunden, als ein sehr unleserliches Kon- zept einer Rechnung vom Jahre 1444. Dagegen befinden sich daselbst Abschriften einer Eisenstein-Bergordnung von Graf Johann d. Älteren; die Hütten-, Stein- und Kostenmassordnung von 1535 und die Bergordnung von Graf Wilhelm von 1559. Hochöfen. zu von drei bis sechs Zoll, so dass die Formwand um soviel der Windseite zugeneigt war, die Windseite ebensoviel zurückwich. Der Stellmeister nannte dies aus dem Winkel bauen und that dies aus der Ursache, damit die Form während des Betriebes geschont werde, was wohl nur so verstanden werden kann, dass infolge dieser schiefen Stellung das schwerere Erz mehr vor der Form, die leichtere Kohle mehr auf der Windseite niedergingen, dadurch der Fokus der Hitze nicht so unmittelbar vor der Form lag. Nebenstehende Zeichnung (Fig. 65) giebt das Profil eines solchen Ofens mit geschobener Ecke. Fig. 65. Es ist die Abbildung des Grünebacher Hoch- ofens im Amte Freusburg, aus den vierziger Jahren dieses Jahrhunderts Siehe Karsten , Eisenhüttenkunde, Tafel XXI, Fig. 6. . Die Achsenlinie des Gestelles fiel nicht mit der des Schachtes zu- sammen. Der Ofen hatte eine Höhe von 20¾ Fuss. Die Gicht bildete ein verschobenes Vier- eck von 26 auf 24 Zoll Seitenlänge; der Kohlen- sack, der von der Form- zur Windseite etwas geneigt ist, hat 7 Fuss auf 8 Fuss im Querschnitt. Der Ofenschacht bildet demnach eine unregel- mässige, abgestumpfte Pyramide, deren Grund- fläche nicht in der horizontalen Ebene liegt. Die Achse des Gestelles neigt sich gegen die des Schachtes und liegt das Mittel des 4 Fuss hohen Gestelles im Verhältnis von 10 : 4 der Form näher als dem Schachtmittel. Das Ober- gestell ist durch eine gekrümmte Fläche an den Kohlensack angeschlossen. So entsteht die eigentümlich verschobene Ofenform, die in der Zeichnung dar- gestellt ist. Die Form lag etwa 15 Zoll über dem Bodenstein und in der Mitte, also 1 Fuss von der Rückwand und 1 Fuss vom Tümpel ab. — Die Rast war ungefähr 2 Fuss hoch und machte mit der Horizontalen einen Winkel zwischen 30 und 40 Grad. Über den Betrieb der alten siegenschen Blasehütten im 15. und 16. Jahrhundert macht der erfahrene Becher mancherlei Mitteilungen, die er hauptsächlich aus alten Rechnungen geschöpft hat. Im allge- meinen stellt sich danach der Betrieb sowohl der Hütten- als der Hammerwerke als ein noch sehr unvollkommener dar. Becher Hochöfen. führt als Beispiel, und es ist dies das älteste, welches ich kenne, die Betriebsabrechnung von drei Hüttenreisen an, die im Jahre 1553 in den Hütten zu Rinzenau, auf der Ahe (früher Ohe) und auf der zu Freudenberg von der Landeshoheit gehüttet wurden. Diese drei Reisen, worüber wir die genaue Abrechnung in der Eisenhütten- geschichte des Siegerlandes bringen werden, umfassten 24 Hütten- wochen. Man verblies in dieser Zeit 576 Wagen Eisenstein und 660 Wagen Kohlen und erhielt auf diesen drei Hütten an Roh- und Wascheisen ungefähr 100 Wagen und an „Edeleisen“ (Rohstahleisen oder Spiegeleisen) 26 Karn. Danach fielen aus 4 Wagen Eisenstein und 4½ Wagen Kohlen in 24 Stunden zirka 12 5/9 Stalln Eisen. Mit diesem Ergebnis war man allerdings selbst damals nicht zufrieden und stand am Schlusse der Rechnung die Bemerkung, dass, „wenn der Landesherr allen Stein mit den Kohlen hätte kaufen sollen, so wäre in Verlust geblasen und geschmiedet worden“. Bei günstigem Betriebe sollten in 24 Stunden aus 4 Wagen Eisenstein und 4 Wagen Kohlen 16 Stalln oder ein Wagen Roheisen erfolgen oder, nach Ge- wicht berechnet, aus 2920 kg Spateisenstein in 24 Stunden 1200 kg Roheisen erblasen werden. Hierzu wurden 707 Kubikfuss Kohlen verbraucht. Der Wagen Spateisenstein ist hierbei zu 730 kg ange- nommen und entspräche das Ausbringen 41,1 Proz. des Erzgewichtes. Unter der gleichen Annahme betrug dagegen das Ausbringen der drei obengenannten Hütten im Jahre 1553 bei 12½ Proz. mehr Kohlenverbrauch nur 32,24 Proz. Im Ganzen war das Ausbringen der siegenschen Hütten ein günstiges, infolge der Reichhaltigkeit und Leichtschmelzbarkeit der Erze. Die benachbarten dillenburgischen Hütten, welche die schwerer schmelzbaren Roteisensteine oder weniger reiche Brauneisensteine ver- schmelzen mussten, hatten eine viel geringere Produktion. Als Beispiel hierfür kann die Ludwigshütte bei Biedenkopf in dem vormaligen hessi- schen Hinterlande angeführt werden Die Nachrichten finden sich in Klipsteins Mineralogischem Briefwechsel (1781), Bd. II, S. 93 unter der Aufschrift: „Geschichte und Beschreibung der Ludwigshütte und der dazu gehörigen Stäbhämmer von E. Klipstein , revidiert von Hütteninspektor Herwig (in Schmalkalden).“ Die Geschichte beginnt mit dem Jahre 1588, doch fehlen die Perioden von 1602 bis 1625 und von 1654 bis 1663. . Diese hatte in der Periode von 1588 bis 1601 das stärkste durchschnittliche Ausbringen, nämlich 15 41/63 Ztr. = etwa 850 kg, dazu wurden 4 61/63 Fuder Eisenstein und 4 31/63 Fuder Kohlen verbraucht. Das höchste Ausbringen wurde im Jahre 1597 erzielt, während in dem unmittelbar vorausgehenden Jahre Hochöfen. das geringste Ausbringen von nur 7 43/84 Ztr. = zirka 405 kg bei 4 17/84 Fuder Eisenstein und 5 Fuder Kohlen erhalten wurde. Jedenfalls waren die Erze, welche in diesem Jahre verschmolzen worden waren, viel geringhaltiger. Indessen fiel auch die Produktion um so geringer aus, je mehr Gussware und je weniger Massel erzeugt wurden. Im Siegerlande gingen um diese Zeit schon einzelne Hütten fast allein auf Gusswaren. Weiteren Aufschluss über den Hochofenbetrieb im 16. Jahr- hundert geben uns die Faktorei-Rechnungen der Gittelder Hütte am Harz. Der „Massenofen“ zu Gittelde scheint erst unter Herzog Julius von Braunschweig erbaut und in Betrieb gesetzt worden zu sein. Über den Betrieb geben die vorhandenen Rechnungen ziemlich voll- ständigen Aufschluss; über die Konstruktion des Ofens erfahren wir aber nur wenig. Er war niedrig, hatte viereckigen Querschnitt, bei jeder Reise wurde ein neues Gestell („Tell“) eingebaut; dieses wurde aus Bruchsteinen, welche der Meister zu brechen und zu behauen hatte und wofür ihm ein Mariengulden vergütet wurde, hergestellt. Die Erze, welche von dem benachbarten Iberg kamen, wurden zum Teil geröstet oder richtiger gebrannt, denn der Zweck war weniger eine Oxydation als das feste Erz mürbe zu machen, um es besser pochen zu können. Fast aller Eisenstein wurde „gebockt“, d. h. mit Hämmern klein geklopft. Die Erze wurden also in zerkleinertem, fast pulverförmigem Zustande aufgegeben. Das Eisen, welches gewonnen wurde, war sogenanntes „Stahleisen“, welches auf den nahegelegenen Hammerhütten, der Oberhütte und der Deichhütte verfrischt wurde. Es war teils weisses, teils graues Roheisen. Aus demselben wurden auch die „Pucheisen“ für die Pochwerke der Oberharzer Bergwerke und die „Taken“, d. h. die eisernen Zacken, für die Frischfeuer der Hammerhütten hergestellt. Das Herrichten der Gussformen war Sache des Schmelzmeisters und erhielt er acht Mariengroschen Former- lohn für den Zentner Pucheisen. Der Massenofen ging nur zeitweilig und waren die einzelnen Hüttenreisen meistens sehr kurz. Aus der Zeit von 1573 bis 1590 sind zehn Quartalsrechnungen vorhanden. Nur in fünf Quartalen war der Massenofen überhaupt in Betrieb und wurde in dieser ganzen Zeit nur 127 Tage geblasen, so dass sich die Länge einer Hüttenreise pro Quartal im Durchschnitt auf 25 4/10 Tage stellt. 1573 und 1590 betrugen die Reisen je 15 Tage, 1575 24 Tage, 1577 28 Tage und 1578 sogar 45 Tage, dieses war eine ausnahms- weise lange Kampagne. Hochöfen. Das Rösten der Erze geschah in einfachen Haufen mit Holz. Der Holzverbrauch betrug in den fünf Quartalen, in welchen 593½ Fuder Erze verschmolzen wurden, 101 Malter. Das Malter Holz kostete 3 Groschen 10 Pfennige. Die gesamten Röstkosten einschliess- lich des Holzes betrugen 47 Gulden 8 Mariengroschen 8 Pfennige oder für die Tonne des erzeugten Eisens 1,12 Mk. — Zum Ver- schmelzen des angeführten Erzquantums von 593½ Fuder waren 678 Fuder Holzkohlen erforderlich oder pro Tonne ausgebrachten Eisens zu 5,33 Fuder Eisenstein 6,09 Fuder Kohlen. Die gesamte Erzeugung betrug 2045 Ztr. Stahleisen und 180 Ztr. Pucheisen; die Tagesproduktion 17,52 Ztr. oder 968 kg Hierbei ist der Zentner, der 110 Pfund hatte, rund zu 55 kg berechnet. . Die Produktionskosten stellten sich folgendermassen: Der prozentale Aufwand an Erz und Kohlen dem Gewichte nach lässt sich nur annähernd berechnen, da beide nicht gewogen, sondern gemessen wurden und es sich nur ungefähr schätzen lässt, was ein Fuder Erz oder ein Fuder Kohle wog. Der Eisensteinbergbau des östlichen Harzes hat eine ältere und bedeutendere Geschichte als der des westlichen, trotzdem wurde auch hier der Hochofenbetrieb erst verhältnismässig spät eingeführt. Der Hochofen von Ilsenburg, welcher im Jahre 1546 erbaut wurde Zeitschrift des Harzvereins, Bd. XIII, S. 255; Bd. XIV, S. 14. , scheint der erste und älteste des Harzes gewesen zu sein. Über die alten Hochöfen des Ostharzes wissen wir aber nur sehr wenig. Sie waren jedenfalls nicht hoch, denn es erregte grosses Auf- sehen, als gegen Ende des 16. Jahrhunderts Hanns Sien oder Sieme , ein Mann aus dem Voigtland Vergl. Tölle und Gärtner , Eisenhüttenmagazin 1792, S. 88 und Zeitschrift des Harz- vereins, Bd. XIV, S. 13. , zu Wiede (Wieda) einen Hochofen von 24 Fuss (= 7 m) Höhe erbaute. Übrigens waren schon die alten Öfen auf festem Grund gebaut und mit Abzüchten für die Feuchtig- Hochöfen. keit versehen. Die Abzüchte wurden mit breiten Steinen gedeckt, auf denen eine Schicht „Schutt“ aufgestampft war, auf welchem dann der Bodenstein aufgelegt wurde. Der Ofensockel, d. h. das untere Rauhmauerwerk, war 5 Fuss 10 Zoll im Quadrat und 5 Fuss hoch. Der Ofenschacht war 13 Fuss hoch und geneigt, an der Basis vier- eckig, oben rund. Das Gestell war 36 bis 40 Zoll hoch, oben 12 Zoll weit. Vor der Form betrug die Weite 10 Zoll, die Länge bis zum Wall 22 Zoll. Das ganze Gestell hatte nur etwa 5 Kubikfuss Fassungs- raum. Die gesetzlich zulässige längste Blasezeit betrug 25 Wochen, doch wurde diese selten erreicht. Da kam, wie bereits erwähnt, gegen Ende des Jahrhunderts Hans Sien und erbaute seinen neuen grossen Ofen, den grössten am ganzen Harz. Das Rauhgemäuer des- selben hatte 7 Fuss im Quadrat und seine Höhe betrug 24 Fuss; die Gicht, d. h. die Plattform der Gicht, hatte 4 Fuss im Quadrat. Die Masse des Gestelles blieben unverändert, so dass also nur der Schacht wesentlich höher wurde. Ob die geneigte Stellung von Schacht und Gestell beibehalten wurde, wird nicht angegeben, doch scheint dies nicht der Fall gewesen zu sein und bestand vermutlich darin, ab- gesehen von der grösseren Schachthöhe, welche als eine technische Verbesserung insofern jedenfalls anzusehen war, als sie eine bessere Vorbereitung und Verschmelzung strengflüssiger Erze erlaubte, der Hauptunterschied gegen die alte Bauart. Der neue Hochofen erregte das grösste Aufsehen im ganzen Harz und Hans Sien wurde so berühmt, dass er an verschiedene Orte zur Errichtung neuer Öfen berufen wurde. Als richtiger „Meister“ hielt er seine „Kunst“ sehr geheim, teilte sie niemand mit und vererbte sie allein auf seinen Sohn Christoph , der dann nach des Vaters Abgang der berühm- teste Ofenbaumeister des Landes war. Diesem folgte nach seinem Ableben Hans Valtin (Valentin) Teichmann von St. Andreasberg, der die kupfernen Formen einführte, während vorher durch den Stein, d. h. ohne Metallform, geblasen worden war. Von Teichmann ging die Kunst an die gleichfalls in Andreasberg heimische Familie Köhler über und blieb bei derselben bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts. Ähnlichen Verhältnissen begegnet man auch in andern Gegenden und liefern dieselben den Beweis, wie empirisch der Ofen- bau betrieben wurde, wie gering die theoretischen Kenntnisse der Hüttenherren, Ofenmeister und Massen- oder Maschenbläser waren. Diese vererbte geheime Kunst der Ofenzustellung war auch der Grund, dass Verbesserungen kaum aufkommen konnten und dass man in ge- wissen Bezirken an gewissen Ofenformen mit abergläubischer Ängst- Hochöfen. lichkeit festhielt. Indessen soll dadurch das Verdienst der ersten Ofenbaumeister, namentlich des Hans und Christoph Sien , in keiner Weise geschmälert werden. Ihnen darf man wohl das Ver- dienst zuschreiben, das charakteristische Harzer Ofenprofil, welches für die lokalen Verhältnisse damals das zweckentsprechendste war, auf Grundlage von Versuchen und Erfahrungen erfunden, ausgearbeitet und eingeführt zu haben. Wie am metallreichen Harz, so hat auch in dem industriellen Sachsen die Einführung der Hochöfen erst verhältnismässig spät stattgefunden. Allerdings sagt G. Agricola bereits in seiner Ab- handlung De vet. et novis metallis, welche im Jahre 1545 verfasst sein dürfte, dass in den Eisenhütten zu Lauenstein und Gieshübel ebenfalls eiserne Öfen gegossen wurden. Dort müssten also um jene Zeit bereits Hochöfen im Gange gewesen sein. Bestimmte Nach- richten über den Bau von Hochöfen finden sich aber erst aus der Regierungszeit des Kurfürsten August . Im Jahre 1575 liess dieser auf den Rat Bernsteins bei Schöneck einen „Massenofen“ und Stahlhammer errichten, um die dortigen Eisensteine und Waldungen besser verwerten zu können. Weit früher wurden Hochöfen im Mosel- gebiet und in der Eifel betrieben. In der Grafschaft Ottweiler wurden schon zu Anfang des 16. Jahr- hunderts Gusswaren aus dem Hochofen gegossen. Wir erfahren dies aus einem Vertrage vom Montag nach Vincula Petri 1514, durch den Graf Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken die „Isenschmitt bei Wiebelskirchen , uff der Oster gelegen“, mitsamt dem Eisenerz in der Grafschaft Ottweiler an Lux von Nassau und Johann von Lichten- stein gegen den halben Ertrag in Erbpacht verleiht; die Pächter sollen nach dem Vertrage dem Grafen jährlich 10 Zentner Eisen, ferner den zehnten Wagen Eisenstein und von jedem Wagen Holz- kohlen 2 Albus geben, dagegen alles Eisen für den Gebrauch des Grafen zu 1 rhein. Gulden den Zentner liefern, für eiserne „ Heffen “ (Töpfe) 1 Ort und 1 Heller bezahlt nehmen, für „ Öfen, Büchsen oder Büchsensteine zu giessen “ nur 1 Gulden. Ebenso war in der Eifel der Guss eiserner Öfen schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Gange, und zwar ohne Zweifel direkt aus Hochöfen. Agricola erwähnt derselben und Petrus Albinus schreibt in seiner im Jahre 1590 erschienen Berg-Chronika: „Aber in der Herrschaft Schleiden am Hellthal, desgleichen in der Herrschaft Kronenberg und Kieln (nicht fern von der Grafschaft Manderscheidt) find man guten Eisenstein, daraus man fürbündig Hochöfen. gut Schmiede-Eisen macht und Eisern öfen geusset , die da weit hinaus ins Oberland, als Franken, Schwaben u. s. w. verführet werden; dessen schon Agricola mit diesen Worten gedenket: „Ferrum laudatum et copiosum est Germanis, qui incolunt regionem quam Eifelam nominamus et quidam in ditione comitis Mander- scheiti, ubi et ferreae fornaces, quibus utimur in caldariis, conflantur.“ Die meisten dieser Eisenwerke lagen in dem sogenannten Schleidener Thal. Auf die ältesten Werke daselbst werden wir später noch zu sprechen kommen. Des eigentümlichen Betriebes, der sich bis zur Mitte unseres Jahrhunderts dort erhalten hat und unter dem Namen der „Schleidener Thals Arbeit“ bekannt war, müssen wir hier näherer Erwähnung thun, weil er in origineller Weise manche Eigen- tümlichkeiten des alten Stückofenbetriebes beibehalten hat. Wir teilen über denselben aus einem Aufsatze des Oberbergrats Fulda zu Bonn vom Jahre 1823 Vergl. Karstens Archiv für Bergbau und Hüttenwesen, Bd. VII, S. 9. das Folgende mit: In der Hütte, welche noch den alten Namen Raidwerk führte, stand der Hochofen mit dem Hammer unter einem Dache. Zu jedem Hammer gehörten zwei Feuer, ein Frischfeuer und ein Wärmfeuer. Es wurde nur Roheisen zum Verfrischen erzeugt und ausser dem eigenen Bedarf an Hüttenguss, nämlich Zacken, Boden u. s. w., kein Gusswerk angefertigt. Die Erze, welche verhüttet wurden, bestanden aus Thon- und Raseneisen- stein und aus braunem Glaskopf. Die Erze waren sehr leichtflüssig und bedurften keines Zuschlages von Kalk. Die Höhe des Ofeninneren betrug 19 Fuss 3 Zoll. Die 3 Fuss 6 Zoll hohe Rast hatte auf der hinteren Seite einen Neigungswinkel von 45 Grad, auf den drei übrigen Seiten von 60 Grad. Die Form lag geneigt, stach etwa ¼ Zoll auf den Fuss in den Herd und ihr Rüssel war 2¼ Zoll breit und ⅞ Zoll hoch. Sie bestand aus vier geschmiedeten eisernen, aneinander geschobenen, aber fest zusammengreifenden Schienen, welche den Vorteil gewährten, durch die Verschiebung derselben die Formöffnung weiter oder enger stellen zu können, je nachdem der Prozess des Schmelzens oder des Läuterns es erforderte. Die Schmel- zung verlief leicht und einfach. Das Eisen der ersten Blasewoche war graphitreicher, weshalb es zum Vergiessen verwendet wurde. In den darauf folgenden Wochen fiel bei normalem Betriebe ein halbiertes Roheisen, welches verfrischt wurde. Das ganze Hochofenpersonal be- stand aus dem Meister (Schmelzer), dem Stechknecht und zwei Auf- gebern. Hochöfen. Die Eigentümlichkeit der „Schleidener Thals Arbeit“ bestand darin, dass schon in dem Hochofen selbst ein Vorfrischen für das nach- folgende Verfrischen im Herd stattfand. Man nannte dies das „Destil- lieren“, die Arbeit dabei war die folgende: sobald das Gestell bis auf zwei Zoll unter der Form mit Roheisen ausgefüllt war, machte der Meister mittels des Formstechers unmittelbar über der Formöffnung mit Lehm oder Schlacke eine künstliche Nase von etwa zwei Zoll Länge. Dadurch wurde der volle Windstrom auf die Oberfläche des flüssigen Eisens geleitet, von dem man die Schlacke möglichst rein abzog. Der Wind wurde nun verstärkt und der Vorherd durch einen Klumpen erstarrter Schlacke fester verwahrt, um zu verhindern, dass kein Eisen über den Wall geworfen wurde. Das Eisen im Gestell kam in eine wallende Bewegung, es trat eine langsame Entkohlung ein, die Schlacke färbte sich dunkler, das Eisen, das zuvor eine rote Farbe im Gestell hatte, wurde heller. Dabei wurde aber das Niederschmelzen der Gichten nicht unterbrochen, sondern nur verlangsamt, etwa im Verhältnis von 3 : 5. Die Schlacke wurde dünnflüssiger, so dass sie leicht unter der krustenartigen Schutzdecke des Vorherdes hindurch- lief. Die erkaltete Schlacke war porös, leicht und von dunkler Farbe, der Frischfeuer-Rohschlacke sehr ähnlich und würde es noch mehr gewesen sein, wenn nicht die stets nachschmelzende Hochofenschlacke ihre Beschaffenheit geändert hätte. Die helle Farbe des flüssigen Eisens und der Eintritt feinen Funkensprühens aus dem Gestell in die Form waren die Zeichen, dass der Läuterungsprozess sein Ende erreicht hatte. Früher wurde nicht abgestochen, aber auch nicht später, weil jene Funken schon eintretendes Verbrennen von Eisen andeuteten. Die Dauer der Läuterungszeit war sehr verschieden, je nach der Weite des Gestelles, so dass sie zwischen 1 bis 4 Stunden schwankte. Das Eisen, welches beim Abstechen lebhaft Funken warf, war nach dem Erkalten im Bruch porös und fast silberweiss („luckiger Floss“). Nach dem Laufenlassen wurde die Schutzdecke des Vorherdes weg- gebrochen, der Herd gereinigt und mit Kohlenstübbe geschlossen und die Nase hinter der Form abgestossen, worauf das regelmässige Nieder- schmelzen wieder begann. Das geläuterte Eisen wurde nun auf einer Art von Wallonherd verfrischt. Durch die beschriebene Vorbereitung verlief der Frischprozess sehr rasch. Er erforderte, bei sehr geringem Kohlenaufwand, für jede Luppe nur etwa ¾ Stunden, so dass in einem Herde täglich 32 Luppen von je 30 bis 35 kg gemacht wurden. Wie alt diese „Schleidener Thals Arbeit“, die nur bei sehr gut- artigen und leichtschmelzigen Erzen möglich war, in jener Gegend Hochöfen. ist, lässt sich nicht bestimmt angeben. Sie hat aber den Charakter eines sehr alten Betriebes und dürfte wohl bis in das 16. Jahr- hundert zurückreichen. In Frankreich und Italien war der Hochofenbetrieb schon im Anfang des 16. Jahrhunderts im Gebrauch, dies beweist für Frank- reich das in der Einleitung mitgeteilte Gedicht des Nikolas Bour- bon , für Italien die Angaben des Biringuccio . In den nordischen Ländern Europas, besonders in den eisen- reichen Staaten England und Schweden, fanden die Hochöfen erst ver- hältnismässig spät Eingang: in England um die Mitte des 16. Jahr- hunderts, in Schweden sogar erst gegen Ende desselben. Nach beiden Ländern scheinen sie von Deutschland aus verpflanzt worden zu sein. Durch die Einführung des Hochofenbetriebes erlitt die ganze Eisenfabrikation eine tief eingreifende Umwandlung; einesteils da- durch, dass man dazu überging, das Schmiedeeisen aus dem Roheisen anstatt direkt aus den Erzen darzustellen, andererseits, dass man das flüssige Eisen in Formen goss, wodurch eine ganz neue Industrie, die Eisengiesserei , ins Leben gerufen wurde. Das Vergiessen geschah direkt aus dem Hochofen und zwar meist neben der Darstellung von dem Roheisen für den Frischprozess, der Erzeugung von „Gänzen“, „Flossen“ u. s. w. her. Auch goss man anfangs nur die einfachsten Gegenstände, worunter Pocheisen und Kugeln die wichtigsten waren. Allmählich lernte man aber auch verzierte Gegenstände, namentlich die mit mannigfachem Bildwerk geschmückten Ofenplatten zu giessen, wozu die Erzeugung von grauem Roheisen notwendig war, und wir ersehen aus den Rechnungen, dass um die Mitte des 16. Jahrhunderts im Siegerlande bereits sieben Hochöfen fast ausschliesslich auf Guss- werk gingen. Das Nähere werden wir in einem besondern Kapitel über den Eisenguss mitteilen. DIE SCHMIEDEISENBEREITUNG IN FRISCHFEUERN . Das Frischen . Das Ausschmelzen der Eisenerze zu flüssigem Roheisen in den Hochöfen hatte einen andern neuen Hüttenprozess zur unmittelbaren Folge, die Darstellung des geschmeidigen Eisens durch ein oxydieren- des Schmelzen des Roheisens in Herden oder den „ Frischprozess “. Auch dieses Verfahren entstand nicht auf einmal in dem Kopfe eines Erfinders, sondern bildete sich ganz allmählich aus dem alten Schmelz- prozess und längst bekannten Erfahrungen heraus und nahm in ver- schiedenen Ländern nach der Art der Roheisensorten, nach dem Produkt, welches man darzustellen strebte und nach dem Umfange des Betriebes verschiedene Formen an, die uns als verschiedene Frisch- methoden überliefert sind. Ursprünglich bildete sich das Eisen- und Stahlfrischen im Anschluss an die Stückofenarbeit aus. Das grosse Stück oder die Masse, welche, wie wir gesehen haben, ein sehr un- gleichmässiges Produkt darstellte, wurde erst in zwei Hälften (Halb- massen) geteilt, welche, um sie weiter verarbeiten zu können und sie zu gleichmässiger Ware zu verschmieden, in kleinere Stücke (Deule) zerhauen, in besondern Herden erhitzt und dann unter dem Hammer verarbeitet wurden. Diese Herde waren einfache Gruben aus Lehm und Lösche hergestellt. Bezweckte diese Operation ursprünglich nur ein Ausheizen der Luppenstücke, so ergab sich daraus von selbst auch eine Verbesserung des ungleichmässigen Produktes, indem die rohesten und unreinsten Teile abschmolzen, die halbgaren vor dem Winde entkohlt, d. h. gefrischt wurden, und die ganze Masse reiner und gleichförmiger wurde. Dabei machte man bald die Er- fahrung, dass man härteres oder weicheres Eisen, Stahl oder Schmiede- Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. eisen in denselben Herden und mit denselben Materialien erhalten konnte, je nach der Auswahl derselben und der Art des Einschmelzens. So lernte man beispielsweise in den österreichischen Alpenländern schon früh vorzüglichen Stahl dadurch bereiten, dass man mehr von dem beim Stückofenschmelzen mitfallenden flüssigen Roheisen, dem „Graglach“, in dem Herde einschmolz und den „Deul“ dann in und mit diesem Bade von kohlenstoffreicherem Eisen verfrischte. Ja, man musste bald zu der Überzeugung kommen, dass man vorteilhafter arbeitete und einen gleichmässigeren Stahl erzielte, wenn man, statt das im Stückofen erzeugte unreine Product einem Nachfrischen zu unterwerfen, das geflossene Eisen für sich allein verfrischte. Dies führte zur Umwandlung der Stücköfen in Blau- und Hochöfen und zur Einführung des eigentlichen Frischprozesses. Derselbe hat sich also ganz allmählich aus der Behandlung des Stückofeneisens im Lösch- herd entwickelt und müssen wir deshalb dieses Verfahren zuerst einer kurzen Betrachtung unterziehen. Schon bei den alten Rennfeuern hatte man häufig einen be- sondern Löschherd zum Ausheizen der Luppen Siehe Bd. I, S. 783. . In demselben fand aber kein eigentliches Frischen statt, sondern nur eine Reini- gung insoweit, als beim Erhitzen des Luppenstücks bis zur Schweiss- hitze die eingemengte Schlacke und die rohesten Eisenteile ab- schmolzen. Nicht viel anders war es beim Ausheizen der beim Stückofen- betrieb erzeugten Halbmassen, Schirbeln, Deule u. s. w. Dies ge- schah in Steyermark , wie bereits erwähnt, aus ökonomischen Gründen nicht am Erzberg selbst, sondern in dem etwa 60 Kilometer entfernten Hüttenort St. Gallen. Die Art und Weise, wie dabei ver- fahren wurde, haben wir bereits kurz im ersten Bande mitgeteilt Siehe Bd. I, S. 826. , es ist aber nötig, dass wir hier nochmals etwas genauer die Vorgänge betrachten, wobei wir uns hauptsächlich an die Schilderung des Augenzeugen G. Jars Gabr. Jars , Metal- lurgische Reisen 1777, Bd. I, S. 69. halten. Der Herd, in welchem die Halbmassen der Stücköfen verarbeitet wurden, war einer Schmiedeesse gleich und nur ungefähr einen Fuss über die Hüttensohle erhöht. Er war abweichend von den thüringischen Löschherden Wenigstens im Jahre 1758, als Jars die St. Gallener Werke besuchte. , welche weder Boden- noch Formzacken hatten, von eisernen Platten umgeben, von welchen die eine einen wesentlichen Teil des Herdes ausmachte. Diese hatte nämlich in verschiedener Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. Höhe Öffnungen von ½ Zoll Durchmesser, welche dazu dienten, die Schlacken in eine darunter befindliche 2 Fuss tiefe Grube ablaufen zu lassen. Der eigentliche Herd wurde aus angefeuchteter Lösche aufgestampft, darüber breitete man etwas Schlacken von der vorher- gehenden Arbeit aus, welche den Herdboden bildeten. Der Wind wurde durch zwei einfache Bälge erzeugt, welche in eine Form bliesen. Nachdem der Herd ganz mit Kohlen gefüllt war, legte man eine der grossen Luppen oder Halbmassen, wie sie von den Stücköfen von Eisenerz kamen Siehe oben S. 169. und welche zwischen 7 und 8 Zentner wogen, darauf, bedeckte dieselben ganz mit Kohlen und liess das Gebläse angehen. Wenn es nötig war, gab man mehr Kohlen auf und fuhr mit dem Gebläse fort, bis die ganze Masse in Weissglut war. Während dieser Zeit schied sich etwas Eisen nebst den Schlacken ab und sammelte sich auf dem Boden des Herdes. Sobald sich eine gewisse Menge davon angesammelt hatte, öffnete man mit einem eisernen Stachel eines der kleinen Löcher in der Schlackenplatte und liess die Schlacke in die Grube, in welche man vorher etwas Wasser gegossen hatte, laufen. Doch stach man immer nur einen Teil der Schlacke ab, um dem Herd nicht zu viel Wärme zu entziehen. Das abgeschmolzene Eisen sammelte sich allmählich in Klumpen auf dem Boden. Sobald man sah, dass die Masse hinlänglich vom Feuer durch- drungen oder weich war, was man vermittelst eines eisernen Stachels, den man in dieselbe hineinsticht, erkannte, zog man dieselbe mit Hilfe einer grossen Zange, welche an einem Krahne befestigt war, heraus und indem ein Mann das Ende des Hebels niederdrückte, hob er das Stück in die Höhe; man schwenkte den Krahnen herum und derjenige, welcher den Hebel regierte, brachte das Stück auf den Amboss. Man liess alsdann den Hammer angehen und denselben verschiedene Schläge auf die Mitte des Stückes thun, um es etwas auszubreiten, setzte hierauf das Setzeisen an und teilte es durch wiederholte Schläge des Hammers in zwei Teile. Hierbei löste sich ein Teil des Eisens ringsum an der Oberfläche, welches weicher war, als der in der Mitte befindliche Stahl, los. Während diese Arbeit des Teilens unter dem Hammer vor sich ging, brachte man die eine abgeschrotene Hälfte zurück auf den Herd, damit sie nicht nur warm blieb, sondern, währenddem die andere Hälfte in zwei weitere Stücke geteilt wurde, noch mehr Hitze annähme. Eins dieser beiden Stücke Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. brachte man in einen andern Herd, während das andere nochmals geteilt wurde. So fuhr man mit dem Teilen fort bis zu Stücken von 12 bis 20 kg. Bei jedem Teilen fiel etwas Eisen ab, welches man sammelte, bis man genug hatte, um eine Frischluppe daraus herzu- stellen. Die auf diese Art aus dem Kern der Masse (nucleus ferri Vergl. Bd. I, S. 507. ge- hauenen Stücke waren fast reiner Stahl, welche man in das Feuer brachte, um sie auszuwärmen und daraus viereckige Stäbe von 2 Zoll Stärke und 2 bis 3 Fuss Länge zu schmieden. Wenn sie so aus- geschmiedet waren, warf man sie, so wie sie vom Hammer kamen, in fliessendes Wasser. Alsdann schlug man diese Stangen über einem Amboss entzwei, wobei sich dann verschiedene Sorten zeigten: einige waren noch mit Eisen vermischt, andere bestanden aus mehr oder weniger gutem Stahl und wurde alles in den Hammerhütten sortiert. Die besten Stücke, aus denen man den berühmten steyri- schen Stahl machte, sprangen wie Glas, zeigten nach der Härtung ein feines Korn, ohne Flecken oder Risse, indes war dieser Stahl doch noch nicht vollkommen und deshalb hiess er Rauh-, Rauch- oder Rohstahl. Andere Stangen waren kein Stahl, aber doch auch hart und spröde, weshalb man es Harteisen nannte. Es war nach mehrmaligem Ausschmieden immer noch geeignet, um Sensen, Klingen und andere gewöhnliche Werkzeuge daraus zu machen. Wenn man diese Stücke zum Ausschmieden heiss machte, warf man gewöhnliche Frischschlacken auf, welche das Eisen umhüllen und vor der ent- kohlenden Wirkung des Windes möglichst schützen sollten. Beim Ausheizen des Stückeisens geschah dies nicht, weil dieses genug Schlacke und Unreinigkeiten mit sich führte. Sonst wurde bei jedem Auswärmen zum Ausschmieden Schlacke zugesetzt, die dann, wenn sich zu viel davon im Herde angesammelt hatte, von Zeit zu Zeit abgelassen wurde. Die Hämmer, unter welchen man zu St. Gallen die Stücke schmiedete, waren verhältnismässig schwer. Sie waren 90 cm hoch, ihre Bahn war 60 cm lang und 5 cm breit, am Kopf oder Gesicht hatten sie 45 und am Helm 39 cm Durchmesser. Ihr Gewicht betrug 490 kg. Ein kleines Rad, welches an einer Welle von 75 cm Durch- messer angesteckt war, bewirkte die Bewegung, dieses Rad hatte 2,40 m im Durchmesser und Schaufeln, auf welche eine beträchtliche Quantität Wasser fiel. Beck , Geschichte des Eisens. 14 Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. Alles Eisen, welches bei dem Teilen vom Stücke abgefallen und bei Seite gelegt worden war, wurde ähnlich wie das Flosseisen ver- frischt, nur blieb es nicht so lange im Feuer. Wenn es aus dem Herde kam, brachte man die Luppe, um sie rundum zu behämmern, auf den Amboss, alsdann teilte man sie in verschiedene Stücke oder Kolben. Unter dem Hammer erkannte der Schmied an der Härte die Stücke, welche gutes, weiches Eisen gaben, und die, welche Stahl enthielten. Die letzteren Stücke schmiedete er zu vier- kantigen Stäben von 45 mm Stärke aus, welche er ebenso härtete wie den Stahl. Dieselben entsprachen aber mehr dem Harteisen und wurden zu ordinären Werkzeugen verarbeitet, zu den Schneiden aber musste man guten Stahl nehmen. Das gute Eisen war nach dem Ausschmieden weich und ge- schmeidig und für Bleche sehr geeignet. In ganz ähnlicher Weise wurde das Osmundeisen in Schweden behandelt. Aus obiger Beschreibung der Behandlung und Verarbeitung des Stückofeneisens ersieht man, wie nahe dieselbe dem Frischprozess verwandt war und zu demselben hinführte. Denn wenn auch der Prozess in der Hauptsache nur ein Reinigen durch Ausheizen be- zweckte, so wurde doch schon bei der ersten Operation, dem Er- hitzen der grossen Luppen, das abtropfende rohe Eisen durch den Wind gefrischt und sammelte sich als gefrischtes Eisen am Boden an. Dieses und das beim weiteren Ausheizen und Schmieden fallende Eisen wurde dann in dem Herde einer Operation unterworfen, die füglich ein Frischen genannt werden kann. Nur war das eingesetzte Material ganz ungleich, indem es teils aus Roheisen, teils aus Stahl, teils aus weichem, teils aus verbranntem Eisen bestand. Es sollte im Feuer in erster Linie zusammengeschweisst werden, in zweiter Linie wurde es aber auch gefrischt. Die Verschiedenheit des dabei erzielten Produktes war weniger von der Führung des Prozesses, als von der Beschaffenheit des eingesetzten Materiales abhängig. Den- noch war das ganze Verfahren von dem Verfrischen des Flosseneisens, also dem eigentlichen Frischprozess, so wenig verschieden, dass Jars kaum zwischen beiden unterschieden hat. Ebenso wie in Steyermark führte in Thüringen , besonders im Schmalkaldischen und Hennebergischen, die Verarbeitung des Stück- ofeneisens zur Frischarbeit. Hierüber giebt Quantz J. Chr. Quantz , Prakt. Abhandlung über die Eisen- und Stahlmanipula- tion in der Herrschaft Schmalkalden 1799, S. 100 etc. die ausführ- Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. lichsten und besten Nachrichten, die wir im Folgenden auszugsweise mitteilen. Die thüringischen Löschfeuer hatten keinen eigentlichen Herd, sondern bestanden bloss aus einer Grube von Kohlenlösche, welche, wenn „das Feuer“ neu gemacht wurde, angefeuchtet und festgestampft wurde. Ein gut gestampfter Herd hielt ¼ Jahr und länger. An einer Seite der Grube war die Stirnmauer von Sandsteinen aufgeführt, in welcher die kupferne Form 6 bis 7 Zoll, je nach der Grösse der Blasebälge, hervorragte. Die Höhenlage der Form war keine be- stimmte, sondern eine durch die Schmelzoperation von Fall zu Fall bedingte, doch war ein grösserer Abstand zwischen Formmaul und Gestübbesohle erwünscht, weil man dann eine grössere Menge Roh- eisen einschmelzen konnte. Das Formmaul war halbkreisförmig, wie ein liegendes  , 45 mm im Durchmesser und 4 bis 5 Grad geneigt. Die Hämmer waren viel leichter, als die zu St. Gallen, 175 kg schwer, hatten 1 m Hub, und wurden von einem zirka 2 m hohen Wasserrade bewegt. Der Amboss war, wie ein schwerer Schmiedeamboss, in einem Eichen- oder Tannenblock befestigt, doch war er aus Gusseisen her- gestellt und hatte eine Unterlage von einigen grossen Eisenstücken, welche man „Chavatten Einer der viel verketzertsten Termini technici, von dem lateinischen caput ab- stammend, heute noch als Cabotte, Chabotte, Chavotte, Schawotte, Schowatte, Schabatte u. s. w. in den etymologisch unglaublichsten Umbildungen als Bezeich- nung der Ambossschale, des eisernen Ambossuntergestelles, gebräuchlich. “ nannte. Der Hammerstock stand nicht in der Erde fest, sondern machte eine elastische Bewegung, welche durch einen starken Baum, der unter dem Hammerstock der Länge nach hingelegt war, vermittelt wurde. Die Hammerbahn war verstählt. Die Löscharbeit begreift zweierlei Arbeiten, das Ausschmieden und das Schmelzen des Deuls Deul. Dachel, Tajol. . Beide Arbeiten geschehen in dem- selben Herde, aber nicht gleichzeitig, sondern eine nach der andern. Wenn die Arbeit ihren Anfang nimmt, wird das Kohlengestübbe auf dem Boden der Grube ausgebreitet, darauf Kohlen geschüttet und da, wo die Einhaltezangen zu liegen kommen, eine Brustwehr von Kohlengestübbe gemacht. Das Gebläse wird angelassen und wenn die Grube etwas ausgewärmt ist, werden die Stücke vom vorigen Deul in zwei oder drei Hitzen zu Stäben ausgeschmiedet. Hierbei wird von Zeit zu Zeit Stocklech (Hammerschlacke) aufgegeben, damit das Feuer nicht zu trocken gehe und der Abbrand nicht zu gross werde. Schweisssand wird dagegen keiner gebraucht. — Von dem 14* Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. aufgegebenen Stocklech und von dem, was beim Ausschmieden der Stäbe abfällt, wird auf dem Boden eine kleine Luppe, „der Frisch- vogel“ genannt, von dem die Arbeiter sagen: er müsse das Herz oder einen zähen Grund haben, bereitet. Ist das Ausschmieden der Stücke des vorigen Deuls geschehen, so wird mit dem Schmelzen eines neuen Deuls begonnen. Hierzu verwendet man die Produkte des Blauofens, die zerteilten „Güsse“ und Scheibeneisen Siehe oben S. 175. . Statt der „Güsse“ wurde in späterer Zeit häufig altes Eisen gebraucht, doch können wir hiervon an dieser Stelle absehen. Zuerst wurde das Gussstück eingeschmolzen, es waren dies etwa 15 kg schwere Teilstücke der Masse, welche beim Stückofen- betriebe erhalten worden war. Diese Stücke spannte man in eine Zange, welche man schon während des Ausschmiedens, um das Eisen vorzuwärmen, der Form gegenüber einlegte. Sobald das Einschmelzen Fig. 66. Fig. 67. beginnen sollte, schob man sie dicht vor die Form ins Feuer. Das Stückeisen vereinigte sich, indem es niederschmolz, mit dem Frisch- vogel und bildete die Schutzdecke von garem Eisen auf der Stübbe- sohle, welche unbedingt erforderlich ist, damit sich das nachher ein- zuschmelzende Scheibeneisen darauf anfrischen kann. Auf der blossen Stübbesohle könnte das Roheisen nicht frischen, sondern würde die- selbe durchbohren und für den Arbeiter verloren gehen. Geschah dies doch trotz der Schutzdecke zuweilen, wenn ein zu grosses Stück Scheibeneisen auf einmal und ungefrischt auf den Herdboden ge- langte, dann wurde die Stelle, worauf ein solches Stück Scheiben- eisen fiel, wieder roh und flüssig und ging durch die Stübbe. Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. Auf das Niederschmelzen des Gussstückes folgt das Einschmelzen des Scheibeneisens, welches den wichtigsten Teil des Prozesses bildet. Ob in ältester Zeit, wo mehr Gussstücke und weniger Scheibeneisen fielen, schon in ganz gleicher Weise gearbeitet wurde, ist zu be- zweifeln, in späteren Zeiten, wo das Scheibeneisen das Hauptprodukt war, bestand auch die Hauptkunst des Löschschmiedes darin, bei jeder einzelnen Operation möglichst viel Scheibeneisen zu verfrischen. Hierbei wurde folgendermassen verfahren. Während dem Einschmelzen der Gussstücke legt der Arbeiter ein Stück Scheibeneisen, in eine Zange gespannt, zum Erwärmen der Form gegenüber ans Feuer und sowie das Einschmelzen des Guss- stückes geschehen und eine gare Sohle gebildet ist, bringt er das erwärmte Scheibeneisen in der Zange recht vor die Form und lässt es niederschmelzen. Neben diese Zange bringt er eine zweite Zange mit ebensolchem erwärmten Scheibeneisen, und wenn das Eisen in der ersten Zange eingeschmolzen ist, noch eine dritte und vierte, bis er von diesem Scheibeneisen zu einem Deul genug hat. So werden etwa zwei Zentner eingeschmolzen, doch ist die Menge wechselnd und je mehr Scheibeneisen man auf ein niedergeschmolzenes Guss- stück einschmelzen kann, desto vorteilhafter ist es. Dies ist ab- hängig von der Stärke der Bälge, der Güte der Kohlen und der Geschicklichkeit des Arbeiters. Wird zu viel von den Gussstücken im Verhältnis zum Scheibeneisen gesetzt, so wird der Deul zu „trocken“. Setzt man zu viel Scheibeneisen, welches dem Deul „den Saft giebt“, so wird die Gare verzögert und der Kohlenaufwand er- höht. Die Zangen mit dem Scheibeneisen schmelzen nie rein ab, sondern es bleibt an denselben mehr oder weniger gefrischte Masse hängen. Sie werden nach dem Ausziehen in einen Wassertrog ge- worfen und dann das anhängende Eisen mit dem Hammer abgeklopft. Dieses wird dann sofort wieder aufs Feuer geworfen. Bei der letzten Zange, wo also das Einschmelzen des Scheibeneisens vollendet und der Deul „seiner Geburt nahe“ ist, befindet sich das an der Zange angeschweisste Eisen bereits in einem völlig gefrischten Zustande. Wiewohl nun der Arbeiter gleich im Anfange des Schmelzens für eine ziemliche Menge gares Eisen gesorgt hat, so würde diese doch nicht hinreichen, die ganze Menge Scheibeneisen, welche zu einem Deul geschmolzen wird, ohne andere Hilfsmittel in gares Eisen zu verwandeln. Hierzu dient der Zusatz von Stocklech und Hammer- schlag, welche beim Zängen des Deuls und dem Ausschmieden ab- fallen, und hiervon giebt der Löscher mehr oder weniger auf, je Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. nachdem das Feuer heiss oder frisch geht. Er giebt dieselben vor der Gicht oder der Form gegenüber auf und damit reguliert er die Gare des Gutes im Herde. Ein anderes Mittel für denselben Zweck besteht in dem Vorschieben oder Zurückziehen der Zangen mit dem Scheibeneisen, wodurch das Abschmelzen desselben beschleunigt oder verlangsamt wird. Geht es im Feuer zu heiss, d. h., ist das Gut zu dünn und weich im Herde, so zieht der Arbeiter die Zange mit dem Scheibeneisen etwas zurück und giebt mehr Stocklech auf. Geht im Gegenteil das Gut zu frisch, so hält er mit dem Aufgeben des Stock- lechs ein und schiebt das Scheibeneisen etwas in das Feuer vorwärts. Den Gang der Arbeit erkennt man teils an der Flamme, teils und vorzüglich aber an den Spiessschalen oder „Stachelweichen“, d. h. der Masse, welche sich beim Arbeiten in dem Herde mit dem Spiess an diesen anlegt. Je kleiner diese Spiessschalen und je röter sie sind, je heisser geht es im Feuer, und umgekehrt desto frischer, je länger sich diese Schalen an den Spiess anlegen, je fester sie an demselben haften und je weisser ihre Farbe ist. Da die Schlacke beim Löschfeuer äusserst flüssig ist, so wird sie von dem starken Gebläse, mit kleinen Mengen des frisch einge- schmolzenen Roheisens, nach den äusseren Teilen des Herdes ge- trieben, wo sie sich ansetzt. Dies geschieht zumeist unter der Form, an der Vorderseite und der Form gegenüber, während die Hinter- seite, wo kein Gestübbe anliegt und wo die Kohlen aufgegeben werden, frei bleibt. Von hier aus muss deshalb das Angesetzte öfters los- gebrochen und wieder in das Feuer gestossen werden, damit die Form frei bleibt, das im Lech befindliche Eisen aussaigert und das Eisen im Herde eine genügende Schlackendecke, um es vor dem Verbrennen zu schützen, behält. Unterliesse man dies Hereinstossen des Lechs, so würde das Eisen zu trocken und spröde ausfallen, weil es seines Saftes beraubt würde. Auch giebt das eingeschmolzene Scheibeneisen in dem Lech seinen überflüssigen Kohlenstoff ab und wird zu garem Eisen. Deshalb lässt der Löscher nur sehr selten den Lech ablaufen und nur im Falle des grössten Überflusses sticht er einen Teil des- selben durch das „Lachthol“ ab. Wenn die letzte Zange Scheibeneisen eingeschmolzen ist, so lässt man das Gebläse mit derselben Geschwindigkeit noch einige Minuten fortgehen, um auch das zuletzt geschmolzene gar zu machen. Es entsteht alsdann ein Kochen oder Aufwallen im Feuer. Glaubt der Arbeiter, dass das zuletzt eingeschmolzene Eisen gefrischt sei, so räumt er einen Teil des die Brustwehr ausmachenden Gestübbes weg, Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. lässt das Gebläse langsamer gehen und schafft mit einer langgestielten Kratze die Kohlen vom Deul weg. Hierauf wird mit der Kratze unter- sucht, ob der obere Rand des Deuls weich oder hart sei. Findet sich der Rand noch weich, mithin noch nicht gehörig gefrischt, so werden nochmals grobe Kohlen aufgegeben, die weggescharrten Kohlen mit der Kratze wieder darüber gezogen und das Gebläse noch einige Minuten schwach angelassen. Wenn die groben. Kohlen grösstenteils verzehrt sind, so ist auch der Deul fertig. Die Kohlen werden nun abermals mit der Kratze weggeschafft, der Rand des Deuls nieder- geschlagen, die kesselförmige Vertiefung voll Kohlenlösche gefüllt und das in derselben zurückgebliebene Lech vom Winde fortgejagt. Das Kohlengestübbe der Brustwehr wird alsdann vollends weggeräumt und ein zweiter Arbeiter schützt unterdessen das Gebläse ganz ab. Jetzt wird der Deul losgebrochen, in die Höhe gebracht, einer von den Arbeitern fasst ihn mit der Zange und zwei andere mit dem Brecheisen darunter, wuchten ihn so heraus, dass er auf die hohle Seite vor dem Herd zu liegen kommt. Man beklopft ihn nun mit einem Vorhammer, um die sehr poröse Masse näher zusammen- zubringen, wobei eine grosse Menge leichtflüssiges Lech herausläuft, welches hier „Rinnlech“ heisst und beim Schmelzen der Gussstücke wieder zugesetzt wird. Je mehr Rinnlech bei einem Deul verfällt, desto besser ist das Stabeisen, umgekehrt, desto schlechter, weil dann das Lech dem Arbeiter vor der Zeit entschlüpft und das Eisen einer trockenen Hitze ausgesetzt war. Nunmehr kommt der Deul unter den Wasserhammer, unter welchem er durch Hin- und Herbewegen zu einem runden, etwa 3 Zoll starken Kuchen gezängt und mit dem Setzeisen in zwei gleiche Hälften zerschroten wird. Die eine Hälfte wird gleich wieder ins Feuer ge- bracht, welches unterdessen wieder hergestellt worden, die andere Hälfte aber wird noch in vier kleinere Stücke zerschroten, welche man dem Stückezängen unterwirft, um die Teile noch mehr zu ver- dichten und den Stücken eine rundere Gestalt und verminderte Oberfläche zu geben, wodurch das Abbrennen im Feuer sehr ver- mindert wird. Hierauf wird die andere Hälfte wieder aus dem Feuer herausgeholt und mit ihr ebenso verfahren. Während nun diese zweite Hälfte zerschroten und gezängt wird, ist das erste Stück von der ersten Hälfte schweisswarm und wird zu Stäben ausgereckt. Aus einem Deul erfolgten 1½, 1¾ bis 2 Zentner Stabeisen. Der gewöhn- liche Abgang an Roheisen wurde auf ¼ gerechnet oder aus 100 Pfund Roheisen mussten 75 Pfund Stabeisen geliefert werden. Der Löscher Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. war für den Abgang an Roheisen nicht verantwortlich, erhielt aber auch den Überschuss an Stabeisen nicht bezahlt. Auf einen Zentner rechnete man drei Stützen Kohlen. Diese Angaben waren nur unge- fähre, um so mehr, da weder Kohlen noch Roheisen zugewogen wurden. Das Eisen, welches in den Löschfeuern erzeugt wurde, war von vorzüglicher Güte und besass einen hohen Grad von Weichheit und Zähigkeit. Die Oberfläche der Stäbe war glatt und rein wie beim Stahl. Das Stabeisen aus den Löschfeuern wurde meist für Draht und Gewehrläufe verarbeitet. Die im vorstehenden beschriebene Löschfeuerarbeit geht zwar, wie wir gesehen haben, vom Ausheizen des Stückeisens aus, ist aber bereits eine richtige Frischarbeit und wir haben dieselbe deshalb so ausführlich geschildert, weil der ganze Prozess einfach und verständ- lich ist. Dabei kann er als die Grundlage der übrigen Frisch- verfahren angesehen werden, so dass wir bei den Erklärungen dieser in der Folge hierauf verweisen und dieselben dadurch abkürzen können. Man ersieht bereits aus obigen Darstellungen, wie die Be- handlung des Stückofeneisens im Löschherd, unter Zusatz von Roh- eisen, von selbst zur Verarbeitung des Roheisens für sich allein, d. h. zu der eigentlichen Frischarbeit führen musste. Da indes nicht alle Eisensorten in derselben Weise behandelt werden konnten, die Eisen- arten aber ihrem Wesen nach fast so verschieden waren, wie die Erze, aus welchen sie gewonnen wurden, so ergab sich hieraus eine grosse Zahl voneinander abweichender Frischmethoden, die teils geographisch, wie die deutsche, die steirische, die wallonische, die englische u. s. w. Frischarbeit, teils technisch, wie Kochfrischen, Kalt- frischen, Warmfrischen, Bratfrischen, Tiegelfrischen, unterschieden wurden. Alle haben den gleichen Zweck: Roheisen in Stabeisen oder Stahl umzuwandeln und bei allen geschieht dieses durch ein oxy- dierendes Schmelzen in einem Schmelzherd, dem Frischfeuer. Die Entfernung des im Roheisen vorhandenen Überschusses an Kohlen- stoff ist dabei die wichtigste Aufgabe des Frischprozesses Vergl. Bd. I, Einleitung, S. 11 und 15. . „ Frischen “ wurde dieser Vorgang im Deutschen genannt, weil dieser Bezeichnung die Auffassung zu Grunde lag, dass etwas Ver- dorbenes — das Roheisen — wieder frisch gemacht, in seinen besseren Zustand, den des geschmeidigen Eisens, übergeführt würde. Dass das Roheisen als ein unvollkommener oder verdorbener Zustand des Eisens angesehen wurde, geht aus seinem Namen hervor. Nach der Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. alten steirischen Bezeichnung Graglach wurde wenigstens das beim Stückofenbetrieb fallende Roheisen nur als eine Schlacke (Lacht) oder ein Schwefelmetall (Lech) angesehen Vergl. Bd. I, S. 964. . Rohe isen bezeichnet etwas Unvollkommenes und die englische Bezeichnung „pig-iron“ hat, wie im Deutschen „Saueisen“, etwas Verächtliches. Dass das Frischen dieses Eisens als eine Reinigung desselben angesehen wurde, geht deutlich aus der gleichbedeutenden englischen und französischen Be- zeichnung für dasselbe — refining-process, affinage — hervor. Diese Reinigung wurde vollbracht durch die frische Luft, den Gebläsewind. Über den chemischen Vorgang dabei war man im 16. Jahrhundert noch völlig im unklaren. Wie zum Hochofenprozess, so war man auch zum Frischprozess nur auf dem Wege der Erfahrung und Beob- achtung, also durchaus empirisch, gekommen. In der Hauptsache ist das Wesen des Frischprozesses ja leicht zu begreifen; es ist eine Reinigung durch ein oxydierendes Schmelzen, wobei in erster Linie der Überschuss an Kohlenstoff, ausser diesem aber auch die in dem Roheisen enthaltenen sonstigen Beimengungen, besonders Silicium, Phosphor, Schwefel und fremde Metalle, entfernt werden sollen. In seinen Einzelheiten ist aber der Frischprozess vom chemisch-metallurgischen Standpunkte oft recht schwer zu verstehen, weil sich die Vorgänge, örtlich und zeitlich, fast gleichzeitig vollziehen und der unmittelbaren Beobachtung vollständig entzogen sind. Die Fortschritte der Erkenntnis des Wesens der Frischprozesse bilden, wie die aller andern Eisenhüttenprozesse, selbst einen Teil der Geschichte des Eisens und könnten wir uns deshalb mit dem, was wir oben hierüber gesagt haben, begnügen. Wenn wir trotzdem hier schon eine kurze Skizze des chemisch-metallurgischen Vorganges bei dem Frischprozess geben, so ist dies ein Exkurs, der nur dazu dienen soll, dem Leser das Verständnis des Folgenden zu erleichtern. Der chemische Unterschied des Eisens in seinen charakteristischen Modifikationen als Roheisen, Stahl und weiches Eisen ist bedingt durch seinen Kohlenstoffgehalt Siehe Bd. I, S. 11. . Das Roheisen enthält davon am meisten, den übrigen Eisenarten gegenüber also einen Überschuss. Ausser Kohlenstoff enthält aber das Roheisen noch andere Bei- mengungen, besonders die bereits oben genannten Silicium, Phosphor, Schwefel und fremde Metalle, und es enthält davon um so mehr, aus je unreineren Erzen, mit je aschenhaltigerem Brennmaterial und bei je höherer Temperatur es erzeugt ist. Diese Beimengungen sind für Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. das Roheisen nicht geradezu als Verunreinigungen zu betrachten, indem, wenn man das Roheisen für Giessereizwecke verwendet, einzelne dieser Beimengungen in gewissen Grenzen sogar erwünscht sind, ebenso wie auch für die modernen Prozesse von Bessemer und Thomas-Gilchrist, bei dem ersten ein gewisser Siliciumgehalt, bei dem zweiten ein gewisser Phosphorgehalt geradezu eine Notwendig- keit sind. Für den Frischprozess sind alle oben genannten Bei- mengungen als Verunreinigungen zu betrachten, welche zugleich mit dem Überschuss an Kohlenstoff abgeschieden werden müssen. Wird nun das Roheisen, wie es bei dem Frischen geschieht, eingeschmolzen und der Wirkung des Windes ausgesetzt, so oxydiert zuerst das Silicium zu Kieselsäure, welche sich unmittelbar mit vorhandenem oder gleichzeitig gebildetem, oxydiertem Eisen zu einem Eisenoxydul- silikat und zwar zu einem Bisilikat von der Zusammensetzung FeO.SiO 2 verbindet, und zwar so lange, als noch unoxydiertes Sili- cium vorhanden ist Siehe ( Percy ) Dr. H. Wedding , Handbuch d. Eisenhüttenkunde, 3. Abth., S. 9. . Hierauf wird nur Eisen oxydiert, welches von dem Bisilikat auf- genommen wird, bis der Verbindungszustand des Singulosilikates, 2 FeO.SiO 2 , erreicht ist. Dieses ist die niedrigste Silicierungsstufe des Eisenoxyduls. Die gebildeten Silikate scheiden sich beim Frischen als flüssige Schlacken ab. Bis dahin hat eine Einwirkung auf den gleichzeitig vorhandenen Kohlenstoff im Eisen kaum stattgefunden. Von diesem Moment an ändert sich der Vorgang. Die Oxydation des Eisens schreitet fort, da aber Eisenoxydul für sich nicht bestehen kann und alle Kieselsäure chemisch gebunden ist, so verbindet es sich mit der höheren Oxydationsstufe des Eisens, dem Eisenoxyd, zu der sehr beständigen Verbindung von Eisenoxyduloxyd und diese hat die Eigenschaft, sich leicht in dem Eisensingulosilikat aufzulösen. Nun erst, wenn Eisenoxyduloxyd im gelösten Zustande vorhanden ist, beginnt eine Oxydation des Kohlenstoffs durch dasselbe: das Oxyduloxyd giebt einen Teil seines Sauerstoffs an den Kohlenstoff ab, welcher dadurch in der gasförmigen Form des Kohlenoxyds aus- geschieden wird. Das reduzierte Eisenoxyduloxyd nimmt aber mit grosser Begierde wieder Sauerstoff aus der Luft auf, um dann, in den früheren Zustand zurückgekehrt, bei erneuter Berührung mit Kohlenstoffeisen in gleicher Weise auf den Kohlenstoff einzuwirken. Das Eisenoxyduloxyd ist demnach der Vermittler zwischen dem Sauer- Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. stoff der Luft und dem Kohlenstoff des Eisens. Da aber selten das zu verfrischende Eisen soviel Silicium enthält, um die genügende Menge Schlacke aus sich selbst zu bilden, diese aber schon des eben geschilderten Zweckes wegen nicht entbehrt werden kann, so pflegt man Eisenoxydulschlacke zuzusetzen, und zwar in der Regel solche, welche bereits Eisenoxyduloxyd in Lösung enthält. Es sind dies die Garschlacken, von denen die Stockschlacken, Hammerschlacken, Rinn- schlacken u. s. w., kurz alle diejenigen, welche bei der mechanischen Bearbeitung des Eisens aus diesem ausgepresst werden, die garsten, d. h. die an Eisenoxyduloxyd reichsten sind. Durch den Zusatz dieser eisenoxyduloxydhaltigen Schlacken wird das Frischen be- fördert. Diese chemischen Vorgänge bilden die Grundlage aller Frisch- prozesse, worunter nicht nur das Herdfrischen, der alte Prozess, mit dem wir uns hier beschäftigen, sondern auch die neuen Prozesse des Puddelns, des Bessemerns u. s. w. begriffen sind. Der Kohlen- stoff ist kein zufälliger, sondern ein notwendiger Bestandteil des Eisens, während Silicium, Schwefel, Phosphor und Mangan zufällige Beimengungen sind, die in ganz verschiedenen Mengen auftreten. Das Silicium wird durch das Frischschmelzen leicht abgeschieden, wie wir gesehen haben. Anders verhält es sich mit dem Phosphor. Dieser oxydiert zwar auch bei niedriger Temperatur, wird aber bei höherer Temperatur wieder reduziert und verbleibt im Eisen, für welches er ein sehr schädlicher Begleiter ist, da er dasselbe im hohen Grade kaltbrüchig macht. Die Abscheidung des Phosphors durch oxydierendes Schmelzen erfolgt also nur bei einer Temperatur, die dem Schmelzpunkt des Roheisens nahe liegt. Nun unterscheidet man beim Frischen zwei Perioden, die hauptsächlich durch die Wärmeentwickelung unterschieden sind, das Rohfrischen und das Garfrischen. Bei dem Rohfrischen wird der grösste Teil des Kohlen- stoffs oxydiert und das Roheisen etwa bis zur Stufe des Stahls ent- kohlt. Während dieser Zeit wird durch die Umwandlung des festen Kohlenstoffs in das gasförmige Kohlenoxyd viel Wärme gebunden und der Schmelzmasse entzogen, dadurch bleibt die Temperatur während dieser Periode relativ niedrig. In der zweiten Periode geht die Ent- kohlung langsamer von statten, es entweicht wenig Kohlenoxydgas, während mehr Eisen verbrennt, welches seine ganze Verbrennungswärme dem Schmelzgut abgiebt, wodurch die Temperatur beim Garfrischen bedeutend gesteigert wird. Nur in der ersten Periode oxydiert Phos- phor und geht als Phosphorsäure in die Schlacke, während in der Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. zweiten die Hitze so steigt, dass die Phosphorsäure wieder reduziert wird. Der Phosphor lässt sich also nur dadurch entfernen, dass man unmittelbar vor dem Eintritt des Garfrischens die Schlacke absticht. Immer bleibt indes die Abscheidung des Phosphors beim Frisch- prozess nur eine unvollkommene. Viel vorteilhafter lassen sich phosphorhaltige Erze im Rennfeuer verschmelzen, weil in diesem die Temperatur viel niedriger ist als im Hochofen und gar nicht bis zu dem Punkte, wo die Phosphorsäure der Erze reduziert wird, steigt. Diese Thatsache hat besonders viel dazu beigetragen, dass sich in den Gegenden, wo hauptsächlich Raseneisensteine verhüttet wurden, die Rennfeuer so lange erhalten haben. Schwefel hat bekanntlich grosse Affinität zum Eisen und wenn er auch durch den Sauerstoff der Luft oxydiert wird, so geschieht dies doch nur langsam. Da jedoch der Frischprozess im Vergleich mit dem Puddel- und Bessemerprozess langsam verläuft, ist die Abscheidung des Schwefels bei jenem vollkommener als bei diesen. Die Gegenwart von Mangan unterstützt wesentlich die Abscheidung des Schwefels. Mangan ist ein erwünschter Bestandteil des Roheisens, welches verfrischt werden soll, besonders bei der Stahlbereitung. Der Grund liegt zunächst darin, dass Mangan sich sehr leicht verschlackt, es oxydiert leichter als Eisen und sein Oxydul bildet mit Kieselsäure eine sehr flüssige Schlacke. Diese Manganoxydulschlacke hat aber nicht die Lösungsfähigkeit für Eisenoxyduloxyd, wie die Eisenoxydul- schlacke, dadurch verzögert sie die Entkohlung des Eisens und dieses ist namentlich bei der Stahlbereitung in den meisten Fällen er- wünscht. Infolgedessen entsteht überhaupt aus manganreichem Roheisen leichter Stahl, als aus manganfreiem. Die Dünnflüssigkeit der Manganschlacke hat den doppelten Vorteil beim Frischen, dass sie einerseits das Eisen besser einhüllt, als die zähe Eisenschlacke, und dass sie anderseits, wenn das Eisen anfängt teigartig zu werden, besser aussaigert. So einfach die Theorie des Frischprozesses danach erscheint, so mannigfaltig ist doch die praktische Ausführung, je nach der Qualität des Eisens. Zunächst verhält sich einmal das graue Eisen im Frischfeuer ganz anders als das weisse. Letzteres, welches den Kohlenstoff in gebundener Form enthält, frischt rasch, ersteres, welches den Kohlenstoff mehr oder weniger in der ausge- schieden Form als Graphit enthält, frischt langsam. Es muss nämlich aller Kohlenstoff desselben erst in den gebundenen Zustand über- geführt werden und hierauf beruht eine Reihe von Vorbereitungs- arbeiten, welchen graues Eisen zum Verfrischen unterworfen wird, Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. die wir später im einzelnen kennen lernen werden, die aber alle den Zweck haben, den Kohlenstoff in den gebundenen Zustand über- zuführen, also graues Eisen in weisses umzuwandeln. Da aber der Zweck des Frischens nicht bloss der ist, den Kohlenstoff abzuscheiden, sondern auch die schädlichen Beimengungen zu entfernen und dies um so langsamer geht, je unreiner das Roheisen ist, so ergiebt sich auch hieraus, dass man das Frischen beschleunigen oder verzögern muss, je nachdem weniger oder mehr Beimengungen abgeschieden werden müssen. Die Verzögerung sucht man besonders bei dem ersten Teil des Frischprozesses, dem Rohfrischen, zu erreichen, da- durch, dass man das Eisen länger im Zustande des Roheisens erhält und dies geschieht durch rasches Einschmelzen und Zusatz indiffe- renter Schlacke, welche das eingeschmolzene Eisen vor dem Winde schützt. Beschleunigt wird die Entkohlung durch langsames Ein- schmelzen vor dem Winde und Zusatz von Garschlacke, ferner durch das Arbeiten mit der Brechstange im Eisen, durch Rühren und Auf- brechen, wodurch das Eisen immer wieder der Einwirkung des Windes ausgesetzt wird. Ebenso wird durch eine tiefere Herdgrube der Prozess verzögert, durch eine flachere derselbe beschleunigt. Zu starker Wind und zu grosse Hitze verzögern mehr die Kohlen- abscheidung als dass sie sie beschleunigen. Eine starke Neigung der Gebläseform, ein „stechender Wind“ gart nicht beim Einschmelzen, sondern wirkt mehr auf das Eisen im Herde. Von diesen Gesichts- punkten aus sind die vielen verschiedenen Frischmethoden, welche wir in der Folge kennen lernen werden, zu beurteilen. So wenig Agricola und Biringuccio uns Mitteilungen über den Hochofenprozess machen, so wenig thun sie dies über den Frischprozess. Dennoch wurde derselbe in Verbindung mit dem Hochofenbetriebe im 16. Jahrhundert bereits in ausgedehnter Weise angewendet und entwickelte sich in verschiedenen Gegenden, der Eigenart des Roheisens entsprechend, in ganz verschiedener Weise. Es ist nicht zu bezweifeln, dass sich schon in diesem Jahrhundert der Frischprozess nach seinen drei Hauptrichtungen ausgebildet hatte und dass, während im Salzburgischen, in Tirol und Oberitalien die „ Einmalschmelzerei “ betrieben wurde, in der Eifel bereits die „ Wallonschmiede “ bestand, während am Oberrhein, in Baden und Schwaben, wo man graues Eisen zu verfrischen hatte, die deutsche Aufbrechschmiede zur Ausbildung gelangte, welche bald der wich- tigste Frischprozess nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa wurde. Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. Die Einmalschmelzerei lehnt sich am meisten an die oben beschriebenen alten Verfahren des Ausheizens und Reinigens des Stückeisens an. Sie setzt ein gutartiges, schnellfrischendes, weisses Roheisen, welches den Kohlenstoff im gebundenen Zustande enthält, voraus. Nur ein solches lässt sich bei einmaligem Niederschmelzen im Frischherde in Stabeisen umwandeln. Deshalb konnte dieses Ver- fahren auch nur da Eingang finden, wo ein solches Roheisen ge- wonnen wurde, und das war in Deutschland, besonders in den öster- reichischen Alpen und im Siegerlande der Fall. Ursprünglich stellte man in denselben Herden Stahl und Stab- eisen dar, ja wo es die Natur des Eisens erlaubte, war die Frisch- arbeit mehr auf Stahl als auf Schmiedeeisen gerichtet. Wenn wir in unserer historischen Schilderung die Stabeisenbereitung von der Stahlerzeugung von Anfang an getrennt behandeln, so geschieht dies nur der grösseren Deutlichkeit wegen. Eine der ältesten und einfachsten Frischmethoden, welche graues Roheisen verarbeiteten, war die salzburgische Sinterarbeit . Sie schliesst sich an die alte Rennarbeit an. Das graue Roheisen wurde glühend unter einem schweren Hammer gepocht, ähnlich wie ein fester Eisenstein. Der Roheisensand wurde mit Glühspan (Sinter) gemengt, mit Wasser begossen auf eine hohe Kohlenschicht des Frischherdes gleichsam aufgegichtet Siehe Tunner , Der wohlunterrichtete Hammermeister, Bd. II, S. 52. . Um das Roheisen zu pochen, wurde es in einem kleinen, offenen Herde in starke Glühhitze ver- setzt, dabei jedoch darauf geachtet, dass nicht eine teilweise Schmel- zung eintrat. Graues Roheisen liess sich leichter pochen als weisses. Der nach beendetem Pochen noch teilweise glühende Eisensand wurde rasch in Wasser gekühlt, was eine nicht unmerkliche Reini- gung, insbesondere von Schwefel, verursachte. Der Frischherd, in welchen das gepochte Eisen eingesetzt wurde, war 21 Zoll lang, 27 Zoll breit und mit eisernen Zacken ausgesetzt, hatte aber einen Löscheboden. Eigentümlich war ihm die drei Fuss hohe Wolfs- mauer. Das „Esseisen“ (die Form) war 12 bis 15 Grad geneigt. Der Prozess begann mit dem Ausheizen der zwei bis drei Masseln von der letzten Luppe, während welcher Periode kein Roheisen in den Herd kam und das Schweissen in gewöhnlicher Art, zunächst mit der steirischen Löscharbeit übereinstimmend, durchgeführt und dabei der Frischboden gebildet wurde. Das Ausheizen dauerte etwa 1½ Stunden. Nach dessen Beendigung wurde der ohnedies nicht Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. starke Wind noch mehr geschwächt und der ganze Zerenn- oder Frischprozess mit schwachem Winde durchgeführt. Für jeden „Dachel“ wurden etwa 55 kg gepochtes Roheisen und 20 kg Hammersinter (Glühspan) in gut vermengtem und mit Wasser befeuchtetem Zustande auf einer eigenen Platte neben dem Herde vorbereitet. Bevor von diesem Gemenge aufgegeben wurde, erhöhte man den Löschkranz über der Arbeitsplatte auf etwa zwei Fuss, wodurch vereint mit der hohen Wolfsmauer ein kleiner Schacht entstand, welcher sofort mit Kohlen gefüllt wurde. Über diese Kohlen wurde nun eine Schaufel voll des genannten Gemenges, möglichst gleich verteilt, aufgesetzt und dann noch etwas Wasser darüber gegossen. Durch die zwei bis drei Fuss hohe Kohlensäule, den schwachen Wind und das Anfeuchten mit Wasser wird dem Gemenge von Roheisensand und Glühspan durch längere Zeit Gelegenheit ge- geben, in der höheren Temperatur und in Berührung mit Kohlen aufeinander einzuwirken. Hier tritt zunächst das ein, was man das „ Glühfrischen “ nennt. Es ist nämlich eine höchst bemerkens- werte Thatsache, dass oxydische Verbindungen, welche Sauerstoff abzugeben geneigt sind, und dazu gehört nicht nur das Eisen- oxyduloxyd, sondern auch das Eisenoxyd, dem Roheisen schon durch einfachen Kontakt in der Glühhitze den Kohlenstoff zu entziehen im stande sind. Diese Wirkung steigert sich allerdings mit dem Über- gange in den flüssigen Zustand, indem dadurch die Berührungsfläche eine viel grössere wird, die chemische Aktion bleibt aber in beiden Fällen die gleiche und wird jedenfalls nur durch den gasförmigen Zustand der wirkenden Agentien vermittelt. Immerhin tritt bei dem Eisen diese Art der Kontaktwirkung in ganz besonders auffälliger Weise auf und beruhen darauf grossartige Industriezweige, wie die ganze Cementstahlbereitung und die Herstellung des schmiedbaren Gusses. Die Benutzung dieser Wirkung zur Vorbereitung des Eisens bei dem Frischprozess ist in vielen Gegenden und in verschiedener Weise zur Anwendung gekommen. Das Glühfrischen ging allmählich in Schmelzfrischen über und zuletzt schmolz alles über dem Frischboden gar ein. Mit dem einzusetzenden Quantum musste man sich aber ganz nach dem Feuergang richten, indem sehr leicht bei zu viel Nachsatz ein Rohschmelzen eintrat. Man wartete deshalb in der Regel mit dem folgenden Satz, bis der erste nahezu eingeschmolzen und frische Kohle aufgeschüttet war. 15 bis 20 Pfund mochten als das durch- schnittliche Satzgewicht und 8 bis 12 Minuten als die gewöhnliche Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. Zeit von einem Satze zum andern gelten. Da hierbei viel Schlacke entstand, musste öfters „Sinter“ abgestochen werden, der anfangs roh war, aber immer garer wurde. Der Zerenn- oder Frischprozess währte 1½ Stunden; eine weitere halbe Stunde war zum Ausbrechen und Zängen der Luppe und neuem Vorbereiten des Frischherdes nötig. Die ganze Zeitdauer für Herstellung einer Luppe, die noch mit dem alten Namen „Renn“ bezeichnet wurde, betrug etwa 3½ Stunden und erhielt man dabei 65 bis 75 kg Stabeisen. Der Bedarf an vor- gemessenen Fichtenkohlen stellte sich für 50 kg Stabeisen auf 40 bis 45 Kubikfuss (140 bis 160 kg) — ein ganz enormer Kohlenverbrauch. Diesem Verfahren nahe verwandt und ebenfalls von hohem Alter ist die Müglaarbeit Mügla vielleicht von miglio, Hirsekorn, Schrot, Wascheisen herzuleiten. , die noch vor 30 Jahren in der nördlichen Lombardei und zu Prinör in Südtirol betrieben wurde. Die Mügla- frischschmiede wurde in Kärnten Brockenschmiede und in Frank- reich bergamaskische Schmiede (affinage Bergamasque) ge- nannt. Auch sie erforderte ein ganz eigentümliches „Vorfrischen“, d. h. eine ganz eigene Art der Vorbereitung des Eisens vor dem Frischen Siehe Tunner , Der wohlunterrichtete Hammermeister, Bd. II, S. 51. . Es wurde nämlich das Roheisen in Partieen von 5 bis 10 Zentner in einem ziemlich grossen, mit Zacken (Eisenplatten) ausgesetzten und mit stark geneigter Form versehenen „Hartzerennherd“ in 1½ bis 3 Stunden eingeschmolzen. Alsdann wurde der Herd bis auf das blanke Metallbad abgeräumt, zerkleinerte und gare Zuschläge partieen- weise eingetragen, mit einer Holzstange durchgerührt, und das Eisen sofort mit einer schaufelartigen Stange in kleinen Partieen auf ein über der Gichtplatte verbreitetes Bett von gepochter Garschlacke ge- schafft und mit letzterer abermals durchgerührt. Die grösseren Roh- eisenbrocken wurden nach Thunlichkeit im Herde zerstossen oder auf der Gichtplatte zerschlagen und so das ganze Roheisenquantum schliesslich in einen wie Granalien zerkleinerten, mit garen Zuschlägen und Lösche untermischten Zustand verwandelt. Nachdem der Herd wieder mit nasser Lösche ausgeschlagen worden war, wurde die Hälfte dieses Gemenges sogleich in denselben zurückgebracht und das Ge- bläse ganz sachte angelassen. Zunächst vor der Form wurde die Masse bald kalt geblasen; über der Form glimmte dieselbe aber fort und an der Oberfläche stellten sich allenthalben blaue Flämmchen ein. Man suchte das Feuer durch die ganze Masse gleichmässig zu verbreiten. Wo es an einer Stelle auszublasen begann, wurde feines Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. Brockwerk nachgetragen und mit einer Schaufel festgeschlagen. Die Masse frittete dabei zusammen, was durch Nachtreiben und Schlagen mit der Schaufel befördert wurde. In 30 bis 40 Minuten war das ganze Haufwerk über der Form zusammengebacken. Nun wurde das Gebläse abgeschützt, der Herd mit Wasser gekühlt und die zusammengefrittete, gebratene Masse ausgebrochen. Mit den rückständigen, losen Bröckchen wurde sodann wieder in gleicher Weise vorgegangen und so aus dem ganzen Roheisenquantum meist drei derartige Klumpen, die Kortitsch, Kartitsch oder Kotizzi hiessen, gebildet, die im erkalteten Zustande wieder jeder in etliche Stücke zerschlagen und dann an die Frischherde abgegeben wurden. Dieses Vorfrischen kann als ein vereinigtes Braten (Glühfrischen) und Hart- zerennen (Feinen) angesehen werden. Die Frischherde waren klein, nur teilweise mit Zacken versehen, übrigens wie bei der Löscharbeit in Steiermark und Kärnten mit Lösche ausgeschlagen. Es wurden kleine Luppen von 40 bis 55 kg erzeugt, welche, zu Masseln ge- drückt, im Beginn jeder Luppenbildung unter einem Schwanzhammer von 3 bis 4 Zentner Gewicht ausgeschmiedet wurden. Das Aus- heizen musste vollkommen geschehen, weil das Ausrecken in einer Hitze erfolgte. Der einzuschmelzende Kartitsch wurde in der Regel erst eingesetzt, wenn der Ausheizprozess nahe zu Ende war. Das Regulieren des Einschmelzens wurde mit der Brechstange bewirkt und hatte das ganze Verfahren grosse Ähnlichkeit mit der kärnt- nerischen Löscharbeit. Die Dauer von einer Luppe zur andern betrug 1½ bis 2½ Stunden, wovon reichlich die Hälfte der Ausheizprozess in Anspruch nahm. Das Stabeisen war von vorzüglicher Güte, meist mehr weich als hart. Der Abbrand (Kalo) war nicht bedeutend, weil alle die eisenreichen Abfälle beim Vorfrischen zugute gemacht wurden, er betrug einschliesslich des Vorfrischens 14 bis 16 Prozent. Der Kohlenaufwand war nach der Art der Kohlen, die aus Kastanien-, Birken-, Buchen- und Fichtenholz erzeugt waren, verschieden. Dem Gewichte nach konnten auf 100 kg Stabeisen 250 kg Kohlen gerechnet werden, was bei Fichtenkohle ungefähr 70 Kubikfuss entsprach. Der Kohlenverbrauch war demnach ein sehr beträchtlicher. Auch in Kärnten, wo im Jahre 1567 der erste Flossenofen bei Urtl erbaut wurde, betrieb man die ältere Frischarbeit mit „Kortitsch“, der oben beschriebenen lombardischen Müglafrischarbeit wahrschein- lich sehr ähnlich. An deren Stelle trat dann später die Arbeit mit gebratenen Blatteln, die eigentliche kärntnerische Löscharbeit; da dies aber erst im Laufe des 17. Jahrhunderts geschehen zu sein scheint, Beck , Geschichte des Eisens. 15 Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. so werden wir dieselbe erst später beschreiben. Dasselbe gilt von den steirischen Löschfrischen und der Zerennarbeit. Im Siegerlande dagegen betrieb man die Frischarbeit schon früher. Bereits vor der Mitte des 15. Jahrhunderts werden die „Hammer- hütten“ getrennt von den „Blasehütten“ erwähnt. Die Frischherde und Hämmer befanden sich in der Regel in besondern Gebäuden, ge- trennt von den Hochöfen, wenn auch meist in nächster Nähe der- selben. Auch im Besitz waren sie häufig getrennt. Die Hammer- hütten hatten, wie die Blasehütten, ihre besondern Hammerzeiten und Hammertage, die gesetzlich in der Weise geregelt waren, dass sie in einer bestimmten Aufeinanderfolge stattfanden, so dass einmal der Hochofen, das andere Mal die Frischhütte die ganze verfügbare Wasserkraft ausnutzen konnte. In den alten Hammerhütten wurde sowohl Stahl als Schmiedeeisen gefrischt. Das Frischverfahren Siehe Tunner , a. a. O., Bd. II, S. 139. , das sich in ganz eigenartiger Weise im Siegerlande entwickelt hat, war ebenfalls eine Einmalschmelzerei, die aber schon manches Verwandte mit der deutschen Brechschmiede zeigte. Das ältere Verfahren war eine Kleinfrischerei. Erst allmählich, als der Kohlenmangel immer fühlbarer wurde, entwickelte sich das eigentümliche Verfahren, welches später als siegensche Einmalschmelzerei bekannt war. Bei letzterem ver- arbeitete man ein aus Spat- und Brauneisenstein erblasenes strah- liges bis stark halbirtes Roheisen mit Buchenkohlen auf ein unvoll- kommen ausgeschweisstes Materialeisen von groben Dimensionen. Der Frischherd war mit eisernen Zacken und eisernem Boden hergestellt. Ehe wir in die nähere Beschreibung desselben eingehen, wollen wir kurz einige allgemeine Bemerkungen über das Charakteristische des Feuerbaues für den Frischprozess vorbringen, wie er sich schon im 16. Jahrhundert aus den Löschherden entwickelt hat. Derselbe besteht aus der Herdgrube, in welcher der Prozess sich vollzieht, und der Esse, dem „Assenkorb“ oder „Esskogel“, welche über dem Frischherd aufgeführt wird, zur Abführung der Hitze und zum Auf- fangen der Funken, also zum Schutz der Menschen und Gebäude. Wie aus den alten Rechnungen der Gittelder Eisenhütten hervorgeht, war die Feueresse des Frischherdes am Harz, wo sie „Assekorb“ hiess, wirklich wie ein umgestülpter Korb aus einer Art Flechtwerk von dünnem Stammholz oder Zweigen, welches dick mit Lehm verschmiert wurde, hergestellt; in andern Gegenden war sie gemauert und zwar als viereckiger, pyramidaler Turm von 10 bis Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. 15 m Höhe. Gewöhnlich wurde indessen der untere Teil mit senk- rechten Wänden aufgeführt und auf diese dann die Pyramide, welche die eigentliche Esse bildete, aufgesetzt. Dieselbe hatte an der Basis eine lichte Weite von etwa 2 m im Quadrat, während die obere Öffnung ½ m Seitenlänge hatte. Die Arbeitsseite, d. h. die nach der Hütte zugewandte Seite, von welcher aus der Frischer den Herd bediente, war stets frei. Öfter blieb aber, um den Herd noch Fig. 68. zugänglicher zu machen, auch noch eine der daranstossenden Seiten frei, indem man das darüber befindliche Mauerwerk mit einer Trag- säule unterfing. Obenstehende Skizze (Fig. 68) aus Swedenborgs Werk De ferro zeigt eine schwedische Frischesse von solcher Bauart aus dem Anfange des vorigen Jahrhunderts. Die zweite offene Seite lag dann stets der Formwand gegenüber. Diese und die Hinterseite blieben geschlossen. Das Mauerwerk war mit Eisenschliessen zu- sammengehalten und im Inneren der Esse waren zuweilen Funken- bleche in Zickzackstellung angebracht. Die Feuergrube selbst war in frühester Zeit nur aus Lehm und Kohlenlösche gestampft. Bei der steirischen Löschschmiede wurde 15* Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. der Herd aufgemauert, ähnlich wie wir dies bei den Katalanschmieden früher bereits kennen gelernt haben Siehe Bd. I, S. 793. . Doch brachte man auf der Arbeitsseite bereits ein mit Löchern zum Ablassen der Schlacke ver- sehenes Blech, das „Sinterblech“, an, während man die Formseite, an der sich die meisten Ansätze bilden, die mit dem Spiess weggestossen werden müssen, durch eine stärkere, 2 bis 3 Zoll dicke Eisenplatte, den sogenannten „Abbrand“, schützte. Die Hinter- und Windseite waren dagegen immer gemauert, und zwar waren die Wände nach rückwärts gelehnt in einem Winkel von 80 bis 85 Grad und liefen in einer abgerundeten Ecke zusammen. Die Hinterseite (Wolfseite) war zirka ½ m erhöht durch die „Wolfmauer“. Den Boden pflegte man aus einer Steinplatte zuzurichten. Bei der deutschen Aufbrech- schmiede, wo viel energischer im Herde gearbeitet werden musste, schützte man dagegen sämtliche Wände und den Boden durch eiserne Platten, oder richtiger gesagt, man baute den ganzen Frischherd aus Eisenplatten zusammen. Die Seitenplatten hiessen in Deutschland „Zacken“ (Taken), in Steiermark und Österreich „Abbränder“, in Kärnten und Krain Steine oder Feuerplatten, der Herdboden hiess auch Frisch- oder Feuerboden. Die Zacken, welche man in Deutsch- land aus dem Hochofen goss, wurden nach den vier Herdseiten unterschieden, als 1) Vorder-, Arbeits- oder Schlackenzacken, auch Vorherd-, Essbank-, Sinter- oder Rolplatte; 2) die Eisenplatte der Formseite hiess der Formzacken, in Österreich auch Esseisenplatte; 3) gegenüber lag der Gicht-, Wind- oder Rührzacken (welsch Ria); 4) der Arbeitsseite gegenüber der Hinterzacken, auch Aschen- oder Wolfszacken genannt. Doch verstand man unter Aschenzacken gewöhnlich eine zweite, auf den Hinterzacken lose aufgesetzte Platte, welche den Zweck hatte, die durch die Flamme in die Esse getriebene Asche zurückzuhalten und zu verhindern, dass sie nicht in den Herd zurückfalle. War ein besonderer Schlackenzacken vorhanden, so be- fand sich in demselben entweder eine grosse Öffnung oder es waren in demselben mehrere über einander liegende Löcher zum Ablassen der Schlacken angebracht, welche nur mit Kohlenlösche zugestopft wurden. Die vier Zacken erhielten in der Regel aber nicht immer eine gleiche Höhe, und zwar war die Höhe des Formzackens massgebend. Auf den Vorderzacken oder das Sinterblech wurde häufig eine be- sondere, 52 mm dicke eiserne „Essbank“ horizontal aufgelegt, ebenso Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. auf den Windzacken die „Gichtplatte“. Den Aschenzacken haben wir bereits oben erwähnt. Bei dem deutschen Frischherd war der Frischboden gewöhnlich kleiner als der innere Herdraum, um ihn nach Bedürfnis höher oder tiefer legen zu können, bei den übrigen Frischmethoden war er dagegen grösser. Die Zacken standen meist nicht senkrecht zum Boden, sondern waren nach aussen oder nach innen geneigt. Der Formzacken war meist in den Herd geneigt, um den Wind dem Herdboden zuzulenken und den Rückprall des- selben zu verhindern. Die übrigen Zacken waren dagegen meist aus dem Herde geneigt. Die Abweichungen der Neigung der Frisch- zacken gab zunächst Veranlassung zu der Mannigfaltigkeit der Herd- zustellungen, die wir bei den verschiedenen Frischmethoden kennen lernen werden. Ebenso bildeten die Zacken von oben gesehen oft kein Quadrat, indem die Platten von verschiedener Länge waren. Die Windform bei den Frischfeuern hatte stets eine — mehr oder weniger — geneigte Lage, man nannte dies das „Stechen“. Die Form oder das „Esseisen“ war von Kupfer, in dieselbe mündeten die zwei Balgdüsen (Tiesen — Deuten), die in der Regel von Eisenblech waren. Die normale Gestalt war so, dass die Fläche des Bodens mit der der Mündung einen rechten Winkel bildete; war dieser Winkel kleiner als ein rechter, so sagte man, die Form sei überfeilt oder sie habe ein „Untermaul“; war der Winkel grösser als ein rechter, so war die Form unterfeilt oder hatte ein „Übermaul“; seitliche Abweichungen hiessen Vorder- oder Hintermaul. Es ist einleuchtend, dass diese Stellung der Formmündung grossen Einfluss auf die Richtung des Windes hatte. Fig. 69. Fig. 70. Diese allgemeinen Bemerkungen werden genügen, das Verständnis der Beschreibung der Frischmethoden zu erleichtern und kehren wir jetzt zur Schilderung der siegenschen Einmalschmelzerei zurück. Der Frischherd, in welchem dieselbe in diesem Jahrhundert ausgeführt wurde, ist in obenstehender Skizze (Fig. 69 und 70) dargestellt Siehe Tunner , a. a. O., Bd. II, S. 140. . Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. Die Form c war halbrund, 33 mm breit, 26 mm hoch und so stark geneigt, dass der Windstrom im letzten Viertel der Herdlänge den Boden traf. Die Düsen d waren kreisrund, 22 mm weit. An Stelle des Zackens befand sich an der Arbeitsseite ein vierseitiges Gehäuse a , durch welches man bequem mit einer Brechstange nahezu horizontal längs des Bodens hinfahren konnte. Das Abstechen der Schlacke geschah gleichfalls durch dieses Gehäuse, indem die ein- geführte Brechstange langsam zurückgezogen wurde. Der Raum b , Vorherd genannt, blieb bei der Arbeit mit Lösche gefüllt. Das Ge- bläse bestand aus zwei Lederbälgen, die jedoch einen sehr gepressten Windstrom, angemessen den harten Kohlen, lieferten. Man arbeitete in der Regel mit zwei Herden, aber nicht gleich- zeitig, sondern der eine löste den andern ab. Der Hammerschlag bestand aus einem Aufwerfhammer von 400 kg Gewicht und 1,256 m Hub, mit einer kaum 52 mm breiten Bahn, während der Amboss eine halbkreisförmige Bahn hatte. Diese eigentümliche Konstruktion hatte der Hammerschlag deshalb, weil die ganze grosse Luppe vorerst zu einer einzigen Massel zusammengedrückt, diese sodann sehr in die Länge gereckt und schliesslich durch den Hammer selbst zu zwei Stücken durchgeschlagen wurde. Aus diesen wurde nur grobes Materialeisen von quadratischem Querschnitt von nahe 52 mm Seiten- länge, „Kolben“, niemals fertiges Grobeisen ausgeschmiedet. Das Roheisen wurde in Form vom Gänzen (und darauf gelegten Brocken) vorerst über der Gichtplatte unter einer Neigung von 25 bis 30 Grad in den Herd so weit vorgerückt, dass es einzuschmelzen begann. Von der Arbeitsplatte aus wurden über die Form die beiden Masselstücke zum Ausheizen eingehalten. Vor allem schmolz man jedoch einige Garschlacken, „Schwallbrocken und Stockweich“, ein. Jedes Masselstück erhielt zwei Hitzen, die anfangs, solange der Herd sich noch nicht gehörig in Saft befand, trocken und sengend waren, wodurch gewöhnlich die erste Hälfte des Stabes unganz und schalig erschien. Waren die Massel und Kolben aus dem Herde ent- fernt, was in 1½ bis 2 Stunden erreicht war, so wurde auch von der Arbeitsseite aus eine Roheisenganz eingelegt. Das während der ersten Periode nur auf der Gichtseite nieder- schmelzende Roheisen wurde öfters mit der Brechstange nach der Mitte des Herdes und durch die Öffnung a nach oben mehr vor den Wind geschafft und dadurch das Garen befördert. Darin lag schon eine gewisse Ähnlichkeit mit der Arbeit bei der deutschen Frischschmiede. Doch blieb das siegensche Frischen mehr eine wirkliche Einmal- Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. schmelzerei als die Brechschmiede, indem nur die zuerst nieder- schmelzenden Eisenpartieen durch das erwähnte Arbeiten mit der Brechstange in der Gare beschleunigt wurden. — War auf diese Weise ein garer Frischboden erzielt, so wurde mit der Brechstange von unten noch bisweilen gelüftet, aber nicht mehr durchgebrochen. — So oft mit der Brechstange von unten im Herde gearbeitet wurde, liess man beim Zurückziehen der Stange Schlacke abfliessen. Dadurch blieb der Feuergang ein trockener, wodurch der Frischprozess be- fördert, zugleich aber der Eisenabbrand vermehrt wurde. Durch die starke Windpressung und den verhältnismässig flachen Herdbau war der Feuergang überdies ein hitziger, daher besonders in der letzten Periode, wo der Boden in die Nähe der Form gerückt war, viel „Dünneisen“ sich einstellte. Dünneisen war ein halbflüssiger Zustand des mehr oder weniger gefrischten Eisens, der dann eintrat, wenn die Temperatur im Herde sich sehr erhöhte, was zumeist erst gegen Ende des Garfrischens geschah, weil dann mehr Eisen verbrannte und sich der Frischboden erhöhte, die Hitze also auf einen kleineren Raum eingeschränkt wurde. Man brach das Dünneisen, das durch den Wind nach dem Rande getrieben wurde und da erstarrte, in Brocken los und hob es vor die Form, wo es unter Aufkochen frischte. Bei diesem Verfahren wurden 300 bis 350 kg Roheisen zu einer Luppe eingeschmolzen, die in nur drei Stunden gar gefrischt waren. Trotz diesem raschen Gange fiel ein gutes Eisen, dessen Güte durch eine nachträgliche gute Schweissung noch sehr erhöht wurde. Viel trug dazu die Qualität des Roheisens, besonders dessen Mangangehalt bei. In einer siegenschen Frischhütte mit zwei Herden und einem Hammer- schlag frischten vor 50 Jahren fünf bis sechs Mann in 24 Stunden acht bis neun Luppen, welche an 2000 kg Materialeisen als Kolben ergaben. Der Eisenabbrand betrug 25 Prozent, der Kohlenaufwand 6 Kubikfuss Buchenkohle pro Zentner. In der älteren Zeit war der Hammerschmied gebunden, aus einem Stalln Roheisen, = 75 kg, eine Wag Schmiedeeisen, = 60 kg, zu schmieden, was also einem Abbrand von nur 20 Prozent entspräche. Da aber der beste Hammer bei gutem Gange nur sieben Wag, = 420 kg, in 24 Stunden lieferte, so lässt sich schliessen, dass damals nur ein Herd benutzt wurde, und dass die Einsätze viel kleiner waren, indem dieselben vermutlich für jede Charge nur einen Stalln = 75 kg betrugen und dass der Hammerschmied das gefrischte Eisen sogleich zu fertigem Stabeisen ausschmiedete. Dies wird auch durch die Überlieferung bestätigt. Die Arbeit mit den grossen Luppen und Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. den schweren Hämmern, „die Reckeisenschmieden“, wurde erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts im Siegerlande eingeführt, während man vorher nur „Kleineisenschmieden“, welche viel kleinere und einfachere Herde und leichtere Hämmer hatten, besass. Unsere obige Schilderung, welche ein Reckeisenfeuer aus der letzten Zeit ihres Bestehens, aus den vierziger Jahren unseres Jahrhunderts, beschreibt, ist demnach eigentlich verfrüht. Wir haben sie aber trotzdem hier schon gebracht, weil wir über die alten Kleineisen- feuer genaueres nicht wissen und die Reckeisenschmiede aus den Kleineisenschmieden nur durch Vergrösserung der Herde und Hämmer hervorgegangen sind. Das Wenige, was wir über die siegenschen Kleineisenschmiede des 16. Jahrhunderts wissen, werden wir bei der Geschichte des Siegerlandes mitteilen. Ganz abweichend von dem Verfahren im Siegerlande entwickelte sich die Frischarbeit in der westfälischen Mark und einem Teile des Sauerlandes, welche als märkische Osemundschmiede bekannt war. Der Name Osemund stammt wahrscheinlich aus dem Schwedischen Siehe Bd. I, S. 803 bis 829. , denn so hiess das halbfertige Eisen, das Produkt der Bauernöfen, welches durch den hanseatischen Handel aus Schweden nach Deutsch- land kam und seiner Güte wegen geschätzt wurde. Nicht nur in dem Gebiete der Städte Danzig und Lübeck wurde dasselbe verarbeitet, sondern es wurde auf weiten Wegen bis nach Westfalen verführt Siehe Eversmann , Übersicht der Eisen- und Stahlerzeugung auf Wasserwerken in den Ländern zwischen Lahn und Lippe, 1809, S. 215. , in die Gegend, die seit alters her der Hauptsitz der Drahtfabrikation und der Panzermacherkunst war, denn kein Eisen gab so feinen und doch starken Draht. Ursprünglich bestand die Darstellung des Ose- mundeisens nur darin, dass man den rohen Osemund aus Schweden, ganz wie in Steiermark die Halbmasseln der Stücköfen, in einem Herde, der wohl auch nur ein Löscheherd gewesen sein wird, aus- heizte und in wiederholten Hitzen zu Stäben, welche das Material für die Drahtbereitung lieferten, ausschmiedete. Als aber im Laufe des 16. Jahrhunderts die Ausfuhr des rohen Osemund aus Schweden, durch dessen Könige aus dem Geschlechte der Wasa eingeschränkt und zeitweilig gänzlich verboten wurde, sahen sich die märkischen Osemundschmieden gezwungen, Ersatz für das schwedische Eisen zu schaffen. Da inzwischen die Frischarbeit überall Eingang gefunden hatte, so fanden sie denselben in dem vorzüglichen Roheisen aus den Herrschaften Sayn-Altenkirchen und Siegen, welches sie durch ein Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. ganz eigentümliches Frischverfahren zu vorzüglichem Drahteisen zu verarbeiten lernten. Diese Frischarbeit behielt den Namen der Ose- mundschmiede deshalb bei, weil das Drahteisen nach wie vor unter dem alten Namen Osemund an die Drahthütten verkauft wurde, trotzdem das neue Verfahren von dem früheren wesentlich verschieden war. Die Osemundschmiede ist eine Anlaufschmiede im vollsten Sinne des Wortes. Alles gefrischte Eisen wird an dem glühenden Ende einer Eisenstange angeschweisst, d. i. „anlaufen“ lassen, und in dieser Form als „Anlauf“ dem Schmelzherd entnommen Vergl. Karsten , Handbuch der Eisenhüttenkunde 1816, Bd. II, S. 482. . Man schmolz dabei grelles Roheisen, und zwar von einer über dem Hinterzacken eingesetzten Ganz vor der Form jedesmal soviel gar ein, als zu einem Kolben erforderlich war. Das Eisen, welches sich vor dem Winde gefrischt hat, wird sofort als Anlauf aufgefangen und ausgeschmiedet. Diese Osemundschmiede erfordert daher ein vorzüglich reines, gar- schmelziges Eisen und verursacht eine angestrengte Arbeit, weil das Anlaufenlassen und Ausschmieden ununterbrochen wechseln. Gare Zuschläge sind unerlässlich und die Arbeit kann nicht beginnen, ehe ein Bad von Garschlacken, Schwahl- und Hammerschlacken, der soge- nannte „Kloot“, eingeschmolzen war. Die Breite des Herdes vom Form- zum Gichtzacken betrug 0,36 m, die Länge 0,80 m; der Boden war aber nur 0,50 m lang, indem der ganze Vorherd mit Lösche aus- gestampft wurde. Das Feuer war 0,20 m tief und die Form 0,20 m vom Hinterzacken entfernt. Sie ragte 6 cm in den Herd und hatte ein ausserordentlich starkes Stechen. Man wendete einen sehr hef- tigen Wind an und liess das Roheisen 0,15 bis 0,18 m über der Form schmelzen, um es flüssig in den Windstrom zu bringen. Der Gicht- zacken stand deshalb auch 20 cm höher als die Form. Beim Schmelzen wurde die Ganz der Form bis auf 18 cm genähert und die nieder- gehenden Roheisentropfen erhielten teils durch den Wind, teils durch die garen Zuschläge im Herde die nötige Gare. Deshalb backten sie bald zu mehreren kleinen Brocken zusammen, welche der Frischer mit einem Handspiess lüften und vor den Wind führen musste, während er eine Anlaufstange in das Feuer brachte und sich bemühte, die kleinen Frischklumpen an der Anlaufstange anschweissen zu lassen. Dies ge- schah unter fortwährendem Umdrehen in dem Windstrome. Waren auf diese Weise etwa 10 kg Eisen angelaufen, so wurde der Kolben aus dem Feuer genommen, sogleich ausgeschmiedet, von der Anlaufstange abgehauen und diese wieder zum Anlaufen eingehalten. Meistens war Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. alle Viertelstunde ein Anlaufkolben fertig, weshalb mehrere Anlauf- stangen im Gebrauch sind. Je flüssiger und garer das Schlackenbad im Herde und je grösser die Hitze war, in welcher das Eisen durch- gewirkt wurde, desto vorzüglicher war es in der Güte. Die Kleinheit der Kolben trug dazu wesentlich bei. Das märkische Osemundeisen war berühmt wegen seiner Weich- heit, verbunden mit Zähigkeit. War der Kohlenverbrauch gross, infolge der kleinen Luppen, so sparte man dagegen das Ausheizen zum Verschmieden; er betrug pro 100 kg etwa 46 Kubikfuss oder 166 kg bei einem Abbrande von 25 Prozent. Zum Ausrecken bediente man sich leichter Schwanzhämmer. Das Eisen für die Drahthütten wurde in Stäben von etwa 3 m Länge, welche nicht abgeschlichtet wurden, sondern die Hammerbisse deutlich zeigten, gezaint, für andere Zwecke wurde es unter dem Namen Land- oder Knüppeleisen in kurze Schienen (Knüppel) von etwa 1 m Länge und 10 kg Gewicht geschmiedet. In anderer Weise gestaltete sich die Frischarbeit da, wo man es hauptsächlich mit grauem Roheisen, welches schwerer frischte, zu thun hatte. Dies war in den meisten Gegenden sowohl Deutschlands als auch Frankreichs der Fall. Hier fand die als deutsche Frisch- schmiede bekannte Aufbrechschmiede die allgemeinste Ver- breitung. Zuerst begegnen wir derselben als Schwabenschmiede in Süddeutschland, besonders im südlichen Baden und Württemberg. Schmilzt man graues Roheisen in einem Frischfeuer ein, so gelingt es nicht, dasselbe durch ein einmaliges Niederschmelzen vor dem Winde zu entkohlen, es gelangt vielmehr bei dem ersten „Rohein- schmelzen“ in einem noch ganz rohen Zustande auf den Herdboden. Eine teilweise Entkohlung ist allerdings dann schon eingetreten, namentlich wird aber bei diesem ersten Schmelzen aller graphitische Kohlenstoff in den gebundenen Zustand übergeführt. Der ganze Vor- gang ist also nur eine Vorbereitung des Eisens für das folgende Einschmelzen, das eigentliche Frischen, und entspricht in gewisser Beziehung dem Hartzerennen oder dem Feinprozess. Es unterscheidet sich aber von diesem wieder darin, dass das Eisen nicht als flüssige Masse auf dem Herde sich sammelt, sondern dass man einen teig- artigen Zustand anstrebte und dessen Bildung, wenn nötig, durch auf Gar- und Kaltgang wirkende Mittel: als schwacher Wind, Ablöschen mit Wasser, kalte, gare Zuschläge, unterstützte. Die ganze Masse wurde alsdann aufgebrochen, und zwar zumeist in einzelnen Brocken, Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. und wieder über den Wind gebracht, und zum zweiten Male nieder- geschmolzen. Dies hiess das erste Rohaufbrechen, dem das zweite Roheinschmelzen folgte. Bei letzterem wurde auch noch nicht die vollständige Gare erzielt, sondern es entstand durch dieses zweite Frischen eine stahlähnliche Masse. Diese war schon weit fester und wurde entweder in einer Masse oder in nur wenigen grösseren Brocken aufgebrochen; dies hiess das Garaufbrechen. Das hierauf folgende letzte Niederschmelzen, wobei eine Luppe von weichem Eisen erhalten wurde, hiess das Gareinschmelzen oder Luppenmachen. Bei diesem traten denn auch wieder verschiedene Abweichungen ein, je nachdem die Luppe im ganzen ausgebrochen wurde oder ein Teil des nieder- schmelzenden garen Eisens auf einem eisernen Spiess, dem sogenannten „Anlaufstab“, gesammelt und von Zeit zu Zeit ausgeschmiedet wurde, was „Anlaufnehmen“ genannt wurde, oder dass Teile der schon unter der Form gesammelten garen Masse herausgerissen an den schweissen- den Anlaufstab geklebt und nach wiederholtem Hitzen ausgeschmiedet wurden, was man mit „gezwungenem Anlauf“ oder „Judenfrischen“ bezeichnete. Schon dieser flüchtige Überblick zeigt, wie viele Modifikationen bei der Aufbrechschmiede möglich sind und vorkommen. Die schwäbische Schmiede oder die gewöhnliche deutsche Frischschmiede war von diesen wohl die älteste. Weil sie nur mit kleinen Luppen von 75 bis 100 kg Roheiseneinsatz arbeitete, bezeich- nete man sie auch als Kleinfrischerei. Es wurde sehr verschiedenes Roheisen dabei angewendet, oft das allergeringste. Der Frischherd war immer mit Zacken ausgesetzt; die Bodenplatte zuweilen von unten durch Wasser oder Wind gekühlt und am Arbeitszacken befand sich ein grösseres, viereckiges Schlackenloch, höher oben waren mehrere kleine, runde Schlackenlöcher angebracht. Der Windzacken war nach aussen geneigt. Die Masse eines schwäbischen Herdes für 100 kg Roheiseneinsatz giebt Tunner A. a. O., Bd. II, S. 203. folgendermassen an: Die Länge des Herdes am Boden betrug 21 Zoll, in der Formhöhe 22 Zoll, die Breite 27 Zoll, die Tiefe von der Form nieder 9 Zoll, von der Arbeitsplatte aber 12 Zoll. Unter der 2½ Zoll dicken Bodenplatte befand sich ein Rohr zur Kühlung. Der Schlackenzacken hatte unten einen quadratischen Ausschnitt von 3 Zoll, um erforderlichen Falls mit der Brechstange unter das Schmelzgut gelangen zu können, ausserdem noch sechs Stichlöcher übereinander bis zur Form- Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. höhe. Die Form hatte 6/4 auf 5/4 Zoll Öffnung und hatte 5 Grad Neigung. Der Herd wurde in der Weise vorbereitet, dass man den Boden und hauptsächlich die Ecken mit Lösche ausschlug. Darauf kam ein Bett von Garschlacken, das nach der Windseite zu am stärksten wurde. Hierauf wurde das Roheisen eingesetzt und zwar auf der Windseite am besten in regelmässigen Stücken in der Weise, dass zum gleichzeitigen Ausheizen der Massel der nötige Raum vor der Form frei blieb. Da auch bei dieser Frischmethode in der Regel nur Materialeisen, also Schmiedeisen in groben Dimensionen, geliefert wurde, so waren gewöhnlich bloss zwei grosse Massel auszuschweissen, welche gleichzeitig nebeneinander Platz hatten. Wollte man Stabeisen er- zeugen, so wurden die ausgeheizten Massel in mehrere Kolben zer- teilt, aus denen die kleineren Stäbe geschmiedet wurden. Dies ver- zögerte aber das Ausheizen sehr, von 5/4 bis zu 9/4 Stunden. Während des Ausschweissens wurde das eingesetzte Roheisen öfters gelüftet und, je nachdem es die auszuheizenden Stücke ermöglichten, der Form genähert. Da bei der schwäbischen Schmiede die ganze Eisenmenge gleich anfangs ausgeheizt werden musste, so schmolz viel Garschlacke ab, welche das Garen des eingeschmolzenen Roheisens beförderte. War die Ausheizperiode kurz und das einzuschmelzende Roh- eisen schwer frischend, so dauerte es nach beendetem Ausheizen noch ¼ bis ¾ Stunden, bis alles Roheisen eingeschmolzen war. In einem solchen Falle wurde oft vor beendetem Einschmelzen zu oberst etwas Rohschlacke abgestochen und Gar- oder Hammerschlacke auf der Gichtseite nachgetragen; jedenfalls geschah dies bei schwer frischendem Eisen nach vollbrachtem Einschmelzen, um das Eisen bald in jenen teigartigen, halbstarren Zustand zu bringen, der für das Rohaufbrechen notwendig war. Das Aufbrechen selbst musste mit Kraft und Be- händigkeit und nach einer gewissen Ordnung vollbracht werden. In der Regel wurde in der von der Arbeitsseite oder dem Vorherde und dem Formzacken gebildeten Ecke begonnen, indem man mit der steil eingeführten Brechstange nach der diagonal gegenüberliegenden Ecke durchbrach. Sodann wurde am Boden längs des Formzackens durch- gebrochen und das Eisen nach der Herdmitte gewuchtet. Darauf wurde der Formzacken selbst gereinigt, indem man nach dieser Wand unter der Form durchbrach und nach der Herdmitte wuchtete, wobei man besonders danach trachtete, die am hinteren Ende der Formwand angesammelte Masse hervor und nach der Mitte zu bringen. Hierauf wurde mit der Brechstange zur Ecke zwischen Vorherd und Wand- Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. zacken gegangen. Daselbst wurde vorerst wieder am Boden nach der diagonal gegenüberliegenden Ecke durch- und aufgebrochen, sodann am Boden dem Windzacken entlang und dann vom Wind- zacken selbst nach der Mitte gebrochen. Zuletzt wurde von der Mitte des Schlackenzackens am Boden durchgefahren, um etwa noch am Boden befindliche Teile loszubrechen, den Vorherd zu reinigen und die in der Herdmitte von allen Seiten angesammelte Masse über den Windstrom zu heben. Bei diesem oft beschwerlichen Aufbrechen diente die eiserne Arbeitsplatte als Stützpunkt für die Brechstange, wie auch die Eisenauskleidung des Herdes notwendig war, um den Stössen und Schlägen der Brechstange widerstehen zu können. Gewöhnlich wurden die aufgebrochenen Teile mit der Brech- stange so hoch gehoben, dass diese auf der Arbeitsplatte eine hori- zontale Lage erhielt. Nur bei einem schlackigen Gange pflegte man höher aufzubrechen, um der vielen eisenreichen Schlacke durch eine vermehrte Berührung mit den Kohlen wieder Gelegenheit zur teil- weisen Reduktion zu verschaffen. Immer aber musste die aufgebrochene Masse von Kohlen bedeckt erhalten werden. Die letzte Arbeit mit der Brechstange nach dem Aufbrechen war gewöhnlich die Reinigung der Formmündung und eine solche Anordnung der aufgebrochenen Teile, dass der Wind frei darunter blasen konnte. Die im Herde zurückgebliebene Schlacke bildete mit der aus der aufgebrochenen Masse abfliessenden eine neue Kruste am Herdboden, die dem nach- schmelzenden Eisen als Unterlage dienen musste. Das nun zum zweiten Male vor dem Winde niederschmelzende Eisen musste jeden- falls viel garer als das erste Mal zu Boden gelangen und sich als strengflüssiger daselbst wenig ausbreiten, um so weniger, als in dieser Garperiode mit schwächerem Winde gearbeitet wurde. Dadurch baute es sich vor der Form auf und reichte bald in die Nähe derselben, ehe noch die Hälfte des ausgebrochenen Eisens wieder eingeschmolzen war. Es bildete sich vor der Form eine Schale oder Pfanne, aus der die Schlacken in grossen, weissen Proben unmittelbar vor der Form in die Höhe getrieben wurden. In diesem Zustande wurde das Eisen vom Winde rasch oxydiert. Um dem entgegenzuwirken, brach man diese gare Partie wieder auf und schaffte dadurch zugleich dem nach- schmelzenden Eisen von neuem Raum unter und vor der Form. Dieses wiederholte sich mehrmals, bis nach mehrfachem, meist vier- maligem Aufbrechen Eisen und Schlacken sich vollständig geschieden hatten, derart, dass die Schlacke ein Bad am Herdboden bildete, während alles Eisen sich über dem Windstrome in einer mehr oder Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. weniger porösen, zusammengeklebten, hell aussehenden Masse befand, aus der kein rohes, leichtflüssigeres Eisen mehr aussaigerte. Alsdann war die Periode des Frischens mit Aufbrechen beendet. Je mehr das Eisen in dieser Periode mit Kohlen bedeckt blieb, je geringer war der Abbrand, je weniger, je rascher ging das Frischen vor sich, aber auf Kosten der Güte und des Ausbringens. Nun wurde zum Luppenmachen geschritten. Zunächst wurde der Herd sorgfältig gereinigt und alle kleinen Eisenbröckchen mit der Hauptmasse vereinigt. Dann wurde diese mit Stangen und Haken derart gerückt und geordnet, dass sie in der grössten Hitze vor der Form niedersank und das Einschmelzen der Luppe rasch erfolgte. Zu diesem Zwecke wurde der Wind verstärkt. Man sorgte dafür, dass die Form rein blieb und der Wind überall Durchgang fand. Musste man Schlacken abstechen, so sollte dies erst gegen Ende des Luppenmachens geschehen. Bildete sich Dünneisen, so wurde der Wind geschwächt, was überhaupt gegen Ende des Prozesses geschehen musste. Alle zerstreuten Eisenpartieen wurden mit Stangen und Haken an die Luppe festgedrückt und geschlagen, um sie an dieselbe an- zuschweissen. War alles eingeschmolzen und die Luppe geebnet, so wurde noch eine Schaufel feiner Hammerschlacke aufgesetzt und mit dem Haken eingerührt. Zeigte sich hierbei an der Spitze des Hakens kein anklebendes Dünneisen, so wurde der Wind eingestellt und zum Aufbrechen der Luppe geschritten. Bei guter Schmelzung durfte die Luppe an keiner Seite des Herdes festsitzen, was am ersten unter der Form eintrat. Die erhaltene Luppe wurde unter dem Hammer zu einem Stücke gedrückt und dieses dann in der Mitte in zwei Massel zerteilt. Je kleiner die Luppe oder der Eiseneinsatz war, je besser hat sie der Frischer in der Gewalt, je gleichförmiger fiel das Produkt aus. Da- gegen konnte der Frischer, je geschickter und fleissiger er war, um so grössere Eisenmengen regieren und um so mehr Stabeisen bei nahezu demselben Kohlenaufwande erzeugen. Zuweilen wurde in der Periode des Garens und Luppenmachens Anlaufeisen genommen, aber nur sogenannter „reiner Anlauf“. Dies geschah, indem man eine Eisenstange einlegte, an welche das herab- tropfende reine Eisen anschweisste. Man beförderte die Bildung des Anlaufs durch öfteres Wenden der Anlaufstange. Auf diese Art er- hielt man ein sehr reines Eisen, das besonders zu Draht verarbeitet wurde. Doch nahm man nicht mehr als 15 bis 20 Prozent als An- lauf, indem die übrige Luppe entsprechend weniger gut ausfiel. Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. Das Arbeitspersonal bei einem Feuer und dem dazu gehörigen Hammerschlage bestand aus drei Mann: dem Frischer, dem Schmied und dem Wassergeber. Jeder Frischer musste des Schmiedens und umgekehrt jeder Schmied des Frischens kundig sein, damit sie sich gegenseitig ablösen konnten. Jeder Frischer hatte dabei seine ge- frischte Luppe selbst auszuschmieden. Die Erzeugung eines Feuers betrug um 500 kg in 24 Stunden, der Eisenverlust 18 bis 25 Prozent, der Kohlenverbrauch 17 bis 24 Kubikfuss auf 100 Pfund Eisen. Je weniger Kohlenverbrauch, je grösser war der Abbrand. Als weiches Eisen war das Eisen der Schwabenschmieden gut, weniger, wenn das Eisen hart fiel. Je kleiner die Luppen, je besser war die Qualität, je grösser aber auch der Kohlenverbrauch. Am Rhein bildete sich aus der deutschen Brechschmiede für schwer frischendes Eisen ein abweichendes Verfahren aus, welches darin bestand, dass man das Roheisen ganz roh einschmolz, so dass man es gar nicht aufbrechen konnte, ohne es vorher stark abzukühlen. Man nannte dies das Kaltfrischen , auch Kaltbläserarbeit oder rheinisches Frischen im Gegensatz vom eigentlichen deutschen Frischen, dem Warmfrischen . Sobald das Eisen geschmolzen war, suchte man die flüssige Eisenmasse bis zur völligen Erstarrung da- durch kalt werden zu lassen, dass man das Gebläse abschätzte, die Schlacke vor dem auf dem Boden befindlichen Eisen mit der Herd- schaufel wegscharrte und Wasser darauf goss. War so die Arbeit zehn Minuten bis eine halbe Stunde unterbrochen, so wurde der ganze erstarrte Eisenklumpen aufgebrochen, umgewendet, Kohlen und häufig auch eine Quantität Quarzstücke darunter gebracht und noch einmal langsam eingescholzen. Bei diesem zweiten Einschmelzen wurde das Eisen zur Gare ge- bracht. Diese Arbeit war für den Frischer recht bequem, weil er weder beim Einschmelzen noch beim Frischen im Herde zu arbeiten brauchte; die Unterbrechung der Arbeit, die grosse Abkühlung des Herdes, das Abkratzen der Schlacke, wobei Eisenverlust unvermeidlich war, machten aber dies Verfahren zu einem unökonomischen. Dennoch hat es Verbreitung gefunden und werden wir später darauf zurück- kommen. In Burgund, im nordöstlichen Frankreich und in Belgien ent- wickelte sich die Aufbrechschmiede aus denselben Anfängen wie in Schwaben und am Rhein in ähnlicher, aber doch wieder in be- sonderer Weise. Dieses Frischverfahren, welches unter dem Namen französische Schmiede, Franche-Comté-Schmiede oder Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. hochburgundisches Frischen (méthode Comptoise) bekannt ist, war folgendes Siehe Tunner , a. a. O., Bd. II, S. 207. : Man verwendete, wie bei der schwäbischen Schmiede, graues oder halbirtes Roheisen, welches mit Fichtenkohle eingeschmolzen wurde, und zwar nicht in Brocken, sondern von einem grossen Stücke, einer Roheisenganz, welche über den Hinterzacken eingerückt wurde, ab. Man beschleunigte den Frischprozess durch vieles und behendes Arbeiten mit der Brechstange und machte in der Regel kleine Luppen von 65 bis 75 kg Roheiseneinsatz. Die Arbeit war eine sehr an- gestrengte und darum von alters her die Einrichtung, dass der Frischer nur eine Luppe machte, dann seine Luppe schmiedete und danach erst wieder als Frischer für die Dauer einer Luppe, d. i. für 1½ bis 2 Stunden, eintrat. Nach vier Luppen, d. i. nach 6 bis 8 Stunden, traten drei andere Arbeiter in die Schicht, wovon wieder zwei ab- wechselnd Frischer und Schmieder waren, während der dritte Wasser- geberdienste verrichtete. Der Herd war im Vergleich mit dem Einsatze ziemlich gross, was durch das ungewöhnlich viele Arbeiten mit der Brechstange not- Fig. 71 a. Fig. 71 b. wendig wurde. Die Herdstellung war auf hitzigen Gang gerichtet. Obenstehende Skizze (Fig. 71 a und b) zeigt die Zustellung eines Comté- Herdes aus unserm Jahrhundert. Der Schlackenzacken, welcher eine grössere rechtwinkelige Öffnung und zu beiden Seiten je vier Stich- löcher hatte, war vier Zoll aus dem Herde geneigt. Während die Roheisenganz zum Einschmelzen auf Rollen über den 30 bis 40 m hohen Hinterzacken vorgeschoben wurde, erfolgte gleichzeitig das Ausheizen der von der letzten Luppe erhaltenen zwei Schirbel. Ganz und Luppe lagen gegeneinander, wie aus der Skizze ersichtlich, und musste Vorsicht gebraucht werden, dass sie sich nicht berührten. Das Ausheizen dauerte, da nur Materialeisen oder Grobeisen dar- gestellt wurde, längstens 5/4 Stunden; in dieser Zeit war auch die Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. 65 bis 80 kg schwere Roheisenganz eingeschmolzen. Die bereits ab- geschmolzenen Partieen wurden mit der Brechstange nach der Mitte und vom Boden vor die Form geschafft. Hierdurch und durch Ein- tragen garer Zuschläge auf der Windseite wurde das Garen unter- stützt, auch wurde schon in dieser Periode wiederholt Schlacke ab- gestochen, um das Frischen durch den Wind zu beschleunigen. Je roher der Gang sich zeigte, desto häufiger wurde mit der Brech- stange schnell hintereinander durch das flüssige Eisen gefahren. Das an der Stange hängen bleibende Eisen, die „Spiessvögel“, wurde abgeschlagen und wieder oben auf das Feuer gelegt. Durch dieses Arbeiten mit der Stange wurde ein Kochen im Eisen veranlasst und dadurch das Garen beschleunigt. Bei leichtgarendem Eisen war es möglich, dass schon nach vollendetem Einschmelzen eine solche Gare im Eisen erreicht wurde, dass sogleich zum Garaufbrechen geschritten werden konnte, in der Regel ging aber diesem ein ein- oder mehr- maliges Rohaufbrechen voraus. Das Aufbrechen, wie das Luppen- machen geschah ähnlich wie bei der schwäbischen Schmiede, nur wurde dabei mit mehr Wind gearbeitet, wodurch die Masse flüssiger blieb und musste der Frischer mehr mit der Brechstange arbeiten, wobei fortwährend die Spiessvögel, nach deren Beschaffenheit der Fortschritt der Arbeit beurteilt wurde, wieder aufgegeben wurden. Das Eisen der Comtéschmiede war von guter Qualität. Die Chargendauer betrug 1½ bis 2¼ Stunden. Die wöchentliche Produktion eines Feuers mit sechs Mann belief sich auf 3500 bis 4500 kg Grobeisen, der Kalo 20 bis 25 Prozent und der Kohlenverbrauch auf 100 kg Stabeisen betrug 34 bis 40 Kubikfuss (120 bis 140 kg). Wieder eine andere Entwickelung nahm der Frischprozess am linken Ufer des Niederrheins in den für die Eisenindustrie so wich- tigen Gebieten der Eifel, von Lüttich, Namur und dem Hennegau. Das dort heimische Frischverfahren heisst seit Jahrhunderten die „ Wallonschmiede “, hauptsächlich aus dem Grunde, weil Wallonen diesen Prozess in Europa verbreitet haben. So wurde dasselbe namentlich nach Schweden in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts durch Wallonen eingeführt und verdrängte vielfach die ältere deutsche Schmiede. Ob den Wallonen aber das Verdienst der ersten Erfindung dieses Verfahrens allein zusteht, erscheint zweifelhaft, viel- mehr ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Eifel und zwar ins- besondere das Schleidener Thal die Heimat dieses Prozesses gewesen ist. Jedenfalls hat sich hier das Verfahren in seiner altertümlichen, eigenartigen Weise am längsten erhalten. Es ist deshalb auch die Beck , Geschichte des Eisens. 16 Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. Eifeler Wallonschmiede , welche wir im folgenden beschreiben wollen. Was die Wallonschmiede im allgemeinen von den seither be- schriebenen Frischmethoden unterscheidet, ist, dass bei ihr eine grössere Arbeitsteilung durchgeführt ist, in der Art, dass das Ausheizen und das Frischen in zwei verschiedenen Herden vorgenommen wird. Hierdurch kann das Frischen beschleunigt, also eine grössere Produk- tion erzielt werden, und die Qualität wird verbessert, weil Frischer und Heizer ihre ganze Aufmerksamkeit nur auf eine Thätigkeit zu richten haben. In diesem Sinne ist die Wallonschmiede als ein Fortschritt im Frischverfahren zu bezeichnen. Was die Arbeit selbst anlangt, so ist sie dadurch charakterisiert, dass man dabei bestrebt war, rasch zu arbeiten und viele kleine Luppen hintereinander fertig zu machen. Bei den Eifeler Wallonschmieden, besonders bei denjenigen im Schleidener Thal, befanden sich Hochofen, Frischherd und Ausheiz- herd unter einem Dach. Das eigentümlichste war, dass hier der Frischprozess eigentlich schon im Hochofen eingeleitet wurde. Wir haben dieses merkwürdige Verfahren bereits bei den Hochöfen be- schrieben Siehe oben S. 204. . Dieses „Läutern“ hatte keinen andern Zweck, als das Eisen bereits im Hochofen selbst teilweise zu entkohlen, in ähnlicher Weise, wie es später in den englischen Feineisenfeuern geschah. Das so verbreitete, im Bruch weissglänzende Roheisen liess sich leicht bei einmaligem Einschmelzen verfrischen. Der Herd Siehe Tunner , a. a. O., Bd. II, S. 148. , in welchem dies ausgeführt wurde, hatte nur auf zwei Seiten eiserne Zacken, nämlich Form- und Hinterzacken, die beiden andern Seiten waren aus angefeuchteter Lösche hergestellt. Fig. 72a und b giebt die Darstellung eines Eifeler Wallonherdes. Der Formzacken war sehr niedrig und ragte nur 12 cm über den Boden, der Hinterzacken 30 bis 36 cm, beide waren in etwas stumpfem Winkel gegeneinander gestellt. Die Formmündung betrug 4 cm auf 2½ cm, die Formneigung 2 bis 6 Grad, also sehr flach, das Überliegen 10 bis 12 cm. Man schmolz mit Buchenkohlen und war die Windpressung eine entsprechend starke. Das Eisen wurde in Form einer langen Ganz von 30 cm Breite und etwa 20 cm Dicke von der Hinterseite in den Herd gerückt. Vorn ruhte die Roheisenganz während des Einschmelzens auf dem Rande des Hinterzackens, rückwärts auf einer untergeschobenen Walze, um vermittelst einer Wuchtstange, welche auf einer ver- Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. zahnten Unterlage a ihre Stütze fand, bequem vorgerückt werden zu können. Nachdem der Herd mit feuchter Lösche ausgeschlagen war, wurde er mit Kohlen gefüllt, diese entzündet und über denselben einige gare Schwalbrocken, etwas altes Eisen und einige Schaufeln Hammerschlacke aufgesetzt; zugleich wurde die noch kalte Roheisen- ganz über den Hinterzacken vorgerückt. Nach ¼ stündigem schwachem Blasen waren die garen Zuschläge und das alte Eisen eingeschmolzen und der Frischboden gebildet. Alsdann wurde die inzwischen bis Fig. 72 a. Fig. 72 b. zum Schmelzpunkt er- hitzte Ganz weiter vor- geschoben und der Wind verstärkt. Nach Bedarf wurden schaufelweise Kohlen, die meist aus Gestrüpp und Astholz erzeugt waren, in der Mitte nachgetragen, wäh- rend man am Rande, be- sonders an der Arbeits- und Windseite, durch feuchte Lösche oder durch Begiessen das Feuer ein- dämmte. Während des Einschmelzens der Ganz wurde mit der Brech- stange öfter das Schmelzgut am Boden gelüftet und von den Rändern nach der Mitte geschafft. Ebenso wurde mit der Brechstange die Form- mündung rein gehalten. Schlacken brauchten nur selten abgestochen zu werden, indem nur wenig Garschlacke vorgegeben wurde und der Gang im ganzen mehr trocken verlief. In dem Masse, als der Frisch- prozess in der Gare fortschritt, wurde das Einschmelzen beschleunigt, was durch Verstärkung des Windes und Vorschieben der Roheisen- ganz geschah. Während des Frischens wurden nur wenig gare Zu- schläge nachgetragen. Waren auf diese Weise 25 bis 35 kg Roheisen eingeschmolzen, so war das genügende Material für eine Luppe im Herde vorhanden. Das Einschmelzen wurde unterbrochen, indem man die Roheisenganz sechs bis acht Zoll in die Höhe hob und nun trachtete der Frischer mit der grossen Brechstange zwischen Form- zacken und Luppe zu kommen, wonach er letztere nach der Wind- 16* Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. seite zu wuchtete, um sie unter der Roheisenganz durch und dann erst in die Höhe zu bringen. Nach erfolgtem Ausbrechen der Luppe wird der Herd besonders vor der Form und in der hinteren Ecke von Ansätzen gereinigt. Diese wurden, wenn es nur verschlackte Masse war, aus dem Herde entfernt, die eisenreichen Partieen da- gegen nach der Mitte geschürt. Hierauf wurden frische Kohlen nach- getragen, die Roheisenganz wieder niedergelassen und bei mässigem Winde die nächste Charge eingeleitet. Die zweite und die folgenden Luppen schmolzen, weil alles schon vorgewärmt war, noch rascher ein als die erste. Um die Bildung eines guten Frischbodens zu be- fördern, gab man gern von Zeit zu Zeit etwas altes Eisen auf. Bei warmem Herde war gewöhnlich schon nach zehn Minuten die er- wünschte Gare erreicht, wonach der Wind verstärkt und die Ganz vorgeschoben wurde, wie oben geschildert. In dieser Weise wurde die Arbeit im Frischherde die ganze Woche durch fortgesetzt, indem die zwei vorhandenen Frischer sich alle sechs Stunden ablösten. Während dieser Zeit frischte einer acht bis zehn Luppen. Die aus dem Frischherde kommenden Luppen wurden sogleich unter einem etwa 200 kg schweren Aufwerfhammer zu Masseln gedrückt. Sie zeigten sich dabei infolge des trockenen, hitzigen Feuerganges nicht schlackig, sondern mehr körnig, dicht, warm, demnach sehr gar gefrischt. Die erhaltenen Masseln wurden zum Ausschweissen einem be- sondern Ausheizherd übergeben. Es war dies ein einfacher, offener, mit Zacken ausgesetzter Herd, nicht ganz 0,60 m lang und breit, zum Abstechen der Schlacken mit einem entsprechenden Schlackenzacken versehen, im übrigen am Boden und an den Seiten mit feuchter Lösche ausgeschlagen. Die Form war etwas mehr geneigt und etwas grösser als bei dem Frischherde. Die in gute Schweisshitze versetzte Massel wurde unter dem eigenen Hammer erst vollkommen ganz gemacht, sodann zu Draht- knüppel oder anderm Stabeisen ausgeschmiedet. Die einzelne Massel erhielt gewöhnlich vier Hitzen. Das Ausschweissen geschah bei den Wallonschmieden um so besser, weil man nicht gleichzeitig auf die Bildung eines guten Frischbodens, sondern nur auf die Sache selbst bedacht zu nehmen hatte. Auch erlangte der Heizer, der nur diese eine Arbeit betreibt, hierin eine grosse Geschicklichkeit und Sicherheit. Es war unvermeidlich, dass ein Teil des Äusseren der auszu- heizenden Massel abschmolz und hieraus bildete sich allmählich wieder eine Luppe. Diese füllte den Herdraum nach und nach an und musste Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. dann ausgebrochen werden. Dies geschah in der Regel alle vier bis sechs Stunden. Diese Schweissluppen wurden wie die Frischluppen gezängt, ausgeschweisst und ausgeschmiedet. Das von ihnen erhaltene Stabeisen, welches etwa 10 Prozent der Produktion betrug, war un- gleicher und unreiner, als das aus den Frischherdluppen, und wurde deshalb für sich sortiert. Bei vollem Betriebe waren an Arbeitern zwei Frischer, zwei Schweisser und ein Gehilfe, zusammen also fünf Mann, vorhanden. Diese produzierten in 24 Stunden 1000 bis 1250 kg gut ausgeheiztes Stabeisen in gröberen Dimensionen. Der Kohlenaufwand betrug auf 100 kg etwa 20 Kubikfuss, wovon reichlich die Hälfte zum Aus- schweissen verbraucht wurde. Der Eisenabbrand ergab durchschnitt- lich 25 Prozent des eingesetzten Roheisens. Dieses war das Verfahren in der Eifel, wie es zu Ende der dreissiger Jahre dieses Jahrhunderts ausgeübt wurde. Bei den belgischen Wallonschmieden machte man noch kleinere Luppen, von 20 bis 30 kg, und brauchte zu einer derselben meist nur eine halbe Stunde. Über weitere Modifikationen, welche dieses Frisch- verfahren in andern Ländern erfahren hat, werden wir später zu berichten haben. Wir haben im vorstehenden diejenigen Eisen-Frischmethoden ge- schildert, welche sich mit einiger Sicherheit bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. Allerdings haben wir hierbei uns meistens an Berichte aus diesem oder dem vorigen Jahrhundert halten müssen und entsprechen dieselben wohl nicht ganz den einfacheren Verhält- nissen des 16. Jahrhunderts, namentlich in bezug auf den Feuerbau, auf Kohlenverbrauch und Schmelzverlust. Dennoch dürften diese Be- schreibungen das möglichst richtige Bild der wichtigsten Frisch- prozesse, wie sie sich bereits im Laufe des 16. Jahrhunderts ent- wickelt hatten, geben. Wir sehen schon hier je nach der Art des Roheisens und der Arbeiter eine grosse Mannigfaltigkeit der Ver- fahrungsweisen. Diese Mannigfaltigkeit nimmt in den folgenden Jahr- hunderten noch bedeutend zu und erscheint fast verwirrend, doch wird sie klar und verständlich bleiben, wenn man sich die dreifache Entwickelung der Frischprozesse, wie wir sie geschildert haben, als Einmalschmelzerei, als Aufbrechschmiede und als getrennte Arbeit in der Wallonschmiede vor Augen führt. Unter diese drei Gruppen lassen sich alle die zahlreichen Frischverfahren, die wir noch kennen lernen werden, einteilen. DIE STAHLBEREITUNG IM SECHSZEHNTEN JAHRHUNDERT . Wir wenden uns nun zu der Gewinnung des Stahls im 16. Jahr- hundert. Ursprünglich und solange man das Eisen und den Stahl direkt aus den Erzen als ein schmiedbares Produkt gewann, war dies kein von der Eisengewinnung getrennter Prozess. Man verfuhr sowohl in den Rennherden als in den Stücköfen in ganz gleicher Weise und es war nur von der Natur des Erzes und vom Zufalle abhängig, ob das erhaltene Produkt hartes, stahlartiges Eisen oder weiches Schmiede- eisen war. Deshalb hatte der Stahl auch nicht seine nähere Be- zeichnung von der Bereitungsart, sondern von der Gegend, aus der er stammte. Man unterschied nicht, wie heutzutage, Schweissstahl, Brennstahl, Gussstahl, Flussstahl u. s. w., sondern steirischen, flan- drischen, kölnischen, brescianischen, spanischen, damascenischen, in- dischen u. s. w. Wenn aber auch die Erze ihrer Natur nach zur Stahlbereitung mehr geeignet waren, so war doch die ausgeschmolzene Masse kein gleichförmiges Produkt, sondern ein Gemenge von weichem Eisen und rohem Stahl und bedurfte erst weiterer Behandlung, um brauch- baren Stahl daraus herzustellen. War nun der Ausfall der Schmelzung bei den Luppenfeuern und Stücköfen vielfach durch den Zufall beeinflusst, so lernte man an den Orten, wo ein regelmässiger Betrieb mit gleichbleibenden Erzen sich entwickelte, doch auch gewisse Verfahrungsweisen kennen, die die Erzeugung von Stahl mehr begünstigten. Ein Beispiel hierfür haben wir an den Bauernöfen in Schweden. In diesen wurde, wie Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. bekannt, in der Regel das rohe Osemundeisen dargestellt. Von Zeit zu Zeit aber führte man in denselben Öfen und mit denselben Erzen den Betrieb auf Stahl Siehe Ole Evenstadt , Abhandlung von den Sumpf- und Morasterzen, deutsch von Blumhof , S. 59. . Dies geschah immer erst, nachdem man bereits einige Zeit Eisen in dem Ofen geblasen hatte, so dass der- selbe gehörig durchgewärmt war. Das Verfahren selbst haben wir bereits früher geschildert (Bd. I, S. 813). Der erzeugte Stahl war natürlich gering und nur für ordinäre Werkzeuge, namentlich für Beile verwendbar. Neben dieser Methode der Stahlbereitung in den Bauernöfen direkt aus den Erzen gab es noch eine andere, welche darin bestand, dass man statt des Erzes Stücke von rohem Osemundeisen in den- selben Öfen zu Stahl verschmolz. Dieses Verfahren beschreibt Swedenborg Siehe Swedenborgius , De ferro, p. 113. . Man nahm dabei nur die äusseren gekohlteren, mit Roheisen vermischten Partieen der Osemundluppen, weil der innere weichere Kern sich nicht gut eignete. Diese wurden in kleine Brocken zerteilt und so aufgegeben. Beim Niederschmelzen musste man vor allem darauf achten, dass sie nicht in Fluss gerieten, indem dann die Arbeit vergeblich war. Sobald dies zu befürchten stand, musste der Wind abgestellt werden, bis die Masse wieder fest geworden war. Alsdann wurde Schlacke zugesetzt und die Schmelzung wieder begonnen. Gelang es auf diese Weise, das Eisen nicht ge- flossen, sondern als eine geschweisste Masse einzuschmelzen, so erhielt man Stahl, der allerdings noch ziemlich weich war, sich aber durch Ablöschen im Wasser gut härten liess. Dieses Verfahren war in Dalekarlien gebräuchlich, wo man den so bereiteten Stahl zu Äxten, Sensen und ähnlichen Werkzeugen ver- arbeitete. Von diesem Verfahren ist das ähnliche, ebenfalls in Skandinavien gebräuchliche, die Umwandlung von Osemundeisen in Stahl in einem besondern Herde, welches wir im ersten Bande beschrieben haben Siehe Bd. I, S. 833. und worauf wir hier einfach verweisen, zu unterscheiden. An diese alten aber in Schweden noch in diesem Jahrhundert angewendeten Methoden der Stahlbereitung schliessen sich diejenigen, welche Agricola und Biringuccio im 16. Jahrhundert beschrieben haben, unmittelbar an. Agricola , der, wie wir wissen, nur den Stückofenprozess kannte, sagt, man wähle für die Stahlbereitung solches Eisen aus, das leicht Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. fliesst, dabei hart ist und sich doch leicht strecken lässt. Es ist dies hartes, stahlartiges Stückofen- oder Renneisen. Solches Eisen soll glühend in kleine Stücke zerschlagen, mit zerkleinerten, leicht- flüssigen Zuschlägen vermischt, in einem kleinen Herde oder Tiegel aus Lösche von 1½ Fuss Weite und 1 Fuss Tiefe vor dem Winde niedergeschmolzen werden. Die Form erhält dabei eine so geneigte Lage, dass der Wind die Mitte des Tiegels trifft. Der Prozess wird in der Weise eingeleitet, dass der Tiegel mit Kohle gefüllt und diese noch hochgehäuft über denselben gefüllt werden. Um dieselben zusammen- zuhalten, wird ein Kranz von Bruchsteinen um dieselben herum- gesetzt. Sind die Kohlen durchgebrannt und der Tiegel vorgewärmt, so wird der Wind angelassen und die Mischung von Eisen und Flussstein (ferri et lapidis liquescentis mixturam) oben aufgegeben. Hierdurch entsteht ein flüssiges Bad im Schmelzherde. Ist dies ge- bildet, so werden vier Eisenluppen von je 15 kg Gewicht eingesetzt und in dasselbe eingetaucht. Man lässt sie fünf bis sechs Stunden schmelzen, und wird währenddem mit einer Krücke das flüssige Eisen öfter umgerührt, damit die Poren der Luppen die zartesten Teile aus dem Bade einsaugen. Hierbei erweicht sie sich wie ein Hefenteig. Alsdann zieht sie der Meister mit Hilfe des Vorläufers heraus, schmiedet sie zu Stäben aus, die er noch heiss in das Wasser wirft und sie so ablöscht. Die Stangen werden unter dem Hammer in Stücke zer- brochen und diese nach ihrer Härte und Stahlnatur sortiert. In gleicher Weise verfährt er mit allen vier Luppen. Sind sie alle ver- schmiedet, so giebt er, um den Abgang und das Bad zu erneuern, wieder von der Mischung von Eisen und Flussstein auf und der Prozess beginnt von neuem. Ganz ähnlich lautet Biringuccios viel ausführlichere Be- schreibung von der Stahlbereitung. Er bringt dieselbe bereits im ersten Buche seiner Pyrotechnia, nachdem er zuvor im sechsten Kapitel von den Eisenerzen gehandelt und hierbei bereits hervor- gehoben hat, dass, obgleich gewisse Erze sich mehr zur Stahlerzeugung eignen als andere, man doch nicht annehmen dürfe, dass das Eisen im Erze bereits verschiedener Natur sei, dass vielmehr der landläufige Ausdruck „Stahlerz“ in diesem Sinne ein unsinniger sei. Hierauf fährt er mit dem siebenten Kapitel folgendermassen fort: „Obwohl es scheinen könnte, dass man diesen Gegenstand mehr im neunten Buche suchen sollte, wo ich von der Schmelzung des Eisens reden will und im einzelnen hierüber zu handeln gedenke, so hat es mir doch gut geschienen, weil die Stahlbereitung gewissermassen ein Zweig Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. der im obigen Kapitel behandelten Eisenbereitung ist, es nicht zu weit davon zu trennen, auf dass es nicht wie eine andere Sache er- schiene. Aus diesem Grunde habe ich davon schreiben wollen, dass der Stahl nichts anderes sei, als dasselbe Eisen, nur mittels besonderer Kunst zubereitet und durch vieles Auskochen im Feuer (decottion del fuoco) zu einer vollkommenen Mischung gebracht und zu Eigen- schaften, die es zuvor nicht besass, sowie durch die Hinzufügung ge- eigneter Stoffe seine von Natur trockene Beschaffenheit fettig und von einer gewissen Feuchtigkeit und hierdurch mehr weiss und dicht wird, so dass es seine frühere Natur gleichsam zu verlassen scheint, indem durch das viele Feuer seine Poren erst erweitert und erweicht werden, dann aber durch die Gewalt der Kälte des Wassers nach vertriebener Hitze sich zusammenziehen und so erst verwandelt es sich in eine harte Materie und durch die Härte wird er spröde. Man kann dies von jedem Eisenerz machen, sowie man auch von jedem fertigen Eisen Stahl machen kann . Wohl ist es wahr, dass aus dem einen ein besserer gemacht werden kann, als aus dem andern, wie auch mehr aus einer Art von Kohlen als aus der andern und wie er auch besser oder schlechter ausfallen wird, je nach dem Verständnis der Meister. Das beste Eisen, ihn gut zu machen, ist das, welches keinerlei Verderbnis durch andere Metalle in sich hat, welches mehr zum Schmelzen geneigt ist und mehr Härte besitzt als ein anderes. Mit solchem Eisen bringt man geriebenen Marmor oder andere Flusssteine, um es zu schmelzen, zusammen, welche die Kraft haben, seine Eisen- natur aufzuheben und seine Porosität zusammenzuziehen, dass es da- durch dicht und feinkörnig (frei von Blättern) werde. Also nehmen die Meister, wenn sie solche Arbeit vornehmen wollen, von dem (Roh-) Eisen, welches durch den Schmelzofen gegangen oder auf andere Weise bereitet ist, diejenige Quantität, welche sie in Stahl verwandeln wollen, und brechen es in kleine Stücke. Dann machen sie an der Esse vor dem Windloche einen runden Tiegel, der eine halbe Elle im Durchmesser hat und zu einem Dritteil aus Thon und zu zwei Dritteilen aus Kohlen, welche mit einem Hammer zerklopft und gut gemischt sind, gemacht ist. Diese Masse wird mit so viel Wasser, als er, wenn man ihn in der Faust zusammendrückt, zurückhält, an- gefeuchtet. Wenn man diesen Tiegel so gemacht hat, ähnlich einer Urne (ceneraccio statt cenerario = Aschenkrug, Totenurne), aber mit mehr Tiefe, so bringt man die Windöffnung in der Mitte so an, dass Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. die Nase etwas nach oben steht, damit der Wind in die Mitte des Tiegels bläst. Alsdann füllt man das ganze Innere mit Kohlen und macht drum herum einen Kreis von Felsstücken oder taubem Gestein, um die Eisenbrocken und die Kohlen, welche man oben draufgelegt hat, zurückzuhalten und bedeckt dann das Ganze mit einem Haufen Kohlen. Sobald man sieht, dass alles, besonders der Tiegel, gut in Glut ist, so fängt der Meister an, die Blasebälge in Bewegung zu setzen und oben darauf, während die Bälge spielen, von jenem Eisen- gemisch, nämlich zerkleinertes Eisen, gemengt mit Marmor Marmo saligno, salinischer, d. h. krystallinischer Marmor, Glanzmarmor, Urkalk. , ge- pulverter Schlacke und mit andern schmelzbaren Steinen, die wenig erdig sind, und mit diesem Gemische füllen sie den Tiegel, soweit es ihnen gut scheint. Alsdann legen sie von dem Eisen, welches sie vorher unter dem Hammer bearbeitet haben, drei oder vier Stücke im Gewichte von je 30 oder 40 Pfund in dieses Bad von geschmol- zenem Eisen, welches Bad von den kunstverständigen Meistern die „Eisenkunst“ (l’arte di ferro) genannt wird. Mitten in diese ge- schmolzene Masse halten sie es bei starkem Feuer vier bis sechs Stunden, indem sie oft mit einer Krücke darin herumrühren, ähnlich wie die Köche ihre Speisen bereiten, und sie halten es so lange darin, indem sie es drehen und wenden, bis sich jenes Eisen zu- sammenballt und in seine Poren die feinen Substanzen aufnimmt, welche sich innerhalb jenes geschmolzenen Eisens finden, deren gute Eigenschaften (le virtu delle quali) aufgesaugt werden, wodurch die groben Bestandteile, welche in den Eisenluppen enthalten sind, zer- teilt werden, bis die Masse wie ein Teig wird (simili à una pasta). Wenn es dann so erscheint, so wissen die Meister, dass jene feinere Kraft ganz eingedrungen ist und nehmen ein Stück davon heraus. Und um sich durch die Erfahrung der Probe noch besser hiervon zu vergewissern, bringen sie es unter den Hammer, recken es aus und werfen es plötzlich so heiss als möglich in kaltes Wasser, um es ab- zukühlen. Das so gekühlte zerbrechen sie und prüfen, ob es in allen seinen Teilen die Natur geändert hat, so dass es nicht mehr ein Blättchen von Eisen in sich hat, und wenn sie finden, dass es bis zu dem Grade der Vollkommenheit gekommen ist, wie sie es haben wollen, so nehmen sie es mit einem Paar grosser Zangen oder mit den Schwänzen (code = Anlaufstange), die an den Luppen gelassen werden, warm heraus, zerschneiden es in je sechs bis acht Stücke Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. und bringen diese dann zum Ausheizen in dasselbe Bad zurück, indem sie noch etwas zerriebenen Marmor und Eisen zum Schmelzen einsetzen, um dadurch das Bad aufzufrischen und es grösser zu machen, sowie, um ihm das zu ersetzen, was das Feuer ver- zehrt hat, damit das, was durch Schwenken Stahl werden soll, in solchem Bade besser fein gemacht werde. Also nimmt man am Ende, wenn die Ware gut ist, Stück für Stück mit der Zange heraus, bringt sie zum Ausschmieden unter den Hammer und macht die Stangen daraus, die Euch bekannt sind. Wenn dies geschehen ist und sie noch gut warm sind, so dass sie durch die Hitze weiss aussehen, so wirft man sie plötzlich in einen möglichst kalten Wasser- lauf, wovon eine Ansammlung gemacht sein muss, damit der Stahl sich rasch ablöscht und auf diese Weise die Härte annimmt, welche gewöhnlich Ablöschhärte (tempera) genannt wird. Auf diese Weise verwandelt es sich in eine Materie, welche gar nicht mehr der ähnlich ist, die es zuvor war, ehe man es ablöschte; denn zuvor erschien es nicht anders als ein Stück Blei oder Wachs, während es hier- durch eine solche Härte erlangt hat, dass es fast alle harten Stoffe übertrifft, und es bekommt eine ganz weisse Farbe, weit mehr, als es der Natur des Eisens entspricht, ja fast ähnlich dem Silber, und das- jenige, welches das weisseste und feinste Korn hat, ist die beste Sorte. Unter denen, die ich gut kenne, lobt man den von Flandern und in Italien den von Valcamonico in Brescia und ausserhalb der Christenheit den damascenischen, den chormanischen (von Kerman , siehe Bd. I, S. 257, 259), den lazzieninischen und den von Agiambi (indische Stahlsorten) als den besten, wie diese ihn aber erhalten und ob sie ihn machen, kann ich nicht sagen, obwohl mir mitgeteilt worden ist, dass sie keinen andern Stahl haben als wie wir, dass sie diesen aber zerfeilen und mit einem gewissen Mehl einen Teig daraus machen und kleine Kuchen daraus formen, diese geben sie den Gänsen zu fressen, deren Mist, wenn er erscheint, sie sammeln, ihn durch Feuer zusammenziehen und in Stahl überführen Bezüglich dieser uralten Überlieferung vergl. d. Wielandslied, Bd. I, S. 693. . Ich glaube dies nicht recht, wohl aber denke ich, dass das, was sie erzielen, wenn nicht durch die Güte des Eisens, so doch durch die Art der Härtung (tempera) geschieht.“ Dieser Bericht Biringuccios über die Stahlbereitung ist von hohem historischen Interesse und er stimmt mit Agricolas weit kürzerer Darstellung in so auffallender Weise überein, dass die Ver- Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. mutung nahe liegt, dass hier Agricola des Biringuccios Schilde- rung benutzt habe. Was Biringuccio beschreibt, ist der alte Stahl- bereitungsprozess, der sich bis in unsere Zeit unter dem Namen der Brescianschmiede — in Österreich auch unter dem Namen der Paaler Schmiede — erhalten hat. Ursprünglich wurde derselbe, wie deutlich aus der Schilderung erhellt, mit Stückofeneisen betrieben. Die rohesten Partieen des Stückes, sowie auch das Graglach wurden ausgesucht und zuerst flüssig eingeschmolzen, in dieses Bad von flüssigem Eisen, welches hinsichtlich seines Kohlenstoffgehaltes wohl dem luckigen Floss nahe stand, wurden die Luppen von weichem Eisen eingetaucht und im Feuer behandelt. Das flüssige kohlenstoffreichere Eisenbad wirkte cementirend auf die kohlenstoffarmen Eisenluppen. Als dann später der Hochofenbetrieb an Stelle des Stückofenbetriebes trat, änderte sich dies Verfahren nur insofern, als man wirklich luckigen Floss aus dem Hochofen zur Herstellung des Eisenbades einschmolz. Die uralte Brescianschmiede hat sich in den Provinzen Brescia und Bergamo bis in unsere Zeit erhalten Siehe Tunner , a. a. O., Bd. II, S. 285. . Aus der Brescianschmiede ist die kärntnerische Rohstahlschmiede entstanden, die deshalb auch als die unechte Brescianschmiede bezeichnet wird. — Der Feuerbau war früher gemauert und Boden und Seitenwände von Steinen her- gestellt, diese heissen deshalb bei dem kärtnerischen Rohstahlfeuer noch jetzt „Steine“, obgleich sie jetzt aus Gusseisenplatten hergestellt werden, und zwar unterscheidet man den Form-, Ria-, Rol- und Löschstein auf der Form-, Wind-, Arbeits- und Hinterseite. In der Steinumfassung wird der eigentliche Schmelzherd mit Lösche gestampft. Dies muss bei der Brescianschmiede mit noch grösserer Sorgfalt ge- schehen, als bei dem kärntnerischen Rohstahlfeuer, weil er weit mehr auszuhalten hat, einerseits dadurch, dass viel am Boden mit Zangen und Stangen gearbeitet wird, anderseits weil eine grössere Menge flüssigen Eisens — in Kärnten „Sauer“ genannt — längere Zeit in demselben gehalten werden muss. Das Stampfen des Löscheherdes geschah deshalb mit eisernen Stauchern. Aus dem letzterwähnten Grunde machte man auch den Schmelzherd tiefer, als bei der kärnt- nerischen Schmiede, so dass er, wie auch Biringuccio erwähnt, mehr einen Tiegel bildete. Der Abstand vom Formstein bis zum Herdboden betrug 20 Zoll (0,60 m), der Abstand bis zur Mitte des Löschbodens 10 Zoll (0,30 m), dabei war noch ringsum ein Lösche- Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. rand von 3 bis 4 Zoll Höhe aufgesetzt, um die Seitenwände des Herdes zu schützen. Die Form lag steil, um die Hitze nach unten zu bringen, in einem Winkel von 16 bis 20 Grad. Damit man mit der „Moja“, d. i. mit der langschäftigen, 15 kg schweren Zange und mit Stangen die „Deule“ leichter zu Boden lassen und aus dem tieferen Herde herausholen, ebenso beim Ausbrechen der tiefer im Herde liegenden „Cotta“ (Luppe) leichter unter dieselben gelangen könne, ist der „Rolstein“ (die Schlackenplatte) um ungefähr 5 Zoll aus dem Herdmittel gerückt, wodurch eine Art Vorherd wie bei der Aufbrechschmiede gebildet wird. Der erste Teil der Brescianarbeit war die Herstellung des flüssi- gen Eisenbades oder des „Sauer“. Hierzu nahm man früher wohl das „Graglach“, später „Blattel“, d. h. durch Abschrecken mit Wasser gebildete Scheiben von weissem Roheisen, oder auch „Strizelflossen“ (graues oder halbirtes Roheisen). Das Einschmelzen der Masse von etwa 50 bis 75 kg geschah auf der Riaseite möglichst rasch. Gleich- zeitig mit der Sauerbildung geschah das „Putzen“ der Teile — „Deule“ —, in welche die „Cotta“ der letzten Schmelzung und zwar kreuzweise zer- schroten worden war. Dem Putzen im Feuer war schon ein Abklopfen der Deule mit Handhämmern in kaltem Zustande vorausgegangen. Man teilte die Cotta in vier statt in zwei Teile, wie bei der kärntner Rohstahlarbeit, weil sie, um gehörig in den Sauer eingelassen werden zu können, nicht zu gross sein durften. Zum Deulputzen kommen stets die Deule von zwei Cottas, welche in einer Schicht gemacht werden, also acht Stücke, welche im Beginn der Arbeit mauerartig über den Löschstein, mit ihrer rauhen Seite nach dem Feuer gekehrt, aufgestellt werden, von wo ein Stück nach dem andern zum Putzen geholt wird. Während ein Stück zur Cementation im Sauer liegt, wird das nächstfolgende schon zum Schweissen und Putzen vor die Form gebracht, wobei es mit der Moja gefasst wird. Charakte- ristisch für die Brescianschmiede ist, dass jeder Deul in den Sauer eingetaucht und längere Zeit darin verweilen lassen wird. Durch die Bildung von Garschlacke, sowie durch das von den Deulen abschmel- zende Eisen wird der Sauer allmählich selbst gar und geht in einen teigartigen Zustand über. Gelingt es nicht, den Sauer bis zur Be- endigung aller acht Deule zu erhalten, so lässt man den Rest für die nächste Schicht. Das Sauermachen und das Deulputzen dauerte mit acht Stücken ungefähr sechs Stunden. Sobald der letzte Deul geputzt und zu „Greifen“ (Presa), d. i. zu Kolben geschmiedet ist, schreitet man zum „Aufrichten“ des Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. Sauers, d. h. zum Luppenmachen aus dem jetzt gefrischten Eisen des vorgeschmolzenen Eisenbades. Da man nun darauf bedacht sein musste, den Sauer bis zur Vollendung der Cementation des letzten Deules möglichst flüssig zu erhalten, gleich darauf aber in den zum „Aufrichten“ geeignetsten halbgaren Zustand zu bringen, so wurde nach Entfernung des letzten Deules der Sauer durch Einschmelzen garer Zuschläge, Mügla ge- nannt (meist Hammerschlacke und die abgeschlagenen Ränder der Deule), gedämpft . Damit dieses um so schneller erfolgte, richtete man sich zum Vorglühen der Mügla auf der Herdplatte über dem Riastein eine Kohlenglut vor, die hernach samt der glühend ge- machten Mügla ins Feuer kommt. Nun kommt die Arbeit, die Biringuccio so treffend mit der eines Koches vergleicht. Der Meister muss mit der Stange den Brei durcharbeiten, sowohl um den Mügla gehörig einzurühren als auch um die garende Eisenmasse richtig vor den Wind zu bringen und zu einer Luppe aufzubauen. Da die „Massa“ gross ist, schafft man sie mit der Rennstange zu- nächst nach dem Sinterblech hin, um sie dann von hier aus all- mählich nach der Mitte und dem hinteren Raume des Herdes durch- arbeiten und verteilen zu können und dadurch ein ebenes Verkochen des Ganzen zu bewirken. Das Sauerdämpfen und Aufrichten nahm meist eine Stunde Zeit in Anspruch, wenn der Sauer nicht zu roh war, in welchem Falle ein zweites Aufrichten stattfinden musste. Gleichzeitig mit dem Aufrichten muss aber ein guter, neuer Frisch- boden für das folgende Einschmelzen gebildet werden. Es ist dies ein möglichst glatter Herdboden aus garem, zusammengeschweisstem Material, und einen solchen richtig herzustellen, ist die wichtigste Arbeit des Frischers, weil sie am meisten dazu hilft, dass das nächst- folgende Frischen gut, rasch, vorteilhaft und ohne besondere An- strengung verläuft. Das Aufrichten des Sauers ist eine Art Aufbrecharbeit, wie wir sie bei der deutschen Frischschmiede kennen gelernt haben. Ihr Zweck besteht darin, alle Eisenteile, insbesondere die roheren, der entkohlenden Wirkung des Windstromes auszusetzen; dabei ist aber das eigentümliche, dass gleichzeitig ein Rest Sauer für die folgende Operation verbleiben soll. Es werden also die garen Eisenbrocken gewissermassen aus dem Bade herausgefischt. Erstarrte der Sauer im Bade, so war die untere Seite Roheisen und nicht Stahl, und gerade dieses Material am Boden und Rand war es, welches man wieder für das Bad oder den Sauer benutzte. Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. Eigentümlich war, dass man von den acht Presa- oder Greifen- stücken gewöhnlich vier zu Kolben (Kölberln) ausschmiedete, während man vier nur nachputzte und ausschmiedete, so dass acht Presa ein- lagen, während eine Operation nur vier ergab. Die Luppe, die aus dem Sauer entstand, war die Cotta. Ihre Herstellung erforderte fünf bis sechs Stunden. In der Tagesschicht wurden zwei Cotta gemacht und war hierzu bei regelmässigem Gange ein Zeitaufwand von ungefähr 18 Stunden erforderlich; war das Bad zu roh, so konnte die Arbeit sich freilich lange hinausziehen. Im allgemeinen strebte man bei der Brescianarbeit einen harten Stahl an, suchte deshalb das Bad immer frisch zu erhalten, was durch Nachsatz von Blatteln geschah. Diese Arbeit ist historisch eine der interessantesten in der Entwickelung der Eisenindustrie. Sie ist eine Cementation von stahlartigem, aber seiner Natur nach doch noch weichem Eisen, in einem Roheisenbade, welches allerdings von besonderer Reinheit und Beschaffenheit sein muss. Es tritt dadurch eine Kohlenstoff- aufnahme oder, wie es Biringuccio charakteristisch nennt, ein Auf- saugen der guten Eigenschaften des Bades ein. Dieses Verfahren fordert noch heute die Aufmerksamkeit des Eisentechnikers im hohen Grade heraus und wenn es durch andere Methoden verdrängt worden ist, so hat dies nur darin seinen Grund gehabt, dass die Arbeitskosten zu gross waren. Die kärntnerische Rohstahlarbeit ist aus der Brescianschmiede hervorgegangen, was schon daraus zu entnehmen ist, weil bei ihr alle die romanischen Bezeichnungen der letzteren beibehalten wurden. Für das technische Verständnis wäre es am besten, die Beschreibung der kärntnerischen Rohstahlschmiede gleich hier folgen zu lassen. Doch kann dies deshalb nicht geschehen, weil die kärntnerische Roh- stahlschmiede ihre charakteristische Ausbildung nicht vor dem 17. Jahrhundert erlangt hat. Stahlschmieden hat es allerdings schon lange vor der Zeit in Kärnten und Krain gegeben, aber sie standen in Verbindung mit den Stücköfen und werden mit dem von Birin- guccio beschriebenen Verfahren übereingestimmt haben. Erst nach Einführung der Flossöfen konnte sich aber erst das verbesserte Ver- fahren der kärntnerischen Rohstahlarbeit entwickeln, also erst Ende des 16., wahrscheinlicher im 17. Jahrhundert. Dagegen entwickelte sich im westlichen Deutschland, wo der Hochofenbetrieb viel früher eingeführt wurde, auch schon früher ein Stahlfrischverfahren. Es war dies die siegensche Rohstahlarbeit . Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. Ähnlich wie im alten Noricum eigneten sich im Siegerlande die manganreichen Braun- und Spaterze ganz besonders zur Stahl- bereitung. Seit Jahrhunderten lieferte schon der Müsener Stahlberg sein berühmtes Stahlerz, bekannt unter dem Namen „reiner Müsener Grund“. Ursprünglich hatte die alte Zunft der Stahlschmiede in Siegen ihren vortrefflichen Stahl in Luppenfeuern aus diesen Erzen dargestellt. Nachdem aber der Hochofenbetrieb zur Einführung ge- langt war, schmolz man aus dem Müsener Grund und ähnlichen Erzen das „Stahleisen“ oder Spiegeleisen. Aus diesem wurde durch ein eigentümliches Frischverfahren, welches sich bis in unsere Stein- kohlenzeit hinein erhalten hatte, der vorzügliche siegensche Stahl gemacht. Dass die Darstellung des Stahleisens der eigentliche Zweck des Siegerländer Hochofenbetriebes war, geht daraus hervor, dass man dieses Stahleisen auch „Edeleisen“ nannte, während man die übrigen weissen, halbierten und grauen Roheisensorten als „Nebeneisen“ be- zeichnete. Als Brennmaterial verwendete man harte Kohlen, vorzugsweise von Eichen und Buchen. Bei der Herstellung des Stahlherdes wurde erst ein bedeckter Abzugskanal angelegt, hierauf folgte trockener Schotter, dann eine Lehmsohle und über dieser ein Boden von Sand- steinen. Die Seitenwände wurden aus eisernen Zacken gebildet, nur an Stelle der Schlackenplatte tritt öfter ein von aussen unter der Arbeitsplatte befestigter Kasten mit einem einzigen grösseren Schlacken- loche am Boden, ähnlich wie wir es bei der siegenschen Frisch- schmiede bereits kennen gelernt haben. Länge und Breite der Herdgrube waren wenig verschieden und betrugen etwa 90 cm. Form und Gichtzacken waren sehr stark geneigt und der von der Form und Hinterwand gebildete Winkel war etwas grösser als ein rechter. Wir begegnen also auch hier der „schiefen Ecke“, welche für die alten Siegener Hochöfen charakteristisch war. Die schiefe Stellung des Formzackens bezweckte, dem Winde eine Richtung nach dem Vor- herde zu zu geben, weil hier die grössere Abkühlung stattfand. Der Formzacken war an 15 cm, die übrigen Seiten an 40 cm hoch, nur die Aschenseite war etwa 12 cm niedriger. Die Gichtplatte ragte über den Gichtzacken in den Herd hinein, wie aus nebenstehender Abbildung (Fig. 73a und b), aus welcher die ganze Zustellung deutlich zu erkennen ist, ersehen wird. Die Formmündung war halbrund, 45 × 22 mm, und lag die schmiedeeiserne Form wenige Grade ge- neigt, so dass bei leerer Herdgrube die auf den Herdboden gestreute Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. Lösche in einem solchen Halbkreise fortgeblasen wurde, wie es die Skizze zeigt. Die Windpressung war entsprechend den harten Kohlen eine hohe. Über den Boden des neu zugestellten Herdes streute man einige Schaufeln voll Hammerschlag aus, um beim Anheizen eine Glasur zu bilden, welche die Sandsteine vor dem Springen schützte. Dann wurde der Herd eine oder auch mehrere Stunden abgewärmt. Als- Fig. 73 a. Fig. 73 b. dann setzte man auf die glühenden Kohlen 25 bis 30 kg Garschlacken und setzte darauf das Roh- eisen in Gestalt regelloser Brocken von etwa 4 cm Dicke, aber nicht auf ein- mal, sondern nach und nach partieenweise, in grösseren Pausen. Jeder solcher Roheisensatz hiess eine „Heisse“. Gewöhnlich wurden zu einer Charge in etwa sechs Stunden fünf bis sieben Heissen ein gesetzt, indem stets das bereits eingeschmolzene Gut einen gewissen Grad der Gare erlangt haben musste, bevor die folgende Heisse eingesetzt wurde. Dies durchaus abweichende Verfahren war die charakteristische Eigentümlichkeit der siegenschen Rohstahlarbeit. Man arbeitete auf grosse Luppen hin, konnte aber unmöglich das dazu nötige Roheisenquantum mit einem Male vor dem Winde zur Gare bringen, um so weniger, da das Spiegeleisen und das Nebeneisen rohschmelzig und schwerfrischend war. Um also ein gleichmässig durchgefrischtes Produkt zu erlangen, war das partieenweise Einschmelzen unerlässlich. Ein Aufbrechen, wie beim Stabeisen, war bei der Stahlbereitung ausgeschlossen, weil dadurch wieder einzelne Partieen zu gar geworden, zu Schmiedeeisen entkohlt worden wären. Mit dem Einschmelzen der ersten Heisse, aus etwa 20 kg Neben- eisen bestehend, welche auf der Windseite in der durch Punkte in der Skizze bezeichneten Lage eingesetzt wurden, zugleich geschah Beck , Geschichte des Eisens. 17 Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. in dem frei bleibenden Raume des Herdes nach der Formseite zu das Ausheizen von zwei Schirbel des letzten Schreies. „Schrei“ war die siegensche Bezeichnung für die Stahlluppe. Ein solcher Schrei, welcher 150 bis 200 kg wog, wurde in der in neben- stehender Skizze (Fig. 74) angedeuteten Weise radial in acht bis zehn Schirbel zerschroten. Zwei davon wurden an den keilförmigen Enden mit Heizzangen gefasst und in das Feuer eingesetzt, während- dessen man die übrigen auf die niedrige Arbeitsseite übereinander legte, um sie vorzuwärmen. Hatte der Schirbel in der Zange die rich- tige Hitze, so wurde er unter den Hammer gebracht, um die rauhe Fig. 74. Seite vorsichtig dicht zu machen. Ein Schirbel brauchte zwei bis drei Hitzen, bis man ihn an der äusseren Seite zu einem flachen Griffe ausschmieden und zu einem Kolben machen konnte. Anfangs musste man den Schirbel hoch über die Form halten, sobald er aber zu schweissen begann, wurde er tiefer gelassen und mehrmals in dem Schlackenbade ge- wendet. Der Kolben wurde endlich, nachdem er nochmals im Herde ausgeheizt war, zu einer Stahlstange ausgereckt und diese zur Här- tung glühend in den Löschtrog geworfen. Der Stahl warf beim Ausschmieden viel Funken aus, welches die Stahlschmiede von einem Gehalte an Kupfer herleiteten Siehe Stengel , Über den Einfluss des Kupfers und Schwefels auf die Güte des Stahls in Karsten’s Archiv, Bd. IX und X. . Sobald der erste Schirbel aus- geschweisst war, rückte der zweite an dessen Platz dicht über der Form, während der dritte an die Stelle des zweiten eingelegt wurde, und so ging das Ausheizen und Ausschmieden sämtlicher Schirbel fort und war meist eine Stunde früher beendet, als der neue Schrei vollendet war. Gleichzeitig mit dem Ausheizen nahm die Stahlfrischarbeit ihren Fortgang. Das Einschmelzen wurde bei schwachem Winde begonnen, damit sich erst die Schlackenkruste über dem Steinboden und darüber ein ganz flüssiges Schlackenbad bildete. Alsdann wurde der Wind verstärkt und das Roheiseu rasch eingeschmolzen, so dass es voll- kommen flüssig den Boden bedeckte und durch eine Schlackendecke von nahezu 10 cm vor der direkten Einwirkung des Windes geschützt war. So wurde das Garen nur durch die Garschlacke bewirkt und ging rasch von statten, weil die Eisenmenge klein, die Schlacken- Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. menge gross war. Nach einer halben Stunde trat ein teigartiger Zustand ein, der von dem Rande beginnend nach der Mitte fort- schritt. Man nannte dies „das Wiederkommen der Heisse“. Fingen die Ränder an, sich fest und hart anzufühlen, so wurde die zweite Heisse eingesetzt. Man setzte hierbei die doppelte Menge desselben Eisens, weil die zweite Heisse die erste wieder vollständig auflösen sollte. Man reinigte den Herd, stach etwas von der roh gewordenen Schlacke ab und ersetzte diesen Abgang durch gare Zuschläge. Die Dicke der Schlackendecke musste bei der zweiten, wie bei den folgen- den Heissen immer etwas abnehmen, damit die Schlacke nicht zu nahe der Form kam und diese verbrannte. Das Einschmelzen der zweiten Heisse dauerte eine halbe Stunde, das Reinigen des Herdes ebenfalls eine halbe Stunde und bis zum Wiederkommen der zweiten Heisse verfloss meist eine weitere halbe Stunde. Nun wurde die dritte Heisse, bestehend aus 32 bis 35 kg Spiegeleisen, rasch einge- schmolzen. Diese dritte soll die zweite Heisse nicht mehr vollständig, sondern nur bis auf einen etwa 15 cm breiten Rand auflösen. Das Einschmelzen dauerte eine viertel Stunde, bis zum Wiederkommen eine Stunde. Man liess sie hierbei schon etwas garer werden, als bei den beiden ersten Malen, so dass man mit der Brechstange selbst in der Mitte nicht mehr recht durchkommen konnte. Alsdann setzte man die vierte Heisse, aus 30 bis 33 kg Spiegeleisen bestehend. Diese sollte die vorhergehende nur in der Mitte dergestalt bis zum Boden auflösen, dass ungefähr eine 36 bis 45 cm weite Vertiefung entstand und sollte in dreiviertel Stunden wiederkommen. Auch bei dieser wurde, wie bei den vorhergehenden Heissen, etwas Schlacke ab- gestochen und durch mehr oder weniger gare Zuschläge ersetzt. Man führte den Gang, um ihn zu beschleunigen, gegen das Ende ziemlich trocken und sodass beim Wiederkommen sich schon lichte Spiessvögel (wildes Dünneisen) zeigten. Nun wurde die fünfte Heisse, aus 20 bis 25 kg Spiegeleisen bestehend, eingesetzt, welche nur noch in der Mitte eine Vertiefung von etwa 27 cm Weite bis auf den Boden niederfrass und in dreiviertel Stunden wiederkam. Die Gare beim Wiederkommen liess man dabei noch etwas weitergehen, wobei man den Garspan mit der Brechstange aus der Mitte und nicht vom Rande nahm. Bevor der Garspan sich zeigte, wurden schon Klümp- chen von garem Eisen mit der Schlacke vor dem Winde in die Höhe geworfen. Um dies und zu weites Vorschreiten in der Gare zu hindern, gab man etwas feuchte Lösche in das Feuer oder goss Wasser durch die Form, um den Gang weniger hitzig zu machen. 17* Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. Meist folgte noch eine sechste Heisse von etwa 15 kg Spiegeleisen, die in einer halben Stunde einschmolz und wiederkam. Es wurde dabei nur eine Vertiefung von etwa 12 cm in der Mitte des nun bald fertigen Schreies aufgefressen. Den Garspan liess man so weit vor- schreiten, dass er sich mit Schlägen an die Brechstange zwar noch leicht löste, aber dabei nicht mehr zerfiel. Erschien nach dieser Gare der Schrei in der Mitte nahezu angefüllt, so wurde der Wind eingestellt und der Frischprozess als beendet angesehen. Blieb aber noch eine Grube in der Mitte, so wurde diese durch eine siebente Heisse von etwa 10 kg gefüllt, welche man zu der eben beschriebenen Gare vorrücken liess. Nach abgestelltem Gebläse wurde alles bis auf die blanke Schrei- oberfläche abgeräumt und abgekratzt, und der Schrei mit der grossen Brechstange aufgebrochen, auf die Hüttensohle geworfen und hier mit der unteren Seite nach oben gekehrt und alsbald unter den 250 bis 300 kg schweren Aufwerfhammer gebracht, unter dem er in der oben angegebenen Weise in acht bis zehn Schirbel zerschroten wurde. Inzwischen wurde der Herd in Ordnung gemacht und mit einer neuen Charge begonnen. Die gehärteten und zerbrochenen Stahlstangen wurden nach dem Bruche sortiert und zwar in Edelstahl, Mittelkür und Mock oder nach den alten Bezeichnungen in „gut edel Stahl, gemein Stahl und Klappern“. Zur ersteren Sorte kam, was leicht brach und im Bruche als reiner, harter Stahl erschien, das aber, was auch bei stärkeren Schlägen nicht brach und im Bruche grobkörnig und licht erschien, zur zweiten Sorte. Es fielen in der Regel drei Teile Edelstahl auf einen Teil Mittelkür. Die Dauer einer Schreibildung mit Vor- und Nacharbeiten belief sich auf etwa acht Stunden. In dieser Zeit produzierten drei Mann 150 bis 200 kg Stahl. Der Abbrand betrug etwa 25 Prozent und der Verbrauch an Buchen- und Eichenkohlen pro 50 kg 20 Kubikfuss. Wir sind in unserer vorstehenden Schilderung der siegenschen Rohstahlarbeit der Darstellung Tunners A. a. O., S. 286 u. f. gefolgt, weil dieselbe sich durch Klarheit auszeichnet. Sie stammt aus dem Anfange der fünf- ziger Jahre und stimmt im wesentlichen überein mit dem sehr gründ- lichen Berichte des Hütteninspektors Stengel vom Rohstahlwerke zu Lohe bei Siegen, aus dem Ende der zwanziger Jahre in Karstens Archiv für Bergbau und Hüttenkunde vom Jahre 1829, Bd. XVIII, S. 332 u. f. Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. Man darf aber nicht glauben, dass die Rohstahlarbeit im Sieger- lande im 16. Jahrhundert bereits in so vollkommener Weise, wie wir sie dargestellt haben, betrieben wurde. Hier gilt dasselbe, was wir bei der siegenschen Einmalschmelzerei bemerkt haben Siehe oben, S. 232. , und zwar in noch höherem Grade. Wurden doch die siegenschen Stahlhütten während des grössten Teiles des 16. Jahrhunderts mit Hand- oder Tretbälgen betrieben. Das Wesen des Prozesses war aber damals schon dasselbe und werden wir das Wenige, was wir über die siegen- schen Stahlhämmer jener Zeit wissen, bei der Eisengeschichte des Siegerlandes im 16. Jahrhundert noch bringen. Vergleicht man das Verfrischen des Roheisens zu Stahl mit dem zu Eisen, so liegt der Hauptunterschied darin, dass das Garwerden im ersteren Falle unter dem Winde und durch fast ausschliessliche Einwirkung der Schlacke geschieht, während im zweiten Falle das Garen vor und über dem Winde und mehr unmittelbar durch den- selben bewirkt wird. Hieraus ergiebt sich von selbst, dass das Stahl- frischen langsamer vor sich geht, deshalb mehr Kohlen erfordert und mehr Eisen dabei verschlacken muss. Die Arbeit selbst erfordert grössere Geschicklichkeit. Aus diesen Gründen war der Stahl stets teurer als das Eisen. Die Zementstahlfabrikation im heutigen Sinne war in jener Periode noch nicht in Anwendung, wohl kannte man aber die Thatsachen, auf welchen dieselbe beruht und benutzte sie, wie bereits im Mittelalter und wohl auch schon im Altertume, bei der Einsatz- härtung . Dies geht deutlich aus folgender Angabe des Lazarus Erker hervor: „ Wie dann das Eysen in langwieriger starker Hitze mit harten oder buchenen Kohlen, ohne Abgang, geglühet zu gutem Stahl kann gemacht werden .“ Die Einsatzhärtung bezweckte nur eine Oberflächenhärtung fertig aus- geschmiedeter Gegenstände und wurde meist in kleinen eisernen Kisten, die im Schmiedefeuer geglüht wurden, vorgenommen. Einen grossen Wert legte man auf das Härtewasser, d. h. die Flüssigkeit, in welcher der heisse Stahl abgelöscht wurde, wodurch er seine Härte erhielt. Man glaubte irriger Weise, dass das Eisen bei der Härtung einen Stoff aus diesem aufnehme. Ein gutes Härte- wasser war daher das grosse Geheimnis jedes Stahlschmieds. Cosmos de Medici erfand 1555 ein Härtewasser aus Pflanzensäften, welches angeblich solche Kraft hatte, dass Franciscus Tadda mit einem Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. darin gehärteten Meissel ein Becken zu einem Springbrunnen und drei Reliefs von vorzüglicher Kunst anfertigen konnte. Wir wollen hier noch einige Stellen über den Stahl aus Schriften des 16. Jahrhunderts zusammenstellen. Über die Stahlbereitung macht Monardo eine Mitteilung. Nach dem er gesagt hat, dass der Unterschied zwischen Stahl und Eisen in den Erzen begründet sei, fährt er fort: „Der Welsche Stahl hat auch eine andere Bergart, daselbst sind mancherlei Eisenbergwerk und Adern, deren eine auch schmeidiger Eisen gibt als das andere. Den Stahl aber, so zu uns (nach Spanien) von dorther gebracht wird, richten sie also zu: Ihres schmeidigen Eisens nehmen sie soviel als sie wollen, schlagen es zu dünnen kleinen Platten oder Blechen, darnach reiben sie Marmorstein und Eisenschlacke zu Staube, ver- mischens und werfens mit glühenden Kohlen in einen sonderlichen darzu bereiteten Ofen, zündens wohl an, dass das Feuer stark werde: und endlich werfen sie ihr sprödes Eisen darzu, so zwingt es das Feuer, dass es fleusst zu einem Klumpff, daraus wird Stahl und jene langen Stangen gemacht, die anhero in Menge gebracht werden.“ Der Beschreibung nach könnte man an eine Art Gussstahlfabri- kation denken, doch will er augenscheinlich die Brescianstahlbereitung beschreiben. Über Stahlhärtung, d. h. den Stahl hart oder weich zu machen, finden wir mancherlei Angaben, bei denen ein gut Teil Aberglauben mit unterläuft. Cardanus schreibt: „Das eysen und der stahel werden durch gesafft (Säfte) weich , aber man muss ihn zum öfteren mal darinnen ablöschen, als in dem Sauerampfer- oder Schirling- saft, desgleichen in dem Öl, in wöllichem zu dem siebenden malen Bley gegossen. Und wenn man das glühend eysen besprenget mit Niesswurz, Agstein oder Euphorbio und danach zu mehr malen mit ihm selbst lasset kalt werden. Das eysen wird hart mit dem Melanthien- oder schwarzen Koriandersaft und mit Mäusörleinsaft, so Pilosella genennet, welches seinen namen von den vielen Haaren hat empfangen, so sich oft säubern. Dieses Kraut hat volle Blätter, die hart und allewegen grün sind, fast wie die salbey und schmecken wie der Lorbaum (Lorbeer) und hat einen halb weissen und grünen Stengel mit Tupf- linen gesprenget, so gern auf den Bergen wachset. Obwohl dieses eysen geringer dann der stahel geachtet, ist es doch viel besser das eiss mit aufzubrechen. Dann es bricht nitt von ihm selbst, noch wann etwas anders daran stosset, wöliches beydes dem Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. stahel beschicht. — Wenn man auch den stahel mit eysen bereybt, nimmt es ihm seine rauhe.“ Ferner: „Der Stahl ist edler als das Eisen und ist zweierlei, nämlich gemachter und gewachsener. Jener ist hart und darum gebrechlicher als das Eisen. Der gemachte wird aus dem härtesten und saubersten Eisen und von Marmorstein. Der beste ist der von kleinen und weissen Kernen scheint, nicht rostig, kein spalt hat und leichter (!) dann das Eisen ist. Wann er wohl gereinigt, darnach glühend mit Rettigsaft und mit Erdwürmerwasser zu gleichen Maassen 3—4 mal abgelöscht ist, so schneidet er Eisen wie Blei.“ Wecker stellt in seinen 17 Büchern, De Secretis, folgende ältere Angaben zusammen: „Wie man Eisen erweicht : Das Eisen wird weich durch den Saft der Schaalen von Bohnen und Malven, wenn man es in diesem und nicht in Wasser ablöscht. Damit es aber geschmeidig werde, lässt man es in Ackererde aus- dorren, indem man es lange darin liegen lässt: Durch den Regen wird es weich, indem das, was erdig ist, allein zusammenfliesst, das feuchte aber, was im Feuer besser steht und jenem wie ein Gift ist, weggenommen wird. Deshalb wenn es öfter ausgedörrt wird, und lange im Boden liegt, wird es um so zäher. Eiserner Draht, wenn du ihn für sich erhitzest und abkühlen lässt, wird so weich, dass du ihn wie Bindfaden gebrauchen kannst ( Cardanus ). Fange in einem Gefäss oder einer Schüssel menschliches Blut auf und lasse es stehen, bis das dicke Blut sich absetzt, giesse dann das Blutwasser ab und hebe es sorgfältig zum Gebrauch auf. Streichst du dann die erwärmte Waffe mit einem Pinsel mit diesem Serum an, so saugt es das Blutwasser auf und macht die Waffen weich (Ex lib. Germanico). Oder: Nimm geläuterten Honig, frischen Harn vom Ziegenbock, Alaun, Borax, Olivenbaumöl und Salz, und nachdem du diese gehörig gemischt hast, tauche das Eisen hinein und lösche es ab (idem). Oder: Bestreue Leder mit Hornspänen und besprenge es mit Salmiak, hülle das Leder um das Eisen und lass es durch das Eisen verbrennen, so wird es weich (idem). Wie man den Stahl hart macht: Der Stahl wird hart in kaltem Wasser, wenn er in diesem ab- gelöscht wird und wenn die Farbe des Stahls bläulich ist, so wisse, dass der Stahl seine natürliche Hitze erlangt hat (idem). Um den Stahl so hart zu machen, dass er anderes Eisen leicht schneidet: destilliere Erdwürmer, sowie besonders auch Rüben und Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. Wurzeln von Gurken. Mische alles nach gleichem Mass. In diese Flüssigkeit werde das Eisen eingetaucht. Es wird noch härter, wenn du dieses wiederholst ( Nostradamus ). Dass das Eisen hart und wieder weich wird: Reibe Kraut (des Lorbeers? verbenam) mit Stengeln und Blättern zusammen, drücke den Saft durch ein leinenes Tuch und hebe es in einem Glasgefäss zum Gebrauche auf. Willst du Eisen hart machen, so mische den Saft mit der gleichen Menge Menschenharn von einem Manne, du kannst auch noch den Saft von Erdwürmern — die Deutschen nennen sie „Engerlinge“ — hinzufügen: wenn das Eisen an dem Teile, den du härten willst, glüht, so tauche ihn in diesen Saft, bis goldne Flecken erscheinen. Wenn du aber nur die blaue Farbe wahrnimmst, so merkst du daraus, dass er noch nicht hart genug ist. Auch wird das Eisen in Jauche (in aqua stercoris) ab- gelöscht. Einige pressen den Saft aus den rothen Schildkröten und löschen darin das Eisen ab (Ex lib. Germanico). Wie Eisen in Stahl verwandelt wird: Die Rinde des Punischen Apfelbaumes verwandelt das Eisen in Stahl, wenn es mit diesem lange in Wasser gekocht wird ( Cardanus ). Stahl aus Eisen zu machen : Nimm dünne Platten (Blech, laminas) vom besten Eisen, dazu Pferdehufe und Kochsalz oder Asche von Reisig oder von irgend einem Aschensalz. Diese trage man lagenweise in ein Thongefäss ein und zwar so, dass die oberste und die unterste Lage aus Hufspänen und Salz bestehen: sodann steigert man bei geöffnetem Gefäss die Hitze bis zur vollen Glut während mehrerer Stunden, so erwirbt es sich wegen seiner Härte den Namen Stahl und dies um so mehr, wenn man es in kaltem Wasser, in Würmersaft oder einer Abkochung von Hufen oder einer Lösung von Laugensalzen ablöscht. Wie man den Stahl weich macht, dass man ihn treiben kann : Den Stahl mache man weich durch eine Lauge aus Eichenholz- asche und ungelöschtem Kalk, die man zwei Stunden lang vermischt stehen lässt. In diese Lauge wirft man den Stahl und lässt ihn 14 Tage lang darin: wenn du ihm aber wieder dieselbe Härte wie zuvor geben willst, so lege ihn in kaltes Wasser. Oder: Nimm Salmiak, ungelöschten Kalk und füge hierzu etwas venetianische Seife, mische durch fleissiges Umrühren und tauche den Stahl darin völlig ein, lass ihn 3, höchstens 4 Stunden darin und giesse langsam ab … So verfährt man mit kleinen Stahlstückchen. Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. Du kannst aber grosse weich machen, wenn du sie in eine Mischung von Kuhmist, Eiweiss und saurem Leim eintauchst (Ex lib. Germanico). Wie man die Messerschneiden hart und dicht macht: Mische den durch ein leinenes Tuch gepressten Saft von Regen- würmern mit Rettigsaft zu gleichen Teilen; dieser macht die Schneiden der Messer, Schwerter und anderer Instrumente, wenn sie zwei- oder dreimal darin abgelöscht werden, so hart, dass man anderes Eisen leicht damit schneiden kann, wie wenn es Blei wäre. [Dies erfuhr Mizaldus Mizaldus = Antoine Mizauld , berühmter französischer Astrologe, geboren 1510 zu Montluçon, gestorben 1578 zu Paris; Dr. med., hochangesehener Schriftsteller, erhielt den Beinamen Divinus . Ausser zahlreichen Schriften über Astronomie und Astrologie veröffentlichte er Werke über Gartenkunst, Landwirt- schaft und Sammlungen allerlei praktischer Rezepte, das Buch De arcanis naturae und andere. von einem Pariser Klingenschmied.] Oder: Du kannst die beständigsten Schneiden von Schwertern, Degen oder andern Instrumenten auf diese Art erhalten. Nimm ein Pfund Urin eines Knaben, dazu eine starke Hand voll Russ und füge 4 Unzen Leinöl dazu; mische alles und erhitze es; hierauf glühe die Schneide des Schwertes, Degens oder sonstigen schneidenden Werkzeugs und tauche sie in die Abkochung dieser Mischung, so werden sie richtig gehärtet (probe temperentur). Wie das Eisen getrieben wird: Das weich gemachte Eisen wird in der Weise getrieben, dass du das, was du formen willst, auf das Eisen zeichnest, auf der Rückseite werden Bleiklötze untergelegt, und nun werden die Teile, die du ein- drücken willst, mit einem kleinen Hammer geschlagen; diese müssen hervortreten, da sie das untergelegte Blei nicht zurückhält: so ent- stehen die feinsten Bilder von Tieren und Pflanzen, wie in Wachs gedrückt und mit scharfen Messern ausgeschnitten. Wenn es aber durch kaltes Wasser, sobald es glühend wird, abgelöscht wird, so muss man acht geben, dass es nicht hart und spröde (minime ductile) wird. Denn durch die Kälte des Wassers wird die innewohnende Hitze bezwungen und es verzehrt rasch die eingeborene Feuchtigkeit des Eisens, wegen der es weich ist, deshalb muss man beim Ab- löschen darauf achten, dass es nicht spröde und hart wird ( Cardanus ). Wie die Waffen geätzt werden (caelentur): Dies geschieht so: Pech, Leinöl und Weihrauchöl kochen Sie zusammen, bis es dick wird und tragen diesen sogenannten Firnis auf; darauf zeichnen Sie mit dem Stifte (Grabstichel), was Sie wollen, dann bringen Sie an die Stellen, wo der Firnis weggekratzt ist, Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. Scheidewasser: diesem wird Silberamalgam und Grünspan zugemischt und in 24 Stunden ätzen Sie die Zeichnung so schön in das Eisen, wie es nicht besser mit einem Siegel in Wachs abgedrückt werden kann. Wie man das Rosten des Eisens vermeidet : Wenn das Eisen Spuren von Rost angenommen hat, so nimmt diese das Weinsteinöl (oleum tartari) weg u. s. w. ( Mizaldus ). Wie man eiserne, stählerne und eherne Waffen vom Roste reinigt und sie glänzend erhält: Sie werden mit einem Gemisch von Essig und Alaun bestrichen oder mit Bleiweiss und Hirschtalg (cervi medulla), denn dies ist halt- barer als Öl. Aber das aller haltbarste und nützlichste ist, wenn man ganz feine Bleispäne in einem bleiernen oder eisernen Mörser unter Zufügung von etwas Nardenöl (oleum de spica), was des Wohl- geruches wegen geschieht, gehörig durcharbeitet und damit das Eisen oder den Stahl einreibt. Auf diese Art kannst du jedwede Waffe in Wasser und feuchter Luft frei von jeder Art von Rost tragen (Ex quodam armorum perito fabro). Wer noch sonst an wunderlichen Härtemitteln aus jener Zeit, wo man „nach unendlichen Rezepten — das Widrige zusammengoss“, seine Freude hat, den verweisen wir auf die kleine Schrift „ Von Stahel und Eysen : Wie man die selbigen künstlich weych vnd hart machen soll … Mit viel andern künstlin, wie man Goldt von Sylber Farben, vff ein yedes Metall, mancherley weyse machen sol, darzu auch wie man in Stahel vnd Eysen oder vff waffen etzen sol. Desgleychen auch mancherley art, warm vnd kalt Eysen vnd Messing \&c., zu löten. — Getruckt zu Maintz bey Peter Jordan im Mertzen des M. D. XXX. II. Jars.“ Die Verwendung des Stahls war im 16. Jahrhundert noch eine äusserst beschränkte und selbst in den Ländern, welche durch ihren Stahl berühmt waren, wie Steiermark und das Siegerland, trat die Stahlbereitung weitaus zurück gegen die Eisengewinnung. Durch die Einführung und Ausbildung des Stahlfrischens nahm die Stahl- erzeugung und der Stahlverbrauch zwar zu im Vergleich mit der früheren Periode, in der man den Stahl in Stücköfen und Luppen- feuern mehr zufällig gewonnen hatte, doch nahm die Verwendung, Benutzung und Verarbeitung des Stahls einen wesentlichen Auf- schwung erst durch die Erfindung der Zementstahlfabrikation und der Gussstahlfabrikation im vorigen Jahrhundert. DIE EISENGIESSEREI IM SECHSZEHNTEN JAHRHUNDERT . Wir wenden uns nun zu denjenigen Betrieben, welche aus dem Rohmaterial, aus Roheisen, Schmiedeeisen und Stahl Kaufmannswaren erzeugen. Es sind dies besonders für das Roheisen die Giesserei, für Stabeisen und Stahl die Schmiedekunst in ihrer mannigfaltigen Ge- staltung, die Draht- und Blechfabrikation. Ob die Einführung des Hochofenbetriebes mehr durch das Be- dürfnis der Schmiedeeisenerzeugung oder der Gusseisenerzeugung bedingt war, ist eine Frage, die sich nicht unbedingt entscheiden lässt. Bisher haben wir dieselbe nur von ersterem Gesichtspunkte aus behandelt, betrachten wir sie nun auch von der andern Seite. Die Metallgiesserei stand bereits im grauen Altertume bei den Kulturvölkern auf einer so hohen Stufe der Entwickelung, dass wir noch heute darüber staunen. Beispiele für diese allbekannte Thatsache hier anzuführen, ist überflüssig, viele sind im ersten Bande dieses Werkes verzeichnet. Gewiss hat es seitens der geschickten Erzgiesser nicht an Versuchen gefehlt, auch das Eisen zum Zwecke des Giessens zu schmelzen und in flüssige Form zu bringen. Sie scheiterten an der Schwerschmelzbarkeit des Eisens und an ihren unvollkommenen mechanischen Hilfsmitteln, insbesondere an ihren schwachen Blasebälgen. Die Alten gewannen das Eisen aus den Erzen nur als schmiedbares Eisen. Dieses hat aber eine so hohe Schmelztemperatur, dass es bis vor noch nicht sehr langer Zeit, trotz unserer Dampfgebläse, für die praktische Verwendung als unschmelz- Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. bar galt. Nun könnte man einwenden, dass Schmiedeeisen in Be- rührung mit Kohle in hoher Temperatur Kohlenstoff aufnimmt und zuletzt in den Zustand des leicht schmelzbaren Roheisens übergeht. Aber auch dieses ist so schwer schmelzbar, dass es in nennenswerten Quantitäten, wie es zu einem auch kleinen Gussstück erforderlich ist, auch die Folles taurini des Vulkan wohl kaum schmelzen konnten. Dabei hat das Eisen noch andere Eigenschaften, die seiner Ver- wendung als Gussmetall im Wege standen. Das weisse Eisen schwindet so stark, dass es kaum die Form richtig ausfüllt. Dabei ist es spröde und in dünnen Stücken gegossen so zerbrechlich, dass es für den praktischen Gebrauch untauglich ist. Das graue Eisen, welches für die Giesserei allein verwendbar ist, erfordert zu seiner Darstellung und zum Umschmelzen eine noch höhere Temperatur als das weisse und ist nur, wenn es noch beträchtlich über seinen Schmelzpunkt er- hitzt ist, so dünnflüssig, dass es sich für dünnwandige Gussstücke eignet. Solche allein aber erstrebten die Giesser des Altertums; für Massenguss, grobe Gussstücke, war kein Bedarf. — Dies alles macht es leicht erklärlich, warum die Alten den Eisenguss nicht kannten und nicht anwendeten. Anders wurden die Verhältnisse, als man anfing, die ungemessene Kraft des Wassers zum Bewegen der Blasebälge zu benutzen und mit Hilfe stärkerer Bälge und höherer Öfen die Eisenerze aus- schmolz. Da ergab sich flüssiges Roheisen von selbst; ursprünglich ganz wider den Willen des Schmelzers; nachdem man aber die guten Eigenschaften desselben kennen und zu verwerten gelernt hatte, ver- schmolz man die Erze mit Absicht auf Roheisen allein. Zu diesen guten Eigenschaften gehörte auch die, dass sich Gusswaren daraus herstellen liessen. Allerdings vermochte man ursprünglich nur die allergröbsten Stücke zu giessen, denn das Eisen kam kalt aus dem Ofen, floss träge und war in der Regel weiss. Blöcke für Ambosse, Pocheisen, Pochsohlen und Kugeln, das waren die ersten Gusswaren, die man auch da her- stellen konnte, wo das Eisen durchaus nicht den Anforderungen eines guten Giessereieisens entsprach. Der Meister oder Massenbläser stellte die Formen dazu selbst dar und man leitete beim Abstechen das flüssige Metall durch Rinnen den Formen zu, die nicht weit vom Stichloche, neben dem Flossenbette, angebracht waren. Erfahrungen führten zum Fortschritte und bald lernte man die Vorzüge des bei grösserer Hitze erblasenen grauen Eisens für die Giesserei erkennen. Man trachtete danach, feinere Gusswaren herzustellen, zunächst für Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. die Zwecke des Krieges kleine Kanonen Eine deutsche Erfindung, wie auch aus dem alten Gedichte des Bourbon hervorgeht. , die allerdings sehr plump ausfielen, dann für die Zwecke des Friedens und des häuslichen Gebrauches, namentlich jene Ofenplatten, welche den unteren Teil der Kachelöfen umkleideten. Während die Kanonen ganz in Lehm auf- gedreht wurden, bediente man sich für die Ofenplatten, welche auf der einen Seite oft mit sehr reichem Bilderschmucke verziert waren, kunstvoller Modelle. Doch wurden diese Platten nur in offener Form, als Herdguss, gegossen, so dass die eine Seite rauh blieb. Erst all- mählich ging man dazu über, hohle Körper, wie namentlich Koch- töpfe, in ringsum geschlossenen Formen herzustellen. Im Anfange des 16. Jahrhunderts war man bereits soweit ge- kommen. Dies wird unter anderm durch den wichtigen Vertrag des Grafen Johann Ludwig von Saarbrücken über die Eisenhütte zu Wiebelskirchen in der Grafschaft Ottweiler (s. oben S. 202) vom Jahre 1514 bestätigt, worin er sich den Verkauf zu festen Preisen vorbehält, und zwar für eiserne „Heffen“ (Gusstöpfe) 1 Ort und 1 Heller, für „Öfen, Büchsen oder Büchsensteine zu giessen“ 1 rhein. Gulden der Zentner. Dass man eiserne Töpfe mit drei Beinen schon im 16. Jahr- hundert goss, geht aus folgender Stelle aus Lazarus Erkers Be- schreibung der allerfürnemsten mineralischen Erz- und Bergwerks- arten von 1574 (S. 60) hervor: „Wie man in einem eisernen Krug Scheidewasser brennen soll.“ „Ob du aber in einen eyssern ge- gossenen oder geschnittenen Krug, den satz setzen, vnd schaid- wasser brennen wilt, so setze den Krug mit seinen kurzen Beinen, nur auff die eyssernen trählen oder rost, dass er fein gewiss stehet: So aber der krug keine Beine hatte, so muss derselbige auf ein drei- füsslein, gleich einem Kolben zu stehen kommen.“ Die Formen wurden damals noch alle in Lehm hergestellt. Die Herstellung eines guten Formlehms war schon damals eine Hauptsorge der Giesser. Gualterius H. Rivius schreibt 1547 in seiner „neuen Per- spektiva“, im dritten Buche (p. XLII): „Der natürliche Giesssand wird dieser Zeit gefunden in der gegent vmb Cremona herumb in Welschlanden, aber der künstlich hierzu bereit wird, muss von solchen stucken gemacht werden, von solcher materie, die der former wol vnd on allen schaden bestendig- lich leiden mag. Darumb, wie gesagt, gar mancherley Giesssand, vn Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. tag zu tag, von mancherley Künstlern erdacht werden, denn etliche gebrauchen dazu Pimsenstein, andere gebrannt Bein, andere Hammer- schlag und Eisenfeylicht, etliche gebrannt Ziegelstein, noch andere Schmergel vnd viel dergleichen stuck vnd materialia, — aber von solchen Giesssanden allen, so mir noch zukommen, vbertreffen die beide, der ein von Eysenrost, der ander von gebranntem Ziegelstein wol bereidet, die andern alle zusammen. Wie aber solche beide zu bereiten, anzufühlen, in die Gussflaschen zu bringen, abzutrucknen vnd abformen, was man giessen will, die formen schliessen, abtrucknen, ausglühen, flammen, mit lufft- ung gusslöchern versehen, wohl ver- streichen vnd das Metall heiss genug hineinzugiessen, erfordert Be- richt und Augenschein.“ — Empfiehlt „als sonderlich heimliches stück: den Sand mit eines jungen Kneblins Harn anzufeuchten und ihn so fein zu malen, dass man ihn kaum mehr zwischen den Fingern fühlt“. Die hohe Stufe, auf welcher die Formkunst im Beginn des 16. Jahrhunderts stand, lernen wir nicht nur aus den erhaltenen Gusswerken jener Zeit kennen, sondern auch aus den Schriften Vanuccio Biringuccios , der selbst ein sehr erfahrener Metall- giesser war und von allen seinen vielen praktischen Kenntnissen diese am höchsten schätzte. In seiner Pyrotechnik behandelt er des- halb auch den Abschnitt über die Formerei und Giesskunst mit be- sonderer Gründlichkeit, und wenn sich seine Ausführungen auch mehr auf den Metallguss als den Eisenguss beziehen, so können wir uns doch nicht versagen, die betreffenden Kapitel, besonders diejenigen, die sich auf den Guss von Kanonen beziehen, hier in vollständiger Übersetzung mitzuteilen. Im fünften Kapitel des sechsten Buches, welches die Überschrift führt: „Von der Art, die Formen der Geschütze zu machen“, schreibt er: „.... Zuerst muss man ein Modell machen, genau wie das Ge- schütz sein soll, entweder von Holz oder von Lehm und mit den Ornamenten von Karniesen und Verstärkungen, welche an dem Ge- schütze sein sollen. Nehmen wir an, das Modell solle von Holz sein. Alsdann muss man ein tannenes Holz aufsuchen, welches in einem Stück von der gewünschten Länge und Dicke sein muss, trocken, dicht und reif, mit wenig oder gar keinen Knorren und um so viel länger als das Geschütz, als die Auflager am Kopfe und am Fusse ausmachen, womit man es in ein Lager legen muss, damit es sich drehen kann, wie auf einer Drehbank und noch um so viel länger, als über der Stelle, wo die Mündung ist, Ihr einen verlorenen Kopf anfügen müsst für den Guss. Nun muss man es ausarbeiten oder Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. ausarbeiten lassen, entweder rund oder mit Fasungen, oder gewölbt, oder mit halben Fasungen, wie es Euch gefällt. Mit grösstem Fleisse und Aufmerksamkeit auf die Masse werde es richtig eingeteilt und nahe dabei muss man zwei feste Angeln in die Erde setzen, eine am Kopfe und eine am Fusse, wie man bei den Bratspiessen thut und wie Ihr in der Zeichnung seht. Ist dies geschehen, so setzt Ihr dahin, wo Ihr die Mündung haben wollt und an den Fuss, wo man abfeuert, da es vor Augen ist, die Karniese aus Stücken, die sich abnehmen (abstreifen) lassen, wenn Ihr die Holzspindel aus der Form zieht, welche dann in der Form zurückbleiben, und ebenso die Wülste, Ein- fassungen und andere Ornamente, welche Ihr auf das Modell auf- gesetzt habt. Um aber vor allem den Boden (culatta, das Schwanz- stück — die Traube) am Fusse einsetzen zu können, macht, entweder von Lehm oder von Holz und gut mit Talg oder Wachs befestigt, eine runde Scheibe, etwas konisch (glockenförmig), drei Finger dick und einen Finger oder mehr grösser im Durchmesser oder Umfang als die Friesen, welche am Fusse, am dicksten Ende, des Geschützes sind und gerade oberhalb der Stelle, wo die Friesen der Mündung ausgeschnitten sind, macht in ähnlicher Weise einen „verlorenen Kopf“, wie man es nennt, damit dadurch an der Mündung des Ge- schützes eine grössere Menge Kanonenmetall angehäuft werde und man dort einen Überfluss von Metall gebe, damit es fester und dichter werde, und gerade darüber macht Ihr eine andere Scheibe, gleichfalls konisch (glockenförmig), aber entgegengesetzt und kleiner im Ver- gleich mit derjenigen, welche Ihr am Fusse gemacht habt. Diese dient als Einpass und Führung (des Kernes) der Seele, ebenso wie die andere für die Traube. Aber alle beide (Scheiben) seien unten (wo sie auf der Spindel aufsitzen) mit Asche oder mit Talg be- strichen, wie es auch die Friesen der Mündung sind, damit, wenn man die Spindel herauszieht, sie loslassen. Auch macht Ihr zwei seitliche Ansätze (maniche, eigentlich = Ärmel, hier die Schildzapfen), rund und länglich, wie zwei Walzen, etwas konisch gegen das Ge- schütz hin anlaufend. Die Masse davon, sowohl die Dicke als auch die Länge, sind gleich dem Durchmesser der Geschützkugel oder auch nach Belieben. Diese befestigt man mit zwei langen Nägeln, um sie, wenn die Lehmform gemacht ist, nach Belieben herausziehen zu können. Dieselben setzt man an bei zwei Fünftel der Länge des Geschützes, gemessen vom Boden des Geschützes an bis zu der Stelle, wo die Verstärkungen oder Verdickungen (ringrossature), wie man es nennt, beginnen. Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Nachdem nun dieses Modell mit feiner Holzasche bestrichen ist, oder auch mit Talg oder einem andern Fett, womit man es von Kopf bis zu Fuss gut glättet und Ihr mit Talg oder Lehm die Wülste richtig gemacht habt, streicht Ihr mit einem Pinsel die erste Schicht von Thon (luto sottile) darüber und wenn kein Talg oder Wachs darunter ist, könnt Ihr gleich die Wärme von einem Feuer darauf wirken lassen, um es zu trocknen, und könnt so die Form um so schneller fertig stellen; wenn nicht, so lasst es von selbst an der Sonne oder im Winde trocknen oder auch ganz allmählich an der Luft, wenigstens bis zur zweiten oder dritten Lehmschicht, und so oft es getrocknet ist, fahrt Ihr fort, es zu verdicken, bis es Euch nahezu genug erscheint. Sobald Ihr an der vorletzten Schicht seid, wickelt Ihr eine Schicht Draht, je zwei Finger breit (in der Steigung der Spirale) voneinander entfernt, darum und tragt sodann noch eine Schicht Lehm auf, um den Draht zu befestigen. Sobald diese trocken ist, armiert Ihr die ganze Form mit acht oder wenigstens mit sechs Eisenstäben, die so lang sind wie die ganze Form, und mit so viel eisernen Ringen, dass einer von dem andern eine drittel oder höch- stens eine halbe Elle entfernt ist und macht sie widerstandsfähig, indem Ihr sie bindet und zusammenzieht, entweder durch ihren eigenen Griff (d. h. den Anzug der Ringe) oder vermittelst Draht und dar- über legt Ihr nochmals eine Schicht Lehm, damit sich diese Armatur noch fester an ihrem Orte erhalte, und ich rate Euch, für diesen Zweck alle Sorgfalt anzuwenden, denn es ist für das Gelingen des Werkes sehr wichtig, dass Ihr es stark armiert. Nachdem dies aufs beste geschehen ist, trocknet Ihr es und gebt ihm überall eine gute Hitze von Kohlen oder Holzfeuer, so lange, bis Ihr denkt, dass sie bis in das Modell eingedrungen sei und dass sie überall das Wachs oder den Talg (aus dem die aufgesetzten Verzierungen hergestellt wurden) aufgelöst habe; alsdann hebt Ihr die Form mit Flaschen- zügen oder durch Menschenkraft aus ihren Lagern und stosst mit einem Balken, nach Art eines Widders (Mauerbrechers), gegen das Ende der Spindel, welche in den Lagern ruhte, nachdem Ihr vorher den übergespritzten Lehm davon entfernt und die Nägel, welche einige Teile zusammenhalten, wie Schildzapfen und Friesen, heraus- gezogen habt. Indem Ihr die ganze Form in Bewegung setzt, stosst Ihr den vorderen Teil, welcher heraussteht, gegen eine Mauer, hier- durch wird die Spindel herausgetrieben und Ihr erhaltet die leere Form sauber, je nach dem Fleisse, den Ihr darauf verwendet habt. Sodann tragt Ihr Sorge, dass alle Risse, welche im Inneren oder Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. aussen entstanden sind, mit zartem, feinem Lehm ausgestrichen sind, und so erhaltet Ihr die Hauptform, welche die Aussenseite des fertigen Geschützes giebt; jedoch ist sie noch nicht in allen Teilen voll- ständig, denn es fehlt noch das einzusetzende Halseisen (die Führung), welches in der Mittellinie die Seele unterstützt und noch andere Teile, sowie es auch nochmals zu erwärmen und mit Wachs zu be- streichen ist, wie Ihr später hören werdet. Aber ich will nicht unterlassen, Euch über alle Arten von Mo- dellen zu unterrichten, also auch über diejenigen, welche nicht von Holz sind, weil man keine so starke Tanne hat oder kein so langes Holz, als nötig wäre. Wenn man das Modell dann doch rund machen will mit geringeren Kosten und als ein richtiges Meisterstück, so macht man es von Lehm (di terra). Zuerst, wenn Ihr kein Tannenholz von der richtigen Dicke und Länge habt, so könnt Ihr so viele Stücke zusammenfügen, dass durch Verbindung mit Bolzen, Leim und eisernen Ringen das Ganze so stark wird, als ob es aus einem Stücke be- Fig. 75. stünde. Oder, und das geht leichter, wenn man nur Holz von der richtigen Länge hat, so lagert man auf zwei Böcken c c (Fig. 75), wie Ihr es bei der andern Form gemacht habt, eine möglichst dicke Spindel d d , im Rauhen spindelförmig bearbeitet, und diese umwickelt man mit einem Seil E , überall dicht aneinanderliegend bis an das Ende, und trägt dann eine Schicht Thon darauf, oder zwei und drei, bis man schliesslich gerade zu der gewünschten Dicke gelangt. Man gleicht dann gut ab mit der Kante eines Brettes (tavola, hier Schablone), wobei man auch, wo es nötig ist, die Verstärkungen macht oder die Fasungen und Gewinde, die man leicht anbringen kann, indem man mit dem Zirkel die Zwischenräume einteilt und von dem Runden den Lehm wegnimmt, wo es nötig ist, indem man Beck , Geschichte des Eisens. 18 Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. es dreht, als ob es Holz wäre. Aber weil dies, wenn es auf einmal gemacht wird, eine Form giebt, welche durch Schlagen auf die Spindel nicht herausgeht, so müsst Ihr, ehe Ihr den äussersten Um- fang (die volle Stärke) N N erreicht habt, wenn Ihr von aussen noch um einen starken Fingerbreit entfernt seid, mit dem genannten Brette abgleichen und glätten. Sodann tragt Ihr eine Schicht Asche auf und darüber soviel Thon, bis Ihr Euer Ziel (d. h. den richtigen Durchmesser) erreicht habt. Hiernach schneidet Ihr in dasselbe Brett, mit welchem Ihr unter Umdrehung das Modell abgeglichen habt, oder in ein anderes in den äusseren Rand eine Auskehlung, damit sie den Wulst über den Friesen mache und die Scheibe zur Führung der Seele und ebenso am Fusse die andere, untere, um die Form der Traube einzulegen. Und wenn Ihr dann Eurem Geschütze die Run- dung geben wollt, so schneidet zuvor an der Mündung, sowie am Fusse beim Zündloch oder an den Enden Verstärkungen ein; und indem Ihr es dann dem Modell nähert, welches Ihr aus Lehm ge- macht habt, so dass es überall berührt, formt sich der Wulst aus Lehm, die Friesen aber macht Ihr entweder von Talg oder von Lehm an ihre Stelle, indem Ihr das Modell immer in seinen Lagern dreht und indem Ihr sie genau so macht, wie Ihr wollt, dass das Geschütz sei. Alsdann salbt Ihr es ganz mit Talg oder mit Schweinefett ein, und wenn Ihr es dann verzieren wollt mit Blätterwerk, Wappen oder Verbrämungen, so könnt Ihr es nun thun. Hierauf bedeckt Ihr es mit Thon in der Weise, wie oben angegeben, und auf dieselbe Weise nehmt Ihr auch durch Schlagen die Spindel heraus. Weil aber beim Trocknen des Thones das Feuer die Feuchtigkeit nach innen treibt und die Erde ausdehnt, so ist es oft schwierig, das Modell aus der Form herauszubringen. Achtet aber nicht darauf, sondern schlagt immer kräftig darauf zu, damit es sich, wenn nicht an einer andern Stelle, von der Aschenlage loslöst, von der ich sprach, als Ihr noch einen Finger breit vom Umfange waret. Innerhalb der Form wird dann alle der Thon bleiben, von dem ich alsdann sagte, dass er auf- getragen werden solle, welcher, wenn Ihr ihn auf einer Seite auf- geschnitten und ihm so den zirkulären Halt genommen habt, sich zerbröckelt und herunterkommt, vorausgesetzt, dass bei den Wülsten und Karniesen, die Ihr gemacht habt, keine Unterschneidungen vor- kamen, was nötig machen würde, mit einem langen, abgeschrägten Eisen sie langsam nachzufahren, um die Form nicht zu verletzen. Damit Ihr aber die Praxis des Formens besser versteht, müsst Ihr wissen, dass jede Geschützform aus drei notwendigen Teilen be- Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. steht, einige selbst aus vier und andere aus sechs. Von den dreien ist der eine die Hauptform, welche das Äussere bildet, wie ich ge- zeigt habe, der zweite ist die Seele, welche den hohlen Raum im Geschütze bildet, in den das Pulver kommt und aus dem man die Kugel abschiesst, der dritte ist der Boden (die Traube), welcher die Form unten schliesst und die ganze Last des Metalls trägt. Einen vierten Teil kann man als Führung aufsetzen, wenn man diese nicht an die Seele anzuheften pflegt, wie ich an seinem Orte zeigen werde, und die beiden Teile, welche die sechs voll machen, wenn dieser den vierten bildet, sind die Türmchen (Ansätze), in denen die Formen der Schildzapfen sich befinden. Indem ich hier das veranlasse, was zur Vollendung der äusseren Form notwendig ist, was ja in der Hauptsache schon geschehen ist, bemerke ich Euch, dass noch das Fig. 76. Einsetzen des Eisens fehlt, welches am Fusse die Seele in der Mitte des Rohres unterstützt, wenn dies auch eigentlich der letzte Teil sein sollte, von dem ich zu sprechen habe. Aber es kommt nicht darauf an, wo ich es vortrage, wenn Ihr Euch nur bei Bedürfnis dessen bedient, denn es ist in der That eine sehr wichtige Sache und soviel ich weiss, hat man noch kein besseres Mittel gefunden, es einzusetzen, als das, welches ich Euch angeben werde. Das erste, und wie mir scheint, auch das beste ist das Halseisen (la gogna), Fig. 76 a , welches einen Ring von Eisen bildet, genau so weit als die Seele dick ist, und welches vier Füsse hat, übers Kreuz angeschweisst (oder gelötet — salda). Oder man durchbohrt die Dicke des Eisens und steckt die Füsse durch diese Löcher ein, so dass schliesslich jeder Fuss in die äussere Form eintritt, welche es passieren lässt. — Oder man schneidet genau soviel aus der Form als genügt, um sie einzufügen. — Man nimmt 18* Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. das Eisen und setzt es eine Handbreit unter den Friesen am Fusse und indem man es gut mit Lehm befestigt oder mit eisernen Keil- chen oder Steinsplittern, macht man, dass der Ring, welcher die Seele aufzunehmen hat, genau in der Mitte steht. Einige pflegen auch vier Eisen zu machen, welche durch vier Löcher, eins dem andern gegenüber, in die Form gesteckt werden, Fig. 76 b . Diese haben vorn eine Art Gäbelchen (forcelletta), welche Teile eines Kreises bilden. Diese befestigt man an derselben Stelle der Form, welche ich oben an- gegeben habe, und jedes von ihnen, indem es von seiner Seite schiebt, stützt die Seele und hält sie in der Mitte. Manche andere wenden nicht diese, sondern eine abweichende Art an. An Stelle dieser Eisen machen sie eins, welches sie in die Traube einsetzen und welches sie die „Festung“ (la rocca) nennen, Fg. 76 c . Seine Form wird gebildet durch zwei gekreuzte Eisen, die in der Mitte gebogen sind, so dass sie eine Kuppel bilden, jeder Teil bildet ausserdem einen Fuss, welcher ähnlich aufsteht wie ein Tischfuss. Und über dieser Kuppel sind vier Eisen (ein Kreuz bildend), welche einen in jene Kuppel eintretenden und an ihr befestigten Fuss haben, und sie sind geformt wie eine Mauerkrone (Festung) oder wie ein kleiner Arm- leuchter. Jenes Eisen setzt sich in das Bodenstück (die Traube) und mit der Kuppel und der Krone erreicht es eine solche Höhe, dass es gerade bis dahin reicht, wo die Seele mit der Spitze endigt, und seine Öffnung ist so gross, dass es die Seele an der Spitze gerade umschliesst. Dies sind alle die Arten von Eisen, welche ich gesehen habe, um die Seele in der Mitte zu halten, wovon ich auch an anderer Stelle noch zu reden gedenke und Euch, so gut ich kann, durch Zeichnung Aufklärung geben werde. Vorausgesetzt nun, dass Ihr eins der oben genannten Eisen in die Form gesetzt habt oder dass Ihr Euch entschlossen habt, das andere zu nehmen, verkittet Ihr es gut ringsum und dann glättet Ihr im Inneren alles mit einem an eine Stange oder ein Rohr ge- bundenen, in Wasser oder Eiweiss gebadeten Schwamm und mit Asche aus Hammelhornspitzen, welche auf Porphyr oder mit Wasser auf gebrauchten Mühlsteinen fein gemahlen wurden, indem Ihr damit die Poren verstopft, welche sich in der Decke bildeten und manchmal durch das Abbrennen des Wachses oder Talges entstehen. Und so zerlegt und sorgfältig gelagert, lasst Ihr die Form trocknen. Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Kapitel VI: Wie man die Seelen in den Geschützformen machen muss . Der zweite Teil der Geschützform ist die Seele (resp. der Kern für die Seele), ohne welche man die Höhlung nicht machen könnte, wo das Pulver sich aufhält und die Kugel, und durch welche diese ge- trieben wird. Um die Seele (Fig. 76 d und 77) zu machen, muss man zweierlei wichtige Punkte beachten. Zuerst müsst Ihr ins Auge fassen, welche Mittel Ihr habt, dass die Seele stehe und sich gerade erhalte, und zweitens, aus welcher Lehmmischung sie sein muss, damit sie dem Guss widersteht und doch aus dem fertigen Geschütze nicht schwierig herauszubringen ist. Inbezug auf ersteres giebt es kein Mittel, als eine Spindel von Eisen von geeigneter Dicke, dass sie das Gewicht des Lehmes trage und sich durch die Hitze des Feuers nicht biege und auch nicht vibriere, wenn man sie in den Lagern dreht und Fig. 77. damit hantiert. Sie muss um eine Elle oder etwas darüber länger sein als die Form des Geschützes, auch sei sie genau rund gearbeitet und spindelförmig, und an jeder Verbindungs- stelle sei sie bei guter Hitze geschweisst. Am oberen Ende sei eine durchbohrte Zunge (calcagnole bucarato) und auch unten an der Grenze, welche der Länge der Form entspricht, seien ein oder zwei Löcher, um durch sie Schliessen stecken zu können und so den Kern mit der äusseren Form zu verbinden und auch darüber eine Scheibe anbringen zu können. Dieses Eisen wird auf zwei Lagerböcke gelegt und damit, wenn man es dreht, es sich richtig drehe und in sich nicht hin und her bewegen kann, macht man ein Gäbelchen von Eisen, welches sich am Fusse in eine mit der Feile gemachte Vertiefung (Kerbe) einlegt, und ebenso eins am Kopfende. Darauf hat man den Lehm zuzurichten, um die Seele daraus an- zufertigen, welcher zähe sein muss, um nicht zu springen, und gut Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. zubereitet, und vor allem muss man darauf achten, dass keinerle i Steinchen darin seien und dass er mit etwas Scherwolle, viel durch- gesiebtem Pferdemist und etwas reiner, gewaschener Holzasche ver- setzt werde, damit er von mürber, zerbrechlicher Struktur sei. Um ihn dann um so leichter aus dem Geschütze herausbringen zu können und um ebenso das Eisen auf einmal herausziehen zu können, wickelt Ihr über das Ganze ein Seil von gewöhnlicher Dicke, indem Ihr alle Handbreit von dem Eisen einen Finger breit unbedeckt lasst, nachdem Ihr es vorher mit Asche bestrichen oder mit Werg bekleidet habt, das in derselben Weise mit Asche bestrichen wird. Oder aber Ihr erwärmt Euer Eisen etwas und dann bedeckt Ihr es eine starke Schnur dick mit Holzasche oder gemahlener Kohle, die mit Lehm- wasser oder Eiweiss zu einem Teig angemacht ist, und dann, wenn es getrocknet ist, nehmt Ihr von Eurem gemischten Lehm und tragt davon durchaus eine Schicht davon auf und bindet ihn mit ein wenig Werg und lasst alsdann diesen ersten Lehm bestens trocknen. Und nach und nach verdickt Ihr sie, bis Ihr beinahe zu der Dicke gelangt, welche der Durchmesser der Kugel haben soll, indem Ihr immer jede Schicht Lehm bestens trocknet. Alsdann nehmt Ihr ein Brett von Nussbaum oder anderm Holze, so lang als wie die Seele ist und noch so viel mehr, dass es über die Lagerböcke hinausreicht, denn in diesen habt Ihr sie zu formen. Und das Brett sei von solcher Dicke, dass der Lehm, wenn es sich ihm nähert, zusammengedrückt werde und dass es, indem man die Seele dreht, nicht berste oder sich biege, und an einer seiner Seiten habe es eine nach unten abgeschrägte Schneide und diese sei mit einem grossen Hobel möglichst gerade gemacht. Dieses Brett wird — (wie ich schon oben bei den Lager- böcken gesagt habe, da, wo der Zapfen vorsteht) — mit zwei Haften gut befestigt, jedoch so weit von der Seele entfernt, als Ihr wollt, dass die Lehmdicke werde. Indem Ihr nun die eiserne Spindel dreht, tragt Ihr über den schon aufgetragenen Lehm noch mehr auf und zwar soviel, bis er gleichmässig an der Schneide des Brettes an- kommt und dann vollendet Ihr sie, indem Ihr sie so gut glättet und zwar mit etwas weichem Thon vermittelst eines Lappens, und wenn sie vollendet und getrocknet ist, hebt Ihr sie von den Lagerböcken und fügt ihr das, was am Fusse und an der Spitze fehlt, aus gutem Lehm nach und nach zu. Und wenn Ihr sie durchaus gut vollendet und getrocknet habt, so bestreicht Ihr sie mit weicher Holzasche und dann, zur Zeit, wann Ihr giessen wollt, erwärmt Ihr sie noch- mals in der Weise, welche ich seiner Zeit erklären werde. Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Es giebt einige Meister, welche ihre Seelen dadurch befestigen, dass sie einen Eisendraht darüber wickeln, zwei Finger voneinander; andere bringen ihn hinein, wenn sie die Seele bis auf einen halben Finger dick beendigt haben; andere wieder geben nichts auf diese Verstärkungen, indem sie sagen, dass solcher Draht beim Heraus- nehmen der Seele ein grosses Hindernis sei. Da ich aber nicht dieser Ansicht bin, habe ich ihn auf beide Arten angewendet, wie es mir gut schien, je nach der Art des Geschützes. Auch herrscht unter den Meistern dieser Kunst eine gewisse, noch nicht beseitigte Meinungsverschiedenheit darüber, ob man am Fusse der Seele einen Teil machen soll, der eine gewisse Differenz in der Rohrweite ergiebt und den man „die Kammer“ nennt. Der eine thut dies, der andere thut dies nicht und hüllen sich hiermit in den Mantel eines grossen Geheimnisses und stehen auch in diesem Rufe, indem sie ganz ver- rückte Lügen vorbringen und versprechen, dass aus diesen Geschützen nicht nur Kugeln, sondern auch Blitzstrahlen geschleudert würden, obgleich sie doch am Ende auch nichts anderes leisten, als diejenigen, welche es nach der andern Art machen. Und wenn Ihr fragt, welche Gründe sie bewegen, so wissen sie Euch nur schlecht zu antworten. Schlechter aber als alle machen es diejenigen, welche die Höhlung des Rohres enger zulaufen lassen, denn wenn sie genug Pulver an- wenden wollen, so verringern sie dadurch die Länge des Laufes der Kugel im Rohre, welches eine der Ursachen ihres Fluges ist, denn man sieht ein, dass, je länger das Rohr eines Geschützes ist, mit um so grösserer Kraft und um so weiter wird dasselbe Feuer die Kugel treiben. Es irren deshalb diejenigen, welche am Fusse verengen, weil sie, wie gesagt, das Stück verkürzen, auch irren sie deshalb, weil sie gezwungen sind, eine bestimmte Menge Pulver anzuwenden, indem, wenn dieselbe nicht angewendet wird, die Kugel nicht an den Platz kommen kann, den sie enger gemacht haben, wodurch dann ein leerer Raum zwischen dem Pulver und der Kugel entsteht, welcher dem Geschütze zu grossem Schaden gereichen kann. Bezüglich des Schiessens ist aber sicher, da die Erfahrung es lehrt, dass um so mehr Kraft vorhanden ist durch die Vermehrung des Feuers, je mehr Pulver in einen Raum eingeschlossen ist und je mehr man ihm Ge- legenheit giebt, sich in einem Moment zu entzünden, um so stärker und konzentrierter ist auch seine Kraft und um so schneller fliegt die Kugel heraus, was für die Artillerie soviel bedeutet, als: je schneller sie aus dem Geschütze herausfährt, desto grösser ist die Treffsicherheit. Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Mir scheint es aber, wenn Ihr denn Kammern machen wollt, so macht solche, welche das Feuer und das Rohr vergrössern, und das sind diejenigen, welche sich in einem gewissen Verhältnisse erweitern und besonders in der Mitte mehr als am Grunde, ähnlich einem Gerstenkorn, oder diejenigen, welche aufrecht wie die weite Öffnung einer Trompete oder der Kopf eines Bolzens dastehen (siehe Fig. 77). Einige sagen auch, dass, wenn man aus den Grenzen heraustritt, die man den Abmessungen giebt, dies der Schönheit Eintrag thue, worin sie jedoch irren, indem sie nicht wissen, dass man mit Verstärkungen, Ornamenten und Friesen alles bedecken kann, worüber man Zweifel hat, ob es dem Auge gefällt. Ich weiss nur, dass jene Kanonen diese eine Unbequemlichkeit haben, dass der Kanonier, wenn er das Ge- schütz lädt, das Pulver darin nicht so gut zusammenschieben kann, wie in einem gleichmässigen Rohre. Euch sei nun die Wahl über- lassen, welche von den Arten Euch am besten gefällt, wovon ich ge- sprochen habe und welche Ihr auch hier gezeichnet sehet. Kapitel VII: Arten, den dritten Teil der Form der Geschütze, den Boden (die Traube), zu machen . Nachdem ich nun von zwei Teilen der Form der Geschütze ge- sprochen habe, muss ich noch von dem dritten reden, nämlich von der Anfertigung der Traube. Diese macht, ausserdem dass sie ein Teil ist, der immer mit einiger Bildhauerei verziert ist, den Boden aus, schliesst die Form ab und nimmt die ganze Last der Bronze auf. Deshalb muss man sie mit Fleiss und Umsicht machen, indem man dafür sorgt, dass sie stark werde, sowohl im Thon als durch eiserne Bandagen. Man kann sie auf verschiedene Weise machen. Jeder Meister wählt diejenige, welche er kennt oder welche ihm die beste scheint, je nachdem er Vergnügen daran hat, sie schön zu machen, oder je nachdem die Geschütze sind, oder wie es eben dem Meister am bequemsten ist. Es giebt einige, welche, wenn die Geschütze rund sind, das Modell auf der Drehbank machen, entweder von Holz oder von Lehm, wenn sie aber mit Fasungen sind, so machen sie es von Holz oder Lehm mit der Hand kantig nach dem Muster der Scheibe. Das, was der Form nach nicht herausgehen würde, machen sie mit Talg fest oder machen es ganz von Talg oder auch von Wachs in der Art, dass es herausgehe, und so können sie Karniese oder andere beliebige Vorsprünge von Holz oder Lehm daraufsetzen und Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. ebenso auch Blätterwerk, um es mit der Hand oder durch Erwärmen wegnehmen zu können. Über dieses Modell, wenn Ihr es nach Belieben gemacht habt, müsst Ihr Lehm mit Scherwolle vermischt auftragen und nach und nach müsst Ihr die Form dicker machen. Unten müsst Ihr sie eben machen, wie einen Sitz, und darüber müsst Ihr den männlichen Teil eines Einpasses anbringen, welcher genau am Fusse in die grosse Form passt, wie eine Schachtel in ihren Deckel, indem Ihr es mit einem Eisen abdreht, wenn es trocken ist, oder indem Ihr es mit einem Ringsegment abstecht, wenn es feucht ist, oder vermittelst eines Zirkels, den Ihr vom Mittelpunkte aus über die Form führt, indem Ihr alles Überstehende mit dem Meissel wegnehmt und Lehm zufügt, wo es fehlt, bis es gerade in die Einfügungsstelle passt. Und wenn dies geschehen ist, umwickelt die Form gut mit Draht und armiert sie auch mit einer Kappe von Reifen und Eisenplatten und füllt alle Zwischenräume gut mit Lehm oder Ziegelbrocken mit Lehm, wie es Euch gefällt, und spannt die Form gut in die Armatur und dann nehmt mit Hilfe von Feuer oder auf andere Weise den männlichen Teil (das Modell) heraus und Ihr habt die Hohlform, welche Ihr noch mit zartem Lehm ausbessert, wo es nötig ist. Ich sagte schon, dass es so viele verschiedene Wege giebt, dies zu machen, als es Köpfe und Ansichten der Meister giebt. Ich habe das, was ich beschrieben habe, nicht allein ausgeführt, sondern weil mir Ver- zierungen immer gefallen haben, so habe ich auch am Fusse der Geschütze, die ich gemacht habe, jenseits der Friesen, wo es mir geeignet schien, Figuren angebracht, Menschen- oder Tierköpfe ganz in Relief, Vasen und ähnliche Dinge, die ich immer entweder ganz von Wachs oder von Thonerde gemacht habe und welche man fast genau so herstellt, als man haben will, dass sie in Guss werden sollen. Darüber habe ich dann eine Form gemacht auf einem der beiden Wege, hauptsächlich um die Einpassung so zu machen, dass sie genau in den Hohlraum der ersten Form passt. Um dies zu erreichen, habe ich auch über einem Brette ein Hohlmodell gemacht, genau so hoch wie die Scheibe (am Hauptmodell), welche den Hohlraum am Fusse ergiebt, und in der Mitte dieser Rundform, welche oben ein wenig weiter ist als unten, habe ich das Modell der Traube gesetzt und es alsdann mit Lehm bedeckt und bin dabei der Form gefolgt, welche so dick war, wie der Durchmesser der grossen Form, und habe es dann mit Draht und kappenförmigen Eisenstäben bestens gebunden, und wenn die Form dann gut getrocknet war, habe ich das Modell ent- Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. weder mit Feuer oder mit Haken oder andern Eisen herausgenommen und habe gleichzeitig den Hohlraum des Einpasses abgeformt ge- funden und das Modell der Traube, welche ich ausbesserte, wenn einige Teile dessen bedurften. Auf diese Weise stellte ich den Boden der Leonfante in Florenz her, welches ich, da es eine verwickelte Sache war und seine Vase mehr als eine Elle im Durchmesser hatte, nur schwer ausführen konnte. Oft habe ich ihn auch, um Mühe und Auslagen für Holz zu vermeiden, ohne ein solches Modell gemacht, indem ich die Traube von Lehm anfertigte, wie ich Euch gesagt habe, und sie mit Fett oder Talg einrieb, worüber ich dann den Thon auftrug, aus dem ich dann mit Hilfe von Massen und dem Meissel den Einpass machte. Wie Ihr aber auch die Form des Bodenstückes macht, sorgt dafür, dass sie gut passt und dass sie recht trocken sei, auch aus Lehm von guter Mischung und gut mit Eisenstäben armiert, welche sternförmig zusammengefügt und zu einer Kappe gebogen sind, und an jedem Eisenende sei ein Zoll herabgebogen und ein guter Reif darum nach Art eines Korbes. Lasst Euch die Mühe und die Kosten nicht verdriessen, alles gut zu machen, denn oftmals öffnet sich die Form im Inneren durch die Belastung oder die Hitze wie ein Granatapfel, und wenn auch durch solche Risse die Bronze nicht heraustritt, so bewirkt dies doch, dass dein Werk von schlechter Form wird, und dass man es mit Schneide- instrumenten und Meisseln mit vieler Mühe bearbeiten muss. Zum Schluss müsst Ihr die Form mit Asche bestreichen, und wenn Ihr giessen wollt, müsst Ihr sie wieder erwärmen, wie ich es seiner Zeit beschreiben werde und wie es Gebrauch ist. Kapitel VIII: Art, die Scheibe oder den Teller zu machen, womit man die Seele am Kopfende in der Mitte der Form hält . Wenn Ihr die Scheibe nicht zugleich mit der Seele so macht, dass sie an ihrem Platze mit dieser zusammen angefertigt wird, so müsst Ihr sie für sich allein machen. Dies geschieht dadurch, dass Ihr auf einem Tische oder auf einer andern ebenen Unterlage eine Platte von Lehm ausbreitet, so dick und breit, dass sie der Scheibe entspricht, welche Ihr an den verlorenen Kopf des ersten Modells gemacht habt. Nachdem Ihr mit einem Zirkel die Scheibe genau vorgezeichnet habt, wenn die Platte trocken ist und mit einem Meissel Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. oder mit einer Raspel weggenommen, was überflüssig ist, setzt Ihr sie in die Höhlung am Kopfende genau ein. Und auf ähnliche Weise macht Ihr ein Loch in die Mitte der Scheibe, genau so weit, wie die Dicke der Seele. Wenn die Scheibe in der Form an ihre Stelle ein- gesetzt, und dann die Seele durch das Loch in dieselbe gesteckt ist, geht sie gerade durch die Mitte der Form, so dass sie dadurch veranlasst wird, mit dem eisernen Reif zusammenzutreffen, welchen Ihr am Fusse der Form zu diesem Zwecke eingesetzt habt (wie ich oben gesagt habe). Und wenn Ihr die Scheibe nicht mit der Seele zusammen aus einem Stücke macht, ist dies die Art, wie Ihr not- wendigerweise verfahren müsst. Aber wenn Ihr sie mit der Seele aus einem Stücke macht, was mir besser gefällt, weil man dann ge- nauer arbeitet, so macht man in die Schneide des Brettes, welches die Seele abgleicht, am Kopfende einen Ausschnitt, welcher, wenn er sich mit Lehm füllt, genau die Erhabenheit bildet, welche die Höh- lung über dem verlorenen Kopfe ausfüllt. Es giebt andere, welche über ein rundes Holz, das genau die Dicke der Seele hat, einen runden Ballen machen und ihn, wenn er trocken ist, sägen oder mit einem Eisen drehen und davon eine, zwei, drei, vier oder so viele Scheiben abnehmen, als nötig ist, um sie an ihrer Stelle genau einzusetzen, zu welchem Zwecke Ihr sie gemacht habt. Auch kann man mit einem Reif, der in ein Brett eingelassen ist, indem man ihn dreht, aus weicher Erde die Scheibe genau herstellen. Oder man kann sie machen, indem man sie in einer Form, welche genau auf die richtige Grösse mit einer runden Erhabenheit in der Mitte, welche das Loch für den Eintritt der Seele bildet, gemacht ist, abformt. Einige andere giebt es, welche, um die Seele genau in die Form einzusetzen, weder eine Scheibe, noch irgend ein Eisen anwenden, sondern sie formen das Auflager (für den Kern) und machen es genau von der Weite, die es haben muss. Aber diese können schlecht den verlorenen Kopf machen und müssen auch die Eingüsse tief und durch die Seitenwand der Form setzen, was nach meiner Ansicht weder gut, noch zuverlässig ist. Kapitel IX: Arten, wie man die Seelen in den Geschütz- formen befestigt . Wenn ich auch früher schon in dem Kapitel von der Herstellung der ersten Form der Geschütze von dem Befestigen der Seele ge- Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. sprochen habe, damit Ihr es besser und richtiger verstündet, so will ich Euch doch hier von neuem und zusammenhängender darüber berichten, denn dies ist eine Sache, welche ebenso zum Nutzen des Patrons, als zur Ehre des Meisters beiträgt. Denn wer die Seele nicht in die Mitte setzt, verschwächt das Geschütz und kann nicht richtig schiessen, auch zeugt es von grosser Unerfahrenheit des Meisters, kurz, es ist eine Sache, die notwendigerweise gut gemacht werden muss. Das erste, wovon ich sprach, ist ein Eisen, einen Finger dick, in einem Kreise gebogen, mit vier ins Kreuz gestellten Armen oder auch mit dreien. Dieses setzt man am Fussende eine Hand oder eine halbe Elle breit vom Ende in die Form, da, wo das letzte Karnies anfängt. Und dieses Eisen befestigt man, indem man genau misst, in der Mitte des Durchmessers, und die Arme passt man in den Thon der Form und macht sie mit eisernen Keilchen oder Steinsplittern gut fest, damit sich nichts bewegt. — Die andere Art ist die mit vier Eisen, wovon jedes oben ein Gäbelchen hat in der Art, dass dieses einen Teil der Rundung ausmacht. Diese vier Gäbel- chen bilden einen Kreis, wenn auch keinen vollständigen, von dem Durchmesser der Seele. Die Füsse derselben in den Thon gesetzt, befestigt man ähnlich wie die andern. — Das andere Eisen, welches ebenfalls dazu dient, die Seele zu halten und dessen sich einige be- dienen, besteht zunächst aus zwei Eisen, welche halbkreisförmig ge- bogen sind. Da, wo sie übereinander liegen, ist eine Bekrönung (Mauerkrone) von vier Eisen befestigt, welche dieselbe Öffnung hat wie der Durchmesser der Seele. Dieses Eisen setzt man in die Traube ein. — Nach meiner Ansicht ist es aber das beste, einen Ring zu machen mit vier eisernen Stäben, welche durch vier Löcher gehen und in die Form eingesetzt werden und indem diese Pflöcke von aussen durch diese Löcher durchbohrt werden, kommt der Reif genau in die Mitte. — Gebraucht von dem, was Euch passt. Auf der entgegengesetzten Seite setzt man die durchlöcherte Thonscheibe auf, von der ich Euch vorhin gesprochen habe. Man kann auch an Stelle dieser ein ähnliches Halseisen in die Höhlung für den verlorenen Kopf oder nach Belieben etwas höher oder tiefer einsetzen, wie Ihr es am Fusse gethan habt. Aber mir gefällt es (in anbetracht des Einfallens von Kohlen, Thon und Pulvern) besser, die Form durch die Scheibe bedeckt zu haben, als unbedeckt, wie es bei dem genannten Eisen der Fall sein würde. Denn wenn mir auch die weite Eingussöffnung gefällt, so scheint sie mir doch ge- fährlich wegen verschiedener Umstände, die mir sehr wichtig zu sein Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. scheinen. Deshalb habe ich die Scheibe entweder für sich oder an die Seele anhängend gemacht. Von den Eisen am Fussende, von denen ich gesprochen habe, gefallen mir alle andern besser als das, welches in das Bodenstück eingestellt wird. Denn es zeigen sich mir dabei zwei Schwierig- keiten. Erstens, dass, ehe man die Seele einsetzt, man das Boden- stück an die Form setzen und befestigen muss, worauf man dann erst die Seele einsetzt, indem man ein brennendes Stückchen Wachs- kerze einführen und mit Geschick und Geduld von oben operieren muss, wobei man, um auf den Grund zu sehen, an dem offenen Eingusse stehen muss. Dabei ist es leicht möglich, dass Erde, Kohle oder sonst etwas hineinfallen kann, und wenn es auch so fiele, dass Ihr es sähet, so müsste es doch darin bleiben, wenn nicht alles von neuem gemacht werden soll, was bei keiner der andern Methoden so vorkommen kann. Mir hat es im Gegenteil immer gefallen, nicht nur alle Eingusslöcher und Luftpfeifen, ehe man die Traube einsetzt, mit Stopfen zu verschliessen, sondern auch noch ein Tuch darüber zu binden. Die andere Schwierigkeit besteht darin, dass sich bei dem Belasten eine Seite des Fussgestelles etwas heben kann, wenn man auch, um sich davor zu schützen, die Arme des Auges lang macht und die Seele, von der Scheibe an gemessen, genau so lang, wie sie ein Geschütz von der Mündung an gemessen sein muss. Nun müsst Ihr aber verstehen, dass die Form, wenn man die Seele einsetzen will, in einer Grube vor dem Ofen steht, so tief, wie die Form selbst hoch ist, und dass man die Seele von oben mit einem Flaschenzug an ihre Stelle setzt. Wenn dies alles in Ordnung ist, könnt Ihr alsdann ans Giessen denken. Ich habe Zeichnungen hier beigesetzt für den Fall, dass ich es Euch nicht genügend erklärt haben sollte, damit Ihr verstehen könnt, was die Scheibe, die Hals- eisen und die Mauerkrone sind. Diese ausführliche Beschreibung der Herstellung einer Kanonen- form, wie sie so gründlich nur ein Praktiker, der selbst im Kanonen- gusse thätig war, geben konnte, liefert den deutlichen Beweis, auf welcher Höhe die Formerkunst im Beginn des 16. Jahrhunderts be- reits stand. Die Schilderung bezieht sich allerdings zunächst auf die Herstellung jener Riesengeschütze von Bronze, worin gerade im 15. und 16. Jahrhundert das Grossartigste geleistet wurde (siehe Bd. I, S. 939). Von Gusseisen wurden nur kleine Geschütze gefertigt, weil man einesteils nicht im stande war, so grosse Massen von Eisen in flüssigen Zustand zu bringen, andernteils die aus Eisen gegossenen Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Kanonen nicht die Sicherheit boten, wie die Bronzegeschütze, indem sie bei starker Pulverladung leicht zerplatzten. Man goss deshalb in der Regel nur kleine Positionsgeschütze aus Eisen, besonders Böller, wie sie auf Stadttürmen, Wällen und Burgen aufgestellt wurden, mehr, um Signale zu geben, als zur Verteidigung (siehe Bd. I, S. 912). Die Art der Einformung war aber ganz die von Biringuccio beschriebene. Alle alten Gesahütze sind über einen Kern gegossen. Das Aus- bohren der Seele aus dem Vollen ist eine spätere Erfindung. Da- gegen wurden die Seelen der grösseren Geschütze nachgebohrt, und auch hierüber giebt der italienische Schriftsteller eine genaue Be- schreibung (S. 239), auf welche wir später zurückkommen werden. Der Guss der Metallgeschütze erfolgte aus Flammöfen, in denen man das Kupfer und Zinn, aus denen das Kanonenmetall be- reitet wurde, einschmolz. Was er über diese Flammöfen, die oft schon sehr grosse Dimensionen annahmen, mitteilt, haben wir bereits in dem Kapitel von den Öfen angeführt. Ebenso ausführlich, wie den Geschützguss, behandelt Biringuccio den Glockenguss. Doch wollen wir diesen, da er der Eisengiesserei ferner liegt und um nicht zu weitläufig zu werden, übergehen. Von grösster Wichtigkeit für uns ist aber das, was Biringuccio (Lib. VII, Kap. IX) über den Guss eiserner Kugeln mitteilt. Wir haben den Wortlaut dieses für die Eisengiesserei so wich- tigen Kapitels bereits im ersten Bande (S. 945) mitgeteilt. Birin- guccio erklärt den Guss eiserner Kugeln für eine neue Erfindung der Deutschen, die in Italien erst durch den Kriegszug Karls VIII. von Frankreich gegen Neapel im Jahre 1495 bekannt geworden sei. Seit der Zeit war sie aber zu allgemeiner Anwendung gekommen. In etwas schwerfälliger, aber doch verständlicher Weise be- schreibt Biringuccio das Verfahren, welches nicht darin bestand, jede Kugel, die man giessen wollte, für sich einzuformen, sondern sich eine metallene Kugelform, in welcher man dann beliebige Mengen Kugeln giessen konnte, herzustellen. Zu diesem Zwecke muss man sich zunächst ein Modell der Kugel in richtiger Grösse aus Holz oder Lehm herstellen. Dazu macht man sich ein Formbrett mit einer Ver- senkung, in welche gerade die eine Hälfte der Kugel hineinpasst. Die andere Hälfte formt man dann über dem Modell und auf dem Formbrette mit Hilfe eines Rahmens oder Formkastens mit Gips oder feinem Lehm ab, indem man gleichzeitig den Einguss und die Wind- pfeife mit einformt. Die so hergestellte Form giesst man nicht voll Metall, sondern benutzt sie selbst wieder als Modell, indem man sie Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. mit Asche oder Öl bestreicht, abformt und ausgiesst. So erhält man die eine Hälfte der Schale oder Kugelform (Fig. 78); die zweite symmetrische Hälfte stellt man ganz in derselben Weise her. Beide müssen so aufeinander passen, dass die beiden Halbkugeln sich genau zur Vollkugel schliessen, wenn sie aufeinander gesetzt sind. Natürlich hat es keine Schwierigkeit, die Schale oder Coquille statt für eine Kugel gleich für mehrere herzurichten, wofür man statt einem Kugelmodell mehrere einformen und durch Rinnen verbinden muss. Biringuccio sagt, man habe Kugelformen, in denen man Fig. 78. sieben Kugeln auf einmal giessen könne. Das Gussmaterial kann man aus geringem Roheisen, aus Brucheisen, ja sogar aus Schmiedeeisen machen. Letzteres erfordere allerdings starke Bälge und mehr Kohlen, weshalb die zuerst genannten Materialien vorzuziehen sind. Nach Biringuccios Be- schreibung wird nämlich das Eisen in einem kleinen Schmelzofen (Kupolofen), der 1½ Ellen hoch und 2/4 Ellen breit (0,90 m × 0,45 m) aus feuerfesten Steinen erbaut ist, mit Blase- bälgen eingeschmolzen. Die zwei Düsen sollen in die Mitte blasen, aber nicht in gleicher Höhe, sondern eine etwas höher als die andere. Die Mündungen der Düsen sollen weit sein, damit der Wind reich- lich in den Ofen strömen kann. Am tiefsten Punkte ist der Ab- stich, durch den man das geschmolzene Eisen durch eine Rinne nach der Form leitet. Ist das Schmelzgefäss gehörig zugerichtet, getrocknet und vorgewärmt, so füllt man es ganz mit Kohlen voll, die man noch über den Rand erhöht aufschüttet, weshalb man, um dies zu können, noch Backsteinstücke um die Kohlen herumsetzt, um sie zusammen- zuhalten. Alsdann lässt man den Wind an. Ist alles gut in Brand, so trägt man mit einer Schaufel oder einem Löffel die Stückchen Eisen auf, die man schmelzen will. Das, was ungeschmolzen die Form passiert, hebt man mit einer Brechstange wieder über den Wind und achtet ferner darauf, dass sich die Formöffnung nicht versetzt. Ist alles richtig eingeschmolzen, so sticht man ab und lässt das Eisen durch eine eiserne Rinne nach den nebeneinander aufgestellten Formen laufen, bis das Eisen im Einlauf hervortritt. So füllt man sie alle und macht so die eisernen Kugeln für die Artillerie. Manche machen ihre Schmelzgefässe anders, andere setzen, um das Eisen flüssiger zu machen, Antimon, Kupfer oder Arsenik zu, Mittel, die Biringuccio tadelt. Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Diese Schilderung ist von dem grössten geschichtlichen Interesse, denn man kann sie kaum anders auffassen, als dass das Eisen in kleinen Schachtöfchen von 0,90 m Höhe umgeschmolzen wurde, dass man also schon damals, nach unserer heutigen Ausdrucksweise, Guss zweiter Schmelzung anfertigte, und zwar geschah dies Umschmelzen nicht in geschlossenen Tiegeln, sondern in kleinen Gebläseschacht- öfen , die, abgesehen von ihrer Kleinheit, mit unsern Kupolöfen, deren Erfindung man seither den Engländern zuschrieb und in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts setzte, übereinstimmen. Diese von dem erfahrenen italienischen Giesser mitgeteilte Thatsache wirft zugleich ein helles Licht auf manche seither schwer erklärliche Vor- kommnisse, namentlich, dass gerade in den grossen Städten, besonders in Paris und Nürnberg, der Eisenguss bereits im Anfange unseres Zeitabschnittes in Blüte stand, während man in dem Weichbilde dieser Städte doch nicht an Hochofengiessereien denken kann. Auch die Art der Herstellung von Metallformen für die Kugeln, sogenannter Coquillen, in denen eine Anzahl von Kugeln gleichzeitig gegossen werden konnten, legt Zeugnis dafür ab, dass die Eisen- giesserei zu Biringuccios Zeit in vielen Richtungen schon weit ent- wickelt war. Mit derselben Sorgfalt wie die Schmelzöfen, das Formen und Giessen, beschreibt Biringuccio auch die Bereitung eines guten Formsandes und das Formen und Giessen in Formkasten. Und wenn er dies auch nur zum Zwecke des Gusses kleinerer Gegenstände von Bronze oder Edelmetall beschreibt, so geht dennoch klar daraus hervor, dass auch die Sandformerei, die für den Eisenguss ja aller- dings erst im vorigen Jahrhundert Bedeutung erlangt hat, dem grossen italienischen Meister bereits bekannt war. Das erste Kapitel des achten Buches lautet: Verschiedene Arten Formsand zu machen, um Bronze darin zu giessen für kleine Gussstücke . „Im allgemeinen sind, um solchen Formsand zu machen, alle Arten von Sand, Tuff oder ausgewaschenem Bodensatz von Flüssen und Erden, die von Natur ein zartes, mageres Korn haben, geeignet für solchen Guss, entweder für sich allein oder mit Beimischungen. Denn sie haben die Eigenschaft, die Metalle gut aufzunehmen, wegen einer gewissen Trockenheit, welche sie in sich haben, auch mischt man solche künstlich zu vielen Sorten, von welchen ich alle die- Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. jenigen erwähnen will, welche die Erfahrung mich als gut kennen gelehrt hat. Aber zuerst möchte ich von den natürlichen reden, weil sie eigentliche Erden (proprie terre) sind und man immer, wo sie gerade sind, so viel davon haben kann, wie man nötig hat. Da sie auch ihrer Natur nach leicht zu zerkleinern sind, gefallen sie mir sehr. Aus diesen macht man Lehm und mischt damit, indem man ihn schlägt, Scherwolle von wollenen Tüchern, ausgelaugte Holzasche und Pferdemist, formt Brode daraus und trocknet sie, als- dann setzt man sie in einen Ofen und erhitzt sie. Oder man macht dies auf andere Weise; kurz, sie werden bestens erwärmt. Dann zer- stösst man sie und siebt sie mit einem geeigneten Siebe, oder man mahlt sie auf der Farbmühle der Töpfer oder mit der Hand auf dem Porphyr mit Wasser zu einer solchen Feinheit, wie man es wünscht, oder damit man sie zart machen und von neuem mahlen kann, lässt man das Wasser abtrocknen und dörrt dann mit Feuer, und dann nimmt man soviel Salzlauge, als sie einsaugt, trocknet und stösst sie wieder, und wenn dies geschehen ist, und Ihr sie zu seiner Zeit ver- arbeiten wollt, feuchtet Ihr sie wieder mit Wasser an oder mit Wein (!) oder mit Urin oder Essig, bis sie zusammenhält, wenn Ihr sie mit der Faust zusammendrückt und alsdann formt man mit der- selben, wie Ihr es hören werdet. Man bereitet auch Formpulver aus gemahlenen und durchgesiebten Ziegelsteinen, Tripel, Rebenasche, Dachziegeln und Röhren, von gebranntem Schmirgel, Zinnasche, Stroh und auch von verbranntem Papier, von Pferdeäpfeln oder Schafmist, sowie von vielen andern Dingen. Und bei allen besteht die Güte in dreierlei, nämlich in dem guten Aufnehmen des Metalles, in der Zartheit bis zur Unfühlbarkeit und in betreff der Lauge, dass sie die Erden hart und zähe macht, wenn sie trocken sind. Neben den genannten habe ich vorkommenden Falles eine Art gebraucht, die, so oft ich sie angewendet habe, einen guten Erfolg gab. Ich nahm zwei Teile Bimsstein und einen Teil natürliches Eisenoxyd und mahlte dieses auf dem Porphyr oder in dem Mörser, womit die Töpfer ihre Farben mahlen, und zuletzt setzte ich die Lauge aus präpariertem Salze zu. Ich habe gefunden, dass dieses Verfahren die besten Dienste leistet, wie ich Euch sagte, sowohl was das Aufnehmen des Metalles betrifft, als auch das Formen jeder noch so kleinen Sache, weil die Mischung sehr zart war. Und wenn das Modell, welches man abformte, nicht sehr bedeutend war, diente sie zu zwei, drei und vier Abgüssen, ohne dass man neu zu formen gehabt hätte, so dass sie auch in dieser Hinsicht mir die besten Dienste leistete.“ Beck , Geschichte des Eisens. 19 Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Das zweite Kapitel enthält Vorschriften, die Salzlaugen, welche zur Bereitung eines guten Formsandes am geeignetsten sind, zu be- reiten. Wir übergehen dasselbe, weil es für die Eisengiesserei keine Bedeutung hat. Von Interesse ist aber, daraus zu ersehen, dass man in Italien die billige Seesalzlauge oder Formzucker als Bindemittel für zarte Sande benutzte. Von grösserer Wichtigkeit ist das dritte Kapitel: Von den Regeln und der Art des Formens in Pulver, in Giessrahmen oder hölzernen Kästchen in der Kleinindustrie . „In zwei verschiedenen Weisen pflegt man gewöhnlich die kleinen Sachen in Erde (Lehm, in terra) zu formen, vorausgesetzt jedoch, dass sie keine Unterschneidungen haben, welche sie in der Form zurückhalten; entweder in Formkasten von Bronze oder in Kästen von Holz, mit Pulvern aus natürlicher oder künstlicher Erde, halb und halb, und dieses auch je nachdem die Sache gross oder klein ist. Wenn Ihr nun mit weicher Erde formen wollt, so müsst Ihr Euer Modell mit Öl oder Schweinefett einschmieren, oder Ihr über- zieht es mit Kohlenpulver, Asche oder Knochen des Tintenfisches (sepia), oder Ihr versilbert oder vergoldet es trocken mit Gold oder Silber, oder überzieht es mit Stanniol. Dann macht Ihr aus weicher, etwas härtlicher Erde zuerst eine Platte (ein Aufstampfbrett), so dick und so gross, dass sie bequem Euer Modell (relievo) in sich aufnehmen kann, wovon Ihr sorgsam die Hälfte hineinsetzt und dann trocknen lasst. Alsdann salbt Ihr wieder darüber oder stäubt es ein und macht dann die andere Hälfte, und wenn beide gut trocken sind, nehmt Ihr aus der Mitte Euer Modell heraus, und oben macht Ihr Eure Ein- güsse und Windpfeifen, und wenn die Form verkittet werden muss, so thut Ihr es, und endlich, wenn sie erwärmt ist und dann zusammen- gesetzt und gut verbunden, könnt Ihr nach Eurem Belieben giessen, indem Ihr alle die Erfahrungen benutzt, die ich Euch bei dem Messing- guss mitgeteilt habe. Aber wer von einer Sorte von Arbeitsstücken eine grosse Menge zu machen hat, muss der Bequemlichkeit wegen die Methode mit dem Pulver (Formsand) wählen, weil sie kurz ist und wenig Zeit und Auslagen erfordert. Wenn Ihr diese anwenden wollt, müsst Ihr mehrere Paare von bronzenen Rahmen oder hölzernen Kasten haben, etwas höher als die Hälfte des Modells, das Ihr formen wollt, und reichlich so lang als dieses. Auf einen ebenen Tisch stellt Ihr die Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. eine Hälfte des genannten Formkastens, gefüllt mit Pulver, das etwas angefeuchtet ist, wie ich Euch gesagt habe, damit, wenn man es mit den Fingerspitzen oder der Hand drückt, es sich möglichst zusammen- ballt. Mit einem scharfen Eisen gleicht Ihr es dann ab, schiebt es hiernach auf ein ebenes Brettchen und wendet es um. Alsdann stäubt Ihr es ein, damit es sich nicht an den andern Teil anhänge, und blast den überflüssigen Staub weg. Nun formt Ihr die Sache, die Ihr formen wollt, indem Ihr sie bis zur Hälfte eindrückt auf ein- oder zweimal, indem Ihr sie immer wieder herausnehmt und wieder hinein- drückt. Dann setzt man den andern Rahmen wieder auf an seinen Ort und füllt ihn mit Erde und drückt sie fleissig zusammen und stampft sie und gleicht sie dann mit einem Schabmesser aussen ab, wie Ihr es bei dem andern Teil gethan habt. Dann hebt man mit einem Messer oder einem andern Eisen den einen der Kastenteile auf und nimmt den abgeformten Gegenstand heraus. Wenn er gut abgeformt ist, thut Ihr weiter nichts; wenn nicht, so setzt Ihr ihn wieder hinein, und wenn einige Teilchen sich beim Herausnehmen gehoben haben, und Ihr nicht wollt, dass man sie an der Bronze (an dem Gussstücke) wegnehmen muss, setzt Ihr ihn vorsichtig wieder ein, indem Ihr ihn etwas mit Salzwasser benetzt oder mit Eiweiss oder mit Lösung von Gummi arabicum oder mit sonst einem kleben- den Wasser. Nachdem dies geschehen ist, macht Ihr die Eingüsse und Windpfeifen oder Ihr macht sie schon gleichzeitig und so, dass sie mit dem geformten Gegenstande zusammenhängen, und setzt als- dann die Form zum Trocknen aufrecht ans Feuer. Wenn es sich um Gegenstände handelt, welche immer einen Kern erfordern, um solche von Bronze oder anderm Metall hohl und dünnwandig zu giessen, wie Postamente, Leuchter, Schellen, Glocken, Mörserchen oder ähnliches, so macht Ihr diesen Kern über einem Eisen mit einer Form aus demselben Pulver, oder mit einer Schablone, oder mit der Hand aus weicher Erde (Lehm), oder auch von Asche, lasst ihn dann gut trocknen und erwärmt ihn, und dann setzt Ihr ihn in den Hohl- raum des Formkastens an seinen Platz, wie die Marken es anzeigen. Alsdann berusst Ihr die Form mit der Flamme einer Talgkerze oder der einer Öllampe, dann setzt Ihr sie zusammen und verschliesst sie sicher zwischen zwei ebenen Brettchen mit einer Zwinge, oder durch Umwickelung mit einem Seile, oder auf andere Weise. Und wenn das vollendet ist, giesst Ihr sie mit dem gewünschten Metall aus. Dieselben Regeln, die ich Euch für die kleinen Rahmen gesagt habe, gelten auch für die grossen und für die hölzernen Kasten, worin ich 19* Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. schon Geschütze (moshete) von 300 Pfund Gewicht habe giessen sehen, sowie grosse Kandelaber, Fackelhalter und sehr gewichtige Sachen, und in der That ist es eine schnelle und leichte Arbeits- weise.“ Nachdem Biringuccio im dritten Kapitel erst die Massen- formerei, dann das Formen in feuchtem Sande im Kasten, den Kasten- guss, aufs deutlichste beschrieben hat, führt er das letztere Thema im vierten Kapitel noch weiter aus. Kapitel IV: Methode, ein Pulver zu machen, um jedes Metall in die feuchte Form zu giessen, und Arten des Formens . Um Mühe und Zeit zu sparen, ist gegen die natürlichen Kunst- regeln das Giessen in feuchter Erde erfunden worden, eine Sache, die viele erstreben, aber wenige ausführen, weil sie nicht leicht ist und auch nicht sicher im Erfolg erscheint. Um dies auszuführen, nimmt man einen Teil gelben Tuff von zartem Korne oder sehr Fig. 79. zarten, gut gewasche- nen Flusssand, der in einem Ofen gebrannt ist. Dann nimmt man den dritten Teil Asche von Schafmist und ein Zwölftel von der ganzen Menge altes feingesiebtes Mehl und mischt alle diese Dinge gut zusammen, indem man sie stampft. Dann feuchtet man mit Urin oder Wein an und formt in Rahmen oder Holz- kasten, was man will, ein. Nachdem man die Modelle herausgenommen hat, macht man die Eingüsse und Windpfeifen, wenn Ihr sie nicht zu- sammen mit dem Gegenstande geformt habt; alsdann berusst Ihr die Form wie gewöhnlich mit einer Lampe oder Talgkerze, setzt dann die Formen zusammen und, nachdem das Metall geschmolzen ist, giesst man nach Belieben. Es giebt einige, die auf diese Weise Glöck- chen, Schellen, kleine Mörser und andere Arbeiten machen. Und bei den Glocken und Mörsern ist es nötig, wenn man die Seele (den Kern) nicht von weicher Erde machen will, die Form wenigstens Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. aus drei Teilen anzufertigen, wie die Zeichnung (Fig. 79) Euch zeigt, so dass, wie Ihr seht, die Rahmen oder Kasten jeder seine Einpässe habe und die Stege, welche sich hineinsetzen und man sorge dafür, dass der untere Einpass ungefähr ⅙ der ganzen Form (in der Höhe) betrage. Zuerst formt man den Körper in Hälften oder in drei Teilen und dann macht man das Innere mit einem Teile, der alles verbindet und zusammenhält.“ Biringuccio schildert hierauf im fünften Kapitel noch „die Art, verschiedene Modelle zu formen“, doch bietet dieses kein besonderes historisches Interesse und genügt es, darauf zu verweisen. Das, was wir aus des Italieners „Feuerkunst“ mitgeteilt haben, reicht hin, um zu zeigen, wie weit Formerei und Giesserei in den ersten Jahr- zehnten des 16. Jahrhunderts in Italien schon vorgeschritten waren, und wie die Metallgiesserei schon die meisten technischen Vorteile kannte und benutzte, welche nach und nach auch in der Eisengiesserei zur Einführung gelangten. Ofenplatten . Von hohem Interesse ist es auch, die Eisengussstücke, die uns aus jener Zeit erhalten sind, näher kennen zu lernen. In erster Linie ist dies eine grosse Anzahl eiserner Ofenplatten mit bild- lichen Darstellungen geschmückt, die auch dadurch ein besonderes historisches Interesse darbieten, weil nicht selten die Jahreszahl ihrer Herstellung und zuweilen auch der Name des Giessers, des Form- schneiders oder des Hüttenherrn darauf angebracht sind. Einiges über diese Ofenplatten haben wir bereits im ersten Bande (S. 948) mitgeteilt. Dort wurde auch schon erwähnt, dass ihre Herstellung bis in das 15. Jahrhundert zurückgeht. Der reiche Bilderschmuck gehört verschiedenen Stilarten an, entsprechend der Übergangszeit, in welche ihre Entstehung fällt. Die ältesten Plattenbilder unseres Zeitabschnittes sind in ihrem Stil spät- gotisch, während die jüngeren der Renaissance angehören. Die Darstellungen selbst sind höchst mannigfaltig. Diese Platten, welche man früher ganz unbeachtet liess, weil sie überall zu finden waren, die man als altes Eisen zerschlug und wieder in den Schmelz- ofen warf, verdienen die Aufmerksamkeit im höchsten Grade. Jetzt, Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. wo sie anfangen seltener zu werden, wendet man ihnen denn auch grösseres Interesse zu und fängt an, sie in öffentlichen und Privat- sammlungen aufzubewahren. In vielen Museen findet man Muster davon aufgestellt, wie z. B. im bayerischen Nationalmuseum in München, im germanischen Museum in Nürnberg, im märkischen Museum in Berlin, in den Altertumsmuseen in Wiesbaden, Marburg, Frankfurt a. M., Lübeck, Stuttgart, Altena, Erbach i. O., Nancy, Cluny in Paris u. s. w. Grössere Privatsammlungen sind die von E. Schott angelegte in Ilsenburg, von Georg v. Cölln in Hannover, von Eduard Metz , Hüttenbesitzer in Esch, einem Antiquitätenhändler in Toul u. a. Diese gegossenen Eisenplatten bildeten entweder die Umkleidung des unteren Teiles der alten Kachelöfen, oder sie waren Teile von ganz aus Platten zusammengesetzten Kastenöfen, welche den Kachel- öfen nachgebildet waren. Die Kachelöfen kamen im 14. Jahrhundert in Aufnahme, nachdem auch die Anlage von Schornsteinen in den besseren Gebäuden allgemeiner geworden war. Ursprünglich waren es einfache, in das Zimmer hineingebaute Kasten, in welchen ein Herdfeuer brannte, welches von aussen unterhalten wurde, so dass der Rauch nicht ins Zimmer drang, während die erhitzten Wände ihre Wärme dem Wohnraume abgaben. Das Heizen geschah mit ganzen Holzscheiten, ohne Rost, höchstens auf einem eisernen Bock. Diese gemauerten Kasten verzierte man durch Anbringen tellerartiger Kacheln und in dieser Gestalt findet man diese Öfen noch heute in den Alpenländern. Sie nahmen einen sehr grossen Raum ein und versperrten einen grossen Teil des Zimmers. Diesem abzuhelfen, ging man zunächst dazu über, sie mehr in die Höhe zu bauen, indem man über dem Feuerungsraum einen Aufsatz an- brachte. Die Wirkung des Feuers erhöhte man aber dadurch, dass man den unteren Teil, den Feuerkasten, mit eisernen Platten umgab, welche, als gute Wärmeleiter, die Hitze, sowohl leitend, wie strahlend, dem Zimmer rascher mitteilten. Infolgedessen konnte man den Umfang der Öfen wesentlich beschränken. Noch mehr Wärme erzeugten die ganz aus eisernen Platten aufgeführten Öfen; denselben lag die Konstruktion der Kachelöfen zu Grunde. Sie hatten einen grossen länglichen Unterkasten und einen hohen Aufbau, und sprangen bei den älteren Öfen weit ins Zimmer vor. Die späteren Öfen waren viereckige Kasten, mit eisernem oder thönernem Aufbau. Anfänglich wurde diese Art von Öfen nur in grossen Räumen, besonders in Stadthallen, Bankettsälen, Refek- Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. torien u. s. w., angewendet. Schon die Vornehmheit dieser Räume gebot eine künstlerische Ausschmückung. Das klassische Beispiel für die ältere Art ist der grosse Ofen im Saale der Veste Koburg, welche Puttrich abgebildet und beschrieben hat. In ihm kommt der ganze feine Geschmack jener Zeit zum Ausdruck. Er gilt als Nürnberger Arbeit und ist es auch kaum zweifelhaft, dass Nürnberger Form- Fig. 80. schneider die Zeichnungen und Modelle angefertigt haben, der Guss selbst könnte dagegen vielleicht auf einem thüringischen Hüttenwerke stattgehabt haben. Mit der Abbildung (Fig. 80) geben wir die Beschreibung Puttrichs Sächsische Denkmäler, Bd. II, S. 69. : „Zwei lange Wände auf jeder Seite, und zwei schmale in einem spitzen Winkel vorn zusammenlaufende Wände bilden den manns- Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. hohen Unterteil des Ofens, der auf vier Löwen als Füssen ruht. Den weit kleineren Oberteil bildet ein gleichfalls eiserner Aufsatz mit glatter Decke. Die lange, nach vorn gewendete Wand des Unterteils besteht aus zwei breiteren und einer schmäleren Abteilung, die an- einander gefügt sind. Auf jeder der breiteren Abteilungen ist der heilige Antonius dargestellt, dessen bärtigen und mit einer Mütze bedeckten Kopf eine breite Glorie umgiebt. Er trägt ein durch einen Gürtel zusammengehaltenes weites und langes Unterkleid, über welches ein fast ebenso langer, vorn über beide Arme fallender Mantel geworfen ist. In der Rechten hält er ein Buch, in der Linken ein an einem hohen Stabe befestigtes kleines Kreuz (mit den Glocken). Über seinem Haupte erhebt sich ein mit Blätterwerk verzierter gotischer Spitz- bogen, in dessen Seite sich ein Wappen mit Malteserkreuz befindet. Neben ihm, gleichsam mehr in den Hintergrund tretend, steht die heilige Katharina mit Buch und Schwert, deren jugendlicher Kopf mit herabwallenden Locken von einer Glorie umgeben ist. Ein langes Untergewand umhüllt ihren schlanken Körper und von den Schultern fällt ein ähnlicher Mantel, wie ihn der heilige Antonius trägt. Über ihrem Haupte wölbt sich ebenfalls ein verzierter gotischer Spitzen- giebel. Die dritte Abteilung der langen Wand (ebenso die auf der Abbildung sichtbare schmale Wand) ist mit dem Wappen der Herzöge von Sachsen verziert, dessen reicher Helmschmuck unter einem gotischen Spitzgiebel steht, darunter sieht man einen kleinen Wappenschild mit dem thüringischen Löwen. — Der Ofenaufsatz zeigt an der breiten — nach vorn gewendeten — Wand drei schmale Felder, auf deren mittelstem Maria mit dem Christkinde im Arme, auf einem Halbmond stehend, dargestellt ist. Ein Heiligenschein umgiebt ihr unbedecktes Haupt und eine Glorie ihren übrigen Körper, der in ein langes Untergewand und einen darüber fallenden, bis zum Knie reichenden Mantel gekleidet ist. Auf dem rechten Seitenfelde steht die heilige Katharina, auf dem linken befindet sich ein kleines Wappen mit dem thüringischen Löwen. Diese drei Felder sind gleichfalls mit gotischen Spitzgiebeln verziert. Auf der einen schmalen Wand der Vorderseite ist ein geharnischter Ritter zu Pferde abgebildet, mit dem Helmschmuck des herzoglich sächsischen Hauses versehen. Sämtliche beschriebenen Gestalten weisen in Zeichnung, Stellung (die zum Teil etwas sehr Graziöses haben), Gewandung und Ausführung der Einzelheiten auf einen tüchtigen Künstler des 15. Jahrhunderts hin, welcher dazu die Entwürfe geliefert hat. Die Schärfe und Genauigkeit des Gusses aber verdient ebenfalls grosses Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Lob und so zeigt sich dieses Gusswerk als ein sehr zu beachtender Kunstgegenstand.“ So weit Puttrich . Die Richtigkeit seiner Annahme, dass der Ofen dem 15. Jahrhundert entstammt, ist nicht zu bezweifeln. Genau lässt sich allerdings das Jahr seiner Anfertigung und Aufstellung nicht bestimmen, da aber aus einer Inschrift am Seitenbau des Koburger Schlosses hervorgeht, dass im Jahre 1485 grosse Bauveränderungen vorgenommen wurden, so ist die Vermutung nicht ungerechtfertigt, dass auch damals der grosse Ofen aufgestellt wurde. Dagegen ist die Jahreszahl 1450, die öfter angegeben wird, u. a. auch von dem alten Diener, der als Fremdenführer das Schloss zeigte, wohl zu hoch gegriffen. Der Ofen wurde, wie aus der ganzen Anlage und Aus- schmückung ersichtlich, auf besondere Bestellung für den Zweck an- gefertigt, und dass er von einem Nürnberger Künstler herrühre, ist alte Überlieferung. Der Guss dagegen könnte möglicherweise, wie erwähnt, auf einer benachbarten thüringischen Eisenschmelze statt- gehabt haben. Im Steinachthal bei Sonneberg, nicht weit von Koburg, hat man beim Graben von Fundamenten, 5 m unter dem Boden, die Reste eines alten Eisenhüttenwerkes und dabei 10 bis 15 Stück Gussgänze aus- gegraben. Die Gegend heisst von alters her der Hüttengrund. Wir erwähnen dies nur, um weitere Nachforschungen anzuregen. Es ist bis jetzt von Gussarbeiten von dort nichts bekannt geworden, während in oder bei Nürnberg schon frühzeitig auch in Eisen gegossen wurde. In den Sälen der Schlösser und Rathäuser waren diese Art Öfen zu Anfang des 16. Jahrhunderts häufig im Gebrauche und wollen wir noch einige Beispiele anführen. Im Schlosse zu Cassel befanden sich solche Öfen zu Anfang des 16. Jahrhunderts, denn als Landgraf Wilhelm II. wegen der schweren Krankheit, die ihn befallen hatte, durch die Regentschaft im Schlosse interniert worden war, beschwerte er sich 1508, „dass man ihn in eine grosse kalte Stube mit einem räucherigen, zerbrochenen eisernen Ofen gebracht habe Rommel , Geschichte von Hessen III, Anmerk. S. 127. “. Als einer der älteren erhaltenen Öfen dieser Art galt der im Rathaus zu Wolfach, welchen Mone genau beschrieben hat Siehe Zeit- schrift für die Geschichte des Oberrheins Bd. 19, S. 303. . Der- selbe zeigt bereits den Stil der Renaissance, wie er bei Öfen des 16. Jahrhunderts aus Nassau und Hessen besonders oft gefunden wird. Er hat mehr einen bürgerlichen Charakter, wie er für städtische und Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Privathäuser passte, mit Darstellungen und Inschriften der heiligen Schrift. „Der Ofen im Rathaussaale zu Wolfach ist von viereckiger Form und mit sechs grossen, gegossenen Eisenplatten, wovon zwei auf jede der drei frei stehenden Seiten kommen, umkleidet. Die obere Platte der Vorderseite, schreibt Mone , ist 82 cm breit und 76 cm hoch, die untere Platte 63 cm hoch. Die beiden Seitenflächen haben jede 95 cm Breite, die Höhe ist dieselbe, wie bei den Platten der Vorder- seite. Alle Platten sind mit halb erhabenen Figuren verziert; auf der Vorderseite befinden sich oben zwischen Laubwerk zwei kleine Medaillons mit den Zeichen des Formschneiders und des Metall- giessers und ihren Namensbuchstaben P — S und J — P. Die Um- schriften derselben sind in Kapitälen, aber sehr undeutlich im Guss ausgefallen und teilweise nicht lesbar, die des ersten Medaillons lautet: gesch(n)iden von phi. iac. soldan in usig, die des zweiten: gegossen von iohannes pf … in usig. Die Platten wurden also in Usingen in Nassau verfertigt, was auch die andern Inschriften bestätigen. Die untere Abteilung dieser Platte enthält die Darstellung der Geschichte der Judith; auf der linken Seite ist das Zelt des Holo- fernes, worin Judith und ihre Magd den abgeschlagenen Kopf des- selben in einen Sack stecken. Rechts ist die Belagerung und Er- stürmung von Bethulia dargestellt, vor welchem Kanonen aufgepflanzt sind und die Stürmenden bereits in das Thor eindringen, auf dessen Brückengeländer „betulien“ steht. Vor der Stadt auf einem Hügel ist ein Mann an einen Baum gebunden mit der Beischrift: achiar (l. achior, nach Judith 6, 9). Unten läuft eine Inschrift über die ganze Breite der Platte, ist aber nur in wenigen Worten lesbar: holvernes got … von iudit gerochen und wart g . . at. Auf der unteren Platte dieser Vorderseite stehen drei Figuren, jede 40 cm hoch: ein Krieger, auf dessen Schild ein Drache, ein Heiliger mit dem Kreuze, ein anderer, der unter dem Arme eine Gesetztafel hält, vielleicht Moyses. Die beiden Seitenplatten rechts und links haben gleiche Figuren, nämlich die Geburt Christi und die Erschaffung des Menschen in grossen Medaillons eingeschlossen. Über dem Medaillon der Geburt Christi steht auf einem Bande: iohannes . ew . sanctus . mt . xx., mit den Emblemen der Evangelisten Johannes und Markus, und in den unteren Ecken des Medaillons sind die des Lukas und Matthäus an- gebracht. Der Stall ist als eine Kirche mit Pfeilern dargestellt, das Christuskind liegt auf dem Boden, Maria kniet vor ihm und auf der Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. andern Seite zwei Engel, die Köpfe von Ochs und Esel dazwischen, neben den Pfeilern rechts steht Joseph mit einer Kerze, über ihm klein die Hirten und Engel auf dem Felde, links zum Portale kommen die Hirten herein. Bei der Erschaffung des Menschen trägt Gott Vater eine Kaiserkrone, und Adam liegt schlafend am Boden. Die er- schaffenen Tiere und Pflanzen, die vier Winde in den Ecken, Sonne, Mond und Sterne umgeben den Schöpfer. Unten läuft in zwei Zeilen folgende Inschrift über die ganze Breite der Platte: g.schneden und gegossen in der grafschaft nassav, geschneden von soldan zum franckenberg in us. Zweite Zeile: . . sanctus matheus got schuff den menschen. Auf der unteren Platte dieser Seiten stehen vier Figuren, ein Kaiser mit dem Doppeladler auf dem Schilde, ein Mann in der Tracht eines Lanzknechtes, auch mit dem Doppeladler, ein König mit ge- teiltem Schilde, rechts drei Kronen übereinander, links undeutlich, und ein Bischof. Im Guss haben manche Teile gelitten, indem die Formen stellen- weise zersprungen sind und dadurch die Figuren und Inschriften ver- schoben und undeutlich wurden. Die Gestalten sind aber alle gut ge- zeichnet und gehören dem Anfange des 16. Jahrhunderts an, sind daher so alt wie das Rathaus, welches 1500 erbaut wurde. Denn an der Aussenwand desselben unter dem Dache ist das Wappen der Stadt, eine stehende goldene Wolfsangel im roten Schilde ausgehauen mit der Inschrift: completvm hoc opvs m. ccccc. Die Parallele der Geburt Christi und der Schöpfung hat ihre theologische Richtigkeit und mag auch für andere Öfen gebraucht worden sein, wie der Umstand andeutet, dass diese Darstellung an dem Ofen zweimal vorkommt; die Belagerung von Bethulia war aber eine spezielle Beziehung für die Stadt, um in ähnlichen Gefahren sich an dieses Beispiel zu erinnern. Für die künstlerische Leistung der nassauischen Eisengiesserei im 16. Jahrhundert ist dieser Beleg schon darum nicht gering zu schätzen, weil daraus geschlossen werden kann, dass sie in einem vorteilhaften Rufe stand, sonst hätte sie wohl nicht eine Bestellung an einem so entfernten Orte wie Wolfach erhalten. Der Formen- oder Modellschneider dieser Ofenplatten war aber ein besserer Künstler als der Giesser, denn das Metall hat eine rauhe und poröse Ober- fläche, die sie von dem feineren Eisengusse unterscheidet. Der Ofen steht an der Vorderseite auf zwei kleinen gegossenen Löwen als Postamenten, die 30 cm hoch und deren Köpfe ziemlich gut geformt Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. sind. Eine Jahreszahl habe ich am ganzen Ofen nicht gefunden, woraus ich schliesse, dass solche Platten in der Giesserei vorrätig waren und nicht erst bei der Bestellung gemacht wurden. Da die Stadtrechnungen und Ratsprotokolle nicht so weit zurückgehen, so lässt sich über den Preis des Ofens nichts angeben.“ Der Wolfacher Ofen, der nach Mones Ansicht aus dem Jahre 1500 stammt, würde der älteste bekannte nassauische, von denen sich aus späterer Zeit zahlreiche Beispiele finden, sein. Mones Datierung ist aber unrichtig, denn gerade die Inschrift, welche Philipp Soldan als Formschneider angiebt, beweist, dass er jünger sein muss, denn Soldan , von dem wir Näheres wissen, wirkte zwischen 1537 und 1555. In Nassau-Siegen wurden allerdings schon zu Anfang des Jahr- hunderts Ofenplatten gegossen. Der beiden eisernen Öfen, welche Graf Johann I. von Nassau-Dillenburg im Jahre 1508 dem Grafen Philipp dem Älteren von Waldeck zur Haussteuer schenkte, haben wir schon früher Erwähnung gethan (Bd. I, S. 978). Ebenso schickte Graf Wilhelm von Nassau zwei Öfen für das Heidelberger Schloss, die in Siegen gegossen waren. Nach der Reformation fanden die Kastenöfen mit gegossenen Eisenplatten, auf welchen Darstellungen aus der Bibel enthalten waren, allgemeine Verbreitung und wurden gerade diese Art Platten im Nassauischen, Solmsschen, in Hessen, Waldeck u. s. w. in Massen angefertigt. In dem süderländischen Museum zu Altena befindet sich eine Anzahl Ofenplatten, die nach Ausweis ihrer In- schriften aus dem Nassauischen und dem Waldeckschen stammen. Die älteste davon, auf welcher die Historie vom reichen Manne und dem armen Lazarus dargestellt ist, stammt aus dem Jahre 1549 und ist zu Schwalefeld in Hessen von dem Giessermeister Churt Scharff gegossen, das Bild aber ist ein Werk des berühmten Formschneiders Philipp Soldan von Frankenberg in Hessen Vergl. die Eisenhütten des Klosters Haina von L. Bickell , Marburg 1889, S. 15. . Von letztgenanntem Meister ist jetzt durch die verdienstvollen Bemühungen des Herrn L. Bickell in Marburg eine ganze Reihe von Platten bekannt ge- worden, welche derselbe in der unten erwähnten Schrift abgebildet und beschrieben hat. Indem wir auf diese Schrift verweisen, wollen wir hier nur die schmälere Vorderplatte eines Ofens aus dem Schlosse zu Spangenberg, welche sich jetzt in der Sammlung des hessischen Geschichtsvereins im Schlosse zu Marburg befindet, näher beschreiben. Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Der Hauptgegenstand der Darstellung (Fig. 81) ist ein wohlgelungener Kruzifixus, hinter welchem in vier Seitengruppen der Sündenfall, die Anbetung der ehernen Schlange, die Auferstehung und die Erlösung abgebildet sind. Sind diese Motive auch etwas stark zusammen- gedrängt, so macht das Ganze doch einen künstlerischen, reichen Fig. 81. Eindruck. Unter dem Bilde befinden sich die Wappen von Hessen und Sachsen. Von den Inschriften, die sich zum Teil auf dem Bilde selbst befinden, sind zwei von besonderm Interesse, weil sie über den Ursprung der Platte Zeugnis geben. Die eine ist die Aufschrift des Sarkopha- ges: PHILIPVS SOL AN FORMSC …, die andere die Umschrift des doppelten Mono- grammschildes: PETER.ROLS- HVSEN . KVRT . SHARPE . APENGE . ISSER. Ausserdem befindet sich über dem säch- sischen Wappen die Jahres- zahl 1548. In diesem Jahre wurde die Platte gegossen, nach dem Modell, welches Philipp Soldan geschnitten hatte, von dem Ofengiesser Kurt Scharpe auf einer dem Kloster Haina gehörigen Eisen- hütte, deren Hüttenmeister Peter von Rolshausen war. Diese sämtlichen Namen kommen wiederholt auf hessischen Platten vor. Ein anderer bekannter Giessermeister des 16. Jahrhunderts war Peter Sorge zu Kraftsolms, später zu Weilmünster in Nassau. Von diesem Meister, dessen Platten am Mittelrhein, besonders im Nassauischen sehr beliebt gewesen zu sein scheinen, da sich da- selbst häufig solche mit seinem Namen finden, besitze ich eine aus dem Jahre 1586. Dieselbe ist Fig. 82 abgebildet. Die drei Felder, in welche dieselbe geteilt ist, sind durch verzierte Säulen, welche Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. dekorierte Gurtbögen gewölbter Hallen tragen, abgeteilt. In dieser Umrahmung ist die Geschichte der Enthauptung Johannis nach Matthäus, Kap. 14 in drei Bildern dargestellt. Links erblickt man Herodes auf seinem Königsthron, neben ihm die Herodias, vor ihnen steht der Scharfrichter mit seinem Schwerte, der den grausamen Befehl in Empfang nimmt. Die ausdrucksvolle Haltung des linken Armes deutet an, dass er dem König Vorstel- lungen macht über das Unrecht der That. Über dem König, inmitten der Halle, schwebt ein grosser Stern, durch den in naiver Weise der Fig. 82. Stern Bethlehems und die Nähe des Reiches Christi dargestellt ist. Das Bild zur Rechten zeigt die Ent- hauptung des Johannis vor dem Thor der Königsburg, dicht dabei steht schon die Tochter der Herodias mit der Schüssel, bereit, das abgeschlagene Haupt des Propheten in Empfang zu nehmen. Im Mittelbilde sieht man das hartherzige Weib den Kopf des Jo- hannis in den Königssaal tragen, dahinter aber steht in ausdrucksvoller Haltung der Scharfrichter mit hochgeschwungener Geisel, die blutige That und ihre Urheber verfluchend. Er drückt in charakteristischer Weise die Empfindung der Christenheit aus. So ist in drei Bildern in schlichter und doch höchst bezeichnender Darstellung die ganze Geschichte der Enthauptung Johannis wieder- gegeben. In dem untersten grösseren Schilde befindet sich folgende Inschrift: Johannes wirt verdampt zvm Todt Zw. Fisch wirt reichen vnd fvnf Brodt Petrvs im Mer am Glauben felet. In der Mittelschnalle aber liest man: N. Peter Sorge Hvttenmeister zv Chraft-Solms vnd Gertrud Scheres v. Cassel s. H. F. (seine Hausfrau) Anno 1586. Dieselbe Platte mit der Jahreszahl 1597 aber ohne die Widmung befindet sich an einem Ofen im Wiesbadener Museum (Fig. 83), der Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. zugleich ein charakteristisches Beispiel eines eisernen Ofen mit Thon- aufsatz und glasierten Kacheln darstellt Die Füsse sind spätere Zuthat und unrichtig. In der Regel verwendete man gegossene Löwenfüsse wie Bd. I, Fig. 302 und Bd. II, Fig. 80. . Nachdem man einmal die Vorteile der eisernen Öfen praktisch erprobt hatte, fanden sie Eingang in den Häusern der Wohlhabenden, und zwar so allgemein, dass die Anschaffung eines solchen Ofens sehr häufig das erste Geschenk war, welches der Neuvermählte oder dessen Fig. 83. Angehörigen der Frau oder dem neuen Haushalt stifteten. Während man sie im 15. Jahr- hundert und auch noch im ersten Jahrzehnt des 16. Jahr- hunderts nur in Rats- und Herrschaftshäusern antrifft, so finden sich dieselben seit der Reformationszeit in allen bes- seren Bürgerhäusern. Wenn auch dieses zeitliche Zusam- mentreffen nur ein zufälliges ist, so verdient es doch be- merkt zu werden, weil die Vorstellungen der Reforma- tionszeit, angeregt durch das Lesen der Bibel und die Be- kanntschaft mit den Erzäh- lungen des Alten und des Neuen Testamentes, die Ausschmückung dieser Ofenplatten in hohem Masse beeinflusst hat. Man kann die Platten in dieser Beziehung förmlich nach Stil und Gegenstand der Darstellung einteilen, in solche vor und nach der Reformation, sowie in katholische und protestantische. Erstere zeigen gotische Deko- rationsmotive und Bilder von Heiligen. Bei letzteren herrschen Renaissanceverzierungen und Darstellungen aus der biblischen Ge- schichte vor, welche meist mit längeren Aufschriften von Bibelstellen, Versen u. s. w. verbunden sind. Beliebte biblische Darstellungen auf Ofenplatten jener Zeit waren: 1) Aus dem Alten Testament: Die Schöpfung, die Erschaffung der Eva ( Soldan ). — Adam und Eva. — Sündenfall. — Cherubim mit dem Schwert vor dem Garten Eden; Moses I, Kapitel II. — Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Die Opferung Isaaks. — Pharao im Roten Meer. — Moses und die Anbetung der ehernen Schlange in der Wüste. — Ge- schichte von Loth und seinen Töchtern. — Joseph und seine Brüder. — Joseph und die Potiphar. — Josua, die fünf Könige hängen lassend. — Das Wunder der Elisa zu Sarepta mit dem Ölkrug der Witwe (besonders beliebt, in zahllosen Wieder- holungen). — David und Uria. — Urteil des Salomo. — Judith im Lager des Holofernes, umgeben von Kanonen und Schanz- körben. — Judith mit dem Haupte des Holofernes. — David und Goliath. — Prophet Jonas verkündet das Ende von Niniveh. — Die Geschichte Hamans. 2) Aus dem Neuen Testament: Geschichte Johannis des Täufers. — Der bethlehemitische Kindermord. — Geburt Christi. — Christus wird getauft. — Abendmahl und Fusswaschung. — Gefangen- nehmung und Gebet Christi am Ölberge. — Geisselung und Gang nach Golgatha. — Die Hochzeit zu Cana, Christus ver- wandelt Wasser in Wein (diese wie des Elias Wunder be- sonders verbreitet, namentlich auf dem Lande und in Häusern der weniger Begüterten). — Jesus und die Samariter am Brunnen. — Die Speisung der 5000. — Petrus auf dem Meere. — Der barmherzige Samariter. — Die Geschichte vom verlorenen Sohn. — Der reiche Mann und der arme Lazarus. — Geschichte von dem Reichen und dem Armen. — Christus im Tempel, Kreuzschleppung, Kreuzigung und Auferstehung. — Das jüngste Gericht. — Sehr beliebt war auch in Nassau eine bildliche Darstellung zu der Stelle im Kap. X des Evangelium Johannis: Wer nicht zur Thür hineingeht in den Schafstall, sondern steigt anders ein, der ist ein Dieb und Mörder. Ein anderer Gegenstand der Darstellung waren Bilder von Heiligen. Solche finden sich in älterer Zeit mit gotischer Ornamentik, wie bei dem Koburger Ofen oder in durchaus katholischen Gegenden. Im Schlosse Elz ist eine alte Ofenplatte mit gotischer Ornamentik, auf der David und die heilige Katharine dargestellt sind. Auf einer andern befindet sich St. Christophorus. Weltliche Gegenstände der Darstellung waren besonders Wappen. Der Adel und die Städte liessen ihre Wappen auf den Ofenplatten anbringen. Dabei erscheinen öfter Figuren von Rittern oder Landsknechte als Schildhalter oder als Begleiter, auch tjostierende Ritter. Ferner finden sich Porträt- figuren. Seltener sind rein weltliche Darstellungen. Eine Ausnahme macht die beliebte Darstellung der Begegnung Coriolans mit seiner Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Mutter, welche ganz im Stil der biblischen Darstellungen gehalten ist; ein bemerkenswertes Beispiel der Verquickung christlicher und heidnischer Motive, die für die Renaissance so charakteristisch ist. — Die allegorischen Darstellungen, welche man häufig findet, gehören mehr dem folgenden Jahrhundert an. Der gesunde, realistische Sinn des 16. Jahrhunderts machte im 17. Jahrhundert einem geschraubten, spekulierenden Wesen Platz, welches in allegorischen oder symbo- lischen Darstellungen seinen entsprechendsten Ausdruck fand. Damit begann sich aber auch die Geschmacklosigkeit breit zu machen. Fides — Virtus — Justitia als symbolische Figuren waren am be- liebtesten. Später begnügte man sich sogar mit der Aufschrift dieser Namen. Am häufigsten findet sich die Figur der Gerechtigkeit mit der Wage. Eine hübsche Verbindung der alten und der neuen Richtung zeigt die Darstellung, wovon sich eine Platte im Stuttgarter Museum befindet, vom König Melchisedek, begleitet von Fides und Prudentia (1624). Die bildlichen Darstellungen des 17. Jahrhunderts stehen weit hinter denen des 16. zurück, besonders gab in Deutschland der 30jährige Krieg dem Kunstgeschmack einen schweren Stoss. Dagegen findet man in Frankreich und den Niederlanden, welche weniger von der Kriegsfurie zu leiden hatten, noch sehr schöne Platten aus jener Zeit. Eine dieser aus der Sammlung Metz mit der Jahreszahl 1696 zeigt Maria und Joseph mit dem 12jährigen Christuskind in der Mitte, darüber Gott in Wolken schwebend, in Stil und Behandlung der van Dyks chen Schule und von vorzüglicher Ausführung. — Im 17. Jahrhundert finden sich statt der Wappen einzelner Adels- geschlechter, die selten werden, neben den Wappen der grossen Reichsfürsten, wie Churpfalz, Chur-Mainz, dem Reichsadler u. s. w., häufig Zunftwappen, d. h. Wappen mit Emblemen der Stände und Gewerbe. Zu Ende des 17. Jahrhunderts entwickelt sich eine eigene Richtung der Darstellung, indem Gebäude, Kirchen in flach ge- haltenem Relief dargestellt werden, oft in sehr glatter Ausführung. Es fällt diese zusammen mit der Herstellung der Ofenplatten in Kastenguss anstatt in Herdguss. Ein Beispiel dafür bildet eine schöne Platte im Museum zu Stuttgart mit der Kirche auf dem Schöneberg bei Ellwangen, der Jahreszahl 1700 und der Inschrift: mons venustus Ellvaci. Im 18. Jahrhundert wurde der Bilderschmuck der Platten immer dürftiger, bis man denn zu Anfang des 19. Jahrhunderts zu den schmuck- und geschmacklosen Platten mit moralisierenden Aufschriften kam. Diejenigen mit der Aufschrift: „Vergesset nicht bei dem Genuss, Beck , Geschichte des Eisens. 20 Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. dass auch der Arme leben muss“, waren vor etwa 50 Jahren die gangbarsten und beliebtesten am Mittelrhein. In den Platten des 16. Jahrhunderts steckt dagegen wirklicher Kunstwert. Viele sind nach Zeichnungen von A. Dürer , H. Alde- grever , V. Solis und Jost Amman entworfen. Ob der letzt- genannte, welcher ebenso sehr als Formenschneider, wie als Kupfer- stecher berühmt war, selbst Modelle zu Platten geschnitten hat, ist nicht bekannt, aber es ist wahrscheinlich. Vielfach bezogen die Hüttenwerke ihre Plattenmodelle von berühmten Formenschneidern in den grossen Städten, z. B. die Siegerländer aus Köln. Ein solches Modell wurde oft jahrelang benutzt. So findet sich die oben be- schriebene Platte des Peter Sorge , die Enthauptung Johannis des Täufers darstellend, mit ganz verschiedenen Jahreszahlen. Ebenso verhielt es sich mit den Soldans chen Platten. So trägt die oben erwähnte Platte (Fig. 81) aus Schloss Spangenberg die Jahreszahl 1548. Dieselbe Platte befand sich an einem Ofen im Rathause zu Marburg, welcher 1542 aufgestellt wurde. Die Baurechnungen der Stadt Marburg aus diesem Jahre enthalten darüber folgende Einträge: Item Suntags post Regum Eyn ysern Ofen in den Sail zu gyssen verdingt zu weinkauff mit dem Meister verthan V fl Item freitags nach Oistern Meister philipps vf den ysern ofen zehen thayler (ausgestrichen) Zum ysern ofen Im Sail. Item Meister philipps Soldan hait den ysern ofen gesetzt vnd gewehrt vermoge des gedungts vnd mit ysern done angestrichen Ime geben einen thailer, thut 1 ℔ VI fl Item dem vorgenannt Meister philipps ist XIII tage hin- gewest vnd vf die Murer müssen warten die steyne zu hawen Ime die cost geben II gulden, thut 1 ℔ X fl Item nachdem der meister X tage vf die steyne gewartet Ime vor sein verseumnus geben 1 ℔ III fl Ausserdem fand sich auf einem der Baurechnung beigefügten Zettel folgende Notiz: der Ofen soll „9 Viertel (Elle?) hoch und un- gefähr 26 Ctr. Breilsgewicht schwer sein, der Centner für 1 Thlr. 8 Albus und 1 Gulden Landwehr berechnet, mit zwei Füssen und mit den Bildnissen auf der einen Seite die Schöpfung Adams und Evas und an der andern Seite wie Christus der Schlange den Kopf zer- tritt, verziert“. Beliebte Modelle wurden aber nicht nur jahrelang benutzt und geflickt, sondern sie wurden auch von neuem nachgeschnitten. So Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. sind Soldans che Modelle weit über 100 Jahre nach ihrer Entstehung noch nachgeschnitten worden. Nach der Hüttenrechnung von 1680 liess die Eisenhütte Fischbach damals die beiden Soldans chen Mo- delle „Erschaffung der Welt“ und „Geburt Christi“ durch den Hospitalschreiner von Haina wiederholen. Diese Nachschnitte fielen denn meist höchst stümperhaft aus. Bickell führt in seiner Schrift noch mehrere Beispiele von Nachschnitten und Verkleinerungen Sol- dans cher Modelle an Siehe Bickell a. a. O., S. 18. . Bei der Gelegenheit führt er noch die Namen mehrerer Formschneider, welche für hessische Hütten arbeiteten, an, so Jost Luppolt , Schreiner zu Treysa, und Schillink von Imk- husen in der Grafschaft Waldeck, beide gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Wir geben im folgenden, im Anschluss an das bereits Erwähnte noch ein Verzeichnis einiger bemerkenswerter Öfen und Ofenplatten aus dem 16. Jahrhundert, welches, obgleich unvollständig, doch für Freunde des Altertums von Interesse sein dürfte. Vielleicht giebt es Veranlassung, noch mehr die Aufmerksamkeit auf diese alten Zeugen der Eisengiesserei zu lenken, welche nicht nur vom technischen, sondern auch vom künstlerischen Standpunkte von Bedeutung sind Ausser Bickell hat Dr. H. Wedding in der Festschrift des Harzvereins 1892 eine sehr verdienstliche Abhandlung über eiserne Ofenplatten im Harz (Ilsenburger Sammlung) mit Abbildungen veröffent- licht, die mir aber leider erst nach der Drucklegung obigen Textes durch die Güte des Verfassers zuging, weshalb ich sie nur unvollständig benutzen konnte. — Nach Wedding begann der Ofenguss im Harz erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. . In der Ofenplattensammlung zu Ilsenburg, welche von Hütten- inspektor Schott angelegt wurde, befindet sich eine Platte mit männ- lichem Porträt, wahrscheinlich Karl V. darstellend, von einem Lorbeer- kranz umgeben, mit der Jahreszahl 1527 Dr. H. Wedding , a. a. O., Taf. I, Fig. 2. . In dem Schlosse zu Trausnitz, der sogenannten neuen Turnitz, steht ein grosser eiserner Ofen vom Jahre 1529. Derselbe ist an der Fussplatte 1,58 m lang und 1,69 m breit, seine Höhe beträgt 2,64 m. In der Höhe von 1,40 m erheben sich zwei durch eine Zwischenwand getrennte vierkantige Aufsätze. Das Ganze besteht aus in Rahmen geschraubten Platten, letztere sämtlich mit Reliefs versehen. Es wechseln ab: 1) ein Bild 1529, H. L. (Herzog Ludwig), das bayerische Wappen, darüber zwei dicke Engel, welche gegeneinander schauende Delphinen als Guirlanden halten, und wieder darüber ein geflügelter Engelskopf. — 2) Christus mit der Dornenkrone; 3) die Madonna mit dem Kinde; 4) St. Christophorus — alle drei in ganzer Figur und unter gotisch stylisiertem Baldachin. 20* Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Im bayerischen Nationalmuseum in München befinden sich schöne Platten mit der Jahreszahl 1532, welche aus dem Schlosse Neuburg stammen. Ferner ein ganzer Ofen aus der Gaststube des Pfalz- grafen Ott-Heinrich im Schlosse Grünau bei Neuberg a. d. Donau. Er ist von ganz ähnlicher Konstruktion wie der Ofen der Feste Koburg, nur kleiner (siehe Grundriss Fig. 84), 1,10 m lang und 1,20 m hoch ohne die Füsse, mit den Füssen 1,55 m. Die Seiten- platten, von denen je zwei eine Langseite bilden, sind in acht Felder eingeteilt; von denen die sechs oberen das Bild eines Mannes und einer Frau — des Pfalzgrafen und seiner Gemahlin —, die drei unteren, welche niedriger sind, Medaillons mit Köpfen enthalten. Die drei Schmalseiten am andern Ende, welche mit dem Falz 20 cm breit sind, zeigen das pfälzische Wappen. In dem herrlich gelegenen Schlosse Elz an der Mosel befindet sich in einem der Säle ein grosses Kamin mit schweren Feuerböcken. Die Feuerplatte trägt das gräflich Elzsche Wappen mit der Jahres- zahl 1537, eine zweite die gräfliche Geschlechtstafel und drei weib- liche Figuren. Von den von Bickell erwähnten und beschriebenen hessischen Öfen und Platten führen wir noch folgende an: Die älteste Kaminplatte Fig. 84. angeblich mit der Jahreszahl 1488 be- fand sich (nach Lotz , Kunsttopo- graphie von Deutschland) im Pfarr- hause zu Ravengiersbach, doch ist dieselbe leider, wie so viele andere, Ende der fünfziger Jahre als altes Eisen verkauft und eingeschmolzen worden. Die Stadt Cassel kaufte den Mönchen des Karmeliterklosters, die von der Reformation bedroht waren, im Jahre 1526 einen grossen eisernen Ofen ab, welchen sie auf dem Rathause wieder aufstellen liess. Der bezügliche Vermerk in der Stadtrechnung von 1526 lautet: „12 gl. 8 alb. 7½ hlr. hatt gekost der Eisern ove vffen Rhadthaus mit kauffen, apbrechen, furen vnd widder zusetzen, ist gegeben den Monchen, andelogern, steinmitzen vnd dem furman“ Stölzel , Kasseler Stadtrechnungen, S. 204. . Eine interessante schmale Stirnplatte befindet sich in der Kirche zu Biedenkopf von 1535 mit einem „Paar“ in zeitgenössischer, vor- nehmer Tracht, darunter das Giessermonogramm. Die Platte wird Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. oben durch ein wimpergähnliches, aus Ästen gebildetes Ornament ab- geschlossen, in welchem zwei Ziegen an einer Weintraube naschen. Die Figur des Mannes ist mit grossem Schlachtschwert umgürtet. Sehr bemerkenswert ist der alte Ofen in der Bibliothek der Stiftskirche zu Fritzlar, auf welchem die Historie vom reichen Mann und dem armen Lazarus dargestellt ist, mit der Jahreszahl 1539. Darüber befinden sich gleichfalls zwei Monogrammmedaillons mit den Umschriften Peter von Rolshusen und Konrat Scharpe mit der Jahres- zahl 1537 in echt Soldans chem Laubwerk. In diesem Jahre hat also der Frankenberger Formschneider dieses Modell geschnitten. Das Bild ist vorzüglich komponiert, besonders „die in behäbiger Breite aufgepflanzte Gestalt des protzigen reichen Mannes mit hochmütig zurückgeworfenem Kopfe vorzüglich erfunden“ ( Bickell ). Das Orchester und die geschäftigen Diener sind ausdrucksvoll dargestellt. Ein Abguss desselben Modells mit der Jahreszahl 1550 befindet sich in der Plattensammlung auf dem Marburger Schlosse Abgebildet bei Bickell , a. a. O., Tab. VII. . Dasselbe beliebte Motiv ist von Soldan wiederholt behandelt worden. Eine andere schöne Darstellung, bei der die Hauptfiguren im Profil erscheinen, befindet sich auf einer Platte des süderländischen Museums zu Altena i. W. Auf denselben finden sich zwei Umschriften um Medaillons, die eine „Philips Soldan Formschneider in Hessen“, die andere „gegassen von Churt Scharff zu Schwalfelt (in Waldeck) 1549“. Die Seitenplatte zu der oben beschriebenen Stirnplatte des Ofens vom Schlosse Spangenberg stellt in zwei Rundbildern die Erschaffung der Eva und die Geburt Christi dar. Die Platten eines zweiten Ofens aus dem Schlosse Spangenberg sind ebenfalls nach Soldans chen Modellen gegossen, wie die In- schriften beweisen. Auf der Stirnplatte sind Carolus Magnus und Julius Cäsar in mittelalterlichem Kostüm dargestellt, während die Seitenplatte in der Hauptsache eine Wiederholung der eben erwähnten Platte mit den zwei Rundbildern ist. — Ferner befinden sich in der Marburger Sammlung zwei Platten aus dortigen Bürgerhäusern, die Erzählung vom barmherzigen Samariter darstellend, auf welchen ebenfalls die Namen Philipp Soldan und Conrad Scharf vorkommen, doch ohne Jahreszahlen. Andere Platten der Sammlung stellen die Kreuzigung, den Sündenfall und das jüngste Gericht dar und rühren gleichfalls von Soldan her. Sie stammen vermutlich aus den fünf- ziger Jahren des 16. Jahrhunderts. Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. In dem Riesensaale zu Schmalkalden befindet sich ein eiserner Ofen, dessen Untersatz Soldans che Platten enthält, während der Aufsatz aus dem Ende des 17. Jahrhunderts stammt. Auf dem v. Buttlars chen Schlosse zu Riede steht ein im Jahre 1564 gegossener Ofen. Auf den Seitenplatten, welche durch eine Leiste in eine breite obere und schmale untere Zone geteilt sind, steht oben rechts die Erschaffung der Eva, oben links Lucretia und auf einer verwischten Inschrift Reinhard Schenk zu Schweinsberg, welcher 1559 bis 1573 Obervorsteher von Haina war. Von Jost Luppolt besitzt die Marburger Sammlung ebenfalls mehrere Platten: eine Bekehrung Pauli (1583) und Geschichte vom verlorenen Sohn (1591), eine „eherne Schlange“. Folgende interessante Notiz über Waldecksche Öfen findet sich im Salbuch der Herrschaft Itter: „1591 waren die Früchte sehr rar und teuer, zu dessen Andenken die Gräfin Maria von Waldeck grosse eiserne Öfen giessen lassen mit der Historie aus 2 Reg. 4 Elisae Wunder zu Sarepta.“ Auch nassauische Platten befinden sich in der Marburger Sammlung, darunter eine Stirnplatte mit der Darstellung: wie Josua die fünf Könige aufhängen lässt, alle Figuren in den Eisenrüstungen des 16. Jahrhunderts. Die Platte trägt die Jahreszahl 1579, Bickell hält aber das Modell für älter, etwa 1530. Von den Harzer Platten der Ilsenburgischen Sammlung erwähnen wir nur die alte von 1549 (von Schott irrtümlich 1509 datiert), die Geschichte Hamans nach Buch Esther darstellend ( Wedding , a. a. O., Taf. I, Fig. 1). Ferner eine mit der Geschichte Josephs (Genesis 39) Anno 1578 und eine andere mit der Jahreszahl 1581, welche die Opferung Isaaks darstellt (a. a. O., Taf. I, Fig. 4), vier weitere Platten mit den Jahreszahlen 1584, 1586, 1589 und 1590 sind von Wedding , a. a. O., Taf. II abgebildet. Aus der Sammlung des Nationalmuseums in München erwähnen wir noch folgende Platten: Zwei zusammengehörende (Nr. 15 und 16 des Katalogs) durch mit Ranken verzierte Querbänder geteilt, in dem oberen Felde befindet sich das kurbayerische Wappen mit einem Bogen von spätgotischem Masswerke, in den unteren Feldern auf der einen Jacobus major, auf der andern Petrus unter Bogen. Die Platten sind 1,19 cm hoch und 52 cm breit und stammen aus der Zeit von 1532. Zwei andere zusammengehörige Platten mit der Jahreszahl 1532 sind gerändert, durch ein mit Masken verziertes Band quer geteilt, in der oberen Hälfte der einen ist die heilige Barbara mit Masswerk Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. überdacht, in der unteren Hälfte eine weibliche Heilige mit gekreuzten Armen, über ihrem Kopfe die Zahl 1532. In der oberen Hälfte der andern Platte ist Christus die Wundmale zeigend dargestellt, dar- über 1532, in der unteren Maria mit dem Kinde. Die Platten sind 119 cm × 20,5 cm. Eine andere Platte ist mit Stäben eingefasst und geteilt; im oberen Felde sieht man Jacobus major, in dem unteren St. Barbara. — Es scheint, dass diese fünf Platten zu einem Ofen gehörten. Eine andere grosse Platte, der Zeit zwischen 1520 bis 1550 an- gehörig, ist in sechs Felder geteilt, worin sich oben Heilige und unten Wappen befinden. Grösse 115 cm × 81 cm. Auf einer weiteren Platte (Nr. 25) findet sich das Ligsalzische Wappen, darunter die Inschrift Katharina Lisantzin seine Hausfrau 1534. Eine (Nr. 30) mit der Jahreszahl 1540 zeigt oben das Urteil Salomos, unten zwei Wappen; eine andere (Nr. 19) aus der Zeit um 1550 ist längs geteilt und zeigt links und rechts bärtige Männer im Profil, darüber Wappen, darunter ein geharnischter Ritter mit Lanze. Eine reich geschmückte Platte (Nr. 29) von 158 cm Höhe und 95 cm Breite zeigt links von einem säulengetragenen Bogen umrahmt die Erschaffung der Eva, darüber links die Erschaffung des ersten Menschen und rechts den Sündenfall, rechts von diesem Bogen be- findet sich ein Brautpaar, darüber ein Kranz, der einen männlichen Kopf umgiebt, darüber Mann und Frau, über diesen innerhalb eines Kranzes ein weiblicher Kopf mit Hut. Während diese Darstellungen die unteren zwei Drittel der Platte ausfüllen, ist im oberen Drittel ein Wappen schräg in vier Felder geteilt mit zwei Kolbenhelmen; rechts und links unterhalb des Wappens die gleiche Jahreszahl 1568. Links von dem Wappen sieht man ein adeliges Paar nach links gewendet, rechts von dem Wappen drei Posaunenbläser nach links schreitend. Hier haben wir also eine rein weltliche Darstellung, welche sich auf eine Hochzeit bezieht, vor uns. Auf einer Platte erblickt man einen Ritter mit zwei Wappenschildern, daneben die Inschrift Wilhelm von Frey- berg 1570. Eine andere Platte (Nr. 34) mit der Jahreszahl 1590 zeigt in fünf Feldern nebeneinander Sol, Jupiter, Mars, Mercurius und Luna. Von den gusseisernen Ofenplatten im Germanischen Museum in Nürnberg erwähnen wir nur eine mit der Taufe Christi im Jordan und der Jahreszahl 1567. Der alte eiserne Ofen im Lutherzimmer auf der Wartburg zeigt Christus und die Samariterin und Adam und Eva im Paradiese. Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Von den Platten der Sammlung Metz in Esch ist die älteste mit Jahreszahl eine von 1538. Sie zeigt in der Mitte den deutschen Doppeladler in einem Bogen, der von zwei Säulen getragen wird, darauf die Inschrift PLUS OVLTRE, darüber auf einem Schilde die Jahreszahl 1538, die Ornamentik ist im Renaissancestil, die Deko- ration phantastisch: ein nackter Knabe sitzt auf einem Schilde auf einem wasserspeienden Kopfe; dasselbe Ornament läuft quer gestellt, unsymmetrisch auch oben durch. Eine zweite Platte derselben Sammlung zeigt gotische Aus- schmückung. Über einem gotischen Bogen befindet sich eine Schnalle mit der Jahreszahl 1547, darunter das Bild der Gerechtig- keit mit Wage und Sanduhr. Von den Platten im Museum für die vaterländischen Altertümer zu Stuttgart trägt die oben erwähnte mit der Begegnung Coriolans mit seiner Mutter die Jahreszahl 1550. Eine Platte, die ich besass, stellte Loth mit seinen Töchtern dar (Mosis I, 19) und trug die Jahreszahl 1547. Sie war in Dreieichen- hain gelegentlich einer Bauveränderung ausgegraben worden. Hefner-Alteneck hat einen Ofen mit eisernem Untersatz, welcher sich in Geisenheim befindet, abgebildet. Auf demselben be- findet sich das Nassau-Saarbrücker Wappen und die Jahreszahl 1530 Siehe Kunstwerke und Gerätschaften des Mittelalters von Becker und von Hefner-Alteneck 1863, Bd. I, Tab. V. . Im Altertumsmuseum zu Lübeck ist eine Ofenplatte (Katalog- nummer 2315) mit Judith mit dem Haupte des Holofernes, darunter vier Ritterfiguren und die Jahreszahl 1558. In der gräflichen Waffensammlung zu Erbach befinden sich mehrere alte Gussplatten. Eine mit der Jahreszahl 1563 ist geteilt. Links befindet sich das Erbacher Wappen, darüber die Aufschrift Georg Gr. z. Erbach und H. z. Breuberg, links das Pfälzer Wappen mit der Überschrift Elisabeth Gr. z. Erbach geborene Pfalzgräfin; unter diesen ist auf der linken Seite oben ein Landsknecht, darunter Maria mit dem Kinde abgebildet, auf der rechten Seite der Sünden- fall mit Adam und Eva. Eine zweite noch schönere Platte derselben Sammlung ist in einen Kamin eingelassen. Sie gehörte der Familie Rodenstein . Links ist das Rodensteiner Wappen mit der Überschrift Philippus z. Rodenstein 1573, rechts das Habernsche Wappen mit der Überschrift Margrete v. Rodenstein g. v. Habern. Das darunter befindliche grosse Bild zerfällt in verschiedene Abteilungen mit Bildern aus der Leidens- Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. geschichte. Oben rechts sieht man das Abendmahl und die Fuss- waschung, das Hauptbild in der Mitte stellt die Gefangennehmung und das Gebet am Ölberge dar. Unten erblickt man die Geisselung und den Gang nach Golgatha. Den eisernen Ofen im Rathaussaale zu Rapperswyl hat Lübke beschrieben Siehe W. Lübke , „Über alte Öfen in der Schweiz“ in den Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. XV, S. 168. : „Der Ofen ist von kolossaler Grösse und besteht aus einem länglich viereckigen Unterbau, nach vorn mit dreiseitiger Polygon- bildung abgeschlossen, und aus einem beträchtlich zurücktretenden sechseckigen Oberbau mit zwei breiten, parallelen Hauptflächen und vier Diagonalseiten. Am Unterbau enthält jede der beiden Lang- seiten zwei obere und zwei untere Bildfelder, die durch blatt- geschmückte Rundstäbe getrennt werden. Es sind figurenreiche, mit landschaftlichen und architektonischen Gründen überfüllte Darstel- lungen, meistens bewegte Szenen, ganz im Kostüm der Zeit Kaiser Maximilians und in einem Stile, der Einwirkungen Holbeins cher Kunst verrät. … Man erkennt Salomos Urteil und Daniel in der Löwengrube, alles im Kostüme des 16. Jahrhunderts. An den Schräg- seiten sieht man die Wappen von Uri, St. Gallen und das von Rapperswyl mit den beiden Rosen, vom Reichsadler beschützt. Am Oberbau sind an den Schmalseiten die beiden Johannes, der Täufer und der Evangelist, sodann der heil. Märtyrer Felix und Regula, ihren abgehauenen Kopf in den Händen tragend, dargestellt. Vor den beiden grösseren Feldern zeigt das eine den thronenden Weltrichter mit den Fürbittern Maria und Johannes, unten eine Schar bärtiger Männer in Mänteln. Dabei die Inschrift: Non consideres personam pauperis nec potentis sed juste judica proximo tuo quia ego sum judex et testis dicit dominus. Das andere Feld wird durch die Figur eines Bannerträgers mit der Fahne von Rapperswyl ausgefüllt. Unter ihm ein Krummstab mit dem Buchstaben C und der Jahres- zahl 1572. Dies Datum ist auffallend spät für den Stil und Kostüm- charakter der unteren Darstellungen, die ausserdem viel besser sind, als die plumpen, schlecht gezeichneten und flau drapierten Figuren des Oberbaues. Es scheint, man habe hier nach älteren Modellen gearbeitet und aus eigener geringer Kraft dann das Obere hinzu- gesetzt. Die grösseren Platten waren sehr oft in Felder geteilt, welche mit verschiedenen Darstellungen, die ein gemeinsamer Gedanke ver- Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. knüpfte, geschmückt waren. Wir erwähnen beispielsweise eine aus der Sammlung Metz mit der Jahreszahl 1592. Während das mittlere Hauptfeld die Darstellung im Tempel zeigt mit der Unterschrift: „Die Weisen sich verwunderten, dass sie solches vom Kinde hörten, Mat. 2. Cap., Luc. 2. Cap.“, wiederholt sich links und rechts die gleiche Darstellung der Auferstehung mit der Unterschrift: „Christus von den Toden uferstanden, Mat. 16. Cap.“ Häufig sind diese geteilten Platten mit Namensaufschriften, teils der Giesser und Formschneider, wie die oben beschriebene von Peter Sorge, teils der Besteller. Die Aufschrift ist dann gewöhnlich in Form einer Schnalle oder eines Streifens an irgend einer passenden Stelle angebracht. Eine solche, in meinem Besitz befindliche, mit der Jahreszahl 1582 und dem Namen Jost Lvppolt zv Treis be- zeichnete Platte stellt die Geschichte vom Reichen und dem Armen dar. Rechts oben sieht man den reichen Mann mit dem Teufel in der Hölle, rechts unten den Armen im Himmel, umgeben von Engeln, links oben sitzt der Reiche beim Gastmahle mit üppigen Frauen und Musikanten, rechts unten der Arme, dem die Hunde die Schwären lecken. Das Ganze ist eine schwache Nachahmung der erwähnten Soldans chen Schnitte. Wir haben bereits oben erwähnt, dass es eine Anzahl schöner Platten mit dem Namen Peter Sorge giebt. Ausser der Fig. 81 abgebildeten mit der Jahreszahl 1586, welche sich ganz gleich, aber mit der Jahreszahl 1597 im Altertumsmuseum in Wiesbaden befindet, besass ich eine mit der Darstellung des Abendmahls. Im bayerischen Nationalmuseum befindet sich eine mit dem Wunder des Elisa und der Unterschrift: Das Oehl gar reichlich sich vermehrt, Der Sohn vom Tod zum Leben kehrt, Im Tod sich Gottes Güt beweist, Mit wenig Brot viel Menschen speist. H. Philipps Sorg, Hütten-Meister zu Weilmünster. Dieses war der Sohn des Peter Sorge. Die verzierten Ofenplatten wurden nicht nur zur Umkleidung des Feuerraums der Kachelöfen oder der Kastenöfen gebraucht, sondern sie dienten auch als Rückwand der Kamine, wie z. B. im Schlosse Elz. In der Eifel, in Lothringen und Luxemburg war über- haupt eine andere Art der Stubenheizung gebräuchlich. Dort ging Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. nach alter Sitte die Erwärmung der etwas höher gelegenen Wohn- stube vom Herdfeuer, welches sich in der weiten Halle oder Tenne im Mittelraume des Hauses an einer Ecke unter einem mächtigen Rauchfange befand, aus, und zwar in der Weise, dass das Herdfeuer, welches offen auf einem Feuerbocke brannte, gegen die Rückseite der Heizplatte schlug, deren Vorderseite sich in dem Wohnraume befand. Diese Seite der Platte, die man Taken (taque) nannte, war verziert und gab ihre Wärme leitend und strahlend dem Wohngemach (Stouff) ab. Über dieser Platte befand sich ein schrankartiges Gestell, „das Tackenschaaf“, in welches man Sachen zum Wärmen, z. B. Milch zum Rahmen, einstellte. Ein Umklappebrett diente als Büffett und Haken zum Aufhängen nasser Kleidungsstücke. Diese Art Feuerungs- anlagen finden sich noch hier und da in der Eifel. Überhaupt sind in der ganzen östlichen Eifel die alten verzierten Platten noch häufig zu finden. In den Nebenorten der Mosel habe ich vor einigen Jahren deren noch viele gesehen. Auch in der Rhön und in Thüringen findet man diese Plattenöfen noch häufig, hier aber als Kastenöfen mit Blechaufsatz. Die Feuerung geschieht in der Regel von der Küche aus. Diese Öfen waren in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Deutschland sehr verbreitet, wenn auch mit manchen Abweichungen, je nach der Gegend. In der deutschen Übersetzung des Monardo schreibt der Schlesier Gessner 1615: „Von gegossenen, eisernen Platten, darauf Bilder und Historien formieret, werden Öfen in die Wohnstuben gemacht, welche von schlechtem Feuer sich sehr erhitzen und nicht unbequem sind, aber man muss fleissig acht haben, dass nichts festes daran geschmieret werde, sonsten folget ein gar wiederwärtiger Gestank davon (sonder zweifel wegen des groben Schwefels und Quecksilbers, welche in der Hitze mit der Festigkeit sich nicht vertragen können), kann auch nicht bald gedämpffet werden. Gleichfalls geschieht auch an den Röhren von Eisen, so in die Öfen angekleibet werden und darinen man abgekochte Speisen, Gebratenes und anders pflegt warm zu halten. Wenn nun davon etwas verschüttet wird, hilft eingestreutes Salz, Wachholderbeer, Rosenwasser nichts, es muss die Glut im Ofen den stank ausbrennen.“ Die Teuerung des Holzes fing schon im 16. Jahrhundert an, sich fühlbar zu machen und diese gab Veranlassung, holzsparende Öfen zu erfinden. Es wurden auch bereits mancherlei Erfindungen in dieser Richtung gemacht und Privilegien erteilt. So schreibt 1550 Cardanus (de subtilitate CCCCXXXIII): „Man hat jetzt zumal in Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Meyland einen Brennofen im brauch, in welchem man vyl ding kochen kann, der auch ganz nützlich ist. Denn man bedarff allein den dritten teil holtzes, dieweil das feuwr eingeschlossen, und drei- mal mehr krafft dann sonst hatt. Du musst diesen viereckig aus kreiden, gibs und Ziegel machen, an der lenge und breite soll er zweier ellenbogen oder dreier schueren gross sein, vnd an der höhe anderthalben ellenbogen; oben auf soll er vier dapffere vnd ronde Löcher haben, nach dem die häfen oder geschirr gross sind. Zu- oberst bedeck ihn gar mit kupffer, vnd do die Löcher sind, schneid das kupffer aus vnd mach aus den stücken deckel. Wenn du aber der geschirren nicht bedarffst, so leg den deckel wider auff, damit der ofen nindert (im Inneren) lufft habe. Under dem oberen Boden ist eine höle und ein viereckig thürlein, zu welchem man das holz und kolen hinein thut. An der seytten aber zu vnderst ist vyl ein weitteres vnd niederes thürlein. In mitten dess boden hatt es ein schlecht eyssen gitter, durch welches man die eschen hinauss thut. Also ist bekannt, dass das thürlein, durch welches man holz anlegt, an dem oberen teil ist, das andere aber an dem andern ...... Kann, wenn man die Feuerthür öffnet auch am Spiess Fleisch braten … doch spart man dann nicht soviel Holz.“ Hier haben wir also bereits den vollkommenen gemauerten Koch- herd mit Rost, Aschenfall und Kochplatte, welche im vorliegenden Falle allerdings von Kupferblech und nicht von Gusseisen ist. 1582 erhielten Leonhard Denner, Wolfgang Pommer und Peter Nussbaum zu Nürnberg ein kaiserliches Privilegium auf einen holz- ersparenden Ofen. Auf die Verbesserungen an den Stubenöfen, welche im 16. Jahr- hundert in Vorschlag gebracht wurden, wollen wir hier nicht näher eingehen, da dieselben besondere Wichtigkeit nicht erlangt haben und besser im folgenden Jahrhundert, in dem die Frage der Holz- ersparnis in den Haushaltungen eine viel grössere Bedeutung erhielt, mit abgehandelt werden. Die eisernen Plattenöfen verdrängten zum Teil die Thonkachel- öfen, indessen war ihre Anschaffung noch kostspielig. Wir haben bereits gesehen, dass ein solcher Ofen im Anfange des 16. Jahr- hunderts ein fürstliches Hochzeitsgeschenk bildete. Der eiserne Ofen im Kloster Wolf an der Mosel, der 1507 angeschafft wurde, kostete 11 Goldgulden Siehe F. J. Mone , Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 17, S. 256. (etwa 80 Mk. nach jetzigem Werte). Von Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. dem Ofen in Augsburg berichtet Werlichs Chronik Werlichs Chronik von Augsburg, Frankfurt a. M. 1595, S. 271. : „a. 1510. Augsburg den 2. Januar ist in der grossen Gerichtsstube allhier ein grosser eiserner Ofen, 40 Zentner schwer, den man von Basel hierher- gebracht und der 40 Gulden (ca. 240 Mk.) gekostet hat, gesetzt worden.“ Ein anderes Beispiel bietet der Ofen in der Ratsstube von Bischofswerder. Derselbe wurde im Jahre 1565 angeschafft und kostete 29 Gulden (circa 174 Mk.). Agricola erwähnt (1550) die Grafschaft Manderscheid, das Sauerland und Bergishübel in Sachsen als Plätze, wo eiserne Öfen gegossen werden. Im Siegerlande gingen im Jahre 1567 sieben Hütten fast ausschliesslich auf „Gusswerk“, welches man für 40 Räder-Gulden den Wagen verkaufte Siehe Becher , a. a. O., S. 537. . Im 15. Jahrhundert (1414) werden in Köln bereits „Eisenofen- macher“ unter den städtischen Handwerkern, die keine eigene Zunft- statuten haben, aufgeführt Ennen , Geschichte der Stadt Köln, Bd. III, S. 741. 1562 wird in Rostock ein „Ofengiesser“ erwähnt. . Den Ofenplatten nahe verwandt waren gusseiserne Grabplatten, die ebenfalls aus jener Zeit stammen, aber viel seltener sind. Eine sehr alte gusseiserne Grabplatte in England erwähnt Lower Lower , Contribu- tions to litterature 1854, p. 94. . Sie befindet sich in der Kirche zu Burwash in Sussex. Auf der- selben ist ein Kreuz mit halb zerstörter Umschrift: Orate P. annena (anima?) Jhone Colins. Aus dem Stil des Kreuzes und der Schrift schliesst Lower jedenfalls irrtümlich, dass die Platte aus dem 14. Jahr- hundert stamme. Diese Angabe ist wohl ebenso unrichtig wie die von Flachat, Barrault und Petiet Traité de la fabric. de la fonte de fer. , dass man in den Niederlanden den Eisen- guss schon im 13. Jahrhundert gekannt und 1400 im Elsass eiserne Öfen gegossen habe. In Nassau, Hessen und Waldeck befanden sich viele gusseiserne Grabplatten, die aber meistens ihres geringen Metallwertes wegen eingeschmolzen worden sind. „Allein aus der Kilianskirche zu Kor- bach wurden bei der Mollers chen Restauration für 137 Thlr. alte Grabplatten verkauft, ein minimaler Beitrag zu den etwa 100 fach grösseren Baukosten und ein vernichtender Schlag für die Kunde eines wichtigen kunstgewerblichen Zweiges Siehe Bickell , a. a. O., S. 16 und Curtze , Geschichte der Kirche St. Kilian in Korbach, S. 185. .“ In der Jakobikirche zu Lübeck befindet sich eine schöne Grabplatte eines Drosten von Fürsten- berg von 1559. Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. Glatte Grabplatten mit einfacher Aufschrift finden sich indes noch viele aus dieser Zeit in Süddeutschland. An der alten Kirch- hofsmauer bei der protestantischen Kirche in Wimpfen sind deren zwei von 1560 und 1572 nebeneinander. Die Inschrift der ersteren lautet: Anno Dō. 1560 den 21 Aprill ist cristenlich verschaiden der erwirdig und hochgelehrt Sigemundus Koch von Ulm baider Rechten Doctor Curfl. Menzischer Rhat. Des Leichnam allhier begraben lieget zu erwarten Die fröhliche Uferstehung sein und aller Gläubigen. Amen. Die Platten wurden, wie schon früher erwähnt, im offenen Herd gegossen, nur die Leisten, mittelst deren die Platten durch Ver- schraubung verbunden und deren Querschnitt meist ein Kreissegment bildete, waren in „Leistenladen“, d. h. in hölzernen Formkasten ge- gossen. An die Ofenplatten reihen sich die Feuerböcke an, welche namentlich in den Gegenden, wo Kaminfeuerung gebräuchlich war, besonders in Frankreich, oft reich verziert, in künstlerischer Aus- führung vorkommen. Häufig war es geschnittene Arbeit, doch findet man auch viele in Guss hergestellt. Ein prachtvolles Beispiel, an- geblich vom Jahre 1500, aus einer französischen Privatsammlung (M. du Bouys ) zeigt Fig. 85 Siehe V. Gay , Glossaire archéologique, Paris 1887, p. 362. . Schon im 15. Jahrhundert waren diese verzierten Feuerböcke (chenets) in Frankreich beliebt. In dem Inventar des Schlosses von Bruyère, vom Jahre 1423, findet sich folgender Eintrag: 2 vielx chenès d’ancienne façon a croce. 2 chenès de fer à cosse et à orillons, prisesens 10 s. Sehr schöne Feuerböcke derart findet man im Schlosse Elz an der Mosel; ein sehr grosser trägt die Inschrift: Flames sont Fleurs O vie reprant ma vie. Man goss im 16. Jahrhundert auch bereits gusseiserne Töpfe. Dieselben wurden ganz in Lehm geformt. Eines der ältesten Bei- Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. spiele ist der Topf mit drei Füssen im bayerischen Nationalmuseum (Fig. 86), welcher aber irrtümlich im Katalog (sub Nr. 3830) als aus dem 14. Jahrhundert stammend bezeichnet ist. Der Punkt und die gebrochene Linie deuten die sichtbare Stelle des Eingusses und der Gussnaht an. Ein sonderbares und bereits recht kompliziertes Gussstück ist das von Gay Gay , a. a. O. abgebildete tragbare Öfchen (chaufette) aus Guss- eisen aus dem 16. Jahrhundert (Fig. 87). Die grössten Leistungen der Giess- und Formkunst jener Periode liegen aber gleichfalls wieder auf dem Gebiete der Waffentechnik . Fig. 85. Fig. 86. Fig. 87. Kampf und Verteidigung waren die stärksten Triebfedern zu ausser- ordentlichen Anstrengungen auch auf dem Felde der Technik. Im ersten Bande dieses Werkes haben wir bereits auf die grossartige Thätigkeit auf diesem Gebiete hingewiesen Bd. I, S. 910. , ebenso haben wir die hierauf bezüglichen Kapitel V. Biringuccios mitgeteilt, es genügt also, ergänzend hier anzufügen, was aus der Geschichte jener Zeit noch nachzutragen ist. Die ältesten eisernen Geschütze waren geschmiedet, doch fing man schon vom Anfange des 15. Jahrhunderts Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert. an, Geschütze aus Gusseisen herzustellen Irrig sind dagegen die Angaben in Jäns Handbuche, S. 808, dass die in Benedictus Veron. De rebus Carol. VIII. in Eccardi Script. rer. germ. II erwähnten Eisenbolzen (pilas seu palloctas ferreas) der Florentiner im Jahre 1326 gegossen gewesen seien. Ebenso sind die Nachrichten, dass man 1377 in Erfurt und 1470 in Schlesien eiserne Geschütze gegossen habe, ganz unverbürgt. (Dr. M. Meyer , Erfahrungen über Fabrikation des eisernen und bronzenen Geschützes, Leipzig 1836, S. 13.) Dasselbe gilt von der Nachricht, dass Anciola in Spanien den Guss eiserner Kanonen im Anfange des 15. Jahrhunderts erfunden haben soll. . Den im ersten Bande mitgeteilten Beispielen tragen wir noch einige nach. In dem Archiv von Como wird eine gegossene eiserne Kanone vom Jahre 1429 er- wähnt Arch. de Come, Angellucci , Docum. inedit. piece 23 und Gay , Glossaire archéologique I, p. 729: Bombarda una ferri gitata signata litteris cum annello ferri, cum suo cepo ferrata. . In dem Archive de la Côte d’Or (J. Granier , Inventaire de l’artillerie de Dijon, p. 11) findet sich folgender Eintrag aus dem Jahre 1433: „A Ph. Mideaul, maçon, pour 7 pierses faites pour le plus gros canon de fer de fondue 7 grs. 5 gros canons de fondue de fer non enfustés ny assis.“ Ferner: „1440 à Dijon: Un viel canon de fer de fondue, sur 2 roues sc.“ und „1468: 3 gros canons de fer de fondue dont l’ung est enfusté et assis sur 2 petites roues de bois Siehe Gay , Glossa ire archéologique, p. 273. .“ In den Rechnungen der Stadt Lille Cpte. de J. Abonnel, Gachard , Rapp. s. les arch. de Lille, fol. 183. sind vom Jahre 1431 folgende Preise mitgeteilt: „Jaques de Katelare, Kanonier von Brügge, erhält für 5 eiserne Kanonen von 8890 Pfund, zum Preiss von 2 gros das Pfund 444 l. 10 s. und für 100 Steinkugeln für diese Kanonen zu 4 s. der Stein 20 l.“ Karl der Kühne hatte zu seiner Zeit die beste Artillerie, die hauptsächlich aus den reichen flandrischen Städten stammte. „In Fig. 88. dem Treffen bei Murten führte er viel Geschütz bei sich, das er vorzüglich gegen die Reiterei der Schweizer richten liess und dadurch eine grosse Niederlage unter ihnen anrichtete, bis das zweite Treffen des Schweizer Fussvolks sich der Batterieen durch einen raschen An- lauf bemächtigte“ (Bilibaldi Pirckheimeri, Bellum Helvetic, Lib. I, p. 10). Fig. 88 zeigt eine gusseiserne Kanone Karls des Kühnen, welche die Schweizer in der Schlacht von Granson 1475 eroberten und die Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. sich im Arsenal von La Neuville, Kanton Bern, befindet Napoleon , Hist. de l’artillerie, fig. 2, pl. IX. . Sie hatte ein sehr langes Rohr von 6⅓ Pariser Fuss, dabei ein ganz kleines Kaliber, so dass sie nur Eisenkugeln von 3 Pfund schoss. Eine genauere Prüfung des Geschützes wäre sehr wünschenswert. Häufig war nur die Büchse von Eisen, während der Lauf von Bronze war. Eine solche Büchse vom Jahre 1500 ist in Fig. 89 ab- Fig. 89. bildet. Eine alte gusseiserne Kanone mit der Jahreszahl 1 5 11 (1511, nicht wie irrtümlich ver- mutet wurde 1411) wurde zu Bois-le-Duc auf- gefunden Siehe Description de la fabrication des bouches à feu par le général Huguenin. Paris 1839, p. 5. . Im allgemeinen waren die gusseisernen Ka- nonen im 15. Jahrhundert klein und dienten meist zur Verteidigung der Thore von Städten und Burgen. Eine grössere Bedeutung erhielten dieselben erst unter Kaiser Maximilian, der ja überhaupt so viel für die Entwickelung der Artillerie gethan hat. Er liess bereits grössere Stücke von Eisen giessen. Wie in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Kaiser Fried- rich III., die französischen Könige Ludwig XI. und Karl VIII. und Herzog Karl der Kühne von Burgund sich besondere Verdienste um das Geschützwesen erworben hatten, so thaten dies in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts besonders die deutschen Kaiser Maximilian I. und Karl V. Eine kurze Skizze der Entwickelung des Artillerie- und Waffen- wesens in dieser Periode dürfte hier am Platze sein, weil dieselbe auf das engste mit der Entwickelung der Eisentechnik verknüpft ist. Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. Über die Geschichte der Artillerie im Mittelalter haben wir bereits im ersten Bande gehandelt. Das Geschützwesen galt als eine freie Kunst. Die Büchsen- meister waren zünftige Künstler, die nach eigener Wahl gegen Be- Beck , Geschichte des Eisens. 21 Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. zahlung in irgend welchen Dienst traten. Erst in der Mitte des 15. Jahrhunderts waren aber die Verhältnisse der Artillerie so weit gefestigt und geordnet, dass der Erlass der „Privilegien“ durch Kaiser Friedrich III., welche wir schon früher mitgeteilt haben Bd. I, S. 929 und Jähns , Geschichte des Kriegswesens S. 968. , erfolgen konnte. Wirkliche Büchsenmeister waren übrigens nur bei Hauptstücken: „Wer ein Scharfmetz, Basilisken, Nachtigall, Singerin und Chartaun beschiesst, der ist ein Büchsenmeister, der aber Drachen, Schlangen und andere kleine Büchsen schiesst, der ist ein Schütz.“ Nürnberg hatte 1449 zur Bedienung der 100 Büchsen auf den Türmen der Stadtmauer 144 Büchsenmeister. Dem Namen nach gehörten sie dem eingeborenen Bürgerstande, dem Gewerbe nach besonders den Rotschmieden und Kandelgiessern an. Im Heere Karls des Kühnen, bei der Belagerung von Neuss, befanden sich 200 Büchsenmeister, die 200 Feuerschlünde bedienten. — Nürnberg übertraf an kriegerischer Ausrüstung alle Städte Deutschlands. Minutoli giebt (in dem kaiser- lichen Buch Albrechts Achilles ) Nürnbergs Besitz an Schusswaffen für das Jahr 1462 auf 78 Schirm-, 228 Stein- und 2976 Haken- büchsen an, dazu kamen 12000 Armbruste. Hierfür waren vorhanden 4000 Stein- und 53000 Bleikugeln, 146000 Pfeile und 200 Zentner Pulver. Eiserne Kugeln werden nicht erwähnt. Ganz anders lauten die Inventarien zu Ende des Jahrhunderts und zu Anfang des 16. Jahr- hunderts. In diesen ist fast nur noch von eisernen Kugeln die Rede. So heisst es in dem „Notaverzeichnis, was an einem kleinen Feldzuge zu Geschütz gehört“, welches Leonhard Ecker im Jahre 1504 für den Herzog Albrecht von Bayern fertigte Wür- dinger , Kriegsgeschichte von Bayern II, S. 408. : Scharpfmetzen schiessen 70 Pfd. Eisen, Quartern und Nachtigallen schiessen 40 „ „ Rotschlangen schiessen 20 „ „ Feldschlangen schiessen 8 „ „ Falkonet schiessen 6 „ „ Nach diesen folgen die doppelten und die einfachen Haken- büchsen. Im Archiv von Dijon werden im Jahre 1514 aufgeführt: 200 eiserne Kanonenkugeln und 100 Paar Coquillen zum Giessen der- selben 200 boulets de fer servant aux coulevrines, mis au château de Dijon, avec 100 paires de coquilles ou moules à couler des boulets (Arch. de Dijon, ap. Desmage, Tres. judic. p. 69 und Gay , Glossaire I, p. 729). . Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. Wir begegnen hier auch bereits einer einheitlichen Einteilung der Geschütze nach dem Kugelgewicht. Eine solche wurde schon im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts erstrebt und stellt einen grossen Fortschritt des Artilleriewesens dar. Eine ältere italienische, die noch fast durchaus auf Steinkugelgewicht basirt ist, stammt aus dem Jahre 1480 Von Giorg. Martini , mitgeteilt in Louis Napoleon Bonaparte Études sur l’artillerie, p. 96 und Gay , Glossaire arch. I, p. 76. . Danach schossen: Bombarden 300 Pfd. Stein, Grosse Mörser 200 bis 300 „ „ Gewöhnliche oder mittlere Mörser 50 „ „ Cortona 60 bis 100 „ „ Passe-volant 20 „ Bronze oder Eisen, Carbatane 2 bis 3 „ Blei, Espringarde 10 bis 15 „ „ Escopette 4 Octavi (von denen 30 auf das Pfund von 340 g Gewicht gingen). Eine feste Grundlage erhielt aber die Kalibrierung der Geschütze erst, nachdem die eisernen Kugeln zu allgemeiner Einführung gelangt waren. Kaiser Maximilian Weiss-Kunig , Kap. 49, erzählt: „Wie der jung Weiss-Kunig künstlich was mit der Artalerey:“ — Der- selbe hatte solche Leidenschaft für das Schiessen, dass man ihn zurückhalten musste. Er richtete viele Zeughäuser auf und erfand selbst Verbesserungen. gebührt das Verdienst, die erste ratio- nelle Kalibrierung der Geschütze durchgeführt zu haben. In seinem „Zeugbuche“ (1500 bis 1510 entstanden) sind die Normalvorschriften für das von ihm selbst erdachte und von seinem Hauszeugmeister Freiesleben zu Innsbruck ins Werk gesetzte Geschützsystem mitgeteilt. Danach werden alle Geschütze in vier „Arten“ eingeteilt und zwar in 1. Hauptbüchsen, schiessen Steinkugeln, aber auch bereits eiserne Kugeln und ruhen auf Rosten (Laden). 2. Kartaunen mit dünneren und längeren Rohren: Scharfmetzen, Nachtigallen, Kartaunen, Notpuchsen, schiessen sämtlich eiserne Kugeln, wogegen die Viertelpuchsen kurze Rohre haben und Steine schiessen. Die Kartaunen hatten 5 bis 85 Kaliber Länge. 3. Schlangen von 20 bis 40 Kaliber Länge, besonders grosse heissen Basilisk oder Wurm, andere werden als lange Schlangen, Mittelschlangen, Kammerschlangen, ganz eiserne Schlangen bezeichnet. 21* Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. 4. Mörser, die zum Werfen, namentlich von Brandkugeln, dienten. Diese waren meist gegossen. Diese Maximilianische Haupteinteilung blieb die Grundlage aller der vielen nachfolgenden „Geschlechts“einteilungen der Geschütze, nur wurden die Grenzen durch die zahllosen Unterarten, für welche es verwirrend viele Namen und Bezeichnungen gab, verwischt. Karl V. bemühte sich gleichfalls viel um das Geschützwesen, und unter ihm wurde eine noch genauere Kalibrierung durchgeführt. Künstler und Mathematiker widmeten ihre Kräfte dem Artillerie- wesen und schufen die Artilleriewissenschaft. Wir nennen unter diesen, ausser Kaiser Max selbst, Albrecht Dürer, Jacob Preussz, Hartmann, Biringuccio und Tartaglia . Kaiser Maximilian I. that persönlich viel für die Verbesserung des Geschützwesens, sowohl für Material und Konstruktion, als besonders für die Beweglichkeit der Feldartillerie. Die Artillerie war seine Lieblingswaffe, und er wurde in seinen Bestrebungen von tüchtigen Büchsenmeistern unterstützt, wie von Hans Apolt- zeller, Hans Schnell (siehe Bd. I, S. 934), Hans Sarls (Bd. I, S. 931) und besonders von Freiesleben . Vor seiner Zeit wurden die plumpen Geschütze fast ausnahmslos noch auf schweren Karren gefahren, von denen sie erst mit grosser Mühe abgeladen werden mussten, um in Position gebracht zu werden. Maximilian führte die Lafetten ein und verbesserte dieselben wesentlich. Hierdurch erst erlangte die Artillerie, die bis dahin fast nur für den Festungs- kampf gedient hatte, ihre Bedeutung im offenen Kampfe. Bei seinem Feldzuge gegen Venedig führte Maximilian bereits 106 Räder- geschütze. Für diese Art Geschütze waren die alten, unförmigen, aus schmiedeeisernen Stäben zusammengefügten Rohre nicht zu gebrauchen, sondern man bedurfte leichter gegossener Rohre, und wenn auch der Bronze hierfür der Vorzug gegeben wurde, so fing man doch bereits an, auch Geschützrohre aus Eisen zu giessen. Die Verdienste Maximilians um das Geschützwesen werden im „Weiss-Kunig“ gepriesen. Es wird hervorgehoben, dass er Geschütze machen liess, mit denen er nur Eisen schoss, die „scharfen Metzen“ genannt wurden. „Er hat auch anderes neues Geschütz erdacht und giessen lassen und genannt Nachtigall, Singerin und Dorntral und sie haben auch nichts anders geschossen denn Eisen“. — „Ferner hat er ganze eiserne Büchsen schmieden und in das ganze Eisen das Rohr bohren lassen . Diese eisernen Büchsen haben die andern Eisenbüchsen, die auf den Kern geschmiedet waren, weit übertroffen.“ Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. „Der König hat diejenigen Büchsen, welche Kartaunen genannt werden und die früher mit grosser Mühe auf Erdböcken liegend ab- geschossen worden sind, auf Wagen und Räder dergestalt zurichten lassen, dass man die Kartaunen auf diesen Wagen abgeschossen und auf denselben auch über Land geführt hat.“ Kaiser Max taufte seine Hauptstücke gern mit scherzhaften Namen, wie der Weckauf, der Burlepaus, die Sirene von Görtz, der Weibel im Haus, Jung- frau Buhlerin, die schöne Helena, Purrhindurch und Schnurrhin- durch u. s. w. Die Kartaunen und Schlangen teilte Kaiser Max anfänglich in drei Gruppen und fünf Kaliber: in die Grossen: Scharfmetzen und Kartaunen; in die mittleren: Nachtigallen, Singerinnen und Dorntral, und in die Kleinen: Falkonetten und Kammerschlangen. Später schrieb er folgende Kugelgewichte vor: Die Scharfmetzen sollten 80 Pfd., die „Doppel-Quartaunen“ 50 Pfd., die einfachen 36 Pfd., die Singerinnen 25 Pfd. eiserne Kugeln schiessen. Dieses war das schwere Geschütz, die Mauerbrecher. Als Feldgeschütz dienten Notschlangen, die 10 Pfd., Falkaunen, die 6 Pfd. und Falkonetten, die 2 Pfd. Eisen schossen. Die für Stein- und Brandkugeln (Kunstfeuer) bestimmten Geschütze hiessen Stein- und Feuerbüchsen, auch Haufnitzen. Eine Haufnitz warf, wie auch ein Mörser, Steinkugeln von 25 bis 200 Pfd. Gewicht. Die Bedeutung der Artillerie wuchs im 16. Jahrhundert von Jahr zu Jahr. Fahrbare Metallgeschütze und eiserne Kugeln verdrängten rasch die alten steinspeienden Ungeheuer. Als die Venetianer 1515 Verona belagerten, gaben sie in elf Tagen über 20000 Kanonenschüsse ab und auf Mezières wurden 1521 von dem Grafen von Nassau und Franz von Sickingen 5000 eiserne Kugeln in vier Tagen geschossen. Die beste Übersicht über die Einteilung der Geschütze, wie sie zu Karls V. Zeiten üblich war, giebt der sächsische Zeugmeister Jacob Preuss in seiner „Ordnung, Namen und Regiment alles Kriegsvolks, vom Geschlecht, Namen und Zahl aller Büchsen in einer ganzen Arkeley (Artillerie) eines Feldzugs oder Zeughaus gehörig. Von jedes Gewicht, Schwere, Steyn und Loth. — Strassburg 1530“. Er schreibt vom „Geschlecht und Namen aller Geschütze“: „Es seind aller Büchsen nit mehr denn VIII Geschlecht, die man auf der Achsen scheusst. Nämlich IV Mauerbrecher und IV Feldgeschütz, ob man ihnen gleich tausend Namen gab, sind jedoch nit mehr, an die Rohr- und Feuerbüchsen“. Die Zahl jedes Geschlechts in einer Arkeley ist folgende: Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. 1. Metzikana, Taetzel (Täuffel?), Scharfmetzen schiesst 1 Ztr. Eisen, wiegt in ihrem Rohr 100 Ztr. 2. Cana, die wir nennen Basilischgo, schiesst 75 Pfd., wiegt 75 Ztr. 3. Duplicana, deutsch Nachtigallen „ 50 „ „ 50 „ 4. Triplicana, „ Singern. „ 50 „ „ 50 „ (3. und 4. sind ein Geschlecht) 5. Quartana, Not- oder Viertelbüchsen „ 25 „ „ 25 „ Dies sind die Mauerbrecher. Dazu kommen 4 Geschlecht der Veldtgeschütz: Trakhana, Drachen oder Notschlangen, schiessen 16 Pfd. Eisen, Schlangkana, Schlangen, schiessen 8 „ „ Valkant, Falken, schiessen 2 „ Blei Falkhona, halbe Schlangen, schiessen 4 „ Eisen oder Blei. Hiervon 18 Mauerbrecher und 37 Feldgeschütz — thut die ganze Summe eines Zeughauses 55 Büchsen. Dazu kommen noch die Mörser, „Morthier“, die man nennt Narren oder Boler. Ihr Rohr wiegt 50 Ztr., schiesst 1 Ztr. Stein. Halb- Morthier, das Rohr wiegt 25 Ztr. Kleine Morthier oder Boler 1½ Ztr., wirft 8 Pfd.“ Die Einteilung des Artilleriematerials blieb in Deutschland auch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, wie sie unter Karl V. festgesetzt war, wenn dies auch in den Verzeichnissen durch die vielerlei Benennungen oft verdunkelt ist. Als Pulversatz rechnete man bei Stein ¼, bei Eisen 7/24, bei Blei ½ Kugelgewicht. In Frankreich teilte man unter Heinrich II. die Geschütze nach sechs Kalibern ein: Canon schoss 33 Pfund, Bespannung 21 Pferde, Grand Coulevrine „ 15 „ „ 17 „ Coulevrine batarde „ 7 „ „ 11 „ Coulevrine moyenne „ 7 „ „ 4 „ Faucon „ 2 „ „ 3 „ Fauconneau „ 2 „ „ 2 „ Napoleon A. a. O., S. 163. giebt für das Jahr 1540 folgende Einteilung: Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. Tartaglia Quesiti e Invenzioni, lib. I, Ques. II. giebt für Italien um dieselbe Zeit folgende Ein- teilung: Die Bombarde (Doppelkanone) schoss eine eiserne Kugel von 100 bis 120 Pfund, war 9 bis 10 Fuss venetianisches Mass lang und wog 8800 bis 12459 leichte italienische Pfund: Die grosse Colubrine schoss 120 Pfund, war 15 Fuss lang und wog 13000 Pfund. Die Colubrine, welche 50 Pfund schoss, war 12 Fuss lang und wog 6600 Pfund. Die Kanone schoss 50 Pfund, war 8 Fuss lang und wog 4000 Pfund. Eine Kanone, so 30 bis 86 Pfund schoss, hiess Batarde. Die halbe Kanone schoss 20 Pfund, war 7 bis 8 Fuss lang und wog 2200 bis 2500 Pfund. Die Colubrine von 20 Pfund Kugelgewicht war 10 Fuss lang und wog 4300 Pfund. Eine andere Colubrine von 16 Pfund war 8 Fuss lang und hatte 1750 Pfund an Gewicht. Eine dritte von 14 Pfund war über 8 Fuss lang und wog 2233 Pfund. Die Passevolante schoss 16 Pfund, war 8 Fuss lang und hatte 1400 Pfund Gewicht. Der Sacer von 12 Pfund Kugelgewicht war 9 Fuss lang und wog 2150 Pfund. Ein anderer Sacer von 12 Pfund war 8 Fuss lang und wog 1400 Pfund. Der Sacer von 10 Pfund war 8 Fuss lang und wog 1300 Pfund. Die Aspide schoss 12 Pfund, war 5 Fuss lang und hatte mit dem Sacer einerlei Gewicht. Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. Die Falkone schoss eine Kugel von 6 Pfund, war 7 Fuss lang und wog 890 Pfund. Das Falkonett schoss eine bleierne Kugel von 3 Pfund, war 5 Fuss lang und wog 400 Pfund. Ausserdem hatte man Steinbüchsen (Bombarden), von denen die grösseren eine steinerne Kugel von 250 Pfund schossen, 10 Fuss lang waren und 8900 Pfund Metall enthielten. Die zweite Art schoss 150 Pfund Stein, war 10 Fuss lang und wog 6146 Pfund. Die dritte Art schoss 100 Pfund Stein, war 10 Fuss lang und wog 5000 Pfund. Die vierte Art schoss 100 Pfund Stein, war 8 Fuss lang und wog 4500 Pfund. Die Böller (contaldi) endlich schossen 30 bis 45 Pfund Stein, waren 7 Fuss lang und wogen 1600 bis 2740 Pfund. In Spanien folgte man seit Karl V. der deutschen Einteilung. Später erstrebte man Vereinfachung und Bouquoy reduzierte die Geschlechter der Geschütze auf vier: Kanonen schossen 40 Pfund und hatten 23 Pferde, Halbkanonen „ 24 „ „ „ 15 „ Viertelkanonen „ 10 „ „ „ 9 „ Achtelkanonen „ 5 „ „ „ 5 „ Diese Einteilung wurde auch von den Niederländern an- genommen, und sie entspricht so ziemlich der Einteilung in Frons- pergers Kriegsbuch (I, S. 85), bei welcher zugleich die Bedienungs- mannschaft mitgeteilt ist. Sie lautet: Die Kartaunen schiessen 40 Pfund, erhalten 2 Büchsenmeister und 16 Gehilfen. Die Schlangen schiessen 15 Pfund, erhalten 2 Büchsenmeister und 10 Gehilfen. Die Falkaunen schiessen 6 Pfund, mit einem Büchsenmeister und 6 Gehilfen. Die Falkonetten schiessen 3 Pfund, mit einem Büchsenmeister und 3 Gehilfen. Nicolaus Tartaglia Nicolaus Tartaglia , ein Mathematiker aus Brescia, Zeitgenosse Birin- guccios , gab Ende des Jahres 1537 zu Venedig drei Bücher Della nova Scienzia heraus, worin er sich vorzüglich mit den Grundsätzen der Bewegung geworfener Körper beschäftigte: 1546 wurden in Venedig seine Quesiti e Invenzioni gedruckt, wandte zuerst mathematische Grundsätze Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. auf die Geschützkunst an. Er untersuchte vor allem die Flugbahn der Geschosse und bewies, dass dieselbe eine krumme Linie sei. Ob- gleich selbst nicht Artillerist, wurde er 1531 zu Verona von be- freundeten Bombardieren aufgefordert, durch Experimente fest- zustellen, ob der Elevationswinkel von 30 Grad oder von 45 Grad der günstigste sei. Er stellte durch seine Versuche den Winkel von 45 Grad als den vorteilhaftesten fest und bewies dies mathematisch 1537 in seiner Schrift „Della Nova Scienzia“, welche, wenn auch nicht in allen Punkten korrekt, doch die Grundlage einer wissenschaftlichen Behandlung der Geschützkunst wurde. Von ihm wurden verschiedene Instrumente für artilleristische Zwecke erfunden. So gab er neben- stehenden Massstab (Fig. 90) an, um die richtige Bohrung der Seele eines Geschützes zu messen. Die Erfindung desselben schreibt er einem Alberghitto zu Quesiti et Invenzioni: Questo vigesimo terzo … fatto da M. Alberghitto de Alberghitti gettadore de artegliaria l’anno 1545 a di Aprile in Venezia. . Ähnliche Instrumente waren allerdings in Deutschland schon vor seiner Zeit im Gebrauch. So hatte bereits Albrecht Dürer eine Richtmaschine angegeben. Es war dies eine vermittelst eines besondern Fusses und Armes und mit einem Haken, der in einen Ring am Bodenstück der Kanone eingehakt war, dazu eingerichtete Hebelwinde. Auch Jacob Preuss erwähnt bereits den Richtmassstab. Fig. 90. Der älteste derselben war das sogenannte „Grund- brett“, ein geteilter Viertel- kreis. Derselbe wurde bald verbessert und so findet er sich in Leonhard Fronspergers Leonhard Fronsperger , Bürger zu Ulm, gab 1555 „Fünf Bücher von Kriegsregiment und Ordnung“ und 1557 sein Buch „Von Geschütz und Feuer- werk“ heraus, die 1571 beträchtlich vermehrt unter dem Titel „Kriegsbuch“ er- schienen, welches wiederholte Auflagen erlebte. Kriegs- buch (Frankfurt 1573, fol. 134 etc.) abgebildet. Tartaglia machte auch, wie Biringuccio , Angaben über die Wandstärken der Ge- schütze: er gab denselben an dem Stoss den ganzen, an der Mündung den halben Durchmesser der Kugel als Wandstärke. Ferner setzte welche sich hauptsächlich mit den Kriegswissenschaften beschäftigen. Diese Schriften wurden bereits 1547 von Gualterius Rivius in seiner Baukunst ins Deutsche übersetzt. Tartaglia starb 1575. ( Hartmann in Nürnberg früher als Tartaglia , siehe Jähns , a. a. O.) Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. er das Verhältnis des Volums der Kugeln von Blei, Eisen und Stein fest, und zwar: Blei zu Eisen = 36 zu 90 Blei zu Stein = 1 zu 4. Fronsberger setzt das Verhältnis der Gewichte von Stein : Eisen : Blei = 1 : 4 : 6, wobei er bemerkt, dass geschmiedete eiserne Kugeln ein wenig schwerer seien als gegossene. Um den Artilleristen die Berechnung zu ersparen, stellte Tartaglia eine Tabelle der Kugelgewichte und Durchmesser nach den verschiedenen Materien von 1 bis 200 Pfund auf, welche er in seinen Questi e Inventioni 1546 zu Venedig veröffentlichte. Etwas früher schon (1540) hatte Georg Hartmann , Mechaniker zu Nürnberg, aus dem Bambergi- schen gebürtig, den Kaliberstab, der die Durchmesser der steinernen, eisernen und bleiernen Kugeln nach Nürnberger Mass und Gewicht enthielt, konstruiert. Dieser kam bald in allgemeine Aufnahme und wurde die Veranlassung, dass lange Zeit hindurch Nürnberger Mass und Gewicht in der ganzen deutschen Artillerie massgebend war. Über die Anfertigung der Kanonen, sowie über den Guss der eisernen Kugeln hat Vanuccio Biringuccio in seiner Pyrotechnia die besten und ausführlichsten Mitteilungen gemacht, welche wir bereits angeführt haben. Die Geschütze wurden damals noch alle über einen Kern gegossen. Die ältesten gegossenen Geschütze waren nicht gebohrt, deshalb auch nicht glatt und zentrisch. Aber schon vor 1500 konstruierte man Bohrmaschinen mit grossen Bohrern, mit Hilfe deren man die grossen Stücke ausbohrte. Es war dies eine grosse Verbesserung. Auch hierüber giebt Biringuccio eine genaue Beschreibung mit Zeichnungen Siehe Bd. I, S. 945. , welche wir ihrer Wichtigkeit wegen ebenfalls in wörtlicher Übersetzung mitteilen. Er sagt (Buch VII, Kapitel 8): „Wo ich konnte, habe ich ein grosses, doppeltes Rad gemacht, so dass ein Mensch darin gehen konnte, um es in Bewegung zu setzen. Aber wenn ich dies nicht konnte, habe ich es mit einem Lafettenrade (als Spillen oder Schwungrad) gemacht. In die Nabe habe ich ein Holz eingepasst und in die Mitte desselben eine Eisenstange gesetzt mit einem Krummzapfen, ähnlich dem, welchen das früher (bei den Blasebälgen) erwähnte Wasserrad bewegt und am andern Ende (des Holzes in der Nabe) habe ich einen guten vierkantigen Kopf an- gebracht und habe das Rad auf diesen Zapfen gelegt. In den Kopf desselben habe ich eine dicke Stange eingesetzt, so lang als nötig Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. war, um den Boden des Geschützes zu erreichen, und am Ende derselben habe ich ein vierkantiges Stück Stahl anschweissen lassen, dessen vier Kanten gerade und scharf und gut gehärtet waren, damit, wenn sie in das Geschütz gesetzt und gedreht wurden, sie genau die Rundung erzeugten (siehe Bd. I, Fig. 300). Dies ist die gewöhnliche Art. Man hat sie (die Bohrer) aber auch von Bronze mit Vertiefungen gemacht und hat vierkantigen Stahl ein- gesetzt, um jene Unbequemlichkeit zu vermeiden, welche das Härten, Schleifen und genaue Justieren jenes Eisen- und Stahlklumpens macht, damit er schneidet. Alsdann habe ich das Geschütz, welches ich bohren wollte, auf ein Modell (d. h. eine passend ausgehöhlte Unterlage) von Ulmen-, Nussbaum- oder anderm Holze aufgepasst, welches unten eben und wie ein kleiner Schlitten gemacht war und habe es mit eisernen Bändern gut befestigt, oder mit Seilen, oder wie es mir gut schien, damit der Bohrer es beim Schneiden nicht hebe. Und dann habe ich diesen (Schlitten) auf ein Gerüste gesetzt (Fig. 300, Bd. I), welches wenigstens doppelt so lang war als das Geschütz und habe es stark und fest gemacht. Und zwischen das Bett, worauf das Geschütz ruht, und die genannte Ebene habe ich drei Querwälzchen gesetzt, damit das Geschütz, wenn es gezogen Fig. 91. würde, leicht vorwärts ging. Und um es zu ziehen, habe ich quer davor eine kleine Winde gelegt, so dass sie zwei Stricke gleich- mässig anzog, welche an der Seite des Bettes vermittelst zweier guter eiserner Ösen befestigt waren. Auch habe ich eine andere Winde hinten angebracht, um es zurückziehen zu können, wenn es sich verlief und um die Bohrspäne und den Bohrer herauszuziehen. Als ich mit dieser Vorrichtung fertig war, liess ich durch drei oder vier Mann das Rad drehen, setzte zuerst den eisernen Schaft in den Kopf oben und unten gut ein und schlug durch ein Loch, welches quer durchging, einen Keil und dann habe ich mit der Winde bei der Mündung des Geschützes angezogen und den Schaft, langsam an der Winde drehend, bis zum Grunde gehen lassen und so habe ich in zwei oder drei Wiederholungen, indem ich Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. die Schneiden des vierkantigen Stahls immer um eine Federdicke oder etwas mehr wachsen liess, das Geschütz sehr gut und sauber ausgebohrt ...... Aber besser gefällt mir das Bohren mit dem Doppelrade, worin ein oder zwei Menschen gehen können, als das mit dem Lafettenrade, in anbetracht dessen, dass sich auf seiner Achse Kämme (Zähne) an- bringen lassen, welche in eine Walze (ein Zahnrad) eingreifen, welches als Achse einen andern Bohrer hat (siehe Fig. 91, a. v. S.), womit man, da er sich gleichzeitig dreht, auch gleichzeitig ein zweites Geschütz ausbohren kann, und zwar hat dieser Bohrer einen viel grösseren Effekt als der, welcher an der eigentlichen Radachse sitzt. Dies lässt sich bei dem Lafettenrade nicht anbringen, weil die Menschen mit den Armen keinen so grossen Effekt hervorbringen können. Auch habe ich einen gleichen Erfolg beim Bohren noch mit mehreren andern Sorten von Bohrern erzielt, welche ich Euch mit- teilen will, damit Ihr nötigenfalls nicht auf eine einzige Sorte be- schränkt seid. In Florenz habe ich Erfahrungen mit verschiedenen Arten gemacht. Unter andern machte ich, um eine Feldschlange aus- zubohren, einen Schaft von trockenem Stecheichenholz, in der Dicke ein wenig geringer als die Höhlung des Geschützes, in welchen an Stelle des stählernen Meissels acht Schneiden von gehärtetem Stahl einander gegenüberstehend eingelassen wurden, mit drei eisernen Ringen, einer unten, einer in der Mitte und einer oben mit geeigneter Verbindung, um sie nach Bedürfnis anlegen oder abnehmen zu können. Von den Schneiden kamen vier ans Ende und vier etwas weiter zurück und so leistete mir der Schaft beim Bohren der Feldschlange sehr gute Dienste. Ausserdem machte ich, um den Leofante an dem- selben Orte zu bohren, nach dem Gutachten eines gescheiten Schmiedes, einen Bohrer, ähnlich denen, deren sich einige Drehermeister be- dienen und welche sie Bohrer nach französischer Art nennen, welche wie Höcker (gabbic) aussehen; aber dieser war wie ein Stück von einer gehärteten stählernen Rinne mit scharfen Schneiden. Dieser wurde mit einem grossen Rade gedreht und schnitt sehr gut, aber manchmal schneller und mehr oder weniger und entsprach nicht allen gerechten Anforderungen. Wenn man aber, wie gesagt, einen stählernen Bohrer zum Bohren von Kanonen oder Doppelkanonen machen will, oder auch, wenn er an das Ende einer Eisenstange an- geschweisst werden soll, so ist es sehr schwer, ihn so zu machen, dass er viereckig bleibt und dass er die Kanten gut behält, sowohl in betreff des Schmiedens, als auch, weil er eine zu grosse Masse für Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. das Schweissen und für das Härten hat, sowie auch für das Schärfen auf dem Schleifrade. Deshalb muss man daran denken, wie man es sich erleichtert, und zu diesem Zwecke macht man einen Bohrkopf von Bronze, ein wenig dünner als der Durchmesser der Kugel und in diesen macht man vier oder höchstens sechs Kanäle, welche auf dem Grunde schwalbenschwanzförmig stehen und da hinein werden vier stählerne, gut gehärtete und geschliffene Messer gesetzt (siehe Fig. 300, Bd. I), und zwar sage ich vier, weil vier besser arbeiten, als wenn es mehr sind, in anbetracht, dass man sich um so mehr ermüdet, je mehr solcher Messer angreifen. Nachdem dann dieser Bohrkopf in eine viereckige Eisenstange oder dicke Holzstange von genügender Länge eingesetzt und oben eine Schliesse quer durchgetrieben ist, damit sie nicht herausgehen kann, bohrt man vermittelst des Hebelarmes eines grossen Handrades, oder eines Tretrades, in oder auf dem Menschen gehen oder ein Pferd oder Wasser. Also bohrt man nicht nur in Geschütze, wie man sie heutzutage gewöhnt ist, sondern auch in Mörser und nimmt alles Überflüssige und jedes Hindernis weg, welches die Kugel im Herausgehen hindern könnte. Dieses sind die Arten des Bohrens der Geschütze, welche angewendet werden und welche ich angewendet habe oder gesehen oder gehört habe, dass sie angewendet werden.“ Aus dieser ausführlichen Schilderung ersehen wir, dass auch die Bearbeitung des Gusses bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahr- hunderts auf hoher Stufe stand. Der Bedarf an Geschützmaterial wuchs im Verlaufe des 16. Jahrhunderts ganz ausserordentlich und da die Bronze teuer war, wendete man sich mehr und mehr dem Guss- eisen zu. In den nordischen, eisenreichen Ländern, in Schweden und in England, war dies namentlich der Fall, indem man die schweren Schiffskanonen vorzugsweise aus dem billigeren Eisen goss. Nach alter Überlieferung English Worthies in Church and State 1684. wäre es ein Franzose Peter Baude gewesen, der im Jahre 1547, im ersten Jahre der Regierung Eduards VI., die ersten eisernen Kanonen in England gegossen haben soll, während Ralph Page bereits um 1540 bei Buckstead in Sussex Geschütze von Bronze gegossen haben soll. Mallet nennt dagegen John Owen als denjenigen, der in demselben Jahre die erste Eisenkanone goss. Wahrscheinlich war Peter Baude im Dienst des John Owen . Wie die Königin Elisabeth alles that, um die englische Marine zu heben, so war sie auch eifrig für die Förderung der Ge- Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. schützgiesserei besorgt. Die eisernen Kanonen wurden hauptsächlich in Sussex gegossen, und zwar in solcher Menge, dass England, welches vordem einen grossen Teil seines Eisenbedarfs vom Auslande be- zogen hatte, jetzt Eisen in Form von Kanonen ausführte, und so kam es, dass die Spanier mit englischen Kanonen gegen die Eng- länder fochten. Auf diesen Gegenstand lenkte Sir Walter Raleigh die Aufmerksamkeit des Parlaments, indem er die gusseisernen Ka- nonen für eine Stärke des Landes und einen nationalen Schatz er- klärte und ausrief: „Gewiss, früher war eins unserer Schiffe zehn spanischen überlegen, jetzt aber sind sie durch unsere Kanonen kaum zu besiegen im Einzelkampf.“ In der That legten die Spanier grossen Wert auf die Erwerbung englischer eiserner Kanonen und strebten mit allen Mitteln danach. Wir kommen bei der Geschichte Englands hierauf zurück. Welche Massen von Kanonen aber bereits für die Ausrüstung der Kriegsschiffe erforderlich waren, geht aus der Equipierung der grossen Armada hervor Siehe Jähns , a. a. O., S. 1286. . Dieselbe führte nicht weniger als 2431 Stücke. Die grosse Flotte war in acht Geschwader geteilt: Das Portugiesische hatte 12 Schiffe und 389 Kanonen, „ Baskische „ 14 „ „ 302 „ „ Kastilische „ 16 „ „ 474 „ „ Andalusische „ 11 „ „ 315 „ „ von Guipuzcoa „ 14 „ „ 296 „ „ Levantische „ 10 „ „ 319 „ „ von Urcas „ 25 „ „ 466 „ „ „ Pattaches „ ? „ „ 204 „ Ende des 16. Jahrhunderts erwarb sich Thomas Johnson , der um 1590 lebte, grosse Verdienste um die Verbesserung des Gusses eiserner Kanonen. Nicht minder grossartig entwickelte sich die Fabrikation guss- eiserner Geschütze in Schweden. Während Gustav Wasa bei seinem Regierungsantritte noch kein im Lande gegossenes Geschütz besass, war Schweden gegen Ende des Jahrhunderts wegen seines Reich- tums an solchen Geschützen in ganz Europa berühmt. Botero schreibt in seiner Erdbeschreibung 1592: „Der König von Schweden hält stets 50 Kriegsschiffe, von denen jedes 40 Stück grobes Geschütz hat. — Man vermeint, es habe der König 8000 Stück grobes Geschütz, so meistens von Metall. Auf dem Schlosse Stockholm werden 400 Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. gezählt.“ Dass aber diese Geschütze zum weit grössten Teile aus Eisen gegossen waren, geht aus andern Nachrichten hervor. Die Artillerie unter König Johann (1574 bis 1592) zählte bereits 3459 Geschütze, darunter 2027 aus Gusseisen Siehe Weiss , Kostümkunde, Bd. VI, S. 929. . Aus allen diesen Angaben erkennt man deutlich, welchen Um- fang die Fabrikation gusseiserner Geschütze im Laufe des 16. Jahr- hunderts erlangt hatte. Deutschland war auch hierin voraus- gegangen. Zur Förderung des Artilleriewesens trugen ausser den Fort- schritten des Eisenhüttenwesens noch wesentlich die Artillerie- schulen , die Zeughäuser und die damit verbundenen Giess- häuser bei. Die älteste Artillerieschule hatte Venedig. Alte Giess- schulen gab es in Amberg und München. Kaiser Max stiftete da- nach eine in Innsbruck. Karl V. gründete eine Artillerieschule zu Burgos in Spanien und eine andere in Sizilien. Ebenso legte der- selbe Kaiser Stückgiessereien in vielen Städten seines ausgedehnten Reiches an, so zu Burgos, St. Sebastian, Malaga und Barcelona in Spanien, in Mecheln und Utrecht in den Niederlanden und zu Crema, Mailand, Neapel und Messina in Italien. In Deutschland lag dafür kein Bedürfnis vor, denn dort bestanden solche in den meisten grossen Städten. Nürnberg und Augsburg trieben sogar ausgedehnten Handel mit Geschützen. 1502 liess der Rat von Augs- burg ein neues schönes Giesshaus und ein Zeughaus, „welches gemeinig- lich der Kazenstadel genannt wurde“, an dem Judenkirchhofe er- bauen Siehe von Stetten , Geschichte von Augsburg, S. 235. und gleich damals goss der Stückgiesser Niclas Oberacker aus Konstanz 35 metallene Stücke und einen Mörser, welche alle in das Zeughaus gestellt wurden. Der Augsburger Stückgiesser Georg Löffler war so berühmt, dass Karl V. öfter Stücke bei ihm giessen liess und ihn später ganz in seinen Dienst nahm. Das Giess- haus brannte wiederholt und zwar in den Jahren 1556 und 1601. Damals war Wolfgang Neidthardt , der Stadt Stück-, Glocken- und Figurengiesser, berühmt. Er stammte aus Ulm, wo schon sein Vater Stück- und Glockengiesser gewesen war. — Das Zeughaus zu Augsburg, hinter St. Moritz gelegen, war so reich mit Geschützen und Gewehren ausgerüstet, dass damit die Wälle besetzt und die ganze Bürgerschaft bewaffnet werden konnte. 1578 veranstaltete die Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. Stadt Augsburg ein Wettschiessen mit Feldgeschützen, „das grosse Falkonetschiessen“. Das Fest dauerte sechs Wochen lang und er- schienen 912 Schützen, davon jeder gegen ein Einstandsgeld drei Schuss auf die 800 Schritt entfernte Zielstatt that. Nürnberg stand in bezug auf seine Bewaffnung und Waffen- fabrikation nicht hinter Augsburg zurück. Schon vor dem Jahre 1398 bestanden Hämmer- und Schmelzwerke an der Pegnitz, welche in dem genannten Jahre Hammerfreiheit erhielten. Von dieser Zeit an wurden hier viele Wehren und Waffen geschmiedet und ansehn- licher Handel damit getrieben. Conrad Celtes , welcher sich in den Jahren 1488 bis 1492 in Nürnberg aufhielt, schreibt Conradus Celtes , De origin. civit. Norimb. Cap. II. : Norici quondam ad amnis (Pegensi) ripas, liquatorias et ferrarias elaborandi molliendique ferri officinas etc. exstruxent, rotasque impetu et rapiditate amnis circumactas machinasque ad varios usus et artes inventas fabricavere. Demnach scheint in dieser Zeit an der Pegnitz eine Eisenschmelze bestanden zu haben. In Frankreich verbesserte der Feldzeugmeister d’Estrées unter Heinrich II. die Geschützgiessereien. Auch Karl IX. that viel für das Artilleriewesen. In allen grösseren Städten Deutschlands gab es Zeughäuser , in denen die Geschütze und Gewehre, mit welchen die Bürgerschaft im Kriegsfalle bewaffnet wurden, aufbewahrt waren. Wie reich das Nürnberger Zeughaus ausgerüstet war, haben wir bereits oben gesehen. Die älteren Kriegsschriftsteller machten bereits Angaben, was zur vollständigen Ausrüstung eines Heeres an Geschütz und Kriegs- gerät erforderlich ist. So Leonhard Ecker im Jahre 1504 in seinem für Herzog Albrecht in München angefertigten „Notaverzeichnis, was in einem kleinen Feldzuge zu Geschütz gehört“. Ebenso Jacob Preuss „vom Geschlecht, Namen und Zahl aller Büchsen in einer ganzen Arkeley eines Feldzugs oder Zeughaus gehörig. Von jeds Gewicht, Schwere, Steyn vnd Loth. Strassburg 1530.“ Fronsperger giebt 1557 im zweiten Teile seines Kriegsbuches, der „von Wagenburg und Feldläger, item von allerlei Geschütz und Feuer- werk“ handelt, einen Ausrüstungsanschlag einer Armee von 20000 bis 30000 Mann. Auf diese sind zu rechnen: 18 Mauerbrecher als Belage- rungsgeschütz und 37 Feldstücke, nämlich 5 Drachen, so 15 Pfund Eisen schiessen, 6 Schlangen oder 8-Pfünder, 10 Falken oder 4-Pfünder, Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. 14 Falkonette, die 2 Pfund Blei schossen und 2 Haubitzen. Endlich 16 Mörser, 2 von 50 Pfund, 2 von 100 und 12 achtpfündige. In Ab- sicht der Munition werden auf jedes Geschütz täglich 36 Schüsse gerechnet, die Haubitzen ausgenommen, die nur 18 Schüsse erhalten, und ist der ganze Anschlag auf vier Tage gerechnet. Ferner giebt Fronsperger in seinem Kriegsbuche (S. 154) eine „Beschreibung von Zeughäusern“ und sagt darin: „An das Zeughaus soll das Giesshaus, darin die Stück und andere notturfft gossen, darin zween Windöfen gebaut, und vor den Windöfen Dammgruben, vnd im Giesshaus am Eck soll ein Borzeug, daran die Doppelhaken und andere kleine Stück gebort, auch ein Borzeug in dem Giesshaus in der Mitt’ über sie durch den Boden verfasst, daran die grossen Haupt- stück innen ausgebort. Es soll auch am Eck des Giesshauses die Schlosserei mit 2 Essz gebawt, eine Werkbank mit 6 Schraub- stöcken, einige Bank vnd Amboss sampt von den zugehören … Die Schmitten soll an daz Thor mit 3 Essen und Feuern, sampt ein Ge- wölb, darin Eysen und Blech und was zu einer Schmitten gehörig behalten … Das Zeug- und Giesshaus sei 150 mal 50 Werkschuh, davon das Giesshaus 70, also 70 × 50.“ Die technischen Fortschritte des Geschützwesens im 16. Jahr- hundert lagen in erster Linie im Material und in der Bearbeitung der Stücke, sodann in der Benutzung eiserner Kugeln an Stelle der Steinkugeln und im besseren Guss derselben. Ein weiterer Fortschritt, der hiermit eng zusammenhing, bestand in der Verminderung des Kugelgewichtes, bei grösserer Schussweite und Treffsicherheit der Geschütze. Dies wurde durch das bessere Material und die sorgfältigere Herstellung erreicht. Das Kugelgewicht des schweren Geschützes betrug unter Ludwig XI. 500 Pfd., unter Lud- wig XII. und Franz I. 50 Pfd. und sank unter Heinrich II. auf 36 Pfd. Im gleichen Verhältnis nahm das Gewicht der Geschütze ab und ihre Beweglichkeit zu. Die Tragweite und Trefffähigkeit wurde erhöht durch gute Bohrung und besseres Pulver. Doch suchte man dieselbe noch weiter zu steigern durch Verlängerung des Rohres. Man war in der ganzen ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der An- sicht, je länger das Rohr, je grösser die Tragweite des Schusses. Dadurch verfiel man auf ganz unverhältnismässige lange Geschütz- rohre, obgleich deren Herstellung sowohl im Giessen als im Bohren weit grössere Schwierigkeiten machte. Diese Art Geschütze hiessen „Schlangen“. Beck , Geschichte des Eisens. 22 Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. Die grosse Schlange, welche zu Ehrenbreitenstein stand, hatte die respektable Länge von 5,69 m. Ihre Inschrift lautet: Wenn man mir giebt Ladung satt, Schiesse ich bis Andermatt. Andernach liegt aber wohl drei Stunden von der alten Feste Ehrenbeitenstein entfernt. Karl III. von Lothringen liess 1598 zu Nancy eine solche von 21 Fuss 11½ Zoll giessen, die nur eine Kugel von 18 Pfd. schoss, also ungefähr 53 Kaliber hatte. In Neapel stand eine zu Genua ge- gossene Schlange, die 27 Fuss lang war und 48 Pfd. schoss, also 47 Kaliber lang war. Auch die aus Eisen geschmiedeten Geschütz- rohre Julius II. von Braunschweig waren unverhältnismässig lang. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gelangte man aber zu der Überzeugung, dass die Schussweite nicht im Verhältnis zur Länge zunehme, deshalb wurde die obengenannte Riesenschlange von Neapel auf Luys Callados Rat erst auf acht, dann auf sieben Kaliber ab- geschnitten und schoss danach bei höchster Elevation 1500 Schritt weiter als zuvor. Weit früher schon hatte Rivius in seiner Bau- kunst, welche 1547 zum ersten Male in Nürnberg gedruckt wurde, darauf hingewiesen, dass die übermässige Länge des Rohres die Schussweite der Kanonen verkleinere. Ebenso hatte Graf v. Lynar bereits 1572 durch Versuche nachgewiesen, dass ein 12 Fuss langes Geschütz dieselbe Schussweite hatte, wie ein 13 bis 17 Fuss langes von gleichem Kaliber. Infolge dieser Erfahrungen kehrte man zu richtigeren Proportionen zurück. Eine für die Artillerie höchst wichtige Erfindung der Eisengiess- kunst im 16. Jahrhundert war die Herstellung von Hohlgeschossen, von Bomben und Granaten. Sie dienten als Brand- und als Spreng- geschosse. Schon im Altertume kannte man Brandgeschosse. Es waren dies irdene Gefässe, die mit brennenden Stoffen gefüllt waren. Diese „Feuertöpfe“ wurden aus Ballisten geworfen. Nach Erfindung der Pulvergeschütze erfand man Kugelgeschosse, die aus zwei Halb- kugeln aus Bronze oder Messing hergestellt und im Inneren mit Brandzeug gefüllt waren. Dieses wurde durch ein Zündrohr (bomba) in Brand gesetzt, während die Kugel selbst aus Mörsern geworfen wurde. An Stelle dieser traten dann im 16. Jahrhundert hohl gegossene Eisenkugeln, die, wenn sie als Brandkugeln dienen sollten, eine oder mehrere Öffnungen erhielten, aus welchen der Brandsatz herausbrannte. Wurden sie aber statt mit brennbarem Zeuge mit Pulver gefüllt, so flogen sie, nachdem dieses entzündet war, in Stücke Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. und richteten dadurch grosse Verheerung an. Diese Sprenggeschosse, die jetzt fast ausschliesslich angewendet werden, erhielten erst eine Bedeutung, nachdem man den Guss eiserner Hohlkugeln erfunden hatte. Diese wichtige Erfindung verdient deshalb eine kurze Be- trachtung. Wann und wo sie gemacht wurde, lässt sich mit Be- stimmtheit nicht angeben; doch fällt sie in die Mitte des 16. Jahr- hunderts. Weder Biringuccio (1540) noch Tartaglia erwähnen die Hohlkugeln, während Fronsperger (1573) in seinem Kriegs- buche von denselben als eine bekannte Sache handelt. Es ist des- halb ein Irrtum, wenn Strada angiebt, sie seien von einem Bürger von Venlo erfunden und zuerst im Jahre 1588 vom Grafen Mans- feld gegen die Stadt Wachtendonk gebraucht worden. Die hohlen kupfernen Kugeln, welche die Türken im Jahre 1522 bei der Be- lagerung von Rhodus auf die Stadt warfen, waren Brandkugeln und jedenfalls aus Schalen zusammengesetzt. Dagegen wurde, sicherer Nachricht zufolge, Karl von Rochefaucault bei der Belagerung von Rouen im Jahre 1562 durch eine zerspringende Granate erschlagen. Im Felde wurden die Sprenggeschosse noch nicht verwendet, sondern nur beim Festungskriege, hierbei aber ebensowohl zum Angriff wie zur Verteidigung. Man schoss sie anfänglich nur aus Mörsern, erreichte aber damit nur geringe Schussweite. Versuche, Granaten aus Kanonen zu schiessen, misslangen. Dagegen erfand man ein kurzes, weites Geschütz, die Haubitze, mit der man die Sprengkugeln in flacher Bahn auf grosse Entfernungen schleuderte. Indes war diese Neuerung im niederländischen Kriege noch nicht zur allgemeinen Durchführung gekommen, denn bei der Be- lagerung von Nymwegen warf Martin Schenk aus Mörsern viele Brandkugeln auf die Stadt, konnte aber damit nicht über den Fluss schiessen. Dagegen war der Kriegsschriftsteller Fronsperger 1557 ganz vertraut mit den Hohlkugeln, sowohl Brandkugeln als Bomben. Er bezeichnet die letzteren mit dem Namen der „sprengenden Kugeln“. Er unterscheidet Brand- und Sprengkugeln und schreibt darüber Kriegsbuch. Buch VIII, S. 185. : „Hiernach folget, wie man die Eysernen Kugeln, so mit dem ob- gesetzten Gezeug eynzufüllen, gemacht werden sollen. — Zu den ersten nimb ein Eysen holgegossen Kugel, die oben ungefehrlich eines Daumens gross ein Loch hat.“ Diese soll man mit dem „Gezeug“, d. h. dem Brandsatz, füllen, das Loch alsdann bis zum Gebrauche mit Wachs verkleben. Zum Gebrauche wird dann das 22* Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. Wachs entfernt und die Kugel, einer andern Kugel gleich, in den „Böler“ geladen. — „Oder man nehme die obengemeldete hohl ge- gossene Kugel und fülle dieselbe mit gutem Pulver. Wenn das Pulver darin angeht, so knallt es hart, verspringt und giebt viele Scherben, Fig. 92. die dann ohne Scha- den nicht vergehen.“ Weiter schreibt Fronsperger S. 187 von den „Kugeln, die zu dem Versprengen der Wälle, Pulver- türme und anderer Bollwerke geschossen und geworfen werden“. Davon giebt es zwei Arten: „Die erste ist eine mit Pulver ge- füllte Hohlkugel mit einem eisernen Zünd- rohr, das in eine runde Öffnung passt. Sie ist aus einer Stückbüchse zu schiessen. Das Zünd- rohr wird durch das Pulver der Ladung entzündet. Schiesse alsdann in einen Wall oder Turm, so brennt das Gezeug in dem Rohre bis auf das Pulver und wenn das- Fig. 93. selbe angeht, so verspringt die Kugel und zerreisst, was sie trifft, ist aber gar sorglich mit umbzugehen.“ Die andere Art dient als Brand- kugel und besteht aus zwei hohlen Halbkugeln. Darin wird eine mit Pulver gefüllte Hohlkugel eingelegt, die Zwischenräume mit Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. „Gezeug“ gefüllt und die Halbkugeln durch ein Band zusammen- geschlossen. Die Herstellung dieser Hohlkugeln ist ein glänzender Beweis für die Leistungsfähigkeit der Eisengiesskunst des 16. Jahrhunderts. Die Aufgabe war, einen bis auf eine kleine Öffnung rings geschlossenen hohlen Körper zu giessen. Dies wurde durch einen hängenden Lehm- kern, welcher über eine eiserne Spindel angefertigt war, erreicht (Fig. 92 Siehe Karsten , Handbuch der Eisenhüttenkunde 1841, Bd. III, S. 453. . Die Spindel hatte der Länge nach eine Rinne, die so- genannte Luftfuge, zur Abführung der Luft aus dem Inneren des Kerns. In dieselbe wurde ein Draht eingelegt. Die auf der Lehm- drehbank aufgespannte Spindel umwickelte man an der Stelle, wo der Lehmkern angesetzt werden sollte, mit einem Strohseil, und bildete damit den inneren Körper des Kerns (Fig. 92 a), diesen über- strich man mit Lehm und liess ihn trocknen. Alsdann überzog man ihn zum zweiten Male mit Lehm und drehte ihn mit Hilfe einer Schablone auf der Drehbank glatt und genau nach der Gestalt, die er erhalten sollte (Fig. 92 b, c). Nun nahm man die Spindel mit dem kugelförmigen Kern ab, verschmierte die von der Schraubenspitze am Boden zurückgebliebene Öffnung, zog den Luftdraht heraus und trocknete ihn. Nachdem man die hierbei entstandenen Risse mit feinem Schlichtlehm verstrichen hatte, brannte man den Kern. Dies Fig. 94. geschah auf einer mit Löchern versehenen eisernen Platte, in welche man mehrere Kerne zugleich einsteckte (Fig. 93, a. v. S.), dieselben mit Holzkohlen überschüttete und das Brennen so lange fortsetzte, bis das Stroh im Inneren ausgebrannt war. Hierauf wurden die Kerne geschwärzt. Die Modelle, mittels welcher die äussere Form der Bomben hergestellt wurde, bestanden aus zwei sauber gearbeiteten Halbkugeln aus Messing, welche im Inneren Griffe zum Heraus- nehmen hatten (Fig. 94). Die obere Schale enthielt die Kernmarken. Bei schweren Kugeln wurden geschmiedete Henkel mit eingegossen. Beim Einformen bediente man sich eines Rah- mens oder Formkastens (Fig. 95 a, b, c, a. f. S.). Durch diesen gingen die Spindeln der Lehmkerne, welche in dem mittels der Modelle her- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. gestellten Hohlraume durch einen Stift schwebend gehalten wurden. Der Einguss war im Oberkasten und stand durch eine Rinne mit der Form in Verbindung. Die Gase, welche sich beim Giessen aus dem Kerne entwickelten, entwichen durch die Rinne der Spindel und wurden beim Eingiessen mit einem brennenden Spane entzündet. Fig. 95 a. Fig. 95 b. Fig. 95 c. Das Formen der Hohlkugeln erforderte die grösste Genauigkeit. Das Giessen eiserner Geschütze über einen Lehmkern, das Formen und Giessen von Hohlgeschossen gehören schon zu den schwierig- sten Aufgaben der Giesskunst, aber das 16. Jahrhundert hatte dieselben bereits gelöst. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Nicht minder grossartig erscheinen uns die Leistungen der Schmiedekunst jener Zeit, wenigstens auf gewissen Gebieten, und es ist dies um so erstaunlicher, wenn man die Mangelhaftigkeit der Werkzeuge ins Auge fasst. Die Handschmiederei war es, welche die vollendetsten Werke hervorbrachte. Die herrlichen Arbeiten, welche namentlich die Plattner im 16. Jahrhundert schufen, stehen uner- reicht da. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Über die Verarbeitung des Eisens und des Stahls existieren nur wenige genauere Nachrichten aus jener Zeit, wir sind auf die er- haltenen Arbeiten selbst angewiesen, wenn wir uns ein Bild des Ge- werbes jener Zeit machen wollen. Wichtige Mitteilungen finden sich nur in Biringuccios Pyrotechnia. Darin handelt das sechste Kapitel des neunten Buches „ von der Kunst des Eisenschmieds “: „Sehr mühsam und viel mühsamer als die vorbeschriebene (Kunst des Kupferschmiedes) ist die Arbeit des Eisenschmiedes, weil er fort- während grosse Gewichte zu handhaben hat und vor dem Feuer der Esse steht, da er nicht anders das harte Eisen erweichen kann, als durch starkes Erhitzen desselben. Hier hantiert er mit grossen und starken Zangen, das Eisen inmitten des Feuers haltend, oder es herausziehend, um es zu betrachten, oder er streut Sand darüber oder Tuff oder andere Erde. Bald legt er frische Kohlen auf, bald bespritzt er das Feuer oder schiebt es zusammen oder reinigt es und endlich schlagen sie mit mächtigen Keulen und schweren Hämmern das erhitzte Eisen und strecken es aus, so, wie man es sieht nach Vollendung der Arbeit, die sie in den Händen haben. Und also haben diese unglücklichen Arbeiter (wie man leicht begreift) niemals Ruhe, bis sie am Abend des mühsamen, langen Tagewerks, welches für sie schon mit dem ersten Hahnenschrei beginnt, ganz ermattet und manchmal ohne sich um das Essen zu bekümmern, sich schlafen legen. Will man ihre Thätigkeit betrachten und die verschiedenen Teile dieses Handwerks, so scheint es mir, dass es in viele Arten zer- fällt. Der eine ist nur Meister für grobe Eisenteile, wie Anker, Ambosse, Ketten für Mauern oder Geräte für die Artillerie, der andere für Pflugscharen, Spaten, Hacken und ähnliche Eisenwaren zum Be- arbeiten der Erde oder für landwirtschaftliche Schneidewerkzeuge; andere wieder für leichtere Eisenwaren, als Messer, Dolche, Schwerter und andere Waffen zur Verteidigung mit Spitzen oder Schneiden … Aber alle (diese Künste) bestehen im guten Erhitzen des Eisens oder des Stahls, den man bearbeiten will, und in einer gewissen Geduld, die Sache gut auszuarbeiten und sie mit dem Hammer und der Feile oder dem Schleifrade zur Vollendung zu bringen; vor allem, damit sie nicht blätterig werden. Und wenn die Arbeit aus Eisen und Stahl zusammen bestehen soll, muss man dafür sorgen, dass sie gut miteinander vereinigt werden, und wenn sie gehärtet werden muss, dass sie vernünftig gehärtet werde. Aber viele irren sich darin, so dass diejenigen, welche die genannten Fertigkeiten haben, sich gute Meister nennen können, in anbetracht dessen, dass viele, indem sie Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. glauben, das Eisen zu erwärmen, es verbrennen und viele sich fürchten, es zum richtigen Grade der Erhitzung zu bringen (so dass sie es hart bearbeiten), so dass es sich abschuppt und splittert, ohne zu- sammenzuschweissen. Einige bearbeiten das Eisen sehr gut und den Stahl schlecht; andere sehr gut den Stahl und das Eisen schlecht (was dem, der es hört, unglaublich scheint). Und indem ich schliess- lich diese Künste betrachte, scheint es mir, dass das Ganze in einer guten Praxis besteht, in anbetracht, dass diese Arbeiter Leute ohne Bildung sind, meist Bauern und roh, die, wenn sie eine Sache machen können, doch von der andern nichts verstehen. Indes können sie doch das, was sie gelernt haben, bis zu einem gewissen Grade machen, und sicherlich befriedigt diese Kunst viele Bedürfnisse … Sie hat auch ihre Geheimnisse, wie das Löten in der Hitze, was mit Kupfer geschieht. Dabei muss man Sand oder Tuff oder andere schmelzbare Erde anwenden, welche beim Erhitzen das Feuer abhält, so dass sie die Kraft der Hitze mässigt. So wendet man auch verschiedene Härtewasser oder Kräutersäfte oder Öle (so wie man sie auch bei den Feilen anzuwenden pflegt mit gewöhnlichem Wasser) an. Man muss jedoch gut acht geben auf die Farben , welche (beim Erkalten) sich zeigen und dann muss man auch je nach der Arbeit und der Feinheit des Stahls sie beim Abkühlen richtig anzufassen wissen. Aber die erste Farbe, welche sich zeigt, wenn Ihr erhitzt ablöscht, ist weiss, man nennt es Silberweiss. Die zweite ist gelb, d. h. gold- gelb, und die dritte azur- oder pfauenblau, wird von ihnen violett genannt, die vierte ist aschfarbig. Am Ende von welchen Farben (je nachdem Ihr mehr oder weniger hart härten wollt) Ihr ablöscht; wenn Ihr es aber ganz hart machen wollt, erhitzt Ihr das Eisen sehr stark und dann löscht Ihr es in der Härteflüssigkeit, die Ihr präpariert habt, oder in klarem, kaltem Wasser ab, indem Ihr es plötzlich untertaucht. Man muss auch wissen die Stelle, die man härten will, zu bestreichen und vorzubereiten, d. h. mit Seife be- streichen oder mit der Spitze eines Widderhorns, während das Eisen heiss ist, damit es besser sichtbar wird, wenn der Moment seiner Färbung eintritt. Ebenso muss man das Härtemittel der Feilen kennen, welches aus dem Russ von Hörnerspitzen oder Klauen von Ochsen, gestossenem Glas und gewöhnlichem Salz gemacht wird, indem man alles mit Essig anmacht. Damit beschmiert man dann die Feile und indem man hier gut erhitzt, taucht man sie dann plötz- lich in Essig oder in Urin oder in kaltes Wasser. Auch muss man verstehen, einen Bruch in einer Säge zu löten oder einen solchen in Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. einer Sichel oder in einem Schwert, indem man ein wenig gering- haltiges Silber und Borax oder zerstossenes Glas nimmt. Die Stelle des Bruches erhitzt man mit einer glühenden Zange, indem man sie so fest schliesst, dass die Lötung erfolgt, und so lässt man sie auch sich abkühlen. — Ferner muss man wissen, das Eisen zu bearbeiten (treiben), wenn es Spuren von andern Metallen enthält (so dass es sich weder heiss noch kalt mit dem Hammer bearbeiten lässt), indem man es erhitzt und dann darüber streut: Asche von Traubenschalen oder von Schneckenhäusern oder Pulver von gebranntem Kalk. Ebenso ist es ein Geheimnis, es weich zu machen, indem man es mit Bittermandelöl bestreicht und es dann mit Wachs gemischt mit assa foetida und etwas Kalisalz bestreicht und darüber bekleidet man es mit Lehm gemischt mit Pferdeäpfel und gestossenem Glas. Alsdann wird es in ein gut brennendes Kohlenfeuer gesetzt, während einer Nacht oder bis das Feuer verlöscht und dann nehme man es heraus und man wird es weich und dehnbar finden. — Nicht weniger wichtig ist das Härten durch Ablöschen in Rettigsaft oder in dem Tau, der sich unter den Blättern der Erbsen findet. — Man muss es auch mit Kalk zu reiben wissen, um ihm Glanz zu geben und es schön zu machen, ausser dem Wegnehmen mit dem Schleifrade ( Polieren ). Man muss es auch in Rost auflösen ( Ätzen ) können mit einer Beize aus Salmiak, Sublimat, Grünspan und ein wenig Galle mit Essig, damit das, was Ihr mit dem Stifte vorgezeichnet habt (indem Ihr ihm einen Überzug von Firnis oder Wachs gebt, der es schützt, so weit Ihr nicht wollt, dass es vom Wasser weggenommen werde), bleibe. Wenn das Eisen mit diesen Dingen bestrichen wird und fünf bis sechs Stunden so bleibt, so sind dann alle Zeichnungen, die Ihr darauf gemacht habt, eingegraben. — Man muss auch die guten Eigenschaften eines andern Wassers zu benutzen wissen, welches aus grünem, weinsteinsaurem Kupfer (verde ram tartaro) und gewöhn- lichem Salz gemacht wird, worin Ihr das, was Ihr vergolden wollt, badet, es abtrocknet, erwärmt und nochmals badet, so dass es geneigt wird, Quecksilber anzunehmen. Wird dies dann mit Goldamalgam eingerieben oder solches mit einem Lappen aufgetragen, so bleibt es vergoldet. Man muss auch auf andere Weise zu vergolden verstehen, durch Plattieren , indem man das Eisen, welches man vergolden will, zuerst mit einem vierkantigen, gehärteten, schneidenden Stahl glättet, dann fasst man es mit Zangen, welche Spitzen haben (um es nicht zu berühren und mit der Hand fettig zu machen) und schneidet es ganz fein überall wie eine Feile ein und auch quer über Kreuz. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Dann erhitzt man es, bis man sieht, dass es rot werden will (indem man es zeitweilig herausnimmt und von Asche reinigt) und legt dann eine etwas starke Silberplatte darüber, welche mit einem Polierstahl von hartem Blutstein (Lapis ematis) oder gehärtetem Stahl andrückt und darauf trägt man etwas Quecksilber, welches man mit einer Platte Silbergold bedeckt (und darüber noch zwei oder drei, oder so viel man will, um besser zu vergolden) und auf dieses Gold kann man mit einem kleinen Meissel (einer Stanze) Blätterwerk und Ara- besken aufschlagen, wie es einem gefällt, aber man muss an einigen Stellen unter den Erhöhungen oder Profilen das Gold oder Silber mit einem Schabeisen geschickt wegkratzen, damit es schöner und reicher aussieht, denn es zeigt dann Gold und Silber zugleich. Man profiliert dann mit einem Pinsel mit Bernsteinfirnis, trocknet ihn bei Ofenwärme und brennt ihn, wodurch die Profile schwarz und glänzend werden. Dies ist ein sehr grosses Geheimnis, so dass es mir noch nicht ganz bekannt ist, obgleich ich viele Mühe daran ge- wendet habe. — Dies ist die Art, wie man jene feinen vergoldeten Arbeiten macht, bei denen Bäume und tierische Figuren aufs Feinste auf Dolche und andern Waffen angebracht sind und welche man Tanza-Arbeiten nennt. Und so macht man auch die Verzierungen in Damaskus, dass man in die Gefässe kleine Stückchen Gold ein- legt, wie man sieht; aber mir scheint, dass sie nicht zeigen, wie; man sieht nur, dass sie viel Mühe und Zeit dazu nötig haben müssen. Kurz, wenn ich die ganze Praxis des Eisenschmiedes zusammenfasse, so scheint es mir, als ob sie ohne Vergleich die meisten Geheimnisse hätte und vielleicht sinnreicher als die andern Metall-Handwerke; so dass, wenn es nicht eine so mühsame Arbeit wäre ohne jede Zart- heit, man sagen könnte, es sei die rühmenswerteste Beschäftigung. Denn wenn ich erwäge, dass die Meister dieser Kunst ihre Arbeit ohne Form oder Zeichnung oder Stempel machen und dass ihnen das Sehen mit den Augen und ihre Urteilskraft genügt und dass sie sie nur durch Schlagen richtig und wohlgefällig machen, so scheint mir dies etwas Grosses zu sein. Was sollen wir aber erst von denen sagen, welche die Wurfmaschinen machen, die der Kraft widerstehen müssen, die man ihnen giebt und deren Hörner sich so biegen müssen, dass sie gleich sind, so dass es solchen Meistern nicht allein obliegt, sie richtig zu konstruieren, sondern sie auch richtig zu härten. Erwägt man überdies, an wie viele Arbeiten der Eisenschmied Hand anlegen muss, so scheint es mir schliesslich, dass in dieser Kunst ein grosses Wissen enthalten ist. Denn jedwede Kunst (ausser den Wissen- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. schaften und der Malerei) hat diese nötig als ihr wichtigstes Glied und deshalb würde ich sagen (wenn es nicht wegen des Adels des Materials wäre), dass nach meinem Dafürhalten diese Kunst vor der des Goldschmieds den Vorrang verdiene.“ Dieses hohe Lob, welches Biringuccio der Kunst des Eisen- schmiedes spendet, ist nicht übertrieben im Hinblick auf die herr- lichen Kunstwerke, welche die Schmiede des 16. Jahrhunderts hervor- gebracht haben. Das höchste Lob gebührt vor allem den Waffen- schmieden , ganz besonders den Plattnern und den Klingenschmieden. War schon im frühen Mittelalter die Kunst des Waffenschmiedes in Deutschland so hoch geehrt, dass sein Totschlag ebenso geahndet wurde, wie der eines Adligen, so wurden seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, insbesondere seit Kaiser Maximilian, die Panzer- schmiede Gefährten der Fürsten und Genossen der Künstler. Die Treibarbeiten des 16. Jahrhunderts, die besonders bei den Schutz- waffen, den Eisenrüstungen der Vornehmen, in Anwendung kamen, sind aber auch Kunstleistungen ersten Ranges, unübertroffen, un- erreicht, ja trotz aller Fortschritte unserer Hilfsmittel für unsere gegenwärtige Technik unerreichbar; denn gerade unsere modernen mechanischen Hilfsmittel haben aus dem freien Künstler einen Schablonenarbeiter gemacht. Was von der Treibarbeit gilt, gilt nicht minder von der Kunst des Eisenschneidens (Glyptik) , die im 16. Jahrhundert hoch angesehen war, jetzt aber fast gänzlich verschwunden ist. Für diese Arbeiten lieferten aber auch die genialsten Künstler jenes an künstlerischen Genies so reichen Jahrhunderts die Entwürfe, wie Wohlgemuth, Albrecht Dürer, Michel Angelo, Filippo Nigrolo, Schwarz, van Achen, Brockberger, Johann Milich und andere, ja sie führten sie oft mit eigenen Händen aus, wie Nigrolo und Giovanni Battista Ghisi . Es ist ein Genuss, der sich zur Begeisterung steigert, wenn man die in Eisen getriebenen und geschnittenen Werke jener Zeit, an denen der mächtige Karl V. seine höchste Freude hatte, und von denen wohl die schönsten sich in der Armoria Real zu Madrid jetzt befinden, näher betrachtet und wer nicht Gelegenheit hat, diese in Natur zu bewundern, wird durch das herrliche Tafelwerk von Jubinal „La Armoria Real de Madrid“ mit den vorzüglichen Zeichnungen von Sensi sich auf jeder grösseren Bibliothek diesen Genuss verschaffen können. Karl V., dem die Welt zu Gebote stand, hatte an keiner Art von Kunstleistung eine höhere Freude, als an diesen wunderbaren Werken der Waffenschmiedekunst, Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. und als er lebenssatt der Herrschaft entsagte und sich in das Kloster San Yuste zurückzog, nahm er seine herrlichen Prunkrüstungen mit und ergötzte sich noch an ihrem Anblicke. 14 vollständige Rüstungen kunstvollster Arbeit und viele auserlesene Waffenstücke fand man nach seinem Tode bei ihm im Kloster. Sein Sohn Philipp II. liess sie nach Madrid überführen, und sie wurden der Grundstock der be- rühmten Waffensammlung der Armoria Real. Nicht minder prächtig und kunstvoll sind aber die Rüstungen, welche sich in den Waffensammlungen zu Dresden und im kaiser- lichen Zeughause — jetzt Waffensammlung des österreichischen Kaiserhauses — zu Wien befinden. Diese sind fast alle deutsche Arbeit, wie auch viele der Waffenstücke der Madrider Sammlung deutschen Ursprungs sind. Am meisten blühte die Plattnerkunst in Augsburg und Innsbruck. Die deutschen Künstler des 16. Jahrhunderts überflügelten ihre Lehrmeister in Italien, wo die Waffenschmiedekunst seit dem Mittel- alter ihren Hauptsitz aufgeschlagen hatte. Brescia war der alte Hochsitz der Waffenschmiede und sandte seine kriegerischen Erzeug- nisse nach allen Ländern Europas aus. Schon im 13. Jahrhundert erhielt es deshalb den Beinamen l’armata. Mit ihm wetteiferten Belluno und das von Garzoni vielgenannte Seravalle im Friaulischen, von wo Kaiser Friedrich III. und Maximilian I. einen grossen Teil der Waffen für ihre Söldnerheere bezogen. Wohl lieferten diese Städte hervorragende Meisterarbeiten, wie denn Caino , der Klingen- schmied, und Vittore Camelio , dem man die Erfindung des leichten Stahls, d. h. besonders leichter Stahlwaffen, zuschreibt, Brescianer waren: im allgemeinen aber zeichneten sie sich mehr durch Massen- produktion aus, während die kunstvollen Prunkwaffen in den grossen Residenzen Italiens hergestellt wurden. Da ist es denn zuerst und vor allem Mailand , dessen Waffen durch ganz Europa berühmt waren. Hier war im 16. Jahrhundert die grösste Erzeugung, und hier sassen die berühmtesten Künstler. Zumeist erwarb sich die Familie Nigroli hohen Ruhm. Sie hat am meisten zu dem ausserordentlichen Auf- schwunge der mailändischen Waffenindustrie beigetragen. Zuerst war es Petrolo da Missaglia aus der Familie Nigroli , welcher im Anfange des 15. Jahrhunderts als ein Meister der Waffenschmiede- kunst hervorragt. Ihm folgte sein Sohn Tomaso , dessen Platten- harnische weltberühmt wurden. In Mailand sind die geschlossenen Plattenrüstungen entstanden und die Nigrolis haben ein Hauptver- dienst daran. Als Tomaso um 1468 starb, hinterliess er seinem Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Sohne Antonio eine der grossartigsten Werkstätten der Welt, eine Faktorei von riesiger Leistungsfähigkeit Siehe Wendelin Boeheim , Das Waffenwesen in seiner historischen Entwickelung. Leipzig 1890, S. 604. . Die Stadt Mailand liess dem venetianischen Gesandten Giorgio Contarini , der auf seiner Reise nach Deutschland 1492 diese Stadt berührte, auch die Werk- stätte der Missaglia als eine hervorragende Sehenswürdigkeit zeigen, und Contarini erschöpfte sich in Ausdrücken der Bewunderung über deren Grösse und Leistungsfähigkeit Itinerario di Germania. Mscrpt. Biblio- theca Trivulziana. . Mailand wurde der Sammelplatz hervorragender Waffenkünstler, unter denen wir hier ausser den Nigrolis nur Pietro Cantoni , der um 1500 für Kaiser Maximilian I. arbeitete, sodann den be- rühmten Tausiator Giovanni Pietro Figino , den man zuweilen sogar den Erfinder der Tauschirkunst genannt hat, ferner den aus- gezeichneten Treibarbeiter und Goldschmied Bartolomeo Campi nennen, der zugleich Kriegsingenieur war und als solcher der Republik Venedig, dem Herzog von Urbino, Heinrich II. von Frankreich und zu- letzt Philipp II. von Spanien diente, in dessen Dienst er 1573 bei der Belagerung von Harlem starb. Von ihm befindet sich ein prachtvoller getriebener Schild, gefertigt für Kaiser Karl V. um 1550, in der Sammlung zu Madrid. Für denselben Kaiser und für Alessandro Farnese arbeitete (1550 bis 1570) Lucio Piccinino , hervorragend als Waffenschmied, Treibarbeiter und Tausiator; dasselbe gilt von Giovanni Serabaglia aus der Familie der Busti , der um 1560 für Erzherzog Ferdinand von Tirol arbeitete. Im Zeichnen und Entwerfen von Prunkwaffen zeichneten sich Caradosso, Agostino Busti und der oben schon erwähnte Ghisi , genannt Mantuano , sowie auch Bertano aus. In Florenz machte sich der Einfluss der grossen italienischen Ornamentisten des Cinquecento besonders geltend. Vermittelt wurden die phantasievollen Arabesken und Grotesken, welche den Kunst- arbeitern als Vorbilder dienten, durch zahlreiche Stiche im Verlage von zumeist römischen Kunsthändlern, so des Lafreri , des Rossi (Rubeis) u. a. Durch diese Blätter gelangte auch der italienische Ornamentenstil nach Deutschland und den Niederlanden, in welchen beiden Ländern alsbald massenhaft ähnliche Stiche erschienen, in denen die erhaltenen Vorbilder dem nationalen Geschmacke ent- sprechend variiert sind, so dass wir von da an von niederländischem und deutschem Ornamentenstil sprechen können. Hervorragende Meister Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. als Treibarbeiter und Tausiatoren waren zu Florenz im 16. Jahr- hundert die Gebrüder Lani, Pifanio Piripe , genannt Tacito und Repa . Auch in andern Städten Italiens wirkten noch bedeutende Meister in dieser Periode, doch müssen wir uns begnügen, deren Namen in einer Zusammenstellung später mitzuteilen. Die Blüte der deutschen Waffenschmiedekunst fällt etwas später als die der italienischen, obgleich berühmte deutsche Meister aus dem frühen Mittelalter bekannt sind. Die Waffenschmiedekunst wurde gefördert von den grossen gewerbreichen freien Städten und von einzelnen Fürsten. Unter letzteren zeichneten sich im 15. Jahrhundert die Grafen von Tirol, Friedrich mit der leeren Tasche und Sigismund, der Gründer der berühmten Stückgiesserschule, aus. Das grösste Verdienst um die Waffenschmiedekunst erwarb sich Kaiser Maximilian . Er kannte die Plattnerarbeit auf das genaueste und war darin selbst thätig, wie im „Weiss-Kunig“ be- richtet wird Der Weiss-Kunig . — Eine Erzählung von den Thaten Kaiser Maximilian des Ersten von Max Treitzsauerwein , auf dessen Angaben zusammengetragen, nebst den von Hansen Burgmair dazu verfertigten Holzschnitten … Manu- script der K. K. Hofbibliothek zu Wien, S. 97, Tab. 42. . „48. Wie der junge Weiss-Kunig gar künstlich war in der Platnerey und Harnaschmaysterey“. Darin wird hervorgehoben, dass das theoretische Wissen nicht ausreiche und dass einer nur gute Waffen mache, der auch mit den Waffen zu fechten verstehe, wie der junge Weiss-Kunig, der darin seinen eignen Wappenmeister übertroffen. Derselbe gab selbst Verbesserungen an, besonders die, dass er das Anschrauben des Hauptharnischs selbst verrichten konnte, und dazu keinen Wappenmeister brauchte. „Auss dem mag ein Jeder verstehn, das dis kunig gewest ist, ein Lerer unnd Offenbarer andern kunigen in der harnischmeisterey und wappenmeisterey.“ In Innsbruck hat er eine grosse Plattnerei aufgerichtet. Mehrere aus dem Geschlechte (des Verfassers) Treizsaurbeyn haben die Harnische so hart gemacht, dass man mit keiner Armbrust durchschiessen konnte. Diese Kunst ging mit ihrem Ableben verloren. Aber ein Knecht dieser zu Muleyn, Caspar Riederer , hatte diese Kunst erlernt und sie dem jungen Weiss-Kunig gelehrt. Dieser hat sie seinem Hofplattner Conrat Seisenhofer gelehrt. Der Weiss-Kunig hat vielen mächtigen Fürsten „kiriss“ machen lassen und verehrt als willkommene Geschenke. In Hans Burgkmeyers Abbildung (Fig. 96) zu dem angeführten Kapitel „Der Weiss-Kunig“ sehen wir den Kaiser bei einem Harnisch- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. macher. Er giebt augenscheinlich dem Gesellen, der im Begriff ist, eine Haube auszutreiben, gute Lehre. Auf dem interessanten Bilde finden sich alle Werkzeuge und die verschiedenen Thätigkeiten des Plattners dargestellt. Die ersteren sind einfachster Art. Haupt- sächlich sind es verschieden gestaltete Ambosse und Hämmer, so- dann Feilen, Punzen, Meissel, Zangen, eine Stockschere. Das Treiben erfolgte kalt. Die Haube wurde, wie dies früher gebräuchlich war, Fig. 96. aus dem Ganzen getrieben und zwar nur mit dem Hammer, ebenso die Hohlkehlen („Pfeifen“, „Riffeln“) der sogenannten Mailänder Har- nische, die aber Maximilianische genannt werden müssen, denn der Kaiser selbst war es, der deren Einführung veranlasste, und diese Art von „Pfeifenrüstungen“ wurden weit mehr in Innsbruck als in Mai- land gefertigt. Überhaupt wurde Innsbruck durch des Kaisers Be- mühungen der wichtigste Platz für die Plattnerkunst während seiner Regierung. Zur Zeit, als die geschlossenen Plattenharnische in Auf- nahme kamen, arbeitete schon zu Innsbruck die Plattnerfamilie Treitz , deren Harnische weit berühmt waren. Ihre Werkstätte bildete eine Schule für Waffenschmiede, aus welcher unter andern auch Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Hans Seusenhofer , der Harnischmacher Maximilians I., hervorging. Um 1470 hatte Maximilian den berühmten Plattner Lorenz Plattner aus Augsburg, der, wie sein Name beweist, einer alten Familie dieses Berufes entstammte, in seine Dienste genommen und dieser legte die grosse Plattnerei in Innsbruck für den Kaiser an. Dort soll er die Kunst erfunden haben, 30 Vorderteile und 30 Rückenteile auf ein- mal auszuformen, wodurch er in einem Jahre eine grosse Anzahl Landsknechtsharnische machen konnte Weiss-Kunig, a. a. O. . So konnte rasch die erste stehende Söldnertruppe, welche Maximilian 1490 in seinem Feldzuge gegen Ungarn anwarb, ausgerüstet werden. — Für die besseren Rüstungen war damals und bis Ende des 15. Jahrhunderts der gotische Stil massgebend. Wir haben eine Rüstung dieser Art im ersten Bande bereits ausführlich beschrieben. Ein Harnisch derselben Gattung vom Jahre 1480, Nürnberger Arbeit, welcher dem Kaiser selbst gehörte, befindet sich in der kaiserlichen Waffensammlung zu Wien und ist von Quirin Leitner abgebildet Quirin Leitner , Die Waffensammlung des österreichischen Kaiserhauses im K. K. Artillerie-Arsenal-Museum in Wien, Tab. I. Von diesem Prachtwerke in Gross-Folio sind nur 250 Exemplare gedruckt. . Diese Rüstung ist schön und vollkommen in der Technik, spät gotisch in der Ornamentierung, ganz geschlossen, und an allen Beuge- stellen kunstvoll geschoben. Die geschobenen langen Schnabel- schuhe haben 210 mm lange Schnäbel. Das Gewicht des ganzen Harnischs, einschliesslich des 5 Pfund 28 Loth schweren Helmes (Schaller), beträgt 38 Pfund 28 Lot. Das Schwert hat eine 1090 mm lange Klinge mit einer 285 mm langen, geraden, vierseitigen und ver- goldeten Parierstange mit den Anfangsbuchstaben H. M. I. A. D. des Wahlspruchs „Halte Mass in allen Dingen“, als Mitglied des von Alphons V. gestifteten Ordens der Mässigkeit. Die Klinge ist an der Angel 41 mm breit, auf beiden Seiten bis an die Spitze laufendem Hohlschliffe, der auf der ganzen Länge mit geätzten Verzierungen bedeckt ist. Zwischen den Verzierungen auf der Vorderseite befindet sich das burgundische Kreuz und obiger Wahlspruch; auf der Rück- seite dasselbe Kreuz und eine unleserliche Inschrift. In derselben Sammlung befindet sich ein bei Leitner , Tafel IV abgebildeter Mai- länder oder Pfeifenharnisch (armure cannelée). Derselbe hat ein Gewicht von 41 Pfund 16 Lot. Der Zweck dieser Rüstung war, durch die Kehlung den verbesserten Angriffswaffen grösseren Wider- stand zu bieten. Mit der Verbesserung der Feuerwaffen konnte aber dieser Zweck nicht mehr erreicht werden und so kamen diese Art Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Rüstungen, welche durch die Treibarbeit kostspielig waren, um die Mitte des 16. Jahrhunderts wieder ab. In den Formen dieser Art der Rüstungen war schon mit der Gotik gebrochen. An die Stelle der langen, spitzen Schnabelschuhe trat das gerade Gegenteil der breiten, abgestutzten, sogenannten Entenschnäbel, und sodann die noch plumperen, den Holzschuhen ähnlichen „Bärenklauen“. Alle Formen, die vorher winkelig oder zugespitzt waren, wurden bogenförmig und abgerundet. Der geriefte Kürass ist stärker gewölbt wie früher, um Fig. 97 a. Fig. 97 b. ihn auch dadurch widerstandsfähiger zu machen. Die Maximilianische Rüstung bestand meistens aus blank poliertem Stahl, so dass sie hell in der Sonne erglänzte (harnais blanc). Fig. 97 a, b zeigt eine vollständige Maximilianische Rüstung von Vorder- und Rückseite Siehe Jähns , Handbuch einer Geschichte des Kriegswesens. Tabelle 75, Fig. 1 und 2. . Der Helm (armet) hat eine gekehlte Haube (tymbre) mit nur wenig vorspringendem Kamm (crête), einfaches be- wegliches Visier (vue) und das Kinnstück (ventail), welches mit einem Haken an dem Helme befestigt war, der geöffnet werden musste, um den Helm absetzen zu können. Mit dem Kinnstück ist hier das Kehlstück (gorgerin) in eins verbunden, während der Nackenschirm Beck , Geschichte des Eisens. 23 Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. aus drei geschobenen Schienen besteht. Ebenso war die Halsberge (hausse col), welche auf beiden Seiten geöffnet werden konnte, aus drei Schienen zusammengefügt. Nun folgt der eigentliche Harnisch (harnais), aus Brust- (plastron) und Rückenstück (dossière) bestehend, die im vorliegenden Falle aus je einer Platte ausgetrieben sind. Unter dem Harnisch trug der Ritter zu weiterem Schutze einen ge- steppten Wams (gambeson) und darüber ein Panzerhemd, welches die von dem Harnisch etwa nicht bedeckten Öffnungen schützte. An den Harnisch schloss sich der Schurz (braconnière), aus Schienen ge- schoben, welcher die Lendengegend deckte, an den Vorderschurz (pansière, braconnière) schlossen sich die ebenfalls geschobenen Schösse (Krebse, tasettes) an, die bis zu den Schenkeln reichten. Auf dem oberen Harnisch über den Schultern sassen die Achselstücke (spal- lières) mit hohem Rande zum Schutz gegen Lanzenstösse. An die Achselstücke schloss sich das Armzeug (brassards) mit den gewölbten und ebenfalls gekehlten Meuseln (cubitière) zum Schutze des Ell- bogens. An das Unterarmzeug waren die kunstvoll gefingerten Hand- schuhe (gantelets) angebracht. Auf der rechten Vorderseite war am Harnisch der Rüsthaken (arrêt) angebracht zum Einlegen der Lanze. Die Schenkel schützten die Dielinge (cuiss), oben aus zwei Schienen geschoben, dann aus einem gekehlten Stücke bis zu dem gewölbten Kniestück (genouillères). Darauf folgten die Beinschienen (grèves), in früherer Zeit aus Halbschienen, ähnlich den Schenkelstücken, in unserm Falle aber schon vollkommene Beinröhren. Die Schuhe (pedieux) sind kunstvoll geschobene „Bärenklauen“. An Stelle der einfachen „Pfeifen“ traten später bei reicheren Rüstungen Facetten. Prachtvolle Rüstungen dieser Art befinden sich in der kaiserlichen Waffensammlung zu Wien. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatte die geschlossene Rüstung immerhin noch ihre Bedeutung für den Krieg gehabt, durch die zunehmende Verwendung und die Verbesserung der Feuerwaffen trat aber der Wert der geschlossenen Rüstungen für den ernsten Kampf mehr und mehr zurück, dagegen behielten sie ihre Bedeutung für den Turnierkampf, vor allem aber als Prunkgewänder der Fürsten. Infolgedessen legte man immer grösseren Wert auf die äussere Aus- schmückung der Rüstung durch Treibarbeit, Tauschierung, Damas- zierung, Vergoldung, Ätzung u. s. w. „Oft wird das ernste Waffen- kleid zu reiner Goldschmiedearbeit“, sagt Semper . Diese Art von Prachtrüstungen gingen von Italien, zum Teil auch von Spanien aus, in Deutschland aber fanden sie erst ihre höchste Vollendung. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Biringuccio findet es ganz selbstverständlich, wie wir oben gesehen haben, dass ein geschickter Schmied mit dem Polieren, Brunieren, Ätzen, Versilbern und Vergolden, dem Plattieren, Tauschieren und Damaszieren wohl vertraut sei, Arbeiten, die man heutzutage von keinem Eisenschmied erwartet. Dazu kam noch das Ziselieren, Stechen, Schneiden, die Niello-Arbeit und das Emaillieren. Diese Kunstübungen entwickelten sich in Italien durch die im 15. Jahr- hundert nach Italien geflüchteten griechischen Künstler, welche bei den reichen und prachtliebenden Fürsten Aufnahme und Unter- stützung fanden, besonders bei den Medicäern in Florenz, denen aus dem Hause Este in Ferrara, sowie den Visconti und Sforza in Mai- land. Nicht minder fand dieses Kunstgewerbe in der reichen Repu- blik Venedig eine Heimstätte. In Spanien war es zum Teil maurischer Einfluss, der den Sinn für Pracht und glanzvollen Waffenschmuck veranlasste. Dies zeigt sich deutlich an den herrlichen Rüstungen in der Armeria real zu Madrid, welche man dem letzten maurischen Könige Boabdill zu- schreibt und den prunkvollen Waffen Ferdinands des Katholischen und seiner Gemahlin Isabella. Nach der Entdeckung Amerikas wuchs der Reichtum in ganz Europa, besonders in Spanien und Deutschland, und dies trug viel dazu bei, die Prachtliebe in der Bewaffnung zu steigern und diesen Zweig der Kunstschmiederei zu fördern. Karl V. hatte die Vorliebe für schöne Waffen von seinen beiden Grossvätern Kaiser Maximilian und König Ferdinand dem Katholischen geerbt, und unter seiner Herrschaft entwickelte sich die Plattnerkunst zur höchsten Blüte, am allermeisten in Deutschland. Namentlich war es die Kunst des Treibens in Eisen, welche Werke hervorbrachte, die unerreicht da- stehen. Man begnügte sich nicht mehr mit dem Austreiben von Zierlinien, Buckeln, Arabesken, man ging dazu über, geradezu Ge- mälde in Eisen zu treiben, Bildwerke von solcher Fülle, Schönheit und Zartheit, wie sie der Goldschmied nicht schöner hervorzubringen vermochte, und die uns zur Bewunderung um so mehr hinreissen, wenn wir die Sprödigkeit des Materials und die Einfachheit der Hilfs- mittel bedenken. Kein Wunder, dass die fürstlichen Zeitgenossen Kaiser Karls seine Vorliebe für diese Art Kunstgebilde teilten, und dass sie sich auf seine Nachkommen vererbte. Besonders war es der ritterliche Franz I. von Frankreich, sowie die reichen Fürsten aus den Häusern Farnese und Este in Italien, die sich an schönem Waffenschmuck erfreuten und die berühmtesten Plattner beschäftigten. 23* Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. In Deutschland waren es besonders die österreichischen, bayeri- schen und kursächsischen Fürsten, welche die Waffenschmiedekunst förderten. Der Innsbrucker Plattnerschule haben wir bereits gedacht. Ausser zu Innsbruck blühte das Plattnergewerbe besonders in Nürnberg und Augsburg. In Nürnberg erbte Wilhelm von Worms der Sohn die Kunst und den Ruhm seines Vaters (siehe Bd. I, S. 866); neben ihm wirkten Hans Grunewalt, Konrad Lochner und Valentin Siebenbürger. Albrecht Dürer , der grosse Meister, übte seinen segensreichen Einfluss auch auf das Plattnergewerbe aus. Im Auf- trage des Kaisers Max zeichnete er 1517 einen Harnisch, den der berühmte Kolman Helmschmied ausführte, der aber leider zu- grunde gegangen ist. Neben Dürer zeichneten viele andere Nürn- berger Maler Entwürfe für Waffenstücke, so Hans Baldung Grün , die beiden Burgkmair und Albrecht Altorfer , während A. Alde- grever besonders in der Ausschmückung erfindungsreich war. Grossen Einfluss übten ferner: L. Cranach, Aug. Hirsvogel, Virgil Solis und die Goldschmiede Jamnitzer . Aber zu höherer Blüte noch als zu Nürnberg gelangte im 16. Jahrhundert das Plattnerwesen in Augsburg, wo eine Reihe von genialen Meistern teils gleichzeitig, teils in rascher Aufeinanderfolge wirkten. Der grösste Ruhm umgiebt die Familie Kolman Helm- schmied , deren Werke in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurück- reichen. Dem ältest bekannten Sprossen der Familie Georg folgte dessen Sohn Lorenz († 1516), der um 1490 für Maximilian I. arbeitete, diesem folgte der Enkel, der berühmte Kolman († 1532) und diesem wieder der Urenkel Desiderius , der durch seine Leistungen selbst die italienischen Meister in Schatten stellte. Desi- derius Kolman , aus der Familie Helmschmied , genoss euro- päischen Ruf und brachte das Höchste und Schönste hervor, was die Plattnerkunst je geleistet hat. Seine Treibarbeiten sind bei aller Fülle streng im Stil und bewahren den Charakter der getriebenen Metallarbeit Siehe Semper , Der Stil. Bd. II, S. 489. . Dass er auch entsprechende Preise dafür erzielte, ersehen wir aus den Rechnungen König Philipps II. im Archiv zu Madrid. Danach wurde von diesem für eine Rüstung 9000 Mark be- zahlt Augsburg. — A. Colman , armero de Augusta, 2000 escudos de oro en cuenta de 3000 que ha de aver por unas armur que haze pasa mi servoais. — Augusta, 22. October 1550. Ferner: Augusta, 27. Februar 1551: A Desiderio . Neben diesem sind hier noch zu nennen: Wilhelm Seusen- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. hofer aus Innsbruck, Matthäus Frauenbrys, Anton Pfeffen- häuser und viele andere. Mit den Plattnern arbeiteten Goldschmiede, Emaillisten und Ätzmaler, von denen wir Jörg Sorg, Marquart, Christof Lenker, Schanternell, Attemstätter und den Ätz- maler Roth nennen. Grossen Einfluss übte Hans Holbein d. J. Die Plattnerkunst blühte ferner in Landshut, wo Franz Gross- Fig. 98. schedel , in Dresden, wo die Rosenberger , in Annaberg, wo die von Speyer berühmte Meister waren; während Hans Mielich in München und Christof Schwarz von Ingolstadt im Zeichnen und Entwerfen von Waffen und Waffenverzierungen grosses leisteten. Wir wer- den später noch ein voll- ständigeres Verzeichnis be- rühmter Plattner mitteilen. Die Schönheit der besten Werke der Plattnerkunst in dem engen Rahmen unseres Buches auch nur annähernd zu schildern, ist unmöglich. Wir müssen auf die vorerwähnten grossen Tafelwerke von Jubinal und Quirin Leitner , auf Rades photographische Sammlung von Ornamenten aus dem Königlichen Historischen Museum zu Dresden und ähnliche Werke verweisen. Indessen können wir doch nicht umhin, einige der Hervorragend- sten derselben zu schildern. Wir beginnen mit der bekannten Rüstung Kaiser Maximilians I. (Fig. 98) zum „deutschen Stechzeug“, sowohl „zum löblichen gemeinen deutschen Gestech“ als im „Gestech im hohen Zeug mit geschlossenem Sattel“ zu gebrauchen: Das Muster Colman , armero de Augusta, 400 duc. en cuenta de loque a de aver por unas armas negras que haze para mi. Und am 12. Mai 1551: A. Colman , 650 escudos par una arma. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. einer geschlossenen Turnierrüstung, welche noch aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts stammt. Die Rüstung, welche sich in der kaiserlichen Sammlung zu Wien befindet, ist ein Meisterstück der Plattnerei, und machen wir namentlich auf die Treibarbeit an der Tatze der Zügelhand aufmerksam. Die starke Rüstung wiegt 68 Wiener Pfund. Ein Kunstwerk ersten Ranges ist die weltberühmte Pracht- rüstung für Mann und Ross des Kurfürsten Christian II. von Sachsen in dem Königlichen Historischen Museum zu Dresden. Wäh- rend sie früher für eine italienische Arbeit gehalten wurde, erkannte man sie schon vor längerer Zeit als ein Meisterstück Augsburger Plattnerei und schrieb sie allgemein dem berühmtesten Meister Desiderius Kolman zu. Aber sowohl diese Annahme, als die sie immer begleitende Angabe, sie sei für 14000 Thaler angekauft worden, haben sich durch die neueren Untersuchungen des Dresdener Museums- direktors Dr. Erbstein als irrtümlich erwiesen, indem dieser sie bestimmt als ein Werk des Augsburger Plattners Anton Pfeffen- häuser nachgewiesen hat. Nach Erbstein Siehe Beschreibung des Königl. Historischen Museums zu Dresden von Dr. A. Erbstein . Dresden 1889, S. 34. wäre die herrliche Rüstung, welche sich in dem oben angeführten Werke von Rade in 22 wohlgelungenen Blättern abgebildet findet, erst um das Jahr 1600 entstanden und im September 1606 seitens des Kurfürsten von Heinrich Knopf aus Nürnberg zu Schleusingen um 8800 Gulden oder 7700 Reichsthaler (etwa 35000 Mark nach heutigem Werte) angekauft worden. Sie wurde 1611 bei des Kurfürsten Leichen- begängnis als Freudenkürass gebraucht und der fürstlichen Leiche vorgeritten. — Die getriebenen Reliefbilder in Medaillonform sind auf der Mannesrüstung dem Sagenkreis des Troer- und Argonauten- zuges entnommen, auf der Pferderüstung der Herkulessage Welch letztere in den verbreiteten irrtümlichen Angaben über die Rüstung immer allein genannt werden. . Die Medaillons auf der Brustplatte des Kürass zeigen die Rückführung der Helena aus dem brennenden Troja und den Kampf des Hektor und Achilles zu Pferde (!); die auf den Vorderflügeln der Achsel- stücke Ares, wie er auf seinen von Wölfen gezogenen Wagen den Hain durcheilt, und Jason mit dem Widderfell; auf der Rückenplatte des Kürass erblickt man die Einführung des hölzernen Pferdes nach Troja und die Zerstörung Ilions (Fig. 99). Die Medaillons auf der Pferderüstung zeigen vorn den Kampf Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. des Herkules mit den Kentauren, dann links vom Reiter den Ring- kampf des Herkules mit dem Riesen Antäus, den Fang des eryman- tischen Ebers, den Kampf des Herkules mit dem Riesen Cakus, den Kampf mit der Hydra, das Heraufbringen des Cerberus aus der Fig. 99. Unterwelt; weiter auf dem Rücken den Kampf des Herkules mit dem dreiköpfigen Riesen Geryon; darunter rechts unten den Raub der goldenen Apfel der Hesperiden und den Kampf mit dem Drachen, die Überlistung des Atlas, die Bändigung des rasenden Stieres des Minos in Kreta; ferner am zweiten Seitenblatte: das Erdrücken der Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Schlangen durch Herkules als Kind und schliesslich (neben dem ersten Bilde): die Erwürgung des nemäischen Löwen. Die Medaillons sind umschlungen von wunderbaren Arabesken im reinsten Stil. Herrlich tritt an der Panzerbrust das Gorgonenhaupt hervor, während auf der Rückseite sich aus einem schönen, gekrönten Frauenkopf, wohl der Fig. 100. der Helena, die reichen Guirlanden entwickeln. Voll Ruhe und Schönheit ist der Brugunderhelm (Fig. 100), und ein Meisterstück ist die Rossstirne. Jeder Teil der Rüstung ruft unsere Bewunderung hervor, ebensowohl durch die reiche Ausschmückung, als durch die vollendete Arbeit, z. B. bei den gefingerten Handschuhen, wie über- haupt bei allen geschobenen Teilen. Herrlich ist auch die Aus- schmückung des Sattels, wovon die Abbildung eines Teiles des Sattel- baumes (Fig. 101) einen Begriff giebt. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. „Über den Verfertiger dieser Prachtrüstung (schreibt Erb- stein ) sind mannigfache Vermutungen geäussert worden, von denen Fig. 101. nur die Zuteilungen an den Augsburger Plattner Desiderius Kol- man und den Landshuter Plattner Franz Grossschedel genannt Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. sein mögen, Meister, die aber in früherer Zeit arbeiteten, als die Rüstung thatsächlich entstanden ist. Heinrich Knopf , von dem sie gekauft wurde, war nur der Unterhändler, nicht der Verfertiger; er selbst war ein Goldschmied und „Konterfekter“ in Nürnberg, von dem Schaugroschen bekannt sind, die er selbst gegossen. Von gleicher Hand wie diese Prachtrüstung und zum Teil mit gleichen Verzierungen geschmückt ist der in derselben Sammlung daneben stehende schwarze Prunkharnisch mit goldenen, getriebenen Ver- zierungen, welcher ein paar Jahre zuvor, nämlich 1604, von eben demselben Heinrich Knopf für den Herzog Johann Georg zu Sachsen, den Bruder des Kurfürsten Christian II. und nachmaligen Kurfürsten, erkauft wurde und welcher wiederum Übereinstimmung mit dem Prunkharnisch des Kaisers Rudolf II. († 1612) im Kaiserl. Königl. Artillerie-Arsenal-Museum zu Wien zeigt. Alle drei sind nach Zeichnungen eines der süddeutschen Maler Christof Schwarz († 1597), Hans Mielich († 1579), Johann von Aachen, Box- berger, Friedrich Suatris und anderer, welche Entwürfe für die Werkstätten der Waffenschmiede lieferten, angefertigt, und da sich nun aktenkundig ermitteln liess, dass die zweite derselben von „Antoni Pfeffern“ (d. i. Anton Pfeffenhäuser ) für Johann Georg I. zu Augsburg geschlagen worden, so hätten wir als den Meister aller dieser drei Prachtrüstungen den seiner Zeit schon hoch- berühmten Pfeffenhäuser in Augsburg — dessen Bild auf einer Medaille erhalten ist — gefunden, also denselben Meister, der schon zu Zeiten des Kurfürsten August, mehr aber noch zu denen der beiden Christiane der berühmteste Plattner in Augsburg sein musste, da alle besseren Rüstungen, die in den letzten 25 Jahren des 16. Jahrhunderts und den ersten des 17. von den äusserst kunst- sinnigen und prunkliebenden sächsischen Fürsten angeschafft wurden, ausschliesslich von ihm herrühren, und alle im Historischen Museum noch vorhandenen, ihm oder seiner Werkstatt sicher angehörenden, die höchste Vollkommenheit erkennen lassen. Jedenfalls hatte Pfeffenhäuser die tüchtigsten Kräfte zur Seite, deren ja immer mehrere zur Herstellung solcher Kunstwerke sich die Hand reichten: treffliche Zeichner, Treiber und Ätzmaler.“ Im Paradesaale des Dresdener Museums befinden sich noch mehrere vorzügliche Rüstungen Anton Pfeffenhäusers , so der unter Nr. 1 aufgeführte vollständige, blankeiserne Prachtharnisch zum Freiturnier; Nr. 3 eine vollständige Rüstung für Mann und Ross zum Freiturnier, blank und reich verziert, für Kurfürst Christian I., Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. die auch bei dessen Leichenbegängnis 1591 von dem Freudenritter vorgetragen wurde; ferner Nr. 7 ein streifig geätzter, teilweise ver- goldeter, vollständiger Harnisch, der angeblich dem Herzog Johann Wilhelm zu Weimar († 1573) angehört haben soll. Am bedeutend- sten ist aber ausser der oben beschriebenen Rüstung Christians II. die schon erwähnte Prunkrüstung (Nr. 6) des Herzogs, nach- maligen Kurfürsten Johann Georg I. Von schwarzem Grunde heben sich getriebene und vergoldete, äusserst gefällig angeordnete Ver- zierungen ab, welche die grösste Verwandtschaft mit denen auf dem Prunkharnisch Christians II. zeigen und die Zusammengehörigkeit beider feststellen. Letztere wird auch durch die Erwerbung beider Kunstwerke von einem und demselben Verkäufer, Heinrich Knopf aus Münster — später in Nürnberg und Schleusingen — bestätigt. Eines der herrlichsten Werke auf dem Gebiete der Stahltreib- arbeit ist die Prunkrüstung Kaiser Rudolfs II . in der Waffen- sammlung des österreichischen Kaiserhauses Siehe Quirin Leitner , a. a. O., Tab. XLIX. — L. — LI. . Der kunstvolle Har- nisch ist nach dem Entwurfe des Münchener Malers Christof Schwarz ausgeführt Siehe J. H. v. Hefner-Alteneck , Originalentwürfe deutscher Meister für Prachtrüstungen französischer Könige. Tab. XIII. . Der Stahl ist im ganzen Grunde matt gehalten, aus dem die nackten Körperteile blank hervortreten. Alles als Bekleidung gedachte ist mit Gold tauschiert. Diese Tauschierung ist von unaussprechlicher Zartheit. Auf der Brust sind die Thaten des Herkules dargestellt. In der Mitte steht Herkules auf die Keule gestützt, zur Rechten ist die Bändigung des Cerberus, zur Linken der Kampf mit der Hydra dargestellt. Auf den beiden Vorder- flügeln (Schulterschildern) erblickt man den Kampf des Herkules mit Antäus, auf dem Rücken in der Mitte Herkules die beiden Säulen haltend, zur Rechten die Einfangung des kretensischen Stieres, zur Linken der Kampf mit dem nemäischen Löwen. Von besonderm Interesse ist ein Harnisch Erzherzog Ferdinands von Tirol in der Ambraser Sammlung, weil alle Wechselstücke zu ihm erhalten sind Siehe Wendelin Böheims Abhandlung darüber in den „Mitteilungen der Zentral-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst und historischen Denkmale“. Wien 1881. Neue Folge VII, S. 58. . Er ist, wie aus den noch vorhandenen Rech- nungen hervorgeht, gefertigt von dem berühmten Augsburger Plattner Jörg Seusenhofer zu Innsbruck 1547. Die Rüstung (Fig. 102, a. f. S.) ist getrieben, geätzt und mit vergoldeten Strichen und Emblemen, heraldische Adler darstellend, verziert. Die Ätzarbeit wird Hans Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Perckhamer in Innsbruck zugeschrieben. „Das Kunstwerk“ be- zeichnet die Höhe der Epoche der Plattnerei, als man begann, die Harnische durch Kombination einzelner Teile zu den unterschied- lichen Turnierformen, wie zum Feldgebrauch, je nach Bedarf zu ver- wenden. Durch die beigegebenen Wechselstücke war man im stande, sechs bis sieben verschiedene Harnische zusammenzustellen. Diese Fig. 102. Methode der Wechselstücke kam schon zur Zeit Kaiser Maximilians auf und wahrscheinlich hat er selbst die Anregung dazu gegeben. Ausser als Prunkharnisch liess sich der Har- nisch Erzherzog Ferdinands durch die verschiedenen Wechselstücke für folgende Kampfarten umstellen: für das „Gestech über das Dill“, für das „Freiturnier“, für das „Fussturnier“ und für das „Realgestech“. Der deutsche Fusskampf kam bekanntlich um die Mitte des 16. Jahrhunderts ab, doch ist er bei unserer Rüstung noch berücksichtigt. Es würde zu weit führen, den komplizierten Har- nisch mit seinen Wechselstücken hier zu beschreiben und verweisen wir des- halb auf Boeheims Abhandlung. Wir erwähnen nur, dass der Kürass stark gewölbt, den Übergang zum „Gamsbauch“ zeigt. Der Helm ist burgundisch (bourgignot), und läuft sein unterer gewulsteter Rand in den aufgeworfenen Kanten des Kragens um. Der Harnisch für den Fuss- kampf trägt die Jahreszahl 1547, als Plattnerzeichen einen Stechhelm mit aufgesetztem S, das Meister- zeichen von Hans Seusenhofer , dem Vater von Jörg , und als Beschauzeichen den österreichischen Bindeschild (Fig. 103). Reich und prächtig ist der von Quirin Leitner Tab. LVI ab- gebildete Prunkharnisch Karls V. von ganz blauem Stahlgrunde, von dem sich die aufgelegten ornamentalen Streifen von stark vergoldetem Kupfer effektvoll abheben. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Eine herrliche Treibarbeit ist der in demselben Werke Tab. LXI dargestellte Prunkschild, auf welchem die Erwerbung des goldenen Vliesses durch Jason dargestellt ist. Der Entwurf wird Hans Mie- lich († 1575) zugeschrieben. Weitere hervorragende Werke der Treibkunst ist der als „bouclier de la fortune“ bekannte pracht- volle Schild, in der königlichen Waffensammlung zu Madrid, mit einer Fortuna als Hauptfigur, auf dem der Name des Verfertigers Fig. 103. Matheus Trawen-Brys , eines niederländischen Künst- lers, und die Jahreszahl 1543 eingeschlagen ist. Der in Jubinals Werke (Tab. XII) abgebildete Schild Karls V. wird dem Benvenuto Cellini zuge- schrieben. Ebenso der prächtige, goldüberzogene Rund- schild (Rundell) mit den vier Medaillons, Kämpfe der Lapithen und Centauren und Szenen aus der römischen Geschichte darstellend (Tab. VIII). Eine schöne Sturmhaube desselben Kaisers mit reichem Bilder- schmucke, Szenen aus Virgils Äneis darstellend, befindet sich in der Wiener Sammlung. Die hohen Kämme, welche im 16. Jahrhundert Mode wurden, sind meist mit der Haube aus einem Stücke getrieben. Es sind dies erstaunliche Leistungen der Treibkunst. Ein hervorragendes Werk dieser Kunst ist auch ein Sattel in der Waffensammlung der Grafen zu Erbach, ein bewegtes Kampf- bild darstellend. Derselbe soll dem Grafen Joachim von Ortenberg angehört haben Abgebildet in: Kunstwerke und Gerätschaften des Mittelalters und der Renaissance von C. Becker und J. v. Hefner , Bd. I, Tab. 41 und 42. . Betrachten wir diese, unsere Bewunderung herausfordernden, Treibarbeiten vom technischen Standpunkte, so erscheint es uns fast undenkbar, dass dieselben in der schlichten Weise wie es in Burgk- meyers Bilde (Fig. 96) dargestellt ist, nur mit Hammer und Amboss dargestellt wurden, die feineren Zeichnungen erforderten jedenfalls ausser zahlreichen und verschieden gestalteten Punzen eine weiche Unterlage, sie wurden in einem Treibkitt ausgetrieben, als welcher Pech, Wachs, oder bei Stahl zumeist Blei benutzt wurde. Eigentliche Gesenke waren bei diesen komplizierten Kunstwerken kaum zu ver- wenden, und auch die Zeichnung konnte dem Künstler nur wenig Hilfe gewähren. Er war ganz auf sein künstlerisches Verständnis angewiesen. An dieses wurden aber um so grössere Anforderungen Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. gestellt, als er das Bild, welches er ausarbeitete, nicht wie der Bild- hauer unmittelbar vor Augen hatte, sondern die Tausende von Schlägen mit dem Treibhammer oder mit der Punze meist von der verkehrten Seite führen musste. Dazu kam noch die Schwierigkeit, dass bei längerem Kalttreiben das Eisen oder der Stahl spröde wurde und immer neuen Ausglühens bedurfte. Unsere Stanzen und Pressen waren jenen Künstlern unbekannt, selbst das Blech war nur mit dem Handhammer ausgetrieben. Die Feile benutzte der Künstler bei dieser Art von Arbeit kaum. Die Treibarbeit beschränkte sich aber nicht auf die Ausschmückung der Waffen allein, sondern sie wurde für mancherlei Kunstschmuck benutzt. Ausgetriebene Stahlplatten wurden eingerahmt und wie Bilder an die Wände gehängt. — Eine der berühmtesten Treib- arbeiten war der Stuhl des Thomas Rücker Vergl. v. Stetten , a. a. O., S. 192. , welchen die Stadt Augsburg für Kaiser Rudolf II. anfertigen liess. Derselbe befindet sich jetzt zu Langford-Castle in England, wohin er den Weg aus der Schatzkammer in Prag über Schweden, vermutlich im 30jährigen Kriege gefunden hat. An diesem Stuhle sind die Rückwand, Seiten, Armlehnen und Füsse in kleine Kreise oder längliche Vierecke von der Grösse eines Thalerstückes eingeteilt und diese in hocherhabener Arbeit mit einigen Tausend Figürchen gefüllt, welche fortlaufend die Geschichte des römischen Reiches von dem Abzuge des Änäas von Troja an, durch das König- und Kaisertum hindurch, mit der des deutschen Reiches verbunden, bis auf die Zeiten Rudolfs II. dar- stellen. An der Spitze der Rücklehne befindet sich das Stadtwappen von Augsburg und die Aufschrift: Thomas Rucker fec. 1574. War die mühselige Arbeit des Treibens vollbracht, so folgte die kunstvolle Arbeit des Dekorierens. Biringuccios Schilderung giebt davon schon eine Vorstellung. Dennoch wollen wir in kurzen Zügen diese der heutigen Eisentechnik fremd gewordene Kunst kurz schildern. Das farbige Anlassen , in dem die Meister der Plattnerkunst eine so grosse Geschicklichkeit besassen, beruht auf bekannten Eigen- tümlichkeiten des Stahls Bd. I, S. 13. . Die blaue Anlauffarbe war die am meisten gebräuchliche. Die tauschierten Mailänder Waffen zeichneten sich durch mattgrauen Grund, gegen den die reiche Goldzier wohlthuend abstach, aus. Ausserdem aber färbte man das Eisen durch Glühen und Beizen und zwar braun und schwarz. Die schwarze Farbe ist dem Eisen Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. am natürlichsten und bildet sich von selbst bei jedem reduzierenden Glühen, wie es beispielsweise bei der Herstellung der Schwarzbleche geschieht. Die schwarze Farbe wird hierbei durch das Eisenoxydul- oxyd hervorgebracht. Dies erreichte man am einfachsten durch das Glühen in Holzkohlenpulver; ein beliebtes Mittel war aber auch Ochsengalle, welche dem Stahl nach dem Ausglühen einen Moschus- geruch verlieh. Eine intensivere Schwärze erreichte man durch die Erzeugung eines schwachen Überzuges von Schwefeleisen, wofür man vielerlei Rezepte hatte, z. B. ein Gemisch von Kalk und Schwefel, oder Spiessglanz für sich aufgetragen u. s. w. Die Farbe liess sich glänzender hervorheben durch einen Firnis von Leinöl oder durch Bernsteinlack. — Schwarze Rüstungen, mit vergoldeten Knöpfen ge- ziert, waren in Italien, besonders in Venedig, schon gegen Ende des 15. Jahrhunderts Mode. Im Laufe des 16. Jahrhunderts, besonders gegen Ende desselben, wurden sie auch in Deutschland beliebt. Die Dresdener Sammlung ist besonders reich an schwarzen Rüstungen aus dieser Zeit. Das Brunieren oder Braunbeizen des Stahles geschah mit der sogenannten „Spiessglanzbutter“, einer Lösung von Schwefelantimon in Salzsäure. Der weiche, ungehärtete Stahl wurde mit dem Polier- stahl glatt gerieben, und dann die Spiessglanzbutter mit Baumöl ver- mischt auf die völlig trockene Fläche mit einem Pinsel dünn und gleichmässig aufgetragen. Die Geräte wurden in einem warmen Raume abtrocknen gelassen und dann mit Öl und einem wollenen Lappen abgerieben. Von diesen blauen, schwarzen oder braunen Grundflächen hoben sich die goldenen, silbernen oder kupfernen Verzierungen prächtig ab. Auf die einfache Vergoldung und Ver- silberung brauchen wir nicht näher einzugehen, sie sind genügend in dem angeführten Kapitel des Biringuccio beschrieben. Hieran reiht sich unmittelbar die Ätzmalerei , welche im Jahre 1512 von Albrecht Dürer erfunden wurde und im 16. Jahr- hundert sich zur höchsten Vollendung entwickelte. Ätzmaler nannte man diejenigen Künstler, welche es verstanden, die reichen Arabesken, Friese u. s. w., zu welchen häufig die bedeutendsten Maler jener Zeit, wie Dürer, Albrecht Altorfer, Sebald Beham, Jost Ammon, Virgil Solis, Peter Flötner und vor allem Heinrich Alde- grewer die Entwürfe gemacht hatten, auf den Stahlgrund zu über- tragen. Hierüber erschien bereits 1567 ein Kunstbüchlein, „wie man auf Marmelstein, Kupfer, Messing, Zihn, Stahl, Eisen, Harnisch und Waffen etc. etzen und künstlich vergülden soll etc., durch Andream Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Helmreich von Eisfeld, Rechenmeister und Stuhlschreiber zu Halle. Leipzig 1567“. Das Ätzen der auf einem Ätzgrunde hergestellten Zeichnungen geschah mittels des Ätzwassers, einer sauren Flüssigkeit, für die es vielerlei Rezepte gab. In der Regel ätzte man den polierten Grund schwarz und liess die Zeichnung blank. Schöne Rüstungen dieser Art sind im germanischen Museum in Nürnberg (aus der Sulkowskis chen Sammlung). Noch eine andere uralte Kunst blühte in jener Zeit wieder herrlich auf, die Tauschierung (tausia, opus mallei), die gediegenste Art der Metallverzierung. Wir haben derselben im ersten Bande bereits an vielen Stellen Erwähnung gethan. Gerade die Germanen scheinen an dieser Art der Metallverzierung die grösste Freude ge- habt zu haben, es ist wenigstens ganz erstaunlich, wie viele tauschierte Arbeiten, und zwar zumeist Silber in Eisen tauschierte, in den fränki- schen und alemannischen Gräbern gefunden werden. Die Tauschierung geschah in zweierlei Weise: entweder mit dem Rauhhammer und aufgeschlagener dünner Folie von Gold oder Silber, wie bei der früher beschriebenen (Bd. I, S. 284) „Bratzkischen Arbeit“, welche besonders für grössere Flächen geeignet war, oder mit eingegrabenen Linien, welche mit Gold-, Silber- oder Messingdraht ausgelegt und ausgeschlagen wurden. Eine seltenere, aber sehr solide Art der Tau- schierung an Schwertgriffen u. s. w. bestand darin, das Eisen bis zu gewisser Tiefe förmlich aufzuspalten und ein Stück Blech oder einen dickeren Draht einzulegen und dann das Ganze wieder, wahrschein- lich kalt, abzuschmieden. In der Tauschierung hatten die altdeutschen Schmiede bereits Herrliches geleistet. Im eigentlichen Mittelalter war diese Kunst in Europa sozusagen verloren gegangen, aber im 15. Jahrhundert gelangte sie zuerst in Italien wieder zu hohem An- sehen. Der grösste Künstler darin war ein Venetianer Paolo Azzi- mina , und angeblich soll man nach ihm diese Art der Metalldeko- ration, in der sich nachmals viele Künstler auszeichneten, lavora all’ azimina genannt haben. Ausser Azzimina selbst waren in dieser Kunst im 16. Jahr- hundert besonders hervorragend Paolo Rizzo in Venedig und die schon früher erwähnten Waffenschmiede Filippo Nigroli und seine Brüder, die für Karl V. und Franz I. arbeiteten, die Piccininis, Romero und andere. Auch in Frankreich fand gerade diese Art der Arbeit und zwar diejenige, welche mehr auf die künstliche Damaszierung, also auf die Arbeit mit dem Rauhhammer hinaus- kommt, grossen Beifall und Verbreitung. In Deutschland leisteten Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. besonders die Augsburger Grosses in dieser Kunst. Das Zeichen der Augsburger Tauschierer war ein Pinienapfel (siehe unten). Eine andere Kunst der Metallverzierung, in welcher die Italiener das Grösste geleistet haben, war das „ Niello “ Siehe Theophilus Presbyter , Bd. I, S. 977. . Es ist dies etwas Ähnliches, wie die Tauschierung. Bei ihr wurde eine dunkel gefärbte Metalllegierung in dem eingegrabenen hellen Metall- grunde eingeschmolzen . Diese Ausfüllungsmasse war meist ein Schwefelmetall, Schwefelsilber und Schwefelkupfer, oder ein Gemenge von Silber, Kupfer, Blei, Schwefel und Borax, wie es bei den sogenannten „Tulaarbeiten“ noch gebräuchlich ist. Das Wort Niello (von nigellum, Schwärze) bedeutet ursprünglich eine aus Metallen und Schwefel zusammengeschmolzene schwarze Masse, welche von altersher angewendet worden ist, um Silber zu färben. Nach Plinius (Hist. nat. XXXIII, 46) bedienten sich schon die Ägypter zum Färben und Mat- tieren des Silbers einer Mischung von Silber, Kupfer und Schwefel zu gleichen Teilen. Des Theophilus Angaben sind im ersten Bande, S. 976 mitgeteilt. Cellini nahm 1 Unze Silber, 2 Unzen Kupfer, 3 Unzen Blei und Schwefel „soviel wie eine geballte Hand“. Zur Zeit der Renais- sance grub man Linien und Zeichnungen in das Metall (Gold oder Silber), bedeckte diese gravierte Platte mit der zu kleinen Körnern zerstampften und mit Borax gemischten Niellomasse, brachte diese auf Holzfeuer in Fluss, putzte nach dem Erkalten diese Masse von der Oberfläche wieder weg und gab dem in den Vertiefungen fest- sitzenden Schwarz durch Politur Glanz. Solche dekorierte Metall- platten wurden Niello genannt Bruno Bucher , Geschichte der technischen Künste, S. 7. Das „Niello“ grenzte wieder unmittelbar an das „ Email “. Hier- für wurde ein leichtflüssiges, bunt gefärbtes Silikat ein- oder auf- geschmolzen. Diese Art der Verzierung war indessen für mittel- alterliche Bewaffnung, ihrer geringeren Haltbarkeit wegen, in nur beschränkter Anwendung. Eine andere Kunst der Eisenbearbeitung, welche heutzutage fast ganz verschwunden ist, stand im 16. Jahrhundert auf der höchsten Stufe ihrer Entwickelung, es war dies die Schneidekunst oder Glyptik (scalptura). Diese mühevolle Technik ist hauptsächlich durch die Giesskunst verdrängt worden, bei welcher man die ver- zierten Formen modelliert, abgiesst und, wenn nötig, mit der Feile nacharbeitet. Bei der alten Schneidekunst aber verwendete man Beck , Geschichte des Eisens. 24 Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. ein nur im Rauhen vorgeschmiedetes Stück Schmiedeeisen oder Stahl und arbeitete daraus, wie der Bildhauer aus dem Marmor, die Verzierungen und Figuren mit Meissel und Grabstichel heraus. Da- durch hatte die Arbeit den reinen Charakter der Kunst, und auf keinem Gebiete hat der geniale Benvenuto Cellini wohl so Grosses geleistet, als in der Stahlschneidekunst. Bei den Degengriffen war die geschnittene Stahlarbeit besonders beliebt, und eine der schönsten Schneidearbeiten, die Benvenuto zugeschrieben werden, ist der als l’epée au mascaron bekannte Degen der Armeria Real in Madrid. Die Figuren treten herrlich hervor, voll Leben und Ausdruck. Die Klinge zeigt das Waffenschmiedezeichen , welches nicht als toledanisch bekannt ist. Ein schön geschnittener Griff mit pracht- voller Tauschierung eines Degens Kaisers Karl V. befindet sich in Fig. 104. der Wiener kaiserlichen Waffensammlung (siehe Fig. 104). Die Hilze ist von Elfen- bein. Auf dem geschnittenen Knopfe ist der heilige Georg im Kampfe mit dem Drachen dargestellt, während der durch- brochene Bügel in Löwenköpfen ausläuft und Kämpfe der Lapiden und Centauren zeigt. Der geschnittene Stahl ist tauschiert und vergoldet. In der Regel waren es Schwertfeger, welche diese kunstvollen Griffe anfertigten. Zwei in dieser Kunst berühmte Meister des 16. Jahrhunderts lebten in Torgau Siehe Dr. A. Erbstein , Beschreibung des Königl. Histor. Museums in Dresden, S. 43. , es waren die Meister Franz und Paul , von denen sich eine ganze Sammlung von Rap- pieren und Dolchen mit aus Eisen geschnittenen Griffen, woran sich figurenreiche Bilder aus dem Alten und Neuen Testamente (z. B. die Geschichte vom verlorenen Sohn, die Geburt Christi, Adam und Eva, die Geschichte Josephs, Moses und die Israeliten u. s. w.), mythologische Darstellungen, Jagdstücke, Wappen und das Mono- gramm des Kurfürsten August und dessen Gemahlin Anna (zwei gegeneinander gestellte und verschlungene A) vorfinden. Für ein derartiges Rappier erhielten die Meister 100 Gulden. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Auch die Kunst des Eisenschneiders beschränkte sich nicht auf die Ausschmückung der Waffen, sie fand mancherlei Anwendung zur Dekoration. So wurden namentlich eiserne Thürklopfer, Pfortenringe und Feuerböcke häufig mit reicher geschnittener Arbeit verziert. Ab- bildungen schöner Arbeiten finden sich bei Labarte, Viollet le duc, v. Hefner-Alteneck Labarte , Histoire des arts industriels du moyen age. Viollet le duc , Mobilier Français. v. Hefner-Alteneck , Eisenwerke oder Ornamente der Schmiedekunst. Frankfurt a. M. 1861. und anderen. Wir wollen hier eine übersichtliche Zusammenstellung der be- kannten Plattner dieses Zeitabschnittes folgen lassen: Von Italienern Siehe Böheim , a. a. O., S. 660 etc. nennen wir in erster Reihe die berühmten Glieder der Familie Nigroli oder Negroli in Mailand: Petrajolo und sein Sohn Tomaso da Missaglia , welche die Marken (Fig. 105 a) führen und Tomasos Sohn Antonio da Missaglia , welcher 1492 ebenfalls als Herzoglicher Hofplattner starb, von welchem die Zeichen (Fig. 105 b) bekannt sind. Zu derselben Familie gehörten in der Mitte des 16. Jahrhunderts die drei bekannten Brüder Francesco, Gia- Fig. 105 a. Fig. 106 a. Fig. 105 b. Fig. 106 b. como und Philipp Nigroli. Francesco arbeitete für den kaiser- lichen und mantuanischen Hof und war im Hofstaate des Kaisers angestellt, während die beiden andern Brüder meist zusammen für den kaiserlichen Hof, für Frankreich und die Herzöge von Savoyen und Urbino arbeiteten; sie führen das Zeichen Fig. 106 a, zeichnen aber meistens mit vollem Namen Fig. 106 b. Zu Florenz wirkte gegen Ende des 15. Jahrhunderts Viviani Michelagnolo für Julian von Medici. Ein anderer hervorragender Mailänder Plattner um die Wende des 15. Jahrhunderts war Bernar- 24* Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. dino Cantoni , der für Kaiser Maximilian I. beschäftigt war. Ein berühmter Mantuaner aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts war Caremolo di Modrone (geb. 1489, gest. 1543), der für den spani- schen und mantuanischen Hof thätig war. Ein römischer Tausiator, der um 1520 für den mantuanischen Hof arbeitete, war Vincenzo Valerio ; berühmter war Giov. Pietro Figino (um 1540) in Mailand. In Florenz wirkten um diese Zeit als Treibarbeiter und Tausiatoren die Gebrüder Lani, Adriano (um 1530) und Aluigi . Um die Mitte des Jahrhunderts zeichneten sich aus der Plattner Lorenzo Guiano in Brescia, und Repa und der bedeutende Treibarbeiter Piripe , später Pifano , genannt Tacito , in Florenz. In Mailand arbeitete der Bolognese Hieronymus Spacini als Treibarbeiter für Karl V. und Antonio Giov. Biancardi ; ferner Bartolomeo Campi , hervor- ragend als Goldschmied, Treibarbeiter und Kriegsingenieur. Er diente der Republik Venedig, Guidobald II. von Urbino, Heinrich II. von Frankreich und zuletzt Philipp II. von Spanien, in dessen Diensten er 1573 vor Harlem starb. Von ihm befindet sich ein für Karl V. (um 1550) getriebener Prunkschild in Madrid. Giovanni Serabaglia , aus der Familie der Busti , arbeitete als Waffenschmied und Tausiator (um 1560) für Erzherzog Ferdinand von Tirol. Um diese Zeit war der Verfertiger eines berühmten Prunkschildes, Giov. Battista Ghisi , genannt Mantuano (geb. 1503, gest. 1575), in Mantua thätig. Plattner der zweiten Hälfte und des Endes des 16. Jahrhunderts waren Ber- nardo Civo (um 1560), ein Schüler des Biancardi , und Bellino Ferrante (um 1570), ferner Lucio Piccinino , aus einer bekannten Waffenschmiedfamilie, der 1550 bis 1570 als Waffenschmied, Treib- arbeiter und Tausiator für Karl V. und Allessandro Farnese, wie die Vorhergenannten, in Mailand thätig war. Ebendaselbst arbeiteten Pompeo Turcone (um 1580) und Pompeo della Chiesa , könig- licher Plattner, Treibarbeiter und Tausiator, welcher um 1590 für den spanischen Hof beschäftigt war, und Antonio Romero um dieselbe Zeit gleichfalls in Mailand für Alfonso II. d’Este von Ferrara. Ausser den schon angeführten zeichneten sich noch als Tausiatoren aus Damianus de Neron (um 1550) in Venedig, Bartolomeo Pietti (um 1560) in Mailand, und ebendaselbst Franzesco Pillizone , ge- nannt il Basso ; besonders aber Paolo Rizzo , auch unter dem Namen Paolo Azzimina (um 1580) in Venedig. Im Zeichnen und Ent- werfen von Waffen erwarben sich besonderen Ruhm Polidore de Carravaggio (Caldara), ein Schüler Raphaels , der um 1530 viele Degengriffe entwarf. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Frankreich hat nur wenige Plattner von Bedeutung hervor- gebracht, aber seit Ludwig XI. waren die französischen Könige be- müht, fremde Meister der Waffenschmiedekunst in ihr Land zu ziehen. Die meisten derselben waren Mailänder, die nach Frankreich aus- wanderten. Der berühmteste Plattner Ludwigs XI. war Thomas de Milan , der 1466 bis 1471 für ihn in Lyon arbeitete. Nicolo Spi- nelli , auch Nicolas de Florence genannt, fertigte ebenfalls zu Lyon um 1485 kostbare Degengriffe. Unter König Franz I. arbeitete Am- broise Caron aus Mailand als Plattner zu Bordeaux und Franzesco Forcia als Tausiator (1537 und 1538) zu Lyon. Berühmt als Tausia- toren waren die Glieder der Familie Gambeo in Mailand, Lyon und Paris. Die beiden Brüder Battista und Cesare , die besonders wegen ihrer Degengriffe renommiert waren, verliessen 1549 Lyon, um in Paris in den Dienst des Königs zu treten. Um dieselbe Zeit lebte in Paris ein tüchtiger Tausiator Germain Pilon . Von viel grösserer Bedeutung für die Entwickelung der Plattner- kunst waren die burgundischen Meister, welche die prachtliebenden und streitbaren Herzöge Philipp der Gute und Karl der Kühne an ihren Hof gezogen hatten, und welche die Gründer einer niederländi- schen Plattnerschule wurden, die in Brüssel ihren Hauptsitz hatte. Chastel Thierry zu Brüssel war Hofplattner Philipps des Guten 1432/33, neben ihm arbeitete Jehan Wisseron 1423 bis 1440 eben- falls für den Herzog und ebenso wird Massin de Fromont 1438 bis 1440 als Hofplattner genannt. Guérart de Haynau war Waffen- schmied Herzog Philipps 1444. Bei dem Regierungsantritte Karls des Kühnen zählte Burgund eine Reihe hervorragender Plattner; da waren um 1460 Lancelot de Vestale und Lancelot de Gindertale Hof- plattner zu Brüssel und andere. Von der berühmten Plattnerfamilie Du Cornet arbeiteten um 1468 für den Herzog Baltasar zu Brügge und Valentin zu Valenciennes. Ambroise Ruphin war um 1470 ein berühmter Plattner in Brüssel. Durch den Sturz Karls des Kühnen erlitt das blühende Gewerbe der Waffenschmiede in Burgund einen Stoss. Aber nachdem Maximilian Erbe des nördlichen burgundischen Reiches, wo diese Industrie ihren Sitz hatte, geworden war, blühte es wieder empor. Um ihm aufzuhelfen, veranlasste der Kaiser zwei Brüder aus der Plattnerfamilie Merate in Mailand, Gabriel und Franzesco , in seinen Dienst 1495 nach Flandern auszuwandern, und waren die- selben bis 1509 in Arbois thätig. Neben diesen werden Pierre Wambaix und Jehan Watt 1496 als Plattner in Brüssel genannt. Hervorragend aber war Francis Scroo von 1480 bis 1496 Hofplattner Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Maximilians I. in Brüssel. Jaques Merveilles war 1510 Plattner in Tours. Nach Maximilians Zeit ging das niederländische Plattner- gewerbe wieder zurück; die Waffenschmiede verlegten sich mehr auf die Büchsenmacherei. Dagegen zeichneten sich die Maler Hans Bol († 1583) und Jacob de Gheyn (1565 bis 1615) durch Entwürfe für Waffendekorationen und Zeichnen von Prunkwaffen aus. In Deutschland erblühte das Plattnergewerbe, wie wir gesehen haben, hauptsächlich in den drei Städten Innsbruck, Nürnberg und Augsburg. In Innsbruck hatte Erzherzog Sigmund von Tirol (1439 bis 1490) die Kunst in Aufnahme gebracht. Die Plattnerfamilie Treytz [P. Z. P. Z. = Plattner-Zeichen. , Fig. 107 b ] lieferte vortreffliche Harnische, die nach allen Ländern Europas gingen. Sie zeichneten sich bei aller Fein- heit und Eleganz der Arbeit durch ungewöhnliche Härte aus, so dass sie bei geringer Schwere den Leib vor den stärksten Pfeilen zu Fig. 107 a bis r. schützen vermochten. Aber diese in der Familie als Geheimnis be- wahrte Kunst ging, wie im Weiss-Kunig berichtet wird, nach ihrem Erlöschen verloren und wurde erst wieder durch Maximilian mit Hilfe seines Leibharnischmachers, der es in seiner Jugend von den Treytz gelernt hatte, aufgefunden. Von den Treytz war der älteste Konrad , der schon vor 1469 verstarb, ihm folgte Jörg , der von 1469 bis 1478 thätig war, Christian war um 1484 bedeutend, der Hervor- ragendste aber war Adrian 1469 bis 1517, dessen Werkzeichen dieses war:  Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Wie die Treitz unter Erzherzog Sigismund, so waren es die Seusenhofer unter den Kaisern Maximilian und Ferdinand, welche die Plattnerei zu Innsbruck nicht nur in ihrem alten Ruhm erhielten, sondern denselben noch vermehrten. Konrad Seusenhofer er- scheint als Plattner zu Innsbruck urkundlich zuerst 1502, in welchem Jahre Kaiser Max ihm eine Arbeit übertrug, 1504 war er Hofplattner und 1506 wurde ihm der Neubau der Hofplattnerei übertragen. Er starb im Jahre 1518. Gleichzeitig mit ihm lebten in Innsbruck Matthäus und Hans Seusenhofer , beide Plattner, letzterer ur- kundlich ein Bruder des Konrad . Nach Konrads Tode wurde Hans Seusenhofer Hofplattner und Leibharnischmacher. Er starb, 85 Jahre alt, im Jahre 1555. Sein Amt und Ruhm gingen auf seinen berühmten Sohn Jörg (P. Z., Fig. 107 e ) über, welcher die vorerwähnte Rüstung Erzherzog Ferdinands von Tirol und die be- kannte Rüstung König Franz I. von Frankreich, welche im Museum des Louvre steht, verfertigte. Die letzterwähnte Rüstung wurde zwar im Auftrage des Königs ausgeführt, kam aber nicht zur Ablieferung und gelangte infolgedessen später in die Ambraser Sammlung, von wo sie Napoleon I. 1809 wegnehmen und nach Paris verbringen liess. Verkehrterweise wurde sie immer als ita- lienische Arbeit bezeichnet. Ein Vetter Jörgs war jener Wilhelm Seusenhofer , der nach Augsburg übersiedelte, wo er 1555 als Bürger und Plattner vorkommt. Von österreichischen Platt- nern nennen wir noch Heinrich Obresch in Gratz um 1590 (P. Z., Fig. 107 q ). In hoher Blüte stand auch die Plattnerei in München, wo sie von den bayerischen Herzogen gepflegt wurde. Ambrosius Gemlich (um 1530) und J. A. v. Schönberg waren bekannte Meister. In den Rechnungen für an den König Philipp II. gelieferte Harnische kommt wiederholt ein Münchener Meister Bolfe, Bulff, Vulff (viel- leicht Wolf ?) vor. Derselbe erhält 1551 für eine Rüstung einmal 250 Escudos de oro, nach spanischen Hofrechnungen. Ferner erhält ein Münchener Plattner (mailleur) für gewisse Waffenstücke 114 Esc. Genannt werden ferner als Hofplattner der Herzöge von Bayern 1578 Martin Hofer und 1592 Paulus Schaller und im Jahre 1600 erhielt Anton Miller , „Plattner zu Augsburge umb gemachte Kürass für ihre Durchlaucht Herzog Maximilian und Albrechten zu Bayern zum Freirennen 140 Gulden“. Auch in Landshut blühte die Kunst. Ein hervorragender Plattner daselbst war Franz Grossschedl (P. Z., Fig. 107 h ). Dieser lieferte Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. 1568 für die jungen Herzöge Wilhalmb und Ferdinand von Bayern sechs Kürasse, wofür er nach einer Hofrechnung 1325 Gulden 4 Schilling 3½ Denar erhielt Siehe Westenrieder , Beiträge, Bd. III, S. 80. . — Nach Dresden wurden viele Plattner durch die sächsischen Kurfürsten gezogen. Folgende Dresdener Meister sind bekannt: Hans Undeutsch (1560), Peter von Speyer (1560) (P. Z., Fig. 107 l ), Wolf Beppighorn (Peppingen- horn, Bebinckhorn) aus Kassel (1577 bis 1591), Hans Rosen- berger (Rockenberger) , der 1543 Bürger in Dresden wurde. Er arbeitete für die Höfe des Kaisers, der Rheinpfalz, von Sachsen und Mecklenburg bis 1570 und Sigmund Rockenberger , der 1554 Hof- plattner wurde, bis 1572, ferner Wolf Pahlen (Pohlen), Hans Dätschner . Unter diesen ragte namentlich Peter von Speyer aus Annaberg hervor, von dem sich verschiedene Rüstungen, darunter zwei prächtige Knabenrüstungen, in dem Königl. Museum in Dresden befinden. Von demselben Meister, der aber als ein Augsburger Plattner aufgeführt wird, ist eine schöne Rüstung vom Jahre 1560 im Berliner Zeughause. Jedenfalls ein Verwandter des Vorgenannten war der nicht minder berühmte Meister Wolf von Speyer zu Annaberg, der viel für Kurfürst Moritz von Sachsen arbeitete. Mehrere schöne Rüstungen sächsischer Ritter und Fürsten im Turniersaale des Königl. Museums rühren von ihm her. Ebenso im Schlachtensaal ein schwarzer Trabharnisch mit einem vor dem Kruzifix knieenden und betenden Ritter in Ätzarbeit, „um 20 Gulden auf des Kurfürsten Leib ge- schlagen“. In dem blühenden Nürnberg setzten die Söhne des alten Wilhelm von Worms (P. Z., Fig. 107 a ), besonders einer, welcher den Vornamen des Vaters trug, die Kunst desselben fort. Er war Hofplattner Karls V. Von gleicher Profession und Geschicklichkeit war sein Schwager Valentin Siebenbürger (P. Z., Fig. 107 k ), der 1531 Meister wurde und „des Vatters Kunst und Kundschaft trefflich be- förderte“. Er starb nach 1547. Ein berühmter Meister der alten Zeit war Hans Grünwald (P. Z., Fig. 107 d ), der 1503 starb; ebenso Veit mit der Marke: (P. Z., Fig. 107 n ). Ein hervorragender Eisen- schneider und Plattner war Kunz Lochner (P. Z., Fig. 107 g ). Neu- dörfer berichtet von ihm Siehe Neudörfer , a. a. O., S. 64 und Doppelmeyer , S. 291. : „Er machte aus Stahl und Eisen aller- hand schöne Werke und zwar dermassen künstlich, indem er solche gar trefflich zu treiben wusste, dass sie der Arbeit von Silber gleich geachtet wurden. Maximilian, der damalige Herzog von Österreich, Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. gab ihm, um diese seine Kunst noch weiter zu bringen, eine jähr- liche Pension. Er starb am 23. August Anno 1567.“ Bekannt sind ferner noch Hans Becher († 1589), Hans Ringler (um 1560) (P. Z., Fig. 107 o ) und Martin Rotschmied († 1597) (P. Z., Fig. 107 p ). Zur höchsten Entwickelung kam die Plattnerkunst in Deutschland in Augsburg. Des Lorenz Plattner , welchen Kaiser Maximilian nach Innsbruck berief, haben wir schon gedacht. In dem alten Augs- burger „Achtbuch“ wird sein Name bei dem Jahre 1470 gefunden. Umgekehrt wanderte Wilhelm Seusenhofer von Innsbruck nach Augsburg aus und wurde hier ein berühmter Meister. Er war von Karl V. und Ferdinand I. hoch geschätzt wegen seiner besonders prunkvollen Rüstungen, die reich mit Gold verziert waren, welche Arbeiten von Augsburger Goldschmieden ausgeführt wurden († 1547). Von der Familie Helmschmied , mit dem Zunamen Kolman , haben wir schon berichtet. Lorenz († 1516) (P. Z., Fig. 107 c ), Kolman († 1532) (P. Z., Fig. 107 f ), der berühmteste aber war dessen Sohn Desiderius Kolman Helmschmied um 1552, von dessen Werken viele der schönsten in das Ausland gingen. Ebenso haben wir den Anton Peffenhauser (P. Z., Fig. 107 m ), von dem sich Pracht- arbeiten in der Dresdener Sammlung befinden, schon erwähnt. Er arbeitete auch für den bayerischen Hof. Nach einer Rechnung im bayerischen Staatsarchiv von 1550 erhielt er „umb 7 Kürass sambt Zubehör für den Ritter Jörgen (von Bayern) auf den Corporis-Christi- Tag 577 Gulden 47 Kreuzer“. Andere berühmte Augsburger Plattner waren Hans Maystetter , der ausser in Augsburg auch in Gratz und Wien thätig war und 1510 von Maximilian I. bestellt wurde, ferner Hans Frauen- breis (Frauenpreiss) (P. Z., Fig. 107 i ), der Vater, und Matthäus Frauenbreis , dessen Sohn (1549 bis 1575); beide zeichnen (siehe nebenstehend). Meister Hans arbeitete um 1551 für Philipp II. von Spanien; Martin Marquart um 1568 für Kaiser Maximilian II., und Konrad Richter um 1551 für den kaiserlichen und den tirolischen Hof. Ein Plattner, Wilhelm Brabenter , wahrscheinlich aus Solingen, lebte gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Bedeutende Maler beeinflussten die Plattnerkunst und zeichneten für dieselbe. An ihrer Spitze steht Albrecht Dürer (1471 bis 1523) in Nürnberg, sodann Nikolaus und Albert Glockendon (1514 und 1532), ebenfalls zu Nürnberg, Heinrich Aldegrever zu Soest (1502 bis 1558), Hans Baldung , genannt Grün , in Strassburg (1470 bis Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. 1545), Hans Burgkmair zu Augsburg (1473 bis 1531), in Diensten Maximilians I. und Karls V., Hans Holbein (1498 bis 1554), Jörg Sorg zu Augsburg (mit dem Zeichen Fig. 107 r ), Schwager des Kol- man Helmschmied , zeichnete für diesen und dessen Sohn Desi- derius Harnische, darunter solche für Maximilian II., Virgil Solis zu Nürnberg (1514 bis 1562), ausgezeichnet als Ornamentist und Zeichner von Prunkwaffen, ferner Hans Milich in München († 1572), Christof Schwarz in Ingolstadt († 1594), Theodor de Bry in Frankfurt a. M. (1528 bis 1598), Johann von Achen in Köln († 1600), Johann Boxberger zu Salzburg, Augsburg, Landshut und München, und Matthias Zundt zu Nürnberg. Als Ätzmaler waren ausgezeichnet Albert Glockendon (1532), Augustin Hirschvogel (1503 bis 1553), Daniel und Georg Hopfer (um 1566) in Augsburg, Mathias Kinig in Innsbruck (um 1560), Hans Polhammer , ebenfalls in Innsbruck (1547 bis 1564), Hans Sramayr in Wien (um 1580). Als Eisenschneider zeichnete sich ausser den schon genannten Kunz Lochner und Thomas Rücker noch Othmar Wetter aus, der um 1590 in München und Dresden prächtige Schwert- und Degen- griffe schnitt. Als Vergolder verdient noch Jacob de Morales , von Geburt ein Spanier, im Dienst Ferdinands I., genannt zu werden. Heinrich VIII. von England war ein grosser Waffenliebhaber Siehe Arms and armours at Westminster, the Tower and Greenwich 1547, by H. A. Dillon in Archaeologia LI, p. 219. . Damals bezogen die Engländer ihre Waffen noch grösstenteils aus dem Auslande, namentlich aus Deutschland und Italien. König Hein- rich legte bedeutende Waffenfabriken in England an und engagirte dafür fremde Waffenschmiede. Ferner richtete er grosse Waffenlager oder Zeughäuser ein zu Westminster, Greenwich und im Tower. Die hervorragenden Waffenschmiede waren fast sämtlich Deutsche. In Greenwich befand sich eine ganze Kolonie derselben, the Almain armourers, welche die „deutsche Waffenfabrik“, die wichtigste Eng- lands, bildeten. An der Spitze derselben stand der berühmte Waffen- schmied Asamus , eigentlich Erasmus Kirchner (Kyrkener, Kerkener) , dessen Vorname in Asamus verketzert wurde. An der Spitze des Zeughauses von Westminster stand des Königs Hofwaffen- schmied Hans Hunter , dem Vornamen nach gleichfalls ein Deutscher. Schon König Heinrich VII. hatte fremde Waffenschmiede nach Eng- land gezogen. Darunter werden genannt zwei Franzosen, Philipp de Vigne und Ralph de Pontew , „makers of brigantines to the Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. king“, ein Spanier Vincent Tutellar (Tenteler, Tutolez) , welcher einen Jahresgehalt von 20 Pfund Sterling bezog. Von englischen Waffenschmieden werden John Smyth und Robert Lytton in jener Zeit erwähnt. Unter Heinrich VIII. werden von englischen Waffen- schmieden William Gurre (brigantine maker), Andrew und Ralph Brand, Richard Pelland und John Diconson und von fremden, ausser den bereits angeführten, zwei de Wats, Peter Fava, Crochet, van Ureland und Bollato genannt. Die englischen Plattenharnische waren fast immer schwarz, weil diese angeblich der Einwirkung des Seewassers besser widerstanden. Wir haben schon erwähnt, dass wir über die Arbeit der Panzer- schmiede, ausser dem wenigen, was Biringuccio mitteilt, kaum irgend welche unmittelbare Nachricht besitzen. Doch verdienen, ausser der schon angeführten Zeichnung von Burgkmair , die Abbildungen des berühmten Holzschneiders Jost Ammon , welche in seinem Buche „Stände und Handwerker“ mit Versen von Hans Sachs (1568) ent- halten sind Dieses interessante Buch erschien 1568 bei dem berühmten Buchdrucker und Verleger S. Feyerabend in Frankfurt a. M. Es führt den Titel: Eygentliche Beschreibung Aller Stände auff Erden , Hoher vnd Nidriger, Geistlicher vnd Weltlicher, Aller Künsten, Handwerken und Händeln etc. vom grössten biss zum kleinesten. — Auch von jenem Vrsprung, Erfindung vnd gebreuchen. Durch den weltberümpten Hans Sachsen Gantz fleissig beschrieben, vnd in Teutsche Reimen gefasset, Sehr nutzbarlich vnd lustig zu lesen, vnd auch mit künstreichen Figuren, derengleichen zuvor niemands gesehen, allen Ständen so in diesem Buch begriffen, zu ehren vnd wolgefallen, Allen Künstlern aber, als Malern, Goldschmiden etc. zu sonderlichem dienst in Druck verfertigt. Mit Röm. Keys. Maiest. Freyheit, gedruckt zu Frankfurt am Mayn M. D. LXVIII. Unter jedem der 113 Holzschnitte von 58 mm × 76 mm stehen acht deutsche Verse zur Erläuterung des dargestellten Standes oder Handwerks. — In dem- selben Jahre erschien bei demselben Verleger eine lateinische Ausgabe von Hart- mann Schopperus unter dem Titel ΠΑΝΟΠΔΙΑ, omnium illiberalium mechani- carum aut sedentiarum artium genera continens etc. In dieser sind jedem Bilde fünf Distichen beigefügt, von welchen zwei über drei unter der Figur gedruckt sind. Es war immer nur eine Seite des Blattes bedruckt und wurden dieselben wohl blattweise auf den Jahrmärkten verkauft. 1574 erlebte sowohl die deutsche, wie die lateinische Ausgabe eine zweite Auflage. 1884 wurde von Georg Hirth (Knorr und Hirth in München) eine neue Auflage gedruckt. , unsere Beachtung. Er trennt den „Blatner“ (Loriacus) und den „Pantzermacher“ (Laminarius). Zu ersterem dichtet Hans Sachs folgende Verse: Gute Stehle Harnisch ich schlagen kan, Beyde für Ross vnd auch für Mann, Gantze Küriss vnd die Rosspar, In die Schlacht, wohl versorget gar, Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Auch zu Thurnir, Stechn vnd Rennen, Sonst allr art, wie mans mag nennen, Für den Gmeinhauffen, schlecht gemacht, Das haben die Spartaner auffbracht. Schwungvoller lauten des Schopperus Verse: Laminarius. — Der Plattner. Huc properate viri, quos strenua sustinet aetas, Qui grave fulminei Martis amatis opus. Tempora qui rigido consumitis omnia ferro, Et premitis varias obsidione domos. Fig. 108. Sanguinolenta truces hîc arma parantur in hostes, Malleus hîc varia fulminat arte meus. Hîc fera belligeras in proelia jungite dextras, Aptet et hîc humeris quilibet arma suis. Jam mihi cornipedum sonus auribus insonat asper, Hîc quasi mi coram stet cataphractus eques. Zu deutsch etwa: Hierher ihr Männer eilt, denen frisch noch das Alter erhalten, Denen des blitzenden Mars mühsame Arbeit gefällt. Die ihr der Zeiten Beschwer mit starrendem Eisen bezwinget, Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Und durch Belagerung zwingt, manche stattliche Burg. Hier gegen schrecklichen Feind werden blutige Waffen bereitet Und mein Hammer erdröhnt hier in verschiedener Kunst. Hier zu dem wilden Kampf bewehrt er die krieg’rische Rechte, Hier biet’ ich jeder Gestalt passende Waffen zum Kauf. Tönt nicht der rauhe Klang behufter Füsse ins Ohr dir? Und hier vor meinem Blick steht das geharnischte Ross. Die Plattner zu Nürnberg hielten alljährlich zu Fastnacht ein „Gesellenstechen“, ein scherzhaftes Turnier, wobei sie nicht zu Pferde sassen, sondern auf hohen Stühlen, woran vier Rädlein waren. So, in leichter Rüstung, liessen sie sich durch ihre Gesellen und Lehr- buben auf den Schwabenberg ziehen und „räumten einander ab“. Solch ein Gestech fand noch im Jahre 1579 statt Siebenkäs , Materialien zur nürnbergischen Geschichte, Bd. III, S. 207. . Mit den Plattnern in naher Beziehung standen die Panzer- schmiede , welche die Ringelpanzer aus Draht fertigten. Diese waren in früherer Zeit, ehe die Plattenharnische Eingang fanden, ein sehr wichtiges Gewerbe gewesen, welche als Sarworchte (Sarwürcher, sar- burher, Brünner u. s. w. Bd. I, S. 865. in vielen grösseren Städten Deutschlands, wie in Köln, Nürnberg u. s. w., eine zahlreiche und angesehene Zunft bildeten. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts verschwanden sie als selbständige Zünfte, indem das Bedürfnis für Panzerhemden nach der Einführung der geschlossenen Plattenrüstungen sehr nachliess. Auch wurde durch die Einführung der Drahtzüge das Drahtschmieden verdrängt und so wurde die Fertigung der Ringelpanzer ein Nebengewerbe der Draht- fabrikation. Die Panzerer wurden gezwungen, sich auf andere Artikel zu verlegen, wie Pferdegebisse, Steigbügel Vergl. Bd. I, S. 882. und Kleineisenwaren, und heutzutage begreift man unter Panzerarbeiten in Westfalen die Herstellung von Fischangeln und dergleichen kleinen Eisen- und Stahlartikeln. Der Hauptsitz der Panzerer war, wie noch heute, Iser- lohn, aber auch die Panzerschmiede Ratingens waren weit berühmt, obgleich dort jetzt keine derartige Arbeit mehr gefertigt wird. Damals aber, zur Zeit des Jost Ammon , wurde die Anfertigung von eigentlichen Ringelpanzern, welche als Panzerhemde unter den Plattenrüstungen getragen wurden, noch gewerbsmässig betrieben. Hans Sachs besingt ihn also: Ich bin ein Pantzermacher frembd, Ich mach die Stählen Pantzerhembd, Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Auch Pantzer Ermel vnd Pantzerstrich, Die man tregt, offen vnd heimlich, Auch von Pantzer gut Stählen Krägn, Ich kann auch Pantzer rollen und fegen, Wo sie mit Rost anlauffen thon, Midias Pantzermacher fieng an. Schopperus Anpreisung lautet: Huc ades ô miles qui Martia bella frequentas, Angustumque teris pulverulentus iter. Fig. 109. Est aliquid quod te velut horter amicus amicum, Tu rude consilium consule quaeso boni. En tibi loricam fulvo prius aere rigentem, Sume, tuis humeris non grave pondus erit. Hostis inhumani validos quae sustinet enses, Hanc modicis nimmis posthabuisse voles? Quin eme loricam radiis quae vulget ahenis, Non leve pingnus erit, quod tueatur herum. Wolf Pohle war damals ein berühmter Panzerschmied in Dresden. Weitere Mitteilungen über die Eisenschmiede finden sich in Garzonis Piazza universale, obgleich dieselben grösstenteils dem Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Biringuccio entnommen sind. Der 46. Diskurs handelt von den Schmieden und beginnt folgendermassen: Von der Schmiedkunst oder Handwerck vnd deren Inuention, wird vnterschiedlich von vnderschiedlichen Authoribus, die auch einander der beynahe zuwider sind, geschrieben. Dann Plinius gibt vor, es sey dieses Handwerck von dem Cyclopibus erfunden worden: Daherr dann die Lateinische Poeten dreyer tapffern Schmidtknechten ge- dencken, welche dem Vulcano in seiner raucherigen Hölen vnd Werckstatt weydlich helffen zuschlagen, nemblich dess Brontis, Steropis vnd Pyragmonis. Clemens Alexandrinus schreibet solches den Vngern zu. Strabo , lib. 14, sagt, die Telchini haben es erfunden, vnnd dem Saturno seinen ersten Sebel geschmiedet. Diodorus ist bey sich selbst vneins, vnd schreibt es bald den Idalis Dactilis , bald aber dem Vulcano zu. Josephus aber vnd die H. Schrifft vor ihm sagt, Genes. 4, dass Tubalcain ein Meister in allerley Ertz vnd Eysenwerck sey gewesen. Dieses Handwercks Eygenschafft, Würckung vnd Zugehör wirdt erkandt, wann man desselbigen vnderschiedliche species vnd Wercke betrachtet, wie wir dann allhie, wo nicht alle, doch so viel als mög- lich, die, so bekandt sind, nach einander setzen vnd beschreiben wöllen. Er beginnt nun mit den Grobschmieden genau nach der Schilde- rung des Biringuccio . Dann fährt er fort: Ihre Arbeit ist früh aufzustehen, Kohlen auff die Ässe schütten, Fewer aufblasen, das Eysen drein legen, glühen, kühlen, heraus- ziehen, schmieden, treiben, formieren, temperieren, allerhand Arbeit darauss machen, die Riss löten, feilen, pallieren, anstreichen etc. Den Vnfleissigen aber fehlet es bissweilen, wann sie Stahl vnnd Eysen mit einander arbeiten sollen, dass sie entweder das Eisen ver- brennen, oder aber es so hart vnd vngeschmeidig machen, dass es sich schifert, vnd nicht lest mit dem Stahl vereinigen: oder finden sich wol solche, die das Handwerck nicht recht gelernet, dz sie zwar in einem, aber nicht in dem andern arbeiten können: vnnd wann sie beyde sollen mit einander arbeiten, wissen sie nit, wie sie es sollen angreiffen: oder aber wissen die notwendigste Handgriff vnd Secreta nit, vnd arbeiten also mit doppelter Mühe, vnnd richten doch nichts sonderliches damit auss, wie man gemeiniglich an den Dorffschmidten sihet, die gar wenig von gebürlichen Vorteilen vergessen haben. Schmiedtwerkzeug sind Ässe, Balge, Zangen, Amboss, Bloch, Horn Amboss, Hohl Amboss, Klein Amboss, Hämmer, der Platthammer Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. der Treibhammer, der Meissel, die klein Hämmer, die Schraubstöck, klein vnnd gross, Bisszangen, Beugzangen, Ziechzangen, vnterschied- liche Feilen, gross vnd klein, rundt, halb rundt, dreyeckt, viereckt, schmal, breit, Segfeilen, Messerfeilen, Driller, Schäre, Vorschlag, Durchschlag, vnd andere stück mehr. Die Mängel, so bey diesem Handwerck vorlauffen, oder vielmehr Betrug, dessen sie sich bissweilen behelffen, sind vielerley, wöllen nur etliche erzehlen: Bissweilen verkauffen sie Schlacken für Eisen, was sie mit dem Gewicht verkauffen, da mag sich der Bawer wol für- sehen, dass sie ihm nicht drey Pfundt für zwey rechnen, dann er hat kein Glück dabey, bissweilen vbersetzen sie den Ackersmann der- massen, dass er vmb einer Hawen, oder vmb einer Sensen willen seine Sonntagshosen muss versetzen, vnnd auch wol das Wammes darzu. Ihre Arbeit ist bissweilen gestickelt, schieffericht, oder sonst mangel- haft, da wissen sie die so fein anzustreichen, dass man es nicht gewar wirdt, biss man sie anfanget zu gebrauchen: bringet man sie ihnen wider, vnd begert Wehrschafft, wie sie an etlichen Orten schuldig, so haben sie ihre Entschüldigung schon bereidt, nemlich, sie seyen keine Wehrschafft wider zu grossen Gewalt schuldig etc. So sind sie bey ihrer Arbeit gar saubere Leutlein, besudelt vnd beschmitzet wie die Schornsteinfeger, welches ich nicht für einen Mangel rechene, sondern ist ihnen zu gut zu halten, sintemal es diese Arbeit nicht anders gibt, vnd ist ein Schmidt, so auff die Wercktag sauber gewaschen, weissen Kragen, vnd seidene Kleider tregt, nicht dreyer Heller wert, wann er schon viel tausendt in der Kisten hette. Es folgen nun die einzelnen Spezialitäten der Metallschmiederei und wir wollen den „Kesseler“ nicht auslassen, obgleich der Kupfer- kesseler gemeint ist, weil das meiste, was hier von der Treibarbeit desselben erwähnt ist, ebensowohl von dem Eisen- und Stahltreiber gesagt werden kann. Kesseler, oder Kupfferschmidt, sind die, so durch gewalt dess Hammers ihre Arbeit, wie die nun möchte genennet werden, auss einer rohen Massa Kupffers biss zum ende treiben. Solche stück Kupffer sind bissweilen gar vnfreundtlich zu handeln: müssen der- halbẽ auch zu vorhabender Arbeit bereitet werden, vnnd geschiehet dasselbige auch in der Ässe vnd im Fewer, allda das Kupffer ge- läutert, oder wider in einen Klumpen gegossen oder getrieben wirdt, auff dass man es hernach mit grossen schweren Hämmern, so an etlichen orten mit Mühlen gehalten werden, treibe, vnnd zur Arbeit Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. bequem mache. Bissweilen legen sie auch halbgetriebene Arbeit ins Fewer, wann sie durch das schlagen zu hart worden, dass sie die hernach, wenn sie widerumb kalt, vollends ausstreiben mögen. Darzu dann allezeit grosse Mühe, Arbeit vnd Fleiss erfordert wirdt, da muss man bissweilen grosse, bissweilen kleine Hämmer brauchen, bissweilen lange, bissweilen kurtze, vnnd mit dem schlagen die Arbeit bissweilen in die lenge, bissweilen in die breite, bissweilen in die enge, biss- weilen in die weite, bissweilen ausswendig, bissweilen innwendig treiben, vnd ihr allerhand Gestalt geben, wie man die haben wil. Dieses Metall ist gar weich vnnd geschmeidig, vnd lest sich treiben, wann es rein ist, vnnd einen rechten Meister hat, wie man es haben wil, allerhandt Arbeit darauss machen, welches aber mit grossem Fleiss muss geschehen, vnnd sihet man an der Arbeit, wann ein rechter Meister darüber gewesen, wann nemlich dieselbige vberall in einer dicke, die Hammerschläg gleich, vnnd keiner breiter als der andere, auch in ihrer gewisse Ordnung stehen, dass nicht einer hie, der ander dort hinauss sihet. Wann es sich zutregt, dass sie auch löten müssen, so thun sie dasselbige entweder mit geringem Silber, oder mit gebranntem Kupffer vnd Borax, oder aber, welches das gemeinest ist, mit Zin vnd Bley vnter einander gemenget, vnnd strewen ein wenig Colophonium auff den Ort, da sie löten wollen, auff dass es desto besser haffte, haltẽ darnach einen heissen kupffern Lötkolben darauff, vnnd formieren die Lötung wie es ihnen gefellet. Man hat auch im brauch kupfferne Gefäss, sonderlich darinn man kochet, oder nur Speise darinn leget, zu vberzinnen , damit die Speise keinen bösen Geschmack, oder gefährliche Qualitet vom Kupffer bekomme, welche Vberzinnung auch mit vorgemeldetẽ Löt geschiehet. Solches aber ins Werck zu richten, seudt man erstlich ein wenig Saltz vnd Essig in demselbigen Gefäss, vnnd reibt es wol innwendig mit derselbigen Brühe, darnach geust man ein wenig Zin, darunter ein vierdte teil Bley, vnnd ein wenig gepülffert Colophonium hineyn, fasset solches in eine Zange, vnd reibet das Geschirr allen- halben damit, wo man es vberzint wil haben, so wirdt es wie ein gepalliert Silber. Welche also arbeiten, die müssen ihre Arbeit offt glühen, vnnd wider in Wasser ablöschen, damit die Kupfferschwärtze rein herauss gehe, so bleibet es auch hernach lang schön. Hierzu gehört erstlich ein guter Meister, v῀ bequemer Werck- zeug, nemblich die Amboss, als der hohe Amboss, der nider, dz lang Horn, der Hand Amboss, der lange Hammer, der Platthammer, der Beck , Geschichte des Eisens. 25 Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. rundt Hammer, der klein Zierhammer, die Zangen, die Schneidt- vnd Beisszangen, die Ässe, die Belge. Die Arbeit ist, das rohe Kupffer in Täffelin giessen, schlagen, treiben, ausswendig vnd innwendig for- mieren vnnd verzinen. In ihren Werckstatten findet man allerhand Arbeit, als Kessel, allerhand Gattung, Züber, Kübel, Eimer, Töpffen, Becken, Löffel, Lampen, Gelten, Drat, Seigen, vnd derngleichen Ge- fässe mehr. Es ist zwar ein löblich Handwerck, aber nit löblich, dass sie sich vnterstehen den Einfältigen Eisen für Kupffer zu verkauffen, dann an den Kesseln vnnd allen Gefässen, so hengen haben, findt man gute starke eiserne Reiff, so offtermals nicht viel weniger, als der Kessel, wiegen: an denen Gefässen aber, so Füss haben, findet man auch drey oder vier starker Füss, als wann ein eiserner Kroppen darauff stehen solte. Ist etwas eyngelöttet, so ist das Loht auch dick vnd starck genug, dass es wol halte, vnd ehe anderswo, als am Löht breche. Solches hat zwar das Ansehen, als geschehe es vmb der Weh- rung, dörffen auch wol einem Einfältigen zeigen, wie stark vnd wol er versehen: aber glaub es nicht, sondern es ist nur ein Vorteil, der in das siebende Gebott gehöret, wie du leichtlich sehen wirst, wann du ihm auch einen newen guten Kessel bringest zu vertauschen, so ist er flugs da, schlegt die eiserne Henge und Ringe ab, dargegen lest er seine daran, vnd wilt du seinen Kessel haben, so musstu seinen Ring vnd Henge für Kupffer bezahlen: ihn aber wirst du nicht bereden, dass er deinen vmb halb Gelt annehme. — Das Treiben in Eisen war die Hauptthätigkeit der Plattner. Von den Plattnern, Waffen- und Büchsenschmieden handelt Garzoni auffallend kurz. Er sagt darüber folgendes: „Plattner und Waffen- und Büchsenschmiede werden die genandt, so allerhandt Waffen, beydes zur Defension vnd zur Offension machen: Als Sturmhüt, Bickelhauben, Krebs oder Brustdecken, Armschienen, Beinschienen, Handschienen, Pantzer, allerhand Schild vnd Tartschen, Spiess, Hellparten, Partisanen, Fusseisen: Item Messer, Wehr, Hack- messer, Beil, Äxte, Sägen, sodann allerhand Rohr, als Doppelhacken, Mussqueten, Vogel und Bürschrohr, Carabiner, Pistolen, Buffer, Fäust- ling vnd was dergleichen mehr ist, davon im Diskurs von der militia weitere Meldung soll geschehen. Diese Handwerk florieren jetziger Zeit zu Sarravalla, Brescia und Meyland mehr als in irgend einer andern Stadt in gantz Italien, — in Teutschland aber zu Cölln, Braunschweig und Nürnberg. Unter Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. den Alten werden Aceseus Patarensis und Helicon Cariftius von Plinio insonderheit gerühmt.“ Jost Ammon giebt uns die bildliche Darstellung der ver- schiedenen Eisenschmiede, wie sie in Deutschland zünftig getrennt waren. Fig. 110 zeigt uns den Grob- und Hufschmied. En candens ferrum dum forcipe verso tenaci, Brachia magnificis viribus usa levo. Non sine me celeres aurigae novit habenas, Currus, inaccessas aut valet ire vias. Fig. 110. Non agilis vacuum rota cucurreret ulla per orbem, Ante meam si non experiatur opem. Excussis neque liber equus volat ullus habenis, Ungula ni dextram sentiat ante meam. Adde quod et morbos relevem sapienter equorum, Malleus et ferrum mulceat omne meus. Sieh, das glühende Eisen wende ich mit der Greifzange um, Mit den durch wunderbare Kraft gestählten Armen halte ich es empor. Ohne mich würde weder der Fuhrmann sein rasches Gespann lenken, Noch die mühevollen Pfade überwinden. 25* Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Nicht würde je das leichte Rad durch den leeren Erdkreis dahineilen, Wenn es nicht zuvor meine Arbeit kennen gelernt hätte. Und nimmer würde das freie Pferd je dahinfliegen im jagenden Riemenzeug, Wenn nicht seine Hufe zuvor meine Faust gefühlt hätten. Dazu noch erleichtere ich weislich die Krankheiten der Pferde, Mein Hammer erweicht ein jegliches Eisen. So schildert ihn Schopperus ; schlichter lässt Hans Sachs den Hufschmied sprechen: Ich Huffschmied kan die pferd beschlagen, Darzu die Räder, Karn vnd Wagn, Schwäntzen und Lassen ich wohl kan, Den Pferden, die auch Schäden han, Ich kann Heyln, Retzen vnd Reiden, Den Feyfel vnd die Angstel schneidn, Zu den Ciclopen trag ich Gunst, Die erfunden des Schmidwercks Kunst. Von den Plattnern und Panzermachern haben wir bereits ge- sprochen, von den Büchsenschmieden und Sporern, den Naglern und Nadlern werden wir noch zu reden haben. Das Schmieden der Hauben und Helme war eine der wichtigsten Aufgaben der Plattner, doch werden die Helm- und Hauben- schmiede zuweilen als selbständige Gewerbetreibende neben den Plattnern genannt, namentlich in Nürnberg und Augsburg. Schon 1348 wird in Nürnberg H. Hagen , ein Haubensmit, als Bürge er- wähnt, und als in demselben Jahre der Aufstand der Zünfte gegen den Rat und Kaiser Karl IV. ausbrach, spielten die Haubenschmiede eine hervorragende Rolle. Hermann , wegen seines langen Bartes „der Geissbart“ genannt, und sein Bruder Ulrich , beide Hauben- schmiede, gehörten zu den Hauptanführern. Unter denen, die es am tollsten trieben, werden die Haubenschmiede Vingerlein und Hainz erwähnt und in dem neuen Rat, den die siegreichen Aufständigen wählten, sassen fünf Haubenschmiede. Als hervorragende Meister werden im Mittelalter noch genannt: Hilpolt 1359 und Hans Pfeil 1424, beide in Nürnberg. Die Innung bestand noch bis 1624. In Augsburg erscheint ein Martin Helmschmied 1371. Die Familie Kolman in Augsburg legte sich wohl infolge ihres Gewerbes den Namen Helmschmied bei. Die Haube wurde aus dem Ganzen ge- trieben, also nicht wie in neueren Zeiten aus zwei Hälften zu- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. sammengelötet. Über die Entwickelung der Hauben- und Helm- formen bis zum Ausgange des 15. Jahrhunderts haben wir im ersten Bande (S. 866 bis 870) berichtet. Um diese Zeit wurde der Visierhelm allgemein gebräuchlich, und zwar wurde sowohl die Schale (Schaller, salade) mit Visier versehen, als die Kesselhaube. Die erstere Art erhielt ihre schönste Entwickelung in dem Burgunderhelm. Bei diesem war die Schale durch einen Kamm (crête) verstärkt und mit Schirm, Wangenklappen und Nackenschutz versehen. Der Hauptunterschied zwischen Burgunderhelm (bourgignot) und gewöhnlichem Helm (armet) bestand darin, dass bei dem letzteren die vorderen und rückwärtigen Halsreifen einfach den oberen Rand des Kragens überragen, während bei dem Burgunderhelm der untere Fig. 111. Rand nach innen hohlziegelartig ge- kehlt ist und dass diese Kehlung bei aufgestürztem Helm über den gewul- steten Rand des Kragens greift, so dass Helm und Kragen zu einem Stücke verbunden erscheinen, wäh- rend die Beweglichkeit vollständig erhalten bleibt. „Er ging im Kragen um (vergl. Fig. 100).“ Durch die Verbindung mit Halsberge und Bart- haube wurden sie den eigentlichen Visierhelmen ganz ähnlich. Diese Helme wurden oft reich verziert; so trug schon Philipp der Gute im Jahre 1443 einen solchen, der reich mit Edelsteinen besetzt war. Einer der schönsten erhaltenen Bur- gunderhelme mit prachtvoller Treibarbeit, die Geschichte des Äneas darstellend, ist der in der kaiserlichen Waffensammlung zu Wien befindliche, Fig. 111 abgebildete. Der eigentliche Visierhelm, welchen die Deutschen im Gegensatz zu dem grossen Topf- und Stechhelm den kleinen Helm oder Helmlin (französisch armet, englisch helmet) nannten, entwickelte sich aus der Kesselhaube (bacinet — bassinet). Er besteht aus dem festen Teile, welcher den Schädel schützt, der Glocke (Helmdom, französisch tymbre, englisch bell) und den beweglichen Teilen, die zum Schutze des Gesichtes dienen, und welche die Franzosen unter der Bezeichnung le mézail zusammenfassen. Sie be- stehen aus dem Kinnstück (ventail), welches die untere Hälfte des Ge- sichtes umschloss und seitwärts aufgeschlagen wurde, wenn man das Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Helmlin auf- und absetzen wollte. Sodann aus der Nasenberge (nasal), welche durch Zapfen an der Glocke befestigt und mit Luft- löchern versehen war, und endlich aus dem Helmfenster (vue), das sich um denselben Zapfen wie das Nasal drehte, aber über diesem lag und zwei Einschnitte hatte Vergl. Jäns , Handbuch einer Geschichte des Kriegswesens, S. 738. . Durch das geschobene Kehlstück wurde der Helm mit dem Harnisch verbunden. Fig. 100 zeigt den Helm der Rüstung Kurfürst Christians II. mit halb aufgeschlagenem Visier. Eine besondere Helmform gewann durch den Einfluss der Spanier in Europa allgemeine Verbreitung. Es war dies der Morian (franzö- sisch und englisch morion, von dem spanischen morro, runder Körper), die runde Kesselhaube mit hohem Kamm, aber ohne Visier, Nasal, Halsberge und Nackenschutz. Dagegen hatte er Ränder, die über Gesicht und Nacken in Spitzen ausliefen, so dass sie im Profil einen Halbmond bildeten. Fig. 112 a stellt einen französischen Fuss- Fig. 112 a. Fig. 112 b. soldaten-Morian, aus dem Ende des 16. Jahrhunderts, Fig. 112 b einen deutschen Morian aus derselben Zeit, wie sie von der Bürger- wehr der Stadt München getragen wurden, dar. Sie sind oft mit schöner Grabstichelarbeit verziert oder geätzt, aber man findet auch Pracht- stücke mit reicher getriebener Arbeit, wie solche in den Waffen- sammlungen zu Dresden und Madrid zu sehen sind. Ebenso wie Harnisch und Helm waren auch die übrigen Teile der Rüstungen reich verziert, und mit gleicher Kunst und gleicher Pracht war die eiserne Schutzrüstung der Pferde geschmückt, be- sonders die Rossstirn und der Sattel, die Steigbügel und die Sporen. Die „ Sporer “, welche in manchen grossen Städten selbständige Zünfte bildeten, meist aber mit den Schlossern zünftig waren, ge- hörten zu den Kleinschmieden, und wollen wir das Wenige, was wir über dieses Gewerbe, das schon ausserhalb des Rahmens unserer Betrachtung liegt, zu sagen haben, hier vorbringen. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Schopperus besingt die Sporer zu Jost Ammons Abbildung (Fig. 113) in folgenden Versen: Calcarius, der Sporer . En tibi fortis eques calcaria ferrea vendo, Alta quibus flectas colla ferocis equi. Hic saltem validos fodias animosior armos, Ibit adhortatum fortior ille tuum. Nam nisi nostra pedi calcaria nectis utrique, Non equitis praestans nomen habere potes. Fig. 113. Praeterea sonipes calcaribus absque premetur, Si, pedibus veluti rusticus urget, ages. Ergo para modicis calcaria splendida nummis, Ars quia dedecoris nil dabit ista tibi. „Hier verkaufe ich Dir eiserne Sporen, tapferer Reiter, Mit denen Du den starren Nacken des wilden Pferdes bändigen kannst. Mit diesen nicht einmal starken Waffen wirst Du lebhafter stechen, Und rascher geht Dein also Angesporntes. Wenn Du nicht unsre Dir an beiden Füssen anbindest, Wirst Du nicht den Namen eines hervorragenden Reiters haben können. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Dazu wirst Du mit klingendem Fuss mit den Sporen den Druck geben, Während der Bauer nur mit seinen Hacken drückt. Deshalb verschaffe Dir gegen geringe Zahlung diese herrlichen Sporen, Es wird Dir jene Kunst nicht zur Unehre gereichen.“ Hans Sachs aber sagt: Ich mache Sporen von Stahl vnd Eyssen, Geschwertzt vnd Zint, die man thut preyssn, Die doch den Gaul nit hart verletzn, Welch Pferd sich tückisch widersetzn, Den mach ich ein scharffes gebiss, Dass ja von statten treibt gewiss: Dem Bauwren mach ich’s gröber viel, Der es nur wolfeyl haben wil. Häufig, und dies sehen wir auch in Jost Ammons Zeichnung, machte der Sporer auch Steigbügel, Stangengebisse und sonstige Aus- rüstungsstücke des Pferdes. Die Radsporen kamen bekanntlich erst gegen Ende des 13. Jahr- hunderts in Aufnahme. Das Rad war ursprünglich fünfspitzig, doch kamen in Deutschland schon im 14. Jahrhundert achtspitzige Räder auf und im 16. Jahrhundert finden sich häufig Räder von 12, 15 und 18 Spitzen. Trutzwaffen . Legte man auf die Herstellung der Schutzwaffen im 16. Jahr- hundert grossen Wert, so war dies noch mehr bei den Angriffs- waffen der Fall. Ein Schwert oder einen Dolch zu tragen war noch jedem Freien erlaubt. Eine Wehr zu haben, war sogar die Pflicht jedes Bürgers. Der Bedarf war also ein grosser, und die Klingenschmiede und Messerer bildeten hochangesehene Verbände unter den Eisenarbeitern, die sich neben den Schildmachern (scuta- tores) am frühesten als selbständige Gewerbeverbände von den Schmieden abgesondert hatten. Waren schon in alter Zeit einzelne Städte, wie beispielsweise in Deutschland Regensburg, Passau und Köln, in Italien Mailand und Brescia (Armata), in Spanien Sevilla und Toledo berühmt durch ihre Schwertschmiede, so fing im 16. Jahr- hundert diese Art der Industrie sich noch mehr an zu konzentrieren Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. und zur Fabrikation zu werden. Allerdings nicht ganz zur Fabri- kation in unserm Sinne, so dass einzelne Grossunternehmer oder Gesellschaften in grossen Werken Massenproduktion bestimmter Artikel auf eigenes Risiko mit Lohnarbeiten betrieben hätten, son- dern in dem alten Sinne der Fabrik, dass eine Anzahl selbständiger Meister in einer Stadt oder einem Gebiete nach gewissen zunft- mässigen Vereinbarungen zusammenarbeiteten, während der Vertrieb der betreffenden Ware, der eigentliche Verkauf von andern besorgt wurde. Diese Art der Produktionsweise, welche sich ganz besonders bei den Schwertschmieden Westfalens im Solinger Bezirk planmässig, mit der vollen Auffassung des Wertes der Arbeitsteilung schon im Mittelalter entwickelt hatte, haben wir in Band I, S. 849 bereits aus- führlich geschildert. Wir knüpfen an die dort gegebene Darstellung einfach an. Die Herzoge von Berg unterstützten die Thätigkeit ihrer fleissigen Industriebevölkerung, namentlich die ihrer in ganz Europa bekannten Schwertschmiede durch vernünftige Gesetze und Privilegien. 1374 wurde der Ort Solingen, der hauptsächlich von Eisenschmieden be- wohnt war, zu einer „Freiheit“ erhoben; mit dem Rechte, sich mit Mauern, Wällen und Thoren zu versehen und einen Wochen- und Jahrmarkt abzuhalten Siehe Lacomblet , Urkundenbuch, Bd. III, Nr. 754 und R. Gronau , Ge- schichte der Klingenindustrie Solingens. . Im Jahre 1401 hatte dann Herzog Wilhelm von Berg den Härtern und Schleifern ein Privileg mit einer zunft- gemässen Verfassung erteilt; am 9. März 1412 erhielten die Schwert- feger und Reider, am 25. November 1472 die Schwertschmiede und am 6. April 1487 die Kreuz- und Knopfschmiede die gleichen Ver- günstigungen. Der Verkauf der Solinger Klingen ging hauptsächlich über Köln und lässt sich wohl annehmen, dass die im Mittelalter so berühmten kölnischen Klingen grossenteils aus dem Bergischen und aus dem Solinger Bezirk stammten. Eigentümlich war die strenge Arbeitsteilung, welche ihren gesetzlichen Ausdruck fand in den ge- schlossenen „Bruderschaften“, auch „Ambachte“ oder „Handwerke“ genannt. Es gab deren drei: die Schwertschmiede, die Härter und Schleifer und die Schwertfeger und Reider. Wir haben über deren Gewohnheiten und Rechte bereits im ersten Bande berichtet (S. 850) und werden später bei der Lokalgeschichte noch einiges hierzu nach- tragen. Was der Solinger Klingenindustrie einen besondern Auf- schwung und ein Weltrenommee gab, war die gute Ware und deren Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. sorgfältige Kontrolle. Dieselbe drückte sich aus durch das Meister- zeichen und durch die als Zwang eingeführte Abstempelung. Es gab vereidigte „städtische Zeichenmeister“ und das Kontrollzeichen war damals das Wappen der Fürsten von Ravensberg. Die Fabrikmarken oder richtiger das Meisterzeichen hat bei keiner früheren Industrie eine so wichtige Rolle gespielt, als wie bei der Klingenschmiederei. Eine echte „Wolfsklinge“ zu besitzen, war der Stolz eines deutschen, wehrhaften Mannes und da ist es nun eigentümlich, dass sich Solingen und Passau über die Priorität des Wolfszeichens als Schwertmarke streiten können. Passau, welches ein sehr alter Schwertschmiedeplatz war, hat dabei den Vorteil der bestimmten historischen Überlieferung. In einer alten Passauer Chronik wird berichtet, dass der Passauer Schwertschmiedezunft im Jahre 1349 das Wolfszeichen verliehen worden sei. Die Stelle lautet: Als man 1, 3, 4 und 9 gezählt, Hat man Passau gar wohl gewöllt; Herzog Albrecht umb diese Zeit, Die Klingenschmiede hat befait, Begabt mit dem Wolfszeichen ; Seitdem Niemand solch’ Wehre scharff In Österreich sonst machen darff, Mit Zeichen — desgleichen. Das Passauer Wappenbild ist ein silberner Wolf in rotem Felde und dürfte das Wolfszeichen wohl hiervon abzuleiten sein. Das Zeichen Fig. 114, das nur eine entfernte Ähnlichkeit mit einem Wolf hat, wurde auf den Klingen eingraviert und mit Messing eingelegt Siehe Wendelin Böheim , Waffenkunde 1890, S. 252. . Indessen sind Passauer Klingen mit diesem Zeichen von so hohem Alter kaum bekannt, während man Solinger Wolfsklingen viel häufiger in den grösseren Waffensammlungen findet, so besonders zahlreich in dem Historischen Museum zu Dresden, auf der Feste Koburg und im Berliner Zeughause Siehe Ge- schichte der Solinger Klingenindustrie von Rudolf Gronau . . Die Gestalt des „Wolfes“ war meist roh, nur durch wenige Hiebe, Striche oder Punkte (siehe Fig. 115) dar- gestellt Siehe R. Gronau , a. a. O., S. 17. . Dass es ursprünglich das Fabrikzeichen eines durch seine Klingen berühmten Solinger Meisters namens Wolf war, der um das Jahr 1414 gelebt haben soll, ist nur eine Sage, indem sich das Wolfszeichen (Fig. 115 a ) bereits auf einem dem 13. Jahrhundert an- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. gehörigen Schwerte des Historischen Museums zu Dresden befindet; Fig. 115 b ist auf einem Schwerte aus dem 14. Jahrhundert, das im Berliner Zeughause aufbewahrt wird. Da sich schon sehr früh neben dem Wolf andere Meisterzeichen befanden, so lässt sich annehmen, dass der Wolf in ältester Zeit das allgemeine zunftmässige Zeichen der Solinger Schwertschmiede war. Sehr früh erscheint neben dem Wolf der Reichsapfel, doch wurde auch dieser nicht von einer einzigen Fig. 114. Fig. 115 a. Fig. 115 b. Familie geführt, sondern erscheint in verschiedenen Verbindungen; so findet man auf Klingen des berühmten Schwertschmieds Jo- hannes Wundes , der zwischen 1560 und 1610 in Solingen lebte, neben dem Wolf und dem Reichsapfel (Fig. 116 c, d) seinen vollen Namen mit seinem berühmten Emblem, dem Königskopf (Fig. 117). Gronau Fig. 116 c, d. Fig. 117. giebt in seinem Werke über die Geschichte der Solinger Eisenindustrie aus- führliche Nachrichten über die Klingenzeichen und auf einer grossen Tafel eine Zusammenstellung aller ihm bekannt gewordenen Marken seiner Vaterstadt Auf Vollständigkeit kann die Tafel, trotz ihres Umfanges, aber keinen An- spruch machen. So giebt Gronau bei dem im vorigen Jahrhundert berühmten Klingenschmied Abraham Berg nur aufgeschlagene Worte als Schwertmarken an, während Hallens (Professor der Historie bei dem königl. preuss. Kadetten- corps) in seiner „Werkstätte der heutigen Künste 1764“ (Bd. III, S. 251) ausdrück- lich sagt, sein Zeichen sei bei Degen ein auf der Angel eingeschlagener Pferde- kopf gewesen, bei Rappier- und Schilfklingen A. B. auf der Klinge. Ebenso führt Gronau den Peter Mumm (1764) ohne Zeichen auf, während Hallens angiebt, er führe eine Glocke zum Zeichen. . In Solingen gestaltet sich das System der Fabrikzeichen zu einem förmlichen „industriellen Wappenadel“, über welche, damit niemand in den Gerechtsamen seines Zeichens geschädigt werde, in den zwie- fach vorhandenen „Zeichenrollen“ genaues Register geführt wurde. Diese Zeichen mussten von dem, der ihre Eintragung in die „Rollen“ nachsuchte, ersonnen sein und durften den schon vorhan- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. denen nicht zu ähnlich sehen. Bevor ein Zeichen genehmigt wurde, hatte die Amts- und Kirchenbehörde es zu „publizieren und zu affigieren“, d. h. im Bilde an die Thüren des Amtsgebäudes und der Kirche anzuschlagen und an drei aufeinander folgenden Sonntagen Fig. 118. in den drei Amtskirchen Solingen, Wald und Gräfrath, später auch noch in Haan und Kronenberg „zu verkündigen“. Wurde kein Einspruch gegen die Führung des Zeichens erhoben, so wurde dasselbe auf den Namen des betreffenden Schwertschmiedes (Fabrikanten) erb- und eigentümlich in die Zeichenrolle eingetragen. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Die Zeichen konnten verschenkt, vertauscht, verkauft und als Pfand versetzt werden; sie vererbten sich in der Familie. So erwarb Peter Weyersberger 1774 das oben erwähnte Klingenzeichen des „Königskopfes“ von den Erben des renommierten Klingenschmiedes Fig. 119. Johannes Wundes , der es 200 Jahre früher (1584) in die Zeichen- rolle hatte eintragen lassen, für vier Kronenthaler und dieses neben dem nicht minder bekannten „Ritterhelm“ sind heute noch die Fabrik- marken der weltberühmten Schwertfabrik von Weyershäuser, Kirsch- baum u. Comp . Bekannte Namen und Zeichen von Solinger Klingenschmieden des Mittelalters und des 16. Jahrhunderts sind folgende: Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. 1. Jahr, Namen und Zeichen (Fig. 118, a. S. 396). 1430. O. Pols. 1450 (1495). Johannis Köller (Koller, Keuller), Fig. 118, Nr. 1 und Clemens Kuler, der in Spanien arbeitete „Clemens Kuler en Ale- mania. Mi sinnal es el navio“. 1520. Boegel, Bürgermeister von Solingen. 1550. Augustin Boel. — Johannes Keindt. 1560 (1600). Johannes Wundes, Fig. 118, Nr. 2, 3, 4. 1569. Boest „der junger“. 1573. Wilhelm Weyersberg (Wiersberg, Wersberch), Bürgermeister von Solingen, Nr. 5. 1580 (1600). Theis Wundes, Nr. 6, 7. „ Alich, Nr. 8. „ Meves Berns, Arnold Berns, Nr. 9. „ Johannes Hoppe. „ (1600). Theil Köller, Nr. 10. „ Peter Lobach (Lobich), Nr. 11. „ Clemens Stamm, Nr. 12, 13. „ Wilhelm Klein. „ Heinrich Pater, Nr. 14. „ Johann Tesse, Bürgermeister von Solingen. 1585. Clemens Tesse, Nr. 15, 16. 1588. Clemens Horn (Horum, Harne), Nr. 17, 18. 1590. Heinrich und Wilhelm Brabanter. „ Johannis Kirschbaum (Kirsbaum), Nr. 19. „ Clemens Meigen. 1591. Johannis Wundes „der Jung“. 1591. Theis Weyersberg. 1594. Othmann Wette. 1597. Audreis Munsten (Andreas Münster, Münsten, Müngsten), Nr. 20, 21, 22 (Degen im Dresdener Museum). 1597. Peter Munsten, Bürgermeister von Solingen, Nr. 23, 24 (pracht- voller Degen im Museum zu Sigmaringen). 1597. Peter Munsten „der junger“, Nr. 25. 1600. Johannes Mum (Mumm, Moum), Nr. 26, 27, 28, 29, 30, 31. „ Peter Pather (Paether, Poeter), 32, 33, 34. „ Peter Schimmelbusch. „ Johannis Wilms, 35, 36, 37, 38, 39. „ Clemens Keuller. — Peter Munnich. — Paulus. 2. Zeichen ohne Namen (Fig. 119, a. v. S.). Sehr alte Zeichen, wahrscheinlich älter als der Wolf, Nr. 40 und 41; Zeichen von 1280, Nr. 42; von 1350, Nr. 43 und 44; von 1400, Nr. 45, 46, 47; von 1450, Nr. 48, 49, 50, 51, 52 und 53; von 1480, Nr. 54 und 55; von 1500, Nr. 56, 57, 58 und 59; 1490 bis 1550, Nr. 60; von 1550, Nr. 61, 62; von 1559, Nr. 63; von 1570, Nr. 64; von 1580, Nr. 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72; von 1580 bis 1600, Nr. 73; von 1590, Nr. 74, 75; von 1600, Nr. 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Von bekannten deutschen Klingenschmieden des 16. Jahrhunderts nennen wir ferner noch Ambrosius Gemlich in München um 1536, der für Karl V. schmiedete; zur selben Zeit den Schwert- feger Nicolaus Berthold von Nürnberg, der später Rüstknecht am Fig. 120. sächsischen Hofe wurde; Konrad Lo- benschrod in Nürnberg († 1592); auch der berühmte Eisenschneider Rücker war seines Zeichens ein Schwertfeger. Auf Klingen der Dresdener, Berliner und andern Sammlungen finden sich noch folgende Namen: Hans und Mel- chior Bartel (Bertolot), Balzer Hacker, Ulrich Jahn, Hans Mammitzsch, Othmar Wetter, Melchior Werner, Christof Zell (Zoll), Hans Prûm von Messene, Christof Lindner von Nürnberg (1562), Ulrich Diefstetter von München, Christof Weiditz von Augsburg, Johann Broch, Paul Fritsch, Anton Keil, Georg Kreisig, Babert Seyfried, Anton und Israel Schuch, Ulrich und Thomas Jahn (1567) und Franz Kaphan, der mehr Messerklingen schmiedete. Hinsichtlich der Schwertformen knüpfen wir an das in Bd. I, S. 853 Gesagte an. Die Hauschwerter ent- wickelten sich seit der Mitte des 15. Jahrhunderts zu ausserordentlicher Grösse bis zu den gewaltigen Zwei- händern oder „Bidenhander“ (franzö- sisch espadon, italienisch spadone, eng- lisch two-hands-swords) (Fig. 120), welche natürlich nur von Kämpfern zu Fuss geschwungen werden konnten. Denn nur in mächtigem Zirkelschwung konnte die unförmige Waffe wirkungs- voll gebraucht werden. Dazu gehörte ebensoviel Kraft als Geschick- lichkeit, und ein „Meister vom langen Schwerte“ zu sein, galt in jener Zeit für eine gewaltige Ehre. Auch in dieser Kunst war der für alle körperliche Übungen begeisterte Kaiser Maximilian wohl Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. bewandert, und Burgkmaiers schöne Abbildung der Fechtübungen des jungen Max mit dem Bidenhander giebt eine charakteristische Darstellung der Fechtweise. „Diese Waffe hatte den Zweck Siehe Jäns , Handbuch einer Geschichte des Kriegswesens, S. 748. , in die Massen gefällter Spiesse Bresche zu fegen, indem sie, mit zwei Händen mächtig geschwungen, durch die Wucht des Hiebes die getroffenen Stangenwaffen teils zerschlugen, teils wenigstens niederdrückten und so den den Bidenhandern nachfolgenden Spiessern, Hellebardierern und Keulenträgern eine Gasse bahnten. Auch zum Angriffe auf ge- panzerte Ritter dienten die Bidenhander, und zwar wirkten sie hier in Rotten von 50 bis 100 Mann mit furchtbaren Hieben auf die Flanken der Ritterhaufen, insbesondere gegen die Pferde, während der Reiter in der Front von Spiessern beschäftigt wurde. In Deutschland endlich wurden die Zweihänder mit Vorliebe zur Verteidigung der Mauer gegen die Leiterersteigung verwendet.“ In der Regel waren die Klingen, die oft an drei Ellen lang waren, glatt, zweischneidig, zu einer Bogenspitze zulaufend, ganz wie die alte Spatha, aus der sie sich entwickelten. Aber diese Formen erfuhren mancherlei Modifikationen. Zunächst arbeitete man den unteren Teil des Schwertes gar nicht als Klinge aus, sondern liess ihn als Vierkanteisen ohne Schneiden stehen. Dieses Eisen, das auf der einen Seite in das Heft überging, trennte man anderseits von der eigentlichen Klinge durch zwei angesetzte Dorne, „Parierhaken“. Sodann gab man den Bidenhändern zuweilen eine gezahnte, öfter eine gewellte Form. Dieses waren die „Flammberge“, welche durch ihre Form besonders gegen Eisenharnische wirkungsvoll waren. Das Material, aus welchem diese Klingen hergestellt wurden, musste natür- lich ein gutes sein, doch war es kein ausgesuchtes, sondern ein guter Schweissstahl, von nicht zu grosser Härte, weil sonst die Klingen bei den gewaltigen Hieben gegen Stahlpanzer gesprungen wären. Anders war dies bei den Stossdegen, welche ebenfalls im 16. Jahr- hundert zu besonderer Anerkennung im ernsten Kampfe gelangten. Die Deutschen hatten schon im 15. Jahrhundert die „Pörschwerter“, d. h. Bohrschwerter. Lange Degen mit sehr harten Spitzen, welche dazu dienten, dem mit geschlossenem Plattenpanzer bewehrten Krieger durch Stoss an den schwachen Stellen zwischen dem Geschiebe in den Körper einzudringen. Die deutschen Bohrschwerter gingen in die leichteren Panzerstecher über und wurden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts verdrängt durch die spanischen Stossdegen und die Rappiere, die sich über ganz Westeuropa verbreiteten und eine Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Zeitlang die Hiebwaffen beinahe zu verdrängen schienen. Aus dieser Zeit stammt der hohe Ruf der „Toledoklingen“, die sich durch ihre Fig. 121. Form — sie waren tief eingeschliffen, meist von vierkantigem oder dreikantigem Querprofil — und durch ihre vorzügliche Härtung auszeichneten. Diese trefflichen Klingen waren nicht eigentlich aus Stahl hergestellt, sondern aus dem harten, stahlartigen Eisen, welches bei den Katalan- schmieden Siehe Bd. I, S. 789 etc. , namentlich in Biscaya, zu Bilbao etc. gewonnen wurde. Die Klingen wurden aber, nachdem sie vorgeschmiedet waren, durch ein Härtemittel gestählt und gerade durch ihre vor- zügliche Härtung — die Klingen sind nämlich, ähnlich den orientalischen Klingen, verhältnis- mässig hart — waren die Schwertschmiede von Toledo berühmt. Toledo wurde unter Karl V. und seinem Sohne Philipp der renommierteste Waffen- platz Europas. Fig. 121 stellt einen Degen Phi- lipps II. dar. Die Klingenschmiede von Toledo hatten ähnlich wie die von Solingen ihre Meister- zeichen. Jubinal in seinem mehrfach erwähnten Werke La armeria Real de Madrid giebt eine Liste berühmter Klingenschmiede von Toledo und ihrer Zeichen. Dieselbe beginnt aber erst mit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Siehe Bd. I, S. 846. . Von dieser Zeit an aber wurde die Klingenschmiederei zu Toledo in grossem Umfange, fast fabrikmässig, wenn auch gerade wie in Solingen nur von selbständigen ge- prüften Meistern in eigenen Werkstätten betrieben. Auch in Spanien erbte sich die Waffenschmiede- kunst in einzelnen Familien durch mehrere Gene- rationen fort, wie namentlich die Familien Ruiz, Sahagun und andere. Wir haben zwar schon im ersten Bande (S. 846) die meisten hervorragenden toledanischen Klingenschmiede angeführt, doch wollen wir die Liste hier vervollständigen, zugleich mit den Schwert- marken, Fig. 122 (a. f. S.). Aus dem 15. Jahrhundert sind nur wenige Beck , Geschichte des Eisens. 26 Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Namen spanischer Klingenschmiede überliefert, denn bis zur Ver- treibung der Mauren lag die Kunst grossenteils in deren Händen. Reduan , der Waffenschmied Boabdils, ist wahrscheinlich identisch mit Julian del Rey , dem maurischen Schwertschmied, der 1495 zum Christentum übertrat, wobei Ferdinand der Katholische Taufpate war. Rey führte einen Halbmond und ein springendes Tier (Fig. 122, Nr. 1), wohl eine Nachahmung des deutschen Wolfszeichens. Er arbeitete in Granada, Saragossa und Toledo. Dem 15. Jahrhundert Fig. 122. gehört auch Juan Orengo zu Tortosa an. Von der Familie Ruiz in Toledo erscheint zuerst Antonio der Alte um 1520; Sebastian Ruiz war 1568 bis 1570 Rappiermacher Kaiser Maxi- milians II., 1579 kehrte er nach Spanien zurück; er führte die Klingenzeichen Fig. 122, Nr. 2. Juan Ruiz ist um 1590 bekannt. Johannes Delaorta , auch de la Horta , um 1545, führt die Zeichen Fig. 122, Nr. 3. Juan de Alman , wahrscheinlich de Alemania , ein Deutscher, ist um 1550 in Toledo bekannt und führte zwei Sterne (Fig. 122, Nr. 4) als Zeichen. Dasselbe führte sein Bruder Gilde Alman um 1560. Berühmte Schwertschmiede waren die Martinez in Toledo. Von diesen war Juan Martinez der Ältere um die Mitte des 16. Jahrhunderts Espadero del Rey und führte die Devise: „In te Domine speravi non“ und das Zeichen des Espadero , die ge- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. krönte Lilie, ferner den Halbmond (Nr. 5). Juan Martinez der Jüngere führte dieselbe Devise in der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts und das Zeichen Nr. 6. Juani oder Jvanni führte um 1554 den Halbmond wie Juan Martinez sen. und man hält beide für identisch. Zu unterscheiden sind Joannes zu Valencia in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, der für Karl V. arbeitete und Juanes genannt der Alte zu Toledo. Ebendaselbst arbeiteten um 1560 die Klingenschmiede Lupus Aguado , Sohn des Juan Mu- telo, Miguel Cantero mit dem Zeichen Fig. 122, Nr. 7; auch signiert er zuweilen „Opus laudat Artificium. Miguel Cantero“. Be- rühmt war die toledanische Familie Hernandez , von denen Seba- stian der Ältere um 1570 die Marken Nr. 8 führte. Unter dem Namen Jusepe de la Hera erscheinen vier Meister vom Alten bis zum Urenkel herab. Die beiden älteren führen das Zeichen Nr. 9, die beiden jüngeren Nr. 10. Von der Familie Sahagun wirkte Alonso der Ältere um 1570 in Toledo und führte die Zeichen Nr. 11. Hortuno de Nicolas Aguirre der Ältere um 1580 in Toledo führte zwei Zeichen Nr. 12. Franzisco de Alcazes arbeitete mit seinem Zeichen Fig. 122, Nr. 13 in Toledo und Madrid. Eine be- rühmte toledanische Klingenmarke war die Schere Nr. 14 des Do- mingo Sanchez Clamade , genannt el Tigerero , um 1590. Domi- nigo Corrientes führte die Zeichen Fig. 122, Nr. 15 und il maestro Domingo der Ältere ebenfalls in Toledo Nr. 16. Ähnlich war das Schild des Franzisco Gomez Nr. 17. Adriano de Lafra mit dem Zeichen Nr. 18 arbeitete ausser in Toledo auch in San Clemente und Petro de Lazama (S. Z., Nr. 19) desgleichen in Sevilla. Dominigo und Pedro de Orozco zu Toledo führten die Marken Nr. 20. Alonso de los Rios (Nr. 21) arbeitete ausser in Toledo auch in Cordova und Juan de Salcedo (S. Z., Nr. 22), ebenso in Valladolid. Der Toledaner Pedro de Toro zeichnete wie Fig. 122, Nr. 23. Franzisco de Zamora arbeitete auch in Sevilla. Zum Schlusse nennen wir die bekannten beiden Zabala zu Toledo, von denen Juan Martinez de Garcia , genannt Zabala der Alte , um 1550 das Zeichen Nr. 24 und Andreas Martinez de Garcia , ge- nannt Zabala der Junge , das Zeichen Nr. 25 führte. Von der Technik der toledanischen Klingenschmiede wissen wir nur wenig. Sie bezogen ihr Eisen von dem Bergwerk Mondragon Siehe J. Talbot Dillon , Reise durch Spanien, Bd. I, S. 151. , nicht weit von Guypuzcoa. Das Erz wurde daselbst in einem 26* Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. roten Thon gefunden und gab natürlichen Stahl. Es war angeblich das einzige Erz in ganz Spanien, das dies that. Man nannte es hierro gelado, gefrorenes Eisen. Es scheint indes, dass die Klingen- schmiede den ausgeschmiedeten Schwertern noch eine künstliche Här- tung gaben, von der später oft als von einem verloren gegangenen Geheimnis die Rede ist. Jedenfalls waren die toledanischen Klingen sehr hart und glichen darin mehr den echten Damascenerklingen. Da die Kunst der Schwertschmiede von den Mauren überkommen waŕ, so mögen sich wohl auch die im Orient gebräuchlichen Kunst- griffe vererbt haben. Dies scheint auch aus folgenden Überlieferungen hervorzugehen. Manche behaupteten, die toledanischen Klingen würden nur im Winter gehärtet und wenn sie zum letzten Male aus der Schmiede gekommen, so wären sie in dem kältesten Wetter mit der grössten Geschwindigkeit in der Luft geschwenkt worden. Dasselbe wird vielfach von orientalischen Schmieden, namentlich denen zu Damaskus berichtet. Andere sagen, sie seien bis zur Kirschrothitze glühend gemacht und dann in ein Gefäss mit Öl oder Fett gesteckt, hierauf ebenso lange in warmes Wasser getaucht worden und das alles im härtesten Winter. Noch andere sagen, sie wären von natür- lichem Stahl von Mondragon, mit einem Streifen von gemeinem Eisen in der Mitte verfertigt, um sie biegsamer zu machen und dann auf gewöhnliche Weise im Winter gehärtet worden. Hochberühmte Klingenschmiede lebten in Italien Boeheim , a. a. O., S. 5. . Dem 15. Jahr- hundert gehörten noch an: Pierus , der um 1446 für Papst Eugen IV. arbeitete und zeichnet: „Pierus me fece“, und Patrolaus , von dem es indes zweifelhaft ist, ob er aus Italien stammt. Um 1500 war Vittore Camelio , dem man die Erfindung eines leichten Stahles zuschreibt, in Brescia thätig; ebendaselbst lebte Serafino , genannt Bresciano , der sich auch als Tausiator auszeichnete und um 1540 für Franz I. von Frankreich arbeitete. Eine berühmte Waffen- schmiedefamilie waren die Piccinini in Mailand; von ihnen zeichneten sich Antonio (1509 bis 1589) und sein Sohn Frederigo (bis 1600) als Klingenschmiede aus; Antonio markierte (Fig. 123 a älteres, b jüngeres Zeichen). Den grössten Ruhm im Auslande, namentlich in England und Russland, erwarb sich Andrea Ferrara zu Belluno (1530 bis 1583). Pietro Sirrico zu Florenz arbeitete um 1550 für Karl V. Matinni Antanni ( Antonio Martini oder Martino Antani ), der um 1550 den gekrönten Mohrenkopf als Marke (Fig. 123 c ) führte. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Giovanni Motta arbeitete um dieselbe Zeit in Neapel. Pietro Antonio Furmigano war ein Klingenschmied zu Padua um 1570, welcher die Marken des Juan Martinez sen. benutzte. Giovanni Serabaglio zu Mailand haben wir schon früher genannt; sein Kollege und Landsmann Rivolta zeichnete: Il Rivolta in Milana alla Corona. Unter den italienischen Klingenschmieden gegen Ende des 16. Jahr- hunderts ragt am meisten Pietro Caino zu Mailand hervor. Er führt verschiedene Marken und zwar nebst dem Namen noch drei- Fig. 123. mal hintereinander die Buchstaben P. S. M., ferner den Stempel Fig. 123 d , zuweilen auch einen Mond. Ferner verdienen noch Er- wähnung Cinalti der Ältere zu Pisa, Desandri zu Brescia, der mit dem Worte Scacchi zeichnet (Fig. 123 e ), Giorgio Giorgiutti zu Belluno, Francisco Lopez zu Neapel, Albregh Paras zu Florenz, ein Niederländer von Geburt, und Petro de Napoli zu Neapel. In Frankreich ist Jehan Lemoyne um 1600 als Klingen- schmied zu nennen, er hiess „Maitre de l’epée couronnée“. Aus dem 15. Jahrhundert erwähnen wir noch Jehan Noli zu Tours um 1488. In Brüssel arbeitete um 1490 der Klingenschmied Hughes Brug- man und um 1460 der Schwertfeger Jehan God. Gille de Jaghere war um 1540 Klingenschmied in Gent. Ein berühmter Spiessmacher war Martin de Rycker 1520 bis 1530 in Brügge. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Über das ältere Verfahren der Klingenschmiederei haben wir im ersten Bande (S. 849) bereits das Wichtigste mitgeteilt. Durch die Einführung der Reckhämmer und die fabrikmässige Darstellung von Gerb- oder Raffinierstahl kam ein grosser Umschwung in diese Indu- strie, was wir später bei dem Abschnitte über die Reckhämmer näher erörtern werden. Hier wollen wir nur noch einiges über das Fertigmachen der Schwerter, wie es namentlich in Solingen gebräuch- lich war, zu dem früher Mitgeteilten hinzufügen. Die Arbeitsteilung bei der Schwertfabrik fand ihren Ausdruck in der scharfen Trennung der drei privilegierten Bruderschaften: 1) der Schwertschmiede, 2) der Härter und Schleifer, 3) der Schwertfeger und Reider. Alle drei Bruderschaften waren gegeneinander streng abge- schlossen. Um Mitglied in einer zu werden, musste man aus derselben geboren und in dieselbe aufgenommen sein; niemals konnte also ein Schmied Schleifer oder ein Schleifer Feger werden Siehe Thun , Die Industrie am Niederrhein, Bd. II, S. 9. . Hatte der Schwert- schmied seine „schwarze“ Klinge fertig geschmiedet, so wanderte sie in die Hände des Härteschmieds, der ihr durch Erhitzen und Ab- löschen die erforderliche Elastizität erteilte. Nun empfing sie der Schleifer, der sie zuerst auf einem grossen runden Schleifstein be- arbeitete, und zwar geschah dies nach einer alten Abbildung (siehe Bd. I, S. 1030) in der Weise der Rauhschleifer, welche über dem Steine sassen, so dass der Stein gegen sie lief und die Klingen mit den Händen und mit Unterstützung der Knie anhielten. In späterer Zeit sassen die Schwertschleifer vor dem Steine, so dass derselbe von ihnen weglief. Alsdann wurde die Klinge noch auf einem Hohlsteine bearbeitet. Weil durch das Schleifen die Klinge ihre Federkraft zum Teil einbüsste, wanderte sie zum Härter zurück und empfing die „blaue Härtung“. Ihr blankes Aussehen erhielt sie wieder in der Schleifmühle durch „Pliesten“ auf einer Holzscheibe mit Schmirgel und Öl und durch Polieren. Nun empfing der Reider die Klinge, wenn sie nicht vorher noch geäzt, graviert und vergoldet wurde, was von besondern Arbeitern geschah. Für den Reider lieferten die Kreuz- und Knaufschmiede die Griffe, die Gefässarbeiter die Gefässe und die Schwertfeger die Scheiden. Aus allen diesen Teilen setzte der Reider das fertige Schwert zusammen, es wurde „gereidet“ d. h. fertig gemacht. Bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts waren die Schwertgriffe verhältnismässig einfach geblieben. Von da ab wurden dieselben, Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. durch den sorgfältigeren Handschutz viel mannigfaltiger; es bildeten sich die reichen Schwertgefässe aus mit Eselshuf, Querparierstangen, Hinterparierstange, Bügel, Korb u. s. w. Das Gefäss eines spanischen Degens ist aus Fig. 121 zu ersehen. Fig. 124 zeigt ein schönes franzö- sisches Stossschwert, wahrscheinlich König Heinrich II. gehörig, mit Eselshuf und durchbrochenem Knauf Demmin , a. a. O., S. 406. . Und Fig. 125 ein deutsches Schwert mit 1,15 m langer Klinge und reichem Gefäss. Die Klinge ist gezeichnet: Peter. Münster. M. Fecit. Solingen. die Waffe be- findet sich im Museum zu Sigmaringen. Neben dem Schwert trug man im späteren Mittelalter einen Dolch . Der Dolch war von jeher eine spanische Nationalwaffe. Fig. 124. Fig. 125. Fig. 126. Nach spanischer Kampfweise parierte man, während die Rechte den Degen führte, mit der Linken mit dem Dolch. Diese soge- nannte linke Hand fand im 16. Jahrhundert auch in Italien und Frankreich Eingang, doch meist nur als Zwei- kampfswaffe. Sie wurden oft mit tief eingezahnter Klinge gemacht, um den Degen des Gegners zu zerbrechen (Fig. 126). In Deutsch- land fand der Dolch erst im 15. Jahrhundert allgemeinere Verbreitung. „Misericordia“ nannte man, namentlich in Frankreich, den Dolch, mit dem man dem zu Fall gebrachten Gegner den Gnadenstoss gab. Die Deutschen, welche diese Waffe annahmen, nannten sie „Panzer- brecher“, weil man mit der meist dreieckigen Klinge die schwachen Stellen der Rüstung durchbrach. Der lange spanische Dolch, der von Anfang des 15. Jahrhunderts Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. an in Europa Verbreitung fand, hatte in der Regel von Stichblatt oberhalb der Querparierstange einen starken Ring zum Einlegen des Daumens. Diese Waffe wurde im 16. Jahrhundert mit doppeltem Ringe getragen und befestigte man sie damit unten an den Piken oder auf Stöcken, um sie gegen Seitenangriffe zu gebrauchen. So wurden sie die Vorläufer der Bajonette. Diese kurze Betrachtung der Dolche führt uns zu dem mit den Klingenschmieden eng verwandten Gewerbe der Messerschmiede oder „Messerer“, wie sie im Mittelalter hiessen. Sie waren meist mit den Klingenschmieden in einer Zunft vereinigt und die Schwert- schmiede waren häufig zugleich Messerschmiede. In gewerbreichen Grossstädten erscheinen sie aber in der Regel als eine selbständige Zunft. Dass dies z. B. in Nürnberg schon gegen Ende des 13. Jahr- hunderts der Fall war, haben wir im ersten Bande (S. 856) bereits nachgewiesen. In Frankreich unterschied man schon im 13. Jahr- hundert die Messerreider und die Messerschmiede (les forgeurs des lames appellés coutelliers férres) und schon im Jahre 1265 verbot der Erzbischof von Rouen den Frommen von Montevilliers den Luxus von verzierten oder mit Gold eingelegten Messern Gay , Glossaire etc. S. 471. . Aber auch als Wehr wurden die Messer getragen. In Frank- reich trugen sie die Männer meist in einer Seitentasche (tasse-escar- celle). Seit dem 14. Jahrhundert trugen die Hofdiener offen ein verziertes Messer als Abzeichen. Deshalb verspottete 1512 der Pre- diger Barelete den Modeunfug, kunstreich verzierte Messer offen zu tragen, indem er deren Träger mit Hufschmieden (marechal ferrant) vergleicht. Die Frauen im Mittelalter trugen am Gürtel ein Messer, eine Nadelbüchse und eine Schere am Bande. Auch die Messerer führten ihre Klingenzeichen und ihre Waren wurden von Schaumeistern geprüft. Ein Messer trug so ziemlich jeder erwachsene Mann, war es doch zum Zerlegen der Speisen schon kaum zu entbehren. Qualität und Gestalt dieser Messer war sehr verschieden. Auch beschränkten sich die Messerer nicht auf das Schmieden kleiner Klingen, sondern sie fertigten auch Haumesser aller Art, wie die alten Sachse, die Waidmesser, die Degen und andere einschneidige Klingen mit Rücken. Man bezeichnete diese Waffen in früherer Zeit einfach als Messer. So heisst es in Thal- hofers Fechtbuch: das Messer sei länger als der „Tegen“ (Dolch) und kürzer als das Schwert. Bei der Rüstung in Bayern 1468 musste Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. jeder Streiter an seiner Seite ein gutes, langes Messer oder ein wohl- schneidendes Schwert tragen und bei der Musterung von 1513 ein jeder seinen Degen oder langes Messer selbst haben Krenner , Bayerische Landtagshandlungen, Bd. VII, S. 337 und Bd. XVIII, S. 435. — Berlepsch , Chronik der Feuerarbeiter, S. 120. . Messer ist manchmal ganz gleichbedeutend mit Schwert. Wenn die Zipser im 14. Jahrhundert ein altes Gesetz hatten, wonach ihre Messer eine bestimmte Länge haben mussten, so sind hierunter Seitengewehre verstanden, und wir finden zu derselben Zeit ein ganz ähnliches Gebot in Regensburg, wonach niemand verborgene und längere Messer tragen durfte, als das am Marktturm eingemauerte Mass erlaubte. Deshalb unterschied man auch Langmesserschmiede und Kurz- messerschmiede. Indes war das Verhältnis der Klingenschmiede zu den Messerschmieden durchaus verschieden an verschiedenen Orten. Dies drückte sich deutlich in der Verschiedenartigkeit der Meister- stücke der Messerer an verschiedenen Plätzen aus. Während an einigen Orten wirkliche Messerschmiedearbeiten gefordert wurden, bestand an den meisten Plätzen das Meisterstück in der Anfertigung von Klingen, wie z. B. in Rothenburg a. d. Tauber nebst verschie- denen Messern und Dolchen in Herstellung eines Richtschwertes, in Koblenz in Anfertigung eines Schwertes und Panzerstechers. Deshalb war aber auch die Vorbildung der Messerergesellen eine ganz un- gleichmässige, und daher kam es, dass man diesen bei der Aufnahme als Meister an einem andern Orte in der Regel grosse Schwierig- keiten machte. Man verlangte von ihnen ein neues Meisterstück nach des Platzes Sitte und Gebrauch. Am strengsten waren in dieser Beziehung die Städte, in denen die Trennung zwischen Schwertschmied und Messerschmied vollständig durchgeführt war, wie in Nürnberg und Augsburg. In letzterer Stadt musste ein fremder Messerer- geselle, der das Meisterrecht erlangen wollte, ein „Jahrsitzer“ werden, d. h. nach vorangegangener Meldung vier volle Jahre ununterbrochen arbeiten und in der letzten Zeit binnen einigen Wochen das ihm aufgegebene Meisterstück verfertigen. In Nürnberg, wo sich die Trennung von Messerern und Klingen- schmieden zuerst vollzog, wird im Jahre 1285 zum erstenmal ein „Mezzerer“ (cultellator) Henricus Merndorfer genannt. Die Namen der hervorragenden Messerschmiede des 13. und 14. Jahr- hunderts haben wir bereits angeführt (Bd. I, S. 857). Die ältesten Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Augsburger Messerschmiede, welche im Bürgerbuche aufgezeichnet sind, waren Christian Mezzerschmit 1301 und Heinrich Vene- diger 1325. Die Nürnberger Messerschmiede hatten sich, wie früher erwähnt (Bd. I, S. 861), bei dem grossen Handwerkeraufstande im Jahre 1348 im Gegensatz zu den Plattnern, Hauben- und sonstigen Schmieden auf die Seite des Rats gestellt, infolgedessen erhielten sie nach der Niederwerfung des Aufstandes von Kaiser Karl IV. besondere Privi- legien: ihr berühmtes Wappen, die Krone im blauen Felde, durch welche drei Schwerter gehen, und das Recht, zur Fastnachtszeit ein öffentliches Schönbartsspiel mit einem Schwerttanz zu halten, während allen andern Zünften, ausser noch den Metzgern, welche ebenfalls zum Kaiser gehalten hatten, jeglicher Fastenscherz untersagt wurde. Der Schwerttanz, eine altgermanische Einrichtung, war ein Vorrecht der Freien, die ihre eigene Wehr trugen. Den Hörigen war der Schwerttanz untersagt. Die Verleihung des Rechtes, einen Schwert- tanz aufzuführen, war deshalb eine grosse Auszeichnung. Dieses Recht besassen die Bergknappen, sowie seit 1350 die Messerer und Klingen- schmiede. Über den Schwerttanz und den „hochzeitlichen Tanz“ der Messerer berichtet Siebenkees Dr. J. C. Siebenkees , Materialien zur Nürnbergischen Geschichte 1794, Bd. III. S. 197. folgendes: „Der Stadtpfänder, der ihnen eine Mahlzeit ausrichtete, ritt mit ihnen, nebst einem Spiess- jungen und acht Einspännigen. Sie tanzten vor dem Rathaus und hielten eine Fechtschule. Etliche Provisoner wurden verordnet, ihnen Platz zu machen. Anfangs hielten sie ihn fast alle sieben Jahre, nachher setzten sie der Kosten wegen länger aus; oft hielten sie ihn aber wieder schnell hintereinander. — In folgenden Jahren findet sich die Abhaltung des Tanzes bemerkt: 1490, 1497, 1511, 1516, 1518, 1537, 1539, 1540, 1546, 1558, 1560, 1561, 1570, 1600. Der den 3. Februar 1600 gehaltene Tanz und das Fechten auf erhobenen Schildern ist in Kupfer abgebildet in der Böners chen Sammlung. Neben dem Schwerttanz pflegten sie auch einen andern hoch- zeitlichen Tanz zu halten, bei welchem Manns- und Weibspersonen in seidenen und andern stattlichen Kleidungen erschienen. „Sie kleideten eine Meisterstochter als Kronbraut und zwey als krausse Tischjungfern gleich den Geschlechtern“ Über weitere Einzelheiten dieses merkwürdigen Schönbartsspiels der Messerer siehe Siebenkees , a. a. O., S. 198 und Berlepsch , a. a. O., S. 134. . Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Wie zuvor bemerkt, waren nur in den gewerbreichsten Städten die Klingen- und Messerschmiede gewerblich und zünftig getrennt, während sie in der Regel ein Gewerbe und eine Zunft bildeten. So illustriert es auch Jost Ammon zu Hans Sachsens Versen: Ich mach Par messer wol beschalt, Köstlich vnd schlecht, darnach mans zalt, Von Helffenbeyn, Buchsbaum vnd Sandl, Mit rot vnd schwarzem Holtz ohn wandl, Fig. 127. Mach darzu Langwehr, Dolch vnd Tegn, Kan etzen, Scheydmachen, vnd Schwert fegen, Wer dieser meiner arbeit darff, Der find mein Zeichen grecht vnd scharff. Schopperus aber besingt den Faber cultarius in folgender Weise: Conficio validos de ferri semine cultros, Ferela quibus scindas luxuriosa gulae. Tonsor ad officium quibus utitur omnis amatum, Quos pariter secum femina virque ferunt. Magnificas fueris si quando vocatus in aedes, Nec tibi cultellus forte decorus erit. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Non aliter mensa convivia sedebis in ipsa, Infestas bubo quam sedet in aves. Quisquis es ergo meis moderantius utere cultris, Sollicita frangas aut tua ferela manu. Ich bereite aus des Eisens Samen starke Messer, Mit denen du deine Speisen schneidest, die Leckerbissen der Gurgel. Jeder Barbier bedient sich derselben für sein beliebtes Geschäft, Wie Männer sowohl wie Frauen solche stets mit sich tragen. Wirst du einmal in ein prachtvolles Haus gerufen, Wird dir dann nicht dein zierliches Messer (cultellus) ein grosser Schmuck sein? Und nicht anders wirst du dann bei der festlichen Tafel sitzen, Als wie die Eule unter den feindlichen Vögeln. Aber wer du auch seist, bediene dich meiner Messer mit grosser Mässigung, Oder du zerteilest dann deine Speisen mit unruhiger Hand. Hierzu sei kurz erläuternd bemerkt, dass es in jener Zeit noch üblich war, sein eigenes Messer zum Zerlegen der Speisen zu Schmausereien mitzubringen, indem man das Auflegen von Tisch- messern noch nicht kannte. Garzoni trennt ebenfalls in seinem Schauplatz die Messerer von den Klingenschmieden und sagt von denselben folgendes: „Zu diesen (den Waffenschmieden) gehören auch die Messer- schmidt , welches dann die sind, so allerhandt Messer gross und klein, Scheren und andere dergleichen Dinge machen, wie man von des Demosthenis Vatter liset bey dem Textore, dass er ein Messer- schmidt gewesen sey. Die besten werden heutigen Tages zu Cremona, Brescia, Mayland, Venedig, Neapoli, Laraualle, Friul, Scarperia und andern Orten mehr gefunden, allda beydes Messer und Scheren, so sehr gut sind, gemacht werden, mit schönen und künstlichen Schalen und andern Zierden, wie man sie begehren möchte. An den Teut- schen Messern ist gemeiniglich nicht viel besonders, wiewohl sie sonst gar zierlich gemacht werden: dann man nit so sehr nach der Zierde als nach der Schneiden sihet; und wann dieselbe gut ist, so mag der Stiel leicht genugsam sein, dass man es damit halten könne.“ „Die Klingenschmidt und Schwertfeger gehören auch hierher als Waffenschmidt, und sind die, so beydes die Klingen bereitten, mit einer oder mit zwo Schneiden, spitz, breit, schmal, kurz, lang, zu Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. einer oder zu zwoen Händen, Rappier, Cortellaschen, Tolchen, Stileten, Pfriemen etc. und die sie poliren und Gefäss, Scheiden, Ortbandt darzu machen: Darzu sie auch ihren sonderen Werkzeug, als Schleiff- stein, Polirbank, Polireisen, Feilen, Hammer und anderes mehr haben müssen.“ In Solingen , welches nachmals der wichtigste Platz für die Messerfabrikation wurde, waren Klingen- und Messerschmiede bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht getrennt, vielmehr be- sorgten die Schwertschmiede auch die Anfertigung der „kleinen Messer“. Am 14. Januar 1571 erhielten aber die Messermacher von dem Herzog von Berg ein besonderes Privilegium und damit war die Trennung zwischen Klingen- und Messerschmieden formell vollzogen: Die Messermacher wurden auch in Solingen ein selbständiges Hand- werk. Hierzu trug eine Reihe von Umständen bei. Die Schwert- fabrikation war durch die veränderte Kampfweise infolge der immer mehr zur Geltung gelangenden Überlegenheit der Feuerwaffen in Rückgang gekommen. Infolgedessen sahen sich viele Schwertschmiede gezwungen, sich ganz auf die Fabrikation der kleinen Messer zu ver- legen. Umgekehrt hatte die Nachfrage nach kleinen Messern sich ausserordentlich gesteigert, denn um diese Zeit kam der Gebrauch auf, zu jedem Gedeck bei Tisch ein besonderes Messer zu legen, also der Gebrauch der Tischmesser, und ebenso kamen die Einschlag- messer, die man zugeklappt in der Tasche tragen konnte, in die Mode. Endlich kam noch eine ganz neue Sitte beim Essen in Übung, nämlich die festen Speisen statt mit den Fingern oder mit einem Löffel zum Munde zu führen mit einer Gabel zu fassen. Diese Mode ging von Italien aus und fand nur allmählich bei den germa- nischen Völkern Nordeuropas Eingang. Die Anfertigung der Gabeln fiel ebenfalls den Messerschmieden zu. Das oben erwähnte Privilegium der Messermacher vom Jahre 1571 be- stimmte, dass den drei beschlossenen Brüderschaften der Schwertindu- strie sämtliche Rechte unverkürzt verbleiben sollten; ihnen, ihren Genossen und Nachkommen stand ebenso wie den Messermachern und deren ehelichen Söhnen die Berechtigung zu dem Gewerbe zu. Die ehelich geborenen Fremden sollten noch als Knechte und Jungen in Arbeit bleiben, weiter aber kein Fremder aufgenommen werden: zur Kontrole sollten sämtliche Mitglieder in einem Buche verzeichnet werden Thun , a. a. O., S. 23. . Von den vier Ratleuten, welche die Messer zu beschauen Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. und das Solinger Beschauzeichen aufzuschlagen hatten, wählte jede der drei beschlossenen Brüderschaften und das Messerschmiedehand- werk je einen. Der Vogt wurde aus den letzteren von der herzog- lichen Behörde ernannt. Durch die Vorbehalte der drei beschlossenen Brüderschaften sah sich das Messermacherhandwerk zeitweilig einer sehr unbequemen Konkurrenz ausgesetzt. Ging die Schwertfabrik schlecht, so legten sich deren Arbeiter auf das Messermachen und lieferten dann meistens schlechte Ware, da die Technik immerhin eine andere war. Betraf der Stillstand zugleich auch die Messerfabrik, so wurde die Konkurrenz unerträglich, zumal die Messermacher nicht einmal Ver- geltung üben durften. — Gefährlicher noch als die unbequeme, un- geregelte Konkurrenz der Schwertbrüder wurde den Messerschmieden die wirtschaftliche und soziale Stellung, welche die Fertigmacher einzunehmen begannen. In den früheren Zeiten, als die Beschaffen- heit der Messer noch eine sehr einfache und die Klinge die Haupt- sache war, konnte es wirkliche Messermacher in der Art geben, dass ein und derselbe Mann Schmied, Reider und Fertigmacher war und nur gegen Lohn schleifen liess. Als nun im 16. Jahrhundert die Arten der Messer mannigfaltiger und komplizierter wurden, ent- wickelte sich auch bei diesem Handwerk eine immer weitergehende Arbeitsteilung und die Anzahl der Hilfsarbeiter nahm zu. Infolge dieser Arbeitsteilung trat nun ein Faktor in die Produktion, welcher dieselbe leitete und die in den zerstreuten Werkstätten erzeugten Fabrikate zu einem Ganzen zusammenfasste — das war der Fertig- macher. Er kaufte vom Messerschmied die Klingen, vom Erlschmied die Platten zum Belegen mit Heften oder zu den Seitenwänden der Zuschlagmesser, vom Heftemacher die Holzstiele, vom Bändemacher die messingenen, zinnernen oder silbernen Bände, Beschläge und Kappen auf, um sie zu fertigen Messern zusammenzusetzen. Da unter jenen Arbeitern, namentlich unter den Hefte- und Bändemachern, welche ausserhalb der Zunft standen und daher unprivilegierte Arbeiter hiessen, ferner auch unter den Messerschmieden sich viele arme Leute befanden, welche ausser stande waren, den Vorschuss auf den Ankauf des Materials zu leisten, so kauften jene Fertigmacher sämt- liche Materialien in grösseren Mengen ein, lieferten sie den Arbeitern und liessen diese um Lohn die einzelnen Verrichtungen ausführen. In der Messerfabrik beginnt daher schon im 16. Jahrhundert die Entwickelung vom handwerksmässigen zum hausindustriellen Betriebe, die selbständigen Messermacher werden allmählich zu lohnarbeitenden Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Meistern herabgedrückt. Den Handel besorgten teils die Schwert- kaufleute, teils die Fertigmacher selbst; aus diesen beiden Gruppen bildete sich allmählich die sogenannte privilegierte Kaufmannschaft, welche zu den Brüderschaften gehörte. Daneben gab es noch un- privilegierte oder wilde Kaufleute, welche neben Remscheider, Lütt- ringhauser, Elberfelder und andern Artikeln auch Solinger Stahl- waren führten. Diese hatten, schon bevor das Messermachen im Jahre 1571 zünftig wurde, ihre Handelsberechtigung gegen Zahlung von drei Goldgulden erlangt und bei dieser Gewohnheit blieb es auch ferner; jedoch bedurften sie noch einer Erlaubnis von Vogt und Rat. Gegen diese drückenden Missstände kämpfte das Messermacher- handwerk mit aller Kraft an und erreichte dadurch eine neue Ver- ordnung, vom 22. Dezember 1592, welche sowohl der Einschrän- kung der Konkurrenz der Schwertbrüder als der Übermacht der Fertigmacher Rechnung trug. Darin wurde bestimmt, dass fortan keiner aus den vier Handwerken Meister werden durfte, der nicht seine Lehrjahre ausgehalten, sein Meisterstück gemacht und sich als fähig erwiesen hatte sowohl im Schmieden wie im Reiden. Alle Meister sollten in Zukuft ihre Waren bei sich schmieden, reiden und fertig machen. Diejenigen, welche nur zu schmieden oder nur zu reiden verstanden, durften solches fortsetzen, aber nur nach einer für je 100 Messer nach Gestalt und Güte berechneten Lohnsatzung. Um bei den selbständigen Meistern das Einkommen gleichmässig zu gestalten und eine Überproduktion zu vermeiden, durfte kein Meister mit mehr als einem Knecht und einem Jungen arbeiten; allein durfte er in der Woche 100, mit einem Knecht 150 und mit noch einem Jungen 250 Messer schmieden. Die Messer sollten von gutem Stahl und Eisen sein, das Produkt der Hammerwerke wurde verboten. Schlechte Ware sollte konfisziert werden und dem Herzog verfallen. Wer ausserhalb des Ortes auf offenem Markt oder sonstwo schlechte Solinger Ware feilbot, wurde durch das Amt in Strafe genommen. Diese Verordnung verfehlte nicht ihre Wirkung und trug durch Einschränkung der Produktion und schärfere Kontrolle zur Hebung des Messermacherhandwerks bei. Für die verschiedenen Bedürfnisse erhielten die Messer sehr verschiedenartige Gestalt. Man verfertigte Tisch- oder Tafelmesser, Vorleg- und Brot- messer, Schlachtmesser, Schuhmachermesser , dann Taschen- oder Einlegmesser („Kniepe“ genannt), Federmesser, Scher- messer, Gartenmesser, Schnittmesser u. s. w. Die Bezeichnung Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. in den Messerfabriken selbst war aber eine noch mannigfaltigere und je nach dem Fabrikort ganz eigenartige. Ausser Solingen und Nürnberg, Augsburg und Dresden waren Ruhla in Thüringen, Aarau in der Schweiz, Lüttich, Namur und Herzogenbusch in den Nieder- landen, Sheffield und Birmingham in England, Paris, Langres, Tours und Rouen in Frankreich, Wien und Steier in Österreich die wich- tigsten Plätze für Messerwaren. Einen grossen Aufschwung nahm die Messerfabrikation durch den von Jahr zu Jahr zunehmenden Verkehr mit fremden Welt- teilen. Messer gehörten zu den beliebtesten Tauschartikeln im Ver- kehr mit den wilden Völkerschaften. In Solingen unterschied man deshalb „ Messengut “, die gewöhnlichen Messerwaren, welche auf Fig. 128. Tafelmesser vom Jahre 1180 nach dem M. S. von Her- rade de Lands- berg im Hortus deliciarum. die Frankfurter, Leipziger und Braunschweiger Messen gebracht oder auch nach andern euro- päischen Ländern, den Niederlanden, Frankreich, Italien u. s. w. abgesetzt wurden und „Seegut“, welches über Amsterdam nach Ost- und West- indien, Amerika, Afrika und Arabien verschifft wurde. Die Messerklingen wurden geschmiedet und dann in Schleifer- mühlen auf runden Steinen mit Wasser geschliffen. Feine Klingen machte man ganz aus Stahl, bei den gröberen bestand der Kern aus Eisen. Zu der Zeit, als man nur das Eisen in Rennherden gewann, mussten die Schmiede die ihnen angebotenen Eisenstücke erst auf ihre Härte prüfen und nach Bedarf aussuchen. Um ein gleich- mässiges Material zu erhalten, mussten sie das Eisen erst gut über- schmieden oder gärben. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts aber besorgten dies bereits die Reckhämmer und die Messerschmiede bezogen ihren „Messerstahl“ in handlicher Form. Der gewöhnliche Messerstahl, auch „Messermasse“ genannt, war ein mittelharter Schweissstahl, der in kurzen, ⅝ Zoll breiten und ⅛ Zoll dünnen Stangen geliefert wurde. Aus ihm wurden meistens grosse Schnitz- und Vorlegmesser in der Weise gemacht, dass man ihn um das Eisen legte, welches letztere in der Mitte und zur Angel blieb. — Eine weit bessere Sorte hiess „Krampstahl“. Dieser wurde haupt- sächlich für Tisch- und Schlachtmesser gebraucht. Er wurde mit besonderer Sorgfalt aus härterem und weicherem Stahl und einer Eisenanlage von dreieckiger Gestalt gegärbt. Bei der Herstellung gröberer Messerklingen verfuhr der Schmied folgendermassen: er schmiedete ein Stück Stahl etwa 1 Zoll lang Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. und ¼ Zoll dick aus. Der warm gemachte Stahl wurde auf die Kneipen eines Schraubstocks gelegt und mit einem stumpfen Meissel zusammengerollt. In diesen aufgerollten Stahl wurde ein dünnes Rundeisen gesteckt, beides zusammengeschweisst und mit dem Hammer auf dem Amboss zu einer Klinge ausgestreckt. Der Rücken entstand auf der Seite, wo beide Enden des aufgerollten Stückes zusammen- Fig. 129. Italienische Messer nach Bart. Scappi vom Jahre 1570. stiessen, die Schneide auf der ent- gegengesetzten Seite. Hierauf hieb der Arbeiter die im Groben gebildete Klinge von der Eisenstange ab, indem er von letzterer nur ein Stück für die Angel stehen liess. Alsdann wurde das ganze Messer wieder rot- warm gemacht, die Klinge in das Loch des Stammeisens gesteckt, der aus- gehöhlte Stempel auf die Angel ge- setzt und durch einige Schläge des Hammers auf den Stempel die Scheibe oder der Absatz unter der Klinge gebildet. Nachdem die Klinge mit der Feile oder auf dem Schleifsteine nachgearbeitet worden war, wurde sie gehärtet. Da sie sich hierbei in den meisten Fällen warf, musste sie auf dem Amboss mit dem Richt- hammer wieder gerade geschlagen werden. Alsdann wurde sie fertig ge- schliffen und poliert und abgezogen. Feinere Messer, sowie die chirurgischen Instrumente wurden aus ausgesuchtem, bestem Stahl hergestellt. Zu der Thätigkeit der Messerschmiede gehörte ferner die An- fertigung der Gabeln und der Scheren. Es wurde bereits erwähnt, dass Gabeln zum Essen erst sehr spät in Gebrauch gekommen sind. Im Mittelalter kannte man in der Küche nur die grosse zweizinkige Vorleggabel, um einen Braten zu wenden oder aus dem Topfe zu heben, auch benutzte man in fürstlichen Häusern in Frankreich Gabeln (furchestes), um Birnen und Äpfel beim Schälen zu halten; dieselben waren meist von Silber oder Gold Siehe Weiss , Kostümkunde, Bd. V, S. 438. . Die Sitte, Speisen mit einer Gabel zum Munde zu Beck , Geschichte des Eisens. 27 Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. führen, kam zuerst Ende des 15. Jahrhunderts in Italien auf und verbreitete sich von da nur sehr langsam nach den übrigen Ländern Europas. Am Ende des 16. Jahrhunderts waren die Gabeln in Frank- reich selbst bei Hofe noch neu, in der Isle des Hermaphrodites (um 1589) wird der Gebrauch der Gabeln am Hofe Heinrichs III. als weibliche Ziererei verspottet Siehe L’isle des Hemaphrodites, p. 105. Beckmanns Beiträge, Bd. V, S. 286 ff. . In England fanden sie noch später Eingang. Königin Elisabeth und Shakespeare assen noch nach alter Fig. 131. Messer nach Gay , Glossaire archéologique, 15. Jahr- hundert: A. Couteau à trancher, à manche niellé, ancienne coll. du comte de Nieuwerkerke. C. Autre — monté en cristal — app. à M. L. Carraud . B. Petit couteau de la même gaine. — 16. Jahrhundert: D. Tafel- messer, Herrn Gay gehörig. E. Fisch- und Küchen- messer, Herrn Mattias Ghinger gehörig. Väter Weise mit den Fingern oder mit dem Löffel. Thomas Co- ryate war der erste, der im Jahre 1608 diese italienische Sitte in England einzu- führen versuchte, aber er erntete nur Hohn und Spott und man gab ihm den Scherz- namen „Furcifer“ Siehe Thomas Coryate , Crudities 1611; deutsch, Berlin 1798. . In Ungarn und Schwe- den wurden sie auch nicht früher bekannt und in Spanien sind sie bei den geringeren Ständen heute noch wenig in Gebrauch. Dass sie auch in Deutschland im 16. Jahrhundert noch nicht in allgemeinem Gebrauch waren, geht unter anderm aus den Meisterstücksarbeiten der Messermacher her- vor. So gehörte zu dem Meisterstück der Messerschmiede in Frank- furt unter andern die Anfertigung eines Tischfutterals mit 12 Messern, samt einer Gabel und einem Stahl. Die eine Gabel war also jeden- falls nur eine Vorleggabel. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Die Herstellung der Gabeln geschah in folgender Weise: Wenn eine Gabel drei oder vier Zacken erhalten sollte, so schmiedete der Messerschmied für diesen Teil der Gabel das vordere Ende eines Stahlstabes flach aus und zwar so breit, als die Zacken mit ihren Zwischenräumen. Der Fuss der Zacken, „die Stolle“, wurde dann unter dem Hammer rund, die Angel dagegen völlig ausgeschmiedet. Alsdann hieb man mit einem Meissel die Zwischenräume der Zacken aus, bearbeitete jeden Zacken mit der Feile und krümmte alle zu- sammen etwas mit dem Hammer. Der Stollen bekommt dabei meist eine flachrunde Gestalt. Zweizinkige Gabeln werden anders her- gestellt. Man lässt beim Schmieden der Gabel ein flaches Stück stehen, welches halb so lang ist, als die fertigen Zacken, und zer- schrotet es mit dem Meissel der Länge nach in zwei gleiche Streifen. Diese biegt man dergestalt zurück, dass sie mit der Stolle einen rechten Winkel bilden, und schmiedet sie alsdann zu spitzigen Zacken aus. Hierauf macht man sie wieder warm, treibt sie etwas mit dem Hammer zusammen und richtet sie auf dem „Gabelrichter“, wobei der Messerschmied den einen Zacken der Gabel in die Öffnung unter den Gabelrichter steckt und dem andern auf der Bahn desselben den entsprechenden Abstand von der Stolle giebt. Dasselbe wird dann mit dem zweiten Zacken wiederholt Alsdann werden beide nebst der Stolle mit der Feile ausgearbeitet. Die Zacken bekommen bei allen Gabeln Federhärte, damit sie sich gehörig biegen lassen. Hierauf werden sie poliert. Die Schalen werden wie die Messer- schalen verfertigt. Die Scheren wurden ebenfalls von den Messerschmieden an- gefertigt. Die fabrikmässige Herstellung bestand aber im 16. Jahr- hundert noch nicht, wenigstens war in Solingen die Scheren- schmiederei von untergeordneter Bedeutung. Mehr scheinen sie in den grossen Industriestätten, wie in Nürnberg, fabriziert worden zu sein. Besonders berühmt durch seine Scheren war Sheffield. Die Teile der Scheren haben folgende Namen: die schneiden- den Klingen heissen „die Blätter“, der Ort, wo sie zusammengenietet werden, „der Schild“, die Schenkel „die Stangen“, welche sich in Ringen endigen. Die feinen Scherenblätter werden aus gutem Stahl, die Stangen aber aus Eisen geschmiedet, weil man sonst die Ringe nicht lochen kann. Die Stahlschneiden werden an das Eisen der Stangen angeschweisst. Das Schmieden, Stanzen, Schweissen, Feilen, Härten, Schleifen und Polieren sind bei feinen Scheren nicht ganz leichte Arbeiten. 27* Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. An die Klingenschmiederei schliesst sich am nächsten ein anderes uraltes Gewerbe an, die Sensenschmiederei . Auch dieses Hand- werk blühte schon im Mittelalter in den Gegenden, in denen heute noch ihre berühmtesten Sitze sind, in Steiermark und in dem bergisch- märkischen Lande. Die Kronenberger weissen Sensen und Futter- klingen bildeten schon 1240 einen wichtigen Handelsartikel der Hansa und 1298 werden die Sensenschmiede in Nürnberg als selbständige Zunft aufgeführt. Eine sagenhafte Überlieferung erzählt, dass in dem- selben Jahre die Sensenschmiede zwei junge Burggrafen mit samt ihren Pferden erschlagen hätten, weil die Jagdhunde der Grafen das Kind eines Sensenschmieds in Stücke gerissen hatten. Aus Furcht hätten sie sich dann aus dem Staube gemacht und den Sensen- und Sichelhandel, der vordem Nürnberg mit zu so hoher Blüte gebracht hatte, mit sich fortgenommen. Auch in Freiberg in Sachsen hatten die Sensenschmiede früh eine eigene Innung. Im Mittelalter und bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden Sensen und Sicheln nur mit der Hand geschmiedet. So stellt es Jost Ammon dar zu folgendem Vers des Schopperus : Falcarius — der Sensenschmied . Demetit herbosum quae falx messoria foenum, Dulce putatoris ne remoretur opus. Haec mihi praecipue sedat alto pectore cura, Acriter ut Cererem falx peractis secet. Nam mihi de rigidi fabricatur semine ferri, Scindat ut in curvis denticulata modis. Ergo quid agricolae etatis? quae causa moretur? Ocyus ad nostrum quin properate forum. En falces quodvis ad opus tibi vendimus aptas, Rura quibus leviter fertiliora metas. Diese mähende Sichel schneidet die wuchernden Kräuter, Und sie fördert das süsse Werk des Baumbeschneiders. Vor allem aber sitzt mir in geschwellter Brust die wichtigste Sorge, Dass die Sense mit scharfem Streiche der Ceres Gaben fälle. Denn von mir wird sie aus dem starren Samen des Eisens gefertigt, Dass sie schneidet, ob in Kurven gekrümmt oder gezähnt. Deshalb, ihr Landleute, was steht ihr noch da? Aus welcher Ursache zögert ihr? Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Statt dass ihr hierher zu unserm Markte eilet? Denn Sensen aller Art zu jeglicher deiner Arbeiten geeignet verkaufen wir dir, Mit denen du leicht die fruchtbaren Felder abmähen wirst. Hans Sachs aber liefert dazu folgende Verse: Vil Sensen durch mich geschmidet sind, Mit Hämmerschlagen, schnell vnd schwind, Die Dengel ich scharff vber dmass, Damit man Meht das grüne Grass, Fig. 131. Daraus denn wirt Grumaht vnd Heuw, Auch mach ich Sichel mancherley, Darmit man einschneid das Gertreid, Durch alte Weiber vnd Bauwren Meid. Dass die Sensen auf langen Stangen (Fig. 132, a. f. S.) in den Kämpfen der Schweizer im 14. und 15. Jahrhundert und in den Bauernkriegen im 16. Jahrhundert eine grosse Rolle spielten, ist bekannt. In allen Waffensammlungen sind diese Kriegssensen zu sehen. In der Regel waren es die gewöhnlichen Ackersensen der Bauern, deren „Hamm“ nur gerade gerichtet wurde. Während der Bauernkriege wurden in Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Österreich die Schmiede, welche sich dazu hergaben, die Sensen in dieser Weise in Waffen umzugestalten, mit dem Tode bestraft. Das eigentümliche Sensenschwert mit einem Kalender in Runen- schrift, welches der Bauernführer und Wiedertäufer Thomas Münster , der 1525 hingerichtet wurde, trug, befindet sich in dem historischen Museum zu Dresden. Alle diese Sensen und Sensenwaffen waren mit der Hand ge- schmiedet und mussten sich die Schmiede das Eisen und den Stahl dazu Fig. 132. selbst aussuchen und verschmieden. Wohl erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ging man dazu über, das Schmieden mit Wasserhämmern in dem so- genannten „Sensenhammer“ oder der „Blattschmiede“ vorzunehmen. In Steiermark , das wegen seiner blauen Sensen in ganz Europa berühmt war, machte man dieselben aus Mock und Kernstahl oder Rohstahl. Beide wurden zu flachen Stäben ausgereckt, doch schmiedete man die Stahlstäbe dünner aus. Alsdann wurden sie in Stücke von etwa 4 Zoll abgehauen, doch so, dass die Stückchen Stahl kürzer waren, als die Stückchen Mock. Von beiden Sorten wurden nun je ein Stück aufeinander gelegt und mit der Feuer- zange gefasst und zwar so, dass sie oben gleich waren, an der unteren Seite also der Mock überstand. Sie erhielten Schweisshitze und wurden unter dem Hammer ganz gemacht und ausgereckt, wobei man es nach vorn etwas dünner ausschmiedete. Alsdann wurde eine zweite Schweisshitze gegeben und das Stück vollends dergestalt gereckt, dass es nach hinten immer etwas stärker und breiter wurde und auch zugleich der Winkel entstand, den man den „Hamm“ nannte und welcher meistens aus dem hervorragenden Stück Mock bestand. Das ausgereckte Stück wurde eine „Schiene“ genannt. Diese wurde zunächst an ihrem vorderen Teil in einer kleinen Esse rotwarm und mit einem Handhammer etwas spitzig gemacht. Alsdann bekam sie eine neue Hitze und wurde unter dem Wasserhammer ausgebreitet, wobei sie die Gestalt der Sense erhielt. Der Rücken, der aus Mock bestand, wurde alsdann mit Handhämmern fertig gemacht, ebenso die Spitze und die Schneide, welche vorn gerade geschnitten, auch etwas wenig und sehr stumpf zugeschliffen wurde. Zuletzt wurde sie unter einem kleinen, sehr schnell getriebenen Wasserhammer noch- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. mals kalt überschmiedet, worauf sie zum Härten fertig war. — Zu diesem Zweck erhielt die Sense bis auf den Hamm mässige Rotglut, nur nach der Spitze zu etwas wärmer als hinterwärts. So warf man sie in einen Trog mit zerlassenem Unschlitt, woraus sie aber sogleich von einem zweiten Arbeiter wieder herausgezogen und durch Be- streichen mit Kastanienrinde von dem anhaftenden Fett befreit wurde. Dieses brach dabei oft in Flammen aus, weil die Klinge noch sehr heiss war. Auch musste man den Fettkasten selbst kühlen, damit sein Inhalt bei dem wiederholten Eintauchen der glühenden Klingen nicht in Flammen aufging, und zwar nicht nur durch Ein- tragen von kaltem Unschlitt, sondern auch durch Wasserkühlung von aussen. Nach dem Abstreichen wurde sie wiederholt durch einen Haufen glühender Kohlenlösche gezogen, um das wenige Fett noch abzuwischen und dann wurde sie über einem Essenfeuer hin- und hergezogen und gleichmässig so stark erhitzt, dass sich der Rest des noch anhaftenden Fettes in Kohlen verwandelte. Hierauf eilte der Arbeiter mit der Sense nach einem Trog mit fliessendem kaltem Wasser und schlug mit aller Kraft die flache Klinge darauf. Sobald diese die Oberfläche des Wassers berührte, erfolgte ein Knall. Man tauchte das Stück nur ganz wenig unter und zog es gleich wieder heraus. Auf der ganzen flachen Seite, die zuerst das Wasser be- rührte, war der Sinter fast gänzlich abgesprungen und die Oberfläche grösstenteils weiss, wie bei anderm Stahl, wenn man ihn in Wasser ablöscht. Auf der andern oder Rückenfläche war schon weit mehr Sinter. Nun wurde das Stück aufs neue über dem Feuer erhitzt, doch nicht mehr, als dass es gelb anlief. Hierauf wurde die Klinge mit einem hobelartigen Eisen, welches von zwei Mann hin- und her- gezogen wurde, geschabt und gereinigt. Alsdann erfolgte das Blau- anlaufenlassen. Dies geschah durch Hin- und Herziehen und ganz gleichmässiges Erhitzen über der Glut einer Esse. War die Sense durch das Glühen und Ablöschen höckerig und krumm geworden, so wurde sie zum Schluss noch mit Hämmern gerade gerichtet. Die steierischen Sensenfabriken waren in besondere Zünfte ein- geteilt, welche nach Ortschaften benannt wurden. Im vorigen Jahr- hundert waren dies folgende, deren Alter aber wohl weit zurückreichte: a) In Steiermark : zu Rottenmann im Viertel St. Eustach; im Murgthal daselbst; zu Judenburg im Judenburger Viertel. b) In Unterösterreich : zu Waldhoven. c) In Oberösterreich : im Traun-Viertel, zwischen Winsch- garten und Spital, unter Winschgarten am linken Ufer der Teichl; Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. an der Schönaubach; zu Kreitz an der Krems; Leonstein; Teuffen; Viechtwang; Kirchdorf; Mannsen; Micheldorf. Jede Zunft hatte ihr besonderes Beizeichen, z. B. die Kirch- und Michelsdorfer K. M., die Judenburger J., die Rottenmanner R… Das Zeichen Sonne, welches hauptsächlich nach Spanien ging, wurde in der Judenburger Zunft geschlagen, ebenso der doppelte Säbel, doppelte Degen, welcher in Amerika gesucht wurde. In der Kirch- und Michelsdorfer Zunft: Siebenstern, doppelter Fisch und Pokal oder Kelche, welche drei Zeichen hauptsächlich nach Russland gingen. Die Sensenfabriken in Solingen , ebenso wie die zu Plettenberg machten weisse Sensen . In älterer Zeit wurden sie nur mit Hand- hämmern geschmiedet und gebreitet, später bediente man sich der Wasserhämmer. Hierbei stellte man den Hauptkörper der Sense aus zähem, weichem Eisen dar, wofür Stabeisen aus dem Nassauischen und dem Kölnischen (Sauerland) am beliebtesten war. Man teilte die Eisenstangen in Stücke, je nach dem Gewicht der Ware, spaltete die hohe Kante desselben und legte den Stahl ein. Dieser Stab erhielt Schweisshitze und wurde unter einem Wasserhammer geschweisst und vorgeschmiedet unter einem andern gebreitet und alsdann mit Hand- hämmern fertig gemacht. Alsdann wurde die Sense gehärtet und hierauf, soweit der Stahl in der Schneide lag, gegen den Umlauf des Steines geschliffen. Hierdurch erhielten sie die weisse Farbe, von der sie die Bezeichnung hatten. Nachdem sie gerichtet waren, wurden sie nach Dutzenden oder Bunden in Stroh gewickelt und verschickt. Neben den Sensen machte man „Sicheln“, leichte, stark gekrümmte Sensen, mit denen das Getreide gehauen statt gemäht wurde, und Strohmesser. Sensen und Sicheln wogen 0,75 bis 2 kg pro Stück an Eisen und auf den Bund kamen 1,80 kg Stahl; die Strohmesser variierten von 1 bis 5 kg an Eisen mit 1,75 bis 3,75 kg Stahl auf das Dutzend. Ein Meister mit einem Gesellen konnte vor einem Feuer täglich ein Dutzend Sensen oder 15 bis 16 Stück Strohmesser machen. Die Plettenberger Sensenschmiede bezogen ebenfalls ihr Eisen aus dem Sauerland. Sie unterschieden sich von den märkischen Schmieden hauptsächlich durch die Art des Schleifens. Die Ware wurde mit dem Stein geschliffen, wobei der Schleifer über dem Stein sass, während in der Mark und im Bergischen der Schleifer vor dem Stein gebückt stand und die Sense mit Gewalt gegen den Angriff desselben drückte. Ersteres Verfahren gab bessere und haltbarere Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Schneiden, weshalb die Plettenberger Klingen besser und mehr ge- sucht waren. Von den Plettenberger Zeichen galten Krone, einfacher und doppelter Wolf als die besten. Oben wurde der Kriegssensen gedacht und dies führt uns zu einer kurzen Betrachtung der Stangenlanzen und sonstiger Hieb- und Stosswaffen. Der Kriegssense (Fig. 132) schliesst sich am nächsten die Kriegssichel (Fig. 133) an; die Schneide der ersteren ist ein- wärts gebogen, die der zweiten auswärts. Wie sich die beiden vorgenannten Waffen aus der Sense, so entwickelte sich aus dieser auch die Gläfe oder der Rossschinder Fig. 133. Fig. 134. Fig. 135. (so genannt, weil sie besonders benutzt wurde, um die Kniekehlen der Pferde zu durchschneiden). Fig. 134 zeigt eine Schweizer Gläfe aus dem 15. Jahrhundert im Arsenal zu Solothurn. Die Waffe war zum Hieb und Stich geeignet. Ebenso wie die auch besonders in der Schweiz gebräuchliche Kriegshippe (Fig. 135). Diese führt uns zu der alten, aber seit Mitte des 15. Jahrhunderts in allgemeinen Ge- brauch gekommenen Hellebarde (von Helm und Barte), einer Ver- bindung von Lanze und Axt. Aus der einfachen Form (Fig. 136 a, a. f. S.) im 15. Jahrhundert entwickelten sich eine Mannigfaltigkeit von Gestaltungen (Fig. 136 b und c). Eine Abart der Hellebarde war die Partisane (böhmischer Ohrlöffel), deren Klinge mehr ein Schwert mit Flügelspitzen darstellt (Fig. 137) und die wieder eng verwandt ist Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. mit der Korseke , der korsischen Partisane (Fig. 138). Dies führt uns zurück zu den alten einfachen Formen der Lanze, des Speers oder Spiesses, der Pike und des Saufängers. Die Landsknechte trugen lange Fig. 136 a, b und c. Stangenlanzen , gegen Ende des 15. Jahrhunderts mit Schaften von 7 bis 8 m Länge und einfacher Spitze (Fig. 139 a). Formen, wie in Fig. 139 b und c abgebildet, trugen die österreichischen und Schweizer Fusssoldaten. Mannigfaltigere Formen zeigen die Kriegs- und Turnier- Fig. 137. Fig. 138. Fig. 139 a, b und c. Fig. 140. speere, an welche sich der Saufänger oder die Schweinsfeder anreiht. — Eiserne Streitkolben waren, wie die ungarischen Buzogans (Pusi- kane), Waffen der Reiter, die auch als Würdezeichen dienten. Der Streitkolben der Bauern war der Morgenstern, aus einem Knüppel Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. mit eingetriebenen starken Nägeln leicht herzustellen. Zu dieser Kategorie von Waffen gehörten auch die Kriegsflegel. Eine sehr vornehme und zugleich altdeutsche Waffe war der Streithammer , aus der alten Barte entstanden, die Waffe der Heerführer. Er war oft ganz aus ciseliertem und verziertem Eisen gefertigt (siehe Fig. 140). An die Barte reiht sich die Streitaxt , die von dem Reiter mit kurzem, von dem Fusssoldaten mit langem Schaft getragen wurde, mit schmaler oder breiter Schneide und mannigfaltiger Gestalt. Alle diese Waffen wurden, soweit sie nicht von gewöhnlichen Schmieden gemacht wurden, von den Klingenschmieden oder den Blankschmieden her- gestellt. Zu ausführlicherer Beschreibung ihrer Bereitungsweise geben sie uns indessen keine Veranlassung. Die Büchsenschmiederei . Die Büchsenschmiederei war ein zünftiges Gewerbe, welches von einzelnen selbständigen Meistern betrieben wurde, doch ent- wickelte sich im Laufe des 16. Jahrhunderts die Herstellung der Hand- feuerwaffen, die in Konstruktion und Zubereitung verbessert, nach und nach zur wichtigsten Waffe im ernsten Kampfe wurden, bereits teilweise zu fabrikmässigem Betriebe. Über die Erfindung des Pulvers, die Verwendung desselben zu Schusswaffen und die Wichtigkeit dieser Neuerung haben wir im ersten Bande bereits ausführlich (Bd. I, S. 892 etc.) gehandelt. Die Handfeuerwaffen entwickelten sich aus sehr unvollkom- menen Anfängen. Aus der Feuerlanze entstand die arabische Madfaa, das älteste Handgeschütz (siehe Bd. I, S. 895, 899) und dieses gab wieder das Muster ab für die flandrischen „Knallbüchsen“, die trag- baren, gestielten Handkanonen (canons à main), welche besonders in Lüttich angefertigt wurden Siehe M. Jähns , Handbuch einer Geschichte des Kriegswesens 1880, S. 780. . Diese Knallbüchsen bestanden aus einem kurzen, engen eisernen Cylinder, welcher hinten in einen schwachen, bis auf gewisse Länge ebenfalls hohlen eisernen Stab endigte, dessen Hohlraum als Kammer zur Aufnahme des Pulvers diente, Fig. 141 (a. f. S.). Zuweilen wurde auch der Stiel in eine Tülle am Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Rohr eingesteckt und durch einen Stift befestigt (siehe Fig. 142). Das Zündloch befand sich am Ende des Hohlraums auf der oberen Fläche des Stabes und war mit einer kleinen, pfannenartigen Vertiefung versehen, in welche das „Kraut“ aufgeschüttet und mittels der Lunte entzündet wurde. Kugeln dieser Waffe vermochten, wahrscheinlich aber nur in ziemlicher Nähe, den Harnisch zu durchbohren. Der Fig. 141. Reiter (eques scopetarius) befestigte die Büchse (scopitus) Fig. 141 mit- tels eines am hinteren Ende des Stabes befindlichen Ringes an seinem Brustharnisch und legte sie beim Gebrauche auf eine vorn am Sattel befindliche, bewegliche Gabel auf. Als Reiterwaffe kommt diese Handkanone daher gewöhn- lich unter dem Namen „Pétrinal“ (eigentlich poitrinal, Brustbüchse) vor. Italien folgte Flandern in Her- stellung solcher Knallbüchsen; man fertigte solche 1394 zu Perugia, 1386 zu Padua, 1399 unter dem Namen „sclopo“ in Bologna an. Diese waren sehr klein; von den zu Perugia geschmiedeten weiss man, dass sie nur eine Spanne Fig. 142. (palma, circa 18 cm) lang waren. Sie können als die Vorläufer der Pistolen angesehen werden. Die gestielten Handkanonen (Fig. 143) wurden sehr plump aus Eisen geschmiedet (nicht aus Eisenguss hergestellt, wie Jähns irr- Fig. 143. tümlich angiebt). Das Schmieden geschah aus flachen Eisenstäben über einem Dorn und wurden die kurzen Rohre nicht nachgebohrt, dagegen wurde das Rohr durch warm aufgezogene Ringe verstärkt. Das Rohr war auf beiden Enden offen. Der Stossboden wurde dadurch hergestellt, Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. dass man in das glühend gemachte hintere Ende einen eisernen Keil trieb. Die Schusswaffen stachen in ihrer mangelhaften Ausführung sehr ab gegen die prächtigen Arbeiten der Plattner und Klingenschmiede jener Zeit. Diese gaben sich aber auch nicht mit der Herstellung der damals noch verachteten Feuerwaffen ab, sondern überliessen die- selbe dem Grobschmied oder auch dem Schlosser. Am 23. Juni 1387 wollte ein Kleinschmied oder Schlosser zu Merseburg namens Hoicke ein von ihm geschmiedetes Handrohr probieren und in seinem Hause beschiessen, weil er aber nicht wohl damit umzu- gehen wusste, missglückte der Schuss, dass sein Haus in volle Flammen geriet und fast die ganze Stadt abbrannte Petr. Albinus , Meissnische Landchronik, Bd. I, Nr. 23, S. 820. . Wie roh solche Büchsen waren, geht auch daraus hervor, dass der Reiter sein Pétrinal gelegentlich zugleich als Morgenstern ver- wendete. Derartige Doppelwaffen (Fig. 144) nannte man Schiess- prügel. Ausser den gestielten Handkanonen gab es aber auch Hand- feuerwaffen, welche, wie die alten Kanonen (Bd. I, S. 900), eine oder Fig. 144. mehrere bewegliche Lade- kammern hatten, bei denen also Lauf und Büchse ge- trennt waren. Gewöhnlich gehörten zu jedem solchen Feuerrohr drei bis vier „eiserne Büchslein“. Die geladene Kammer wurde in das Rohr eingesteckt und durch einen eingeschobenen Keil oder Riegel festgehalten. Das „Waidloch“ (Zündloch) befand sich auch hier oben. Da der Verschluss sehr ungenügend war, ging ein grosser Teil der Kraft mit den Gasen verloren und oft waren die Schützen selbst in Gefahr. Diese Kammerbüchsen , welche 9 bis 10 Pfd. das Stück wogen, wurden vermutlich zuerst in Augsburg und Regensburg angefertigt. Beide Arten von Feuerrohre hatten keine Holzschaftung. Der Fussschütze schob den langen Stiel seiner Waffe unter den linken Arm und feuerte mit der losen Lunte in der rechten Hand ab. Vom Zielen war dabei keine Rede. Man schoss aus ziemlicher Nähe im Bogen und die Wirkung war mehr eine moralische, wes- halb der Name „Knallbüchse“ auch ganz treffend war. Im Zielschuss waren die Bogen- und Armbrustschützen noch weit überlegen. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die Holzfassung, die vereinzelt auch schon früher vorkam, allgemeiner. Der Eisenstiel wurde durch Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. einen Holzstiel ersetzt, den man jetzt beim Feuern über die linke Schulter legte. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts gab man der Büchse, deren Lauf nun auch länger gemacht wurde, einen Schaft, ähnlich wie er bereits bei den Armbrusten im Gebrauch war. Diesen fasste man jetzt unter den rechten Arm und stützte den langen, schweren Vorderteil der Waffe durch eine Gabel. Um den Rückstoss aufzufangen, versah man den Lauf nahe der Mündung mit einem an- geschweissten Haken und so entstanden die Hakenbüchsen (haakbuse — arquebuse, Fig. 145), auch kurzweg Haken genannt, von der an das Rohr geschweissten hakenartigen Spitze a , welche zur festen Auf- lage und zur Vermeidung des Rückstosses diente. Schon zu Anfang des 15. Jahrhunderts verschwanden die Handfeuerwaffen mit getrennter Kammer; Kammer und Rohr wurden aus einem Stück geschmiedet und man lud von der Mündung aus. Vorderlader verdrängten die Hinterlader bei den Handfeuerwaffen gänzlich. — Die Herstellung der langen Rohre war schon schwieriger. So plump sie uns er- scheinen, so verlangten sie doch eine grössere Kunstfertigkeit. Sie Fig. 145. sind aus verschiedenen Stäben zusammengeschweisst, über einen Dorn meist achteckig geschmiedet. Einen grossen Fortschritt erreichte man Ende des 15. Jahrhunderts dadurch, dass man am Boden ein Gewinde einschnitt und das Rohr durch eine Schraube, die soge- nannte Schwanzschraube , schloss. Eine weitere Verbesserung der Waffe bestand in der Verlegung des Zündlochs nach der äusseren Seite und der Anbringung einer Art Pfanne. Durch einen Deckel wurde dann später das aufgeschüttete Pulver vor Nässe und vor dem Herabfallen geschützt. Diese Fortschritte trugen viel zur Verbreitung der Handfeuerwaffen bei und führten zu neuen Entdeckungen. Ein grosser Missstand war das Losbrennen mit der Lunte aus freier Hand, bei gleichzeitigem Zielen. Ein richtiges Abkommen war hierbei kaum möglich und dies wurde wesentlich besser durch die Erfindung des Hahnes (Drache, serpentine, Fig. 146 und 147), ursprünglich nur ein am Schaft befestigtes Eisenstäbchen, dessen oberes Ende zur Aufnahme der Lunte gespalten war. Durch Schieben mit der Hand senkte sich die Lunte genau auf die Mitte der Pfanne, wobei der Schütze im richtigen Anschlag bleiben konnte. Weit vollkommener Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. wurde dieser Zweck erreicht, als der Hahn mit einer Feder oder vielmehr mit zwei ineinander greifenden Federn verbunden wurde, welche durch den Drücker ausgelöst wurden. Um die Federn zu schützen, befestigte man sie auf einer Platte, der „Schlossplatte“, auf Fig. 146. Fig. 147. deren Aussenseite der Hahn seine Befestigung fand. Den Abzug verlegte man später von der Schlossplatte fort in den Schaft. So entstand das Luntenschloss, angeblich in seinen Anfängen schon im Jahre 1378 ( Würdinger ). Diese Luntenschlossgewehre nannte man ebenfalls Haken oder Hakenbüchsen. Ihre Rohre waren circa 1 m lang, sie hatten ein Gewicht von 5 kg und schossen vierlötige Blei- kugeln. Im Felde bediente man sich häufig leichterer Gewehre, der Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. „halben Haken“ oder „Handrohre“, welche 2- bis 2½ lötige Bleikugeln schossen, doch benutzte man auch bei diesen die Gabel zur Auflage beim Schiessen. „Doppelhaken“ oder „Scharfdündeln“ (arquebuse à croc), die sich durch Länge, Schwere und grösseres Kaliber von den einfachen Haken unterschieden — sie waren circa 2 m lang, wogen 20 bis 25 kg und schossen 12 bis 16 Lot Blei auf 500 bis 600 Schritt —, wendete man meistens nur bei Verteidigung und Be- lagerung fester Plätze an. Sie hatten in der Regel Schildzapfen und lagen auf einem dreifüssigen Bock. Von den leichten Kanonen unter- schieden sie sich dadurch, dass sie geschäftet und mit Luntenschlössern versehen waren. Karl VIII. führte 1495 bei seinem 30000 Mann starken Heere im Feldzuge in Italien 140 schwere Kanonen, 200 Bom- barden und 1000 Harquebuttes oder schwere Haken, von denen jeder über 25 kg wog. Ein Mann brauchte 3 bis 4 Minuten, um einen Schuss zu thun. Erst nachdem die ordentliche Schäftung bei den Hakenbüchsen eingeführt war, wurde ein richtiges Zielen möglich und dieses führte zu der weiteren Erfindung der Visierung. Die alten Ladestöcke (Fig. 146) waren von Holz und wurden für sich getragen, erst viel später kam der eiserne Ladestock auf, der in eine Rinne am Schaft eingesteckt wurde. Waren die Luntenschlösser ein grosser Fortschritt gegen das einfache Zündloch, so hatten sie doch mancherlei Übelstände. Die glimmende Lunte verlöschte leicht im Regen und der Schein und Geruch derselben verriet die Bewegungen der Schützen besonders in der Nacht. In dieser Beziehung war die Erfindung des Radschlosses (Fig. 148), welche 1515 zu Nürnberg gemacht wurde, ein wichtiger Fortschritt der Feuerwaffentechnik Siehe Jähns , a. a. O., S. 1203. . Sein Mechanismus bestand darin, dass ein stählernes, drehbares Rad mit gezahnter Peripherie in die Pfanne griff und im Inneren des Schlosses durch eine Kette mit einer starken Schlagfeder in Verbindung stand, welche durch Auf- ziehen des Rades mittels eines Schlüssels gespannt wurde. Vorwärts der Pfanne war ein Hahn mit einem Schwefelkies (Pyrit) angebracht, der sich auf starker Feder bewegte. Um zu schiessen, spannte man das Rad, schob den Pfannendeckel zurück und brachte den Hahn auf das Rad. Ein Druck am Abzuge hob einen Stift aus dem Rade heraus, welches nunmehr frei, durch die ausschnellende Feder kräftig um seine Achse gedreht, sich am Schwefelkiese rieb und dadurch Funken erzeugte, die das Pulver auf der Pfanne entzündeten. Be- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. sonders verdient um das Radschloss und seine Verbesserung machten sich die Nürnberger Büchsenmacher Wolf Danner, Georg Kuhfuss im Jahre 1517 und später Kaspar Recknagel († 1632). Das Radschloss hatte nun allerdings den Vorzug, dass es das Mitführen der Lunte über- flüssig machte, auch im Regen funktionierte und eine ruhigere und sichere Entzündung gewährte. Letzterer Vorteil ging indessen nach wenigen aufeinander folgenden Schüssen verloren, da das Rad, infolge seiner unmittelbaren Berührung mit dem Pulver, bald verschmandete und Fig. 148. dann den Dienst ver- sagte. Nicht selten wurden daher die Ge- wehre ausser mit dem Radschloss auch noch mit einem Lunten- schloss versehen. Aus diesen Gründen, sowie des zeitraubenden Auf- ziehens und überhaupt der komplizierten und kostspieligen Konstruktion wegen fand das Radschloss nie allgemeine Annahme. Seine Anfertigung und seine Anwendung beschränkten sich fast nur auf Deutschland, wo es vorzugsweise zu den Feuerwaffen der Reiterei, namentlich bei den in Aufnahme kommenden Pistolen (Fäustlinge, Puffer), sowie für Scheiben, Jagd- und Luxuswaffen benutzt wurde. Die Fussschützen im Felde trugen dagegen meistens Luntenschlösser. Wichtiger wurde die Erfindung des Schnapphahnschlosses (Fig. 149, a. f. S.) gegen Mitte des 16. Jahrhunderts, aus welchem das spätere Feuerschloss oder Steinschloss entstanden ist. Das älteste deutsche mit der Jahreszahl 1540 befindet sich in der Waffensamm- lung auf Ettersburg bei Weimar, am häufigsten kommt es aber an spanischen und orientalischen Gewehren jener Zeit vor. Das spani- sche Schnappschloss bestand aus dem Schlossblech, dem Hahn mit einem Schwefelkies oder Feuerstein in den Lippen und sichelförmig gekrümmtem Fusse, der Studel, der Batterie, der Batteriefeder, der Pfanne, der Abzugsvorrichtung mit der ersten Rast und endlich der Abzugsfeder mit der zweiten Rast. Beim Losdrücken wird die Schlag- feder des Hahnes frei und schlägt diesen mit dem Feuerstein gegen die auf der Pfanne liegende Batterie, um den zündenden Funken hervorzubringen. Bei den ältesten spanischen Schnappschlössern wurde, wie bei dem Radschlosse, Schwefelkies angewendet, weswegen die Beck , Geschichte des Eisens. 28 Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Schlagfläche der Batterie gerippt war. Mit der Anwendung des Feuer- steins (Flint, daher der Name Flinte) wurde glatte Schlagfläche not- wendig. Das niederländische Schnappschloss ist als eine Verbesserung des spanischen anzusehen. Aber auch das Schnapp- schlossgewehr fand ebensowenig wie das Radschlossgewehr allgemeine Anwendung, wahrscheinlich auch, weil seine Konstruktion zu teuer war und zu verwickelt schien. Der Eigensinn der Büchsenmacher Fig. 149. und die Gewohnheit der Schützen widerstand lange der Einführung dieser Verbesserungen. Ähnlich verhielt es sich auch mit den gezogenen Läufen , die zwar erfunden, doch nirgends in den Kriegsgebrauch eingeführt wurden. Dagegen kamen ge- zogene Läufe bei den Scheiben- schützen in Aufnahme und bereits im Jahre 1498 sollen gezogene Handrohre bei einem Scheiben- schiessen in Leipzig in Anwendung gekommen sein. Selbstverständ- lich war die Erfindung des Ausbohrens der Rohre der des Ziehens vorausgegangen. Die Windung der Züge nannte man den „Drall“; ihre Anzahl und Gestalt war verschieden; nach ihrer Form unter- schied man Flachzüge, Stern- und Rosenzüge, welche letzteren der Nürnberger Büchsenmacher August Kotter (1620) erfunden haben soll, sowie Haarzüge, wobei viele flache Züge nebeneinander lagen. Zöllner in Wien und Danner in Nürnberg erwarben sich im 16. Jahr- hundert besondere Verdienste um die Verbesserung des gezogenen Ge- wehres. Dieses nannte man später in Deutschland vorzugsweise Büchse. Die aus jener Zeit stammenden vielläufigen Gewehre, wie Laden- und Orgelgeschütze hatten nur eine vorübergehende Bedeutung, doch waren sie die Vorläufer der Revolver und Mitrailleusen. Wie sehr die Bedeutung der Handfeuerwaffen fortwährend zunahm, ergiebt sich aus folgenden Angaben: Das Aufgebot von Zürich bestand im Jahre 1444 aus 2770 Mann, hiervon waren 1604 mit Hellebarten, 649 mit Spiessen, 458 mit Armbrusten und nur 61 mit Feuergewehren bewaffnet. 1477 befiehlt bereits Albrecht Achilles für das märkische Aufgebot: „Die Trabanten sollen geteilt werden in drei Haufen, nemlich ein viertel, die sollen Buchsenn-schutzen sein, ein viertel armbrost-schutzenn, vnd der Halbteyl sollen haben Streitaxt oder Hellenparten; die mit den Streitaxtenn vnd Hellenparten sollen haben Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. von Harnisch, eisenhut, pantzer, goller, prust-krebsz oder schurtz, vnd zu der streit-axt oder hellenparten ein gut werlich messer oder schwert.“ Gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts wurden in Deutschland bei einem Fähnlein von 400 Mann 200 Hakenbüchsen für notwendig erachtet. Ebenso machten bei den Spaniern und Niederländern die Feuerschützen die Hälfte der Compagnie aus, zu Ende des 16. Jahr- hunderts stieg aber dieses Verhältnis schon bis auf zwei Dritteil. Ein wichtiger Fortschritt war die Einführung der Musketen . Es waren dies Gewehre mit längerem Lauf, stärkerer Ladung und grösserer Wirkung, sowohl in Bezug auf Schussweite als Durchschlag- kraft. Konstruktiv bieten sie nichts besonders Neues. Sie entwickelten sich aus den Hakenbüchsen und wurden wie diese sowohl mit Lunten- schloss als wie mit Rad- und Schnappschloss versehen. Sie waren schwerer als die halben Haken und hatten längere Rohre als die einfache Hakenbüchse, man bezeichnet sie deshalb am richtigsten als kleinere Doppelhaken. Ihres Gewichtes wegen musste man sich der Gabel (forquine, fourquine) zur Auflage beim Schiessen bedienen. Fasst man die Muskete als starkes Gewehr mit langem Rohr auf, so kommt diese Waffe im Gegensatz zu den kurzen Faustrohren in Deutschland schon im 14. Jahrhundert vor. Augsburg stellte 1381 in dem Kriege der Städte gegen den fränkischen, schwäbischen und bayerischen Adel 30 so bewaffnete Büchsenschützen. Sie fanden hauptsächlich in den deutschen und italienischen Städten Verbreitung und standen im Ruf, dass ihnen kein Harnisch widerstand. Als Herzog Wilhelm von Sachsen 1447 bei Erfurt vorbeizog, eilten die Bürger mit weiten Handbüchsen zur Verteidigung auf die Mauern Menkenii scriptor. rer. Germanicar. praecipue Saxonic. fol. Lips. 1730. Tom I, 1195. . Andere Nachrichten geben wieder an, die Musketen seien 1430 in Augsburg erfunden worden. Äneas Sylvius sagt: sclopetum (die Muskete, das Feuergewehr) in Germania primum nostra aetate repertum Commentar, Lib. IV, p. 304. . Aber schon 1423 werden im Hussitenkriege unter den Hülfstruppen des Bischofs von Olmütz kaiserliche Musketiere (Büchsenschützen) aufgeführt. Bei Murten schossen 1477 die Schweizer die flüchtigen Burgunder, die sich auf die Bäume geflüchtet hatten, gleich Vögeln mit Feuerröhren oder Büchsen (pixidibus) herunter. Der Name Muskete wird vielfach von dem sicheren Fernschuss, mit dem man Vögel aus der Luft 28* Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. schiessen konnte, hergeleitet. Im 16. Jahrhundert war die Muskete das schwere, weittragende Gewehr im Gegensatz zu den Haken- büchsen, die man leichter machte und freihändig abschoss. Das Ver- hältnis beider Waffen wurde zuerst von Moritz von Oranien regle- mentarisch dahin festgesetzt, dass auf ein Pfund 10 Musketen- und 20 Hakenkugeln gehen sollten. Die Musketiere, als eine besondere Schützenart, spielten zuerst bei den spanischen Truppen im deut- schen Heere eine hervorragende Rolle und werden bereits 1521 er- wähnt. Bei Pavia trugen die spanischen Musketenschützen nicht wenig zum Gewinnen der Schlacht bei. In Frundsbergs Kriegs- thaten 1568 (S. 49) heisst es: „es war eine blutige Schlacht, denn die geschwinden Hispanier umgaben sie und haben allenthalben bleierne Kugeln unter sie geworfen und tödlich verwundet. Sie hatten nicht gemeine Handrohr, wie vor der Brauch, sondern lange Rohr, die man Haken nennet, haben in einem Schuss etlich Mann und Ross erschossen.“ Unter Karl V. befanden sich bei jedem Fähn- lein zehn solcher Musketiere, die zehn Gulden monatlich Besoldung bekamen und immer an der Spitze der Kolonne marschierten; bei den spanischen Truppen waren es später 15, die unter den andern Handgewehrschützen verteilt waren. Was den Musketen aber am meisten ihre Überlegenheit ver- schaffte, war ihre sorgfältigere Herstellung. Waren die alten Faust- büchsen von Grob- und Kleinschmieden oder von Schlossern nebenher und ohne besondere Kunst in plumper Weise hergestellt worden, so vollzog sich in dieser Beziehung eine Wandlung in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Es bildete sich ein selbständiges zünftiges Gewerbe der Büchsenschmiede aus, deren Ansehen und Bedeutung mit der Bedeutung der Feuerwaffen zugleich wuchs. Gutes Material, vorzügliche Schweissung und sorgfältige Bohrung das war es, was den Feuerröhren des 16. Jahrhunderts zu immer grösserer Wirkung und zu immer grösserer Preisschätzung verhalf. Bis zur Mitte des 16. Jahr- hunderts blieb die Herstellung der Handfeuerwaffen eine handwerks- mässige, welche hauptsächlich in den grossen Städten ihren Sitz hatte. Auch dieses Gewerbe blühte besonders in Augsburg und noch mehr in Nürnberg. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begann die handwerksmässige Herstellung der Gewehre in eine fabrikmässige überzugehen. Ehe wir dies eingehender darlegen, teilen wir die Ab- bildung der Werkstatt eines Büchsenschmieds nach Jost Ammon mit (Fig. 150). Hans Sachs liefert dazu folgenden Vers: Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Ich bin aber ein Büchsenschmid, Die Büchsen Ror die mach ich mit, Kurtz vnd lang, Eysern, starck vnd fest, Aussbort, auff das glettest vnd best, Fig. 150. Der keines ist mir feil darbey, Biss es vor wohl beschossen sey, Auf dass im schuss es nicht zerspring, Vnd einen Mann zu schaden bring. Des Schopperus Vers lautet: ( Bombardarius — der Büchsenschmied ). Aerea fulmineas tormenta rotantia glandes, Hîc meus ex rigido malleus aere parat. Sive minora placent hostes adversus iniquos, Perferat in bellum quat cataphractus eques. Seu magis arrident castrensia, qualia currus, Ante graves urbes vi gemebundus agat. Utraque reperies vigili confesta labore, Ne rimas forsan pars trahat ulla causas. Quae lime conveniunt utentibus ordine recto, Crux sed abusuros, poena gravisque manet. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Die ehernen Geschütze, welche die blitzenden Kugeln schleudern, Bereitet hier mein Hammer aus dem starren Erz. Gefallen dir von den Kleineren welche, gegen den ungleichen Feind, Wenn er zieht in den Krieg auf dem geharnischten Ross? Oder mehr noch die man aufwärts richtet in dem Lager, wenn sie Der ächzende Wagen vor die festen Städte führt. Von beiden wirst du finden, dass sie mit sorgfältiger Arbeit gefertigt sind, So dass du an keinem Teil Furchen oder Vertiefungen finden wirst. Sie werden gute Dienste leisten denen, die sie in rechter Weise gebrauchen, Zum Unheil aber denen, die sie missbrauchen, und schwere Strafe wartet ihrer. Fig. 151. Das Schäften der Büchsen besorgten die Büchsenschäfter , welche eine selbständige Zunft bildeten. Hans Sachs begleitet Jost Ammons Zeichnung (Fig. 151) mit folgendem Vers: Die Eysern Rohr kann ich eynfassn, In Hültzen Schäfft, künstlicher massn, Mit verschrottem Werck, sauber rein, Mit eingelegtem Helffenbein, Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Kurtz vnd lang, klein vnde gross, Die man führet zu Fuss vnd Ross, Wohin reyset ein ehrlich Mann, Sich der Räuber auffhalten kann. Die Verzierung der Büchsenschäfte geschah oft mit grossem Auf- wand von Mühe und Kunst. Was den fabrikmässigen Betrieb der Gewehrfabrikation herbei- führte, war einesteils der wachsende Bedarf, anderseits die Be- nutzung der Wasserhämmer als Arbeitsmaschine zum Schmieden der Rohre. Nahm der Bedarf an Feuergewehren schon dadurch sehr zu, dass dieselben zur Bewaffnung der Bürgerschaft der Städte erforder- lich wurden, dass Schützenvereine und Schützenfeste in Aufnahme kamen, so trugen in noch weit höherem Masse die stehenden Heere, die nach dem Muster Frankreichs in allen europäischen Staaten ein- geführt wurden, zum Massenbedarf bei. Holland hatte gegen Ende des 16. Jahrhunderts ein stehendes Heer von 20000 Mann, Frankreich von 14000, Gustav Erikson führte in Schweden zuerst 1542 eine ständige Garde ein. Die Türkei hatte ihre Janitscharen und Iwan der Schreckliche gründete 1545 in Russland das Strelitzencorps (strielzi, strolzi, Schützen). Der Bedarf an Schiessgewehren steigerte sich aber ausserordentlich in Kriegsfällen und diese waren häufig genug im 16. Jahrhundert. Dabei wurden oft grosse Truppenmassen ausgerüstet. Die protestantische Armee im Jahre 1546 zählte 90000 Mann zu Fuss und 16000 Pferde; noch grösser war das Heer, das Karl V. 1532 vor Wien gegen die Türken sammelte; es bestand aus 90000 Mann zu Fuss und 30000 Reitern. Für die Bewaffnung solcher Massen genügte die handwerksmässige Büchsenschmiederei nicht mehr. Der Bedarf drängte zur fabrikmässigen Produktion, zur Arbeitsteilung und gleich- zeitiger Beschäftigung vieler Hände. Dahin führte auch die grössere Kompliziertheit der Gewehre. Die alte Knallbüchse ohne Schäftung konnte füglich jeder Schmied anfertigen. Ganz anders war dies bei den neuen Büchsen mit langem, ausgebohrtem und poliertem Rohr, mit Rad- oder Schnapphahnschloss, mit Ladestock und Holzschäftung. Die Verschiedenheit der Teile zwang schon zur Arbeitsteilung. Diese wurde erleichtert durch die zunehmende Verbreitung der Zainhämmer (Reckhämmer). In diesen durch Wasserräder bewegten Hämmern wurden die Platinen, welche die Büchsenmacher oder die Gewehr- fabrik zur Herstellung der Rohre nötig hatte, hergestellt. Geschah dies ausschliesslich, so nannte man den Hammer einen Platinenhammer. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Die Platinen waren flache Schienen von etwa 1 m Länge, 10 bis 12 mm Dicke und 10½ cm am Kopf, 12 cm am Ende Breite. Sie mussten durchgehends aus zähem, sehnigem, vollkommen ganzem Eisen be- stehen. Das Ausschmieden derselben zu Musketen oder Büchsen- rohren geschah im 16. Jahrhundert allerdings noch meistens mit der Hand. Sobald Massendarstellung, Arbeitsteilung, Billigkeit unumgäng- liche Forderungen der Gewehrfabrikation wurden, zog sich aber das Gewerbe aus den teuren Städten fort in solche Gegenden, wo gutes Eisen, Holzkohlen und billige Arbeitskräfte zu haben waren. Dies alles fand sich auf das beste in dem Städtchen Suhl oder Suhla in der gefürsteten Grafschaft Henneberg im Thüringer Walde vereinigt. Suhl war ein alter Waffenschmiedeplatz, der schon im 15. Jahr- hundert besonders die fränkische Ritterschaft mit Panzern und Schwertern versehen hatte. 1536 gründeten die Eisenarbeiter, welche sich in Schlosser, Windenmacher, Sporer und Büchsenschmiede ein- teilten, die erste Innung. Von der Mitte des 16. Jahrhunderts an nahm die Gewehrfabrikation einen solchen Aufschwung, dass von da ab bis zum Jahre 1634 Suhl das „Zeughaus Deutschlands“ genannt wurde. Sebastian Münster schreibt schon in seiner Kosmo- graphey (1550): „Saull ein schöner Marktflecken, allwo ist in dem Düringer Wald gelegen, darbey gräbt man zu jetziger Zeit vberauss treffenlich viel Eisenerzt, besonders auff den Dellberg und Donnberg .... Noch ein berühmter Berg, auff dem Nitz genannt, da gibt es vberflüssig viel Eisenerzt, vnd hat man allda ein kunstreich Wasserrad zugericht, dass das Wasser ohne Mühe in Kanäle geschöpfft, vnd hindan ge- leitet wird, so damithin auff dem Schmidfeld auch ein Eysen Erzt- werk gefunden. Zu dem hat man bey diesen gemeldeten Erztwerken über die 20 Schmelzhütten, da schmiedet man allerlei Waffen, be- sonders über die Massen viel Büchsen, sonderlich dieser gattung so man pflegt Muschketen zu nennen und Handrohr, klein und gross, aller gattung und grosse anzahl und viel Feuerschloss, auch andere notwendige Waaffen mehr, so in Teutschen und Welschen Landen, auch in Ungarn, Polen, allenthalben weit und breit geführt werden.“ Valentin und Stephan Klett und Claus Reitz hatten schon im Jahre 1586 zwei so bedeutende Fabriken, dass sie der Schweiz 2000 verschiedene Feuergewehre und 500 Präzisionsmusketen auf einmal zu liefern vermochten. Georg Klett übernahm grosse Lieferungen nach Ungarn und nach Krakau. Simon Storc lieferte im Jahre 1600 6000 Rohre mit dem königlichen Wappen nach Dänemark. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Bei dem Rohrschmieden mit der Hand wurde in folgender Weise verfahren Siehe Blumhof , a. a. O., Art. Rohrschmieden. . Der Rohrschmied wählte sich eine Platine oder Schiene nach einem Masse und schärfte die beiden langen Seiten dergestalt mit dem Hammer ab, dass die Dicke beider übereinander geschlagen soviel betrug, als die Stärke in der Mitte der Platine. Hierauf wurde dieselbe rotglühend gemacht und zwischen zwei starken, eisernen Armen, die spitzwinklig gegen einander im Ambossstock gestellt waren, mit dem Hammer möglichst gekrümmt und zusammengerollt; das aufgerollte Eisen wurde von neuem warm gemacht und um einen starken und langen Dorn geschlagen. Ein solcher Dorn war immer nach dem Kaliber jedes Laufes abgemessen, der aus der Platine ent- stehen sollte; indessen musste der Durchmesser in jedem Zirkel des Dorns etwas kleiner sein, als das Kaliber des Gewehres, indem der Bohrer auf der Bohrmühle die Aushöhlung des letzteren erweiterte. Die abgeschärften Seiten der Platinen deckten sich nach dem Schmieden um den Dorn. Sie mussten nun zusammengeschweisst werden und das Rohr musste zugleich seine völlige Rundung erhalten. Beides geschah, indem man den Haken des Dorns gegen den Amboss lehnte und das gerollte Rohr wieder abzog, diesem Schweisshitze gab und es in einem Gesenke beim Zusammenschweissen stets im Kreise herumdrehte. Sobald nun ein Ende der zusammengerollten Platine bis zur stärksten Schweisshitze erwärmt war, so legte sie ein Rohrschmied in eine passende Vertiefung auf der Bahn des Gesenkambosses, und ein anderer steckte mit möglichster Schnelligkeit den Dorn wieder in das Rohr, so dass er auf beiden Seiten aus dem Rohr hervorragte, weshalb solches auch bequem gehalten und regiert werden konnte. Nun richteten beide Arbeiter die Schläge ihrer starken Hämmer auf die glühend gemachte Stelle des Rohres, welches zugleich beständig in dem Gesenke umgedreht wurde. Hierdurch schweisste man den erwärmten Teil des Rohres nicht nur zusammen, sondern glättete den- selben auch. Da sich aber die ganze Naht nicht in einer Hitze zu- sammenschweissen liess, so geschah dies stückweise und der Rohr- schmied musste das Eisen bei jedem Rohr dreimal erwärmen und doch blieben auch dann noch zuweilen unebene Stellen und Splitter stehen, weshalb das Rohr noch weissglühend und zuletzt rotglühend mit dem Handhammer in dem Gesenke geebnet wurde. Bei dieser Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. letzteren Arbeit mass der Rohrschmied das Rohr, und wenn er es zu lang fand, so stauchte er es an einem Ende mit dem Hammer auf, bis es die erforderliche Länge hatte. Weil sich aber das auf- gestauchte Ende etwas umlegte, so wurde die Öffnung des Rohres auf einen runden und zugespitzten Widerhaken des auf dem Amboss steckenden eisernen Armes gesteckt und die Erhöhung auf dem Rohre mit dem Hammer niedergeschlagen. Zuletzt wurde noch durch das hohle Rohr hindurchgesehen, um zu bemerken, ob nicht etwa an den Seiten noch Vertiefungen oder Splitter waren, in welchem Falle das Rohr von neuem auf dem Dorn geschmiedet werden musste. So ist das „rauhe Rohr“ fertig. Die Seelen dieser zusammengeschmiedeten Rohre waren noch sehr uneben und ungleich, sie mussten also gebohrt werden, und zwar erst im Rauhen, dann folgte das Glattbohren. Das Rauhbohren entfernte die vorstehende Schweissnaht im Inneren und machte das Rohr überhaupt erst rund. Das Glattbohren gab die ganz egale und glatte Seelenwand (Kugelgleichheit) von vorschrifts- mässigem Kaliber. Man bediente sich dazu der Rauh- und Glatt- bohrbank. Bei dem Rauhbohren wurde das Rohr in einen Schlitten gespannt (Fig. 152), der durch ein Spindelgetriebe vorwärts bewegt wurde, und zwar dem Bohrer, der an ein kleines Wasserrad oder ein Kammrad, das sich rasch drehte, befestigt war, entgegen. Erst nahm man einen schwächeren Bohrer, dem ein stärkerer folgte. Der Schlitten lief in einem mit Wasser gefüllten Trog, um das Erhitzen des Rohres beim Bohren zu verhindern. Der Bohrer bestand aus einer cylindrischen Stange, auf deren Ende drei scharfe, spiralförmige Bohrschneiden aufgesetzt waren. Nach dem Rauhbohren wurde das Rohr erst auf seine Geradheit geprüft und wenn nötig kalt gerichtet. Alsdann folgte das Glattbohren, welches mit viel grösserer Sorgfalt geschehen musste. Die Bewegung des Bohrers war an und für sich langsamer als beim Rauhbohren, ausserdem war aber an der Glatt- bohrbank eine Vorrichtung angebracht, wodurch man die Vorwärts- bewegung des Schlittens verlangsamen konnte. Die Arbeit musste wegen harter Stellen, Fehlern oder Geraderichten öfter unterbrochen werden. Wie oft das Rohr beim Glattbohren neu aufgespannt werden musste, hing von der Güte desselben ab, doch unterschied man stets das Rundbohren, zweimaliges Glattbohren und das Polieren. Das Rundbohren, welches sich an das Rauhbohren anschloss, stellte die Kugelgleichheit her. Hierauf wurde das Rohr äusserlich abgefeilt. Alsdann folgte das erste Glattbohren bis auf 0,15 Linie der normalen Seelenweite zur Entfernung der Bohrringe und Rauh- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. heiten. Alsdann gelangte das Rohr an den Rohrschleifer. Es folgte die erste Revision, das Einschneiden der Schwanzschraube und die erste Schussprobe. Nachdem das Rohr wieder gerichtet war, folgte das zweite Glattbohren bis auf 0,05 Linie unter der Normalweite. Fig. 152. Nachdem das Rohr von neuem revidiert und poliert worden war, folgte das Ziehen und Polieren. Das Ziehen geschah in Suhl auf einer Handziehbank (Fig. 153), welche nebenstehend abgebildet ist und deren Manipulation aus der Fig. 153. Zeichnung ersichtlich ist. Wie schon erwähnt, waren die Militär- rohre in jener Zeit nicht gezogen, wohl aber die Scheibenbüchsen und Jagdgewehre. Das Fertigmachen der Gewehre beschäftigte ausser den schon erwähnten Rohrschmieden, Rohrfeilern, Rohrschleifern, Schmirglern oder Polieren und Rohrverschraubern noch die Schlossmacher, Stecher, Garniturmacher, Plattenmacher, Schäfter, Ladestockmacher u. s. w. Zu Suhl geschah das Schleifen der Militärrohre trocken auf einem 0,75 m breiten über 2 m hohen Sandstein, auf der oberen Peri- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. pherie des Steines, so dass der Schleifer gerade über dem Stein sass und das quer über dem Stein liegende Rohr mit beiden Händen auf- drückte. Vor Einführung der Drehbänke erhielten die Rohre allein durch das Schleifen ihre richtige äussere Gestalt, weshalb der Schleifer fortwährend mit seiner Leere nachmessen musste. Hatte es die vor- geschriebenen Dimensionen, so wurde es noch einmal der Länge nach abgeschliffen oder „abgelängt“. Die Gewehrfabriken zu Suhl, zu Ferlach in Kärnten, dessen Ge- wehrindustrie 1558 von Ferdinand I. gegründet worden war, wie auch zu Lüttich stellten hauptsächlich die gewöhnlichen Militärgewehre dar. Bessere Büchsen, Pistolen und Luxusgewehre verfertigten nach wie vor die Büchsenschmiede in den grossen Städten und da mit der- artigen Feuerwaffen grosser Aufwand im 16. Jahrhundert getrieben wurde, so gab es auch viele ausgezeichnete Büchsenschmiede. Des grössten Rufes nicht nur in Deutschland, sondern in Europa, denn Deutschland nahm auch in der Herstellung der Handfeuerwaffen die erste Stelle ein, erfreuten sich die Büchsenschmiede in Nürnberg, Augsburg und Dresden. Viele Waffensammlungen enthalten herr- liche Schiessgewehre aus jener Zeit. Das königliche Museum in Dresden enthält die reichste und schönste Sammlung der Art. Berühmte Büchsenschmiede waren die schon erwähnten Wolf Danner und Johann Kuhfuss zu Nürnberg, im Anfang des 16. Jahrhunderts. Von ersterem berichtet sein Landsmann und Zeit- genosse Johann Neudorfer 1547: „die Rohre an denen Hand- büchsen von Eisen zu schmidten und darauf dieselben auszubohren und abzurichten, ist dieser Meister in grossem Ruhm und wurde vor allen andern gelobet, wie denn auch an den Büchsen, darauf sein Zeichen und Namen allerweg eingesenkt ist zu sehen“ Siehe Joh. Neudorfer , Nachrichten von den vornehmsten Künstlern und Werkleuten u. s. w. Nürnberg anno 1547, ed. Lochner , S. 82. . In Augsburg wurden im Jahre 1517 Radbüchsen gemacht und 1553 rühmten sich die Augsburger Büchsenmeister, dass ihre Arbeiten den Nürnbergischen an Güte und Sauberkeit weit vorgingen. Diese wurden ebenfalls geschaut und auf dem Rohr und dem Schloss mit dem „Stadtpyr“ bezeichnet. 1590 schrieb Erzherzog Ferdinand an die Stadt wegen Büchsenmeister für Spanien Siehe v. Stetten , a. a. O., S. 200. . Gegen Ende des Jahrhunderts lebte eine ganze Anzahl berühmter Meister in Dresden, wohin sie durch Kurfürst August, den Gründer des historischen Museums (1560), der ein leidenschaftlicher Waffenliebhaber war, Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. gezogen worden waren. Wir nennen die Glieder der Familie Drechsler oder Dressler , die drei Helwige, Georg Geissler und Hans Stockmann , von denen sich herrliche Büchsen in der Dres- dener Gewehrsammlung befinden. Andere schöne Büchsen rühren von Bartholomäus Hachner und dem Spanier Barthol. Biella her. Umgekehrt lieferte der Münchener Büchsenschmied Peter Pah (von 1549 bis 1551) viele Arkebusen nach Spanien an Philipp II., die hoch bezahlt wurden. Hans Hofmann in Augsburg schmiedete Falkonette 2 bis 3½ kg schwer und 7 bis 12 Schuh lang, dergleichen bei einem Pfund schossen. Um 1566 kamen einige in das Münchener Zeughaus. Der Windbüchsen wollen wir auch kurz gedenken. Die ersten sollen von einem Büchsenmacher Guter in Nürnberg 1560 erfunden worden sein, dieselben wurden wesentlich verbessert von Johann Lobsinger in Nürnberg 1569, Gerlach und Sars in Berlin und andern. Ausser den Angeführten waren noch berühmte Lauf- und Büchsenschmiede dieser Periode in Deutschland: Peter Pech in München Jedenfalls identisch mit dem oben genannten Peter Pah . , der um 1540 für den spanischen Hof arbeitete, Daniel Samitsch , lieferte 1544 für König Ferdinand I., Bartholomäus Marckwart in Augsburg († 1552), Hans Feil (1576 bis 1592) und Marx Wildemann (bis 1587), beide in Dresden. Jacob Eberhart war ein bekannter Büchsenmacher in Suhl (um 1590) und von der bekannten Büchsenmacherfamilie Klein lebten daselbst um 1586 die Brüder Stephan und Valentin. Michael Armgerst arbeitete um 1588 in Dresden und Leipzig. Hanns Hörl (zeichnete H. H.) und Hans Morgenroth waren beide gegen Ende des Jahrhunderts in Nürnberg thätig. Auch Italien hatte vorzügliche Büchsenmacher um diese Zeit. Berühmt war der Laufschmied Maffia zu Pistoja besonders durch seine langen Läufe, die bis zu 10 Ellen massen. Vorzügliche Lauf- schmiede waren die Cominazzi in Brescia, von denen Angelo Lazarino im 16. Jahrhundert lebte. Ettore in Brescia, der seiner berühmten Radschlösser wegen il gran Maestro da Brescia genannt wird, war nach Petrini ein Deutscher. Nach demselben Schrift- steller war Felliciano in Verona, welcher als Zeichen eine Sonne führte, ein ausgezeichneter Büchsenmacher zu der gleichen Zeit. Filippo Marchetti zu Brescia zeichnete mit seinem Namen; Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Parigino zu Florenz führte eine Lilie im Schilde als Zeichen. Antonio Venasolo arbeitete gleichfalls in Brescia als Büchsen- macher. Spanien, berühmt durch seine Musketen, bezog in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts seine Feuergewehre aus Deutschland, erst in der zweiten Hälfte entwickelte sich die heimische Industrie, die treffliche Meister hervorbrachte, so den Laufschmied Christobal Frisleba (Freysleben?) zu Ricla um 1560; Juan Salado , der an verschiedenen Orten, zuletzt zu Salamanca arbeitete, um 1580. Micerguilla war um dieselbe Zeit Büchsenmacher zu Madrid. Pedro Pallacios lebte gegen Ende des Jahrhunderts, ebenso Pedro Munoz , genannt il Toledano , den wir um 1600 in Sevilla finden und der mit seinem ganzen Namen zeichnete. Als flandrischer Waffenschmied wird im 16. Jahrhundert Ettor genannt, welcher angeblich das Radschloss erfunden haben soll. Er ist vermutlich identisch mit dem Ettore von Brescia. Der Büchsen- macher G. Giammo aus Flandern, der als Marke einen Nagel führte, arbeitete in England. Die Herstellung schwerer Geschütze aus Schmiedeisen kommt im 16. Jahrhundert nur noch vereinzelt vor. Gegossene Bronze- geschütze hatten die aus Stäben zusammengetriebenen Monster- geschütze verdrängt, daneben stellte man geringwertigere Geschütze aus Gusseisen dar. Am längsten behaupteten sich die geschmiedeten Eisengeschütze in Österreich Siehe „die Sammlung alter Geschütze im k. k. Artillerie-Arsenale zu Wien, beschrieben von Wendelin Boeheim “ in den Mitteilungen der k. k. Central- kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denk- male. Wien 1883, Bd. IX, S. 59 etc. , wo besonders in der Stadt Steier diese alt angesessene Fabrikation noch fortblühte. Die Erzeugung dieser Geschütze bildete damals einen nicht unwichtigen Teil der Eisenindustrie Steiermarks und Österreichs. Dieser Umstand war die Ursache, dass, allerdings nur zur Verteidigung der Schlösser des Adels und kleinerer Städte, Eisengeschütze in Österreich länger im Gebrauch standen. Daneben blühte die Stückgiesserei gegen Ende des 15. Jahrhunderts besonders in Innsbruck, wo die berühmten Stückgiesser Hans Appenzeller, Jörg Endorfer, Jörg Seelos und Michael Godl , zugleich mit Peter Layminger in Feldkirch thätig waren, während in Salzburg schon 1438 Hans von Zabern berühmt war. In Innsbruck entwickelte sich eine berühmte Giess- schule, an der sich neben den obengenannten Stephan Godl und Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Hans Lendenstreich hervorthaten und Peter Laymingers Sohn Hans , genannt Löffler , erwarb solchen Ruhm, dass ihm die Stadt Augsburg im Jahre 1527 die Leitung ihres 1502 durch Nico- laus Oberacker gegründeten Giesshauses übertrug. Von den Eisengeschützen im Wiener Artilleriearsenal erwähnen wir zuerst den der früheren Periode angehörigen Riesenmörser (Fig. 154). Es ist das älteste der auf uns gekommenen Kolossal- geschütze des Mittelalters. Es hat bei 2,50 m Länge das ausser- ordentliche Kaliber von 1,10 m und schoss Steinkugeln von 575 kg Gewicht. Es hat eine besondere Kammer (Büchse) angeblich von Gusseisen, welche 134 Pfund Pulver fasst. Der Lauf (Bumhard Fig. 154. oder Fluge) ist aus 4 Zoll starken Eisenschienen zusammengesetzt, welche von aussen mit 2 Zoll dicken, eisernen Reifen umgeben sind. Das Geschütz wurde der Überlieferung nach im 14. Jahrhundert in der Stadt Steier geschmiedet und von dieser dem Kaiser geschenkt. Die Türken hatten das Geschütz erbeutet und weggeschleppt, im Jahre 1529 nahmen es ihnen aber die Österreicher wieder ab und heute prangt es als artilleristische Merkwürdigkeit ersten Ranges und Trophäe zugleich vor der Waffenhalle des kaiserl. königl. Arsenals zu Wien. Von den Eisengeschützen des 16. Jahrhunderts in derselben Sammlung verdient besonders das als „eiserner Mörser“ bezeichnete (Nr. 99) Siehe W. Boeheim , a. a. O. S. 91. von 15 cm Kaliberweite mit schönen Renaissanceverzierungen Erwähnung, denn es hat ganz die schlanke Gestalt der Bronzekanonen Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. jener Zeit. Die Schildzapfen stehen im Gleichgewicht des Rohres und haben hohe Scheiben angegossen. An der vorderen Platte steht der Reimspruch: DISTELN . STECHEN . SER … FALS ZVNGEN . NOCH . VIL . MER … 1538. In der Mitte oberhalb: EIN . BOLDER . HEIS. ICH . HANS . PENDER. ZV . SIGEN . MACHT. MICH. Auf der Platte des Stossbodens: H . P . SICH . AN . DICH . DAN . STROF . MICH. Dieses schöne Siegerländer Geschütz ist von trefflicher Kon- struktion und guten Verhältnissen. Dabei ist die Schweissung so vollkommen, dass es wie aus einem Guss erscheint. Die kolossale „faule Magd“ im Zeughaus zu Dresden, aus Eisen geschmiedet, stammt gleichfalls aus dem 16. Jahrhundert. Die Schweissung der grossen schmiedeisernen Geschütze blieb meist eine unvollkommene. Das Schweissen und Schmieden geschah zu Anfang des 16. Jahrhunderts noch vielfach mit der Hand. Neu- dörfer (1547) erwähnt den Meister Melcher zu Nürnberg, „welcher die grossen Schlangen aus Eisen mit der Hand geschmiedet“. Es war dies wahrscheinlich der Stadtschlosser Melchior Glaser , dem 1512 gekündigt wurde. Im weiteren Verlaufe des Jahrhunderts kam die Herstellung schwerer Geschütze aus Schmiedeisen fast ganz ausser Gebrauch. Um so bemerkenswerter sind die Anstrengungen des Herzogs Julius von Braun- schweig um 1570, schmiedeiserne Geschütze von verschiedenen Grössen, zum Teil von grosser Länge, auf seinen Eisenwerken bei Gittelde dar- zustellen. Er glaubte noch an den in der ersten Hälfte des Jahr- hunderts allgemein angenommenen Lehrsatz: je länger das Rohr bei gleichem Kaliber, je grösser die Tragweite und je sicherer der Schuss. Von Gusseisen liessen sich lange Rohre mit engen Seelen nur schwierig herstellen, weil man kein anderes Verfahren kannte, als die Seele über den Kern zu giessen. Schmiedeiserne Kanonen liessen sich leichter und glatter bohren und waren weniger dem Zerplatzen ausgesetzt. Dazu kam, dass Herzog Julius ein Interesse daran hatte, für das Eisen seiner Zerenn- und Frischherde Absatz zu finden. Aber er glaubte auch Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. an die Überlegenheit der schmiedeisernen Geschütze, namentlich langer Schlangen, und hielt an deren Herstellung mit der ihm eigen- tümlichen Hartnäckigkeit fest, obgleich seine Zeitgenossen nichts davon wissen wollten. Besondere Erfolge hat er mit seinen grossen Geschützen allerdings nicht erzielt. — Algernon , der Landesfiskal des Herzogs, berichtet darüber: „Es haben auch seine fürstlichen Gnaden unter andern geschmiedeten Stücken und Doppelhaken, nach dieser Zeit zu Gittelde erstlich ein Stück zu 16 Schuhen, der eiserne Wildemann genannt, und hernach eine Feldschlange 36 Fuss lang, mit einem Keil von hinten zu laden , von eitlem, zwei- geschmolzenem Eisen auf einen eigenen Block schmieden und anhero (nach Wolfenbüttel) führen, auch in meinem Beiseyn aus der Schlange auf dem Mühlenberge hinter dem Schloss nach Bleckenstedt hinaus, drei Schüsse nach einander thun lassen, da der neue Keil im ersten Schuss zerbrach und ein alter aus dem Zeughause geholt ward, der die beiden andern Schüsse aushielt und noch darinnen steckt, und liegt die Schlange noch daselbst, nach Braunschweig hinaus auf zwei eisernen Rädern, die S. F. Gn. noch zu Gittelde hat giessen lassen. Die ebengedachten Schüsse gingen neben Hallendorf ins Holz hinein, eine gute Weile wegs unter der Festung ins Wasser.“ — Die beiden Rohre erlebten mancherlei Schicksale, wovon später noch Erwähnung geschehen wird. Nach manchen Irrfahrten fand endlich das erst- genannte Geschütz, der wilde Mann, seine Ruhestätte in der Waffen- sammlung des Königl. Zeughauses zu Berlin. Das Rohr ist aus spiralförmig aufgerollten Eisenstücken geschweisst und geschmiedet Siehe Dr. H. Wedding , Beiträge zur Geschichte des Eisenhüttenwesens im Harz, in der Zeitschrift des Harzvereins, Bd. XIV, S. 10. . Es hat eine Länge von 5,78 m und einen Drachenkopf zur Mündung. Im Katalog des Königl. Zeughauses findet sich unter Nr. 39 der Geschütz-Sammlung folgende Beschreibung: „Braunschweigisches vierundzwanzigpfündiges eisernes Hinterladungsgeschütz.“ „Auf dem langen Felde unter einer Herzogskrone befinden sich die grossen lateinischen Buchstaben H. J. (Herzog Julius), daneben die Jahreszahl 15—86, darunter in einer kranzartigen Umrahmung der Harzer wilde Mann, darüber ein Band mit der teilweise ausgerosteten In- schrift: ICH HEIS DER WILDE M(an) UND (breche was nicht) BIEGEN KAN. Am unteren Ende des langen Feldes auf dem achteckigen Teil des Geschützes liest man: Beck , Geschichte des Eisens. 29 Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Herzog Julius zu Brauns ...... Zu Gittel mich liess smiedten aus zwei geschmulzen eisen, mein gleichen man kaum kennt. Auf dem achteckigen Bodenfries befindet sich eine unleserliche Inschrift, aus der nur die Worte Christian Hausen (wahrscheinlich der Werkmeister) zu entziffern sind. Der Verschluss fehlt.“ Obgleich die eisernen Kugeln im 16. Jahrhundert bereits in der Regel gegossen wurden, so gab es doch auch noch Kugelschmiede von grossem Ruf. Ein solcher, Jacob Bühler , lebte zu Nürnberg zu Neudörfers Zeit, der von ihm berichtet, dass „ganz wunderbar- lich zu sehen“ seine Kugeln alle von gleichem Gewicht, gleicher Höhe und so künstlicher Runde, als wie von Holz gedreht, wären. Dass er sich dazu eines Wasserhammers bediente, geht aus einer Ratsverordnung vom 9. August 1515 hervor, wonach er „den Fisch- bach nicht versetzen, sondern ungehindert durchgehen lassen solle“ ( Neudörfer ed. Lochner , S. 83). Auch die Preise der Waffen in jener Periode sind nicht ohne ein historisches Interesse; freilich sind sie sehr schwankend je nach ihrer Güte und Ausschmückung. Die Preise der fürstlichen Prachtrüstungen sind unvergleichlich hoch gegen die einfache Ausrüstung der Bürgerwehr. Eine Anzahl Wiener Bürgerrüstungen von den Jahren 1506 bis 1571 befindet sich in der Waffensammlung der Stadt Wien K. Lind , Das Waffenmuseum der Stadt Wien in Mitteilungen der k. k. Centralkommission etc. Wien 1873, S. 147. . Alle zeigen auf der Brustplatte das Stadtwappen mit der entsprechenden Jahreszahl. Nach noch vorhandenen Stadtrechnungen kaufte die Gemeinde im Jahre 1506 von dem Wiener Bürger Georg Zimmermann 60 Har- nische um 450 Wiener Pfennige und zahlte dem Augustin Hirsch- vogel für das Einätzen des Stadtwappens, Nummern und Jahreszahlen circa 17 Wiener Pfennige Mitteilungen der k. k. Centralkommission etc. zu Wien, Bd. XVIII, S. 147. . 1461 wurden in Frankreich drei Schuppenpanzer (brigandines) mit 18 Thlr. und drei Helme (sallades), deren einer mit einer Agraffe verziert war, mit 12 Thlr. bezahlt Siehe Gay , Glossaire etc. Bd. I, S. 65. . In Frankreich erhielt 1490 der Plattner Caron für einen voll- ständigen blanken Harnisch („une harrenoys blanc, garny de curasse, de grand garde-bratz, de arnoys de jambes, de garde bratz droit, de Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. heaulme etc. et de toutes autres piesses aud. harnoys necessaires) den Preis und die Summe von 31 Thlr. in Gold (escus d’or) Arch. de la Gir. E. min. de Gemellir 528, 1. — Gay , Glossaire, Bd. I, S. 65. . 1495 bezahlte der Erbe von Louis de la Tremouille für ein Paar Dielinge (un harnois de jambe) 27 Franks 3 Sols 9 d. 1510 lieferte der Waffenschmied Jacques Merveille zu Tours an Msgnr. de la Tremouille eine vollständige Kriegsrüstung für 30 escus d’or, ausserdem erhielt er für Vergoldung 10 esc., für Knöpfe, Schnallen und vergoldete Charniere 2 esc. u. s. w., so dass die ganze Rüstung auf 47 escus d’or (vallent à monnoie 82 l. 5 s.) zu stehen kam Chartrier de Touars , Rev. de soc. sav. Ser. 5, VIII, p. 102. . Wie aus den weiteren von Gay mitgeteilten Rechnungen hervor- geht, stieg der Preis der Harnische und Harnischteile in der darauf folgenden Zeit beträchtlich. 1571 verkaufte der Waffenhändler Charles Poille , wohnhaft in der rue de la Heaulmerie zu Paris, eine komplette Waffenrüstung mit Wechselstücken für 260 esc. soleil. In England bezahlte Heinrich VIII. im Jahre 1514 66 Pfund 13 sh. an den Waffenschmied des Königs von Frankreich; 1515 an Crochet , Waffenschmied König Heinrichs VIII., 19 Pfund 16 sh. 2 d. für eine Rüstung (for harness), und in demselben Jahre erhält Peter Fever für eine vollständige Rüstung (a complete harness) 40 Pfund und 1516 Jacob de Wat für drei vollständige Rüstungen 30 Pfund Siehe Archaeologica, Vol. LI, p. 256. . Der schwarze Trabharnisch, den Meister Wolf von Speyer zu Annaberg für Kurfürst August I. 1567 fertigte und der überdies mit geätztem Bildwerk versehen, kostete nur 20 Gulden und auch der schwarzeiserne Feldkürass mit vielen gelben Nägeln verziert, den im 17. Jahrhundert Kurfürst Johann Georg II. von dem Plattner Chri- stian Müller in Dresden anfertigen liess, kostete nur 50 Reichsthaler. Dagegen erhielt Desiderius Kolmann im Jahre 1550 von Philipp von Spanien für eine gelieferte Rüstung 3000 escudos de oro und am 27. Februar für eine schwarze Rüstung 400 Dukaten und nochmals am 12. Mai für eine Rüstung 650 escudos. Christian II. bezahlte aber für die Prachtrüstung des Anton Peffenhäuser 8800 Gulden oder 7700 Reichsthaler Nach anderer Lesart sogar 14000 Thlr., siehe S. 309. , was nach heutigem Geldwert etwa 35000 Mk. betragen würde. 29* Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Ähnlich verhält es sich mit den blanken Waffen, wenn auch die Preise bei diesen nicht so weit auseinandergehen. Doch wurde schon 1442 für ein Schwert von Basilica (spada di villa Basilica) in Pisa 80 bis 90 Gulden bezahlt Siehe Giov. da Uzzano, Pratica de la mercatura, p. 181. , während 1449 für ein Schwert, welches in Frankreich der Kirche St. Sulpice de Fougerés geschenkt worden war, beim Verkauf nur 15 s. 6 d. gelöst wurden. 1495 wurden für zwei Degen in Turin 10 Frks. 10 s. gegeben. 1550 zahlt Philipp von Spanien an Comarga zu Augsburg für fünf Passauer Schwerter (sacavuches) 80 Thaler. In England erhielt im Jahre 1510 der Messerschmied Marryn für zwei türkische Messer (Turkey knives) für ein Maskenfest 13 sh. 4 d. für jedes Stück. Im Jahre 1520 liess König Heinrich VIII. für ein Turnier grosse Waffenankäufe machen, darunter 1000 Mailänder Schwerter (myllen swords) für 4 sh. das Stück, 600 zweihändige Schwerter (twohanded swords) für 7 sh. 6 d. das Stück, 100 schwere Schwerter zum Turnier- kampf zu Pferd, mit massiven Stahlglocken und zwei Bügeln für 10 sh. das Stück. Ferner Schwerter mit Scheiden für 2 sh. 8 d. das Stück. Bei dieser Gelegenheit wurden die Waffenschmiede Rauffe Braund und Richard Pelland nach Flandern und Deutschland geschickt, um Waffen zu kaufen Siehe Archaeologica Vol. LI, p. 245. . 1570 wurden in Frankreich für 25 Degen mit reichen Griffen (25 espées à garde couverte en couleurs d’eau fournies à 23 grans lacquais dud. Sign.) für die königlichen Hofdiener 100 s. für das Stück bezahlt Cpte. de l’ecurie du roi, fol. 102. . Und etwa um dieselbe Zeit bezahlte Kurfürst August die Degen und Dolche mit geschnittenen Griffen, welche die Meister Franz und Paul in Torgau machten, mit 100 Gulden das Stück. Die Preise von andern Waffen ergeben sich aus folgender Zu- sammenstellung: 1380 wurden in Frankreich bezahlt „pour 2 espées de fer … pour couper chandelles et torches en fruicterie pour les maistres d’ostel … 6 sols. Pour 2 cousteaux de fer à trancher cire 22 sols. 1462 für zwei Bogen und zwei Köcher 4 Thlr. (escus d’or), für zwei Wurfspiesse und eine Stierlanze 1 Thlr. 1495 für ein Paar Steigbügel und 1 Gebiss (mors) nach Rech- nungen des Louis de la Tremouille 7 Frks. 5 sols. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. 1593 zahlte Kurfürst Christian an den Waffenschmied Balzer Hacker für einen Streithammer mit durchbrochenen, messingenen Verzierungen und dem sächsischen Wappen 30 Thlr. Gleven be- zahlte Heinrich VIII. im Jahre 1521 mit 1 sh. 8 d. das Stück. Sie gingen aber im Laufe des Jahrhunderts in England im Preise her- unter, so dass sie 1553 und 1554 nur mit 18 d. und 20 d. bezahlt wurden Archaeologica, Vol. LI, p. 242. . Für 206 Speere mit Zubehör erhielt Hayward 1519 24 Pfund 5 sh. 8 d. Stählerne Speerspitzen wurden zumeist von Innsbruck bezogen, oft zu Tausenden. 1530 wurde das Stück mit 4 d. berechnet. 1525 wurden Jagdspiesse (forest bills) mit 10 d. das Stück bezahlt. 1530 wurden Hellebarden für die Garde mit 4 d. das Stück bezahlt. Wenden wir uns zu den Preisen der Feuergewehre , so wurden im Jahre 1461 in Frankreich zwei Jagdgewehre (espioulz de chasse) mit 2 Thlr., ein Kriegsgewehr (espioul d’armes) mit 1 Thlr. und zwei Böller (boulges) mit 4 Thlr. angeführt Siehe Gay , Glossaire, Bd. I, S. 65. . In England bezahlte Heinrich VIII. 1511 200 Pfund für 500 Arke- busen, also 8 sh. das Stück an Ludwig und Alexander de Fava und 1512 erhielt Peter Corsy bei einer Lieferung von 420 Hand- gewehren mit Pulverflaschen und Kugelformen (hand guns with bottles i. e. flasks and moulds fore each) 9 sh. für das Stück. Aus den Rechnungen Philipps von Spanien erfahren wir, dass dieser Fürst am 19. September 1549 an Peter Pah von München für acht Arkebusen 100 escudos de oro bezahlte. Jedenfalls waren dies ungewöhnlich kostbare Büchsen von einem berühmten Meister. Derselbe empfing am 19. März 1551 41 Thlr. für vier Karabiner (carabujes) und ein andermal erhielt Pedro de Minich , jedenfalls derselbe Künstler, 30 Thlr. für eine Arkebuse. Was das grobe Geschütz anlangt, so wissen wir mehr von den Kosten der Bronzekanonen als von den eisernen. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts stellte sich der Preis der Metallkanonen durch- schnittlich auf 10 Gulden für den Centner. 1479 lieferte Meister Quinque in Dresden fünf Schlangenbüchsen zu 47 Zentner 20 Pfund Gewicht für 465 Gulden 10 s. 6 d. und ferner 6 Stück zu 59 Centner für 585 Gulden. Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Von den grossen Kanonen und Bombarden, welche der Herzog von Burgund bei der Belagerung von Compiègne benutzte, erfahren wir folgende Preise: 1. Eine grosse Bombarde, „Romeswalle“, welche Kugeln von 28 Zoll Umfang (paux de tour) schoss 2000 Frks. (de 32 gros) 2. Eine andere Bombarde, die rote genannt, für Kugeln von 26 Zoll Umfang 1800 „ 3. Eine andere Bombarde, „Houpenlier“, für Kugeln von 29 Zoll Umfang 1700 „ 4. Eine andere Bombarde, „Quenequin“, für Kugeln von 23 Zoll Umfang 800 „ Ferner Bombarden, welche dem Prinzen von Luxemburg ge- hörten und die ihm der Herzog bar bezahlt hat: 1. Eine Bombarde von Kupfer, „Beaurevoir“, für Kugeln von 32 Zoll Umfang 1800 Frks. 2. Eine kleine Bombarde, „Burgund“, für Kugeln von 12 Zoll 500 „ 3. Eine grosse Veuglaire, „Montaigne“, für Kugeln von 9 Zoll 100 „ Zu Fronsbergers Zeit waren die Geschütze noch teurer. Er sagt in seinem Kriegsbuche (XV), dass eine Scharfmetze, die 80 Pfund Eisen schiesse, 68 Centner Metall haben solle; der Centner koste 16 Gulden, das Geschütz 1088 Gulden. Über eiserne Kanonen erfahren wir aus den Rechnungen von Lille, dass Jakob von Katelar zu Brügge 1431 für fünf eiserne Kanonen im Gewichte von 8890 Pfund zum Preise von 2 Groschen das Pfund 444 Livres 10 s. erhielt, nach unserm Gelde also 0,80 Mk. für ein Kilogramm. Über Löhnungen von Waffenschmieden und Kriegshandwerkern erwähnen wir noch folgendes: Die Büchsenschmiede hatten in der Regel die Hand- und Feuerröhren, sowie das kleine Geschütz in Ordnung zu halten. Im Jahre 1475 stellte Herzog Albrecht von Sachsen den Büchsenschmied Konrad als Werkmeister an. Er arbeitete mit seinen Knechten in der Büchsenschmiede am Hofe bei dem Schlosse zu Dresden und schmiedete grosse und kleine Büchsen. Er erhielt 12 Schock Groschen als Jahresgehalt und besondern Lohn für jeden verarbeiteten Centner. Der Büchsenmeister Kaiser Maximilians I., Hans Appenzeller , erhielt jährlich am 1. Oktober 100 Gulden als Gehalt. Die Metalle Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. wurden ihm gestellt und zwar auf je 10 Centner Kupfer 1 Centner Zinn. Die Kriegshandwerker bei der Artillerie (Arkeley) wurden gut bezahlt. Zur Zeit Fronspergers erhielten Zimmerleute, Schmiede und Schlosser je 8 Gulden monatliche Löhnung. Ein Zeugmeister, mit die höchste Charge bei der Arkeley, bezog 150 Gulden, ein Ge- schirrmeister 50 Gulden monatlich. Die Löhne in England waren zu Heinrichs VIII. Zeiten niedrig. 1527 erhielt William Long , ein Pfeilspitzenmacher (arrow-headmaker), 4 d. den Tag, ein Stückkugel- macher 6 d. pro Tag und gelegentlich des Leichenbegängnisses König Heinrichs schreibt Lord Cobham am 16. Februar 1547 an den Lord Protektor, er könne Büchsenschützen (hagbutters) bekommen für 8 d. pro Tag, wobei sie Waffen und Pulver mitbrächten Siehe Archaeologica, Vol. LI, p. 230. . Die Kunstschmiederei und Schlosserei. Gab der Krieg auch in dieser Periode der Eisenindustrie die mächtigste Anregung und war es besonders der Massenbedarf für die kriegerische Ausrüstung, welche auf Arbeitsteilung und fabrikmässige Erzeugungsweise der wichtigsten Gebrauchsartikel hindrängte, so stellte doch auch der Friede immer neue Aufgaben und immer mehr wurden die Arbeiten des Eisenschmieds unentbehrlich für alle Be- schäftigungen des bürgerlichen Lebens, für die Landwirtschaft ebenso wie für die Gewerbe, für die Baukunst, für die Mechanik und für den Hausgebrauch. Mit der Zunahme der Eisengewinnung nahm auch seine Verwendung auf allen Gebieten gewerblicher Thätigkeit zu. Aber nicht nur die Produktion hatte sich durch die Verbesse- rungen des Hüttenbetriebes erhöht, auch die Güte des Eisens hatte zugenommen, und dadurch erst eroberte es sich seine unbedingte Herrschaft als wichtigstes Gebrauchsmetall. Für jede Art von Han- tierung lieferte es das beste, geeignetste und billigste Werkzeug. Kam bei seiner Verwendung als Werkzeug hauptsächlich seine Härte und Festigkeit in Betracht, so war es durch seine Bildsamkeit zu- gleich ein geeigneter Stoff für den Künstler, der neben der Zweck- mässigkeit vor allem die Schönheit im Auge hatte. In wie hohem Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. Masse dies bei dem Waffenschmied der Fall war, haben wir an den Prachtrüstungen kennen gelernt; aber auch im bürgerlichen Leben verhielt es sich so und das kunstsinnige Zeitalter erfreute sich auch an der künstlerischen Behandlung des „rauhen“ Eisens. Am meisten kam dies bei dem Teil der Kunstschmiederei zum Ausdruck, welcher im Dienste der Architektur arbeitete. Hier wurde die Bildsamkeit des Stoffes benutzt, um seine Festigkeit künst- lerisch zu verkleiden und so entstanden jene prächtigen Schmiede- werke, in denen die Festigkeit und Schwere des Eisens in Anmut Fig. 155. und Zierlichkeit aufgelöst erscheinen, wobei aber doch der Charakter des Werkes in harmonischer Verbin- dung mit Stoff und Technik zum Ausdruck kam. Es war der Stolz der Schmiede, mit dem Hammer allein ihre schönen getriebenen und geschmiedeten Werke zu schaffen. Die Feile als Werkzeug zur Formgebung existierte für sie noch nicht. Die Mannigfaltigkeit die- ser Schmiedearbeiten war eine ausserordentliche. Man verfertigte aus Eisen Beschläge, Gitter, Balkone, Wirtshausschilder, Turm- spitzen, Glockenhäuschen, Standleuchter, Grabkreuze, Brunnenhäuser, Wetterfahnen, Hausgeräte aller Art, als Thürklopfer, Thürringe, Feuerböcke, Kaminständer, Fackelhalter, Lichterständer, Kronleuchter, eiserne reich verzierte Tische, Stühle, Kästchen, Koffer, Truhen, Schlösser, Uhrwerke u. s. w. Wir können nur einige dieser Schmiedewerke einer kurzen Betrachtung unterziehen, indem wir an unsere Darstellung der früheren Zeit (Bd. I, S. 837 bis 844) an- knüpfen. In dem letzten Jahrhundert der Blütezeit der Gotik, im 15. Jahr- hundert, wurde es zu einem Bedürfnis, alle Gegenstände des Gebrauchs Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. mit stilvollen Ornamenten zu schmücken. Dies war besonders auch bei den Thürbeschlägen der Fall Siehe den Aufsatz: „Zur Verwendung des Eisens in der Kunstindustrie während des 15. bis 18. Jahrhunderts von Dr. Karl Lind “ in den Mitteilungen der k. k. Centralkommission, Bd. VII (1881), Heft 2, S. 66. . Hatte man sich in früherer Zeit damit begnügt, die Holzthüren mit einem rautenförmigen Gitterwerk von Flachschienen zu belegen und die Felder dazwischen auszumalen, so füllte man die letzteren mit durchbrochenem Masswerk und Orna- menten von Eisen oder mit gestanzten Blechplatten aus. Eines der schönsten Beispiele einer Thüre, deren Felder mit getriebenen und durchbrochenen Ornamenten und Masswerk von Eisen gefüllt sind, besitzt die Propstei zu Bruck (Fig. 155) Siehe Hermann Riewel , Studien über Schmiede- und Schlosserarbeiten in Österreich in den Mitteilungen der k. k. Centralkommission, Bd. XV (1870), S. 46. . Man Fig. 156. sieht hier sogleich, dass man es bei dieser in die spätest gotische Zeit ge- hörigen Thür mit Hand- arbeit zu thun hat, da fast jedes Ornament und Masswerkmotiv, welche der Festigkeit wegen mit einem gewundenen Rundstab ein- gefasst sind, eine andere Zeichnung besitzt. Um die Zeichnung der Durch- brechungen hervorzuheben, sind dieselben abwechselnd mit rotem und blauem Pergament unterlegt, wo- durch eine grosse Wirkung erzielt wird. Die Ausfüllung mit ver- zierten eisernen Platten war die am meisten angewendete und hat sich durch viele Jahrhunderte erhalten Siehe Mitteilungen, Bd. XII. . Aus dem 15. Jahrhundert besitzt Österreich noch ver- schiedene dieser Thüren; ein schönes Beispiel giebt das Beschläge an der Piaristenkirche zu Krems (Fig. 156). Diese Thür ist durch eine horizontale Eisenschiene in zwei Teile zerlegt; die Felder des oberen Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. sind abwechselnd mit Wappen und Greifen ausgefüllt, während die etwas grösseren Felder des unteren Teiles den kaiserlichen Adler mit dem Habsburger Löwen zeigen (Fig. 157). Die verschiedenen Nägel- formen und deren rosettenartige Unterlagen sind ein besonderer Schmuck dieser Thür. Eine ähnliche Thür mit halbem Adler und Löwen in den Feldern befindet sich noch in der Kirche zu Maria- Saal in Kärnten und an der Sakristei der Pfarrkirche zu Stadt Steier. Nicht minder interessant ist das schöne Beschläge an einer Thür des Rathauses zu Krakau, welches dem 15. Jahrhundert angehört. Diese Art der Thürbeschläge verdankt zunächst ihre Entstehung dem Fortschritt der Blechfabrikation durch die Einführung der Fig. 157. Wasserhämmer. Die langdauernde Anwendung derselben hatte wohl darin ihren Grund, dass durch das einfache Stanzen der Platten ein grosser Reichtum auf eine verhältnismässig billige Weise zu erreichen war. Die tragenden Bänder dieser Art von Thüren liegen an der Innenseite und waren ebenfalls, besonders in der Renaissancezeit, sehr reich ausgeführt. Bemalung und Vergoldung wurden ebenfalls bei denselben angewendet, doch erhielten sich davon meistens kaum noch Spuren, da die Farbe auf dem Eisen schlecht haftete. Mit der Einführung der sogenannten Sakramentshäuschen, welche oft zu so wundervollen Werken aus Stein, Eisen oder Bronze Ver- anlassung gaben, war auch der Schmiedekunst Gelegenheit geboten, bei den meist aus Eisen konstruierten Thüren, hinter welchen das Allerheiligste so verwahrt wurde, dass es den Gläubigen doch sichtbar blieb, Schönes zu leisten. Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. Die Sakramentshäuschen sind entweder nur Nischen in der Chor- mauer der Kirche, oder ganz frei stehende, oft bis zu bedeutender Höhe sich aufbauende architektonische Werke. Eines der einfacheren Beispiele, wo die eiserne Thür die einzige Zierde der Spitzbogennische bildet, finden wir in der Kirche zu Perchtoldsdorf bei Wien Siehe Riewel , a. a. O., Fig. 16. . Sie ist, wie alle älteren Thüren dieser Art, eine durchbrochene Gitterthür. Zwei Schienen übereinander, die mit masswerkähnlichen Durchbrechungen versehen und mit da- zwischen eingesetzten Nieten in Rosettenform geziert sind, umrahmen Fig. 158. die spitzbogige Nische und eine zweite solche Umrahmung schliesst das Gitter ein. Zwei weitere in Kreuzform über das Gitter gelegte Schienen geben dem Ganzen erhöhte Festigkeit und tragen in ihrer Mitte einen Aufzugsring mit schöner rosettenförmiger Unterlage. Ein Meisterwerk der Schmiede- kunst sind zwei eiserne Thüren eines Schrankes der Abtei von Saint-Loup zu Troyes. Auf dem einen Flügel ist Christus mit dem Kelch, auf dem andern die Kreuzi- gung dargestellt. Als ein weiterer Teil der Thürbeschläge sind die Thürklopfer und Griffe anzusehen. Ihre ältere Form war die eines Ringes. Ausser den Ringklopfern finden wir an den mittelalterlichen Prachtbauten die soge- nannten Hammerklopfer, welche in unzäh- ligen Variationen gebildet wurden. In Fig. 158 sehen wir einen solchen von der Kirche zu Vézelay. Dadurch, dass er sich in zwei Lagern bewegte, hatte er eine sichere Führung. An schönen Gittern ist das 16. Jahrhundert besonders reich. Selbst bei Privathäusern kamen sie zur Verwendung und dass Gitter- thore damals in den Städten bereits in Gebrauch kamen, beweist der Vers des Hans Sachs (IV, 3, 168): „Welicher mann an allem ort Wol überhörn und sehen kan, Der henket eisern thüre an Und hat ein frei fröhlich gemüth.“ Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. Die schönsten Gitter finden sich aber in Kirchen und um Grab- denkmäler, ferner auch um öffentliche Brunnen. Des herrlichen Gitters um das Grabmal Kaiser Maximilians in Innsbruck, als dessen Verfertiger Metzger angegeben wird, haben wir bereits gedacht (Bd. I, S. 844). Vortreffliche Schmiedearbeiten sind die Gitter des Grabes König Heinrich VII. und der Königin Eleonore in der West- minster-Abtey Ein Teil des Gitters ist abgebildet in den Mitteilungen der k. k. Central- kommission, Bd. XV, 1870. . Weltberühmt sind auch die Gitter um den schönen Brunnen zu Nürnberg von Paulus Köker und des Niederländers Matsys schmiedeisernes Brunnengeländer vor der Kathedrale zu Antwerpen. Die Umbildung der streng architektonischen Formen, welche das 16. Jahrhundert mit seinem spätgotischen Charakter mit sich brachte, Fig. 159. übertrug sich natürlich auch auf die Schmiedekunst, welche aber auch in dieser neuen Richtung wahrhaftig Kunstwerke zn schaffen verstand. Ein schönes Werk aus dem Anfange jener Periode ist das in Fig. 159 teilweise abgebildete Gitter aus der Pfarrkirche zu Hall bei Innsbruck Siehe Riewell , a. a. O., S. 58. . An der Stirnmauer des linken Seitenschiffes der Kirche befindet sich das Grabmal des edlen Geschlechtes Wald- auf v. Waldstein, welches von diesem Gitter eingeschlossen wird. In der Abbildung ist der dritte Teil davon ersichtlich und auf der Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. Langseite wiederholen sich dieselben Motive mit nur kleinen Ver- änderungen. Das eigentliche Gitter zur linken Seite wird durch in einander gestecktes Quadrateisen gebildet, während die rechte Seite als Gitterthüre das spätgotische Fischblasenmasswerk aus Flacheisen, aber in sehr zierlicher Weise konstruiert, zeigt. Das Schönste an diesem Gitter ist der obere Aufsatz, welcher den Stempel seiner Ent- stehungszeit, des verblühenden Rittertums, deutlich an sich trägt. Die Wappenschilder über der Thüre, welche sich an Wimbergen an- schliessen, sind wahrscheinlich jene der Familie Waldstein, dieselben sind heraldisch gemalt und vergoldet und zwar ist am Wappen rechts der Greif im Schilde, Helm und Helmzier vergoldet; das Ornament Fig. 160. auf der oberen Seite rot und unten weiss. Beim linken Schilde sind die Tiergestalten golden und der gezackte Querbalken rot, während Helm und Zier wieder vergoldet und die Flügel dahinter rot gemalt sind. Die Kreuz- blumen auf den Wimbergen sind verschieden formiert aus Blech geschnitten und mit dem Hammer getrie- ben, ebenso die Kanten- blumen, welche wie die Kreuzblumen gearbeitet und vergoldet sind, während das übrige Konstruktionseisen dunkel- grün bemalt ist. Bei der längeren Seite des Gitters, welches aus drei Hauptfeldern besteht, ist in der Mitte wieder eine Thür, über welcher sich die gleichen Wappen befinden; nur hat das linksseitige zwei Helme. Die Wimbergenpartieen wiederholen sich hier zu beiden Seiten und sind statt der Ornamente zwischen den Spitzbogen Vasen angebracht, aus welchen blumenartige Verzierungen herauswachsen. Das Ganze ist mit meisterhafter Technik behandelt. Eines der schönsten Werke der Schmiedekunst, welches Öster- reich besitzt und welches gleichen Charakter wie der Aufsatz des Gitters zu Hall zeigt, ist das Sakramentshäuschen zu Feldkirch in Tirol. Dieses Meisterwerk wurde im Jahre 1509 in der dortigen Pfarrkirche aufgestellt und leider schon im Jahre 1655 in eine Kanzel Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. Fig. 161. Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. umgewandelt, wobei der 32 Fuss hohe Bau zwar geteilt, aber glück- licherweise nicht beschädigt wurde und nur durch Zubau einer Stiege u. s. w. teilweise Verunstaltungen erlitt. Von der herrlichen getriebenen Arbeit giebt die in Fig. 160 (a. S. 461) abgebildete grosse Schlusskreuzblume eine Andeutung. Fig. 162. Fig. 163 a, b. Der Verfall der Gotik bewirkte keineswegs einen Rückgang in der künstlerischen Verwendung des Eisens zu dekorativen Zwecken, sondern im Gegenteil begann mit der Spätgotik, der folgenden Renaissance und den weiteren Stilwandlungen erst die Zeit einer besseren und vielseitigeren Ver- wendung desselben. Eines der prachtvollsten Gitter der deutschen Renaissance (Fig. 161) besitzt der Prager Dom Siehe Dr. Karl Lind „Zur Verwendung des Eisens in der Kunstindustrie während des 15. bis 18. Jahrhunderts“ in den Mitteilungen der k. k. Central- kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Werke. Bd. VII, Heft 2, S. 66. . Mit demselben ist das kunst- reiche Tumben-Grabmal umgeben, das zum Andenken an Ferdinand I., seine Gemahlin Anna und Maximilian II. beim Eingange in die kaiser- Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. liche Gruft steht. Es hat fünf Felder, von denen die zwei Seiten- felder gleich sind, während sonst jedes abweichend ist. Dieses Gitter verdient alle Beachtung als eine sehr reiche und geschmackvolle Arbeit des vom Kunstgeist des 16. Jahrhunderts veredelten Handwerks. Seine Entstehung ist um 1590 zu setzen. Wir sehen den runden Eisenstab verwendet, denselben in den phantasievollsten Verschlin- gungen gezogen, wobei bei zwei Feldern die diagonale Durchkreuzung, bei zwei andern die Achterfigur und bei den letzten die Schnecke den Fig. 164. Fig. 165. leitenden Gedanken für den Zeichner gaben. Von besonderer Zierlich- keit erscheinen die Bekrönungen der Felder mit ihren Drahtbouquets und den grossen Blätterbüscheln. In reicher Verwendung zeigt sich an diesem Gitter das geschnittene Eisen zu Pflanzen- und Blumenblättern, zu Wappenhaltern u. s. w. gebildet mit eingehauenen Ornamenten. In leichtgeschwungenen Blumen endeten oft die Spitzen der Geländer, wie z. B. die Blumen an den Spitzen der drei Hauptstäbe eines Brunnengitters von Sebastian in Niederösterreich vom Jahre 1564 (Fig. 162, a. v. S.) Siehe Mitteilungen der k. k. Centralkommission, Bd. VII (1862), S. 190. . Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. Fig. 163 a, b zeigen Blumen und Blattwerk aus dem 16. Jahr- hundert, welche sich im germanischen Museum zu Nürnberg befinden. Einen ungewöhnlichen Schatz schöner Schmiedearbeiten besitzt das Fig. 166. Schloss Karlstein in Böhmen. Zu den bewundernswürdigsten Schmiedearbeiten werden aber stets die herrlichen Fackel- halter (Fig. 164 und 165) und Laternen (Fig. 166) am Pa- lazzo Strozzi in Florenz ge- hören Siehe Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des 18. Jahrhunderts von Dr. J. H. v. Hefner-Alteneck , Bd. VII, Frank- furt a. M. 1881, Tab. 437 und Kunstwerke und Gerätschaften des Mittelalters von C. Becker und J. H. v. Hefner-Alteneck , Bd. II, Taf. 14 und Taf. 32. . Sie stammen schon aus dem Jahre 1489 und sind Meisterwerke des Nicolo Grosso , genannt Caparra . Die beiden Laternen, welche sich an den Ecken der Façade des Palastes befinden, sind von sehr grossen Dimensionen. Der Gebrauch solcher La- ternen war in Italien ein altes Vorrecht der höchsten Adels- geschlechter und wurde vom Staate auch als Auszeichnung für Verdienste verliehen. An demselben Palast befindet sich eine Anzahl Fackel- und Fahnenhalter. Alle tragen das Wappen der Strozzi, drei zu- sammengestellte Halbmonde. Die Hauptformen sind sorg- fältig und sauber ausge- schmiedet, ohne nachgefeilt zu sein. Die Ornamente sind meist nur in Linien auf den grossen Flächen eingehauen. Beck , Geschichte des Eisens. 30 Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. Vasari sagt Vasari , Bd. III, Abt. 1, S. 271. von dem Nicolo Grosso , genannt Caparra , im Leben des Cronaca: „Noch hat kein neuerer Meister grosse und schwierige Schmiede- werke mit solcher Vollkommenheit in Eisen ausgeführt. Er war ein Mann voll Erfindung und Eigensinn; er urteilte mit Schärfe über sich und andere und wollte nie von etwas Fremdem wissen; auch gab er niemals irgend jemand Kredit, sondern verlangte bei seiner Arbeit stets Handgeld, deshalb nannte Lorenzo di Medici ihn Caparra , d. h. das „Draufgeld“, und er war bei vielen unter diesem Namen bekannt. An seiner Bude hing ein Schild mit verbrennenden Büchern. Forderte jemand Frist bis zur Bezahlung, so antwortete er: ich kann sie dir nicht geben, du siehst, meine Bücher gehen in Flammen auf, und Schulden können darin nicht verzeichnet werden.“ — Kunstvolle Schmiedearbeiten fanden sich auch im Inneren der Häuser der Vornehmen, besonders war die Ausschmückung der Ka- mine beliebt. Der kunstvollen Feuerböcke, auch Feuerhunde genannt, haben wir schon gedacht, als Produkte des Kunstgusses und als ge- schnittene Arbeiten, aber auch mit dem Hammer allein wusste der Schmied sie kunstvoll zu bilden. Die alten Feuerböcke, die dazu dienten, das Holz über dieselben zu legen und die in den Küchen zu- gleich als Kochgestelle benutzt wurden, waren für das Zimmerkamin ein mehr oder weniger reiches, geschmiedetes Gestell, gewöhnlich mit zwei Füssen, an welchen nach rückwärts eine horizontal liegende Eisenstange befestigt war, die hinten einen dritten Fuss bildete. Über diese Stange wurde das Brennholz in grossen Scheiten gelegt, damit die zum Verbrennen nötige Luft von allen Seiten Zutritt hatte. Diese Feuerböcke waren nicht mit einander verbunden, sondern konnten verstellt werden. Dazu kamen noch im 16. Jahrhundert die Kaminständer, welche ein Ganzes bilden und hinter welche ganz ein- fache, rohe Feuerböcke in den Kamin gestellt wurden. In Fig. 167 Siehe Riewell , a. a. O., S. 83. ist ein solcher Kaminständer dargestellt, welcher eine venetianische Schmiedearbeit aus dem Jahre 1577 ist und zum Kochen bestimmt war. Letzteres geht deutlich hervor aus den oberen kesselförmigen Aufsätzen, in welche durchbrochene Kohlenpfannen gesetzt wurden, über die dann die Kochgefässe zu stehen kamen. Bei den Feuerböcken für grosse Küchen sind meist zwei solche Pfannenträger zu beiden Seiten, und an den Böcken Haken ange- Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert. bracht, in welche die Stangen für das Braten am Spiesse eingelegt werden konnten. Die Ketten, welche sich durch Haken verkürzen und anspannen lassen, dienten wohl auch, um Kochgefässe daran aufzuhängen. Die venetianischen Paläste aus der Blütezeit der italienischen Gotik und der Frührenaissance hatten bei ihren schönen Kaminen auch einen reichen Schatz solcher eisernen Kaminständer aufzuweisen, doch sind leider mit dem alten glanzvollen Leben aus diesen Palästen auch der kostbare Hausrat und damit die Kaminständer verschwunden. Fig. 167. Eine vortreffliche Sammlung der Schmiedekunst ist im Königl. bayerischen Nationalmuseum. Ein Schatz schöner Schmiedearbeiten findet sich in v. Hefner-Altenecks „Eisenwerke oder Ornamente der Schmiedekunst des Mittelalters und der Renaissance“ abgebildet. Von diesen erwähnen wir hier nur noch einen herrlichen schmiede- eisernen Kronleuchter in der Pfarrkirche zu Vreden in Westfalen, welcher 8½ Fuss im Durchmesser und 14 Fuss Höhe hat und 400 kg wiegt. Er wurde im Jahre 1489 durch den Schmiedemeister Gert. Bulsink , einem Bürger von Vreden, gefertigt und von der Schmiede- 30* Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. zunft der Kirche geschenkt. Er besteht aus Stangen, Ketten, durch- brochenen Platten u. s. w. von verzinntem Eisen mit trefflichen Figuren aus Holz geschnitzt, vergoldet und gemalt. Das Meisterwerk wurde durch den kunstsinnigen Fürsten Karl Anton von Hohenzollern vom Untergang gerettet und unter Leitung des Professors Andreas Müller in Düsseldorf restauriert Siehe v. Hefner-Alteneck , a. a. O., Bd. I, Tab. 34. . Die Schlosserei . Die Schlosserei , welche jetzt das wichtigste Kleingewerbe der Eisenindustrie ist, erlangte erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts ihre Selbständigkeit. Die Verschlüsse der Thüren und Thore der gewöhnlichen Häuser wurden im Mittelalter noch vielfach aus Holz hergestellt. Die eisernen Schlösser, die man an Kirchen, Rathäusern und Häusern der Reichen anbrachte, mehr aber noch bei Truhen, Geldkasten, überhaupt Aufbewahrungsorten von Wertsachen, anwendete, wurden ebenso wie die Thürklopfer, Laternen- und Fackelhalter u. s. w. von den Schmieden angefertigt. Als selbständiges Gewerbe werden die Schlosser in Deutschland zum erstenmal im Codex des Wiener Stadtarchivs im Jahre 1463 aufgeführt in dem „Vermerkcht der Ordnung aller Handwercher zu Wien“. Darin werden sogar die Schlosser zuerst von allen Eisen- arbeitern angeführt, dann folgen „die Sporer, Ringkler, Nadler, Eisen- zieher (Drahtzieher), Hufsmit „und jr Knecht“, Plattner, Brunner oder Sarbürcher (Panzermacher), Helmsmit, Pogner, Pfeilschnitzer und jr Knecht“ Tschischka , Geschichte der Stadt Wien, S. 267. . Ob sie aber eine besondere Zunft bildeten, erfahren wir nicht hieraus. Als solche treten sie zum erstenmal im Jahre 1545 in Schmalkalden auf in einem Streite der Schlosser mit dem Grafen von Henneberg. Graf Georg Ernst von Henneberg hatte im Jahre 1545 ein geist- liches Stift zu Schmalkalden wegen grosser Unzucht aufgehoben, mit dem Befehl, dass die Stiftsgeistlichen, welche sich zahlreicher Nachkommenschaft erfreuten, ihre „Köchinnen“ heiraten sollten. Da- gegen wollte er den Kindern der sich Fügenden die Rechte Ehelich- Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. geborener einräumen. Dazu gehörte mit in erster Linie das Recht der Zunftfähigkeit. Dagegen protestierten aber die Zünfte, und die Schlosserzunft zu Schmalkalden bat den Grafen schriftlich „sie mit den Pfaffenkindern zu verschonen“. Die Bezeichnung „Schlosser“ für einzelne Personen erscheint aller- dings schon viel früher, aber diese Schlosser waren Mitglieder der Schmiedezunft. Dass das Anfertigen der Schlüssel und Schlösser vordem eine zunftmässige Arbeit der Schmiede war, geht aus dem alten Bamberger Recht Siehe Zöpfl , Das alte Bamberger Recht als Quelle des Carolina-Urkunden- buches, S. 366. (Aus dem Gerichtsbuche von 1329.) von 1329 hervor. Darin heisst es: „Ez ist auch gesatzt vnd ist verboten allen smiden , di ze Baben- berg gesessen sein, daz in dcheiner, dcheinen sluzzel nieman machen soll, na keinem teige, noch wahs (Wachs) oder thon (als Abdruck zum Modell), wenne einen sluzzel nach dem andern, oder nach einem sloss den sol er auch machen, ein sluzzel einem biderben manne, daz der sich versehe, daz es an geuerde sei vnd an arg — vnd welher smit daz verbricht der als verren (überführt) wurde und da er mit seinem aide da fur nicht dergibt als oft (V phunt) phenn [5 Pfd. Pfennige]: hat er den phenn. nicht so soll er von der stat als lang sein bis er sie gibt.“ Dagegen wird allerdings bereits im Jahre 1330 in Nürnberg ein „Shlosser Heuter “ und 1348 ein „Slozzer Hertel “ aufgeführt und bei dem Aufstande der Nürnberger Handwerker, die sich für Günther von Schwarzburg erklärten, gegen den Rat, der es mit Karl IV. hielt, war der „Schlosser Lodner “ der geistige Führer und die Seele der Bewegung. Die Aufständigen siegten und vertrieben den Rat aus der Stadt. Der neue Rat ertheilte Conrad Lodner wegen seiner Verdienste den Auftrag, die zerstörten Schlösser und Thüren zu reparieren. 30 Wochen dauerte seine Arbeit, aber ehe er noch seinen Lohn dafür erhielt, starb Kaiser Günther. Karl IV. eroberte die Stadt, setzte den alten Rat wieder ein und liess die Urheber des Auf- standes hinrichten. Lodner , der sich immer mit Energie den Aus- schreitungen des Pöbels widersetzt hatte, erlitt zwar nicht den Tod, aber er wurde für immer aus Nürnberg verbannt. Für seine Arbeit erhielt er natürlich nichts. Ferner werden als Schlosser im 14. Jahrhundert genannt: Schnabel in Breslau 1361, und Hoike in Merseburg 1387. Von Schnabel wird die Anekdote berichtet, dass er am Sonnabend nach Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. Klemens des Jahres 1361 ein Schloss vor den dortigen Rat gebracht habe, welches so subtil und nett gearbeitet war, dass es nebst dem Schlüssel eine Fliege mit ihren Beinen, so weit der Rathaustisch war, ziehen konnte. Er habe dasselbe etlichemal auf- und zugeschlossen, um zu zeigen, dass es praktikabel sei Bauer , Histor. Raritätenkabinet. 4. Bd., S. 228. . Hier sei auch das vielberühmte und viel bestrittene Kunstwerk des Regiomontanus erwähnt, welcher für den Einzug Kaiser Maximilians I. in Nürnberg einen Adler und eine Fliege von Eisen verfertigte, welche wirklich geflogen sein sollen Siehe Wagenseil , de civitate Norimberg, p. 152. Rami scholae mathem. L. II, 62. . Die Schlosser waren in ihrem Gewerbe nahe verwandt mit den Grossuhrmachern , mit denen sie auch späterhin eine Zunft bildeten, und sie verfertigten wie diese mancherlei mechanische Kunstwerke , durch welche sie oft grösseren Ruhm erwarben, als durch ihre Schlösser. So machte der Schlosser Hans Schlotheim in Augsburg für Kaiser Friedrich III. im 15. Jahrhundert ein Schiff mit Figuren, die sich durch ein compliciertes Räderwerk von selbst bewegten Siehe aus der Geschichte der Schlosserei von Dr. Walter Waechsle in der deutschen Schlosserzeitung 1883, S. 57. . Er wurde überboten von Caspar Werner Neudörfer 1547, a. a. O., S. 78. , wahr- scheinlich zu Strassburg gegen Ende des 15. Jahrhunderts geboren. Dieser machte ein Schiff von ¾ Ellen Länge, das durch ein Uhr- werk aufgezogen, auf dem Tisch herumfuhr. An der Spitze desselben befand sich ein Kind, welches ruderte und dabei den Kopf hin und her bewegte. Am Hinterteil stand ein anderes, in Gestalt eines Amor, welches einen Pfeil auf ein bestimmtes Ziel abschoss. In der Mitte des Fahrzeuges sass eine weibliche Figur, die nach dem Takte das Hackbrett schlug. Berühmter und heute noch bewundert ist die Uhr der Frauen- kirche zu Nürnberg mit dem sogenannten „Männleinlaufen“. Diese Bezeichnung hat der Volkswitz dem Werk gegeben, weil sich mit dem Schlage der vollen Stunden die sieben Kurfürsten um den in der Mitte auf dem Throne sitzenden Kaiser bewegen und sich vor ihm verneigen. Die Figuren sind fast einen Meter hoch und von Sebastian Linthenast aus Kupfer verfertigt. Dagegen ist alles Übrige, das eiserne Triebwerk, sowie der ganze Entwurf, von Georg Heuss Nach Neudörfer 1547; ed. Lochner , S. 69: Hanns Heuss . . Nach seinem Vertrage mit dem Kirchenmeister Sebald Schreiner Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. erhielt er dafür im Jahre 1509 den Betrag von 532 Gulden ausbezahlt Der Vertrag ist abgedruckt in Siebenkees , Materialien zur Nürnbergischen Geschichte. Bd. III, S. 32. . Isaac und Josias Habrecht lieferten die kunstvolle Eisenarbeit zu der weltbekannten Uhr des Dissipodius auf dem Strassburger Münster. Berühmte astronomische Uhren fertigte Gerhard Emmoser für die Kaiser Ferdinand I. und Max II., sowie Georg Roll unter Rudolf II. Und Hans Leo Hasler erfand „die durch Uhrwerk selbst schlagenden Werke“. Auch die Taschenuhren, die bekannten „Nürnberger Eier“ erfand gleichfalls ein Schlosser, Peter Hele , im Jahre 1510. Sie fanden allgemeine Verbreitung und waren nur unbequem durch ihre Grösse; man musste sie in den Hosentaschen tragen. Aber nicht lange danach machte Peter Heinlein (alias Andreas Heinlein ) bereits so kleine Uhrwerke, dass er sie in den damals gebräuchlichen Bisamknöpfen anbrachte Siehe Neudörfer , S. 723. . Ein Zeitgenosse des Georg Heuss , welch letzterer 1524 zu Nürnberg, hochbetagt und allgemein betrauert, verstarb, war der nicht minder berühmte Hans (Jacob) Bullmann (Büllmann, Püllmann Vergl. Neudörfer , a. a. O., S. 65. Sohn des Schlossers Jacob Pülmann , hatte zwei Brüder, einen, Hanns zu Werd, unterhalb Regensburg, und Caspar zu Berlin. , ein gewöhnlicher Schlosser ohne tiefere Bildung, aber von so grosser Geschicklichkeit und Erfindungsgabe, dass sein Ruf sich weit über die Mauern seiner Vaterstadt verbreitete. Er erwarb sich besonderen Ruhm durch seine Schnellwaagen, wie durch mancherlei mechanische Spielereien Z. B. ein gehend Jungfraubild, Uhrwerke, Manns- und Weibes-Bilder, die umgingen und schlugen ihre Mensur auf der Lauten und Pauken, siehe Neu- dörfer , S. 66. und Kunstwerke. Zu den letzteren gehört namentlich das von ihm erfundene Planetolabium nach ptolemäischem System. Die Bewegung der Planeten um die Sonne wurde durch einen Mechanismus und ein Gewicht von 80 Pfund bewirkt. Das Kunstwerk wurde allgemein angestaunt und nachgeahmt, und einem anderen Nürnberger Schlosser, Andras Heinlein Alias Peter Heinlein , siehe Neudörfer , a. a. O., S. 71. , gelang es im Jahre 1545, ein gleiches Kunstwerk von vereinfachter Kon- struktion mit nur dem fünften Teile des Gewichtes zum Aufziehen zu verfertigen. Als Hans Bullmann , der im Jahre 1535 starb, schon hochbetagt war, erhielt er von König Ferdinand einen Ruf nach Wien zu kommen, um ein künstliches Uhrwerk daselbst zu reparieren. Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. Er lehnte den ehrenvollen Antrag wegen Alters und Gebrechlichkeit ab. Da liess der Kaiser den alten Schlosser in einer Sänfte von Nürnberg nach Wien und wieder zurückverbringen. Waren die eben genannten Schlosser mehr wegen ihrer mecha- nischen Trieb- und Kunstwerke berühmt, so zeichnete sich der Nürn- berger Meister Hans Ehemann auf dem eigentlichen Gebiete der Schlosserei aus. Er ist der Erfinder des Kombinationsschlosses. Bereits 1520 verfertigte er ein Kammerschloss für das alte Rathaus zu Nürnberg, welches grossen Beifall fand. Zwanzig Jahre später, im Jahre 1540, erfand er das „Mahlschloss“. Hieronymus Cardanus hat dieses Schloss beschrieben und man hat die Erfindung desselben manchmal fälschlicher Weise dem gelehrten Mathematiker und Philo- sophen selbst zugeschrieben. Dies ist ebenso unrichtig wie die Angabe des Cardanus , dass sie dem Janellus Turrianus von Cremona zuzuschreiben sei. Die Erfindung des Kombinationsschlosses ist eine deutsche und gebührt allein dem Hans Ehemann . Sein „Mahl- schloss“, wie er es nannte, bestand in einem glatten Cylinder mit einem Bügel, um welch ersteren sich eine Anzahl sorgfältig ge- arbeiteter, genau aneinander passender Ringe drehten. Jeder dieser Ringe hatte auf seinem Umkreis in genau abgemessenen Entfernungen eine Anzahl gleicher Buchstaben oder Zahlen, z. B. sechs. Durch Verstellen der Ringe kamen die Buchstaben oder Zahlen in ver- schiedene Stellung zu einander und zwar ergaben sich bei 6 Ringen und 6 Zeichen 6 6 = 46656 Kombinationen. Aber nur bei einer der- selben, welche einem bestimmten Wort oder einer bestimmten Zahl entsprach, fasste der eingekerbte Riegel in die Kerben oder Oeff- nungen der Ringe, wodurch sich das Schloss von selbst öffnete. Die Kombinationen vermehren sich mit jedem Ringe und Buchstaben mehr, ausserordentlich. Wenn dieses „Mahlschloss“ für den prak- tischen Gebrauch auch mancherlei Unvollkommenheiten aufweist, so gab es doch den Anstoss für die späteren Arbeiten von Regnier, Mallet und Brahmah. Hans Ehemann erfand ausser diesem noch ein anderes Geheimschloss, das von einigen älteren Schrift- stellern „das Salomonische Schloss“, von anderen das „Nürnberger Zankeisen“ Siehe Wagenseil , de libera civitat. Norimb. commentates 1697, p. 150. oder auch „Nürnberger Tand“ genannt wurde. Auch die Erfindung der Thüren, die sich nach beiden Seiten öffnen, schreibt man ihm zu. Ferner war er auch berühmt als Zirkel- sowie als Kunstschmied. „Er hat den Geudern am Heumarkt ein Gitter von Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. Eisen über die Hausthür gemacht, als wäre es von Messing gegossen“ ( Neudörfer ). Am 1. April 1551 verstarb der für die Schlosserei so hochverdiente Meister, der, wie Neudörfer berichtet, „so überfleissig war, dass er mit seinem Nachdenken und Suchen seiner Nahrung vergass“. Mit den Schlossern zünftig waren auch die Winden- oder „ Wendenmacher “, und die Anfertigung von Hebwerkzeugen bildete einen wichtigen Teil der Schlosserei. Als ein berühmter „Wenden- macher“ wird 1455 Leonhard Stark in Augsburg genannt. Die genialsten Erfinder und Verfertiger von Hebgeschirren waren aber die Brüder Hans und Leonhard Danner zu Nürnberg Siehe des Johann Neudörfers Nachrichten von Nürnberger Künstlern und Werkleuten von 1547 von Dr. Lochner , Wien 1875, S. 53. . Der erstere erfand für das Nürberger Zeughaus eine Maschine, die mit Hülfe von Schrauben ohne Ende schwere Geschütze in die Höhe winden und leicht auf ihre Lafetten bringen konnte. Er starb 1545 Nach der Unterschrift seines Bildes 1573. . Sein Bruder Leonhard , „Schreiner und Schraubenmacher“, erfand mehrere neue Sorten von Winden, namentlich aber um 1550 eine Maschine, die er „Brechschraube“ nannte, mit welcher er Thüren sprengen und Mauern zerbrechen konnte, wenn er sie zwischen zwei unverrückbaren Gegenständen anbringen konnte Siehe Abbildung bei Doppelmayer , Tafel XIII, n. 4 und 5. . Er brachte eine Verbesserung an der Buchdruckerpresse an, wodurch der Drucker bei geringerem Kraftaufwande grössere Spannung erzeugen konnte. Aber auch als Kunstschmied leistete Leonhard Danner Vorzügliches. Berühmt war eine schmiedeeiserne Thür von ihm am Rathause zu Magdeburg, auf welcher eine Frau, am Bette eines Kranken stehend, dargestellt war. Es bezog sich dies auf ein eigenes Erlebnis zu Magdeburg in seinen Wanderjahren Siehe Waechsle , a. a. O., S. 96. . Der erfindungsreiche Künstler starb, 88 Jahre alt, im Jahre 1585. Georg Schmiedhammer und Hans Metzger lebten um 1540 in München und waren berühmt durch ihre Schlosserarbeiten. Metzger war auch der Verfertiger des prachtvollen, bewunderungs- würdigen Eisengitters um das Grabmal des Kaisers Maximilian I. in der Hofkirche zu Innsbruck. In Wien arbeitete in der Mitte des 16. Jahrhunders Joseph Daunhofer , ein hervorragender Schlosser. Dieser verfertigte für eine der dortigen Kirchen ein Thürschloss, von dem besonders das Ein- Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. gerichte gerühmt wird. Ausserdem befand sich oben über der Schlüsselöffnung eine Teufelsfratze, welche beim Umdrehen des Schlüssels die Zunge herausstreckte. Daunhofer stellte auch ver- schiedene Arten sehr genauer Waagen dar, und berühmt waren seine Gitterwerke besonders für Kirchhöfe. Aber auch bei diesen trat überall seine Neigung zum Seltsamen zu Tage. Der begabte Künstler verfiel denn auch in traurigen Wahnsinn und entleibte sich selbst im Jahre 1558. Liebte Daunhofer besonders Teufelsfratzen, so brachte sein Kollege und Zeitgenosse Paulus Berg , ein Schlosser zu Dresden, überall Apostel und Heilige an. Er war besonders durch seine eisernen Kassetten berühmt, die er mit reichem Bilderschmuck, meist biblischen Scenen, verzierte. Er erreichte ein hohes Alter und starb 1577 in einem Dorfe bei Dresden. Johann Rueker lebte um 1550 in Wien; er soll es so weit in seiner Kunst gebracht haben, dass er kleine Vorlegschlösschen, wie Erbsen gross, zu arbeiten verstand, die man wie Perlen an eine Kette anreihen und um den Hals legen konnte. Zur Zeit der „jungfräulichen“ Königin Elisabeth lebte in England ein Schlosser Namens Marcus Skaliot , welcher aus Eisen, Stahl und Messing ein künstliches Schloss von elf Teilen anfertigte, das einschliesslich des Schlüssels nur ein Quentchen wog. Manche Namen tüchtiger Schlosser jener Zeit sind uns noch überliefert, wie Hans Prüel (um 1557), „der Zeughausschlosser“ in München, welcher sein Meisterstück dem Herzog Albrecht V. von Bayern, seinem gnädigen Herrn, verehrte L. Westenriedes , Beiträge zur Vaterländischen Historie etc. Bd. III, S. 72. , dann Hans Anger (um 1570) und Hans Buschmann zu Augsburg, ohne dass wir mehr von ihnen wissen, als ihre Namen. Ausser Schlüssel und Schlössern fertigte der Schlosser noch mancherlei andere Arbeiten, deshalb dichtet Hans Sachs von ihm: Ich mach die Schlothüt klein und gross, Rigel, Bender, Schlüssel vnd Schloss, Eysern Truhen, Brunnketten, Gitter, Scheid auch die Schlöt, für vngwitter, Küchentryfus, Eysern Bräter, Den Kirchen Han, zeygt Wind vn wetter, Auch Ofenfuss, was man wil han, Von Eysen ich wohl machen kan. Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. Schopperus aber besingt den Schlosser in seiner schwülstigen Weise zu Jost Ammons Abbildung also: Omnia sollicitis custodibus ostia claudo, Omnia perpetua limina firma sera. Sacrilegosque meis claustras procul arceo fures Qui domini dextram fallere saepe student. Nulla vel immenso domus aedificatur in orbe, Fig. 168. Martis et adverso tempore tuta manet. Ipsa meae dextrae nisi duros ante labores, Sentiat, et firma fit bene clausa sera. Seu fera bella fremant, seu Pax bona floreat orbis, Qui sapit in terris hac eget arte mea. Alle die der Verwahrung anvertrauten Thüren schliess ich, Alle die ewig späten Schwellen befestige ich. Von den geweihten Pforten halte ich ab die Diebe, Welche so oft das Glück des Herrn zu täuschen bestrebt sind. Es wird kein Haus in dem unermesslichen Erdkreis erbaut, Das von Krieg und schlechter Zeit sicher bewahrt bleibt. Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. Der aber wird sein, wenn auch durch schwere Arbeit erlangtes Glück durch mich empfinden, Und fest wird ihm sein die spät verschlossene Pforte, Ob wilder Krieg tobt, ob in heilsamem Frieden der Erdkreis blüht. Wer auf Erden vernünftig ist, der bedient sich meiner Kunst. Garzoni schreibt in seinem Piazza universale: „Zu den Schmieden gehören auch die Schlosser , so allerhand Schloss, Schlüssel, Bände, Kolben, Handhaben, Ring, beneben anderem Eisenwerk mehr, so man täglich in der Haushaltung braucht, machen können. Am meisten Fleiss und Kunst wird aber auf die Schlüssel gewendet, dass dieselben recht verschieden werden mit ihren Zähnen, Kreutzen und Röhren: darnach befleissigen sie sich auch sehr, dass ihre Arbeit wohl gezieret sei, mit Ausfeilen, mit Polieren, mit Flämmen und anderen Zierden, so in diesem Handwerk bräuchlich sind. Dieses Handwerk gehet sonderlich in schwang zu Venedig, Brescia, Mayland, Nürnberg, Augsburg, Braunschweig und anderen Orten mehr, da aller- hand Schlüssel und Schlösser gemacht werden, zu Stadtthoren, eisern Geldkisten, gemeinen, kleinen und grossen Kisten, da grosse Kunst angewendet wird. — Doch sind die Meister nicht allezeit allerdings rein, sintemal die Nachtschnaken von ihnen lernen, wie man bey Nacht die Häuser und Kauffmannsläden mit Diterichen auffmachet; dienen auch manchem damit, dass sie wissentlich abgedruckte Schlüssel nachmachen, dardurch dann sie selbst und andere mit ihnen biss- weilen auff die Galeeren kommen, da sie den Fuhrlohn umsonst haben.“ Die Arbeit des Schlossers griff vielfach in die Thätigkeit anderer Eisenarbeiter über, einerseits in die der Schmiede, insofern sie eben- falls Beschläge, Gitter u. s. w. anfertigten, anderseits in die des Mechanikers, als sie ausser den Schlössern Winden, Uhrwerke und andere Triebwerke herstellten. Nach ihrer Trennung von den Schmieden blieben sie deshalb in der Regel immer noch mit den Windenmachern, Sporern, Büchsenmachern und Grossuhrmachern zünftig verbunden. Schöne alte Schlösser und Schlosskasten findet man abgebildet bei Violet le Duc, Hefner-Alteneck, Riewel und anderen Violet le Duc , Dictionnaire raisonné du mobilier français. Vol. I, p. 389. — Hefner-Alteneck , Eisenwerke u. s. w. — H. Riewel , Studien über Schmiede- und Schlosserarbeiten in Österreich in den Mitteilungen der K. K. Centralcommission in Wien. XV, S. 50. . Eine besonders reiche Sammlung alter Kunstschlösser besitzt das bayrische Nationalmuseum in München. Wasserhämmer. Wasserhämmer, Zain-, Nagel- und Blechschmiede . Wenn wir in unserer vorausgegangenen Betrachtung über die Schmiedekunst Gewerbe geschildert haben, deren Thätigkeit weit über die einfache Eisenveredelung hinausgeht, so hatte dies eine historische Berechtigung darin, dass die Entwickelung dieser Gewerbe in das graue Altertum zurückgeht und sich schon bis zu einem ge- wissen Grade vollzogen hatte, ehe durch die Einführung des Hoch- ofenprozesses die Eisenindustrie die tiefeingreifende Umwälzung erlitt, welche die Eisenveredelung in dem Sinne, in dem wir sie jetzt näher betrachten wollen, zur Folge hatte. In alter Zeit gab es nur Renn- eisen und eine Arbeitsteilung bestand höchstens insofern, als der Waldschmied, der das rohe Eisen aus den Erzen schmolz, ein anderer war als der Dorf- und Stadtschmied, welcher dieses Produkt von ihm kaufte, um es weiter zu verarbeiten. Aus der überschmiedeten Roh- luppe musste sich der Schmied jener Zeit erst das Eisen bereiten, welches er für die Ware seines Gewerbes als Plattner, Messer-, Sensenschmied, Schlosser u. s. w. brauchte. Mit der Einführung des Hochofenbetriebes und der Wasserhämmer trat aber auch in dieser Beziehung eine weitere Arbeitsteilung ein, die darin bestand, dass diese Vorbereitungsarbeit, die Umwandlung des aus den Erzen ge- schmolzenen Eisens in die Eisensorte, die das betreffende Gewerbe verlangte, zu einem selbständigen Betriebe sich entwickelte. Nennen wir dies die Eisenveredelung, so kann zwar in weiterem Sinne sowohl die Giesserei, wie das Verfrischen, welche wir schon betrachtet haben, als eine solche angesehen werden, in dem engeren Sinne verstehen wir aber unter der gröberen Eisenveredelung nur die Umwandlung des rohen Luppeneisens in Handelseisen, sei es in Form von Stab- eisen, Gärbstahl, Blech oder Draht. Zunächst betrachten wir die Stabeisen- und Gärbstahlbereitung, welche erst durch die Einführung der Wasserhämmer zu einer selbständigen Industrie wurde. In den Rennwerken geschah während dem frühen Mittelalter das Ausschmieden mit Handhämmern. Auch die Stucköfen, obgleich ihre Blasebälge durch Wasserräder getrieben wurden, waren nicht immer mit Wasserhämmern ausgestattet, wie wir dies in Steiermark kennen Wasserhämmer. gelernt haben, sondern die Halbmasseln wurden in getrennten Hammer- werken weiter bearbeitet. Später wurde es zwar zur Regel, dass mit den Rennfeuern und Stücköfen, wie mit den Frischfeuern, Wasser- hämmer direkt verbunden wurden. Diese Stabhämmer schmiedeten aber das Luppeneisen nur bis zu einem gewissen Grade aus. Nach- dem die Luppe (Masse, Stück, Wolf, Frischstück je nach der Ge- winnungsmethode) dicht gemacht und in Schirbel oder Deule zerhauen war, wurden diese zu groben, viereckigen Stäben — Grobeisen — ausgereckt. Diese theilte man alsdann in entsprechende Längen und so wurden sie unter den Bezeichnungen Schienen, Kolben, Zaine, Zaggel, Knüppel, Bengel, Prügel u. s. w. weiter verarbeitet. Hätte man das Eisen gleich auf der Zerenn- oder Hammerhütte zu den feineren Dimensionen ausschmieden wollen, wie sie im Handel am meisten begehrt wurden, so würde dies die Frischarbeit selbst auf- gehalten haben und dadurch unökonomisch gewesen sein. Dazu kommt noch, dass man für das Dichten und Ausschmieden der Luppe zu Grobeisen schwere Hämmer mit langsamem Gang nötig hatte, während für die feineren Eisensorten leichtere Hämmer mit raschem Gang vorteilhafter waren. Endlich aber hatten die Hochöfen und Frischhütten schon ihre Not, die für ihren Betrieb erforderliche Kohlen- menge zu beschaffen, für die weitere Verarbeitung wäre dies oft unmöglich gewesen; diese weitere Verarbeitung war aber auch gar nicht an die Erzgebiete gebunden, sondern geschah viel besser da, wo die Kohle billiger war und wo das Zaineisen verlangt wurde. Aus diesen Gründen ergab es sich von selbst, dass sich eine mehrfache Trennung in dem Hammergewerbe vollzog. Das erste Produkt (Halb- massen, Luppen) wurde mit Stabhämmern in den Hammerwerken und Frischhütten geschmiedet, die feinen Eisensorten wurden aus dem so gewonnenen Grobeisen in besonderen Schmieden mit leichteren Hämmern dargestellt, diese führten den Namen Zainhämmer, Reckhämmer und Raffinierhämmer . Der Name Reckhammer war mehr in der Mark, im Bergischen und im Westfälischen gebräuch- lich, während im übrigen Deutschland und Oesterreich der Ausdruck Zainhammer üblicher war. Raffinierhämmer hiessen die Reckhämmer für die Stahlveredelung. Die Reck- und Zainhämmer als selbständige Hammerwerke kamen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf. Dieselben waren nicht an die Hüttenwerke gebunden, sondern zogen sich mehr nach den Fabrikationsgebieten, für welche sie die verlangten Eisensorten verschmiedeten, wie dies namentlich im Bergischen und der Mark der Fall war. Wasserhämmer. Über die Einrichtung der alten Wasserhämmer im 16. Jahr- hundert sind wir ohne nähere Nachricht. Weder Agricola noch Biringuccio beschreiben dieselben. Dagegen können wir uns aus den Abbildungen zur Metallurgie des Agricola ein ziemlich deut- liches Bild der Eisenhämmer jener Periode machen. Die drei in dem Werke dargestellten sind Aufwerfhämmer — Fig. 169 zeigt einen Fig. 169. derselben. Bei diesem liegt, wie bei den übrigen, die Hammerwelle parallel mit dem Hammerhelm und möglichst dicht an demselben, damit die Daumen oder Frösche, welche den Helm zwischen dem Drehpunkt desselben, der sogenannten Hülse und dem Hammer, in die Höhe heben, nicht zu lang zu sein brauchen. In unserem Falle scheint das Aufheben des Hammers nicht wie gewöhnlich durch in die Hammerwelle eingelassene eiserne Daumen, sondern durch einen aufgesetzten Trilling (Laterne) bewirkt worden zu sein. Ein Reitel, d. h. ein elastischer Baum, wider den der Hammerkopf beim Aufwurf Wasserhämmer. anschlägt, wodurch der Schlag verstärkt wird, der späterhin bei dieser Art Hämmer stets in Anwendung war, ist nicht gezeichnet. Infolge- dessen ist die Konstruktion des Hammergerüstes vereinfacht; es be- steht in der Hauptsache aus vier Säulen, welche gut verspannt sind, namentlich nach den Seiten hin, wie aus der Zeichnung zu ersehen. Der Hammer selbst hat einen viereckigen Querschnitt, dessen längere Achse rechtwinkelig zum Hammerhelm steht, ebenso sind das Auge und die Bahn viereckig; der untere Teil des Hammers ist verjüngt. Der Amboss hat eine breite, flache, viereckige Bahn. Er ist in einen starken Holzstock eingelassen, welcher zur Verstärkung mit eisernen Ringen gebunden ist. Da der elastische Holzblock federt, so wird dadurch der Reitel einigermassen überflüssig. Der Schmied ist auf dem Bilde gerade beschäftigt, eine Schiene auszurecken. Zu seiner Linken befindet sich, leicht erreichbar, der Hebel (Schütze) zum Abstellen und Regulieren des Wasserrades. Unter der Voraussetzung, dass diese Zeichnung in den Grössen- verhältnissen richtig ist, würden die Hauptdimensionen ungefähr folgende sein: Gerüsthöhe 2 m, Helmlänge 1,050 m, Hammerbahn 0,105 × 0,156 m, Ambossbahn 0,400 m Seitenlänge, Ambossstock 1,20 m Durchmesser, Ambossgewicht 30 kg. Man sieht, es waren sehr kleine Hämmer, die bei diesen Renn- feuern in Anwendung waren. Ihr Gewicht übertraf das der schwersten Handschmiedehämmer (Possekel zu 20 kg) nur um die Hälfte. Man schmiedete darauf nach Agricolas Angabe vierkantige Kolben, Pflug- eisen, Radschienen, vornehmlich aber Stäbe, von denen vier, oder sechs, oder acht den fünften Teil eines Zentners wogen (quintam centum pondii partem) und welche zu allerhand Werkzeugen weiter verarbeitet wurden. Dies waren also schon kleine Dimensionen. Nach der Zeichnung würde die Schiene, die der Schmied unter dem Hammer bearbeitet, 80 cm lang, 7,5 cm breit und 2,5 cm dick gewesen sein. Der Hammer, welcher bei dem Stückofen dargestellt ist (Fig. 170), hat eine ganz andere Gestalt. Es ist ein eigentlicher Plätschhammer mit ganz breiter Bahn, der nur dazu dient, das Stück platt zu schlagen und mit dem Setzeisen B , das neben dem Hammergerüst angelehnt und einer steirischen Schrotthacke ganz ähnlich ist, in Stücke zu zerteilen (magno illo malleo ferreo subjectum dilatetur, Wasserhämmer. atque ferro acuto in partes secetur). Agricola nennt ihn den grossen Hammer und doch würde er, nach den Massen der Zeichnung berechnet, höchstens an 70 kg kommen. Über ihm befindet sich ein Reitel R , an dem die Hammerhaube bei jedem Aufwurf anschlagen muss, deutlich eingezeichnet. Sonst lässt sich über die Konstruktion nichts sagen, da nur Hammer und Amboss zu sehen sind. Der dritte Hammer des Agricola befindet sich in der Stahl- schmiede (Fig. 171, a. f. S.). Er ist ähnlich dem bei dem Rennherd, Fig. 170. aber beträchtlich grösser. Es ist ebenfalls ein Aufwerfhammer und hier sind die in der Hammerwelle eingelassenen eisernen Hebedaumen deutlich zu sehen. Auch hier steht die Hammerbahn rechtwinkelig zur Helmachse, um das Eisen zu recken oder zu zainen. Die Bahn ist gerundet, während die Bahn der Ambosse eine breite, horizon- tale Fläche bildet. Der Hammer dürfte an 60 kg gewogen haben. Ob der Balken R , der dicht über dem Hammerhelm gezeichnet ist, einen Reitel vorstellt, ist nicht ganz klar, aber wahrscheinlich. Die Hammerwelle hatte 55 cm Durchmesser, der Helm war etwa 2 m lang, der Hammerhub betrug 50 cm. Die Stahlschienen werden gerade so abgeschmiedet wie die Eisenschienen. Während des Schmiedens wurde Wasser auf den Amboss gespritzt, wodurch der Glühspan abspringt und die Oberfläche des Stahles blank wird. Nach dem Ausschmieden wurde der noch glühende Stab in fliessendem Wasser gehärtet. Die Aufwerfhämmer, die in der Folge stets mit Reitel versehen wurden, machte man um so schwerer, je grösser das auszuschmiedende Stück (Luppe) war. In den Zerenn- und Frischhütten erhielten sich die Aufwerf- hämmer in Deutschland, während in den Reck- und Zainschmieden Schwanzhämmer in Anwendung kamen. In Österreich, speziell in Innerberg, wandte man auch in den Hammerhütten die letztere Art von Hämmern an, und es ist nicht wahrscheinlich, dass dies je anders gewesen ist. Ebenso waren bei den Katalanschmieden in Südfrank- reich und Spanien nur Schwanzhämmer im Gebrauch (siehe Fig. 172). Beck , Geschichte des Eisens. 31 Wasserhämmer. Es scheint, dass diese Art Hämmer überhaupt in Südeuropa allgemein in Anwendung waren, und dürfte der Schwanzhammer die älteste Form der Wasserhämmer sein. Fig. 171. Ein Schwanzhammer ist bei Agricola nicht abgebildet, dass die- selben aber auch in Deutschland bereits im 16. Jahrhundert in An- Fig. 172. wendung kamen, ist ausser Zweifel. In den Zain- schmieden hat man sie stets angewendet. Die Schwanzhämmer ge- ben im Vergleich mit dem Aufwerfhammer viel mehr, aber leichtere Schläge, und das ist es gerade, was man beim Ausrecken des Schmiedeeisens in dünne Stäbe nötig hat. Nicht nur im Siegerland, sondern auch im Sauerland und in der Mark wurden bereits im 15. Jahrhundert viele Eisenhämmer an die Flüsse und Bäche verlegt, um die Wasserkraft zu benutzen, und zwar Wasserhämmer. in solcher Zahl, dass sich bereits im Jahre 1525 Herzog Johann von Cleve veranlasst sah, eine Verordnung zu erlassen, dass keine neue Schlachten in den sauerländischen Flüssen angelegt werden dürften, die seit Menschengedenken errichteten niedergerissen, die übrigen den natürlichen Ufern gleichgestellt würden. Fig. 173. Diese Hammerwerke bereiteten hauptsächlich den für die Draht- fabrikation der Mark so sehr begehrten Osemund (Osmund) und diese Osemundhämmer waren von Anfang an und zu allen Zeiten Schwanz- hämmer. Wegen des Holzmangels und der Entwaldung verbot Herzog Wilhelm von Cleve am 2. November 1559 ausdrücklich die Anlage weiterer Osemundschmieden in dem altenaischen Kreise. 31* Wasserhämmer. Die Hämmer, welche sowohl Bessonus wie Ramelli in ihren Werken über Maschinen, welche beide in den achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts erschienen sind, beschrieben und abgebildet haben, sind Schwanzhämmer. Fig. 173 (a. v. S.) zeigt den Hammer des Ramelli , dessen Triebwelle durch Krummzapfen und Hebel gleichzeitig die Bälge eines Schmiedefeuers bewegt. Ist diese interessante Kombination auch nur als ein Problem anzusehen, so beweist sie doch die Bekanntschaft mit dem Schwanzhammer und ist eine Bestätigung dafür, dass diese Art Hämmer im 16. Jahrhundert in Italien gebräuchlich waren. Bei dem Schwanzhammer ist der Helm über den Drehpunkt hinaus verlängert. Diese Verlängerung heisst der Schwanz und indem Fig. 174. dieser von dem in der Hammerwelle befestigten Daumen nieder- gedrückt wird, hebt sich der Hammer und fällt, sobald die Daumen auslassen, auf den Amboss. Infolge dieser Anordnung muss die Hammerwelle rechtwinkelig zu dem Hammerhelm stehen, während das Wasserrad mit demselben parallel läuft, wogegen bei den Aufwerf- hämmern die Hammerwelle parallel mit dem Helm liegen muss. Der Schlag des Hammers wurde dadurch verstärkt, dass an dem Ende des Schwanzes ein in eine Spitze auslaufender Ring — „der Prell- hammer“ — festgekeilt war, welcher gegen ein elastisches Holz, den Prellhammerstock, aufschlug und von diesem einen Widerschlag er- hielt. Das Hammergerüst war ähnlich wie bei dem Aufwerfhammer. Fig. 174 stellt den einfachen, deutschen Zainhammer mit seinem Gerüste dar; a ist die Hammerwelle, b b die eisernen Ringe, zwischen denen die Kammen mit ihren Armeisen eingeschlagen sind, c c ist das Wasserrad, welches meist unterschlächtig war, d e ist der „Dram“, ein starker, schwerer Balken von Eichenholz, Wasserhämmer. dessen eines Ende durch die Hintersäule f geht, während das andere, vordere Ende von zwei schiefstehenden, meistens etwas krummen Streben oder Säulen g g umfasst wird, welche etwas vom Ende in den Dram eingelassen sind und mit der Hintersäule das eigentliche Hammergerüst ausmachen. Die Hintersäule f , die man so stark nimmt, wie sie zu haben ist, wird tief in die Sohle eingegraben und mit zwei Sohlhölzern umschlossen. Die krummen Streben g g , welche den Dram tragen, werden mit starken Birkenriegeln oder Schlüsseln über und unter demselben daran befestigt; h h sind die Büchsensäulen, in welchen die Hammerhülse in ihrem Drehpunkt in eisernen Büchsen oder Lagern aufgehängt ist; sie sind unten in das Sohlwerk und oben in dem Dram mit Riegeln befestigt. l l ist der Zainhammer mit Amboss und Ambossstock, m ist der Prellhammerstock mit seiner Platte. Ganz ähnlich in ihrer Bauart waren die Osemundhämmer der Grafschaft Mark, deren Hauptabweichung darin bestand, dass die Egge (d. h. die Bahn) des Hammers und des Ambosses im rechten Winkel gegen den Hammerhelm gestellt war. Die dünnen, langen Zaine für die Drahtwerke wurden in der Richtung des Helms quer zur Finne des Hammers gereckt, ohne nach der Länge geschlichtet zu werden. Das Ausrecken in der Helmlinie war dadurch ermöglicht, dass man den Prellhammer wegliess, dagegen den Hammerkopf an den verlängerten Dram oder einen Reitel, wie bei den Aufwerfhämmern, anschlagen liess. Fig. 175 (a. f. S.) giebt die Zeichnung eines Osemundhammers, wie sich solche in ihrer einfachen Konstruktion bis in dieses Jahrhundert erhalten hatten Siehe Karsten , Handbuch der Eisenhüttenkunde, V, 181, Tab. XXXIV, Fig. 1 bis 3. . Auf einer 5 Fuss tief in der Erde gelagerten, 2 Fuss im Quadrat starken, eichenen Schwelle a ist die ebenfalls 2 Fuss im Quadrat starke, eichene Dramsäule b mit einem Doppelzapfen eingezapft. In diese ist der starke, eichene Drambalken d eingezapft, der mit seinem vorderen oder Stirnende auf den Brüstungen der Ausschnitte in den beiden vorderen Dramsäulen e e ruht, welche mit ihm verriegelt sind. Die vorderen Dramsäulen wie die Büchsensäulen k k sind in der starken Sohlschwelle f eingelassen, welche auf vier Grundschwellen i i liegt. Die ebenfalls geneigten Büchsensäulen sind oben in dem Dram befestigt, durch Riegel l l untereinander verbunden und zur Verstärkung mit sechs eisernen Bändern gebunden. Unterhalb des unteren Riegels l liegen Wasserhämmer. die gusseisernen Büchsen (Hülsenlager) in dazu eingestemmten Schlitzen in den beiden Büchsensäulen. Die Art der Befestigung ist aus Fig. 176 Fig. 175. ersichtlich. Der Osemundhammer schlug nicht, wie sonst bei den Schwanzhämmern gebräuchlich, mit seinem Schwanzende gegen eine Prellschwelle an, sondern gegen einen Reitel h . — Zur Bewegung Fig. 176. des Hammers war kein Daumkranz auf der Wasserradwelle angebracht, sondern die sechs eisernen Daumen wurden un- mittelbar in die starke eichene Welle eingeschlagen. Diese Art der Befesti- gung, die überhaupt nicht sehr haltbar war, setzte sehr starke Wellen voraus. Auf beiden Seiten der Daumen waren dicht neben denselben starke Zugringe auf der Wasserradwelle befestigt, um das Aufspalten derselben zu ver- hüten. Der Ambossstock n war in der Erde auf eine Faschinenpack- lage, bestehend aus zwei kreuzweise übereinander liegenden Schichten, aufgesetzt und wurde oben durch zwei 1½ Fuss tief unter der Hütten- Wasserhämmer. sohle eingelegte, denselben zum Theil umfassende Schwellen, in lot- rechter Lage festgehalten. Die Chavotte (Schabatte) oder Ambossschale, d. i. die eiserne Platte, welche die Unterlage des Amboss bildet, um das Hineintreiben in den Stock zu verhindern, wurde in den Amboss ganz eingelassen. Der Amboss hatte eine überaus stark gewölbte, fast halbkreisförmige Bahn. Mit ebensolcher Bahn war auch der Hammer, dessen Helm aus unbeschlagenem Holz (Ganzholz) hergerichtet war, versehen. Zum Osemundfrischen verwendete man fast ausschliesslich das vorzügliche Roheisen aus der Herrschaft Sayn-Altenkirchen. Das Verfahren war, wie wir gesehen haben, das einer Anlaufschmiede. Der Unterschied im Ausschmieden gegen andere Frischhütten bestand darin, dass man das vorzüglich zähe Eisen, welches zu Draht ver- arbeitet werden sollte, unter den vorbeschriebenen Hämmern zu ziem- lich dünnen Stäben ausschmiedete. Dabei wurde das Eisen nur gezaint oder gereckt, indem es quer zur Hammerbahn ausgeschmiedet, nicht aber geschlichtet wurde, weil man annahm, dass durch das Abschlichten die Zähigkeit des Eisens beeinträchtigt wurde. Die Osemundstangen, die groben Zaineisen gleichen und eine gewellte Oberfläche hatten, indem die Eindrücke der quer zur Längsrichtung geführten Hammer- schläge sichtbar blieben, waren meist 10 bis 12 Fuss lang. Vorschrift war es, dass auf ein Becken (42½ Pfund) 27, höchstens 28 Fuss Länge in Stäben gehen mussten. Die Kolben oder Luppen, welche im Osemundfeuer entstanden, waren nur 25, höchstens 35 Pfund schwer und wurden in möglichster Geschwindigkeit zu dünnen Stäben ausgereckt, dabei wurde das Eisen unter den schnellgehenden Schwanzhämmern zugleich gegärbt; die Sehne entwickelte sich besser und feiner als unter den groben, lang- samen Schlägen der schweren Hämmer. Bei der Osemundschmiede war das Zainen unmittelbar mit dem Frischprozess verbunden. Bei den eigentlichen Zain- und Reckhämmern wurde dagegen das Produkt der Hütten in besonderen Hammerwerken verarbeitet. In den eigentlichen Zainhämmern wurde Stabeisen zu Zaineisen von ½ bis höchstens ⅝ Zoll vierkantigen und 12 bis 14 Fuss langen Stäben, welche in Bunden verkauft wurden, ausgereckt. In den Bandhämmern wurde das Grobeisen zu glattem Bandeisen von 1 bis 2 Zoll Breite und kaum ¼ Zoll Dicke ausgeschmiedet. Ferner machte man sechs- oder achtkantiges Bolzeneisen. Die Gestalt dieser Hämmer glich den Stabhämmern, nur hatten Hammer und Amboss glatte Bahnen bei verschiedener Stellung zu einander, wie aus der Wasserhämmer. Fig. 177 ersichtlich ist. Die Hämmer hatten ein Gewicht von 60, 70 bis 80 kg. Insofern sie auch zum Ausrecken des Materials für verschiedene Kleinschmiedearbeiten gebraucht wurden, führten sie den Namen Reckhämmer. Dazu gehörten z. B. die Hämmer zum Ausrecken der Drahtzaine, die Platinenhämmer für die Gewehrfabrik, die wir schon erwähnt haben, wie auch die Rohrhämmer selbst, ferner gehörten die Gesenkhämmer für façonirtes Eisen, sowie die Tiefhämmer zum Austiefen eiserner Geschirre dazu. An diese schliessen sich dann wieder die noch verwandten Blankschmiede- Fig. 177. hämmer, sowie Waffen-, Sensen- und Schaufel- hämmer und anderseits die Nagelhämmer an. Alle diese genannten waren Schwanzhämmer. Für diese galten folgende allgemeine Regeln: Sie sollten leicht, höchstenfalls 84 kg schwer sein, denn je leichter der Hammer, je lebhafter konnte der Gang sein und viele leichte Schläge waren vorteilhafter als wenige schwere. — Umgekehrt musste deshalb aber die Hammerwelle möglichst schwer und kurz sein, der Hammergang also möglichst nahe an das Rad gestellt werden. — Das Hammergerüst musste aus schwerem Holze gemacht und 3½ bis 4 Fuss tief durch ein Sohlwerk unter der Sohle befestigt sein; letzteres war im Notfall noch mit einer Verkistung von Stein zu beschweren. — Der Prellhammer war so leicht wie möglich, soweit dies unbeschadet der Haltbarkeit geschehen konnte, zu machen. — Der Hammerhelm musste aus sehr starkem Holze, so leicht und schmal als er es vertragen konnte, gemacht werden. — Je länger der Helm zwischen der Hülse und dem Hammer und je kürzer der Schwanz war, desto grösser war der Wurf und desto stärker der Schlag, jedoch mit so viel mehr Er- schütterung im Hammerwerk. — Je schwerer der Hammer nötig war, je länger musste der Schwanz sein, desto weiter mussten die Well- daumen auseinander stehen und soviel tiefer musste auch das äussere Wasserhämmer. Ende des Schwanzes oder der Nacken des Prellhammers unter dem Mittelpunkt der Radwelle stehen. Die Zainhämmer machten 200 Schläge und mehr in einer Minute. Im 16. Jahrhundert fanden die Zainhämmer, soviel wir wissen, nur Verwendung als Stabschmiede. Äxte, Sensen, Spaten und Beschläge, welche in der Folge ebenfalls von dem Zainhammer geschmiedet wurden, fertigte man damals noch alle mit dem Handhammer. Der erste Wasserhammer zum Sensenschmieden wurde in Kronenberg in Betrieb genommen. Dagegen erlangten diese Art von Hämmern bereits einen grossen Einfluss auf die Entwickelung der Waffen- und Werkzeug- fabrikation, durch die Raffinier- oder Reckhämmer, in welchen Nagel- oder Schmiedeeisen und Stahl durch Zusammenschweissen, Gärben und Ausschmieden zur Verarbeitung für Klingen und Sensen vor- bereitet wurden. Diese Art Hämmer, welche im Bergischen speziell als Reckhämmer bezeichnet werden, wurden zuerst und zwar schon im 16. Jahrhundert bei Lüttringhausen und Burg angelegt. Erst im 17. Jahrhundert finden sie auch im Solinger Bezirk Eingang. Die Klingenschmiede, welche die Mittel dazu hatten, kauften den Reckstahl von diesen Hämmern und schmiedeten ihn einfach zu Schwert- und Waffenklingen aus. Sie konnten infolge dessen viel mehr Ware fertig schmieden, wie vordem, als sie sich noch ihren Stahl selbst vorbereiten mussten. Die Handschmiede, die noch nach der alten Art arbeiteten, kamen durch diese Konkurrenz in Nachteil und blickten natürlich scheel auf die Reckhämmer. Die Reckhämmer erfüllten eine doppelte Aufgabe; einerseits brachten sie das Eisen in die zweckmässigste Form, anderseits ver- besserten sie dasselbe. Das Umschmieden des Luppeneisens, ob von Rennherden, Stücköfen oder Frischfeuern, musste schon an und für sich eine Reinigung bewirken. Je unvollkommener die Darstellungs- prozesse des Eisens waren, je ungleichmässiger war das gewonnene Produkt. Die Luppe des Rennherdes bildete ein schwammartiges Gemenge von hartem und weichem Eisen, untermengt mit Garschlacke und unvollkommen reduziertem Erz. Nur da, wo der Wind direkt das geschmolzene Eisen getroffen, hatte sich entkohltes, weiches Eisen gebildet, welches das rohere Produkt umhüllte. Bei den Stücköfen war dies noch nicht viel besser und wenn auch die Frischluppen im ganzen reiner waren, so bestanden sie doch keineswegs aus einem gleichmässig gekohlten Produkt. Durch das Zängen und erste Über- schmieden der Luppe wurde diese Ungleichheit der Masse zwar ge- bessert, aber nicht aufgehoben. Erneutes Ausschweissen und Um- Wasserhämmer. schmieden änderte diesen Zustand wesentlich, denn es wurden dadurch nicht nur die Unreinigkeiten ausgeschmolzen und ausgepresst und das geringe Metall zu einem dichteren Gefüge vereinigt, sondern es trat in der Schweisshitze auch eine chemische Aktion ein, in der Art, dass die härteren Partieen durch die weicheren entkohlt wurden, umgekehrt die Stahlpartieen auf das weiche Eisen cementierend wirkten. So wurde auf chemischem, wie auf mechanischem Wege eine grössere Homogenität des Metalles bewirkt und diese Homogenität des Eisens war die wichtigste Bedingung seiner Güte. Um diese Gleichmässig- keit aber noch weiter zu steigern, hieb man die ausgereckten Stäbe in Stücke, sortierte sie nach ihrer Beschaffenheit, verband eine Anzahl von gleicher Qualität zu einem Packet oder einer Garbe (Fig. 178) zusammen, brachte diese von neuem in ein Schweissfeuer, schweisste sie unter dem Hammer und reckte sie zu einem Stab aus, der jetzt an Güte und Gleichmässigkeit das frühere Produkt bedeutend über- traf. Dieses Verfahren nannte man das Gärben (Gerben oder Fig. 178. Raffinieren). Man wendete es für Schmiedeeisen an, weit mehr aber noch für den Stahl; denn die rohen Stahlluppen waren noch weit ungleich- mässiger in ihrer Zusammensetzung als die Eisenluppen, da kleine Schwankungen des Kohlenstoffgehaltes schon grosse Unterschiede in der Härte, Schweiss- und Dehnbarkeit bedingten. Ein sorgfältiges Sortieren und Gärben entsprechend den Zwecken seiner Verwendung war deshalb beim Stahl noch viel notwendiger als beim Eisen. Man konnte auf diese Weise die verschiedensten Stahlsorten herstellen. Man schweisste aber auch zu manchen Zwecken Eisen- und Stahl- schienen zusammen. Dies geschah ebenfalls unter den Reckhämmern. Von dieser Art war namentlich der Messerstahl, bei dem ein Korn von weichem Eisen von mehr oder weniger hartem Stahl um- geben war. Bei dem eigentlichen Stahlgärben verfuhr man folgender- massen Siehe Blumhof , Encyklopädie der Eisenhüttenkunde 1876, Bd. II, S. 342. : Der grobe Rohstahl, welcher rotwarm in kaltem Wasser gelöscht und in kurze Stücke geschlagen worden war, wurde im Gärbeherd vor der Form kreuzweise in kleine Haufen aufgestapelt, Wasserhämmer. mit Kohlen überschüttet und durch das Gebläse weisswarm gemacht, einzeln herausgenommen und unter dem Zainhammer (Gärbe- oder Stahlraffinierhammer) zu dünnen Schienen geschmiedet, welche sogleich in kaltem Wasser gehärtet wurden. Diese Schienen wurden wieder in kleine Schienen von etwa 1 Fuss Länge zerbrochen, 12- bis 15 fach übereinander gelegt, an einem Ende mit einer grossen Zange zusammen- gefasst, zur weisswarmen Wellhitze gebracht, unter dem Hammer zusammengeschweisst und aufs neue zu feinen Stangen ausgeschmiedet. Dieses wiederholte man mehrmals und der dadurch verbesserte Roh- stahl wurde Gärbstahl, Raffinierstahl (acier corroyé, — shear-steel, refined-steel, — schwed. Garfstål) genannt. Das wichtigste für den Gärbstahlschmied war die sichere Erkenntnis der Beschaffenheit des Stahls nach dem Bruch und das entsprechende Packetieren. Zu Instrumentenstahl z. B. suchte er die härtesten Schienen (Ribben) aus, welche im Bruch das kleinste Korn hatten, zu Klingen die mittelharten, ebenen, ohne zackige Kanten, zu Messerstahl weichere, zu Tischgabeln, groben Federn etc. noch weichere mit Eisen- stangen zusammen u. s. w. Die äusseren Ribben im Bündel wurden meistens etwas dicker gelassen, auch konnten sie Eisenstränge vertragen, die der Schmied nach aussen gegen die Kohlen kehrte, wodurch sie verbrannten und verschwanden. Während des Schweissens musste man aber das Verbrennen des Stahls durch aufgestreuten, trockenen und feingesiebten Thon, mit Hammerschlag oder Glühspan vermischt, mög- lichst zu verhindern suchen, indem sonst der Stahl eine dünne Eisen- haut bekam. Bei geringerem Rohstahl musste man das Gärben öfter wieder- holen. Man vereinfachte dies dadurch, dass man erst ein Bündel (Packet) von 10 Blättern schweisste und in eine etwa armdicke Stange ausreckte, diese hieb man alsdann in der Mitte durch, legte die beiden Hälften aufeinander (doublierte sie), schweisste und schmiedete sie in eine ebensolche Rute aus. In dieser hatte man jetzt aber schon 20 Blätter zusammengeschweisst, wiederholte man dies noch ein-, zwei- u. s. w. mal, so erhielt man Ruten von 40, 80 u. s. w. Blättern. War der Rohstahl von Haus aus sehr gut, so bedurfte er nicht so vieler Blätter. Der beste steirische, der Scharsachstahl, war z. B. nur aus acht bis zehn Rohstahlblättern zusammengeschweisst. Bei vier bis sechs Blättern blieb der Stahl härter, rohstahlartiger. Münzstahl pflegte man aus Garben von acht bis zehn Blättern zu schweissen und die geschweissten Stücke drei-, vier- und mehrmal zusammenzubiegen, wodurch 64 bis 80 oder 128 bis 160 Blätter in Wasserhämmer. die Stange kamen. Für feine Münzstempel musste das Raffinieren noch weiter getrieben werden. Auch der Feder- und Klingenstahl wurde so hergestellt, dass die Stangen 160 Blätter enthielten. Für jeden Zweck verfertigte man einen andern Gärbstahl. Der aus gefrischtem Rohstahl bereitete Gärbstahl hat gewisse Eigenschaften, die ihn heute noch für manche Verwendungen unent- behrlich machen, hierzu gehört besonders, dass er sich gut bearbeiten, schweissen und schmieden lässt, dass man ihn öfter umlegen, schweissen und gärben kann, ohne dass er von seiner Härte verliert. Beim Härten erträgt er einen hohen Grad von Hitze und bleibt doch dabei stark, weshalb er sich vorzüglich zu Federn und Klingen eignet. Die Qualität des Gärbstahls hängt hauptsächlich von folgenden Umständen ab: 1. Von der Sortierung des dazu angewandten Stahls. 2. Von dem Zusammenlegen der Bündel, wobei zu beachten ist, dass die Schienen so genau wie möglich zusammengepasst werden, um Zwischenräume zu vermeiden, welche sich sonst beim Schweissen mit Schlacken füllen, die zwar meistens durch den Hammer aus- gepresst werden, deren kleinste Teile aber, wenn sie in der Masse zurückbleiben, Undichtigkeiten verursachen. 3. Von dem Schweissen oder Wellen. Dieses erfordert erfahrene und geübte Schmiede, damit nicht zu wenig Schweisssand aufgestreut werde, wodurch der Stahl auf der Oberfläche verbrennen würde oder auch das Bündel nicht zu lange eingehalten werde, wodurch es sonst zum Schmelzen kommen könnte. 4. Von den Hämmern. Ausserdem, dass schwere Hämmer über- haupt sowohl Stahl als Eisen sprengen, ist es hier um so wichtiger, dass der Hammer leicht sei und seine Schläge im Anfang gemässigt werden können, weil das Stahlbündel beim Schweissen und wenn es zuerst unter den Hammer kommt, oft wild und stets so erweicht ist, dass es nach den flachen Seiten ziemlich lange gereckt werden muss, damit es sich beim Wenden auf die Kanten nicht öffne. 5. Vom Umbiegen oder Umschlagen und wiederholten Schweissen. Es ist klar, dass jeder Stahl desto gleichartiger werden muss, je öfter er umgebogen und geschweisst werden kann, bis seine Stahlnatur zu verschwinden anfängt und sich Eisensehne entwickelt. Es muss deshalb zu dem auf diese Art zu bereitenden feinsten Gärbstahl der härteste und beste Rohstahl, welcher zu erhalten ist, genommen werden. Nagelschmiede. Der Gärbeprozess war von grösster Wichtigkeit, weil nur durch ihn ein reines und gleichartiges (homogenes) Produkt, sei es Eisen oder Stahl, erhalten wurde. Die Nagelschmiede . An die Zainschmiede schliessen sich die Nagelschmiede an, ein Handwerk, welches jetzt schon fast gänzlich im Fabrikbetrieb auf- gegangen ist, früher aber ein wichtiges, angesehenes und zahlreiches Gewerbe war. Der Verbrauch an Nägeln war schon im Mittelalter ein grosser und nahm mit der Entwickelung der Technik zu. Im 16. Jahr- hundert wurden die Nägel noch fast ausschliesslich von Handnagel- schmieden gemacht, während später zum Ausschmieden der grossen Nägel in einzelnen Ländern, wie besonders in Schweden, leichte Schwanzhämmer in Anwendung kamen. Dagegen wurde das Eisen, aus welchem die Nägel geschmiedet wurden, das Nagel- oder Kraus- eisen, schon damals mit Zainhämmern ausgereckt. Dasselbe musste von zäher Beschaffenheit sein, dass es sich hin- und herbiegen liess, ohne zu zerbrechen. Der Nagelschmied bedurfte ausser des Handhammers nur einiger einfacher Werkzeuge Hallens Werkstätte der Künste 1764, S. 272. (Fig. 179, a. f. S.). Das „Nageleisen“ ist ein länglich viereckiges Eisen, welches ein Knöpfchen mit einem Loch hat, das von oben herab durchgeht ( b ). Der Nagelschmied steckt das Nagel- eisen unter einem rechten Winkel in einen eisernen Pfeiler ( a ), „den Stützer“, der in dem Ambossstock befestigt ist. Nahe am Amboss steht noch eine kleine Rute von Eisen, daran man den fertigen Nagel aus dem Loche wieder heraufstösst. Ferner befindet sich in dem Amboss ein starker Meissel, „der Blockmeissel“ d , eingeschlagen, über dessen Schärfe der geschmiedete Nagel von dem übrigen noch glühenden Eisen umgebogen und abgehauen wird. Einer Federzange, „die Kluft“ ( f ), bedient sich der Nagelschmied, um die heissen Nägel zu fassen und in das Loch des Nageleisens zum Aufschlagen des Kopfes einzustecken. Der Nagelhammer i wiegt etwa 5/4 Pfund (0,63 kg). Seine Bahnen sind viereckig und eine grösser als die andere. Der Blasebalg wurde Nagelschmiede. meist getreten oder — wie noch jetzt bei den Nagelschmieden in Reiffenberg und Schmitten in Nassau Siehe S. 133. — mit einem Tretrad, in dem ein Hund läuft, bewegt. Ist das Eisen zu dick für die zu fertigenden Nägel, so wird es erst mit Hämmern von etwa 9 kg Gewicht flach aus- geschmiedet und mit einem starken stählernen Schrotmeissel, den man aufsetzt, gespalten. Die so erhaltenen Ruten werden von einer Seite glühend gemacht, herausgenommen und von zwei Personen zur Kante, die der Nagel haben soll, geschmiedet, indem man unter fortwähren- dem Umwenden die vier Seiten des Stiels herausbringt, den Nagel Fig. 179. Nagelschmiedwerkzeug: a das Nageleisen, worin b der Nagel mit einer erhabenen Krone steckt. In dieser Krone wird der Kopf auf den Nagel mit dem Hammer umgeschlagen und gestampft. Darunter, neben dem Amboss, heisst der eiserne Stift Lüfter, an dem man den Nagel von unten wieder aus seiner Krone herauf- stösst und, weil er noch heiss ist, auf die Erde fallen lässt. c der Schmiedeamboss. d der Blockmeissel, darauf ein Nagel vom übrigen Eisen abgebrochen wird. e der Schmiedehammer zum Nagelschmieden. f die Nagelkluft. g der Schrotmeissel, h eben desgleichen, eine Stange Eisen zu Nägeln der Länge nach zu zerspalten. i der gemeine Nagelhammer von 5/4 Pfund, den Nagel zu schmieden. dichtet und zuspitzt. Alsdann bricht der Nagler dieses heisse ge- schmiedete Stück da, wo der Kopf des Nagels hinkommen soll, durch ein gelindes Hin- und Herbiegen über der Schärfe des Blockmeissels ab. Er ergreift es dann mit der kleinen Nagelkluft, steckt es durch das Loch des Nageleisens, welches nicht grösser ist, als dass der Stiel des Nagels bis dahin, wo der Kopf werden soll, hinabsinkt. Durch Schlagen des dicken Nagelendes wird der flache Kopf gebildet. So- gleich schlägt man diesen fertigen Nagel durch einen Schlag neben dem Lüfter aus seinem Loche von unten in die Höhe heraus, er fällt Nagelschmiede. auf die Erde. Man holt ein neues heisses Eisen, schmiedet es zur Kante und Spitze, bricht es ab, schlägt wieder in dem Nageleisen den Kopf auf u. s. f. Die Nägel sind von sehr verschiedener Grösse. Die grossen Schleusennägel sind bis 18 Zoll lang, die Schiffsnägel 8 bis 10 Zoll, während die kleinen Zwecken (broquettes), welche Tapezierer, Sattler und Stellmacher zum Beschlagen feiner Arbeiten gebrauchen, so klein sind, dass 1000 Stück nur ¼ Pfund wiegen. Die Nägel werden aber nicht nur nach Grösse und Gewicht, sondern auch nach der Form der Köpfe und nach der Verwendung eingeteilt. Es giebt kantige und runde Nägel, Nägel mit kleineren und grösseren, ganzen und halben, mit glatten, mit pyramidalen, mit konischen, halbkugeligen, soge- nannten Champignonköpfen, mit dreieckigen, viereckigen (Hufnägel); ferner Schiffsnägel, Botnägel, Thornägel, Brettnägel, Lattennägel, Schindelnägel, Schiefernägel, Schloss-, Reif- und Bandnägel, Hufnägel, Blasbalgnägel, Schlossernägel, Maurernägel, Schuhnägel (Pinnen), Tapezierernägel u. s. w. Die Einteilung der Nägel im Handel ist ferner verschieden nach den Gegenden ihrer Erzeugung Vergl. Nemnichs Warenlexikon, Bd. I, S. 651; Bd. II, S. 919 u. s. w. Schedels neues Warenlexikon, 4. Aufl. von Poppe , Bd. II, S. 80. Rinmans Anleitung zur Kenntnis der gröberen Eisen- und Stahlveredlung, S. 160. Blum- hof , a. a. O., Bd. III, S. 361. . In früheren Zeiten, als die Nagel- schmiederei noch wesentlich Handarbeit war, hatte sie an den Stätten der Eisenerzeugung selbst ihre Hauptsitze, so besonders in Steiermark, Kärnten und Krain, in Thüringen, im Nassauischen, in Westfalen, in Lüttich, in der Champagne, in Brescia u. s. w. Später, als die Zainhämmer das Nageleisen überall hin vertrieben, verzog sich die Nagelfabrikation mehr nach den Plätzen, wo der Hauptbedarf war, namentlich nach den gewerbreichen Städten. Die Güte des Eisens war ebenfalls von Einfluss; so entwickelte sich die gross- artige englische Nagelindustrie erst durch die Einfuhr besseren Eisens. Krain vertrieb seine vortrefflichen Nägel nach Italien, Kroatien u. s. w. Kärnten setzte ungeheure Massen von Nägeln ab. Die Hauptnieder- lage war zu St. Veith, von wo sie nach Italien und von da weiter versandt wurden. Für den österreichischen Handel war der Haupt- stapelplatz Wien. Die grössten Nägel wurden damals gleichfalls noch von Hand geschmiedet, und zwar von zwei Personen, von denen die eine den Schmiede- und die andere den Vorhammer führte, während alle Nagelschmiede. übrigen in der oben beschriebenen Weise von einem Schmied fertig gemacht wurden. Schopperus widmet dem Nagelschmied folgende Verse: Clavicularius — der Nagler . Conficio validos de ferri robore clavos, Riti quibus figas quiquid ubique lubet. Sive placet magnis tibi, sive minoribus uti, Res quibus includas, contineasque tuas. Huc ades et clavos de grandibus emptor aceruis Accipe, pro nummis quos cupis esse tuos. Fig. 180. Sive domo quicquam vigil aedificabis in alta, Ostia claviculis claudere sive voles. Effigiam capient hypocausta vel arcta receptam Usus in his clavis non tibi vilis erit. Ich bereite die durch die Stärke des Eisens so dauerhaften Nägel, Mit deren Hilfe du alles befestigen kannst, was dir beliebt. Mag es dir mit kleinen, mag es mit grossen dir gefallen Deine Sachen zu verschliessen oder zu verpacken. — Komme nur hierher und nimm dir als Käufer für dein Geld Von dem gewaltigen Haufen, welche du willst. Nagelschmiede. Ob du an dem hohen Hause, an dem du bauest, etwas befestigen willst Ob du Öffnungen mit kleinen Nägeln verschliessen willst; Ob du ein Bild im Bade oder in der Kammer aufhängen willst: Der Nagel wird dir für deinen Zweck niemals unnütz sein. Der entsprechende Vers des Hans Sachs lautet: Ein Nagelschmied bin ich genannt, Mach eysern Negel mit der Hand, Allerley art auff mein Amboss, Kurtz vnd Lang, Klein vnd auch Gross Bühnnegel, Schlossnegel, dazu Fassnegel, Schuhzweck, ich machen thu, Haltnegel, pfenningnegel starck, Find man bey mir, an offnem Marck. Die Zeichnung Jost Ammons (Fig. 180) ist in verschiedener Beziehung von Interesse. Der Schmiedeherd ist ganz so konstruiert, wie wir ihn heute noch bei den Nagelschmieden finden. Es ist so hoch aufgeführt, dass der Nagelschmied bequem und rasch seine Ruten einschieben kann, dann ist er so überbaut, dass er von ver- schiedenen Seiten zugänglich ist, so dass mehrere Nagler ihn gleich- zeitig benutzen können. Entsprechend sind auch mehrere Ambosse um das Feuer verteilt, welche von verschiedenen Schmieden benutzt werden. Bemerkenswert ist, dass sich dieselben keines besondern Nageleisens bedienen, sondern dass verschiedene Nagellöcher im Amboss selbst angebracht sind. Der Blockmeissel ist höher, wie in unserer obigen Zeichnung und steht sehr gut zur Hand. Die Nagler bildeten eine alte Zunft, aber sie teilten sich schon früh in Schwarz - und Weissnagelschmiede . Letztere hatten ihren Namen daher, dass sie verzinnte Nägel zu machen verstanden. Ihre Werkzeuge, wie ihre Handgriffe bei der Arbeit waren dieselben, nur verfertigte der Weissnagelschmied seine kleinen Nägel sitzend, und in dem Loche des Stützers unter dem Nageleisen ist durch einen Keil eine Feder befestigt, welche bis unter das Loch des Nageleisens reicht. Die Spitze des Nagels, dem man in dem Nageleisen einen Kopf geben will, reicht bis auf die Feder, und der Arbeiter darf nur ein wenig unter die Feder schlagen, so treibt sie durch ihre Federkraft den Nagel aus dem Loche des Nageleisens. Das Verzinnen geschah wie noch heute in einfachster Weise. Man schüttete die schwarzen Beck , Geschichte des Eisens. 32 Nagelschmiede. Nägel in einen steinernen Krug oder Topf, in dem sich Essig und Kupferwasser befand, liess sie in dieser Beize 24 Stunden bei dem Feuer der Esse stehen, wobei man nur von Zeit zu Zeit umschüttelte. Dadurch lösen sich Rost und Hammerschlag ab, das blanke Eisen kommt zum Vorschein. Alsdann bringt man die Nägel in einen eisernen Topf, worin sich etwa ½ Pfund Talg und ½ Pfund Probe- zinn befinden, setzt diesen aufs Feuer und schüttelt fortwährend um, damit sie sich überall gleichmässig verzinnen und nicht zusammen- kleben. Hierauf kommen sie in einen andern Topf mit heisser Seifen- siederlauge, worin sie am Feuer erhitzt und umgeschüttelt werden, um den anklebenden Talg u. s. w. davon abzubringen. Aus dieser Lauge werden die Nägel in einen Beutel mit feinen Sägespänen gethan und darin durch Schütteln gereinigt und getrocknet. Ein Hauptteil des Meisterstücks der Weissnagelschmiede bestand darin, ein halbes oder ein ganzes Tausend ganz kleiner, verzinnter Nägel zu machen, welche, auf das Wasser geworfen, darauf schwimmen mussten. Das Examen der Nagelschmiede bei der Meisterprüfung in Koblenz dauerte drei Tage und war schon im 16. Jahrhundert folgendes Meisterstück vorgeschrieben: Am ersten Tage musste der Schmied 1500 kleine Nägelchen fertigen, die in eine gemeine Hühnereierschale gelegt werden konnten. Am andern Tage hatte er folgende Nagel- formenlöcher darzustellen: ein ganzes Saumspeicherloch, ein halbes Saumspeicherloch, ein Massspeicherloch, ein Scharnägelloch, ein Gesenk- nägelloch, ein Hofnägelloch, ein Schlossnägelloch und ein Schuhnägel- loch; am dritten Tage musste er aus 7 kg Eisen 1000 Sandellen liefern, die jedoch nur 10 Pfund wiegen durften Siehe W. A. Günther , Topograph. Gesch. d. Stadt Koblenz, S. 444. . Die Schwarz- wie die Weissnagelschmiede hatten fünf- bis sechs- jährige Lehrzeit, und waren ein geschenktes Handwerk, d. h. sie durften überall bei den Zunftbrüdern ein Geschenk verlangen. Blechschmiede. Die Blechschmiede . Bleche wurden im Altertum ebenfalls nur mit der Hand geschmiedet und da dies sehr beschwerlich und zeitraubend war, so spielte die Blechfabrikation nur eine untergeordnete Rolle. Von einer solchen kann eigentlich erst seit Einführung des Blechschmiedens durch Wasserhämmer die Rede sein. Diese fand wohl schon vor dem Jahre 1500 statt. Jedenfalls deutet die gesteigerte Verwendung von Blech im 16. Jahrhundert auf deren Vorhandensein. Beglaubigte Nach- richten besitzen wir darüber allerdings nicht. Biringuccio giebt in seiner Pyrotechnia zu Lib. IX, Cap. IX die Abbildung eines Blech- schmiedes. Dieselbe steht freilich an der Stelle, wo er von den Gold- blattschlägern spricht, aber, wie aus der Zeichnung (Fig. 181) deutlich Fig. 181. ersichtlich ist, handelt es sich um das Schmie- den einer Blechtafel von Kupfer, Messing oder Eisen. Der Was- serhammer, welcher in Agricolas Metallur- gie bei der Beschrei- bung der Stücköfen abgebildet ist, hat viele Ähnlichkeit mit einem Breit-, Plätsch- oder Schlichthammer, wie er bei der Blech- schmiede gebräuchlich war, obgleich er hier als Luppenhammer dargestellt ist. Das Verzinnen des Blechs, welches der Blech- fabrikation einen so grossen Aufschwung gab, erlangte erst im 17. Jahrhundert grössere Bedeutung. Dass aber Weissblech schon im 16. Jahrhundert in Deutschland hergestellt wurde, geht aus einem sehr merkwürdigen Privilegium hervor, welches Kaiser Ferdinand 1551 dem steierischen Landeshauptmann Freiherrn Hanns von Ungnad erteilte. Er erhielt die „Freiheit“, zu Waltenstein eines oder mehrere Hammerwerke aufzurichten, in denselben schwarzes Blech zu schlagen, verzinnen zu lassen und damit ungehindert Handel durch 20 Jahre frei zu treiben v. Muchar , Geschichte des Herzogtums Steiermark, Bd. VIII, S. 512. . 32* Blechschmiede. Wir sehen von der Weissblechfabrikation hier aber ab und schildern nur die Herstellung der Schwarzbleche, wie sie früher in Deutschland üblich war. Das Ausbreiten des Eisens zu Blech unter dem Hammer geschah in wiederholten Hitzen Siehe Karsten a. a. O., Bd. IV, S. 373; ferner Rinmans Allgem. Berg- werkslexikon, Bd. II, S. 87 bis 115. . Das zur Blechfabrikation angewendete Eisen musste möglichst weich, dehnbar und weder rot-, kalt- noch faulbrüchig sein. Das weiche, zähe Eisen lässt sich zu den dünnsten Blechen ausbreiten und bedarf weniger Hitzen als hartes, zähes Eisen, weil es durch das Hämmern nicht so leicht spröde wird. Das Material- eisen (Modelleisen) in Form von Flachstäben von 3 Zoll auf 1 Zoll musste zuerst in Stücke zerteilt werden, deren Länge durch die Masse des herzustellenden Bleches bedingt waren. Zuweilen schmiedete man diese Stürze oder Stümpel auch gleich aus Luppenstücken von 4 bis 5 Zoll Breite Vergl. Jars metallurgische Reisen 1757 bis 1769, deutsch von Gerhard , Bd. II, S. 734. . Aus jedem Sturz wurden in der Regel zwei Bleche geschmiedet, nur bei grossen Blechen wurde zu jedem Blech ein Stück verwendet. Bei dem Zerhauen unter dem Wasserhammer mittelst eines Setzeisens erhielten die Stürze fast die doppelte Länge eines Bleches, indem man die Arbeit vorzüglich auf das Ausbreiten des Eisens beschränkte. Das Glühen der Stürze geschah in einem ge- wöhnlichen Frischherd, was viel Kohlen erforderte und worunter die Bleche oft litten. Man legte die Stürze und die fast fertigen Bleche auf Brechstangen quer über den Herd, beschüttete sie von allen Seiten unten und oben mit Kohlen und setzte die Kohlen unter den Stürzen und Blechen bei langsamem Gang des Gebläses in Glut. Die noch nicht ausgereckten Stürze, nämlich die nach der bestimmten Länge verhauenen Stücke des Materialeisens, wurden in Zangen gefasst und auf gewöhnliche Art mit Zusatz von etwas Garschlacke im Herde erwärmt. Den dabei entstandenen Schwahl (Garschlacke) benutzte man gewöhnlich beim Einschmelzen der Abschnittel, welches bei dieser alten Methode noch mit der Blechfabrikation verbunden war. Zur Bereitung der Schwarzbleche waren zwei Hämmer erforder- lich, einer zum Ausrecken, der andere zum Breiten. Ersterer hatte 4 bis 4½ Centner Gewicht und 22 Zoll Hub. Die Hammerbahn war etwa 14 Zoll lang und ¾ Zoll breit. Die Bahn des Ambosses war etwas gewölbt, um das Eisen schneller auszurecken. Je schmaler die Ambossbahn, je schneller liess sich das Eisen ausdehnen, desto mehr Blechschmiede. Sorgfalt war aber auch bei der Arbeit nötig, um glatte und von Runzeln und Unebenheiten freie Bleche zu erhalten. Man gab dem Amboss eine elastische Unterlage, wodurch die Gefahr des Durch- schlagens der Bleche vermindert wurde. Die Breite der Hammerbahn wechselte von 4 Zoll bis ¾ Zoll. Eine breitere Bahn gab glattere und schönere Bleche, verzögerte aber die Arbeit. Die verhauenen Stäbe oder Stürze wurden im Herde gewärmt und dann zuerst an dem einen Ende bis auf das Doppelte ihrer Breite unter dem Hammer ausgedehnt, hierauf sogleich wieder gewärmt, um auch die zweite Hälfte auszubreiten. War dies geschehen, so wurde der bearbeitete Sturz zur Hälfte umgebogen und das umgebogene Ende oder der „Saum“ durch einen Schlag des Hammers zusammen- geschlagen. Zwei Arbeiter, von denen der eine die vordere, der andere die hintere Hälfte des Sturzes ausbreitete und zusammenschlug, wechselten miteinander ab, so dass der Hammer so lange ununter- brochen fortging, bis alle Stürze ausgebreitet und zusammengeschlagen waren. Die bearbeiteten Stürze hiessen Urwellstürze , sowie die Arbeit das Urwellen . Ein fertiger Urwellsturz bestand also aus zwei Hälften, von denen eine jede in der Folge ein Blech gab. Grosse Bleche wurden einzeln geurwellt. Alsdann wurden die Urwellstürzen wieder gewärmt und auf die doppelte Breite ausgeschmiedet und zwar erst das Vorderende, dann das Saumende. Diese Arbeit hiess das Gleichen oder Stürzen und die ausgebreitete Urwellstürze im allgemeinen „Stürze“. Bei der- selben war grosse Aufmerksamkeit nötig, um nicht zu viel Eisen in der Mitte stehen zu lassen, weil sich dieses bei den folgenden Bearbeitungen umlegte und zu Falten in den Blechen Anlass gab. Die Hammerbahn musste genau die Mitte der Stürze treffen und das Eisen nach und nach den Seiten zutreiben; umgekehrt durfte der Hammer nicht erst die Seiten ausbreiten und das Eisen in der Mitte stehen lassen. Nun folgte die dritte Bearbeitung der Stürze. Hierzu war, weil immer mehrere Stürzen zugleich in Arbeit genommen und zusammen- gelegt wurden, eine grössere Hitze notwendig, wobei die aus zwei zusammengebogenen Hälften bestehende Stürze leicht aneinander schweisste. Um dies zu verhindern, tauchte man sie in den sogenannten „Hahnenbrei“, eine wässerige Flüssigkeit, in welcher Thon, Kreide und Kohlenstaub eingerührt waren. Die eingetauchten Stürze wurden in Päcke zusammengelegt. Zu jedem Haufen rechnet man 1 Centner oder 6 bis 20 Stürze’ je nachdem die Bleche stärker oder schwächer Blechschmiede. waren. Jeder Haufen hiess ein Pack oder eine Zange und die Anzahl der Zangen, welche mit einemmal in Arbeit sind, wurde eine Zeche genannt. Jede Zange wurde einzeln gewärmt und unter den Hammer gebracht. Das Ausschmieden derselben — das „Packschmieden“ — war beschwerlich und erforderte Kraft und Gewandtheit, weshalb zwei Arbeiter dazu nötig waren, die einander halfen, den Pack gehörig auf dem Amboss zu drehen, damit der Hammer nicht zu oft auf ein und dieselbe Stelle traf. Zur Unterstützung beim Schmieden und um die Zange besser auf dem Amboss halten zu können, war auf jeder Seite derselben ein Haken in Gestalt eines rechten Winkels — ein soge- nannter „Knecht“ — im Hammerstock befestigt, worauf der Pack ruhen konnte. Das Umwenden musste, obgleich es sehr beschwerlich war, doch so oft als möglich geschehen, damit die eine Seite des Packes nicht mehr ausgereckt wurde als die andere; dabei musste sorgfältig vermieden werden, dass der Hammer in die ausgereckten Bleche nicht Beulen oder Löcher schlug. Das Packschmieden geschah auch nicht in einer Hitze, sondern musste oft drei- bis viermal wieder- holt, und die Zange ebenso oft wieder gewärmt werden. Nach dem jedesmaligen Schmieden wurden die Päcke auseinander genommen, um zu sehen, ob Stürze zusammengeschweisst waren, welche man alsdann zu trennen suchen musste. Danach wurden die Stürze in einer andern Reihenfolge zusammengelegt, als in welcher sie gelegen hatten, weil sich die in der Mitte der Zange liegenden Stürze, welche am längsten glühend blieben, am meisten ausdehnten. Waren einige Bleche von den vorigen Zechen zu kurz geblieben, so wurden diese mit in das nachfolgende Pack gelegt und wieder mit geschmiedet, damit sie stärker ausgedehnt würden. Nachdem die Stürze zum drittenmal geschmiedet waren und die gehörige Länge erhalten hatten, gelangten sie unter den zweiten Hammer, um die Unebenheiten und Beulen, welche beim Schmieden unter der scharfen Hammerbahn entstanden waren, zu entfernen. Dies geschah dadurch, dass jeder einzelne Pack auf einem breiten Amboss oder auf einer vollkommen glatten Eisenplatte unter einem Hammer mit breiter Bahn durch langsame Schläge geebnet und geglättet wurde. Der Hammer hiess der Pritsch - oder Abrichthammer und die Arbeit das Pritschen oder Abrichten der Bleche. Die Amboss- bahn war gewöhnlich 12 bis 14 Zoll lang und 10 bis 12 Zoll breit. Die Abrichtplatte musste genau horizontal liegen nnd die Hammer- bahn parallel aufschlagen. Nach dem Abrichten wurden die Päcke Blechschmiede. noch mit einem hölzernen Hammer gepritscht, um alle Beulen aus- zugleichen. Dann waren die Bleche fertig und wurden mit einer Schere nach dem Mass beschnitten. Die Masse der Bleche waren sehr verschieden. In einem Teile von Norddeutschland wurden sie 24 × 24 Zoll verlangt und mussten 5 bis 50 Tafeln auf einen Centner gehen, in andern Gegenden waren 24 × auf 18 bis 20 Zoll beliebte Grössen. Fehlerhafte Bleche wurden zerschnitten und mit den Abschnitteln zu gute gemacht. Dies geschah im Wärmeherd des Schwarzblech- hammers gewöhnlich alle drei Wochen, so dass drei Wochen lang Blech geschmiedet und in der vierten Woche Abschnittel und die kurzen Enden vom Verhauen der Stäbe geschmolzen wurden. Aus 100 Centner Schwarzblechstäben erhielt man im allgemeinen 60 Ctr. Bleche und 30 Ctr. Abschnittel, so dass an 10 Ctr. Abbrand stattfand. Bei dem Verarbeiten der Abschnittel im Schwarzblech- feuer erfolgten gewöhnlich aus 5 Ctr. Stabeisen 4 Ctr. Bleche und wurden zu 100 Pfund Blech 22 bis 24 Kubikfuss Holzkohlen ver- braucht. Auch bei sorgfältiger Arbeit hatten die Hammerbleche nie das glatte Ansehen unserer gewalzten Bleche. Beulen waren nie ganz zu vermeiden. Dazu war die Arbeit unvorteilhaft, sowohl wegen des Zeitaufwandes als wegen des Kohlenverbrauchs. Schwere Bleche, wie unsere starken Kesselbleche, liessen sich aber unter dem Wasserhammer überhaupt nicht herstellen. Solche Bleche kannte man damals noch nicht. Die Blechsorten führten verschiedene Bezeichnungen. Am Harz unterschied man: Kupferblech, Pfannenblech, Eimerbandblech und Salzpfannenblech. Letzteres war das stärkste und im 16. Jahrhundert gerade in der Umgegend des Harzes infolge der Blüte der Salzwerke in grosser Nachfrage. Das Schwarzblech wurde in Bunden verkauft. Des Bleches bedurfte ein altes zünftiges Gewerbe, das der Fingerhüter . Schon im Jahre 1373 gab es zu Nürnberg zünftige Fingerhutmacher und diese Industrie hat sich bis in unsere Zeit daselbst erhalten. Man schlug die Fingerhüte mit stählernen Punzen aus Blechtafeln von Messing, seltener von Eisenblech mit freier Hand aus. So stellt es auch Jost Ammon (Fig. 182, a. f. S.) dar und Schopperus liefert folgende Verse dazu: Blechschmiede. Digitalarius — der Fingerhüter . Apta verecundis digitalia fingo puellis, Quae gerat in digitis sedula virgo sui. Cum tenues docto percurrit pectine telas, Regibus et rarum munus adornat acu. Clara respresentat festis quod gesta tapetis, Quae ninis artifici sunt bene ducta manu. Fig. 182. Utitur et sarctor digitalibus, utimur omnes, Sutor, et haud nostrae respuit artis opem. Ergo meis emptor de millibus ellige multis Conveniat digito quod digitale tuo. Passende Fingerhüte bilde ich den hochzuverehrenden Jungfern Und jedem Mädchen, welches die Nadel in ihren Fingern führt. Mit diesen zarten Geschossen näht sie mit klugem Sinn Und selbst den Königen wird seltnes Geschenk mit der Nadel verziert. — Welch ruhmvolle Thaten stellt sie auf den festlichen Tapeten dar, Die — nicht geringer als Kunstwerke — von wohlgeführter Nadel stammen. Auch der Schneider braucht die Fingerhüte und wir alle brauchen Den Schuster, der ebenfalls die Arbeit unsrer Kunst nicht verschmäht. Draht- und Nadelfabrikation. Deshalb Käufer, wähl’ dir aus meinen vielen Tausenden, Einer wird passen deinem Finger und deiner Finger Werk. Hans Sachs aber schreibt vom Fingerhüter: Auss Messing mach ich Fingerhüt, Blechweiss, werden im Feuwer glüt, Dann in das Eysen glenck getriebn, Darnach löchlein darin gehiebn, Gar mancherly art, eng vnd weit, Für Schuster vnd Schneider bereit, Für Seidensticker und Nätherin, Dess Handwerks ich ein Meister bin. Draht- und Nadelfabrikation . Der Eisendraht war das Material der Panzerschmiede. Vor dem 14. Jahrhundert wurde er mit Hammer und Amboss geschmiedet. Im 14. Jahrhundert wurde in Deutschland die Kunst des Draht- ziehens erfunden. In welch einfacher Weise das Ziehen geschah, haben wir Bd. I, S. 887 bis 890 beschrieben. Im 16. Jahrhundert nahm zwar der Bedarf an Draht für Panzer ab, aber um so mehr nahm seine Verwendung für andere Zwecke zu. Namentlich stieg der Bedarf an Stahldraht für die Nähnadelfabrikation und für Saiteninstrumente, während weicher Draht für viele häusliche und technische Zwecke, dann auch für die besonders in Italien beliebten Filigranarbeiten be- liebt war. Das Ziehen des Drahtes wurde erst bei den Edelmetallen, bei Gold und Silber, dann bei Kupfer, Messing, Eisen und Stahl an- gewendet. Für Eisen- und Stahldraht, den man weit kräftiger ver- langte, als Gold- und Silberdraht, gehörten auch schon des härteren Materials wegen kräftigere Ziehvorrichtungen. In ihrer Konstruktion stimmten dieselben aber mit den Drahtzügen für Edelmetalle überein, nur mussten die Zieheisen und die Ziehvorrichtungen entsprechend stärker sein. Biringuccio hat in seiner Pyrotechnia folgende gute Schilderung des Drahtziehens gegeben: Lib. IX, Cap. VIII: Von der Praxis, Gold in Drähte zu ziehen, sowie auch Silber, Eisen , Kupfer und Messing. Draht- und Nadelfabrikation. Ich weiss, dass es Euch bekannt ist, dass man, um Goldstoffe zu machen, oder Goldstickerei, oder Arbeiten, bei denen das Gold für durchbrochene Stoffe (Filigran) verwendet wird, es nötig ist, das Gold in Fäden zu ziehen, was wegen seiner Zartheit leicht geschehen kann .... ebenso auch das Silber und das Zinn. Und ich glaube auch, dass sich dies auch mit dem Eisen thun liesse, wie mit dem Kupfer und dem Messing, welches, wenn es auch nicht so weich ist, wie die oben genannten, sich doch, wie man sieht, durch Schlagen ausdehnt und verdünnt. Und da es in der Farbe einige Ähnlichkeit mit dem Gold hat, so macht man daraus jene feinen Blättchen, die man Flittergold zu nennen pflegt. Überhaupt zieht man Draht nach Bedarf aus Legierungen, welche sich im Feuer bilden, vom Zinn und Blei an, aus jedem Metall und von jeder Feinheit und Länge, wie es dem Arbeiter gut scheint, und insbesondere aus denen, die sich aus Gold und Silber herstellen lassen. Diese werden so lang und fein, dass sie sich ebenso wie Leinen- und Wollfäden in Tücher weben lassen. Auch mit Seide verstickt man sie, ohne irgend welche Un- gleichheit. Und die Goldarbeiter ziehen solche, um die Ornamente ihrer Arbeiten leichter und schöner zu machen. Solche Arbeiten, verschlungen und sehr fest, entweder von Gold oder von Silber, sind es, welche man durchbrochene Arbeit (stroforo oder Filigran) nennt. Messing und Stahl , welche härter sind, zieht man ebenfalls, um Saiten für musikalische Instrumente zu machen, fein oder dick, je nach dem Belieben dessen, der sie anfertigt. Und schliesslich ist in dieser ganzen Beschäftigung nichts Bemerkenswertes enthalten, als eine gewisse Übung, verbunden mit grosser Geduld. Auf zwei Arten geht man dabei vor: Die eine besteht im Ziehen auf grosser Walze (Rollen, Leiern, Bobinen) mit einem Haspel, die andere auf kleiner Scheibe mit der Hand, wobei man zuvor den Stab mit dem Hammer so rund und lang ausgeschmiedet hat, als man kann. Mag man sich des einen oder des andern Instrumentes bedienen, so sitzt das Zieh- eisen von Stahl, einen halben Palmo (12½ cm) lang mit mehreren Reihen Löchern von aufeinander folgenden Grössen in einem Holz- klotz, der sehr fest sein muss, damit man ziehen kann. Dicht dabei fasst man das Metall mit einer Zange mit breitem, gezahntem Maul und mit offenen Schenkeln, welche von einem gewundenen eisernen Bügel erfasst wird, der unten einen Haken hat, an dem das Ende einer Gurte oder eines Seiles befestigt ist. Und das übrige wickelt sich, wenn man dreht, um einen kleinen oder grossen Haspel. Durch diese Anordnung zieht sich die Zange beim Ziehen zusammen, und wenn Draht- und Nadelfabrikation. sie in diesem Augenblick das Ende des Gold- oder Silberdrahtes erfasst hat, welches von dem Arbeiter in eines jener Löcher des Zieh- eisens gesteckt worden, nachdem es gut mit frischem Wachs be- strichen und durch Menschenkraft vermittelst Hebeln jene Instrumente gedreht werden, zieht man die Stäbe der genannten Metalle und lässt sie nach und nach alle Löcher des Zieheisens passieren, eines nach dem andern. Weil aber die grossen Instrumente, wenn der Draht bis zu einem gewissen Grade reduziert ist, schlechte Dienste leisten, so macht man zwei Rollen (Scheiben) mit Zapfen auf eine Bank, in liegender Stellung und zwischen beiden befestigt man das Zieheisen mit den kleinen Löchern, eines immer kleiner als das andere, damit man den Draht immer feiner machen kann. Alsdann dreht man eine der Scheiben und der Draht wickelt sich auf, indem er durch das Zieheisen passiert. Man befestigt ihn dann an die andere Scheibe, nachdem er aus dem Zieheisen gezogen und durch ein anderes Loch gesteckt ist. Und so von Loch zu Loch, indem man jetzt die eine, dann die andere Scheibe dreht. Dabei hält man den Draht gut ge- spannt, damit er sich nicht verwirrt und so führt man ihn zur grössten Feinheit. Wenn dieses erreicht ist, setzt man die andern Spulen auf, indem man immer bedacht ist, dass man den Draht während der Arbeit mit frischem Wachs geschmiert hält, was nicht nur das Durchpassieren durch die Löcher erleichtert, sondern auch die Farbe gelb und schön erhält. Auch sorge man, dass die Zieh- eisen gut passen, dass die Löcher sich rund erhalten und dass sie von gutem, feinstem Stahl sind. Ferner dass das Gold und Silber, welches Ihr ziehen wollt, fein und von Natur weich sei und gut erwärmt gehalten werde bis zu einem solchen Grade, dass man es eben noch mit der Hand anfassen kann. Und dasselbe Verfahren hält man auch bei jedem andern Metall, wie bei Stahl, Messing, Eisen und Kupfer ein, aber über das Eisen werden wir in der Folge eingehender sprechen und alles aufs Genaueste abhandeln. Bezüglich des Gold- und Silberdrahtes will ich Euch aber noch sagen, wie man an der Menge des Goldes spart, wenn er in Tücher verwoben werden soll oder auch um zu betrügen, wie man es heutzutage fast in allen Geschäften zu thun pflegt. Man bereitet diesen Draht, wenn er auch aussieht, als ob er ganz von feinem Golde wäre, doch beinah ganz aus Silber, indem man zu jedem Pfund nur das Gewicht eines Dukaten von reinem Gold nimmt, aber jeder, der noch ärger betrügen will, macht den Kern nicht einmal aus feinem Silber, sondern von vergoldetem Kupfer. Draht- und Nadelfabrikation. Um dies zu thun, macht man eine Stange von Kupfer oder von feinem, gegossenem Silber, und wenn man sie mit dem Hammer rund gehämmert und sauber gefeilt hat, dreiviertel Elle lang, oder etwas weniger, lötet man eine Decke von feinem, geschlagenem Gold darüber, oder wenn es Kupfer ist, so könnt Ihr sie auch von Silber machen von beliebigem Gewicht. Indem man sie sodann in einem Ofen ein- schliesst, bringt man sie zuerst durch Kohlen und Flammen von Erlenholz fast zum Schmelzen und dann reibt man sie mit einem trockenen Holze oder mit Calcedon oder Amethyststein, damit die darauf gelegte Decke sich vollkommen ebnet und vollkommen an die Sache, mit der sie sich verbinden soll, angedrückt wird. Dann kühlt man ab und erwärmt wieder, und hämmert und streckt aus und passt ein, um die Stange in das Zieheisen bringen zu können, und verfährt dann in allem so, wie ich gesagt habe. Und dies ist, wenn man es nicht zum Betrügen thut, eine sehr schöne und wichtige Sache. Immer dünner wird (durch das Ziehen) das aufgelegte Gold auf dem Metall, auf das es gelötet ist, das sich aber niemals entblösst, wenn auch der Draht so fein gezogen wird, dass das Auge ihn kaum mehr wahrnimmt: immer ist er überall auf das Feinste vergoldet.“ — Hier hat also Biringuccio bereits deutlich die Fabrikation des leonischen Drahtes beschrieben. — Er fährt alsdann fort: „Soviel nun von der Einrichtung für Draht, zu welchem Gold oder Silber verwendet wird. Wo es sich aber um eines der andern erwähnten Metalle handelt, muss sie vor allem leistungsfähiger sein (ganz besonders bei solchem aus starkem Eisen). Hierfür errichtet man ein Wasserhaus mit einem Wasserrade, woran am Ende des Zapfens ein gekrümmtes Eisen (Krummzapfen) ist mit einem Ringe, der einen Haken hat, an den sich eine Gurte mit einer Schleife anschliesst. Und in einiger Ent- fernung befestigt man einen Klotz in die Erde mit dem Zieheisen, und in der Mitte macht man eine Grube in die Erde, so tief bis an das Knie eines Mannes, in welche der Arbeiter hinein steigt mit einer grossen Zange mit eiserner Strippe, welche an dem Gurt befestigt ist und welche die Schenkel der Zange erfasst, die sie beim Ziehen zu- sammenpresst und beim Schlaffwerden öffnet. Indem er Wasser auf das Rad giebt, lässt sich der Mann, der die Gurte in der Mitte an- gehängt hat, durch den Krummzapfen zurückziehen und wieder vor- wärts stossen, wobei er Sorge trägt, das Ende des Drahtes, welches aus dem Zieheisen heraustritt, bei jedem Rückgange mit dem Maule der Zange zu fassen, was dadurch geschieht, dass er in der Grube auf einem Brette sitzt, welches an den Seiten vermittelst zweier langer Draht- und Nadelfabrikation. Eisen an einen Balken angehängt ist, die eine Zapfenverbindung bilden, welche, je nachdem das Rad schiebt oder zieht, hierhin oder dorthin schwingt und die grosse Zange bewegt. Und mit dieser Ein- richtung, indem man das Eisen mit dieser Maschine oft und wieder- holt zerrt, wird es, wie das Gold, das Silber oder das Kupfer, in die Länge und Dicke gezogen, welche Ihr wünscht. Ausser nach dieser Methode habe ich das Eisen noch nach einer andern ziehen sehen, ohne Maschine am Wasserrade mit einfachen Fig. 183. Spindeln (wie ich Euch gesagt habe, dass man es mit dem Golde macht), aber man muss dafür dünnes und gut gezaintes Eisen haben. Man könnte dasselbe auch mit einem grossen Rade machen, das man, wenn man kein Wasser hat, durch Spillen bewegen kann, oder durch ein Pferd, oder durch einen Menschen darin, welcher es durch Gehen bewegt (Tretrad), oder durch Gewichte oder Hebel, die ihm Kraft geben. — Und damit möge von dieser Kunst genug gesagt sein.“ Biringuccio fügt seiner ausführlichen Beschreibung zwei Ab- bildungen bei. Die eine (Fig. 183), welche bereits früher (Bd. I, Fig. 284) Fig. 184. mitgeteilt wurde, illu- striert den Eisendraht- zug mit Wasserrad und Kurbelstange, wodurch der Arbeiter, der auf einer Schaukel in einer Grube sitzt, hin und her geschoben wird. Die andere Tafel (Fig. 184) stellt die drei Methoden der Hand- drahtzieherei dar. a) Das Ziehen von grobem Draht mit der Zange mittels einem aufrecht stehenden Haspel, ohne Bank, das Zieheisen in einen starken Holzrahmen eingelassen, die Zange wird durch ein Seil bewegt. Draht- und Nadelfabrikation. b) Das Ziehen von mittlerem Draht mit der Zange mittels eines horizontalen Haspels auf einer Bank, das Zieheisen ist in die Bank eingelassen, die Zange ist an ein Band befestigt, welches sich auf dem Haspelbaume aufrollt. Diese beiden Arten von Zügen sind als Schlepp- züge zu betrachten, welche den alten Handzügen, wie Bd. I, S. 888 beschrieben, nachgebildet sind. c) stellt das Ziehen des Drahtes ohne Zange auf horizontalen Scheiben dar, welche auf einer Bank befestigt sind. In der Mitte zwischen beiden befindet sich das Zieheisen. Bei den Schleppzügen ist jeder Zug so lang, als der Abstand zwischen Zieheisen und Haspel, abzüglich der Länge der Zange. Ist dieser Weg zurückgelegt, so muss die Zange gelöst und wieder bis zum Zieheisen vorgeschoben werden, um den Draht von neuem dicht am Ziehloch zu fassen. Bei jedem neuen Zufassen der Zange entstehen durch das gezahnte Maul der Zange Eindrücke, sogenannte Zangenbisse, welche die Schönheit des Drahtes beeinträchtigen. Man wird also, um diese zu vermindern, und um die Arbeit, welche durch das Um- spannen der Zange jedesmal unterbrochen wird, zu beschleunigen, die Zuglänge so gross wie möglich machen. Doch nimmt man die Zug- länge bei grobem Draht kürzer als bei feinem, weil der grobe Draht grösseren Kraftaufwand zum Ziehen erfordert und bei langem Zug leichter reisst. Während bei ganz grobem Draht die Zuglänge nur etwa 25 cm betrug, konnte dieselbe bei den feinsten Drähten bis 1,20 m betragen. In Deutschland blühte die Drahtfabrikation in Nürnberg, wo die Drahtmühlen erfunden worden waren, und im Sauerland (westfälische Mark), besonders in den drei verbündeten Städten Altena, Lüdenscheid und Iserlohn. Im Sauerland hatten die Zangen der Drahtzüge nach den verschiedenen Dicken verschiedene Namen. Die „Rumpelzangen“ zogen den gröbsten Draht, dann folgten „Schumback, Bänkelzangen und Schockenzangen“. Zum Ziehen auf den Scheiben (Rollen oder Leiern) konnte man nur den feinen Draht verwenden, welcher mit den Zangen vor- gezogen war. Das wichtigste Instrument für alle Arten von Drahtzügen war das Zieheisen , in welchem sich die Löcher befanden, welche der Draht passieren musste und welche seine Stärke bestimmten. Die Zieheisen müssen von vorzüglicher Härte und die Löcher vollständig rund sein. Hiervon hängt die Schönheit und Gleichmässigkeit des gezogenen Drahtes ab. Heutzutage verwendet man hierzu den Guss- Draht- und Nadelfabrikation. stahl, in alter Zeit mussten aber die Zieheisen geschmiedet werden. Um aber für die Löcher ein ganz besonders hartes Material zu er- halten, bediente man sich in der Mark (Sauerland) eines eigentüm- lichen Verfahrens, durch welches bereits, lange vor der Erfindung der eigentlichen Gussstahlfabrikation, eine Art von Gussstahl erzeugt wurde. Um ein Zieheisen zu machen Siehe Karsten , Handbuch der Eisenhüttenkunde IV, S. 356. , schmiedete man erst eine Eisenform in Gestalt eines Kästchens, etwa 36 cm lang, 9 cm breit und 1,5 cm dick, mit einem 3 cm hohen Rand aus. In dieses Kästchen setzte man Stücke von sehr hartem, sogenanntem wildem Stahl (Willer- stahl), oder auch von kohlenstoffarmem, weissem Roheisen ein und bestreute dieses mit Borax. Das möglichst dicht angefüllte Kästchen wurde dann mit Leinwand, welche in dickem Lehmwasser eingeweicht war, bedeckt und in einer Esse vor dem Gebläse so stark erhitzt, dass der Stahl oder das Roheisen flüssig wurden. Die Leinwand bildete eine Decke zur Abhaltung der Kohle, und das dicke Lehm- wasser, mit welchem es angefeuchtet war, verursachte, dass sich die Leinwand erst sehr spät zerstörte und dass sich, wenn dieses ge- schehen war, eine dünne Schlackenkruste bildete, welche man beim Herausnehmen des Eisens sorgfältig abzog. Oft war man genötigt, das Eisen vor dem Schmelzen des Stahls oder Roheisens mehrere Male aus dem Feuer zu nehmen und die einzelnen Stückchen mit dem Hammer auf einem Amboss fest zusammenzuschlagen. Wenn das stahlartige Roheisen oder der roheisenartige Stahl völlig geschmolzen waren und sich aufs Genaueste mit dem Eisenkasten verbunden hatten, nahm man das Eisen aus dem Feuer, um es vorsichtig zu schmieden. In den Zustand der völligen Flüssigkeit pflegte das Roheisen oder der Stahl nur selten zu kommen, obgleich die Masse vollkommen weich und leicht verschiebbar wurde. Die ganze Masse wurde dann bis zur doppelten Länge ausgeschmiedet, und die Zieheisen waren bis zum Einbohren der Löcher fertig. Diese Operation erforderte genaue Kenntnis des Eisens, Vorsicht und Gewandtheit, damit die Zieheisen nicht zu hart, zu spröde, oder durch Luftzutritt entkohlt, zu weich wurden. Letztere waren ganz unbrauchbar, während sich erstere wohl noch durch längeres Glühen unter einem dünnen Thonüberzug verbessern liessen. Es folgte nun das Einbohren der Löcher. Be- kanntlich haben die Ziehlöcher eine trichterförmige Gestalt. Die engste Öffnung, welche den Durchmesser des zu verjüngenden Drahtes giebt, also am meisten in Anspruch genommen wird, muss am härtesten Draht- und Nadelfabrikation. sein, während man die der Zugrichtung abgewendete Seite gern weicher macht, weil von dieser aus das Einbohren des konischen Loches erfolgt. Dementsprechend blieb in obigem Falle die grösste Fläche der konischen Öffnung auf der Seite der ausgeschmiedeten Masse, welche aus dem Kastenboden gebildet war, während die eigent- liche Öffnung, durch welche der Draht gezogen wurde, durch die Oberfläche der geschmolzenen Rohstahlmasse gebohrt werden musste. Letzteres erforderte besondere Sorgfalt. Ein sehr wichtiger Umstand beim Drahtziehen ist, dass das Ziehen genau in der Achsenrichtung des Ziehloches erfolgt, indem dieses sonst unrund wird. Deshalb befestigte man Zieheisen und Scheiben oder Zangen auf einer Bank, um ganz horizontal ziehen zu können. Durch das Ziehen wurde der Draht hart und spröde. Des- halb musste er von Zeit zu Zeit ausgeglüht werden, wodurch er wieder weich und zähe wurde. Dies geschah in alter Zeit im offenen Herd über Holzfeuer. Das Verfahren beim Ziehen von feinem Eisen- und Stahldraht bestand also darin, dass das Eisen erst unter Zain- hämmern zu schwächeren Dimensionen ausgestreckt, dann mit Zangen zu gröberen Drahtsorten ausgezogen und zuletzt auf Scheiben oder Rollen zu den feineren Dimensionen gebracht wurde. Diese Ein- teilung giebt auch Biringuccio schon bestimmt an, ebenso bestimmt deutet er aber auch an, dass es zu seiner Zeit in Italien noch nicht eingeführt war, Eisen und Stahl zu so feinen Dimensionen zu ziehen, wie Gold, Silber und Messing. Ganz so verhielt es sich zu Nürnberg, welches damals in Deutschland der wichtigste Platz für die Draht- fabrikation war. Die Nachricht, dass im Jahre 1570 ein Franzose, Anton Fournier , die Kunst, den Draht sehr fein zu ziehen, über- haupt erst nach Nürnberg gebracht haben soll, ist freilich sehr un- wahrscheinlich. Sie kann sich wohl nur auf eine verbesserte Fabri- kationsmethode beziehen. Es ist selbst nicht anzunehmen, dass sich diese Nachricht, wie viele annehmen, auf die Einführung des leoni- nischen Drahtes bezieht, da Biringuccio diese Fabrikation als etwas allgemein Bekanntes beschreibt. Aber in der westfälischen Mark, in den Städten Lüdenscheid, Altena und Iserlohn, wurde damals nur Draht mit Zangen gezogen. Es werden nur Grob- und Kleinzöger- bänke erwähnt, die „Winnen“ oder Scheiben waren noch unbekannt. Erst Anfangs des 17. Jahrhunderts wurde das Ziehen des Kratzen- drahtes durch Drahtzieher aus Aachen in Iserlohn eingeführt. Man hatte vordem den Mitteldraht von Altena zum feineren Zuge nach Aachen geschickt. In Aachen und Lyon wurden dagegen feinere Draht- Draht- und Nadelfabrikation. sorten auf Scheibenzügen oder Rollen, wie es scheint, schon im 16. Jahr- hundert gezogen. Nähere Nachrichten darüber liegen aber nicht vor. — Dass aber die Drahtfabrikation zu Lüdenscheid, Altena und Iser- lohn im 16. Jahrhundert in grosser Blüte stand, dass sie in zahl- reichen Drahtmühlen auf Zögerbänken mit Wasserrädern betrieben wurde, geht aus verschiedenen Verordnungen und sonstigen Nach- richten hervor. Sie stand in unmittelbarer Verbindung mit den Osmundschmieden, und werden wir die betreffenden geschichtlichen Nachrichten bei Schilderung der märkischen Eisenindustrie im 16. Jahrhundert mitteilen. Wie bekannt, wird die Erfindung der mechanischen Ziehbank dem Künstler Rudolph aus Nürnberg zugeschrieben. Doppel- mayer Doppelmayer , Nachricht von den Nürnberger Künstlern und Hand- werkern, 1730, S. 281. schreibt darüber: „ Rudolph , ein Mechanikus, war bei seiner Ausübung in mechanischen Sachen so glücklich, dass er eine sehr nützliche Erfindung, wie man den Draht in einer accuraten Rundung und gleichen Dicken an einem sehr langen Trumm schicklich ziehen könne, ungefähr in anno 1400 zu Nürnberg an das Licht gebracht. Solches Inventum hielt dieser Künstler, als er sah, dass vieles dabei zu gewinnen war, sehr geheim.“ Aber sein Sohn verriet das Geheimnis (siehe Bd. I, S. 889), „worauf denn dergleichen Werke von verschiedenen nachgeahmt wurden“. Der berühmte Dichter der Reformationszeit, Eobanus Hessus , besingt in seinem Gedichte Vrbs Norimberga 1532 (4. Cap., 27) eine Nürnberger Drahtmühle mit folgenden Worten: „Wer erblickt, wie das Werk sich durch das Gewicht der Räder dreht und mit welcher Kraft es das Eisen streckt, wie wenn es mit Verstand begabt, das eine wie das andere vollbringt, was tausend Menschen nicht ver- mochten, ehe diese Kunst erfunden war: Wer erstaunt nicht, wenn er es sieht und verdammt alle vergangenen Jahrhunderte, welche solch herrliche Erfindung unseres Menschengeschlechtes niemals kannten? — Ein grosses Rad, durch die Kraft des Wassers getrieben, bewegt einen mächtigen Cylinder mit sich, dessen äusserstes Ende mit zahlreichen Zähnen bewaffnet ist, welche durch die Kraft bewegt, die widerstehenden Maschinenteile mit sich reissen und bewegen, und ohne dass sie selbst aufgehalten werden, treiben sie durch das Rad und die Wassermengen mit ungeheurer Gewalt den schweren Cylinder. Daher wo mit solcher Gewalt die untenhängende Maschine ergriffen Beck , Geschichte des Eisens. 33 Draht- und Nadelfabrikation. wird, bewegt sie um so schneller die ganze Last oben, indem sie die Werkzeuge führt, mit denen die Blätter des schwarzen Eisens zer- schnitten werden (quibus atri lamina ferri scinditur) und sie zu mannichfachem Gebrauche dünn macht, indem es jetzt diese, jetzt jene passende Form annimmt, gezwungen, dem Befehle der unbezwing- lichen Kraft zu gehorchen. Denn du wirst sehen, wie eiserne Köpfe, Drachen ähnlich, durch den Biss ein Eisen von dem andern weg- reissen, der hält zurück, der zieht die Masse der Drachen (der Schlepp- zangen). Und während sie dies thun, drängen sie sich eilig, mit immer erneuten Angriffen kämpfend, wie wenn es sich beiderseits um das Leben und nicht um Eisen handle. So packen sie mit raschen Bissen das rohe Eisen, glätten es zu rundlichem Draht, welcher aus dem Schlangenmaule genommen in tausend Krümmungen ge- wunden wird. Welcher Gott, welcher wunderbare Zufall hat uns diese Kunst gezeigt? Nicht war es ein Thrazier, nicht ein Creter noch ein Italer, der durch seinen Verstand es offenbarte und jene Kunst zu mensch- licher Verwendung uns geschenkt hat, sondern ein Deutscher war es, ein Nürnberger!“ Dass der Name Drahtmüller in Nürnberg und Augsburg schon vor dem Jahre 1400 vorkommt, wurde bereits früher erwähnt. Garzoni führt die Werkzeuge des Drahtziehers ebenfalls auf, darunter „die Ziehbank mit ihrem Zubehör, nämlich Modeleisen, Riemen, Zangen, Arme“. Jost Ammon illustriert den Metalldrahtzieher mit unten- stehendem Bild, Fig. 185, in welchem das Ziehen von Messingdraht mit einer Handscheibe dargestellt werden soll. Hans Sachs’ Verse dazu lauten: Den Drat, Kupffer vnd Messing rein, Zeug ich auff meiner Scheiben klein, Manch Röllen Drat, Zin ja vnd Wid, Vnd Dratbürsten für die Goldschmidt, Auch kommn meiner quintsaiten summ Herrlich auff das Claucordium, Auss kleinem Drat man an viel orten Macht Hutschnür vnd gedrungen Borten. Schopperus dichtet dies folgendermassen um: Herrliche Drähte bereite ich dir aus verschiedenen Metallen, Die wahrlich sehr geschickt zu guten Verwendungen sind. Draht- und Nadelfabrikation. Die, welche durch die Musik süss tönende Klänge erzwingen, Vollbringen dies durch Drähte von unsrer Arbeit. Diejenigen, welche sich an den Vielklängen der Zither laben, Sie verdanken dies unsren Werkstätten und unsrer Hilfe. Fig. 185. Mit solchen Drähten schmücken auch die Knaben ihre ländlichen Hüte, Damit sie dem Gutsherrn gefallen, Überhaupt giebt es in der ganzen Welt nichts so geringes, Dass nicht dem, der in guter Weise lebt, in etwas zum Nutzen gereiche. Mit der Drahtbereitung in engster Verbindung steht die Fabrika- tion der Nadeln . Der Aufschwung des Nadlergewerbes fällt zusammen mit der Erfindung der mechanischen Ziehbänke und der Benutzung der Wasserkraft zum Drahtziehen. 1370 wurden bereits in Nürnberg zünftige Nadler erwähnt Siehe von Murr , Beschreibung der vornehmsten Merkwürdigkeiten der freien Reichsstadt Nürnberg, 1778, S. 675. , 1406 ebensolche in Augsburg. Nürnberg und das benachbarte Schwabbach versorgten bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts fast die ganze civilisierte Welt mit Nadeln. Die Nähnadeln wurden aus Stahldraht gefertigt, während die Stecknadeln noch ausschliesslich aus Messingdraht hergestellt wurden. 33* Draht- und Nadelfabrikation. Die Nähnadeln wurden im Mittelalter, abweichend von dem heutigen Verfahren, in der Weise hergestellt, dass man mit der Schere ein Stück Draht entsprechend der Länge der Nadel abschnitt, dies an einem Ende zuspitzte, am andern Ende platt schlug. In dieses abgeplattete Ende wurde in der Mitte vom äusseren Rande aus ein Spalt eingeschlagen, den man zur Haltung des Fadens vorn wieder zusammenschlug. Der Faden wurde in diesen Spalt ein- geklemmt. Diese Art von Nadeln nannte man Glufen, und die Leute, die sie anfertigten, Glufner oder Glufenmacher. Solche Glufenmacher gab es in Augsburg noch im 15. Jahrhundert. Damals aber war es schon üblich geworden, die Löcher der Nähnadeln in das abgeplattete Ende zu bohren und sie mit einer kleinen spitzen Feile — der Fitz- feile — länglich zu feilen. Dieser Art waren jedenfalls auch die sogenannten „spanischen Nadeln“, welche in Aachen gemacht wurden. Dorthin hatte um das Jahr 1520 ein spanischer Niederländer, Wolter Vollmar , dieses Gewerbe gebracht und die erste Nadelfabrik an- gelegt, deren Produkt als „spanische Nadeln“ in den Handel gebracht wurden, bis dies vom Senat der Stadt im Jahre 1631 verboten wurde, von wo ab diese Nadeln als Aachener Nadeln verkauft wurden. In England war zu Anfang des 16. Jahrhunderts die Fabrikation der Nähnadeln noch etwas ganz Unbekanntes; 1545 soll ein Neger in London die ersten Nadeln verfertigt haben, aber er hielt seine Kunst so geheim, dass sie mit ihm ausstarb. Erst gegen Ende des Jahr- hunderts liess Königin Elisabeth deutsche Nadler nach England kommen, welche die erste englische Nadelfabrik in Whitechapel an- legten. Von der weitgehenden Arbeitsteilung, welche später die Nadelfabrikation so sehr auszeichnete, hatte man damals noch keinen Begriff. Der Betrieb war ein handwerksmässiger. Garzoni sagt: „Die Nadelmacher bedürfen keiner sonderlichen Beschreibung, sintemal der Name das ganze Handwerk begreifet, und wird die Invention desselben den Phrygibus von den Alten zugemessen. Die besten Meister sind heutigen Tags die Lanzaneser und Milaneser. Es sind aber allerhandt Gattungen der Nadeln, wie jedermänniglichen bewusst, denn etliche dienen den Schneidern, etliche den Seiden- stickern, etliche den Näterinnen, so beydes in Leinwand und Seiden arbeiten: und sind sonderlich bei den Weibern hoch angesehen. Es werden deren aber wenig gemacht, so ihre gebührliche Härtung haben, dann es sind die Nadelmacher auch Schälke und fürchten, sie möchten zu lange wären. Denn wenn die Schneider eine Nadel so lange sollten brauchen, wie jene Frau, die achtundzwanzig Jahre Draht- und Nadelfabrikation. mit einer Nadel genähet, so müssten die guten Herren ein ander Handwerk lernen und hätte man noch übrige Nadeln von hundert Jahren her. Das ärgste aber ist, dass die Milanesen für Lanzanesen werden verkaufft und wird man auch sonst insgemein leichtlich be- trogen, wenn man sie nicht probiert, und kann man mit einem einzigen Stich gewahr werden, welches gute oder untüchtige Nadeln sind.“ In der Werkstätte des Nadlers sitzen nach Jost Ammons Ab- bildung, Fig. 186, drei Personen: der Meister, sein Geselle und sein Junge. Der praktische Hans Sachs schreibt zu dem Bilde: Ich mach Nadel aus Eysendrat Schmid die Leng jeder gattung glatt, Fig. 186. Darnach ich’s feil, mach öhr und spitzen, Als dann hert ichs ins Feuwers hitze, Darnach sind sie feil, zu verkauffen, Die Krämer holen sie mit Hauffe, Auch grobe Nadel nem̃en hin, Die Ballenbinder vnd Beuwrin. Schopperus besingt das Handwerk mit folgenden Versen: Acicularus — der Nadler . Ad mea sartores, fora currite fortiter omnes, Sutor, et ad nostrum pellio limen ades. Draht- und Nadelfabrikation. Ars quia naturae perfectrix, atque laborum Vestrorum, nostra semper egebit ope. Omnibus hîc ferri de fortis acumine robis Egregia tenues arte paramus acus. Mille quibus vestes et purpura pingitur omnis, Cunctaque, solerti stamina ducta manu. Mille sed indigeant nostris licis artibus urbes, Semperque egestatis vi tamen ipse premor. Zu meiner Bude lauft eilig herbei, alle ihr Flickschneider! Und über unsre Schwelle schreite, Schuster, wenn du deine Felle zurecht machen willst. Eure Kunst, der Natur Vollenderin, sowie Eure Arbeit Werden immer unsres Beistandes bedürfen. Euch allen bereiten wir hier mit Kunst die vorzüglich dünnen Nadeln mit starken Stahlspitzen. Tausenden sind die Gewänder über und über mit Purpur bestickt mit von geschickter Hand geschlungenen Fäden. Tausend Städte aber entbehren des Angebotes unsrer Künste Und werden immer leiden unter dem Drucke des Mangels. Nicol. Monardo preist in seinem Dialogo del Hierro 1580 die Tugenden der Nähnadeln folgendermassen: „Sehet an, was das ehren- und tugendreiche Frawenzimmer durch die Nadel täglich verrichtet, wie manche schöne Arbeit, Gestick und Geflick, sie damit macht, mit Seide von allerlei Farben, mit Zwirn und Garn, auf Leinen und seidenen Tüchern, dass man sich darüber verwundern muss, denn sie nähen allerlei Blumenwerk, Früchte, Tiere vielerlei Art, Geflügel, Fische und andere seltsame Meerwunder so artig und künstlich, dass wegen der natürlichen Farben, welche sie jedem Stücke geben, man nicht anders meint, als es lebte alles .... Für alle diese wunder- bare Arbeit ist die Nadel das Werkzeug, so ein kleines, subtiles Stücklein Stahl, welches man zwischen den Fingern halten und ver- bergen kann.“ „Die Völker der neuen Welt kaufen diese Nadeln gern und geben viel Gold dafür, obgleich sie dort rasch rostig werden.“ „Eine andere Art von Nadeln ist die der Schiffsleute, durch welche die ganze neue Welt entdeckt wurde. Sie sind von Stahl und an der einen Spitze mit Magnetstein gestrichen. Diese seltsame Nadel soll ein wälscher Schiffsmann zuerst erdacht haben.“ Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. Maschinenwesen . Maschinen- und Eisenhüttenwesen stehen in engster Wechsel- beziehung. Die Fortschritte des Maschinenbaues haben die Eisenindustrie gefördert, die Fortschritte der Eisenindustrie haben die Fortschritte im Maschinenbau bedingt und ermöglicht. Schon wiederholt wurde darauf hingewiesen, welche grosse Um- wälzung die Eisenindustrie durch die Benutzung der Wasserkraft erfahren hat. Ihre ganze Grundlage wurde verändert, der Hochofen- betrieb entstand durch sie und mit diesem der Grossbetrieb im Eisen- hüttenwesen. Und nicht nur beim Schmelzprozess, sondern auch bei der Verarbeitung des Eisens verdrängte die Wasserkraft vielfach die Menschenkraft und bewirkte durch die Steigerung der Leistung die Konzentration einzelner Industriezweige. Die Fortschritte der Mechanik sind in alter Zeit sehr langsam gewesen. Nur das zwingende Bedürfnis konnte die Menschen ver- anlassen, da, wo die Kraft ihrer Hände durchaus nicht mehr aus- reichte, Maschinen zu erdenken. Diese Bedürfnisse vermehrten sich aber mit der Zunahme der Bevölkerung, mit dem Wachsen der Er- kenntnis, mit der Kultur. Eines der ältesten und mächtigsten Kultur- bedürfnisse war das nach dem Besitz der Metalle, deren Erze aus dem Schoss der Erde gegraben und mit Feuer geschmolzen werden mussten. Dem Graben der Erze mit den Händen allein waren aber enge Grenzen gesetzt. Sobald diese erreicht waren, musste der Berg- bau Maschinen erfinden, um das zuströmende Wasser zu entfernen, die Luft zu reinigen, die Erze zu fördern. Wie der Bergbau die älteste Grossindustrie war, so wurde er auch die älteste Industrie mit Maschinenbetrieb. Schon die Phönizier und Karthager hatten in ihren ausgedehnten Bergwerken in Spanien kunstreiche Maschinen zum Heben des Wassers. Im Mittelalter blühte der Bergbau in keinem Lande so wie in Deutschland; hier wurden denn auch die mechanischen Hilfsmittel für denselben immer mehr vervollkommnet. Dass im Rammelsberg bereits zur Zeit Heinrichs des Löwen maschi- nelle Vorrichtungen in Anwendung waren, erfahren wir aus der Nach- richt, dass im Jahre 1180 Hermann von der Gowische alle „Künste“ zusammenhauen liess, wodurch der dortige Bergbau für lange Zeit vernichtet wurde. Auf welch hoher Stufe der Maschinen- Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. betrieb in den Bergwerken aber zu Anfang des 16. Jahrhunderts bereits stand, das ersehen wir deutlich aus Agricolas „de re me- tallica“. Die sachlichen Schilderungen Agricolas und die beigefügten anschaulichen Zeichnungen geben ein deutliches Bild des damaligen Bergwerksbetriebes und machen uns staunen über die Mannigfaltig- keit maschineller Vorrichtungen über die wir sonst so wenige Mit- teilungen aus jener Zeit haben. Aber nicht nur die Praxis, sondern auch die Theorie arbeitete bereits in jener Zeit an der Vervollkommnung der Maschinen. Leonardo da Vinci , dessen mannigfaltiges, einflussreiches Wirken wir bereits geschildert haben (Bd. I, S. 986), behandelte die Konstruktion von Maschinen ebensowohl praktisch wie theoretisch und seiner An- regung ist es zu verdanken, dass die Mathematik im 16. Jahrhundert sich mit Vorliebe praktischen Problemen der Mechanik zuwandte und dass hochstehende und gelehrte Leute sich mit dem Maschinenwesen beschäftigten. Dies gründlich zu erörtern, gehört in die Geschichte der Mechanik und des Maschinenwesens. Uns interessieren diese Fort- schritte nur, insofern sie in Beziehung zum Eisenhüttenwesen stehen. Das meiste Hierhergehörige, z. B. von den Blasbälgen, Wasserhämmern, vom Drahtzug u. s. w., haben wir bereits in früheren Kapiteln vor- gebracht. Das Wichtigste über die Motoren ist ebenfalls schon kurz erwähnt worden. Wir können deshalb von dem einfachen Haspel, vom Tret- und Laufrad, sowie vom Göpel hier absehen und uns dem Wasserrad zuwenden, welches seit dem Mittelalter bis in das 19. Jahrhundert die wichtigste Kraftmaschine der Eisenindustrie ge- wesen ist. In Italien, wo man die Wasserräder mit Vorliebe an Kanäle legte, wendete man mehr die unterschlächtigen Räder an, bei denen das Wasser auf radial gestellte Schaufeln durch den Stoss wirkte. Man gab diesen Rädern breite Schaufeln, machte sie aber weniger hoch als mittel- und oberschlächtige Räder. In Ramellis Zeichnung der grossen Schmiede, Fig. 48, finden wir ein solches unter- schlächtiges Rad dargestellt. In Deutschland wendete man dagegen mit Vorliebe ober- schlächtige Räder an, namentlich in den Gebirgsgegenden, wo hohe Gefälle zur Verfügung standen. Agricola hat nur oberschläch- tige Räder abgebildet. Bei diesen stehen die Schaufeln, welche weniger breit sind, als die der unterschlächtigen Räder, nicht radial, sondern schief, so dass sie mit den beiden Radkränzen und dem Boden, welcher bei diesen Rädern vorhanden sein muss, Zellen bilden, welche von dem überfallenden Wasser gefüllt werden, so dass dieses Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. nicht nur durch den Stoss, sondern auch und zwar hauptsächlich durch sein Gewicht wirkt. Infolgedessen durften diese Räder, denen man einen möglichst grossen Durchmesser gab, sich nicht zu rasch drehen, weil sonst das Wasser durch die Centrifugalkraft heraus- geschleudert worden wäre. Die Umfangsgeschwindigkeit betrug je nach der Höhe des Rades 5 bis 10 Fuss. Solche Zellenräder waren dem Leonardo da Vinci schon wohl bekannt, ebenso mittel- schlächtige und Löffelräder (Bd. I, S. 987 und 988). Was die Be- festigung der Arme anbetrifft, so sind bei Agricola sowohl Stern- als Sattelräder abgebildet. Bei ersteren sind die Arme, welche den Radkranz mit der Welle verbinden, durch die durchlochte Welle hindurchgesteckt, während bei den Sattel- oder Jochrädern vier Doppelarme, „das Armgeviere“, die Welle, auf welcher sie aufgekeilt sind, umschliessen und so das „Schloss“ bilden. Letztere Verbin- dungsart ist am häufigsten dargestellt, nur bei leichten, schwachen Rädern sehen wir die Arme durch die Welle gehen. Bei dem grossen, interessanten Kehrrad Fig. 187 (a. f. S.), einem Doppelrad mit ent- gegengesetzt beschaufelten und beaufschlagten Kränzen, ist auch ein doppeltes Armgeviere angebracht, welches noch durch Hilfsarme verstärkt ist. Dieses von Agricola genau beschriebene grosse Kehr- rad, das er „machina, omnium quae aquas trahunt, maxima“ nennt, hatte 10,65 m Durchmesser, die Welle war 595 mm dick und 10,36 m lang. Dass auch die kleinen Stossräder von 2½ bis 3 m Durchmesser schon damals in den Alpen und den Pyrenäen in Anwendung waren, ist mit Sicherheit anzunehmen und dass Leonardo da Vinci mit Kreiselrädern (Turbinen) vertraut war, wissen wir aus seinen Skizzen. Von einer Anwendung derselben in der Eisenindustrie ist uns dagegen nichts überliefert. Wenn die Kraft nicht unmittelbar an der Radwelle wirkte, so wurde sie übersetzt durch Krumm- zapfen, Hebedaumen, Gestänge oder Getriebe. Die Übersetzungen durch Benutzung der Reibung mittels Ketten, Seilen oder Riemen war dagegen noch nicht im Gebrauch, wohl aber kannte Leonardo da Vinci die Kraftübertragung durch Reibung mittels Kegel- rädern Siehe Dr. H. Grothe, Leonardo da Vinci als Ingenieur und Philosoph. Berlin 1874, S. 73. . Die Übersetzungen mittels Kurbel, Kreuz- und Winkel- hebel waren bei den „Künsten“ in den Bergwerken schon in alter Zeit in Anwendung. Eine komplizierte Transmission für den gleich- zeitigen Betrieb von vier Essen durch vier Paare von Blasebälgen von einem Wasserrade aus hat Biringuccio beschrieben und ist eine Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. ähnliche Anordnung in der erwähnten Zeichnung des Ramelli (S. 142, Fig. 48) dargestellt. Die Radgetriebe waren meistens von Holz, sogenannte Trieb- stockverzahnungen . In den Triebstock oder die Laterne (Trilling), Fig. 187. welche aus zwei höl- zernen Scheiben, zwi- schen welchen sich Stäbe von hartem Holz befanden, bestand, griff ein Kammrad ein, des- sen Kämme bei paral- leler Übersetzung ra- dial, bei Winkelüber- setzung rechtwinklig am Rande der Scheibe aufgesetzt waren. Statt der Zahnstangen hatte man leiterartige Ge- stänge, in welche die Kämme eingriffen. Von den vielen in Agricolas „de re me- tallica“ abgebildeten Übersetzungen führen wir hier nur die eine an, welche als machina unica (Lib. VIII) be- zeichnet wird und bei der durch ein einziges Wasserrad gleichzeitig ein Stampfwerk, eine Mühle und drei Rühr- werke bewegt werden. Die Idee der Transmissionsanlagen, welche für den praktischen Maschinenbau von so hervorragender Wichtigkeit ist, spielte im 16. Jahrhundert bereits eine grosse Rolle. Leonardo da Vinci ist reich an originellen Ideen, die er nach seiner Art meist nur skizziert hat Siehe Grothe , a. a. O. und Th. Beck , Historische Notizen, Civilingenieur Bd. XXXIV, Heft 1, Taf. V. . Von praktischem Interesse ist die Übersetzung durch den Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. Viertelkreis bei unterbrochener oder hin- und hergehender Bewegung, denn dieselbe finden wir bei einem der von Biringuccio beschrie- benen Blasebälge angewendet Siehe Th. Beck , Civilingenieur Bd. XXXIV, Tab. XVII, Fig. 7 und 8. . Zu Agricolas Zeit wendete man bei den Bergwerksmaschinen in Deutschland auch bereits eiserne Zahnräder an. In „de re me- tallica“ ist ein Becherwerk mit doppelter Stirnradübersetzung, Fig. 188. Schwungrad und Kurbel für Handbetrieb dargestellt Siehe Th. Beck , Historische Notizen, Civilingenieur, XXXIV. Band, 8. Heft, Tab. XXII, Fig. 5. (siehe Fig. 188), wozu Agricola (Lib. VI) folgende Beschreibung giebt: „Das viereckige Gehäuse (des Räderwerkes) besteht aus ganz eisernen Gittern von 740 mm Höhe, 795 mm Breite und 86 mm Dicke, in welchen drei eiserne Achsen liegen, die sich in Lagern oder breiten, eisernen, stahlharten Ringen drehen, sowie vier eisernen Rädern , wovon zwei aus Triebstöcken bestehen (Getriebe) und Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. ebensoviel gezahnt sind ..... An den Zähnen beider Räder sind Schraubengewinde, deren Gänge in die Gewindegänge der Räder ein- geschraubt werden, so dass an Stelle von zerbrochenen andere ge- schraubt werden können. Sowohl die Zähne als auch die Trieb- stöcke sind von angelassenem Stahl.“ Hier haben wir also bereits ein eisernes Maschinengestell mit eisernen, vielleicht sogar gusseisernen Zahnrädern , mit einge- schraubten Stahlzähnen. Dazu kommen noch Antifriktionsrollen von Stahl und ein hölzernes Schwungrad (rotula lignea, ut propensior ad motum fiat). War sonst für solche Zwecke das Holz in allgemeinerer An- wendung, so finden wir doch schon eiserne Zahnräder in jener und Fig. 189. in noch früherer Zeit in Anwendung bei grossen Uhrwerken, Winden und Armbrusten. Fig. 189 zeigt das metallene Triebwerk mit dreifacher Übersetzung zum Spannen einer Armbrust aus jener Zeit. Wenden wir uns nun zu den Arbeits- maschinen . Auch bei diesen zeigt sich eine fortschreitende Entwickelung gegen Ende des Mittelalters und mehr noch im 16. Jahrhundert. Als Hebezeug dienten neben dem ein- fachen Haspel bereits Haspel mit Vorgelege und Hebekrahnen „ Kraniche “. Die für die Eisenindustrie, ins- besondere für die Eisengiesserei später so wichtigen Drehkrahnen waren in den Schmelzhütten in der ersten Hälfte des 16. Jahr- hunderts bereits in mannigfacher Anwendung und finden sich bei Agricola häufig dargestellt. Zum Heben der Metallplanschen diente der in Fig. 190 gezeichnete einfache Hebekrahnen. Weit stärker waren die Krahnen, welche zum Abheben der Hüte der grossen Bleitreibeherde dienten. Dieselben hatten doppelte Übersetzungen, welche aber, wie auch in der Fig. 190, von dem Zeichner aus Un- kenntnis unrichtig und im Widerspruch mit Agricolas genauen Massangaben so dargestellt sind, als ob Trieb- und Übersetzungsräder nahezu gleichen Durchmesser hätten Wir verweisen deshalb auf Th. Beck , a. a. O., Tab. XXIII, Fig. 31, wo die Zeichnung zu „de re metallica“ Lib. X, nach Agricolas genauen Mass- angaben berichtigt ist. . Zum Heben des Wassers dienten in den deutschen Bergwerken ausser den Schöpf-„Bulgen“ und Paternosterwerken auch Pumpen , doch waren die Siefel derselben, Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. wie auch die Leitungsröhren noch durchgehends von Holz, konnten deshalb wenig Widerstand leisten und infolgedessen auch nur geringe Wirkung ausüben. Von den Blasebälgen haben wir bereits früher ausführlich ge- sprochen. Indem wir darauf verweisen, wollen wir hier nur hinzu- fügen, dass man neben den Spitzbälgen auch bereits „ Rad- oder Windflügelgebläse („flabella“), die wir heutzutage „ Ventilatoren “ Fig. 190. nennen, in den deutschen Bergwerken als Wettermaschinen an- wendete. Wenn sie auch beim Schmelzprozess noch nicht gebräuch- lich waren, so verdienen doch diese ersten Windradgebläse unsere Beachtung. Die einfacheren hatten in dem cylindrischen Mantel Holzflügel und wurden mit der Hand bewegt. Die Umdrehungen wurden durch Schwungkugeln reguliert und verstärkt. Agricola beschreibt diese Wettermaschine folgendermassen: Die Fächer (Wind- flügel, flabella) werden entweder in eine Handkurbelwelle oder in eine Radwelle eingezapft. In ersterem Falle ist der Haspel entweder in einer hohlen Trommel, welche aus zwei runden Scheiben und mehreren aneinander gefügten Dauben besteht, oder in einem vier- eckigen Gehäuse eingeschlossen. Die unbewegliche Trommel, welche Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. an den Seiten geschlossen ist, hat daselbst zwei runde Löcher von solcher Grösse und Zahl, dass der Haspel sich darin drehen kann, und ausserdem hat sie zwei viereckige Luftlöcher, von denen das oberste die Luft aufnimmt, das unterste sie herauslässt, wodurch sie in den Schacht geführt wird. Die Enden des Haspels aber, welche auf beiden Seiten aus der Trommel ragen, werden von Pfosten- oder Balken- lagern, die mit Eisen beschlagen sind, unterstützt. Das eine der- selben ist mit einer Kurbel versehen, in dem andern sind vier Stäbe Fig. 191. befestigt, welche dicke, schwere Köpfe (Schwungkugeln) haben, damit durch ihr Gewicht der Haspel, wenn man ihn umdreht, zur Bewegung geneigter gemacht wird. Wenn daher der Arbeiter den Haspel mit der Kurbel umdreht, so treiben die Flügel .... die Luft, welche sie durch das eine Luftloch schöpfen, durch das andere, an welches sich der lange Kanal anschliesst, durch den sie in die Grube dringt, heraus. — Die dieser Beschreibung beigefügte Abbildung giebt zwar ein richtiges Bild von der ganzen Anordnung, die Saug- und Aus- strömungsöffnungen sind aber nicht deutlich angegeben. Desgleichen Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. in einer andern Abbildung (Fig. 191), in der ein stärkerer Ventilator mit Wasserradbetrieb und Zahnradübersetzung dargestellt ist. Von den Ventilatorflügeln schreibt Agricola : „Es giebt von diesen Flügeln, welche in Zapfenlöchern eines Haspels oder einer Welle (Fig. 192 a) befestigt werden, drei Arten. Die erste besteht aus dünnen Brettchen, so lang und breit, wie es die Länge und Breite der Trommel oder des Gehäuses erfordert (Fig. 192 b). Die zweite besteht aus ebenso breiten, aber weniger hohen Brettchen, an welche lange, dünne Späne aus Pappelholz oder einem andern Baume befestigt Fig. 192. sind (Fig. 192 c). Die dritte besteht aus Brettchen, wie die vorigen, an welchen doppelte oder dreifache Gänseflügel befestigt sind. Diese Art ist weniger im Gebrauche als die zweite und diese wieder weniger als die erste.“ Wenden wir uns zu den Arbeits- maschinen , so haben wir von den- jenigen zur Formgebung die Wasser- hämmer, sowohl Aufwerf- als Schwanz- hämmer, bereits beschrieben; ebenso die Drahtzüge. Die ersten Anfänge der Walzkunst fallen bereits in das 15. Jahrhundert. Leonardo da Vinci hatte schon die Idee des Walzwerkes entwickelt (siehe Bd. I, S. 995). Zur praktischen Ausführung gelangte dieselbe aber erst im 16. Jahrhundert, und zwar zuerst als Eisenwalz- und Schneid- werk in Nürnberg und um die Mitte des Jahrhunderts beim Münz- wesen zum Ausrecken der gegossenen Metallzaine. Für ersteres haben wir ein wichtiges, klassisches Zeugnis, welches merkwürdiger- weise bis jetzt nur wenig beachtet worden ist. Es ist das bereits oben bei der Drahtfabrikation erwähnte des Eoban Hesse . Er sagt in seiner Schilderung der Eisenmühle zu Nürnberg, dass durch das Gewicht der sich drehenden Räder das Eisen mit Kraft gestreckt werde , dass das Rad und die Welle die schweren Cylinder treibt und die Werkzeuge, mit denen die Blätter des schwarzen Eisens zerschnitten werden , um es zu mannig- fachem Gebrauch dünn zu machen. Es ist hier unzweifelhaft eine „Eisenspalterei“ mit Streck- und Schneidwerk beschrieben, welche Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. nach Hesses Zeugnis demnach ebenfalls vor 1532 in Nürnberg er- funden worden ist. Dass es eine deutsche Erfindung war, erfahren wir auch aus einer englischen Überlieferung, wonach im Jahre 1565 ein Deutscher, Namens Schütz , der sich mit dem Oberwardein W. Humfrey ver- bunden hatte, um die königlichen Bergwerke zu übernehmen, die erste Eisenschneidmühle in England eingeführt hat. — Eine andere Nachricht besagt, dass man zum Zerschneiden von Eisen zuerst auf dem Kirkstall-Eisenwerk bei Bradford Walzen angewendet habe und zwar schon 1594. Bei dem Münzwesen geschah das Strecken der Zaine früher mit dem Handhammer. Bei diesem Verfahren war es aber nicht möglich, eine immer gleichförmige Dicke und Breite der Flachschiene, worauf es, um gleichwichtige Münzen zu erhalten, sehr ankam, zu erzielen. Dies sollte durch das Walzwerk erreicht werden. Man schreibt die Erfindung und praktische Ausführung desselben dem Franzosen Brulier zu. Wenn man früher diese Erfindung zuweilen eine italienische ge- nannt hat Siehe Beckmann , Technologie, S. 643. , so lässt sich dies wohl nur auf die Angaben und Skizzen Leonardos zurückführen; mit mehr Recht dürfte sie als eine deutsche anzusprechen sein Siehe Dr. C. F. Trachsel , Les monnaies de l’abbaye de Dissentis in la Revue Scientifique Suisse (Avril 1879). , wenigstens befanden sich 1575 in Hall in Tirol Streck- und Taschenwerke bei der dortigen bedeutenden Münze in Betrieb, während die Streckwerke in Italien um diese Zeit noch nicht bekannt gewesen zu sein scheinen, da sie Garzoni in der Ausgabe von 1579 bei der Beschreibung der Münzkunst nicht erwähnt. Die erste Errichtung eines Walzwerkes in Frankreich fällt in die Re- gierungszeit König Heinrichs II. Beckmann schreibt darüber: „Dies Streckwerk (laminoir) ist von einem französischen Stempelschneider Antoine Brulier , andere schreiben Brucher , erfunden worden, wie viele behaupten, als welcher nur der erste Aufseher des ersten Streck- werkes gewesen ist.“ Dennoch ist es unbestimmt, ob der Stempel- schneider Brulier oder der Tischler Olivier der Erfinder des Walzwerkes gewesen ist Siehe E. Schlosser , Die Münztechnik 1884. . So viel ist festgestellt, dass 1552 unter Oliviers Leitung das Walzwerk zuerst in Gebrauch gekommen ist. Die unvollkommene Einrichtung dieser Maschine verteuerte die Arbeit aber so sehr, dass im Jahre 1585 Heinrich III. diese Art zu strecken bei Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. den königlichen Münzen verbot und sie nur noch für Denkmünzen und Rechenpfennige gestattete. Erst nachdem Warin in dem Jahre 1639/40 das Walzwerk verbessert hatte und infolge davon die Auf- sicht über sämtliche Münzstätten Frankreichs erhielt, wurde das Aus- walzen der Zaine wieder eingeführt, sogar jede Streckung mit dem Hammer untersagt Siehe Beckmann , Technologie, S. 634. . Die Konstruktion des ersten Walzwerkes von Brulier hat sich aber in seinen Hauptbestandteilen bei den Münz- streckwerken erhalten. Dieselben waren anfänglich sehr schwach gebaut, auf einer Bank aufgeschraubt und wurden mittels Kurbeln durch Arbeiter betrieben. An der Welle sass ein Zahnrad, welches ein Triebwerk in Bewegung setzte, durch welches zwei stählerne Walzen, deren Abstand voneinander mit dem Schraubenschlüssel nach Bedürfnis verändert werden konnte, in Umdrehung versetzt wurden. Zwischen diesen wurden die Zaine durch einen vor den Walzen angeschraubten Durchlass durchgezogen. In Hall in Tirol befand sich 1575 in der dortigen Münze nicht nur ein Streckwerk, sondern auch bereits ein Taschenwerk, auf welchem gleich das Gepräge der Münze mittels geschnittener Walzen her- gestellt wurde. Pighius hat dieselben auf einer Reise in genanntem Jahre daselbst gesehen und in seinem Hercules Procidius, Antwerpen 1587 genau beschrieben. Bei Beckmann (Technologie, S. 232) findet sich der lateinische Originaltext ganz abgedruckt. Der Inhalt ist folgender: „Wasserräder treiben eine eiserne Maschine, einem Uhr- werk nicht unähnlich, mit grosser Gewalt um. Sie besteht aus Zahn- rädern, die ineinander greifen und die in ihrer Mitte zwei Stahl- walzen von grösster Härte herumdrehen. Diese bewegen sich wie die Zahnräder gegeneinander. In diese sind von Künstlerhand die Münz- bilder eingegraben und zwar so, dass die Vorder- und Rückseite genan aufeinander stimmen. Man hat nichts zu thun als die präparierten Zaine einzuschieben. Die Walzen fassen sie, verschlingen sie und speien sie auf der andern Seite wieder aus. — Dieses Walzwerk des Erzherzogs von Österreich kam später nach Spanien, wo es noch jetzt (1587) mit Wasser getrieben wird.“ Ein ähnliches befand sich 1581 in der päpstlichen Münze zu Rom und ein ebensolches 1599 in Florenz. Dieses sind die Anfänge der Walzwerksindustrie, welche aller- dings erst viel später für die Eisenfabrikation eine so ausserordent- liche Bedeutung erlangt hat. Beck , Geschichte des Eisens. 34 Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. Ausser den bereits beschriebenen Hämmern mit den um einen Fixpunkt sich drehenden Helmen kannte man auch bereits Fall- hämmer. Einen solchen Fallhammer zum Zerkleinern des Schwarz- kupfers hat Agricola beschrieben und ist derselbe in Fig. 193 dar- gestellt. Er erinnert etwas an eine Pflasterramme, noch mehr aber an einen Pochstempel. Der hölzerne Schaft war viereckig, 3,25 m lang, 222 mm breit und dick; der Kopf des 370 mm langen Eisens war an der Bahn 148 mm lang und breit, oben 111 mm, unten 37 mm dick, und war mit dem Holz in derselben Weise verbunden, wie bei den Pochstempeln. Wie diese erhielt er seinen Hub durch in der Welle eingelassene Hebedaumen. Gab man dem Eisen an der Sohle eine breite Bahn, so hatte man den Pochstempel und sind die Poch- werke auf diese Weise möglicherweise entstanden. Man pochte an- fänglich nur mit einem Stempel und zwar trocken und auf offener Sohle. Mit dem Pochstempel zerkleinerte man die Erzstücke, um sie dann im Schmelzofen aufzugeben. Trockenpochwerke kannte man in Deutschland schon im 15. Jahrhundert. Im Anfange des 16. Jahr- hunderts wurden dann in Sachsen die Nasspochwerke erfunden. Im Altertum hatte man die Erze in Mörsern zerstossen und dann auf Handmühlen gemahlen — eine mühselige und zeitraubende Arbeit; doch bediente man sich derselben auch in Deutschland noch im 15. Jahrhundert und in Frankreich kannte man bis 1579 keine andere Art der Erzzerkleinerung. In Deutschland kamen dann wahrschein- lich im 15. Jahrhundert die Trockenpochwerke auf, bei denen an- fänglich ein, später mehrere Stempel mit schwerem Pocheisen das Erz in dem Pochtrog, dessen Boden mit einer starken Eisenplatte bedeckt war, zerstampfte. Ein Wasserrad setzte die Pochstempel mit Hilfe von in der Welle befestigten Hebedaumen in Bewegung. Die von Agricola (Lib. VIII) abgebildeten Trockenpochwerke haben drei oder vier Pochstempel (vergl. Fig. 5, Seite 88). Das gepochte Erz wurde durch einen Durchwurf, dessen Boden aus einem Drahtgeflecht be- stand, geworfen, das Feine alsdann in Setzsieben verwaschen, das Grobe wieder unter den Pochstempel gebracht. Die eisernen Poch- stempel, deren Gestalt und Befestigung aus Fig. 5 und 6 zu ersehen ist, wurden schon sehr früh aus Gusseisen hergestellt. Die Erfindung der Nasspochwerke, bei welchen das Erz in einem geschlossenen Trog, dessen eine Seite ein Drahtgitter enthielt, unter Zufluss von Wasser zerstampft wurde, wobei das Feine mit dem Wasser durch das Sieb weggeführt wurde, war ein grosser Fortschritt der Erzaufbereitung und für den Bergbau von höchster Bedeutung. Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. Sigismund von Maltitz soll die ersten Nasspochwerke zu Dippoldiswalde und Altenberg gebaut haben und zwar zunächst für die Aufbereitung der Zinnerze; 1505 und 1507 werden als die Jahres- zahlen der Erfindung angegeben Mathesius Sarepta . . Näheres ist nicht bekannt, namentlich nicht über den Anteil, den Maltitz an der technischen Ausführung der Idee selbst hatte. Dass ihm aber das Verdienst ge- bührt, dieselbe zuerst in die Praxis eingeführt zu haben, bestätigt auch Agricola . Er schreibt (Lib. VIII) Cum anno MDVII Georgius illustris Saxonum Dux in Misena jus omnium tumulorum e fodinis egestorum dedisset nobili et prudenti viro Sigis- mundo Malthicio , patri Joannis Episcopi Miseni et Henrici: Is Dippoldis- valdi et Aldebergi, quibus in locis fodiuntur lapilli nigri, ex quibus plumbum candidum conficitur, rejectis pilis siccis, cribris amplis, mola, invenit machinam, quae venas udas pilis praeferratis tunderet. Venas antem udas vocamus aquis, quae in capsam influunt, madefactas: quo modo etiam interdum pila uda noni- namus, item aquis madida: contra pila sicca vel venas siccas appellamus nullis aquis, dum pilis tunduntur, madefactas. , im Jahre 1507 So steht wohl richtig in der deutschen Übersetzung von Bechins von 1580, S. 253, während in der lateinischen Ausgabe von 1557 irrtümlich MDXII ge- druckt ist. habe Herzog Georg von Sachsen in Meissen alle Halden dem „edlen und fürsichtigen Mann“ Sigmund Maltitz , welcher der Vater von Johann , dem Bischof von Meissen, und von Heinrich gewesen ist, Fig. 193. geschenkt. Dieser hat zu Dippoldiswalde und zu Altenberg, an welchen Orten die schwarzen Graupen, aus welchen man das Zinn 34* Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. bereitet, gegraben werden, alle Trockenpochwerke, die weiten Siebe und die Mühlen weggeworfen und eine Maschine, um die Erze nass zu pochen, erfunden. Nasserz aber nennen wir das, welches mit Wasser so angefeuchtet ist, dass es in den Pochtrog fliesst: weshalb wir es auch zuweilen Nasspochwerk nennen, da es im Wasser geht, im Gegensatz zu dem Trockenpochwerk und dem Trockenerz, wobei ohne Wasser gepocht wird. Diese Nasspochwerke fanden rasche Verbreitung und wurden bald auch für andere Erze angewendet. Etwa 10 Jahre nach der Erfindung derselben legte Paul Grommestetter aus Schwatz die ersten Nasspochwerke zu Schneeberg und zu Joachimsthal an. 1521 wurde das neue grössere Pochwerk zu Joachimsthal mit verbessertem Waschherd, wodurch die Trübe fortgeschwemmt, der Schliech aber zurückbehalten wurde, erbaut Siehe Albinus , Meissen. Bergchronika, Dresden 1590, S. 75 etc. — Ma- thesius sagt dagegen in seiner Chronik von Joachimsthal: „1520 hat man ein gross Bochwerk angerichtet und über den Blan gewaschen.“ . Zu Schlackenwalde errichtete Hans Pörtner im Jahre 1525 das nasse Pochwerk, während auf dem Harze im Jahre 1524 das erste Trockenpochwerk und zwar mit nur einem Stempel von Peter Philipp erbaut worden ist. Bald darauf aber führten Simon Krug und Nickel Klerer auch die Nasspochwerke daselbst ein H. Calvör , Beschreibung des Maschinenwesens auf dem Oberharz 1763, Bd. II, S. 74. . Die von Agricola beschriebenen Nasspochwerke sind zum Teil schon ganz bedeutende Anlagen. Er erwähnt, dass die Stempelköpfe um die Hälfte schwerer seien als die der Trockenpochwerke. Die eiserne Sohle des Pochtroges war 888 mm lang, 222 mm breit und 74 mm dick. Das Sieb an der einen Seite des Troges bestand aus einer starken, gelochten Eisenplatte. Er beschreibt ferner eine damals gebräuch- liche Einrichtung, wobei vier Pochwerke auf einer Horizontalebene hintereinander standen. Die beiden hinteren hatten sehr hohe und daher schwere Stempel mit tief sitzenden Heblingen. Jedes Poch- werk wurde durch ein eigenes Wasserrad getrieben und das von den oberen Rädern abfliessende Wasser fiel auf die unteren Räder. Wo die Terrainverhältnisse eine solche Anlage nicht gestatteten, wurden zwei Paare gewöhnlicher Pochwerke auf zwei in verschiedenen Höhen gelegenen Ebenen aufgestellt, das Wasser von den oberen den unteren zugeführt und alles unter ein gemeinschaftliches Dach gebracht. Hier war jedoch die Bedienung weniger leicht und daher kostspieliger, Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. als bei den vorher beschriebenen Anlagen. — Agricola schreibt ferner: In den julischen und rhätischen Alpen und in den Kar- pathen werden jetzt Gold- und Silbererze mit Stempeln, von denen manchmal mehr als zwanzig in einer Reihe stehen, in langen Trögen nass gepocht, welche zwei Platten voll von Löchern haben, durch welche das zerkleinerte Erz gleichzeitig mit dem Wasser in einen darunter liegenden Querkanal fliesst … Selbstredend wurden so grosse Maschinenanlagen durch Wasser- kraft bewegt. Die Wasserkraft war aber nicht überall zu haben Fig. 194. und kamen namentlich die grossen gewerbreichen Städte, deren Industrie ausschliesslich auf dem Handbetrieb beruht hatte, wenn sie keine Wasser- kraft besassen, in Nachteil. Die Mechaniker sannen auf Mittel, demselben durch maschinelle Einrichtungen zu begegnen. Die wich- tigste Maschine als Ersatz der Wasserräder wurden die Pferdegöpel (Fig. 37, 38, 39), welche ebenfalls erst zu Anfang des 16. Jahr- hunderts erwähnt werden. Der erste Göpel zu St. Andreas bei Joachimsthal wurde 1517 aufgestellt. Einen eigenartigen Ersatz suchte man in der Bewegung grosser schwerer Pendel , die als Kraftsammler dienten und bei denen das Trägheitsmoment zum Kraftregulator wurde. Fig. 194 stellt ein Blasewerk mit Pendelbetrieb nach Besson dar. Auch den Wasserdampf suchte man bereits im 16. Jahrhundert als Arbeitskraft zu verwerten und nicht ohne Erfolg, wie es scheint. Leider fehlen uns über diese ersten Dampfmaschinen, die freilich von den heutigen Dampfmaschinen sehr abweichend waren, jede Beschrei- bung, so dass nur die Thatsache der Benutzung des Dampfes zu ge- wissen Arbeiten konstatiert werden kaun . Über Leonardo da Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. Vincis Dampfkanone haben wir bereits früher (Bd. I, S. 989) be- richtet; auch hatte derselbe bereits eine dunkle Idee von der Be- wegung eines Schiffes mittels Dampf skizziert. Diese Idee ging nicht verloren und wurde von einem spanischen Schiffskapitän Blasco de Garay im Jahre 1545 praktisch ausgeführt. Blasco de Garay wollte ein Schiff mittels Dampfkraft bewegen, welches zum Trans- port von Truppen über See dienen sollte. Er baute ein solches Fahrzeug von 200 Tonnen Last und machte damit eine Probefahrt vor dem kaiserlichen Hofe zu Barcelona, welche insofern erfolgreich ausfiel, als das Schiff ohne Segel einen Weg von etwa einer deutschen Meile zurücklegte, dagegen liess die Lenkbarkeit des Fahrzeuges soviel zu wünschen übrig, dass die Versuche nicht weiter fortgesetzt wurden. M. F. de Navarette hat in der „Correspondence astronomique et geographique“ des Baron Zach (T. XIV, Nr. 1, p. 30) im Jahre 1826 dieses vergessene Ereignis wieder zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Er selbst verdanke die Mitteilung M. Thomas Gonzales , dem Di- rektor des königlichen Archives zu Simanca; dieselbe lautet Siehe Le Vieux-Neuf par Edouard Fournier , Paris, E. Dent, 1859, Cap. 29. : Blasco de Garay , Kapitän zur See, erbot sich im Jahre 1543 dem Kaiser und König Karl V. eine Maschine zur Bewegung von Seefahrzeugen und grossen Transportschiffen selbst bei Windstille ohne Ruder und Segel herzustellen. Trotz der Hindernisse und Widersprüche, die diesem Projekt begegneten, befahl den- noch der Kaiser, dass ein Versuch da- mit in dem Hafen von Barcelona ge- macht werde, welcher dann auch wirk- lich am 17. Juni des genannten Jahres 1543 zur Ausführung kam. Blasco de Garay , capitaine de mer, proposa, l’an 1543, à l’empereur et roi Charles Quint, une machine pour faire aller les bâtiments et les grandes embarcations, même en temps de calme sans rames et sans voiles. Malgré les obstacles et les contraritétés, que ce project essuya, l’empereur ordonna que l’on en fit l’expérience dans le port de Barcelona, ce que effectivement eut lieu le jour 17. du mois de juin de la dite année 1543. „ Garay wollte seine Entdeckung nicht bekannt werden lassen. Indessen sah man doch bei der Probe, dass sie aus einem grossen Kessel mit siedendem Wasser und in Triebrädern, welche an den bei- den Enden des Schiffes befestigt waren , bestand. „ Garay ne voulut pas faire con- naître entièrement sa découverte. Cepen- dant on vit au moment de l’épreuve, qu’elle consistait dans une grande chau- dière d’eau bouillante et dans des roues de mouvement attachées à l’un et à l’autre bout du bâtiment. Man machte den Versuch auf einem Schiff von 200 Tonnen, genannt die „Dreifaltigkeit“, unter Kapitän Peter von Scarza, welches von Colibre mit Getreide zu löschen nach Barcelona ge- kommen war. On fit l’experience, sur un navire de deux cents tonneaux, appellé la „Trincté“, arrivé de Colibre pour dé- charger du blé à Barcelone, capitaine Pierre de Scarza. Auf Befehl Karls V. waren bei dieser Probe anwesend Don Henriquez de To- Par ordre de Charles-Quint assi- stèrent à cette éxperience Don Henri de Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. ledo, der Gouverneur Don Pedro de Cordona, der Schatzmeister Ravago, der Vicekanzler und der Intendant von Katalonien. In den Berichten, welche man dem Kaiser und dem Prinzen er- stattete, billigten alle diese geistreiche Erfindung im allgemeinen, und ins- besondere wegen der Raschheit und Leichtigkeit, mit denen man das Schiff wenden konnte. Tolêde, le gouverneur Don Pierre de Cordona, le trèsorier Ravago, le vice- chancelier et l’intendant de la Cata- logne. Dans les rapports que l’on fit à l’empereur et au prince, tous approu- vèrent generalement cette ingénieuse invention, particulièrement à cause de la promptitude et de la facilité avec laquelle on faisait virer de bord la navire. Der Schatzmeister Ravago, ein Feind des Projektes, sagt aus, dass es zwei Meilen (lieux) in drei Stunden ginge; dass die Maschine zu kompliziert und zu teuer sei und dass man der Gefahr ausgesetzt sein würde, dass der Kessel zerplatze. Die andern Kommissäre ver- sicherten, dass das Schiff sich mit der- selben Geschwindigkeit wenden liesse, wie eine Galeere, welche nach der ge- wöhnlichen Methode manövrierte und mindestens eine Meile in der Stunde zurücklegte. Le trésorier Ravago, ennemi du projet, dit qu’il irait deux lieux en trois heures; que la machine était trop compliquée et trop couteuse, et que l’on serait exposé au péril que la chau- dière eclatât. Les autres commissaires assurèrent que le navire virait de bord avec autant de vitesse qu’une galère maneuvrée suivant la méthode ordinaire et faisait une lieue par heure pour le moins. Als der Versuch gemacht wurde, holte Garay selbst die ganze Maschine, mit der er das Schiff ausgerüstet hatte, weg und hinterlegte im Arsenal von Barcelona nichts als die Hölzer, wäh- rend er alles Übrige für sich verwahrte. Lorsque l’essai fut fait, Garay em- porta toute la machine dont il avait armé la navire; il ne déposa que les bois dans les arsenaux de Barcelone et garda tout le reste pour lui. Trotz dem Widerstande und den Ein- wendungen Ravagos wurde die Erfin- dung Garays anerkannt und wenn der Krieg, in welchen Karl V. damals ver- wickelt war, kein Hindernis in den Weg gelegt hätte, so würde sie ohne Zweifel weiter gefördert worden sein. Bei alledem verlieh der Kaiser dem Er- finder eine höhere Stelle, machte ihm ein Geschenk von 200000 Maravedis, befahl, ihm aus dem Staatsschatz alle Kosten und Auslagen zu bezahlen und wendete ihm überdies noch andere Gunstbezeugungen zu.“ Malgré les oppositions et les contra- dictions faites par Ravago, l’invention de Garay fut approuvée et si l’expedi- tion dans laquelle Charles-Quint était alors engagé n’y eu mis un obstacle, il l’aurait sans doute favorisée. Avec tout cela, l’empereur avança l’auteur d’un grade, lui fit un cadeau de 200000 maravédis, ordonna à la trésorie de lui payer tous les frais et dépenses, et lui accorda en outre plusieurs autres graces.“ Dies Alles ergiebt sich aus den Ur- kunden und Originalaufzeichnungen, welche im königlichen Archiv auf- bewahrt sind, unter den Archivalien über den Zustand des Handels von Kata- lonien und denen des Sekretariats des Krieges zu Wasser und zu Lande, des genannten Jahres 1543. Cela resulte des documents et des registres originaux que l’on garde dans les archives royales de Simancas, parmi les papiers de l’etat du commerce de Catologne et ceux du secrétariat de guerre, de terre et de mer, du dit an 1543. Diese Mitteilungen des Navarette und des Gonzales sind von höchstem Interesse und es ist sehr zu beklagen und erscheint auf- Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. fallend, dass die betreffenden Urkunden noch nicht ihrem ganzen Umfange nach veröffentlicht worden sind. Über die Konstruktion der Maschine, die der Erfinder mit Ängstlichkeit geheim hielt, würden sie zwar auch keinen Aufschluss geben. In dieser Beziehung müssen wir uns mit dem Mitgeteilten begnügen, aus dem hervorgeht, dass Bewegung und Steuerung des Schiffes durch mit Hilfe von Dampf in Bewegung gesetzte Räder geschah. Die Bedeutung der Erfindung Blasco de Garays ist von F. Arago möglichst herabgewürdigt worden, um Papin , d. h. Frankreich den Ruhm der ersten Erfindung der Dampfmaschine zu vindizieren; die sachlichen Einwendungen Aragos sind aber ziemlich unwesentlich. Es ist kein Grund, daran zu zweifeln, dass Blasco de Garay den Dampf in irgend einer Weise als Motor anwendete. Dass seine Maschine noch nicht mit der Dampf- maschine Watts verglichen werden kann, ist klar, aber darauf kommt es auch gar nicht an, sondern nur auf die Thatsache der praktischen Verwendung des Wasserdampfes als Kraftquelle. Blasco de Garays diesbezügliche Erfindung steht aber nicht einmal allein. Auch bei dem Bergbau im Erzgebirge wurde Wasser- dampf benutzt zur Wasserhaltung und Förderung. Dies erfahren wir aus des Mathesius Sarepta (1562), dort heisst es: „Lasset durch Wasser, Wind und Feuer — Wasser und Berg aus den Tiefsten mit schönen Künsten heben und treiben, damit die Unkost geringert und die verborgenen Schätze um so ehr können ersunken und offenbar werden.“ — „Ihr Bergleut sollt auch in euren Bergreyen (reigen) rühmen den guten Mann, der jetzt Berg und Wasser mit dem Wind auf der Platten anrichtet zu heben, wie man jetzt auch doch am Tag Wasser mit Feuer heben soll.“ Auch hier sind wir einzig auf diese kurzen Bemerkungen an- gewiesen und wir wissen nicht, ob das Heben von Wasser mit Feuer mittels Dampf oder mittels heisser Luft geschah. Schon im Altertum kannte man ein Dampfgebläse (Bd. I, S. 582), die Äolopile. Die derselben zu Grunde liegende Idee wurde im 16. Jahr- hundert ebenfalls wiederholt auszuführen gesucht, ohne aber einer prak- tischen Lösung näher geführt zu werden. — Dagegen wurde dieselbe zu mancherlei Spielereien, wie schon im Altertum, verwendet, von denen eine der ältesten und berühmtesten der „Püster“ von Sondershausen ist. Man hat demselben ein ausserordentlich hohes Alter zugeschrieben, ob- gleich er schwerlich einer älteren Periode als dem Ausgang des Mittel- alters angehört. Er wurde für ein heidnisches Götzenbild der alten Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. Sachsen erklärt. In diesem Sinne beschrieb ihn G. Hoche in seiner „vollständigen Geschichte der Grafschaft Hohenstein“. In dem Kapitel von der Kultur des Landes und den Religionszuständen in der heidnisch-sächsischen Zeit beschreibt er das Bild eines „Büsterich“ oder Püster Von Pusten = Blasen, also der Bläser. In Niedersachsen heisst der Blase- balg „Puster“. , welcher besonders von den Bewohnern der goldenen Au verehrt wurde. „Der Püster ist ein Bild von Erz gegossen, in- wendig hohl, fasst ohngefähr einen Eimer Wasser und hält im Ge- wicht 73 Pfund. Die Höhe ist eine Elle, der Umfang beträgt 5/4 Ellen. Das rechte Knie ist gebogen, womit er aufkniet; an beiden Füssen fehlen die Fusssohlen, die nicht daran gegossen sind. Die rechte Hand liegt auf dem Kopfe, die linke ruht auf dem linken Knie. Mitten auf dem Kopfe hat er ein kleines Loch und eben ein solches statt des Mundes, beide so klein, dass man keinen Finger hinein- stecken kann. Unten ist ein Eisen angegossen und darin ein vier- eckiges Loch, so dass man vermittelst eines Riegels das Bild fort- tragen kann. Dieser Pusterich wurde von einem Herrn von Telgerode in Rothenburg, einem alten, verwüsteten Bergschlosse im Amte Kelbra unter einem Steinhaufen in einer alten Kapelle gefunden. Er kam hernach an einen Herrn von Reiffenstein , von welchem ihn Graf Günther von Schwarzburg im Jahre 1546 erhielt . Jetzt ist er in Sondershausen zu sehen. Die Metallmischung ist nicht fest- gestellt. Landgraf Moritz von Hessen liess die linke Hand ab- lösen, um sie zu untersuchen, aber es ist nichts darüber bekannt geworden. Wenn man diesen Püster mit Wasser füllte und die beiden Löcher zustopfte, ihn dann auf Kohlenfeuer setzte: so fing er an zu schwitzen, dass ein Tropfen den andern forttrieb; wenn er gänzlich erhitzt war: so stiess er beide Pflöcke aus dem Maul und Kopfe und sie fuhren dahin mit einem Knall und Krachen als donnerte es. — Das Wasser spritzte heraus wie Feuerflammen und verbreitete einen üblen Geruch. Fiel es auf Stein und Erde, so be- fleckte es diese, gleich als wäre es Schwefel oder Kreide, traf es aber Holz oder eine andere brennbare Materie, so zündete es sie leicht an. Dies soll noch unter Graf Anton Heinrichs Regierung in Sonders- hausen geschehen sein.“ Hoche kommt nun bei seiner Erörterung über den Zweck des Püsters zu dem Schluss, dass es wohl kein Verteidigungswerkzeug (!), sondern ein Schreckbild der heidnischen Priester gewesen sei. Chemie. Eine ganz ähnliche Vorrichtung beschreibt Dr. Plott in seiner Geschichte von Staffordshire (1674). In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts machte Jack of Hilton ein kleines hohles Bild- werk von Erz, um jeden Neujahrstag damit das Feuer anzublasen, während der Lord von Essington eine Gans dreimal um dasselbe trieb, ehe sie gebraten und von dem Lord von Hilton oder seinem Stellvertreter verzehrt wurde. Plott ist der Ansicht, dass sowohl die Vorrichtung wie der Gebrauch noch aus der Zeit der Sachsen stamme. Uns scheint das Ganze eine Spielerei gewesen zu sein, die eine gewisse Verwandtschaft mit der Dampfkanone Leonardos hatte. Dennoch haben wir auch dieses Spielwerk hier nicht übergangen, weil es zu den Vorläufern der wichtigsten aller Kraftmaschinen gehört. Chemie . Waren die Fortschritte der Mechanik, namentlich durch die bessere und mannigfachere Ausnutzung der Wasserkraft, von grosser Bedeutung für die Entwickelung der Eisenindustrie im 16. Jahr- hundert, so hat dagegen die chemische Wissenschaft hierzu nur wenig beigetragen. Die Chemie ist, wie bekannt, erst sehr spät eine Hilfswissenschaft der Technik geworden. Wenn in jener Zeit sich auch der Gesichts- kreis aller Wissenschaften erweiterte, so blieb doch gerade die Chemie gebannt unter dem Wahne einer falschen Lehre und eines falschen Zweckes. Die falsche Lehre war die von der Transmutation der Metalle, der falsche Zweck war die Kunst, Gold zu machen. Wohl durchschauten die praktischen Geister, wie die eines Leonardo da Vinci und eines Georg Agricola , die Nichtigkeit und Unwahrheit dieser Lehren, aber das treibende Element in der Chemie blieb des- halb doch das Streben nach mühelos zu erwerbendem Reichtum, das immer wieder seinen Ausdruck fand in Geheimmitteln, aus wert- losen Stoffen Gold zu machen und das den überlieferten Namen der Wissenschaft „Alchemie“ gleichbedeutend machte mit dieser schwindel- haften Kunst. Einen praktischen Boden erhielt sich die Metallurgie in der Probierkunst , in dem chemisch-metallurgischen Verfahren, die Chemie. Erze auf ihren Metallgehalt zu untersuchen. Aber die Probierkunst, über die wir bereits gehandelt haben, galt gar nicht als ein Zweig der Alchemie, sondern wurde von dieser von oben herab angesehen. Dagegen wurde ein anderer Zweck für die Chemie, neben dem Gold- machen, massgebend, dies war die Herstellung von Arzneien. Mit der Idee der Transmutation der Metalle, welche ihren Endzweck in der Verwandlung des Stoffes in seine vollkommenste Form, in die des Goldes, sah, war die Idee der Erhaltung und Potenzierung der Kraft , insbesondere der Lebenskraft aufs engste verbunden, das Mittel, beides zu erlangen, war als Endziel aller chemischen Bestrebungen als theoretischer Schluss gegeben in dem Stein der Weisen . Die Erhaltung der Lebenskraft wurde im 16. Jahrhundert das gemeinschaftliche Ziel der Medizin und der Chemie. Die medizinische Chemie oder Jatrochemie entstand, deren Prophet jenes abenteuer- liche Genie Philipp Theophrast von Hohenheim, gräcisiert Para- celsus , benannt Aureolus Bombastus , wurde. Er bekämpfte die Alchemie, d. h. die Goldmacherkunst, um die Jatrochemie, die lebensverlängernde Chemie, um so mehr anzupreisen. Der Stand der Wissenschaft als solcher wurde hierdurch kein wesentlich höherer, aber ein grosser Segen entstand dadurch, dass die Chemie als Wissenschaft in die Hände gebildeter Männer überging und die Apotheker ge- zwungen wurden, sich chemische Kenntnisse anzueignen. Der Metallurgie stand Paracelsus fern und auf die Hüttenkunde hat seine Lehre keinen Einfluss geübt; dennoch dürfen wir dieselbe des geschichtlichen Zusammenhanges wegen nicht übergehen. Para- celsus stand in seiner Auffassung der Elemente auf demselben Standpunkte wie Basilius Valentinus (siehe Bd. I, S. 972). Schwefel, Quecksilber und Salz sind ihm die Elemente. Schwefel ist das verbrennliche, flüchtige, Quecksilber das feste, unverbrennliche, und Salz das unverändert flüssige. Statt Salz wurde aber in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts schon oft Säure und Lauge ge- setzt, wenn auch ohne klare Definition. Die Ansichten über die Con- stitution der Metalle blieben unverändert. Die Oxydation der Metalle oder die Verkalkung betrachtet Paracelsus als ein Austreten der schwefligen Teile, und da er das schweflige Princip mit der Seele, das Salz mit dem Körper vergleicht, nennt er die Kalke die Leich- name der Metalle, tote Metalle. Die Reduktion heisst deshalb Wieder- beleben, revivifier, ein Ausdruck, der sich bei den Franzosen bis zu Lemerys Zeit erhalten hat. Agricola sagt dagegen einfach, dass die Calcination der Metalle auf der Verjagung der in ihnen ent- Chemie. haltenen Feuchtigkeit beruhe. Der Gehalt an Schwefel wurde als die Ursache der Verbrennlichkeit der Metalle betrachtet. Dass die Metalle bei der Verkalkung an Gewicht zunahmen, wurde zwar in einzelnen Fällen zugestanden, so z. B. schon von Geber für Blei und Zinn, und allgemein hat es Paul Eck von Sulzbach um 1490 ausgesprochen. Von den Alchimisten aber blieben diese Beobachtungen einfach un- beachtet. Cardanus , der die Verkalkung ebenfalls durch die Aus- treibung des schwefligen Princips erklärt, sucht die Gewichtszunahme, die ihm ebenfalls nicht unbekannt war, durch eine gekünstelte Er- klärung mit der Theorie in Einklang zu bringen. Dass Paracelsus das Eisen in Mineralwassern durch Galläpfel- tinktur nachwies, haben wir bereits früher erwähnt. Was nun speciell die Ansichten der Chemiker des 16. Jahr- hunderts über Eisen und Stahl betrifft, so haben wir das Wichtigste bereits früher (Bd. I, S. 973) mitgeteilt. Mathesius nennt das Eisen das älteste der Metalle und ist der Ansicht, dass das Kupfer aus demselben durch Transmutation entstanden sei, wozu er wohl durch die Cementkupferbildung geführt wurde. Libavius hält die Bereitung des Stahls aus Eisen für analog der Bereitung des Cementkupfers aus Eisen: „ferrum mutatur in aciem fluorum mineralium et extinctionis adjumento et in cupro auxilio chalcanthi.“ Paracelsus sagt (de mineral. II, p. 348) von den Eisenerzen: Hier sind zwei Metalle in einem vereinigt, Eisen und Stahl: Eisen ist der weibliche, Stahl der männliche Teil, beide können voneinander getrennt und jeder für sich benutzt werden. Im allgemeinen aber galt der Stahl wie im Altertum als durch Hitze gereinigtes Eisen. Basilius Valentinus nennt den Stahl „das härteste, gereinigtste und geschmeidigste Eisen“; Agricola : „ferrum saepius liquefactum et a recrementis purgatum“. Hieronymus Cardanus H. Cardani de rerum varietate libri 17. Basil. 1556. — Lib. IV. sagt: Es scheint auch, wenn es auch wohl unrichtig ist, dass das Reiben die Rauhigkeit (asperitatem) des Stahles mildert. Gesner (1516 bis 1565) behauptet bereits, dass die Lebenswärme auf der Friktion des Eisens im Blute beruhe. Caesalpinus stellt in seinem Buche de metallicis 1596 (Lib. III, Cap. VI) ausführlich die Ansichten der früheren Gelehrten über das Eisen zusammen; dabei erwähnt er, dass das Eisen die allgemeinste Bergbau. Verwendung habe, weil es das festeste Metall sei. Seine unedle Natur werde bevorzugt durch seine Unschmelzbarkeit, und weil es viele trockene und fette und erdige Beimengungen enthalte. Durch Reinigung entstehe Stahl daraus. Man treibe aber die Reinigung nicht bis zur Vollkommenheit, weil es zu viel Abgang erleide und weil es zu spröde und dadurch zum Gebrauche unnütz würde. Manches Eisen schmelze wie Wasser, das Geschmolzene lasse sich schwerer umschmelzen. Setze man Schwefel oder Antimon zu, so schmelze es leicht. Die medizinische Natur des Eisens sei auszu- trocknen und zusammenzuziehen. Bergbau, Bergordnungen und Bergmanns- gebräuche. Der grossartige Aufschwung des Bergbaues , der sich zu Anfang des 16. Jahrhunderts besonders in Deutschland vollzog, hat wesent- lich zur Förderung der Eisenindustrie beigetragen. Nicht nur, dass er ihr das wichtigste Rohmaterial, die Eisenerze, in grossen Massen und zu billigen Preisen verschaffte, sondern auch dass er selbst ein grosser Abnehmer für Eisen und Stahl war, denn zur Bergarbeit war nichts so unentbehrlich als das Eisen. Schlägel und Eisen waren die Werkzeuge, mit denen der Bergmann das Felsgestein bezwang, und sie waren von Eisen und Stahl. Der Bergbau regte aber auch am meisten den Maschinenbau an, und auch dieser bedurfte des Eisens. Berg- und Hüttenwesen standen aber in so inniger Beziehung, dass der Aufschwung des einen die Blüte des andern veranlasste. Berg- und Hüttenleute fühlten sich als Glieder einer und derselben grossen Arbeiterfamilie, sie gehörten einer grossen Zunft an, hatten gleiche Rechte und Pflichten, und die Gesetzgebung behandelte sie in den Berg-, Hütten- und Hammerordnungen meist zusammen. Der Bergbau hat besonders in der zweiten Hälfte des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Deutschland zu einem reichen Lande gemacht. Tirol, Böhmen, Sachsen und der Harz wurden die klassischen Länder des Bergbaues, besonders gesegnet durch ihren Silberreichtum. Der vordem sprichwörtliche Reichtum der Fugger von Augsburg beruhte zum grossen Teil auf ihrem ergiebigen Bergwerksbesitze in Tirol. Bergbau. Viele, die vordem arm gewesen, wurden reich durch einen glücklichen Bergfund. So geschah es nicht wenigen in Joachimsthal. Martin Heidler war ein armer Bergmann, der mit seinem Weibe schürfen ging und selbst vor Ort arbeitete, bald aber wurde er ein reicher Bergherr, der allein auf dem roten Ganges Zug 100000 Gulden an Ausbeute machte. Die Familie Münzer zog allein aus ihren Frei- berger Zechen über 200000 Thaler. Kunz von Glück war ein armer Bergjunge in Schneeberg, wegen seiner Armut der arme Kunz geheissen. Er zog nach Lothringen und schürfte so glücklich, dass er später eine wöchentliche Ausbeute von 1500 Gulden gehabt haben soll. Kaiser Maximilian adelte ihn mit dem Namen „ Kunz von Glück “. Ähnlich war es mit Kunz von Ipphoff ergangen. Der war so arm, dass er sein letztes Paar Schuhe für eine Schuld be- zahlen wollte, als er den Gang „reicher Trost“ anhieb und dadurch zu fürstlichem Reichtume gelangte. Er kaufte das ganze Dorf Ober- Schelm und erbaute sich darin ein neues, grosses Haus mit der In- schrift: „Gott und der reiche Trost, haben mich aus meinem Unglück erlöst.“ Derartige Beispiele sind noch viele überliefert. Die Landes- fürsten nahmen an dem Bergsegen teil. Herzog Heinrich der Fromme von Sachsen, der durch Testament und Hausvertrag nur die festen Schlösser Freiberg und Wolkenstein erhalten hatte, war einer der thätigsten und glücklichsten Gewerke seiner Zeit. Viele Augsburger und Nürnberger Kaufmannsfamilien beteiligten sich an Bergwerksunternehmungen, besonders die Hochstetter und die Fugger . Die letzteren hatten die Bergwerke von Schwatz von Kaiser Maximilian gepachtet und zogen alle Jahre 200000 Gulden daraus. Ausserdem zogen sie aus den Darlehen, die sie dem Kaiser machten, enormen Gewinn, so dass die tirolischen Stände berechneten, dass sie von jedem Gulden, den sie vorschossen, sechs dafür erhielten. Jacob Fugger betrieb namentlich ausgedehnten Bergbau in Ungarn, Kärn- ten und Tirol. Er erbaute das Schloss Fuggerau. Ein anderer tiroler Gewerke, Christian Täzel , liess das Schloss Tratzberg herrlich aufbauen, und als der Gewerke Hans Füser zu Hall Hochzeit machte, liess er seine Braut mit 4000 Pferden aus Bayern abholen. — Kein Wunder, dass solche Beispiele Tausende in die Berg- werke lockten. Blühende Städte entstanden in den erzreichen Gebirgen, wovon wir schon zuvor zu sprechen Gelegenheit hatten. Die bekanntesten Bergorte des 16. Jahrhunderts waren in den deutschen Alpen: Schwatz, Rattenberg, Hall, Kuffstein, Kitzbüchel, Gossensass, Nons, Bergbau. Lienz, Hof-Gastein, Schladming, Hallein, Schellenberg, Berchtesgaden, Hallstadt, Traunau, Eisenerz, Hüttenberg, Zaring, Bleiberg, Ober- Vellach, Kirchheim und Ydria; — in Bayern: Sulzbach, Amberg, Gold-Kronach, Weissenstadt, Wunsiedel, Naila; — in Sachsen: Frei- berg, Altenberg, Geissing, Schneeberg, St. Annaberg, St. Marienberg, St. Katharinenberg im Buchholz, Brand, Ehrenfriedersdorf, Lössnitz, Geyer, Eybenstock, Saalfeld; — im Harz: Goslar, Zellerfeld, Grund, St. Andreasberg, Wildemann; — in Franken: Suhl, Steinheide; — in Schlesien: Goldberg, Löwenberg, Bunzlau, Kupferberg, Schmiede- berg, Silberberg, Nikolstadt, Engelsberg, Tarnowitz; — in Mähren: Iglau, Goldenstein u. s. w.; — in Böhmen: Mies, Przibram, Schütten- hofen, Budweis, Kuttenberg, Graupen, Schlackenwalde, Pressnitz, Gottesgabe, Platten, Gräslitz, St. Joachimsthal u. s. w. Die Landesfürsten nahmen das grösste Interesse an der Förderung des Bergbaues, da er ihnen grossen unmittelbaren Nutzen abwarf und Wohlstand, Blüte und Macht ihrer Länder erhöhte. Das Bergregal war im Mittelalter allmählich in die Hände der Landesherren über- gegangen und die goldene Bulle hat dies ausdrücklich anerkannt. Die Belehnungen geschahen also nicht mehr durch den Kaiser, sondern durch die Fürsten; die Gebühren, Abgaben und Steuern flossen ihnen zu. Vielfach betrieben sie selbst Bergbau, wozu ihnen das Vorrecht zustand. Wurde der Bergbau von Privaten, Gewerkschaften oder Eigenlöhnern getrieben, so hatten diese den landesherrlichen Zehnten zu entrichten. Die Fürsten schützten und beaufsichtigten den Bergbau, unterstützten ihn durch billige Holzlieferung u. s. w. und sorgten für Ordnung durch Erlasse und Gesetze. So entstanden die Bergordnungen, von denen die meisten aus dem 16. Jahrhundert stammen. Diese hatten ihre Grundlage in den überlieferten Berggewohnheiten, Satzungen Weistümern. Die ältesten deutschen Bergordnungen, wie das Trienter, das Iglauer, das Kuttenberger, das Freiberger, das Goslarer Bergrecht waren nur schriftliche Aufzeichnungen solcher überlieferten Rechte und Gewohn- heiten, hatten also den Charakter von Weistümern. Seit dem 15. Jahr- hundert aber wurden die Bergordnungen im Namen der Landesfürsten erlassen und zwar anfangs meist nur für lokale Bedürfnisse. So ent- stand 1468 die Bergordnung für Schwatz und Gossensass, welche Kaiser Maximilian I. im Jahre 1490 erneuerte. Dieser Art war die älteste Bergordnung Sachsens, die von Schneeberg, welche von Kur- fürst Ernst und Herzog Albrecht erlassen und 1477 in Leipzig öffent- lich angeschlagen wurde. In gleicher Weise wurde 1516 die erste Bergbau. Joachimsthaler Bergordnung von dem Grafen Schlick erlassen. Aus demselben Jahre wie die Schneeberger Bergordnung (1477) entstammt die alte Salzburger Ordnung. Eine Sammlung bergrechtlicher Be- stimmungen erschien zu Ende des 15. Jahrhunderts als „Berk-Ord- nung der Graueschaft zu Nassau des Amptes Siegen“. Die ältere kurtrierische Bergordnung, welche aber verloren gegangen ist, ent- stand zwischen 1503 und 1511. Die ursprünglich für den einzelnen Ort abgefassten bergrechtlichen und bergpolizeilichen Bestimmungen wurden dann häufig als Landesbergordnungen auf das ganze Land übertragen. In dieser Weise entstand 1509 die älteste kursächsische Bergordnung, die von Herzog Georg von Sachsen zunächst nur für Annaberg erlassen war, aus welcher aber die meisten deutschen Berg- ordnungen herzuleiten sind. So bildete sie z. B. das Vorbild für die wichtige Joachimsthaler Ordnung von 1518. Die Eide sind in dieser gleichlautend mit denen der kursächsischen Bergordnung. Kaiser Maximilian, der lebhaften Anteil an der Entwickelung des Bergbaues seiner Länder nahm, erliess Montag vor heiligen drei Könige 1517 eine Bergordnung für die Bergwerke in Österreich, Steier- mark, Kärnthen und Krain Abgedruckt in Wagner , corpus juris metallici, p. 34. . Für den Harz erliessen 1521 die Grafen von Hohnstein ein Bergfreiheitspatent für den Silberbergbau zu Lauter- berg, welcher 1528 die hohnsteinische Bergordnung für Lauterberg folgte, und 1524 veröffentlichte Herzog Heinrich der Jüngere die erste vollständige und gedruckte Bergordnung für seine Bergwerke bei Gittelde im Grunde Siehe Wagner , corpus juris metallici, p. 1042. , welche 1532 als Bergfreiheitspatent auf den ganzen Kommunion-Oberharz ausgedehnt wurde. Die Bergordnungen wurden namentlich nach eingetretenem Regierungswechsel erneuert und je nach Bedürfnis durch Zusätze erweitert. So wurde eine neue kurfürstlich sächsische Bergordnung von Herzog Georg 1536 erlassen, eine weitere 1554 von Kurfürst August, eine vom 25. Januar 1570 und eine von 1584. — Kaiser Ferdinand, gleichfalls ein grosser Förderer des Bergbaues, erliess viele Bergordnungen. Eine der ersten war sein „Vertrag mit den böhmischen Ständen wegen des Bergbaues“ 1534; sodann die neue ausführliche Bergordnung des freien Königl. Berg- werks S. Joachimsthal von 1548. — Im Jahre 1553 erliess er eine für seine niederösterreichischen Lande, und 1556 die sogenannte „Schwazer Erfindung“, eine Sammlung älterer Berggesetze. Von wichtigeren Bergordnungen des 16. Jahrhunderts führen wir noch an: die Tarnowitzer von 1528, welche auf einer älteren fränkischen be- Bergbau. ruht, die Salzburgische von 1532, welche aus der österreichischen von 1517 entnommen ist, die für Jülich, Cleve, Berg und die Mark von 1542, die Harzgeroder Bergordnung von 1548, die Nassau-Catzen- elnbogensche von 1559, die „Chur-Cöllnische Bergfreyheit“ von 1559, die Pfalz-Zweibrückensche Bergordnung und Bergfreiheit von 1560 bis 1565 (nach der Joachimsthaler von 1548), die tirolische Berg- ordnung, errichtet von den Schmelzherren und Gewerken 1568, die erneuerte kurtrierische von 1564, die hennebergische von 1566, die homburgische von 1570, die neue ungarische von 1573 (von Max II.), die neue böhmische von 1575, die schlesische von 1577 (von Rudolf II.), die herzogl. sächsische von 1575, die „ernewerte Bergkordnung der Grafschaft Hohenstein“ vom 10. März 1576, die fürstlich braunschweig-lüneburgische Bergordnung vom 18. September 1593, ferner die dänische und die mansfeldische Bergordnung. In den meisten dieser Ordnungen waren auch Bestimmungen über das Hüttenwesen enthalten. Bei der Bedeutung, welche das Eisen-, Berg- und Hüttenwesen erlangt hatte, ist es nicht zu verwundern, dass schon frühzeitig Gesetze erlassen wurden, die sich nur mit diesem beschäftigten. Wir haben schon früher den Schladminger Bergbrief und die Sulzbacher Hammer-Einigung besprochen (Bd. I, S. 766). Es gab eine besondere böhmische Eisensteinordnung von 1548 Siehe Graf Sternberg , Bd. I, 2, S. 301. . Für Steyer- mark erliess Erzherzog Karl „die neue Eisensatzung auf das rauh und geschlagen Inder- und Vorderpergisch Eisen, Wie es im Fürstentumb Steyer verkauft soll werden“, am 10. December 1564; für Kärnten wurde 1567 die hüttenbergische Hammerordnung und für Krain 1575 eine Bergordnung für die Eisenbergwerke erlassen. Im Kurfürsten- tum Sachsen wurden von den Herzögen Georg, Heinrich, Moritz, August, Johann Georg I. und II. 1538, 1544, 1546, 1564, 1576, 1583, 1594 und 1614 Eisen- und Hammerordnungen, namentlich für die Bergstadt Gieshübel, erlassen. Von 1556 existirt eine Eisenordnung der Herrschaft Schönberg und der Grafschaft Hartenstein Siehe Otia metallica, Vol. I, p. 41. und 1579 erliess Herzog Julius von Braunschweig seine Eisen-Berg-Ord- nung im Grunde am Iberg. Auf den Inhalt dieser Berg-, Hammer- und Hüttenordnungen gehen wir hier nicht näher ein, da wir bei der Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern Gelegenheit haben werden, dieselben, soweit sie historisches Interesse darbieten, zu besprechen. Beck , Geschichte des Eisens. 35 Bergbau. Die Grundlage für das Bergrecht bildet der alte deutsche Grund- satz, welcher schon in dem Trienter und in dem Freiberger Bergrecht ausgesprochen ist: „Der Berg ist allen Bürgern gemein, so Armen als Reichen.“ Um den Bergbau in ihren Ländern zu heben und Berg- baulustige anzulocken, gewährten die Fürsten den Bergleuten ausser freiem Holzbezug noch andere Erleichterungen, als das Recht sich anzubauen und „bürgerliche Nahrung zu treiben“, Schutz und Geleite, Freiheit der Wege und des Wassers, Befreiung von Abgaben, Wege- geld und Zoll, sowie vom Kriegsdienst, freier Handel und Wandel, ferner eigene Gerichtsbarkeit. An die Bergleute des Mittelalters wurden aber auch höhere Anforderungen gestellt als an andere ge- werbliche Arbeiter. Zunächst erwartete man von ihnen grössere In- telligenz, selbständiges Urteil und die Findigkeit, welche zum Bergbau gehört. Ferner musste er mit den Bergwerksmaschinen vertraut sein und solche unter Umständen selbst anfertigen können. Theophrastus Paracelsus sagt: „Das Bergwerk will haben Verstand Und eine treue Hand. Wer das Bergwerk will mit bauen, Muss Gott und dem Glück vertrauen.“ Die ältesten Aufzeichnungen bergrechtlicher Gewohnheiten zeigen uns bereits die deutschen Bergleute als ein selbständiges unter- nehmendes Geschlecht, welches die deutsche Kultur überall hin ver- breitete, welches den Bergbau in den slavischen Grenzländern sich dienstbar machte und seine Sprache und Gesetze in die von ihnen kolonisierten Distrikte einführte. — Die geistige Überlegenheit und das Ansehen der deutschen Bergleute jener Zeit bildet einen auf- fallenden Gegensatz gegen die tiefe Stellung, welche der Bergmanns- stand im Altertum einnahm (vergl. Bd. I, S. 771). Der deutsche Bergmann trug seine Wehr und wusste wohl damit umzugehen. Die Bergaxt oder Bergparte war seine Hauptwaffe. Solche hat man auch im Boden des Schlachtfeldes bei Wahlstadt, wo einst die Löwenberger Knappen so todesmutig gekämpft hatten, ge- funden und in der Rats-Rüstkammer zu Liegnitz aufbewahrt Siehe Mosch , a. a. O., Bd. II, S. 55. . Die Knappen trugen im Mittelalter häufig sogar Harnische auf der Zeche, abgesehen von denen, welche geharnischt Tag und Nacht an den Gruben Wache hielten, damit kein Überfall geschähe. Die Salz- burgische Bergordnung von 1344 verbot dies, ausser wenn der Berg- Bergbau. richter es erlaubte. 1401 wurde den Erzknappen in Krems verkündigt, dass sie Waffen und Wehr in dem Berge tragen dürften, dagegen nicht in der Stadt Gmünden „weder Armst, Spiess noch Wurfpfeil“. Die Rammelsberger Schmelzer mussten eine „Armbrust-Rüstung mit ihrem Zeug“ und die Knechte einen Spiess und eine Barte haben. Von der Wehrhaftigkeit und Tapferkeit der Bergknappen haben wir früher bereits Beispiele angeführt. 1499 lagen in Tirol ihrer viele gegen die Schweizer und Graubündner zu Felde, besonders „fünfzehn- hundert der freudigsten Erztknappen aus Etschland, genannt der stächlin (stählerne) Hauf“. Nicht nur der Einzelne wusste mit den Waffen umzugehen, sondern sie exerzierten auch in Abteilungen. Bei der grossartigen Parade, welche die Schwazer Bergleute 1530 Kaiser Karl V. zu Ehren, gelegentlich dessen Besuches, veranstalteten, zogen ihrer 5600 alle wohl bewaffnet auf. Sie standen wie in Schlacht- ordnung und stellten, als der Kaiser ankam, mit geteilten Haufen ein Treffen vor, so dass ihre kriegerische Geschicklichkeit namentlich von den den Kaiser begleitenden Spaniern gar sehr bewundert wurde. Damals soll Schwaz 30000 Bergknappen gehabt haben. Über die Stellung der deutschen Bergleute im Mittelalter haben wir bereits gesprochen. Dieselben genossen Vergl. Dr. H. Achenbach , Deutsche Bergleute der Vergangenheit. Zeit- schrift für Bergrecht, Bd. XII, S. 80. in erster Linie volle persönliche Freiheit und unbeschränkte Freizügigkeit. Sodann bildeten sie unter sich korporative Verbände, Genossenschaften, „die Knappen gemeinig- lich“. Das Bergleder war das äussere Zeichen des Genossen, der Ehrlose wurde des Leders verlustig. Sie hatten unter sich Brüder- schaften, die späteren Knappschaften zur Unterstützung für Krankheits- fälle, Invalidität und für Altersversorgung. Auch bestanden die Bergleute auf regelmässiger Lohnzahlung in barem Gelde und auf Normalarbeitszeit, den Bergschichten. Die Bergleute waren grosse Freunde der Musik. Wie sie ihre eigene Tracht, ihre eigene fach- männische Ausdrucksweise beim Reden hatten, so hatten sie ihre eigenen Gesänge und Tänze, die „Bergreigen“, von denen uns viele überliefert sind. Bei Festen, namentlich in der Faschingszeit, führten sie einen Schwerttanz auf. Mosch schreibt darüber 1829 Mosch , Geschichte des Bergbaues in Deutschland, Bd. II, S. 50. : „Im südlichen Deutschland ist noch heutigen Tages unter den Salz- knappen Halleins und Hallstadts ein uralter, eigentümlicher Tanz üblich, welcher der Schwertertanz heisst, und welcher auch in den Bergstädten Sachsens gebräuchlich war.“ Derselbe wurde von neun 35* Bergbau. Tänzern, zwei Pfeifern, einem Trommler und zwei Hanswürsten aus- geführt, welche mit dem Spruch auftraten: „Wir treten herein ganz edel und fest, Und grüssen alle anwesenden Zuschauer aufs Best; Grüssten wir einen und den anderen nicht, So möchtens meinen, wir wären die rechten Schwerttänzer nicht; Die rechten Schwerttänzer sind wir genannt, Wir tragen das Schwert in unserer Hand; Spielmann mach auf den rechten Schwerttanz!“ Hierauf tanzten sie, indem jeder die Spitze des Schwertes von seinem Nebenmann anfasste, eine Ronde, sprangen über die Säbel, legten sie nieder, tanzten herum, hoben sie wieder auf und bildeten eine Schnecke, aus welcher sich die Tänzer wieder herauswinden mussten, ohne die Schwertspitze los zu lassen. Dann trat ein Hans- wurst in den Kreis und kniete nieder, die Tänzer aber legten ihre Schwerter auf ihn und der Vortänzer hielt, nachdem er auf die Schwerter gesprungen, von da herunter den Spruch: „Da bin ich heraufgestiegen, Wär’ besser, ich wär’ unten geblieben; Der Fasching ist ein verthulicher Mann, Hat all sein Hab und Gut verthan, Er hat verthan sein Hab und Gut, Bis auf einen alten, zerrissenen Hut. Er reist das Land wohl auf und nieder, Was er bekommt, versauft er wieder; So spring ich aus dem grünen Kranz, Spielmann mach auf den lustigen Schwerttanz!“ Nun tanzen die Tänzer abermals eine Ronde, jedoch schneller als die frühere, während dessen einer nach dem andern unvermerkt abtritt, so dass endlich nur der Vor- und Nachtänzer übrig bleiben, welche sich ein paarmal mit den Schwertern herumdrehen und end- lich unter einem jubelnden Vivat die Schwerter mit denen der andern zuschlagen, womit der Tanz schliesst. Aber nicht nur dem Frohsinn huldigten die Bergleute, ein ebenso ausgeprägter Zug war ihre tiefe Frömmigkeit. Dieselbe entsprang aus dem Ernst ihres gefährlichen Berufes. Nach der Reformation, der sich die Bergleute fast überall begeistert anschlossen, fand die- selbe ihren charakteristischen Ausdruck in den Bergpredigten. Vor- dem hatten die Gewerke und Knappen in guten Zeiten es sich zum Bergbau. besondern Verdienst gemacht, Kirchen und Kapellen zu stiften, so in Kuttenberg, Freiberg, Löwenberg u. s. w. Siehe Mosch , a. a. O., Bd. II, S. 117. . Als aber vor und mit der Reformation Predigten zum Bedürfnis wurden, fing man an, wie in Kuttenberg, besondere Prediger für die Bergleute zu bestellen, ihnen aus eigenen Mitteln Besoldung zu reichen und ihnen besondere Wohnung, meist neben der Kirche, einzurichten und anzuweisen, so geschah es Ende des 15. Jahrhunderts schon zu Schneeberg und St. Annaberg. Die Prediger dieser Bergkirchen wussten sehr bald den Ton zu finden, der in die Herzen der Bergknappen drang, und der sich vornehmlich auf die Liebe und Anhänglichkeit der Bergleute zu ihrem Beruf und auf ihren Berufsstolz gründete. Kluge Prediger suchten zur Versinnlichung der religiösen Wahrheiten dieselben in die Sprache und Bilder der Bergleute zu kleiden. Der Bergmann ward dadurch gewohnt, seinen Beruf und seine Redeweise durch die Schrift, welche gleichsam in seiner Sprache redete, geheiligt zu sehen. Auf diese Weise entstanden die charakteristischen Bergpredigten, ganz besonders im Erzgebirge. Der berühmteste Bergprediger wurde Mathesius (siehe S. 55), der sich in seiner Sarepta einen geist- lichen Bergmann, die christliche Kirche und Gemeinde aber das geistliche Bergwerk nennt. Er wusste in kräftigem Ausdruck, herz- licher Wärme und sinnvoller Helligkeit das göttliche Wort in die Sprache und Anschauung des Bergmanns zu übersetzen und den Herzen der Knappen zugänglich zu machen, wobei er es vorzüglich verstand, praktische Belehrung mit inniger Gemütsanregung zu verbinden. Neben der Kirche hielten die Bergleute die Schule hoch. Kein Stand hat für das Volksschulwesen von jeher so viel gethan als der Bergmannsstand. Die Opfer, die sie für Kirche und Schule brachten, waren ihnen ein Gotteszehnt. Die Schmelzer und Hüttenleute waren die Genossen der Berg- leute. Die Schmiede und diejenigen, welche das Eisen verarbeiteten, standen dagegen dem bürgerlichen Handwerk näher, bildeten Zünfte und hatten ihre Zunftordnungen und Gebräuche. Waldwirtschaft. Waldwirtschaft und Waldordnungen. Ehe wir diese betrachten, wollen wir einen kurzen Blick werfen auf denjenigen Grossbetrieb, welcher nächst dem Bergbau dem Eisen- hüttenwesen am nächsten stand, der Waldwirtschaft . Diese war für das Berg- und noch mehr für das Hüttenwesen von allergrösster Bedeutung. Viele Eisenhütten und Hämmer wurden des billigen Holzes wegen und zur Verwertung des Waldreichtums angelegt, und die Landesfürsten sowohl wie die Gemeinden unterstützten die Anlage solcher Werke, weil in den meisten Fällen der Wald ihr Hauptbesitz und ihre Haupteinnahmequelle war. Der Bergbau gab Veranlassung, dass die in der Nähe der Bergwerke befindlichen herrenlosen Wal- dungen, welche zum Betrieb derselben notwendig waren, bereits zu Anfang des 16. Jahrhunderts formell von den Landesherren in Besitz genommen wurden, wobei sich der Eigentumsanspruch auf das Berg- regal stützte In der Ordnung für die Bergwerke in Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain a. 1517 heisst es: „Es söllen an alles mit alle hoch- undt swartswäld, unns als Herrn unndt Landesfürsten, Wo Perkhwerch sein, oder noch aufersteend ver- folgen, zusambt unserm Perkhwerch. Es wär dan, das ain Khloster oder ain Gsloss ain aigen wald hetten, des dasselb Khloster oder Gsloss noddürftig wären, so sullen Jen Ungeirrt vom Perkhwerchen bleiben … Aber die andern all, auszerhalb der vorangezaigten, sollen, wo Perkhwerch sein, zu unnsern als Herrn unndt Landes- fürsten Perkhwerchen fudrung unnser fron unndt wechsel bevorsten.“ . Mit der Zeit aber trat in den Gegenden, wo die Eisenindustrie am meisten blüte, Holzmangel ein und nun sahen sich die Landes- herrn zu Waldschutzgesetzen gezwungen, die aber nicht nur in Schutz- vorschriften für den Wald, sondern auch in Einschränkungen des Hütten- und Hammerbetriebes bestanden und dadurch direkt in die Entwickelung des Eisenhüttenwesens eingriffen. Der Waldreichtum Europas war im Altertum viel grösser wie jetzt. Deutschland war zur Zeit der Kämpfe mit den Römern fast ganz mit Wald bedeckt und bildete derselbe seine stärkste Schutz- wehr gegen den Feind. Mit fortschreitender Kultur entstanden Ort- schaften und Städte, wozu grosse Waldflächen ausgerodet werden mussten. Kein Gesetz schränkte vor Karl dem Grossen diese Rodungen ein, dieser erliess die erste einschränkende Verordnung (… ubi silvae debent esse, non eas permittant nimis capulare atque damnare. Capitul. de villis, cap. 36). Da Überfluss an Wald vorhanden Waldwirtschaft. war, so lag keine Veranlassung vor, den Besitz desselben einzuschränken: der Wald gehörte allen, er war Gemeingut innerhalb der Grenzen der Stammesgebiete. Gewisse Waldgebiete reservierten sich die Könige hauptsächlich wegen der Jagd. Es war dies der silva regis, der schon in den Gesetzen der ripuarischen Franken erwähnt wird. Aus dem genossenschaftlichen Besitz der freien Ansiedler entwickelten sich die Markgenossenschaften. Diese bestanden in Dorfschaften, bei denen die Feldmark geteilt, die Waldmark aber Gemeingut war, oder aus Bauernschaften, bei welchen die Märker auf einzelnen Höfen sassen, die ungeteilte Waldmark aber Gemeingut war, oder aus grösseren Markgenossenschaften, wobei eine Anzahl von Dorfschaften und Holz- gütern die unverteilte Waldmark (Allmende, Centmark) in Gemein- schaft besassen. Auch hierbei entwickelte sich also das den Deutschen eigentüm- liche Genossenschaftswesen. Alles, was sich auf den Wald, seinen Schutz und seine Nutzung bezog, ordnete die „Markgemeinde“ in der Versammlung der Genossen, dem „Märkerding“, welchem auch die Gerichtsbarkeit in allen genossenschaftlichen Angelegenheiten zustand. Der Markgemeinde standen die Rechte des Waldes zu: „das Gebot und Verbot“, der „Bann“ und das „Wehrholz“, d. h. das Recht, das Holz zu wehren und zu bannen, sowie auch die Ordnungsstrafen Vgl. A. Schwappbach , Grundriss der Forst- und Jagdgeschichte Deutsch- lands, S. 39. . Die Markvorsteher hiessen Märkermeister, oberste Märker, Holz- grafen u. s. w. Mit der Ausbildung der öffentlichen Gewalt entstand neben und über dem Markvorstand und dem Märkergericht noch eine staatliche Behörde, welcher die Handhabung der Schirmgewalt und des Königs- bannes übertragen war, und welche durch kaiserliche Beamte: „Schirmherrn, Vögte, Waldboten“ ausgeübt wurden. Die freien Mark- gemeinschaften lösten sich aber allmählich in zweierlei Richtungen auf, einerseits in Verteilung zu Sondereigentum unter die Genossen, anderseits durch Verwandlung der Mark in Alleineigentum eines Herrn. Hatten die Landesherren ursprünglich nur das Jagdrecht und die Gebietshoheit in Anspruch genommen, so massten sie sich in der Folge auch Eigentums- oder Obereigentumsrechte für den Wald an und zogen die Genossenschaftsallmende einfach an sich. Auch die Errichtung der Bannforsten, aus der silva regis entstanden, und deren Vergrösserung trug mit zum Untergang der Markgenossen- Waldwirtschaft. schaften bei. So sehen wir im 16. Jahrhundert bereits überall die Landesfürsten als die Herren des Waldes. Von ihnen gingen auch die auf den Wald bezüglichen Verordnungen und Gesetze aus. Was die Bewirtschaftung des Waldes anbetrifft, so war an einer solchen bezüglich der Holznutzung in der älteren Zeit nicht die Rede, da Holz im Überfluss für alle Zwecke vorhanden war. Diese bezog sich mehr auf die Nebennutzungen, wie Weide, Schweinemast und Bienenzucht. Namentlich war die Schweinemast von grosser Wichtig- keit und Karl der Grosse regelte durch eine Reihe von Verordnungen den Eintrieb der Schweine in den Wald, die Behandlung herrenlos umherlaufender Schweine und die für den Eintrieb zu entrichtenden Abgaben. Der Schweinehirt war auf den deutschen Hofgütern eine wichtige Person und durch höheres Wehrgeld geschützt als andere Hörige. Die Entnahme von Holz zur Köhlerei war in keiner Weise beschränkt. Die Zunahme der Bevölkerung, das Wachsen der Städte und Dorfschaften, die Entstehung holzfressender Industrieen, wozu nament- lich die Eisenindustrie gehörte, welche eine regelmässige und grössere Entnahme von Holz aus den Waldungen zur Folge hatten, führten hier und da schon im 13. und 14., allgemein aber im 15. und 16. Jahr- hundert zu Beschränkungen der Holzentnahme, namentlich der Entnahme von Bauholz Die ersten Verordnungen gegen die Verwüstung der Wälder in Sachsen stammen von 1482. . Ebenso wurde die Ausfuhr von Bau- und Brennholz aus der Mark streng verboten; Zeit und Mass der Weide festgesetzt. In den siegenschen Haubergen erfolgte schon im Jahre 1447 die Ein- teilung in regelmässige Schläge. Dagegen wurde den Bergwerken und Hütten, den Eisenschmelzen und Hämmern das benötigte Holz zum Bauen frei geliefert oder zum Schlagen angewiesen. Die Waldschmiede, welche sich ihre Kohlen selbst brannten, waren ebenfalls in der Holzentnahme höchstens in- sofern beschränkt, als sie keine Stämme, die für Bauholz geeignet waren, schlagen durften. Sie waren auf Astholz, Unterholz und Fall- holz angewiesen. Mit der zunehmenden Ausbildung der Territorialhoheit entwickelte sich zugleich mit der Forsthoheit ein ausgebildeteres Forstrecht, wel- ches seinen Ausdruck fand in Forstordnungen, welche von allen mäch- tigeren Landesfürsten erlassen wurden. Diese Forstordnungen erstrecken sich seit Mitte des 16. Jahrhunderts nicht mehr allein auf die landes- Waldwirtschaft. herrlichen, sondern auf alle Waldungen innerhalb des betreffenden Landes. Zu den wichtigeren Forstordnungen gehören: Die Brandenburgische Forstordnung unterhalb des Gebirges (Fichtel- gebirges) von 1531 und die Brandenburgische Holzordnung für die Kurmark von 1547; die Hessische Forst- und Jagdordnung von 1532. die Braunschweig-Lüneburgische Forst- und Jagdordnung von 1547; die Württembergischen Forst- und Holzordnungen von 1540, 1552 und 1567; die Bayerische Forst- und Jagdordnung von 1586; die Kur- pfälzische Forstordnung von 1580 und die Hohenlohesche Forstordnung von 1579. Berg- und Waldbau hatten so viele Beziehungen zu einander, dass sie in manchen Ländern unter einer und derselben Behörde standen. Dies war namentlich im Harz der Fall, wo sich die Verhältnisse in eigenartiger Weise entwickelten, worauf wir später bei dem Harzer Eisenhüttenwesen zurückkommen werden. Die Köhlerei bildete einen wichtigen Teil der Waldnutzung und enthalten die betreffenden Gesetze mancherlei darauf bezügliche Bestimmungen. In der Waldordnung, welche Kaiser Maximilian II. für das Kupfer- werk in „Newensoll“ 1563 erliess, heisst es bezüglich der Holzkohlen: „Die Holzmeister, Fürdinger oder Khollmaister sollen guet gerecht khol brennen, gerechte, gefüchte, kholgaren (Karren) und Säkh haben, das recht gewendlich und guet mass, in die hüttenwerch libern, darauf dann die waldmaister oder Waldvörster neben dem Hüttenberayter, Schaffnern und Hüttenschreibern Ir getrewes, vleissiges aufsehen haben, vnnd die Verordnung, damit das beschehe thun sollen, vnd dieselben alle Quartal des Jars bey allen Hütwerchen abeichen und abmessen.“ Bestimmungen über richtiges Kohlenmass sind ebenso in den Hüttenordnungen, wie in den Waldordnungen enthalten. Das Kohlenbrennen geschah in früheren Zeiten in Deutsch- land noch vielfach in Gruben. Im 16. Jahrhundert hatten die Schmiede noch in vielen Gegenden das Recht, ihren Bedarf an Kohlen in Gruben selbst zu brennen. In dem Spessarter Försterweistum von 1589 heisst es: „auch sollen sie einen schmid da han, der soll grobes kohlen brönnen, vas er der verschmiden mag.“ Man sah das Kohlenbrennen als eine Wohlthat für den Wald an, indem dadurch mit dem ab- ständigen und Abfallholz aufgeräumt wurde. So heisst es in einer bayerischen, auf eine Eisenhütte bei Bodenwöhr bezüglichen Verord- nung, der Eisenhammer von … wäre wieder ganghaft zu machen, „damit das Reisig und Gipflholz, so sonsten ohne das nit zu nuz ge- Waldwirtschaft. bracht werden kann, verkohlt werden möchte“ Siehe Voigt , Bodenwöhr, in der Zeitschrift des Regensburger historischen Vereins, Bd. II, S. 357. . Und ein andermal: „Wann die Hämmer also fortan erniederliegen sollten, wüssten sie niemehr ihr Vieh zu erhalten, dann die weydt wegen der schaidten, reisern vnd anderen, so allde verfaullen müsse, bleibe verderbt, da sousten die Hämmermeister solches afzeprennen schuldig sein.“ In den sächsischen Waldordnungen (1555, 1557, 1560) treten bei den Verordnungen über das Kohlenbrennen zwei Gesichtspunkte be- sonders hervor: einerseits möglichste Ausbeute, anderseits Schutz gegen Waldverwüstung. Kurfürst August erliess 1557 folgenden Befehl an den „Schösser“ auf den Schellenberg: „Auf dass hinfüro der Betrug mit den Kohlen desto mehr verhütet werde, wollest du die fleissige und ernste Be- schaffung thun, dass, so oft ein Kohlenmeiler gebrannt wird, derselbe durch die Köhler nicht aufgethan oder den Fuhrleuten vermessen wird, bis unsre Forstschreiber und Knechte dabei sind und mit den Kohlen ausschneiden (auf das Kerbholz), wieviel Körbe Kohlen ein jeder Meiler gehalten und mit Fleiss Acht geben; dass jeder Fuhr- mann die ordentliche Zahl Körbe, so es sich auf einen Wagen ge- bühret, lade. Wollest auch jedem Fuhrmann einen Zettel, von wel- chem du jeder Zeit eine Abschrift in ein Buch verzeichnen sollst, zustellen und darin verzeichnen, wie der Fuhrmann heisst, wo er wohnt, wie viel Körbe und wo er geladen, dass er solchen Zettel dem Hüttenverwalter zustelle und dieser sich beim Empfang der Kohlen danach richte.“ — Weitere Verbesserungen führte der Kurfürst beim Verkauf der Kohlen ein. In den Ämtern Pirna und Königstein hatten die Hammermeister die Kohlen früher nach „Grubschaften“ gekauft, wobei sie nicht die Kohlen, sondern das Holz auf dem Stamme kauften. Dieses liessen sie zu ihrem nicht geringen Vorteil oft acht Jahre und länger ungehauen stehen. Der Kurfürst schaffte 1556 den Verkauf nach Grubschaften ab und bestimmte, dass auf einen Wagen Kohlen 2½ Klafter Holz gerechnet werden sollte. Ein Klafter Holz gab fünf Körbe Holzkohlen nach Freiberger Mass. Oft waren bestimmte Waldungen den Bergwerken oder Hütten zugewiesen, wie z. B. im Harz. Schon Kaiser Friedrich I. hatte dort einen Wald, den Rammelsberg, geschenkt. Dies geschah, als er sich aus dem Verbande der Gewerken zurückzog und den Bergzehent forderte, als Äquivalent dafür schenkte er der Stadt Goslar einen Zünfte der Eisenarbeiter. Wald „zum Behuf des Bergwerks“. Aus solchen ursprünglich frei- willigen Zuwendungen der Landesherren entwickelte sich allmählich ein bestimmtes Bergrecht, wonach gegen Überlassung von Grund und Boden und freiem Holz, der Herrschaft der Bergzehent, ein Acker- anteil und Erbkuksen bestimmt wurden. Die Beholzung war den Bergleuten ursprünglich ganz frei gegeben. Nach dem alten Wenzeslausschen Bergrecht war in Böhmen jedem Bergwerk zunächst ein Ackeranteil für die Viehherde auf die Ent- fernung, welche ein Bogenschütze erreichen konnte, zugeteilt. In diesem Umkreise entstanden Ansiedelungen, Schmelzhütten u. s. w. Ausserdem war die Beholzung freigegeben. Infolgedessen schlugen die Bergleute Holz wann und wo sie wollten, liessen ihr Vieh frei im Walde herumlaufen und verwüsteten mehr als sie genossen. Diesem Missstand wurde dann einigermassen dadurch gesteuert, dass den Bergwerken und Hütten bestimmte Wälder zugewiesen wurden und dieses Ver- hältnis wurde nicht alteriert durch den Wechsel der Landesherrschaft Vergl. Forstordnungen des Erzherzogs Ferdinand von 1560, 1563 und 1564, sowie Graf Sternberg , Geschichte der Böhmischen Bergwerke, Bd. I, 2. Abt., S. 94 sc. „Über die Reservat-Waldungen der Böhmischen Bergwerke.“ . Später durfte, soweit nicht ganze Schläge zum Verkohlen bestimmt waren, nur geringwertiges Holz und solches, welches an unwegsamen Orten stand, verkohlt werden. Zünfte der Eisenarbeiter. Über die Zünfte , Handwerkssitten und Gebräuche und über die sociale Stellung der Eisenarbeiter im Mittelalter haben wir das Nötige im ersten Bande vorgetragen. Das sechzehnte Jahrhundert war die Blütezeit des Zunftwesens in Deutschland. Die Zünfte (Gilden, Innungen) hatten sich in den grossen freien Reichsstädten durch ihre siegreichen Kämpfe gegen die Geschlechter (die Patrizier) auch politische Rechte erworben und bildeten politische Korporationen, welche in dem Rat der Stadt ihre Vertretung hatten. Auf ihrer Wehrhaftigkeit, ihrem Zusammen- halt beruhte grösstenteils die Sicherheit der Städte nach aussen, auf ihrer Tüchtigkeit der Wohlstand und die Wohlfahrt im Inneren. In Zünfte der Eisenarbeiter. den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts waren sie noch Pfleg- stätten energischen Bürgersinns, von Zucht, Ehrbarkeit und Kunst- fertigkeit. Durch die inneren Spaltungen Deutschlands nach der Reformation, durch den Rückgang des Wohlstandes, durch das Wachsen der landesherrlichen Gewalt trat ein Rückgang in der Tüchtigkeit und in dem Ansehen der Zünfte ein. Eigennutz und Kastengeist gewannen die Oberhand; Exklusivität und Formalismus machten sich breit: Das Bestreben, das Gewerbe in wenig Händen zu monopolisieren, wirkte lähmend auf die Entwickelung desselben. Eine der wichtigsten und ältesten Zünfte waren die Eisen- schmiede , die anfangs nur in Waffenschmiede und Grobschmiede geteilt, bald in eine ganze Anzahl von Innungen zerfielen, die wir zum Teil schon kennen gelernt haben. Wie die Berg- und Hütten- leute ihre Berg- und Hüttenordnungen hatten, so besassen die Zünfte ihre Zunftordnungen . Diese hatten sich die Zünfte in den grossen Städten auf Grund der bestehenden Gewohnheiten und Gebräuche im Mittelalter selbst gegeben. Nach der Befestigung der landesherrlichen Gewalt erliessen die Fürsten die Zunftordnungen für ihre Länder und die älteren, bestehenden Zünfte begaben sich unter den Schutz der Landesherren und liessen sich von diesen ihre Rechte und Ordnungen bestätigen. So übergaben die Brudermeister und Zunftgenossen Sanct Lons oder Loys (Eulogius) der Schmiedezunft zu Saarbrücken und St. Johann im Jahre 1552 dem Grafen Philipp II. ihre Zunftartikel mit der Bitte, solche als Landesherr zu bestätigen, was auch geschah. Zu dieser vereinigten Eulogius- oder Lores-Zunft gehörten damals die Schmiede, Schlosser, Steinmetzen und Wagner, wahrscheinlich auch die Zimmer- leute, kurzum die Bauhandwerker. Sie hiess auch die Hammer- und Spänhauerzunft. Unter den Schmieden waren nach dem Zunftbuch von 1550 einbegriffen die Huf- und Waffenschmiede, Schlosser und Nagelschmiede, auch die Goldschmiede, ferner die Büchsenmacher, Sporer, Uhr- und Windenmacher, Zirkelschmiede und Spengler. Die ganze Zunft wurde als eine Einheit aufgefasst und jeder Meister durfte nur eine bestimmte Anzahl Gesellen halten. Arbeit und Gewinn sollten unter den Zunftgenossen möglichst gleich verteilt sein. Hatte einer einen grossen Auftrag, wie z. B. die berühmten Nürnberger Plattner, so wurde ihm ausnahmsweise und nur auf be- schränkte Zeit vom Rat gestattet, mehr Gesellen einzustellen, ausser- dem aber konnte er unbeschäftigte Meister für sich arbeiten lassen. So wurde Dienstag den 20. Juli 1484 dem Hans Grünwalt , Plattner Zünfte der Eisenarbeiter. zu Nürnberg, „vergönnt Siehe J. Neudörfer (1547), Nürnberger Künstler, herausgegeben von Lochner , S. 56. , dass er mit seiner gebührlichen Anzahl Knecht, die laut der Ordnung zugegeben ist, sein Handwerk in beiden seinen Häusern arbeiten und üben mag und seines Stückwerkers und Lehrjungen halb, die beide er in seinem Haus hat, soll es bei der Ordnung unn Gesetz bleiben und solches soll den geschworenen Meistern mit ziemlichen Worten eröffnet werden“. Die hier erwähnten „Stückwerker“ waren Meister, die nicht genug zu thun hatten, um für sich arbeiten zu können und daher für einen andern entweder in ihrer Wohnung oder wie hier bei diesem arbeiteten. Später kam dafür die Benennung „Heimarbeiter“ auf. Am Sonntag den 7. April 1487 „wird dem Hannsen Grünwalten , Plattnern, erlaubt, zweier oder dreier Knecht mehr, dann ihm die Ordnung zu- teilt, einzustellen, dieweil er Herrn Sigmund Grüschenken (dem Factotum Kaiser Friedrichs II., mit welchem er damals in Nürnberg war) Arbeiten versprochen, doch bei Herrn Sigmunden Fleiss zu thun davon abzustehen“. Grünwalt wird 1489 gerügt, „weil er einen Rat mit viel König und Fürsten Bitte, um Haltung mehr Knecht, als die Ordnung zugiebt, mannigfaltig überzogen hat. Nur, wenn er wirklich dem Römischen König (Maximilian) Harnisch zu machen hat, sollten ihm für vier Wochen zwei Knecht über die Ordnung vergönnt sein, aber nicht länger.“ Am 15. Decbr. 1489 wird ihm eine Rüge erteilt, „wegen mehr Knecht als Gesetz und Ordnung gestatten“. Kein anderer Platt- ner war damals so begehrt wie Grünewald , der 1503 starb. — Auch den berühmten Schlossern Jacob Bullmann und Georg Heuss wurde bei besonderer Veranlassung eine grössere Anzahl Knechte (Gesellen), als die Ordnung zuliess, „ausnahmweise“ gestattet. Wie durch die Zunftordnungen die Zahl der Gesellen, die ein Meister halten durfte, bestimmt war, so wurden auch die Löhne fest- gesetzt. Dies geschah namentlich durch die landesherrlichen Zunft- ordnungen nach Erlass der Reichspolizeiordnung von 1548. So führte auf Grund derselben Joachim II. von Brandenburg eine Erhöhung der Gesinde- und Knechtelöhne ein, und 1562 fixierte Markgraf Johann die Gesinde- und Tagelöhne für die Neumark. Mit diesen Lohnfragen beschäftigten sich zahlreiche Reichstagsabschiede im 16. Jahrhundert. Durch das ganze Zunftwesen geht ein socialistischer Zug insofern, als man eine gleichförmige Verteilung des Gewinnes erstrebte. Je weniger Nachfrage nach Arbeit, je geringer der Verdienst, je mehr wurde von den Zunftgenossen auf Einschränkung des Betriebsumfanges Zünfte der Eisenarbeiter. und der Gesellenzahl gesehen, um so eifriger wurde die Hetze gegen die „Pfuscher“ betrieben. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts hatte der Import fremder Waren und Gewerbserzeugnisse durch Krämer und Hausierer zugenommen. Ebenso arbeiteten manche Gesellen, die, meist aus Mangel an Mitteln, das Meisterrecht gar nicht erworben hatten. Gegen diese „Gäste“, welche gewöhnlich als „Amtsstörer, Pfuscher, Bönhasen“ bezeichnet wurden, führten die privilegierten Zunftgenossen, so lange sie bestanden, erbitterten Kampf und hielten förmlich Jagd auf dieselben. Dasjenige, was den Zünften am meisten ihre Existenzberechtigung gab, war die Hochhaltung der Berufsehre und die Sorge für die Erziehung der heranwachsenden Genossen für ihren Beruf. Die Heranbildung durch Lehrlings- und Gesellenwesen zum Meister war etwas Grosses, kulturgeschichtlich Bedeutendes. Erscheint uns die Form, unter der dies geschah, auch sonderbar, manchmal barock, so leuchtet doch der sittliche Kern durch. Auch für das Eisengewerbe ist diese Einrichtung von Bedeutung gewesen und bildet einen Teil seiner Geschichte. Die Klingenschmiede , Schleifer und Reider haben wir bereits als gesperrte oder geschworene Zünfte kennen gelernt, die den Verbleibungseid leisten mussten, und deren Handwerksgeheimnisse sich nur vom Vater auf Sohn forterbten. Ähnlich verhielt es sich mit der uralten Massenbläser- und Hammerschmiedezunft in Siegen (Bd. I, S. 966), den Osemundschmieden , den Drahtziehern und andern. Eine besondere Art der Schmiede waren die Bergschmiede , welche bei den Bergwerken ansässig waren und das Eisenwerk für den Bergbau, besonders die Werkzeuge der Bergleute — das Gezähe — anfertigten und im Stande hielten. Ihnen wurde in den Bergbau treibenden Staaten besondere Aufmerksamkeit zugewendet. Im Kur- fürstentum Sachsen wurde im Jahre 1564 ihre Ordnung neu geprüft und bestätigt Siehe Falk , Kurfürst August von Sachsen, S. 241. . Danach wählten sie aus ihrer Mitte zwei „Vier- meister“ (Fürmeister, Zunftmeister), welche vom Bergvoigt und Berg- meister bestätigt und vereidigt wurden. Diese hatten die Rechnung zu legen, und die andern Meister mussten ihnen nach Massgabe der Ordnung gehorchen. Sie sollten, so oft es nötig, die Meister zusammen- rufen, die Ältesten zu sich setzen, über alles, was das Handwerk anging, Rat pflegen, kein unziemlich Geschrei, noch unziemliche Worte Zünfte der Eisenarbeiter. zulassen, ein jeder sollte sich zum Wort melden. In jedem Quartal sollten alle Meister wenigstens einmal auf Zuschickung des Ringes und Bezeichnung von Tag und Stunde bei dem Viermeister zusammen- kommen und jeder bei zwei Groschen Strafe erscheinen. Wer Meister werden wollte, hatte den Bergamtleuten einen Gulden, dem Handwerk ½ Gulden zu Meisterrecht zu geben und seinen Lehr- und Geleits- brief wenigstens bis zum nächsten Quartal vorzulegen. Beim Begräbnis eines aus der Bruderschaft mussten alle Meister mit zum Grabe gehen, und die jungen Meister je nach der Wahl der Viermeister die Leiche tragen. Heiratete ein Geselle eines Meisters Tochter oder Witwe, so hatte er nur die halben Gebühren zu bezahlen, musste aber das Meisterstück machen und Eidespflicht leisten. Kein Meister sollte altes Gezeug oder gestohlenes Gut kaufen, der Bergmeister habe es denn zuvor besichtigt, — noch falsche Zeichen auf das Eisen schlagen, — noch verdächtige Arbeit als Ziegenfüsse, „Helewiger“, Hebzeuge und Haken machen, ausser für unverdächtige Leute. Kein Meister durfte ohne Vorwissen der Zunftmeister einen Lehrjungen annehmen. Der Gesellen „guter Montag“ wurde verboten. Kein verehelichter Meister sollte mit einem andern haushalten, oder verdächtige Personen in Haus und Schmiede aufnehmen. — Jeder zum Viermeister Gewählte musste bei einem Gulden Strafe annehmen; keiner dem andern bei 20 Groschen Strafe Gesellen oder Gesinde abspännig machen. — Sodann wurden für alle gangbaren Arbeiten Schmiedetaxen festgesetzt, die aber nach Ausweis der Rechnungen nie festgehalten wurden. — In einer Ordnung von 1560 wird weiterhin bestimmt: der Zunftmeister sollte den Ring zu rechter Zeit ausgehen lassen, und wer denselben nicht nach Handwerkssitte weiter schickte, vier Groschen Strafe zahlen. — Der Ring war demnach das Zeichen der Amtsgewalt und das Ring- schicken war gleichbedeutend mit der amtlichen Ladung. — Bei Beginn der Verhandlung sollte ein Wachslicht angezündet werden und wer nicht kam, solange es brannte, zahlte einen Groschen Strafe. — War das Licht verbrannt, so wurde die Lade aufgethan, die Ursache der Beschickung von dem Zunftmeister angezeigt, und solange die Lade offen stand, mussten des Handwerks Sachen verhandelt und sollte weder Bier noch Wein getrunken werden: nach Schliessung der Lade durfte jeder zechen, doch nicht für mehr als vier Pfennige; dagegen musste jeder alle Quartal einen Groschen in die Lade zahlen. — Ungebühr, Streit und Frevel wurde mit Geldstrafen gebüsst. Wer z. B. mit „mordlicher Wehr“ in der Versammlung erschien, hatte fünf Groschen Strafe zu zahlen. Zünfte der Eisenarbeiter. In den Städten geschah die Ladung zur Zunftversammlung durch die „Umfrage“; die Zusammenkunft selbst hiess „Morgensprache“, welche „gehegt“ wurde. Die gehegten Morgensprachen wurden häufig auch gesellig gefeiert, und zwar mit den Familien der Zunftgenossen. Den Zünften stand gegenüber ihren Gliedern teilweise die niedere Gerichtsbarkeit zu. Wollte ein Junge in die Zunft aufgenommen werden, so musste er vor allem seine eheliche und ehrliche Geburt erweisen Siehe Berlepsch , Chronik der Feuerarbeiter, S. 45, wo ein Beglaubigungs- brief der ehelichen Geburt eines Hufschmiedes aus der Mitte des 17. Jahrhunderts mitgeteilt ist. Vergl. auch Bd. I, S. 882. . Waren diese und die sonst vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt, so wurde der Junge erst zu einer meist vierwöchentlichen Probe und danach erst förmlich als Lehrling angenommen. Innerhalb der ersten 14 Tage musste er dem Ober- oder Zunftmeister vorgestellt werden, dann folgte das förmliche Aufdingen. Die Dauer der Lehrzeit richtete sich nach dem Gewerbe; meistens betrug sie zwei Jahre, so bei den Huf- oder Grobschmieden, bei den Waffenschmieden aber drei Jahre. Wenn ein Vater seinem leiblichen Sohn oder Stiefsohn das Handwerk lehrte, durfte er ihn früher losgeben, wenn er ihn für genügend ausgebildet hielt. — Das Lehrgeld war verschieden, in den Städten meist höher. Um Überfüllung im Handwerk zu verhindern, war es an vielen Orten gebräuchlich, dass ein Meister, wenn er einen Jungen ausgelernt hatte, ein Jahr warten musste, ehe er wieder einen in die Lehre nahm. Hatte der Junge ausgelernt, so erfolgte die Lossprechung über allerhand Ceremonien. Auch hatte ihm sein Meister den Handwerksgruss beibringen müssen, dessen er sich später bei der Wanderschaft bedienen musste. Der Lehrbrief, ein wichtiges Dokument für den zukünftigen Meister, musste von dem Lehrmeister, dem derzeitigen Obermeister und zwei Beisitzern unterschrieben sein. Diese Lehrbriefe waren, wie auch die mündlichen Zunftverhandlungen, sehr umständlich und enthielten eine Menge unnützen Wortkram Siehe Vollkmanns Notarkunst, Pars III, Cap. 36, Nr. 6, sub entr. Lehrbrief von einem Rat gegeben. . Gerade bei den Eisenarbeitern erhielten sich lange die alten Gebräuche. Die Aufnahme des Lehrjungen als Gehilfe geschah nun in folgen- der Weise Siehe Berlepsch , a. a. O., S. 49. : An dem Tage, an dem die Gesellen „Auflage“ hatten und vor der Lade versammelt waren, musste sich der Lehrjunge zur Stelle melden. Es wurde sodann ein Stuhl mitten in die Stube ge- setzt und der Altgesell hing ein Handtuch über beide Schultern. Die Enden des Tuches mussten in ein Handbecken fallen, das auf dem Zünfte der Eisenarbeiter. Tische stand. — Nun stand der, so das „Feuer aufblasen will“ (meist der jüngste Geselle) auf und sprach: „Mit Gunst, dass ich mag auf- stehen, mit Gunst, dass ich mag zuschicken Alles, was man zum Feuer- aufblasen bedarf u. s. w. …; ich frage zum ersten-, andern- und drittenmal, was gebt ihr mir für Schuld?“ Darauf antworteten die Gesellen: „Die Gesellen geben dir einen ganzen Haufen voll Schuld: dass du hinkst, dass du stinkst. Kannst du nun einen finden, der ärger hinkt und stinkt als du, so stehe auf und hänge ihm den Schandfleck an, den du anhast.“ — Der Geselle, der das Feuer auf- geblasen, suchte in der Reihe herum, um einen zu finden, der ärger daran sei als er. Mittlerweile hat man den Lehrbuden hereingeholt, der zum Gesellen gemacht werden sollte. Wenn nun jener diesen erblickte, so ging er auf ihn zu, zog ihn beim Ärmel heran, hing ihm das Tuch um, setzte ihn auf den Stuhl und sagte: „Dieser hinkt und stinkt besser als ich.“ — Darauf sagte der Altgeselle zum Lehrbub: „Weilen du willst ein Geselle werden, so wollen wir um dich treten; lies dir drei Paten aus, so dich zum Gesellen machen können.“ — Dies erfolgt. Alsdann wird das Feuer wieder ausgekühlt. Der Pate, der das Amt übernommen, „um ein Fuder Krebse, um einen polnischen Ochsen, um ein Mass Wein und ein gemästet Schwein“, hält alsdann die „Vorsage“, in welcher dem Lehrjungen gute Regeln für seine Wanderschaft und Gesellenleben gegeben werden und zwar in ernst- scherzhaften Reden und Versen: Er soll nicht in der Woche auf die Wanderschaft gehen, sondern am Sonntag Mittag, wenn er gut ge- gessen hat und gebetet. Dann soll er seinen Meister und seiner Meisterin danken, wie sich’s gebührt. — „Mein Pate, wenn du heut oder morgen einmal wandern willst, so lauf nicht allein zum Thor hinaus, sondern mache dir erst einen guten Namen bei der Bursch, spendier erst eine Kanne Bier oder Wein, hast auch Macht, die Kunst- pfeifer und andere Gesellen mehr mit hinaus zu nehmen, die dir das Geleite geben, und wenn du aussen vors Thor kommst, so nimm drei Federn in deine rechte Hand und blase sie von dir Alter deutscher Gebrauch beim Auswandern. Vergl. Grimms deutsche Rechtsaltertümer, S. 83. : die eine wird fliegen zur Rechten, die andere zur Linken, die dritte wird fliegen gerad hinaus. Welcher willst du nachwandern?“ — Nun folgt eine lange Scherzrede über die drei Wege, die vor ihm liegen. Er soll immer dem geraden Wege folgen. Dann schildert der Pate, was ihm auf seiner Wanderschaft all begegen wird und ermahnt in Beck , Geschichte des Eisens. 36 Zünfte der Eisenarbeiter. spasshaften Bildern zur Klugheit, Bescheidenheit, Ehrlichkeit und Tapferkeit. Nach mancherlei Abenteuern komme er endlich an eine Stadt. Da soll er sein Bündel der Thorwacht geben, in die Stadt gehen und sich ein Zeichen von einem Meister holen, dass er ein Schmied sei. Nun geht er zur nächsten Werkstatt und sagt seinen Gruss: „Guten Tag, Glück herein, Gott ehre das Handwerk, Meister und Gesellen;“ so werden sie danken und sagen: Willkommen, Schmied. — Als das erbetene Zeichen bekommt er einen Hammer, ein Hufeisen oder einen Spannring. Damit löst er sein Ränzel am Thor aus und geht mit demselben zum Meister. Will er nur kurze Rast haben, so sagt er nach obigem Schmiedegruss: „Meister, ich wollt ihn ange- sprochen haben von wegen des Handwerks, ob ihr mich meinen Bündel wollt ablegen lassen, dass ich mit Gott und Ehren kann weiter kommen.“ Will er Nachtherberge, so spricht er: „Meister, ich wollt ihn ange- sprochen haben von wegen des Handwerks, wenn ihr mich und meinen Bündel wollt beherbergen, dass ich mit Gott und Ehren kann weiter kommen.“ Dann wird der Meister sagen: „leg ab“ .... „Wenn du ihn nun abgelegt hast und der Bruder arbeitet, so schlag ein- oder zweimal mit und dann sprich: Mit Gunst, Schmied, wie ist es hier Gebrauch, lässt man sich Arbeit schauen oder geht man aufs Ge- schenke? So wird er sagen: Es ist hier der Gebrauch, dass man sich lässt Arbeit schauen; so gehe denn hin vor den Meister und sprich: Meister, ich wollt ihn angesprochen haben wegen des Handwerks, ob Ihr Eurem Burschen wollt die Zeit vergönnen, dass er mir Arbeit schau; so wird er sagen: Ja. So gehe denn hin zu dem Burschen und sprich: Mit Gunst, Schmied, ich wollt dich angesprochen haben von wegen des Handwerks, ob du mir wolltest Arbeit schauen auf 8 oder 14 Tagen nach Handwerksbrauch.“ Oder ist es Gebrauch, dass man aufs Geschenk geht, so gehst du von 8 bis 11 und von 1 bis 4 Uhr; und nun folgt eine humoristische Schilderung, wie er sich hierbei in der Werkstätte, wie in der Herberge zu benehmen hat, wobei das „Ausschicken“ nach Bier oder Wein eine wichtige Rolle spielt. So giebt die originelle „Vorsage“ eine Schilderung der ganzen Wanderschaft mit allen ihren Freuden und Leiden. Sie stammt ihrem Hauptinhalte nach wohl schon aus dem Mittelalter. Nicht minder alt ist der Schmiedegesellengruss Siehe Berlepsch , a. a. O., S. 61. — Stock , Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens 1844, S. 87. — Des Knaben Wunderhorn, Bd. II, S. 74. . Ein gereimtes Zünfte der Eisenarbeiter. Zwiegespräch zwischen dem Altgesellen und dem Fremden, das ge- sprochen wurde, wenn die Bruderschaft Auflage hielt. — In neckischer Rede wird der Fremde nach Namen, Geburtsort u. s. w. ausgefragt. So fragt der Altgesell, nachdem der Fremde seinen Namen genannt, ob er seinen „feinen Namen sich wohl ersungen und ersprungen habe?“ Der Fremde antwortet: „Mein Schmied, ich konnte wohl singen, Ich konnte wohl springen, Ich konnte wohl mit schönen Jungfern umgehen, Das alles wollte nichts helfen, Ich musste rennen und laufen, Ich musste meinen ehrlichen Namen um ein frei Wochenlohn kaufen, Das Wochenlohn wollte nicht recken, Ich musste die Mutterpfennige und das Trinkgeld auch dran stecken.“ Altgesell: „Mein Schmied, in welcher Stadt oder Marktflecken sind dir solch edle Wohlthaten widerfahren?“ Fremder: „Mein Schmied, in der königlichen See-Handelsstadt Danzig, Da man mehr Gersten zu Bier mälzt, Als man hier Silber und Gold schmelzt.“ u. s. w. Hatte der Lehrling ausgelernt, so war er zur Wanderschaft ver- pflichtet. Er konnte nicht zünftiger Meister oder auch nur Altgeselle werden, ohne eine Reihe von Jahren gewandert zu sein. Das Wandern war doppelt nötig in der Zeit, da Lesen und Schreiben noch kaum bekannt war und alle Belehrung durch mündliche Mitteilung geschehen musste. Die Gesellen an einem Orte bildeten unter sich eine Bruderschaft, hatten ihre Herberge, in der sie alle vier bis sechs Wochen regel- mässige Zusammenkünfte abhielten. Das Einkehren in die Herberge war Pflicht der wandernden Gesellen, die auch ihr Nachtquartier dort suchen mussten. Dort erhielten sie ihr Geschenk. War dieses festgesetzt und jedem bestimmt, so dass er ein Anrecht darauf hatte, so war dies ein „geschenktes Handwerk“. „Schenke halten“, hiess die Bewirtung, sowie auch das festliche Gelage, welches durch Aufstellung eines verzierten Pokals, dem Willkommen, eröffnet wurde. Das Recht, Geschenk oder Willkommen zu halten und sich als „geschenktes Handwerk“ zu bezeichnen, wurde von der Behörde verliehen. Es wurde als ein besonderes Vorrecht angesehen. Damit verbunden war das Recht, das Handwerk zu grüssen, d. h. den Willkommen zu fordern, was keinem wandernden Genossen versagt werden durfte, wenn er 36* Zünfte der Eisenarbeiter. nicht etwa „gescholten“ war. In ältester Zeit sassen Meister und Gesellen zusammen, später getrennt. Es bildete sich die Bruder- schaft der Gesellen, die getrennt von den Meistern ihre Auflage hielten. Da sie aber Anrecht an der „Lade“, d. h. an dem Innungs- vermögen hatten, so kauften sich die Meister durch bares Geld von den Gesellen los und hieraus wurden die Geschenke und Reise- unterstützungen bezahlt. Nicht alle Zünfte gaben Geldgeschenke, auch die Schmiede nicht, obgleich sie sonst zu den geschenkten Handwerken gehörten. Bei den Auflagen bestanden ebenfalls ganz bestimmte Gebräuche. In Magdeburg ging es beispielsweise folgendermassen zu Siehe C. L. Stock , Grundzüge der gesellschaftlichen Verfassung, S. 77 und Berlepsch , a. a. O., S. 65. : Wenn die Bruderschaft beisammen war, klopfte der Altgeselle mit einem Ham- mer dreimal auf den Tisch und sprach: „Mit Gunst, ihr Gesellen, seid still! Es sind heute sechs Wochen, dass wir zuletzt Auflage gehalten haben; es mag gleich kürzer oder länger sein, so ist hier in Magde- burg Handwerksgebrauch und Gewohnheit, dass wir nicht nach fünf, sondern nach sechs Wochen auf der Herberge zusammenkommen, Umfrage und Auflage halten. Mit Gruss zum erstenmal bei der Buse. Der Knappmeister wird dem ehrbaren Handwerk und mir zu Gefallen die Lade auftragen nach Handwerksgebrauch und Gewohnheit.“ Mit allerlei Reden und Ceremonien stellte alsdann der Knapp- meister die Lade auf den Tisch, öffnet sie in vorschriftsmässiger Fig. 195. Weise und nimmt die darin befindlichen Bücher, sowie Tinte, Feder und Kreide heraus. Alsdann zeichnet er mit Kreide den Gesellenkreis, aus einem inneren ge- schlossenen und einem äusseren offenen bestehend, zwischen welche die Namen der Gesellen eingeschrieben werden. Sodann ruft er die Werkstätten, welche die Auflage zahlen sollen, der Reihe nach auf. Zuletzt werden die fremden Gesellen zum Einschreiben aufgefordert. Der fremde Geselle berührt den Hammer und es folgt der oben erwähnte Gesellengruss. Nur ein „gemachter“ Geselle konnte an der Auflage teilnehmen. War er noch nicht unter den vorgeschriebenen Formeln losgesprochen, so galt er als Jünger, wenn er auch als Geselle oder Knecht bei einem Meister um Wochenlohn arbeitete. Solcher durfte Zünfte der Eisenarbeiter. keine Handwerksgewohnheiten mitmachen, keinen wirklichen Gesellen duzen, mit keinem Gesellen um Geld spielen, keinem Gesellen zur rechten Seite gehen u. s. w. Die Gesellenbruderschaften kamen öfter in Gegnerschaft zu den Meistern und wenn auch auf Ehre und Sitte streng gesehen wurde, so führte doch die einseitige Verfolgung ihrer Interessen zu Unruhen und Arbeitseinstellungen. Über dieses „Auftreiben“ der Gesellen, unsern heutigen Streiks entsprechend, haben wir Bd. I, S. 883 bereits Mitteilung gemacht. Das Einstellen der Arbeit nannte man bei den Schmieden „den Meistern den Hammer legen“. Die Gesellen oder „Knappen“ wurden gewöhnlich auf ein Jahr eingestellt und war es jedem Meister bei Strafe verboten, einem Mit- meister seine Knappen abwendig zu machen und in seinen Dienst zu locken. Nicht jeder Geselle wurde ein Meister, vielmehr war das Meister- werden sehr erschwert. Ausser der Erfüllung seiner Lehrlings- und Gesellenpflichten verlangte man von ihm, dass er erst sein „Mutjahr“ in der Stadt, in welcher er sich als Meister niederlassen wollte, ab- arbeitete. Dann musste er eine „ehrbare Jungfer“ als künftige Lebens- gefährtin bereits bezeichnen können. „Meisterwerden und Heiraten gehörte zusammen, wie der Löffel zur Suppe.“ Dann musste er sein Meisterstück machen (s. Bd. I, S. 880 bis 882; Bd. II, S. 409, 418, 498). Dieses war in verschiedenen Städten verschieden. Die Meisterstücke der Huf- und Grobschmiede zu Koblenz wurden bereits erwähnt. Die Schlosser, welche in Koblenz Meister werden wollten Siehe W. A. Günther , Topographische Geschichte der Stadt Koblenz 1813, S. 243. , mussten ein Stubenschloss, ein Gewölbschloss und ein Kistenschloss mit vorge- schriebenen Riegeln, ein Salzmass mit zwei Schlüsseln, einen Schlüssel mit Kreuzkrücken und eingeschweiftem Bogen und eine Eisenhaltung verfertigen, die im Feuer 24, fertig aber nur 18 Pfund wiegen sollte. Ein Nagelschmied, der daselbst Meister werden wollte, war ver- bunden, am ersten Tage 1500 kleine Nägelchen, die in eine gemeine Hühnerschale gelegt werden konnten, anzufertigen; am andern Tage die Nagelformlöcher und zwar ein ganzes Saumspeicherloch, ein halbes Saumspeicherloch, ein Mastspeicherloch und am dritten Tage aus 14 Pfund Eisen 1000 Sandellen zu verarbeiten, die dann doch nur 10 Pfund wiegen durften. Das Meisterstück eines Büchsenschäfters bestand in einem deut- schen Schloss mit einem Rade, das dreimal herumschlug, in einem Zünfte der Eisenarbeiter. 7/4 langen Lauf mit acht Kanten und acht Zügen, in einem Hahnen- spanner und in einem achtkantigen Lauf mit acht Zügen und vier- eckigen Kugeln. Ein Schwertfeger sollte ein Schlachtschwert mit geschliffener, gefegter und polierter Klinge und einen ungarischen Panzerstecher in vier Wochen fertig haben Die in Danzig im 15. Jahrhundert vorgeschriebenen Meisterstücke werden später aufgeführt werden. . War das Meisterstück bestanden, so musste er in den Städten meist erst ein Haus erwerben, auf dem die Schmiedegerechtsame ruhte. So war es in Nürnberg, wo 1399 folgendes Gesetz erlassen wurde: „Ez ist erteilt worden mit der merern weniger Scheppfen vnd rats, daz fürbas kein Hufsmit, kein Kesselsmit, kein pfannensmit, kein messingslaher, kein Haws niht kauffen noch besteen (errichten) soll, do er ynnen arbeit on des rats willen vnd wort. Awsgenommen der Hewser da von alter eesmiten Vergl. Bd. I, S. 880. gewesen sind, als das von alter mit guter gewohnheit vor auch herkumen ist“ Siebenkees , Materialien zur Nürnbergischen Geschichte, Bd. IV, S. 687. . Dann erst konnte seine Aufnahme in die Zunft erfolgen, was aber mit ziemlich hohen Kosten verknüpft war. Schon im Mittelalter entstand mancherlei Unfug in Bezug auf die Gebühren und Abgaben der wandernden Gesellen. In vielen Städten musste sich ein solcher bei seinem ersten Besuch einen Namen kaufen, d. h. bei der Anmeldung ein ordentliches Stück Geld spenden. Dieses Namenkaufen artete so aus, dass die Gesellen ihrem fremden Kameraden, wenn er nicht genug „Pfennige“ hatte, sogar Mantel und Rock auszogen und ihm sein Werkzeug wegnahmen. Gegen diese Ausschreitungen mussten öfter Verordnungen erlassen werden, so zu Thorn am 17. März 1437, wo durch den „Vergleich der Meister und Gesellen der Grobschmiede“ festgesetzt ward, dass der aus der Fremde ankommende Geselle, welcher sich bei den Gewerksgenossen einen Namen kauft (d. h. eingeschrieben wird), nicht mehr als zwei Scot, wenn er ein Werkmeister, und drei Scot, wenn er ein Vorschläger ist, zu zahlen hat Siehe Hirsch , Danzigs Handels- und Gewerbegeschichte, S. 343. . Viel Streit entstand zwischen den nahe verwandten Innungen wegen der Grenzen ihres privilegierten Arbeitsgebietes, so namentlich zwischen Schmieden und Schlossern. In Esslingen verglichen sich um 1577 die Schmiede und Schlosser betreffs der ihrem Gewerbe zu- Zünfte der Eisenarbeiter. ständigen Arbeiten Pfaff , Geschichte der Reichsstadt Esslingen, S. 702. . Die Schmiede sollten allein fertigen: Haken, Bronnen- und Kuhketten, Schwanenhälse, Reifspalter und was zum Mauerhandwerk gehörte; die Schlosser allein: gebrochene Bänder, Bandhaken, Thor-, Thür- und Ladenbänder, Schlingen und Riegel, Kutschen-Trüchlein und Kisten, Fassthürlein und Schrauben, Stiegen- geländer, Gitter an Stiegen und an Öfen, Spangnägel, eiserne Thürlein, Fensterstänglein und überhaupt alles, was zu Gebäuden und Woh- nungen gehörte und wozu man die Feile gebrauchte. Beiden Hand- werken zugleich war erlaubt: die Verfertigung von Bronnenrinnen, Gartenkübeln, Beschlägen an Kummethölzern und Kutschentruchen, Fassreifen, inneren Ofengittern, Zapfen an Wellbäumen, Schleudern, Schliessen, Schrauben, Hängbändern und Nägeln. Neben den Zunftverbänden bestanden vor der Reformation allge- mein, nach derselben in den katholischen Ländern noch geistige Bruder- schaften der Gewerbetreibenden. Die St. Eulogiuszunft der Schmiede in Sarbrücken haben wir bereits erwähnt. In Lübeck waren die Schmiedemeister in der St. Brandani-Bruderschaft vereinigt. Ihren Altar hatten sie in der Peterskirche, bei welcher eine vom Domkapitel 1450 bestätigte Vicarie eingerichtet war, die immer einem Schmiede- sohn übertragen werden sollte Siehe Melle , gründliche Nachricht von Lübeck. . Die Schmiede gehörten in den meisten grösseren deutschen Städten zu den ratsfähigen Hankwerkern, so z. B. in Frankfurt a. M., Augsburg, Zürich u. s. w., in Nürnberg waren sie dagegen ausgeschlossen. Eine sehr wichtige Einrichtung bei den Innungen war die Ver- pflichtung der Zunftmeister, die abzuliefernden, für den Handel be- stimmten Handwerksartikel zu beschauen, d. h. auf Güte, Solidität und Zunftmässigkeit zu prüfen. Dies geschah oft durch besondere Schaumeister und Schauämter. Die Schauämter waren wichtig für die Erhaltung der Tüchtig- keit und Solidität des Gewerbes, vor allem aber dienten sie dem Handel , denn das Beschauen gewährte dem Abnehmer Garantie für die Güte seiner Ware, und so führen sie uns zur Betrachtung des Eisenhandels. Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Der Handel war im Mittelalter noch sehr eingeschränkt. Schlechte Strassen, unvollkommene Transportmittel und die allgemeine Un- sicherheit erschwerten denselben. Der Kleinhandel wurde zumeist als Hausierhandel betrieben, und auch die Waldschmiede pflegten, wie schon im alten Griechenland, ihre Waren und auch das unverarbeitete Luppeneisen selbst auf die Hofgüter, die Schmieden und die Märkte zu bringen. Da die Zahl der Produktionsstätten viel grösser war als heutzutage, indem überall Eisen aus den Erzen gerennt wurde, wo Erz und Kohlen vorhanden waren, so war es meist nicht nötig, Eisen aus grosser Entfernung zu beziehen. Die Rennhütten hatten ihr Absatzgebiet in der Nachbarschaft, welches entsprechend ihrer Produktion ein beschränktes war. Anders verhielt es sich schon mit Qualitätseisen, Stahl und fertigen Waren. Wurden die Klein- eisenwaren auch vielfach durch Hausierhandel vertrieben, so war doch für die Eisenwaren der Markthandel der wichtigere. Neben den Wochen- und Jahrmärkten entwickelten sich die Messen in den grossen Städten, welche besonders für den Handel der Industrie- erzeugnisse von hervorragender Bedeutung waren. Die wichtigsten Messen waren die zu Frankfurt a. M., Leipzig, Braunschweig und Frankfurt a. O. Auf diesen wurden auch Eisen und Eisenwaren gehandelt. War im allgemeinen der Eisenhandel ein lokal beschränkter, indem die überall vorhandenen Schmiede einerseits ihr Rohmaterial aus der Nähe bezogen, anderseits die Bedürfnisse der Nachbarschaft an den gebräuchlichsten Eisenwaren befriedigten, so entwickelte sich doch in den wichtigeren Eisenproduktionsgebieten neben der Gross- industrie auch der Grosshandel, durch welchen die Erzeugnisse in weite Ferne geführt wurden. Dies geschah entweder zur See, wie namentlich bei dem Eisen von Elba und Corsica, bei dem von Spanien und von Schweden, oder auf Flüssen, wie z. B. auf dem Rhein, der Donau und der Weichsel, oder zu Lande. Der Landhandel, welcher der gebräuchlichste war, bewegte sich auf bestimmten Strassen, an welchen Handelsstädte mit Stapelrecht lagen. Zu den ältesten Eisen- strassen gehörten die von Steiermark, Kärnten und Krain nach Italien. In Steiermark waren Judenburg (Bd. I, S. 782), in Kärnten St. Veith die wichtigsten Stapelplätze. Dorthin wurden die Eisen- Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. waren gebracht, ausgeladen und zum Kauf ausgelegt, und von da wurden sie weiter nach Aquileja, Venedig, den norditalischen Städten und nach der Türkei verführt. In einer Zollrolle von Venedig vom 30. April 1268 werden bereits deutsches Eisen und deutsche Waffen als Handelswaren genannt (siehe Mone, Zeitschrift des Oberrheins, Bd. V, S. 8, 27). Ebenso wichtig waren die aus Steiermark von Eisenerz nordwärts führenden Eisenstrassen, welche in der Stadt Steyr ihren Hauptstapel hatten. Wie schon im Altertume und im Mittelalter, so wurde auch im 16. Jahrhundert Eisen und Stahl aus diesen (norischen) Ländern meist unter dem Namen steirisches Eisen, manchmal auch „ungarisches“ Eisen nach allen Ländern Europas verführt. Der Stahl meist in Fässern verpackt, das Eisen in Stangen, sowie als fertige Waren, namentlich als Sensen, Waffen u. s. w. Auch Tirol nahm an dem Eisenwarenwelthandel Österreichs teil; namentlich waren seit Maximilians Zeiten Innsbrucker Waffen und Innsbrucker Stahl berühmt. Des bedeutenden Handels der reichen süddeutschen Städte, namentlich Nürnbergs und Augsburgs, haben wir schon mehrfach Erwähnung gethan. Das wichtigste Eisengebiet zwischen Donau und Main war das Sulzbachische. Das Eisen von Amberg und Sulzbach fand seinen Absatz meist in der Pfalz, in Bayern, Nürnberg und Regensburg; ging aber auch von hier aufwärts nach Ulm, dem Bodensee und von da in die Schweiz. Amberg hiess deshalb schon in alten Zeiten zu Ulm die Eisenstadt. Die Bleche wurden seit dem 16. Jahrhundert auch nach Frankreich, den Niederlanden, nach Sachsen, sowie nach Wälsch- land, der Türkei und selbst nach überseeischen Plätzen verführt. Von Amberg ab gingen damals allein jede Woche fünf bis sechs Schiffe auf der angestauten Vils mit Eisenerz, Eisen und Kaufmannsgut nach Regensburg. Ein solches Schiff war abwärts mit 350 Centnern be- laden, während es aufwärts 150 Centner Salz, Getreide und andere Waren brachte. Eisen von Gieshübel und Pirna, das Agricola bereits erwähnt, wurde in Sachsen und Böhmen vertrieben. Thüringisches Eisen, besonders aus der Grafschaft Henneberg, wurde mit den Waren der Stahl- und Eisenschmiede zu Erfurt, Leipzig und Nürnberg gehandelt. Westfälisches Osemundeisen wurde über Köln den Rhein aufwärts bis nach Basel verführt. Ebenso das Eisen von Diekirch im Luxemburgischen, welches schon im 10. und 11. Jahrhundert den Rhein aufwärts gebracht wurde. Anderseits gingen die Eisenwaren Westfalens und des Ber- gischen Landes, besonders Draht und Drahtwaren von Altena und Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Iserlohn und die Klingen, Messerwaren und Sensen von Solingen und Lennep nach den Niederlanden, besonders nach Antwerpen, von wo sie über See verführt wurden. Eisen und Stahl des Siegerlandes wurden besonders in Köln, Worms und Frankfurt zu Markt gebracht. Nassauisches Eisen wurde zur Messe nach Frankfurt gebracht. Der Haupteisenmarkt in Frankfurt war an und auf dem Main. Als 1385 die Stadt städtisches Eisen verkaufen wollte, bot sie das- selbe auf einem Schiffe feil, und als sich keine Käufer fanden, musste sie es wieder auf den alten Platz zurückbringen lassen Siehe Krigk , Frankfurter Bürgerzwiste im Mittelalter, S. 312. . Frankfurts Handel war im 16. Jahrhundert von grosser Bedeutung. Franz I. von Frankreich nennt Frankfurt in einem Schreiben fast die wichtigste Handelsstadt der Welt. Die Hansen brachten Metalle, Pulver und Schiessgewehre zu Markt; steirisches Eisen und sächsisches Silber wurden stark gehandelt. Frankfurt war damals der Hauptmarkt für Westdeutschland und die Niederlande; seine Messe war weltberühmt. Schon am 31. Januar 1391 hatte Erzbischof Friedrich III. von Köln den Kölner Kaufleuten, die zur Frankfurter Messe reisten, sicheres Geleit zugesagt, und ebenso am 26. Juli 1394 der Bürgermeister und Rat der Stadt Mainz. Harzer Eisen wurde hauptsächlich in Goslar gehandelt und ging teils nach den Seestädten, teils über Erfurt nach Thüringen u. s. w. In Schlesien war in dem Fürstentume Sagan starker Eisenhandel. Die Eisenwaren gingen meist nach Breslau und von da weiter. Frankfurt a. O. war der Hauptmessplatz für den slawischen Osten. In Norddeutschland hatte die Hansa den Eisenhandel in Händen, und zwar handelte sie hauptsächlich mit schwedischem Eisen (Osemund), das über Lübeck importiert wurde. Dieser Handel bewegte sich teils auf dem Seewege, teils ging er über Land. Die Hauptstrasse führte über Soest nach Dortmund und von da nach den Niederlanden. In den Steuerrollen von Osnabrück vom 15. Jahrhundert wird Stahl und Eisen als Hauptartikel aufgeführt, getrennt hiervon wird Osemund und Lenneper Eisen genannt. — Ebenso nennen die Dortmunder Zoll- rollen Eisen und Stahl, Waffen, Panzer und Harnische als wichtige Gegenstände des einheimischen Handels wie der Durchfuhr. Von Dortmund führten Haupthandelsstrassen nach Köln und nach Duisburg. Von Köln ging der Handel nach den Niederlanden teils über Neuss nach Aachen, teils auf dem Rhein über Duisburg, Wesel und Emmerich. Alle diese Städte waren zum Schutz mit starken Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Mauern und Gräben umschlossen. Sie erhoben Zölle und Abgaben von den Eisenwaren und hatten meistens Stapelrecht. Der Eisenhandel der Hansa war von so grosser Bedeutung, dass er in die Entwickelung der Eisenindustrie unmittelbar eingegriffen hat und müssen wir bei demselben etwas länger verweilen. Zuvor aber wollen wir noch einiges über die Form des Handels mitteilen. Die Beförderung der Waren, welche im Mittelalter meistens auf Saumtieren geschah, war nicht nur erschwert durch die schlechten Wege, sondern auch durch die Unsicherheit und die vielen Zölle. Gegen die Unsicherheit schützte im Mittelalter das „Geleit“. Das Geleit , ursprünglich die Begleitung der Warentransporte durch Bewaffnete zum Schutze gegen räuberische Angriffe, salvus conductus, war ein Recht und eine Pflicht, die dem Landesherrn zustand und wofür die Kaufleute eine Abgabe (pedagium) zu zahlen hatten. Da es aber der Landesherren in Deutschland ausserordentlich viele gab, ein jeder aber in seinem Gebiete das Geleitsrecht beanspruchte, so war das Geleit sehr umständlich und wurde oft zur Plage statt zur Wohlthat. Es wurde mit der zunehmenden Sicherheit auch gar nicht mehr oder nur zum Scheine ausgeübt, während die Abgaben dafür blieben, welche dann die Form eines lästigen Durchgangszolls an- nahmen. Daneben wurde aber auch noch vielfach Wegezoll , und zwar nicht nur auf den Landstrassen, sondern auch auf den Flüssen erhoben. So waren z. B. auf dem Rhein zahlreiche Zollstellen, welche, abgesehen von der Abgabe, durch den Aufenthalt für die Waren- beförderung sehr lästig wurden. War nun das Gut endlich an dem Markt- und Messorte angelangt, so musste es in die dafür bestimmte Niederlage (depositio) verbracht werden. Es wurde auf einer städtischen Wage von dem Wagemeister verwogen. Sowohl hierfür, wie für die Niederlage wurden Abgaben erhoben. An die Niederlage knüpfte sich das Stapelrecht (jus stabularum), welches nicht nur darin bestand, dass alle durch den Ort geführten Waren, sondern auch alle in einem gewissen, oft sehr weit gezogenen Umkreise um den Ort geführten Waren auf die Niederlage gebracht werden mussten. Hieran knüpfte sich sodann das Einlagerecht (jus emporii) Siehe F. C. Philippi , Beiträge zur Geschichte und Statistik der deutschen Messen, S. 19. , nach welchem es den Stadtbewohnern mehr oder weniger ausschliesslich zustand, die niedergelegten Waren zu kaufen. Dieses Verkaufsrecht war mitunter auf wenige Tage oder Wochen beschränkt, bald aber auch so erweitert, dass kein Fremder von einem Fremden in der Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Stadt kaufen durfte, selbst nicht auf Märkten und Messen. Es ent- standen förmliche Verbände einheimischer Eisenhändler, wie z. B. in Köln „die Gesellschaft vom Eisenmarkt“, welche besonders im 14. Jahr- hundert eine grosse Rolle in der Geschichte der Stadt spielte. End- lich wurde aus dem Stapelrecht der Anspruch hergeleitet, dass die niedergelegten Waren nur von den Bürgern der Stapelstadt weiter transportiert werden durften; was sehr vorteilhaft für die ein- heimischen Fuhrherren und Schiffer, aber sehr lästig für die Waren- eigentümer war. Gedenken wir ferner noch der vielen Nebenabgaben, wie Hafen- geld, Krahnengeld, Kontogeld, Marktgeld u. s. w., so bekommen wir ein ungefähres Bild von der Umständlichkeit und Beschwerlichkeit des damaligen Handels. Dass aber trotz aller dieser Erschwerungen Erstaunliches auf dem Gebiete des Warenhandels geleistet werden konnte, hat vor allem die deutsche Hansa bewiesen. Der grosse Hansabund , der so viel zur inneren Einigung Deutschlands beigetragen hat, der Nord und Süd, Ost und West zu- sammenführte, der den hohen Begriff einer „Germania“, einer deutschen Nation in alle Länder Europas trug, wurde durchaus nicht auf dem weitgehenden, grossartigen Programme, das uns in seiner Blütezeit imponierend entgegentritt, aufgebaut, sondern er entstand aus kleinen Anfängen durch lokale Bedürfnisse hervorgerufen. Diese waren in erster Linie Schutz zur See gegen Piraten und Strandräuber und Schutz der Handelsstrassen zu Land gegen Überfälle aller Art. Zu diesem Zwecke vereinigten sich zuerst Nachbarstädte, welche in Handelsverbindung traten. Solche Verbindungen hatten im Süden und Norden schon bestanden, ehe die eigentliche Hansa ins Leben trat. So hatte Lübeck, die Gründerin der Hansa, verschiedenen Städtevereinigungen angehört, ehe es an die Spitze des grossen Bundes trat. Das Bedürfnis für diesen entstand erst, als die Produkte des Nordens und Ostens von dem reichen, kaufkräftigen Westen, ins- besondere von Westdeutschland und den Niederlanden, gesucht wurden. Hierfür aber war Lübeck durch seine Lage der natürliche Umschlags- und Vermittelungsplatz, denn hier lief der Handel Dänemarks, Skan- dinaviens und der Ostseeländer einerseits, sowie der Landhandel mit Süd- und Westdeutschland und den Niederlanden anderseits natur- gemäss zusammen, und dadurch wurde Lübeck der Vorort. Der grosse Bund entwickelte sich erst allmählich, und es ist schwierig, den eigentlichen Entstehungsmoment anzugeben. Manche erblicken Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. denselben bereits in dem 1169 gegründeten Bunde der 12 Ostsee- städte Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Anclam, Stettin, Kolberg, Stolpe, Danzig, Elbing und Königsberg gegen die Seeräuber. Allerdings scheint in diesem Bunde, der hauptsäch- lich auf Betreiben Heinrichs des Löwen entstanden war, dessen Lieb- lingsstadt Lübeck bereits der Vorort gewesen zu sein. Den Handel beherrschten aber damals noch die Kauffahrer der Insel Gotland und ihre Haupstadt Wisby. Dazu kam, dass Lübeck nach Heinrichs des Löwen Tode schwer bedrängt wurde und sich im Jahre 1200 dem Herzog Waldemar von Dänemark ergeben musste. Erst durch Kaiser Friedrich, dem es sich 1213 unterwarf und der es 1227 zu einer freien Reichsstadt erhob, kam es wieder zu Blüte und Ansehen. Er schloss neue Handelsbündnisse, so im Jahre 1241 ein Schutz- und Trutzbündnis mit Hamburg zur Abwehr von See- und Landräubern, und dieser wichtige Bund wird von den meisten — besonders von Lambecius — als der Ursprung des Hansabundes angesehen. Ihm traten alsbald andere Städte bei, namentlich Braunschweig im Jahre 1247, und nun dehnte sich der Bund sowohl nach Zweck und Um- fang als nach Ansehen rasch aus. Er übertrug das Protektorat des Bundes den Grossmeistern des deutschen Herrenordens und erhielt dadurch starken Schutz für seinen Handel im Osten. Anderseits trat er in ein Bundesverhältnis mit den rheinischen Städten, welche schon unter sich verbündet waren und an deren Spitze das blühende Köln stand. Köln trieb bereits damals bedeutenden Handel mit den Niederlanden und mit England. In London hatte es grosse Vorrechte erworben und war Herr des Stahlhofes (steel-yard) (Bd. I, S. 745, 832). Nach Anderson scheinen die deutschen Kaufleute schon 979 in London ansässig gewesen zu sein. Sicher hatten sie, darunter be- sonders die Kölner, schon im Anfange des 13. Jahrhunderts besondere Privilegien, sowie Grund und Boden in London. 1239 erlangten sie weitere Vorrechte durch König Heinrich III. Dieser oder sein Vater Siehe Anderson , Bd. I, S. 211. hatte ihnen für Wohnungen und Warenhäuser den Platz an der Themse eingeräumt, welcher der steel-yard heisst und seinen Namen von dem grossen Handel in Eisen und namentlich in Stahl hatte. Bald nach diesem Ereignis schloss sich Köln dem Hansabunde an und der Stahlhof wurde die Niederlage für alle hanseatischen Kauf- leute, doch behielten die Kölner das Vorrecht. Dies geschah wahr- scheinlich im Jahre 1250, wenigstens wird von da an London als Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. eine der vier grossen Stapelplätze der Hansa genannt. Die andern waren Brügge, das Centrum des flandrischen Handels, von 1252 (1262) ab, Bergen für den nordischen seit 1272 und Nowgorod für den russischen Handel seit 1278. In allen diesen Städten bestanden grosse Kaufhöfe der Hanseaten, welche sich zu Stadtteilen oder zu einer Stadt in der Stadt erweiterten. Denn sowohl die Kaufleute als alle ihre Bediensteten wohnten in dem Kaufhofe. So wohnten alle deutschen Kaufleute von 1250 ab mehrere Jahrhunderte durch im Stahlhofe, der wie eine feste Stadt umwallt und mit starken Thoren versehen war, welche jeden Abend zu bestimmter Stunde verschlossen wurden. Dann musste ein jeder in seiner Behausung sein, sonst begab er sich seines Rechtes und Schutzes. Innerhalb der Mauern des Stahl- hofes herrschte ein eigenartiges, landsmännisches Leben, welches durch strenge Ordnung geregelt war. Es hatte einen klösterlichen Anstrich, da Weiber im Stahlhofe nicht zugelassen waren. Die Be- amten mussten sich zur Ehelosigkeit verpflichten. In dieser Weise trieben die deutschen Kaufleute in London gewinnbringenden Handel, indem sie lange Zeit den ganzen auswärtigen Handel Englands in Händen hatten, sowohl Ein- wie Ausfuhr auf ihren eigenen fremd- ländischen Schiffen besorgten. England besass in jenen frühen Zeiten nur wenige Kaufleute und noch weniger Schiffe. Die Deutschen nannten ihre grossartige Niederlage in London aber nicht Stahlhof, sondern Gildhalle, Gildhalla Teutonicorum. Sie hatten die Verpflichtung, das Stadtthor der City von London, genannt Bishop’s gate, zu bewachen und in Reparatur zu erhalten. Fremde durften im Stahlhofe nicht übernachten. 1280 verlieh Eduard I. den deutschen Kaufleuten einen Schutzbrief — charter —, in welchem ihre Privilegien bestätigt wurden. Die deutschen Kauf- leute bildeten eine geschlossene fremde Macht im englischen König- reiche, aber das Land konnte sie nicht entbehren, und die Fürsten zogen grossen Nutzen durch sie. Dass sie den einheimischen Kauf- leuten ein Dorn im Auge waren, ist selbstverständlich, aber auch der Stadt London wurde diese fremde Festung in der Stadt mit der Zeit lästig und verhasst. Ähnliche Machtstellung erlangten die Hanseaten auch in den übrigen Ländern, wo sie ihre grossen Kontore hatten. Natürlich ge- schah dies nicht ohne Widerstand. Wir wollen chronistisch die wichtigsten Thatsachen der Entwickelung des Hansabundes aufführen: 1252 erlangen die Hanseaten in Flandern grosse Ermässigung der Zölle und Abgaben; — desgleichen in Sachsen. Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. 1262 wird Brügge zu einem Hauptkontor gemacht. Dieses wuchs dadurch rasch, denn die Massenartikel der Ostseeländer, wie Eisen, Kupfer, Korn, Flachs, Holz etc., fingen an, in Südeuropa gesucht zu werden. Durch die zahlreichen Schiffe der Hanseaten wurden sie zu allen Küsten gebracht. Brügge war vorzüglich als Niederlage wegen seiner Verbindung mit den flandrischen Häfen, die sich besonders für Entrepots eigneten, gewählt worden. 1266 erscheint der Name „Hansa“ zum ersten Male urkundlich in folgendem Privileg Kaiser Heinrichs III.: Concedimus mercatoribus de Hamborch pro nobis et Haeredibus nostris, quod ipsi habeant Hansam suam per se ipsos per totum regnum in perpetuum. 1280 versuchte König Magnus V. von Norwegen die übermässigen Privilegien der Hanseaten einzuschränken. Hierauf blockierten die- selben alle seine Häfen und zwangen ihn, nicht nur die Privilegien zu erneuern, sondern auch eine grosse Summe Geldes zu zahlen. 1313 hindern hanseatische Schiffe die Schiffe der Engländer am Handel mit nordischen Häfen. 1316 stehen die vandalischen Hansastädte, d. h. die christlichen Städte, an den deutschen Gestaden der Ostsee in grosser Blüte. 1340 haben die Hanseaten die grössten Schiffe. 1348 führen sie einen siegreichen Kampf gegen Dänemark wegen des Sundzolls. 1350 trat Danzig dem Bunde bei. 1360 wurden sie durch ihre geräumigen Schiffe die Frachtschiffer für ganz Europa. 1361 bis 1370 führten die Hanseaten siegreiche Kriege gegen Waldemar IV. Atterdag, König von Dänemark. In diesem zerstörten sie zweimal Kopenhagen, 1361 und 1369, und vernichteten zweimal die dänische Flotte, 1364 und 1368. Die Führung hatte Lübeck. Diese Kämpfe sind epochemachend für die Geschichte des Artillerie- wesens, weil in ihnen zum ersten Male Feuergeschütze im Seekampfe in grösserem Massstabe angewendet wurden. Nach Beendigung dieses Krieges stand die Hansa auf dem Gipfel ihrer Macht. Keine andere Seemacht war ihr gewachsen. Der Bund umfasste damals etwa 70 Städte und war in vier Hauptkreise geteilt, deren Hauptorte Quartierstädte hiessen: Lübeck war Hauptort der wendischen und überwendischen Städte, zugleich verwaltete es die Landesämter und schrieb die Tagfahrten aus; Danzig war die Quartier- stadt der preussischen und liefländischen Städte, Braunschweig die der sächsischen und brandenburgischen, und Köln die der westfälischen, Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. rheinischen und niederländischen Orte. Die Verwaltung des Bundes war eine vorzügliche und sein Ansehen so gross, dass er öfter zum Schiedsrichter in Streitigkeiten von Fürsten und Ländern angerufen wurde. Aber er übte grosse Härte und Unduldsamkeit im Handel gegen alle, die nicht dem Bunde angehörten und zog sich dadurch viele Feinde zu. 1370 musste der besiegte Waldemar die Provinz Schonen den Hanseaten für die bedungene Kriegsentschädigung zum Pfande geben. 1371 setzten sie den König Magnus von Schweden aus dem Hause der Folkinger ab und ihren Verbündeten Albrecht von Mecklen- burg als König ein. Aus diesem Siege und seinen Folgen entstand aber der Hansa aus den Anhängern der unterworfenen Könige ein lästiger Feind, die Seeräuber, die zum ersten Male 1384 zerstörend in der Ostsee auftraten. Sie organisierten sich unter der Bezeichnung Vitalienbrüder und thaten dem hanseatischen Handel grossen Abbruch. 1395 eroberten die Vitalien Bergen, und obgleich sie es angeblich nur auf die Unterthanen der Königin Margarete abgesehen, plünderten sie sowohl hanseatische als auch englische Kaufleute. Die Engländer schoben diese und andere Schädigungen durch die Vitalienbrüder dem Hansabunde zu, weil allerdings zwei Bundesstädte, Rostock und Wismar, mit den Vitalienbrüdern im Bunde standen. Es half nichts, dass diese beiden Städte aus dem Bunde als Beförderer des Unwesens aus- geschlossen wurden. Die Erbitterung der Engländer kam 1399 zum Ausdruck in einer Anklage der Londoner Kaufmannschaft gegen den Stahlhof wegen Misshandlung englischer Kaufleute und Beherbergung von Fremden und von fremden Waren, mit dem Antrage, den Deutschen (easter- lings) die Privilegien zu entziehen. Die Sache wurde beglichen, und 1413, nach dem Tode Heinrichs IV., des ersten englischen Königs, der principiell gegen den Bund an- kämpfte, erhielt der Stahlhof einen neuen Freibrief (charter), der den wichtigen Artikel enthielt: dass kein König auch in Zukunft Steuer oder Zoll erheben dürfe, ausser den alten vereinbarten. Aber der Kampf der englischen gegen die deutschen Kaufleute in London hatte begonnen und kam nicht mehr zur Ruhe. Die Kämpfe mit den Vitalienbrüdern und deren Räubereien dauerten gleichfalls fort. Trotz- dem war damals die Hansa eine der stärksten Mächte der Welt. Sie erwies sich reicher und mächtiger als die durch die Kalmarer Union 1397 vereinigten nordischen Königreiche Dänemark, Schweden und Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Norwegen. „Zur Zeit, da kaum ein deutsches Reich bestand, die böhmischen Hussiten das mittlere Deutschland siegreich durchzogen, war das deutsche Kaisertum zur See von Kap Finisterre bis Island, von den Lofoden bis zur Newa sicher geborgen“ ( Jähns ). 1428 entsendete sie eine Flotte von 248 Schiffen mit 12000 Mann gegen Kopenhagen, nötigte den König Philipp IV. von Frankreich, den Briten alle Handlung auf den französischen Küsten zu verbieten; eroberte mit 100 Schiffen Lissabon, und England musste den Frieden von ihr mit 10000 Pfd. Sterl. erkaufen. Vergebens stemmte sich noch gegen diese Übermacht der Deutschen das patriotische Gefühl der Skandinavier und Engländer. Den ersten Rückgang erfuhr die Macht der Hansa durch die Vereinigung der Niederlande mit Burgund. Von 1431 an ging ihr Handel mit Holland zurück und 1441 wurde sie von den Holländern besiegt. In Deutschland selbst erfuhr der Hansabund eine Schwächung durch die wachsende Territorialgewalt der Fürsten, welche die Städte des Bundes in die Landesunterthänigkeit zu bringen strebten. Ein anderer Grund des Rückganges waren innere Zwistig- keiten. In England übte König Eduard IV. auf die deutschen Kaufleute schweren Druck aus, indem er die Berechtigung ihrer Privilegien in Zweifel zog, deren Erneuerung im Jahre 1466 nur gegen Zahlung einer grossen Summe erfolgte. Die innere Spaltung im Bunde be- nutzend, übertrug Heinrich VI. alle Privilegien allein auf die Kölni- schen Kaufleute. Erst nach langen Verhandlungen wurden dieselben 1474 dem Hansabunde wieder zugesprochen. 1493 wurde der Stahlhof überfallen und geplündert. Dies kam so: Die englischen Kaufleute hatten sich ebenfalls zu einem Bunde vereinigt, den „merchant adventurers“, welche wichtige Privilegien erwarben und grossen Handel trieben. Durch die Feindseligkeiten Englands mit Burgund und den Niederlanden kamen diese in grosse Bedrängnis, weil der Handel mit den Niederlanden gänzlich ab- geschnitten war. Die Deutschen aber zogen gerade aus diesem Um- stande ungeheuren Vorteil, indem sie die flämischen Waren über ihre deutschen Häfen einführten. Dies reizte die vielen brotlos ge- wordenen Tagelöhner, Lehrlinge und andere Bedienstete der merchant adventurers zu solcher Wut, dass sie mit bewaffneter Hand den Stahlhof überfielen und plünderten. Die Bewegung wurde zwar rasch unterdrückt, führte aber zu langen Verhandlungen, die erst 1504 Beck , Geschichte des Eisens. 37 Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. ihren Abschluss dadurch fanden, dass die Privilegien des Stahlhofes durch act of Parliament bestätigt wurden. Ein schwerer Schlag traf den hanseatischen Handel im Osten durch die Unterwerfung Nowgorods durch den Zar Iwan Wassilje- witsch. Nowgorod war eins der grössten und gewinnbringendsten Kontore der Hansa. Der unter dem Schutze von St. Peter in Now- gorod hausende deutsche Kaufmann erfreute sich grösserer Freiheiten als seine Landsleute in den Kaufhöfen von London, Brügge und Bergen. Nowgorod kann in gewissem Sinne als der Ausgangspunkt des russischen Staates betrachtet werden. Bis Ende des 9. Jahrhunderts selbständiger Herrschersitz, wurde es von da ab eine Statthalterei der Grossfürsten von Kiew, behielt aber eine verhältnismässig selb- ständige Stellung. Die Bürger führten ihre Verwaltung selbst und überliessen dem Statthalter nur die Führung im Kriege; Jaroslaw 1. gab der Stadt die umfassendsten Freiheiten. Später machten sie sich ganz unabhängig, gründeten einen eigenen Freistaat, erwarben aus- gedehntes Gebiet, das sich im 12. Jahrhundert bis zur Ostsee er- streckte, und wurde der Mittelpunkt des ganzen russischen Handels. Wisby trat mit ihm in lebhafte Handelsverbindung und die Got- länder hatten lange vor den Deutschen ihren eigenen Kaufhof. Lübeck und Riga schlossen mit Nowgorod Handelsbündnisse, welche dann auf die deutsche Hansa übertragen wurden. Die deutsche Faktorei entstand bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Der Hof von St. Peter, dessen Mittelpunkt die 1184 erbaute Peters- kirche war, bildete das deutsche Quartier. In der Nähe der deutschen Niederlassung befand sich der Hof der Gotländer mit der Olafskirche, die älteste Ansiedlung von Ausländern in der Stadt. Nowgorod wurde immer reicher und mächtiger, dehnte sein Gebiet bis an das Weisse Meer aus, wo sie die Stadt Archangel gründeten. Weit und breit war die mächtige Stadt gefürchtet und aus den schweren Kämpfen ging es meist siegreich hervor, so dass der Ruf aufkam: Wer kann wider Gott und Gross-Nowgorod? In diesem grossen Handelsstaate war der Bund der deutschen Kaufleute die stärkste Macht geworden. Riga, welches um 1200 von Deutschen gegründet war, vermittelte hauptsächlich den Handel mit dem Westen, doch waren auch viele lübische Häuser in Nowgorod vertreten. Man unter- schied Wasserfahrer und Landfahrer Vergl. A. Winckler , Die deutsche Hansa in Russland 1886. . Die Wasserfahrer hatten in Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. allem den Vortritt. Die Kaufleute des St. Peterhofes sonderten sich in Landsmannschaften (Mascopien). Sie waren eingeteilt in Meister, Knappen und Jungen, die in einem riesigen Gebäude, „das Dornsen“ genannt, wohnten. St. Peterhof bildete einen Stadtteil ähnlich dem Stahlhofe in London, mit eigenen Krankenhäusern, Bierbrauereien u. s. w. Auch war immer eine Anzahl deutscher Knaben unter 20 Jahren zur Erlernung der russischen Sprache da, deren Kenntnis für das Ge- schäft unerlässlich war. Beim Handel mit den Russen war die grösste Vorsicht nötig. Kein Russe durfte in St. Peterhof über Nacht bleiben. Das ganze Quartier war mit ausgedehnten Schutz- vorkehrungen umgeben. Der Kassenüberschuss wurde nach alter Sitte und „der Willkür der gemeinen Deutschen aus allen Ständen“ — so hiess das Gesetzbuch — nach Gotland abgeführt, um in dem St. Peterskasten der Marienkirche zu Wisby (welches damals noch die Quartierstadt des Ostens war) aufbewahrt zu werden. Die vier zum Kasten gehörigen Schlüssel wurden der Obhut je eines Aldermannes von Wisby, Lübeck, Soest und Dortmund anvertraut. Zwischen Wisby, welches an der Spitze der Gotland-Kaufleute stand und Lübeck, dem Haupte des grossen Hansabundes, herrschte fortwährend Eifersucht, bis Wisbys Macht 1361 durch die Dänen vernichtet wurde. Nach Wisbys Fall wuchs die Bedeutung Rigas, und dieses, sowie die beiden andern grossen liefländischen Handelsstädte, Reval und Dorpat, suchten den Handel in Nowgorod in der Weise für sich auszubeuten, dass alle Hanseaten durch ihre Vermittelung kaufen und verkaufen sollten. Dies gab zu vielen Streitigkeiten mit Lübeck Veranlassung. Da voll- zog sich von Moskau aus eine Umwälzung innerhalb Russlands, welche dem Handel neue Bahnen wies und die reichen Kaufhöfe der Deut- schen in Gross-Nowgorod für immer verödete. „Die Tage der Unabhängigkeit Nowgorods waren gezählt Siehe Winckler , a. a. O., S. 51. , seit Iwan III. Wassiljewitsch den Thron Ruriks bestiegen hatte. Diesem Fürsten, der als Gemahl einer Nichte des letzten Griechenkaisers sich den Zarentitel beilegte und den Doppeladler als Reichswappen an- nahm, verdankt Russland seine Befreiung vom Joche der Tataren, seine Einheit, sein geschriebenes Recht und — seine Knute.“ Die Geschichte nennt ihn „den Grossen“, aber auch „den Furchtbaren“. Nowgorods Macht war ihm unerträglich. Er bekriegte den Freistaat, schlug die Nowgoroder in der Schlacht an der Schalona am 14. Juli 1471 und unterwarf es seinem starken Scepter. Aber Nowgorod erhob 37* Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. sich wieder und es wurde 1477 zum zweiten Male belagert. Es musste sich ergeben und 14 Millionen Kriegsentschädigung zahlen. Damit war seine selbständige Macht für immer gebrochen. — Die deutschen Kaufleute hatten schwer zu leiden. Aller Handel mit Russland wurde ihnen untersagt. Die Insassen von St. Peter und St. Olaf erhielten von Dorpat die Weisung, Nowgorod zu verlassen. Endlich kam im Jahre 1484 ein 20jähriger Friede zwischen den Hansastädten und dem Zaren Iwan Wassiljewitsch zu stande. Aber dieser Friede wurde nicht gehalten. Iwan verband sich mit König Johann von Dänemark, einem erbitterten Feinde des Hansabundes. Dieser machte zur Bedingung, dass den deutschen Kaufleuten der russische Markt verschlossen und sie aus Nowgorod vertrieben wurden. Demgemäss wurde am 3. November 1493 ein geheimer Vertrag ab- geschlossen. Am 5. November 1494 erfolgte der verräterische Über- fall von St. Petershof. 49 deutsche Kaufleute aus Lübeck, Hamburg, Greifswalde, Lüneburg, Münster, Dortmund, Bielefeld, Unna, Duisburg, Einbeck, Duderstadt, Reval und Dorpat wurden festgenommen und ihre Waren im Werte von einer Million Gulden mit Beschlag belegt. „Die alten, seit 1199 immer von neuem ergänzten und beschworenen Verträge zerriss die gewaltige Hand des ersten Alleinherrschers aus dem Stamme Rurick.“ Von diesem Schlage hat sich der hanseatische Handel nie mehr erholt. Doch waren es diese äusseren Schläge nicht allein, welche die Macht der Hansa erschütterten. Als die Nachricht von dem Überfalle von St. Petershof im fernen „Naugard“ in Deutsch- land verbreitet wurde, erzählte man sich gleichzeitig, dass ein Portu- giese — Vasco de Gama — Afrika umschifft und zu Wasser nach Indien gesegelt sei, ja dass ein kühner Genuese Christoph Kolumbus westwärts, quer durch den Ocean steuernd, zur indischen Küste ge- langt sei. Die Entdeckung des Seeweges nach Ostindien durch die Portugiesen und die von Amerika durch die Spanier veränderte den Welthandel und traf die Hansa im innersten Mark. Auch die innere Entwickelung Deutschlands trug dazu bei. Mit der wachsenden Macht der Landesfürsten sank die Macht und das Ansehen des Kaisers. Die Hansa hatte aber als „deutsche Hansa“ ihre Rolle ge- spielt, und wenn ihr auch die schwache Macht der Kaiser unmittelbar wenig Hilfe gewährt hatte, so stand doch bis in das 16. Jahrhundert der deutschen Kaiserwürde die anerkannte Oberhoheit in Europa zu. Die Entwickelung zu nationaler Einheit und das daraus entspringende Wachstum der Macht der mächtigen europäischen Staaten, Spanien, Frankreich und England, stellten die Kaisermacht in Deutschland Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. mehr und mehr in den Schatten. Die Kaisermacht wurde aber in Deutschland selbst zur Ohnmacht durch die Politik der Landesfürsten, welche unter sich uneins und gespalten das heilige römische Reich deutscher Nation der Auflösung entgegenführten und es zum Spott der einigen, jugendkräftigen Nachbarnationen machten. Die deutschen Landesfürsten suchten Industrie und Handel nur in ihren eigenen Territorien zu entwickeln und selbständig zu machen, und wirkten dadurch bewusst und unbewusst dem nationalen Wirken des Hansabundes entgegen. Noch ein anderes Moment hat zur raschen Auflösung des Bundes und seiner Macht beigetragen, das war die Art seines Handels. Die Hanseaten handelten fast ausschliesslich mit den Rohprodukten der Länder und vermittelten deren Austausch. Sie haben weder Industrieen geschaffen, noch Kolonieen angelegt, wie später die Engländer. Des- halb verschwand auch ihre Spur, nachdem die beteiligten Völker ihren Handel selbst in die Hände nahmen, so gänzlich. Demungeachtet stand mit dem Eintritte des 16. Jahrhunderts die deutsche Hansa noch als eine grossartige Macht da, aber ringsum von Verderben bedroht, welches denn auch im Laufe des Jahrhunderts auf sie hereinbrach. Die Ereignisse, welche das bewirkten, gehören, soweit sie die Geschichte des Eisens berühren, der Lokalgeschichte an. Wir wollen nur eine chronistische Übersicht hier geben: 1501 Lübeck und die wendischen Hansastädte kämpfen im Bunde mit den Sture gegen Dänemark. 1511 Krieg des Bundes mit Dänemark und Holland. 1512 Beendigung des dänischen Krieges durch den Frieden von Malmö. 1515 die Dänen errichten einen Freihafen zu Kopenhagen zum grossen Nachteile der hanseatischen Ostseestädte. 1516 neuer Krieg mit Dänemark, von welchem sich aber Ham- burg ausschliesst, das sich dadurch sehr bereichert. 1520 Kongress mit England in Brügge. 1522 unterstützen die Hanseaten Gustav Wasa bei der Er- oberung Stockholms. 1525 durch ihre Verbindung mit Wasa und ihren Reichtum ge- winnt die Hansa wieder grossen Einfluss im Norden. 1527 wird Sten Sture der jüngere auf eine Anklage Gustav Wasas in Lübeck als Dieb enthauptet. 1532 Lübeck, das sich im Streite mit Holland befindet, sucht im Bunde mit König Friedrich von Dänemark die Holländer gänzlich von Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. der Ostsee auszuschliessen. In diesem Jahre ankerten 400 Kauffartei- schiffe ohne Fracht in den holländischen Häfen und 10000 Boots- leute suchten Beschäftigung. 1533 die Hansa mit Dänemark im Bunde gegen Wasa ; dieser hebt alle Privilegien derselben auf. Friede zu Hamburg. 1536 Karl V. öffnet, unter Begünstigung des mit Schweden ver- einigten Dänemarks, die Ostsee den Holländern. 1539 Gustav Wasa vernichtet die Freiheiten der Hanseaten in Schweden. 1552 widerruft Eduard Vl. von England die Privilegien der Kauf- leute vom Stahlhofe in London. Dieser Widerruf wird 1554 von Königin Marie bestätigt, danach aber wieder auf- gehoben. In diesen Jahren tritt ein allgemeiner Rückgang des hanseati- schen Handels ein. Die beiden alten grossen Kontore zu Nowgorod und Bergen werden verlassen. Das zu Brügge wird verlegt und zwar anfangs nach Dort, später nach Antwerpen. Ebenso wird das Kontor von Reval nach Narva verlegt, was nochmals Veranlassung zu einem Kriege mit Schweden giebt. 1572 Krieg mit Schweden. 1578 werden in England die Privilegien der deutschen Kaufleute vom Stahlhofe in London definitiv aufgehoben. 1582 Königin Elisabeth verachtet die Drohungen des hanseatischen Bundes. 1587 reduziert sie die Stellung der Stahlhof-Kaufleute auf die ihrer eigenen. 1589 nehmen die Engländer 60 mit Munition beladene hanseatische Schiffe fort, welche für Spanien bestimmt waren, mit dem die Königin im Kriege war. 1597 wird der Stahlhof in London geschlossen und die deutschen Kaufleute aus London ausgewiesen, nachdem auf das Betreiben der Hanseaten Kaiser Rudolf II. am 1. August ein Reichsgebot erlassen hatte, das am 29. September in Lübeck mit grosser Feierlichkeit öffentlich verlesen wurde, welches alle englischen Kaufleute und englischen Waren aus dem ganzen Umfange des Deutschen Reiches verbannte. Dieser Sieg ihrer Verblendung war ihr Todesstoss. Am Schlusse des Jahrhunderts ist die Macht, der Einfluss und der Reichtum des Hansabundes tief gesunken. Der dreissigjährige Krieg führt zu seinem gänzlichen Verfall. Auf dem letzten Hansa- Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. tage, der 1669 in Lübeck abgehalten wurde, waren nur noch sechs Städte vertreten, welche sich feierlich von dem Bunde lossagten. Eisen und Stahl gehörten von Anfang an zu den wichtigsten Handelsartikeln der Hanseaten. Da diese den Eisenhandel in ganz Nordeuropa beherrschten, so übten sie einen grossen Einfluss auf die Entwickelung der Eisenindustrie der nordeuropäischen Länder aus. Eisen wird schon in den ältesten Warenverzeichnissen der Hanseaten aufgeführt. So wird z. B. in einer Zollliste vom Damme Siehe Höllbaum , Hanseatisches Urkundenbuch, Bd. I. vom Jahre 1252 aufgeführt: centenum ferri de Mainboudslaghe 16 Pf. „ „ dicti Kattenelben 12 Pf. „ „ dicti Bakyser „ „ dicti Duryser „ vel quintala ferri de Ispania. In einer Zollordnung von 1274 A. a. O., S. 198. : centenum ferri quod dicitur membroos yser, „ scoef yser, bacyser. Es wurden also eine ganze Reihe verschiedener Sorten Eisen und Eisenwaren auf den hanseatischeu Märkten gehandelt. In der Pariser Bibliotheque nationale befindet sich ein inter- essantes Verzeichnis der Länder und ihrer Produkte, welche man zu Brügge antraf, aus dem letzten Drittel des 13. Jahrhunderts Siehe a. a. O., Bd. III, S. 419. : C’est li roiaume et les terres desquex les marchandises viennent à Bruges et en la terre de Flandres, c’est asavoir les choses qui en- sivent ci apres. Dou royaume d’Ayleterre viennent laines, cuir, plons, estains, charbon de roche , fromaige. Dou royaume d’Escoche viennent lainnes, cuir, fromage et sui (suie, Russ, oder suif, Talg?). Dou royaume d’Yllande viennent cuir et lainnes. Dou royaume de Norweghe viennent gerfaut, merriens (merrain, Daubenholz), cuir bouli, burre, sui, oint (Fett) et pois, cuirs de bouc, dont on fait cor- douan. Dou royaume de Dennemarche viennent palefroy (Zelter), cuir, oint, sui, cendre, harens, bacons. Dou royaume de Suede len vient vairs et gris, oint, sui, sain (?), cendre et harpois. Dou royaume de Rossie vient cire, vairs et gris. Dou royaume de Hongrie vient cire, or et argent en plate. Dou royaume de Behaigne vient cire, or et argent et estain. Dou royaume d’Alemaigne vient vins Rinois, pois, Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. cendre, marrien, blef, fer et acier . Dou royaume de Polane vient or er argent en plate, cire, vairs et gris et coivre. De lesveschie de Liege et dela entor viennent totes oevres de coivre fait de la baterie (Schmiedearbeit) et de grand marrien. Dou royaume de Boujerie vient vairs et gris, hermine, sabre (Zobel) et letisse (?). Dou royaume de Navarre vient filache, dont on fait sarges (Zwirn), cordouans, batan, ricolisses, amendre, peleterie, drap, dont on fait voiles et grans nez. Dou royaume d’Arragon vient lex avoirs com de Navarre et safrens de ris. Dou royaume de Castle vient grainne (zum Scharlachfärben), cire, cordouans, basenne, filache, lainne, poleterie, vif argent, sui, oins, commins, henis (Anis), amendre et fer . Dou royaume de Lion vient autrex avoirs, comme dessus est dit, sans fer. Dou royaume d’Enteluse, c’est de Sebile et de Cordes vient miel, oile dolive, cuirs, peleterie, cire, grans figues et raisins. Dou royaume de Grenate vient cire, soie, figues, raisins et amendres. Dou royaume de Galice vient sains, vif argent, vin, cuire, peleterie et lainne. Dou royaume de Portigal vient miel, peleterie, cire, cuir, grainne, oint, oile, fig ues, raisins, balai (?). Dou royaume de Fees en Afrique vient cire, cuirs et peleterie. Dou royaume de Marroc vient autele marchandise et commin et sucre brus (gebrannt). Dou royaume de Segelmesse, qui siet pris de la mer des arenes, vient dathes et alluns blans. Dou royaume de Boujie vient peleterie de aigniax, cuirs, cire et alun de plume (Federalaun). Dou royaume de Tunes vient autel avoir comme de Boujie. Dou royaume de Mailorgues vient alun et ris, cuir, figues, qui craissent au pais. Dou royaume de Sar- deigne vient peleterie. Dou royaume de Constantinoble vient alun de glace. Dou royaume de Jherusalem, dou royaume de Egipte, de la terre au souldent vient poivres et toute espicerie et bresis (Brasilholz). Dou royaume de Hermenie vient coutons et tote autre espicerie dessus dit. Dou royaume de Thartarie vient drap dor et de soie de mont de menieres et pelles et vairs et gris. Et de tous ses royaumes et terres dessus dites viennent marcheant et marchandises en la terre de Flandres sans sese, qui vienne dou royaume de France et de Poiteu et de Gascogne et des 3 illes, ou il y a mou de royaumes, que nous ne sovons nommer, dons tous les ans viennent marcheant en Flandres et de mait autres terres. Parcoi nule terre nest compare de mar- cheandise en contre la terre de Flandre. In diesem interessanten Warenverzeichnisse, welches uns ein Bild giebt von dem grossartigen flandrischen Handel zur Zeit der Kreuzzüge wird ausser kastilischem Eisen nur Deutschlands Eisen und Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Stahl genannt. Die Hanseaten konnten diesen Handel um so eher monopolisieren, als sie den schwedischen Handel ganz in Händen hatten. Den Schweden kauften sie den rohen Osmund ab und ver- handelten ihnen dagegen deutsche Eisenwaren, Stabeisen und Stahl. Dieser Handel bewegte sich hauptsächlich über Lübeck. Unter den Vergünstigungen der Kaufleute von Lübeck für Waren, welche sie nach Antwerpen fuhren, vom 5. Mai 1407, heisst es be- züglich der Zollabgaben Urkundenbuch der Stadt Lübeck, Bd. V, S. 160. : Item van elken vate staels enen grote. Item van elken dusent ysers, tiene quintale vor en dusent gerekent, anderhaluen gr. Leider ist bis jetzt nur wenig über den hochwichtigen Eisen- handel Lübecks veröffentlicht worden. Ausser Lübeck war Danzig an dem Eisenhandel am meisten beteiligt. Dieses hatte namentlich den überseeischen Handel mit England in der Hand, und daher erklärt es sich, dass schwedisches Eisen in England lange als „Danzic iron“ gehandelt wurde (Bd. I, S. 806). Danzigs Handel, über den wir besser unterrichtet sind Besonders durch die treffliche Schrift von Dr. Theodor Hirsch , Danzigs Handels- und Gewerbegeschichte unter der Herrschaft des deutschen Ordens 1858. , giebt uns ein Bild des grossartigen hanseatischen Verkehrs der Ostseehäfen im Mittelalter (1343 bis 1454). Von hervorragender Bedeutung war der Verkehr mit Portugal und Spanien. Danzigs Hauptausfuhrartikel war Schiffsbauholz, welches von allen seefahrenden Nationen gesucht wurde; aus Lissabon kamen dagegen südländische Waren: Öl, Rosinen, Wein, Pantherfelle u. s. w. Bei dem Verkehre mit Spanien unterschied man die beiden Land- schaften Galizien und Biskayen. Die Biskayer waren gefürchtete Seeräuber, die namentlich den preussischen Ordensleuten sehr feindlich gesinnt waren. Der Verkehr mit Galizien war besser, besonders durch die grossen Pilgerfahrten zum heiligen Jakob von Compostella. Diese wurden schon im 14. Jahrhundert auf eigenen preussischen Schiffen, die zugleich Handelszwecke verfolgten, unternommen. Die Fahrten nach der Pyrenäischen Halbinsel waren reich an Gefahren, die nicht nur von den Seeräubern, sondern auch von den konkurrierenden Nationen drohten. 1379 wurde der preussische Schiffer Tidemann Stricker auf der Rückkehr von St. Jakob in Galizien von drei eng- Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. lischen Schiffen überfallen, seiner Güter beraubt und erschlagen. 1398 wurden 14 hanseatische Schiffe, reich beladen mit Öl, Wachs, Wein, Reis, Honig, Talg, und spanischem Eisen auf der Rückkehr von friesischen Piraten aufgefangen. Ebenso gefährlich waren die Fahrten nach Frankreich, die „Baienfahrten“. Dänen, Schweden und die Vitalienbrüder, Friesen, Engländer, Normannen und Biskayer stellten den reich beladenen Hansaschiffen nach. Spanisches Eisen, ein wichtiger Importartikel der hanseatischen Seehäfen, kostete um 1420 die 1000 Pfund 9 goldene Kronen (2 Kronen = 1 schweren Nobel = 9½ Thlr.), oder 25,65 Mk. die 100 kg. Die Fehden mit den biskayischen Seeräubern und die Repressalien gaben Veranlassung zu fortgesetzten Streitigkeiten mit Spanien selbst, welche dann in Warenverboten und andern vexatorischen Bestim- mungen ihren Ausdruck fanden. 1434 wurde deshalb ein sechsjähriger Vertrag zwischen der Hansa und Spanien abgeschlossen, der aber nur wenig besserte; diesem folgte 1443 erst ein dreijähriger, dann ein zwölfjähriger Friede (bis 1458). Die wichtigsten Artikel in dem Handel mit der Westküste Frankreichs — den Baienfahrten — war das Baiensalz, Seesalz und Weine, welche in Poitou (französischer), Romanyen (spanischer) und Malvasier (griechischer) unterschieden wurden. Aus Nordfrankreich kam ebenfalls Wein im Austausch mit Häringen und Getreide. Dieser Handel war in jener Periode vielfach gestört durch den englisch-französischen Krieg. Der Handel Danzigs mit England Siehe a. a. O., S. 97. war von besonderer Wichtig- keit. Die Deutschen hatten ihre Niederlage im Stahlhofe zu London. Die Engländer siedelten sich schon früh in Danzig an. Im 14. Jahr- hundert gab es bereits eine Niederlassung englischer Kaufleute, das „englische Haus“, und wie grossartig der Handel war, erhellt daraus, dass im Jahre 1392 auf einmal 300 englische Schiffe zum Getreide- kauf nach Danzig kamen. Der Hauptartikel der Engländer war „englisches Gewand“. Eine Specialität Danzigs, die von den Eng- ländern am meisten gefragt wurde, war Bogenholz. Der Verkehr war ein so regelmässiger, dass man 1406 der Meinung war, „als ob die Preussen England gar nicht entbehren könnten“. Umgekehrt war England in schlechten Erntejahren vollständig auf die Einfuhr von Danziger Getreide angewiesen. Trotzdem entstanden seit dem 15. Jahr- hundert von 1437 bis 1470 fortwährend Streitigkeiten, die immer nur Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. von Fall zu Fall beigelegt wurden, so dass ein Mittelzustand zwischen Krieg und Frieden herrschte. Am 12. Juni 1451 wurde auf der Tage- fahrt zu Utrecht Friede mit den Engländern geschlossen. Der gegen- seitige Handel war damals ein sehr bedeutender. 1437 berechneten die Engländer die Pfundgelder, sowie die Pfahl- und Hafengelder so hoch, dass daraus eine Jahreseinfuhr von 400000 Pfd. Sterl. hervor- geht. Die Hauptartikel der Danziger waren: Getreide und Holz, be- sonders zum Schiffsbau und Bogenholz, mit dem Holze gingen Segel- stangen, Schiffstaue und eiserne Anker . Auch wurden ganze Schiffe für englische Rechnung auf der Lastadie zu Danzig gebaut. Ausserdem Wachs, Flachs, Rauchwaren (besonders littauisches Werk), Asche, Teer und Pech. Kupfer, das man aus Ungarn bezog, Landeisen , das namentlich in der Gegend von Bütow gewonnen wurde. Von preussischen Manufakturwaren wird besonders Lein- wand aufgeführt. Die Engländer lieferten besonders rohe Wolle, Wollenzeuge, namentlich Laken und Scharlachtuch. Von Metallen Zinn und Osemund (schwedischen); ferner Harze. Von fremden Erzeugnissen brachten ihre Schiffe: Rheinwein und Ross harnische (Innsbrucker ?). Inniger noch waren die Beziehungen zu Schottland. Es bestand eine alte Freundschaft zwischen diesem und Preussen. Für die schottische Wolle lieferten die Danziger Getreide, Holz und Schiffe, ferner Mehl, Malz, Asche, Theer und Eisen . Beispielsweise bestand die Ladung eines nach Schottland bestimmten Schiffes aus 16 hundert Wagenschoss (Getreide), 24 Tonnen Mehl, 21 Tonnen Teer, 300 Scheffel Malz, 13 Tonnen Eisen und 14 Tonnen Asche. Das hier aufgeführte Eisen ist Landeisen, nicht Osemund. Brügge war der Mittelpunkt des grossartigen Handels von Flandern und Brabant Siehe Hirsch , a. a. O., S. 120. ; es war der Sammelpunkt aller Nationen. Flandrische Tuche gingen durch die ganze Welt. Die Danziger Kauf- leute kamen in Brügge nur als „Hansen“ in Betracht und nahmen als solche an den Rechten und Vorteilen der in Brügge von sechs Aldermännern unter dem Beirat von 18 Kaufleuten geleiteten hansea- tischen Faktorei teil, teilten aber auch mit jenen alle die Wechsel- fälle und Verluste, von welchen während der häufigen flandrischen Volksaufstände und später infolge der englisch-französischen Kriege auch die Fremden in diesem Lande betroffen wurden. Bis zu Ende des 15. Jahrhunderts stand bei den Ostseeschiffern die Meinung fest, dass an der ganzen niederländischen Küste nur die Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Wielinge, d. h. die Mündung der Westerschelde in Zwin und Damme und andern kleineren Plätzen, Häfen zur Aufnahme grösserer Schiffe darböten; nur ausnahmsweise wagte man sich nach Antwerpen oder Bergen-op-Zoom. Da nun Brügge, wenn auch selbst nicht am Meere gelegen, von altersher durch Verträge mit Sluyz über den Hafen Zwin verfügte, Damme zu seinem Gebiete zählte und mit beiden durch Kanäle in Verbindung stand, so bot sich dieses schon durch die ge- nannten Hafenplätze für alle von der Ostsee nach Westen segelnden Schiffe als den besten Anlaufplatz dar, um so mehr, da diese mit Holz, Getreide u. s. w. befrachteten Schiffe immer schwere Ladung und entsprechenden Tiefgang hatten. Alle Schiffe, die durch den Kanal nach Frankreich, Spanien und nach Lissabon fuhren, legten hier erst an, um Proviant u. s. w. einzunehmen. Als von Danzig in Flandern eingeführte Waren werden ge- nannt: Wagenschoss, Klappholz, Knarrholz, lange Riemen, Pipenstäbe, Tonnen- und Bogenholz (einmal 1386 auch 4500 Sparren an die von Sluyz zur Befestigung ihrer Stadt), sodann Getreide, namentlich Roggen, roh oder als Mehl, Asche in verschiedenen Sorten, Wachs, Pech, Teer, Rauchwaren, darunter auch Zobel und Marder, Flachs, Garn, namentlich Fischgarn, Osemund, Landeisen und Kupfer. Von Fischen: Störe in Fässern verpackt und Häringe, deren Fang an der flandrischen Küste nach einer amtlichen Erklärung von 1434 in früherer Zeit zu Gunsten der deutschen Kaufleute und erst um diese Zeit gegen eine besondere Abgabe freigegeben wurde; ausserdem noch Seehundsfelle, Bier und Wolle. Die meisten Waren wurden nach Brügge gebracht, wo von den- selben an das Kontor eine bestimmte Abgabe und zuweilen noch überdies zur Bestreitung besonderer Bedürfnisse ein Pfundgeld zu ent- richten war. Nur selten, scheint es, fanden sich mit den Waren die Eigentümer selbst zum Verkaufe daselbst ein, sondern sie sandten hierzu entweder einen oder mehrere mit Vollmachten versehene „Kaufmannsknechte“ mit, oder sie konsignierten die Waren an ihre in Brügge verweilenden „Lieger“ (Faktoren, Kommissionäre, Agenten), in der Regel selbständige hanseatische Kaufleute, welche für den Ver- sender den Kauf abschlossen und die Rimessen zuweilen in Wechseln, meist aber in flandrischer Ware entsendeten, worüber von Zeit zu Zeit eine gegenseitige Verrechnung (wedderleging) stattfand. Neben den deutschen „Liegern“ spielten die flandrischen Hausbesitzer in den Geschäften der Fremden eine wichtige Rolle, indem sie ihren deut- schen Hausgenossen nicht nur als die gesetzlichen Makler beim Um- Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. satze der Waren zugewiesen waren, sondern auch für ihre gewesenen Mieter Waren in Empfang nahmen, aufspeicherten und verkauften. Dem Gesetze nach konnten nur Inländer solche Häuser erwerben; dasselbe wurde aber vielfach umgangen, namentlich durch hypothe- karische Darlehn, worauf alsdann der Hypothekargläubiger die Rechte des Hausherrn selbst ausübte, während dieser nur seinen Namen dazu hergab. Die Einkäufe wurden teils bei den „fremden Nationen“, teils bei den Eingeborenen gemacht. Unter den Nationen nahmen die Lom- barden und Genuesen die wichtigste Rolle als Wechsler und Bankiers ein. Den südländischen Handel hatten besonders die Spanier inne. Laken (Tücher), ein Hauptartikel des flandrischen Marktes, lieferten die Belgier, Engländer, Schotten und Holländer, und waren dieselben in der „Halle“ — dem Kaufhause — ausgestellt. Die Holländer nahmen gegen die Danziger, wie gegen die Hanseaten überhaupt, eine feindliche Stellung ein und legten dem Handel grosse Hindernisse in den Weg, und zwar die Fürsten ebenso wie die Städte. Die Herrscher aus dem Hause Wittelsbach zeigten wenig Verständnis für den Handel. Eine Ausnahme machte nur Johann der Unbarmherzige, der Gegner der Jacobaea, welcher die Hanseaten begünstigte. Er gestattete allen Kaufleuten freien Ver- kehr an der Maasmündung und gab am 1. Mai 1412 der gesamten Hansa einen Freibrief bezüglich des Strandrechtes. Trotzdem ver- mindert dies nur wenig die Belästigungen, welche die Deutschen an der holländischen Küste erfuhren. Seitdem 1432 Holland mit Bur- gund vereinigt worden war, hörten diese Belästigungen offiziell zwar auf, aber das Streben der wendischen Städte, die holländischen Schiffer gänzlich von der Ostsee auszuschliessen, führte zu neuen Zerwürfnissen und 1435 zu einer heftigen Seefehde. In Danzig wurde den Holländern der Sitz im Artushofe öfter entzogen. Die Einfuhrartikel der Holländer nach Danzig waren namentlich Laken aus Leyden und Amsterdam, Häringe und Baiensalz; die Aus- fuhrartikel: Roggen, Wagenschoss, Asche, Holz, Pech, Störe, Seehunds- fett, Talg und Osemund . Besonders wichtig für die Holländer war es aber, dass sie ganze Schiffe in Danzig kaufen durften. Das Verhältnis der hanseatischen Ostseehäfen zu Skandinavien war von besonderer Wichtigkeit durch dessen geographische Lage, da es den Zugang zur Ostsee von Westen verschloss. Die wendischen und preussischen Ostseehäfen blühten, so lange Skandinavien von ihnen in Abhängigkeit verblieb, und der Sund für Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. die Durchfuhr ihrer Schiffe frei war. Den Preussen war dies durch den Friedensvertrag von Stralsund ausdrücklich zuerkannt worden. Aber schon im Jahre 1412 legte König Erich, der Nachfolger der grossen Unionskönigin Margareta, der feindlich gegen die Hansa gesinnt war, die Festung Orekrog (Helsinjör) am Sunde an und sperrte die Durchfahrt gegen Abgabe von einem englischen Nobel für jedes Schiff. 1435 schlossen Lübeck, Hamburg, Lüneburg und Wismar einen Separatfrieden mit Erich, worin sie ihm gegen freie Durchfahrt durch den Sund Hülfe gegen Schweden zusagten. Skandinavien war durch seine Armut auf den Import angewiesen, was es dagegen bieten konnte, waren Metalle und Fische. Unter den Fischen spielten die Häringe die wichtigste Rolle. Der Häring, der schon seit dem 13. Jahrhundert regelmässig zur Laichzeit seine Hauptwanderung nach dem Sund hin richtete, war für die damals mit Dänemark staat- lich verbundene Halbinsel Schonen eine Quelle des reichsten Segens Siehe Hirsch , a. a. O., S. 143. . Dort kamen zur Laichzeit zahlreiche Fischer zum Häringsfange zu- sammen. Durch Verträge mit den dänischen Königen erhielten diese abgegrenzte Fischerlager am Strande — „Villen“ genannt — ein- geräumt. Zur Zeit des Häringsfanges herrschte in den Villen ein bewegtes Leben und ein grossartiger Marktverkehr; meistens in Buden, die nur für die kurze Zeit errichtet waren. Jede Ville hatte ihren besondern Vogt. Die Deutschen hatten eine eigene Kirche und ein Kloster. Im Anfange des 15. Jahrhunderts änderten die Häringszüge ihre Richtung. Der Fang wurde schlecht und die Villen gingen zurück. In den Strandlagern blieb ein verarmtes Gesindel zurück, das zu allem fähig war, namentlich zu Strand- und Seeraub. Aus ihm rekrutierten sich die Vitalienbrüder. Die Handelsverbindung Danzigs mit Schweden war weniger durch die Nachfrage nach schwedischen Landesprodukten, als durch den vorteilhaften Absatz, den alle Gegenstände des Danziger Handels in diesem Lande fanden, hervorgerufen. Schweden war damals ein sehr armes Land, sowohl durch die Dürftigkeit des Bodens, als durch den Mangel an Kunstfleiss. Den Hanseaten war der Handel leicht ge- macht, denn sie begegneten keiner Konkurrenz. Infolgedessen er- hielten sie grosse Vorrechte. Die Einfuhr umfasste alles, was zu einem besseren Leben gehörte, darunter von deutschen Produkten besonders Rheinwein und Panzer. Die Ausfuhr, bestand in getrockneten Fischen, vor allem aber in dem schwedischen Eisen — dem Osemund —. Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Der Handel mit Norwegen ging durch das grosse Kontor zu Bergen. Auch in Danzig gab es eine „Bergenfahrer-Gesellschaft“, die besonders französische Weine, Poitou und Romanyen dorthin ein- führte. Schon in früher Zeit stand Danzig mit Russland, d. h. mit Now- gorod, in Verbindung. Der Verkehr bewegte sich meistens zur See (Wasserfahrer), und man unterschied Sommer- und Winterfahrer. Der Wasserweg der Gotlandfahrer ging durch den Finnischen Meer- busen, die Newa (Nu) hinauf nach dem Ladogasee in den Wolchow (die Wolga) hinauf bis Nowgorod. Später wurde in Riga und Reval angelaufen. Haupteinfuhrartikel waren polnische und oberländische (besonders flandrische) Tuche. In dem Warenverzeichnisse eines 1430 für Reval beladenen Schiffes werden folgende Eisenwaren auf- geführt: Brotmesser, ein Fass, eiserne „Stegrechen“ (Steigbügel), Eisendraht und Harnische. Mit Littauen war der Verkehr sehr lebhaft, seitdem Herzog Witow (Witold) sich unter dem Namen Alexander am 12. Oktober 1398 hatte taufen lassen und mit dem deutschen Orden Frieden schloss. Der Handel ging durch das Kontor in Kauen (Kowno), die „Weichselkähne“ mit Salz beladen gingen gegen Sommer und Herbst von Danzig ab. Ferner wurden eingeführt: Tuche, Seidenzeuge, Häringe, Osemund , Zucker, allerlei Spezereien und mannigfache Industrieerzeugnisse. „Es gab nicht ein Handwerk in Preussen, das nicht davon Nutzen zog.“ Dagegen lieferte Littauen Holz, Asche, Wachs und Pelzwerk. Mit Polen stand Danzig schon durch seine Lage an der Weichsel- mündung in engster Handelsverbindung. Aus Polen kam das Holz, welches einen Hauptartikel des Danziger Handels bildete, und zwar kam es auf dem Strome in Flossen, Driften oder Traften (struges lignorum) genannt. Die platten Fahrzeuge der Polen hiessen Dubassen. Am Abladungsplatze wurden die Traften und Dubassen auseinander genommen und die Ladung samt den Schiffen resp. Flossen verkauft. Polen lieferte namentlich das Eiben- oder Bogenholz, welches in England so beliebt war. Es kam aus den Karpathen, besonders von Krakau und Wislica an der Weichsel und Neu-Szandeck an der Dunajez. Der Hauptflossverkehr war mit dem Herzogtume Masovien, seit 1381 geteilt in die Fürstentümer Plock und Warschau. Die Handelsverbindungen gingen bis zum Orient; Juden und selbst Armenier nahmen daran teil. Das Holz wurde vielfach schon im Polnischen geschnitten. Kupfer, Eisen und Blei kamen von Ungarn Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. über Krakau, welches den Stapel hatte mit Vorkaufsrecht. Dies wurde, da es zum Nachteile Thorns war, von den Preussen nicht anerkannt und führte zu vielen Zwistigkeiten. Thorn wurde von Preussen mit grossen Vorrechten ausgestattet. Alle fremden Kaufleute, die aus Polen kamen, mussten ihren Weg über Thorn nehmen. Englisches Gewand durften sie nur in Thorn kaufen. Die Polen brachten dahin Pelzwaren, dann Erze und selbst ungemünztes Silber und Gold. Eine ähnliche Herrschaft wie Krakau für die obere Weichsel hatte Breslau für Schlesien an sich gerissen. In Thorn war der grosse Jahrmarkt, wohin Polen und Schlesier kamen, besonders Händler von Posen, Krakau und Breslau. Eisen, Blei und Kupfer kam ausschliesslich über Krakau. Flandrische und englische Tuche gingen auf diesem Wege bis Konstantinopel. Die Nürnberger erschienen auf diesen Märkten als „Landfahrer“, besonders mit Gewürzen und Spezereien, die sie aus Italien brachten und die deshalb „Venediger Ware“ hiessen. Sie kauften besonders Wachs und Pelzwerk. Nach Westdeutschland führten von Danzig drei Hauptstrassen, ein Seeweg, ein Landweg und ein kombinierter Weg. Der erste ging nach den Häfen der Ost- und Nordsee, durch den Sund und wurde besonders für Holz, Getreide und Salz benutzt. Wichtiger war der Weg zur See bis Lübeck und von da auf „dem Graben“, d. h. dem 1398 eröffneten Strecknitzkanale nach Hamburg, von wo es zur See oder zu Lande weiter ging. Für leichtere Ware wählte man den Landweg, der über Stolpe, Kolberg, Stettin, Greifswalde, Stralsund, Rostock, Wismar, Lübeck, Hamburg nach Bremen und von da in das Gebiet des Bischofs von Münster führte. Von hier ging es weiter nach den westfälischen und rheinischen Städten, von diesen nach den Niederlanden, insbesondere nach Utrecht und Brügge. Lübeck und Hamburg waren die Haupt- knotenpunkte dieses wichtigen Handelsweges. Mit den Städten am Rhein und in Westfalen bestand ein intimer Verkehr, es bestanden sogar viele verwandtschaftliche Be- ziehungen. Hierzu trugen die grossen Pilgerfahrten nach Aachen viel bei. Am häufigsten wird Köln genannt. Kölnische Familien waren in Danzig ansässig, sodann werden Bonn und Wesel aufgeführt; von westfälischen Städten: Brilon, Altendorn, Iserlohn, Lippstadt, Lemgo, Unna und Steinheim; wichtiger war Hamm, sodann Münster, Hildesheim, Arnsberg, Göttingen und Hameln. Den bedeutendsten Verkehr mit Danzig scheinen aber Dortmund und Soest gehabt zu haben. Auch hierbei spielte das Eisen eine Hauptrolle. Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Danzigs Kaufmannschaft im weitesten Umfange bildete eine einzige Korporation, die Artusbrüderschaft, welche in erster Linie gesellige, in zweiter Linie erst gewerbliche Zwecke verfolgte. Da- neben bestand die St. Georgsbrüderschaft, zu welcher die Schöppen und Junker gehörten. Die Lastadie war die Warenniederlage und Schiffswerft zugleich, auf ihr stand der Krahnen. Die ein- und auslaufenden Schiffe mussten ein „Pfahlgeld“ bezahlen. Die Ware wurde dann auf die Nieder- lage gebracht und von dem „Braker“ (Kontrolleur) geprüft (gebrakt). Die Niederlagen hiessen selbst Braken, so gab es die Holzbrake, die Aschbrake, Teerbrake, Hopfenbrake u. s. w. Verwogen wurden die Waren auf der Stadtwage durch besondere Beamte. Eisen und Kupfer hatte der „Punder“ (geschworener Wäger) vor dem „Wägen“ „nach ihrer Würde zu braken“. Die Warenmarken wurden ein- getragen auf der „Mercke“. Ein jeder Kaufmann führte sein „an- geborenes Zeichen“, womit er seine Ware zeichnete. Die Handlungs- gehilfen wurden eingeteilt in „Kaufmannsknechte“ (Kommis), denen keine Disposition zustand, und „Liger“, Vertreter, welche dispositions- fähig waren. Von den vielen Waren, welche in Danzig gehandelt wurden, interessieren uns besonders die Eisenwaren, deren Arten und Preise. 1446 kostete ein Stück „Hirschberger“ Draht 14 sc. Die preussische Landmünze war die Mark. 1 Mark = 4 Vierdung = 24 Scot = 45 Halbschoter = 60 Schillinge = 180 Vierschen = 720 Pfennige. Der Wert einer Mark nach jetzigem Gelde betrug: 1351 bis 1382 5 Thlr. 5 Sgr. 1422 „ 1449 3 Thlr. 1450 „ 1454 1 Thlr. 26 Sgr. . Die Haupt- eisensorten waren Osemund (schwedisches), Landeisen, das haupt- sächlich von Bütow kam, ungarisches und spanisches. Über den Wert des ungarischen Eisens, worunter steirisches mit einbegriffen war, findet sich 1424 eine Notiz, nach welcher 2 Last gegen 25 Tonnen Häringe eingetauscht wurden, danach würde sich die Last auf etwa 60 Mark berechnen (1000 kg = 50 Mk.). Spanisches Eisen wurde nach Mille, wahrscheinlich 1000 Pfund, die übrigen Sorten nach Last berechnet. 1 Last = 8 Schiffspfund = 12 Fass. Beck , Geschichte des Eisens. 38 Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Bütowsches Eisen kostete 1427 Mk. 2,12 sc. Osemund „ 1428 „ 3,18 „ bis 4 Mk. „ „ 1445 „ 5 „ „ „ 1452 „ 3,18 „ Bütowsches Eisen „ 1453 „ 3,08 „ „ in Riga „ 1458 „ 3 „ Nägel : 1 Schock Bodennägel kosteten 1388 1 Sgr. 1 „ Lattennägel „ 1403 10 Pf. Waffen : 1 Schwert „ 1399 12 Mk. 1 Harnisch „ 1452 18 „ 1 Eisenhut „ 1452 2 „ 1 Panzer „ 1452 8 „ 1 Paar Sporen „ 1399 2 „ 1 Last Korn kostete 1428 15 Mk. 1 Tonne Mehl „ „ 1 „ Das Schmiedehandwerk stand in Danzig in hoher Blüte und spaltete sich in viele Zweige. Es werden genannt: Ankerschmiede, Grobschmiede, Kleinschmiede, Schlosser, Messerschmiede, Nadel- schmiede (1357), Flaschenschmiede (1430), Nagelschmiede und Huf- schmiede. Da alle diese Handwerker zu einer einzigen Zunft unter gemeinschaftlichen Altermännern vereinigt waren, so übten sie schon durch ihre Zahl einen bedeutenden Einfluss aus, und waren deshalb die Schmiede oft Gegenstand der Beratung auf den Tagefahrten. In Betreff der Meisterstücke wurde am 4. Dezember 1446 auf der Tagefahrt zu Marienburg festgesetzt: 1. Die Schlosser sollen schmieden ein schliessendes Schloss mit Klinke und Riegel und mit neun Reifen; ferner ein Schloss zu Kontorspind mit zwei Klinken und acht Reifen, und endlich eine dreigeregelte „Salzmeste“ mit sechs Reifen. 2. Die Sporer sollen schmieden ein Paar Pfaffensporen mit einer Decke über das Rädlein, ferner ein Paar Sporen mit hohen „Brosten“, endlich ein Paar Wagensporen. 3. Wer „Pangretzer“ (Panzerschmied?) werden will, soll schmie- den ein welsches Gebiss mit zwei Blumen, ein Paar gute Stegreife und „eynen Krogen, der sall vffgeschroten seyn“. In demselben Jahre bitten die Thorner Messerschmiede, dass ihr Magistrat die in Danzig, Elbing und Königsberg bestehende Ordnung annehme, nach welcher niemand ihr Handwerk treiben darf, der nicht ausser seinen Kleidern und seinem Handwerkszeug 5 Mark gut Geld Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. besass und vor den geschworenen Älterleuten drei Arten von Messer- klingen schmieden und schleifen könne. Nach der Rolle der Jung- stadt (einer der drei Stadtteile Danzigs) sollte jeder Schmied, der Meister werden wollte, nachdem er vier Mark in die Büchse und vier Pfund Wachs zum Seelengerät geliefert hatte, gleichfalls drei Meisterstücke machen: der Grobschmied ein Beil, eine Axt und ein Hufeisen; der Kleinschmied ein Kistenschloss, ein Klinkschloss und ein drittes beliebiges; der Messerschmied ein Kastenmesser, ein Frauenmesser und einen Wittink; der Plattner ein Paar Handschuhe, ein Paar Vorstollen und eine Brust u. s. w. Für ihre religiösen Bedürfnisse kauften die Schmiede 1454 die Erasmuskapelle in St. Johannis. Diese Schilderung Danziger Verhältnisse entrollt uns ein Bild des bewegten kaufmännischen und gewerblichen Lebens in einer grossen Hansestadt des Mittelalters. Zum Schluss noch einiges über Löhne und Preise . Im Ver- gleich zu dem Werte der Nahrungsmittel waren die Schmiede und Eisenarbeiter im 15. und 16. Jahrhundert gut bezahlt. Ihr Lohn wurde teils nach Zeit, teils nach Stück berechnet. 1460 verdiente ein Hufschmied im Holsteinischen in 135 Tagen 17 Mark 2½ Schil- linge Siehe G. v. Buchwald , Zur deutschen Wirtschaftsgeschichte im endenden Mittelalter 1887, S. 77. . 1422 kaufte der Probst zu Peertz zwei Fässer Osemund zum Preise von 2 Mark 8 Schillinge das Fass und liess dieselben zu Nägel verschmieden. Der Schmied erhielt dafür 6 Mark, mithin war die Arbeit um ein Sechstel teurer als das Material. In Holstein rechnete man damals, wie in Schweden, nach Schiffspfund (170 kg), Lispfund (8,50 kg) und Marktpfund (0,425 kg). Eine Rechnung des Schmieds Hinrik Schulze zu Kiel lautete: Zum ersten für sechs Anker zu den Balken, die wogen 2 Schiffspfunde und 1½ Lispfund. Das Schiffspfund 10 Mk., das Lispfund 8 Sch., Summa 20 Mk. 12 Sch. Item: für Krampen zu den Ankern — „ 8 „ Item: den Knechten zu Bier — „ 2 „ Item: von demselben acht Anker zu dem Giebel, die wogen 12 Lispfund und 5 Marktpfund, Summa 8 „ 7 „ Item: Sechs Dockeneisen in dem Giebel zu dem grossen Fenster, die wogen 11½ Lispfund 4 „ 12 „ 38* Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Das Fass Osemund kostete damals in Hannover und Holstein, wie erwähnt, 2 Mark 8 Schillinge. Das Schiffspfund galt zu Danzig 1428 bis 1451 zwischen 3 Mark 18 Scot und 4 Mark 6 Scot. Der Fasspreis stieg in späteren Jahren auf 2 Mark 12 Schillinge. Eine fette Kuh kostete 1411 bis 1508 in Lübischer Münze 2 Mark. In Sachsen werden im 15. Jahrhundert folgende Durchschnitts- preise notiert: eine Axt 9 bis 13 Groschen, eine Kratze 1½ Gr., eine Schaufel 2 Gr., ein Meissel 1½ Gr., ein Bergeisen ⅓ Gr., ein Fäustel 3 Gr., ein Bohrer 2 Gr., ein Hufeisen 6 Pf., eine Mistgabel 2 Gr., eine Sichel 2 Gr., ein Hackmesser 3 Gr., ein Bratspiess 10 Gr. Man rechnete das Schmiedeeisen nach Stangen zu 5 und nach Stäben zu 4 Gr. In Holstein galten folgende Warenpreise: 1421 kosteten 100 Stück Pflugstahl zu Preetz 18 Sch. (1 Gulden = 13½ Schillinge); Pferde- und Wagengeräte: ein Paar Bügel 14 Pf., ein Halskoppel 2 Sch., ein Striegel 10 Pf., ein Paar Sporen 3½ Sch., eine Wagenschiene 1 Sch., für die Bracken und Ketten eines Fracht- wagens 4 Sch. 1423 kostete ein Pflugeisen 1 Sch. 6 Pf., 1425 war es 6 Pf. billiger. 1429 wurden 47 Pflugeisen für 23½ Sch. verkauft. Zwei Heugabeln (1423) 3 Sch. 4 Pf., zwei Mistgabeln und zwei Garten- gabeln für 3 Sch. Fünf Bicken zu stählen 7 Sch., welch hoher Preis jedenfalls durch den teuren Stahl veranlasst war. Gewöhnliche Schlösser kosteten in Holstein 4 bis 9 Pf., in Sachsen 8 Pf. 1413 wird ein Schloss mit Schlüssel mit 4 Sch. (dem Preise eines Lammes), in Sachsen mit 8 Gr. berechnet. Kunstschlösser kosteten natürlich viel mehr. Anton Tucher kaufte 1507 bis 1517 mehrfach die Meisterstücke junger Handwerker in Nürnberg an, dabei zahlte er für ein Truhen- schloss mit den dazugehörigen Schlüsseln 6 Gulden 2 Pfund (Heller), bisweilen 7 bis 8 Gulden. Solche Schlösser dienten aber auch als Geschenke an Fürsten, wie z. B. an Kurfürst Friedrich von Sachsen. Zu Preetz kostete das Schloss für einen Schrank in der Küche 3½ Sch., für ein Scheunenthor 7 Sch. Fünf eiserne Leuchter für die Mühle zu Lutterbeck kosteten (1423) 23 Sch., ein etwas besserer sogar 5 Sch. 1458 kosteten zu Preetz: 100 Stück Pfennignägel 10 Sch. 300 „ Scharfnägel 15 „ Ferner werden aufgeführt: 400 Nägel, von denen drei einen Pfennig kosteten, und 100 Nägel von fünf zu einem Pfennig, sodann für 20 Sch. Schwertnägel und 2000 Stück Lattennägel in Summa 2 Mk. 11⅓ Sch. Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Spiess- und Pfeileisen machten auch die Dorfschmiede. Von letzteren wurde in Sachsen das Schock mit 6 Groschen bezahlt. Bessere Waffen kaufte man in den Städten. Ein Panzer kostete 13 Gulden, eine Pferderüstung 50 Gulden, Armbrüste 3 bis 7 Gulden. Der billigste Preis für ein Schwert betrug 10 Schillinge, zu Preetz eine Mark, in Sachsen etwas über einen Gulden. Vom Oberrhein teilt Mone folgende Preise aus dem Jahre 1584 mit Zeitschrift für den Oberrhein, Bd. XII, S. 386 sc. : ein Kübel Rot- oder Schwarzerz kostete 6 Kreuzer (jetziger Wert 0,45 Mk.). Der Scheidelohn betrug für einen Kübel Roterz 4 Pf. (= 0,14 Mk.), für einen Kübel Schwarzerz 2 Pf. Ein Centner Wascheisen kostete 18 Kreuzer. — Der Hammerschmied- und Läufer- lohn betrug für den Centner 9 Batzen, der Schmelzer- und Aufsetzer- lohn für den Centner Masseleisen 5 Batzen 8 Rappen. Ein Fuder Holzkohle wurde damals mit 61 Kreuzer (= 4 Mk.) bezahlt. Der Centner gefrämtes Eisen (Zaineisen) kostete 3 Gulden 10 Batzen (14 Mk.), gemeines Eisen 3 Gulden 3 bis 5 Batzen. Zu Basel kostete ein Centner Schmiedeeisen 1544 nur 2 livres de Bâle = 7 fr. 10 ctm.; 1599 aber 11 fr. 10 ctm. Bei einer Erbverteilung übernimmt der Schlosser Jacob Bull- mann in Nürnberg einen Centner altes Eisen für 10 Pfund Heller. In Kärnten kostete ein Wiener Centner Schmiedeeisen einen Gulden. Weitere Preisangaben aus dem 16. Jahrhundert finden sich bei einzelnen Ländern, namentlich bei dem Harz, angeführt. BESONDERER TEIL . Die Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern Deutschlands . Steiermark . Wenn wir uns zu der Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern, wie sich dieselbe im 16. Jahrhundert vollzogen hat, wenden, so müssen wir mit vollem Recht Deutschland in den Vordergrund stellen. Das Eisen ist mit der germanischen Rasse schon in ältester Zeit eng verbündet gewesen und Ausgangs des Mittelalters war Deutsch- land das wichtigste Eisenland, sowohl in Bezug auf die Produktion als wie auf den Handel. Deutschland deckte durch seine Produktion nicht nur den eigenen Bedarf, sondern hatte eine ganz bedeutende Eisenausfuhr nach fast allen Ländern Europas. An dieser Ausfuhr nahmen vor allem die eisenreichen öster- reichischen Alpenländer mit ihrem trefflichen Stahl und Eisen, ihren Sensen und Waffen, sodann die westdeutschen Eisengebiete, insbesondere die Mark mit ihrem Draht und das bergische Land mit seinen Klingen und Messerwaren lebhaften Anteil. Der Ruhm des norischen Eisens ist so alt wie die Geschichte, deshalb gebührt ihm bei der Betrachtung der einzelnen Gebiete der Vortritt. Steiermark, Kärnten, Krain und Tirol sind schon in frühester Zeit durch ihr Eisen und ihre Eisenwaren bekannt gewesen Siehe Bd. I, S. 750 etc. . Steiri- scher Stahl war ein wichtiger Handelsartikel der Hanseaten. So hielten z. B. im Jahre 1392 die Kaufleute Heinrich Dähten und Berthold Iken in Lübeck eine Niederlage steirischer Eisenwaren, Steiermark. die sie nach Preussen und Russland vertrieben Klemm, Kulturgeschichte, Bd. IX, S. 159. . Ende des Mittel- alters war der Ruhm dieser Eisen- und Stahlwaren unbestritten. Fassen wir zunächst Steiermark ins Auge. Der Erzberg bei Eisenerz war von der Natur für eine leichte, bequeme Eisen- gewinnung geschaffen — „ein Geschenk der Götter!“ Cotta B. von Cotta , Die Lehre von den Erzlagerstätten, S. 360. schreibt darüber: Der Erzberg, zwischen Eisenerz und Vordernberg in Steiermark, erhebt sich als ein mächtiger Kegel wohl 1000 Fuss über den Boden des Erzbachthales, in welches er herein ragt, und dieser Berg besteht auf seiner Nordwestseite vom Gipfel bis beinahe zum Fuss fast ganz aus mehr oder weniger reinem Spateisenstein. Seine Oberfläche ist deshalb hier überall von Tagebauen und unterirdischen Abbauen durchwühlt, aber nur erst ein sehr kleiner Teil der vorhandenen kolossalen Erzmasse ist bis jetzt abgebaut. Doch nicht der ganze Berg, nicht sein Inneres besteht aus Eisenstein, sondern vielmehr nur eine dicke, äussere Hülle desselben. Die Tiefe, bis zu welcher der Eisenstein in den Berg hinein reicht, beträgt oft horizontal gemessen gegen 100 Lachter. Darunter folgt dann aber entweder Kalkstein oder Grauwackenschiefer. Der Kalkstein, welcher zuweilen Krinoideen- reste enthält, ist nicht recht bestimmt gegen den Spateisenstein ab- gegrenzt, er verzweigt sich gleichsam in denselben und geht durch Beimengung von Eisenspat (erzführender Kalkstein, Rohwand) in denselben über. Durch Umwandlung ist zuweilen Brauneisenerz oder wenigstens eine braune Färbung des Spateisensteines entstanden, dieser Masse ist stellenweise Quarz, Kalkspat, seltener auch Eisen- glanz, Eisenkies, Arsenkies, Kupferkies und noch seltener Antimon- glanz oder Zinnober beigemengt. Die Erze des Erzberges enthalten im grossen Durchschnitt 37 bis 38 Proz. Eisen. Sie sind um so leichter schmelzbar, je weniger Thon und Magnesia sie enthalten, doch ist ihre Schmelzbarkeit auch be- dingt durch den Grad der Verwitterung. Man unterscheidet drei Gattungen Erz: 1. Pflinze oder roher, unverwitterter Spateisenstein; 2. Braun- und Blauerz (Brauneisenstein durch Verwitterung aus Spateisenstein entstanden); 3. Ocker — das teilweise ausgeschlämmte Endprodukt der Ver- witterung. Steiermark. Am leichtflüssigsten sind die reinen Braunerze. Reiner Pflinz ist für sich weit schwerschmelziger und man war nicht im stande, ihn in ungeröstetem Zustande für sich zu verhütten. Die Mischung von ⅔ Blauerz und ⅓ Pflinz galt als die beste, doch ist dies nur be- dingt richtig, weil die Braunerze unter sich verschieden sind. Es giebt deren, die schwerschmelziger sind als Pflinz. Zu den glücklichen geognostischen Verhältnissen kommt seine günstige Lage bezüglich der Abfuhr, denn der Erzberg liegt nahe der Wasserscheide der wasserreichen Flüsse Enns und Mur und hat dadurch natürliche Abfuhrwege nach Norden und Süden. Von öster- reichischem und deutschem Standpunkte aus betrachtete man jene als sich zugewendete „in dem Berg“ und diese als abgewendete „vor dem Berg“ und so bildete sich der alte Besitz-, Handels- und Gewerbs- begriff von „ Innerberger “ und „ Vordernberger “ Eisen (Bd. 1, S. 752). Die Lage des Erzberges Siehe Versuch einer Beschreibung der vorzüglichsten Berg- und Hütten- werke des Herzogtums Steiermark von V. Ignatz Ritter von Pantz und A. Jos. Atzl , Wien 1814. in einer der höheren Gegenden Ober- steiermarks nahe der österreichischen Grenze, an deren nördlicher Seite die Enns, südlich die Mur fliesst, veranlasste alle Abfuhr des vorderen Abhanges südwärts nach Steiermark, von der inneren Seite nordwärts nach Österreich. Für jeden Teil gab es besondere Schmelz- öfen, Hammerwerke, Stapelplätze, Verschleissgewichte u. s. w. und danach gab es zwei Arten von Gewerken, die innerberger und die vordernberger Gewerken. Dadurch, dass der Erzberg in alter Zeit ge- teilt war und eine politische Grenze bildete und dass die verschie- denen Landesherrschaften sich häufig befehdeten, entstanden viele unnütze Schwierigkeiten. Anderseits suchten verständige Fürsten, die im Besitz des reichen Erzsegens des Erzberges waren, diesen zu schützen und zu fördern. Herzog Wilhelm von Steiermark liess die wichtige Eisenstadt Leoben mit Mauern umgeben und bestimmte im Jahre 1377, dass von allen fremden Salz- und Eisenfuhren eine Abgabe für diesen Zweck erhoben werden solle. Ein grosser Förderer der steirischen Eisenindustrie war Herzog Ernst, den auch die Geschichte „den Eisernen“ nennt. Zum Schutz des einheimischen Eisenhandels erschwerte er die Eiseneinfuhr aus dem Stift Salzburg. „Am 19. November 1422 erliess er ein allgemeines Verbot, Eisen von Gemünd und Altenhofen in Steiermark einzuführen, Steiermark. zu verarbeiten und damit zu handeln; sondern das Eisen aus dem Eisenerz des inneren und äusseren Berges soll nach allen Seiten des Landes und bis nach Italien hin seinen ungehinderten Ausgang, wie von alters her, behaupten; und alles dieses auf der oberen Strasse von Leoben aufwärts nach der Mur verhandelte Eisen solle von dem „Mailer“ (1 Meiler = 10 Ctr.) zwei Gulden in die herzogliche Kammer zahlen bis auf Widerruf dieser Anordnung Vergl. v. Muchar , Geschichte des Herzogtums Steiermark, Bd. VII, S. 163. . Erzbischof Eberhard III. verklagte deshalb Herzog Ernst 1418 bei Kaiser und Papst wegen Bedrückung, besonders weil der Herzog gegen die Gewohnheit des Altertums die Einfuhr alles hochstiftischen Eisens und Salzes (von Altenhofen, Gemünd und Hallein) verboten und alles auf Einfuhr begriffene zu konfiszieren befohlen hätte. Von den Städten Judenburg und Leoben geschehe den salzburgischen Kaufleuten gleichfalls hohe Beschwerung. Die Judenburger nähmen von jeder Wagenlast Kaufmannswaren zwölf und wegen dem Fuhr- mann des Wagens wegen überdies noch acht Pfennige zu Maut; und so wie in Leoben von jeder Mass Eisen einen Pfennig. In Leoben nähme der Landschreiber gar von jeder Wagenlast Kaufwaren 24 und von jedem Fuhrmann 12 Pfennige. Obgleich diese Beschwerden so- wohl von Kaiser Sigismund als von Papst Martin V. anerkannt und Herzog Ernst Abstellung der Bedrückungen aufgegeben wurde, so er- folgte doch keine Änderung und Herzog Ernst liess sich auch nicht ein- schüchtern, als 1423 Bann und Interdikt über ihn ausgesprochen wurde. Ebenso förderte Kaiser Friedrich III. als Landesherr in Steier- mark den Eisenhandel des Erzbergs. Am Laurentiustag 1449 erliess er eine („abermalige“) Eisenordnung für den Verlagshandel in Leoben Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VII, S. 353. und zwar: „Von jedem Centner Roheisen am Vordernberg und Innernberg sind in die landesfürstliche Kammer zu bezahlen 15 Pfennige, von jedem Centner geschlagenen Eisens daselbst 20 Pfennige und auch von dem Eisen, so aus dem Graglach, Zapfen und von dem Massen abgeschlagenen Zynter geschmiedet wird, ebenfalls 20 Pfennige, ohne welche Aufschlagszahlung keinerlei Eisen vom Berge geführt werden darf. Führt man Graglach, Zapfen und Zynter unverarbeitet vom Berge, so zahlt der Centner 10 Pfennige Aufschlag. Indessen soll alles Eisen von Vordernberg, Rauheisen, geschlagenes Eisen, Graglach nach Leoben geliefert und allein nur hier zehn Meiler zu 30 Pfund Pfennige verkauft werden. Der Aufschlag muss bezahlt und dann alles Eisen nach den zugewiesenen Strassen verführt werden, Steiermark. damit auch die Mauthstätten zu ihrer Gebühr kommen. Aus Vordern- berg muss aber alles Eisen auf Kosten der Radmeister selbst, wie von alters her, gestellt werden. Wird mit Eisen von dort aus in anderer Weise und auf andern Wegen gehandelt, so tritt Konfis- kation und Strafe ein. Die Eisenverleger in Leoben sollen aber den Vordernberger Radmeistern Vorauslagen und Zahlungen in barem Gelde machen, nicht etwa mit andern Waren, ausser wenn diese selbst Waren statt Bargeld wollen. Das Innernberger Eisen hat nach Österreich, und überhaupt alles Erzberger Eisen nach den von alters her angewiesenen Strassen zu gehen. Im Vordernberg dürfen nur vier Hämmer, und jeder nur mit einem Feuer gehalten werden; ebenso im Innernberg, aber die Plahhäuser mögen überall gemehrt werden. Für geschlagenes Eisen im Innernberg sollen für 10 Meiler 28 Pfund Pfennige gegeben und von dem Käufer der Aufschlag bezahlt werden. Am Erzberge soll das Roheisen gut geplähet werden, auf dass die weitere Fabrikation dabei nicht Verlust und Schaden leide.“ — Diese alte leobensche Eisenordnung giebt einen Einblick in den damaligen Eisenhandel und Betrieb, wobei besonders bemerkenswert ist, dass Graglach als Handelsware genannt wird. Infolge des geteilten Besitzes bestimmte Kaiser Friedrich III. am 12. Februar 1451, dass die übliche Abgabe an die Herzöge Otto und Albrecht von Österreich, den Abt von Neuberg, die Prioren von Gaming und Maurbach von je 10 Mass Eisen oder dafür jedem 10 Pfund Heller, da das Gericht zwischen Eisenerz und Vordern- berg geteilt wurde, ebenfalls geteilt werden solle. Am 14. Juli 1453 erteilte Kaiser Friedrich III. den Vordern- bergern ein Wappen: drei Männchen, eins rot, eins weiss und das dritte grau. Die zwei ersten hauen mit „Krampen“ in ein Mass (Massel, Luppe), der dritte in den „Arzberg“, illustrieren also die Hüttenarbeit und die Bergarbeit. Am 3. Juni, 10. August und 24. September 1469 wurden dem Peter Pögl , Eisenfabrikanten in Torlein bei Afflenz, Zahlungen für 400 Hackenbüchsen, für 2400 Eisenkugeln zu denselben und für andere dem Landesfürsten gelieferte Eisenwaren angewiesen. 1478 wurde Mürzzuschlag, welches für den Eisenhandel nach Wien von grosser Wichtigkeit war, befestigt. Damals waren schlimme Kriegszeiten; Türken und Ungarn bedrängten Steiermark. Der Eisen- handel ging infolgedessen sehr zurück. Dies gab Veranlassung zu verschiedenen Ausnahmsmassregeln. So war seit dem Zwiespalt zwischen König Ladislaus von Böhmen und Kaiser Friedrich III. Steiermark. der Eisenhandel in Stadt Steyr — dem Stapelplatz für den Norden — sehr herabgekommen Vergl. v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 136. , so dass die Bürger von Steyr nicht mehr, ihren altherkömmlichen Rechten gemäss, wie früher, das Rauh- und geschlagene Eisen in Eisenerz heben, bezahlen und wegführen konnten. Sie bedurften auch wenig Eisen bei der allgemeinen Handelsstockung. Trotzdem bestanden sie auf ihren Vorrechten, die ihnen Albrecht I. 1287 (siehe Bd. I, S. 753), Herzog Rudolf II. 1358 und Herzog Albrecht 1370 verliehen hatte. Letzterer hatte bestimmt, dass kein Eisen aus Böhmen und Bayern eingeführt werden dürfe, dass aber altem Her- kommen gemäss das innerberger Eisen, um in den Handel zu kommen, nirgends anders hingeführt werden dürfe, als in die Mautstädte Steyr und Enns. Die Radmeister am Erzberge gerieten daher mit ihren Vorräten und weiteren Arbeiten bei dem Bestehen dieser uralten Gesetze in doppelte Verlegenheit. Auf ihre andringliche Beschwerde sendete der Kaiser eine Erhebungskommission, und nach deren Bescheid fertigte er am 18. Juni 1483 folgende Anordnung: „Die Handelsleute von Stadt Steyr mögen bei den obwaltenden Kriegsläufen alles Innerberger Eisen heben, bezahlen und es damit halten, wie von alters her üblich war. Wollen sie dies nicht thun, so sollen die Rad- und Hammermeister, oder ihre Käufer mit dem Roheisen ungehindert der Stadt Steyr vorüber Handel und Wandel treiben dürfen, ohne Verhinderung. Nach Beendigung der Kriegs- läufe jedoch sollen der Stadt Steyr alle Freiheiten, alle Monate das Rauheisen im Innerberg zu heben und zu bezahlen, wieder eintreten und alle andere ihre Gerechtsamen aufrecht bleiben.“ Am 13. September 1490 erlaubte Kaiser Friedrich den Vorder- berger Radmeistern, wegen der höheren Preise der Kohlen und Lebensmittel jede dritthalb Meiler Eisen um 12 Schilling teurer zu verkaufen. 1492 veranlasste Kaiser Friedrich die Anlage grosser Köhlereien für Vordernberg; er erliess nämlich am Montag vor Margareten folgende Verordnung: Die frühere Ordnung wegen des freien Rauh- eisendrittels, dasselbe für Kohlen und Lebensmittel hintanzugeben, soll aufhören; dafür sollen die Eisenverleger in Leoben im Vereine mit den Radmeistern in Vordernberg, zu Leoben und an der Mur auf geeigneten Stellen grosse Kohlenbrennereien und Kohlenspeicher aufrichten, an welchen Kohlen erzeugt und von den Radmeistern selbst geholt, von ihnen aber auch die Kohlenbrennereien mit dem Steiermark. nötigen Gelde versehen werden sollen. Wegen der Kohlungsstätten werde der Kaiser noch besonders mit den Leobenern verhandeln. — Gleichzeitig traf der Kaiser noch andere wichtige Anordnungen: Wenn die Eisenverleger zu Leoben Radwerke in Vordernberg Schulden halber an sich bringen, hätten sie dieselben in rüstigem Betrieb zu erhalten, weil sie sonst von der Landesfürsten Gnaden eingezogen werden sollen; und weiter, dass auf allen Eisenfabrikaten, welchen Namen sie immer tragen mögen, entweder das eigene Zeichen der Werkstätte, oder der nahe dabei gelegenen Stadt oder des Marktes aufgeschlagen sei; weil durch überhandnehmende Vernachlässigung dessen das leobnische Eisen so sehr ausser Verkehr gebracht werde. Deswegen wurde auch an die Eisenstätten um Murau der Auftrag er- teilt, alle Eisenfabrikate, welche aus sogenanntem Waldeisen (nicht leobnischem Eisen) geschmiedet wurden, mit einem absonderlichen Zeichen kenntlich zu machen, ja dass die Eisenfabrikation aus hütten- bergischem (kärntnischem) oder anderm fremden Eisen gänzlich ab- gethan werden sollten. In demselben Jahre erliess der Kaiser eine Weisung an Bürger- meister, Richter und Rat in Bruck an der Mur, Leoben, Knittelfeld, Vordernberg und Innernberg, ihre sämtlichen Eisenwagen dem landes- fürstlichen Rat, Kämmerer und Burggrafen zu Steier, Kaspar von Rogendorf, vorzulegen und dieselben bei ihm berichtigen und gleich- stellen zu lassen. Sodann erging am 28. November 1492 ein Auftrag an alle Obrig- keit, infolge ernstlicher und reiflicher Beratung mit allen kaiserlichen Räten, mit Ausnahme des Hüttenberger Rauheisens in Kärnten und desjenigen, so das Stift St. Lambrecht an vier Feuern glühet, alles fremde Eisen ganz und gar abzuthun, es konfiszieren zu lassen und dadurch allein nur dem leobnischen Eisen den immerwährenden Absatz zu sichern, damit das landesfürstliche Kammergut nicht weiter mehr beeinträchtigt werde. Am 27. November verpachtete der Kaiser die Eisenmaut zu Aussee an seinen mächtigen Kämmerer Sigmund Prüschenk, Truch- sess in Steier. Nach Kaiser Friedrichs Tode — am 19. August 1493 — liess sich sein Nachfolger Kaiser Maximilian das Wohl des Eisenhandels in seinem Erblande Steiermark angelegen sein. 1498 verlieh er die Eisenmaut zu Aussee dem Verweser des „Hallamts“ (Salzamts) daselbst, und bestellte den Florian Thamer als Rauheisenwäger im Innerberg des Eisenerzes bei Leoben, alles Steiermark. daselbst auf die landesfürstliche Wage kommende Rauheisen dem kaiserlichen Mautner und dessen Gegenschreiber getreulich anzu- sagen Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 198. . Um den Erzberg im Steierer Oberlande waren die Wälder im Laufe der Jahrhunderte bei vermehrtem Bedarf des Roheisens und der Fabrikate aus demselben im Inlande und Auslande und dem da- durch erhöhten Holz- und Kohlenverbrauch auf eine beunruhigende Weise ausgehauen, aus den abgetriebenen Waldplätzen teils Alpen- weiden, teils Bergwiesen und Saatfelder gestaltet und der Nachwuchs an Hölzern nicht mehr sorgsam gehegt. Steigernde Holz- und Kohlennot, bei zugleich sich erhöhendem Preise, machten Verteuerung des Rauh- eisens notwendig und veranlassten allgemeine Klage. Kaiser Maxi- milian sah sich dadurch und weil er ein leidenschaftlicher Liebhaber der Jagden war, veranlasst, hierin abzuhelfen und auch für die Zu- kunft Ordnung zu schaffen. Dazu erwählte er einen gewandten und kundigen Mann, Sigmund Paumgartner , und erhob ihn zum kaiserlichen Waldmeister im Innern- und Vordernberg und fertigte für dieses Geschäft am Sonntag und Montag nach Lichtmessen 1499 folgende Instruktion Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 200. : „Auf der Mur soll ein durchgehendes Holzrechengebäude nach Anweisung des dazu beorderten Hallschreibers im Innthale, Hein- rich Wunst , erbaut und die Kosten dazu von der kaiserlichen Maut in Vordernberg bestellt werden. Die landesfürstlichen Hoch- und Schwarzwälder sollen für das Eisenerz im Vordern- und Hinternberg eingefriedigt und gehegt, und alle Weissschwendung, Brändeanlagen, Gereute u. dgl. hintangehalten werden, und zwar in den Wäldern am Prebüchl, auf der Retz, im Retzthal bis hinaus gegen Trofaiach und hinein in die Lain, unter der Retz hinein auf den Hals und in die Tragöss hinab, daselbst überall in der Dürren-Laiing, Ingulstein, Pfeiffen, im ganzen Thal Tragöss bis Katherinn und hinaus bis Schergendorf, zwischen Bruck und Leoben, Selkensbach, Volkenbach, Feistritz, Klattschach, Voitsberg, Graben, Mötschgraben, in der grossen Göss, am Dewseck, am Kreutz, in der Tannsort, beim Stifte Göss, um Kaisersberg, Gussing, Zemobach, Tolling, Lewbring, Rabl, Tannthal, Tunt, Ranach, Hagensbach, Reiding, Göss, Krumpen, Traffeng, Laien- thal, Koytum, Tvaittensberg, Veitscher, Vall unter St. Peter bis an die Mosgrube. Diese Wälder sollen alle in Bann gelegt und von Steiermark. Hammerstätten durch Holzung und Kohlenbrennen darin kein Ein- griff gethan werden. Nur allein die Radmeister sollen künftighin ihren Kohlenbedarf aus diesen Wäldern ziehen. Dem Erzberg vor- behalten zur Lieferung von Holz und Kohlen auf der Mur bleiben die Waldungen bei Essenstein am Grafenberg bis auf die Alpe und in die Gradnitz. Auch das Kammerthal, Reidingau, Magdwiese, Teuersgraben, die langen und kurzen Teiche, Melling, Retzenbach mit Nebenthälern dieshalb der Liesing und über die Gebirge fort gen Wildalpen u. s. w., soll alles dem Erzberge zugewiesen sein, und wer bisher aus diesen Försten Holz zur Hausnotdurft bezogen habe, soll dasselbe ferners noch, jedoch nur von dem Waldmeister zugewiesen, und ohne Nachteil des Erzberges erhalten.“ Sigmund Paumgartner erhielt eine Anstellungsurkunde und einen Jahresgehalt von 175 Gulden; mit ihm beginnen die eigent- lichen kaiserlichen Verwaltungsbeamten am Erzberg mit Jahres- gehalt u. s. w. — Diese Verordnung war in ihren Bestimmungen so ausführlich gehalten, weil durch dieselbe viel privatrechtlicher Besitz getroffen wurde und der Kaiser hatte noch lange mit Adeligen, Stiften, Prälaten und Städten zu verhandeln, ehe diese neue Wald- ordnung durchgeführt werden konnte. Ausser dem Paumgartner war der königliche „Urbarreuter“ in Kärnten Bernhard Tallard ein auch für Steiermark wichtiger Beamter, denn er hatte „alles rauhe und geschlagene Eisen treulich zu bereuten und zu beaufsichtigen, damit dasselbe nicht gegen die königlichen Verbote und wider alles Herkommen zurück nach Neu- markt, Schäufling, Murau, oder über die Alpen nach Murau und Obdach, oder im Lande selbst ohne Bollette auf verbotenen Strassen geführt und den Landesherren dadurch Kammergefäll und Aufschlag ent- zogen werde“. Am 30. Januar 1500 erliess Kaiser Maximilian den Befehl, dass die seit Herzog Ernst gepflogene und von Kaiser Friedrich bestätigte Anordnung festgehalten werden solle, wonach jedermann, welcher über die Retz, das Teicheneck und den Hessenberg Lebensmittel jeder Art dem Erzberge zuführe, als Rückladung geschlagenes und geschrottetes Eisen und Salz ohne Verhinderung führen dürfe; und zugleich fertigte er an alle landesfürstlichen Amtleute die Weisung, die Anordnungen des Waldmeisters Sigmund Paum- gartner kräftigst zu unterstützen, „damit das Holz nützlich ge- schlagen, darin gute Ordnung gehalten und die Wälder, daran uns, als ihr selbst verstehen möget, viel gelegen ist, nicht verödet, und Steiermark. dass das Eisenerz dadurch bei Würden und Aufnahmen gehalten werde und bleiben möge“. Am 29. Juni 1502 erliessen Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 213. Andrä von Spangstein, Hanns von Stetten, Kammermeister, und Jakob Villinger, Sr. Majestät Räte und verordnete Umbereitter in den niederösterreichischen Landen einen allgemeinen Auftrag: „Vermöge alten Verträgen mit dem Erzstifte Salzburg soll alles Hüttenberger Eisen nicht nach Steiermark, sondern gegen Italien hin seinen Verkehr und Absatz haben. Alles sogenannte Waldeisen Waldeisen hiess in den österreichischen Alpenländern alles auf den nicht privilegierten Hütten, ausserhalb der „Eisenwurzen“ erblasene Eisen. solle in Steiermark abgethan und nur Erzberger Eisen verarbeitet werden. Damit aber dadurch die Eisenstätten um Murau, Scheifling, Judenburg und Knittelfeld nicht erliegen, so sollen die Rauheisenverleger zu Leoben die genannten Hammerstätten mit Erz- berger Eisen versehen. Sodann sollen die von Leoben bei ihren altherkömmlichen 16 deutschen und 2 wällischen Feuern in den Hämmern bleiben, jedes Jahr an jedem Feuer und Hammer nur 48 Wagen aufarbeiten, zusammen 864 Wagen, jeden Wagen zu dritt- halb Meiler oder 25 Centner gerechnet. Weil aber manchmal die Wägen mehr fassen und führen, welches Mehrmass die Überteurung genannt wird, so sollen die Leobener hierin Grenzen halten oder in Strafe und Busse verfallen. Die Hämmer um Leoben sind aber folgende: Tiburz Grinzendorfer an der Danewitz, Gabekhofers Erben und Hanns Wülfinger an der Danewitz, Hanns Fluck am Halslen, Hanns Eisenberger an der Reit, Georg Köpler an der Wallich, Hanns Weyert, Huger an der Trenk, Hanns Kreidl und Schwarzbeck, Mört Ausseher in Zeltenschlag, Mathäus Kairen und Andrä Scherr im Tehrn, Gabeckhofers Erben jenseits der Mur, Michel Fruhewein in der Göss, Leonhard von Ernau in der Göss, Wolfgang Nunthaler in der Prettau, Niklas Schwarzbeck, Eissenberger, Leonhard, Kreuss und Gabeckhofers Erben zwei Wallaschhämmer zu St. Michael. Um nun alles im gehörigen Betriebe zu erhalten, sollen die Leobener stets einigen Vorrat an Rauheisen vorliegend haben, um von diesem auch den Hämmern im Kammerthal einiges zuzuteilen. Bleibt den Eisenverlegern in Leoben zuviel Rauheisen und zu lange liegen, so soll ihnen frei gestattet sein, dasselbe anderswohin zu ver- kaufen oder selbst zu verarbeiten. Stahlhaltiges Eisen sollen die Leobener nur auf den zwei Wallaschhämmern in St. Michael ver- arbeiten, sodann alles solches Eisen den Hämmorn zu Judenburg, Steiermark. Knittelfeld und an andere Hammerstätten verkaufen. Mit Kohlen sollen die Leobener Hammerstätten sich nach Anweisung des Wald- meisters oder von den Kohlenstätten bei Leoben versehen, damit die Wälder, so zum Rechen zu Leoben dienen sollen, nicht verödet werden. Auf alles leobnische Stangeneisen soll das Zeichen des Strausses geschlagen werden, damit dies als das bessere Fabrikat von dem andern erkannt werde. Beide Eisenwagen in Leoben und in Vordernberg sollen nach dem Wiener Gewichte einander gleich- gestellt und berichtigt werden. Wer gegen diese Anordnung handle, soll seiner Hammergerechtsame sogleich verlustig sein und die Hammerstätte zu des Landesfürsten Hammer eingezogen werden. Gegeben zu Leoben am 29. Juni 1502.“ Den Bürgern zu Bruck an der Mur erlaubte der Kaiser in dem- selben Jahre Knittel-, Schrotten-, Sensen-, Klingen- und Messer- schmieden zu errichten; dann erteilte er ihnen auch ein eigenes Stadtwappen, welches auch die dortigen Handwerksmeister neben ihrem besondern Zeichen, nachdem der Magistrat und die Zech- meister die Waren beschaut und sie für bewährt gefunden haben, auf ihr Fabrikat zu schlagen, und dann mit denselben überall hin Handel zu treiben hätten. Zugleich erlaubte er ihnen, Zünfte und Handwerksinnungen in ihrer Stadt zu errichten, deren Meister und Gesellen auch in andern Orten alle Handwerksrechte, Freiheiten und Ehren geniessen sollen. 1506 löste Kaiser Maximilian den jährlichen Bezug der Kart- häuser zu Seiz von 20 Mass Eisen mit Geld ab. Am 10. Januar 1507 verordnete er eine eigene Untersuchungs- kommission Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 228. , um alle eingerissene Unordnung am steirischen Erz- berge zu untersuchen, abzuthun und mit der Erhöhung des Betriebes und der Bearbeitungsweise auch die Kammergefälle zu steigern. Nach dem Berichte dieser Kommission erliess er folgende Ordnung: Das leobnische Eisen soll festgehalten werden im Verkehre auf den altherkömmlichen Strassen durch das Kammerthal nach Rottenmann, Radstadt, Salzburg, an die Etsch, gegen Bayern und Schwaben, auch nach der Mur aufwärts auf Murau, durch das Lavantthal über St. Andrä und St. Paul bis an die Drau, und hinab nach Marburg und Pettau bis nach Ungarn und in die windischen Lande, auch nach der Mur abwärts allenthalben im Fürstentum Steier, auch durch das Mürzthal über den Semmering, nach Neustadt. Die Bürger in Leoben Steiermark. sollen förderhin auf ihren Hämmern nur Eisen, so nicht stahlreich ist, verarbeiten, und alles stahlreiche Eisen vorzüglich den Hämmern zu Obdach, im oberen Murthale, dann zu und um Bruck und den Überschuss auch den Hämmern im Kammerthale überlassen, und wenn die letzteren davon nicht genug bekämen, so sollen sie sich damit von Innerberg her versehen, wie von altem Herkommen ist. Die Leobener Hämmer sollen nur allein das von den landesfürst- lichen Umreitern ihnen zugewiesene Holz und Kohlen gebrauchen. Die Leobener sollen hinfür auch von aller Überteurung ihrer Eisen- fuhren zu Maut und Aufschlag verhalten werden. Der Eisenwäger in Leoben soll auch dem Landesherrn verpflichtet sein und jedes Halbmass Eisen mit Wissen des Abnehmers oder Kaufmanns wägen und verzeichnen. Alles Rauheisen von Waltenstein darf weder nach Hüttenberg, gen Obdach, Reichenfels und in das Lavantthal, noch seitwärts auf die Hämmer bei Neumarkt, Murau, Schäufling, Oberwöls und Judenburg gehen, sondern vorwärts durch Kärnten nach St. Veit, Völkermarkt gegen Krain, Windischland und Italien. Weil aber viel Waldeisen in Steier, Kärnten und Krain verarbeitet und dadurch das Erzberger Eisen in Verruf gebracht wird, so sollen alle Hämmer und Plahäuser, wo solch Waldeisen gemacht und bearbeitet wird, wie zu Oberwels, Gmündt, in der Kapelle und an andern Orten sogleich abgethan werden mit Ausnahme der von alters her befreiten Eisen- stätten des Stiftes St. Lambrecht mit zwei Feuern daselbst und mit zwei Feuern zu Zell, des Stiftes Admont mit einem Feuer und des Stiftes Neuberg mit einem Feuer. Es darf kein gabrilisch Eisen aus dem Venetianergebiete auf die Etsch gebracht werden. Diese Ord- nung soll streng aufrecht erhalten und von allen mit dem Eisen- wesen Beschäftigten genau beobachtet werden bei Verlust des Rad- werkes und allen andern Gutes eines Übertreters. Die Amtleute, Mautner und Waldmeister am Erzberge haben diese Ordnung zu überwachen und wo ihr Ansehen nicht auslangt, den Landeshaupt- mann, Verweser oder Vicedom in Steiermark zu Hilfe zu rufen. Hierauf am 25. Januar 1507 liess Kaiser Max I. von Innsbruck aus das allgemeine Verbot ergehen, dass kein leobnisches Eisen, auch kein Waldeisen des Stiftes St. Lambrecht über den Pyrn, oder an den Traun abwärts, oder über den Seeberg, von Zell nach Österreich gegen Hainfeld, St. Pölten, Hollenburg nach Böhmen hin verladen werden dürfe; und ein zweiter Auftrag vom 25. Januar 1507 befahl, allen Verkehr mit Waldeisen, ausser dem oben bezeichneten, in Steier- mark, Kärnten und Krain zu unterdrücken, die dagegen Handelnden Beck , Geschichte des Eisens. 39 Steiermark. zu strafen und die Hammerstätten, so sich damit befassen, abzuthun. Infolge eines königlichen Auftrages, Innsbruck, den 26. Januar 1507, verkündigte der Waldmeister in Steier, Sigmund Paumgartner , der Mautverweser in Vordernberg, Lorenz Schonhaar , und der königl. Mautner in Eisenerz, Hanns Haug , alle diese Anordnungen im ganzen Lande Steier, und forderte allen Beamten zur Mithilfe zur Aufrechterhaltung derselben auf. Im Jahre 1510 Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 239. bestätigte der Kaiser der Familie Kornmess die Berechtigung, auf zwei Eisenhämmern in der Laming zwischen Bruck und Kapfenberg alle Sorten harten und weichen Eisens zu schmieden und damit zu verkehren. 1513 werden die Verbote wegen des Handels mit Waldeisen von neuem eingeschärft und angeordnet, dass dasselbe eine von dem Eisen in Leoben verschiedene Biegung und Form haben müsse. Ebenso wird 1514 das Verbot, leobnisches Eisen über den Pyhrn zu führen, erneuert, „damit der Ausgang des Eisens von Innerberg dadurch nicht beirrt werde und das Kammergut, die Radmeister und Stadt Steier (Steyr) nicht Schaden leiden“. Und 1515 bestätigt der Kaiser die alte Verordnung des Herzog Ernst, dass jeder, der über die Ratz, den Hessenberg und das Teicheneck Getreide und Lebensmittel zum Erzberg bringe, geschlagenes und geschrottetes Eisen als Rückfracht laden und verführen dürfe. Besonders wichtig sind die Jahre 1516 und 1517 Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 264. durch die landesfürstlichen Anordnungen in Bezug auf den Verkehr, die Auf- bringung und Bearbeitung des Erzberger Eisens in Steiermark. Viele Klagen von den Eisenhändlern in Passau und Nürnberg und andern Orten wurden schriftlich und mündlich bei der Verwaltung des Erz- berges angebracht, wie, dass mit der Ausscheidung der Eisengattungen die altherkömmliche Ordnung nicht aufrecht gehalten, hartes und weiches Eisen untereinander gemengt, ja auch in Stahlfässchen, welche geheimerweise wieder zurückgesendet werden, eingeschlagen als andere Ware verkauft und dadurch der Abnehmer betrogen werde. — Hierauf verordneten die Vorstände vom Erzberge, der Amt- mann und Forstmeister an dem Eisenerze, Ritter Hanns Haug und Sigmund Paumgartner , kaiserlicher Waldmeister in Steier, am 8. Oktober 1515 folgendes: „Alles im Innernberg des Eisenerzes, auf deutschen Hämmern gearbeitete Weicheisen muss künftighin auf jeder Stange gemerkt sein; alles harte Eisen der wälschen Hämmer Steiermark. muss auf dem Ringe das Merkzeichen haben. Wo immer Eisen auf andere Art betroffen wird, ist es dem Landesfürsten verfallenes Gut. Schon bezeichnete, und mit hartem Eisen im Handel fortgebrachte Ringe dürfen nicht mehr zurückgebracht werden“. — Bald darauf wurde weiter verordnet: „Damit mit Eisenfabrikaten aus den Häm- mern am Innernberg, auf Admontschen Gründen, in Weyer und zu Steyr niemand übervorteilt werde, so solle alles in den bezeich- neten Gegenden geschmiedete weiche und harte Eisen, bevor es ein- geschlagen und gemerkt wird, durch eigens bestellte Kundige beschaut und geprüft und erst nach deren Gutbefinden zur Hinausgabe in den Verkehr und Handel zusammengethan werden. Solcher Eisenbeschauer soll überall einer in Leimbach und Reifling, in St. Gallen und Weissenbach, in der Läuschach, in Weyer, in Reifling und Hollnstein, in der Reichraming und andern Orten, Hammerstätten der Stadt Steier, insbesondere zum Beschauen des vorderen Sachals (Stahls) sein. Nur die gute und probehältige Ware haben sie passieren zu lassen und alles rotbrüchige und unfleissig geblähte Eisen auszu- scheiden, den kaiserl. Amtmann in Innerberg darüber zu benach- richtigen, damit dieser bei dem Radmeister oder dessen Bläher schlechten Rauheisens strenge Nachsicht pflege. Jedoch soll der Be- schauer wohl unterscheiden, ob nicht vielmehr durch Verheizen oder durch zu schwere Hämmer oder durch zu vieles Stossen in das Wasser schlechte Ware gemacht werde und die Schuld nicht am schlechten Rauheisen liege. Der Beschau des vorderen Stahls an den Hämmern der Stadt Steier soll jederzeit dem Hammermeister früher angekündigt werden. Jede Partei hat den ihnen zugeteilten Eisenbeschauer entsprechend für seine Mühe zu belohnen. Sogleich und bis zum nächsten Palm- sonntage hat jede Abteilung ihren Eisenbeschauer in den Innernberg zu senden, wo er von dem kaiserlichen Amtmann im Namen seiner Majestät in Eid und Pflicht genommen werden muss, mit der nach- drücklichen Belehrung, dem Hammermeister und Kaufmann, dem Reichen und dem Armen, jedem sein Recht zu thun — und dies bei Verlust seines Erbes und Gutes. — Wird ein Hammermeister zu einem Eisenbeschauer genommen, so hat der Beschau auf seinem eigenen Hammer durch zwei andere, verständige, fromme und an- gesessene Hammermeister zu geschehen. Alles auf den wälschen Hämmern geschmiedete Eisen muss auf den Bundringen, das inner- bergische aber auf den Stangen selbst das vorgeschriebene Merk- zeichen haben. Vorzüglich soll guter und gerechter Stahl gearbeitet 39* Steiermark. und dadurch den schreienden Klagen ein Ende gemacht werden. Ein Eisenbeschauer darf ohne Versammlung aller Parteien und begrün- deten Klagen nicht abgeschafft werden. Auch von dieser Anordnung, sollte jemand sich dadurch beschwert fühlen, darf niemand ohne Vor- wissen des kaiserlichen Amtes etwas ändern.“ Kaiser Maximilian erliess im Jahre 1517 eine allgemeine Berg- werksordnung, auf welche in der Ferdinandschen von 1553 ver- wiesen wird. Sie heisst: Bergordnung für die Bergwerke in Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain. Montag vor heyligen drey König 1517, ist abgedruckt in Wagners Corpus juris metallici S. 34 und hat folgenden Hauptinhalt: Von dem „Obristen Perkhmaister“ seiner Stellung und Ver- pflichtung S. 1 bis 3 Von der Verleihung, den Grenzen u. s. w. „ 4 „ 22 „Das Wäschwerch“ (Aufbereitung) „ 23 „ 29 Wie es mit dem „verfahren“ (Abbau) allenthalben gehalten werden soll „ 30 „ 129 Wie es die gewergken, Huetlewt Vnd arbeiter halten sollen „ 130 „ 149 Die Huetlewt vnd arbeiter sullen es also halten, wie her- nach volgt „ 150 „ 260 Wie es mit den feyertagen das gantz Jar vnd an Iren abenden gehalten Sol werden „ 261 „ 264 Von wegen Appellacion vnd dingnuss „ 265 „ 296 Von diesen Bestimmungen sind für uns von Interesse §. 163: „Es sol ain yeder Huetman (Steiger) gegen dem Schmid ainen Span haben, vnd den dem Schmid selber zuetragen, oder ainem dem zuuertrowen ist, zue- schigkhen, Vnnd die orter getrewlich anschneiden Welche orter dan nit guet gefunden werden Dy sol Er wider abschneiden Vnd dafur nicht Raiten geben. §. 164: Das Eysen vnd venslit sol durch ain Geselschaft kawft vnd geben werden. Ferner §. 206: Wan ain Pergman zu der arbeit get an Perg, dess- gleichen koler, Schmeltzer, holtzknecht zu der arbeit geen Vnd hat der knapp sein Perksakh am Rugken, Vnd sein Pergstab in der hant, auch Schmeltzer, Koler, Pergschmid, holtzknecht, Vnd sein auf dem Weg an Ir arbeit, oder gen von dem Perg, Vnd von Ir arbeit, die haben Fürsten Freyung, Wo sy dann ainer oder mer muetwilligklichen an Ruert oder Irrt. Den oder dye selben sol vnnser Richter an leib vnd guet straffen, doch sollen sich die Perglevt, koler, Schmeltzer, holtzknecht vnd ander halten Als sich zu solicher freyhait gepurt. §. 207: In ainer yeden Schmeltzhuten vnd Auf kolgrueben, darauf man Arbait, ist vm Erber (ehrbar) sachen fursten freyung, So weit die vmbfangen mit Rössten vnd slagken, Vnd auf den kolgrueben, So weit die mit lesch, Auch in den Huten vnd Stuben, Vnd so ainer vnzucht anhueb, Steiermark. Wo Er dan an Perg zu ainer grueben oder zu ainer halden kömbt, der hat auch freyung, Was Erber sach ist. In Bezug auf den steirischen Erzberg und den Eisenhandel ver- ordnete der Kaiser noch das Folgende: Die Vorderberger, welche fast ebensolig bei 20 Lachter tief bauen, sollen dies mit Anwendung aller Hülfsmittel, Hagelschlagen (?), Ge- stänge, Solbunte (?), Durchschläge thun, damit eine Grube der andern Fördernis gebe. Ebenso sollen auch die Eisenerzer bauen, welche ihre Erze zum teil nahe und an dem Tage herhauen. Die Radmeister sollen die Öfen nicht übersetzen, den Massen nicht zu wenig Stahl geben, und bei Strafe kein radbrüchiges und unsauberes Eisen erblähen. Der Mautner in Vordern- und Innern- berg soll daher alle Monate einmal die Gruben am Berge und ein- mal wöchentlich alle Plahäuser begehen und die Fehler abstellen. Deswegen dürfen die Mautner weder ein Radwerk selbst besitzen, noch auf ihre Kosten durch andere betreiben lassen. Der kaiserliche Waldmeister soll auf alle Hölzer, welche dem Erzberge vormals schon zugezeigt worden und auf Wasser und Land dazu gebracht werden können, fleissiges Augenmerk halten, und die Hammermeister zu Leoben und andern Orten von denselben ferne halten. Zum Betriebe des Erzberges soll der Rechen bei Leoben immer im besten Zustande, und ebenso alles Riss- und Klauswerk zu dessen Behufe hergehalten werden. Zwischen Weihnachten und Lichtmessen hat der Waldmeister den Fürdingern (Holzmeistern) die Zahl des Holzes, so in diesem Jahre zum Rechen geliefert werden soll, anzudeuten. Fürdinger und Holzknechte soll man mit billigem Kostgelde nicht säumen, und sie jederzeit nicht mit Wert, sondern mit Bargeld bezahlen. Das Mass von sechs Schuhen soll für die Holzhauer genau aufrecht und alle Jahre Rechnung gehalten werden. Alles gefällte und gehauene Holz muss aus dem Astach (Äste und Zweige) gezogen, vom Holzmesser gemessen, zuerst an den oberen, dann an den unteren Rechen zu Leoben ge- bracht werden. Wenn Holz nicht geschlägert wird, hat der Rechen offen zu bleiben. Für gute Verkohlung am Rechen, auf der Scheibe oder Lend, hat der Waldmeister zu wachen, alle neue Kohlkrippen oder Pennen (Wägen) zu „fachten“ (messen) und allen Betrug bei der Kohlen- mass hintan zu halten. Dem Waldmeister liegt auch ob, bei allen Holzleuten zu Wald, Bach, Klause und Kohlstadt gute Manneszucht und Einigkeit zu halten. Über das empfangene Kohl haben die Rad- meister alle Woche Rechnung zu halten und bare Zahlung zu leisten. Alles Holz soll der Waldmeister im Winter auf die Lend bringen. Steiermark. daher im Sommer die genügliche Zahl abstocken lassen. Alle Bauten zu Berg und Hammerstätte müssen vorher dem Waldmeister an- gesagt werden; er hat immer nur die ältesten Wälder zur Schläge- rung zu bezeichnen. Für die Vordernberger sollen die Bauern nur so viel Kohlen liefern, als der Rechen erlaubt, und der Waldmeister bestimmt, welcher daher von ordentlichem Bezuge des Kohles von jedem Radmeister in steter Kenntnis zu erhalten ist. Der Wald- meister ist nicht immer streng an den Buchstaben der Vorschriften gebunden und kann nach Umständen der Zeit und Witterung das Zweckdienlichste auch anders anordnen. Die jährliche Verrechnung mit den Rechenverwaltern pflegt der Mautner des Vordern- und Innern- berges im Beisein des Landesvicedoms und eines Landrats. Die leob- nischen Hütten dürfen bei Strafe kein anderes Holz brauchen, als ihnen durch die Waldbereiter angezeigt wird. Die Bürger zu Leoben dürfen auf ihren Hämmern nicht mehr denn 500 Centner Rauheisen, welches nicht stahlreich ist, verarbeiten; das bessere und stahlreichere Eisen muss den Hämmern zu Obdach, an der Mur aufwärts, zu Bruck an der Mur und im Kammerthal gegeben werden. Haben die Hammermeister im Kammerthal Abgang an leobnischem Rauheisen, so dürfen sie ihren weiteren Bedarf am Erzberge selbst ankaufen. Ein Wagen Eisen hält gewöhnlich 2½ Meiler; die sogenannte Überteuerung an demselben soll von Zahlung der Maut und des Auf- schlages nicht befreit sein. Waldeisen von Krain, Kärnten und Steier, wodurch das leobnische Eisen nur in Verruf kommt, darf weiter nicht mehr und nur allein zu Oberwöls, Gmünd und in der Kapelle, auf den Schmelzöfen zu St. Lambrecht und Zell, Admont und Neuberg geglüht und verarbeitet werden. Auch bleibt das gabrilische Eisen, so auf dem Venediger Gebiete erzeugt wird, untersagt. Die alther- kömmlichen Verkehrsstrassen für das leobnische und innerbergische Rauheisen werden bestätigt und die einzelnen Punkte dieser An- ordnung zur strengsten Haltung anbefohlen. Den landesfürstlichen Anordnungen gemäss ordneten auch die Eisenverleger in Leoben ihr Anwesen im Bezuge und Verkehre des Rauheisens von Erzbergen, und damit sich auch der Arme neben dem Reichen vertragen und desto stattlicher Erwerb und Nahrung haben möge, setzten sie einstimmig folgende Punkte fest: „Jeder Eisenhändler zu Leoben darf wöchentlich nur drei Wagen Rauheisen beziehen, verschmieden oder verhandeln. Das Wagebuch eines Jeden soll daher alle Vierteljahre, oder zuverlässig mit Abgang jeden Jahres untersucht werden; und soviel Wagen Rauheisen als Steiermark. er über die wöchentlich drei erlaubten bezogen hat, ebensoviele un- garische Gulden soll er Strafe in die Stadtkasse zahlen. Soviel Rauheisen jeder Eisenhändler im Jahre und bei gutem Gange des Handels („in der Würde des Eisens“) bezogen hat, ebensoviel soll er auch bei stockendem Geschäfte („in Unwürde des Eisens“) den Radmeistern abnehmen. Gehet der Eisenhandel lebhaft, so steht jedem frei, stahliges oder unstahliges Eisen zu führen; steht es stockender mit dem Handel, so soll von Richter und Rat Ordnung gemacht werden, damit eines und das andere Absatz habe. — Welche Leobener in Vordernberger Radwerken arbeiten, diesen soll von jedem solchen Radwerke Ein Wagen Rauheisen abgewogen werden. — Unter den leobnischen Radgewerken soll kein eigennütziger Verkauf, Aus- wechsel und Beschau des Rauheisens zugelassen werden. Kein Bürger darf dem andern durch Bestechung oder hinterrückliche Geldvergabe in Vordernberg Rauheisen verkaufen; auch darf kein erkauftes Rauh- eisen bei seinem Hammer abgelegt werden, bevor es nicht in Leoben auf dem Platze abgewogen worden ist. Schulden der Radmeister dürfen die Bürger übernehmen und an andere gut machen. Wer einen dieser Ordnungspunkte übertritt, verfällt einer Strafe von einem ungarischen Gulden von Fall zu Fall. Diese Ordnung soll aufrecht erhalten werden, unvergriffen der der alten Rechte der Stadt Leoben.“ In dem Jahre 1517 wurde ferner die Eisenmaut von aussen ab- gelöst von Franz von Stetten , und in demselben Jahre bestellte Kaiser Maximilian den Wolf Schmid zum Zeugwart oder Aufseher bei der Eisenstätte zu Torl, „damit dort alles nach landesfürstlicher Ordnung fleissig und getreulich geschmiedet und gemacht werde“, mit einem Jahresgehalte von 52 Gulden. Am 22. Januar 1519 ver- starb Kaiser Maximilian, nachdem er durch letztwillige Verfügung bestimmt hatte, dass die fünf Herzogtümer der niederösterreichischen Länder mit Görz, Triest, Istrien, Tirol, den Vorlanden und Elsass als ein vereinigtes Königreich seinem Neffen Ferdinand zu alleinigem Erbbesitz (proportione hereditaria) und zu selbständiger Verwaltung übergeben werden solle. So wurde Ferdinand Landesherr der öster- reichischen Alpenländer und wurde ein umsichtiger, väterlicher Ver- walter seiner Erblande, der Berg- und Hüttenwesen und besonders auch die Eisenindustrie und den Eisenhandel in jeder Weise zu fördern suchte. Zunächst bestätigte er die Anordnungen, welche Maximilian für Innernberg, Vordernberg und Leoben getroffen hatte. Er siegelte am 10. Oktober zu Grätz den Befehl, „dass das hüttenbergische Eisen, Steiermark. welchem der Verkehr nach Krain, in die windische March und nach Italien zugewiesen war, nicht andere Ausgangswege, nach Pettau oder gar rückwärts herauf in die Steiermark nehme; dass die Leobener darauf streng zu achten haben und alles böse Waldeisen confiscieren sollen.“ Für Steiermark wurden 1523 besondere Kommissarien zur Unter- suchung aller Beschwerden und Übelstände ernannt Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 320. . Diese be- schäftigten sich ganz besonders mit dem Eisenwesen am Erzberge. Im März des Jahres 1523 waren von ihnen zur Versammlung ein- berufen die Abgeordneten der Bürger und Eisenhändler zu Stadt Steier, der Radmeister im Innernberg des Eisenerzes bei Leoben, der Hammer- meister von Weier (Weyer), von den Stift Admontischen Gründen, St. Gallen, Reifling, Landlein, Weissenbach und Laimbach und die landes- fürstlichen Amtleute und Waldmeister am Erzberge. Es wurde zur Ausgleichung langwieriger Streitigkeiten zwischen den Eisenhändlern in Stadt Steier und den steiermärkischen Fabrikanten um und in Weier über Bereitung der Eisenfabrikate, Lieferung, Bestellung, Be- zahlung, Darlehen, Proviant oder Pfannwert und Zahlungsaufschub be- raten, der Inhalt und die Anordnung der Reformationstabelle des Kaisers Maximilian I. über Eisen- und Waldwesen mit der vorliegen- den Übung verglichen, alles Zweifelhafte bestimmter erklärt und folgendes festgesetzt: „Die vom Kaiser Maximilian I. erlassene und vom Erzherzoge Ferdinand I. bestätigte Eisenordnung bleibt in allem und jedem die feste Richtschnur. Die Handelsleute in Stadt Steier haben alle Monate alles geschiente Eisen am Erzberge von Rad- und Hammer- meistern zu heben, dasselbe nicht mit Proviant oder Naturalien, son- dern sogleich mit Bargeld zu bezahlen, jeder im Betriebe stehenden Hammerstätte, wenn es gewünscht wird, 100 Pfund Pfennige zu Martini jeden Jahres auf Kohl- und Getreidekauf darzuleihen, welches Darlehen allen andern Forderungen vorstehen, aber gewöhnlicher- massen stets in zwei Raten, zu Georgi und Jakobi, in Abrechnung gebracht und zurückbezahlt werden soll — die Schulden der Eisen- händler zu Steier an die Hammermeister in Weier sollen berechtiget, und alle Eisengattungen sollen von jenen unausgeschieden, nach altem Herkommen fortwährend dort gekauft und gehoben werden. — Dasselbe hat bei allen admontischen Hammermeistern zu geschehen; nirgend aber darf Ware und Pfannwert bei der Zahlung aufgedrungen werden, sondern alles ist in Bargeld in gnter, weisser Münze (mit Steiermark. Entfernung aller Putschanndl, Vierer und Haller) zu bezahlen. Tritt im Eisenhandel Unwierde oder Sperre ein, so soll man billigen Zahlungsaufschub von drei Monaten gewähren. — Wegen Verkehr mit gestrecktem Stahl durch die Stadt Steier soll sich diese mit den Weierern nach ihrem Gebrauche und nach den landesfürstlichen Ord- nungen vergleichen. — Die Hammermeister in Eisenerzt sollen gutes, gerechtes Eisen plaien und schienen, das Erzt nicht unten hineinsetzen, noch obenauf überschütten, die Öfen nicht zu weit, noch zu der Eile, noch übriger Schwere richten, noch zu viele Häufen aufeinander wagen, damit sich das Eisen im Ofen nicht zu sehr häufe und nicht verdeyrn möge, rotbrüchig und ungeschmeidig werde, im Erzberge auf die Tiefe bauen, das Erzt auf der Halden wohl ausstutten lassen, gutes Erz und nicht zu wenig Kohl nehmen, in den deutschen Hämmern nicht allein Graglach, sondern auch Halbmass dazu beigeben, auch nicht zu viel Hackenstangen, sondern sauberes und geschmeidiges Eisen machen und schmieden. — Die Hammermeister sollen auch nicht zu viel Teilung und Abzug des Stahles von den Halbmassen und demselben Eisen, den Stahl mit besonderm Fleisse brechen und ausscheiden, auch nicht Zwizach für Stahl zainen und verkaufen, die Kolben nicht zu gross und zu schwer schrotten, noch in Eile über- heitzen und verbrennen, das harte Eisen nicht neben dem weissen und Tüchleisen (Tacheleisen ?) geben, sondern gerechten und guten Zeug wie von alten Herkommen ist, heitzen, schienen und schrotten, auf jede Gattung Eisen des Hammermeisters Mark schlagen, das weiche Eisen auf den Stangen, und das harte in den wällischen Hämmern auf den Ringen bezeichnen, damit der Kauf- und Hand- werksmann nicht betrogen werde, und keinen Ring oder Fass zu den Hämmern wieder zurückführen, damit jedes Eisenfabrikat in seinem guten alten Ruhm und Lob erhalten werde. — Im Kauf und Handel mit Stahl und Eisen soll es in den Hämmern an Weier und auf den admontischen Gründen nach der alten Ordnung gehalten werden, und zwar: für den Centner gezainten Stahl 12 Schillingpfennige, für Hackenstahl 12 Schillingpfennige, für Brochenstahl 9 Schilling- pfennige, Sarsachstahl 2 Pfunde Pfennige, Gattereisen 9 Schil- ling 15 Pfennige, gezaintes Eisen 9 Schilling 15 Pfennige, Schienen 9 Schilling 15 Pfennige, Stangeneisen 1 Pfund Pfennige, Zwizach 1 Pfund Pfennige, Kloben 7 Schilling 25 Pfennige, Brochenstahl , so zum Strecken tauglich ist, 1 Pfund 3 Schil- linge und 20 Pfennige bezahlen. — Wer seinen Zeug zu höherer Voll- Steiermark. kommenheit und dadurch auch zu höherem Preise zu bringen ver- steht, mag es ungehindert thun. — Wer aus Weier auf seine Faust Eisen und Stahl nach Stadt Steier führt, mag es auf seine Gefahr thun; wenn aber ein Eisenhändler in Stadt Steier Eisen oder Stahl verschreibt, der muss auch die Wagnis davon auf sich nehmen. — Eisen und Stahl darf zwischen Kasten und Stadt Steier nirgends niedergelegt, sondern alles muss unmittelbar in jene Stadt geführt werden bei schwerer Strafe. — Wes Eisen oder Stahl an der Frohn- wage in Stadt Steier gewogen wird, hat den Wagpfennig zu be- zahlen. — Von Weier her darf kein Vorderbrochenstahl zum Strecken, noch anderes Eisen, noch von den admontischen Hämmern hinter sich über die Buchau verführt werden, ausgenommen die Steierer wollten mit Hinterhalten diese Hammerstätten bedrängen; worüber dann sogleich dem Amtmanne in Innernberg zur Entscheidung und Abhülfe Bericht zu erstatten ist. — Überhaupt ist alle Hemmung der Eisenlieferung zu Wasser und auf dem Lande sogleich dem Amt- manne zu berichten; und die Wälder nahe an den Landungsstätten dürfen nicht verhaut, sondern zum Bedarfe des Rastholzes für die Flossfahrt gehegt und gebraucht werden. — Damit aber durch schleuderisches Arbeiten in den Hammerstätten das Erzberger Eisen nicht in bösen Beruf und Geruch gebracht werde, so soll für alle Hammerstätten, auf deren gemeinsame Kosten ein eigener, ge- schworener Eisenbeschauer angestellt werden, der alle guten und echt befundenen Fabrikate mit seinem besondern Merkzeichen zu versehen habe, und das Amt mit Fleiss und Strenge, ohne weder Gut, Habe, Freundschaft, noch Ansehen zu beobachten, ausüben solle. Nur mit Vorwissen und Zustimmung des Amtmannes in Innernberg darf dieser Eisenbeschauer abgesetzt und entfernt werden. Alle der Eisen- fabrikation und dem Handel verwandten Parteien sollen einander kräftig unterstützen, dass der Ausgang des Eisens auf allen vor- geschriebenen Strassen fest erhalten, dass die alte Eisenordnung, diese Erklärung und alle andern Verträge genau beobachtet werden. Ohne Vorwissen und Zustimmung eines Amtmannes in Innernberg soll auch keine Versammlung von Eisenhändlern und Hammer- meistern gehalten, oder an den bestehenden Vorschriften etwas ge- ändert werden. Jede Übertretung soll dem Landesfürsten mit 100, der Obrigkeit, welcher der Übertreter angehört, mit 10, und dem Amtmanne in Innernberg mit 10 Pfund Pfennigen gebüsst werden. Nach Gestalt und Gelegenheit des Verbrechens kann sich die Strafe auch auf Leib und Gut erhöhen.“ Steiermark. Die Grenze zwischen dem Innern- und dem Vordernberge sollte der Gebirgskamm, „die Ebenhöhe“, bilden, doch wurde dieselbe oft bestritten. Erst durch die Bergordnung für die österreichischen Kammergüter, den Innern- und Vordernberg, welche Ferdinand im Jahre 1524 erliess, wurde „die Ebenhöhe“ bestimmt festgesetzt. Um diese Zeit gewann der Protestantismus unter den Bergleuten zahlreiche Anhänger, und im Jahre 1525 brach der Bauernkrieg in Steiermark aus. Wie wir aus den verschiedenen Ordnungen schon ersehen haben, lagen die Radwerke, d. h. die Schmelzhütten mit Stucköfen, deren Blasebälge durch Wasserräder bewegt wurden, auf der Innernberger Seite in Eisenerz, auf der Vordernberger Seite in Vordernberg und Leoben. Das Eisenerz wurde teils in Rennfeuern, teils in Stucköfen ver- schmolzen. Erstere lieferten namentlich das geringere „Waldeisen“, während im letzteren die Massen und Halbmassen erzeugt wurden. Den Betrieb der steierischen Öfen haben wir oben (S. 168) ausführ- lich beschrieben. Am Erzberge und in dessen Umgebung wurden auch viele Kriegswaffen gemacht. Bei den grossen Rüstungen im Jahre 1538 wurden „Eisenzeug, Haggen- und andere Büchsen vom steierischen Erzberge, den Hämmern und insbesondere von den Hammergewerken Peter Hofkircher zu Mürzzuschlag geliefert“. Im Jahre 1529 verkaufte Christoph Dauchenberger , Bürger zu Salzberg, einen Eisenhammer an der oberen Donawitz (bei Leoben) an Sebald Pögl Siehe Mosch , a. a. O., S. 132. . Dieser Sebald Pögl , Freiherr von Reiffenstein und Arberg, war ein sehr reicher Gewerke Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 443. , Besitzer von fünf Wallischhämmern um Leoben, in der Aue, im Törl und an der Laming, und dreier Radwerke am vorderen Erzberge, und daher ungemein einflussvoll auf das Erzbergwesen selbst. Unter angemassten Privilegien und Bürgerrechten zu Leoben, Bruck und Vordernberg entledigte er sich aller landesfürstlichen Mautgebühren, umging mit seinen Eisenerzeug- nissen alle für dieselben bezeichneten Strassen, missachtete die Frei- heiten der Stadt Leoben beim Verkehr mit seinem Roheisen und beeinträchtigte auf allen Seiten die landesfürstlichen Kammergefälle. Auf vielfache Beschwerden hin wurde er 1539 nach Wien citiert, wo er der Bestrafung durch einen Vergleich entging. Danach sollte er Steiermark. 38000 Gulden Ersatz an die Kammer leisten, binnen Jahresfrist seine drei Radwerke samt dem Rechen am Berge, Haus, Hof, Gründe und Hölzer den Leobnern oder andern dazu fähigen Personen verkaufen. Es wurde ihm gestattet, das in Jahresfrist daselbst erzielte Roheisen auf seinen fünf Hämmern zur Hälfte verarbeiten lassen zu dürfen, die andere Hälfte aber sollte er den Eisenhändlern zu Leoben zum Verkaufe abliefern. Der Besitz seiner fünf Hämmer mit Ausnahme des Stahlstreckens wurde ihm auf Jahresfrist gesichert (Wien, 1. Febr. 1539). In diesem wichtigen Rechtsstreite hatte sich der Amtmann in Vordernberg, Veit Zollner , besondere Verdienste erworben, wofür ihm König Ferdinand einen Gnadengehalt von 800 Gulden verlieh. Von dem „Abfall und Verderben“, in welche die Stadt Juden- burg durch die Zeitverhältnisse gekommen war, suchte sie sich durch Erhebung eines Eisenbergwerkes „auf der Alm bei der Stadt“ wieder emporzuhelfen. Ihre Bitte, ein oder zwei Schmelzwerke (Plahütten) dabei zu erbauen, liess Kaiser Ferdinand durch die in Leoben weilende Eisenkommission untersuchen und bestätigen (8. März 1539). Gleichermassen ward dem Freiherrn Franz Hoffmann um seiner sehr guten Dienste willen gestattet, einen neuen Bau auf Eisen zu Erzberg ober Losenstein, dies- und jenseits der Enns in der Herrschaft Steier, mit ausgedehnter Vollmacht, an den Wässern und Bächen Enns, Reichraming, Rorbach, Wendtenbach, Tattenbach, Stirlbach, auf der Laussag aufzuschliessen und dazu Plahäuser, Hämmer u. s. w. zu errichten, für ihn selbst und seine Erben, jedoch gegen die Bedingung, den Bau sogleich wieder aufzulassen, wenn eine unparteiische Erhebung darthun werde, dass dieser Eisenbau dem Berg- und Kammergute am steierischen Erzberge wirklichen Nachteil bringe. Seit Beginn des Jahres 1538 sass in Leoben die erwähnte „Eisenkommission“ Siehe v. Muchar , a. a. O., S. 444. , welche eine „Umgestaltung und Besserung aller Einrichtungen, welche das Wald-, Berg-, Hütten-, Hammer- und Handelswesen am steirischen Erzberge betreffen“, herbeiführen sollte. Besonders gab die immer weiter fortschreitende Entwaldung des ganzen Gebietes um den Erzberg zu ernster Besorgnis Ver- anlassung. Deshalb sollte in erster Linie eine neue Waldordnung entworfen werden. Alle Waldbesitzer wurden zur Teilnahme an den Beratungen nach Leoben geladen; als solche werden genannt: die Stifte Göss, St. Lambrecht und Admont, Graf Georg zu Montfort, Steiermark. Wolfgang von Stubenberg, Sebald Pögl, Freiherr zu Reiffenstein und Arnberg, Seifried von Windischgrätz etc. Ferner war der Kommission aufgegeben, alle Hammerwerke zu bereiten. Kein ausländischer Kaufmann sollte Rauheisensendungen auf inländischen Hammerstätten verarbeiten lassen; dieser Handel verblieb der Stadt Leoben vorbehalten und Ausländische durften nur geschlagenes und verarbeitetes Eisen erhalten. Dagegen blieb den Leobenern die Verpflichtung, die einheimischen Hämmer mit Rauh- eisen gehörig zu versehen. Ferner sollte die Kommission die Er- richtung von Eisenkammern in Schwatz, Hall, Aussee und Schladming zur Besserung des Eisenbezuges in Erwägung ziehen. Dabei sollte die Abteilung des Rauheisens den Bürgerschaften in Leoben und im Innernberge verbleiben. Den Hammermeistern sollten Wälder und Hölzer zum Kohlen zugewiesen werden. Alle Vorschüsse (Vorlagen, Fuhrlehen) der Leobener an die Radmeister sollten nur mit Vor- wissen der Amtleute am Erzberge statthaben. Man sollte beraten, wie die alten Verhältnisse der verbotenen Strasse über den Seeberg wieder geordnet und die dortige „Waldmarch“ mit Rauheisen hin- länglich versehen werden könne. Ferner: ob der Getreidekasten in Leoben für das Bergwesen am Erzberge hinreichend sei?, dass der Getreideeinkauf daselbst zur rechten Zeit festgesetzt und jeder Wagen, der aus dem Murboden um Rauheisen zu holen kommt, stets auch Proviant, Getreide und Hafer herbeibringe. Den Beamten wurde aller Handel und Wucher mit Eisen untersagt. Der Amtmann soll am Berge sesshaft bleiben; Maut und Aufschlag wieder bei den Stock- und Weggebühren in Vordernberg selbst eingenommen und dort „alles Amt gehandelt werden“. Ferner sollte beraten werden, ob den Leobenern die Errichtung eines Plahauses zu erlauben sei, und ob es nicht besser sei, die Bürgerschaften in Leoben und Vordernberg hinsichtlich des Eisenbezuges und Handels zu vereinigen. In diesem Sinne wurde am 16. Juni 1539 zu Leoben eine Ord- nung erlassen. Auch die maximilianische Eisenordnung für den Erzberg von 1507 wurde den Forderungen der Zeit entsprechend umgearbeitet und am 31. August 1539 mit folgenden Hauptpunkten veröffentlicht: „Dieweil sich dann solch Bergwerk von Tag zu Tag durch Gnade des Allmächtigen erweitert und nunmehr schwerlicher zu arbeiten, derohalben destomehr vonnöten sein will, solches Amt mit frommen, geschickten, fleissigen, unverdrossenen, arbeitsamen, verständigen Amtleuten, Wald- und Rechenmeistern, Rechenschreibern, Wägern des Rauheisens und geschlagenen Steiermark. Eisens, Bergrichtern, Stangenknechten und andern zu versehen. Die Amtleute sollen immer am Berge selbst wohnen, kein anderes Werk oder Hantierung treiben; die Bergordnung fest aufrecht halten, alles für den Berg Vorteil- hafte und Nötige erforschen und beraten, über die Radwerker genaue Auf- sicht führen, ob sie gute Hauswirte in Berg, Haus und Plahaus seyen? Wöchentlich hat der Amtmann in allen Plahäusern persönliche Nachsicht zu pflegen und den Berg zu befahren, damit nach der Bergwerksordnung gebaut und gutes Eisen gebleit werde. Alle Leute zu Berg und Schmelz- hütten müssen ihm gehorsamen; die Eisenwage ist in seiner Wohnung, dort wird alles gewogen, genau aufgezeichnet und Maut und Aufschlag ge- nommen; auf die Wage sollen höchstens sieben Mass Eisen oder fünf Meiller zum höchsten, und zwar stets in Gegenwart des Radmeisters und des Kaufmanns, gebracht werden, auch soll die Wage nur in Gegenwart des Amtmanns im Erforderungsfalle cimentiert oder richtig gestellt werden. Das Amt- und Mautbuch liegt im Amte, jedoch nicht zu Jedermanns beliebiger Einsicht vor, und ebenso das ordentlich eingerichtete Wagbuch. Alle Pön- fälle, Strafen, Bussen und Wandel hat der Amtmann selbst mit Hülfe der Kammer und des Kammerprokurators einzubringen. Kömmt ein Radwerk, besonders wegen Schulden an die Verleger, in Feier, so soll der Amtmann den Fortbetrieb desselben durch eben diese Verleger zu bewirken streben. Alle Verträge über Vorschüsse oder Darlehen von seiten der Verleger an die Radmeister dürfen, um Geltung zu haben, nur mit Vorwissen des Amt- mannes geschlossen werden, weil sie immer nur zum Nachteile des Kammer- gutes aufgeschlagen haben und die Radwerke in die Hände von Ausländern bringen. Deshalb darf auch kein Radwerk überhaupt mehr und durchaus nicht an einen Ausländer verpachtet werden. Jeder soll es mit eigenem Rücken besitzen und bearbeiten, und nur einem daselbst angesehenen Bürger darf die Hälfte oder ein Drittel desselben verkauft werden. Alle Verpachtungen haben bisher Holzschwendungen und Raubbau in den Berg- gräben zur Folge gehabt. Die dem Erzberge in Liembach, Hieflau, in den Teichen zu nahe gelegenen Hämmer dürfen ihm keinen Eintrag thun, weil alle Wälder umher diesem Berge vorbehalten bleiben, wie es schon bei den Waldbereitungen im Jahre 1524 festgesetzt worden ist. Daher sollen alle diese und die Hämmer der Radmeister am Berge selbst von ferneher sich mit Kohlen versehen oder gar abgethan werden. Diese Hämmer dürfen ihren Kohlenvorrat nicht vom Rechen beziehen, nicht Rauheisen so Kaufmannsware ist, verarbeiten, sondern allein nur Hartgrazlach und Klaubach (Graglach und Wascheisen). Rauhes und geschlagenes Eisen sollen billig gegeneinander um Proviant verhandelt und die Saumer, welche zum Hieflaurechen und zum Berge Proviant bringen, mit Rauheisen mehr bedacht werden, als jene, die ihr Proviant unterwegs verkaufen. Im Amthause darf kein Arbeiter mit einer Wehr erscheinen, und er muss sie bei Strafe, wie von alters her gebräuchlich war, am Eingange des Hauses ablegen. Am ganzen Berg- und Hüttenwesen muss gute Polizei und Manneszucht herrschen, und Gottes- lästern, Ehebruch und Laster, öffentliche Feindschaften, Steuern, heimliche Winkelräte, Konspirationen, Unzucht, unehrbare und schändliche Hand- lungen, Bündnisse, Aufruhr u. dergl. böse Händel müssen ferngehalten Steiermark. werden; greifen dabei Richter und Bürgerschaft nicht ein, so hat es der Amtmann zu thun. In Wirtshäusern besonders soll man dergleichen Dinge nicht gestatten und verdächtige Personen, die mit der verführerischen und wiedertäuferischen Lehre befleckt sind, endlich Spieler und Saufer unter den Berg- und Plahausleuten an Werkeltagen in Gasthäusern durchaus nicht dulden. Zu Berg und Plahaus behandelt der Amtmann alles, Unzucht, Unwillen, Krieg und faustmässige Handlungen in Plahäusern, im Berge und auf dem Wege zur Arbeit; was aber Fausthandel und Malefiz betrifft im Markte und im Gerichte, behandelt der Richter, ausgenommen grosse Faust- händel und Totschläge, welche dem Kammergute offenbar schädlich sind, werden mit Beziehung des Amtmannes abgethan. Ohne Wissen und Bei- sage des Amtmannes darf keine allgemeine Versammlung und Zusammen- kunft im Berge statthaben, bei Leibes- und Lebensstrafe. Richter und Bürger mögen sich in Dingen, die den Berg nicht berühren, ungehindert versammeln. Aller Proviant um den Berg her bleibt zum billigen Einkaufe den Radmeistern vorbehalten, diese sollen dann alles Nötige auf dem Platze im Markte einkaufen; aller Vorkauf und Verkauf des Proviantes ausser Land bleibt strengstens verboten. Arbeiter und Lohnführer dürfen von Radmeistern mit Pfannwert nicht gedrückt oder ihm statt Baargeld Pfann- wert aufgedrungen werden; auf dem Gaue bleibt der Kauf frei, nur soll man Fütterung und Futtergründe den Radmeistern immer um ein Billiges geben. An der Mur und Enns sollen Schiffwege gebaut, der neubegonnene Schiffweg an der Enns nach Steier, alle Wege und Brücken um den Erzberg her durch Radmeister, Bürger und durch die Robbot der Unterthanen her- gehalten werden. Die sehr zu Grunde gerichtete Strasse über den Prebügl soll man mittels Geldhilfe aus dem Amte und der Beihilfe des Marktes ernstlich wieder herstellen und das Anhängen von Bäumen zum Einsperren der Wagen an den sehr steilen Stellen dieses Berges bleibt für immer ver- boten. Der von den Hammermeistern zu Rottenmann sehr gebrauchte Weg über das Teicheck soll durch diese wieder gebessert werden. Der Verkauf von Rauheisen an Ausländer ist strenge untersagt. Jede Mass Rauheisen soll ein bestimmtes Gewicht haben. Jedes Plahaus, so schlecht geblähtes Eisen an die Hammerwerke liefert, soll untersucht und der Mangel sogleich gebessert werden. In Stadt Steier soll ein eigener Eisenbeschauer an- gestellt und auf kaiserlichen Namen beeidigt werden. Kein Hammermeister darf am Berge zum Verkaufe von Rauheisen einen eigenen Faktor halten. Kein Hammermeister darf einen eigenen Aufschlag, ausser der von Sr. Majestät bewilligten Steigerung, erheben. Endlich sollen alle Beamten bei den Holzrechen, der Rechenordnung gemäss, vorzugehen, strenge ver- halten werden.“ Die Unsicherheit des Kohlenbezuges war der Ausgangspunkt vieler dieser Vorschriften, und in demselben Sinne war König Ferdi- nand eifrig bemüht, eine einheitliche Wald- und Kohlenordnung für Steiermark zu Stande zu bringen. Der allgemeinen Ordnung wurden die älteren Waldordnungen von Tirol und dem Erzstifte Salzburg zu Grunde gelegt, aber die Schwierigkeit bezüglich der Durchführung Steiermark. lag in dem von altersher geteilten Besitz am Erzberg. Man musste sich immer „mit den Prälaten und Landleuten wegen ihren zu den Bergwerken gelegenen Hoch- und Schwarzwäldern“ erst abfinden, doch gingen dieselben auf „geringeres Entgelt“ gegen Garantie des Landesfürsten ein. Eine praktische Massregel der königlichen Kommission war die, einen grossen Holzrechen zu Reifling anlegen zu lassen, und zwar sollte dies Unternehmen durch ein Darlehen von Kaufleuten, welche Erzberger Eisen bezogen, ausgeführt werden. König Ferdinand, der bei seinen vielen Unternehmungen oft Geld brauchte, hatte, um die grossen Projekte neuer Bauten von Rechen, Kohlenbarren, Schiffwegen, Getreidekästen u. dergl. im Jahre 1535 auszuführen, bis zum Jahre 1541 eine „Eisensteigerung“, für den Centner Eisen bei dem Stocke drei Kreuzer, den Rad- und Hammer- meistern dagegen „mit ihnen selbst zu Guten“, zwei Kreuzer Aufschlag festgesetzt; am 11. Februar 1541 befahl er die Fortdauer dieses Preises durch ein besonderes Generale. Die vorgenommenen Bauten nahmen aber nur langsamen Fortgang, sowie auch die neue Eisen-, Wald- und Kohlenordnung nur sehr langsam ins Leben treten wollte, weshalb sie in diesem Jahre „zur genauesten Haltung“ von neuem aufs Nachdrücklichste eingeschärft wurde. Kriegsereignisse in Ungarn, Seuchen, Teuerung der Lebensmittel, Verminderung der Rauheisenerzeugung in Vordernberg und Erhebung neuer Hämmer hatten im Jahre 1542 von neuem allerlei Wirren er- zeugt. Dazu kam, dass man zur Ausfuhr des Innernberger Eisens einen neuen Weg über das Teicheneck eröffnet hatte zum Nachteile der Vordernberger. Auf die deshalb erhobenen Beschwerden wurde die Benutzung dieses Weges nur so lange gestattet, als in Vordern- berg Mangel an Rauheisen herrsche. Im Übrigen aber die uralte Ordnung eingeschärft, dass das Innernberger Eisen auf Wegen und in Gegenden nicht verführt werden dürfe, welche dem Vordernberger Eisen zugewiesen seien. Im Jahre 1543 überliess König Ferdinand Siehe v. Muchar , a. a. O., S. 485. dem tüchtigen und in Lieferungen für die landesfürstlichen Zeughäuser seit langer Zeit ausgezeichneten Bürger zu Mürzzuschlag Peter Hofkircher eine Eisenschmelzhütte (Plahaus) ob Spital am Semmering, in der Frösch- nitz bei dem Hallersteine auf weitere fünf Jahre zum Betriebe und gab ihm die Erlaubnis, daselbst ein zweites Plahaus von Neuem zu Steiermark. erbauen, jedoch gegen folgende Bedingungen: dass er alle Arbeiten sogleich einstelle, wenn seine Eisenerzeugnisse dem leobnischen Eisen offenbaren Eintrag thue; dass er seinem rauhen und geschlagenen Eisen eine andere Gestaltung und Biegung gebe, wie ihm vom Vordern- berger Amtmann Veit Zollner vorgezeichnet werde, und endlich, dass er an die landesfürstliche Kammer von jedem Centner die Hälfte von dem, was für das Vordernberger Eisen vorgeschrieben sei, bezahle. In den Kämpfen gegen die Türken war viel Geschütz und Muni- tion verloren und verbraucht worden, so dass im Jahre 1544 grosser Mangel daran war. Zur Herstellung des neuen Geschützes, wozu Anton Fugger in Augsburg 800 Centner Kupfer liefern musste, hatten Vordernberg und Eisenerz das Schmiedeeisen zu beschaffen Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 487. , und der vorerwähnte kunstfertige, thätige Eisengewerke Peter Hof- kircher in Mürzzuschlag verfertigte auf Bestellung 4000 Kartaunen- kugeln, 1000 „Singerinkugeln“, 332 Quartierschlangenkugeln, 6000 Fal- konettenkugeln, und zwar für die Kugeln über 10 Pfund 2 Gulden 4 Schillingpfennige, für die Kugeln von 10 bis 5 Pfund 3 Gulden, von 5 bis ½ Pfund 4 Gulden, und für die unter ½ Pfund 5 Gulden auf den Centner. Weil das Stift St. Lambrecht mit seinen Eisenerzeugnissen in zwei Schmelzhütten oder Plahäusern am zellerischen Eisenberge sich nicht genau an das landesfürstliche Mandat und an die allgemeine Eisenordnung gehalten hatte, liess König Ferdinand am 28. Juli 1545 auf alle dessen Eisenerzeugnisse Beschlag legen, sie insgesamt nach Mürzzuschlag führen und dessen beide Schmelzhütten sperren, welche strenge Massregel im folgenden Jahre auf die dringende Beschwerde des Stiftes hin wieder aufgehoben wurde Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 497. . Im Jahre 1548 erschollen gegen die 19 Radwerke im Innernberg des Eisenerzes vielfache Beschwerden über Mangel an Rauheisen bei den Hammerstätten; wobei jedoch diese die Schuld den vielen Häm- mern beimassen, welche der Abt Valentin von Admont hatte neu erbauen lassen. Aber der Abt wies gegenüber einer königlichen Kommission das Bestehen vieler Hämmer in Weissenbach, St. Gallen, Reifling, Landl, Laimbach u. s. w. auf dem Eigenboden der stiftischen Herrschaft Gallenstein, weit über hundert Jahre, seine Regalien und den Besitz der Grundherrlichkeit von Gallenstein schon seit des Stiftes Gründung (1074) nach und behauptete sein Recht. Beck , Geschichte des Eisens. 40 Steiermark. Auf vielfache Beschwerden der Bergwerks- und Hämmerbesitzer, dass nicht nur in Hoch- und Schwarzwäldern grosse Verschwendung getrieben, sondern auch der junge Nachwuchs durch die auf die Ge- birge zur Weide überall aufgetriebenen Heerden von Geissen, Böcken, Schafen u. s. w. völlig vernichtet werde, erliess König Ferdinand am 2. März 1551 an alle Waldbesitzer, und wegen der landesfürstlichen Forsten an den obersten Bergmeister Georg Singer das nachdrück- lichste Gebot, alle diesen Unfug sogleich abzuthun. Der Landeshauptmann Freiherr Hanns von Ungnad hatte in demselben Jahre an König Ferdinand ernstliche Beschwerde ge- bracht, dass er durch die Verhinderung des Verkehrs mit seinem Wallensteiner Eisen grossen Nachteil erlitten habe. Daraufhin er- hielt er zum Ersatz und „in Bedacht der ansehnlichen, nützlichen, beharrlichen, hocherspriesslichen Dienste, so er sider Eingang Unserer Landesfürstlichen und königlichen Regierung mit ungespartem seinem Leib und Gut willig und unverdrossen bewiesen hat“, die Freiheit, zu Wallenstein ein oder mehrere Hammerwerke aufzurichten, in den- selben schwarzes Blech zu schlagen, verzinnen zu lassen und damit ungehindert Handel durch 20 Jahre frei zu treiben (Wien, den 5. August 1551), woraus die wichtige Thatsache erhellt, dass damals die Fabrikation von Weissblech schon bekannt war und in Steiermark betrieben wurde. Im Jahre 1552 erhoben die Eisenhändler in Leoben von neuem Beschwerde gegen den Missbrauch der Freiheiten des kremserischen und waldsteinerischen Eisens und des Waldeisens der Stifte St. Lam- brecht und Admont zum Nachteile des Erzberger Eisens in Vordern- berg und Leoben. Infolgedessen erliess König Ferdinand ein Verbot gegen den Handel mit Waldeisen und allen zu Krems in Kärnten und zu Waldstein geschmiedeten Fabrikaten in Steiermark, Salzburg und Tirol mit alleiniger Ausnahme der Wallensteiner Bleche. Im Jahre 1554 erhoben mehrere Hammermeister Beschwerde Siehe v. Muchar , a. a. O., Bd. VIII, S. 527. , dass die Hauptwage für Rauheisen zu Eisenerz nicht mehr das ge- bührliche Gewicht halte und sie bei ihren Fabrikaten dadurch in hohen Schaden kämen. Es wurde daher eine eigene Kommission zur neuen Richtigstellung und „Cimentierung“ dieser Wage nach Eisenerz gerufen und zwar: Georg Serenitz , kaiserlicher Amtmann in Vordernberg, Leonhard Krummacker , Waldmeister in Steier, Kaspar Reibenschuh , Bergrichter in Eisenerz, und die Ab- Steiermark. geordneten des Eisenhandels und der Fabrikstätten von Stadt Steier, von Weier, St. Gallen und aus dem Landl. Zur Wagprüfung diente eine eigene, im Amte aufbewahrte Halbmass Rauheisen von 3 Centnern und 30 Pfund . Nach dieser wurde in Gegenwart der Kommission die Amtswage wieder richtig gestellt. In Steiermark bestand schon seit längerer Zeit ein gemeiner (öffentlicher) Kohlenbarren mit eigens dazu aufgerichteter Kohlen- ordnung. Hierher brachten admontische Unterthanen der Herrschaft Gallenstein ihre Kohlen, welche sie für den Erzberg zum Verkauf gaben. Ein besonderer Kohlenbarrenmeister war bestellt, der alle eingekommene Kohlen empfangen, bezahlen und weiteres dann den 19 Radmeistern am Erzberge zuteilen musste, — nach der mit Zu- stimmung des Stiftes Admont festgesetzten Kohlenbarrenordnung und dem sogenannten „Fasslpreise“ (Metzen Kohlen). Allein nicht nur die Radmeister am Erzberge liessen für sich selbst Holz in Wäldern ver- kohlen, welche sie vertragsmässig vom Stifte Admont zur Abstockung inne hatten, sondern auch die Hammermeister in Laimbach, Reif- ling u. s. w. — und dennoch bezogen diese aus dem gemeinschaft- lichen Kohlenbarren in Hieflau Kohlen. Darüber entstanden hohe Beschwerden, welche durch eine Kommission in der Hieflau am 18. Juli 1554 abgethan wurden, indem dieselbe beschloss: die alte Kohlenordnung soll aufrecht erhalten werden und die landlerischen Hammermeister bleiben vom Hieflauer Barren ausgeschlossen und werden mit ihrem Kohlenbezug in andere bestimmte Waldreviere und auf andere admontische Unterthanen verwiesen. .... In den folgenden Jahren litt die steierische Eisenindustrie schwer durch die Kämpfe gegen die Türken. Im Jahre 1564 verstarb König Ferdinand, seit 1558 erwählter römischer Kaiser, mit ihm ein treuer Landesvater Steiermarks, der für die Förderung der Eisenindustrie eifrig bemüht gewesen war. Die Regierung der innerösterreichischen Lande ging auf Erzherzog Karl über. Auch er war bestrebt, das steierische Berg- und Hütten- wesen auf seiner Höhe zu erhalten. Allerdings ging diese landes- väterliche Fürsorge mehr und mehr in ein System der Bevormundung über, welches der freien wirtschaftlichen Entfaltung mehr hinderlich als förderlich war. Im Jahre 1564 bereits erliess Erzherzog Karl eine neue Eisen- satzung für den Innern- und Vordernberg, Leoben u. s. w., welche hauptsächlich eine Preisfestsetzung enthält und die wir in ihrem Wortlaute folgen lassen: 40* Steiermark. Khauf des rauhen vnd geschlagenen Eysens im Inndernperg Lempe , Magazin für die Bergbaukunde Bd. VI, S. 16. Fürstlicher durch- lauchtig Ertzherzog Carolens zu Österreich neue Eisensatzung auf das rauh und geschlagen Innder- und Vorderpergerisch Eisen, wie das im Fürstenthum Steyer verkhaufft sol werden. (Gedruckt zu Wienn durch Michael Zimmermann in St. Anna Hof.) . Erstlichen das rauhe Eysen, in den halbmässen, solln durch die Rad- maister im Inndernperg den Eysenhandlern, vnd Hammermaistern Innhalt beruerter General verkhaufft werden, der Cenntn umb fünff Schilling drey pfenning, vnnd von yedem Centn in die Mautt alda im Inndernperg zwen Schilling ain pfenning ain haller, Thuet der Khauf, vnnd Maut siben Schil- ling, vier pfenning, ainen haller. Das geschlagen Innderpergerisch, oder ärtzter Eysen, so allain im Inndern Eysenärtzt, auf den Teutschen Hämmern daselbst abgeschmidt, vnd gegen Profiandt verkhaufft wierdet, die Pürd oder Puschn, so hundert, fünf vnd zwaintzig pfundt wigt, umb ain pfundt 1 pfundt = 1 Gulden (1574). , zwen Schilling, drey und zwaintzig, vnd ain Viertl aines pfennings, khumpt der Cenntn umb ein phund, achtzehen pfenning, ainn haller. Zieher, oder Drat Eysn, so in Inndern Eysenarzt, in der Hiflaun, in dem Teutschen Hamer, aus den halb Mässn gemacht wirdet, die Purd, oder Puschn, so hundert fünf und zwaintzig pfundt wigt, umb zway phundt Sechsvndzwaintzig, vnd ain Viertl aines pfennings, Khumbt der Centn umb ein pfundt, fünf Schilling, funffzehen pfenning. Der Hammermaister so in der Hilflaun, Lainpach, im Lanndtl, Item in der obern Reifling, zu Sandt Galln, im Weissenpach, vnnd derselben ortten gesessen, vnnd zu dem Fürstenthumb Steyer gehörig, Geschlagener Eisenkhauff. Gemain waich Stanng Eisen, das man auch Khlob Eysen nennt, Item Flamb vnnd geuiert Stang Eisen, den Cenntn umb ain pfundt drey schilling neun pfenning, khumbt die Purd so hundert fünfvndzwaintzig Pfundt, wigt vmb ain pfundt, sechs schilling, drey vnd drey viertl pfenning. Diese Sorten sollen durch die Hamermaister mit Irem Zaichen an den Ringen gemerkht werden. Gezaint Eisen, so man Knopper Eysen haisst, Item schmal vnd prait Stegraif Eysn, so Leistn vnnd Panndt Eisn genennt wierdet, Gätter Eysn, Schar Eisn, das man Riegl Eysn haisst, Item Schin Eysn den Cenntn vmb ain pfundt vier Schilling viervndzwaintzig pfenning. Diese Sorten Eisen, sollen Centn, vnd Puschenweiss zusammen ge- schlagen, vnnd am Ring yede Sort bezaichnet werden. Phluegplech den Cenntn vmb ain pfundt vier Schilling, viervndzwaintzig pfenning. Zieher, oder Drat Eysn, so in den Wälischen Hämern aus dem Flug, vnd werch Sünter gemacht wierdet, den Cenntn vmb ain pfundt, sechs Steiermark. Schilling, ainn pfenning, khumbt die Purd, so hundert fünffundzwaintzig pfundt wigt, vmb zway pfundt, ain Schilling, sechzehen ain viertelpfenning. Diese Sort solln an allen Stanngen gezaichnet werden, auf das es von dem Stahl zu erkhennen sey. Zwizach so man auch Hämer Eysn nennt, den Centnn vmb ain pfundt, drey Schilling neun pfenning. Solln in Vässl eingeschlagen, vnnd das Vässl mit des Hamermaisters zaichen vnd ainem Creutz gemerckht werden. Rauher Stahel den Cenntn vmb ain pfundt drey Schilling vnnd neun pfenning. Vässl Stahel, so man mitl Stahl nennt, den Cenntn umb ain pfundt, vier Schilling, vnd neun pfenning. Soll in Vässl eingeschlagen, vnnd das Vässl mit des Hamermaisters Zaichen gemerckht werden. Vorder, oder Khern, auch pogen Stahl, den Cenntn vmb ain pfundt, sieben schilling, Neuntzehen pfenning. Dise Sort, solln durch die Hamermaister, in bemeltem khauf, den Gesel- schafftern des gestreckhten Stahels, zu Steyer in wird, vnd vnwird gegeben, vnnd entgegegen die Geselschaffter, von Inen den Hamermaistern, gleicher massen in wird vnd vnwird haben, vnd bezallen, Vnd wie wol zuuor den Hamermaistern durch die von Steyer, yeder Cenntn diser Sortten nuer vmb ain pfundt sechs Schillingpfenning bezallt worden, aber vmb das den Geselschafftern zu Steyer, bemelts Stahelstreckhen allain beleibe, ist durch Sie die Geselschafter den Hamermaistern zwaintzig pfenning, auss aignem Seckhl, auf yeden Cennten obbenennter Sortn zubezallen, Vnd aber nicht widerumben, auf den gestreckhten Stahel, vber den vorigen khauf zu schlagen bewilligt worden, Vnd so nun die Neun und zwaintzig pfenning, darum ein yeder Cenntn, geschlagener Eysenzeug, erhöcht worden, zu obsteunden vorigen khauf (sambt der Geselschafter zu Steyer, den Hamer- maistern gethonen bewilligung) zusamen gelegt, gebürt der Cenntn Ge- streckhter Stahl, vmb ain pfundt, Siben Schilling, Neun und zwaintzig pfenning zu geben. Gezaint auch Gemainen hackhn Stahl, vnnd Schwert Stahl, den Cenntn vmb ain pfundt siben schilling, Neun pfenning. Dise Sort sol auf dem Ring gezaichnet werden. Vorder zaichenter Hackhn Stahl, auch gezainter Frumb Stahel, vnnd Gemainer Scharsach Stahl den Cenntn vmb zway pfundt, zwen Schilling Neun und zwaintzig pfenning. In disen Sorten solle der vorder zaichent Hackhn Stahl, an allen Stanngen, der Frümb Stahel, mit zwaien zaichen an dem Ring, vnd der gemain Scharsach Stahl, mit ainem zaichen an dem Ring durch den Hamer- maister gemerckht werden. Vordern Scharsach Stahel den Cenntn vmb zway pfundt, fünff Schilling, Neun pfenning. Dise Sort solle an allen Stangen gezaichnet werden. Vnd dieweil die andern Hamermaister, so auch das Rauh Innder- pergerisch Eisen verarbaiten, dessgleichen die Eisenhandler, so damit hand- Steiermark. tierung treiben, in dem Ertzhertzogthumb Österreich vnder, vnd ob der Enns, gesessen, So wirdet denselben Hamermaistern, vnnd Eisenhandlern obsteunder gleichmessiger geschlagener Eisenkhauff, durch Hochgedachter Kay. May. u. sondern aussgangen Eisensatzung zugleich Publiciret. Khauf des Rauhen vnd geschlagnen Eisens im Vordernperg . Das Rauh Eisn, solle durch die Radmaister im Vordernperg, den Eisen- handlern zu Leoben Inhalt berüerter General verkhaufft werden, der Cenntn vmb fünff Schilling, vnnd von yedem Cennten in die Maut alda im Vordern- perg, ain Schilling zwaintzig pfenning, ainn haller, thuet der khauf, vnd Maut, sechs Schilling, zwaintzig pfenning, ainn haller. Das Stang, Hackhen, Flamb, vnd Khlob Eisen, so im Vordernperg in dem Teutschen Hamer daselbst aus dem hert, graglach, vnd waschwerch gemacht, vnd gegen Profiandt verkhaufft wierdet, der Cenntn, vmb ein pfundt, vier Schilling, vierzehen pfenning. Khauf des Rauhen Eysens zu Leoben am Platz . Die Eisen Handler alda zu Leoben haben bisshero das rauh Eisn da- selbst am Platz den Hamermaistern nach dem gleichen wagen der auf fünf vnd zwaintzig Cennten schwer gerechnet worden, vmb zwaintzig gulden, sechs schilling, sieben vnd zwaintzig pfenning, ainn Haller, vnnd was der- selb wagn merers als die fünfvndzwaintzig Cennten an gewicht gehalten, dieselben vbrigen Cenntn, so die vbertheurung genent wirdet, wie von alter heerkumen, etwas hoher, als ein Cenntn in dem gleichen wagen ge- rechnet ist, verkhaufft, vnd yeden Cenntn vmb sechs schilling, Fünf und zwaintzig pfenning, ain haller gegeben. Dieweil wir dann von Inen den Eisenhandlern Iren bisshero gehabten zuegang an der wag aufgehebt, vnnd die gegen der Vorderpergerischen wag nach dem Wiennischen Cimant ver- gleichen lassen, vnnd damit Sy des ein ergetzlichait empfahen, wollen wir Inen hiemit genedigist zuegelassen haben, das Sy das Rauch Eysen nun hinfüron, nit mer nach dem gleichen wagen, sonder nach dem Cennten in der vermeltn vbertheurung der sechs schilling, fünf und zwaintzig Pfenning, ainn Haller, sambt vnserm yetzo den Radmaistern bewilligtn hilfgelt vnnd Mauterhöhung der zwelf pfenning, ainn Haller, vnd also jeden Cenntn rauch Eisen umb siben schilling, Acht pfenning den Hamermaistern verkhauffen sollen. Der Hamermaister zu Leoben khauff des geschlagnen Eysens, in vnd bey der Stat . Geuiert vnd Flambeysen, so allain auf den Teutschen Hamern ge- macht wirdet, vnnd sonst an andern ortten, Stang, Khlob, Stuefhacken, vnd Haun Eisen genent wirdet, soll der Sämb, so drithalben Cenntn wigt, umb Steiermark. drey pfundt fünff schilling, fünff pfen̅ing, gegeben werden, khumbt der Cenntn umb ain pfundt, drey Schilling, zwaintzig pfen̅ing. Phlueg, oder Arling Plech, den Sämb umb drey pfundt siben schilling, fünff pfenning, kumbt der Cenntn vmb ain pfundt, vier schilling, viertzehen pfenning. Gross Schineysen, den Sämb umb drey pfundt, siben schilling, fünf pfenning, khumbt der Cenntn vmb ain pfundt, vier schilling, viertzehen pfenning. Der Hamermaister khauf im Camer, vnnd Poltenthal . Geschlagen, Stang, Flamb, Khlob, schin, vnd ander waich Eysen, auch Phlueg, vnd Arlingplech, den Sämb vmb drey pfundt vier schilling fünf Pfenning, khumbt der Cenntn vmb ain pfundt drey schilling, acht Pfenning. Zwizach, den Sämb vmb drey pfund, vier schilling, fünf pfenning, khumbt der Cenntn vmb ain pfundt drey schilling, acht pfenning. Rauhen Stahl, den Sämb vmb fünff Pfundt, ainn Schilling, fünff Pfen- ning, kumpt der Cenntn vmb zway Pfundt, vierzehen Pfenning. Rauhen Mockh, vnnd Miel, den Sämb vmb drey Pfundt, fünff Schilling, fünff Pfenning, kumpt der Cenntn vmb ain Pfundt, drey Schilling, zwaintzig Pfenning. Harnischplech, den Sämb umb neun Pfundt, ainn Schillingpfenning. Gestreckten Stahel, den Sämb umb Sechs Pfundt, ainn Schilling fünff Pfenning. Gestreckhten Mockh, den Sämb vmb vier Pfundt, ain Schilling fünff Pfenning. Der Hamermaister Khauff zu Rotenman . Stangen, Khlob, Hagkhen, Haun, Flamb, grob Schin, Pucher, vnd ander waich Eisen, den Sämb vmb vier Pfundt, zehen Pfenning, kumpt der Centn vmb ain Pfundt, vier Schilling, acht und zwaintzig Pfenning. Rauhen Mockh, mitl vnd zwitzach, den Sämb vmb vier Pfundt, zehen Pfenning, kumpt der Centn vmb ain Pfundt, vier Schilling acht und zwaintzig Pfenning. Zrenn Eisen, den Sämb vmb vier Pfundt, zwen Schillingpfenning. Rauhen Stahel, den Sämb vmb fünff Pfundt, zwen Schilling, drey und zwaintzig Pfenning. Zwitzach Eisen, den Sämb vmb vier Pfundt, sechs Schilling, funft- zehen Pfenning. Gestreckten Zwitzach, den Sämb, vmb vier Pfundt, sechs Schilling- pfenning. Gatter, Stegraiff vnd Leisten Eisen, den Sämb vmb vier Pfundt, sechs Schilling, funftzehen Pfenning. Zain Eisen, den Sämb vmb vier Pfundt, sechs Schilling. Gestreckhten Mitl, den Sämb vmb vier Pfundt, drey Schilling. Steiermark. Gestreckhten Stahel, den Sämb vmb sechs Pfundt, vier Schilling- pfenning. Allerlay Waich, Schlosser Thür vnd Ofenplech, den Sämb vmb sechs Pfund, sechs Schillingpfenning. Harnisch Plech, den Sämb vmb neun Pfundt, vier Schillingpfenning. Der Hamermaister khauff zu Khnütlveldt . Item waich Stangen, Klob, Hackhen, Haun, Flamb, Pucher, Stuef, vnd grob Schin, auch Schröt Eisen, den Sämb drey Pfundt, siben Schilling, funftzehen Pfenning, kumpt der Cenntn vmb ain Pfundt, vier Schilling, Acht- zehen Pfenning. Mockh, Mitl, vnd Zwitzach, den Sämb vmb drey Pfundt, siben Schil- ling, funfftzehen Pfenning, kumpt der Centn vmb ain Pfundt, vier schilling, achtzehen Pfenning. Phlueg, oder Arling Plech, den Sämb vmb vier Pfundt, zwen schilling, funftzehen Pfenning, kumpt der Centen vmb ain Pfundt, fünff Schilling, vier und zwaintzig Pfenning. Rauhen Khernstahel, den Sämb vmb fünff Pfund, zwaintzig Pfenning, kumpt der Centn vmb zway Pfundt, acht Pfenning. Zwitzach Schin, den Sämb vmb fünff Pfundt, zwaintzig Pfenning, kumpt der Centen umb zwey Pfundt, acht Pfenning. Der Hamermaister khauff zu Judenburg . Waich Stangen, Khlob, Hackhen, Haun, Flamb, Pucher, Stuef, auch Ziech, Moretl, gross vnnd klain Schin Eisen, den Sämb vmb vier Pfundt, zehen Pfenning, kumpt der Centen vmb ain Pfundt, vier Schilling, acht vnnd zwaintzig Pfenning. Rauhen Mockh, Mitl vnd Zwitzach, den Sämb vmb vier Pfundt zehen Pfenning, kumpt der Centen vmb ain Pfundt, vier Schilling, acht vnd zwaintzig Pfenning. Arling oder Phlueg Plech, den Sämb vmb vier Pfundt, vier Schilling, fünff Pfenning, kumpt der Centen umb ain Pfundt, sechs Schilling, viert- zehen Pfenning. Rauhen Khernstahel, den Sämb vmb fünff Pfundt, ainn Schilling, fünff Pfenning, kumpt der Centen vmb zway Pfundt viertzehen Pfenning. Khlain Gätter, vnd khlain schin Eisen, den Sämb vmb fünff Pfundt, ainn Schilling, fünff Pfenning, kumpt der Centen vmb zway Phundt, viertt- zehen Phen. Gestreckhten Kernstahel, den Sämb um sechs Pfundt, vier Schilling, siben und zwaintzig Pfenning, kumpt der Centen vmb zway Pfundt, fünf Schilling, fünf Pfenning. Gestreckhten Mockh, den Sämb vmb vier Pfundt, vier Schilling, siben Pfenning, kumpt der Centen vmb ain Pfundt, sechs Schilling, funfftzehen Pfenning. Steiermark. Sengsn Khnütl, den Centen vmb drey Pfundt, sechs Schilling, viert- zehen Pfenning. Khlingen Schröt, den Centn vmb drey Pfundt, viertzehen Pfenning. Khlingen Stahel, den Centen vmb zway Pfundt, sechs Schilling, viert- tzehen Pfenning. Garbten Stahel, den Sämb vmb neun Pfundt, fünf Schilling, fünf Pfenning, kumpt der Centen umb drey Pfundt, sechs Schilling, sechss und zwaintzig Pfenning. Der Hamermaister khauff zu Obdach . Waich Stanngen, Khlob, Hackhen, Haun, vnd Flamb Eisen, den Sämb vmb vier Pfundt, ainn Schilling, fünff Pfenning, kumpt der Centen vmb ain Pfundt, fünff Schilling, acht Pfenning. Rauhen Khernstahel, den Sämb vmb fünff Pfundt, ain Schilling, fünff Pfenning, kumpt der Centen umb zway Pfundt, viertzehen Pfenning. Der Hamermaister khauff zu Scheifling vnd Weltz . Waich Stanngen Khlob, Hackhn, Haun, Flamb, Pucher, Stuef, auch Ziech, Moretl, gross vnd klain schin Eisen, den Sämb vmb vier Pfundt, zwen Schillingpfenning, kumpt der Centen vmb ain Pfundt, fünff Schilling, achtzehen Pfenning. Rauhen Mockh, Mitl vnd Zwitzach, den Sämb vmb vier Pfundt, zwen Schillingpfenning, khumpt der Centen umb ain Pfundt, fünff Schilling, acht- zehen Pfenning. Rauhen Stahl, den Sämb vmb fünff Pfundt, sechs Schilling, fünff Pfenning, kumpt der Centen vmb zwai Pfundt, zwen Schilling, viertzehen Pfenning. Der Hamermaister khauff zu Mueraw . Waich Stanngen, Khlob, Hackhen, Haun, Flamb, Pucher, Stuef, auch Ziech, Moretl, gross vnnd klain schin Eisn, den Sämb vmb vier Pfundt, drey Schilling, zwaintzig Pfenning, kumpt der Centen vmb ain Pfundt, sechs Schilling, acht Pfenning. Rauhen Mockh, Mitl vnd Zwitzach, den Sämb vmb vier Pfundt, drey Schilling, zwaintzig Pfenning, kumpt der Centen vmb ain Pfund, sechs Schilling, acht Pfenning. Rauhen Stahel, den Sämb vmb sechs Pfund, zwaintzig Pfenning, kumpt der Centen umb zway Pfund, drey Schilling, viertzehen Pfenning. Zwitzach Schin, den Sämb vmb fünff Pfundt, zwen Schilling, drey und zwaintzig Pfenning, khumpt der Centen vmb zway Pfundt, ain Schilling, drey Pfenning. Steiermark. Clain Gätter Eisen, den Sämb vmb fünff Pfundt, zwen Schilling, drey und zwaintzig Pfenning, kumpt der Centen vmb zway Pfundt, ain Schilling, drey Pfenning. Klingen Schröt, den Sämb vmb siben Pfund, sechs Schilling, drey und zwaintzig Pfenning, khumpt der Centen vmb drey Pfund, ain Schilling, drey Pfenning. Gestreckhten Stahel, den Sämb, vmb sechs Pfundt siben Schilling fünff Pfenning, kumpt der Centen vmb zwey Pfundt, sechs Schilling, zwen Pfenning. Gestreckhter Mockh, den Sämb vmb vier pfund, siben schilling, fünff pfenning, khumpt der Cennten vmb ain pfund, siben schilling, zwaintzig pfenning. Khauf des geschlagnen Eysens zu Bruckh an der Muer . Allerlay waich stangen, Khlob, Hackhen, Haun, Flamb, Geuiert, vnd Negel Eysen, den Sämb, vmb drey pfundt, siben schilling, funffzehen pfenning, khumbt der Cenntn vmb ain pfundt, vier Schilling, achtzehen pfenning. Arlingplech, den Cennten vmb ain pfundt, sechs Schilling, viertzehen pfenning. Rauhen Mockh, Mitl, vnd Zwizach, den Sämb vmb drey pfundt, siben Schilling, funfzehen pfenning, khumbt der Cenntn vmb ain Pfundt, vier Schilling, achzehen pfenning. Rauhen Khernstahel, den Cennten vmb ain pfundt, sechs Schilling, vierzehen pfenning. Zwizach, Schin, Gätter, Stegraif, Leisten, Zain, vnd Ringeysen, den Cennten vmb ain pfundt, sechs schilling, vierzehen pfenning. Hvngrisch Sengsn Khnitel, das hundert so zween Cennten wigt, vmb siben pfundt, Achtvndzwaintzig pfenning. Teutsch Senngsen Khnitel, als offt Fünfftzig in ainem Puschel, so vn- gleich mit der waag, ye zu achtzig, ye zu Neuntzig pfundt schwär wegen, vmb drey pfund, zwelff pfenning. Zrenn Eisen, den Cennten vmb zway pfundt, vierzehen pfenning. Waich, Schloss, Strigel, vnd Thürplech, den Centen vmb drey pfundt. vierzehen pfenning. Gärbten Stahel, den Cennten vmb zway pfundt vier Schilling, vier- zehen pfenning. Harnischplech, den Cennten, vmb vier pfundt, vierzehen pfenning. Khauf des geschlagenen Eysens zu Grätz . Als waich Stangen, Khlob, Hackhn, Haun, Flamb, Geuiert, vnd Nagel Eisen, den Cennten vmb ain pfundt, fünff schilling, achtundzwaintzig Pfenning. Steiermark. Arling Plech, den Cennten vmb ain pfundt, siben Schilling, Sechs und zwaintzig pfenning. Rauhen Mockh, Mittl, vnd Zwizach, den Cennten vmb ain pfundt, sechs Schillingpfenning. Rauhen Khernstahel, den Cennten vmb ain pfundt, siben Schilling, sechs vnd zwaintzig pfenning. Zwizach, Schin, Gätter, Stegraiff, leisten, Zain, vnd Ring Eysen, den Cennten vmb ain pfundt, siben Schilling, sechs vnd zwaintzig pfenning. Hvngerisch Senngsen knütl, das hundert, so zween Cennten wigt, vmb siben pfundt, drey Schilling, zwen vnd zwaintzig pfenning. Teutsch Sengsen knütl, als offt fünfzig in ainem puschen, welcher Puschen vngeuerlich zu Achtzig vnnd ye zu Neuntzig pfunden wegen thuet, vmb drey pfundt, ainn Schilling, Vier vnd zwaintzig pfenning. Sichel Eysen, vnd Khlingen Stahel, den Cennten vmb zway pfundt, fünff Schilling, sechs vnd zwaintzig pfenning. Zrenn Eysen, den Cennten umb zway Pfundt ainn Schilling, sechs vnd zwaintzig pfenning. Waich Schloss, Strigel, vnd Thürplech, den Cennten vmb drey pfundt, ainn Schilling, sebhs vnd zwaintzig pfenning. Gärbten Stahel, den Cennten vmb zway pfundt, ainn Schilling, Sechs- vndzwaintzig pfenning. Harnisch Plech, den Cennten vmb vier pfundt, ainn Schilling, Sechs vnd zwaintzig pfenning. Khauf des geschlagnen Eisens zu Rackherspurg . Waich Stangen, Khlob, Hackhen, Haun, Flamb, Geuiert, vnd Negl Eysen, den Centen vmb ain pfundt, siben Schilling, acht pfenning. Arling Plech, den Centen vmb zway pfundt, ainn Schilling, sechs pfenning. Rauhen Mockh, Mittl, vnd Zwitzach, den Cennten vmb ain phundt, siben Schilling, Zehen pfenning. Rauher Khernstahel, den Cennten vmb zway Pfundt, ainn Schilling, sechs Pfenning. Zwizach, Schin, Gätter, Stegraif, Leisten, Zain, vnd Ring Eisen, den Centen vmb zway pfundt, ainn schilling, sechs pfenning. Hvngrisch Sengsen khnüttl, das Tausent so zwen Centen wigt, vmb siben pfundt, sechs Schilling, zwelff pfenning. Teutsch Sengsen khnüttl, als offt fünfftzig in ainem Puschn, welche vngeuerlich, zu Achtzig, vnd Neuntzig pfundt wegen, vmb drey pfundt, drey Schilling, vier pfenning. Sichel Eysen, vnd Khlingen Stahel, den Cennten vmb zway pfundt. siben schilling, sechs pfenning. Zrenn Eysen, den Centen vmb zway Pfundt, drey schilling, sechs pfenning. Steiermark. Waich Schloss, Striegel, vnd Thürplech, den Centen vmb drey pfundt, drey schilling, sechs pfenning. Gärbten Stahel, den Centen vmb zway pfundt, siben Schilling, sechs pfenning. Harnisch Plech, den Centen vmb vier pfundt, drey Schilling, sechs pfenning. Der Hamermaister khauf des geschlagnen Eysens zu Muertzueschlag . Waich, Geuiert, Stangen, Khlob, Flamben, Haun, Hackhen, Schin, Phlueg, vnnd Arling, Plech Eysen den Sämb vmb vier pfundt, ain Schilling, fünff pfenning, khumbt der Centen vmb ain pfundt fünf Schilling, acht pfenning. So aber die Hamermaister, zu Muertzueschlag, auf Iren selbst costen, das Eysen in die Newstat, antworten, mügen Sy den Sämb geben vmb vier pfund, drey Schilling, zwaintzig pfenning, khumbe der Centen vmb ain pfundt, sechs Schilling acht pfenning. Darauf gebieten Wir Euch allen, vnd yeden insonderhait, in obbemeltem Vnserm General hieneben begriffen, erstlich, vnnd wellen, Das Ir bey den obgestelten, vnd gesetzten Eisenkhauffen, So von Dato der Publicierung be- rürter Vnser General vnd Eisensatzung angeen, auch biss auf Vnser wol- gefallen, vnd wiederruefen vnuerändert gehalten werden sollen, gentzlichen also beleibet, vnd dieselben khauff darüber mit nichte staigeret, noch ye- mandt beschwäret, bey der Straff in gedachten Vnserm General vermeldt. Daran thuet Ir Vnsern ernstlichen willen vnd mainung. Geben zu Wienn den zehenden tag Decembris, Nach Christi Vnsers Seligmachers geburt im Fünffzehenhundert vnnd Vier vnd sechzigisten Jar. Im Jahre 1569 wurde Siehe Pantz und Atzl , a. a. O., S. 6. , da es den Bergwerken an hinlänglichem Verschleiss ihres in Menge erzeugten Eisens, folglich an Geld für den Betrieb fehlte, landesfürstlicher Seite die „ Widmung “ eingeführt. Es wurden nämlich jedem Eisenschmelz- und Hammerwerk ein nah- gelegenes Waldgebiet „gewidmet“, indem die Waldbesitzer verpflichtet wurden, die in diesem Gebiet erzeugten Kohlen nur an die dafür an- gewiesenen Eisenwerke gegen Vergütung der Erzeugungs- und Zu- fuhrkosten abzugeben. Zugleich wurde verordnet, dass jeder Rad- meister eine bestimmte Anzahl Hammermeister mit Roheisen und die Hammermeister gewisse „Verleger“ mit sogenanntem „geschlagenen Zeug- oder Centnergut“ (geschmiedetem Handelseisen) versehen mussten, wogegen umgekehrt die Verleger die Hammermeister und diese die Radmeister mit Geld und Viktualien, als Getreide und Schmalz zu Steiermark. versehen oder zu „verlegen“ hatten; ausserdem wurde den Verlegern gewisse Manufakturisten zur Verlegung und endlich dem ganzen Eisenbezirk eine gewisse Gegend zugewiesen, aus der ihm der erforder- liche Proviant geliefert werden musste. Dieses Monopol- und Zwangssystem, aus landesväterlicher Fürsorge entsprungen, das beinahe ganz Österreich ob der Enns und den grössten Teil von Steiermark betraf, war anfangs eine Wohlthat, wurde aber in der Folge höchst verderblich; denn der Zwang hinderte jeden Fortschritt. Infolge der „Widmung“ drückte der Verleger die Hammermeister und diese wieder die Radmeister. Dabei waren die Verleger häufig schlechte Spekulanten, machten Schulden, was wieder auf die Gewerken verderblich einwirkte. Die Verleger der Innernberger Gewerken wohnten alle in der Stadt Steyr. Die Aufsicht über das ganze Eisenhüttenwesen und die Durch- führung der „Widmung“ hatte eine österreichische Hofkommission. In der ersten Zeit übte die staatliche Fürsorge eine günstige Wirkung auf die steierische Eisenindustrie aus, infolge dessen wurden 1573 die steierischen Schutzbestimmungen auch auf Oberösterreich ausgedehnt. Dies geschah durch folgende Satzung: Römischer Khaiserlicher Maiestät \&c. Satzung in Ostereich vndter der Ennss, auff die Innern Eisen — Artztischen Prouiant Sorten, als Artzer Eisen, Hert, Graglach vnnd Wäschwerch, Vnnd dann das geschlagen Eisen, so auss eemeltem Hert, Graglach und Wäschwerch, als Rauchen Sorten gemacht, vnd alles Scheibbserisch Eisen genennt wird. Mit des Römischen Kaisers Mayestät \&c. Gnad vnd Privilegien. Anno MDLXXIII Siehe Lempes Magazin für die Bergbaukunde (1790), Bd. VII, S. 93. . — Wir Maximilian der Ander \&c. entbieten Euch den Proviantführern, so durch den newen weg die Mendling der Wurtzen des innern Eisenärtzt Proviant zuführen, vnd dagegen Arzer vnd Puscheisen, Hert, Graglach vnd Wäschwerch erhandlen, dassgleichen Euch den Hammerschmieden zu Hollenstein, Gestling, Luntz, Gäming, Scheibbs, Gresten vnd Purckstal, welche in ihren kleinen Hämmern ermelt Hert, Graglach und Wäschwerk zerennen und geschlagen zeug darauss machen. So wol auch den Eisen- händlern zu Scheibbs, Purkstall, Gressten, Melkh, Sanct Pölten vnd allhier zu Wienn, so mit diesem Eisen, welches Scheibbserisches Eisen genannt wird, handeln vnd sonst menegklich u. s. w. … Es werden hauptsächlich „geschlagenes oder Arzter Eisen“ und die „Rauchen Sorten“, Hert, Graglach und Wäschwerk unterschieden. Steyer ist der Hauptverlagsort („verleg Statt“), wohin das Eisen geliefert und von da weiter verhandelt wird. In Bezug auf Gewicht und Preis wird „ein gewisse Ordnung und Satzung verfasst, dass es mit diesem Scheibbserischen Steiermark. Eisen, soviel dessen nach den Centen oder Pundtweiss verkhaufft wird, gleichfals beschehe vnd hierdurch verhüt, dass den armen Faust- und Hand- schmieden, deren sonderlich im viertl ob Wienerwalt ein guete anzahl sein, das Eisen nit vnndtterweiss von etlicher aigennutz wegen verthewrt vnd gestaigert werde.“ Deshalb die Satzung, „darein auch ewr der Proviant- führer, Hamerschmied vnd Eisenhändler bürgerlicher gewinn, dabey Ihr ewr ehrliche Rechnung haben mögt, kumen, entschlossen.“ Ebenso soll diese Ordnung verhindern, dass die Proviantführer ihren Proviant nicht höher „zu den Wurzen“ bringen, als sie denselben zu Scheibbs geladen und gestanden. Deshalb ist ausserdem im Markte Scheibbs eine „sondern“ Markt-Ordnung aufgerichtet. Diese steht unter der Kontrole des „Eisen- Camerers“. Nach den dortigen Marktpreissen plus dem „bürgerlichen Gewinn“ müssen sie zu Innerperg u. s. w. verkaufen, resp. das Eisen da- gegen annehmen bei Strafe von „ainhundert Dukaten in Gold“ .... „also wir auch Euch den Hamerschmieden bey Leib- und Guetsstraff eingebunden haben, dass jr jede sort in jrer rechten guete vnd klüene (?) auffbringet, vnd der arbeit vmb aigen nutz oder ainiger andern versachen wilten, keinen geferlichen abbruch thuet, dessgleichen mit vnabgengigen Gewicht ein- schlahet, vnd Ir die Eisenhandler auch dergestallt verkaufet vnd verhandelt.“ Hierauf folgt eine Preisordnung ähnlich der von 1564: „Wir … haben uns verglichen, auff das Eisen, so bey der Wurtzen des jnneren Eisenärtzt gegen Proviant erhandelt, vnd den daraus gemachten, geschlagenen Zeug, so in diesem vnserem Landt, Scheibbherisch Eisen genannt wird, ein Satzung aufzurichten.“ Es folgen nun die Preise im Innerberg, zu Scheibs u. s. w.: „ Khauff des Rauchen vnd geschlagen Eisens in Innerperg, so gegen Proviant gehandelt wirt : Das geschlagen Innerpergerisch oder Arzter Eisen, so allain im jnneren Eisenärzt auff den Teutschen Hämmern (gemacht wird). Die Proviant- führer müssen den erhandelten Proviant zu folgenden Preisen abgeben: in der Mendling, Hollenstein, Gessling vnd Luntz, Wäschwerch den Centner vmb ain Gulden zwen pfennige. Hert und Graglach den Centner vmb Sechs schilling, zwantzig pfennig. — Zu Scheibbs: Waschwerch den Centner ain Gulden, zwelff pfennig. Hert vnd Graglach den Centen vmb Siben Schilling. — Die Bürd geschlagen Innerpergisch oder Arzter Eisen, so ain- hundert Fünffundzwaintzig Pfundt wigt, vmb zwen Gulden, drey Schilling, Vierundzwaintzig pfennig, kumbt den Centen vmb ain Gulden, siben Schil- ling, fünfvndzwaintzig pfennig. Für die ausgeschmiedeten Sorten werden folgende Preise bestimmt für 1. Burdt Stang-Eisen. Gezaint Steyerisch und Galler Eisen, auch Wagschin in Eisenärz, Scheibbs, zu Mölk, St. Pölten u. s. w. In Wien „geschlagenes und Stang-Eisen die Burdt so ain Hundert fünff vnd zwaintzig pfund wigt, vmb zwen Gulden, 1 Schilling, drei vnd zwainzig Pfennig, kumpt der Centen vmb zwen Gulden, zwen schilling, sechs pfennig, drey viertel und halbens. Gezaint Gäller (von St. Gallen), Steyrisch-Eisen und Wagschin, den Centen vmb zween Gulden, vier Schilling, neuntzehn pfennig.“ Steiermark. Ein anderer Preis wird festgesetzt für die ansässigen Eisen- händler für den Platzverkauf; für Wien z. B. der Centner ge- schlagenes Eisen 2 Gulden 3 Schilling 1 Pfg.; das gezaint Gäller 2 Gulden 5 Schilling 14 Pfg. Auch der Preis für pfundweisen Ver- kauf für Wien wird normiert. Dagegen wird für Extrasorten als „Hollschin, Pfluegseeg, Dreyerschin, Crabatische Pfluegplech, Gotschi- schin, breite und lange Pflueg Eisen“ kein Preis normiert. Der Schmiedelohn für diese Sorten wird aber erhöht, hauptsächlich der teuren Kohlen wegen. Zum Schluss wird verfügt, dass die Scheibbserische Eisenkammer stets ein wohl versehenes Magazin aller tauglichen Eisensorten führen soll. In einer angefügten Waldordnung (von 1563) wird hervor- gehoben, dass die Wallachen Wallachen, Walchen = Wälsche, welche Köhlerei auf eigene Faust trieben, s. Bd. I, S. 752. kein Holz beim Kohlenbrennen für das Eisengewerbe verschwenden sollen, auch wird ihnen verboten, Schafe und Gaisen in den Wald zu treiben. Im Jahre 1574 erliess Kaiser Maximilian II. eine weitere Eisen- ordnung über den Vorderberger Eisenhandel unter dem Titel Siehe Lempe , Magazin für Bergbaukunde, Bd. VII, S. 84 etc. : „Römischer Khaiserlicher, auch zu Hungarn vnnd Behaim Khunig \&e. Ordnung, den Ausgang des Vorderperger, oder Leobenischen Eysen in Osterreich betreffend (gedruckt zu Wien durch Caspar Stein- hofer, Anno MDLXXIIII). Wir Maximilian der Ander von Gottes genaden Erwölter Römischer Kaiser \&c. … entbieten allen unsren Unterthanen im Erzherzogthumb Osterreich, sonderlich aber so im Vierttel vnder Wiennerwalt gesessen sein und dem verschleuss des Leobinischen Eisens zuethon, vnser gnad u. s. w. …“ (Die Handelsstrasse). „Wiwol von vralters das vorderperger oder Leobinisch geschlagen Eisen vnnder andern auch sein ausgezaigte Strass vber den Sembring, auf Schadwien, Neukhirchen, Neustat, vnnd hierhero gehabt, vnnd von disem Leobinischen Eisen, ermelt Viertl vnnder Wienner- walt nottürftig versehen worden, ist vnns doch glaubhaft fürkhommen“ ...., dass dieses Eisen sowohl durch das Gebiet von Steiermark als auch auf der österreischen Seite vielfach „durch Mancherley abweg vnnd Steig durch die Sämer vnd andere auf das Hungerisch vmb des merern geniess willen heuffig verfüret vnd verschwertzt, Dagegen disem vnnserm Land entzogen, Sonder- lich aber unserer Statt Neustat, Ir Niederlagsgerechtigkeit u. s. w. sowie unsrer Maut und Zoll“. Dem zur Abhilfe wird verordnet, entsprechend „der Vorderpergisch Ambts Ordnung, das die Hammermeistern zu Muerz- zuschlag gegen Proviant sowohl auch mit Pargellt doch mit der gewöhn- lichen Aufgab des ainen Khreitzer auf jeden Centen die notturft Steiermark. Rauch Eisen zu versehung Irer befreidten Hammerwerch erfolgen solle von alters auch aus solche Muerzzuschlagische Hämmern der geschlag ganz in Österreich one ein ausser sonderer verlag gegen Prouiant vnnd umb Par- gelt geben werden.“ Dieses soll auch so bleiben, nämlich, dass die Mürz- zuschlager Hammermeister auf ihren sechs befreiten Hammerwerken ihren Bedarf an Rauheisen so beziehen können, wogegen diese ihr „geschlagen Eisenzeug“ nach Österreich, insbesondere nach Neustadt verführen müssen und solches „keinem Sämer, so solch Eysen beyseits der aussgezaigten Strassen füren möcht“, zu geben. — Da aber die Vordernberger Ordnung gestattet, dass, wer dem Vordernberg Proviant zuführe, auch Eisen nehme, so soll dies unbenommen sein, sofern er vom Vordernberger Ambtmann dafür Bescheinigung hat. — Dafür sollen die von Neustadt auch den Mürz- zuschlager Hammermeistern soviel wie möglich Proviant zuführen und das Eisen zu dem festgesetzten Werthe annehmen. Auch sollen die Hämmer von Schadwein und Neukhirchen von jetzt ab ebenso gehalten werden und ihr Eisen nach Neustadt und Wien liefern. — Und soll allen „Sämern“, die zwischen Bruk und Österreich Eisen verführen, ohne die vorgeschriebene Bescheinigung dies abgenommen und als „con- trabant“ eingezogen werden. Es soll aber „die Vralt Haubt Landstrasse von Schladwienn auf Glockhnitz, Neukhirchen, Neustadt vnnd hierher (nach Wien) für zulässig publiciret, alle anderen Strassen verboten werden“. Alles Eisen, was nach Ungarn verführt wird, soll über Wien und Neu- stadt gehen, worüber die Händler Bescheinigungen führen müssen. Wobei noch ein jeder bedacht sein und sich verpflichten muss, kein Eisen solchen Personen zu verkaufen, die es „dem Erbfeindt, dem Türckhen“ zuführen, worüber die Bürgermeister von Wien und Neustadt besonders wachen sollen. Da die Wiener und Neustädter Eisenhändler die ungarischen Jahr- und Wochenmärkte besuchen und dort keine Eisentaxe besteht, so soll kein unverarbeitetes Eisen geführt werden, sondern nur sogenannte geschliffene Ware, was aber speciell die „Sengsen“ (Sensen) anbetrifft, so soll davon nur eine beschränkte Anzahl passieren. — Die Grenzwächter haben streng darauf zu achten, dass kein Eisen ohne Passbrief durchgelassen wird. Es wird sodann auf folgende Bestimmung der Vordernbergischen Amts- ordnung rekurriert: „Das geschlagen Eisen soll hinfüro, wie bissher auch die alten Ordnungen vermügen, die gewöhnlich strassen, Nemblich durch das Camerthal auf Rottemann, Ausse, Saltzburg, an die Etsch gen Bayren, Schwaben, vnnd aller Ortten in das Reich, — Auch die Strassen nach der Muer auf Mueraw, vnnd daselbst hin hinder durch das Lauenthall, Sant Andrea, Sant Pauls bis an die Thra (Drau) vnnd abwertz auf Marnberg vnnd Pettaw, Volpundts auf das Hungerisch vnnd Windisch Landt, auch nach der Muer ab vnnd auf diesseiten aus allenthalben in das Fürstenthumb Steyer, vnnd das Hungerisch, jtem die strassen durch das Muertztall, vber den Sembring auf die Neustatt, vnnd khain andere Strassen gefüert werden u. s. w.“ Diese Ordnung wird als „ain notturfft vnnsers Landts“ bezeichnet. Kärnten. Man ersieht aus diesen vielen Verordnungen, wie ausgedehnt und wichtig der steirische Eisen- und Stahlhandel war. Da die Beschwerden der Eisengewerken gegen die einzelnen Ver- leger in Stadt Steyr nicht aufhörten, so wurden, um mehr Stetigkeit und Gleichförmigkeit in den Eisenhandel zu bringen, im Jahre 1583 sämtliche Verleger der Stadt Steyr zu einer Gesellschaft unter dem Namen der Eisenhandlungs-Kompagnie vereinigt, welcher auch die Stadt selbst in der Art beitrat, dass die Geschäfte der Kompagnie im Namen der Stadt geführt wurden und sämtliche Bürger daran Teil hatten Siehe Tunners Jahrbuch für den österreich. Berg- u. Hüttenmann, III. bis VI. Jahrgang, S. 206. . Viele Umstände traten aber damals ein, dass sich das Inner- berger Eisenwesen auch nach Errichtung der Eisenhandlungs-Kom- pagnie nicht heben konnte. Hierher gehörten besonders auch die durch die Ausbreitung der Reformation veranlassten Unruhen. Im Laufe des 16. Jahrhunderts hatten nämlich beinahe sämtliche Bürger in Stadt Steyr und ein grosser Teil der Bewohner des umliegenden Landes, worunter auch viele Hammerwerksbesitzer und Arbeiter, sich dem lutherischen Glauben zugewendet und als in der Folge mit Ernst auf ihren Rücktritt zum katholischen Glauben gedrungen wurde, ver- liessen viele lieber das Land, als dass sie sich zur Glaubensänderung herbeigelassen hätten. Infolge dieser Auswanderung kamen aber viele Hammerwerke auf längere Zeit ausser Betrieb. Kärnten . Wie in Steiermark der Erzberg zwischen Inner- und Vordernberg oder zwischen Eisenärz und Leoben eine Quelle des Reichtums durch die von der Natur hier angehäuften Eisenschätze für Jahrtausende war, so war der Hüttenberger Erzberg in Kärnten für dieses Land eine ähnliche Quelle des Wohlstandes und der gewerblichen Thätig- keit. Auch die geognostischen Verhältnisse sind ähnlich. Dem jüngeren Gneiss sowohl als dem älteren Glimmerschiefer sind Urkalk- lager parallel eingebettet. In diesen Urkalklagern kommen jene aus- gezeichneten Siderit- und Limonitlager vor, auf denen seit mehr als Beck , Geschichte des Eisens. 41 Kärnten. 2000 Jahren der kärntnische Bergbau umgeht, der die Blüte der heimischen Industrie bildet Siehe Fr. Seeland in den Verhandl. der K. K. geolog. Reichsanstalt 1871, Bd. 26, S. 49. . Von alters her hiess er die „Eisen- wurzel“ (Bd. I, S. 754). Zu Ende des 15. Jahrhunderts stritten sich um den wertvollen Besitz der Landesfürst, Kaiser Friedrich IV. (III.), und das Stift Salzburg, welches ältere Eigentumsrechte zu haben vermeinte. Die Türken und die Türkenangst, die den Habsburgern so viel zu schaffen machte, gaben die Veranlassung, dass die für den Krieg besser gerüstete welt- liche Macht den geistlichen Fürstentümern manche Vorteile abrang und sich als Staatsgewalt konsolidierte. Das reiche Erzstift Salzburg, das für den Bergbau so viel geleistet hatte und welches den Hütten- berger Erzberg als seinen Besitz betrachtete, musste dem berechnenden Kaiser Friedrich, der wohl am meisten für den Besitz und den Reichtum des Hauses Habsburg gethan hat, Stück für Stück seine Rechte abtreten. In dem wichtigen Vertrag vom 30. Oktbr. 1458 wurden dem Erzstift seine alten Rechte in Bezug auf den Salz- und Eisenhandel zwar noch garantiert Siehe F. Münichsdorfer , Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 41. : 1. Freier Ausgang des halleinschen Salzes in das Land Kärnten durch Muran auch nach der Drau und über den Kretschberg, wie es vor alters her gehabt. 2. Den freien Gang des salzburgischen Eisens aus der Lelien (Lölling) und Mossnitz (Mosinz) nach der Strasse, wie es vor alters her gehabt. 3. Das freie Commerce der Bürger zu Friesach und Althofen mit diesem Eisen ohne Hindernis der Bürger zu St. Veit. Aber als sich 1479 der alte, störrige Erzbischof Bernhard mit König Mathias von Ungarn gegen Österreich verbunden hatte, nahm ihm Kaiser Friedrich im Jahre 1481 fast alle seine Besitzungen in Kärnten ab. Zehn Jahre lang hatte Kärnten durch die Ungarn schwer zu leiden, erst unter Kaiser Maximilian kehrten wieder geordnete Zustände zurück. Er bestätigte auch 1494 den oben erwähnten Vertrag von 1458, doch blieb er, trotz dem geschriebenen Wort, der Landesherr und am 25. Oktbr. 1535 trat das Erzstift seine Hoheitsrechte durch Vertrag vollständig an König Ferdinand ab. In diesem mit dem Kardinal Lang von Wellenburg abgeschlossenen Vertrag wurde bestimmt: Kärnten. Dass jeder Erzbischof zu Salzburg eine taugliche, bergwerks- verständige Person als Bergrichter nebst zwei Geschworenen mit der Verbindlichkeit des Amtssitzes in Hüttenberg aufnehmen möge, doch die Beeidigung derselben sowie Beauftragung, dass sie nach der Berg- ordnung getreulich leben und handeln, solle in Gegenwart des Landes- hauptmanns oder Landesverwesers von Kärnten vorgenommen werden. Eine Bergordnung solle im Beisein des Vizedoms zu Friesach verfasst werden. Die Verwaltung der Wälder im Burgfried und Landgericht zu Althofen und Hüttenberg obliegt wie von alters her dem Vizedom oder über Auftrag desselben dem Bergrichter zu Hüttenberg. Die landesfürstlichen Waldungen, welche bisher zu dem Bergwerks- betriebe von Hüttenberg gebraucht wurden, können auch für die Zukunft hierfür verwendet werden. Appellationen über berggerichtliche Erledigungen gehen in zweiter Instanz an das salzburgische Vizedom-Amt Friesach, in dritter und letzter Instanz aber an die von dem jeweiligen Landesfürsten ein- gesetzte Regierung Siehe Münichsdorfer , a. a. O., Anhang Nr. IV. . Danach hatte sich Ferdinand als Landesfürst die oberste Ent- scheidung angeeignet. Von noch unmittelbarerer Wichtigkeit war die Frage, wem die Mautgebühren zustanden. Darüber gab es eine voll- ständige „Eisenfehde“, die zunächst ihren Ausdruck hauptsächlich darin fand, welche Strassen für den Eisenhandel festgehalten werden sollten. Kaiser Friedrich hatte bereits am 30. Oktbr. 1458 mit Erz- bischof Sigmund I. ein Übereinkommen getroffen, nach welchem das Hüttenberger und Mosinzer Eisen auf der gewöhnlichen Strasse nach Althofen, aber nicht über die Alpen nach Steiermark verführt und der Althofensche Eisenhandel von den St. Veitern nicht beeinträchtigt werden sollte. Diese Vereinbarung lautet: „Item so sol das Eysen das von Salzburg, so zu Hüttenberg, in der Lelien und in der Mossnitz gemacht würdet, da bleiben und sol das von Althoven, auch das von Friesach zu ewigen Zeiten unge- hindert und ungeirrt seinen Gang haben die gewendliche Strassen, so es von Alter her gehabt und sol nicht zuruk über die Alben aufgeen, als gen Obdach, doch uns und unsern Erben Meut und Auflag, so sich davon gebüre, vorbehalten ungeverlich. Es mügen auch die von Friesach und Altenhofen selbst gesten und vertreiben nach iren Not- 41* Kärnten. turften ohne unser Burger zu St. Veit daselbs in Kerndten und menigliches Irrung und Hindernus.“ Die Althofener besassen ältere Vorrechte in Bezug auf den Eisen- handel, welche ihnen von den Salzburger Bischöfen verliehen waren; die St. Veiter aber wurden von den österreichischen Fürsten unter- stützt. Durch Jahrhunderte hatten die Altenhofener die Eisenniederlage des Hüttenberger Erzlagers, bis der ungarische Krieg eine Unter- brechung verursachte, indem die Althofener Eisenniederlage fünf Jahre hindurch aufgehoben wurde. Es geschah dies im Interesse und nicht ohne Mitwirkung Kaiser Friedrichs III. Erzbischof Friedrich V. von Schaumburg erhielt zwar für das Stift Salzburg das Bergwerk am Hüttenberg zurück, aber die Fehde der beiden Eisenniederlagsstädte St. Veit und Althofen kam deshalb nicht zur Ruhe. Nach Wiederaufrichtung ihrer Eisenniederlage be- mühten sich die Althofener, den Alleinverkauf vom Eisen an sich zu bringen Siehe Münichsdorfer , a. a. O., S. 44. und die St. Veiter gänzlich aus der Eisenwurze zu ver- drängen, gestützt auf das historische Recht, laut welchem „das Berg- werk Hüttenberg, Mosinz und Lölling mit aller Obrigkeit, den Werch- gaden (Hüttengebäuden), Hämmern, Plahäusern und die Wasserflüsse, an welchen die Plahäuser und Hämmer stehen, Eigentum der salzbur- gischen Erzbischöfe seien, die alle Regalien eingehoben haben“. Doch die St. Veiter kümmerten sich wenig um das historische Recht und brachten durch Anbietung von sehr geringen Eisenpreisen an die Althofener Händler, sowie durch heimliche Darlehen an die Radmeister auf jenes Eisen, welches bereits durch Vorschüsse den Althofener Händ- lern verlehnt war, grosse Irrungen, sogar Stockungen in den Eisen- handel. Durch Anbietung eines höheren Eisenpreises am Stock für Lieferungen von Eisen nach St. Veit mit Umgehung der Althofener Niederlage und Maut suchten sie die Althofener ganz aus den Bergen zu verdrängen, ja es kam sogar zu Thätlichkeiten, indem Althofener und St. Veiter sich gegenseitig Pferde und Wagen auf offenen Strassen konfiszierten. Veit Gotthard und Gleissmüller waren zwei Eisen- händler in St. Veit, die hierbei eine hervorragende Rolle spielten. Die Radmeister selbst richteten aber ebenfalls viel Irrung zu ihrem eigenen Nachteile unter den Eisenhändlern an. Leichtfertige Radmeister hatten auf ihr Eisen von St. Veiter und Althofener Händ- Kärnten. lern, sogar auf ein und dasselbe Eisen von vielen Händlern Geld und Pfennwert entliehen, was sie ausser Stand setzte, ihren Verpflich- tungen nachzukommen und die traurige Folge des gänzlichen Ver- lustes ihrer Häuser, Huben, Höfe und Bergwerksgüter zur Folge hatte, den Händlern selbst empfindliche Verluste und namenloses Elend an die Eisenwurze brachte Urkunden aus dem Markt-Archive zu Althofen. . Trotz wiederholter feierlicher Erneuerung der Privilegien des Erzstiftes Salzburg, wonach nur die Althofener die Berge mit Eisen- verlag versehen sollten, so noch 1494 und 1496 an die Erzbischöfe Friedrich V. von Schaumburg und Bernhard von Keutschach, beein- trächtigten die St. Veiter die von Altenhofen immer mehr, gestatteten ihnen nicht den Verkauf des Eisens an die Gäste auf den St. Veiter Jahrmärkten, verweigerten die Durchfuhr des Eisens durch ihre Stadt, wollten ihnen kein Eisen, ausser um einen billigeren Preis, als es ihnen selbst mit Hinzurechnung von Maut und Weggebühr zu stehen kam, abkaufen, verboten fremden Leuten den Einkauf in Althofen, wodurch der Althofener Eisenhandel gesperrt, die Händler dem Ver- derben nahe waren. In dieser Bedrängnis errichteten die Althofener eine „Kommune“, d. h. eine Eisenhandelsgesellschaft mit gemeinschaftlichem Einkauf und Verkauf. Alsbald riefen auch die St. Veiter eine gleiche ins Leben. Für diese Kommunen ergingen landesfürstliche Befehle, laut wel- chen die Althofener alljährlich eine Zahl rauhen und geschlagenen Eisens frei ohne Irrung der St. Veiter verhandeln und verführen durften, alles übrige Eisen nur den St. Veitern verhandelt werden sollte. — Auch dieser Anorduung fügten sich die St. Veiter keines- wegs und handelten wieder nach Belieben. Im Jahre 1500 schaffte Kaiser Maximilian sowohl die Althofener als die St. Veiter als überhaupt alle Kommunen des Landes ab und befahl im Lande wie von alters her zu handeln. Die Althofener Kom- mune hatte aber, als sie am 1. Nobr. 1500 aufgelöst wurde, noch 2000 Gulden an die Hüttenberger Radgewerke zu fordern, da aber ein strenger Winter war und die Hütten und Hämmer still standen, konnten die Radmeister nicht zahlen. Um zu ihrem Gelde zu ge- langen, bemühten sich die Althofener, Jahresabschlüsse zu machen, was den Radmeistern „wegen teuren Pfennwerten“ Veranlassung gab, eine allgemeine Preissteigerung eintreten zu lassen. Das benutzten die Kärnten. St. Veiter wieder und verweigerten neuerdings den Einkauf von den Althofenern, welche drei Meiler geschlagenes Eisen nach St. Veit führen liessen und drei Bürger mitsandten. Die St. Veiter boten ihnen pro Meiler 8 Pfund Pfennige (= 8 Gulden oder 16 Mk.), ein Preis, um welchen es die Althofener in den Bergen angekauft hatten; nun lag aber schon Maut, Abwaggeld, Fuhrlohn und Zehrung darauf. Ver- höhnt und verspottet zogen die Althofener Gesandten mit ihren drei Meiler Eisen, die man in keinem Hause in St. Veit ablegen liess, von dem man aber wohl die Maut und den Aufschlag abverlangte, nach Feld- kirchen, wo sie endlich ihr Eisen anbrachten. Die über diesen Vorgang empörten Althofener klagten bei dem Erzbischof; die St. Veiter führten Gegenklage bei dem Landesfürsten. Diese Klagen und Gegenklagen dauerten von 1501 bis 1505, ohne dass den Althofenern daraus ein Nutzen erwachsen konnte, weil die St. Veiter in der Lage waren, die Eisenpreise zu bestimmen, indem sie sich die Radgewerke durch Vor- schüsse geneigt gemacht hatten. Das Nähere über diese für die damaligen Handels- und Gewerbs- verhältnisse so charakteristische Eisenfehde findet man im Markt- archive zu Althofen und hieraus ein Auszug in Münichsdorfers Ge- schichte des Hüttenberger Erzberges Münichsdorfer , a. a. O., S. 46 und Anhang VII bis XI. . Die St. Veiter gingen als Sieger aus dem Kampfe hervor, nicht weil sie Recht hatten, sondern weil die Macht des Landesfürsten, der ihre Partei nahm, grösser war, als die der Salzburger Bischöfe. Nach vielen Klagen, Untersuchungen und Urteilen des Kammergerichts in Wien und Wiener-Neustadt erfolgte endlich im Jahre 1511 ein Haupturteil, nach welchem den Althofenern die Eisendurchfuhr in St. Veit verboten, die Freiheit der St. Veiter geschützt und ihnen ohne Irrung der Althofener der freie Eisenhandel in den Bergen von Lölling und Mosinz gestattet wurde. — Auch der Erzbischof von Salzburg musste sich fügen und tröstete 1512 die ver- zweifelten Althofener damit, dass ihnen ja der Eisenhandel nicht gesperrt sei, dass sie aber auch die St. Veiter nicht im freien Handel hindern sollten und dürften. Seit dieser Zeit war für die Althofener das alleinige Einkaufsrecht von den Bergen verloren, es musste aber noch wie früher, um das salzburgische Gefälle nicht zu schädigen, alles, selbst das von den St. Veitern in den Bergen erkaufte Eisen, nach Althofen zur Abwage gebracht und Wag- und Mautgebühr entrichtet werden. Wegen der Richtigkeit des Gewichtes gab es auch viele Streitig- Kärnten. keiten. Im Jahre 1508 wurde durch eine Kommission folgende Bestimmung getroffen: „Die Perger und Althofener haben den St. Veitern und allen, welche Eisen kaufen, 100 Pfund Wiener Gewicht vom geschlagenen und 110 Pfund Wiener Gewicht vom Rauheisen als einen Centner anzurechnen und zu geben. Bei rauhem Eisen soll die Zunge der Wage vor den Globen sein, beim geschlagenen wie von alters her. Es sollen auch zwei Stück Rauheisen von 5 Centnern genau abge- wogen, auch dieses Gewicht zimentiert und das Gewicht darauf ge- schlagen werden. Ein solches Stück hat in Althofen, eines in St. Veit zu bleiben und bei Streithändeln in Wag und Gewicht haben diese zimentierten Gewichte zur Richtschnur zu dienen Slehe Münichsdorfer , a. a. O., Anhang, Urkunde, Nr. VI. .“ Die Hüttenberger „Eisenwurze“ erfreute sich von jeher der be- sondern Gunst der Landesherren. Schon in ältester Zeit unterschied man in Kärnten die Haupteisenwurzen-Gewerken, d. h. die Hütten- berger von den Waldeisengewerken, und standen den ersteren mancherlei Vorrechte zu. Die Waldeisengewerke (Rennwerke) waren eigentlich nur geduldet, durften kein Rauheisen verkaufen, sondern alles auf eigenen Hämmern verschmieden und die Haupteisengewerke nie im Kohlenbezug hindern. Die Bergknappen nahmen am Hüttenberg eben- falls eine merkwürdige Ausnahmestellung ein, denn sie waren bis Anfang des 16. Jahrhunderts Herren des Erzberges und Eigentümer der Gruben und liessen sich von den Gewerken nichts vorschreiben. Kaiser Maximilian bestätigte 1494 die althergebrachten Gewohn- heiten und Gebräuche der Berggesellen von Hüttenberg und verlieh ihnen dadurch Rechtskraft. „Alle Quartember konnten die Knappen eine Bruderschaft abhalten. Die Knappen verpflichteten sich, drei Tage auf ihre Rechnung vom Berg gegen Feinde in oder ausser Landes zu ziehen, aber nicht länger; wollte sie der Regent länger haben, so soll er sie wie die andern Dienstleute in Sold geben, sonst sind sie aber niemandem verpflichtet. Verhandelt ein Berggesell über Sachen, so hat er dem Bergrichter zu Hüttenberg 72 Pfennige zu geben. Was aus den alten und neuen Gruben Erz gewonnen wird, soll nach alten Freiheiten, Rechten und Herkommen mit der Wag, so zum Berg gehört, gehalten werden. Jeder Bergrichter soll bei dem Eisenerz und am Berg bleiben und am dritten Tag, nachdem er eine Bergversammlung berufen, das Bergrecht halten. So sollen auch alle Funde vom Bergrichter empfangen, alle Freiheiten, Kärnten. welche die Berggesellen jetzt haben, beschützt und jene, welche gegen den einen oder den andern dieser Artikel sich vergehen, bestraft werden Münichsdorfer , a. a. O., im Anhange sub Nr. VIII. “. Besondere Vorrechte der Knappen zu dieser Zeit waren ausserdem noch: dass sie ihr Vieh unentgeltlich in die Weiden der Bauern auf „Blumbesuch“ treiben konnten, dass der angesessene Bauer ihnen ein Stück Land zu einer Flachsansaat unentgeltlich zu geben hatte, dass sie das Ast- und Klaubholz in den ungezäunten Wäldern suchen und nach Hause tragen konnten, dass von keinem fremden Orte ein Knappe aufgenommen werden durfte, dass sie auf den Halden im sogenannten „Bergzirkel“ kleine Gärten anlegen konnten, dass an den Wochen- märkten in Hüttenberg kein Vorkäufer einkaufen durfte, bevor die Knappen vom Berge kamen und dass die nächstliegenden Bauern ver- pflichtet waren, die Knappen in Wohnung zu nehmen. Die Knappen bildeten eine Bruderschaft und hatten eine gemein- same Bruderlade, in welche ein jeder seinen Brudergroschen zu ent- richten hatte. Die Stuckhütten und Deutschhämmer waren damals noch im ausschliesslichen Besitz der Bauern auf den Bergen Münichsdorfer , a. a. O., S. 53 u. 54 führt eine Anzahl derselben mit Namen auf. . Diesen Ver- hältnissen entsprechend war sowohl der Bergbau am Erzberg, als der Hüttenbetrieb ein planloser, geleitet durch alte Gewohnheiten, die sich von Geschlecht zu Geschlecht forterbten, ohne System und Gesetz. Die Knappen waren gewissermassen die Herren des Erzberges, sie schürften auf eigene Rechnung nach Erzen, liessen sich den Fund belehnen und bauten auf eigene Rechnung, trugen alle Kosten des Baues und verkauften die Erze und neueren Baue ihrem Rad- meister. Diese willkürliche Wirtschaft verbunden mit Unkenntnis und Unwissenheit einerseits, die argen Missbräuche, Ausschreitungen und Bedrückungen im Eisenhandel andrerseits führte zu unaufhör- lichen Streitigkeiten und brachte das berühmte Bergwerk von Hütten- berg dem Verfalle nahe. Um hierin Wandlung zu schaffen, schickte Kaiser Ferdinand 1535 kaiserliche und salzburgische Kommissäre zum Zweck einer gründlichen Untersuchung an den Erzberg. Die Knapp- schaft reichte schriftlich Beschwerde ein: „dass sie das Erz mit vieler Anstrengung aus der Tiefe tragen müsse; dass sie, wenn sie auf eigene Rechnung einen neuen Bau aufschlage, so lange sie nicht Erz habe, auf eigene Rechnung arbeiten müsse; dass die Teuerung so überhand Kärnten. nehme, dass sie ein Pfund Schmalz, welches früher 8 Pfennige gekostet, jetzt um 20, ein Pfund Käse früher um 3, jetzt um 7, ein Pfund Schweinefleisch früher um 8, jetzt um 16, ein Pfund Unschlitt für Licht in der Grube früher um 8, jetzt um 14 Pfen- nige, ein Fuder Holz zur Grubenverzimmerung früher um 4 bis 5 Kreuzer, jetzt um 6 bis 7 Kreuzer kaufen müsse, welche Teuerung zum Teil die Verkäufer herbeiführten. Überdies wollen die Rad- meister nun für gleichen Preis um ein Fuder Erz mehr haben, als zur Zeit, wo alles billiger und das Erz leichter zu gewinnen war. Weiter führen die Knappen Klage, dass der Bergrichter nur zu Althofen und nicht in Hüttenberg beim Berg sitzet, wodurch sie, wenn sie ihn heimsuchen, grössere Auslagen haben. Die Ansaat an Flachs, welche seit uralter Zeit die verheirateten Knappen bei den angesessenen Bauern machen durften, da sie die abgetragene Lein- wand zu Knotengarn in den Gruben brauchten, sei von der Landschaft verboten worden. Es mögen die Kommissäre diese Beschwerde unter- suchen und Abhilfe thun Münichsdorfer , a. a. O., S. 55. . Auf Grund der Untersuchung der Mängel und Gebrechen am Erzberge entwarfen die Kommissäre im Jahre 1535 eine Bergwerks- ordnung, doch kam dieselbe damals noch nicht zur Einführung. Erst 32 Jahre später, nachdem die Unordnung den höchsten Grad erreicht, wurde dieselbe im Jahre 1567 in 53 Artikeln publiziert. Folgendes sind einige der wichtigsten Grundsätze derselben: „Der Bergrichter wird vom Landesfürsten ein- und abgesetzt. Die Ausförderung der Erze geschah damals in Kärnten auf dem Rücken über sogenannte Tragfahrten. Je ausgedehnter die Tagebaue wurden, je unökonomischer wurde dies. Es wurde deshalb unter gewissen Umständen Stollenbau vorgeschrieben. Dennoch erhielt sich das Austragen in Körben bis Ende vorigen Jahrhunderts. — Jede Grube musste einen Hutmann haben. — Die Gruben, welche beliehen wurden, mussten bestimmte Grenzen und Grösse haben, nämlich 20 Klafter in Höhe und Tiefe, 20 Klafter nach rechts und links vom Anschlag- punkte gerechnet. Ein solches Lehen nannte man ein „Gebau“. Der Lehenswerber erhielt darüber einen Lehensbrief ausgestellt. Nach Belehnung eines Neuschürfes oder einer alt verlegenen Grube war die- selbe binnen drei Tagen mit Arbeit zu belegen, Joch und Stempel aufzustellen, sonst fiel sie ins Freie. Durch Bearbeitung einige Zeit hindurch erlangte sie dann eine dreimonatliche Fristung. Kärnten. Der Hutmann führte die Aufsicht über den richtigen Bau, über Einhaltung der achtstündigen Schicht und über gute Erzscheidung, damit nicht, wie häufig vorgekommen, das Rauheisen böss- und rotbrüchig ist, was vom „bösen Scheidwerk und unsaubern Arzt kommt“. Die Knappen gewannen das Erz auf ihre eigene Rechnung und gaben es dem Radmeister nach einem gestrichenen Mass oder „Berg- truhen“, welches der Bergrichter mit den landesfürstlichen und salz- burgischen Wappen versah und „zimentierte“. Die Erze gaben die Knappen den Radmeistern, doch mussten die Gedinge vor Bergrichter und Gewerken gemacht und mussten dieselben in das Gerichtsbuch eingetragen werden. — Die Zahlungsunfähigkeit eines Radmeisters — ungeachtet er in guter Arbeit stand und Eisen beim Plahaus in Vorrat hatte — hatte der Knappe mit Geduld zu tragen; wollte er aber nicht warten, so mochte er sein nach gesetzlicher Mass auf den Halden zusammengeschüttetes Erz, um das vor dem Gerichte gemachte Ge- dinge einem andern Gewerken der gleichen Grube, und wenn es der nicht nahm, einem Fremden verkaufen. Der Radmeister sollte auch einem fleissigen und ordentlichen Knappen Vorschüsse leisten.“ 1533 war bereits der Hüttenberger Erbstollen angelegt worden, zu dem jeder Gewerke, der durch den Erbstollen Hilfe erlangte, das neunte Fuder als Abgabe zu entrichten hatte. Auch die Rad- und Hammermeister hatten einen Zuschuss nach Massgabe ihrer Produktion zu leisten. Jeder von einem Radmeister angenommene Berg-, Plahaus- oder Hammerarbeiter, Köhler, Kohl- und Erzführer musste sich dem Berg- richter vorstellen und sich mit „Passport“ legitimieren; so erhielt auch jeder Austretende nach richtiger Abrechnung von dem Bergrichter den Passport. „Die Plahausleute, als Player, Gradler, Röstler, erhielten strenge Befehle, genug Kohl zu geben, damit das Eisen nicht rotbrüchig, sondern gut geplat werde; insbesondere war strengstens verpönt, an Wochentagen statt der Arbeit zum Wein zu gehen und die Nacht im Wirtshaus zu versitzen. Kein Hammermeister an den Deutschhämmern zu Hüttenberg, Mosinz, Lölling und im Ebersteiner Thale durfte aus dem hütten- bergischen Rauheisen unter acht Stangen von gebührlicher Länge in den Centen schmieden, ausser es wäre das Wasser sehr klein, da konnte er auch sechs schmieden.“ Kärnten. Die Handhabung der für den Eisenverkauf vom Landesfürsten aufgestellten Satzung oblag dem Bergrichter. Wenn ein Rad- oder Hammermeister von Mosinz, Hüttenberg, Lölling oder dem Ebersteiner Thale dem andern vor Jakobi seine gedingten Arbeiter, als Knappen, Plaher, Gradler, Kohlführer, Holz- knechte, aufredete, sollte er um 5 Pfund Pfennige und 15 Kreuzer gestraft werden. Ein Handschmied bekam auf einen ganzen Hammer nicht mehr als 12 Pfund, die zwei Plaher mitsammen 10 Pfund als Leihkauf, mit den Gradlern kam man nach Gefallen ab und war die Hälfte des Leihkaufs vor Weihnachten, die andere Hälfte vor Ende Juni des nächsten Jahres zu geben. Leihkauf und Geding eines jeden Hütten- arbeiters wurde beim Berggericht geschlossen und ins Gerichtsbuch eingetragen. Ein Hammerschmied erhielt pro Centner geschlagenen Eisens sechs Pfennig, der Gradler pro Centner Graglach vier Pfennige. Die Gewerken durften weder ihr rauhes noch geschlagenes Eisen über die Alpe führen, sondern sollten es auf den richtigen Strassen nach Althofen wie von alters her zur Abwage bringen. Jede zum Verkauf gebrachte Eisenware hatte mit dem Zeichen des Radmeisters vermerkt zu sein. Die Knappen hatten das Recht der Freien, ein Seitengewehr zu tragen, jede andere Waffe war ihnen verboten. Gegen den „Hochmut der Knappen“, Rauf- und Fechthändel, sowie „Rumora“ handeln die Artikel 34 bis 39 der Bergordnung ganz speciell. Alle Jahre trat an einem Sonntage zu Hüttenberg ein ordent- liches Berggericht zusammen, nachdem dasselbe 14 Tage vorher durch den Bergboten bekannt gemacht war. Am selben nahmen alle Arbeiter und Gewerken, Reiche und Arme teil und brachten ihre Klagen vor. Solange der Bergrichter zu Gericht sass, hielt er immer den Gerichts- stab in Händen. Hatte ein wegen Schulden Geklagter diese Schuld eingestanden, so sollte der Bergrichter die Bezahlung in 14 Tagen erwirken, widrigens er auf des Schuldners Güter griff und den Gläubiger zahlhaft machte. Liess ein Gläubiger einen Schuldner ein- sperren, so musste er ihm alle. Tage um einen Kreuzer Speise geben und der Gefangene hatte jede Woche 12 Kreuzer von der Schuld abzutragen. Nachdem bisher die Hüttenberger Knappen in einer Woche nicht mehr als drei Schichten arbeiteten, dann aber, um zu ordentlichem Lohn zu kommen, oft die Tragsäulen der Zechen einrissen und Ein- brüche herbeiführten, ward das Feiern nur noch an den Sonn- und Kärnten. Feiertagen, sowie an den Samstagen vor Weihnachten, Ostern und Pfingsten erlaubt, an den übrigen Samstagen wurde eine halbe Schicht gemacht. Bezüglich des Kohlenbezuges, der seither sehr unordentlich gehandhabt worden war und zu vielen Streitigkeiten Veranlassung gegeben hatte, wurde die „Kohlabstrickung“, d. h. dass einer dem andern die Kohlen durch Unterbieten wegnahm, verboten und ein allgemein gültiges Mass, das Hüttenberger Vässel (Fass), wovon zwei einen Samb (Schaff) ausmachen, bestimmt. Der Bergrichter hatte einen geschworenen Sack von einem Vässel Inhalt als Normalmass. Die Ordnung setzte weiterhin die Zusammensetzung des Berggerichts und die Taxen fest Münichsdorfer , a. a. O., S. 65. . Diese Taxen, namentlich die Schreibgebühren, waren im Verhältnis zu dem Tagschichtlohn zu jener Zeit, der sechs bis acht Kreuzer betrug, als recht hoch anzusehen. Nicht minder hoch waren die Strafen für alle möglichen Ausschreitungen, die uns einen Begriff geben von dem Bildungsgrade und Anmassung der Knappen. Wie überall, so hatte auch in Kärnten der Protestantismus bei dem Bergmannsstande rasch Eingang gefunden und Hüttenberg wie Althofen und St. Veit hatten ihre Pastoren. Als Erzherzog Karl die neue Lehre verbot und deren Bekenner mit Leibesstrafe bedrohte, wanderten viele Arbeiter und selbst Gewerken aus, wodurch grosse Arbeiternot an der Eisenwurze eintrat. Über das wichtigste technische Ereignis dieses Zeitabschnittes, die Erbauung des Urtler Hochofens kurz nach Publizierung der Berg- ordnung im Jahre 1567 und der Einführung des Flossofenbetriebes in Kärnten haben wir bereits früher berichtet. Die Besitzverhältnisse am Hüttenberger Erzberg änderten sich im Laufe des 16. Jahrhunderts in der Weise, dass die Anteile der Bauern nach und nach in die Hände spekulativer Eisenhändler von Althofen und St. Veit gelangten, indem dieselben Vorschüsse gegen Verpfändung der Anteile gewährten und diese dann in Besitz nahmen, wenn die Rückzahlung der Schuld nicht rechtzeitig geleistet wurde. Auf diese Weise verdrängten die reichen „Verleger“ nach und nach die Bauern- gewerke. War dieses Verfahren nicht immer reell und frei von Hinterlist, so hatte es für den Betrieb doch grossen Vorteil, indem von den neuen Besitzern mit den alten verrotteten Gewohnheiten gebrochen und technische Verbesserungen eingeführt wurden. So Krain. hatte beispielsweise gerade dieser Umschwung zur Einführung des Hochofenbetriebes an Stelle der alten Stücköfen geführt. Die Feineisenerzeugung, wie die Herstellung aller Sorten von Streckwaren, von Draht und Nägeln, sowie die Verfeinerung des Stahls scheint von italienischen Arbeitern von Brescia, Lecco und Bergamo, welche sich in den oberen Thälern von Oberkärnten an- siedelten, nach Kärnten verpflanzt worden zu sein, was aus den seit langer Zeit üblichen italienischen Bezeichnungen dieser Eisenwaren hervorgeht, so bei dem Streckeisen: Quadretti, Lamette, Righette, Ottangoli, Bisquadri, Piattina, Mojettina; bei den Drähten und Zainen: Verzella, Strafettina, Strafetta, Bordion, Cortina, Fenestrina, Portus, Ardea, Vella, Cortellini, Pessetti, Sortiti u. s. w.; bei den Nägeln: Pianetti, Tratti, Grossi, Canali, Gondolini; bei den Stahlsorten: Accialon, Accialon sottile, Romano, Mezano, da Segha, da Molina, sowie der Brescianer und Triestiner Kistenstahl. Zum Beweise dessen dient auch das Kanalthal, der Ponteba am nächsten, welches von Nagelschmieden den Namen führt, welche eine Sorte Nägel, Canali genannt, erzeugten. Über die Gründung des Urtler Flossofens zwischen den Jahren 1567 und 1580 haben wir im allgemeinen Teil berichtet. Wir wollen hier nur noch nachtragen, dass nach Münichsdorfer die ersten Flossöfen in Kärnten 15 Fuss Höhe, eine quadratische Gicht von 18 Zoll Seiten, einen Kohlensack von 3 Fuss im Quadrat und ein Gestell von 20 auf 21 Zoll hatten. Über der Gicht befand sich eine Esse von 15 bis 18 Fuss zur Vergrösserung des Zuges, der durch eine Form von 1¼ Zoll Höhe und 1½ Zoll Weite, die 12 Zoll über dem Boden lag, hervorgebracht wurde. Die Tagesproduktion eines solchen Ofens betrug 30 bis 35 Centner. Krain . Krain war das dritte der österreichischen Alpenländer, welches wegen seines vorzüglichen Eisens von alters her berühmt war. Die Eisengewinnung daselbst geht gleichfalls bis in das graue Altertum zurück. Dass die Römer dieselbe bereits betrieben, wurde im ersten Bande (S. 507) nachgewiesen. Besonders waren Stahl und Nägel von Krain berühmt, die meistens nach Italien Absatz fanden. Im Mittel- alter beherrschte Venedig diesen Handel. Krain. Oberkrain erzeugt „eine gewaltig grosse Quantität Erzes vom besten Eisen und allervortrefflichsten Stahl, so weit und breit durch die Welt verführt wird“ ( Valvassor ). In der Wochein wurde seit den Zeiten der Römer Eisen ge- wonnen. Die alten Werke lagen mehr in dem oberen Teile des Thales, nahe dem Hochgebirge, während sich später die Eisenhütten mehr in das untere Thal zogen. Der Bergbau wurde in der alten mühseligen Weise fortbetrieben Vergl. Oryctographia Carniolica 1778. . Viele kleine Schächte, selten über 1½ Schuh (!) im Viereck wurden auf den Erzklüften abgetäuft. Von diesen aus wurde das Erz nur mit Spitzhammer und Keilhaue ohne Pulver gewonnen und mit dem Haspel zu Tage gefördert, wo es in kleinen Teichen verwaschen wurde. Stollen und Strecken waren un- bekannt. Nur mit Mühe konnte man soviel Erz gewinnen, als für das Jahr nötig war. Die Erze wurden dann im Winter in bedeckten Trögen auf Schlitten in die Schmelzhütten gebracht. Die Bohnerze wurden gewaschen, in Röststadeln geröstet und das grösste Erz mit Handfäustel zerklopft. Sodann wurde dieses in Wolfsöfen , die wir bereits S. 166 beschrieben haben, verschmolzen. Es wurde auf „Wölfe“ gearbeitet, welche je nach dem Ausfall der Schmelzung zu Stahl oder zu Draht, Nägeln und „Gartereisen“ verarbeitet wurden. Das älteste Werk in der Wochein hiess der Althammer. Er lag, nach Val- vassors Beschreibung Valvassor , die Ehre des Herzogtums Krain, Laibach 1689, S. 395. , „in einer Schlutten zwischen hohem Schnee- gebirge nahe am Wocheiner See und wurde auf krainerisch Staro- kladno geheissen, welches auf deutsch ebenso viel heisst als Alter Hammer“. — „Etwas besser hinab hat es ein anderes Hammerwerk, da man unterschiedliches Eisenwerk schmiedet und ausarbeitet. In- sonderheit seynd daselbst viel Draht-Zieher beschäftigt, sowohl einen ganz dicken als auch den subtilsten Draht und gleichfalls solchen, welcher den Instrumenten, Zithern und Harpfen bequem ist ziehen. Für mittelmässigen Drahtzug braucht man allhie eine schöne und curieuse Manier. Es muss sich ein Mensch auf einen hangenden Stuhl setzen, daran man ihn fest verbindet und anspannt, alsdann draussen das Wasser aufs Rad gehen lässt. Worauf das Wasser diesen Menschen geschwind und augenblicklich weit vor und wiederum weit rückwärts oder hinter sich treibt. Er, der indess eine eiserne Zange in Händen hält, muss, so oft er vor sich gerafft wird, den Draht er- greifen, indem er aber wieder hinter sich gerissen wird, den Draht Krain. herausziehen und also immerzu fortfahren. Sollte er aber fehlen oder säumen, und den Draht mit den Zangen nicht ergreifen, so würde ihm die Bewegung einen solchen Stoss geben, dass ihm Lunge und Leber samt dem Herzen davon krachen und zerstückt oder zer- quetscht werden möchten. — Ist gar kurios sonderlich den Fremden zu schauen.“ Es war also hier dieselbe Art des Drahtzuges in Ge- brauch, welche Biringuccio beschrieben hat (Bd. I, S. 889). Die Eisenwerke in der Wochein gehörten früher den Tazoli’s und ge- langten von diesen in Besitz der Familie Locatelli . Ausserdem waren in jener Zeit Eisenhütten bei Sava, Bleyofen, Jauerburg, Aisnern, Kropp und Steinbüchel. Der Bergbau zu Aisnern oder Eisnern (slavonisch Selnelniko, Vseleisenka) war gleichfalls uralt und reichte in die Zeit der Römer- herrschaft zurück. Valvassor sagt: „Der Eisenberg (sonst auch Naseleiso genannt) steht gleichfalls in der hohen Schneegesellschaft hoch erhaben zwischen Kropp und Eisnern noch oberhalb Jamnig. Auf diesem Berge findet sich das berühmteste und zugleich älteste Eisenbergwerk. Es gehörte der Landesherrschaft; im Mittelalter aber hatten die Geschlechter der Plauzen, Peren, Pettrazzi und Amotta daran Teil Siehe Mosch , a. a. O., Bd. I, S. 133. . Es blühte besonders im 14. Jahrhundert. Nägel und Waffen waren die Hauptartikel, welche meist nach Italien gingen.“ Die Erze wurden auch hier in Stucköfen geschmolzen und Val- vassor berichtet: „Hieselbst macht man gleichfalls aus Eisenerz den sogenannten Wolff, das ist, man schmelzt aus dem Erz einen gross- mächtigen Klumpen, der viel Centner schwer ist und der Wolff ge- heissen wird. Wenn das Erzt gut und auch einem guten Meister unter die Hand kommt, so wird dem Wolff ein Gewicht von 18 bis 25 Centnern gegeben. Es ist eine Lust, zuzuschauen, wie man eine so gewaltig schwere, ganz glühende Last aus dem Feuer unter den Hammer legt und bearbeitet, gleich den Cyklopen. … Aus diesem groben und schweren Erztklumpen wird das Eisen ausgeschmiedet und also das Werk allhie auf die Wölff gearbeitet.“ Nach Ausweis des Herrschaft-Lochkerschen Salbuches war dieses Werk schon 1379 in Flor. Es erhielt Privilegien vom Stifte Freising, Sonntag, St. Ge- orgii 1423, am 28. Mai 1554 und auch später 1568 und 1621. Von hohem Alter waren ferner die Eisenwerke in und um Sawa. Diese Werke gehörten vordem Gewerken und kamen dann in Besitz der Grafen Bucellini. Valvassor (393) sagt: „Vor Alters seyend Krain. oberhalb Sava und Pleyofen, ob Asling in den Alben die Gewerke gewesen, von welchen zu Vierteil- oder halben Öfen bestritten wor- den: massen sie ennoch einen Freiheitsbrief oder Privilegium von Herrn Friedrichen , weiland Grafen von Ortenburg verweisen können, so anno 1381 am Tag St. Bartholomaei gedatiert.“ Seitdem aber die Bucellini die Werke zu Sawa und Jaurenburg in Betrieb ge- setzet, gingen die Werke „in den Alben“ ein, ausgenommen der alte Schmelzofen auf dem Gebirge daselbst Rosseck (Roscheza), der noch von dem Grafen Bucellini von Sawa aus fortbetrieben wurde, „ge- staltsam sich daselbst an den Alben lauter Bergleute, als Knappen, Holzarbeiter, Köhler, Kohlen- und Erzfuhrleute befinden.“ Sawa war besonders berühmt durch seinen guten Stahl, der dort in grosser Menge bereitet wurde, so dass er von da in nahe und ferne Länder verführt wurde, „massen er nicht allein häufig nach Italien, sondern auch von dannen weitergeht“. Durch ein grosses Schöpfrad wurde fortwährend Wasser in die Höhe gehoben und in einen „Garten“ (Sammelteich) geleitet, so dass das Hammerwerk immer Wasser hatte und fortgetrieben werden konnte. Pleyofen (krainisch Plausch), wo sich ebenfalls Eisenhütten be- fanden, hat seinen Namen von Plahofen. Die Eisenwerke zu Jauren- burg gehörten der freiherrlichen Familie dieses Namens. Von ihnen schreibt Valvassor (S. 388): „An diesem Orte lässt der Vulkan sein Meisterstück in der Stahlarbeit sehen, denn der allerbeste Stahl, so nirgendswo mag anzutreffen sein, wird hierselbst bereitet; wes- wegen nicht allein Italien, sondern auch andere fernere Länder den- selben verlangen; wie denn auch dessen gar viel nach Welschland und von dort weiter reiset. Hingegen arbeitet man allhie in Eisen gar nicht, es möchte denn jemanden zu sonderbarem Gefallen ge- schehen. Wann aber je bisweilen dasselbe gearbeitet wird, so ist es ohngezweifelt das beste. — Eben dieses Orts wird gleichfalls der Krabatische Stahl gemeistert, der so gern Türkenblut saufft und seinen Feinden erschrecklich vor den Nasen blinkt: denn solchen durchdringenden scharffen Stahl hat er den perfekten Stahlmeistern zu Jaurenburg zu danken.“ Ferner waren in Oberkrain die Eisen- werke zu Kropp (Kropa) und zu Steinbühel (Stainbichl-Komnagoriga) an der Leibnitz nicht weit von Radmannsdorf. „Man arbeitet auch an diesem Orte das Werk auf die Wölffe, und schmiedet allerlei Nägel, Garter-Eisen und dergleichen Dinge mehr, und hat dieser Ort das Lob erworben, dass man allda die besten Nägel arbeite.“ König Ferdinand I. erliess am 3. Jan. 1550 für die Herrschaft Radmannsdorf Tirol. speziell für die drei Werke zu Kropp, Steinbüchel und Kolnitz eine Bergordnung. Auf Ansuchen der übrigen Werke erliess er dann später am 23. Febr. 1575 eine allgemeine, aus 36 Artikeln bestehende Bergordnung für die Eisenbergwerke Siehe Valvassor , a. a. O., Bd. I, S. 383. von ganz Krain, und setzte einen Oberbergrichter ein. Tirol . An der grossen Blüte des Metallbergbaus und der Metall- gewinnung in Tirol seit Anfang des 15. Jahrhunderts nahm auch der Eisenbergbau teil. War auch Tirol bei weitem nicht so reich an Eisenschätzen wie die Nachbarländer Steiermark und Kärnten, so fand sich doch Eisen an vielen Orten und wurde schon in alter Zeit gewonnen. Dem früher Mitgeteilten (Bd. I, S. 628, 732) fügen wir noch Einiges hinzu. Die alten Eisenhütten bei Persen sollen bis in die Longobardenzeit reichen. Zu Melles (Molles) in der Pfarre Colass auf dem Wattenser Berge war eine Eisenhütte, die ein gewisser Gott- schalk schon im Jahre 1315 zu Lehen hatte Siehe J. v. Sperges , Tirolische Bergwerksgeschichte 1765. . Ebenso befand sich auf dem Sulz bei Volsana, wo guter Eisenstein vorkommt, eine alte Hütte. Das Dorf alle Fucine am Fusse des Tonalgebirges hat seinen Namen von einer Eisenhütte. Im 15. Jahrhundert begann der Glanz des Tiroler Bergbaues, durch den Tirol für längere Zeit eines der reichsten Länder der Welt wurde. Dies geschah, als 1409 in Schwatz der Silbergang am Frankenberge erschürft wurde. Die grosse Ausbeute fing aber erst 1446 an. 1483 lieferten die Bergwerke bereits 48097 Mark 3 Lot Brand- silber. 1499 wurden viele Bergknappen von Maximilian im Kriege gegen Italien gebraucht. 1519 verpfändete der Kaiser in seiner Geldnot die Schwatzer Bergwerke an die Fugger in Augsburg. 1523 lieferten 36 Gruben mit 30000 Knappen 55855 Mark Brandsilber und an 20000 Centner Kupfer. Noch grössere Ausbeute erzielten die Fugger, welche 1527 vom Frankenberge allein 79000 Mark Silber Ausbeute machten. 1556 waren 144 Gruben mit 30000 Knappen belegt. Auch die Gruben im Montafun gehörten den Fugger. Durch den aus- Beck , Geschichte des Eisens. 42 Tirol. gedehnten Bergbau kamen auch die Eisenwerke zu grosser Blüte. Im Lechthal waren im Jahre 1472 solche im Gange. Predazzo hatte so wichtige Eisenbergwerke, dass 1490 über 1000 Knappen hier gewesen sein sollen. Im 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war zu Fulpmes ein fürstlicher Eisenhammer und ein Bergamt. Alt und bedeutend waren die Gruben und Eisen- werke in Pillersee an der Grenze des Pinzgau. Am Pillersee, wo die besten Eisenbergwerke sehr hoch im Gebirge liegen, geschah die Förderung in grossen Säcken von Schweinshaut. Der Knecht fuhr auf dem Sack die steile Bergwand herunter, mit einem langen Stocke, den er rückwärts unter dem Arme hielt und der ihm als Steuerruder wie als Bremse diente. Abgerichtete Hunde trugen die leeren Säcke wieder hinauf. Diese Förderung, welche auch bei andern Bergwerken im Hochgebirge in Anwendung war, beschreibt schon Agricola in de re metallica. Ferner waren Eisenbergwerke zum Heiligen Kreuz bei Schwatz und zu Puch am Ringenwechsel; zu Kleinboden im Zillerthal, in Aren und in Persen; zu Orsana auf dem Sulz, im Thale Primör. Dem Hochstift Brixen gehörte das Eisenbergwerk zu Valparola in der Herrschaft Andraz oder Puchenstein; dieses hatte sein Hüttenwerk zu Capril, welches schon im venetianischen Gebiete lag. Die Gruben im Montafun gehörten zum Berggerichte Ümbst und die Eisengruben bei Fügen zu St. Pancratz im Zillerthal in die salzburgische Probstei Zell. Zu Aren wurde Magneteisenstein gewonnen. Die Verhüttung der Erze geschah wie in Steiermark in Stück- öfen. Zu Pillersee wurde Draht gemacht. An der Grenze gegen Italien, wo es viele Eisenhämmer und Hütten gab, wendete man früh eine Art Wassertrommelgebläse an. Der Wind wurde durch einen Wasserfall in einem geschlossenen Raum in die Höhe gedrückt und durch ein hölzernes Rohr dem Feuer zugeleitet. Sterzingen hatte Klingen- und Messerschmiede, Trient war berühmt durch eine be- sondere Art feiner Taschenmesser. Mila oder Mühlach bei Innsbruck war in grossem Rufe wegen seiner Harnischschmiede Die von Sebast. Münster , Cosmographia L, IV und von Pet. Bertius , Rer. Germ. L, III gerühmt worden. . Hier war die berühmte Plattnerei, welche Kaiser Maximilian bei Innsbruck an- gelegt hatte (siehe oben S. 350), deren Harnische nach allen Ländern Europas gingen. Auch in Tirol ergriffen die Bergleute und die Gewerken die Reformation mit Begeisterung, doch wurde dieselbe von den öster- Österreich. reichischen Landesfürsten mit Gewalt unterdrückt. Viele wanderten infolgedessen aus, so auch die angesehensten Bergherren im Pinzgau, die Herren von Rosenberg, und im Obergau die Herren von Reitau. Beide Geschlechter wurden wegen ihrer Religion verfolgt, verliessen das Land und ihre Burgen verfielen. Österreich . In den österreichischen Stammlanden, ob und unter der Enns, war die Eisengewinnung nicht bedeutend, wohl aber die Eisen- verarbeitung. Die österreichische Eisenindustrie stand in der engsten Beziehung zu der steierischen und ist mit dieser als ein gemeinschaft- liches Ganzes anzusehen. Namentlich war die Stadt Steyr der privi- legierte Handelsplatz für das steierische Eisen, und so haben wir es auch, obgleich in Oberösterreich gelegen, immer als einen steierischen Eisenhandelsplatz behandelt. Steyr vermittelte hauptsächlich den Eisenhandel nach dem Norden und war deshalb mit grossen und ausserordentlichen Privilegien ausgestattet. Diese gehen zurück bis in die Zeit der steiermärkischen Ottokare und wurden zusammen- gefasst in dem Privilegium Albrechts I. für die Stadt Steyr vom Jahre 1287. Diese Urkunde befindet sich noch in dem städtischen Archiv daselbst. Die Privilegien wurden erneuert und erweitert von Rudolf IV. 1358 und Herzog Albrecht 1370. Nach Verfügung des Letzteren durfte Eisen weder aus Böhmen und Bayern noch sonst woher, sondern bloss aus Eisenerz bezogen werden, und dass „nach altem Herkommen dieses Eisen, um in den Handel zu kommen, nirgends anders hingeführt werden dürfe als in die Mautstädte Steyr und Enns“. Den Bürgern zu Waidhofen an der Ybbs wird ein- geschärft, selbst aus Eisenerz nicht mehr Eisen einzuführen, als sie in ihrer Stadt selbst gebrauchten. Die Bürger von Weyer mussten laut Befehl des Herzogs Albrecht von 1384 ihr Eisen, das sie gegen Steyr herausbringen, in der Stadt niederlegen und den Bürgern der- selben nach dem Werte verkaufen, welchen zwei ehrbare Rats- mitglieder von Steyr bestimmen würden, hierauf durften erst andere Käufer zugelassen werden. Der Eisenhandel in Steyr wurde von Gewerken getrieben, die in solchem Ansehen standen, dass der Kaiser persönlich 1482 für einen 42* Österreich. seiner Bediensteten bei dem Rate zu Steyr um die Gewerken- tochter Elisabeth Kappenfuss warb. Auch Geldanlehen machte der Kaiser bei den Gewerken der Stadt. Der Handel belebte die Industrie und die Zünfte der Eisen- arbeiter standen in hoher Blüte. Besonders florierte die Fabri- kation blanker Waffen, und die Messererzunft oder die „Messerer- zeche“, wie sie genannt wurde, war reich und angesehen. Sie war durch kaiserliche Privilegien geschützt. 1464 verbot Kaiser Friedrich, dass Fremde in Steyr Messer verkaufen durften, und Rudolf II. er- teilte ein besonderes Privileg 1583. Die Messererzeche war reich be- gütert, und in dem Stadtarchiv befinden sich noch verschiedene Ver- kaufsbriefe über Güter an die Messererzeche. Ebenso ist dort noch das Meisterbuch der Messerer von Steyr von 1570, und ein Vergleich zwischen den fünf redlichen Messererwerkstätten Steier, Waidhofen a. d. Ybbs, Wels, Enns und Steinbach a. d. Steier von 1584. Klingen- schmiede sassen ausser in Steyr besonders in der Raming und in Dambach. Im Stadtarchiv finden sich zwei weitere Urkunden, erstens ein Vergleich zwischen dem Eisenobmann Jacob Strutz und den „Klingschmieden“ in Dambach über Eisenbezug von 1588 und ein Freiheitsbrief von Freiherrn Hofmann von Grünbüchel , Burggraf von Steyr, für die Klingschmiede in der Raming und in Dambach von 1595, sowie endlich die Klingschmiedordnung von 1559. Es gab eine ganze Anzahl Zünfte der Eisenarbeiter zu Steyr: die Hammer- schmiede, Grobschmiede, Zeug- und Zirkelschmiede, Hufschmiede, Klingschmiede, Messerer, Schleifer, Rohrschmiede, Ahlschmiede, Zweck- schmiede, Nagelschmiede, Bohrerschmiede, Drahtzieher und Feilen- hauer. Ausser Messern und Klingen wurden Pieken, Helmbarten, Partisanen, Cousen, Arkebusen, Büchsen und Gewehre aller Art in Steyr angefertigt und ist diese Stadt noch heute einer der ersten Waffen- schmiedeplätze der Welt. Wegen der Mannigfaltigkeit seiner Metall- waren nannte man es Ende des vorigen Jahrhunderts das deutsche Birmingham. In Kleineisenwaren liefert es zahllose Artikel, wie denn in dem Erzherzogtum Österreich hauptsächlich die Kleineisenindustrie zu Hause ist. In der Nachbarschaft nehmen daran teil: Steinbach. Sierninghofen, Grünburg, Kleinraming und Trattenbach für Messer und Klingen, Neuzeug für Ahlen und Bohrer, Dambach, Lausa bei Losenstein, Garsten und Lahrndorf für Nägel, Königswiesen für Sägen, Molln für Maultrommeln, Mundelfing für geschmiedete Pfannen, Linz für Feilen und Raspeln, Steierling, Molln, Piessling, Leonstein, Spital am Pyhrn und Mondsee für Sensen, Grossraming für Sicheln und Böhmen. Hacken. An vielen dieser Plätze geht die Kleineisenwarenindustrie bis in das Mittelalter zurück. So wurde die Sensenschmiede zu Mondsee vor über 300 Jahren von den dortigen Mönchen gegründet. Die vorzüglichen Nägel sind aus steierischem Eisen grösstenteils noch mit der Hand geschmiedet. Sehr alt ist der Eisensteinbergbau und die Eisenbereitung in der Gegend von Reichenau und am alten Cerwalde. Im Jahre 1205 be- reits wurde ein Teil des Ertrages von Eisengruben daselbst vom Herzog von Österreich einem Kloster geschenkt. Die noch weit ältere Eisengewinnung am Gammeringberg im Oberennsthal haben wir schon früher erwähnt (Bd. I, S. 731). An noch verschiedenen andern Plätzen im Salzburgischen fand Eisengewinnung statt. So wird um 1500 ein Grubenbesitzer Hans Geisbrucker von Lauffen genannt. Dort werden noch verschiedene Distrikte „im Eisenerz“ genannt. Der Eisensteinbergbau am Mollenberg wurde im 16. Jahrhundert auf Be- fehl der Regierung aufgelassen. Böhmen . Des hohen Alters der böhmischen Eisenindustrie haben wir bereits früher Erwähnung gethan (Bd. I, S. 628, 732). Dieselbe blühte besonders im Berauner und im Pilsener Kreise. Die ältesten Eisen- steingruben und Schmelzwerke lagen bei Zdechowitz, Horzowitz, Kommerau und Swata. Komeravium wird bereits im Jahre 596 als eins der ältesten Eisenwerke von dem böhmischen Geschichtsschreiber Pubitschka erwähnt. Es wurde von den böhmischen Dynasten, welche die Waldeigentümer waren, betrieben. Zdechowitz Siehe Magnalia dei , Bd. II, S. 764. gab das schönste Eisen in Böhmen „und sind die Gruben allhier die aller- ersten gewesen, so man in Böhmen unter dem Herzog Croco ent- decket. — Anno 677 ging ein sehr alter Mann aus des böhmischen Regenten Croci Geschlecht, mit Namen Botak , hin, das Land zu be- sehen, nahm fünf Knechte, Brot und Bogen, der wilden Tiere wegen, mit sich. Da kamen sie auf ein hohes Gebürge, machten daselbst ein Feuer und ruheten, und als sie mit einer Haw das Land versucht, ob es auch fruchtbar sei, da fanden sie einen sehr zuträglichen Eisen- Böhmen. stein, kehrten derowegen zu ihrem Herrn, dem Croc , und brachten ihm neue Zeitung, samt dem Geschenk, dessen er sich erfreute, fertigte alsbald mehr Gesinde ab, auf dass sie den Stein brechen, mit Feuer schmelzen und Eisen daraus machen sollten. Botak war ihr Vorgeher und wohnte daselbst unter dem Gebürge in einem Hofe, welchen er sich da neu gebauet und demselben den Namen Zdecho- wice gegeben ( Hájek ).“ Diese Anfänge des Eisenhüttenwesens ver- legt man in die Gegend von Časlau. Als dann zu Herzog Namisls Zeit (im 8. Jahrhundert) beim Bau des Schlosses Nischbor die Arbeiter Eisenstein gefunden, ward der Bergbau immer reger Siehe Mosch , Zur Geschichte des Bergbaues in Deutschland, Bd. I, S. 18. . Denn der Besitzer desselben sandte alsbald nach Zdechowitze, forderte Arbeiter und liess den reichen Stein durch sie schmelzen und so treffliche Geräte fertigen, dass man mit einem Eisen das andere schmieden und viel mehr edle Metalle gewinnen konnte denn vorher. Der Wagen Räder liess er mit Eisen beschlagen, darüber sich männiglich verwunderte, und sandte fünf solcher Wagen, beladen mit gutem Eisen auf den Wischerad dem Herzog als Ge- schenk. Dieser, hierüber erfreut, zeigte dies dankbar den Grossen des Landes, indem er sagte: „Sehet, dies Alles hat mir mein Freund und guter Wirt Hes , des Slavoschen Sohn, verehret; und wunderten sich Alle ob der zuvor ungewöhnlichen Wagen und lobten das Eisen, dass es gut wäre.“ Als aber der Herzog nun frug, was er mit dem Eisen machen sollte, riet ihm Neklo : Ehrenreicher Fürst, lass Deinen Schmied, den Bleha , zu Dir fordern und befiehl ihm, dass er Dir allerlei seltsame und harte Werkzeuge mache, damit man Steine und Felsen zerhaue und sende sie auf die Eule zu dem Hostbog und zu dem Hoschen in das krumme Thal, damit sie desto besser Gold und Silber gewinnen; die werden Dirs danken und durch Gold lohnen. Worauf der Herzog dem Rate folgte ( Hájeks Chronik). Zu Althütten waren bei dem Dorfe Hiskow nach Hájeks An- gabe ebenfalls bereits im 8. Jahrhundert Eisengruben und Schmelzen und im 16. Jahrhundert befanden sich hier Hochöfen und Hämmer Siehe Schmid v. Bergenhold , Übersichtliche Geschichte des Bergbau- und Hüttenwesens im Königreiche Böhmen. . Die jetzt churfürstlich hessische Zeche Giftberg wurde schon 1463 betrieben. Balling giebt an, dass die Eisenschmelze zu Karlshütte bei Beraun schon im 14. Jahrhundert unter Kaiser Karl IV., gleich- zeitig mit der Burg Karlstein erbaut worden sei. Dass der Schmelz- ofen aber ein Hochofen gewesen sei, entbehrt jeder Begründung. Mähren. Ein sehr altes Eisenwerk befand sich ferner zu Holoubkau in der Herrschaft Zbirow, welches im dreissigjährigen Kriege zerstört wurde. Mit deren Metallbergbau blühte auch die Eisenindustrie im 16. Jahrhundert. Agricola erwähnt der Eisensteinbergwerke bei Lessa und Mathesius, diejenigen im Riesengebirge nahe dem Ursprung der Elbe Mathesius Sarepta , Predigt, Bd. VIII, S. 356. ; Letzterer ferner, in der Vorrede zur Sarepta, den schönen derben Glaskopf bei Platte und den Magneteisenstein bei Gottes- gabe. Auf diesen beiden Vorkommen wurde von Schneeberger Berg- leuten gebaut und zwar zu Platte seit 1530, zu Gottesgabe seit 1531 und besonders seit 1534. Auch wurde Zinn daselbst gewonnen. Damals bereits, sowie im folgenden Jahre, erhielten sie mit Schwarzen- berg und Schneeberg von Kurfürst Johann Friedrich ihre Ordnung und Freiheiten Otia metallica, Bd. I, S. 28 bis 32. . Gleichermassen suchten die Kaiser Ferdinand I. und Maximilian II. den böhmischen Eisenbergbau durch Bergordnungen und Vergleiche zu heben. Mähren . Die reichen Eisenlager in dem mährisch-schlesischen Gesenke wurden schon in ältester Zeit bebaut (siehe Bd. I, S. 628, 702, 732). Riesenhafte Pingenzüge zu Klein-Morau und auf dem metallreichen Hackelsberge bezeugen dies. Von wesentlichem Einfluss auf den mährischen Bergbau war die Kolonisation von Iglau durch flandrische Ansiedler. Der Handel von Flandern über Böhmen und Mähren nach Ungarn wurde schon Anfangs des 13. Jahrhunderts betrieben und wie in Prag und Brünn, so sollen auch in Iglau den Kern der deutschen Ansiedlung flandrische Hansen gebildet haben Vergl.: Zur Geschichte des Bergbaues und Hüttenwesens in Mähren und Österreich.-Schlesien von Christian Ritter d’Elvert . Brünn 1866, S. 12. . Buchbergsthal wird als das älteste Eisenwerk in Mähren und Schlesien genannt. Im Jahre 1215 schenkte Markgraf Wladislaus dem Kloster Hra- disch bei Olmütz den Wald bei Lasszian und Domstadtl mit den Bergen, in welchen Eisen gegraben wird. — Ottokar II. sprach 1269 ebenfalls den Wald dem Kloster zu, gleichermassen die Hütten, „ molendina quae vulgo „hutte“ dicuntur ad ferrifodinas spectantia“. Mähren. 1339 schenkte Stephan v. Sternberg den ganzen Zehend von seinen Eisenschmelzhütten („gajarum nostrarum aes ferri conflan- tium“) bei dem Markte Bärn der St. Georgskirche in Sternberg. 3176 war bei Huditz auf dem Nachbardominium Triesch ein be- deutendes Eisenhammerwerk in Betrieb und 1406 wurde eine im Jahre 1365 bei Saar angelegte Hammerhütte samt Eisenhämmern von den Ungaren zerstört. 1409 wurde Čonek v. Ronow , weil er eigen- mächtig dem Stifte Saar fünf Eisenhämmer entzogen hatte, mit dem päpstlichen Banne belegt. 1410 bestand ein Hof auf dem Karlsberge und bei demselben zwei Eisenhütten am Flusse Mora. Mittelalterliche Eisenindustrie zu Gross-Mora erwähnt Mosch (a. a. O., Bd. I, S. 92). Der Bergbau auf Eisen blühte besonders in den deutschen Gegenden des Olmützer Kreises d’Elvert , a. a. O., S. 64. . Die Hussitenkriege übten den verderblichsten Einfluss auf den Bergbau- und Hüttenbetrieb in Böhmen, Mähren und Schlesien. Ein altes Eisenwerk wird bei Kunstadt erst 1350, dann 1500 und 1673 erwähnt, jetzt befindet sich bei Chudolin ein Eisen- hammer. 1526 wird der Eisenhammer Naideck in der Schlucht Peklo im Iglauer Kreise genannt und 1588 werden Eisenwerke bei Pernstein erwähnt. Bei Oskau (auch Hütten genannt) waren seit dem 15. Jahr- hundert bedeutende herrschaftliche Eisenwerke, welche erst 1730 auf- gelöst wurden. Auf dem Dominium Eulen waren bei Oberlangendorf, Friedland (Olmützer Kreis) und Pinkaute im 15. und 16. Jahrhundert Hochöfen mit Hämmer und Gruben in starkem Betrieb. Alle diese waren deutsche Anlagen. Die Janowitzer Eisenwerke (Bergstadt in dem ehemaligen Rabenstein) gelangten 1586 mit drei Eisenhämmern mit Blasebälgen samt den Gruben an den Freiherrn v. Hofmann . Die herrschaftlichen Eisenwerke bei Wermedorff lassen sich 400 Jahre zurück verfolgen. Alte Eisenwerke waren bei Hohenstadt. Nach einem landrechtlichen Urteil von 1481 war die Stadt Hohenstadt von Altersher befugt, eine Eisenniederlage aus der Stadt Hämmern zu halten. Alle Hammerwerke auf dem Eisenburger Gebiete durften nur in Hohenstadt ihr Bier, Wein, Brot und Fleisch einkaufen und nur dort Eisenniederlagen errichten. Schon 1350 wird Eisenburg, mons ferreus, böhmisch Ruda, genannt und 1397 befanden sich dort drei, 1446 vier Eisenhämmer; 1489 wird einer bei Eisenburg und einer bei Rasskow erwähnt. Für Mährisch-Eisenburg wurde schon 1539 eine besondere Bergordnung erlassen, so bedeutend war der dortige Bergbau. Bayern. 1537 gab Heinrich v. Lomnitz den Gewerken von Jamnitz neue Freiheiten und gestattete dem Bergmeister auf alle Metalle Verleihung zu erteilen, Eisen jedoch ausgenommen, welches der Grundherr nach dem allgemeinen Bergwerksgebrauche in Mähren für sich behielt. Auf der jetzt lichtensteinischen Herrschaft Goldenstein standen schon 1575 Eisenhämmer, so namentlich zu Weigelsdorf. Pessina, der Vater der mährischen Geschichte (schrieb 1677), weiss von Bergbau nichts weiter zu berichten, als dass es an Metallen, be- sonders an Eisen, nicht fehle und dass das hochwälder, römerstädter und pernsteiner Eisen das beste sei, aus dem sowohl Hausgeräte als Schiessröhren, Kugeln und kleines Geschütz erzeugt würden. Bayern . Die Eisenindustrie Bayerns war früher verhältnismässig viel bedeutender als heutzutage. Sie blühte besonders im Nordgau (Ober- pfalz). Die Gegend von Sulzbach und Amberg versah einen grossen Teil von Süddeutschland mit Eisen. Dort kommen oolithische Erze in Spalten im weissen Jura vor. Sowohl über die Art des dortigen Betriebes als über die alte Hüttenordnung, „die Hammereinigung“, haben wir bereits wiederholt Mitteilung gemacht (Bd. I, S. 766, 783; Bd. II, S. 149). Doch verdient die Geschichte der nordgauischen Eisenindustrie eine eingehendere Betrachtung. Die Hammereinigung der 47 Hammer- herren vom Jahre 1387 war die Grundlage des Bergrechtes im bayeri- schen Nordgau. Die Sulzbacher hatten mit den Ambergern das Privilegium, auf dem Erzberg zu bauen. In einer Urkunde vom Her- zog Johann von Bayern von 1394 heisst es: „Wir wollen auch, dass Niemant kein Trib vf denselben Pergkh (den Arztberg), noch uf allen den Pergen, die zu Sulzbach gehörent, do man Pergkhwergkh wurgkht, oder suecht, keinen Teil auch hat; er sitze dan heuslich in unser State zu Sulzbach, oder er sey eins gesessen Burgers Sune in der State, und auch in seinem Prot Siehe Lori , Sammlung des bayerischen Bergrechts 1764, S. XX. .“ Die Hammereinigung zwischen den Städten Amberg und Sulz- bach, Montag vor St. Erhardtstag 1387 Abgedruckt in Lori a. a. O., S. 65, LV. , war eine freiwillige Verein- Bayern. barung der Bürger der Städte Amberg und Sulzbach und der Bürger zu Nürnberg ihren „guten Freunden im Schmidtwerckh“ zur gesetz- lichen Regelung des Betriebs, Verkaufs, der Arbeiter- und Lohn- verhältnisse auf ihren Eisengruben und Hämmern. Ursprünglich nur versuchsweise eingeführt, bewährte sie sich derart, dass sie für Jahr- hunderte Gesetzeskraft erhielt. Die Vereinigung erstrebte das Monopol der Eisengewinnung und des Eisenhandels am Erzberg. Es schloss diejenigen, welche der Einigung nicht beitraten, vom Erzkauf und Eisenhandel aus. Neue „Schinhämmer“ dürfen nicht errichtet werden, wird trotz- dem einer gebaut, so hat derselbe die ersten acht Jahre keinen Anspruch auf Erzbezug (X). „Man soll auch keinem Schmidtmenschen, der ein Schmidt, ein Zerenner oder ein Hauer vorgewesen ist, oder jetzund ist, der in zehn Jahren von Dato diss Briefs vmb Lohn gewerckht hat, kheinen Schinhammer nitt zu khauffen geben, noch verpfenndten, noch hinterlassen weder nach dem Pfundt noch vmb Zinss … u. s. w. und soll ein solcher Hammer währen 8 Jahren kein Erz erhalten. Wenn aber ein Schmidtmensch einen Hammer jetzt besässe und diesen verkiefe oder liegen liesse, solcher soll in 8 Jahren keinen Hammer erwerben dürfen. Wenn ein solcher doch einen Hammer verkauft oder verpfändet, erhält er 8 Jahre kein Erz (XI).“ In der gleichen Frist von 10 Jahren soll auch „kein Plechhammer zu keinem Schinhammer“ gemacht werden. Wer dies thut, geht 8 Jahre des Erzes verlustig. Oder wer dennoch Erz liefert, hat von jedem Bergfuder Erz der Gewerkschaft ½ Gulden und von jedem Centner „Deyels“ (Zerenneisen) einen Gulden zu zahlen (XII). Jeder der einen Schinhammer hat oder erwirbt, muss die Ord- nung beschwören und beachten, sonst erhält er kein Erz und keiner soll einen Hammer verkaufen oder veräussern, ausser an einen sol- chen, der die Ordnung beschwört und hält. Jeder hat sein Siegel an die Briefe zu hängen, die in dreifacher Ausfertigung in Amberg, Sulzbach und Nürnberg verwahrt werden (XIII). Man soll zweien Schmieden für einen Schmiedeherd nicht mehr leihen als 16 Pfund-Pfennig; arbeitet ein Schmied mit einem Knecht, dem Meister ⅔, dem Knecht ⅓. Ebenso für einen Zerennherd nicht mehr als 12 Pfund Pfennige in derselben Weise (XIV). Wer mehr leiht, wird mit 30 Gulden gestraft (XV). „Es soll auch Niemandt khein schwerer Eysen nitt werkhen, dann 12 Schin an einem Amberger Cennten, ohn Geferd: ringer mag ers wol Bayern. werkhen. Und wer das vberfehrt, der soll vnns vn jeglichen Pfund Schin- eysens 6 fl. verfallen sein“ (XVI). Die folgenden Paragraphen beziehen sich auf die Löhne. §. XVII. „Vnnd wo man Eysen werkht, des 12 Schin oder 13 Schin oder 14 Schin einen Amberger-Cennten haben, dauon soll man geben zu Lohn, denn Schmiden 42 dn. und 36 dn. zu Müne, denn Zerinnern 36 dn. zu Lohn, und 24 zu Müne, dem Hauer 18 dn. zu Lohn und 12 dn. Müne, unnd dem Heimpreuer, der Kholen darschütt, von jedem Pfundt Schin 3 dn. Wo man aber werkhet Radeysen, das 15 Schin oder 16 Schin einen Amberger Cennten haben oder das ringer ist, davon soll man geben dem Schmidt von einem Pfundt Schin 36 dn. zu Lohn und 30 dn. zu Münne. Welcher aber werkht die Wochen 60 Schin Radeysen oder minder ungefehr, der mag ihnn dennoch wol Münn und Lohn geben alls von schwerem Eysen. Wer aber desselben Eysens die Wochen mehr werkht, denn 60 Schin, was er sein dann dieselben Wochen gewerkht hett, dauon soll er im Münn und Lohn geben, alls vorgeschrieben ist.“ §. XVIII. „Es soll auch Niemandt denn Münn und Lohn nitt bessern, weder mit Geben oder mit Geheissen, noch mit Vertrösten, noch in keiner Weis .... wer des vberfehret, der soll vnns von jedem Hammer, da er was vberfahren hat, je alls oft 30 fl. verfallen sein.“ §. XIX. Für das Geschirr zu machen soll man dem Schmied 30 dn., dem Zerenner 12 dn. und dem Hauer 8 dn. geben. Von einem neuen Amboss den Schmieden 24 dn., den Zerennern 16 dn. und dem Hauer 8 dn. „Von einem Wellhert soll man geben denn Schmieden 3 Schilling Pfennig. Dann einem neuen Zerenher soll man geben denn Zerennern ein halb Pfundt Pfenning; — dann einer neuen Hülsen den Schmiden 20 dn., denn Hauer 4 dn. Von dem Pucher über gar zu erlegen denn Schmiden 3 Schilling Pfenning; dann einer neuen Hammerwellen zu binden, denn Schmiden 5 ss. und dem Hauer 30 dn. Von einem neuen Hammerzapfen denn Schmiden 30 dn., dem Hauer 10 pf. Von einer neuen Pucherwellen zu bindten, den Schmiden 30 dn., dem Hauer 6 dn. Von einer neuen Zerennwellen denn Schmiden 24 dn. und dem Hauer 6 dn. Dann einer neuen Bettlerwellen denn Schmiden 20 dn., dem Hauer 4 dn. Wer aber mehr gäbe von dem Geschirr zu machen, dann alls vorgeschrieben ist, der ist unns 6 fl. ver- fallen. Man mag auch den Nothelffern Kost wohl geben zu den vor- geschrieben Lohn und Münne. Wer in aber mehr gibt, ist unns 6 fl. verfallen.“ Über das Dienstverhältnis handeln: §. XX. „Geschehe auch, dass ein Schmidvolkh hingieng von einem der in denn Gesetzen ist, und keme zu einem andern, der auch in den Gesetzen ist; wann dann der, dem er entgangen ist, oder sein Gewalt hin- nach khumbt, und dem, der sichs unterwunden hat, zuespricht: so soll er ihm sein Schmidvolkh zu Stunden volgen lassen, vnd in dess nitt vorhalten, noch in seiner Gewalt behalten, ohn alle Geferde, unnd soll im des nitt mehr arbeiten lassen: es were dann das ein Zerenner ein Eysen zerrennet oder ob ein Schmidt zur selben Zeit ein Zech werckht, so mag er in dem Zerrenner dass Eysen wol lassen auszerrennen, vnd den Schmid die Zech gar lassen Bayern. auswercken, vnnd darnach soll er inn das Schmidvolk nit mehr arbeiten lassen, ohn alle Geferde, oder er soll vns 20 fl. verfallen sein, als offt er des gemeldet würdt, er müg sich dann mit dem Rechten daruon nemmen, als vorgeschrieben ist.“ §. XXI besagt: Die Dienstzeit der Schmiede soll vom St. Erhardts- tag auf ein Jahr sein. §. XXII. Zu der kalten Kirbey zu Amberg, d. h. zum Herbstmarkt, an welchem Tage sich die Gewerken versammelten, soll kein Schmidvolk weder nach Nürnberg, noch Amberg, noch Sulzbach kommen. Niemand soll sie beherbergen noch beköstigen an dem Tage. §. XXIII. Wenn die Schmiede neue Hämmer und Ambosse machen, sind die Zerenner und Hauer bei Strafe gebunden, ihnen zu helfen. §. XXIV. Wenn ein Schmid Weib und Kind und einen Hof hat, so soll man ihm nach Notdurft etwas leihen, doch nicht darüber bei Strafe. §. XXV. Man soll auch den Schmieden zu einer „Liebung“ Feld für Rüben und Kraut lassen, wer das hat; wer es nicht hat, soll statt dessen für einen Herd dem Schmid 40 dn., den Zerennern 32 dn. und dem Hauer 16 dn. „Wer in aber mehr Veldts liesse oder Gelts dafür gebe, dann als vorgeschrieben ist, der ist uns vn jeglicher Persohn, daran ers überfahren hat, 1 fl. verfallen.“ §. XXVI. Wenn der Schmied neue Hämmer oder Ambosse macht oder alte repariert, so soll man ihm zu jeglichem 12 dn. geben „vmb Pier“ (Bier), und zu einer Hilfe 5 dn. „vmb Pier“. §. XXVII. Die neuen genommenen Schmiede sollen alle nach „unsrer Währung“ bezahlt werden. Fremde Schmiede, die nicht „in denn Gesetzen“ sind, sollen nicht mehr Lohn erhalten als nach der Ordnung. §. XXVIII. Die Hämmer sollen nicht das ganze Jahr gehen, sondern zu gewissen Zeiten feiern und zwar „von Christtag bis auf St. Matthiastag und dann wider von Subenten bis auf St. Laurentiustag“. Wer dagegen handelt, dem soll in acht Jahren kein Erz gegeben werden und wer es doch giebt, soll für jedes Bergfuder mit einem halben Gulden gestraft werden. §. XXIX. Man soll auf allen Schinhämmern nur mit einem Herd zu jedem Hammer arbeiten, ausser „wo man Zech werckt“, da mag man je zwei Eisen mit zwei Herden wohl miteinander zerennen und sie danach mit dem Hammer verwercken, „dass doch also nit mehr gewerckt werde, dann mit einem Herd, vngefehrde“. „Und wo man zwen Herd in einer Hütten hat, dass man mit einem Herd anlassen vnd mit dem andern ab- schöpfft; dass soll man mit dem andern Herd nit ehr anlassen, denn wenn man vor disen Herd, darmit man zerrennet, zu derselben Zeit, zu rechter Zeit, das Brenneysen abnimmt, ohn alles Geferde; ausgenommen Hannss Hegnein , Vogt zu Vilseck, mag mit zweyen Hämmern, genannt zu der Rockenbruck und Altenweyher, in den zweyen Hämmern, in jeglichem Hammer mit zweyen Herden, wol wercken.“ §. XXX. In der Feierzeit bekommt der Schmid Wartegeld und zwar „Münne und Lohn, als von 6 ss. Schin, gross Eisens“. Hat der Meister einen Knecht, den er nicht verköstigt, so hat er diesem davon ⅓ abzu- geben. Sind zwei Meister an einem Feuer, so sollen sie teilen. Bayern. §. XXXI. In der Feierzeit soll aber kein Schmiedmensch den Hof verlassen und anders wohin gehen zu arbeiten, ausser mit Willen seines Herrn. Thuet er es dennoch, so verfällt sein Wartegeld. §. XXXII. Alle „Ankhrünner“ (?) sollen zu Sulzbach schwören, dass sie nur redlich Erz, das Kaufmannsgut sei, liefern. §. XXXIII. Der Messer zu Sulzbach soll schwören, dass er recht und gerecht messe. §. XXXV. Jeder Hammer soll 40 Pfund Bergfuder Erz von denen von Sulzbach nehmen und soll die Verrechnung und Verteilung auf unser Frauentag zu Lichtmess in Sulzbach geschehen, „und was jeglichen Ham- mer angefehlt, dass er dess vorgenannten Aerz nemmen soll, dass soll er zu Stundt zu Sulzbach versichern auf dess Jahr“. Die Zahlung für das bezogene Erz erfolgt ebenfalls zu Sulzbach am St. Katharinentag. §. XXXVI. Wer nicht pünktlich bezahlt, soll ein Jahr lang kein Erz erhalten. Wer aber mehr Erz bezogen hat, als bestimmt war, hat von jedem Bergfuder ½ fl. Strafe zu zahlen. §. XXXVII. „Und ob dass were, dass einer ein Zeichen zu seinem eigen Hammer aufgeschlagen hett auf die Schin, und dass einer oder mehr darnach dasselb Zeichen, oder ein Gleichnus desselben Zeichens aufschlüge: welcher dann geweisen mag, dass er das Zeichen ehe aufgeschlagen hett, der soll dabey bleiben und dieser dauon lassen.“ §. XXXVIII. Zuwiderhandlungen gegen die Ordnung werden zunächst mit Entziehung des Erzes bestraft. §. XXXIX. Aber auch die Räte der Städte Amberg und Sulzbach legen sich selbst Strafe auf, sich bei jeder Versäumnis 15 fl. Strafe anzusetzen und kann jeder jeden Ratsherrn deshalb belangen, „die genannte Peen zuzusprechen“ „und das sollen wir, die von Amberg oder Sulzbach, welchen Raht man darumb zuspricht, bezahlen und dieselbe Peen soll fallen das Drittheil gen Amberg, das Drittheil gen Sulzbach und das Drittheil gen Nürnberg denen die Schmidwerk haben“ und diese Strafen sollen die von Amberg unter Mitwissen (Zustimmung) der von Nürnberg und Sulzbach und des Mahners zu Gotteshäusern oder an Weg und Steg verbauen. §. XLII bestimmt, dass, wenn der Rat zu Sulzbach, zu Amberg und die Nürnberger einhellig wären an dem Gesetz etwas zu ändern, so soll es geschehen. Auf den Schlussparagraphen XLIII folgt die Jahreszahl und die Unterschriften „diese herangeschribene sind in der Ainigung, vnd des jeglicher sein Innsigl an dem Brief gehangen hatt“. Es folgen nun die Unterschriften mit Angabe der zugehörigen Hämmer, im Ganzen 64 Namen mit 76 Hämmern Siehe Lori , a. a. O., S. 73. . Hieraus ersieht man, wie bedeutend der Verband und wie ent- wickelt die Eisenindustrie jener Gegend im 14. Jahrhundert bereits war. Unter den Gewerken besitzt der im §. XXIX erwähnte Hanns Bayern. Hegnein ausser den genannten grossen Hämmern zu Altenweyher und Rockhenbruck noch den Hammer zu dem Neuenhaus und den Hammer an der Herringlohe. Die vorliegende Hammereinigung ist nur von den Gewerken und den beteiligten Städten geschlossen, von dem Landesherrn ist darin nicht die Rede. Im 15. Jahrhundert, in welchem auch in Bayern der Bergbau grossen Aufschwung nahm, brachten die Herzöge ihre Regalitätsansprüche überall zur Geltung. Dieselben erstreckten sich auf alle Gebiete des Berg- und Hüttenwesens und setzten sich über die Rechte des Salzburger und Freysinger Erzstiftes ebenso hinaus, wie über die alten Hofmarchsfreiheiten. Die Herzöge setzten überall Berggerichte ein und besetzten diese nach ihrer Willkür. Sogar auf Mühlen, die im Burgfrieden der Städte lagen, wurde, sobald solche in Eisenhämmer verwandelt worden waren, der Gerichtszwang über die Hammerknechte dem Hammerherrn eingeräumt Siehe Lori , p. XXVIII. . — Als deshalb im Jahre 1464 die sulzbachische Hammereinigung erneuert wurde, so geschah die Verkündigung nicht im Namen der Städte, sondern im Namen des Pfalzgrafen Sigmund zu München am Mittwoch vor unserer lieben Frauen 1464. „Von Gottes Gnaden Wir Sigmundt, Pfalzgraue bey Rein, Herzog im oberen und niederen Bayern etc. bekennen als regierender Fürst u. s. w. öffentlich mit Dem Brief. Als die weysen vnser lieb getreue Burgermeister und Rate vnser Stadt zu Sulzbach … sich mit dem weysen vnsern lieben besundern Burgermaistern der Stadt Amberg, Hammerwerchs und desselben Handels halben einer Aynung, Satzung und Ordnung fürgenommen, vertragen, veraint und beflissen haben, … dass wir zu ehrlicher Aynung und Satzung vnsern Gunst und Willen gegeben, gevestiget und bestattet haben, geben, vestigen und bestatten in auch, … dass mit Kraft dieses unsres Briefs vnser Bürger von Sulzbach bei sollichen Pelen, Gesetzen und Artikeln ungehindert beleiben mügen: so wollen wir, dass sy soliche vorgenante Zeit (von 10 Jahren) also dabei bleiben süllen von aller männigk- lichen ungehindert. Und darumb gepieten wir allen den unsern mit diesem Brief, dass sie die vorgenannten vnser Bürger an sollichen vorgemellten Freiheiten und Geraden nicht hindern noch irren sullen, sondern sy schuzen und schirmen“ \&c. etc. Gleichermassen verkündigen Bürgermeister und Rat der Städte Sulzbach und Amberg, dass diese Hammereinigung von ihnen mit der Bayern. „gnedigen guten Gunst, Willen, Wissen und Wert“ des Pfalzgrafen geschlossen worden sei. Von Nürnberg ist bei dieser neuen Einigung nicht mehr die Rede. Der wesentliche Inhalt der Sulzbach-Ambergischen Hammer- einigung von 1464 ist folgender: Dieselbe wird aufgerichtet von der „kalten Kirchweyh zu Amberg“ ab auf 10 Jahre (§. I). §. II. Die Hammermeister müssen sich eidlich verpflichten, folgende Feierzeiten einzuhalten: „Die Schyenhammermeister“ von der kalten Kirchweyh zu Amberg ab drei Wochen, dann von dem heiligen Christtag bis auf unser lieben Frauentag Lichtmesse drei Wochen voneinander und dann von Pfingsten an vier Wochen an- einander und sollen in diesen Zeiten „ganz mit iren Hemern feyern, kein Eysen zerennen, noch Schynnen schmieden, würken und machen lassen, weder Deuhel noch ander Eysen in keinerlei Weiss“. §. III. Jeder Schynenhammermeister muss 12 Schienen auf den Amberger Centner und 10 Deuelschienen auf den Amberger Centner schmieden lassen. §. IV. In den beiden Städten Sulzbach und Amberg soll je ein vereidigter „Pfendter“ angestellt werden, der über die Befolgung der Vorschriften, namentlich in Bezug auf richtiges Gewicht, zu wachen hat. Trifft er Eisen an, das zu schwer geschmiedet ist, so muss er Anzeige machen und fällt der betreffende Hammermeister in eine Strafe von 40 Pfennigen für jeden Wag oder Amberger Centner. „Davon sollen vnser gnedigen Herrschafft werden funffzehn Pfening; der Statt, do der Hammermeister zu Recht stett, auch funffzehn Pfening und baiden Pfendner zehen Pfening Amberger Wärung.“ §. V. Diese Pfendter können jeden Hammer jederzeit besuchen aus eigenem oder einem der beiden Bürgermeister Geheiss. Doch müssen beide immer zusammen gehen; müssen deshalb auch beide benachrichtigt werden und darf der Bürgermeister einer der beiden Städte mit seinem Pfendter nur fahren, wenn der andere dabei ist, ausser wenn dieser durch Krankheit entschuldigt ist. §. VI. Findet der Pfendter auf dem Hammer zu schwer geschmiedetes Eisen, so muss der Pfendter in seiner Stadt die Anzeige machen. Kann der Hammermeister nachweisen, dass dies ohne sein Wissen und Willen geschehen, so soll er es geniessen, andernfalls soll er es büssen. Es darf auch kein Meister Eisen vor dem Pfendter verbergen, sondern muss alles zur Ansicht vorlegen bei seinem Eid. Bayern. §. VII bestimmt, was der Pfendter für Verköstigung zu fordern hat. §. VIII, dass die elfte Schiene noch gerade auf das Gewicht gehen darf, schlägt es aber nach dem Eisen aus, so ist der Meister strafbar. §. IX. Die Pfendter dürfen von den Hammermeistern keinerlei Geschenke, „kein Myet, Gab, Schynnen-Eisens nicht fordern noch nehmen“, nur Futter und Kost für sich und ihre Pferde. Ihren Lohn bekommen sie vielmehr von den beiden Städten Amberg und Sulzbach. §. XI. Kein neugebauter Hammer, noch „kein Plechhammer, da man zu Schynnenhämmern machen willt“, soll aus den Erzbergen beider Städte Eisenerz verabfolgt werden. §. XII. Dasselbe soll geschehen, wenn ein alter Hammer, der kalt gelegen hat, wieder in Betrieb gesetzt wird und der Hammermeister nicht zuvor die „Eynung“ beschworen hat. §. XIII. Keinem „Schmidmenschen“ soll ein Hammer überlassen oder Erz verabfolgt werden, der nicht zuvor fünfzig Gulden rheinisch in die Aynung bezahlt hat. Hiervon erhält die Herrschaft die Hälfte, die andere die der beiden Städte, von welcher er das meiste Erz bezieht. §. XIV. Von den Deuchel (dem Zerenneisen), die ein Hammer- schmied im Jahre macht, soll er von jedem nicht mehr wie ein Pfund Schienen verschmieden (das übrige kommt den Blechschmieden zu). „So aber das Jahr zu Ende und er nicht verkauft hat, so mag er denselben verlegen Deuchel zu Schynen schmieden lassen on Geuerde.“ §. XV. Kein Hammermeister darf den Blechhammermeister seine Deuchel zu kaufen versagen, sonst trifft ihn Strafe von 60 Pfennigen für jeden Centner. Es soll auch kein Hammermeister „Knüttel- Deuchel“ machen, er sei denn gezeichnet mit seinem Zeichen. §. XVI. Es soll kein Hammermeister einem andern Erz aus seiner Hütte verkaufen, leihen oder verabfolgen, sondern nur auf dem Bergwerk selbst. §. XVII. „Wellicher Hamermaister, in dieser Aynung begriffen, ander Arzt, dann von baider vorgenanten Stett Amberg und Sulzbach Arztpergen, prennen oder zerennen wolte; derselbig Hamermaister und auch alle Hamer- maister sollen sollich Arzt ausser halben baider Stett Amberg und Sulzpach Arztpergen allein prennen und zerennen, und mit keinem Amperger noch Sulzpacher Arzt nicht vermischen, on als Geuerde. Und diesen Artikel soll ein yeder Hamermaister, in dieser Aynung begriffen, zu halten schweren.“ §. XVIII. Wer einen „Bestee-Hammer“ (? — Pachthammer?) hat, soll nicht zur Aynung zugelassen werden, es sei denn, dass er sich ver- Bayern. pflichte, keinen auf dem Hammer arbeiten zu lassen, der nicht seinen Ver- pflichtungen der Aynung gegenüber nachkommt. Der §. XIX behandelt den Markenschutz: „Es sol auch Nyeman in dieser Aynung dem andern sein Zeichen aufschlahen; darzu soll auch ein yeder Hammermaister das oder die Zaichen, sy sind sein aigen, oder er hab die bestanden vor der Aynung, oder er mag im ein neu Zaichen, das sust Nyeman aufschleht, fürnemen, und in diser Aynung benennen und auf- schlahn, und auch darauf schweren zu den Hemern oder Hamer, die er yetzo hette, on als Geuerde: es were dann, dass einem an Arbaiten oder Arzt Bruch geschee, und hett; derselbig mag sein Eysen wol vngezaichnet lassen, doch dass er dennoch den Deuhel, als uor dauon geschrieben steet, zaichnen lasse.“ Die §§. XX, XXI und XXII bestimmen Strafen und Gerichtsstand für falsche Zeichen. Die folgenden handeln von Dingen und Kündigen der Arbeiten. §. XXIII. Es soll kein Hammermeister dem andern kein Schmiede- mensch abdingen vor Ostern. Und wer „sollich verprochen hat, der soll zu Pene verfallen sein sechs und dreissig Gulden rheinisch: der- selben Gulden sollen geuallen zwelliff der Herschafft, zwelliff der Statt und zwelliff dem Anclager“. §. XXIV. Wer sich zweimal hat dingen lassen, muss bei dem ersten verbleiben. §. XXV. Kein Hammermeister darf einen Arbeiter ohne Urlaub- brief annehmen. §. XXVI. Keiner darf den gerechten Urlaubbrief vorenthalten. Streitigkeiten hierüber sollen geordnet werden in der Woche vor Pfingsten oder vor der kalten Kirchweyh zu Amberg. §. XXVII. Wer einen Schmiedemensch ohne Urlaubbrief an- nimmt und arbeiten lässt, verfällt in eine Strafe von 36 Gulden, die verteilt wird wie oben. Auch muss er etwaige Schulden des Schmiede- mensch bezahlen. §. XXVIII (Kündigung). Es soll auch kein Hammermeister seinem Schmied, wenn er zwei Wochen vor Pfingsten oder vor der kalten Kirchweih einen Urlaubbrief verlangt, ihn weigern, noch damit ver- ziehen: es sei denn, dass er vermeinte „Gerechtigkeit an ihm zu haben“ wegen Forderung. In dem Falle soll die Schuld in dem Urlaubbrief vermerkt werden. Ist er nichts schuldig, so ist der Urlaubbrief ohne Umstände auszufertigen. §. XXIX. Weitere Streitigkeiten mit Arbeitern sind nach der Anzeige in sechs Tagen von dem Rat zu Amberg oder Sulzbach zu schlichten. Beck , Geschichte des Eisens. 43 Bayern. §. XXX. Hat ein Schmiedmensch „Irrung“ mit seinem Meister, so soll er sich an den Bürgermeister wenden, der diesen dann vorläd. In der Zwischenzeit darf der Meister gegen den Schmied keinen Zwang ausüben. Erscheint er nicht beim Termin, so erhält der Schmid- mensch Recht und der Meister wird mit 6 Gulden gestraft, die zur Hälfte der Stadt, zur Hälfte der Herrschaft zufallen. §. XXXI. Wenn ein Meister sich weigert zu erscheinen oder zu schwören, dem soll zehn Jahre kein Erz gegeben werden, weder dem Hammer, den er hat, noch dem, den er in der Zeit erwerben wollte. §. XXXII. Welcher Hammermeister Deuchel mit dem Deuchel- Schlag bezeichnet, das nicht Deuchel wäre, der soll von jedem Pfund Schyen zu Wandel geben 10 Gulden, die zur Hälfte der Herrschaft, zur Hälfte der Stadt zufallen. Nun folgt eine Reihe wichtiger Paragraphen (XXXIII bis L) wegen der Lohnfestsetzung, die deshalb auch eine besondere Überschrift haben. Danach soll ein Hammerschmied einen Herdschmied zu Lohn und zu Mynne nicht mehr geben als von jedem Pfund Schynn 66 Pfennige und im Jahr zu der Mynne 14 Pfund Pfennige, fünf Groschen zu Trinkgeld und ein Paar Hosen nicht mehr als 3 Schilling Pfennig wert. Dem Schmiedeknecht von jedem Pfund Schynn 42 Pfennig, zu Mynne 11 Pfund Pfennig, 4 Groschen Trinkgeld und ein Paar Hosen wie oben. Dem „ Hantpreyer “ von jedem Pfund Schynn 5 Pfennig, von dem Hammerschlag 1 Pfennig, von dem gezeichneten Deuchel von jedem Pfund Schynn 1 Pfennig. Kann er ein ganze Schynn schmieden zu der Mynne 6 Pfund Pfennig, 21 Pfennig zu Trinkgeld und ein Paar Hosen wie oben. Einem Handpreyer, der ½ Schynn schmieden kann, 7 Pfennig von jedem Pfund Schynn und zur Mynne 5 Pfund Pfennig, 21 Pfennig Trinkgeld und ein Paar Hosen. Zwei Zerennern , jedem für einen halben Herd , soll man nicht mehr geben als von jedem Pfund Schynn 44 Pfennig, zu Mynne das Jahr 11 halb Pfund Pfennig, 28 Pfennig Trinkgeld und ein Paar Hosen. Einem Zerenner von einem Herd von jedem Pfund Schynn 52 Pfennig, zur Mynne 12 Pfund Pfennig, 35 Pfennig zum Trinkgeld und ein Paar Hosen. Einem Zerennknecht pro Pfund Schynn 36 Pfennig, an Mynne pro Jahr 8 Pfund Pfennig und 6 Schillings-Pfennig, 28 Pfennig Trinkgeld und ein Paar Hosen. Bayern. Einem „Hauer“ von jedem Pfund Schynn 44 Pfennig, und zur Mynne das Jahr von der gewöhnlichen Hauerarbeit 4 Pfund Pfennig, 21 Pfennig Trinkgeld und ein Paar Hosen. Die Knechte werden von den betreffenden Arbeitern gedingt gegen die Kost. Der Hammermeister leistet eine Vergütung für die Kost für das Jahr. Diese beträgt beim Zerennherd für einen starken Knecht 3 Pfund Pfennig, für einen gewöhnlichen Knecht 2 Pfund Pfennig u. s. w. Die folgenden Paragraphen (LI bis LXII) handeln davon, was ein Hammermeister dem Schmiedvolk „von dem Gezeugen zu machen “, zu Lohne geben soll. Von einem Hammer oder Amboss soll er denselben Lohn erhalten, wie von „einem Pfund Schynn Wercheysens“, und allen 24 Mass Bier oder 24 Pfennig. — Ebenso wird es gehalten bei einer neuen Hammerwelle . Von einer Zerennwelle, Pucherwelle oder Bettlerwelle giebt man die Hälfte. Der Herdschmied erhält für den Wellherd ein ganzes Jahr zu machen nicht mehr als 3 Schilling Pfennig und der Schmiedeknecht nicht mehr als 45 Pfennig. Die Zerenner bekommen für das Geschirr zu machen nicht mehr denn 30 Pfennig. Dem Schmiedmeister das Pochwerk im Stand zu halten 60 Pfennig dem Kneeht 30 Pfennig. Wenn geschmiedet wird, so hat der Schmiedmeister dem Hand- preyer die Kost zwei Wochen und dem Schmiedknecht eine Woche zu geben; so man aber feiert, soll der Hammermeister dem Handpreyer die Kost oder Kostgeld geben. Lässt ein Hammermeister Radeisen schmieden, so soll er von 10 Schilling Schynn Radeisen denselben Lohn geben, wie für ein Pfund Schynn Wercheisen. Lässt der Hammermeister sein Knüttel-Deuchel zu Schynn schmie- den, so ist der Schmiedelohn wie beim Werkeisen, der Hauer bekommt 30, der Handpreyer 15 Pfennig. Höhere Sätze als die angegebenen sind nicht zulässig. Wer darüber hinausgeht, verfällt in 36 Gulden Strafe. Die folgenden Paragraphen von (LXIII bis CXV) handeln von den Blechhämmern , welche in dem Sulzbach-Amberger Gebiet eine grosse Rolle spielten und Vorrechte genossen. In der charakteri- stischen Überschrift wird zugleich erläutert, warum in der neuen Ordnung auch die Blechhammermeister aufgenommen worden sind. Sie lautet: „Item als die Plechhammermaister nie dann einest mit emssigen vleissigen Bett (Bitten) vor beider vorgenanten Statt Amberg und 43* Bayern. Sulzpach Raten erschynnen sind, dieselben Rate ersucht und gepetten haben, so man ein Aygnung Schynnhandwercks fürnemen und besliessen wurde, das man Sy dann mit zu Notturfft darein zu ziehen und zu setzen nicht vergessen wölle, damit sollicher ir Handel des Plechwercks dest bass und lenger zu werden verbleiben, und dass sy sich damit auch auffent- halten und erneren mugen: sollich der Plechhamermaister Notturfft uns fürgehalten angesehen, haben wir uns, baider Stette Amberg und Sulzpach Rate derselben Sachen und Notturfft des Plechwercks aigentlich erkunnet und erlernet, und darauff mit guten wohlbedachten Rate, von mercklichs gemains Nutzs und Notturfft wegen diser Lande, fürgenommen und be- slossen, dass wol Nutz und Notturfft sey, nachdem diese Lande hie oben keinerlay ander Narung und Hantierung , und besunders die maisten und grösten mit Eysenwerck und Bergkwerck haben. Und wann aber das Plechwerck in disen Handel des Eysenwercks trifft, darumb sich wol zympt und billig ist, dass ein Ordnung in dem Plechwerck fürgenomen, und in diess briflich Libell begriffen und gesetzt werde; darumb so ist, von gemains Nuz und Notturfft unser obgnanten Gnedigen Herrn Lannden und Leuten fürgenomen, und beslossen worden, in Masse hernach folget.“ §. LXIII. Die Blechhammermeister verpflichten sich bei ihrem Eide folgende Feierzeiten einzuhalten: von dem heiligen Christtag bis auf u. l. Frau Lichtmess, dann von dem h. Pfingsttag zwei Wochen und danach von der kalten Kirchweih zu Amberg zwei Wochen. §. LXIV. „Es soll auch kein Plechhammermeister in dieser Aynung kein Arzit oder Maschen Eysen zu Deuhel verschmelzen, verprennen oder verarbeiten. Wellicher das tätte, dem soll kein Schynnhammermeister in dieser Aynung von keinem Hamer noch sunst keine Deuhel nicht ver- kauffen, noch geben in keinerley Weiss.“ §. LXVI. Aber auch nur diejenigen Blechhammermeister, die in der Einigung sind, erhalten überhaupt Deuchel von den Schynnhämmern. §. LXVII. Kein Blechhammermeister darf die Deuhel weiter verkaufen oder Stabeisen (Schynn) daraus schmieden. §. LXVIII. „Item, es sollen auch alle Schynnhamermaister in dieser Aynung verpunden sein, keinen Knüttel Deuchel nicht höher zu verkauffen und zu geben, dann ein Amberger Centner vmb sechs Schilling Pfennig Amberger Wärung.“ §. LXIX. „Es soll auch kein Hamermaister in dieser Aynung keinem Plechhamermaister noch Plechschmied kein Mascheneisen nicht geben noch verer verkauffen, dass er dann aus seinem Artzt auff seinem Hammer gemacht hat .“ §. LXX. „Item es sollen auch alle Hamermaister in dieser Aynung keinen Deuchel schmeltzen oder machen lassen, dann soviel man von einer Zech auff die ander in dem Welherde gemachen mag, diewail man arbait ungeuerlich.“ §. LXXI. „Es soll auch kein Hamermaister in dieser Aeynung keinen Deuhelzaichen für Deuhel weder auff Knüttel noch Schynn, dann den in dem Welherd von einer Zech auff die ander gemachet wird ungeuerlich.“ Bayern. §. LXXII. Man soll den Blechhämmern kein Erz verkaufen weder von den Erzbergen, noch den „Schütten“, noch den Hütten. §. LXXIII. Man darf den Blechschmieden keinen ungezeichneten Deuhel verkaufen. §. LXXIV. Dem Blechhammermeister, der die Ordnung nicht beschwört, soll kein Eisen geliefert werden. §. LXXV. Die Blechwerke, die Dünnblech („ dünss Plechwerck “) schmieden, dürfen dasselbe nicht schwerer schmieden, denn „dritthalb Schock von einem Amberger Centner. §. LXXVI. „Wellicher aber Bodeneysen (grobes Blech — Pfannen- blech) schmiden wollt, der soll das schmiden, das ein Schock Eysens einen Amberger Centner vnd sechs Pfund wög für ein Werung und nit mehr … vnd auch alle Tag, so er arbait, nicht mer dünss Plechwercks schmiden oder schmiden lassen, dann zehen Zangen, vnnd in jegliche Zange nicht mehr eingleichen, dann zwainzig Sturz, vnd darüber nichts, ausgenommen, ob einer einen gevallen oder lochoraten Sturz oder zween ungeuerlich aussen anlegte, dass mag er an Schaden wohl thun.“ §. LXXVII. „Und wellicher Bodeneysen schmidt oder schmiden lesst, der soll auch nicht mehr dann zehen Zangen auf das maist einen Tag schmiden oder schmiden lassen, vnd in ein Zang zwellif Sturz eingleichen.“ Das dünne Blechwerk „soll in ein Mass von der Leng und Praitt“ geschmiedet werden. §. LXXVIII. Es ist die Pflicht der „Pfendter“ zu Sulzbach und Am- berg, dafür zu sorgen, dass „sollich Schwerung, Leng, Prait vnd Zahl des Plechwercks“ eingehalten wird. Jede Überschreitung muss angezeigt werden. §. LXXIX. Erklärt der Blechschmied auf seinen Eid, dass dies ohne sein Wissen und Willen geschehen, so soll dies gelten. Auch ist eine gewisse Gewichtsüberschreitung gestattet. §. LXXX. Jeder Blechschmied muss ein eisernes Mass für die ordnungs- mässige Länge und Breite der Bleche führen. §. LXXXI. Die Blechschmiede sollen beim Verkauf ihres Blechs den Käufer stets verpflichten, die Abschnitte („das Abschnitech“) wieder an ihn zurückzuliefern. §. LXXXII. Es darf in der Aynung kein neuer Blechhammer erbaut, noch ein Schynnhammer in einen Blechhammer umgewandelt werden. §. LXXXIII. Noch darf einer seinen Blechhammer verlassen, noch verlehnen, es sei denn, dass der Betreffende die Ordnung beschwört und hält. §. LXXXIV. Alten Blechhämmern, die danieder liegen und wieder in Betrieb gesetzt werden sollen, darf kein Deuhel verabfolgt werden, ehe der Schmied der Aynung beigetreten ist. §. LXXXVII. Kein Blechschmied soll einen Schynnschmied dingen und umgekehrt. Es folgen dann (§. LXXXIX bis CXII) Bestimmungen über die Löhne etc. Wer Grobblech schmiedet, soll mit drei Knechten nicht über 3 Centner, mit vier Knechten nicht über 4 Centner schmieden. Dem Bayern. Herdschmied, „der das Gerecht führt“ und sich selbst beköstigt, soll man auf 10 Zangen „Dünner- und Bodenstürzt“ nicht mehr zu der Mynn geben, denn 20 Gulden zu 20 Groschen und ein Paar Hosen, oder 10 Groschen und 4 Groschen zu Trinkgeld und die Wochen, so er arbeitet, 13 Groschen und nicht mehr. Der andere Herdschmied auf derselben Arbeit erhält zu der Mynn 18 fl. und ein Paar Hosen oder 10 Groschen, 4 Groschen Trinkgeld und die Woche, die er arbeitet, 13 Groschen. Dieses ist überhaupt der Wochenlohn eines Schmiedes. Ein „Gleicher, der in den Zangen fürderlich zaynen kann“ und ein „Deuhel-Zennger“ erhalten 10 Groschen die Woche. Dem Gleicher aber, dem man die Kost giebt, soll man die Woche 60 Pfennig geben und für die Mynn die Kost und 10 Groschen für ein Paar Hosen und 3 Groschen Trinkgeld etc. etc. Es folgen dann die Vorschriften über das Dingen der Arbeiter, den Urlaubbrief u. s. w. wie oben. Der Hammermeister muss jeden Arbeiter durch Handschlag an Eidesstatt bei der Annahme ver- pflichten. Alle aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Streitig- keiten zwischen Hammermeister und Schmiedmensch sollen aber vor den von den Räten der Städte Amberg und Sulzbach dazu ernannten Personen (Schiedsrichtern) beglichen werden (§. CXVI). Muss ein Hammermeister infolge „Benöttigung und Landzwingung“ (d. h. Arbeits- einstellung und Strike) seinen Hammer still legen und leidet Schaden, so soll ihn die Einigung entschädigen (§. CXVII). Der Hammer- meister, der einen Strikenden in Arbeit nimmt, wird mit 12 fl. gestraft; ein Schmied, der die Arbeit niederlegt, bekommt jede Woche 3 Schil- ling Pfennig von seiner Mynn abgezogen. Ein „Landzwinger“ wird mit Gefängnis bestraft. Jeder Hammermeister ist verpflichtet, einen solchen Landzwinger, der bei ihm in Arbeit stand, selbst anzuzeigen, worauf ihm sein Schaden von der „Aynung“ ersetzt wird, unterlässt er dies aber, so wird er mit 36 Gulden bestraft und verliert alle Kosten. Hat einer seine Arbeit niedergelegt, so müssen seine Mit- arbeiter für ihn eintreten und arbeiten, bis ein Ersatzmann gefunden ist. Muss ein Hammermeister, um nicht zu feiern, einen Schmiedmensch von einem andern Hammer leihen, so ist der andere Hammermeister verpflichtet, solchen herzuleihen und der betreffende Arbeiter zu folgen bei Strafe von 3 Schilling Pfennig die Woche. §. CXXV bestimmt, dass jährlich zu Weihnachten und Pfingsten eine Kommission des Rates der Städte Amberg und Sulzbach von sechs Mitgliedern, drei aus jeder Stadt, zusammentreten soll, um des „Handwercks Notturft“ zu beraten und das Wichtige dem Rat vorzu- Bayern. legen. Diese Kommission beruft die Hammermeister zu ihren Sitzungen nach Bedarf und ist jeder zu erscheinen verpflichtet bei Strafe von 6 Gulden. Die Kosten trägt die Aynung, d. h. die beiden Städte Sulzbach und Amberg zu gleichen Teilen. Aus dieser Hammereinigung, die eines der merkwürdigsten genossen- schaftlichen Gesetze auf dem Gebiete des Gewerbewesens ist und die sich ganz selbständig aus den lokalen Verhältnissen heraus entwickelt hat, können wir uns auch einigermassen ein Bild des Hammerbetriebes im Sulzbach-Amberger Gebiet machen. Der Bergwerksbesitz war gemein- schaftlich und der Bergbau wurde von den Mitgliedern der Einigung oder von den beiden Städten Amberg und Sulzbach gemeinschaftlich betrieben und das Erz jedem Hammer zugeteilt. Das Erz wurde in Zerenn- herden in der früher (Bd. I, S. 783; Bd. II, S. 149) geschilderten Weise ausgeschmolzen zu Rohluppen, „Mascheneisen“, welche zu Knüppeleisen und Luppenstäben, „Deuchel oder Deuhel“ genannt, verarbeitet wurde. Auf letztere musste der Hammerschmied sein Zeichen aufschlagen. Die Deuhel wurden dann im Schweissherd, „Wellherd“ genannt, gereinigt und zu Stabeisen: Schienen, Rad- eisen u. s. w. verschmiedet, oder es kamen Knüppeldeuhel in die Blechhämmer, wo sie zu Blech ausgebreitet wurden. Die Zerenner standen niedriger im Lohn als die Schmiede, ihre Arbeit erforderte demnach ein geringeres Mass von Geschicklichkeit. Die Hammer- einigung der Städte Sulzbach und Amberg wurde alle 10 Jahre erneuert und das geschah regelmässig bis zum 30jährigen Kriege. Die Hammerwerke, welche von den Unterzeichnern der Sulzbach- Ambergischen Hammereinigung vom Jahre 1387 vertreten wurden, waren folgende: Zu 1. Talham, 2. Haunratz, 3. an dem Rödenbach, 4. Kretschenreut, 5. Preumbt, 6. Rosenberg, 7. Reicholzschwantt, 8. Stelofen, 9. der Legatzhammer, 10. zu der Zieglmühl, 11. Bruckh, 12. Altenweyher, 13. Rockhenbruckh, 14. zu dem Neuenhaus, 15. an der Herringlohe, 16. in dem oberen Hirschbach, 17. an der Reichlieb, 18. Wildenaw, 19. Köblitz, 20. Rockhendorf, 21. Diebsfurtt, 22. Schmid- mühlen, 23. Brechhofen bei Diebsfurtt, 24. Schwarzenfeldt, 25. zu der Häslmühl, 26. Freudenberg, 27. zu den Stegen, 28. Dreylendorf, 29. Meuschendorf, 30. zu der Holzmühl, 31. mit dem Lauf, 32. Stegen, 33. 34. zwei Hämmer zu Schonsee, 35. zu der Odenmühl, 36. zu dem Harnungsberg, 37. Woppenreut, 38. zu dem Schelhopfen, 39. zu Gemindt, 40. Grienleins, 41. zum Pfrientsch, 42. in der Lanngaw, 43. zu Laub, 44. Muckenthal, 45. Deinitz, 46. zur Neuenmühl, 47. zu der Gehey, 48. Sechsenreuth, 49. zu den Hütten, 50. Schwarzeneckh, 51. Drefelstein, Bayern. 52. Sackhaw, 53. Teinz, 54. Esslohrn, 55. Schneberg, 56. Stegen, 57. Proben- reuth, 58. Purberg, 59. zu dem Desel, 60. alten Dreswitz, 61. Brenberg, 62. Heilsbeuch, 63. Endtenstein, 64. zu der Hell, 65. Bernau, 66. Dieffen- bach, 67. Wisenfelden, 68. Floss, 69. Metzenkhopf, 70. Hopffaw, 71. Oren- berg, 72. 73. zwei Hämmer an der Drewitz, 74. Wirbenitz, 75. Keywitz, 76. des Egerers Hammer, 77. Stefling. Bereits im Jahre 1364 wird der Hammer an der Prebach, Land- gerichts Viechtach, welchen Herzog Albrecht I. von Bayern den beiden Gewerken Fritzz Alhzart, Münzmeister zu Amberg, und Chunrat der Hadrar, Bürger zu Regensburg, verliehen hatte. In dem genannten Jahre 1364 versprechen nämlich die genannten Gewerken urkundlich ihr Eisen den Unterthanen des Herzogs Albrecht stets zum Amberger Marktpreis zu verkaufen, während sie andern das Eisen nach ihrem Belieben verkaufen dürfen Die Urkunde ist abgedruckt in Lori a. a. O., Bd. XVIII, S. 16. . Aus dieser Zeit, nämlich aus dem Jahre 1386, haben sich inter- essante Angaben über Eisenpreise des Hammerwerks zu Leubs im Landgericht Pollenstein erhalten Siehe Freyberg , reg. boic. X, p. 193. . Es wurde nach dem neuen Amberger Centner verkauft (wahrscheinlich = 108 Pfund bayerisch oder 50½ kg) und nach Regensburger Währung, deren Pfund Pfennig einen Kurs von 5 Gulden 50 Kreuzer galt. Grosse Pflugscharen gingen acht auf den Centner, also 13½ Pfund das Stück, der Preis eines Pfundes war 11 Pfennige (0,46 Mark). Kleine oder Fitzscharen gingen elf auf den Centner, pro Stück 9 9/11 Pfund, Preis 8½ Pfennig pro Pfund (0,37 Mark). Stabeisen, wovon 12 Schienen einen Centner wogen, kostete das Pfund 8 Pfennige (0,34 Mark). Kleine Schienen, 16 auf den Centner, das Pfund 6 Pfge. (0,26 Mark). Diese Preise sind gegen unsere heutigen hoch. Einen wichtigen Freiheitsbrief Lori , a. a. O., Bd. XXXV, S. 32. erteilte im Jahre 1446 Albrecht III., der Sohn des Herzogs Ernst, der Gewerkschaft zu Fischbachau , die auf Eisen und Silber baute und Hammerwerke hatte. Es war eine Bestätigung älterer Freiheiten, die der Gewerkschaft schon 1426 erteilt worden waren Lori , a. a. O., Bd. XXIX, S. 27. . Der Brief hat aber dadurch eine be- sondere Bedeutung gewonnen, dass ihn die nachfolgenden Herzoge zur Vorschrift genommen und auf den grössten Teil der Bergwerke im ganzeu Herzogtum nach und nach erstreckt haben. — Darin wird Bayern. gestattet, dass sie erstens „Aerzt arbaiten und Hamersleg, Hamerstet, Holtz, Wasser, Weg und Stege darzu und darvon machen, und nemen sullen, wo in die aller Nutz ist und fugleich ist“. Ferner zweitens, dass ihnen „Wunn und Weid“ gegen billige Schätzung abgetreten werde; drittens, dass ihnen das Ungeld für den Wein, „den sie daselb aus- drunkend“, erlassen werde; viertens, dass sie von aller „Steuer, Hilf, Forderung, Reiss- und Herfart“ befreit sind; fünftens, dass der Berg- meister alle Händel zu richten hätte, ausgenommen, die das Leben angingen oder die zwischen Knappen und andern Leuten unterlaufen würden. 1454 erteilte Herzog Ludwig der Reiche den Hammermeistern zu Sulzbach einen Geleitsbrief Siehe Lori , a. a. O., S. 45. , um in bestimmten Zeiten „ihre Händel und Sachen, das Aerzt und Handwerk antreffend, unter inander auszutragen, Knechte zu dingen“ u. s. w. In Sulzbach sassen hauptsächlich die Hammermeister, während der Bergbau mehr von den Ambergern betrieben wurde. Nachdem durch Uneinigkeit der Gewerke der Bergbau im 15. Jahrhundert längere Zeit danieder gelegen hatte, erteilte Kurfürst Friedrich, Pfalz- graf am Rhein und Herzog zu Bayern, im Jahre 1455 neue aus- gedehnte Freiheiten und sprach der Stadt Amberg allen Bergwerks- besitz zwei Meilen im Umkreise zu: „so wollen wir, dass nun hinfür zu ewigen Zeiten alles Eisen-Bergwerckh, so jetzund vmb Statt Amberg vorhanden ist, vnd dass hinfüran in zwei Meilen Wegs vnge- fehrlicher vnnserem Landte gering vmb vnser Statt Amberg in Payern gefunden und aufgebracht werden kann vnd mag, in ein Gemeind mit und zu einander gegeben vnnd fürgenohmmen werden soll.“ Der Bergbau soll gemeinschaftlich betrieben und verwaltet werden und hat der Rat der Stadt „fünff ehrbar redlich frombe Man“ hierfür zu ernennen und zu vereidigen. Diese sollen „alles Eisen Bergwerch, dass vnnd zumahl vorhanden ist, jeglichen Bergwerckhern seinen Theil Bergwerckhs vnnd Erz zu Gelt anschlagen“. Eröffnen Bürger der Stadt Amberg „int den obgenanthen zweyen Meillen“ neue Gruben, so dürfen sie dieselben zwei Jahre lang für sich betreiben, dann fallen sie in die Gemeinschaft und werden ihnen veranschlagt. Sodann sollen drei bis vier „frombe Man“ erwählt werden, die alle Einnahmen und Ausgaben zu besorgen, zu ordnen und zu weisen haben, jeden nach seinem Anteil zu Zahlungen heranziehen und ihm seine Einnahme zuweisen. Bayern. Die Stadt Amberg soll bei der Gemeinschaft mit 400 Gulden rheinisch beteiligt sein, damit sie ein um so grösseres Interesse an der Geschäftsführung habe. Weiter wird bestimmt, dass auf der Vils von nun an kein Eisenerz als Amberger Eisenerz und kein Eisen als aus Amberger Erzen oder von Amberger Bür- gern geschmiedet befördert werden dürfe . Alle Hammermeister sollen ihre Erzschulden bezahlen, sonst erhalten sie kein Erz mehr geliefert. Sollte aber ein solcher Hammermeister versuchen, anders woher Erz zu beziehen, so verfällt „derselben Hammer-Meister Leib, Haab und Gueth“ der Gemeinschaft. — Alle Hammermeister „allent- halben in vnnserm Landt vnnd Gebiethen in Bayern“ sollen ihr Eisenerz von der Gemeinschaft der Bergwerker in Amberg beziehen. Der Herzog behält sich „seine alte Gerechtigkeit“ vor, zu bestimmen, wieviel Erz genommen werden soll und von je 17 Bergfuder ein Fuder als Zoll- und Mauterz . — Alle Hammerschmiede und Schmiedvolk sollen freies Geleit haben zu den zwei Jahrmärkten zu Amberg, zu Pfingsten und zu der kalten Kirchweih. So klar und einfach diese Ordnung erscheint, so hatte ihre Durchführung doch fortwährend mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Bald wurde der Bergbau von einer Gesellschaft, bald von der Ge- meinde, bald von einzelnen abgesondert betrieben und hierüber wurde viel gestritten und gerechtet. Vom Jahre 1458 liegt bereits ein Ver- trag vor zur Begleichung der Irrungen zwischen denen, die in der Gesellschaft des Bergwerks zu Amberg und denen, die ausserhalb derselben standen Siehe Lori , a. a. O., S. 48. . Der Vertrag geht dahin, dass sich die Ausser- halbstehenden der Gesellschaft anschliessen und mit gleichem Recht in dieselbe eintreten. Jeder einzelne aber, dem dies nicht ansteht, hat das Recht, die Schätzungssumme seines Bergwerks in bar aus- gezahlt zu verlangen. Am St. Niclasabend 1465 wurde eine besondere Bergordnung für den Erzberg bei Amberg erlassen Ebend. S. 349. . Aus derselben geht hervor, dass man damals schon anfing, Schächte abzuteufen. Die Ordnung bestimmt die Beitragspflicht der einzelnen Gewerken zu den Kosten der Wasserschächte. Auch die Sulzbacher hatten schon einen alten Freibrief für ihre Bergwerke, welchen ihnen Herzog Johann 1394 verliehen hatte. Der- selbe wurde von Herzog Albrecht IV. 1496 bestätigt; namentlich das Recht der Bürger von Sulzbach, den Hammermeistern wegen rück- Bayern. ständiger Zahlung auf empfangenes Erz das „Arzt auf allen Arztbergen zu Sulzbach“ zu verbieten Siehe Lori , a. a. O., S. 127. . Den ihnen ordnungsmässig zufallenden Anteil an Eisenerz, das Zehenterz , verkauften die Herzoge an Bürger zu Sulzbach oder Amberg. Ein solcher Kaufbrief ist z. B. vom Jahre 1475 vorhanden Ebend. S. 100. . Danach verkauft Herzog Albrecht von Bayern den Bürgern zu Sulz- bach, Jakob Sauerzapf, Jörg Loneis und Hans Tewel und ihren Erben, seinen Erzzehent an den Eisensteinbergwerken zu Viechtl- berg, Aichelberg, Hintterberg und Viechtleraib, was und wieviel es wird, nichts ausgenommen, je ein Pfund-Fuder Erz um 38 Gulden rheinisch. Sie dürfen das Erz wann und an wen sie wollen weiter verkaufen. Ebenso verkaufte Albrecht IV. 1481 seinen Erzzehent an Vordern- berg bei Sulzbach für 55 fl. rheinisch das Pfund-Fuder Erz und zwar 30 Pfund-Fuder für 1650 Gulden. Lang andauernde Streitigkeiten über den Eisensteinbergbau erhob sich anfangs des 16. Jahrhunderts zwischen der Stadt Amberg und den Gebrüder Plechen. Es waren nämlich nicht alle Gewerke der Einigung und der Amberger Bergwerksgesellschaft beigetreten, vielmehr betrieben verschiedene reiche Gewerke ihre Gruben nach wie vor selbst. Dies führte zu Reibereien, als die Gesellschaft zum Tiefbau überging, Schächte abteufte und „unter dem Wasser“ baute. Durch diese Anlagen löste die Gesellschaft auch ihren Nachbargruben das Wasser und erhob nun Ansprüche auf das so gelöste Erz. Die Einzelgewerke, an deren Spitze die Brüder Plechen standen, weigerten aber nicht nur dieses, sondern auch die durch die Bergordnung be- stimmten Beiträge. Der Rat zu Amberg ging scharf gegen die Plechen vor und setzte sogar ihren Bergmeister Michael Osterwaiher zu Karmenszellen gefangen. Nach langem Streiten und Rechten riefen beide Teile den Herzog Ludwig selbst zur Entscheidung an und kam durch den Oheim des Herzogs, Landgraf Johann von Leuchtenberg, Sonntag Oculi 1515 der erste Vertrag zu stande zwischen Bürgermeister, Rat und Gemeinde zu Amberg einerseits und den beiden Erhard, Hans und Georg „den Plechen“, Andres Kastner und Georg Silber alle Bürger zu Amberg anderseits. Dieser Vertrag oder Vergleich ging dahin, dass den letzt- genannten die St. Mangnus-Grube ganz und die Michel-Grube zur Hälfte zugesprochen wurde, nach ihrem Gefallen, ob und unter dem Bayern. Wasser nach Bergordnung zu bauen; dass sie alle „andere ir jetzt- habente Grueben und Feng“ auf den Berg den Bürgermeister, Rat und Gemeinde zu Amberg, ohne Bezahlung von Wert und Kosten in das Wasser zu bauen, zustellen. Dagegen dürfen sie das über dem Wasser noch anstehende Erz gewinnen. Letztere Vergünstigung nutzten die Plechen und ihre Verwandten aber derart ass, dass sie auch die vorschriftsmässigen Sicherheitspfeiler im Oberbau ihrer Gruben wegzunehmen begannen. Dieses führte zu neuem Streit, der durch einen zweiten Vertrag am St. Ursulatag 1515 beglichen wurde. Aber auch damit war der Friede nicht dauernd hergestellt. Nun verlangten die Plechen das Erz, welches beim Abteufen im Schacht gewonnen wurde, oder Entschädigung dafür, ferner wollten sie mit 100 Gulden entschädigt sein für einen Wassergang, den sie in ihrer Grube höher und weiter getrieben hätten, als sie zu thun schuldig gewesen wären, während die Gesellschaft eine Gegenforderung von 1000 Gulden auf- stellte für Schaden, den sie dadurch gehabt hätten, dass die Plechen den Wassergang, den sie zu treiben verpflichtet gewesen wären, hätten verfallen lassen. Ferner verlangen die Plechen dasselbe Recht, wie die Gesellschaft, ihre Erze nach Belieben vermischt zu verkaufen. Sie beklagen sich, dass ihnen nicht rechtzeitig Anzeige von dem „ins Wasser bauen“ gemacht worden sei u. s. w. Infolge dieser Streitigkeiten musste der Herzog nach wenig Jahren von neuem selbst eingreifen und im Jahre 1518 einen dritten Vertrag herbeiführen Siehe Lori , a. a. O., S. 159. . Doch auch dieser beschwichtigte den Streit nur auf kurze Zeit. Er entbrannte von neuem, als die Plechen und ihre Mit- gewerken einen bedeutenden Bergbau am Kühberg eröffneten und Hütten und Radwerke daselbst aufschlugen. Dies betrachteten die Amberger als einen Eingriff in ihre Rechte und als Vertragsbruch und hinderten die Plechen und ihre Genossen mit Gewalt. Herzog Friedrich musste im Jahre 1531 von neuem die Parteien vorladen. Es kam wieder ein Vertrag zu stande, in dem die Plechen sich ver- pflichteten, ihre Arbeiten, soweit sie die Amberger Bergwerksgesell- schaft hinderte, einzustellen, bis diese ihren Bau vollendet. Danach aber sollten sie auf dem Kühberg frei bauen dürfen. Auch sollte den Plechen gestattet sein, einen Wasserstollen anzulegen, doch erst dann, wenn die Amberger ihren Stollen vollendet hätten. Die angelegten Hütten und Radwerke sollten, wenn sie sich nicht sonst darüber ver- ständigen können, die Amberger käuflich erwerben. Den Plechen sollte Bayern. frei stehen, in die „Gesellschaft und Gemein“ mit ihren Gruben als Gleichberechtigte einzutreten. Trotz der Amberger Bergfreiheiten und der Bergordnung von 1465 und der Sulzbacher Hammereinigung hielten es die Pfalzgrafen für angezeigt, im Jahre 1548 eine neue ausführliche Bergordnung für die Oberpfalz zu erlassen Siehe Lori , a. a. O., S. 245. . Dieselbe lehnte sich an die Erben- dorfer Bergordnung vom Jahre 1521 an und bezog sich allerdings hauptsächlich auf den Erzbergbau. Im Jahre 1594 erliess Pfalz- graf Friedrich eine „erneuerte Bergordnung des Aerztberges bei Amberg“ Ebend. S. 355. . Ausser den oben angeführten Eisenhämmern von Sulzbach, welche bereits 1387 der Hammereinigung beigetreten waren, besitzen wir noch über verschiedene andere Eisenwerke im bayerischen Nordgau urkundliche Nachrichten. Der Schinhammer zu Treyerndorf an der Vils im Landgericht Lengenfeld erhielt von Herzog Sigmund zu Pfingsten 1464 einen besondern Freibrief Ebend. S. 90. . Der Hammer gehörte damals dem herzog- lichen Rentmeister Michel Walrat. Dieser soll den gewöhnlichen Zins nach altem Herkommen von 4 Pfund rhein. Pfennige jährlich bezahlen. Dagegen soll weder oberhalb noch unterhalb an der Vils ein neuer Hammer errichtet werden dürfen. Das Bauholz für den Hammer erhält er nach altem Herkommen aus den herzoglichen Waldungen umsonst. Er soll Weg und Steg, Wunn und Wayd haben für des Hauses und des Viehes Notdurft. Das Holz zum Bauen und Kohlen soll nach demselben Mass gemessen werden, wie auf den zu Treyerdorf und zu Schmidmühlen in derselben Herrschaft. Sie dürfen in den fürstlichen Waldungen kohlen wann und wo sie wollen, nur müssen sie den üblichen Forstzins von XII Pfund rhein. Pfennig ent- richten. Ebenso dürfen sie im fürstlichen Gebiete Lehm und Thon (Laym und Tegel) graben. Dem Hammerherrn steht ein gewisses Strafrecht gegen seine Arbeiter zu. Er darf den Hammer ganz oder zur Hälfte versetzen oder verkaufen. Ein anderer alter Eisenhammer im Nordgau war zu Bodenwöhr Siehe V. Voith , Das Berg- und Hüttenamt Bodenwöhr in den Verhandlungen des historischen Vereins für die Oberpfalz, Bd. II, S. 253. . Er entstand aus dem Weichselbrunner Hammer, welcher „seit undenk- licher Zeit“ landesherrliches Eigentum war. 1464 wurde derselbe, nachdem er lange still gelegen, von Gilg Kotz mit „landesherrlicher Gnad und Vergonnung“ nach „Pottenwöhr“ (auch Potenwohr, Poden- Bayern. wöhr, Potenwur) versetzt und daselbst ein grosser Hammerteich (der „Weyer von Potenwur“) angelegt. Gilg Kotz erhielt für sich, seinen Sohn Hans und dessen Erben einen Erbrechtsbrief. In demselben wird dem Bodenwöhrer Hammer besonders verwilligt „jetztund und hinfür zu ewigen Zeiten zu Pauung und Zimmerung des Hammers, Notturft-, Zimmer-, Geschirr- und Brennholz in unsern Wäldern und Hölzern zu Bauen und zu nehmen, … doch dass solche allewegen nach Rat und Anweisung unserer geschworenen Förster geschehe. Ebenso in unser und unserer Unterthanen Hofmarken und auch in unserer Herrschaft Hölzern und Wäldern … wie einst die fürstliche Herr- schaft selbst — zu kohlen nach Rat unserer Forster“ … „Auch mögen sie auf unsern oder andern ihnen tauglichen Gründen in unserer Herrschaft Laim und Tegel zu des Hammers Notturft graben.“ Recht sollen sie beim Pfleger in Neuburg suchen. Auch soll keiner einen Hammer „oder ein ander gangbar Werk“ unterhalb anlegen. 1549 gehörte der Hammer einem Georg Lonnleutner und 1587 einem Hanns Spatz. Im Jahre 1480 erteilte Albrecht IV. dem Eisenhammer zu „ Aickolting “ einen Freiheitsbrief Siehe Lori , a. a. O., S. 117. , indem er „unsern lieben getreuen Purkarten Kerstorffer, Margarethen seiner Hausfrauen und allen ihren Erben unser Mul zu Rietenburg an der Altmühl gelegen, genannt zu Aickolting mit aller Zubehörung übergeben, dass sie da einen Hammer pauen und aufrichten sollen und mugen, da jedes Jahr sovil als sechs und sechzig Pfund Schin zu schmieden“. Auch wird ihnen gestattet, ausserdem eine Mahlmühle zu bauen. Dazu ist ihnen „vergunt Hofstet zu Häusern, dazu Weg und Steg, sowie das Wasser.“ Ihr Recht sollen sie zu Rietenburg suchen. Alle Händel mit ihren Leuten ausser Malefizsachen dürfen sie aber selbst schlichten. Dafür sollen sie „zu jährlichen und ewigen Zinss geben und raichen auf vnsern Kasten zu Rietenburg XXIIII Gulden reinisch“. „Wir söllen und wöllen auch allenthalben vmb den Hammer und der Mul kainen neuen Hammer bey einer Meyl Wegs machen oder stahen lassen, damit sy an dem Wasser nit beswört werden.“ Bau- und Kohlholz soll ihnen in den fürstlichen Wäldern angewiesen werden u. s. w. — Bemerkens- wert ist in dem Brief die Bestimmung, dass sie den Hammer bauen und soviel Eisen darin machen sollen . — Der Aickoltinger Hammer soll seine Entstehung dem Bau der Feste Ingolstadt verdanken. Er ging anfangs des 16. Jahrhunderts in andere Hände über; 1584 wird Bayern. er als Neuen-Kerstorffer Hammer erwähnt Siehe Voith , Der Hammer zu Aickolting oder der Hammer zu Neuen- Kersdorf. Verhandl. d. hist. Vereins d. Oberpfalz u. Regensburg, Bd. VI. S. 4 etc. . Über den Betrieb des- selben sind einige Nachrichten aus dem Jahre 1595 erhalten. Der Eisenstein wurde von Amberg auf der Vils bezogen, auf der Erzschütte zu Regensburg ausgeladen und von da zu Wasser oder zu Land weiter befördert. Der Kohlenbezug war entsprechend dem vorgeschriebenen Eisenquantum von 66 Pfund Schin. Gewöhnlich wurden 60 Pfund Schienen und 10 Pfund Deuhel gemacht. Es sollte jede Woche in dem Zerennherd „3 Pfundeisen aus einem Schilling Aerzt geschmiedet werden“. Ein Seidel Erz stellte sich auf Mk. 1,23, ein Centner gute „Werkschün“ auf 2 fl. 48 Pf., etwa Mk. 5,60 1 fl. = 20 Groschen. . Auf einen Centner Schien- und Deuheleisen wurde verbraucht 42 Kubik- fuss Reisig und 26,76 Kubikfuss Meilerkohlen. Massgebend war das Amberger Kohlenmass nach dem „Amberger Stadtschueg“ gemessen, wovon 14 Kubikfuss (1 Risel) = 16 Kubik- fuss des bayerischen Forstmasses waren. Weiter werden Eisenhämmer erwähnt zu Altenessing, Wolspach, Leidersdorf, Prunn und Loch. 1505 und 1506 wurden die neuen Hämmer an der oberen Laber und der Hochofen (Blauofen) bei Pillenhofen an der Naab gebaut. Genannt wird 1511 der Hammer zu Schönhofen an der schwarzen Laber. Er war, wie alle Hämmer des Nordgaues, landesherrlich und mit Grundbesitz ausgestattet. Wie die andern Hämmer besass er in seinem Gebiete die Vorrechte und Freiheiten der Landsassen gleich den Hofwerksbesitzern. Auf dem Hammer zu Schönhofen befand sich ein Schlossbau. Der Neuenhammer, genannt Ödtmühl, ist wohl der- selbe, der schon in der Sulzbacher Hammereinigung als Hammer zur Ödenmühl aufgeführt ist. Die Hämmer an der Laber und der Alt- mühl mussten sich gleichfalls der Hammereinigung anschliessen. Die Errichtung des Hammers zu Heimhof Siehe Regensburg. hist. Verein. Bd. XVII, S. 469. fällt in das Ende des 15. Jahrhunderts. Ein Patrizier der Stadt Amberg, Hans Modler, kaufte von dem Landsassen Georg Eltlinger zwei Tagewerk Grund und erbaute darauf mit dessen Zustimmung, jedoch gegen den Willen des Bischofs von Regensburg einen Blechhammer. Die Errichtung dieses Hammers war dem nahegelegenen Hammerwerk zu Altenhohen- burg, welches schon 100 Jahre früher bestand und ein hochstiftliches Lehen war, zu grossem Nachteil. Die fürstbischöfliche Regierung Bayern. machte deshalb auch Schwierigkeiten, namentlich wegen der Fischerei und des Rechtes, Bier zu brauen. Dieses besassen zwar alle Hammer- werke der Umgegend, es bedurfte aber einer besondern Verleihung. Ursprünglich beschränkte sich das Brauen auf den eigenen Bedarf, durch den vielen Verkehr mit Fuhrleuten, Holzknechten u. s. w. wurde aber diese Grenze meist nicht eingehalten. Das Eisen von Amberg und Sulzbach fand seinen Absatz zunächst in der Nähe, in der Pfalz, in Bayern, Nürnberg und Regensburg, ging aber auch von hier aufwärts nach Ulm, an den Bodensee und ins Schweizerland und hiess Amberg in alten Zeiten die Eisenstadt. Die Bleche wurden auch nach Frankreich, in die Niederlande, nach Welschland, der Türkei und über das Meer verführt. Der Handels- weg nach Norden ging über Leipzig. Der Haupthandelsplatz für das Eisen des Nordgaues war Regens- burg. Dort waren bedeutende Grosshändler, welche das Eisen in Schiffsladungen bezogen. Als erster wird um 1520 genannt der Handelsmann und Ratsherr Wilhelm Wieland, in dessen Händen sich der oberländische Eisenhandel grösstenteils befand. Am 30. März 1520 wurden drei Schiffe mit Eisen zu Günzburg mit Arrest belegt „wegen Juden- und Stadthändel“. Aus alledem ersieht man, wie bedeutend die Eisenindustrie des bayerischen Nordgaues, der heutigen Provinz Oberpfalz und Regens- burg im 15. und 16. Jahrhundert war. Seb. Münster sagt in seiner Kosmographey (892): „Im Nordgau bei Amberg und Sultzbach ist das gantz Erdreich voll Eisenerz, dem man auch ohn underlass nachgräbt, und alle fliessende Wässer daselbst herum mit Hämmern und Eisen- schmitten verschlagen sind, die Vilss, die Nab und Pegnitz.“ Weniger wissen wir von der Eisenindustrie der übrigen Provinzen Bayerns. Nürnberg, die wichtigste Industriestadt Deutschlands im 16. Jahr- hundert, nahm auch einen hervorragenden Anteil an der Verarbeitung des Eisens. Helius Eobanus Hessus singt 1532 in seiner Norimberga: „Ferrum amet et ferri laudem sibi vendicet uni, Tractandi per mille modos, ac mille per arteis In ferrum gens nata, piae seu commoda pacis, Seu gerat insani furiosa negotia Martis.“ An keinem Orte würden mehr und bessere Waffen gemacht als in Nürnberg. Hierauf wendet sich der Dichter zu der hervorragenden Schilderung der Eisenschneid- und Drahtmühlen an der Pegnitz, die Bayern. wir oben schon mitgeteilt haben. Aus manchen Anzeichen geht mit Wahrscheinlichkeit hervor, dass auch Eisenguss in Nürnberg gemacht wurde und dass wahrscheinlich eine Zeitlang ein Schmelzofen in der Nähe der Stadt an der Pegnitz betrieben wurde. Leider fehlen hier- über bis jetzt bestimmte Nachrichten aus dieser Zeit. Dagegen können wir noch einige ältere Angaben mitteilen. In Franken gab es bei Nürnberg schon vor dem Jahre 1398 einen Eisenhammer und ein Schmelzwerk. In diesem Jahre erhielt Nürnberg Hammerfreiheit. Dass Nürnberger Bürger an der Eisen- gewinnung und an der Hammereinigung von Sulzbach-Amberg vom Jahre 1387 beteiligt waren, haben wir bereits erwähnt. Schon 1363 hatte Karl IV. die alten Fürstenrechte der Burggrafen von Nürn- berg bestätigt und überliess ihnen „alle Goldwerk, Silberwerk, Kupfer- werk, Eisenwerk, Bleywerk, Zinnwerk und alles daz da Erz heizzet, dass in ihren Landen und Herrschaften finden werdet“ Otia metallica I, p. 151, 152. Gmelin , a. a. O., S. 159. . Die Nürnberger Hämmer lagen an der Pegnitz und an andern Flüssen und Bächen. Auf denselben wurde viel Wehr und Waffen geschmiedet, mit denen die Stadt grossen Handel trieb. Sie litten schwer in den Hussitenkriegen. Die Strasse von Nürnberg nach Böhmen ging über Vilseck und Weiden. Sie heisst bei Vilseck noch heute die Eisen- oder Saustrasse. Eisenbergbau bestand ferner zu Fischerlohe im Mainthal, ferner bei Wunsiedel. Die Zinn- und Eisenbergwerke verschafften Wunsiedel 1326 die Stadtgerechtigkeit. Zu Agricolas Zeit waren die Eisen- gruben zu Wunsiedel sehr im Schwunge Agricola de vet. et nov. met. L. II. . Dass um den Fichtelberg herum viel Eisen gegraben wurde, be- zeugt Mathesius Sarepta , Pred. VIII, p. 357. . Albinus erzählt, das bei Neilla gelegene Eisenbergwerk sei schon 1499 von Nik. Stauden wieder gewältigt worden. Bei Bayreuth wurde 1515 Eisenbergbau auf dem Wurmstollen getrieben. Bei Kemnat Siehe Mosch , Zur Geschichte des Bergbaues in Teutschland 1829, S. 163. war schon im 15. Jahrhundert Eisensteinbergbau, und der Zündelhammer und der Pechhöferhammer sind bis ins 19. Jahrhundert im Umtrieb geblieben. Sodann trieb man um den Rothenfels Bergbau auf Eisenstein und die Hölzelmühle war ohne Zweifel der Eisenhammer, da man hier noch Haufen von Zerenn- Beck , Geschichte des Eisens. 44 Bayern. schlacken findet. Gleiches war der Fall am Schwarzenberge bei Kullmain, obgleich von den dasigen Gruben erst von 1597 Register vorhanden sind. — Für den Eisenhammer bei Waltershof im Fichtel- gebirge wurden in den sogenannten vier Öden schon in ältester Zeit Eisensteine gefördert. Ebenso waren Eisenbergwerke bei Mittenteich und Pechhofen, Pullenreuth und Fichtelberg im Betriebe. Im Amte Nabburg wurde auf Eisen gebaut und das Hammerwerk zu Schwarzenfels an der Naab ist schon uralt. Ferner war Ausgangs des 15. Jahrhunderts Eisensteinbergbau bei Berneck, Gefrees, zwischen Creussen und Gottsfeld, bei Nemmendorf (1491), auf dem Geupel und dem Sallich (1495), bei den Zoppaten (noch 1505) und auf dem Wurmstollen (1515) Siehe Mosch , Zur Geschichte des Bergbaues in Teutschland 1829, S. 261. . Der Eisensteinbergbau im Stifte Waldsassen ging im 16. Jahr- hundert ein Vergl. M. Flurl , Beschreibung der Gebirge von Bayern und der oberen Pfalz 1772, S. 400. . An der Saale war Eisenbergbau am Eisenbühl, der den Saal- hammer, den Katzenhammer und den Joditzer Hammer mit Erz versah. — Zu Hüttensteinach blüte Eisensteinbergbau im 15. Jahr- hundert und schon 1464 waren Hammerwerke daselbst, auch zu Ober- steinach war im 15. Jahrhundert ein Eisenhammer. In Oberbayern wurden in der freisingischen Herrschaft Werdenfels zwischen der Loisach und Iser bei Oberhammerspach 1418 Eisengänge erschürft, welche der Bischof verpachtete Ap. Carl Meichelbeck , Historiae Frisingensis 1729, Vol. II, p. 193—197. Lori , a. a. O., Bd. XXIX (S. 17). . Die alten Eisensteingruben bei Aschau eröffnete 1513 Conrad Teschinger wieder und erhielt dafür von Wilhelm IV. einen Lehens- brief Lori , a. a. O., S. 147. . Ebenso Meister Hans Löffler, ein Goldschmied zu München, welcher Eisengruben bei Siechsdorf im Voglwald, Gerichts Traunstein, im Jahre 1515 eröffnete. Ihm wird gestattet, „vngeirrt zu pauen, auch darzue Hutschleg, Plahutn , Wasser, Weg und Steg und alle andre Notdurfft“. Dafür hat er keine Abgabe zu entrichten an Erz oder Eisen. Für den Holzbedarf werden ihm bestimmte Waldungen zugewiesen, nur die Kiefern (Kuefholz) soll er für das Salzsieden zu Reichenhall stehen lassen. Diese Eisenwerke „an der Connzen“ bei Aschau und zu Siechsdorf verlieh Herzog Wilhelm IV. durch Freiheits- brief von 1546 an Pangratz von Freiberg Ebend. S. 244. . Auch ihm wird zu Er- Bayern. bauung des Bergwerks „Huttschleg, Hammerschmitten, Kohlholz und andre Notturft der Arbeit“ und das Wasser gegen Entrichtung des Zehnten zugesagt, welcher ihm aber für die ersten fünf Jahre erlassen sein soll. Dazu wird ihm noch in der Nachbarschaft ein „Eisenschuss“ und ein „öder Fluss“ als Zusatz und Fluss zu seinem Eisenerz zu- gewiesen. Demselben Pangratz von Freiberg verschrieb 1552 Herzog Albrecht das Eisenbergwerk am Kressenberg Lori , a. a. O., S. 282. , sowie die Hüttenwerke bei Au, wo die Erze verarbeitet wurden. Die Schenkung umfasst „ermelltes Eisenbergwerch zu Berg und Thal, die erbauten und un- erbauten Gruben und Eisengang, derselben Gerechtigkeiten und Zugehörungen, derzu Grund und Boden, welche aus dem Guet zu Au, dem Stifft Salzburg gehörig, gelegen zu ainem Hüttschlag gegeben samt dem darauf erbauten Hüttwerk, Behausung, Schmieden, Pad, Pläshaus, Hämmer, Kolbarn, Wurm, Wasserbetten, Redern, Pelgen“ u. s. w. Zugleich wird ihm der Kohlenbezug aus bestimmten herrschaftlichen Waldungen zugesagt und die niedere Gerichtsbarkeit ihm übertragen. Im Gericht Traunstein soll kein anderes Eisenwerk errichtet werden. Dagegen soll Freiberg für 2000 Gulden oder in acht Jahren für je 250 Gulden Eisen an das Salzwerk nach Reichenhall liefern; auch den zehnten Kübel Erz mit Geld vergüten. Ferner soll das Werk soviel Eisen, als in Reichenhall gebraucht wird, liefern und zwar jeden „Sam“ 1 Sam oder Saum Eisen = 250 Pfund. Eisen allerlei Sorten, es sei „Stab-Zenzur und Niedeisen, auch Eisen zum Steinbrechen, Salz- pfannen und Schaufel, als die Sorten uns bei unserm Salzsieden am nöthigsten sind um vier Gulden dreissig Kreutzer und höher nicht, folgen lassen“. Anch soll Freiberg den Versuch machen, Blech zu schmieden und soll dann, wenn dies gelingt, der Kaufpreis dafür vereinbart werden. Die erwähnten 2000 Gulden waren eine Schuld, die vom früheren Betriebe, der auf herzogliche Rechnung geführt worden war, noch auf dem Eisenwerk lastete. Diese Eisenhütten wurden augenscheinlich stark betrieben, denn bereits im Jahre 1561 war so grosser Holzmangel in der Nachbar- schaft eingetreten, dass man das Hüttenwerk zu Au nach Siechsdorf und Bergen in dem Gerichte Marquartstein verlegen musste, wo im Jahre 1579 neue Waldungen ausgemarket Siehe Lori , a. a. O., S. 305. und der gefreite Berg- gerichtszwang auf dem alten Fuss, sogar durch einen besondern Vertrag mit dem Pflegegericht Marquartstein, eingeführt wurde. 44* Württemberg. Ferner werden Eisensteingruben bei Besenbach erwähnt, wo am Jachbache bei Benediktbeuern Heinrich Barth 1505 einen Eisen- und Kupferhammer erbaute, wozu er zwei Jahre zuvor von Herzog Albrecht IV. Erlaubnis erhalten hatte C. Fr. Mosch , Bd. I, S. 156. Lori , a. a. O., S. 181. . Da dieser aber durch 13 Jahre nur dürftig im Umtriebe erhalten worden, verkaufte Johannes Barth das ganze Werk an den Abt von Benediktbeuern, welcher dasselbe nieder- reissen liess. Während die bayerischen Herzoge die Eisengewinnung in ihren Landen mit Eifer und Umsicht unterstützten und in Schwung brach- ten, blühte in den Städten Nürnberg, Regensburg, Augsburg, Mün- chen und Passau die Eisenschmiedekunst in einer Weise, wie fast nirgendwo. Ganz besonders war es die Waffenschmiedekunst, die gepflegt wurde und Grossartiges leistete. Das Schmiedegewerbe der genannten Städte stand in enger Wechselbeziehung zu der Eisen- industrie des Landes und so war es möglich, dass die bayerische Eisenindustrie im 15. und 16. Jahrhundert eine der ersten Deutsch- lands war. Württemberg . Von der schwäbischen Eisenindustrie im Mittelalter können wir nur wenig berichten. Es giebt zwei Gruppen von Eisenwerken in Württem- berg, die im Kocher- und Brenzthal, und die im Schwarzwald bei Freudenstadt, Schramberg und Tuttlingen. Im Jahre 1365 belehnte Kaiser Karl IV. den Grafen von Helfenstein durch seinen Vormund, den Grafen Ludwig von Oettingen mit allen Eisenwerken in der Herrschaft und in den Wildbannen derselben samt Mühlen und Häm- mern an der Brenz und am Kocher, oder anderswo, wo er bedürfe, wovon er jedoch 1367 den Ezzamanaberg (Zahnberg) ausnahm. 1479 wird das von dem Cisterzienserkloster Königsbronn daselbst begründete Eisenwerk zu erstenmal genannt. Bereits im Anfange des 16. Jahrhunderts entstanden Hochöfen in Württemberg, 1518 wurde der erste Schmelzofen am Kocher zu Unterkochem bei Aalen von einer Gewerkschaft betrieben. 1598 brachte Herzog Friedrich I. das Eisenwerk Königsbronn, welches da- Baden. mals aus einem Schmelz- und Schmiedewerk und der 1591 erbauten Blechschmiede bestand, an sich. Von den Schmelzhütten bei Aalen und Königsbronn stammen schöne Ofenplatten, z. B. die oben (S. 304) erwähnte, Coriolan und seine Mutter darstellend. Baden . In verschiedenen Gegenden Badens blühte die Eisenindustrie im Mittelalter. Es waren namentlich die Bohnerze und andere Braun- eisensteine der Juraformation, welche verhüttet wurden. Eine uralte Eisengewinnung bestand im Breisgau. Bei Kandern (Chandro) scheint schon in vorrömischer Zeit Eisen gewonnen wor- den zu sein Siehe F. J. Mone , Gewerkschaften von Eisen, Glas und Salz vom 11. bis 17. Jahrhundert. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 1861, S. 385 und J. B. Trenkle , Geschichte der Schwarzwälder Industrie 1874, S. 104. . Die Römer setzten diese fort. Die grosse Kriegs- strasse von Augst nach Windisch machte eine beständige Besetzung des Landstrichs nötig und es war den Römern von Wichtigkeit, den grossen Eisenbedarf ihrer Garnisonen aus der Nähe decken zu können. Auch die Sage bestätigt dies. Die römischen Türme am Landhag im südlichen Schwarzwald sollen durch unterirdische Gänge zusammen- hängen. Das sind aber Reste alter Bergwerke. Ein Platz bei dem römischen Turme Wiladingen heisst noch jetzt die Heidenschmiede. Dass im 9. Jahrhundert Eisenwerke bei Kandern betrieben wurden, ist urkundlich festgestellt. In der Güterbeschreibung des Stiftes Lorsch über die Einkünfte im Breisgau heisst es: In Chandera est huoba, quae solvit de ferro 4 solidos, d. h. ein Hofgut bei Kandern entrichtete von einer Eisen- hütte jährlich 4 Schillinge an das Stift. Ebenso gab es schon im frühen Mittelalter Eisenschmelzen bei Säckingen. In einem Vertrage des Fridolinsstiftes zu Säckingen mit dem Grafen Rudolf von Habs- burg vom Jahre 1207 wird bestimmt: ne conflatoribus massarum ferri succis ad opus suum ulterius concedatur Siehe Herrgott , dipl. Habsb., Bd. I, S. 210. , den Eisenschmelzen soll der Holzhieb (in den Klosterwaldungen) nicht weiter gestattet werden. Von ebenfalls sehr hohem Alter und von noch grösserer Baden. Bedeutung waren die Eisenwerke im Frickthal, früher im Breisgau, jetzt in dem schweizerischen Kanton Aarau gelegen. Der uralte Bergbau auf Eisenerz im Frickthal Vergl. Arnold Münch , Die Erzgruben und Hammerwerke im Frickthal und am Oberrhein. Aarau 1893. , welcher 1241 zuerst urkundlich erwähnt wird, während die Eisenschmelzen zu Säckingen und Laufenburg, welche diese Erze verhütteten, sogar schon im Jahre 1207 genannt werden, stand anfangs des 16. Jahr- hunderts in hoher Blüte. Die Eisenerzgruben, deren bedeutendste bei Wölfliswyl „Die Erzgruben ze Wil gen Wülfiswilr genant, im Banne ob dem Frick- thal“, heisst es in einer Urkunde vom 29. Jan. 1411. lagen, wurden von einer Bergwerksgenossenschaft, wahrscheinlich der ansässigen Bauern, welche die „ Ernzergemeinde im Frickthal“ hiess, betrieben. Sie wurde urkundlich erst im Jahre 1520 anlässlich eines zu Ensisheim zwischen ihren Vorstehern und den Vertretern des im Jahre 1494 in Laufenberg gegründeten „Eisen- bundes“ genannt, obgleich ihr Ursprung weit älter sein muss. Da- mals erstreckte sich die Ernzergemeinde auf die vier Vogteien Wölfliswyl, Wittnau, Frick mit Gipf und Oberfrick und Herznach. Sie zählte an 400 Glieder („etwo vierhundert so sich vss gemeltem berg ernerten) und stand unter einem „Meier“, dem Stellvertreter oder „Verweser“ des königlichen Bergrichters, einem Vogt und Ge- schworenen. Die Landeshoheit stand Österreich zu und wurde aus- geübt durch die vorderösterreichische Regierung, welche auch am 30. April 1517 eine Bergordnung erliess, die „Berg-Ordnung in denen vier Landen Breyssgau, Sunggau, Ölsass vnd Schwarzwald“. Die Enzer- gemeinde verschmolz ihre Erze selbst und zwar in Stücköfen, Playen (entsprechend den steirischen Plaaen, Plaaöfen) genannt, wofür sie die Kohlen, welche im eigenen Gebiete nicht mehr beschafft werden konnten, kaufen mussten und zwar im Jahre 1520 aus der benach- barten bernischen Herrschaft Urgitz. Dies gab die Veranlassung zu dem Rechtsstreite mit dem Eisenbunde. Dieser Eisenbund war von den altangesessenen Hammer- schmieden der Herrschaften Laufenberg und Rheinfelden, welche ihr Massel- oder Stückeisen hauptsächlich aus dem Frickthale bezogen, am St. Antonientage (21. Januar) 1494 zu Laufenberg errichtet worden. In der Meisterversammlung „der hammerschmiden des issen- gewerbs so man nennt die grossschmiede, von allen Orten, wo die im Lande gesessen seindt“, beschlossen die 33 Hammerschmiede mit Einmut die Aufstellung einer Ordnung zur Abstellung der Missbräuche Baden. und Unordnungen im Gewerbe und zum Schutze gegen die Konkur- renz. Diese Ordnung enthielt folgende Hauptpunkte: 1. Aufstellung eines Obmanns mit Strafbefugnis; 2. Massregeln gegen das Über- schmieden und Festsetzung einer Maximalproduktion für jeden ein- zelnen Hammer unter monatlicher Kontrole; 3. Vorschriften über Währschaft, Gewicht und Verkaufspreise der einzelnen Fabrikate; 4. über Ankauf von Rohmaterial und Kohlen; 5. über Anstellung von Arbeitern; 6. Strafbestimmungen (bei Übertretung der Ordnung 10 Pfund Pfennig Busse, bei Ungehorsam Ausschluss vom Bergwerk, sowie vom Bezug von Erz und Masseln); 7. ohne besondere Be- willigung des Königs oder des Landvogtes soll inskünftig kein neuer Hammer errichtet werden; nicht autorisierten neuen Hämmern oder Eisenschmieden soll der Erzberg geschlossen sein und dort ihnen weder Erz noch Masseln verabfolgt werden; 8. alle aus der Hand- habung der Ordnung erwachsenden Kosten werden von den Vereins- genossen „nach Markzahl“ getragen. Diese Ordnung erhielt die kaiser- liche Bestätigung am 26. Juli 1498. Aber schon zwei Jahre danach entstanden zwischen Bürgermeister und Rat zu Laufenberg und Schultheiss und Rat zu Säckingen „Irrungen und Spene“, weil letztere gegen die Ordnung zwei neue Eisenhämmer errichtet hatten. Der Streit wurde durch Kaiser Maximilian I. als Landesherrn durch Vergleich am 17. Juni 1500 beigelegt und wurde den Säckingern jetzt gestattet, fünf Hämmer, aber nicht mehr, zu unterhalten. Eine Verschärfung hinsichtlich der Kontrole beim Verkauf und der Ab- gaben erfuhr die Ordnung im Jahre 1503, indem bestimmt wurde, „dass hinfürine khein issen mer so an den obgemelten (nämlich zu Laufenberg, Säckingen, auf dem Schwarzwalde, im Frickthal, in Zeiningen, im Wehrerthal, zu Olten und Aarau) gemacht würt vff khein marckht gefeurt noch verkauffen werden, es sige denn vor vnnd ehe in den herschaften das es geschmidtet wurt, gewegth mit dem Gewicht der fronwag vnnd nit von der fronwag wegfeuren, es werdt den an der wag verkhaufft; doch so mag ein jeder nach angebung der wag das sein zuemarckht feüren vnnd verkauffen inhalt der ord- nung vormals durch die kuniglichen landtvogt vnnd ret vffgericht“. Der Bund hatte ein gemeinschaftliches Eisenhaus und eine Wage zu Laufenberg, auf welcher ein beeidigter Eisenwieger, der vom Bunde angestellt war, den Abnehmern das Eisen zuwog und auf richtige handwerksmässige Verarbeitung und redliches Gewicht zu achten hatte. Kein Eisen, welches auf Wagen oder sonst zum Verkauf nach Laufen- berg verbracht wurde, liess man hinweg, „es gehe denn zu einem Baden. Bogen (Thor) hinein und zum andern hinaus“. Welches zu leicht befunden wurde oder nicht gehörig verarbeitet war, dessen Besitzer wurde dem Obmann des Bundes angezeigt. Der „Eisenwäger“ hatte das Eisen jedes Hammerschmieds genau aufzuzeichnen und an den bestimmten Terminen zu verrechnen. Er erhielt dafür von jedem Meister alle „Frohnvasten eine Pfund Stübler Haus- und Waaggeld und zu Weihnachten noch überdies einen Gulden“. Er durfte kein Eisen an einen Kaufmann gegen eine Abschlags- oder Teilzahlung abgeben oder solches auf „Mehrschatz“ (d. h. unter Profitnahme) feil haben und mit demselben nicht auf den Markt fahren oder sonst (unter der Hand) verkaufen. Jeden Kauflustigen hatte er ins Eisenhaus zu führen, um ihn das Eisen besehen zu lassen, und hatte der Käufer gewählt, so musste er denselben an den Hammerschmied weisen, dem das Eisen gehörte, aber nicht mehr an einen andern. — Es gab also keinen Zwischenhandel, und nur die Güte der Ware bestimmte die Wahl des Käufers. Die Preise für alle Waren, für Pflugscharen, Seche (die mit grösseren Hämmern ge- macht wurden), Hauen, Bickel, Stangen u. s. w., waren genau bestimmt und jedes Mitglied musste zum festgesetzten Preise verkaufen. In dem Statutenbuche der Stadt Grosslaufenberg aus dem 16. Jahr- hundert ist der Text des Diensteides eines Eisenwiegers erhalten Siehe Mone , a. a. O., S. 408. . Ordnung-Artikel und Aidt eines Ysenwergers zu Laufenberg . 1. Du würdest schweren, gut ufsehen zu haben, dass alles Eysen, so allhie gemacht wurdet, es sein Krumm- oder Radeysen, wegeysen, stab etc., es kaufens die Huefschmidt hie oder anders, in das Eysenhaus und an die Waag khommen, und kains ungewogen hinweglassen füeren, es seie dann verschaft und habe das gewicht; auch kain Eysen, so uff den Wägen oder sonst khombt, nit hinweglassen, es seie dann alles zu einem Bogen hinein und zum andern wieder hinaus gewogen; und welches zu leicht und nit verschaft, dass soll er dem Obmann dess Ysenbundts anzeigen. 2. Zum andern sollest du jedem Hammerschmidt-Meister sein eysen, so er das Jar machen ist, getreulich in schrift nemen und uffzeichnen, damit einem jeden umb das seinig khendest und wissest Wehrung zu thuen. Baden. 3. Zum dritten sollst du von einem jeden Maister alle Fron- fasten ein Pfund stebler Hauss- und Waggelt und zu wie- nachten einen Gulden einziehen. 4. Zum vierten sollst du auch kein gelt an einichen Kaufmann uff eysen nemen, oder für dich selber eysen uff Merschatz feil haben und mit denselben uff den Marckht fahren oder sonst allhie verkhaufen, sondern so ein Kaufman kombt, den in das eysenhauss füern und das eysen gar lassen besehen und welches dann dem käuffer gefellig, soll er denselben zu dem, dass das eysen ist, weisen, und nit einen mehr dann den andern fürdern, alles getreulich und ungeuerlich. 1509 errichtete der Jacob Müller zu Wehr eigenmächtig einen neuen Hammer, wogegen der Bund Einsprache erhob. Die Sache wurde von der Regierung zu Ensisheim dahin verglichen, dass die Laufenberger Hammerschmiede den neuen Hammer übernahmen und dem Müller für seinen Verzicht 100 Pfund Baseler Währung = 80 rheinische Gulden bezahlten. Dieses Abkommen bestätigte Kaiser Maximilian am 15. Dezember 1509 mit dem Vorbehalt, „Wann vnnd so offt sich begeben, das wür des obangezeigten oder einen andern hammer vnnd schmidten, so die hammerschmiedt zu Laufenberg, Sekhingen vnnd andern enden dasselb sumt haben, zue vnsserm ge- zeüg vnnd anderm notturfftig sein wurden, das wür vnsser diener vnnd meister darin halten vnnd arbeiten lassen mögen vnnd desselben guet fueg, macht vnnd gewalt haben, so lang dass vnsser oder vnssern erben vnnd nachkhomen notthurff erfortert ohne bemelter hammer- schmidt jrer erben vnnd menclichs vonn jren wegen jrrung vnnd widersprechen, doch in vnsser sels costen“. Dagegen sollte fortan an den genannten Orten niemanden gestattet werden, einen neuen Hammer aufzurichten. In Abgang kommende oder von den Inhabern nicht in baulichem Zustande erhaltene Hämmer und Schmieden be- halte sich der König vor, zu seinen Händen einzuziehen, wieder auf- zurichten und nach Gutdünken zu verleihen. Von besonderem historischem Interesse ist aber der grosse Rechtsstreit des Eisenbundes zu Laufenberg mit der Ernzergemeinde des Frickthals. Von alters her hatten die Hämmer des Eisenbundes ihr Rohmaterial, Erze und Stückeisen (massa = Masseln) von den Eisenwerken im Frickthal bezogen, so dass sich hieraus ein Gewohn- heitsrecht gebildet hatte. Der Eisenbund behauptete sogar, dass ihm das ausschliessliche Bezugsrecht zustehe, und hierüber entbrannte der Streit. Baden. Etwa zwei Jahrzehnte nach Errichtung des Eisenbundes — wahr- scheinlich um 1519/20 — war in der aus Frickthal angrenzenden bernischen Herrschaft Urgitz eine Hammerschmiede errichtet und der- selben aus dem nahegelegenen Wölfliswyler Bergwerke freundnachbar- lich Erz und Masseln verabreicht worden. Da der Eisenbund, unter Berufung auf seinen Stiftungsbrief, gegen diese Lieferung Einsprache erhob, das Bergwerk aber gleichwohl zu liefern fortfuhr, so wurde ersterer bei der Regierung zu Ensisheim klagbar. Über den Verlauf dieses Handels ist noch ein ausführliches Spruchprotokoll vom 18. Juni 1520 von 30 Folioseiten im Laufenberger Gemeindearchiv vorhanden, woraus A. Münch in seiner angeführten Abhandlung einen Auszug mitteilt. Das Urteil fiel zu Gunsten des Eisenbundes aus und wurde zu Recht erkannt: „Das vorgen. vogt, geschworenen vnnd ganze ge- meinde in Frickthal in crafft vnnd nach vermöge der obberüerten ordnung vnnd darüber losgegangenen confirmation das ernz, massen vnnd clingen, so sy hinfür machen, nit vss der herrschaft, sondern in dersselben vnnd nur an die schmieden vnnd hemer so in der ordnung begriffen, verkhauffen vnnd begeben vnnd sich fürer dheins vsslendi- schen hamer noch zu khauffen gebruchen so lang bis das die ob- gemelt ordnung vnnd confirmation bey jetz dem regierenden herren vnnd landesfürsten widerumben abtrieben, vnnd dazue denn hammer- schmidten den costen jnen disser sachen halber vfferloffen nach muet- masigung vnnd tax der rathen bekhennen vnnd abtragen solln.“ Aus den Prozessverhandlungen ergiebt sich, dass der Bergbau im Frickthale in früherer Zeit noch ausgiebiger war, indem vor der Gründung des Eisenbundes „der Berg“ dem Landesherrn jährlich 150 Pfund eingetragen hatte, jetzt aber kaum 88 Pfund. Dagegen erreichte der Eisenbund um 1509 den Höhepunkt seiner Entwickelung, indem in diesem Jahre die Zahl der Hammerwerke auf 36 stieg. Dass dieser blühende Zustand der vorderösterreichischen Eisenindustrie um die Mitte des 16. Jahrhunderts noch bestand, beweist die Angabe des Sebastian Münster in seiner Kosmographie von 1544, wo er von Laufenberg berichtet: „Die Einwohner ernehren sich zum guten teil von dem Eysen, das man dort schmelzt, aber das Ertz gräbt man im Frickthal auss einem Berg; trägt ein jahr und alle jahr bey 20000 gul- den. Es gibt gemeldter Berg so viel Ertz, dass man dreyzehn Häm- mer dazu braucht.“ Sonst sind die Nachrichten über die Eisenindustrie der Herr- schaft Laufenberg im 16. Jahrhundert bis 1596 nur spärlich, von letztgenanntem Jahre ab sind Zollrechnungen vorhanden. Baden. Die Eisenhämmer schmiedeten hauptsächlich Schienen, Radeisen, Wegeisen, Scharen und Halbeisen, welche nicht nur im Österreichi- schen, sondern auch in der Schweiz Absatz fanden. Dies erhellt aus einer Beschwerde, welche die Stadt Zürich am 14. März 1563 an die allgemeine eidgenössische Tagsatzung zu Baden brachte. In dem be- züglichen Abschied heisst es: Zürich macht die Anzeige, dass seine Schmied- und Schlossermeister sich über Erhöhung des Preises und Verminderung des Gewichtes des Werkeisens beschweren, das sie aus Laufenberg beziehen. Obschon bekannt ist, dass dieses Eisen überall teurer worden, weil auch das Erz und die Kohlen aufgeschlagen haben, so wird doch an den kaiserlichen Obervogt von Schönau zu Laufenberg geschrieben, er möge dafür sorgen, dass das Werkeisen im früheren Gewichte fabriziert werde und möchte seine Meinung darüber nach Zürich melden. Die Kohlen bezog der Eisenbund aus dem Schwarzwalde, wie aus einem am 23. Juni 1573 abgeschlossenen „Vertrag des Kohls halber, wie es soll gemessen, auch in wass werkh ein zuber soll gegeben werden“, hervorgeht. Über den Preis des Masseleisens liegt eine urkundliche Notiz aus dem Jahre 1586 vor, danach „ist dem pundt verwilliget so geblosen werden, sechs kreuzer“. Für jede „Karrete“ Erz wurde ein Grubgeld von acht Rappen entrichtet. Im Jahre 1596 wurde in den vier Vogteien im Frickthal gefördert: in Wölfliswyl 364, in Wittnau 186, in Frick 282 und in Herznach 348, zusammen 1180 Karreten. Die im Bergwerke selbst, d. h. in Wölfliswyl und Wittnau bis 1599 produzierten Masseln bezahlten an die Herrschaft eine Gebühr von acht Kreuzern für jede Massel, während das „Massel- geld“ der Genossen des Eisenbundes nur sechs Kreuzer für die Massel betrug. Dass diese Masselgelder aber sehr unregelmässig eingingen, beweist eine Notiz in der Herrschaftsrechnung von 1596, wonach die „gemeinen Hammerschmiede des Isenbundes“ auf Ende 1595 an das achtjährige, mit ihnen verrechnete Masselngeld 936 Pfund 10 Batzen schuldig verblieben, bezüglich dessen sie „eines erlittenen grossen resten wegen“ bei der vorderösterreichischen Kammer supplicando um Nachlass einkamen. Es wurden zu Laufenberg, Säckingen, Murg und Wehr an Masseln produziert: 1596: 1255; 1598: 1468; 1599: 1563. Eine Massel wog in der Regel 10 Centner. Vermutlich war dies zum Teil schon Roheisen. Die Schmelzöfen, in denen das Eisen aus den Erzen geschmolzen wurde, hiessen Blewlin (Blauöfen). Die zwei Hämmer in Zeiningen, welche zur Zeit der Gründung des Eisen- Baden. bundes bestanden hatten, nebst „einer Blewlin“ waren schon vor 1596 in Mühlen umgewandelt worden. Von den in Niedernhofen be- standenen zwei „Blawlin“ war die eine ebenfalls schon vor 1596 eingegangen, während die andere mit einer Säge verbunden wurde. Zu Kandern wurde schon anfangs des 16. Jahrhunderts eiserne Munition gegossen. Die Kandererhütte, welche in Erbpacht war, ge- langte infolge von Überschuldung in die Hände eines Gläubigers, der sie für 180 fl. Nach dem damaligen Werte des Guldens etwa 1055 Mark. an Markgraf Christof von Baden abtrat. Dieser ver- lieh dieselbe am 26. Juli 1512 an die kaiserlichen Zeugwarte Peter Mussler zu Breisach und Peter Münch zu Ensisheim Der Verleihungsbrief befindet sich in Karlsruh und ist abgedruckt in dem angeführten Aufsatze von Mone . . Als Zins sollten diese jährlich an Martini 11 Centner geläutertes Eisen und zwei eiserne Schaufeln geben. Die Unterhaltung des Hammers lag ihnen ob. Holzkohlen erhielten sie aus den fürstlichen Waldungen. Der Markgraf behielt sich vor, dass, wenn er oder seine Erben sich auf diesem Hammer eiserne Kugeln oder anderes Eisenwerk machen lassen wollten, so sei dies jeder Zeit vorab zu giessen. Für den Centner Kugeln zu grossen und Schlangenbüchsen, auch Öfen und anderes gegossenes Werk wurde ein Gulden rheinisch (5,68 Mk. nach heutigem Wert), und für den Centner Schmiedeeisen ein Gulden und drei Baseler Plappart 1 Plappart = 5½ Kr. = 16 Pf. (6,25 Mk.) bezahlt. — Neun Jahre später — 1521 — verlieh der Markgraf das Hammerwerk an Reinehold Mussler von Strassburg mit der Aufgabe, ihm seinen Kriegsbedarf zu giessen. — Eine städtische Verordnung von Überlingen von 1461 schreibt vor, dass ein Eisenhändler an der Schiene Eisen höchstens fünf bis sechs Pfennige Gewinn nehmen solle. Im niederen Breisgau hat das Hammerwerk zu Kollnau bei Wald- kirch im Elzthal schon im 16. Jahrhundert bestanden. Zu Oberried bei Freiburg werden Eisengruben schon im Jahre 1303 erwähnt Siehe Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. XI, S. 438. . Ebensolche waren zu Todtnau im Schwarzwalde 1322 im Betriebe Ebend. Bd. XII, S. 370. . Zu Eberdingen an der Wutach bestand seit 1501 eine Eisenschmelze, welche bis 1761 betrieben wurde. Die Todt- nauer Waldordnung wurde 1464 erlassen. Die zweite wichtige Gruppe der Eisenindustrie in Baden umfasste Baden. die Werke der fürstlich fürstenbergischen Gebiete zu Neustadt und im oberen Kinzigthale Siehe Trenkle , a. a. O., S. 129. . Zu den ersteren gehört Hammer-Eisen- bach, eins der bedeutendsten Hammerwerke Badens bis in die neuere Zeit. Im Jahre 1523, Montag nach Jakobi (am 27. Juli), verlieh Graf Friedrich von Fürstenberg an Philipp von Almenshofen zu Immen- dingen sein Bergwerk im Ysenbach und Vallenbach samt Wasser und Wald zur Gewinnung aller Metalle und mit dem Recht und der Ab- sicht, Eisenschmelzen und Eisenhämmer daselbst zu errichten, unter folgenden Bedingungen: Philipp und seine Genossen haben das Recht, einen oder mehrere Hämmer aufzurichten; die vorhandenen Ge- bäulichkeiten darf er benutzen, ebenso Weide und Wasser für das Vieh der Arbeiter. Sie haben den Holzhieb an der Grube für die Haushaltung, den Bergbau und die Verkohlung, und wenn es an Holz fehlt, will ihnen der Graf von andern gelegenen Orten zu billigem Preise abgeben. Der Graf hat das Verkaufsrecht von allem Metall. Die Bergleute stehen in Schirm und Geleit des Grafen, müssen sich aber ordentlich betragen. Der zehnte Kübel gegrabenes Erz gehört dem Grafen. Hat er einen Haufen beisammen, so kann er verlangen, dass es auf der Hütte für ihn verschmolzen wird, muss dies aber acht Tage vorher ansagen, die Kohlen stellen und den Knechten ihren Lohn geben, wie die Pächter, so lange er sie braucht. Es ist den Pächtern gestattet, Beihämmer zu bauen, um darin „Blech, Sturz, Waffen. Klingen, Plüg, Boden“ oder anderes zu schmieden, und will ihnen der Graf dazu behilflich sein, dafür haben sie dem Grafen jährlich vier Gulden zu entrichten. Die Erze müssen sie innerhalb des Bezirks ausschmelzen und verarbeiten. Beim Zeichen der Sturm- glocke und einer Landesnot sind die Bergleute, wie andere Landes- sassen, verpflichtet, Hilfe zu leisten, sofern es ihre Arbeit gestattet, aber nicht weiter, als dass sie Abends wieder daheim sein können. Die Pächter können die Werke verpfänden oder verkanfen, ihre Nach- folger müssen aber in ihre Pflichten eintreten; der Graf hat das Vorkaufsrecht. Die Pächter können die Werke aufgeben, müssen dies aber dem Grafen öffentlich bekannt machen, worauf ihre Rechte zurückfallen. Ebenso fällt das Werk zurück, wenn sie es ein halbes Jahr brach liegen lassen. Wer die Bergleute oder die Ihrigen be- leidigt, bezahlt die doppelte Busse für solchen Frevel, und dies soll öffentlich verkündigt werden u. s. w. Baden. Die Werke, die in Rückgang gekommen waren, wurden 1528 wieder aufgenommen, aber es fehlte an Arbeitern. Als im Jahre 1529 Georg v. Hornstein , genannt v. Hertenstein , das Werk zu Eisenbach übernahm, hatte er viel Schaden „durch die unordnung, so bisher in solichem Bergwerk gewesen und dass die smelzer und andre arbeiter zu solichem gehörig nit getrewlich gehandelt, zu vilmolen auch entlofen, dadurch die arbeit des bergwerks niedergelegt“. Er wandte sich deshalb an Markgraf Ernst von Baden, der für ihn an die Pfalzgrafen Friedrich II. und Johann schrieb, um von ihnen einige gute Arbeiter zu erhalten. In ähnlicher Angelegenheit schrieb Graf Friedrich von Fürstenberg am 12. Juli 1529 an seine Mutter um Erz- knechte aus dem Kinzingthal, an denen er grossen Mangel habe Siehe Mone , a. a. O., S. 394. . Nach einem andern Schreiben vom 13. Juni 1537 wurde ein ge- schickter Schmelzer aus Schwatz in Tirol nach Hammereisenbach ge- schickt, wie auch Schmelzer und Hammerschmiede aus Kärnten, und ein Schmelzofen auf kärntnerische Art , d. h. ein Stückofen erbaut. Es waren zwei Hammerschmiede und zwei Läuterer an- gestellt, welche, wenn sie das produzierte Roheisen aufgearbeitet hatten, auf Wartegeld sassen. Da dies oft vorkam, schlug 1536 der Schaffner Keller von Eisenbach vor, nur einen von jeder Arbeit zu halten. Dass die Werke nicht recht gedeihen wollten, lag an den hohen Abgaben, die es an den Grafen von Fürstenberg zu entrichten hatte. Der Bergwerks- und Hüttenzins, der dem Lehnsherrn ent- richtet wurde, bestand im Zehnten und im Vorkaufsrecht. Der Zehnte wurde vom fertigen Produkt erhoben. Der Bergwerkszehnte war der zehnte Kübel reines Erz. Der Eisenzehnte wurde nach „Keller- gewicht“ erhoben, als Ganzer oder Halber; der Ganze von den fertigen Waren, der Halbe von den Abfällen, Spänen und altem Eisen, das wieder verarbeitet wurde. Die Ablieferung der Hammerschmiede von Eisenbach in das Magazin oder den „Keller“ wurde durch Einschnitte in das Kerbholz (Span oder Holz genannt) kontroliert, und sowohl die Schmiede hatten ihre eigenen Kerbhölzer, als auch der Keller. Für den Hammerschmied galt „Schwergewicht“ der Centner zu 110 Pfund, für den Keller Leichtgewicht der Centner zu 100 Pfund. Nach diesem wurde verkauft und der Hüttenzehnte des Bergherrn berechnet. Der Lehnsherr wurde öfter durch den Zehnten und das Vorkaufs- recht im Handel der Hauptkonkurrent seines eigenen Werkes. So Baden. war es zu Eisenbach. Graf Friedrich von Fürstenberg hatte bei der Belehnung des Georg von Hornstein mit dem Eisenweg zu Eisenbach das Vorkaufsrecht in der Weise vorbehalten, dass der Lehensträger ihm jeden Centner Eisen um 20 Kreuzer wohlfeiler geben musste, als andern Käufern. Dies erschwerte das Geschäft, was nur wenig da- durch gemildert wurde, dass der Lehnsherr mehrere Anfangsjahre, bis ein regelmässiger Betrieb erreicht war, freigab. Im Jahre 1533 hatten die Hammereisenbacher Werke folgende besondere Ordnung, von dem Verwalter Friedrich Steinmetz ent- worfen, erhalten: „Ordnung den Yssenbach petreffent anno 1533“. Dieselbe beginnt mit Bestimmungen über den Bergbau und die Erz- wäschen. Die groben Erzstücke und Wände sollen gut geröstet und dann erst gepocht und verwaschen werden, „so nimpt ihm der rost die wildnuss .... und alsdan last sich der stain uff dem waschsieb leichtlich abheben, sunst bleibt er im ercz“. Sodann heisst es von den Schmelzern: (8). Der Schmelzer soll im Akkord schmelzen und erhält nach dem Gewichte des ausgeschmiedeten Eisens von 10 Centner 10 Batzen. Ebenso wird das vergossene Eisen nach dem Gewichte gelohnt. Schmelzt er in der Woche 100 Centner, „das gibt 75 Centner gschmit ysen, thuet sein lon 1 wochen 5 gulden, davon gibt er dem knecht und uffseczer 1 wochen 2 gulden, bringt im noch 3 gulden, is gnuog. Doch soll er uff 1 jar ge- dingen, soll auch allerlay ercz under ainander schmelczen, und so er nit schmelczt, sol man im geben zw wartgelt 1 wochen 10 Batzen“. Dafür muss er den Ofen ausbrechen und wieder in Stand setzen, auch das Ge- schirr und Werkzeug in guter Ordnung halten. — „Zum neuntten, wer’ ain gueter nucz, so man das geschmelczt ysen verkawfet oder machet als ofenplatten, kuglen oder an massen, dem alwegen der viertayl an dem geschmelczten eysen abget, item man nem’ain centner geschmelczt eysen, leuter ’und schmid’dn, so wirt darauss 75 pfund ge- schmit eysen; von den 75 pfund gib zw lon für leutern und schmiden 2½ batzen, mer koln 3 batzen, mer feur und andere uncosten ½ batzen, das thut 6 batzen. item so gelten die 75 pfund yssen 1½ gulden, zeuch darvon die obengenannten 6 batzen, pleibt noch 16½ batzen 1 Gulden = 15 Batzen = 60 Kreuzer = 1,714 Mk. , komt der ctr. geschmelczt ysen hin zw verkawfen. Zwm zechenden dem leutermaister abwegen zw verdingen nach dem ctr. gscheint ysen lyffern, allwegen 10 centner pro 18 batzen, und so er feyrt, das im kol oder ysen sawmpte, im geben zw wartgelt 10 batzen, den knecht lass er andere arbeit thuen. Er sol auch die lwppen nit zw gross machen, auch die wol under dem hamer trückhen und an paiden orten zengen. Er ist auch schuldig, seine leuterfeur sampt anderen gschier und werchzewg in guetem paw und wessnlich halten. Er sol auch sampt dem Baden. knecht den grossen hamer helfen schwayssen, stächlen und zw erlegen. Er sol auch uff ain jar gestelt werden. Zwm ainlften dem hamerschmid alwegen zw verdingen nach dem centner, alwegen von 10 ctr. ain gulden geben. item so er rennt, im geben von ainem centner 15 creiczer, und so er feyrt, das in kol oder anders sawmbt, im geben uff in und ain knecht, wochen ain gulden. Item für das grest, dar an dem Yssenbach vil glegen, das er ain schöne gattung schmide, als namlich schinen, steb, wegysen, sech, mülysen, legysen, und wass zw der notturft gefrümpt wurd und er machen kan, nichts ussgenomen, und in sunders die schinen nit zw schwer, nemlichen 7, 8, 9, 10, 12 pis in die 14 pfund schwer. Item er ist auch schuldig, den hamer zw versechen mit stächlen und zw erlegen, hamerstil, arm in welbaum, das puntwerch, wo es von (nöten) wurde, das pay gueter zeyt zw verkeylen. Er sol sich alwegen mit guetem duren keylholtz, hamerstiln und armen zw versechen. Er sol auch alwegen uff ain jar lang pestelt werden. Zwm zwelften das dem schmelczer, leutermaister hamerschmiden die massen und lwppen weyss oft gewegen werden, dar auf ain rechnung machen, ob sy mit nucz oder schaden arbaiten. Item es ist in alweg zw versuechen, nach ainem staehelmaister zw werben, da mit man staehel machet, dan warlich das ysen vast staehelreich ist; wäre ain gueter nucz dar bey. Item so gute winterban wär’, das man ain etlich wegen ercz von Hordingen, durch die nachpauren in Yssenbach gfüert hett, mag man es rennen; es ist vil pesser dan die fello. Zwm dreyzechenden das alle praitschaft pey allen arbaiten alwegen pey zeyt verhanden sey, erstlich am berg mit zimerholz und gstengen, pfällen, zwm grüeben gfiert werdt, sampt den saylen, pergktruchen und Kübln. Item beym schmelczofen mit forgenden gehawten werchen sambt anderm zeug. Item bey der schmiten mit laimb, hamerstil, arm, dillen zwm wasserbaw und an reder. Zwm vierzechenden sol man gedengken, das man alwegen peym schmelczofen und hamerschmiten anzal holcz in furrat lass hawen, da mit man das holcz nit also grien kolen muess, dan gross schad da pey ist, gibt auch pöss kolln. Item es sol auch alles kolholcz uff den haller span ge- hawen werden, wo müglich uff rissen zvn kolpleczen pracht werden, gibt man vom spalten, seczen und prennen von 25 ziber 10 batzen, es wär’ aber in alwegen pesser, man verdinget das kolen von dem Stainen her, geb von 23 oder 24 ziber ain gulden, man mag nit wol rechter zwkomen. Zwm füntzechenden das man im Yssenbach alles schwarcz und wyss, kol, ercz, laimb und stain, massen etc. den nachpauren auch statlich ist, füeren lass. Item man gibt von 11 füeder kollen zwm schmelczofen zw füern ain gulden, item von 20 fueder ercz ein gulden, von ainem fueder laimb 1 batzen, von 12 massen ain gulden von dem schmelczofen zwm hamer zw füeren, und kains wegs aygne fuer zw haben im Ysenbach. Zwm sechzechenden das under lechn ainem redlichen gsellen ver- leichen und darauf seezen, ime die new scheur dar zwu lassen. derselbig meinem gnedigen herren ain zug halt’, alle notturft zwm hamer umb zim- lich plonung fueret, und kain aygne fuer halten, dan die aygen fuer, karren- Baden. knecht, ross und gschier bis heran her mit grossem costen gehalten ist worden. Item das hamergietle ainem schaffner forpehalten zwm handel, alss den garten und hew zw ainem ross oder zway. Zwm sibentzechenden ainen gwerb im Yssenbach zw haben, als thuech. parchat, zwillich, brot, mel, salcz und schmalz, schnech etc., und wass den pfening perieren mag, wär’ ain gueter nütz dar bey, söllich gwin mag der schaffner lon uss tragen sampt anderm uncosten, besunder so die handlung in gang kompt wie ieczt. Zwm achtzechenden ist not ains zimermans’, den stettes durchs gancz jar zw haben, der alle ding kindt machen, als wagen-geschier, kol und ercz- pennen, reder sampt allem gschier in der schmiten, schmelczofen, und am perg, in uffs gancz jar dingen. Zwm neutzechenden und zwm lesten das guete ornung, pezalung und straf under den arbaitern sey, und das man ainen yedlichen arbaiter, so dem Yssenbach verwont, uff ain jar lang pestell und alda ain iedlicher schwere ain aydt gott und den haylingen, meinem gned. herren und seiner gnaden schaffnern trew und hold zw sein, frümen zw firdern, schaden zw wenden, inhalt des aydts, so ain iedlicher meins gned. hern aygen man thuet und schwört etc. (Original im Archiv zu Donaueschingen. Der Name des Verfassers steht zwar nicht dabei, aber ein beiliegender Brief desselben zeigt ganz die nämliche Hand.) In einem Schreiben vom 5. Mai 1558 d. d. Markirch empfiehlt der Landrichter Joh. Hubensack dem Grafen von Fürstenberg einen guten Schmelzer aus Graubünden, der gegenwärtig in Montafun sei. Im Jahre 1578 gründeten die Bergleute unter sich eine Hilfs- kasse, „Bruderbüchse“ genannt, in die jeder Knappe wöchentlich einen Rappen einzahlte, um daraus bei Krankheit und Unglücks- fällen Unterstützung zu erhalten. Im Jahre 1599 bestand das Werk zu Hammereisenbach aus vier Abteilungen: 1. Holzbereitung, 2. Köhlerei, 3. Erzgewinnung und 4. die Schmelzhütte mit Schmelzern, Aufsehern, Ofenknechten und Schlackenpochern. Ein Teil der Leute war nur zeitweise im Hammer beschäftigt, die Nichtbeschäftigten erhielten Wartegeld. Am 16. Juli 1599 wurde für das Eisenbergwerk zu Hammer- eisenbach folgende Ordnung gemacht: Die Arbeiter waren in zwei Klassen eingeteilt, in der ersten durfte jeder eine Kuh halten, in der zweiten je 2 Gaisen. In der Holzarbeit „im Gsell“ waren 13 Arbeiter, darunter 2 Weiber, die zusammen 29 Gaisen hielten, und zwar der Holzmeister 4, ein anderer auch 4, die übrigen 2 und eine Frau je 1. In der oberen Holzarbeit (Köhlerei) und beim Schmelzofen 19 Arbeiter, davon hatten 17 je eine Kuh, einer 2 Gänse und der Holzmeister 2 Kühe. Im Ganzen 57 Arbeiter mit einem Viehstande von 41 Gaisen, 39 Kühen und einem Pferd. Sie benutzten die gemeinen Beck , Geschichte des Eisens. 45 Baden. Weiden, durften aber nicht in die jungen Schläge oder Schächen treiben. Die Bergleute wurden vielfach von der Herrschaft gedrückt, wo- rüber sie in den Jahren 1594 und 1598 Beschwerde erhoben. Die Knappen mussten ihre Nahrung von den Bergherren beziehen, die diese nach Willkür hoch oder niedrig anrechneten. Über Produktion und Produktionskosten liegen folgende Nach- richten vor: 1582/83 wurden in einem Jahre 2273 Ctr. 38½ Pfund Eisen erzeugt und dafür 7888 Gulden 2 Batzen 9 Rappen erlöst. Die Preise für den Centner betrugen 4, 3⅔, 3½ und 3⅕ Gulden. 1583/84 wurden 2383 Centner 89 Pfund Eisen produziert. Gemeines Eisen kostete 1547 2 Gulden und 4 Batzen (9,30 Mk.) pro Centner. Damals war das Eisen sehr billig. 1547 hatte der Schaffner erklärt, das Werk könne noch bestehen, wenn der Centner bester Stahl nach Villinger Gewicht um 4 Gulden (16,50 Mk.) verkauft würde. 1572 waren die Preise höher; es kostete der Centner gemeines Eisen 3 fl. 3 bis 5 Batzen, „gefrömtes“ Eisen (Zaineisen) 3 fl. 10 Batzen (an 14 Mk.), 1593 gemeines Eisen 3 fl. 7 Batzen, gefrömtes 4 Gulden der Centner. Die Produktionskosten im Jahre 1584: für die Gewinnung von 1 Centner Schwarz- und Roterz wurden bezahlt 6 Kzr. = 45 Pf.; 1594 von einem Kübel Schwarzerz 9 Kzr., von Roterz 2 Batzen, später wurde dies wieder gemindert und den Bergleuten auch die Beschaf- fung und Erhaltung des Geschirrs aufgehalst; Schmiedlohn für einen Kübel Roterz 4 Pf. (= 15 Pf. jetzt), für einen Kübel Schwarzerz 2 Pf., für den Centner Wäscheisen 18 Kzr. Hammerschmiede und Läuter- lohn pro Centner 9 Batzen, Schmelzer- und Aufsetzelohn für den Centner Masseleisen 2 Batzen 8 Rappen. Durchschnittlich gaben 3¼ Kübel Schwarzerz einen Centner Masseleisen. Die Kohlenpreise betrugen 1584 für ein Fuder Holzkohlen 61 Kreuzer; ein Fuder schwankte zwischen 14 bis 16 Zubern, deren einer 9 bis 11½ Pf. (9 Pf. = 30 Pf.) galt, wonach ein Fuder von 15 Zuber auf 13 Schilling 4 Den. (= 4,50 Mk.) zu stehen kam. Schon im frühen Mittelalter war der Rhein die wichtigste Verkehrs- strasse für den oberländischen Eisenhandel. Dieser Handel ging vom Bodensee bis nach Köln. Dieses, der wichtigste Eisenmarkt am Rhein, übte seinen Einfluss bis in die fernen Thäler der Schweiz. Das ober- ländische Eisengewicht, die Wag = 120 Pfund, entsprach dem kölni- schen Eisencentner, wie er schon 1370 festgesetzt wurde. Wegen der Rheinschifffahrt kam am 5. Juli 1438 ein Vertrag zwischen Basel und Laufenberg zu Stande, die Beschwerden der Schweiz. Schiffer über das Rheingefährt betreffend. Darin wurde bestimmt: Die Schiffer und Laufenknechte dürfen ausser der Messzeit Eisen etc., das in ihr Revier fällt, verschiffen. Nach den Zollregistern gingen rheinisches Eisen und Eisenwaren zu Berg, mit diesen seit dem 16. Jahrhundert auch Steinkohlen. Der Rheinzoll zu Bacharach war der wichtigste Zoll auch für die Eisenwaren. Aller Zoll zu Bacharach war basiert auf den Wein- zoll. Der Zoll von 1 Zollfuder (= 2 Fuder zu 6 Ohm) Wein ent- sprach im Jahre 1576/77: 4 Schienen Eisen, auch Kunkel oder Funken genannt, 6 Blechfass ad 30 Stück Blech, 3 Sensenfass ad 30 Stück Sensen (nach anderem Tarif = 8 Sensen — oder Klingenfass), 12 Geschöck Eisenstürz ad 24 Stück, 24 Wagen Eisen, 4 Harnischfass ad 3 Harnischkörbe, 16 Nagelfass. Schweiz . Die badische Eisenindustrie am Oberrhein stand in engster Be- ziehung zu derjenigen der Schweiz. Das Produktionsgebiet des Laufen- berger Bundes lag grossenteils auf jetzigem Schweizer Gebiet. Es wird deshalb am besten sein, das, was über das Eisenhüttenwesen der Schweiz im 16. Jahrhundert noch zu berichten ist, hier vorzubringen. Die Eisenindustrie der Schweiz war nicht bedeutend. Dies lag aber weniger am Mangel an Eisenerzen als am Mangel an Kohlen. E. König sagte 1703 in seinem regnum minerale (Bd. II, S. 29): Eisen giebt es in allen Kantonen; in Zürich am mons Hegerius, in Bern am mons Vocetius bei Hassburg, in Luzern in der Bleikenalp (alpe Bleicken dicta), in Uri am schwarzen Erzberg, in Unterwalden im Melchthal, in Glarus am Guppenberg, in Basel bei Laufenberg, in Solothurn in der Herrschaft Falkenstein bei Clause (oder Clausam), Thierstein und Gilgenberg, ferner in Neuenberg, in Sargans am Guntzenberg (Gonzen) und bei Flums am Wallensee (Fluminis ad lacum rivarium prope pagum Quintam Morgae funditur et ex ea massulae [Masseln, vocant idiotae] ferreae conflantur). — Hieraus wurde 45* Schweiz. vorzüglicher Stahl gemacht. Nicht minder im unteren Engadin bei Sernezum und in der Grafschaft Baden bei Tegernfeld. Von Bedeutung war indess im 16. Jahrhundert nur die Eisen- gewinnung im Frickthal, Kanton Basel, und bei Sargans und Flums, Kanton Glarus, dem wir noch die in Vorarlberg und Montafun an- schliessen wollen. Letztere geht besonders weit zurück. In der Umgegend von Bludenz waren im 11. Jahrhundert acht Eisenschmelzen, welche Masseln (massae) schmolzen und Beile schmiedeten Mohr , Codex dipl. von Graubünden, Bd. I, S. 286. . Die Eisengewinnung bei Flums geht vielleicht in die römische Zeit zurück (Bergbau am Gonzen). Im Mittelalter war Flums berühmt durch seinen vorzüglichen Stahl. 1396 verpfändete Graf Hans von Werdenberg-Sargans seine Graf- schaft mit Eisenwerk und Schmieden dem Herzog Leopold von Öster- reich Siehe P. Plattner , Geschichte des Bergbaus der östlichen Schweiz, S. 13. . Am 9. Juli 1410 verkauften Anton Isenschmid bei Walch, Agnes Vidal dessen Schwiegermutter, Anton Vidal deren Sohn etc. ihr Gut, dazu auch die am Bache selbst gelegene Schmiede, die ihr Erblehen war von Peter von Griffensee , nebst allen ihren Rechten an der Herrschaft, Schmieden, mit dem zu der kleinen Schmiede gehörigen Geschirr und Werkzeug, desgleichen ihre Rechte an dem Schmelzofen samt allem Gezeug und Werkgeschirr für 850 Pfund Heller. Peter Kirchmatter , der Bruder des R. Kirchmatter , verkaufte die von seinem Bruder ererbte Eisenschmiede zu Flums nebst dem Schmelzofen daselbst, auch mit Bälgen, Hämmern und Werkgeschirr um 300 rhein. Gulden an den obengenannten Peter v. Griffensee in Flums. Die Erze aus dem Bergwerke in Gonzen wurden zu dieser Zeit in Flums verschmolzen. Viel später erst wurde der Hochofen nahe am Gonzen errichtet. Laut einem Spruchbriefe Siehe Plattner , a. a. O., S. 16. der achtörtigen Gesandten vom Jahre 1550 war allen neu aufkommenden Hammerwerken im Sarganser Land verboten, Erz zu graben und Eisen zu erzeugen, denn das Recht stand einzig den Besitzern des Bergwerks zu, wofür sie Schirmgeld zahlten, und die Landvögte sollten „die Eisenherren“ nach dem Lehenbriefe in allen Freiheiten schützen und schirmen. Diese hatten auch freies Recht der Holzfällung. Rheinpfalz. Das Bergrecht basierte auf der alten Bergordnung, die Herzog Siegmund von Tirol 1408 erlassen hatte. Die Eisenerzgruben und Hammerwerke des Frickthals und am Ober- rhein standen, wie oben erwähnt, zu Anfang des 16. Jahrhunderts in Blüte. Die frickthalischen Erzgruben zu Wölfliswyl gehörten zu der vorderösterreichischen Herrschaft Rheinfelden. Rheinpfalz . Das nördliche Baden umfasst früher pfälzische Gebiete, weshalb wir hier die Nachrichten über die Eisenindustrie der Rheinpfalz anknüpfen. Heidelberg, die Hauptstadt der Rheinpfalz, am Neckar gelegen, war ein wichtiger Zollplatz. Es war eine „Freistätte“, d. h. ein Frei- hafen. Im Jahre 1465 werden 40 isen als zu verzollende Artikel der Stadt genannt Siehe Mone , Zeitschrift für den Oberrhein, Bd. IV, S. 399. . Vielleicht kam das Eisen von Gammelsbach, wo später eine Eisenhütte war. Nach dem Zolltarife von 1480 wurde es auf der Achse eingeführt und nach der Wagenlast, bestehend in 12 Wagen zu 1440 Pfund, verzollt. Eine Hammerschmiede zu Winnweiler wird in einem Schutzbriefe des Pfalzgrafen Philipp vom 22. Jan. 1485 erwähnt; derselbe lautet: Wir Philips etc. bekennen etc., das wir Elsenhennen den hammer- schmitt uff der ysenschmitten zu Wennwiler in unsern sunderlichen schirm und verspruch uffgenommen han, ine und das sin zu schirmen und zu versprechen glich unsern eigen angehorigen luten, wo in des rechten zu nemen, zu geben, zugeben und zu nemen fur uns, unsern reten, unsern Hofgericht oder amptluten, oder wohin wir das iglich zytt wisen, genugt und dem nachkommen will; und daruff hat uns der genant Elsenhenn gelobt, getruwe und holt zu sin, unsern schaden zu warnen, fromen und bestes zu werben, als eyn schirmgewanter schuldig und pflichtig ist, und er soll uns eyns jeden jars fur schirmgelt eyn halb wage ysens = 60 Pfund. in unser kellerey zu Altzey geben und antworten on hindernis. Darumbe so befehlen wir allen und iglichen unsern amptluten, dienern und den unsern, das ir den Rheinpfalz. obgenanten Elsenhennen und das sin gemelter mass von unsern wegen by recht hanthaben, schuwern und schirmen, wann er des notturftig und begerend ist, und soll der schirm steen biss uff unser oder unser erben widderrufen, urkund diss brifs versigelt mit unserm anhangen- den secret. Datum Heidelberg uff samsstag nach Sebastiani Anno dom. M°.CCCC°LXXX quinto. (Pfälz. Cop. Buch. N. 15. f. 263 zu Karlsruhe.) Über die Eisenschmelze zu Schönau in der bairischen Pfalz findet sich folgende Nachricht in den pfälzischen Zollakten von 1545 Siehe Mone , a. a. O., Bd. XII, S. 411. : „Zum vierten wollen die zu Schönaw, so die Schmelzhütten und die gantze nutzung des Eisenwerks, so allda gemacht würd, und von den Herzogen zue Zweybruecken bestanden oder erkauft haben, ihre Kohlen, so sie in der Hütten verprauchen, auch ganz und gar zoll- frey haben, und denn das Eisen, welches sie allda machen, auch in die Stätte hin und wieder verführen, verkaufen, auch zollfrei haben, referieren sich uff obgemelten vertrag, gaben auch vor, dass ihre Amptleut allen Underthanen solchen Zoll bei hoher Strafe verbieten zu geben.“ Hierzu berichtet der Zollbereiter folgendermassen: „Gleicher- gestalt hab ichs mit denen von Schenaw dahin gebracht, dass sie ihr Eisen, so sie in die Reichsstätt und auch ander stätt verführen, auch mit Willen vergolten, ohne angesehen, dass es ihr Ambtmann uff Weygelburg zum oftern mahl verbotten, hiergegen ich sie pfenden lassen, biss sie es müd worden und nun den Zoll richtig reichen. Zuvor haben sie nie kein Zoll darvon geben, auch nicht abgefordert worden.“ Von der Eisenindustrie im Wasgau wissen wir wenig. Die Eisengewinnung im Ober-Elsass hat erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine grössere Bedeutung erlangt. Dagegen wird schon im 13. Jahrhundert eine Hube in der Altenstadt bei Weissen- burg erwähnt, die jährlich dem Kloster ein Beil und eine Axt (achia, hache) zu liefern hatte; ausserdem musste sie Scharen für drei Pflüge und Hämmer für die Maurer schmieden Tradit. Witzenb., p. 279. . Auf welcher historischen Unterlage die Angabe Gurlts Siehe Dr . A. Gurlt , Bergbau und Hüttenkunde, S. 128. be- ruht, dass die Hochöfen mit offener Brust gegen Ende des 13. Jahr- hunderts im Elsass erfunden worden seien und sich von da rasch nach den Mainländern, der Eifel, Burgund, Champagne und in die Nassau. Niederlande verbreitet haben, ist uns unerfindlich. Sie steht im Wider- spruch mit allen beglaubigten Thatsachen. Mehr Anspruch auf Wahr- scheinlichkeit hat die Angabe, dass im Elsass 1490, nach Andern sogar 1470, Ofenplatten gegossen worden seien (vergl. Bd. I, S. 948), obgleich auch hierfür bis jetzt der Nachweis fehlt. Wir lassen hier noch einige Preisangaben aus Südwestdeutsch- land und der Schweiz folgen Vergl. Mone , a. a. O., Bd. XII, S. 314 etc. . Zu Winterthur kostete 1261 ein Hufeisen 1½ Den. (etwa 16 Pf.). Zu Constanz kosteten 1443 nach den dortigen Stadtrechnungen drei Stück Eisenschienen 8½ Schilling- Pfennig (3,27 Mk.), die Schiene also 1,09 Mk. — Das Pfund Eisen 3 D. (10 Pf.). 300 Nägel kosteten 6 Schilling-Pfennig (2,30 Mk.), also das Hundert 77 Pf. 1448 kostete ein „Ballen“ Stabeisen in Constanz ein Pfund 15 Schilling-Pfennig (= 13,18 Mk.). 1508 musste der herrschaftliche Schmied zu Germersheim vertrags- mässig den Pfalzgrafen ein Hufeisen für 7 Pf. (18 Pf.) liefern. Zu Reichshofen kostete 1488 ein Thürschloss 5 D. (20 Pf.), auch 3 Pf., ein Schlüssel zu einem Hängeschloss (malschlussel) 2 D. (8 Pf.), ein Hängeschloss 8 D. und 5 D. — Zu Durlach kostete 1551 ein Schlüssel 8 D.; ein gewöhnlicher Schlüssel zu Basel 1559 1 sch. 4 Pf. (21 Pf.). Nassau . Im Rheingebiete nördlich von Baden war Nassau das wichtigste Eisenland, besonders die Grafschaft Nassau-Siegen. Sowohl im Dillenburgischen, wie im Siegenschen stand das Eisengewerbe im 16. Jahrhundert in hoher Blüte. Siegen mit seinen trefflichen Spat- und Brauneisensteinen war ein uraltes Eisenland. Die Eisenindustrie bildete die Grundlage des Wohlstandes seiner Bewohner. Für die geschichtliche Entwickelung dieser Industrie ist das Siegerland von be- sonderem Interesse. Aus diesem besitzen wir die ersten beglaubigten Nachrichten über den Betrieb von Hochöfen. Vordem bediente man sich der Rennfeuer, die vielfach im Walde und auf den Höhen betrieben wurden und von denen zahlreiche Schlackenreste Zeugnis geben. Dass dem Hochofenbetriebe im Siegerlande ein Betrieb in Nassau. gemauerten Stucköfen, wie sie in Steiermark gebräuchlich waren, voraufgegangen ist, wie vielfach angegeben wird, ist unerwiesen. Vieles, was zur Siegenschen Eisengeschichte gehört, haben wir bereits früher vorgebracht (Bd. I, S. 964 etc.). Indem wir darauf verweisen, knüpfen wir daran an, um Einzelnes noch weiter auszuführen. Zunächst lassen wir das wichtige Weistum vom Jahre 1443, in dem die „Massenbläser“ zuerst genannt werden, welche die Eisen- hütten an den Wasserläufen betrieben, in seinem Wortlaut folgen. Es ist bezeichnet als „ein Weistum, wie es mit dem Schmelzen und Mahlen zu halten, wenn zwo Hütten oder Mulen in einen Graben gehen, vom 21. Juli 1443 Abgedruckt in Corpus constitutionum Nassovicarum. Sammlung der Ge- setze der nassauischen Lande Ottonischer Linie, Dillenburg 1796, nach der alten Abschrift auf Pergament. “. Anno Domini M°. IIII°. XLIII°. uff Sondach nest nach Diuisio Apostolorum, wart gewiest, upn recht, van den molnorn unde massen- blesirn, vür den Amptluden Juncker Philips von Bicken, Heymann Wolffe, Henchen scholthes, Henne Lossern, vonde der eyn scholthes vür dem Han ist, So wa zwa Hütten, aider zwa molen in eyme graben gaent, vnd eyme rade wassers gebreche, So daz eyne Hütte aider eyne mole, nit gegaen enkunde, So sollent Beyde parthien vmbe daz wasser Loissen, vnde eyne parthie sal an blasen aider malen vyerttzihen dage aider lenger wy sy des übert komment, vnd were sache daz sy dis nit also enhilden, vnd jr einer deme andern das wassir neme, daz man in wairheit fünde, de sulte den Hern brochhaftig sin vnde en das verbussen. Wie die Wasserkräfte der Ausdehnung der Betriebe gewisse Grenzen setzten, so war dies noch vielmehr durch den Wald und die verfügbare Holzmenge der Fall. Wegen dieser entstanden die Ein- schränkungen der Hütten- und Hammerzeiten. Jede Hütte durfte nur eine bestimmte Zeit im Jahre blasen, damit nicht durch den zu grossen Kohlenverbrauch die Wälder verwüstet würden. Diese, wie die Vergünstigungen anderseits, ferner Organisation und Betrieb, wurde geregelt durch die Kurbriefe , deren ältester aus dem Jahre 1516 stammt. Den wesentlichen Inhalt desselben haben wir bei dem Abschnitte über Hochöfen (S. 794) mitgeteilt. Ausser den Bestim- mungen über die Blasezeit und den Kohlenkauf ist darin noch fest- gesetzt, wie es mit der Aufnahme der Raitmeister, d. h. der Gewerken oder Zunftgenossen, die das Handwerk nicht selbst trieben, sondern Eisen verschmieden liessen und mit Eisen und Eisenwaren handelten, Nassau. ferner mit der Aufnahme der Lehrjungen, oder derjenigen, welche die Zunft gewinnen wollten, gehalten werden soll. Ferner, dass die Massenbläser die Anheb- und Ablasstage richtig anzeigen sollten, und dass weder Massenbläser noch Hammerschmiede das Handwerk ausser Landes betreiben durften. Die ausreichende Beschaffung der Holzkohlen bildete schon da- mals eine unablässige Sorge der nassauischen Fürsten, die zu mancherlei Einrichtungen und Verordnungen Veranlassung gab. So im Jahre 1524 die nachfolgende Ordnung des Grafen Wilhelm „wegen übermässigen Zehrungen, ingleichen von Kohlen und Eisen- handel etc. (Freytags nach H. drey Königen 1524) Siehe Corp. const. Nassov., S. 77 etc. “. Diese Verordnung, die an die Unterthanen und Bewohner der Ämter Dillenburg und Siegen (vnsern Ambtern Dillenberg vnd Seegen) ge- richtet ist, bringt die Bestimmungen über den Eisen- und Kohlen- handel in eine sonderbare Verbindung mit der übermässigen Ver- schwendung, die namentlich bei Hochzeiten, Kindtaufen, Begräbnissen und Wallfahrten eingerissen war. Den Übergang findet der Gesetz- geber in der Bestimmung über Mässigkeit in den Zunftstuben: S. 80: Item wir wollen auch dass hinfurtter In allen Zünfften, dho sie verbott oder versamlung halten, keiner vber einen Albus ver- trincken oder sunst vnnotz costen haben, Alles by poen sechs albus einem jeglichen der das vberfehrt. Kohlen Keuffen vnd verkeuffen . Item wer einem oder mehr Kohlen verkhäufft, dieselbig vf nem- lich zyt zubezalen zugesagt, vnd sin bar gelt von dem Keuffer daruf empfangen hait, der sall auch die Kohlen so er verkhaufft vnd zu was zytt er die zu lieferen zugesagt dem Keufferen ohne alle Inrede lieferen vnd betzahlen den Kauf vnd verkauff gestracks wie der ge- schehen ist, gehalten werden, welcher verkeuffer Aber mehr dem einem Kohlen verkäufft, von jglichem gelt darauf nimbt vnd die doch nit zu der zyt, wie er zugesagt hait, bezahlt, der oder die sollen von vnseren Amtluten oder des Beuehl habent, mit dem Thorn, oder wie vns das gefellig gestrafft werden. Dazu nichts destoweniger dem Keuffer, was er Inen versprochen, zu betzahlen schuldig seyn vnd die zuthun, von vnseren dess bevel- habend mit ernst angehalten werden. Derglichen soll es auch mit dem Keuffer, Ob er den verkeufferen nit hielte, gehalten werden. Nassau. Von hamerschmiedden . Item es sollen alle hammerschmidde, was sie vür Stangen, Schönen vnd ysen machen, alspalt jglich sin zeychen daruf schlagen vnd keines vngezeignet aus der hütten verkäuffen oder hingeben. Auch jglicher Meister ein eigen zeychen haben vnd keiner sich des Anderen gebruchen. Wurde Aber einer oder mehr Ysen also vn- getzeichned verkeuffen oder hingeben, Der oder die sollen von vnseren Ambtluthen vnd des Beuehl habendt Ier lyb vnd gut verburgt an- genommen werden, vnd vnsers gefalles In straiff gefallen syn. Es sollen auch alletzit sechszehen Schönen eysens vf eine wage geschlagen vnd gerechnet werden. Geben Fritags nach der hiligen dreyer Königtag, Anno 1524. Es musste also alles Eisen, das verkauft wurde, gezeichnet wer- den, und bei dem Stabeisen sollten 16 Schienen auf die Wage gehen. Das Gewicht einer Wage war auf 120 Pfund festgesetzt. Im Jahre 1528 erschien eine weitere Verordnung des Grafen Wilhelm, die den Hammerschmieden das Nachtschmieden verbietet und die Hüttenzeit der Massenbläser von 12 Wochen auf 8 Wochen herabsetzt. Sie lautet: So stellen wir das nachschmieden ganz ab, also das In obberur- tem vnserm Amt keiner der Hammerschmiede der sie auch wie er woll, nachts schmieden, besonder sollen morgents zu vyer vhern an- fahen, vnd des abents zu acht vhern Ablassenn, und sollen der Massenbleser zeit, so bisher vff zwolff wochen gestanden, nhu hinfuro Jede huthe vff acht wochen zu blasenn gestellt sein , Also das vff keiner Hutten ein ganz Jaerlang nit meher dan acht wochen geblasen werden soll, vnd so einicher disser articul einen wie obsteet vberfuhren oder nit hielt, solt von Jedem Tage oder von Jederer nacht so vil sie zuviel blasen oder schmiden worden, mit zehen gulden zur beuss verfallen sein, Vnd wollen auch das ernennte vnsere Unter- sassen, guet Kaufmannsguet blasen vnd schmiden mit Kolen Keuffen wie furhin geordnet vnd vffrichtiglich handeln, Jeder auch sein zeichen, vnd keiner des andern zeichen slagenn. Auch kein eysen verkauft werden soll, ess sie dan zuuor ge- zeichnet, wie dan vnsere vorige ordnungen solichs auch vermogen, alles bie hochster buess vnd straeff, damit dan auch desto vffrichter vnd redlicher In diesem allem vmbgangen werde, Wollen wir etlich darzu verordnen, derhalb sovil, moglich vfsehenns zu haben. Aber Nassau. vmb andere schlechte sachenn moegen sie sich Inhalts Ires vorigen Kuerbriefs fuglich halten. Des zu vrkhunde haben wir vnser Inge- siegel wissentlich an diesem breiff thun hangen. Der geben ist In denn Jaren Funffzehenhundert vnd Im acht und zwanzigsten, Am heiligen Osterabend. Der unablässig für die Wohlfahrt der Eisenindustrie seines Lan- des besorgte Graf Wilhelm ordnete 1535 weiterhin durch eine be- sondere Verordnung Siehe Corp. const. Nassov., S. 97 etc. das Kohlen- und Erzenmass. Sie lautet wie folgt: Bericht, wie die hütten-, Stein- vndt Kohlenmasse bey denn alten sein gehalten vnd durch vnsere gnedige her- schafft bishero erhalten worden . Vonn wegen des Wolgebornen Grauen Hernn Wilhelms Grauen zu Nassaw, Catzenelnpogen etc. Ist auf heut Dato gemacht, fertigt vnd erneuwret, das Kohlen maass, darab vnd von so lang menschen gedencken nicht darwieder die Kohlen Körbe, mit seiner dieffte, Breite vnd Weide von vnden biss oben genohmmen, wie solches bej des altten schulmeisters Kindern abgemessen worden, vnd durch die eltisten, von allen hütten, gerecht erckant, vnd solches ahn eissenen stab, so bei des schreiberi in Gewolb vfm schloss Dillenberg sein vnd befunden soll werden, verzeichnet, Unnd nemblichen soll der bodemb inwendig dem gebör oder verzeunen ein franckfurter ehl vnd eins Zohls lang sein, vnd der bodemb in der mitte, vber zwerch einer halben ehlen vnd eines halben Zohls dick, breit, vnd gegen den beiden enden etwas vberlang seyn, abgemessen werden, nach aus- weissung des stabs vnd diesses zeichens am selben —— · I · Die dieffte des Korbs inwendig von dem bodemb hinauf zu messen, biss vf das oberst, so grund sein soll, des ganzen eisen stabs lang dieff sein soll. Der stab helt fünf Franckfurter viertel vnd anderthalben Zohl in der lengde. Desgleichen soll der Korb, oben kurtz weiss in die vierung vnd vber zwerch gemessen, auch allenthalben, als lang der stab weit ist, abwendig dem obersten gerunden breit sein. Vnd wenn solcher Korb also gemacht, so ist das die prob, das darin gestrichen, elf mesten herborner Korn mästen, mit weich Kohlen vnd keiner frucht beschütt, gerechtfertigt werden soll, Vnnd die weichkohlen, soll man Nassau. vngefehrlicher streichen vnd gelten diesser zeit ein Korb, vf der Brennckautten, ein albus. Item die hartte Kohlen, soll man hauffen, vndt gilt diesser zeit ein Korb gehaufft voll, zween räder albus vf der Brennkauten. Der Körbe machen 18 ein klein fuder vnd XXXVI Körbe ein gross fuder oder Reuss voll. Ess ist auch vf benente zeit erkundigt, Das das stein mass vf dem bergekwerck im gehaltt vier herborner geheuffter mesten hadern haltten sollen, deren Sieben vf ein wagen gehorn, wie von altters. Wann auch das stein mass verlohren, so soll daselbst von gemessen vnd wieder genohmen werden, dieses is alles von alters also herpracht, wie die eltisten bej ihren eiden ge- nohmen vndt gehaltten haben. Also auch des Altten Schulmeisterskinder, Vatter vnd altvatter zue Cambergk vnverdächtliche Jahr, die maassen der Körbe vnd reussen, bei treuwen vndt eiden gemelter massen gleich zu machen vnd auszugeben befelch gehabt, vnd sollen auch die Körb so new, dem mass nach gemacht, vnden vnd inwendig am bodemb, wie auch oben, ann vier orthen gleich abwendig der rundirung der lengde, das mass mit einem bekannten brandt zeichnen, wie vnser gnediger herr solches zu ordnen hat, verzeichnet werden. Vnd sollen von keinen kein korb kohlen, ausgemessen noch ein- genohmen werden, die seyen dan von vnserm gnedigen herrn des- halben verpflichtet, vnd die körbe recht gerechtfertigt. Wird aber Jemandt hierüber strafbahr befunden, derselbe soll nachdem er viel oder wenig gemessen hatt, gestrafft werden, wie Mein gnediger herr das setzet. Actum et Datum vf Freytag den 18. Sep- tembris Anno XXXV. Dieses Kohlenmass hat sich erhalten bis in dieses Jahrhundert. Das Fuder, das in 5 Zain (Zehn) geteilt war, fasste 88⅓ Kubikfuss; 2 Fuder machten einen Wagen aus. Das wird ausdrücklich bestätigt durch eine Urkunde von 1544. Es war 1 Wagen = 2 Fuder = 10 Zain = 6,056 cbm. Ein Wagen (gross Fuder oder Reuss) kostete nach obiger Ordnung: leichte Kohlen 36 Albus (= 1½ Gulden = 3,80 Mk. 1 Räder-Gulden = 12 Batzen = 24 Albus = 288 Heller. 1 Thaler = 31 Albus. Nehmen wir an, dass der Räder-Gulden im Siegerland denselben Silber- wert hatte, wie ein Marien-Gulden am Harze, so war 1 fl. = 2,60 Mk., 1 Thlr. = 3,36 Mk. und 1 alb. = 0,1083 Mk. , schwere Kohlen 72 Albus (= 3 Gulden = 7,60 Mk.). Über das Gewicht von Eisen und Stahl macht Becher aus er- Nassau. haltenen Urkunden nachstehende Mitteilungen Siehe Becher , Mineralog. Beschreib. der Nass. oran. Lande, S. 521. : Anfänglich und, wie es scheint, seit dem Bestehen des Hütten- und Hammerwesens enthielt der „Stalln“ Roheisen 150 Pfund. Aus einem Stalln Roh- eisen mussten die Hammerschmiede einen Wagen geschmiedetes Eisen liefern. Am 30. Juli 1581 erhöhte man solchen auf 152 Pfund zum Nutzen der Hammerschmiede. 16 Stalln machten einen Wagen Roh- eisen und 120 Pfund einen Wagen geschmiedetes Eisen aus. 1544 betrug der Karren Rohstahleisen (Spiegeleisen) 8 Stalln. Der Stalln 1 Centner 42 Pfund thut, den Centner zu 108 Pfund ge- nommen, 150 Pfund. Eine „Maisse“ Stahl wog 1 Centner 28½ Pfund oder 136½ Pfund. Der Karren Stahl hatte 6 Centner 4½ Pfund. Becher teilt ferner Siehe Becher , a. a. O., S. 525. die Betriebsrechnungen von drei Hütten- reisen aus dem Jahre 1553 mit. Wir haben die Hauptresultate schon oben (S. 198) mitgeteilt. Da aber dies die ältesten Rechnungen eines Hochofenbetriebes sind, so verdienen sie hier eine genauere Prüfung. Auf der Rinzenauer Hütte dauerte die Hüttenreise sechs Wochen. Man brauchte in der Woche 50 Fuder Kohlen; im Ganzen an Kohlen 300 Fuder à 1½ Gulden 450 fl. — Alb. an Eisenstein Tag und Nacht 4 Wagen, also die Reise 144 Wagen à 14 Albus 84 „ — „ Fuhrlohn vom Wagen Stein 8 Albus 48 „ — „ Knechtslöhne : dem Meisterknecht wöchentlich 1 fl. 9 Albus 8 „ 6 „ den andern beiden Knechten jedem wöchentlich 1 Thaler = 1 fl. 7 Albus 15 „ 12 „ beim Ablassen 1 Thaler 1 „ 7 „ für 12 Röste à 7 Albus 3 „ 12 „ für Wein 1 „ 13 „ 611 fl. 13 Alb. Auf der Hütte zu Ohe bestand der Verbrauch der Materialien in 12 Wochen: Nassau. In 288 Wagen Eisenstein à 1 Gulden zu 15 Batzen 360 fl. — Alb. Fuhrlohn vom Wagen 6 Albus 72 „ — „ Tag und Nacht 10 Fuder Kohlen, weil sie nicht so gut wie auf der Rinzenau, macht 720 Fuder à 1 Thlr. 930 „ — „ Knechtslöhne : Schreibers Henne die Woche 1½ Gulden 18 „ — „ Den andern zwei jedem 1 Thaler 31 „ — „ Noch für Trank 2 Thaler 2 „ 14 „ Fürs Rösten 6 „ — „ 1419 fl. 14 Alb. Man verblies in den drei Reisen 576 Wagen Eisenstein und 660 Wagen Kohlen und erhielt auf diesen drei Hüttenreisen an Roh- und Wascheisen ungefähr 100 Wagen und an Edeleisen (Rohstahleisen — Spiegeleisen) 26 Karren. Rechnen wir dies in Mark und Kilo, so war der Aufwand für 1 Tonne Eisen = 1000 kg: Eisenstein 4,25 Wagen 13,34 Mk. 26,32 Proz. Kohlen 9,73 Fuder 35,09 „ 69,22 „ Löhne 2,26 „ 4,46 „ 50,69 Mk. 100,00 Proz. Dies war ein sehr ungünstiges Ergebnis, denn schon früher war die Regel, dass aus vier Wagen Eisenstein und vier Wagen Kohlen 16 Stalln oder ein Wagen Roheisen erfolgen musste. Die Wochen- produktion betrug 5620 kg, die Tagesproduktion, die Woche zu sieben Tagen gerechnet. 803 kg. Aus dem Wagen (= 1200 kg) Roheisen musste der Hammerschmied 16 Wagen (= 960 kg) geschmiedetes Eisen liefern, wovon jeder Wagen mit zwei Räder-Gulden (100 kg = 8,66 Mk.) verkauft wurde. Den Karren Rohstahleisen (Spiegeleisen) bezahlte man mit 9 Thaler, oder die Tonne mit 50,40 Mk. Diese Preise wurden wenigstens angenommen für das Rohstahleisen und das geschmiedete Eisen, das aus dem Zehentstein, der auf den ge- nannten drei Hütten verschmolzen und auf dem Rinzenauer Hammer verschmiedet wurde, fiel. Die 1600 Wagen Schmiedeeisen, die aus den 100 Wagen Roh- und Wascheisen gefallen, sollten 3200 Gulden eintragen. Nach diesen Mass- und Gewichtssätzen fanden sich in dem Dillen- burgischen Archiv einige Ertragsrechnungen über das Hütten- und Hammerwesen, unter andern von 1563, worin die Kosten verzeichnet sind, die auf einen Wagen (1200 kg) Roheisen entfielen. Nassau. Diese berechnete man auf folgende Art: An Kohlen 4 Wagen 16 Räder-Gulden — Albus An Eisenstein 4 Wagen 5 „ 12 „ An Fuhrlohn davon 1 „ 16 „ Drei Hüttenknechte mit dem Gezäu in 24 Stunden 1 „ — „ 24 Räder-Gulden 4 Albus Demnach kostete die Tonne (1000 kg) Roheisen nach unserm Gelde: Kohlen 34,67 Mk. Eisenstein 15,53 „ Löhne 2,16 „ 52,36 Mk. Der Wagen Roheisen galt damals denjenigen, die ihn selbst ver- legten, das heisst, die keinen Vorschuss darauf zu nehmen brauchten, 23 Thaler oder 29 Räder-Gulden 17 Albus; also bestand der Profit in 5 Gulden 13 Albus, oder pro Tonne 12 Mk. Zur Verschmiedung eines Wagens Roheisen gingen 5 Fuder oder 2½ Wagen Einige Schmiede sollen auch sechs Fuder oder drei Wagen Kohlen dazu nötig gehabt haben. Kohlen, die 10 Gulden kosteten, und dann rechnete man noch einen Gulden Verlust, wodurch 11 Gulden für die bare Auslage des Lohnschmiedes herauskamen, der 15 Gulden an Schmiede- lohn für den Wagen Roheisen erhielt. Der Hammerschmied, der um Lohn schmiedete, hatte also, da er die Kohlen stellen musste, nur vier Gulden Lohn von jedem Wagen, wofür er sich Knechte halten und alles übrige bestreiten musste. Berechnung : Ein Wagen Roheisen kostete im Ankauf 29 Räder-Guld. 17 Alb. Fuhrkosten 1 „ — „ Schmiedelohn 15 „ — „ 45 Räder-Guld. 17 Alb. Aus einem Wagen Roheisen musste der Hammerschmied 16 Wagen Stabeisen oder anderes kleines Eisen ausschmieden, die mit 50 Guld. 16 Alb. bezahlt wurden. Hiernach fiel an Profit für den Raitmeister oder denjenigen, der das Eisen schmieden liess, 4 Räder-Guld. 23 Alb. Nassau. Demnach war das geschmiedete Eisen in 10 Jahren um 1⅙ Räder- Gulden (über 50 Proz.) auf den Wagen im Preise gestiegen. — Nach dieser Rechnung stellt sich der Aufwand für eine Tonne Schmiede- eisen nach heutiger Währung auf: Roheisen 1250 kg 80,46 Mk. Fuhrlohn 2,71 „ Schmiedelohn (incl. Kohlen) 40,63 „ 123,80 Mk. Der Verkaufspreis betrug 137 Mk., der Nutzen 13,20 Mk. Wenn der Hammer im besten Gange war, sollte der Hammerschmied Tag und Nacht 7 Wagen = 420 kg schmieden. Die Stahlschmiede bildeten eine alte selbständige Zunft, die von der Hammerschmiede- und Massenbläserzunft getrennt war. Sie hatten im Mittelalter ihren alleinigen Sitz in der Stadt Siegen. Die ältesten schriftlichen Zunftprivilegien der Stahlschmiede im Siegen- schen stammen vom Jahre 1504, sie wurden erneuert im Jahre 1528 Vorhanden im Staatsarchiv zu Münster unter den Siegener Akten, Zunft- sachen 1 a . Ferner finden sich daselbst Nachrichten über Zunftsachen des Stahl- schmiedehandwerks von 1549, 1563 und 1568 unter D. Eisen und Stahl 1. . Der Wagen Stahleisen kostete, wenn es gut war, 25 bis 26 Thlr. (70 bis 73 Mk. die Tonne), und man berechnete den Profit des Stahl- massenbläsers mit 8 Räder-Gulden auf den Wagen. Doch erhielten es diejenigen, die gleich bar bezahlten, für 23 Thlr. (64,40 Mk. pro Tonne), und die Stahlmassenbläser, die von den Stahlschmieden Vor- schuss darauf genommen hatten, empfanden deren Wucher, sie mussten es ihnen für 18 Thlr. den Wagen (50,40 Mk. pro Tonne) überlassen. Die Stahlschmiede sollten nur Stahleisen verarbeiten; der Zu- satz von Wascheisen war schon in den Kurbriefen verboten. Dieses Verbot wurde am 11. April 1528 noch durch eine besondere Ver- ordnung eingeschärft. Aus dem Jahre 1563 teilt Becher folgende Rechnung, „wie hoch ein Karren Stahl zu schmieden kommt“, mit: Nassau. 12 Stalln gutes Edeleisen (Spiegeleisen) geben einen Karren Stahl, und kosten diese, wenn sie gut sein sollen 20 Thlr. — Alb. — Hell. 4½ Wagen Kohlen zum Schmieden 13 „ 29 „ — „ Das Rohstahleisen von der Hütte auf den Hammer zu fahren — „ 17 „ — „ Dem Stahlschmiedemeister Schmiedelohn von einem Karren Stahl oder 52 Wagen, von jeder Wag Stahl 32 Heller, beträgt auf den Karren Stahl 4 „ 14 „ 8 „ Dem Knechte, der dem Meister hilft, von der Wag 27 Heller 3 „ 24 „ — „ Ferner Abgang an Gezäu, für dessen Aus- besserung, für Bast, Heu, um den Stahl zu binden, auf jeden Karren — „ 12 „ — „ So kam der Karren Stahl aus der Zange zu schmieden auf 43 Thlr. 3 Alb. 8 Hell. Aus einem Karren Stahl, wie ihn die Zange gab, fielen sechs Teile gutedel Stahl und zwei Teile gemeiner Stahl (später „Mittel- kühr“ genannt) und Klappert. Ein Karren Edelstahl, Siegenscher „Choher“, jetzt Kühr, wurde verkauft zu 52 Thlr.; es kamen die sechs Teile Edelstahl auf 39 Thlr., und die zwei Teile gemeiner Stahl und Klappert auf 6 Thlr.; also erhielt man für den Karren Stahl im Vorkauf 45 Thlr., der mit allen Anlagen gekostet 43 Thlr. 3 Albus 8 Heller, mithin war der Gewinnst auf den Karren Stahl 1 Thlr. 27 Albus 4 Heller. Wird hierzu noch der Stahlschmiedslohn von 4 Thlr. 14 Albus 8 Heller gerechnet, dann hatte der Stahlschmied für seine Arbeit, Anlage und Mühe an einem jeden Karren Stahl aus der Zange 6 Thlr. 11 Albus oder 8 Räder-Gulden 5 Albus. Aus einer an- gefügten Bemerkung lässt sich aber schliessen, dass der Stahl in 1563 den in dieser Rechnung zu Grunde gelegten Preis nicht gehabt hat. Sie lautet: „als der Stahl jetzt gilt, können sie nauhe (kaum) das Brod daran haben“. Der Stahlhandel lag also damals sehr danieder. Nach heutiger Rechnung betrugen die Gestehungskosten von einer Tonne Stahl zu 1000 kg, die oben angegebenen Gewichte von 1544 zu Grunde gelegt: Beck , Geschichte des Eisens. 46 Nassau. Spiegeleisen 2762 kg 206,14 Mk. 46,40 Proz. Kohlen 138 Karren 143,62 „ 32,30 „ Löhne und Unkosten 94,60 „ 21,30 „ 444,36 Mk. Eine Tonne Stahl, bestehend aus 3 Teilen Edelstahl und 1 Teil gemeinem Stahl und Klappert, wurde verkauft mit 463,80 „ Gewinn 19,44 Mk. Die landesväterliche Fürsorge erstreckte sich schon damals auf alle Einzelheiten des Gewerbes; durch sie wurden auch die gewerb- lichen Löhne geordnet und festgesetzt. Graf Wilhelm von Nassau erliess am 10. Dezember 1538 eine besondere Lohnordnung, der wir Folgendes entnehmen Siehe Corp. const. Nass., S. 102. : Es wird bestimmt: Leyendeckern, Zimmerleuten, Maurern u. s. w. Sommers bei eigener Kost dem Meister 5 Albus, dem Knecht 4 Albus. Winters bei ihrer Kost dem Meister 4 Albus, dem Knecht 3 Albus. Sommers bei freier Verköstigung dem Meister 4 Albus, dem Knecht 3 Albus. Winters bei freier Verköstigung XVIII Pf., dem Knecht einen Batzen oder XIIII. Pf. Steinbrechern: Sommers bei eigener Kost 3 Albus. Winters ebenso. Kercher und Furleuth, Leuman- steyn- vnd Sandfurern zegeben, steht in bedenken: Denselben ist bishere bei irer eigen Kost des Tags X Albos, den winter acht Albos. Gewöhnliche Tagelöhner: Dreschern, Zeunern, grebern etc.: Des sommers vor michel, so man Jen Kost giebt, des tag X Pf. Im winter die kost vnd einen Albos. Denselben bei irer eigen Kost Sommertzeids III ss. (Albus?). Winterzeits nach michel II ss. Ist vorgeschlagen: Das tagloener vnd arbeiter des sommers anzufahen, catedra petri, bis michel zur arbeit angehen sollenn den morgenn zu fier auren, des abends zu syben abgehen. Nassau. Im wynter nach michel, angehen zu V auren, abgehenn des abends zu VI auren etc. etc. Der gewöhnliche Tagelohn ohne Kost betrug also nur 3 Albus oder 32½ Pfennig nach unserer Währung im Sommer, dabei dauerte die Arbeitszeit von 4 Uhr morgens bis 7 Uhr abends. Von damaligen Preisen gibt auch das einen Begriff, dass 1541 Graf Wilhelm die Blashütte zu Ober-Fischbach für 20 Gulden und 1 Malter Korn kaufte. Das Stahlschmiedegewerbe im Siegerland behielt im 16. Jahr- hundert noch seinen mittelalterlichen Charakter bei. Die Stahl- schmiede bildeten eine geschlossene Zunft; sie durften das Land nicht verlassen. In den Zunftbriefen von 1504 war schon bestimmt, dass jeder Stahlschmied schwören musste, nicht ausser Landes Stahl zu schmieden oder einen Fremden das Handwerk zu lehren. Die Stahlfeuer, die sich meistens innerhalb der festen Mauern der Stadt Siegen selbst befanden, wurden noch mit Hand- oder Tretbälgen be- dient. Um dem in den sechziger Jahren daniederliegenden Stahl- gewerbe aufzuhelfen, wurde in einer erhaltenen Urkunde vom 14. April 1563 vorgeschlagen Siehe Becher , a. a. O., S. 533. : Gute und getreue Stahlschmiede — wo derer in der Stadt Siegen nicht genug zu bekommen und jetzt vor- handen wären — in die Stadt, doch unvereidet, Stahl zu schmieden anzunehmen und zuzulassen. Ferner nicht allein den Stahl so inner- halb der Stadt Ringmauern geschmiedet, sondern auch andern gut geschmiedeten Stahl, der aus gutem Eisen gemacht worden, zur Erhaltung des Handels in das herrschaftliche Zeichen zu binden etc. — Vordem hatten also nur die vereidigten Meister in der Stadt Siegen das Recht, ihrem Stahl das herrschaftliche Zeichen aufzuschlagen. Es war dies das Wappen der Grafschaft Vianden. Stahlhämmer mit Wasser- betrieb kamen erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Ein- führung. Daraus erklärt sich auch eine Angabe aus dem Jahre 1544 über die lange Arbeitszeit beim Stahlschmieden. Es heisst dort näm- lich: „Sechs Centner rar und ein halb Pfund machen einen Karren Stahl. Dazu muss man zu schmieden haben 20 Tage .“ In einem Gutachten des Stahlschmiedegewerbes zu Siegen über die Hebung des Stahls von 1567 werden dieselben Vorschläge ge- macht wie oben; ferner dass der Preis von 52 Thaler für den Karren Stahl aufrecht erhalten werden solle, dafür aber auch nur reiner Siegener Chur geliefert und nur dieser mit dem fürstlichen Wappen 46* Nassau. und Schild, wie es sich gehöre, gebunden werde. Jedoch solle man sowohl unvereidete Meister, als das Schmieden ausserhalb der Stadt zulassen, und solle erlauben, auch den auf dem Lande geschmiedeten Stahl mit dem landesherrlichen Wappen zu zeichnen, jedoch ver- pflichtete Aufseher bestellen, die darauf acht gäben, dass guter Stahl und reiner Chur gemacht und gehalten werde. Auch sei nötig, dass der Artikel des Kurbriefes, der den Stahlschmieden Wascheisen zuzusetzen untersage, bestätigt und dies bei Leibes Strafe ver- boten werde. Der gute Stahl gab schon in sehr früher Zeit Ver- anlassung, dass in Siegen die Waffenschmiedekunst blühte. 1489 liess Graf Johann V. auch bereits Büchsen für Herzog Heinrich von Celle in Siegen schmieden, die sehr gut befunden wurden. Denn bald da- nach ging eine viel grössere Sendung solcher Feuerrohre nach Celle ab. Im 16. Jahrhundert wurden Hakenbüchsen und Rüstungen in Siegen gefertigt und bis nach Brabant verschickt. Drei Pickelhauben kosteten beim Harnischmacher in Siegen einen Gulden. Unter Jo- hann V. kostete eine eiserne Pickelhaube 8 Weisspfennige (Albus). — In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zogen sich die Stahl- schmieden aus der Stadt an die Wasserläufe. Der Stahl spielte aber damals noch lange nicht die Rolle, wie später, und wurde nur in beschränkten Massen erzeugt. Deshalb bliesen selbst die Hütten, welche den besten Spat zur Verfügung hatten, mehr Roheisen als Stahleisen. So besagt eine Urkunde von 1569: Die oberste Hütte zu Müsen am Stahlberg blies acht Wochen, machte etliches Stahleisen, an Hammereisen aber 30 Wagen. Ebenso lieferten die unterste Hütte zu Müsen 24, die Hütten auf der Alten- bach 20 und auf dem Dahlbruch 24 Wagen Roheisen zum Verfrischen (Hammereisen). Die Hütte in der Breitenbach hielt sich nur an Hammereisen oder Roheisen und brachte 36 Wagen = 43200 kg in der achtwöchentlichen Reise (à 48 Hüttentagen), oder 900 kg in 24 Stunden aus. Auch wollten die Hammerschmiede das Stahleisen nicht höher bezahlen als das Roheisen. Der Wagen Stahlstein kam damals ein- schliesslich des Fuhrlohns von Müsen bis Freudenberg, also vier Stunden Wegs, drei Gulden, oder die Tonne auf 6,50 Mk., zu stehen. Zehn Jahre früher, in den fünfziger Jahren des 16. Jahrhunderts, hatte ein Wagen Eisenstein von den Eiserfelder Gruben 1,52 Mk., der Stahlstein von Kirschbaum 3,36 Mk., der Mollstein oder Lesestein von Schöneberg bei Gosenbach sogar nur 1,30 Mk. gekostet. Nach einer schriftlichen Nachricht förderte man im Müsener Stahlberg von Nassau. Gertraudis bis den 16. Mai 1585 15 Wagen Stein, diese bestanden in 12 Wagen weissem Eisenstein (Spat) und 3 Wagen braunem Stein. Von ersterem kostete der Wagen einen Thaler (3,36 Mk.), von letzterem aber 24 Albus (2,60 Mk.). An Eisenstein war im Siegerland kein Mangel. So wird von der Grube Kirschenbaum bei Eiserfeld, von welcher schon 1495 gemeldet wird, dass sie seit langer Zeit im Betriebe stehe, aus dem Jahre 1571 berichtet: Der mittlere und untere Kirschenbaum wäre beständig in gutem Bau und bei Menschen Gedenken nicht in Abgang gewesen, wenn auch manchmal eine Grube eingegangen, sei dagegen eine andere aufgekommen. Die Grube Kirschenbaum übertraf aber damals den Müsener Stahlberg in der Förderung. Sie lieferte wöchentlich 10 Wagen Eisenstein, der mit zwei Gulden (5,20 Mk.) der Wagen bezahlt wurde. Die siegensche Eisenindustrie war dagegen sehr abhängig von der Waldwirtschaft und in ihrem Umfange beschränkt durch das jähr- lich aufzubringende Kohlenquantum. Dadurch war die Zahl der Hütten und der Hüttentage gegeben. Die Beschränkung der Hüttenzeit, welcher wir schon in den ältesten Nachrichten über den siegenschen Eisenwerksbetrieb be- gegnen, reichte dafür allein nicht aus. Ebenso wichtig war die Be- schränkung der Anzahl der Werke. Auch diese hatte sich als ein Gewohnheitsrecht aus den Verhältnissen herausgebildet, erhielt aber landesherrliche Bestätigung und Bekräftigung durch den wichtigen Erlass des Grafen Wilhelm von Nassau vom 12. Sept. 1555, in dem er, um den Nachteilen, welche aus dem Mangel an Holzkohlen den bestehenden Werken erwuchsen, vorzubeugen, diesen gegen Ent- richtung von 2100 Gulden für sich, seine Erben und Nachkommen bei seinem gräflichen Worte das Versprechen erteilte: hinfürter und bis zu den ewigen Tagen keine Blas-, Giess-, Hammer- und Stahlschmiedshütte für sich, seine Erben und Nachkommen von Neuem zu bauen oder andere Unterthanen bauen zu lassen . Das erforderliche Kohlenquantum suchte man möglichst festzu- stellen und sowohl den Hüttenbetrieb als den Waldbetrieb danach einzurichten. In dieser Weise berechnete man den Holzkohlenbedarf im Jahre 1563 zu 6656 Wagen Kohlen. Die Zahl der Siegerländer Blas- und Hammerhütten betrug nämlich ohne Holdinghausen und Lohe, die herrschaftlich waren, 32; jeder stand eine achtwöchentliche Blasezeit zu; der Kohlenverbrauch pro Hüttentag betrug einschliess- Nassau. lich des Röstens vier Wagen, also 48 × 4 = 192 Wagen, ferner zum Anheben oder Anblasen im Herbst und Frühjahr 16 „ Summa 208 Wagen für eine Hütte, also für die 32 obiges Quantum. Dies reichte aber nicht aus, weil mehrere Hütten über die be- stimmte Zeit „wider den Kurbrief“ bliesen. Der Waldwirtschaft wendete deshalb die Landesherrschaft die allergrösste Sorgfalt zu, und am 18. Jan. 1562 erliess Graf Johann zu Nassau eine ausführliche erneute „Holz- und Waldordnung“ Siehe Corpus const. Nassov., S. 179. . In der Einleitung zu derselben wird geklagt, dass im Betriebe „der Ge- hölze, Haugeberge vnnd Hochgewalde“ viel Unordnung eingerissen sei, wodurch den Unterthanen und noch mehr deren Nachkommen grosser Schaden erwachsen würde, „also das der Eysen-, Stahl-, Bley- vnnd Kupfferhandell, in denen nit das geringste Gewerbe, Hand- tierung vnnd Narung, in dieser Vnnser Landtsarth stehet, gar zu Boden gehen würden“, deshalb wird zur Besserung die folgende Ord- nung erlassen: 1. Sollen die „Hayn“ in rechter Grösse und Alter gehauen wer- den, „damitt man zu fruchtbarer Wachsung des Gehölzes widder- khomen vnnd den Eysen-, Stahl-, Bley- und Kupfferhandel bestendig- lich treyben“, denselben auch den Nachkommen erhalten möge, soll kein Haugberg noch Hayn gehauen werden, er sey denn 15, 16 und 18 Jahre alt, „damit das Gehöltze in seiner ziemblichen Grösse zue Kohlen, und auch zu Brennen desto Tüglicher sey vnnd widerumb desto ehr wachsen möge“. — Die Hiebe sollten in den Gemeinden jedes Jahr durch den Wald- förster und Kohlenmeister ausgeteilt werden. Das Holz sollte nicht im Mai, sondern im Brachmonat gehauen werden. Hierauf folgen Bestimmungen über Schonung der Hauberge, Viehtrieb in den Haynen, über das Brennen und die Kornsaat etc. Es wird erwähnt, dass das Gehölz sich viel lieber nach „Heydlifs“ (Haidekraut) als nach Korn- saat anpflanzt, besonders das Birkenholz. Das Weidevieh soll für jede Gemarkung bestimmt werden. Besondere Vorschriften sind zum Schutze der jungen Eichen erlassen. Die Kohlenmeiler sollen auf den alten Plätzen wieder errichtet werden. Zum inneren Ausbau soll man Buchen- und nicht Eichenholz verwenden. §. 33 bestimmt: „Es Nassau. soll kein Fremdling in Stat noch Dorffes dann mit Vorwissen der Obrigkeit als Bürger oder Inwoner auffgenommen werden. Vnd sollen in jedem Dorff nit mehr Heusser dann wie itzo zu bauen zugelassen sein (!): Nachdem in dieser landsarth wenig Fruchtbare tragende Gueter, an Wiesen, Weide, Ecker vnd Felder seint, das sich die menge vnd viele des Volcks, so je lenger je mehr zunimpt, schwer- lich darin erhalten werden mögen und da lenger zugesehen werden solt, künftiglich mitt einander verderben, vnnd doch letztlich ab- ziehen müsten: So ordnen vnd wollen Wir: dass keine Neubauten aufgeführt und kein Holz für solche verabfolgt werde.“ §. 38 bestimmt, dass auf den Höhen nicht geschürft werden dürfe, weil der Eisenstein da nichts tauge, sondern Stollen in der Tiefe (also kein Tagebau sondern Streckenbau) getrieben werden sollen. §. 41 schärft ein, dass die Fischerei Regal sei und dem Landes- herrn zustehe: „Als Wir auch inn Erfarung khommen, das viel Vnserer Vndersassen Burger vnd Bauern vnd sonderlich die Hütten Leuthe vnd Müller aigene Fisch-Hamen haben sollen, So gepieten wir hiemit ernstlich vnnd bey schwerer Straf, das sich ein jeder der- selbigen zum allerfurderlichsten entaisern vnd keinen bey sich finden lassen, vnd sich des Fischens hinfurter enthalten sollen vnd Wollen mitt der gnedigen Erpietung, da jemandt, so Mann so Weib, Schwach oder sonst der Gelegenheit weren, das si sonder lust zu einem Essen Fisch hetten, soll denselben vff ir Glaubwürdig Anzeigen jeder Zeit durch Vnsere jedes Orts Bevelchhaber, durch den Fischer ein Essen Fisch verschafft werden, dem Reichen vmbs Gelt, dem Armen vmb Gotts willen.“ Der Graf beruft sich in dieser Waldordnung auf ältere Ord- nungen seines Uraltvaters und Altvaters, beide Grafen Johann zu Nassau. Wir ersehen aus derselben, dass damals schon die Haubergs- wirtschaft , eine mit einjährigem Getreidebau wechselnde Niederwald- wirtschaft, im Siegerland bestand. Dieselbe entsprang aus der Armut an Ackerland und dem ausserordentlichen Bedürfnis an Brennmaterial für die Industrie und hat sich nirgends in solcher Schärfe entwickelt wie hier Siehe Nachrichten von den Haubergen im Fürstentum Nassau-Siegen von Schenk in Schlettweins Archiv, Bd. III, S. 420. . Hauberge kommen im Siegenschen schon 1467 vor. Die Hauberge sind niedere Waldungen auf Bergen, die in perio- dischen, auf nicht viele Jahre gesetzten Zeiten zugleich abgeholzt werden, damit sie wieder aus ihren Stöcken und Wurzeln neue Loden Nassau. treiben. Das Holz war meist Eichen und Birken, weshalb man Eichen- und Birkenhauberge unterschied. Sie hatten dreifachen Nutzen, dienten als Nutzwald, sowie zeitweise als Felder für Getreide- bau und als Weide für das Vieh. Sie waren Eigentum bestimmter Gemeinden, doch besassen auch die Hütten zuweilen Hauberge. Bei dem Verkaufe einer Hammer- und Blasehütte im siegenschen Hain- gerichte 1483 werden die dazu gehörigen Hauberge mit verkauft Arnoldi , a. a. O., Bd. III, 2. Abtl., S. 5. . Die Hauberge sollten, wie wir oben gesehen haben, 15 bis 16 bis 18 Jahre alt sein, ehe sie wieder geschlagen werden durften, damit nicht allein das Holz eine solche Stärke erhielt, als zum Verkohlen für die Eisen- hütten und Hämmer erforderlich war, sondern damit auch das Ge- treide in besserer Güte und grösserer Menge wachsen konnte, weil die Erfahrung gelehrt hatte, dass das Korn in dem alten Grunde besser als in einem unzeitigen Berge zu wachsen pflegte. Damit die Hauberge aber so wirtschaftlich wie möglich ausgenutzt würden, war bestimmt, dass jede Haubergsgemarkung durch sachverständige Schult- heissen, Förster und Schöffen überschlagen und dem Befinden nach in 16 bis 18 oder 20 Häue geteilt und diese in regelmässiger Folge abgetrieben wurden . Diese rationelle Waldwirtschaft in Verbindung mit der Hüttenordnung sicherte den Bestand der Sieger- länder Eisenindustrie. Beide Ordnungen wurden am 18. August 1586 aufs neue ver- öffentlicht unter dem Titel: „Geschworene Montagsordnung des Amtes Siegen.“ Diese Bezeichnung, die aber viel älter ist, rührte daher, dass am „Geschworenen Montag“ über alle Vergehen gegen diese Ordnung abgeurteilt wurde. Die geschworene Montagsordnung fasste die Bestimmungen der Kurbriefe, die Waldordnung, sowie alle sonstigen früheren Haushaltungsgesetze zusammen. Sie ist deshalb zum Teil eine Wiederholung des bereits mitgeteilten, zum Teil enthält sie auch Neues. Die Waldordnung, mit der sie beginnt, ist fast wört- lich mit der oben erwähnten von 1562 übereinstimmend. §. 22 bestimmt sodann, dass die Schultheissen jedes Jahr sämt- liche Gebäude auf ihre Bau- und Feuersicherheit revidieren sollen, und dass in jedem Orte zwei beeidete Feuerbeseher angestellt werden. Erhält jemand Eichenstämme als Bauholz aus dem Walde, so ist er verpflichtet, bei jedem Stock vier junge Eichen für den Nachwuchs zu setzen. Ferner ist jeder Hausmann verpflichtet, jährlich fünf junge Bäume zu setzen, entweder nach der Lage seines Besitzes auf seinem Nassau. Grund oder auf dem der Gemeinde. Über den Eisenhandel, die Massenbläser, Hammerschmiede, Stahlschmiede und Köhler enthält die Montagsordnung folgende Bestimmungen: „Nachdem auch der Eisenhandel die vornembste Nahrung dieses Ambts Siegen ist , So sollen beide Berckmeister zu Siegen und vfen Muessener Berge, mitt allem Vleiss zusehen, dass des Wol- gebornen vnsres gn. Herrn Bergkordnung, so Jerlichs am Berckgericht verlesen wirdt, vnd von wegen des Moissner Berges vnd Bergkwercks, vff gericht ist, deren gelebet vnd nachgeutzt werde, das vnder den Gewerken vnd Arbeitern Friede, Recht vnd Gerechtigkeit gehalten einem Jedern, so in Bercksachen bey Ihnen ansuchtt, was recht vnd pillich ist, gestattet vnd verholffen. Aller Betrugk, Bossheit vnd Vn- rechtt vff den Berckwercken abgewandt, vnd hinder man dessen oder andere vngeburliche Handell befunden wurden, den Befelchhabern zu Siegen alsbaldt vorbracht, vnd die Verbrecher zu ernster gebürlicher Straff getzogen werden. Weiter heisst es dann (Corpus const. Nassov S. 506): Vnd dieweill vornehmblich beidts den Gewercken vnd Arbeitern an den Gedingnissen nitt wenig gelegen, so sollen die Berck- meister, ein Jeder an seinem Ort, wan Gedingnisse zu machen vorfallen, druff sehen, dass die in Beisein etzlich verstendiger Ge- wercken, nitt in den Hallen, sondern in den Gruben, nach beschehener vleissiger Erkundigunge, Besichtigung vnd Behaugung der Ortter, doruff man zu dingen willens, vffs negste also gemacht werden, damit die Heuger zukommen vnd die Gewercken nit obersetztt werden, vnd hierin, wie auch in allen andern Bercksachen, Niemandts widder Pilligkeitt beschwerdt werde. Vnd nachdem in der Höhe der vnarttigst vnd schlechteste Isen- stein, in der Tiefe aber der beste Sambstein einzubekommen. So sollen Massenblöser, Isenhendler, Hütten- vnd Berckleutt, sowohl Ihnen selbst als auch dem gantzen Land zum besten, vff dass das Eisen vnd der Eisenhandell in gutem Rhum vnd Wesen bestendig erhalten werden möge, Stollen in die Tieffen treiben. Die altenn vnbrauchbaren Bergkgruben vnd Mollttkautten aber, so an den gemeinen Wegen und Strassen, Viehetrifften vnd sonsten vffgeworffen, sollen erstes Tags durch dieselbe Berckleutth, damitt Menschen vnd Viehe kein Vnglück widerfahre, zugeworffen, auch ohne Vorwissen in andre Leutt Gütter nitt geschürfft werden. Ess will auch der Wolgeborn vnser Gnedig Herr, allen vnzünff- tigen Partierern vnd Hendlern, so die Massenblöser vnd Hammer- Nassau. schmidts Brüderschafft nitt haben, den Verkauf vnd Verlagk rohen Eisens vnd Kohlen, wie auch des Eisensteinns, bey Verlust des be- legten, gekaufften, getauschten, oder vnderm Schein als an Schuldt bekommenen rohn Isens, Isensteins vnd Kolen, keineswegs gestatten, noch vngestrafft lassen, dorunder zugleich mittbegriffen seindt die- jhenige Stalschmidde, so das rohe Eisen heuffig vnd mher dan sie zu Ihren Stalhämmern bedürfftig, einkauffen vnd hinwidder ver- partieren. Beneben dem soll auch niemandts einig rohe Isen, so alhie im Ambt Siegen geblasen worden, ausserhalb Lands zuuerkauffen oder zuuertauschen gestattet, Sondern was ein Jeder dessen nitt selbst verschmidden lässt, dass alles soll er Inlendischen Hammerschmidden vnd denen so zum Eisenhandel berechtiget sindt, In geburlichem Landtleuffigen Kauff zu vberlassen schuldig sein. Gleichergestaltt ist vor nütz vnd gutt angesehen, soll auch dor- über steiff vnd vest gehalten werden, das hinfurtter keine Kolen auss dem Bezirck dieses Ambts Siegen ahn frembde Ortt, als im Stifft Cölln, Grafschaft Sayn vnd Wittgenstein, Herschaft Wildembergk vnd andere vmliegende Ortt vff Hütten vnd Hämmer, deren Gewercken im Ambt Siegen nitt zünftig, verführt, noch gevolgtt werden sollen. Ess soll kein Köler seine Kolen vff Fewrung vffschütten oder schopfen, sondern stracks von der Gruben ab, vnd den Massenblösern vnd Hammerschmidden, bey- vnd zuführen. — Ingleichen soll kein Köhler einigem Massenblöser oder Hammerschmidt, seine Kolen vff der Gruben lieffern, sondern selbst davon abführen vnd vff die Hütten bringen. Ein Massenblöser oder Hammerschmidt, so vff rohe Eisen, Eisen- stein vnd Kohlen, den Verlagk gethan, Soll vor allen andern Glau- bigern, die nach Ime verlegt haben, den ersten Vorgang haben, vnd aus dem verlegten Gut so viel dessen vorhanden, oder auss andern des Schuldigers vnuerpfendten Güttern, zuuorderst bezalett werden, derhalben sollen Köler vnd Berckleuth zusehen, dass sie nitt mehr Geld vffnemmen, dan sie Jederzeit mit Eisenstein vnd Kohlen zu lieffern vnd zu betzahlen gedencken, Auch dem ersten Verleger von dem verlegtten Gutt, bey ernster Straff, nichts entwenden noch andern zukommen lassen, damit sie sich vnd die Ihren endtlichen nitt selbst mit andern in Schaden und Verderben führen. Es war also damals noch strenge verboten, Roheisen ausser Landes zu verkaufen. Alles Roheisen sollte im Lande selbst verfrischt und verschmiedet werden. Nassau. Wir haben schon zuvor erwähnt, dass in den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts die Verhältnisse der siegenschen Eisenindustrie sich ungünstig gestaltet hatten. Waren 1563 noch 32 Hütten im Betriebe, so standen 1567 nur 25 in Umgang, welche nach der An- gabe der Massenbläser jährlich 1200 Wagen Roheisen, die Produktion jeder Hütte auf 48 Wagen gesetzt, liefern und wobei ungefähr noch 100 Wagen an Wascheisen fallen, so dass der ganze jährliche Ertrag des Roheisens überhaupt auf 1300 Wagen = 1460000 kg kommen sollte. Gusswaren („das Gusswerk“) verkaufte man in diesen Jahren für 40 Räder-Gulden den Wagen oder 86,66 Mark die Tonne und sieben Hütten gaben sich mit dessen Verfertigung meistens ab, und bliesen nur weniges Roheisen. Unter den Gusswaren spielten Öfen und Ofenplatten die Hauptrolle, die schon 1505 erwähnt werden. Unter Johann V. kostete 1 Centner gegossene Platten 22 Weiss- pfennige. Die Ofenplatten hatten guten Absatz nach Brabant. Auch Munition wurde auf den siegenschen Hütten viel gegossen. 1535 liess Graf Wilhelm 200 Centner Kugeln auf einmal giessen. In den Jahren 1563 und 1564 bestellte Herzog Johann Wilhelm von Sachsen wiederholt gusseiserne Öfen in Siegen Akten darüber im Staatsarchiv in Münster. . Eisenhämmer waren 16 vorhanden. Die Gusswaren hatten die Massenbläser in den oben angegebenen Roheisenbetrag mit ein- gerechnet. Dieses deckten die Hammerschmiede auf, als sich die Massenbläser über die Einfuhr fremden Roheisens beschwerten. Im Jahre 1569 reduzierten die Massenbläser die jährlich auf 22 Hütten zu erblasende Roheisenmenge auf 700 Wagen. Die Hütte unterm Hain war 60 Tage oder 10 Hüttenwochen zu 6 Tagen ge- rechnet zu Hütten privilegiert und lieferte in dieser Reise 30 Wagen Roheisen und ebensoviel Gusswaren (also 1200 kg per Tag). Die zwei Hütten zu Marienborn durften 14 Wochen gehen und bliesen die Hälfte der Reise 50 Wagen Roheisen und die andern machten sie Gusswerk, und so lieferten die übrigen Hütten nach Verhältnis der Reisen und der Zeit, die sie auf Roheisenblasen verwandten, 48, 40, 30, 24 und 20 Wagen Roheisen. Allein die Hammerschmiede widersprachen dieser neuen Aufstellung und gaben in ihren Einreden nicht zu, dass die Hütten nur 700 Wagen Roheisen ausbrächten. Denn z. B. die Hainer Hütte brächte es nur auf 50 Wagen Eisen, wovon die Hälfte in Gusswerk bestehe und die Marien- Nassau. borner Hütte stiege im Ausbringen nicht über 70 Wagen, folglich blieben ebenfalls nicht mehr als 35 Wagen für Roheisen u. s. w. Die Massenbläser blieben die Antwort schuldig. In demselben Jahre 1569 gingen weitere drei Hütten, die zu Birlenbach, zu Eisern im Dorf und zu Blittershagen ein, dagegen er- scheinen neu eine Hütte auf der Wilde und eine vor dem Altenberg. 1559 wird eine Hütte am Deutzer Weiher genannt. Das Roheisen war im Abschlagen, und man verkaufte solches im Siegenschen zu 26, im Sayn-Altenkirchischen zu 20 Räder-Gulden den Wagen oder zu 56,33 und 43,33 Mk. die Tonne. Im Jahre 1570 schmiedete man auf den Hämmern etwas über 32 Wochen und verbrauchte wöchentlich 40 Wagen Roheisen; es verarbeitete also jeder Hammer 2½ Wagen in der Woche. Nach diesen Sätzen hätten die Hammerschmiede mit 1280 Wagen Roheisen auskommen müssen; aber sie reichten kaum mit 1350 Wagen aus. Zur Deckung ihres Bedarfs waren sie zum Ankauf im Ausland ge- zwungen. Im Folgenden geben wir eine Zusammenstellung der wichtigsten Preise. Nassau. Der Eisenhandel war in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts noch Privilegium der Landesfürsten. Erst am 12. September 1555 erfolgte die Abtretung des Rechtes zum alleinigen Eisenhandel seitens des Grafen Wilhelm von Nassau an seine Unterthanen Die betreffende Verordnung findet sich im Staatsarchiv zu Münster. . Ihren Absatz hatten die siegenschen Schmiede, welche in älterer Zeit nur ordinäres Stab- und Zaineisen und Schienen (16 bis 18 auf die Wag) machten, an den Rhein, die Weser und nach Hessen. Ins- besondere besuchten sie auch die Messen zu Frankfurt, die Märkte in Worms und andere grosse Jahrmärkte. Besonders gut ging der Handel 1567 bis 1587 nicht nur in Frankfurt, sondern die Schmiede übernahmen vorteilhafte Akkorde direkt nach dem Oberland zwischen den Messen zu liefern. Der Hauptabsatz folgte aber dem Siegthal und ging nach Köln und Brabant. Die Gusswaren des Siegerlandes hatten ebenfalls guten Absatz. So liess sich 1562 Herzog Wilhelm von Sachsen von der ernestinischen Linie eine grosse Sendung gusseiserner Öfen kommen und bittet des- halb den Landgrafen von Hessen, dieselben frei durch sein Land passieren zu lassen. Südlich von Siegen im Grunde von Seel und Burbach, dem Freiengrund , auch „Hickengrund“ „Hicke“ = Zigeuner, weil im freien Grunde von Burbach sich früher Zigeuner wohl als Schmiede angesiedelt haben sollen. genannt, befanden sich fünf Eisen- und Stahlhütten, die eine den siegenschen Hütten überein- stimmende Verfassung hatten. Die Eisengewinnung wurde dort bereits im 15. Jahrhundert schwunghaft betrieben. Dies wird urkund- Nassau. lich erwiesen durch einen Vertrag Aus den Privatakten des Oberberghauptmanns A. Achenbach in Claus- thal; abgedruckt in A. Ribbentrop , Beschreibung des Bergreviers Daaden- Kirchen 1882, S. 73 etc. zwischen dem Grafen Gerhard von Sayn und dem Grafen Johann zu Nassau: des Grundes Sele und Burbach halber etc. 1478 auf donnerstag nach unsrer lieben Frauen thag Assumpcionis (20. August). Aus dem Inhalt dieses Vertrags lässt sich schliessen, dass die Eisenindustrie in beider Herren Länder schon lange zuvor blühte. In diesem Vertrage, der Mittwoch nach Andreas aufs neue bestätigt wurde, übernehmen die Fürsten die gegenseitige Verpflichtung, dass ein Eisensteinverkauf von einem Land in das andere nicht stattfinden und der Bestand der Hütten nicht vermehrt werden soll, dagegen sollen die Meister die Arbeiter von beiden Graf- schaften anlernen u. s. w. Die betreffenden Paragraphen lauten: §. 6: „Es ist auch mehr beredt als vmb die Schmeltzunge, huitten, steyne vnd kolen zusschent vnser beider landschaft vnd ist die mey- nunge, das wir es von beiden teilen darmit gutlichen vnd freunt- lichen helte, so das die meister von den huitten vss der grafschaft Nassauwe jn der grafschaft von Seyne arbeiten, vnd die vnderthanen da leren mögen vnd das man uss der grafschaft von Seyne weder steyne vnd kolen jn die grafschaft von Nassauwe vnd weder uss der grafschaft von Nassauwe jn die grafschaft von Seyne verkeuffe, doch also welcher von vns vorgenannte Heren vor sich selbst steyne oder kolen behoven werden, das vnser iglicher der in syne lande den vor- stant mit dem kauffe habe vor jedermann. Es soll auch eyn iglicher vnser beider vntersaisse der die Kunst geleirt wirt, vnser iglichem vnder wilchem er sesshafftlich ist, geloben vnd sweren, die Kunst nimmer buyssen (ausserhalb) vnser beyder grafschaft von Seyne vnd Nassauwe zun lern oder brengen, were aber das eynicher also übel- tedich würde, die gelobte vnd eyde neyet heilde, vnd die Kunst buyssen die grafschaft von Seyne vnd Nassauwe leirte, der solde synem heren, vnder deme er gewesen ist, verfallen syn vor lyp vnd gut. §. 7: Voirter ist insunderheit bereidt vertadingt, das wir beyde heren vorgenant nu vort me nach Datum diess brieffs keine neuwe hütten jn beiden vnsern landen machen vnd bauwen sollen, sonder die huitten, itzund jn vnsern landen synt, bauwelich halten oder ver- gahen laissen, nach vnsern gefallen etc. Nassau. Also schon damals erschien eine Vermehrung der Hütten des Holzverbrauchs wegen schädlich. Die Eisenwerke in der südwestlich von Siegen gelegenen Graf- schaft Sayn-Altenkirchen Siehe L. W. Cramer , Vollständige Beschreibung des Berg-, Hütten- und Hammerwesens in den Nassau-Usingischen Landen, Bd. I, S. 1. Sayn-Altenkirchen. , in welche die Siegener Erzgänge, be- sonders der berühmte Hollerter Zug übersetzten, waren im Mittel- alter von geringer Bedeutung. Erst im 16. Jahrhundert kam auch hier der Eisenbergbau in Schwung; die Anregung dazu gab die blühende Eisenindustrie des benachbarten Siegerlandes und die ge- steigerte Nachfrage der Mark. Im Jahre 1556 erliess Sebastian Graf zu Sayn die erste Bergordnung Abgedruckt bei Cramer , a. a. O., Beilage I. . Damals war ein geregelter Bergbau erst im Entstehen. Die Eisenerze, die vorher gewonnen wurden, waren sogenannter Molterstein, der gelesen wurde oder aus den „Moll- kauten“ Moll = Ortsbezeichnung für Maulwurf. kam, kleinen Tagebauen am Ausgehende der Eisenstein- gänge. Dieselben wurden in Luppenfeuern im Wald, in Waldschmieden verschmolzen; alte Pingenzüge und Schlackenhügel beweisen dies. Man findet diese Schlacken immer in der Nähe eines Quellwassers ohne alle Spuren ehemaliger Schmelzgebäude. Die Mollkauten wurden ausschliesslich auf Eisen betrieben, sie finden sich in ausgedehnten Pingenzügen, besonders auf Langgrube, Waldstollen, Wasserberg und Kuhlewald (Kaulewald Cramer , a. a. O., S. 90. . Dort teufte man in der Regel zwei Schächte neben einander zugleich ab, machte sie durchschlägig und trieb den einen vor, wodurch er dem andern das Wasser löste. Kam man mit dem ersten Schacht zu tief in das Wasser, so verliess man ihn und fing einen neuen an und fuhr in dieser Weise auf dem Streichen des Ganges fort. Auf dem Hollerter Zug wurden Eule und Alte Hollert in dieser Weise gebaut. Von älteren Massenhütten wird nur die Fischbacher Hütte im 16. Jahrhundert genannt. Hammerhütten konnten in jener Zeit gegenüber der siegenschen Konkurrenz nicht aufkommen. 1603 erliess Graf Wilhelm zu Sayn eine Hammer- und Blase- hüttenordnung nach dem Muster der Siegener. Ganz anders verhielt es sich in der Herrschaft Dillenburg . Dort stand schon im 15. Jahrhundert die Eisenindustrie in Blüte und wurde in rationeller Weise betrieben. Dillenburg stand mit Siegen unter der Herrschaft der Grafen von Nassau aus der Otto- Nassau. nischen Linie und diese wendeten auch der Eisengewinnung im Dillen- burgischen ihre landesväterliche Sorgfalt zu. In den Renteirech- nungen von 1444 werden bereits fünf Eisenhütten erwähnt. Eine der ältesten stand zwischen Eisemrod und Ibernthal. Dieselbe wird be- reits in einer Urkunde „Die nativit. Mariae virginis“ 1434 erwähnt Siehe Becher , a. a. O., S. 266. (I. 781). Sie gehörte zwei Einwohnern aus Eisemrod, die damit be- liehen waren und nach einer Schenkung des regierenden Grafen den jährlichen Bodenzins an den Altar und die Kapelle „hellige crucis“ zu Tringenstein entrichten mussten. Er betrug 18 Turnos 1 Gulden = 12 Turnos = 24 Schillinge (Albus) oder Weisspfennige, 1 Turnos = 18 Pfennige = 24 Heller. . In der Rechnung von 1449 ist bei dieser Hütte bemerkt „lyt woste“, liegt wüste, und in späteren Rechnungen wird sie nicht mehr erwähnt. Der damalige Pfarrer von Tringenstein, Johann Schelt, giebt als Ursache an, dass der Graf aus dem Schelder Wald kein Holz mehr habe folgen lassen wollen. Später stand eine Mühle an der Stelle, aber rings um dieselbe lagen Eisenschlacken. Die Eisenhütten hatten damals Holzgeld und Bodenzins zu entrichten. Das Holzgeld jeden- falls für ihren Holzbezug aus den fürstlichen Waldungen. Im Jahre 1477 wurden diese beiden Abgaben mit einander vereinigt. Die fünf in den Rechnungen von 1444 erwähnten Hütten, nämlich die zu Dillenburg, Haiger, Wissenbach, auf der Schelde und zu Eisemrod, entrichteten zusammen in genanntem Jahre an Holzgeld und Boden- zins 128 Gulden Siehe Becher , a. a. O., S. 295. . Die alte Dillenburger Eisenhütte wurde vor 1523 abgebrochen und gegen Ende der zwanziger Jahre zu St. Thönges bei Steinbach, einer dem heiligen Antonius geweihten Kapelle, wieder aufgebaut. Sie wird in den Rechnungen von 1530 mit 18 Gulden Hüttenzins aufgeführt, während die alte Dillenburger Hütte nur 16 Gulden 6 Turnos zu bezahlen hatte. 1453 wird eine Hütte bei Widderstein und um dieselbe Zeit zwei Hütten zu Steinbrücken und bei Ebersbach erwähnt. Alle diese Hütten waren keine Hochofenhütten, sondern Renn- werke. Erst Ausgangs des 16. Jahrhunderts begann man im Dillen- burgischen Hochöfen zu bauen. An Holz war im 15. Jahrhundert noch kein Mangel. Fast jeder konnte seinen Holzbedarf auf seinem, oder der Gemeinde, deren Mit- glied er war, Eigentum fällen oder aus dem überständigen Holze in den herrschaftlichen Waldungen und auf dem zum Anrotten be- Nassau. stimmten Waldbezirken unentgeldlich erhalten Vergl. Arnoldi , Geschichte der Oranien-Nassauischen Länder 1816, Bd. III, 2. Abt. S. 2. . Doch musste jedes Haus jährlich etliche Mesten Hafer unter dem Namen „Schultheissen und Försterhaber“ als eine Vergütung für die freie Beholzung ab- geben. Diese Abgabe wurde aber schon im 15. Jahrhundert wieder aufgehoben. — In einem Bericht des Rentmeisters Wyshenne über die Waldungen des Gerichtes Ebersbach vom Jahre 1466 sagte der- selbe, es sei soviel verdorrtes Holz in dem Wald, mehr als die ganzen Waldungen von Struth und Eberhart einnehmen. „Wollte Euer Gnaden das Holz lassen kohlen, euer Hütten sollten es zwanzig Jahr genug haben.“ Die abgeholzten Waldungen, Gebüsche und Wüsteneien boten ausgedehnte Weideplätze für Rindvieh, Schafe und Ziegen und häufige Mast für Schweine dar. Für die Benutzung der Weide in den Wäldern wurde Wiesenhafer, für die Mast Masthafer, und zwar von jedem Schwein zwei auch wohl drei Mesten erhoben. Erst unter der Re- gierung des Grafen Wilhelm fingen die Besorgnisse wegen Schmäle- rung der Holzungen durch das willkürliche Hauen in den Wäldern an. Man ergriff Massregeln dadurch dagegen, dass man mit Wittgen- stein Tauschkontrakte über Kohlen und Eisenstein abschloss. — Der Eisensteinbergbau kam im 16. Jahrhundert im Dillenburgischen in grosse Blüte. Um Nanzenbach herum war sehr alter Bergbau auf Eisenstein. Das Eisensteinbergwerk auf dem Biberstein war schon vor 1537 im Betriebe. Das Bergwerk war in fünf Stämme geteilt. Es hatte dem Landesherrn den Zehnten in natura zu entrichten und die Zubusse in Frankfurter Währung auf einen zu bestimmenden Tag bei Verlust des Berganteils voraus zu zahlen. Graf Johann der Ältere, ein grosser Beförderer des Bergbaues, baute ein Stammteil mit und liess das Grubenholz, nach altem Brauch, unentgeldlich verabfolgen. Der Wagen Stein, welcher 28 herbornsche Kornmesten hielt, kostete 1589 zehn Albus Brecherlohn, doch stellte die Gewerkschaft das Gezähe und liess das Grubenholz anfahren. Ebenso war in der Gegend von Steinbrücken im 16. Jahrhundert Eisensteinbergbau. Die Grube St. Wolfgang wird 1558, St. Georg 1590 erwähnt; der Prophet Daniel in Seibelseifen 1588. Die hier gewonnenen Erze mussten, ehe sie zur Hütte kamen, durch Pochen und Waschen aufbereitet werden. Das Pochwerk, auf welches die Grube Beck , Geschichte des Eisens. 47 Nassau. Segen Gottes schon 1575 ihre Erze zum Pochen und Waschen bringen liess, stand am Wassergraben der Steinbrücker Eisenhütte. Der Dillenburger Bergbau wurde auf Roteisenstein getrieben. Die Förderung der Gruben war aber gering, da der Bedarf der Rennwerke unbedeutend war. Nach den Bergrechnungen von 1547 bis 1552 sind nicht viel mehr als 2040 Wagen Eisenstein gewonnen und den Hüttenwerken zu Feudingen, Laasphe, Biedenkopf, Ebers- bach, Steinbrücken, Wissenbach und zu Haiger für 12 bis 14 Albus der Wagen überlassen worden. Die Rennwerke konnten nur reichen, zarten Eisenstein verhütten. Auch im Dillenburgischen wurden Büchsen und Feuerrohre geschmiedet, namentlich in Herborn und Dillenburg. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts wohnten zu Dillenburg zwei Büchsenmeister, von denen der eine 29 Gulden, der andere 12 Gulden Jahreslohn erhielt. Bohrmühlen zum Ausbohren von Geschützen kommen unter Graf Wilhelm zu Dillenburg und Dringenstein vor Arnoldi , a. a. O., Bd. III, 2. Abteil., S. 74. . Die Sensenschmiederei blühte in Ebersbach und an andern Plätzen. Aus dem Jahre 1551 stammt Graf Wilhelms Ordnung der Sensenschmiede. (Montags nach Mis. Dom. 1551.) Die Einleitung sagt, da sich „Irrung erhalten zwischen vnsern vnderthanen den Sensenschmits meistern In ampt Ebersbach vnd an andern orthen vnsrer Grafschaft“ dadurch, dass „der Sensen ohn Ordnung zuuiel gemacht, Das Eisen vnd Kohlen dadurch vertewert worden, vnd der arm Man den vertriep neben dem Reichen nit woll haben mogen“ deshalb hat der Graf den Meistern befohlen, dass sie sich zusammenthun und eine Handwerkseinigung und Ordnung ver- fassen und ihm vorlegen sollen. Dies haben sie nach gemeinsamem Rat gethan und dieselbe zur Konfirmation vorgelegt, „Nemlich dieses Inhalts: Das niche furohin Ein Jeder Meister vnd einer wie der ander Ihnen allen zu nutz, Guthem vnd wolfarth Ein Jedes Jar nicht mehr, dan zwelff vierteil Sensen machen soll. Wo aber ein meister were, der einen sohn bey sich bestaden, wilcher mit dem vadder ein brodt haben wurde, vnd bey einem fewer arbeiten, Sol demselbigen meister sampt seinem sohn dreitzehen viertheill Sensen zu machen hiemit er- laubt vnd zugelassen sein, Im fal aber das meister weren, wie es sich Nassau. offt begiebt vnd zutregt, das etwa drey oder vier bey einem fewer arbeiten, Sol derselbigen meister, Jeder funff viertell zuschmiden fug vnd macht haben. Und ist hierinnen sonderlich bedingt vnd abgeredt, Beschlossen vnd von allen meistern Einhelliglich verwilliget, Das ein Jeder meister kein an das handtwerg nehmen oder lernen soll, Er sey dan vom handtwerge geboren. Wo auch ledige knecht weren, vnd Ir eigen brodt vnd fewer hetten, Soll derselbigen einer machen fünff viertell. Auch seint die meisten Eins worden, Wo sich Irrthumb eines Sensen- kauffs halber erhebt, Das etwan einer eine sensen kaufft, dieselbige ein zeitlang gebraucht, vnd hernach derselbigen wandelung begert, Sol es also gehalten werden. Wan einer ein Sensen kaufft, vnd Ihme ein zeitlang vom schmitt zu wandeln zugesagt, wie sie dero eins worden sindt, Sodan In derselbigen zeit dem armen man, der die Sensen gekaufft, die Sense nit thienlich, So soll der Schmit die Sensen wieder nehmen, vnd derselbigen Sensen helffen, Das sie dem armen man, der sie gekaufft hatt, thienlich vnd zugebrauchen sey, Alsdan sol sie der keuffer wieder nehmen. Truge sich aber zu, Das der schmit der Sensen nicht helfen kunth, Alssdan sol der schmit die Sense wiedernehmen, vnd dem keuffer an derselbigen stadt ein newe Sensen geben vnd zustellen, die dem keuffer gefellig vnd kauff- mansguth, vff das der keuffer vor sein geld hab vnd vnbetrogen sey. Damit sol der Schmitt der Sensen Wandellung gegen dem keuffer ledig vnd loss sein.“ Zuwiderhandlungen sollen mit zehn Gulden Busse dem Fürsten und mit fünf Gulden dem Handwerk gestraft werden und sollen, darauf „Schmits Girlach, Schmitthen Hans vnd der Jung Girlach Gast“ fleissig achten und die Aufsicht führen. Diese Ordnung wird vom Grafen bestätigt „vff montag nach Misericordias domini Als man zält nach der geburth Christi vnseres lieben hern vnd seligmachers Tausendt Funffhundert Funffzigck vnd ein Jaer“. Der Hauptvertriebsort für die Dillenburgischen Eisenwaren war zu jener Zeit Herborn, und während Siegen seinen Hauptabsatz nach Köln und nach Westfalen hatte, ging der Dillenburger Eisenhandel zumeist nach Frankfurt a. M. Auch in den Teilen Nassaus , welche von den Grafen der Wal- ramischen Linie beherrscht wurden, bestand eine alte Eisenindustrie, leider sind die Nachrichten aus dem 16. Jahrhundert über dieselbe nur spärlich. Über die Waldschmieden und die Rennwerke im Weil- thal haben wir früher schon berichtet (Bd. I, S. 959 bis 962). In 47* Nassau. den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts verlautet wenig über dieselben, wir erfahren nur, dass 1507 die von Reiffenberg eine Eisenschmiede an der Weil im Amte Usingen anlegten. Dass die alten Werke mit Erfolg weiter betrieben wurden, geht aus einer Beschwerde der Gewerken der Hessen-Zeche bei Weilmünster vom 10. December 1536 hervor, in welcher sie den Grafen Philipp von Nassau-Weilburg auffordern, die das Aufblühen des Bergwerks schädigenden Rennwerke ausser Betrieb zu setzen. Am 1. November 1543 verlieh Graf Philipp III. das inzwischen heimgefallene, zwischen Weilmünster und Winden vor dem Beilstein belegene Rennwerk Audenschmiede an die Eheleute Johann Mock und benannte Mit- gewerken von Langenbach und Alt-Weilnau. Die Bedingungen Siehe Becker , Geschichte des Bergbaus und des Bergrechts in Weil- münster, Zeitschrift für Bergrecht, Bd. XVIII, S. 4 und Anlage XXIII. waren zum Teil dieselben wie bei den früheren Verleihungen 1421 und 1434 (Bd. I, S. 960, 961): 1. Die Gewerke dürfen keine neuen Mitgewerken auf das ihnen verliehene Rennwerk aufnehmen; 2. die Gewerke haben den Grafen alljährlich am 11. November durch die beiden Ältesten acht Wagen Eisen nach Weilburg oder Weilnau (Amt Usingen) zu schicken; 3. den Gewerken steht freie Weidegerechtigkeit zu; 4. die Gewerken haben die Befugnis, in den Waldungen soviel dürres Holz zu sammeln und mitzunehmen, als sie tragen können; 5. die Gemeinde Weilmünster hat den Gewerken das erforderliche Bauholtz unentgeltlich zu liefern; 6. dagegen haben die Gewerken keinen Anspruch darauf, Mit- märker in Weilmünster zu werden; 7. die Gewerke dürfen auf dem Rennwerke Pferde halten, doch nicht mehr als vier; halten sie diese Pferde, so sind sie zwar frei von allen sonstigen Abgaben und Diensten wegen der- selben, haben aber in jedem Jahre eine Frohnfahrt von Bingen- heim nach Weilburg oder Weilnau zu leisten; 8. will oder muss einer der Gewerken seinen Anteil an dem Renn- werk oder seine Errungenschaft verpfänden oder verkaufen, so steht den Mitgewerken in erster, den Grafen in zweiter Reihe das Vorrecht des Kaufes zu; 9. der Graf hat die Berechtigung in jedem Jahre sechs Wochen lang in dem Rennwerk für sich arbeiten zu lassen; der Graf Nassau. hat den Termin dieser sechs Wochen zu bestimmen, soll ihn aber den Gewerken zeitig vorher ansagen lassen; die Gewerken liefern dem Grafen auf seinen Wunsch in den sechs Wochen den nötigen Eisenstein und stellen die Knechte; eine Verlegung dieser Gerechtsamkeit aus einem Jahre in ein anderes ist dem Grafen nicht gestattet. Den Hüttenleuten standen demnach dieselben Rechte wie den Bergleuten zu: Freizügigkeit und freie Benutzung von Wasser, Wegen und Stegen, Wald und Weiden. Im Jahre 1551 brannte die Audenschmiede ab. Die vier Ge- werken machen deshalb am 1. August eine Eingabe an Graf Phi- lipp III.; stellen ihm vor, dass eine grosse Feuersbrunst einigen von ihnen sämtliche Gebäulichkeiten, anderen einen Teil derselben zerstört habe, und bitten den Grafen dringend, er wolle ihnen das zum Neu- bau erforderliche Holz, welches sie auf andere Weise nicht zu er- halten wüssten, in der Waldung Wonstruth bei Weilmünster anweisen lassen. — Aus dieser Eingabe ersehen wir, dass auch hier, ebenso wie in Siegen, jeder Gewerke seine eigenen Gebäude zur Aufbewah- rung seiner Betriebsmaterialien, besonders also seine eigenen Kohlen- schuppen hatte, dass also auch jeder entsprechend seiner Beteiligung seine Hüttentage für sich hatte. Im Jahre 1587 wurde auf der Audenschmiede der erste hohe Ofen gebaut. Er wurde an derselben Stelle errichtet, wo einst im Jahre 1434 der Waldschmied Nicolaus Udo das zweite Renn- werk angelegt hatte. — Am 4. Dezember 1588 stellt nämlich Wilhelm Wilking , „offengieszer zu der Audenschmieden“, dem Grafen Albrecht von Nassau-Weilberg vor Siehe Becker , a. a. O. S. 471. , wie er, nachdem der Graf ihm, seinem Ansuchen entsprechend, vor Jahresfrist gestattet „ein hohen offen auf ewer gnaden schmitten, genannet die Auden- schmidt, anzulegen“, nachdem er weiter für den davon an den Grafen zu entrichtenden jährlichen Zins genügende Sicherheit und Bürgschaft gegeben, nach Fertigstellung des Hochofens durch die grossen Kosten der Anlage in solche Bedrängnis gerathen sei, dass er auf das ihm von dem Grafen zugesicherte Recht des alleinigen Betriebes dieses Hochofens verzichtet und auf Zureden des Grafen einige andere Schmiede unter der Bedingung zu Mitgewerken aufgenommen habe, dass er von je fünf Wochen 14 Tage lang den Hochofen allein be- nutzen solle. „Wan dan nun“, fährt Wilking fort, „got lob das Nassau. angefangen werck zimlich wol gerathen, viel offen undt andere materien gegossen undt verkaufft, alsz hab am negsten freytag mit gemelten schmidden ihrer arbeit undt zu beiden seiten aufgewandten unkosten, wie billig, in beysein ewer gnaden schultheiszen zu Weil- munster berechnen undt vergleichen woellen“. Diese Abrechnung führte aber zu Uneinigkeit, wie der Ofengiesser angiebt, durch die Schuld und den bösen Willen der Schmiede, die der ganzen Errich- tung des Ofens feindlich gesinnt waren, obgleich ihnen Wilking den Centner Eisen mit 2 Gulden bezahlte, während er in Frankfurt nicht über 27 Batzen (1 fl. 48 Pf., etwa 4,68 Mk.) dafür erlöste und noch einen Gulden vom Ofen Fuhrlohn geben musste. Deshalb er- bittet Wilking den Beistand des Grafen. Diese Klageschrift gewährt uns interessante Einblicke in die damaligen Betriebsverhältnisse. Der angegebene Eisenpreis zu Frank- furt ist auffallend niedrig. — Dies ist die letzte urkundliche Nachricht von der Audenschmiede im 16. Jahrhundert. Noch verschiedene andere Waldschmieden werden im 14. und 15. Jahrhundert in der Grafschaft Nassau-Weilburg erwähnt. Die alte Eisenhütte zu Mödau (Bd. I, S. 755) kam 1326 unter dem Namen Isensmitte an Nassau. 1403 werden „die Waldsmede“ zu Löhnberg und 1424 die zwischen Obernhausen und Rückershausen genannt Siehe Vogel , Beschreibung des Herzogtums Nassau, S. 405. . Es waren dies ebenfalls Rennwerke. Vogel ist der Ansicht, dass um 1478 die alten Rennwerke in Nassau von den hohen Öfen verdrängt zu werden anfingen, bringt aber dafür keinen triftigen Beweis vor. Sicher ist, dass schon lange vor Errichtung des Hochofens bei Weil- münster im Jahre 1587 gegossene eiserne Öfen in Nassau im Gebrauch waren. 1507 legten die Herren von Reiffenberg die oben erwähnte Eisen- schmiede auf der Sorg an der Weil im Amte Usingen an Siehe Vogel , a. a. O., S. 406. . Von den an Nassau angrenzenden Gebieten haben wir die Graf- schaft Sayn-Altenkirchen schon erwähnt. Das Wittgensteinische war reich an Holz, aber arm an Eisenstein, deshalb bezogen die nassauischen Hütten aus dem Wittgensteinischen Holzkohlen im Aus- tausch gegen Erze. Hierüber schlossen die beiderseitigen Grafen Verträge mit einander. Jede Hütte im Dillenburgischen und Wittgen- steinischen durfte nur einen Bläser gebrauchen und wöchentlich nicht mehr als 18 Wag Eisen schmieden Vergl. Arnoldi , a. a. O. . Hessen. In der niederen Grafschaft Katzenelnbogen , im Süden von Nassau, war alte Eisengewinnung in der Nähe von Katzenelnbogen selbst. In flandrischen Zollrollen von 1252 kommt schon ferrum de Kattenellen vor Mosch , a. a. O., Bd. I, S. 279. . Im 16. Jahrhundert blühte die Eisenindustrie in den gräflich Solmsschen Gebieten. Der Brückenhammer bei Braunfels wurde schon 1420 erbaut. Dass zu Kraft-Solms ein Hochofen war, geht aus den Aufschriften alter Ofenplatten, die dort gegossen wurden, hervor (siehe S. 301). Er stand in dem früheren „Schmidtenhof“. Die Eisenhütte bei Laubach kommt urkundlich 1591 vor; die „Unterste Schmitte“ bei Büdingen wird bereits 1518 erwähnt. Hessen . In Starkenburg, der südlichen Provinz des jetzigen Gross- herzogtums Hessen , reicht das Alter der gräflich Erbachischen Hütte bei Michelstadt bis in das 16. Jahrhundert zurück, denn im Jahre 1607 wird dieselbe als ein längst bestehendes Werk erwähnt. In den Eppsteinisch-Stollbergischen Besitzungen der Darmstädtischen Provinz Oberhessen werden alte Eisenschmieden bei Gedern und Hirzenhain erwähnt. Es waren dies Waldschmieden. Im Jahre 1465 verkaufte Eberhart von Eppstein seine Wüstung der Nider (Niders, Nieder — Niddern) an Kloster Hirtzen- hain. Er hält dabei aus, „dass unser Waldtschmid zu Gauder (Gedern) oder da herum, den wir auf dem vnser han, und künftig der 3 Eysen- kuten und des Steins im Berge der Wüstung nach Notdurft ge- brauchen können. Auch soll der Zehnten von Heintzenhen oder ein ander der auf der schmitten im Nider sitzt dem Kloster zufallen“ (Büdinger Archiv). In demselben Jahre beliehen die Herren von Eppstein den Ludwig Funk mit der Waldschmiede bei Gedern (Ortenberger Archiv). 1520 bezog Kloster Hirtzenhain Zinsen: 1) Uff der Niddern de agris uff der Smitten und 2) zu Gaudern de agro uff der Smitten. Hessen. 1578 behielt sich Graf Christoph zu Stolberg das Eisenwerk zu Hirtzenhain, „wozu der Eisenstein jetzt im Ober-Niedern gelangt wird“, vor. Im nördlichen Hessen blühte die Eisenindustrie in diesem Jahrhundert. Landgraf Philipp der Grossmütige, welcher infolge seiner kriegerischen Unternehmungen und seiner Bemühungen für die Verbesserungen des Heerwesens des Eisengewerbes notwendig bedurfte, unterstützte dieses energisch. Dass sich in dem Schlosse, dem Kloster und dem Rathause zu Kassel schon vor seiner Zeit eiserne Öfen befanden, haben wir bereits erwähnt, doch wissen wir nichts über den Ursprung derselben. Der alte Ofen zu Fritzlar mit der Jahreszahl 1537 ist mit Bestimmtheit als ein hessischer anzu- sprechen, und von den vierziger Jahren an war der vorzügliche Form- schneider Philipp Soldan von Frankenberg auf hessischen Eisen- hütten thätig. Er war lange Zeit in den Diensten der Hospital- verwaltung des Klosters Haina. Dieses reichbegüterte Kloster hatte sich schon früher mit der Eisengewinnung beschäftigt. Anfangs wurde vielleicht nur der Zehentstein auf eigenen Renn- hütten verschmolzen, im 16. Jahrhundert legte aber das in ein Landes- hospital umgewandelte Kloster jedenfalls auf Veranlassung von Land- graf Philipp an deren Stelle Hochöfen an und betrieb in der Mitte des 16. Jahrhunderts bereits mehrere Hochöfenhütten mit Giesserei. Über diese geben Hüttenrechnungen aus den Jahren 1555, 1556, 1573, 1576, 1591 und 1606 im Archiv des Landeshospitals zu Haina näheren Aufschluss Siehe L. Bickell , Die Eisenhütten des Klosters Haina. . In den ältesten Rechnungen von 1555 werden das Hütten- und Hammerwerk zu Dodenhausen und das mit dem Grafen von Waldeck zu ¼ besessene Giess- und Hammerwerk zu Armsfeld aufgeführt. Die Rechnung über das erstere beginnt: anno etc. 54 ist ussgeben vnd verrechnet 9 fl. 18½ alb. worden so zur erbawung vnd anfahrns des gissoffens . Dieser Ofen wurde mit seinen Gebäuden, Gebläse und Zubehör 1555 vollendet und in Betrieb gesetzt. Da jedoch in der „Innam Eyserne Offenn“ ein Rezess des Vorjahres von 67 Centner Öfen vorkommt, so muss die Hütte schon vorher als Hochofenhütte bestanden haben, und der Ofen wurde in diesem Jahre nur umgebaut. Die Hütte von Dodenhausen lässt sich bis zum Jahre 1591 in den Hüttenrechnungen nachweisen, danach scheint sie eingegangen zu sein. Die Hütte von Armsfeld erscheint nur in den Rechnungen von 1555 und 1556. Die Hütte zu Fisch- Hessen. bach erscheint in den Rechnungen von 1573 neben der von Doden- hausen. Fischbach hatte, wie diese, neben dem Hochofen auch einen Hammer. Gleichzeitig erscheint der Blechhammer von Rommers- hausen. In der Glanzperiode der Hainaschen Hütten von 1573 bis 1576 werden fünf Werke in den Rechnungen aufgeführt. Im Jahre 1591 wandelte das Kloster die ihm gehörige Schneidemühle „auf der Edder“ bei Frankenberg ebenfalls zu einer Schmelzhütte um Siehe Bickell , a. a. O., S. 3. . Neben dem Namen des mehrerwähnten Formschneiders Philipp Soldan kommen wiederholt die Namen der Hüttenmeister Peter von Rolshusen (aus dem Solmsischen?) und Conrad Scharf vor. Die beiden letzteren Namen finden sich bereits auf der Platte des Ofens zu Fritzlar von 1537. Alle waren in Diensten des Klosters Haina und werden in den Rechnungen genannt, Peter von Rolshusen als Hüttenmeister „Petter“ und der „Apengeisser“ Conrad Scharf als Former und später Meister „Churt“ von Usseln im Waldeckischen. Dieses Usseln war ein einsames, armes Walddorf, nahe der Sauer- ländischen Grenze, dessen Einwohner wohl meist aus Berg- und Hüttenleuten bestanden, welche in der nahe gelegenen Eisenhütte bei Schwalefeld, im kölnischen Sauerland und zu Haina in Hessen Be- schäftigung fanden. Derselbe Churt Scharff erscheint deshalb 1549 als Ofengiesser zu Schwalefeld auf der oben erwähnten Ofenplatte im Museum zu Altena. Schwalefeld war eine waldeckische Hütte, nördlich von Usseln an einem Seitenbach der Itter gelegen Ebend. S. 15. . Der Weg, welchen die Einführung des Eisengusses in Hessen nahm, ging vom Sauerland aus durch das Waldeckische. Es ist fortwährend von Hüttenmeistern, Maurern für den Hochofen, aus dem Stift Köln, d. h. aus dem kölnischen Sauerland die Rede, so dass bei den Beziehungen, die am Beginn des 16. Jahrhunderts durch den Erzbischof Hermann von Köln, welcher ein hessischer Prinz war, gegeben waren, diese Annahme sehr viel für sich hat. Die Werkleute der Giesshütten waren nur während des „Gebläses“ — der Hüttenreise — anwesend. Die ersten Meister und Former waren aus Usseln, Schwalefeld und Düdinghausen. — Die kleinen Bäche, welche die Wasserräder der Hütten- und Hammerwerke trieben, wurden durch Sammelteiche, von denen gewöhnlich einige hinter einander lagen und die mit hölzernen Spundwänden gefasst wurden, gestaut. — Die oberschlächtigen Wasserräder hatten 10 bis 12 Fuss Durchmesser. Der Hochofen war viereckig. Der Hochofenschacht wurde aus Leyensteinen (1555) oder Hessen. Lägersteinen, welche 1576 bei dem oberen Teich zu Fischbach, später bei Altenhaina, auch am Schiefferrain bei Dodenhausen gebrochen wurden, gemauert; das Gestell dagegen aus feuerfesten Sandsteinen, die anfänglich von Kassel durch den Hüttenmeister selbst abgeholt und stets auch von diesem selbst behauen und eingesetzt wurden. 1573 wird der Ort bei Kassel näher bezeichnet: „12 alb. vor 12 stück Denheuperstein … im markt Jacobi zu Kassel zaltt und 1 fl. Meister Curtten deme Hüttenmeister vom Herde des Schmeltzoffens anzurichten … 6 alb. gemeltem Hüttenmeister vor „den Aushaupf“ (das Aus- brechen des alten Gestells). Hinter dem Hochofen, der vor einer Bergwand lag, befanden sich die zwei Hüttenbälge, welche durch eisenbeschlagene „Streichspäne“ und Ketten mit der Blasewelle verbunden waren. Die Bälge waren aus Ahornplatten mit angenagelten Rindshäuten hergestellt und wurden von Balgmachern zu Homberg gemacht und in stand gehalten, was darin bestand, dass die Bälge nicht nur während eines „Gebläses“ geschmiert wurden, sondern auch dass in jedem Jahre das Leder ganz abgezogen, beiderseits mit Talg und Schweinefett traktiert und unter Dichtung mit Leim und Werg wieder mit breitköpfigen Nägeln auf- geheftet wurde. Deshalb nahm man eben das so feste Ahornholz. Die Düse von Eisenblech machte der Hammerschmied, während die kupfernen Formen aus einer benachbarten Stadt bezogen wurden. Der Eisenstein in der nächsten Umgebung Hainas war ein streng- flüssiger Roteisenstein, der, um Giessereieisen daraus zu gewinnen, mit anderen Erzen gattiert werden musste. So erscheinen 1555 und 1556 neben den eigenen Eisensteinen von der Opperwiese, Halghausen, Udershausen und Keller, fremde Eisensteine von Mellrich, Homberg, Sachsenberg, Wildungen und Brünchenhain. Durch weitere Auf- schlüsse wurden aber gutartige Eisensteine in der Nähe erschürft, so dass 1573 nur Erze aus der Umgegend aufgeführt werden, nament- lich ergaben die Erze vom Kaldenbaum, welche bis 1625 nur in Tagebauen gewonnen wurden, ein zum Giessen besonders geeignetes Eisen. Von Interesse sind die mitgeteilten Preise; dieselben beziehen sich hauptsächlich auf die Herstellung der Holzmodelle und sind sehr niedrig. So heisst es 1556: 7 fl. 4 alb. Meister Lipsen (Phi- lipp Soldan) zum frangenpergk geben von eim bildwerk. Die form vom Jungsten gericht geschnitten vnd sonsten von zwei Bilde eins Hessen. genennt Julius Cesar, das ander Carolus magnus; sontags Letare geben vf beuelch des Hauptmanns; 8 fl. 8 alb. Meister Lippen geben durch Hermann streithoff zum franckenbergck vor etlich kreuze vnd Baugwerk oben an die Offen bretter geschnitten vnd vor zwei bilde Eins Justitia genennt, das ander bilde Lucretia. Der Tagelohn eines Schreiners betrug damals 3 Albus. 1576: „Wegen der Schmeltz Hutten zu Dodenhausen verbawett: 13 alb. Lodewig Roden, dem schreiner vor 6½ tag zu 2 alb. hatt eine newe Kugeln Laden vnd die alten Leisten Laden gebessert zaldt den 2. August.“ Hieraus ersieht man, dass man sich zum Einformen der Kugeln hölzerner Formkasten bediente. Etwas höher sind die Preise 1561: Vnkosten vffs offen Giessen gangen 24 fl. 24 alb. Jost Lupoldenn dem Schreiner zu Treisa von den Historien, vom ver- lornen Sohn, vnd vom Saull zu schneidenn geben, bezallt den 3. Augusti. 2 fl. 11 alb. bemeltem Joist Lupolden vonn 18 tagenn Iden 3½ alb. hatt das Bildwerk verbessert vnnd In gerichtett, bezallt den 13. September. Summa 27 fl. 9 alb. Die besten Kunden der Hainaer Hütten waren die Landgrafen selbst. Sie bezogen für ihre Schlösser Öfen und Kaminplatten etc. in grosser Menge, für ihre Zeughäuser Büchsen, Kugeln, Streugeschoss (Kartätschen), Granaten, Hagelgeschoss (Schrot), Harnischplatten, Rad- eisen etc., für die Saline Allendorf und die Brauhäuser Pfannbleche und schwere Schmiedarbeit. An Öfen wurden nach den Hüttenrechnungen in dieser Periode gegossen (siehe Tabelle a. f. S.): Die Käufer waren zunächst der Landgraf und der hohe Adel Siehe Bickell , a. a. O., Anlage IV. . 1555 kamen Öfen auf die Schlösser zu Ziegenhain, Homberg, Mel- sungen, Rauschenberg und „für Frau Margarethen“ (den Boyne- burgischen Burgsitz in Spangenberg erhielt dieselbe erst 1565; dahin kamen auch zwei eiserne Öfen aus der Hütte zu Haina, welche 22 fl. kosteten). Sodann auf die Sitze der Herren von Dörnberg, Schwertzel, Urf und „Schler“. Ausserdem kauften zwei Bürgerliche. 1556 wurden mit Öfen versehen die Schlösser zu Melsungen, Friedewald, Wolkendorf, das der Herren von Riedesel zu Eisenbach, des Abtes zu Hersfeld und der Herren v. Falkenberg; auch das Rat- Hessen. haus zu Treysa (14 Centner), die Schule zu Homburg und zwei Bürgerhäuser. 1573 bringen die Rechnungen bereits ein umfangreiches, nach Ständen geordnetes Verzeichnis der Ofenkäufer. Dem Landgrafen wird der Centner mit einem Thaler berechnet, den „Grauenn vnnd Herren sampt denen vom Adell“ der Centner zu 1 Thlr. 8 alb. 43 Stück werden von Beamten, 24 Stück von Händlern, 63 Stück von Bürgern in Städten und 30 an „Dorffleuttenn“ verkauft. Im Jahre 1576 gehen 71 an Händler, 67 an Bürger und 32 an Bauern. 1591 gehen fast alle Öfen an Bürgerliche und Bauern. Schon gegen 1571 wurden die Räte des Landgrafen Wilhelm bedenklich wegen der Waldverwüstung Siehe Bickell , a. a. O., S. 5. , jedoch ohne Erfolg, wie die gesteigerte Produktion der nächsten Jahre beweist. Die Räte des oberhessischen Landgrafen Ludwig dagegen antworteten gutachtlich auf ein Schreiben Landgraf Wilhelms, welches jene Bedenken sich aneignet: Die Wälder seien wohl etwas hart angegriffen worden, doch habe das Spital in den Hütten sein vornehmstes Einkommen, so dass sie nicht zur Hälfte niedergelegt werden könnten. Beide Förster und der Spitalmeister sollten nur mit einander und im Ein- verständnis administrieren und vernünftig wirtschaften. — Bereits in Klosterzeiten hatte der Landgraf verschiedene materielle Begünsti- Hessen. gungen auf Kosten desselben genossen. Diese wurden bei der Ein- ziehung des Klosters aufgehoben und in andere, z. B. den Vorkauf und eine begünstigte Taxe bei Hüttenwaren, umgewandelt. Diese Vorzugspreise mögen bei der erhöhten Produktion einen Betrag er- reicht haben, der dem Hospital unbequem wurde, vielleicht that- sächlich den Wert der ursprünglichen Verpflichtungen überstieg. Daraus entstanden Differenzen. — Landgraf Wilhelm bestellte z. B. 3000 Kugeln zu „straugeschoss“ und beschwert sich in einem Schreiben an den Obervorsteher vom 30. Dezember 1587, man schiene ihm diese nicht liefern zu wollen und mache Ausflüchte. Der letztere antwortet: Am Kaltenborn habe sich dies Jahr der Eisenstein „mehrenteils gar abgeschnitten“, ohne dessen Zusatz die andern Steine „zu Gusswerk unduchtig“ seien. Das in einem „Gebläs“ erzielte wäre in die Hospitale, die Festung Ziegenhain gekommen und „10 Woog habe Landgraf Ludwig zu erbawung eines newen Eisenhammers gen Biede- kop erhalten.“ Das andere aber sei um baar Geld zu erlangen, trotzdem es zum Unterhalt der Hütte nötig gewesen, verkauft. — Wegen Steinmangels habe Landgraf Ludwig den Hammer angelegt, damit das Hospital mit Abholung Eisens verschont werden möge. Dass man an die Qualität des Eisens und an das technische Geschick der Hüttenleute damals schon ganz bedeutende Anforderungen stellte, geht aus folgenden Bestellungen Landgraf Wilhelms hervor: am 1. Juli 1582 bestellt er 12 Röste und 10 Träger aus „sovill mög- lich wie der Fluss erleiden will kalt trächtigen stein geblasen“ und am 9. April 1586 einige dreissig Stuck Buchsen (Kanonen), jede 1½ bis 2 Centner aus bestem Eckenfelder Stein zu giessen und gut zu feilen. Sie fallen nach des Hüttenschreibers Bericht so aus, dass sie sich feilen und mit dem Hammer treiben lassen, wie man will. Die Büchsen giessen die dazu nach Haina gesandten Büchsengiesser Martin Hase und Jacob Bethe . Letzterer war wohl der Sohn des Martin Bete , Büchsenmeisters Philipps des Grossmütigen, welcher diesem eine grosse Menge Kanonen und Büchsen mit der Aufschrift V. D. M. I. Ae. (verbum Dei manet in aeternum) goss. Unter diesen befanden sich auch eiserne. Die in Hessen aus Eisen gegossenen Geschütze erfreuten sich eines grossen Rufes. Im Jahre 1564 schreibt Herzog Albrecht zu Mecklenburg an Philipp den Grossmütigen Siehe Bickell , a. a. O., S. 8. , er habe vernommen, der Hessen. Fürst habe „eine gute Anzahl eiserne stück Geschütz von Sieben schuhen lang, auch deren etzliche kugeln von sechs Pfunden schissen vff eine sonderlich schöne art giessen lassen“. Er habe gehört, dass in seinem Fürstentum „6 oder 7 Meil von Cassel“ eine Hütte sei. Er bittet um „4 oder 5 von den Eisernen stücken des newen musters“ oder falls er sich nicht entblössen wollte, wolle er ihm seinen Büchsen- giesser Meister Mertenn schicken (dat. Dobberan, 9. Sept.). 1564 am 21. Oktbr. antwortet Philipp: er habe erst zwei giessen lassen, wären „nichts als Sturmbuchsen, seindt auch noch selbst mit uns nit einig ob die vns gefallen werden“. Gewiss war dies nur eine höfliche Form der Ablehnung. Dass Landgraf Philipp schon viel früher gusseiserne Kanonen besass und giessen liess, geht aus einem Inventar seiner Zeughäuser von 1544 hervor, welches sich in der Bibliothek zu Fulda befindet. Darin werden aufgeführt: drei eisern Camerbuchsen so Hans Kessler gegossen. Zwanzig funf cammer so zu den drei camerbuchsen und der stete camerbuchsen gehören. Drei eisern ge- gossen falknet so den von Witzenhausen sein. Zwei falknet gegossen den von Geismar mit iren wapen. Zwo eisern camerbuchsen … den von Geismar und hat jede 1 camern, ein gegossen steinbuchs u. s. w. Die aufgeführten Städte sind Kassel, Hof Geismar, Grebenstein, Immenhausen, Wolfhagen, Zierenberg, Gudersberg, Melsungen, Witzen- hausen. Von 1573 ab bilden Büchsen eine ständige Rubrik in den Rechnungen. Ausser den Hainaer Hütten, welche nach der Erbteilung Philipps des Grossmüthigen in das Gebiet Landgraf Wilhelms fielen, bestanden und entstanden im 16. Jahrhundert noch andere Eisenwerke in Hessen In Chattis vero Valdungia lapide ferrario abundat, sagt Agricola (de vet. et nov. met. II). . Gerade diese Teilung gab Veranlassung zu Neugründungen. Die Anlage eines neuen Hammers bei Biedenkopf durch Landgraf Ludwig von Marburg ist oben schon erwähnt. Derselbe legte noch zu Frankenau eine Schmelzhütte und einen Hammer, sowie zu Rotenthal einen Hammer an. Die Hochöfen der Ludwigshütte und zu Frankenau scheinen damals nur Masseleisen für die Frischhämmer geliefert zu haben, da gegossene Platten von dort nicht bekannt sind. Auch die niederhessischen Landgrafen suchten sich unabhängig zu machen und die inzwischen aufgefundenen Erzlager weiter auszubeuten. Sie legten 1581 bei Vaake eine Schmelzhütte Hessen. an, welche den Eisenstein des 1583 schon vorkommenden Bergwerkes zu Hohenkirchen verhüttete. In Südhessen bestanden zu Butzbach und Bieber ältere Hütten, die aber wohl erst im 17. Jahrhundert entstanden sind. — Über die Frankenauer Hütte und die Ludwigs- hütte bei Biedenkopf, welche sich bis heute in Betrieb erhalten haben, liegen noch einige Nachrichten vor. Aus obiger Nachricht der Hospitalverwaltung von Haina scheint hervorzugehen, dass der Hoch- ofen bei Biedenkopf im Jahre 1587 schon im Betriebe war, weil die Hämmer dort kein Masseleisen mehr bezogen. Nach Klipstein Klipstein , Mineralogischer Briefwechsel Bd. II, S. 93. befand sich aber zu Biedenkopf damals nur ein Hammer, welcher sein Eisen von der Frankenauer Hütte bezog. Über diese liegen Betriebsnotizen von 1589 bis 1597 vor. Die Frankenauer Hütte erhielt ihre Eisensteine von verschiedenen ein- zelnen Gewerken und Gruben, den teuersten zu 24 Albus das Fuder, nach jetzigem Werte etwa 2,40 Mk. Das Holz kam aus den Itterschen Wäldern, die Klafter 4 Albus 6 Pfg., Hauer- und Brennerlohn 16 Albus das Reuss. In 24 Stunden fielen: 1589 aus 3 39/48 Fuder Eisenstein mit 4¼ Fuder Kohlen 9 17/48 Ctr. Eisen 1590 „ 3 111/123 „ „ „ 3 43/123 „ „ 10 38/123 „ „ 1595 „ 5 6/67 „ „ „ 4 36/67 „ „ 10 31/67 „ „ 1596 „ 4 17/84 „ „ „ 5 „ „ 7 43/84 „ „ 1597 „ 4 61/63 „ „ „ 4 31/63 „ „ 15 41/63 „ „ Der Nenner des Bruches ist zugleich die Zahl der Tage, binnen welcher der Hochofen im Gange war. Der Schmelzer bekam für die Zeit von 24 Stunden 10 alb. Lohn, der Aufgeber 6½ alb., der Stein- pocher 6 alb. Des Hüttenschreibers und Hüttenvogts Besoldung be- stand vornehmlich in „Pfennigsgeld“ und betrug nicht mehr als 26 Gulden. Das Wascheisen wurde nach Scheffel, der Scheffel zu 2½ „Woge“ oder 300 Pfund bezahlt. Der Scheffel „Sinner- und Knippenpocher- lohn“ kostete 16 Albus. Das Roheisen wurde nach Chor oder Cor berechnet, ein Cor zu 12 Centner, der Centner zu 108 Pfund. Der Preis war 10 bis 11 Thlr. der Cor; Gusswaren, Töpfe u. dergl. 1 Albus das Pfund; Öfen 1½ fl. und Büchsenkugeln 2 fl. 10 alb. der Centner. Geschmiedetes Eisen kostete 3 fl. (zu 27 Albus) die Woge = 120 Pfd. und Sturzblech wurde produziert, der Centner zu 4 Gulden. Nach heutigem Werte ungefähr berechnet, kostete die Tonne (1000 kg) Hessen. Roheisen 60 Mk. Schmiedeeisen 100 „ Gusswaren, Herdguss (Ofenplatten) 80 „ Munition 125 „ Potterei (Töpfe u. s. w.) 200 „ Ausser den oben angeführten Hütten werden in der jetzt preussi- schen Provinz Hessen noch einige andere Eisenwerke im 16. Jahr- hundert genannt. Der Hammer zu Lippoldsberg an der Weser bestand schon 1555; er wurde 1584 zu einem Blechhammer erweitert, auch scheint ein Hochofen dort vorhanden gewesen zu sein. Ebenso war die Schmelzhütte zu Eschenstruth unweit Helsa unter Landgraf Wilhelm im Betriebe Siehe Wenk , Hessische Geschichte, Bd. V, S. 680. . Dieser beauftragte 1583 seinen berühmten Salzgrafen und bergbaukundigen Pfarrer zu Allendorf, Rhenanus, die Eisensteine von Hohenkirchen und Witzenhausen zu probieren. Die Adörfer und Hohenkirchner Eisenbergwerke wurden schon im 16. Jahr- hundert betrieben Siehe Cancrims Beschreibung der Bergwerke in Hessen 1767, S. 43. . Landgraf Wilhelm war aber gegen die Anlagen von Hütten- werken daselbst wegen der Holzverschwendung; er sagte treffend: „dergleichen Werke pflegen reiche Väter, aber arme Kinder zu machen“. Philipp der Grossmütige erkannte auch bereits die hohe Be- deutung der Mineralkohlen und liess im Jahre 1555 ein Steinkohlen- bergwerk am Meissner anlegen. Landgraf Wilhelm liess diese der Steinkohle ähnliche Braunkohle bereits abschwefeln und die ab- geschwefelte Kohle zum Kalkbrennen und andern Zwecken verwenden. Landgraf Wilhelm liess sich den Bergbau seines Landes sehr ange- legen sein und war dafür unter seinen Zeitgenossen berühmt. Herzog Julius von Braunschweig wandte sich an ihn wegen der Verwendung von Steinkohlen; Herzog Karl von Schweden bat sich Schmelzer und Treiber von ihm aus und der Landgraf schickte sogar seinen Erz- probierer Martin Haussmann eine Zeit lang nach Schweden, um den schwedischen Fürsten in seinen Bemühungen zu unterstützen. Hufeisen wurden für den Handel geschmiedet im Gericht Bilstein un- weit des Meissners. Ausser Schmieden und Schlossern waren Sporer, Plattner und Kanonengiesser zu Kassel, Spangenberg und Treisa. Thüringen. Thüringen . Sehr bedeutend war die Eisenindustrie in der hennebergischen Herrschaft Schmalkalden , welche 1583 nach Aussterben der henne- bergischen Grafen an Hessen fiel. Schon vordem standen Hessen und Schmalkalden in Wechselbeziehung, namentlich durch den Eisen- handel. Die Schmalkaldener Eisenwerke bezogen ihren Bedarf an Guss- waren grossenteils von den hessischen Hütten, während umgekehrt Hessen nicht nur viele Schmiedewaren, namentlich Waffen, von Schmal- kalden bezog, sondern auch die Schmiede, insbesondere die Blech- schmiede meist aus Schmalkalden verschrieben wurden, die dann mit Kind und Kegel angezogen kamen. So kam es, dass für einen solchen Überzug einmal ein ganzer Gulden vergütet werden musste (!). Schmalkalden und Suhl sind alte historische Mittelpunkte für das Eisengewerbe in Deutschland, und wir haben schon oft Ver- anlassung gehabt, diese beiden Eisenstädte zu nennen. Bereits im ersten Bande (S. 824) haben wir geschildert, wie in Schmalkalden der steirische Stückofenbetrieb, infolge der Übereinstimmung der Erze, schon sehr früh Eingang fand und sich lange Zeit erhielt, nachdem der Hochofenprozess und das Verfrischen schon allgemeine Verbreitung gewonnen hatten. Wir haben diesen Betrieb sowohl dort als oben (S. 173) ausführlich geschildert. Wie in Kärnten dann an die Stelle der Stücköfen nicht Hochöfen mit offener Brust, sondern Flossöfen mit geschlossener Brust traten, so geschah dies auch in Schmalkalden, nur nannte man diese Öfen hier Blauöfen. Auch diese haben wir bei dem betreffenden Kapitel (S. 177) bereits be- schrieben und können hier einfach darauf verweisen. Es bleibt uns hier nur übrig, eine kurze Übersicht der Entwickelung der Eisen- industrie in Schmalkalden, Suhl, wie überhaupt in Thüringen zu geben. Die Sage, dass der Bergbau bei Schmalkalden schon zur Zeit Christi betrieben worden sei, die Überlieferung, dass am Stahlberg seit 385 Eisenstein gewonnen werde und steirische Schmiede dort Eisen- hütten angelegt hätten, beweisen das hohe Alter der dortigen Eisen- industrie. Zur Zeit, als slawische Völkerschaften sich im Thüringer Wald ansässig machten, befand sich der Eisensteinbergbau in dieser Gegend schon in einem fortgeschrittenen Zustande seiner Entwicke- lung Siehe Fulda, Über den Schmalkaldener Bergbau, S. 9. . Bei Vesser und Schmiedefeld wurde in karolingischer Zeit Beck , Geschichte des Eisens. 48 Thüringen. Eisen gewonnen. In der Fuldaischen Chronik Schannat , Trad. Fuld. p. 285 und 99. heisst es: Adalbreth tradit in pago Grabfeld quidquid ei in partem cedebat in Vezzonum (Vesser) ubi ferrum conflatur . Die Grafen im Grabfeld nahmen später den Namen Grafen von Henneberg an. Graf Poppo von Henneberg erhielt schon 1216 von Kaiser Friedrich das Recht, Bergwerke zu betreiben, und um diese Zeit sollen die schmalkaldischen Eisen- und Stahlwerke entstanden sein, denn Winkelmann Joh. Just. Winkelmann , Beschreibung der Fürstentümer Hessen und Hersfeld, VI Teile. Bremen 1697, fol. — Teil II, S. 295. schreibt 1697: „Der Ruhm von Schmal- kalden wird noch weiter vermehrt wegen daselbst sich befindlichen und von Gott verliehenen reichen Stahl- und Eisenberg- und Hammer- werken, deren Bergwerke teils über 450, teils über 350 Jahre im Gange und fündig gemacht worden“. Der erste Eisenhammer, welcher urkundlich erscheint, ist der zu Laudenbach, welchen Heinrich von Hermisleben im Jahre 1348 dem Kollegiatstift in Schmalkalden verkauft. Die Erze kamen wohl von Broterode, wo hoch im Gebirg uralter Bergbau auf die zu Tage aus- gehenden Gänge, welche dort Roteisenstein, Eisenglanz und Glaskopf führen, betrieben wurde. Später lieferten die Mommel und der Stahl- berg die vorzüglichen Erze für die schmalkaldischen Eisenhütten. Das Vorkommen besteht aus zwei stockförmigen Massen im Zechstein, deren Ausdehnung je etwa 1200 m Länge, 120 m Breite und 40 bis 80 m Höhe beträgt Siehe Dürre , Die Anlage und der Betrieb der Eisenhütten, Bd. I, S. 71. . Die Ausfüllung ist ursprünglich Spateisenstein gewesen, doch ist dieser in solchem Grade metamorphisiert, dass er vorwiegend als Brauneisenstein anzusehen ist. Ebenfalls nach dem Grade der Meta- morphose unterscheidet man drei Arten von Spateisenstein, schwarzen, der am meisten vorkommt, gelben, der als der zarteste gilt und weissen, „Knopprüssel“ genannt, der am schwerschmelzigsten ist und ausgehalten wurde. Der Spat- wie der Brauneisenstein, Braunerz genannt, sind reich an Mangan, wie aus folgender Analyse eines Braunerzes von Buchholz hervorgeht: Eisenoxyd 73,75 Manganoxyd 10,50 Wasser 13,00 Kohlensaurer Kalk 2,75 99,80 Thüringen. Der Abbau war in alter Zeit ein sehr regelloser Siehe Quantz , Praktische Abhandlung über die Eisen- und Stahlmani- pulation in der Herrschaft Schmalkalden, S. 9. . Jeder Ge- werke holte seinen Anteil, wie er ihn brauchte, dabei gingen sie nur den besten Mitteln nach. Es war also ein Raubbau schlimmster Art. Die trefflichen, manganhaltigen Erze eigneten sich besonders für die Stahlbereitung, sowie überhaupt für hartes, festes Eisen, für Giessereieisen waren sie dagegen ungeeignet. Von alters her war deshalb der schmalkaldische Stahl berühmt, und im Jahre 1400 wird dort bereits eine Zunft der Stahlschmiede erwähnt. Das Verschmelzen der Erze geschah in Rennfeuern, die wie bei Broterode hoch an den Berghängen lagen und mit Hand- oder Tretbälgen betrieben wurden. Später zogen sich die Rennhütten an die Wasserbäche. Genannt werden solche Rennhütten zu Altenrode im Thüringer Thal und am Kaltenbach bei Steinbach-Liebenstein. 1437 wird der erste Eisen- hammer „am Schuttgarten“ genannt. Mitten in der Stadt Schmal- kalden muss eine solche Rennhütte gestanden haben, dies beweist die Bezeichnung des Platzes als „Hütte“ und das Vorhandensein einer Masse von Schlacken. Vielleicht stand hier auch der eine Hochofen oder Blauofen, der im 16. Jahrhundert erwähnt wird, in dem man die manganreichen Erze auf ein weisses Roheisen zur Stahlfabrikation — Stahleisen — verschmolz. Dieses Rohstahleisen wurde dann in vielen kleinen Herden auf dem „Schmiedhof“ zu Stahl verfrischt. Nach Geisshirts Schmalkaldischer Chronik wäre dieser Betrieb von Schweden eingeführt worden. Dies könnte aber kaum früher als im 17. Jahrhundert geschehen sein, während im 16. Jahrhundert schon ein Hochofen in Schmalkalden betrieben wurde. Der Stahl wurde zu Klingen, namentlich zu Messern, sowie zu Sicheln verschmiedet. Zum Schleifen derselben standen Schleifkotten unter dem Siechhause und über dem Steingraben Siehe J. R. Häfner , Die sechs Kantone der vormaligen Herrschaft Schmal- kalden 1808, Bd. II, S. 34 und Beilage 10 und 11. . In einem Achtsbrief des Kaisers Ruprecht werden im 15. Jahrhundert unter den Handwerken in Schmalkalden die Stahlschmiede, Klingenschmiede, Messerschmiede und Sichelschmiede aufgeführt. Am Stahlberg kam erst gegen Ende des Mittelalters der Bergbau in Gang. Zuerst sollen die Dachslöcher und im Erdschwinder Revier das Grumbacher und Neuendorfer Bergwerk gebaut worden sein und den Gewerken reiche Ausbeute gegeben haben. Ebenso wurden im Hallenberger Revier viele Gruben betrieben und Eisen gewonnen und verschmiedet. Es wurde 1474 eine besondere Berg- 48* Thüringen. ordnung für dieselben erteilt, die Gruben aber dem Berggericht in Suhl unterstellt Mosch , a. a. O., S. 268. . Folgende Bestimmungen, die sich auf die Hütten- und Hämmer- leute beziehen, sind von Interesse Siehe Häfner , a. a. O., Bd. II, S. 39. : Der Stein soll auf den Sonnabend abgemessen werden. Wer als Lohnarbeiter kein eigen Schmiedwerk hat, soll ohne Erlaubnis des Bergmeisters keinen Stein kaufen. Eide vor dem Berggericht von des Hammerwerks wegen, sollen an der Stätte abgelegt werden, wo man andere auch abzulegen pflegt. Bergeide soll man auf dem Stollen thun. Geht der Eid das Berg- und Hammerwerk an, soll ihn der Berg- meister geben. … Wenn die Erben des Schmiedewerks den Zins nicht ausrichten, so soll sich der Schultheiss von den Herrn wegen zum Schmiedwerk halten. Der Hammermeister, welcher mit einem schon gedingten Köhler ein Hintergeding macht, ohne Wissen und Willen des, der den Köhler gedingt hat, soll der Herrschaft einen Frevel verbüssen ..... Man soll ein Kohlenmass machen, das den Hammerschmieden und Köhlern füglich sei. Täglich fuhren auf diesen Gruben 802 Mann, einschliesslich der Geschworenen, Steiger, Karrenläufer, Jungen und Haspelknechte ein. In der Mitte des 16. Jahrhunderts blühte der Stahlberg schon sehr und lieferte für 12 Eisenhämmer an der Schmalkalde und zwei Hämmer zu Asbach das Eisen. Derselbe gehörte damals dem Ritter Christoph von Fuchs zu Wallenburg, von welchem auch die Gewerken die Mutung und Belehnung empfingen. Diesem hatte Graf Wilhelm von Henneberg 1522 zugleich mit dem Schloss, Mutung und Beleh- nung über alle in seinem Gebiet gelegenen Gruben und das Berg- gericht eingeräumt. Doch trat nicht lange danach Landgraf Philipp von Hessen als Herr des Stahlbergs auf und erliess als solcher 1536, 1537, 1548 und 1563 für Gewerken und Knappen verschiedene Berg- freiheiten. Die Eisengruben und Eisenhütten von Hallenberg ver- blieben aber auch nach dieser Zeit unter dem Berggericht zu Suhl. Ein Verzeichnis der Zünfte Schmalkaldens vom Jahre 1554 in Geisshirts Chronik legte Zeugnis ab von dem Umfang und der Be- deutung des Gewerbebetriebs. Die Zunft der Messerer hatte damals Thüringen. 38 Meister, 2 Herren und 2 Witwen, der Scherschmiede 21 Meister und 6 Witwen, der Kleinschmiede 20 Meister und 1 Witwe, der Huf- schmiede 39 Meister und 11 Witwen, der Nagelschmiede 7 Meister und 2 Witwen. Ferner bestanden zu jener Zeit 12 Eisenhämmer an der Schmalkalde zum Schmelzen und Schmieden des am Stahlberge gewonnenen Erzes, und zwei Hämmer zu Asbach. Diese waren Eigen- tum der steitzischen Gewerkschaft, jene betrieb die alte Innung der Stahlschmiede Siehe Weinrich , Pentas. S. 431 und Häfner , a. a. O., Bd. III, S. 61. . Von beiden Gewerkschaften konnten nur Verwandte oder ein dritter Gewerke gegen einen von der Gewerkschaft zu be- stimmenden Preis den Anteil eines andern an sich bringen. Die Stahlschmiedezunft hing lediglich von Hessen, die steitzische Gewerk- schaft von Henneberg ab. Durch die 1575 errichtete vollkommene Gemeinschaft zwischen beiden fürstlichen Häusern aber wurden sie mit einander vereinigt. Die beiden Gewerke A. Steitz und Dr. Mar- hold wurden in die alte Innung aufgenommen mit der Bedingung, dass in den 12 Stahlschmiedehämmern jährlich 2100 Centner Stahl, in den steitzischen aber nur 800 Centner gemacht werden sollten. — Die Hammerschmiede durften auf ihren Rennwerken nur einheimi- schen Stein verschmelzen. Bei der Mutung und Belehnung der Stahl- und Hammerschmiede hatten sich die Landesregenten früher den zehnten Centner Stahl und Eisen und das Vorkaufsrecht vorbehalten. Später wurde dies in eine jährliche Abgabe von 580 Thaler, in die Schmalkaldener Renterei zu zahlen, umgewandelt. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts scheinen noch neue Blauöfen im Schmalkaldischen errichtet worden zu sein, wenigstens werden 1575 mehrere Hochöfen erwähnt Häfner , Geschichte der Herrschaft Schmalkalden, Bd. III, S. 62. . Gusswerk machten die- selben aber nicht, solches bezog man nach wie vor von Haina. Als 1565 unter Landgraf Wilhelm auf der Saigerhütte zu Schmalkalden eine „lurtsch“, d. h. eine Grundplatte des Saigerherdes, unbrauchbar wurde, sollte „ein seigerer oder ein verstendiger knecht“ nach Haina reisen und angeben, wie eine neue gemacht werden müsse. Der Ofen im Riesensaal der Wilhelmsburg zu Schmalkalden, welcher erst 1590 gesetzt ist, wurde gleichfalls in Haina gegossen Siehe Bickell , a. a. O., S. 6. . Zur selben Zeit, wie in Schmalkalden, erblühte die Eisenindustrie in Suhl . Suhla, welches 1406 mit Heinrichs nur als Zubehör des Amtes Schleusingen genannt wird, wuchs um diese Zeit rasch zu Thüringen. einem ansehnlichen Dorf empor. In den nahegelegenen Gebirgen ge- wann man Eisenerze und verschmolz dieselben. Das erzeugte Schmiede- eisen führte man 1436 in grossen Quantitäten nach Erfurt. Nach einer erhaltenen Urkunde aus diesem Jahre bezeugten zwei Suhler Eisengewerke von 60 Jahren, dass weder sie noch ihre Väter jemals Geleitsgeld für ihr Eisen nach Erfurt bezahlt hätten (29. Juni 1436 Siehe historisch-statistische Beschreibung der Grafschaft Henneberg-Hilde- burghausen 1799, S. 206. . Vornehmlich wurde am Dellberg viel Eisenstein gefördert, und nach einer Urkunde von 1462 hat Graf Wilhelm der damaligen Ge- werkschaft gewisse Gesetze vorgeschrieben, nach welchen sie sich bei diesem Bergbau richten sollten. 1474 bestand bereits in Suhl ein Berggericht, dem damals auch der hallenbergische Bezirk unterstellt wurde, ein Beweis für die grosse Bedeutung von Suhl als Bergstadt. 1487 wurde Suhl infolge seiner zahlreichen Bergknappenbevölkerung von der Pfarrei Ebertshausen abgetrennt und musste sich eine eigene Kirche bauen, welche 1491 vollendet wurde J. A. Anschütz , Kurze Geschichte der Stadt Suhl 1796. . Alter Bergbau bestand bei Vesser um den Krux her, wo auch zahlreiche Eisenhämmer lagen. Suhl hatte schon 1509 ein Rathaus und einen Rat. 1517 verlieh Graf Wilhelm VII. von Henneberg Suhl städtische Vorrechte und erhob es 1527 förmlich zu einer Stadt mit eigenen Munizipalrechten und wirkte ihr 1544 bei Kaiser Karl V. das Jahrmarktsprivileg aus. Es erhielt drei Jahrmärkte mit kaiserlichem Schutz und Geleit. Die Stadt trägt von alters her den Berg- mannshammer im Wappen. Diese Vorrechte wurden Suhl erteilt wegen seiner Gewehrfabrikation, welche sich schon damals eines weitver- breiteten Ruhms erfreute. Durch die spanischen und italienischen regulären Truppen kamen die Musketen in Deutschland auf und gerade diese Art Gewehre wurden in Suhl fabrikmässig hergestellt. Dies geschah um 1530. Auch in Wasungen wurde schon damals die Gewehrfabrikation aufgenommen, die aber später durch den 30jährigen Krieg zu Grunde ging. Die Bergleute und die Eisenarbeiter wandten sich auch zu Suhl früh dem Protestantismus zu. 1544 wurde Fürst Georg Ernst zu Henneberg lutherisch. 1583 starb das Haus Henne- berg aus und Suhl fiel an Sachsen. 1590 brannte ein grosser Teil der Stadt nieder, aber der schwungvolle Bergbau und namentlich die blühende Gewehrfabrik veranlassten den raschen Wiederaufbau der Stadt. Deshalb konnte Wendel , der im Jahre 1600 ein vor- treffliches lateinisches Lobgedicht auf Suhl schrieb, sagen: Der Krieg Thüringen. habe wiedergegeben, was das Feuer zerstört hätte. Die blühende Eisenindustrie und Gewehrfabrikation rühmt schon Sebastian Münster in seiner Cosmographey (vergl. S. 440). Die Suhler Gewehrfabrik war damals — ausser Wasungen — die einzige in Deutschland und versorgte ganz Europa mit Feuerrohren. Über die Rohrschmiederei in Suhl haben wir S. 441 bereits Mit- teilungen gemacht. Fürst Georg Ernst zu Henneberg gab 1563 den Schlossern, Sporern, Windenmachern und Büchsenschmieden auf ihr Ansuchen, weil sie auswärtig für unzünftig gehalten wurden, Innungsrechte. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gab es in Suhl Grosshändler, die umfangreiche Gewehrlieferungen auch für das Ausland über- nahmen. Wendel erwähnt in seinem Lobgedicht den Georg Klett , der Gewehre nach der Schweiz und Genf lieferte. Viele Gewehre gingen nach Ungarn und das polnische Zeughaus zu Krakau ent- hielt viele Tausende davon. Stephan Reitz hatte dem König Stephan Bathory zum Krieg gegen Russland (1572) Gewehre nach Wilna geliefert. Mehrere Klette und Thomas Wendel , hatten Lieferungen nach Lievland, Preussen und Danzig ausgeführt. Simon Store lieferte im Jahre 1600 sechs Tausend Rohre nach Dänemark, auf die das königliche Wappen gestochen war. Suhl lieferte an Feind und Freund, wie heute die englischen Gewehrfabriken, und so fanden auch viele Suhler Rohre ihren Weg zum „Erbfeind“, dem Türken. Die grössten Lieferungen gingen aber in die kaiserlichen Lande zum Krieg gegen den Türken und zu den an diesen Kriegen teil- nehmenden Mächten. Nach dem Brand von 1590 schickte Rudolf II. Bevollmächtigte aus Prag nach Suhl, welche viele Tausend Mus- keten bestellten und zur Beschleunigung der Sache die Befreiung von allen Donauzöllen von Regensburg bis Wien versprachen. — Selbst die Weiber fanden damals ihre Beschäftigung zur Herstellung der leichteren Teile. Alles Eisen wurde aus eigenen Bergwerken gewonnen. 1592 gab das damalige Eisenbergwerk am Bock von Januar bis September für 1239 Gulden Eisenerz. Der Nutzen wurde unter den Gewerken verteilt. Für den Feldbau waren keine Hände übrig. Suhl und Schmal- kalden waren bereits im 16. Jahrhundert Fabrikstädte und Welt- handelsplätze. Für den lokalen Bedarf an Eisen sorgten noch manche andere alte Hütten- und Hammerwerke in Thüringen , wie zu Ilmenau, in Stolberg und der Unterharz. Saalfeld und Schwarzburg. Zu Hüttensteinach und Gabe Gottes gab es alte Eisenwerke, zu Ruhla waren im Mittelalter Schwertschmiede an- sässig, die aber in den schlechten Zeiten zum Messerschmiedehand- werk übergingen. Hiergegen protestierten die Messerschmiede von Gumpelstadt, weil sie dadurch in ihrer Nahrung beeinträchtigt seien. Sie erwirkten auch wirklich ein Urteil, welches den Ruhlaer Schwert- schmieden (ensarii) die Führung der Schraubstöcke untersagte. Sie durften Messerklingen schmieden, aber keine Messer fertig machen Siehe kurze Geschichte des Fabrikorts Ruhla im Journal für Fabriken, Bd. XIV, S. 329 etc. . Im reussischen Voigtland waren 1509 im Betrieb: Nickel Querch- felds-Hammer an der Lomnitz, Haueisenhammer an der Saale, die Hämmer von Hans und Lorenz Oberländer, Hans Neumeisters Hammer, Fasolts Hammer und Klettigs Hammer. Am nördlichen Abhang des Thüringer Waldes waren im Mittel- alter viele Eisenhämmer im Umtrieb, was durch zahlreiche Schlacken- halden bezeugt wird; im Schurtethal, am Geiersberg, Eisengruben- berg und Steinberg bei Schwarzburg, bei Langenhayn unweit Walters- hausen, bei Winterstein, Mosbach und Ruhla, bei Thal, Reinhards- brunn, Georgenthal und Tambach. Stolberg und der Unterharz. Von hervorragender geschichtlicher Bedeutung ist die Eisen- industrie der Grafschaft Stolberg und der Herrschaft Blanken- burg-Elbingerode . Dass Eisenwerke im Jahre 530 die Veranlassung zur Gründung der Stadt Stolberg (Stalberg) Siehe Bruckmann , Magnalia Dei. I, 185. Zeitfuchs , Stolb. Hist., S. 131. Gmelin , a. a. O., S. 148. gegeben und die Stadt ihren Namen vom Stahlberg erhalten habe, sind überlieferte Sagen, ebenso dass ein Graf Otto, Waldomars Bruder, zu Stolberg durch einen Sturz in einen Bergschacht im Jahre 794 das Leben verloren habe. 936 schenkte Graf Siegfried dem von ihm gestifteten Kloster zu Wester-Gröningen am Bodefluss mit seiner übrigen Erbschaft Stolberg und der Unterharz. Bergwerke, welche Leibnitz für Eisenbergwerke hält Leibnitius Script. R. Brunsw . II, p. 49. Calvör , Hist. Nachrichten von den unter- und oberharzischen Bergwerken, S. 47, §. 47. . Um diese Zeit scheinen auch die Gruben bei Bodfeld in Aufnahme gekommen zu sein, welche dort im 11. und 12. Jahrhundert blühten. Mit der Burg Bodfeld waren schon um 936 die Höhen von Elbingerode und Hasselfelde verknüpft, welche ein bevorzugtes Jagdgebiet der sächsi- schen Kaiser waren. Kaiser Heinrich I. hielt sich gern hier auf und Heinrich III. starb in Bodfeld. Noch heute findet man ¾ Stunden oberhalb Rübeland, da, wo vormals das Dorf Bodfeld stand, viele alte Pingen und Schlackenhügel. Am 1. September 1188 bestätigte Kaiser Friedrich I. dem Kloster Walkenried die Hütten am Harzwalde, unter denen, nach späteren Nachrichten, sich auch Eisenhütten befanden Siehe Zeitschrift des Harzvereins, Bd. III, S. 63 und Bd. XIV, S. 6. . 1203 wird in einem alten Lehnbuche des Eisenwerkes am Wurmberg an der kalten Bode (Wormberch, ubi ferrum frangit, juxta frigidans Bodam) als eines Afterlehens der Grafen von Blankenburg gedacht. 1254 trat Graf Heinrich von Hohnstein sein Hüttenwerk am Zorgefluss an das Kloster Walkenried ab. — Gegen Ende des 12. Jahrhunderts entstand die Bergstadt Elbingerode, nach welcher die Bodfelder ausgewandert zu sein scheinen, weil sie dort fliessendes Wasser fanden. In den folgen- den Zeiten wird Bodfeld nur als „Dorfstätte“ genannt Siehe J. Chr. Stübner , Denkwürdigkeiten des Fürstentums Blankenburg und des Stiftes Walkenried. Wernigerode 1790. Bd. II, S. 303. . In dem aus- gedehnten Elbingerode-Hüttenroder Bergrevier kommen, wie zwischen Wieda und Tanne, und zwischen Osterode und Altenau, die Eisen- erze in Spalten und Klüften, zwischen Grünstein, Schalstein und Diabas mit Schiefer vor. Hüttenrode, das von den Eisenschmelzhütten seinen Namen hat, war schon im 13. Jahrhundert in gutem Flor. In seiner Umgebung finden sich gleichfalls viele alte Pingen und Schlackenhalden. „Wenn man daselbst in einem aufgeworfenen Graben nur mit dem Stocke gräbt, so findet man Schlacken, welche noch viel Eisen enthalten und leicht flüssigen Eisenstein“ ( Stübner ). Die älteste Eisenhütte, die als solche urkundlich bezeichnet wird, war 1355 die „zur Danne“ (zu Tanne). In diesem Jahre wurden die Grafen von Regenstein vom Bischof von Halberstadt mit dem Zoll und der Hütte zur Dannen belehnt. — In einem Lehenbriefe von 1344 kommt schon der Stahlberg bei Neuwerk vor; auch in dieser Stolberg und der Unterharz. Gegend sind viele alte Pingen und Schlackenhaufen. 1392 wird in einer Urkunde zwischen Heinrich Grafen zu Stolberg und Landgraf Balthasar von Thüringen mehrfach von den Bergwerken gesprochen, „da man Eisen oder Stahl ausgewürken mag“ Siehe Dr. H. Wedding , Beiträge zur Geschichte des Eisenhüttenwesens im Harz. Zeitschrift des Harzvereins, Bd. XIV, S. 4. . Elbingerode war anfangs des 15. Jahrhunderts ein Gandersheimi- sches Lehen der Herzöge von Braunschweig-Grubenhagen und wurde von diesen am 18. März 1427 den Grafen zu Stolberg-Wernigerode als Lehen überlassen. Schon damals war die Eisengewinnung da- selbst nicht unbedeutend, denn in den beiden Lehenbriefen vom 18. März 1427 und 20. Januar 1429 Abgedruckt bei Delius , Bruchstücke zur Geschichte des Amtes Elbinge- rode. Weimar 1813, Abt. II, S. 2 u. 7. werden Hütten und Bergwerke ausdrücklich erwähnt. Seit jener Zeit bethätigen die Stolberger Grafen ein lebhaftes Interesse an der Eisenindustrie des Elbingeroder Reviers. Um diese Zeit wurden verschiedene Eisenhütten an grösseren Wasserläufen erbaut; so um 1400 die Neuhütte an der Bode durch die Grafen Ulrich und Albrecht von Wernigerode Siehe Max. Grubenhagen , Bd. II, S. 80. . In den gräflichen Teilungsrecessen von 1448 und 1454 werden bereits eine Anzahl von Eisenwerken im Unterharz aufgeführt. So stand ein Eisenhüttenwerk bei Hasselfelde an der Kuhfurt oberhalb der späteren Haselhütte. Zu Trautenstein und Umgegend befanden sich Berg- und Hüttenwerke, welche bei der Teilung an den Grafen Bernhard fielen. Im Dorfe selbst hatte man eine Schmelz- und eine Hammerhütte, deren Lage durch Schlackenhaufen — zu Stübner’s Zeit — noch kenntlich war. Eine andere Hammerhütte stand bei dem kahlenbergischen Vorwerke. Zwischen Kahlenberg und Benneckenstein, wo die Ratbode in die Bode fliesst, stand vormals eine Schmelz- und Hammerhütte, die spätere Gustavshütte Siehe Stübner , a. a. O., S. 309. . Die gräflichen Teilungsrecesse von 1448 und 1454 gedenken ferner der Eisenhütten in Kaltenthale, zu Oldendorf und zu Alten- brack, welches mit in die Landesteilung kam. Auch die schon früher gegründete Hütte zu Neuwerk wird erwähnt, sowie eine Hütte bei Treseburg. Die Eisenhütte zu Rübeland (casa iserne hutte tome Rovenlande) wird hier und in andern Urkunden des 15. Jahrhunderts erwähnt Siehe Zeitschrift des Harzvereins, Bd. III (1870), S. 53 bis 56, 63. . Auch in Zorge bestand alter Eisenhüttenbetrieb. Bereits im 14. Jahr- Stolberg und der Unterharz. hundert werden verschiedene Eisenstrassen im Harz genannt, so in einer Walkenrieder Urkunde vom 26. März 1360 „usque ad viam iserenwek“. Die Wernigerodisch-Blankenburgische Grenze war zum Teil durch einen Eisenweg bezeichnet Siehe Jacobs , die Hüttenwerke zu Ilsenburg. Zeitschr. des Harzvereins, Bd. XIII, S. 253 und Bd. III, S. 53 bis 56, 63. „vsque ad viam vulgariter de Iserenwech cognominatur“. 1451 sichert Kurfürst Friedrich I. dem Kloster Ilsenburg den „iserenstein“ in seinen Besitzungen zwischen Elbingerode und der Holtemme (bei dem heutigen Buchenberge) zu Ilsenb. Urkdb., Bd. I, Nr. 299. . Eine Eisenhütte zu Backenrode, welche dem Ilsenburger Kloster gehörte, war im Jahre 1480 bereits eingegangen und wüst Ilsenb. Urkdb., Bd. II. Nr. 375, 441. . In dem tiefer gelegenen Benzingerode wird schon 1467 einer oberen Hütte (casa superior) Siehe Jacobs , a. a. O., S. 254, und 1477 einer Casa inferior: Ilsenb. Urkdb., Bd. III, Nr. 379. gedacht und 1477 einer casa inferior. Am 26. Juli 1495 überlässt das Kloster dem Tileman Yseke die bisher von ihm zu Zins getragene „hutte vnd huttestede by der Ilssen vor dem knycke gheheten to Betsingerode“ mit aller Zubehör für alle Zeiten für drei Mark. Der niedrige Preis und die Bezeichnung Hüttenstätte neben Hütte scheint darauf zu deuten, dass dieselbe im Eingehen war; 1496 wird Benzingerode wüste genannt, zwei Jahre später ist daselbst von einem vormaligen Hüttengebäude (ubi fuit edificium casae) die Rede. Von den Abgaben, welche die Benzingeröder Hütten- besitzer an das Kloster zu liefern hatten, erfahren wir aus den Jahren 1477, 1491 und 1496, dass Eisenblech (lampna, lamina) und Pflug- eisen (plochblath und seeck) hier gearbeitet wurde. In Stolberg selbst spielten die Stahlschmiede eine wichtige Rolle, und bildeten im 15. und 16. Jahrhundert eine angesehene und reiche Zunft. Die Stahlschmiede in Stolberg bildeten eine Ge- werkschaft, die Stahlreite genannt, bei der auch die Grafen von Stol- berg beteiligt waren, wie aus alten Renteirechnungen hervorgeht. Dicht über Stolberg Diese Mitteilungen verdanke ich Herrn Archivrat Dr. Jacobs zu Wer- nigerode. am Harz lagen zwei Ortschaften, Schmedes- hausen und Massenteich, beide urkundlich bekannt; ersteres seit 1371, aber im 15. Jahrhundert eingegangen. In beiden Orten sollen die Stahlschmiede und Eisenbergleute früher gewohnt und das Stahl- handwerk getrieben haben. Die Gruben sollen bei Stolberg gewesen sein, wo auch noch viele Spuren vorhanden sind. Die Eisenarbeiter Stolberg und der Unterharz. hätten sich dann nach Stolberg gezogen. — Dies berichtet Zeit- fuchs in seiner Chronik nach alten Schriften, und darüber ist auch noch die Tradition erhalten. 1423 giebt Heinrich Zabel, Vicar zu Stolberg, ein Viertel von einer Massenhütte nahe bei der Kreuzkirche daselbst an seine Vicarie und der Pfarrkirche ½ Schleifkotte (Stolb. Kirchenarchiv). 1459 bekennen sich Kurt Hüne und drei andere, jetzt Reidemeister der Stalsmede zu Stalberg für sich und die Gemeinde des Handwerks , dass sie mit Volbort Heinrichs Grauen zu Stalberg 7 Schock Groschen für 100 Schock an unsrer Stalreite , die wir mit unsrem gnedigen Herrn hir haben, an den Vikar Heinrich Ronneberg verkauft haben (Stolb. Archiv). 1461 Graf Heinrich von Stolberg vermacht in seinem Testament, ehe er ins gelobte Land reiste, an das Kloster Ilfeld 1000 Schock von den 1500 Schock, die er in der Reyte habe (Wernigeroder Archiv). In einem summarischen Rechnungsauszuge von 1467/68 heisst es: Inname vor Stal Summa 170 Schock Nach einer späteren Rechnung von 1504/5 waren 9 alte Schock Groschen = 3 fl. 5 g. nach damaligem Werte = 8,45 Mark. „ „ Stalstein „ 84 „ Es scheint dies der auf den gräflichen Anteil an der Stalreite in Stolberg entfallende Gewinnanteil gewesen zu sein. Die späteren bezüglichen Einnahmen in den stolbergischen Rentereirechnungen sind niedriger. 1491/92 erscheinen unter „Einnahme Stalsmyde zu Stalbergk 1 fl. 20 gr. 3 Pf. Harleb Harlebis von Bussen und Felten im Hant- werk“. — „Desgl. mit Stole gekauft den das Hantwerg der Stalsmyde diss Jar an. m. g. Herrschaft von der Massen Hütten gegeben haben.“ (Stolb. Archiv.) 1492/93. In der nächsten Renterei-Rechnung heisst es: Innohme Stahel Smede Hantwerg 8 fl. 6 gr. Adam Stolle und Michael Pre- pich und 1498/99: 2 fl. 8 gr. von Heyne Grutzman Innomegelt mit Stahil gekauft. 25 fl. mit 9 Vass Stahls von der Stahlsmyden m. g. Herrschaft von der Massenhütten gegeben (und für Häring gegeben). (Stolb. Archiv.) In dem folgenden Jahrzehnt kosten 9 Fass Stahl 27 fl., also 1 Fass = 7,80 Mark. Stolberg und der Unterharz. So stand denn bereits im Beginn des 16. Jahrhunderts sowohl das Stahlgewerbe in Stolberg als die Eisenindustrie im Unterharze in voller Blüte. Gusswaren wurden aber noch nicht gemacht. Die Eisenhütten waren teils Rennwerke, teils Stückhütten. Zu den letz- teren gehörten die „Massenhütten“, welche auf Rohstahl betrieben wurden, die jedenfalls den schmalkaldischen Blauöfen entsprachen. Sie machten wohl auch schon neben der Masse, dem Stück, zuweilen geflossenes Rohstahleisen, worauf sich der in Urkunden vorkommende Ausdruck „Floss und Isenwergk“ bezieht. Bei der Verpfändung des Amtes Günthersberg von Seiten Anhalts an Stolberg 1498 wird letz- terem nur gestattet, auf „Floss und Isenwergk“ zu bauen. (Wernig. Archiv.) 1543 wird im Stolbergischen eine „Stahlhütte“ erwähnt. In dem Elbingerode-Hüttenroder Eisensteinrevier gab es 1506 zahlreiche Gruben Siehe Wedding , a. a. O., S. 11. , die reiche Ausbeute erzielten. Das Recht, Eisen- stein zu brechen, wurde von der Herrschaft gegen einen Zins erteilt. Die Betreiber waren Eigenlöhner, d. h. Bergleute, die das Erz selbst gewannen und verkauften, und sich dadurch selbst lohnten. Der Bergbau wurde meist in offenen Tagebauten mit natürlichem Wasser- abflusse betrieben. Erst 1564 begannen die Wasser dem Betriebe Schwierigkeiten zu bereiten, und 1570 trat an einzelnen Stellen Mangel an lohnendem Eisenerz ein. Man sah sich gezwungen, das Wasser durch künstliche Hebevorrichtungen, Künste, zu entfernen. Die Erfinder und Erbauer solcher Wassermaschinen hiessen Künstler, deren Wissen hoch geehrt und hoch bezahlt wurde. Sie verbanden sich mit Spekulanten zu Gesellschaften, die es übernahmen, gegen hohe Bezahlung ersoffene Gruben aufzuwältigen u. s. w. Eine solche Gesellschaft von Künstlern mietete z. B. einmal allen Eisenstein im Amte Elbingerode, der unter Wasser stand; aber der Erfolg entsprach nicht den Hoffnungen. Die auf Elbingerodischem und Blankenburgischem Gebiete ge- wonnenen Fisensteine wurden nicht nur auf dortigen Hütten, sondern auch auf den Hütten der Nachbargebiete verhüttet, so zu Ilsenburg, Kuhfurt, Trudenstein, Kollinberge, Zorge, Falsfelde, Sorge, Tanne, Benneckenstein, Oder, Lauterberg. 1506 werden Eisenhütten bei Lüdershof und Muxholl erwähnt. Wedding hat urkundliche Nachrichten über unterharzer Hütten aus der Zeit vom 16. Jahrhundert zusammengestellt. Stolberg und der Unterharz. Die Neuhütte an der Bode, welche schon seit 1400 bestand, blieb während des ganzen Jahrhunderts im Betriebe. Nach einem Lehen- briefe des Grafen Botho über die Neuhütte hatte dieselbe für den Holzbezug jährlich zu leisten 5 Mark Wernigeroder Währung, und an Eisen „24 schinen, zwene gut nagellstab“ (24 Schienen und 2 gute Stäbe Nageleisen). Der Lüdershof wurde schon 1506 betrieben; am 13. November 1516 klagte der Besitzer A. Schreiber , Bürger zu Halberstadt und Wernigerode, es geschehe ihm fortwährend Schaden auf dem Harze an dem Lüdershofe durch Diebe, und er sei dadurch verhindert, geschicktes, ausländisches, zum Schmieden tüchtiges Volk auf der Hütte zu erhalten. 1541 kam das Werk in herrschaftlichen Besitz und wurde in eine Blechhütte umgewandelt; Graf Wolfgang von Stolberg kaufte dieselbe für den für damalige Verhältnisse hohen Preis von 1600 Gulden (= 4160 Mk.) „Einundzwanzig groschen vor eynen guldenn gerechnet“ zu zahlen in drei Terminen in Joachimsthalern, jedes Stück zu 25 groschen (Delius). . 1545 wurde ein neuer Zerennherd gebaut und stand während des ganzen Jahrhunderts in lebhaftem Betriebe. Muxholl (Uxhole, Luxhol, Luckeshof, Lücheshof, Lucashof) be- stand als Zerennhütte schon 1506 und wurde 1575 erweitert. Agri- cola erwähnt Muchshol und das dort vorkommende Eisenerz (de net. et nov. met. II.). Sausenburg an der Trogfurterbrücke wurde 1538 als Blechhammer gebaut. Frischer aus Schmalkalden wurden herbeigezogen. Mehrfach erneuert und erweitert kam er 1565 in Pacht von Ilsenburg, 1584 aber zum Stillstande, da der Absatz an Blech zur See stockte Siehe Wedding , a. a. O., S. 13. . Zu Ilfeld waren 1545 zwei Hämmer, einer auf Eisen und einer auf Blech, im Betriebe. Die St. Johannihütte bei Ilfeld war bereits im Anfange des Jahrhunderts einigen Gewerken von Eisleben und Stolberg in Erbzins gegeben, kam aber nachmals wegen Mangels an Eisenstein zum Erliegen. 1537 bestand sie aber noch, wie aus Ur- kunden erweislich ist. Um die Mitte des Jahrhunderts wurden infolge des allgemeinen Fortschritts der Eisenindustrie verschiedene neue Hochofenhütten er- baut; so im Jahre 1549 die Trogfurter Hütte, welche ebenfalls be- sonders für Ilsenburg arbeitete und bis zum Schluss des Zeitraumes im Betriebe blieb. Schmiede aus Schneeberg und der Pfalz mussten hier die Arbeit verrichten. Wohl die wichtigste dieser Neuanlagen war die Hütte zu Königshof, welche 1551 vom Grafen Wolfgang er- Stolberg und der Unterharz. baut und 1578 erweitert wurde. Sie war vor Anlage der Rotenhütte die bedeutendste Hochofenhütte des Unterharzes. Im Blankenburgischen lag das ansehnliche Hüttenwerk Wende- furt , welches 1556 in gutem Stande vom Grafen Ernst an einen Blankenburger verkauft wurde. Ob aber damals schon eine Hoch- ofenhütte war, erscheint zweifelhaft, denn 1573 gewähren die Grafen zu Reinstein und Blankenburg dem Hans von der Heiden und Barthel Meynhart von der Heidt und Meinhard sind westfälische Namen, von der Heidt ein bergischer, Meinhard ein siegenscher. eine Eisenhütte und Pochwerk zu erbauen. Darinnen sollen sie das Recht haben, eiserne Öfen, Kugeln zu grobem Geschütz, eiserne Töpfe zu giessen, Püchsenwehr, zweigeschmolzen Eisen zum Salzsieden, Pfannen- und Schlossblech, auch Harnischplatten und andere Gattung schmieden zu lassen, dagegen sollen sie nicht zweigeschmolzene Schienen noch eingeschmolzen Wageisen (Renneisen) weder verkaufen noch verschicken; auch sollen sie der Eisenfaktorei keinerlei Konkurrenz machen. — „Wir wollen auch Hansen von der Heiden und Barthel Meynharten vndt Ihren Erben aus vnsern Gehölzen, den beiden Klingenbergen, den Rübenstädt, vnd Kötenfleck, an denen sie sich denn auch genügen lassen wollen vnd sollen, jeg- lichen durch Vnsern Forstern vmb gebürliche Bezahlung, gleich an- dern Hüttenmeistern harte Kollen, doch mit dem Bescheid, dass die stehenden Bäume vnangegriffen bleiben, vnd aus dem Hinderharze 7 Schock Fuder weiche Kollen vorlegen zu lassen, beschaffen. Ihr Gesinde darf keiner vber drei Haupt Vieh vnd gar keine Ziegen halten dürfen — und muss dieses diesseits der Bude nach dem Almenfelde gelegen bleiben, vnd sich vnser Gehölze mit Betreibung desselben gänzlich enthalten“ — unterschrieben Julius, 2. Mai 1573. Ebenso wurde die alte Hütte zu Zorge am Kastenthal um 1540 bis 1550 entweder neu aufgenommen oder neu aufgebaut. In diese Zeit fällt auch die Erbauung der Ilsenburger Eisenhütte, welche in der Folge die grösste Bedeutung erlangte. So wurden im 16. Jahr- hundert in vielen Harzgegenden Hochöfen eingeführt Siehe Tölle und Gärtner , Eisenhüttenmagazin 1792: Alte Eisenwerke im Fürstentum Blankenburg, S. 88 etc. . Sie wurden bereits auf festem Grunde gebaut und mit Abzüchten versehen. Diese wurden mit breiten Steinen bedeckt, dann folgte etwas Schutt, hierauf lag der Bodenstein. Das Gestellfutter, in welchem das Ge- stell eingebaut stand, war 5 Fuss 10 Zoll im Geviert und 5 Fuss hoch. Der Schacht, 13 Fuss hoch, war unten viereckig, oben rund, etwas Stolberg und der Unterharz. geneigt. Das Gestell selbst war 36 bis 40 Zoll hoch, oben 12 Zoll, vor der Form 10 Zoll weit und im Eisenkasten 22 Zoll lang. Das Gestell hatte nur etwa 5 Kubikfuss Inhalt. Die ganze Zustellung war eine sehr enge. Die längste gesetzliche Blasezeit war 25 Wochen, die aber meist nicht erreicht wurde. Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts kam ein Mann aus dem Voigtlande, mit Namen Hans Sien (Sieme) , welcher zu Wieda einen neuen und grösseren Hochofen anlegte, der zur damaligen Zeit der grösste auf dem ganzen Harze gewesen sein soll Siehe Tölle und Gärtner , a. a. O., S. 92. . Das Raugemäuer war 7 Fuss im Quadrat, die ganze Höhe des inneren Ofens betrug 24 Fuss, die Gicht war 4 Fuss weit, doch blieben die Masse des Ge- stells die nämlichen, wie in den früheren kleineren Öfen. Dadurch entstand ein Missverhältnis zwischen Schacht und Gestell. Trotzdem wurde Hans Sien so berühmt, dass er an verschiedene Orte berufen wurde, um neue Hochöfen anzulegen. Um diese Zeit herrschte noch viel Aberglaube und Geheimniskrämerei wegen der Ofenzustellung, und Männer wie Sien beherrschten ganze Länder durch ihr Ansehen, was wirklichem Fortschritte sehr im Wege stand. Hans Sien be- hielt seine Kunst sehr geheim und vererbte sie nur auf seinen Sohn Christof Sien , der wie jener auf seine Kunst reiste. Diesem folgte dann Hans Voltin Teichmann von St. Andreasberg, welcher die kupfernen Formen einführte, während vorher durch den Stein geblasen wurde. Die ganze Hochofenindustrie des Harzes hing lange Zeit von solchen Ofenmeistern und „Maschenbläsern“ ab. Wir haben zuvor erwähnt, dass sich die Grafen von Stolberg per- sönlich grosse Verdienste um das Berg- und Hüttenwesen ihres Landes erwarben. Leidenschaftliche Förderer waren Graf Botho und nach dessen Tode 1538 Graf Wolfgang. Bei letzterem wurde diese Leiden- schaft zum Fehler, denn er spekulierte über seine Verhältnisse und wollte es dem Kurfürsten von Sachsen und dem Herzog von Braun- schweig zuvorthun. Er kaufte Hütten auf und legte neue an, aber beides mit grossen Kosten. Er war es, der Ilsenburg zu einer gross- artigen Fabrikstadt machte. Dort legte er im Jahre 1544 die erste Messinghütte am Harze an. Er liess Arbeiter von Nürnberg, Aachen und Antwerpen kommen und brachte rasch die Messingfabrikation zu grosser Blüte. Es entstanden drei Messinghämmer bei Ilsenburg, die untere, mittlere und oberste Blechhütte, sodann umfangreiche Draht- züge: der Messingdraht, der in grossen Mengen hergestellt wurde, Stolberg und der Unterharz. bildete einen besonders wichtigen Gegenstand des Ilsenburgischen Handels Siehe Jacobs , die Hüttenwerke zu Ilsenburg, Zeitschrift des Harzvereins, Bd. XIII, S. 256. . Für so umfangreiche Fabrikation war viel Eisen erforderlich. Bei dem Bau der Messinghütte hatte die Klosterschmiede ausgeholfen. Im Jahre 1546 erbaute Graf Wolfgang einen Hochofen (ustrina) und richtete neue Eisenhämmer für Stabeisen und Bleche ein. Schon früher hatten bei Ilsenburg Rennwerke und Eisenhämmer bestanden, die aber gegen Ende des 15. Jahrhunderts zurückgegangen waren. Sie erhielten ihr Erz vom Büchenberg. Die alten Rennfeuer auf den Ro- dungen unterhalb der heutigen Ilsenburg kamen zum Erliegen, als sich die Eisenindustrie inmitten des Eisensteinzuges lebhaft entwickelte, da sie die Kosten des weiten Erztransportes nicht vertragen konnten. Backenrode war 1480 eingegangen, und mit Benzingerode ging es 1496 sehr schwach. Die neue Hütte kam teils durch die grossartige Messing- fabrikation, teils durch ihre Gusswaren rasch in Blüte. Graf Wolf- gang und seine ganze Familie kam dagegen immer mehr ins Gedränge. Die neuen Anlagen und der ausgedehnte Betrieb verschlang zu grosse Summen; noch kostspieliger aber waren die grossartigen und doch erfolglosen Versuche der Wasserlösung mit Heinzenkünsten. das Geld musste grossenteils durch Anlehen aufgebracht werden. Die „Vorlage“, d. h. das von den Grafen vorgeschossene Betriebskapital der Ilsen- burger Messinghütten, betrug allein 60000 Gulden. Als Graf Wolf- gang am 8. März 1552 starb, war die gräfliche Familie, trotz alles äusseren Glanzes, finanziell in sehr übler Lage, welche durch gross- artige Hofhaltung, übertriebene Prachtentfaltung und die Uneinigkeit der Brüder noch verschlimmert wurde. Graf Wolfgang hatte 1549 von den Gebrüdern von Halle zu Hildesheim 9000 Goldgulden er- borgt; Graf Heinrich lieh noch 100 Gulden dazu, alles zu 6 Prozent; dagegen verschrieb er das ganze Amt Elbingerode, welches dann auch bald verfiel. Die Gebrüder von Halle setzten sich am 11. März 1559, allerdings mit Gewalt, in Besitz. Die Eisen- und Holzhandlung war ihnen nicht verschrieben, aber sie nahmen sie gleichfalls. 1584 wur- den die Elbingeroder Bergwerke an Statius von Münchhausen ver- pfändet. Noch viele andere Werke gelangten durch Verpachtung und Verpfändung um jene Zeit in andere Hände. Zu Braunlage war in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine Eisenhütte im Gange Siehe Stübner , a. a. O., S. 310. , die zugleich mit einer auf der Kaltenesse, Beck , Geschichte des Eisens. 49 Stolberg und der Unterharz. wo ein Zerennherd, eine Blankschmiede und eine Mahlmühle standen, genannt wird. Beide Hüttenwerke waren an Mathias von Veltheim versetzt, welcher sie im Jahre 1587 an den Grafen Botho wieder ab- trat. Im Jahre 1595 verpachtete sie Graf Martin an Heinrich Groben und Kaspar Beyern, und 1596 wurde von beiden ein Inventarium auf- genommen. — 1574 versetzte Valentin Böttcher seine Eisenhütte zu Altenbrack mit des Grafen Kaspar Ulrichs Konsens für 1300 Thlr. Die Hütte zu Neuwerk war schon früher in Privatbesitz über- gegangen, denn nach urkundlicher Nachricht bekam 1534 der Blanken- burger Bürgermeister Andreas Thomas eine ganze Eisenhütte zu Neu- werk mit Holzung, Wiesen, Weiden und allem Zubehör, wie sie sein Vater Hanns Thomas gehabt, vom Grafen Ulrich V. als ein Erblehn- gut, dergestalt, dass er dem Grafen den Zehnten vom Eisen abgeben musste. — Bei Rübeland bestanden neben der herrschaftlichen Eisen- hütte noch Privathütten. 1522 zahlen diese Bohlen- und Wasserzins an Blankenburg; auch werden verschiedene Veräusserungen erwähnt. Hanns Rübsaamen verkauft z. B. im Jahre 1531 eine halbe Eisenhütte zu Rübeland mit dazugehörigen Holzungen und Wiesen, wovon jähr- lich 2½ fl. an das Amt Blankenburg entrichtet werden mussten, an Erhard Oberländer, welcher die gräfliche Belehnung dafür erhielt. Mit der anderen Hälfte dieser Hütte und mit den dazugehörigen Holzungen und Gräsereien wurde Bartholt Schalk im Jahre 1534 be- liehen. Von letzterer Hälfte musste der Zehnte vom Eisen abgegeben werden. — Im Jahre 1570 borgte der gräfliche Unterthan zu Rübe- land, Klaus Hahne, welcher damals zu Andreasberg wohnte, mit Ein- willigung des Grafen Kaspar Ulrichs 700 Thlr. von dem gräflichen Rat Hieronymus Pathe, auf seine erb- und eigentümliche Eisenhütte zu Rübeland, welche von dem Blankenburgischen Grafen erbzinsrührig war. Drei Jahre danach kaufte Wolf Fuessen von den Schalken einen Eisenhammer zu Rübeland und die Hütte mit Wiesen und Äckern nebst einer Mahlmühle für 2450 Gulden, worauf ersterer im Jahre 1575 Klaus Hahnen noch ein Darlehen von 500 Thlr. auf seine Hütte gab und dieselbe 1578 wieder käuflich erhandelte. Aus der Ver- schreibung erhellt, dass Rat Pathe damals eine Hütte neben der zu- letzt gedachten und noch eine im Kaltenthal bereits in Besitz hatte. Unterhalb Zorge wurde am Staufenberge im Jahre 1571 die untere Eisenhütte angelegt. Die eine Hälfte gehörte zum Kloster, mit der andern wurde ein Sekretär Adrian Lubeck und ein Forst- bediensteter David Peust beliehen. Die Zorger Hütte, die lange zu- vor erbaut war, hatte schlechtes Eisen gegeben, bis vortrefflicher Stolberg und der Unterharz. Eisenstein im Berge Kastenthal erschürft wurde. Nach dieser Ent- deckung haben die Berg- und Hüttenleute sich hier vermehrt und im Jahre 1577 eine Kapelle bekommen. Die Landesfürsten am südlichen und östlichen Harze ordneten die bergrechtlichen Verhältnisse schon früh durch Freiheiten und Ordnungen. Insbesondere hatten die Grafen von Hohnstein bereits im Jahre 1521 ein „Bergfreiheitspatent“ zur Förderung des Bergbaues erlassen, welches auch in den Nachbargebieten zur Geltung gelangte. 1537 erliess Graf Botho zu Stolberg eine Bergordnung für die Graf- schaft Wernigerode Siehe Zeitschrift des Harzvereins, 1869, S. 95. . Für den Eisensteinbergbau des Unterharzes war aber von besonderer Wichtigkeit die Elbingeroder Eisenstein- bergordnung von 1594 Siehe Osthaus , Zeitschrift für Bergrecht, Bd. XII, S. 50. . Der Eisensteinbergbau war frei von Alters her. Eine Freierklärung der Stolberger Grafen wird im Artikel 11 erwähnt. Der Betrieb war in den Händen der Einwohner von Elbingerode. Die Hüttenherren waren damals vom Betriebe der Gruben noch nicht ausgeschlossen. Die Eisenhütten und Hammerwerke etc. waren entweder landesherr- liche oder private und teils im Amte selbst, teils in der Grafschaft Wernigerode belegen. Die Privathütten wurden auf Grund bergherr- licher Verleihung betrieben. Das Recht des freien Vertriebes ihrer Produkte stand ihnen nicht zu, sondern sie mussten dieselben gegen bestimmte Preise an die gräflichen Faktoreien abliefern. Der Berg- herr übte das Monopol des gesamten Eisenhandels aus. Es ist klar, dass diesem Monopol und der dadurch bedingten Unfreiheit des Hüttengewerbes gegenüber auch der Bergbau kein ganz freier sein konnte, und dass nur ein Betrieb im Kleinen, durch Eigenlöhner, möglich war. Die Verpfändung der Werke in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zwang die Bergleute zum Zusammenstehen, und dies beförderte die eigentümliche, selbständige Verfassung. Der freie Ver- kehr mit den Erzen war beim Harzer Bergbau überhaupt unbekannt: die Erze durften nur an die inländischen Hütten verkauft und das Eisen musste an die Faktorei abgeliefert werden. Dies war ebenso bei dem Ober- wie beim Unterharzer Bergbau. Nur dadurch, dass alle Erze an die herrschaftlichen Hütten geliefert werden mussten, erklärt es sich, dass diese den Bergleuten das Grubenholz auf den Berg fahren (Art. 18) und das Gezähe liefern mussten (Art. 19), dass sie Zuschüsse zu den Unkosten für Vorrichtungs- und Hilfsbaue leisten 49* Stolberg und der Unterharz. mussten (Art. 20), und dass Hüttenmeister und Hüttenknechte nicht selbst Gruben bauen durften. Die Bergleute erkannten, dass sie den Hütten gegenüber nur dann eine gewisse Selbständigkeit behaupten konnten, wenn sie alle fremden Elemente streng ausschlossen, den Charakter des Eigenlöhnerbetriebes festhielten. Deshalb war nur der, der Bergwerk treiben und selbst bearbeiten wollte, zur Mutung und Beleihung zugelassen, das Austhun gegen Zins aber verboten. Jede Spekulation war verpönt, deshalb auch den Hüttenleuten die Mutung von Gruben untersagt. Ferner bestand das lokale Monopol: kein fremder Arbeiter wurde zugelassen ohne Genehmigung des Berg- vogtes und der Geschworenen, d. h. der erwählten Vertreter. Wer muten will, soll in Elbingerode wohnhaft und „haushaltlich“ an- gesessen sein. Wer seinen Wohnsitz aufgiebt, soll „dem Amte heim- gefallen“, d. h. seine Mutung ins Freie gefallen sein. Diese ausser- ordentlichen Beschränkungen erinnern mehr an das Zunftwesen als an die Knappschaften. Am 19. Januar 1577 hatten die Grafen von Stolberg ausserdem ein Einfuhrverbot für fremdes Eisen und Holz erlassen. Die Ilsenburger Eisenwerke, welche die wichtigsten für die stol- bergischen Grafen seit dem Jahre 1546 waren, verblieben in gräf- licher Administration bis zum Ausgange des Jahrhunderts. Der Hoch- ofen von Ilsenburg war für Erzeugung von Gusswaren erbaut. Blau- öfen bestanden schon früher am Unterharz, aber der Ilsenburger Hochofen scheint der erste mit offener Brust gewesen zu sein. Die Behauptung des verdienstvollen Ober-Hütteninspektors E. Schott zu Ilsenburg, dass schon im 15. Jahrhundert daselbst Eisengusswaren er- zeugt worden seien Siehe die Kunstgiesserei in Eisen von E. Schott , 1873, S. 1. , müssen wir dagegen anzweifeln. Er verweist zwar auf alte Urkunden, in welchen schon „im 15. Jahrhundert von dort gegossenen Töpfen, Platten, Kugeln u. s. w. die Rede ist“, es ist uns aber nicht gelungen, von solchen etwas in Erfahrung zu bringen, und auch der weitere Beweis, den Schott versucht, scheint uns nicht stichhaltig. Er hat nämlich in sehr verdienstlicher Weise in seiner langjährigen Stellung als Hütteninspektor alte Ofenplatten ge- sammelt. Unter diesen soll eine mit der Jahreszahl 1509 sich be- finden, und er führt diese, indem er annimmt, dass dieselbe in Ilsen- burg gegossen sei, als Beweis für die frühe Herstellung von Gusswaren an. Diese Annahme ist aber eine wenig wahrscheinliche (s. S. 307), und dazu kommt, dass die angegebene Jahreszahl 1509 ebenfalls Der Oberharz. zweifelhaft ist. Vorläufig ist der Beweis nicht erbracht, dass schon vor Erbauung des Hochofens im Jahre 1546 ein Ofen zu Ilsenburg bestanden hatte, mit welchem Gusswaren erzeugt wurden. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dagegen war dies be- stimmt der Fall, und zwar goss man im Jahre 1577 nach auf- gefundenen Rechnungen daselbst Töpfe, Ringe, Gewichte, Ofenplatten, Kugeln u. s. w. Siehe Wedding , a. a. O., S. 14. . Ihre Eisengiesser liessen die Grafen von Stolberg aus dem Siegerlande kommen. Die Grafen Wolfgang, Ludwig und Albrecht Georg schlossen mit Siegener Giessern schriftliche Verträge ab, welche zum Teil noch im Stolberger Archiv vorhanden sind, in welchen sich diese verpflichteten, grosse und kleine Öfen, Platten, Tische, Cysternen, Büchsenkugeln u. s. w. zu giessen, ohne dass es ihnen aber, wie es scheint, gelang, ihren Verpflichtungen nachzukommen. 1548 fing ein engagierter „Massenbläser“ zum zweiten Mal an, Roh- eisen zu erzeugen, welches er zu Töpfen, Ambossen, Platten, Kugeln, Böden und Zacken vergoss. Vermutlich geschah das in Ilsenburg in dem neuen Hochofen, der 1546 erbaut worden war. Der Oberharz . In ähnlicher aber doch ganz eigenartiger Weise entwickelte sich das Eisenhüttenwesen im Oberharz. Hier hat das unmittelbare Ein- greifen der Landesfürsten besonders segensreich gewirkt. Im Ober- harz, wo sich am Rammelsberge Metallbergbau und Hüttenwesen so früh entwickelten, kam auch die Eisenindustrie zu früher Blüte. Die Bergarbeit im Rammelsberge verbrauchte eine grosse Menge Eisen für Werkzeuge, und dies gab Veranlassung zu grösserer Eisen- gewinnung in der Nachbarschaft. Die Eisenindustrie des Oberharzes stand immer in inniger Wechselbeziehung mit der Metallindustrie und teilte deren Auf- und Niedergang. An Eisenerzen fehlte es nicht; die meisten Metallgänge führten Spateisenstein und viele derselben gingen in ihren Ausläufern in Eisenerzgänge aus; so rührte nament- lich der Eisenreichtum des Ibergs bei Grund aus dem Zusammen- treffen mehrerer solcher Gangausläufer her. Der Holzreichtum des Der Oberharz. Harzes war von jeher berühmt, an dem nötigen Brennmaterial war also kein Mangel. Im 14. Jahrhundert war der Harzer Metallbergbau und damit auch das Eisengewerbe infolge der Pest fast ganz zum Erliegen ge- kommen. Im 15. Jahrhundert kam der Bergbau allmählich wieder in Gang. Um 1420 erbaute Heinrich Eschenbach aus dem Meiss- nischen im Rammelsberge ein grosses Pumpwerk, „die Wasserkunst mit dem krummen Zapfen“, eine bis dahin noch unbekannte Vor- richtung, und brachte damit die Grube zu Sumpf. Um die Mitte des Jahrhunderts, also um dieselbe Zeit wie im Unterharz, begannen sich die Eisenwerke, die vordem auf den Höhen bei den Eisengruben gestanden hatten, in die Thäler an die Wasserläufe zu ziehen. Be- sonders war es die Sösse, an welcher schon frühe Zerennhütten er- baut wurden, namentlich bei Gittelde und Osterode. In einem Bibel- codex zu Wolfenbüttel befindet sich folgende Notiz Siehe Wedding , a. a. O., S. 6, nach einer Mitteilung Dr. Heinemanns . : Explicit Deuteronomium per me Andream Soteflesch de casa ante piscinam ducis sita prope Gitthelde, in qua casa fratres mei fabrilia tractant negotia ex lapidibus ferrum cudentes. Anno Domini 1456 in die Agnetis virginis gloriosae. 1460 befanden sich im Sösethal oberhalb Osterode vier Eisenhütten im Betriebe. Gegen Ende des Jahrhunderts wurde Herzogin Elisabeth, die Gemahlin Wilhelms des Jüngeren von Braunschweig, die eigentliche Gründerin des Jahrhunderte hindurch blühenden Eisenhüttenwesens von Gittelde und Grund. Sie war eine geborene Gräfin Stolberg und hatte aus der Heimat die Liebe zum Bergbau mitgebracht. Nachdem daher ihr Gemahl im Jahre 1494 gestorben und ihr Schloss und Herrschaft Stauffenberg als Witwensitz und Leibgeding überwiesen war, wendete sie alsbald ihre Aufmerksam- keit den mineralischen Schätzen der Gegend, besonders am Iberge, zu. Sie nahm den alten Bergbau daselbst wieder auf. Da es ihr aber an erfahrenen Bergleuten fehlte, liess sie sich von ihren Brüdern, den Grafen Kaspar, Albrecht und Botho zu Stolberg, solche aus dem Stolbergischen und dem Elrich schicken. Ihr Eifer war von Erfolg gekrönt, sie erschloss ein ergiebiges Silberbergwerk und veranlasste die Eröffnung zahlreicher Eisensteingruben auf den reichen Erzgängen des Iberges. Um den Eisenstein zu verwerten, liess sie in Grund und zu Gittelde Hüttenwerke bauen. Ihr „liebes Grund“, vordem nur als Forstbezeichnung bekannt, wuchs zu einer blühenden Bergstadt heran Siehe Jacobs , Zeitschrift des Harzvereins, Bd. III, S. 373. , Der Oberharz. das schon 1505 seine eigene Pfarrkirche erbauen konnte; 1535 erhielt es Stadtrechte. Als Elisabeth alt und schwach wurde, belieh sie ihren treuen Kanzler Spiegelberg mit den Eisenwerken am Iberge. Dieser legte in Gittelde eine Faktorei an, durch welche der ganze Eisenhandel geleitet wurde, und da nun die Herzogin Spiegelberg anfangs scherz- weise ihren Eisenkanzler nannte und unter diesem Titel an ihn schrieb, so bekam die Gittelder Faktorei den Namen Eisenkanzlei und behielt diesen Namen bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Der Chronist Hardanus Hacke Hardanus Hacke , in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Prediger der Bergstadt Wildemann, schrieb eine „Historia“ von denen im Fürstentum Braunschweig am Harze belegenen Bergwerken, welche mit dem Jahre 1583 en- digt und von der Calvör eine Abschrift besass. schreibt darüber, nachdem er gemeldet, dass die von Stolberg und dem Elrich von der Herzogin herberufenen Stahlschmiede aus dem Eisenbergwerke am „Ibenberge“ gut Eisen und Stahl machen konnten, es ihnen aber an „Verlag“ gemangelt, und sie die Herzogin um Verlag gebeten hätten: „die gute fromme Fürstin, die keinen vorteiligen Geniess suchte und haben wollte, hat den Verlag ihrem Kanzler Spiegelberg überlassen, der es auch dann aufgenommen und verlegt hat. Daher ist es Kanzelei genannt worden und hat den Namen bis auf den heutigen Tag behalten.“ Noch in den letzten Jahren ihres Lebens weilte Herzogin Elisabeth häufig in Grund, wo sie Schlackenbäder nahm. Sie starb hochbetagt um 1520, jedoch ist Tag und Jahr ihres Todes unbekannt. Der Verehrung, die sie genoss, gab damals der Pfarrer von Ohlenhausen in folgenden lateinischen Versen Ausdruck: Elisabetha pia — De Stolberg Comitessa — De Brunswig Ducissa — Caste et pudica — Ducis Wilhelmi relicta — Junioris vidua — Mater et nutrix ecclesiae — Cum magna devotione — Fautrix Clericorum — Inventrix Metallorum — Paupertatis consolatio — In Domino abdormivit — In tumulo habitat — In pace requiescat. — Amen. — Der Kanzler Spiegelberg nahm sich der Gruben und Hütten mit Eifer an und setzte Alles in guten Stand. Zu jener Zeit werden bereits genannt die Gruben am Schüffelberg, im inneren Hasselbach, Glück Gottes, wunderlicher Hermen, Königsgrube, in Buche u. s. w., auf welchen Eisen- und Kupfererze gefördert wurden. Diese wurden verschmolzen auf den Hütten Schwickershof vor dem Iberge, der Schrammenenhütte, Glückshof, der krummen Hütte, Laubhütte, oberen Der Oberharz. und unteren Hütte, dem blauen Wunder und der Teichhütte. Die meisten dieser waren Rennwerke, nur das blaue Wunder, welches ein Sauerländer erbaut hatte, war eine Frischhütte, „da man zwey- geschmolzen Eisen macht“ ( Hacke ). Unter den aus dem Stolbergi- schen eingewanderten Eisenarbeitern befanden sich namentlich auch Stahlschmiede, die aus den guten Iberger Erzen einen geschätzten Stahl erbliesen. Zu Gittelde wurde ferner schon früh eine Blechhütte angelegt. Heinrich der Jüngere, der Enkel der Elisabeth, bethätigte gleich- falls das lebhafteste Interesse an dem Harzer Bergbau. Veranlasst durch die vielen alten Pingenzüge und des Zuspruchs des ihm be- freundeten Herzogs Georg von Sachsen Nach Hardanus Hacke . , nahm er im Jahre 1524 den Bergbau im Oberharz mit Macht wieder auf und erliess Donnerstag nach Viti 1524 die erste Bergordnung für die Bergwerke um und bei Gittelde Siehe Wagner , corpus jur. met., p. 1042. , welche zum Teil auf ältere Bestimmung Bezug nimmt und sich vielfach an das 1521 erlassene hohnsteinische Berg-Freiheitspatent anlehnt. Wie dieses gab sie den Bergbau frei, gewährte freien Holz- bezug gegen Erstattung eines Forstzinses, erlaubte den Bergleuten und Gewerken sich anzubauen und bürgerliche Nahrung zu treiben, befreite sie von Abgaben, Wehrgeld, Zoll und Geleit, und versprach ihnen allen Schutz Siehe Meyer , Versuch einer Bergwerksverfassung des Harzes im Mittel- alter. . Das erste Bergbuch, in welchem alle in Betrieb befindlichen Harzzechen verzeichnet wurden, stammt von 1526 Siehe Heinemann , Geschichte von Braunschweig und Hannover, Bd. II, S. 393. . Im Jahre 1521 war der Andreasberger Erzbergbau durch Joachims- thaler Bergleute aufgenommen worden. Durch den reichen Bergsegen entstanden ausser Andreasberg die Bergstädte Wildemann (1529), Zellerfeld und Lautenthal, die 1532 von Herzog Heinrich mit Frei- heiten und Gerechtsamen begnadigt wurden. In demselben Jahre verlieh er durch Patent vom Montag nach Quasimod. Siehe Calvör , a. a. O., c. I. Anhang, Nr. IV, und Meyer , a. a. O., S. 108. seinen Berg- werken am Iberge, zu Gittelde und in Grund, wie denen zu Zellerfelde folgende Privilegien: Freiheit der Wege, des Wassers, der Hütten und Pochwerke, auch aller Andern Gelände, wie altes Herkommen, Bergwerksrecht und Gewohnheit sei, freien Handel und Wandel der Bergleute, freies Geleit, freies Backen, Brauen und Schlachten, freien Wochenmarkt am Samstag bei Gittelde, in Grund und zu Zellerfeld. Der Oberharz. Ein jeder wohnhafte Bergmann sollte bürgerliche Nahrung treiben können und von Zoll, Steuern und Accise, Hof- und Kriegsdiensten befreit sein: nur bei gemeiner Landesnot, aus gutem Willen, un- genötigt mag er eine Zubusse leisten. Bauholz für das Bergwerk und Wohngebäude sollte er ohne Forstzins, doch nach Anweisung des herrschaftlichen Försters beziehen dürfen. Der herrschaftliche Zehent wurde auf drei Jahre erlassen. Nur den Verkauf des gewonnenen Erzes behielt sich der Landesherr vor. Wie sehr Herzog Heinrich die Förderung des Bergbaues in seinem Lande am Herzen lag, geht auch daraus hervor, dass er den berühmten Georg Agricola zu sich einlud und ihn in seine Dienste zu ziehen suchte Der betreffende Brief ist im Auftrage des Herzogs von einem Joh. Horn- brock von Halle geschrieben und abgedruckt in F. A. Schmidt „Bermanus“, S. 13, Anmerk. . Ferner daraus, dass, als 1536 in dem Bergwerke zu Wildemann die grosse Wasser- kunst genannt „Heinzenkunst“ in Betrieb gesetzt wurde, er sich per- sönlich hinbegab und daselbst einfuhr ( Hacke ). Dennoch war Hein- richs Thätigkeit für das Bergwesen nur eine sprungweise, häufig unterbrochen durch kriegerische Unternehmungen und wechselvolle Schicksale. 1553 Nach Gmelin , 1550 nach Heinemann . gab er für die fürstlichen Bergwerke zu Grund, Wildemann, Zellerfeld, Lautenthal u. s. w. eine Bergordnung heraus, welcher 1556 ein allgemeines Berggesetz als „zweite Bergfreiheit“ folgte. 1568 starb Herzog Heinrich der Jüngere, nachdem er sich zuvor mit seinem Sohne und Erben Julius ausgesöhnt hatte. Julius, Herzog von Braunschweig-Lüneburg , war einer der merkwürdigsten Fürsten seiner Zeit, der für das Berg- und Hütten- wesen Erstaunliches geleistet hat. Er war als dritter Sohn des Her- zogs nicht zur Regentschaft bestimmt, vielmehr sollte er, da seine Füsse durch einen unglücklichen Fall in frühester Jugend nach ein- wärts gewachsen waren, und er dadurch für einen andern standes- gemässen Beruf untauglich schien, Geistlicher werden. Als er zu diesem Zweck in Löwen studierte Siehe Leben des Herzogs Julius von Braunschweig und Lüneburg von Franz Algermann , Landesfiscal dieses Fürsten ed. F. K. von Strombeck . , unterzog er sich bei dem be- rühmten Arzte N. Haerdael einer schmerzhaften, aber glücklichen Operation. Dennoch blieb eine Schwäche in den Beinen zurück. Den Zorn seines Vaters, der eifrig die katholische Sache verfocht, zog er sich dadurch zu, dass er sich offen zur lutherischen Lehre bekannte. Julius wurde auf das Härteste behandelt, und der Hass des Vaters Der Oberharz. minderte sich nicht, als diesen das schwere Schicksal traf, seine beiden geliebten ältesten Söhne in der Schlacht von Sievershausen zu verlieren. Julius floh zuletzt zu seinem Schwager Markgraf Hans dem Weisen von Brandenburg. Heinrich, Witwer geworden, schritt zu einer neuen Ehe mit Sophie von Polen in der Hoffnung auf Nachkommenschaft und fest entschlossen, Julius von der Nach- folge auszuschliessen. Als sich diese Hoffnung nicht erfüllte, wollte er seinen unehelichen Sohn (von Eva von Trott) Eitel Heinrich von Kirchberg legitimieren lassen, aber dieser weigerte sich, darauf ein- zugehen. Erst als Julius von seiner edlen Gemahlin Hedwig, Tochter des Kurfürsten Joachim von Brandenburg, selbst ein Sohn geboren war, milderte sich der harte Sinn des Vaters. Am 11. Juni 1568 schied Herzog Heinrich aus dem Leben, und Julius bestieg den braun- schweigischen Thron. Mit fester Hand ergriff er die Zügel der Re- gierung. Er war in einer schweren Schule des Lebens erzogen. Mit gründlicher Bildung und reichen Kenntnissen war bei ihm ein hervor- ragender Sinn für Ordnung und ein organisatorisches Genie ver- bunden. Er begann seine Regierungsthätigkeit damit, auf allen Ge- bieten strenge Ordnung einzuführen, nicht in pedantischer Weise und durch gedruckte Reglements, sondern vor Allem durch sein lebendiges Beispiel. In allen Kollegien arbeitete er selbst mit, und erst nachdem er den Geschäftsgang gründlich und praktisch kennen gelernt und seinen Beamten gezeigt hatte, wie man arbeiten müsse, erliess er seine Ordnungen. Sein Wirken fiel in die Zeit, in welcher das Ansehen der Kaiser- macht in Deutschland mehr und mehr schwand, und die Macht der Territorialherren, die Selbständigkeit der Landesfürsten wuchs Siehe E. Bodemann , die Volkswirtschaft des Herzogs Julius von Braun- schweig in Dr. J. H. Müllers Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte. Neue Folge, I. Jahrgang, Hannover 1872, S. 197 etc. . Die Regalität war längst aus der Hand des Kaisers in die der Landes- herren übergegangen, und der Regalismus wurde von diesen auf Alles ausgedehnt, nicht nur auf den Besitz von Wald, Mineralschätzen, Hüttenwerken, sondern auch auf alle Betriebe, auf Gewerbe und Han- del. Die Landesväterlichkeit erstreckte sich über Alles. In diesem Sinne erfasste auch Herzog Julius seinen Beruf und er wurde wirk- lich ein Landesvater im besten Sinne. Sein bekannter Wahlspruch „Aliis inservando consumor“ war auch der Inhalt seines Lebens. Auf sein vielseitiges Wirken können wir hier nicht eingehen; nur Einzelnes können wir berühren. Der Oberharz. Zur Landesverteidigung schuf er eine Landwehr, wofür einem Jeden nach seinem Vermögen die Waffen vorgeschrieben wurden. Mit diesen hatte derselbe auf dem Landgerichte zu erscheinen und nach Schluss der Gerichtssitzung sich mustern zu lassen. Die Bauern wur- den von ihren Vögten oder alten Kriegsleuten einexerziert. Sie mussten ihre Waffen vorzeigen, dass sie dieselben nicht „verpartieret“ hatten, und der Herzog liess billige Gewehre anfertigen, die mit 7/4 Ellen langem Lauf, geschäftet und garniert nur 2 Thaler kosteten. Alle waren bei Strafe gebunden, wenn die Sturmglocke geläutet wurde, mit ihrer Wehr gerüstet zu erscheinen. Wie für Ordnung und Sicherheit, so sorgte Herzog Julius nicht minder eifrig für die materielle Wohlfahrt seines Landes, und hierfür bewies er eine hervorragende Begabung. Den Hauptnahrungsquellen des Harzes, dem Walde und den unterirdischen Schätzen, widmete er seine besondere Fürsorge. Der Betrieb beider hing eng zusammen und ist im Harze auch immer als etwas Zusammengehöriges behandelt worden. Der Wald war im Harze der vornehmste Besitz. Jagd und Wild- bann standen den Kaisern aus sächsischem Geschlechte zu, von denen es an die Hohenstaufen überging. Der Waldbesitz dagegen stand im Mittelalter Freien zu, Waldworchten, Waldwerken, silvani, auch die weisen Waldleute genannt, die in hohem Ansehen standen. Diese standen mit den Schmelzhütten in enger Beziehung und waren häufig die Besitzer derselben (Bd. I, S. 765), und so treten, nachdem der Name der Waldwerken gegen Ende des 15. Jahrhunderts verschwindet, die Hüttenherren an deren Stelle. Bereits 1252 wurde ein Waldrecht (wolte- recht) für den Harz erlassen, nachdem Kaiser Friedrich II. 1219 schon gewisse Privilegien erteilt hatte. Dieses erste Waldrecht ist leider verloren gegangen. Die älteste noch vorhandene Forstordnung wurde 1274 von Herzog Albrecht dem Grossen publiziert. Danach mussten die Waldleute „Schlagschatz und Kupferzoll“ geben, sie besassen also Metallhütten. Die gesetzgeberische Thätigkeit ruhte in den folgenden Jahrhunderten. Erst Heinrich der Jüngere sah sich veranlasst, der Erhaltung der Harzwälder seine Fürsorge zuzuwenden, zunächst durch einen Erlass vom Jahre 1535, alsdann durch die Forstordnung von 1547. Dieselbe bezieht sich hauptsächlich auf das „überhand- genommene, widerrechtliche Abhauen und Niederschlagen der Hölzer in den Harzforsten“, auf die Schonung der jungen Bäume, auf die Hut und Trift des Viehes in den Forsten, das Führen von Hunden etc. und die Strafen dafür. Noch grössere Sorgfalt wendete Herzog Julius Der Oberharz. der Walderhaltung und Waldkultur zu. Er entwarf selbst eine Forst- ordnung mit bis ins Einzelnste gehenden Bestimmungen über Wieder- zucht der Wälder, Anlage von Forstgärten und Ausführung von Pflanzungen, über die Befahrung mit Dung, das Verkleben der Schnitt- wunden an Pflänzlingen mit Baumwachs, das Beachten der Himmels- gegenden bei Umpflanzungen u. s. w. In allen Holzungen sollte nicht eher gehauen werden, bis das alte und abständige Holz daraus genutzt und abgefahren ist, Bauholz überhaupt nur mit Wissen und auf Anordnung der Amtleute und Förster. Ferner enthält sie Be- stimmungen über Einteilung der Gehaue, über Schonungen auf drei und mehr Jahre nach dem jeweiligen Urteil der Förster. Ziegen und Schafe sollen in Holzungen nicht geduldet werden u. s. w. Wohl zum erstenmale sieht auch der Entwurf einer Forstordnung von 1585 die Anlage von Trockenöfen vor, in welche alles nicht direkt abgegebene geringe Bau- und Nutzholz gefahren, aufgeschichtet, getrocknet und zum Verkaufe bereit gestellt werden sollte, gleichmässig für arm und reich. Dieselbe verbietet auch den Gebrauch von Holz- kohlen durch die Schmiede, welche dafür ausschliess- lich die am Hils gewonnenen Steinkohlen verwenden sollen . Noch Bedeutenderes hat Herzog Julius im Berg- und Hütten- wesen geleistet, und er hat den Oberharzer Bergbau auf vorher un- erreichte Höhe gebracht. Hier konnte er sein Verwaltungstalent, seine Kenntnisse, seinen praktischen Blick, seinen Handelsgeist am besten bethätigen Siehe Heinemann , a. a. O., S. 415. . Hier erscheint er zugleich als Bergherr, Fabrik- besitzer und Kaufmann, als ebenso tüchtiger Leiter wie erfinderischer Kopf. Naturwissenschaftliche Studien hatte er seit Jahren betrieben, aber er verliess sich nicht allein auf seine eigenen Kenntnisse, son- dern er zog die besten Männer für seine Zwecke heran. Gleich nach seinem Regierungsantritte liess er durch tüchtige und sachkundige, zum Teil aus dem Auslande berufene Männer eine genaue geo- gnostische Untersuchung des Harzes, namentlich der älteren Bergwerks- anlagen vornehmen. Er liess ferner Oberharzer und Unterharzer Bergleute die Gruben wechselsweise befahren und sich ihre Meinung über Anlage und Betrieb schriftlich vorlegen. Er liess neue Stollen, Schächte und Wasserleitungen anlegen. So wurde 1569 das liegen- gelassene Bergwerk im Hahnenklee wieder aufgenommen, im Jahre darauf der „getroste Juliusstollen“ am Meinersberg angelegt, andere Der Oberharz. Hauptstollen, wie der Oberwildemanns- und getroste Hewigstollen, an denen sich Heinrich seiner Zeit vergeblich versucht hatte, wurden mit besserem Erfolge hergestellt. Im Rammelsberge wurde 1585 der tiefe Stollen durchgeschlagen und dadurch die Ausbeute ansehnlich er- höht. Nicht minder erfreuten sich die Eisensteinbergwerke bei Gittelde und Osterode der eifrigsten Förderung seitens des Herzogs. Bald wurde der Harz als das ergiebigste Bergwerk in Deutschland be- rühmt. Herzog Julius gestand in einem Schreiben bereits 1576 zu, dass er den jährlichen Überschuss schon 84000 Gulden höher als sein Vater gebracht habe. Sein erster Berghauptmann (um 1570) war Burchard von Steinberg. Algermann , des Herzogs Geheim- schreiber, berichtet: „Dieweil die Bergwerke eine besondere Gabe und Geschenk des Allmächtigen, bei dem getreulich gehandelt werden muss: also hat der löbliche Fürst als ein geübter, emsiger und fleissiger Haushalter ein sonderlich fleissiges wachendes Auge auf dieselbe und dabei getreue Bergverständige und fleissige Räte …“ „Diese mussten ihm alle Donnerstag einen richtigen Extrakt aller Berg-Register und -Sachen allhier überreichen und von dem Zustande der Bergwerke Bescheid geben Hardanus Hacke in seiner zu Wildemann auf Herzog Julius gehaltenen Leichenpredigt. .“ Wie denn auch aus allen Ämtern jeden Samstag ein Amtsauszug in fürstliche Kammer geliefert werden musste, dass man von Woche zu Woche, was auf einem jeden Bergwerke an Erz, Galmey, Vitriol und Blei und von jeder Art Vieh, Korn etc. Vorrat war, ersehen konnte; aus welchen Auszügen dann in der Thesorien-Zahl- kammer allemal eine Pergamentrolle angefertigt werden musste, welche Se. Fürstl. Gnaden in zwei silbernen Röllchen am Halse trugen und daraus wussten, was sie tägliches einzukommen und zu haben hatten (!). Und habe von Sr. Fürstl. Gnaden ich oft selbst gehört, dass derselbe die Bergwerke bei währender Regierung auf 20000 Thlr. jährliches Einkommen höher gebracht, als Se. Fürstl. Gnaden, sein Vater, sie gelassen. Er pflegte zu sagen: „Spartam nactus est hanc orna! und wollen wir nicht einen Fuss breit ununtersucht lassen.“ In diesem Sinne liess der Herzog im Jahre 1586 eine noch viel umfangreichere geognostische Aufnahme seines ganzen Landes vornehmen, und zwar von dem aus Heidelberg berufenen, von Pfalzgraf Casimir erbetenen, berühmten Bergmeister Hans Fischer . Diesem stand der herzog- liche obere Bergbeamte Erasmus Ebener aus Nürnberg, der schon unter Heinrich dem Jüngeren die Leitung des Bergbaues im Rammels- Der Oberharz. berge übernommen hatte, zur Seite. Mit diesen wurden eingehende Beratungen gepflogen über Ausdehnung und Ertragserhöhung der Berg- werke. Nach ihren Vorschlägen wurden neue Stollen getrieben, ver- fallene Schächte wieder hergestellt u. s. w. Mit der Erweiterung des Bergbaues ging der Aufschwung des Hüttenwesens Hand in Hand. Bei diesem konnte der Herzog noch mehr seine Kenntnisse und seine Erfindungsgabe verwerten. Die Er- findung, aus Ofengalmei, d. h. aus zinkischen Ofenbrüchen und Kupfer, Messing herzustellen, wird ihm zwar mit Unrecht zugeschrieben, die- selbe rührt vielmehr von dem oben genannten Eramus Ebener her, aber der Herzog benutzte sie zuerst und war selbst unermüdlich, um für seine Messinggiesserei neue Verwendungen, Formen und Modelle zu ersinnen. Zu Bündheim, unweit Harzburg, legte er die erste Messinghütte an, die schon 1574 für 50000 Gulden Waren im Jahre machte. Mit dem Aufschwunge des Rammelsberger Bergbaues Hand in Hand ging der grossartige Hüttenbetrieb auf Blei und Silber in der Gegend von Goslar. Im Jahre 1569 lagerten in den herzoglichen Faktoreien nicht weniger als 60000 Centner Blei im Werte von 112500 Thalern, und Hans von Schweinichen versichert in seinen Denkwürdigkeiten, der Herzog habe ihm bei seinem Besuche in Wolfenbüttel gesagt, „er sei willens, die ganze Stadt anstatt des Steinpflasters mit Blei zu besetzen, welches man in vorfallender Not alle Zeiten wieder aufheben und gebrauchen möge, welches Bleies Anzahl fast unglaublich gewesen“. Er liess nach seinen Angaben vielerlei Dinge aus Blei anfertigen: Wasserspritzen mit Pumpen, Kronleuchter, Wasserlasser, Kugeln und Feuerbälle, selbst Geschütze, ferner „Grasbänke und allerhand gegossene vernünftige Historien nach der Vernunft und den Tugenden und Lastern für den Lustgarten Vergl. das ausführliche Verzeichnis von Blei-, Messing- u. s. w. Waren bei Sack, Herzog Julius als Fabrikant und Kaufmann. Zeitschr. des Harzvereins, 1870, Bd. III, S. 316 etc. “. Des Herzogs bergmännisches Interesse beschränkte sich nicht auf Erz und Eisen, mit dem gleichen Eifer schürfte er nach Steinkohlen, Salz, Baumaterialien und andern Fossilien. Er legte viele Steinbrüche am Harze an, die vorzügliches Baumaterial lieferten; er erschloss Lager von Alabaster und Marmorarten Siehe Heinemann , a. a. O., S. 418. . Seine Schlosskapelle in Wolfenbüttel liess der Herzog mit „einem neuen von Marmor und Alabastersteinen, die Se. Fürstl. Gnaden an der Asse erstlich erfunden und brechen lassen, ausgehauenen schönen Altar“ verzieren. Auch Der Oberharz. viele kleinere Gegenstände liess er daraus machen. In den Verkaufs- vorräten zu Wolfenbüttel werden aufgeführt: 17 Tischscheiben von eingelegtem, buntem Marmor und Alabastersteinen und eine Anzahl dergleichen Brettspiele. Wegen seiner Salzwerke wendete sich Herzog Julius an den Landgrafen Wilhelm von Hessen, um ihm einen im Salzsieden u. s. w. wohlerfahrenen Mann zu weiterer Anleitung und Anrichtung zu über- lassen. Der Landgraf schickte ihm den berühmten Johann Rhe- nanus , Pfarrer zu Soden, von dem er schrieb: „dass er ein an- dächtiger Priester sei, der einen Becher Wein in einem Soff aussaufen könne, aber sich sonst als der vornehmste in seinem Salzwerke er- wiesen habe“. Die Anordnungen des Rhenanus trugen viel zum raschen Aufblühen der Salzwerke Lieben- und Juliushall bei. Von hohem Interesse sind des Herzogs Bemühungen, den Kohlenbergbau in Schwung zu bringen, und sein klares Verständnis der zukünftigen Bedeutung der Mineralkohlen als Ersatz für Holz und Holzkohlen. „Demnach wir befunden“, heisst es in einer Verordnung des Herzogs vom 22. Juni 1585 Siehe E. Bodemann , a. a. O., S. 204. , „dass die Holzungen in unserem Fürstentume die Füsse sehr nach sich gezogen haben und dünne geworden sind, und deshalb leichtlich zu vermuten, dass, wo dieselben nicht durch sonderliche Mittel wieder gesegnet und ersparet, man dadurch künftig einen unwiederbringlichen Schaden erwarten müssen, so haben Wir, demselben vorzubauen, keinen näheren Weg gewusst, denn dass nach einem neuen, beständigen Steinkohlenbergwerk zu trachten von- nöten sein wollte. Derwegen wir hin und wieder in unserem Fürsten- tume mit nicht geringer Mühe und Unkosten darnach schürfen lassen, und endlich durch Gottes des Allmächtigen gnädigen Segen auf die gewisse Spur gekommen, dass in unserem Amte Hohenbüchen bei Hilse sich ein Steinkohlenbergwerk aufgethan, welches wir dann als- bald belegt und mit grosser Geldspildung etliche Jahre so lange darauf arbeiten lassen, bis Wir es endlich so weit gehoben, dass nun- mehr gute reine Steinkohlen die Menge gewonnen werden können, wie wir sie denn alsbald sowohl zum Schmiedewerk als zum Kalk- und Ziegelbrennen versucht und sie gut befunden haben u. s. w.“ Der Herzog befiehlt sodann, dass die Steinkohlen zunächst nur zum Schmieden gebraucht werden sollen, um Steigerungen zu verhüten, und dass die Balge 2 Mariengroschen 2 Pfennige kosten soll. Auch durften die Kohlen nur im Inlande verbraucht und nicht nach aus- Der Oberharz. wärts verführt werden. Im Jahre 1580 liess er genaue Erkundigungen darüber einziehen, wie und in welcher Form zu Kassel der Kalk mit Steinkohlen gebrannt werde. Auch auf Schmelz-, Vitriol- und Salz- werken liess er Steinkohlen verwenden. 1583 wurden in den Bergwerken zu Hohenbüchen bereits 3200 Balgen Steinkohlen gefördert. — Im Jahre 1584 verfasste Herzog Julius selbst Vorschriften Siehe Algermann , a. a. O., S. 208, Anmerk. , wie auf den Schmelz-, Vitriol- und Salz- werken Steinkohlen angewendet werden könnten. Die mit eigen- händigen Bemerkungen des Herzogs versehene Handschrift befindet sich auf der Wolfenbüttelschen Bibliothek Mskr. 14, 21; siehe Braunschweigisches Magazin, 1822, St. 32 u. 33. Nach Dr. Zimmermann’s Mitteilung ist aber die oben angegebene Nummer falsch, sie muss heissen 14, 22. Aug . 4°. . Höchst bemerkenswert ist, dass Herzog Julius bereits auf die Idee kam, die Steinkohlen ab- zuschwefeln oder zu verkohlen , also sogenannten Koks daraus zu machen, eine Erfindung, welche man stets den Engländern zu- geschrieben hat. Er äussert sich darüber in einer eigenhändigen Ab- handlung (de usu et natura lapidis Mergel) folgendermassen: „Item hat  I. f. G. expracticiret, dass man soll Steinkohlen nehmen, dieselben mit verdembtem Feuer wohl verlutieret, glühen, damit der Dunst und spiritus sulphuris mit verraucht.“ Die Absicht dieses Verfahrens erläutert der Herzog an einer anderen Stelle, aus der hervorgeht, dass Koks gemeint sind: „Auf dass man die Kohlen soviel bequemlicher zum Stubenheitzen, Feuer-Kaminen und Schorn- steinen ohne grossen Rauch und bösen Gestank gebrauchen kann In dem erwähnten Manuskriptenbande 14., 22. Aug. 4°, befinden sich nach Mitteilung des Herrn Dr. Zimmermann eine ganze Reihe auf die Verwendung der Steinkohlen bezügliche Aktenstücke, welche von technisch-historischem Inter- esse sind. Folgende dürften die wichtigsten sein: 1. Auszugk, wie viel Steinkohlen von auno 1581 bis 1583 eingekaufft und der Kalkbrenner verbrannt hat. 2. Extrakt aus des Ober-Zehendtners Schreiben wegen der Steinkohlen- bergwerke. 24. Oktbr. 1583. 3. Vierteljährlicher Gewinn der Steinkohlen zu Hohenbüchen. 4. Bericht des Kalkbrennermeisters über den Verbrauch von Steinkohlen in den neuen Ziegelöfen. 2. Nov. 1583. 5. Was Weise und Form der Kalk zu Kassel mit Steinkohlen gebrannt wird. 18. Jan. 1580. Mit getuschten Zeichnungen. 10. Vermischte Steinkohlen mit ihrer Vorsetzung von  Ihrer fürstlichen Gnaden selber erfunden. 1584. 13. Bildliche Darstellung, wie man mit Steinkohlen gebrannten Kalk löscht. 14. Bericht an das Oberbergamt über die hohenbüchenschen Steinkohlen. 15. Oktbr. 1584. “. Der Oberharz. Um dieselbe Zeit machte der anhaltinische Münzmeister Daniel Stumpfelt „eine Invention, den Steinkohlen den Gestank, die Wildigkeit und Unart zu benehmen, damit dieselben in schwarzen und andern Feuerwerken könnten gebraucht werden“ ( Beckmann , Bd. I, S. 65). Der Herzog war durchdrungen von der ökonomischen Bedeutung der Steinkohlen und von deren Zukunft „zum Wachstum (d. h. zur Hilfe) der gemeinen Armut, aus rechter landesväterlicher Treue und fürstlicher Milde, zu Nutz und Wohlfahrt dieses armen Fürstentums“, wie er sich in einer Aufzeichnung vom 9. August 1584 ausdrückt. Hierher gehört auch die wichtige Mitteilung des Hardanus Hacke Siehe Calvör , a. a. O, Bd. II, S. 161. : „Anno 1572 haben sich welche bei Herzog Julius gemeldet, so Torf am Rotenbruch stechen und daraus Kohlen gleich den Stein- kohlen brennen wollen, dabei Eisen und Stahl zu schmieden“, zu welcher Calvör bemerkt: was Diese damals vorgehabt, dieses haben Ihro Hochgräfliche Excellenz der Herr Graf von Stolberg-Wernige- rode, Christian Ernst, vor wenigen Jahren auf dem kleinen Brocken ins Werk gerichtet, da von dem daselbst gestochenen Torf Kohlen zu den Eisenhütten, vermittels gehörigen kostbaren und weitläufigen Vorrichtungen gebrannt werden. Kein verwendbares Fossil entging des Herzogs Scharfblick. So schlug er die Anwendung eines bei Wolfenbüttel aufgefundenen Kalkmergels zur Verbesserung der Felder vor. Der Mergel wurde gebrannt, gemahlen und auf die frisch aufgeworfenen Felder ge- streut. Das allergrösste Interesse wendete aber Herzog Julius der Eisen- industrie in Grund und zu Gittelde zu. Letzteren Platz machte er zum Mittelpunkt des ganzen Eisenhandels des Oberharzes. Um die Konkurrenz zu beseitigen, brachte er die Eisenfaktorei von Goslar, die immer eine feindliche Stellung zu dem Gittelder Eisenhandel ein- genommen hatte, an sich. Er organisierte die Eisenkanzlei oder Faktorei zu Gittelde neu und verfasste selbst die betreffenden In- struktionen. In dem „Bevelch und Verzeichnis, wie es mit den Quartal-Rechnungen hinfüro zv halten etc.“, heisst es: „Sol nach angehörter Rechnung von unsern Gesanden auch vleissig besehen werden, ob der Vorrat aus vorgelegter Rechnung auf den Hütten und Hämmern vor der Hand, — auch wo jederzeit unser Verlag stecke. Desgleichen sich erkundigen, wie es jederzeit mit den Eisensteingruben Beck , Geschichte des Eisens. 50 Der Oberharz. wohl oder übel stehe, ob man mit Nutz und Rat new Gebeu be- fördern und Eissenstein erbauen mocht. Auch ob die Wahr fleissig abgehe, ob auch an Kohlen, Hütten und Hamerzeug zur Beförderung des Handels genugsahm vor der Hannt. Und auch dass man mit Ernst darob halte, dass unsre Holtz-Ordnung mit dem Kohlenwerk gehalten werde“ Siehe Calvör , a. a. O., S. 238. . Jede Woche musste schriftlicher Bericht ein- gereicht werden, und die Quartalsrechnungen prüfte er selbst. Die Bergbeamten mussten wöchentlich Berichte einschicken, die er selbst mit Aufmerksamkeit las, wobei er jeden neuen Fund mit Freuden begrüsste. Als 1572 auf dem Zellerfelde ein neues Eisenbergwerk entdeckt war, meldete Herzog Julius dies hocherfreut seiner Stief- mutter, der Herzogin Sophie, übersendet ihr einen aus dem Erträgnis desselben gefertigten eisernen Stuhl und spricht die Hoffnung aus, ihr bald einen silbernen schicken zu können, da auch Rotgültigerz gefunden sei. Bis dahin war auf den Hütten in Grund und bei Gittelde nur Egg- und Pflugstahl, Radschienen, Ketten- und Schaufel- blätter und Blech gemacht worden. Julius liess auch Harnische, Rohre, Geschütze, sowie mancherlei Schmiedestücke anfertigen, vor Allem aber legte er einen Hochofen an mit Giesserei und Frisch- hütten. Allerdings hat wahrscheinlich schon weit früher zu Lerbach oberhalb Osterode ein Hochofen bestanden. In der bereits erwähnten Sammlung von Ofenplatten des Hütteninspektors Schott zu Ilsen- burg befindet sich eine von Lerbach von 1526, von der aber nicht erwiesen ist, dass sie dort gegossen wurde. 1551 war die Lerbacher Hütte im Betriebe. Kirchlich gehörte sie zu Osterode. Auch die Hütte Kattenstein bei Osterode wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts angelegt. 1541 erhielt sie ein neues, von Wasser getriebenes Blaswerk Siehe Wedding , a. a. O., S. 9. Auch bei Altenau bestand damals schon eine Eisenhütte. . Auf der Schulenburger Hütte wurde 1572 der erste Hochofen erbaut — nach Hacke’s Bericht wurde 1572 „im Schulenberge ein Maschofen (Masselofen) und Eisenhammer vorgerichtet“ —, in diesem Jahre wurden daselbst bereits Gusswaren erzeugt, und 1573 schreibt er: „Der Hochofen am Schulenberge und Eisenhammer gehen um und werden Pucheisen, Unterlagen, Eisenpötte und zweigeschmolzenes Eisen gemacht, davon der Eisenhammer im folgenden Jahre (1574) abgebrannt ist.“ Der Hochofen auf der Teichhütte bei Gittelde ist wahrscheinlich auch im Jahre 1572 aufgeführt worden. Über diesen, Der Oberharz. wie über die übrigen Gittelder Hütten, wird später ausführlich be- richtet werden. 1578 wurde bei Gittelde ein Zainhammer errichtet. Damals war Mangel an Arbeitern. Der Herzog erliess deshalb am 22. Juni 1578 ein Ausschreiben an seine Unterthanen, dass besonders ärmere Hausväter ihre Kinder aufs Bergwerk schicken sollten. Jungen von 10 bis 14 Jahren könnten in den Pochwerken gebraucht werden und verdienten da 10 bis 15 Mariengroschen wöchentlich, junge Burschen von 19 und mehr Jahren als Karrenläufer und Haspel- zieher wöchentlich 15 bis 30 Mariengroschen. Auch versprach er sonstige Vorteile und Freiheiten. Dies mussten die Prediger von den Kanzeln verkündigen. Wahrscheinlich sind auf diesem Zain- hammer auch die langen Geschützrohre geschmiedet worden, welche Herzog Julius anfertigen liess. Er zog geschmiedete Rohre den ge- gossenen vor und ging von der Ansicht aus, je länger das Rohr sei, je grösser die Tragweite und Treffsicherheit. Seine grossen Schlangen waren meistens Hinterlader mit Keilverschluss. Algermann schreibt darüber (S. 206): Es haben auch Se. Fürstl. Gnaden unter andern geschmiedeten Stücken und Doppelhaken nach dieser Zeit zu Gittelde erstlich ein Gestück zu 16 Schuhen, der eiserne Wildmann genannt, und hernach eine Feldschlange, 36 Fuss lang, mit einem Keil von hinten zu laden, von eitlem zweigeschmolzenen Eisen auf einen eichenen Block schmieden und anheroführen, auch in meinem Beisein aus der Schlange auf dem Mühlenberge hinter dem Schlosse (zu Wolfenbüttel), nach Bleckenstedt hinaus drei Schüsse nach einander thun lassen, da der neue Keil im ersten Schusse zerbrach und ein alter aus dem Zeughause geholt ward, der die andern beiden Schüsse aushielt und noch darinnen steckt, und lieget die Schlange noch da- selbst nach Braunschweig hinaus auf zwei eisernen Rädern, die Se. Fürstl. Gnaden noch zu Gittelde hat giessen lassen. Die ebengedachten Schüsse gingen neben Hallendorf ins Holz hinein, eine gute Meile Wegs unter der Festung ins Wasser. In einer Anmerkung des Herausgebers wird zu dieser Stelle bemerkt: Diese beiden Stücke von geschmiedetem Eisen sind im Jahre 1788 an den damaligen Wirt Haensen im goldenen Löwen und den Schmid Pfeifer zu Wolfen- büttel verkauft, in Stücke gesägt und an eine Eisenhütte gesandt. Dies mag bezüglich der 36 Fuss langen Schlange seine Richtigkeit haben, dagegen kann das zweite Rohr nicht der obenerwähnte „eiserne Wildmann“ gewesen sein. Dieser existiert noch und befindet sich nebst einem zweiten Geschütze aus Herzog Julius Zeit im königlichen Zeughause zu Berlin. Allerdings wurde das Rohr als unbrauchbar 50* Der Oberharz. im vorigen Jahrhundert ausrangiert und kam mit seinem Kameraden auf die Teichhütte bei Gittelde zurück. Dort blieben sie liegen und wurden in den Inventarverzeichnissen fortgeführt bis zur Einstellung des Betriebes daselbst im Jahre 1849. Sie kamen dann als Kuriosa in das alte Zeughaus zu Braunschweig, von wo sie im letzten Jahrzehnt in die historische Sammlung des königlichen Zeughauses (Ruhmeshalle) zu Berlin übergeführt wurden. Das eine derselben Vergl. Dr. H. Wedding , Beiträge zur Geschichte des Eisenhüttenwesens im Harze in der Zeitschrift des Harzvereins, Bd. XIV, S. 10. von 5,78 m Länge und 93 Ctr. Gewicht hat einen Drachenkopf zur Mündung, darunter das Bild eines wilden Mannes und den zum Teil durch Rost zerstörten Spruch: Ich heiss der eisen wilde mann … ......... fliegen kann; sowie am andern Ende: Herzoog Julius Braun .... zu Gittel mich liess schmieden aus zwei Geschmilzen. Meines Gleichen man kann .... Diese Rohre wurden aus vielen einzelnen Stäben, welche spiral- förmig aufgerollt wurden, zusammengeschweisst und geschmiedet. Im alten Zeughause zu Hannover wird eine andere Schlange, ebenfalls als wilder Mann bezeichnet, verwahrt, deren Inschrift sagt: „Ich heiss der eisern wilde Mann — Mein Feind ich besiegen kann. Heinrich Greber mich hat erdacht — Zacharias Schwicker mich hat gemacht — Aus 1085 Stücken. — Gott lass seiner Gnade mehr gelücken. — Herzog Julius zu Braunschweig zu Ghittel mich Liess schmieden aus zweygeschmeltztem Eisen. Meinesgleichen man kaum find.“ Die obenerwähnte grösste und berühmteste Schlange wurde 1588 in einem eigens zu diesem Zwecke errichteten Gebäude hergestellt, war 34½ (nach Algermann 36) Fuss lang, hatte 931/25 Kugelkaliber und war 170 Centner schwer. Man hatte dazu verbraucht 6 Fuder Eisenstein (für Zerenneisen), 253 Ctr. Eisen, 1 Ctr. Stangenstahl und 204 Fuder Kohlen, und das Rohr war aus 2299 Teilen zusammen- geschweisst. Die Unkosten, incl. Transport nach Wolfenbüttel, be- liefen sich auf mehr als 2000 Thlr. Ausser diesem groben Geschütz Der Oberharz. liess der Herzog in Gittelde noch viele Tausende der gewöhnlichen Handbüchsen anfertigen, mit denen er die von ihm ins Leben ge- rufene Volkswehr bewaffnete Siehe Heinemann , a. a. O., S. 417. . Aber auch aus Eisen gegossene Stücke und Mörser liess der Herzog herstellen. Algermann sagt (S. 205): „Es liessen Se. Fürstl. Gnaden auch von dem Blei und Eisen sonderliche Gestücke und Feuer-Mörser in grosser Anzahl giessen , zu dem Ende, dieselben auf Festungen (wie denn auch Se. Fürstl. Gnaden alle deroselben Festungen und Häuser mit solchen Stücken und Böllern versehen hat) zu gebrauchen.“ Selbstverständlich liess er auch eiserne Muni- tion zu Gittelde giessen, wie er denn überhaupt sein Zeughaus voll- ständig ausgerüstet erhielt. Hierüber schreibt Algermann : Er war ein rechter Vater der Handwerksleute. Was ins Zeughaus ge- hört, zu Stürmen und sonsten zu Artillerey und Munition vonnöten, darauf hatte Se. Fürstl. Gnaden „wunderliche Inventionen“, erfand mancherlei Instrumente selbst, liess reisen, um immer Neues kennen zu lernen und anzuschaffen. Sobald er von einer neuen Art Geschütz hörte, suchte er sich ein Exemplar zu verschaffen, oder Modell oder Zeichnung davon. Herzog Ulrich von Mecklenburg hatte damals Geschütze, aus denen man mehrere Kugeln zugleich schiessen konnte. Es waren drei grosse Stücke, die 9, 5 oder 3 Kugeln schossen. Es gelang Julius nicht, eins zu erhalten, indem Herzog Ulrich Leibesschwachheit des Giesser- meisters und andere Ausflüchte vorschützte. Eine dieser „wunderlichen Inventionen“, mit welcher er viel Geld verdiente, waren die Schlackenkugeln. Er liess die Schlacken der Eisenhütten, wie auch die der Metallhütten in gusseisernen Formen zu Kugeln giessen, und diese Schlackenkugeln fanden reissenden Ab- satz. Sie trugen sein Namenszeichen . Die Analyse einer solchen aus Bleischlacke von der Sophienhütte hat Dr. Wedding mit- geteilt Siehe Wedding , a. a. O., S. 11, Anmerk. 2. . Im Jahre 1822 fand man beim Abtragen der den Philippsberg deckenden Festungswerke, in einem mit Gras bedeckten Gewölbe an 1000 Stück dieser Kugeln, viele mit dem Zeichen  und der Jahres- zahl 1575. Algermann schreibt: „Wie denn von Sr. Fürstl. Gnaden das Eisenbergwerk zu Gittelde hochgetrieben und alles durchsuchen lassen; Der Oberharz. auch damit die Schlacken von dem geschmelzten und gemachten noch zu Nutz kämen, Kugeln daraus giessen, welche Materie ein Gift bei sich hat; denn wenn die Kugeln zerspringen (darum sie denn auch zu Schrot in Stürmen sehr gut) und so Jemand verletzen, das lässt sich nicht wohl heilen.“ Also zu Gittelde wurden solche Kugeln aus Eisenschlacken, auf der Sophienhütte bei Goslar aus Bleischlacken gegossen, und zwar wurden von letzterer bis zum Jahre 1572 54000 nach Wolfenbüttel geliefert, gleichzeitig waren aber auf den ver- schiedenen Hütten noch 74000 Stück vorrätig. Wie der Herzog ein ungewöhnliches Verständnis für die Technik des Berg- und Hüttenwesens hatte, so besass er eine nicht minder grosse Begabung für den Handel. Er förderte den Handel in jeder Weise, besonders durch Verbesserung und Neuanlagen von Verkehrs- strassen, und war selbst der erste Handelsmann seines Landes, be- sonders der Hütten- und Bergwerksprodukte. Er liebte es, grosse Abschlüsse zu machen. Über den zu Gittelde bereiteten Stahl schliesst der Herzog am 28. Septbr. 1568 einen Kontrakt mit Hans Schörkopf zu Braunschweig ab, wodurch er sich verpflichtet, dem- selben allen zu Gittelde verfertigten Stahl nach Braunschweig zu liefern, „jedes Fässlein Pflugstahl für 1 Thlr., jedes Fässlein Eggstahl zu 2 Thlr. 2½ Gr.“. Julius liebte besonders den Tauschhandel in jeder Form und vermied Geschäfte gegen Barzahlung, sowie jeden Zwischenhandel. Er benutzte dafür Agenten. Sein Hauptagent war Hans Rauten- krantz in Braunschweig. Dieser lieferte Pelzwerk (Zobel), Edel- steine, Goldwaren u. s. w., dagegen empfing er Schlackenkugeln, Blei- und Messingwaren, grünen Vitriol, Marmor u. s. w. Die Schlacken- kugeln spielen immer eine Hauptrolle, waren also jedenfalls leicht abzusetzen. In einer Rechnung vom 27. Febr. 1574 werden 5500 Ctr. Schlackenkugeln mit 12 Mariengroschen pro Centner aufgeführt, un- mittelbar darauf erscheint ein Posten von 10000 Ctr. mit 24 Marien- groschen, wahrscheinlich waren das eine Eisenschlacken-, das andere Bleischlackenkugeln. Der Herzog bezieht dagegen unter Anderem für 5600 Thlr. Pelzwerk in einem Posten. Julius schenkte Rauten- krantz das grösste Vertrauen und benutzte ihn auch als seinen Bankier, indem er Anlehen durch ihn kontrahierte; liess ihn aber unbarmherzig fallen, als er merkte, dass er ihn „anschmieren und betrügen wollte“. Den Anlass dazu gab ein fauler Pferdehandel. Der Herzog liess sich nicht täuschen und erklärte, wer ihn einmal habe betrügen wollen, dem glaube er nimmermehr, und brach allen Der Oberharz. Geschäftsverkehr mit Rautenkrantz ab. Dieser starb ein Jahr da- nach dem Herzog verschuldet. Interessant ist ein Waffenlieferungsvertrag Vergl. Sack , Herzog Julius, in der Zeitschrift des Harzvereins, Bd. III, S. 313. , welchen Herzog Julius am 27. Oktober 1575 mit Hermann Pfeffer , Bürger zu Schwerden (Schwerte) in der Mark, in Gegenwart des obersten Zeug- und Baumeisters, auch Landsknecht-Hauptmanns Clausen von Eppen, Christoph Grossen , Pfennigmeisters und Musterherrn, Wolf Gabriels , Rüst- und Harnischmeisters und Johannes Hohnsteins abschloss, und zwar auf Waren gegen Waren. Ge- dachter Hermann Pfeffer sollte dem Herzog 1000 blanke lands- knechtische Harnische, von denen 600 mit Arm- und allerlei Zubehör und 400 ohne Armbezeug, wie er bereits einige dem vorgedachten Bau-, Rüst- und Harnischmeister als Probe überliefert habe, jeder Harnisch für 8 Gulden Münze und 15 Mariengroschen auf des Herzogs selbsteigenen Fracht- und Fuhrlohn nach Kaufmanns Gewohnheit und Gebrauch bis anhero nach Wolfenbüttel auf des Herzogs Rüst- und Waffenkammer zu liefern ohne allen Mangel. In Summa 8750 Gul- den zu 20 Mariengroschen gerechnet. Dagegen empfing Pfeffer hauptsächlich Bleiwaren und Schlackenkugeln vom Rammelsberge zu 24 Mariengroschen pro Centner. Auch aus der Art, wie der Herzog regulierte, erkennt man seinen kaufmännischen Sinn. Er gab sein Geld nie beliebig aus, sondern zahlte immer in bestimmten Terminen auf der Frankfurter Messe, der Leipziger Messe u. s. w. Alle Zinsen wurden auf Ostern und Michaelis eingezogen und bezahlt. Auch die Besoldungen wurden alle Halbjahre genau bei Verfall eingelöst. Eine sehr wohlthätige Einrichtung unter den damaligen Ver- hältnissen waren auch die „Commisse“, die Herzog Julius an allen grösseren Arbeitsplätzen einführte. Es waren dies, ähnlich unseren Konsumvereinen, Warenlager für arme Leute, wo sie Korn, Brot, Bier und die notwendigsten Lebensbedürfnisse zu billigen Preisen und auf Abrechnung gegen ihren Lohn bekommen konnten. Besonders wichtig und gross waren dieselben bei den Festungs- und Kanalbauten. In Wolfenbüttel liess er ein besonderes Kommisshaus, auch Faktorei ge- nannt, erbauen, das auch als Gast- und Logierhaus diente; geistige Getränke wurden aber nicht verabreicht. Er selbst zog keinen Nutzen aus den Kommissen, sondern legte dabei noch Geld zu. Der Oberharz. Was der Herzog Neues erfunden, musste alles mit den Buch- staben IH, oder gewöhnlich  (Herzog Julius oder Julius und Hedwig, nach Algermann ) in den Amtsregistern zu ewigem Gedächtnis be- zeichnet werden. Auch die auf den fürstlichen Werken gefertigten Metallwaren trugen diese Zeichen. In den Faktoreien lagerten grosse Vorräte von Waren, besonders Messing, Kupfer, Eisen, grüner und blauer Vitriol, Kupferrauch, Galmei u. s. w., item von Rollen- und Pfannenkupfer und von Blei gegossene Gartenleisten zu Grassbänken und Zierrate wie Hirsch- und Rehköpfe, Kronleuchter Algermann , a. a. O. . So z. B. 1582: Messingwaren 1052 Centner Messingstangen 180 〃 Kupferwaren 100 〃 Eisen 22 〃 Glockenguss 100 〃 Im Ganzen waren für 7 Tonnen Goldeswert an Waren in den Faktoreien. In der Eisenfaktorei werden folgende Waren aufgeführt: Stäh- lerne Harnischplatten, eiserne Harnischplatten, Stählern- und Eisen- draht, entzweigeschmolzen Eisen, Radschienen, gemein Stahleisen, Bergfäustel, gemein Blech, Eggstahl, Pflugstahl Sack , a. a. O., S. 322. . Ehe wir uns zu dem speziellen Teile, welcher die auf das Eisen- wesen bezüglichen Verordnungen des Herzogs und den Betrieb der Gittelder Hütten umfassen soll, wenden, wollen wir noch einige wichtigere Ereignisse aus dem Leben Herzogs Julius nachtragen. Herzog Julius hatte für seine Zeit umfassende naturwissenschaft- liche Kenntnisse, und der Chemie wendete er besonderes Interesse zu. Aber diese entbehrte damals noch aller wissenschaftlichen Grundlage, sie war beherrscht von der Alchemie, der Irrlehre der Metallverwand- lung, und der Sucht Gold zu machen. Auch Julius hing diesen falschen Lehren an, und sie wären ihm beinahe verhängnisvoll ge- worden. Bei dem Eifer, mit dem er Alles erfasste, und dem aus- geprägten Erwerbssinn, war es nicht zu verwundern, dass er in die Schlingen schlauer Adepten geriet. Eine solche Gesellschaft aben- teuerlicher Schwindler setzte sich 1571 am Hofe zu Wolfenbüttel fest. Ihr Haupt war ein entlaufener Pfaffe Philipp Sömmering , oder wie er sich griechisch nannte, Therocyklus , der vorgab, die geheime Der Oberharz. Kunst des Goldmachens zu besitzen. Mit viel Geschick und noch mehr Frechheit trieb er seine betrügerischen Gaukeleien, und Herzog Julius liess sich lange von ihm und seinen Helfershelfern zum Narren halten. Ausser der Tinktur und dem Lebenselixir behauptete Sömme- ring nach seinen Geheimbüchern „constellierte Musketenrohre“, die nie fehlgingen, anfertigen zu können. Er kaufte dem Herzog in Goslar einen „glückseligen Hut“, suchte nach dem „Sophienkraut“, das Verstand und Weisheit verleiht, ebenso nach dem Merkurialkraut, er konnte Perlen machen u. s. w., u. s. w. Mit ihm im Bunde waren des Herzogs Hofnarr Schomberg, genannt Schielheinz, und sein Weib, die Anne Marie Ziegler, die noch besser lügen konnte als die Anderen. Drei Jahre trieben diese in Wolfenbüttel ihr Schwindelgewerbe. Trotz aller Warnung ernannte der Herzog Therocyklus zu seinem Kammer-, Berg- und Hüttenrat. Schliesslich trieb die Bande ihre Frechheit so- weit, dass sie einen Mordanschlag auf die Herzogin, die ihr Treiben durchschaute und ihren Gemahl warnte, ersannen. Sie versuchten gelegentlich der Abwesenheit des Herzogs diese und ihre Kinder in der Nacht zu ermorden. Durch Zufall wurde der höllische Plan ver- eitelt, sie flohen, wurden aber ergriffen und in Wolfenbüttel vor dem Mühlenthore in der grausamen Weise der Zeit am 7. Febr. 1575 hin- gerichtet. Der Herzog, der jetzt gründlich geheilt war, gestand später selbst ein, dass ihm die Alchimistengesellschaft an 100000 Thaler Schaden zugefügt hätte. Dieser einzigen Verirrung stehen viele geistige Grossthaten gegenüber, von denen wir nur noch die Gründung des Pädagogiums zu Gandersheim und der Universität zu Elmstadt (Helmstedt), den Juliuskanal und sein grossartiges Projekt eines Elbe-Weser-Kanals, welcher eine direkte Schiffsverbindung auf der Oker mit der Nordsee bezweckte, hier erwähnen wollen. Herzog Julius endete 1589 sein thatenreiches Leben. Über die Ursache seines Todes berichtet der Chronist folgendes: Als der Herzog schon alt war, fand man bei einer Untersuchuug auf Salz in der Gegend von Wolfenbüttel Schwefelkiesknollen in einer Schiefer- erde. Julius liess sich täglich durch Edelknaben und Trabanten „etliche Tönnchen voll“ auf sein Schloss holen und zerschlug sie selbst auf einem Ambos, dass ihm das Blut die Finger herunter lief, „so eifrig“, schreibt Algermann , „waren Se. Fürstl. Gnaden auf ein Ding, wenn er erst daran war“. Seine Absicht war, Feuersteine für Schiessgewehre daraus zu machen. Dieser Übereifer war, nach der Meinung seines Biographen, die Veranlassung seines Todes, weil ihm Der Oberharz. der Schwefel bei der Arbeit in das Hirn drang, „die weisse, phleg- matische Materie rege machte und zu Fluss brachte“, woran der Herzog bald darauf starb. Er hinterliess Braunschweig als eines der geordnetsten, blühendsten Länder in Deutschland. Wie sehr er für die Ordnung des Berg- und Hüttenwesens besorgt war, bezeugen auch seine vielen hierauf bezüglichen Gesetze und Erlasse. Auf einige der- selben haben wir schon hingewiesen, z. B. auf den „Bevelch und Ver- zeichnis, wie es mit den Quartal-Rechnungen hinfüro zu halten“. An dieses schliesst sich ein „Generalmandat“ vom 31. Dezbr. 1573, ge- richtet an den Oberzehndterer Christoff Sander und den Ober- bergmeister Peter Adner an. Es ist eine Bestallung und Ver- pflichtung derselben zur strengen Beaufsichtigung sämtlicher Beamten der fürstlichen Berg-, Salz-, Eisen- und Hüttenwerke und der Forsten unter Strafandrohung Das Original befindet sich im Archiv zu Wolfenbüttel und ist vom Ver- fasser mitgeteilt in dem Aufsatze: Herzog Julius von Braunschweig und die Eisen- industrie am Oberharze im XXII. Bande der Zeitschrift des Harzvereins für Ge- schichte und Altertumskunde, 1890. . Ein weiterer Erlass, dessen wir ebenfalls schon gedacht haben, war veranlasst durch den Mangel an Berg- und Hüttenarbeitern. Er ist datiert vom 22. Juni 1578 und wendet sich an alle Stände und Unterthanen. Zunächst wird darauf hingewiesen, dass der Bergbau seit dem Regierungsantritte des Herzogs durch die Gnade Gottes sehr zugenommen habe, dass derselbe aber meist „durch allerhand fremder Nation Leute“ mit „waren vncosten vnn hohe wochentliche bare Geld Belonung“ betrieben werde, die, „wenn sie eine zeitlang gedient und was erworben, damit wiederumb dauon streichen, vnd das Geld ausser Lande tragen“. In Anbetracht dieses Umstandes, sowie des gesteigerten Bedarfes an Arbeitern, und „dass ein solcher Schatz des Fürstentums am allermeisten und am sichersten den einländischen zu vertrawen sei“, vermeint der Herzog in der Folge seine Bergwerke durch seine „trewe geliebte Landes Vnterthanen“ betreiben zu lassen, welche bei den Berg- und Hütten- werken reichlichen Lebensunterhalt finden würden. Er wendet sich namentlich an diejenigen Bürger und Bauern, die mit 3, 4, 5 oder 6 Söhnen gesegnet seien, die zu Hause müssig gingen und nichts verdienten, während auf dem Bergwerke „ein Junger von 10, 12, 13, 14 oder mehr Jahren in den Puchwerken gebraucht werden und wöchentlich zu 10,12 Mariengroschen, dazu auch noch die Wochen an Beyschichten, nach eines jeden fleis zu 3, 4 vnd 5 Mariengroschen Der Oberharz. verdienen. Fürter, junge Bursse von 19, 20 vnd entlichen Jaren darüber, für Karrenleuffer vnd Haspelzieher, hat ein jeder wöchent- lich zu Lohn 15 vnd 18 Mariengroschen vnd können daneben in den beyschichten die wochen auch 5, 6 vnd 7 Mariengroschen, vnd also zusammen wochentlich 24 auch wohl 30 Mariengroschen verdienen. — Holzhawern werden von Malderstangenholtz 9 leichte Pfennig, vnd wens grosse vberstendige Beume, als von Eichen, Buchen vnd Hein- büchen vom Malter ein Mariengroschen gegeben, Kan wochentlich einer 2 fl. Müntz, darnach er arbeitet, gewinnen. Vnd sol also ein Junge erstlich in den Puchwerken, hernach zum Karrenleuffer, Has- peler, Hewer, Steiger vnd Bergmann, Schmeltzer vnd Treiber, auch Schichtmeister, oder zu andern höhern Emptern, als Geschworener, Bergvogt, Bergmeister etc., dazu jne seine vernunfft, verstand, fleis vnd geschicklichkeit auffürt vnd befürdert, gebraucht, vnd also gra- datim vom niederst bis oben ein jeder seine Succession in den Emp- tern haben, vnd mit der Besoldung fortgesetzt werden. Wann dann auch einer seine Manbare Jar erreichet, vnd sich der gelegenheit nach, mit vnserm gnedigen vorwissen, verehelichen vnd befreyen wirdet, der sol mit bawen, Hoffstedt, Garten, Viehetrifft vnd Fewe- rung, vnsrer Bergstedte Bürgerfreiheit, da er auch der Herrndienste, Taxes, Landschatzes, Biersinse vnd aller andern vnpflicht, ausserhalb vnd als dem Landsfürsten, in fürfallenden nöten folge zu leisten, ver- schont bleibt, für sich vnd seine Erben geniessen, vnd ein freyer Bürger sein, da er sonst ein Bawer bleiben müssen: Vnd wir wollen jme darzu alle gnedige Hülff vnd Befürderung erzeigen, jme auch auff den Hochzeitsehrentag insonderlich beliebnus thun, vnd ein Vber- kleid und Pumphosen nach Bergmannsart, auch ein Fass Bier aus beider Fürstlichen Zehenden auffkunfft vnd Zechen geben lassen u. s. w.“ In Krankheitsfällen sollen sie Arznei und ärztliche Behandlung frei haben. Dies soll „durch die Pfarrherrn und Pastores alle Sonntag nach gethanen Predigten und gemeinem Gebet, zum beschluss vnsern Vnderthanen jren Pfarrkindern auff der Cantzell diess auch mit vleis anzeigen vnd fürtragen etc. Vnd was sich darauff für welche bey den Pastorn angeben, vnd derselben namen, mit anzeigung jhres alters, wandels, vnd herkommens von Eltern und Freunden, wochent- lich vberschicken, damit dann auch die Pastores in vermanen vnd befürderung dieser Dinge dasto bessern vleis anwenden, soll jenen vn jedem Rott oder Zehen Personen, so jres wolhaltens halben zu besesslichen Bürgern gediegen, auch vn Quartaln zu Quartaln ein beliebnus wiederfahren und zugewendet werden“. Der Oberharz. Von viel allgemeinerer Bedeutung sind die beiden sich speziell auf das Eisenberg- und Hüttenwesen vom Iberg, Gittelde und dem Grund beziehenden Verordnungen, welche der Herzog am 7. No- vember 1579 erliess. Die erste derselben ist die Eisenberg- ordnung am Iberg Siehe Wagner’s corpus juris metallici, p. 1067. , die zweite die Gittelder Faktorei- und Hüttenordnung Siehe Calvör , Historische Nachrichten von den unter- und oberharzigen Bergwerken 1765, S. 229. . Die Iberger Eisensteinordnung, welche an den Oberverwalter und Oberzehnder Christof Sander , an alle Beamte, an die Stahl- und Hammerschmiede und die Inhaber und Gewerken der Eisensteingruben gerichtet ist, beginnt mit einer scharfen Rüge über seitherigen „un- gehörigen Missbrauch, bössliche Verpartierung und eingerissenen Un- rat bei den Eisenbergwerken; zu deren Abstellung es der Herzog für notwendig erachtet, „eine gute, heilsame, nützliche Ordnung zu machen“. Zum ersten wird darin allen Einwohnern der Bergstadt Grund und des Amts Stauffenberg das Schürfen, Schrämen, Suchen und Senken nach Eisenstein an und um den Iberg freigegeben. Die Grubenarbeiter sollen frei sein vom Herrendienste, doch nur die, welche ihre Schichten regelmässig und nach Vorschrift, mindestens drei in der Woche, verfahren. — Zweitens soll der Iberg frei sein jedem, der auf brauchbaren Eisenstein fündig geworden ist, zur Be- lehnung. Diese geschieht „nach Bergwerks Art, Recht und Gebrauch“ durch den dafür gesetzten Bergvogt. Gruben, die ohne Belehnung heimlich betrieben werden, verfallen der Herrschaft. Auch muss jeder das geförderte Erz vor die Grube stürzen und davon nichts verkaufen oder verfahren, ohne Anzeige beim Bergvogt, welcher das- selbe zu messen und zu probieren (zu wardieren) hat. Und darf „solcher Eisenstein, wenn derselbige vn Unserem geordneten Berg- voigt gemessen und gewardiert, bey Verlust Leibes und Lebens aus Unserm Fürstentum und Lande nicht gestattet, nach anderen Orten geführt werden“. Wer aber heimlich oder öffentlich Eisenstein ungemessen fortfährt oder einem Anderen von seiner Grube etwas wegnimmt, „der oder dieselbigen sollen Wagen, Karn und Pferde, und Uns ferner in 5 heinrichstädtischen Mark samt dem Eisenstein in Strafe verfallen sein (!). — Drittens: Die Aufsicht führt der herzog- liche Bergvoigt in Grund. Dieser belehnt und vermisst jede Grube 12 Lachter lang und breit, und wer die Gränze überfährt, soll in 2 heinrichstädtische Mark Strafe verfallen. Der Bergvoigt kann mit Der Oberharz. Vorwissen des Oberverwalters der Bergwerke und Geschworenen einem Bergmann wegen „lauter und böser Wetter“ oder wegen Unvermögens vier Wochen Frist zum Bauen gestatten. „In Fall aber der Berg- mann die Grube innerhalb abgesetzter Zeit nicht mit Arbeiten be- legen, oder befahren und befördern würde, soll und mag unser Berg- voigt dieselbige Grube einem andern um die Gebür dieser Unsrer Verordnung nach verleihen. Gewerke und Bauherrn (Grundbesitzer) dürfen eine Grube als Eigenlöhner selbst betreiben, wenn dies in Friede und Ordnung ge- schieht, andernfalls ist der Bauherr dafür verpflichtet dafür zu sorgen, dass „erfahrene Bergleute des Eisenhandels und der Gruben“ ein- gestellt werden. Verkauft einer eine Grube mit dem Vorbehalt, als Bergmann darin weiter zu arbeiten, und kommt dem nicht getreulich nach, so hat der Käufer das Recht, ihn zu exmittieren. Entwendet ein Bergmann einem andern seine Fahrgestelle und Fahrten, so hat der Bestohlene, wenn er sie in einer andern Grube findet, vollkommene Macht und Gewalt, diese mit aller Gerechtigkeit an sich zu bringen. Wer Eisenstein ungemessen abfährt, eines andern Zeichen ab- reisst und auf seinen Haufen setzt oder Eisenstein zweimal verkauft, verfällt jedesmal in zwei Mark Strafe. Das Gleiche ist der Fall beim Verkauf ohne vorhergegangene Anzeige. Kein Berg- oder Fuhrmann darf Eisenstein nach geschehener Messung abwerfen einem andern zum Nutzen oder zu verpartieren bei Leibesstrafe, schwerer Ungnade und Verlust von Wagen, Geschirr und Pferden. Der Hüttenvogt soll nicht einem guten, dem andern schlechten Stein geben. Kein Hüttenmeister soll ohne Vorwissen des Bergvogts Geld auf Erz oder eine Grube leihen. Das Überfahren der Schichten ist strafbar. Jede Beraubung und Dieberei an Bergleuten ist bei Leibesstrafe verboten. Niemand darf ohne Vorwissen der Förster Holz im Walde am Iberg hauen bei Strafe von einer Mark. Dagegen sollen die Förster den Bergleuten das zum Bau der Eisenbergwerke und Gruben nötige Holz anweisen. Wird der Lohn nicht richtig bezahlt, so hat der Arbeiter beim Bergvogt zu klagen. Alle Mittwoch und Samstag soll der Eisenstein an den Örtern von dem Bergvogt ausgemessen werden. Der Oberharz. Zum Schluss heisst es: „Diese Bergordnung soll im Grunde durch den Oberverwalter im Beisein der Gemeinde und aller die dazu gehören veröffentlicht werden.“ Unter demselben Datum veröffentlichte Herzog Julius eine Ord- nung: „Wie es hinfüro in unsrer Eisen-Faktorei zu Gittelde und uff unsern Hütten mit verkauffung des Eisens gehalten werden solle.“ Darin behält er sich vor allem das Vorkaufsrecht vor und das von Rechtswegen, weil die Hütten- und Hammer- schmiede nicht nur ihren Eisenstein aus seinem Lande erhalten, sondern denselben auch Holz, Kohlen, Wohnungen und andere Not- durft für ihren Bedarf folgt und ihnen die Freiheit des Dienstes vor andern gegeben ist. Zur Vermeidung aller „Verpartierung“ und zur besseren Kon- trolle sollen deshalb „vf einer jeden vnser Hütten im Grunde und bey Gittelde, vnd dann wir billig den Vorkauf des Eisens haben, mehr nicht dan vier vnter vnss gesessene, beweibete vnd begüterte Meister gehalten und gelitten werden“, die alles Eisen, Wageeisen, Radschienen und was sie sonst noch machen und schmieden in die Eisen-Faktorei zu Gittelde an den Eisen-Faktor und zugeordneten Gegenschreiber gegen sofortige Bezahlung abliefern. Alles Verbringen von Eisen anders wohin wird an Leib und Gut gestraft. In gleicher Weise sollen alle, die eigene Hütten haben , jede Woche Sonn- abends „alles Eisen gross und klein, so sie schmieden, in vnsere Faktorey vmb geburliche Zahlung liefern vnd vberandtworten“ und nicht das geringste davon verkaufen, verpartieren oder versetzen. Auch müssen sie jede Woche ihr bestimmtes Quantum Eisen machen und liefern. Können sie dies nicht, so sollen sie des Sonnabends vor dem Eisenfaktor, seinem Gegenschreiber, dem Bergvogt und Ge- schworenen erscheinen und angeben, wess Mangels und aus welchem Grund dies geschehen ist, worüber sich die genannten Beamten zu vergewissern und dem Oberverwalter zu berichten haben, der dann im Fall eine gebürliche Strafe ansetzen soll. Wenn aber ein Hütten- meister Eisen „verdingen, verkaufen, versetzen oder verpartieren.“ würde, diese verlieren nicht nur ihr Eisen, sondern gewärtigen Strafe oder den Verlust des Hüttenwerks, welches dem Landesherrn frei anheimfällt. Jeder Hüttenmeister hat jährlich den schuldigen und gewöhnlichen Hüttenzins ohne Weigerung rechtzeitig an das „Ambt Staufenburgk oder die Eisen-Faktorey zu erlegen, bei Verlust ihres habenden Hüttenwerks“. Keine Hütte, Fuhr- oder Meisterknecht darf für sich selbst Eisen Der Oberharz. schmieden oder schmieden lassen bei Strafe von dritthalbe heinrich- städtischer Mark. Kein Hüttenmeister soll seinem Knecht gestatten, mehr Eisen zu schmieden als ihm zukommt. „Imfall aber solches geschehe vnd einer einen guten Knecht dingte, vnd demselben zur Liebnus, ein oder mehr Eisen zu schmieden nachgebe“, so ist er schuldig und pflichtig dieses vom Knecht gemachte Eisen mit dem Seinen in die Faktorei abzuliefern und zu verkaufen bei Strafe von einer Mark. Wenn ein gedingter Knecht seine Zeit nicht aushält und von einem andern Hüttenmeister in Dienst genommen wird, so verfällt der Meister in zwei Mark, der Knecht in eine Mark Strafe. Ein Hüttenmeister oder Stahlschmied, der sein Hüttenwerk mut- williger Weise still stehen lässt, wird für jeden Tag mit ½ Mark bestraft und hat der Faktorei für den Schaden aufzukommen. Hüttenmeister, die sich nicht zu rechter Zeit mit Eisenstein, Holz, Kohlen und anderer Notdurft versorgen und deshalb kein Eisen liefern, „sollen ohne alle gnade ihres Hüttenwerkes entsetzet vnd einem andern so solch Hüttenwerk besser treiben kan, vmb die gebühr vberlassen, vnd eingethan werden“. Müssen die Hütten wegen Wassermangels und wegen Mangels an „verlagk vf den Eissenstein“, d. h. Geld zum Steinkauf, stillliegen, und sie dies anzeigen und glaubhaft nachweisen, so soll ihnen „vnser Faktor solchen verlag mit geldt vnseretwegen gegen genugsame Quittantz thun“, der ihnen dann, sobald sie wieder schmieden und Eisen abliefern, gegen Rückgabe der Quittung in Abrechnung gebracht werden soll. Kein Hüttenmeister oder Stahlschmied darf heimlich, ohne Vor- wissen der vorgesetzten Beamten, Eisenstein kaufen oder von den Gruben fahren bei Strafe von ½ Mark. Alle aus dem Lohnverhältnis entspringenden Klagen sind bei dem Bergvogt anzubringen, der dann zu verfahren hat, „wie es auf Bergstedten gebreuchlich“. Unter den vier herrschaftlichen Meistern soll ein Baukundiger sein, dem alle Neubauten und Reparaturen übertragen sind und der für die Instandhaltung aller Bauwerke auf den Hütten zu sorgen hat. Diesem müssen die andern Meister Folge leisten; thun sie dies nicht und entsteht hieraus ein Schaden, so sind sie für denselben nicht nur allein verantwortlich, sondern werden noch mit drei Mark gestraft, dagegen soll ihnen bei vorschriftsmässiger Anzeige, alles was Der Oberharz. im Fall eines Bauschadens die Herrschaft zu leisten hat, stets durch die Faktorei verabfolgt werden. Witwe und Kinder eines fleissigen Hüttenmeisters oder Stahl- schmieds sollen bürgerliche Freiheit geniessen und die Kinder das Recht haben, das Handwerk zu erlernen. Auf Gebot des Oberverwalters müssen alle Hüttenleute und Hammerschmiede wohl gerüstet ausziehen bei Verlust ihrer Be- gnadigung und erlangten Freiheit. Die Stahlschmiede sollen „alle ihren gemachten Stahl bey ihrem uns geschworenen aidt in unsere Eisen-Faktorey getreulich vberandtwortten, auch keiner ausserhalb vnser Faktorey verkauff oder verhandeln bey vermeidung vnser schwerenn vngnadte vnnd Leibs vnd Lebens . „(Zum fünfzehenden) So auch einer oder mehr dem Eisen- stein mit Stadt- oder Bergkies einen flus zu machen wiste, das derselbige desto reiner geschmultzen, auch mit der fewerung sparsamer vmbgegangen werden könte, der oder dieselben sollen von vns einer Liebnus gewertig sein .“ Der Eisenfaktor und der Bergvogt sollen wenigstens jede Woche zweimal, sonderlich den Montag und Donnerstag, alle Hütten bereiten und besichtigen, sich erkundigen, ob ein Jeder zu rechter Zeit an- gelassen, dass er nicht verreist sei, noch in den Krügen sich finden lasse, dass an nichts Mangel sei, widrigenfalls er dieselben in Strafe nehmen soll. Der Eisenfaktor soll wöchentlich Bericht nach Gandersheim ein- schicken, was ein jeder Hüttenmeister oder Stahlschmied gemacht und abgeliefert hat, auch spezifizieren, wohin und an wen das Eisen verkauft worden ist. In gleicher Weise sollen der Eisenfaktor, sein Gegenschreiber, der Bergvogt und Geschworenen die Eisenbergwerke wöchentlich be- suchen und revidieren und die Zufuhr von Holz und Kohlen kontro- lieren und sorgen, dass keine Brennmaterialverschwendung vorkomme. Zum Schluss wird dem Oberverwalter Sander, sowie sämtlichen Beamten die gewissenhafte Befolgung und Durchführung dieser Ord- nung zur Pflicht gemacht. Gewähren die Erlasse und Verordnungen schon mancherlei Ein- blicke in den Betrieb der Eisenbergwerke und Hütten in dem zur Gittelder Faktorei gehörigen Gebiet, so bieten die Faktorei- rechnungen hiertür noch ein besseres Material. Der Massenofen der Teichhütte bei Gittelde hat das merkwürdige Schicksal gehabt, dass Der Oberharz. er vom Jahre 1573 bis zum Jahre 1863, wie es scheint, ohne grosse Unterbrechung, abgesehen von den Umbauten, im Betriebe war, und dass die Quartalsrechnungen darüber, nebst den Rechnungen der übrigen Zerenn-, Blech- und Frischhütten sich, wenn auch mit ein- zelnen Lücken in früherer Zeit, erhalten haben und noch in der Registratur des Oberbergamts zu Clausthal vorhanden sind. Dem Verfasser war durch die Gefälligkeit des Herrn Oberberghauptmanns Achenbach Gelegenheit geboten, dieselben zu benutzen. Diese Rechnungen sind in Heften nach den Quartalen (zu 13 Wochen) Crucis, Luciae, Reminiscere und Trinitatis zusammengefasst und sind getrennt nach den verschiedenen Hütten, und zwar nach Betrieb, Unterhaltung und Verkauf. Das zu Grunde gelegte Gewicht ist der Centner = 110 Pfund, und für die Preise der Mariengulden = 20 Mariengroschen = 240 Pfennige. Ein Mariengulden hatte damals (nach gütiger Mitteilung des Herrn Oberberghauptmann Achenbach ) einen Silberwert von 2 Mark 60 Pfennige nach unserm Gelde. Aus diesen Rechnungen ersehen wir, dass zu Herzog Julius Zeit der Bergbau am Iberg zwar von Eigenlöhnern und Gewerken betrieben wurde, dass aber alle Bauten und Bauunterhaltungen über Tag aus der Faktoreikasse, also von der Herrschaft bestritten wurden. In der ersten Quartalsrechnung vom Quartal Reminiscere 1573 werden vier Bergwerke am Iberg aufgeführt: Schuffelberg, Hermenssberg, Frangken- berg und Hesselberg, für welche die gesamten Bauunterhaltungs- kosten 4 fl. 8 g. 8 ₰ betrugen. Die Eisenhütten, die in den Rechnungen aufgeführt werden, sind der Massenofen der Deichhütte (Teichhütte), die Frisch- und Blech- hütten Oberhütte und Deichhütte und das Zerennwerk Clusings- hütte. Dies waren die herrschaftlichen Werke. Von diesen war die Clusingshütte zu Herzog Julius Zeit ausgepachtet, während sie später, ebenso wie die andern genannten Werke, von der Herrschaft selbst betrieben wurden. Neben diesen bestanden noch eine Anzahl Privat- hütten, welche ihr „Wag-Eisen“ an die Gittelder Faktorei ablieferten. Es waren dies sämtlich kleine Rennwerke, zum Teil zu grösseren Gütern gehörig, welche nur zeitweilig betrieben wurden. Hacke schreibt, dass zu seiner Zeit folgende im Gange gewesen sind: „Der Schwickenshof vor dem Iberg oder Ibenberg, welcher den Namen von dem Ibenholz, das daran wächset, bekommen, die Schramm- hütte, der Glückshof, die krumme Hütte, die obere Hütte, die Keils- Beck , Geschichte des Eisens. 51 Der Oberharz. hütte, der blaue Wunder, welche von einem Sauerländer angeleget, da man zwei geschmolzen Eisen macht“ Calvör , Maschinenwesen des Oberharzes, Bd. II, S. 212. . Es ist von besonderem Interesse, hier den gleichzeitigen Betrieb einer grösseren Zerennhütte der Clusingshütte, in welcher das Schmiede- eisen direkt aus den Erzen gewonnen wurde, und eines Hochofens und Frischbetriebs mit denselben Materialien und unter den gleichen Bedingungen kennen zu lernen und vergleichen zu können. Wir beginnen deshalb mit dem Rennwerk der Clusingshütte . Dieses war in der Periode 1573 bis 1579, zu Herzog Julius Zeit, verpachtet und zwar in der Weise, dass der Pächter für jeden Centner „Clusingseisen“ (Zerenneisen) 1½ Mariengroschen zu zahlen hatte. In den sieben Quartalen, von welchen die Rechnungen noch vor- handen sind, wurden 726½ Ctr. (= 39957,5 kg) Zerenneisen gemacht, wovon die Herrschaft 54 fl. 9 g. 9 ₰ (= 141,67 Mk.) erhielt. Neben dem Clusingseisen fiel aber noch Stahl- und Wascheisen, welches an die Stahlschmiede verkauft wurde. Von diesem hatte die Herrschaft den ganzen Nutzen. Es fielen in genanntem Zeitraume 241½ Ctr. Stahleisen und 64 Ctr. Wascheisen, zusammen 305½ Ctr. Nebeneisen, wofür die Herrschaft 163 fl. 12 g. 8½ ₰ oder 25,30 Mk. per Tonne erlöste. Der Gewinn an dem Nebeneisen betrug also das Dreifache des Nutzens am Zerenneisen. Ausserdem zog die Herr- schaft noch daraus Nutzen, dass sie die Abgabe für das Clusingseisen nicht in Geld, sondern in Eisen vereinnahmte. War hiervon eine genügende Menge beisammen, so liess sie dasselbe zu Zeheneisen (Zaineisen) verschmieden, das sie mit Gewinn absetzte. In zwei Quartalen von 1579 wurden auf diese Weise 15¾ Ctr. Zehen- eisen, und zwar zu 6 fl. per Centner verkauft, macht 96 fl. 15 g. — ₰ Hierzu wurden verbraucht: 17¼ Ctr. zweigeschmolzen Eisen zu 4 fl. 5 g. der Centner 73 fl. 6 g. 3 ₰ 1 Fuder 1 Mass Kohlen 1 „ 16 „ — „ Schmiedelohn für jeden Centner 12 g. 9 „ 13 „ 6 „ 84 fl. 15 g. 9 ₰ Demnach Gewinn 11 fl. 19 g. 3 ₰ Für „Gebauts auffgang“, d. h. Unterhaltungskosten, ist folgendes in Rechnung gestellt: Der Oberharz. 1573: I. Quartal: Den Ambott vnd Hammer wider zu machen dem Meister geben 2 fl. — g. — ₰ Die Hülsen vnd Bussen wider zu machen vnd zu stahelen 1 „ 4 „ — „ 6 Pfund Eggstahell dazu gebraucht — „ 16 „ — „ Summa gebauts auffgang 4 fl. — g. — ₰ 1573: II. Quartal: 2 Paar Bälge zu flicken und zu schmieren 7 fl. — g. — ₰ 17 Pfund Vett dazu gebraucht zu 3 g. 4 ₰ 2 „ 16 „ 8 „ 40 Balgnägel gebraucht — „ 6 „ 8 „ 1 Tag einen Zimmermann auf der Hütte zu arbeiten — „ 6 „ — „ 1 Tag auf der Hütte zu decken — „ 5 „ — „ Summa 10 fl. 14 g. 4 ₰ 1575: Nichts. 1576: Ein Paar neue Bälge in der Hütten kosten in alles 19 fl. 1 g. — ₰ In den neunziger Jahren betrieb die Herrschaft selbst die Clusingshütte. Die beiden aus jener Zeit noch vorhandenen Quartals- rechnungen von 1590 bieten deshalb ein noch grösseres Interesse, weil sie einen unmittelbaren Einblick in den Betrieb einer Zerenn- hütte gewähren. Die Rechnung des ersten der beiden Quartale lautet: Eisen gemacht und verkauft: 20½ Ctr. weiches (Clusings-)Eisen zu 3 fl. 3 g. 4 ₰ pro Ctr. 64 fl. 18 g. 4 ₰ 33½ „ Schienen zu 3 „ 6 „ 4 „ „ „ 111 „ — „ 8 „ 5 „ Grobeisen zu 3 „ 8 „ — „ „ „ 17 „ — „ — „ 3½ „ 31 Stück Pflugherde (zu 12 ℔) — „ 12 „ — „ „ Stück 18 „ 12 „ — „ 3 „ 20 „ Sintbleche „ „ — „ 18 „ — „ „ „ 18 „ — „ — „ 1 „ 23 „ Kellenblätter(„ 8 ℔) — „ 7 „ 2 „ „ „ 8 „ 4 „ 10 „ 66½ Ctr. 237 fl. 15 g. 10 ₰ „Auff angenommenem Eisen aus dem Vorrath verleget“, d. h. verbraucht: 51* Der Oberharz. 33 Fuder Ein Fuder Eisenstein wog 12 bis 18 Centner. Eisenstein zu 1 fl. 10 g. — ₰ pro Fuder 49 fl. 10 g. — ₰ 52 „ Kohlen bis 1 „ 8 „ 4 „ 1 „ 14 „ 4 „ „ „ 82 „ 1 „ 4 „ 33 „ Stein zu scheiden — „ 5 „ — „ „ „ 8 „ 5 „ — „ 68 Ctr. Eisen zu blasen u. zu bocken — „ 3 „ — „ „ Ctr. 10 „ 4 „ — „ 20½ „ Clusingseisen zu schmieden — „ 3½ „ — „ „ „ 3 „ 11 „ 9 „ 33½ „ Schienwerk „ „ — „ 4 „ — „ „ „ 6 „ 14 „ — „ 5 „ Grobeisen „ „ — „ 6 „ — „ „ „ 1 „ 10 „ — „ 31 Stück Pflugherden „ „ — „ 1½ „ — „ „ Stück 2 „ 6 „ 6 „ 20 „ Sintbleche „ „ — „ 2 „ — „ „ „ 2 „ — „ — „ 23 „ Kellen „ „ — „ 1 „ — „ „ „ 1 „ 3 „ — „ Summa 167 fl. 8 g. 7 ₰ Überschuss 70 fl. 7 g. 3 ₰ Es sind demnach in diesem Vierteljahre 68 Ctr. = 3740 kg Eisen ausgebracht und unter dem Luppenhammer „gebockt“, d. h. gezängt worden. Eine Tonne Clusingseisen stellte sich auf etwa 150 Mark, durch die Veredelung wurde aber für die verschiedenen aufgeführten Eisensorten im Durchschnitt 169 Mk. pro Tonne erzielt. Da die Herstellungskosten 119 Mk. pro Tonne betrugen, ergiebt sich ein Gewinn von 50 Mk. pro Tonne, wovon 5,47 Mk. pro Tonne auf die Veredelung entfallen. Ein Fuder Eisenstein kostete 4,55 Mk. Die Rechnung des zweiten Quartals von 1590 ist der des ersten Quartals ähnlich; es wurden 74¼ Ctr. verschiedene Schmiedeeisen- sorten für 251 fl. 18 g. 5 ₰ verkauft, welche 179 fl. — g. 2½ ₰ her- zustellen kosteten, so dass ein Gewinn von 72 fl. 18 g. 2½ ₰ übrig blieb. Der grössere Gewinn rührt von geringerem Kohlenverbrauch her. Es wurden hauptsächlich „Grubkohlen“ gebraucht, welche zwar um 7 g. 10 ₰ teurer waren als die Meilerkohlen, aber einen weit grösseren Nutzeffekt hatten. Der Durchschnittspreis eines Fuders Holz- kohlen im ersten Quartal betrug 4,10 Mk., im zweiten Quartal 4,63 Mk. Aus älteren Rechnungen ergeben sich für das Jahr 1539 die folgenden Eisenpreise: 1 Ctr. Renneisen (Wageisen) 27 Mariengr. 1 „ Stabeisen (Steve) 31 „ Eine Pflugschar 5 „ 8 Gosl. Pfg. 1 Fass Stahl 8 Mariengulden 1 Fass Pflugschar 30 „ Aus den beiden Rechnungen der Clusingshütte ergiebt sich, dass in den zwei Quartalen 1590 143 Ctr. = 7915 kg Zerenneisen er- Der Oberharz. blasen wurde oder auf den Tag (das Jahr zu 300 Arbeitstagen ge- rechnet) 52,77 kg, also wenig mehr als ein Centner. Zu 100 Ctr. Clusingseisen waren erforderlich: pro Tonne = 1000 kg Eisenstein 48½ Fuder zu 72 fl. 15 g. 3 ₰ 8,82 Fuder zu 34,40 Mk. Kohlen 76½ „ „ 120 „ 13 „ 2 „ 13,90 „ „ 57,04 „ Löhne und sonstige Ausgaben — „ 52 „ 14 „ 4 „ — „ 24,92 „ Summa 246 fl. 2 g. 9 ₰ 116,36 Mk. Von grossem Interesse ist eine Vergleichung mit den Her- stellungskosten des Frischens. Für 100 Ctr. zweigeschmolzenes oder Frischeisen der Deichhütte wurden in der gleichen Zeit 133⅓ Ctr. Stahleisen verbraucht. Diese erforderten zu ihrer Herstellung im Massenofen: pro Tonne = 1000 kg Eisenstein 42⅓ Fuder zu 63 fl. 19 g. — ₰ 7,07 Fuder zu 30,03 Mk. Kohlen 73½ „ „ 108 „ 4 „ — „ 13,36 „ „ 51,14 „ Arbeitslohn — „ 8 „ 3 „ 6 „ Sonstige Kosten — „ 15 „ 12 „ — „ — „ 11,24 „ Ferner zum Frischen und Verschmieden: Kohlen 48½ Fuder zu 84 fl. 17 g. — ₰ 8,09 Fuder zu 40,11 „ Arbeitslohn — „ 39 „ 19 „ — „ — „ 18,82 „ Summa 320 fl. 5 g. 6 ₰ 151,33 Mk. Verkauft wurde: 1 Ctr. zweigeschmolzenes Eisen für 4 fl. 5 g. oder die Tonne für 186,36 Mk. 1 „ Clusingseisen für 3 „ 10 „ „ „ „ „ 155,55 „ Verbrauch pro Tonne an bei zweigeschmolzenem Eisen bei Clusingseisen Eisenstein 7,07 Fuder zu 30,02 Mk. 8,82 Fuder zu 34,40 Mk. Kohlen 22,26 „ „ 91,25 „ 13,90 „ „ 57,04 „ Löhne und Nebenkosten — „ 30,06 „ — „ 24,92 „ Summa 151,33 Mk. 116,36 Mk. Zum Zerenneisen wurde demnach Eisenstein 14,59 Proz. mehr verbraucht als zum Frischeisen dagegen Kohlen 37,49 „ weniger „ „ „ „ und Arbeitslöhne u. Nebenkosten 17,10 „ „ Für das Clusingseisen konnten auch geringere Kohlen verwendet werden, als für das Frischeisen. Ferner stellten sich die Unter- haltungskosten der Clusingshütte wesentlich niedriger als die des Massenofens und der Deichhütte. Der Nutzen pro Tonne betrug beim Clusingseisen 39,19 Mk. = 25 Proz., Frischeisen 35,03 Mk. = 19 Proz. Der Betrieb der Zerennhütte war also in jener Zeit ein sehr günstiger Der Oberharz. Der Oberharz. Der Oberharz. und wurde nur wenig beeinträchtigt durch die geringere Produk- tion, denn in den beiden gleichen Quartalen wurden in den beiden Frischhütten nur 159 Ctr. gegen 143 Ctr. in der Zerennhütte erzeugt. Von nicht minder grossem geschichtlichen Interesse sind die Rechnungen des Massenofens der Deichhütte bei Gittelde, denn wir besitzen keine Betriebsrechnungen eines Hochofens von ähnlicher Ausführlichkeit aus jener fernen Zeit. Die Rechnungen beginnen mit dem zweiten Quartal des Jahres 1573, und es wird in denselben, wie schon erwähnt, auf ältere Rechnungen Bezug genommen. Sie endigen mit dem vierten Quartal 1590; im Ganzen sind die Abrech- nungen von zehn Quartalen erhalten. Während dieser ganzen Zeit war aber der Hochofen nur während 127 Tagen in Betrieb, in jedem Quartale durchschnittlich nur 25 4/10 Tage. Die Hüttenreisen waren sehr kurz und schwankten zwischen 15 bis 45 Tagen. Es wurden hauptsächlich Iberger Braun- und Spateisensteine verschmolzen. Die- selben führten Schwerspat, welcher, nachdem die Erze in Haufen geröstet und „gebockt“, d. h. kleingeklopft waren, mit der Hand aus- gelesen wurde. Ausserdem waren die Erze aber sehr manganreich. Dies bedingte die Natur des daraus dargestellten Eisens. Es fiel ein weisses oft strahliges oder spiegeliges Roheisen, aus welchem durch Frischen ein hartes, stahlartiges Eisen erzeugt wurde. Das Frischen geschah in einem deutschen Frischherd, doch frischte das mangan- reiche Roheisen langsam, so dass, während man auf den andern Harzer Hütten 60 Ctr. graues Roheisen verfrischte, man von dem Gittelder Roheisen nur etwa 30 Ctr. in der Woche verfrischen konnte. Das Roheisen schmolz zu bald ein und blieb zu lange flüssig. Man wendete deshalb auch eine Zeit lang die rheinische Kaltfrischmethode an. Das erhaltene Stabeisen war von besonderer Güte. Die Tabelle auf S. 806 und 807 enthält eine Zusammenstellung aus den fünf Quartalsrechnungen, welche eine Übersicht über den Hochofenbetrieb der Deichhütte giebt. Hiernach betrug die durchschnittliche Tagesproduktion in dieser Periode 17,52 Ctr. oder — der Centner zu 55 kg gerechnet — 963,60 kg. Die Gestehungskosten verteilen sich wie folgt: Für Eisenstein 759 fl. 17 g. 6 ₰ = 38,8 Proz. „ Kohlen 928 „ 16 „ 6 „ = 47,6 „ „ Löhne 201 „ 2 „ — „ = 10,3 „ „ Nebenkosten 63 „ 1 „ — „ = 3,3 „ Summa 1952 fl. 4 g. — ₰ 100,0 Proz. Der Oberharz. Auf eine Tonne Eisen wurden 4,85 Fuder Eisenstein mit 5,54 Fuder Holzkohlen verschmolzen. Die Preise des Masseleisens (Stahleisens) stellten sich in dieser Periode wie folgt: Im Jahre 1573 wurde das Eisen mit Gewinn zu 1 fl. pro Centner = 4,73 Mk. die 100 kg nach heutigem Gelde berechnet. In der Folge wurde bei der Abrechnung der Massenhütte kein Gewinn be- rechnet, sondern das Masseleisen, welches alles auf herrschaftlichen Hütten weiter verarbeitet wurde, den Eisen- und Stahlhämmern zum Selbstkostenpreis in Rechnung gestellt, eigentlich sogar unter Selbst- kostenpreis, indem die für die erzeugten Gusswaren erzielte Einnahme voll in Anrechnung gebracht wurde. Allerdings wurde auch bei diesen, soweit sie an die fürstlichen Bergwerke verkauft wurden, kein Gewinn genommen. Der Preis des Stahleisens wurde hiernach in jedem Quartal berechnet und schwankte ausserordentlich je nach dem Betrieb; so betrug er 1578 bei einem sehr günstigen Betriebe 12 g. 2 ₰ pro Centner, während er 1590 mehr als das Doppelte, 1 fl. 6 g. 11 ₰ pro Centner, ausmachte. Der Durchschnittspreis des Roheisens in der ganzen Periode betrug 17 g. 7 ₰ pro Centner oder 41,64 Mk. pro Tonne . Es wurden verbraucht: Eisenstein 4,85 Fuder zu 16,20 Mk. Kohlen 5,54 „ „ 19,80 „ Löhne und Verschiedenes — — 5,64 „ Summa 41,64 Mk. Der Preis des Pucheisens , d. h. der aus dem Hochofen ge- gossenen, in Sand eingeformten, Pocheisen und Pochsolen war fest- gesetzt auf 2 fl. 10 g. pro Centner oder 125,72 Mk. pro Tonne . Der Preis des Wascheisens stand höher als der des Massel- eisens, dasselbe wurde verkauft zu 1 fl. 8 g. pro Centner oder zu 66,18 Mk. pro Tonne . Es wurde aber nicht nur Pocheisen aus dem Massenofen zu Teichhütte gegossen, sondern noch mancherlei andere Gusswaren, darunter namentlich verzierte Ofenplatten. Heinemann (a. a. O., S. 418) schreibt: „Daneben erreichte auch der Kunstguss bereits eine sehr hohe Vollendung, namentlich in den oft mit grossen histo- rischen, mythologischen oder allegorischen Darstellungen geschmückten Ofenplatten, von denen sich noch eine ziemliche Anzahl erhalten hat. Gerade aus der Zeit des Herzogs Julius stammen die in künstlicher Der Oberharz. Deichhütte- Der Oberharz. (Dichütte, Dich-Blechhütten). Der Oberharz. Beziehung gelungensten und wertvollsten dieser Erzeugnisse der Giess- kunst.“ Die Unterhaltungskosten oder „Massenofen gebauts auffgang“, wie es in den Rechnungen heisst, waren natürlich sehr schwankend, je nachdem grössere oder geringere Reparaturen auszuführen waren. Die Unterhaltung und Erneuerung der ledernen Bälge kostete am meisten. Zum Schmieren derselben wurde immer ein ziemlicher Posten Fett gebraucht. Vier gute Lederhäute zur Erneuerung kosten 1575 : 20 fl. Ferner gehörten zum „gebauts auffgang“ die Instand- haltung und Erneuerung des Ofens. Ein neues Gestell wurde in jeder Reise eingesetzt und wurde als Betriebsaufwand verrechnet, alle weitere Arbeiten aber, wie auch das Anfahren der dazu erforder- lichen Materialien erscheint als „gebauts auffgang“; ebenso die Repa- raturen am Wassergerinne und am Rade, die Instandhaltung des Pochwerks, die Reparaturen an den Hüttenschuppen, die Utensilien, als Brechstangen, Ruten (Lachtroden), Füllfässer, Schubkarren u. s. w. Die Hütte hatte ferner den Köhlern einen Teil der Unkosten für An- lage der Meilerstätten zu bezahlen und ihnen auch noch von Zeit zu Zeit eine Liebnus zu gewähren und ebenso den Hammerhütten die Formkosten für die Frischzacken („Frischtacken“ 1575). Aus den Rechnungen dieser Periode ergeben sich folgende Preise: Tagelohn eines Zimmermanns 6 g., eines Gehülfen 5 g., zwei neue Füllfässer kosten 5 g., ein neuer Schubkarren 7 g., denselben be- schlagen mit dem alten Eisen 4 g., die Frischzacken für einen Herd zu formen 16 g., das Pochwerk neu zu bauen 7 fl., ein neues Rad- eisen für die Massenhütte 9 fl. 18 g. Die beiden Frischhütten Deich- und Oberhütte wurden in ganz ähnlicher Weise betrieben; ausser „zweigeschmolzenem Eisen“, d. h. Frischeisen, wurde hauptsächlich Blech geschmiedet, welches damals gesucht war und hoch im Preise stand. In der vorhergehenden Ta- belle (S. 810 und 811) sind die bezüglichen Angaben aus den zehn noch vorhandenen Quartalsrechnungen dieser Hütten zusammen- gestellt. Nach diesen Tabellen stellt sich der Durchschnittspreis der Kohlen pro Fuder auf 1 fl. 5 g. 6 ₰. Die Oberhütte verbrauchte teurere Kohlen als die Deichhütte, bei ersterer stellte sich das Fuder auf 1 fl. 6 g. 11 ₰, bei letzterer auf 1 fl. 3 g. 8 ₰. Das Stahleisen kostete im Durchschnitt 16 g. 2 ₰ pro Centner oder pro Tonne 37,80 Mk. Zwiegeschmolzenes Eisen, d. h. Frischeisen, in gewöhnlichen Schienen 195 Mk. pro Tonne, gemeines Blech 378,20 Mk. und Dünn- Der Oberharz. blech 425,46 Mk. Für 100 fertiges Stabeisen und Blech waren 173,7 Stahleisen erforderlich, also ein Abbrand von 73,7 Proz. Der Kohlen- verbrauch betrug 0,95 Fuder Holzkohlen pro Centner fertige Ware. Auf die Tonne = 1000 kg Eisen wurden 1590 durchschnittlich ver- braucht: Eisenstein 7,7 Fuder zu 30,02 Mk., Kohlen 22,26 Fuder zu 91,25 Mk., Löhne und Unkosten 30,06 Mk., in Summa 151,33 Mk., während der Verkaufspreis 186,36 Mk. pro Tonne betrug. Der Gewinn erscheint als ein unverhältnismässig hoher. Er würde sich, wenn man die Frischhütten allein berücksichtigt, auf 98 Proz. stellen. Da aber für den Hochofen kein Gewinn gerechnet wurde, so muss man auch die Betriebskosten für diesen mit berück- sichtigen. Dieselben betrugen während dieser Periode 1952 fl. 17 g., demnach würde sich der Gewinn des Massenofens und der Frisch- hütten zusammen auf 64,37 Proz. belaufen. Dieser hohe prozentale Gewinn ergiebt aber doch nur für die Massenhütte, Ober- und Deich- hütte zusammen einen Jahresgewinn von 1463 fl. Aus diesem Gewinn waren ausserdem noch die Kosten der Unterhaltung der Gebäude bei den Bergwerken am Iberg, die der Frischhütten und des Fuhrwerks zu bezahlen, dagegen erwuchs der Faktorei aus dem Wagegeld der Faktorei eine weitere Einnahme. Die Kosten für den Iberg waren nicht hoch, sie betrugen 1573 für die beiden Semester 15 fl. 18 g. 8 ₰. Der „gebauts aufgang“ für das Quartal Reminiscere 1573 betrug bei der Oberhütte 14 fl. 16 g., bei der Deichhütte 19 fl. 6 ₰. Auch hier be- trafen die Kosten hauptsächlich die Instandhaltung und Erneuerung der ledernen Blasebälge, der Frischfeuer, Hämmer, Ambosse, Wasser- räder etc. Die Kosten waren sehr wechselnd. Im Allgemeinen sind sie höher als bei der Clusingshütte. Ein Paar neue Kupferformen kosten 1573 3 fl. (bei Rückgabe der alten), 1578 4 fl. 11 g. 6 ₰. Eine neue Frischstätte zu graben und zu machen kostet in allem 10 fl., den Frischherd neu zu machen 10 g. Den Amboss zu machen, neu zu stählen, aus- und einzusetzen kostet 2 fl.; den Hammer zu stählen 15 g., zu beiden Arbeiten sind 13 Pfund Eggstahl zu 2 g. 8 ₰, im Ganzen also zu 1 fl. 14 g. 8 ₰ erforderlich. Die Blechschere neu zu machen und zu bessern 12 g. Zwei neue Häute (Ledders) für die Bälge kosten 12 fl. 12 g. Ein neues Paar Bälge, mit drei neuen Ledders zu 16 fl. 15 g. kosten 23 fl. 17 g. Für die nötigen Hammerstiele und Keile erhält der Meister pro Quartal 10 g. Die Fuhrlöhne erwuchsen für das Fahren des Roheisens nach den Hammerhütten, des Schmiedeeisens, Stahls, Blech u. s. w. nach der „Canzley“, des Anfahrens der Gestellsteine zum Massenofen und Der Oberharz. sonstiger Baumaterialien. Eine besondere Einnahme für die Faktorei entsprang aus dem Waggeld. Alles auf die Faktorei gelieferte Eisen wurde verwogen und dafür 1 g. pro Centner entrichtet. Die Einnahme an Waggeld war also bedingt durch die Produktion. — Es wird unterschieden beim Stahl: Egg- (Egs-) und Pflugstahl. Bei dem Schmiedeeisen: Clusingseisen, Wageeisen und Zehen- (Zehnt-) Eisen, welche Sorten von den Zerennhütten kamen, gemein Eisen, Rad- schienen, Zweigeschmolzen Eisen von den Frischhütten, Gemein- und Dünnblech von den Blechhütten, Stahleisen und Pocheisen von dem Massenofen und ferner noch Wascheisen und Alteisen. Nach Abzug aller Nebenkosten stellt sich der Reingewinn für das Quartal Remi- niscere auf 458 fl. 6 g. 8 ₰. Die vorhergegangene Betriebsperiode hatte aber eine Unterbilanz von 224 fl. 16 g. 10 ₰ ergeben. Diese wurde als Schuld vorgetragen und wurde von dem Gewinn ab- gerechnet, so dass sich der Betriebsgewinn für dieses Quartal nur auf 233 fl. 9 g. 10 ₰ stellte. Hierzu kam jedoch in Zugang eine ausserordentliche Einnahme durch die Einführung eines neuen Kauf- gewichtes, wodurch auf das Warenlager der Faktorei ein Nutzen von 193 fl. 10 g. erwuchs, ferner das Waggeld mit 40 fl. 9 g. 9 ₰. Der gesamte Gewinnübertrag betrug demnach 467 fl. 9 g. 7 ₰. Für den Betrieb gewährte die Herrschaft eine bestimmte ständige Summe als „Vorlacht-Gelt“ „damit M. gn. F. vnd Herrn Hütten, kolnhawe vnd gantzer Handell gefürdert“ werde. Es wurde dies als ein Anleihen der Hütten angesehen, welches Deckung finden musste in den vorhan- denen Materialien, als Eisenstein, Kohlen, Eisen u. s. w. und in den Vorschüssen, welche den Stahlschmieden, Hüttenleuten und Faktorei- beamten gewährt wurden. Dieses „Vorlacht-Geld“ betrug im Jahre 1573 1500 fl., da aber die Materialien und Ausstände 1813 fl. 7 g. 7 ₰ betrugen, so waren in dem Quartal Reminiscere 313 fl. 7 g. 7 ₰ vom Überschuss zum Betriebskapital genommen. 1575 war das Vorlacht- Geld auf 1800 fl. erhöht worden und blieb auf dieser Höhe bis 1579. In den vorhandenen Quartalsrechnungen erscheint in diesem Zeit- abschnitt neben den Vorräten auch immer noch ein barer Kassen- bestand. 1590 ist das Vorlacht-Geld auf 2300 Gulden gestiegen und bei den Abrechnungen erscheinen jetzt nicht unbedeutende Vorlagen für die Köhler, Stahlschmiede, Hüttenleute und Faktoreibeamten. Diese Art Vorschüsse waren zu Herzog Julius Zeit nicht vor- gekommen. Die Verrechnung des Vorlacht-Geldes pro Quartal Quasimodogen. — Jakobi 3. Kapitel — lautet: Der Oberharz. Massenofen foradt 575 fl. 3 g. — ₰ Oberhütte „ 129 „ 14 „ 8 „ Deichhütte „ 137 „ 1 „ 10 „ Clusingshütte „ 200 „ 3 „ 4 „ Den Kolern Vorlacht 155 „ 5 „ — „ Faktorey Vorrath 47 „ 16 „ 4 „ Den Stahlschmieden Vorlacht 98 „ 9 „ 6 „ Den Hüttenleuten „ 656 „ 8 „ 2 „ Johann Thon von der Faktorey Vorlacht 166 „ 23 „ — „ Für diverse Eisensteine etc. 132 „ 16 „ 2 „ 2300 fl — g. — ₰ Am Ende der Quartalsrechnungen aus dem 16. Jahrhundert er- scheint noch eine Aufstellung des vereinnahmten Zehnt-Steines. Der erste Faktor im Jahre 1573 war Hans Bher , welcher noch den Titel „Kanzler“ führt; 1575 bis 1579 war es Tilo Arends , im Jahre 1590 ist die Rechnung aufgestellt von Johannes Henrichus , „Gegenschreiber“. Im Jahre 1590 findet sich zum erstenmal eine besondere Ab- rechnung von Auszahlungen an die Äbtissin von Gandersheim. Dieser, einer Prinzessin aus dem fürstlich braunschweigischen Hause, war eine Rente aus den Eisenbergwerken und Hütten zu Gittel aus- geworfen und zwar wie es scheint auf Grund eines Waldkaufes, denn ein Eintrag lautet: „Vhon der Ebtissine zw Gandersheim Holzunge ober Horhausen abgekauft vnd das zu Art weiss für Iberger Zehend — zur Canzley vorleget 700 fl. Wird das Holtz mit dem fürstlichen Zehen zur Casse bezahlt 700 fl.“ Aus den mitgeteilten Rechnungsauszügen ergiebt sich, dass der Massenofen der Deichhütte, abgesehen vom Pucheisen für die Bergwerke, nur für den Bedarf der beiden Frischhütten be- trieben wurde. Da diese bei ihren beschränkten Einrichtungen aber nur ein mässiges Quantum Roheisen verarbeiten konnten, so liess man den Hochofen nur zeitweilig, wenn Bedarf da war, gehen. Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurden noch verschiedene andere Hochöfen im Ost-Harz betrieben. Oberhalb Osterode waren zwei Hütten am Scherenberg, eine an der Pulvermühle und eine zu Lohborn bei der Eulenburg; unterhalb Osterode waren die Hütte vor dem Kattenstein, Petershütte und Schwarzenhütte in Betrieb. Sauerland, Mark, Berg und die Eifel . Im Westen des deutschen Vaterlandes bildeten das Herzogtum Westfalen und die Grafschaft Mark klassische Länder der Eisen- industrie. Die jetzigen preussischen Provinzen Westfalen und Rhein- land waren im 16. Jahrhundert ein vielgeteilter Besitz weltlicher und geistlicher Fürsten. Den Teil, der das beste und das meiste Eisen aus seinen vortrefflichen Erzen schmolz, das Siegerland, haben wir bereits als ein Herrschaftsgebiet der Grafen von Nassau kennen ge- lernt. Nördlich an dasselbe schloss sich das kur-kölnische Sauerland — ein Teil des altsächsischen Süderlandes — an, ein rauhes, bergiges Waldland, bewohnt von einer nicht reichen, aber thätigen, betriebsamen Bevölkerung, die das Eisen, welches ihnen die heimischen Berge spendeten, mit Fleiss verarbeiteten und in die Welt hinaustrugen. Die alten Städte dieses Gebietes Arnsberg, Attendorn, Brilon und Balve gehörten zum Hansabund. Der Erzreichtum des Sauerlandes steht zwar weit zurück hinter dem des Siegerlandes, dennoch ist das Lenneschiefergebirge, besonders im Kontakt mit Schal- stein und Diabas, reich an Eisenerzmitteln, meistens Brauneisenstein, und ebenso enthält das Kalkgebirge, welches sich von Brilon über Meschede und Balve nach Iserlohn zieht, zahlreiche Eisenlager. Wo das Erz zu Tag strich, wurde es in Luppenfeuern und Waldschmieden, deren Spuren noch durch die alten Schlackenhaufen kenntlich sind, verarbeitet. Im 15. und 16. Jahrhundert zog sich auch im Sauer- land der Hüttenbetrieb an die Wasserläufe, und neben grösseren Rennwerken entstanden auch bereits Hochöfen. Wie im benach- barten Siegerland, so wurden auch hier schon früh Gusswaren ange- fertigt, und die gegossenen Öfen des Sauerlandes erfreuten sich zu Agricolas Zeit eines weitverbreiteten Rufes, weshalb sie dieser Schriftsteller ausdrücklich erwähnt De vet. et nov. metallis, Lib. II, siehe oben S. 317. . Die Hüttenwerke, in welchen Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. diese Ofenplatten gegossen wurden, scheinen in der Gegend von Brilon gelegen zu haben und von dieser damals bedeutenden Hansa- stadt aus vertrieben worden zu sein. Nach des „Wogenmeisters Aidt“ von 1595 wurde für einen Centner eiserne Öfen 2 Pfennige Wag- gebühr erhoben Seibertz , Quellen der Westfäl. Geschichte, Bd. II, S. 70. . Schon im 12. Jahrhundert wurde am Eresberg, wo das heutige Marsberg liegt, Erzbergbau betrieben. 1150 verlieh Kaiser Konrad der Abtei Corvey das Recht, dort Gold, Silber, Kupfer, Blei, Zinn und überhaupt alle Metalle zu graben und zu schmelzen Seibertz , Westfäl. Urkunden, Buch II, Nr. 2. . Wo aber der Erzbergbau erblühte, wurde auch Eisen geschmiedet, dessen Erze dort reichlich vorhanden waren. In den Heberegistern des Klosters Corvey vom 12. Jahrhundert findet sich die Nachricht, dass Horhausen bei Marsberg an die dortige Abtei jährlich 50 Messer, Rasiermesser und Feuerzangen und 200 Heringe geben musste. Graf Gottfried IV. von Arnsberg belehnte am 11. November 1364 den Johann von Hückel- heim mit dem Schmiedewerk zu Warstein. Der Briloner Eisenberg wurde bereits im 14. Jahrhundert be- trieben. Die Eisenschmiede bildeten eines der vier Briloner Ämter oder Hauptgilden, und zwar schon 1423. Die Stadt besass Hütten- und Hammergerechtigkeit. Briloner Gewerke waren die Hauptbesitzer der Eisensteinbergwerke am Martenberg im Waldeckischen. Aus dem Sauerlande kamen die Maurer, welche die Hochöfen im Wal- deckischen und Hessischen erbauten, sauerländische Schmelzmeister und Eisenarbeiter traten dort in Dienst. Ein Sauerländer war es, der den Schmelzofen, das blaue Wunder genannt, in der Gegend von Gittelde im Harz erbaute. Die Eisenarbeiter aus dem Sauer- land hatten also im 16. Jahrhundert einen guten Ruf über die Grenzen ihrer Heimat hinaus. Leider sind die Angaben über die Hütten und deren Betrieb nur spärlich. Bei Eilhausen und Rhoden in der Nähe von Brilon waren Eisenwerke. Die Briloner Eisenhütte lag an der Hoppeke. Sie wurde, wie es scheint, im Jahre 1562 für die Rechnung der Stadt Brilon betrieben, um die in ihrem Walde „Aspei“ gebrannten Kohlen zu verwerten. Nach urkundlicher Nach- richt wurden in diesem Jahre Briloner Bürger vom Rat zu Reide- meistern bestellt Seibertz , Quellen der Westfäl. Geschichte, Bd. II, S. 85. . Der Martenberg bei Adorf an der waldeckischen Grenze versah eine Anzahl von Hüttenwerken sowohl auf der wal- Beck , Geschichte des Eisens. 52 Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. deckischen, wie der sauerländischen Seite mit Eisenerz. Das Adörfer Eisenwerk ist seit etwa 1560 im Gange Cancrinus , a. a. O. S. 43. . Das Kloster Bredelar hatte eine eigene Eisenhütte „die Kloster- hütte“. An der Diemel, dem Itterbach und der Urbe entstand eine Reihe von Hütten und Hämmern. Ebenso waren viele Eisenhämmer im oberen Ruhr- und Lennethal. In dem Lagerbuche der Grafschaft Arnsberg von 1348 wird gesagt, dass der Zehnte von den Eisen- hütten 500 Gulden ertrage Siehe Hocker , Die Grossindustrie Rheinlands und Westfalens, S. 170. , und in einer Urkunde des Grafen Gott- fried IV. von 1364 belehnt derselbe seinen Dienstmann Johann von Hückelheim mit dem Dienstmannsgute zu Altenrüden, zu Suttorp, zu Warstein und dem Schmiedewerke zu Warstein. Auch bei Neheim und Hüsten waren Eisenhämmer; ebenso bei Balve an der Hönne. An der oberen Lenne waren es die Orte Oberkirchen und Altenhundem, um die herum schon in früher Zeit Eisenwerke ent- standen; ebenso wurde Eisen geschmiedet zu Olpe, bei der Hanse- stadt Altendorn und zu Plettenberg. Im Thal der Bigge blühte be- sonders die Blechfabrikation , während Plettenberg durch seine weissen Sensenklingen berühmt war. Diese wurden nicht wie ge- wöhnlich gegen den Stein, sondern mit dem Stein geschliffen, zu welchem Zweck der Schleifer über dem Stein sitzen musste, während er sonst vor dem Stein steht und die Sense gegen denselben drückt. Bei dem ersteren Verfahren verbrennt der Stahl in den Schneiden viel weniger und es wurden diese Art Sensen höher bezahlt Siehe Eversmann , Eisen- und Stahlerzeugung in den Ländern zwischen Lahn und Lippe, 1804, S. 258. . — Bei Plettenberg sollen auch die ersten Stahlhämmer betrieben worden sein. Die Zahl der Rennwerke und Eisenhämmer im westfälischen Sauerland muss eine sehr grosse gewesen sein, leider fehlen nähere Nachrichten darüber. Die älteste kur-kölnische Bergordnung wurde am 4. September 1533 zu Arnsberg erlassen. Eine klassische Provinz der Eisenindustrie war seit den ältesten Zeiten die Grafschaft Mark . Die Drahtfabrikation und die Os- mundschmieden hatten hier ihre Heimat. Altena, Lüdenscheid und Iserlohn sind die Stammsitze des Drahtgewerbes. Zur Herstellung des Drahtes brauchte man ein besonders zähes, festes Eisen. Dies hatte früher der schwedische Osemund, der einen wichtigen Handels- artikel der Hansestädte, namentlich Lübecks und Danzigs, bildete, abgegeben. Im 16. Jahrhundert trat, wie schon früher erwähnt, in- Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. folge davon, dass einerseits die Könige von Schweden die Ausfuhr des rohen Osemund verboten, anderseits man durch die indirekte Eisenbereitung zu einem Frischverfahren geleitet wurde, welches Drahtknüppel von gleicher Güte lieferte, eine Umwälzung in der Fabri- kation ein. Der Osemund wurde aus einheimischem Roheisen in Herden gefrischt; diese Frischschmieden erhielten den Namen Osmund- schmieden . Der Name Osmund oder Osemund ist mit der Ware aus Schweden nach Deutschland gekommen (Bd. I, S. 803). Nach Petr. Saxholm (Diss. d. ferr. Osmund, 1725) kommt die Bezeichnung Osmund schon 1223 in Schweden vor. Osmuntz, ᚮᛋᛘᚢᚿᛏᚱ, ein Sohn der Riesin Gulla , kommt in vielen Sveo-gotischen Runenschriften vor. Von ihm, als dem ersten Erfinder des Eisens, leiteten viele das Wort ab, während andere behaupteten, es sei zusammengesetzt aus Omn oder Ugn = fornax und mund = os, weil diese älteste Eisenart aus einer Öffnung oder einem Mund des kleinen Schachtofens unten ausgezogen wurde. Andere wieder nehmen an, es sei aus os = Dampf oder Rauch und mund gebildet, weil es unter starkem Rauchen aus dem Ofen gezogen wurde. Nach einer ferneren Lesart wäre os von ysta, was ein gewisses Mass oder Gewicht bedeute, herzuleiten, und mund komme her von der Gestalt, die ein Tropfen Eisen oder die Eisenmasse, welche sich am Boden sammle, annehme, habe also einen ähnlichen Sinn wie Luppe, so dass Osmund ursprünglich Ystmund oder Ost- mund geheissen habe, was einen Eisenklumpen von einer gewissen Grösse oder einem bestimmten Gewicht, wie es verkauft wurde, be- deutet hätte. ( Saxholm zieht diese letzte Herleitung vor.) Alle kämen aber darin überein, dass diese Eisensorte seit ältester Zeit aus Seeerz hergestellt werde. Das Erz Orke sei besonders in Seebuchten (mund) gesammelt worden, woraus das heutige åmynde entstanden sei. Das Erz sei in kleinen Öfchen niedergeschmolzen worden zu Orks- mund, aus dem nach manchen die Bezeichnung Osmund entstanden sei. — Andere hätten es selbst aus dem Griechischen hergeleitet, und zwar von ἀσημω, was in bezug auf Erz „roh“ bedeute. Blumhof giebt Blumhof , Encyclopädie der Eisenhüttenkunde, Bd. III, S. 401. für die Herleitung des Wortes Osmund folgende Erklärung: „Wahrscheinlich hat der Name Osmund seinen Ursprung von dem schwedischen Wort os, welches kleine wasserkranke oder sumpfige Stellen (als Källos oder Kärros) bedeutet und von Munn, welches auch in Wäldern und Marken von engen Sunden, Hälsen 52* Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. oder Mündungen zwischen Morästen und Brüchern gebräuchlich ist; besonders da die Sumpf- und Morasterze, woraus solches Eisen ge- blasen wird, sich vorzüglich in solchen morastigen und bruchigen Gegenden finden.“ Vielleicht bezog sich der Name Osmund ursprüng- lich nur auf das Erz, entspräche also der Bezeichnung Sumpferz, Limonit. In diesem Sinn schreibt schon J. Webster in seiner Metallographia von 1671 (S. 264), indem er von verschiedenen Eisen- erzen handelt: „so entstehen (nach den verschiedenen Farben) die Glas- köpfe Hämatite, Brauneisenstein, Osemund , Bolus zugleich mit dem roten Ocker und Eisensinter (iron-shell).“ Auch Bruckmann sagt: Osmund oder Malus ist eigentlich die Eisenklumpen-Materie, wie sie aus der Erde gegraben wird, ehe sie geschmolzen und Stangeneisen davon gemacht wird. — Aus alle dem erhellt, dass die Ableitung des Wortes auch im Schwedischen nicht klar ist. Es aber deshalb aus dem Niederdeutschen ableiten zu wollen, scheint sehr gewagt Siehe Jacobi , das Berg-, Hütten- und Gewerbewesen des Regierungs- bezirkes Arnsberg, S. 405, Anmerk. . Fr. Woste in Iserlohn hat dies versucht und will es als Stangen- oder Stabeisen erklären. Wie gôs dem gans, hôse dem hanse ent- spreche, so würde ose in Osemund dem gotischen ans, dort Balken, hier Stab, Stange bedeutend, entsprechen; mund sei vielleicht ebenso eine alte Form für das ihm entsprechende altsächsische mûd, althoch- deutsch mût = Erz oder Eisenmasse, welches auch in Wismut für wizmut = Weiserz zu stecken scheine. — Viel wichtiger als diese geschraubte Etymologie ist die Angabe Agricolas , der Osemund nicht anders kennt als schwedisches Eisen , dessen Güte er rühmt. „At longe ceteris praestat Suedorum, quod Osemuntum nominant Agricola , de ret. et nov. met., Lib. II. .“ Und Bruckmann schreibt in seinen Magnalia Dei (Bd. I, S. 893, §. 2), dass schon Olaus das schwedische Eisen „Odzmundz Järn“ nenne. Als Rohmaterial verwendeten die Osmundschmieden der Mark ein dichtes, weisses, grelles, manganreiches Roheisen, das hauptsäch- lich aus der Herrschaft Sayn bezogen wurde. Der Aufschwung der Eisenindustrie von Sayn-Altenkirchen stand in engster Beziehung mit der Entstehung zahlreicher Osmundhämmer in der Mark und der Blüte der Drahtindustrie. Die Gegend von Lüdenscheid kann als die Heimat der märkischen Osmundschmiederei angesehen werden. Dort bestand in alter Zeit Eisengewinnung in Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. den Bergen, wovon noch Schlackenreste gefunden werden Besonders bei Lüdenscheid und Rade an der Volme. . Dann aber bezog man fremdes Roheisen und legte Hammerschmieden an der oberen Rhamede, besonders aber an der Volme an. Eine alte Strasse ging von Betzdorf über Meinertzhagen nach Dortmund. Auf dieser kam das Roheisen von Sayn-Altenkirchen. In Kierspe und Halver, welche an dieser Strasse liegen, wurde schon im 15. Jahrhundert Osemund geschmiedet, jedenfalls auf Hämmern, die an der benachbarten Volme lagen. Um Lüdenscheid wurde aus diesem der grobe Draht fabriziert, und zwar wurde derselbe damals noch geschmiedet, nicht gezogen. Um Altena und Iserlohn entstanden dagegen im 16. Jahr- hundert zahlreiche mechanische Drahtzüge. Zwischen den drei be- nachbarten Städten Lüdenscheid, Altena und Iserlohn, welche die alten Sitze der märkischen „Drahtfabrik“ waren, trat schon früh eine Teilung in der Fabrikation ein, die sich in der weiteren Entwickelung immer schärfer abgrenzte. Lüdenscheid, in dessen Nähe die meisten Osmundhämmer lagen, machte die groben Sorten, Altena, welches über die meisten Gefälle verfügte, die mittleren, gangbarsten, Iserlohn, welches viel Draht verarbeitete, die feinsten Sorten. Doch gab es da- mals noch keine Winnenscheiben daselbst, und man musste den feinsten Draht noch von auswärts, namentlich von Aachen beziehen. Zu jener Zeit wurde der Draht wohl noch ausschliesslich mit Zangen gezogen. Es entstanden in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts so viele Drahtzüge und Hammerwerke mit Wasserbetrieb, dass die Fischerei darunter Not litt, weshalb Herzog Johann von Cleve im Jahre 1525 zwei Verordnungen erliess, dass keine neue Schlachten (Wehre) angelegt werden dürften. Alle die seit Menschengedenken gegründet, sollen weggeräumt, die über Menschengedenken nicht höher als das Wasser, wie es in seinen Ufern steht, gehalten werden. Diese der Industrie feindliche Verordnung wurde aber wohl nicht strenge durchgeführt, denn die Zahl der Anlagen nahm im Laufe des Jahrhunderts immer zu. Auch war der Herzog sehr besorgt, den Altenaer Drahthandel zu fördern. Als im Frühjahr 1518 die Stadt Altena durch eine Feuersbrunst zerstört worden war, gab er, um dem Orte wieder aufzuhelfen, den Befehl, dass kein Drahtzieher von Altena sich wegbegeben sollte, um an einem andern Ort das Handwerk zu treiben. „Im Jahre 1574 ist die Nette verbrannt“, schreibt der Chronist, also standen die Drahtwerke an der Stelle bereits so dicht, dass eine ausgedehnte Feuersbrunst entstehen konnte. Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. Südlich von Altena mündet auf der andern Flussseite die Rah- mede in die Lenne, an deren Ufer gleichfalls eine Kette von Eisen- hämmern und Drahtzügen entstanden. Auch Reckhämmer entstanden vereinzelt neben den Öfen und Hämmern. Iserlohn war der uralte Sitz der Panzerschmiede (siehe Bd. I, S. 829). Die Fabrikation der Drahtpanzer ging zwar im 16. Jahrhundert immer mehr zurück, doch war sie noch nicht erloschen. Daneben machten die Panzerschmiede andere Artikel aus Draht, darunter besonders Fischangeln, Haken und Ösen, Spangen und Nadeln. Zu grösserer Blüte kam aber die Iserlohner Drahtindustrie erst im folgenden Jahrhundert durch Ein- führung der Kratzendrahtfabrikation. Im Gebiete von Iserlohn wurde auch Eisenerz gewonnen und auf Rennherden zu gute gemacht. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die erste Hochofenhütte bei Sundwig erbaut. An der Westig, Sundwig und Hemerbach aber entstanden Drahtzüge, Schleifmühlen, Hammerwerke u. s. w. Alter Eisensteinbergbau und Eisengewinnung fand auch weiter südlich im Aggerthale statt, wie alte Pingenzüge und Schlackenfunde bei Ründeroth beweisen. In dem westlichen Teile der Mark, in der Grafschaft Dortmund und in dem Stifte Essen, wo jetzt die gewaltige Grossindustrie in dem Steinkohlengebiet der Ruhr ihren Hauptsitz hat, war im 16. Jahr- hundert, wie im Mittelalter nur schwache Eisengewinnung. Wohl trieb die angesehene Hansestadt Dortmund schon damals ausge- dehnten Eisenhandel, indem es an der Einfuhr des schwedischen Osmund und an dem Handel des märkischen Drahts und der Solinger Klingen grossen Anteil hatte, aber weder eine nennenswerte Eisen- gewinnung aus den Erzen noch eine besondere Eisenfabrikation fand in jenem Gebiete statt. Die Bedeutung der Steinkohle für die Eisen- industrie war noch nicht erkannt; nur eine lokale Verwendung der- selben seitens der Schmiede lässt sich nachweisen. Für die Her- stellung von Handelswaren kannte man kein anderes Brennmaterial als die Holzkohle. Erst gegen das Ende des Jahrhunderts entstanden einzelne Reckhämmer an der Enneper Strasse, die wohl schon damals Steinkohlen zum Ausheizen verwendeten. Sonst wurde die Steinkohle ausser von den ärmeren Leuten zum Hausbrand nur zum Kalk- und Ziegelbrennen verwendet. In Aplerbeck und Hörde gab es Eisen- schmiede, namentlich blühte an letzterm Platze die Nagelschmiederei. Eine alte originelle Fabrikation, die wir schon häufig erwähnt haben, hatte ihren Sitz in Solingen , im Herzogtum Berg . Es war die alt berühmte „ Schwertfabrik “. Ursprünglich hatte diese wohl ihr Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. Eisen in der Gegend selbst gewonnen. „Der älteste Bergbau hatte auf den lagerartigen Thon- und Brauneisenstein-Vorkommen der Kreise Solingen und Lennep stattgefunden. Pingenzüge von zum Teil grosser Ausdehnung bekunden dessen lange Dauer, und die häufigen Schlackenhalden beweisen, dass die Erze in der Nähe ihrer Gewinnungsorte in kleinen Rennfeuern verschmolzen worden sind Siehe E. Buff , Beschreibung des Bergreviers Deutz. Bonn 1882, S. 29. .“ Mit der fortschreitenden Entwickelung der Klingenindustrie ge- nügte dieses Material nicht mehr, weder in Quantität noch in Qualität. Dafür bot aber das Eisen und der treffliche Stahl des Siegerlandes den besten Ersatz. Wir haben über die Entstehung der Solinger Industrie, ihren Betrieb und ihre Organisation das Wichtigste bereits mitgeteilt Siehe Bd. I, S. 848. und haben hier nur noch weniges nachzutragen. An der Schwertfabrik war nicht allein die Stadt Solingen, sondern auch deren Umgegend beteiligt. An allen Wasserläufen der Nachbarschaft sassen die Klingenschmiede und Schleifer. Besonders war dies bei den alten Ortschaften Cronberg, Wald und Dorp der Fall. Die Privilegien, welche die Grafen von Berg im 15. Jahrhundert den an der Schwert- fabrik beteiligten Gewerbsverbänden der Härter nnd Schleifer (1401 Wir lassen dieses älteste Privileg im Wortlaut hier folgen: Privilegien vom Jahre 1401 . Wir Wilhelm von Gulich von Gottes Gnaden Herzog von dem Berge, Graue von Rauensberg Ind Herr zu Blackenberg, tuen Kundt etc. … dat wir Urloff gauen … unsern Luiden, da da geheischen sind Herdere und Schleifere der Schwerde Baseler Ind andere Mezer , dat die vnder sich eine Broder- schaft haben mögen zu den ewigen Tagen, vnd sollen vnder sich haven, Kiessen Ind haven vier Mann , da da geheischen vnd sein sollen, Rathluide , Ind wir sollen Inne geuen, und setzen einen Richter, der da sy von Ihrem Ampte und Ihrer Broderschaft , in solcher Wyss Ind vurwand alss herna geschreuen volgt, dat is zu verstan, so wat die vier Rathluide da alsus gekoren seint, von derselben Broderschafft sezend vnd fassent mit den meisten part vnd Parteyen der Brodere dat alle die andere Bröder dat Stede Halden sollen, Ind weret Sache, dat de vier Rathluide niet eindrachtig werden konnten; so soll der Richter, den wir Inen gegeuen haven, hat sezen en faissen als eine dunkt, dat der Broderschaft nüzlich Ind behöefflich sy, Ind dese Stadtluite Ind Richter sull en Jahr bleyuen, vnd nit langer vnd alsus sy Rathluide kiessen zu Irem Willen, alle Jahr zu den ewigen Tagen, vnd wir sollen Inne einen Richter geuen, also es vurstl. is. — Vort sollen geine Manne von der Broderschaft anders Jemandt dat Werk und dat Ambacht (Handwerk) lehren, dan Ihren Ehelichen Sohnen , auch en Fall Niemandt dat Werk anvain (anfangen) zu thun, he en heue zu Erst de Broderschaft gewonnen, na vyss wisunge dies Bryffs, vnd so welche vnser Brodere her weder dede, der soll uns zwo Mark Colsch Pagemenz (Zahlung) geuen, und der Broderschaft eine, — vort wan einige Broder der vurstl. Broder- schaft aflirung (abständig) wirt Ind Eheliche Sohne na inne liess de Ihres Vaters Ambacht nit en konnen, de sollen Ihre näste Maigen (nächste Verwandte), dat , Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. der Schwertfeger und Reider (1412), der Schwertschmiede (1472) und der Kreuz- und Knopfschmiede (1487) erteilt hatten, bezweckten einerseits Schutz und Förderung, anderseits die Erhaltung der Indu- strie im Lande. Die Geheimnisse der Fabrikation sollten nicht in andere Länder verbracht werden, deshalb wurde auf den „Verbleibungs- eid“ besonderes Gewicht gelegt. Die alte Eidesformel ist nicht mehr bekannt, im Jahre 1753 lautete der Eid wie folgt: „Ich schwöre zu Gott einen Eid, dass ich das Schmiede-, Härder- oder Schleiffer- Handwerk an keinem andern Orte als im Fürstentum Berg oder soweit dasselbige in seinem Bezirk, brauchen, auch keinen andern als so vom Handwerk ehelich geboren, lehren will, so lange als wir von unserm Fürsten bei Handwerks-Privilegien geschätzt werden.“ Wir haben schon erwähnt, dass sich das Handwerk in drei streng „ge- schlossene Bruderschaften“, die Schmiede, Härter und Schleifer trennte, deren Zugehörigkeit erblich war. An der Spitze jeder Bruderschaft stand ein Vogt, über allen stand der herzogliche Obervogt, der ge- wöhnlich auch der Amtmann von Solingen war. Eine jede Bruder- schaft hatte ihre Zusammenkünfte in einem „Gaffelhaus“ (Vereins- haus — Herberge), woselbst auch die Papiere und Dokumente der Bruderschaft aufbewahrt wurden. Die Abgeschlossenheit der Bruder- schaften war so streng, dass jeder Bruder die „Kunst“ seines Hand- werks nur den eigenen Söhnen oder an Sohnesstatt angenommenen lehren durfte. In den Satzungen der Bruderschaften war die Höhe der täglichen Produktion festgesetzt, um eine Gleichmässigkeit im Einkommen der Einzelnen zu erzielen Siehe R. Cronau , Geschichte der Solinger Klingenindustrie, S. 16. ; so durfte ein Schwertschmied nicht mehr als vier Schwerter, der Messerschmied nicht mehr denn zehn Stechmesser, ein „Baselerschmied“ (baselard, eine Art Zierdegen) nicht mehr denn acht, und ein „Cordinschmied“ (cordin, eine Art Ambacht offe Werk leren, as nere as dat von den an Ihn gesonnen wirt, vort so mag jeglich Mann de da bey der Herd Ind Schleiffen kan, de vürstl. Broderschaft winnen, vmb eiehzehen Rheinische Gulden off zwanzig Weisspfennige vor jeglichen Gulden, von welchen eiehzehen Gulden wir hauen sollen zwelff Gulden und die Broder sechs Gulden (vyss gescheiden doch Eheliche Sohne der Brodere de in der Broderschaft synt de Broderschaft nit winnen en dorffen noch en sollen, want sy dazu gebohren sint, doch sollen sy Ihre Ambacht lehren vnder des Meisters Gebähr und ass der Rath rieth) — vort solten die Rathluide dat Werk off Ambacht dat de Schmede off Schmedebroder machen vnder de Broder geleich theilen, op Ihren Eidt und Bescheidenheit, vort en sall geen Man, der in dieser Broderschaft is, sprecken vor vnsern Richter den wir alsus gesaet heven in dem Gerichte sondern vrloff unsres Richters. Ind wer darweder dede, de sall uns ge- brucks (verbrochen) haven Ind geuen vns vier Schillinge vnd den Broderen zween Schillinge Collsch Pagemenz. Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. Dolch) nicht mehr denn zehn Stück täglich, und zwar gut und richtig schmieden. Dieses zugewiesene Arbeitsquantum und der Erlös dafür hiess die „Leibgebühr“. Über den Handel haben wir schon im ersten Band berichtet. Nur den Brüdern stand derselbe zu; so hatten nur die Mitglieder der Bruderschaften, deren eheliche Söhne und die Brüder des Kreuz- und Knopfschmiedehandwerks, welche die Schwert- griffe herstellten, die Berechtigung zum Klingenhandel; allen andern war er untersagt. Der Kaufmann musste eidlich geloben, mit keinen ausländischen Klingen zu handeln, noch im Ausland Klingen unter dem für fertige Waren bestimmten Preise zu verkaufen. Von grossem Nutzen für die Güte und den Ruf der Waren und den Handel war die strenge Abstempelungspflicht, worüber wir S. 394 das Nötige ge- sagt haben. Diese, sowie die Verbesserung der Organisation durch Einführung der „Sechsmänner“, eines Ausschusses für die gemein- samen Angelegenheiten des Handwerks, waren Einrichtungen, die erst im Laufe des 16. Jahrhunderts gesetzlich geregelt wurden. Der erste „Sechsmannsbrief“ wurde 1570 erlassen. Ein weiterer Fortschritt, welcher zugleich Zeugnis giebt für den wachsenden Umfang der Klingenfabrikation, war die Abtrennung des Messerschmiedehandwerks als selbständige Zunft. Diese erfolgte durch das Privilegium des Messerhandwerks vom 14. Januar 1571. Eine grosse Änderung in der Klingenfabrikation wurde herbei- geführt durch die Einführung der Wasserhämmer. In den Reck- hämmern wurde Eisen und Stahl geschweisst, raffiniert und vor- geschmiedet. Alle diese Arbeiten hatte der Klingenschmied bis dahin mit der Hand ausgeführt. Die Raffinierhämmer machten einen Teil seiner Arbeit überflüssig; da aber der Klingenschmied keinen Vorteil davon hatte, weil er nicht mehr als seine bestimmte Anzahl Klingen abgestempelt bekam, so fühlte er sich vielmehr durch die neue Ein- richtung geschädigt und betrachtete sie als eine unrechtmässige Kon- kurrenz. Die Raffinierhämmer, welche für Solingen arbeiteten, lagen bei Lüttringhausen und Burg. Erst gegen das Ende des Jahrhunderts scheinen dieselben aufgekommen zu sein. Auch bei Remscheid lagen Hämmer, die für Solingen arbeiteten Dr. O. v. Mühlmann , Statistik des Regierungsbezirks Düsseldorf, Bd. I, S. 445 sagt: „Remscheid hatte schon vor 1580 Eisenhütten, worin das Roheisen mit der Hand zu Stäben verarbeitet wurde und der Bedarf für Solingen geliefert wurde.“ Hier kann es sich nicht um Hochöfen, sondern nur um Frischhütten handeln. . Der Handel mit den Solinger Waren folgte den hanseatischen Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. Handelsstrassen. Hauptvertriebsort war Köln; dann im Westen Ant- werpen und die brabantischen Märkte, nach Norden und Osten ging der Handel über Dortmund nach Leipzig, Hamburg, Lübeck und Danzig; nach Südwesten nach Frankfurt und Nürnberg. Für den Umfang der Schwertfabrik legen auch die früher mitgeteilten zahl- reichen Klingenstempel oder Fabriksmarken aus dem 16. Jahrhundert Zeugnis ab. Die enge Verbindung der zahlreichen Meister in der Bruder- schaft half diesen, den gesteigerten Anforderungen an Massenlieferungen genügen zu können und erhielt die Solinger Schwertfabrik, während das alte Schmiedehandwerk in andern Städten, wo es nach früherer Weise in den Händen einzelner Meister, die ihr Handwerk mehr als Kunst betrieben, lag, zu Grunde ging. Die Einführung der stehenden Heere mit einheitlicher Uniformierung, die gleichmässige Bewaffnung grosser Truppenmassen im Kriege, das Streben nach einheitlicher Bewaffnung der Landwehren, führten zur Massenfabrikation der Hand- waffen nach bestimmten Modellen. Solche grosse Aufträge konnten die Solinger Bruderschaften, welche die Arbeit unter ihren zahl- reichen Angehörigen verteilen konnten, wohl ausführen, nicht aber irgend ein Meister in Nürnberg oder Passau. Selbst Toledo konnte dies in gleichem Masse nicht leisten, denn trotz der grossen Zahl der Schwertschmiede daselbst, fehlte die Organisation. Solingen ent- wickelte seine Leistungsfähigkeit gerade nach dieser Richtung hin und übernahm Waffenlieferungen für deutsche und ausserdeutsche Staaten; so wurde es die erste und bedeutendste Waffenfabrik Europas. Neben der Schwertfabrik erblühte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Messerfabrik zu Solingen. Das Aufkommen der Reckhämmer hat viel zum Aufschwung dieses Industriezweiges beigetragen. Dem Messermacherhandwerk wurden gleiche Rechte eingeräumt, wie den drei geschlossenen Bruderschaften der Schwert- fabrik. Die Messer wurden ebenfalls von den verordneten Ratleuten beschaut und neben dem Meisterstempel der Solinger Beschaustempel als Garantie für die Ware aufgeschlagen. Die Messerschmiede mussten eine Lehrzeit durchmachen, eine Meisterprüfung ablegen und ihr Meisterstück machen. Es wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass jeder sowohl schmieden als reiden und fertigmachen konnte Siehe oben, S. 412 etc. . Die Warenkontrolle, die Beaufsichtigung des Betriebes und die strenge Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. Lehrzeit trugen wesentlich zur Hebung des Messerschmiede-Hand- werks bei. Beachtenswert ist, wie sehr sich die Messerschmiede gegen die geringere Ware der Hämmer wehrten. Die Fabrikate der Hammer- werke wurden verboten. Heimlich wurden aber doch häufig „schwarze“ Klingen der Hämmer von Meistern oder Kaufleuten geschliffen und in den Handel gebracht. Auch die Fabrikation der Scheren hob sich, und die Anfertigung von Gabeln fand Eingang gegen Ende des Jahrhunderts. Südlich vom Rhein war die Eifel im westlichen Deutschland von Alters her berühmt durch ihre Eisenindustrie. Die Eifel gewährt ein deutliches Beispiel der grossen Verschiebung der Eisengewinnung durch die Benutzung der Steinkohle. Die vielen, alten Hütten, welche in den letzten Jahrhunderten betrieben wurden, sind alle eingegangen. In dem ganzen Bergrevier Euskirchen, welches den grössten Teil der Eifel umfasst, steht nur noch ein einziger Hochofen auf der Eisen- hütte Jünkerath im Kreise Daun im Betriebe. Im 16. Jahrhundert war die Eifel wegen ihres Eisenreichtums in ganz Deutschland be- rühmt. „Ferrum laudatum copiosum est Germanis, qui incolunt regionem quam Eifelam nominamus“ schreibt Agricola . Besonders rühmt dieser die gegossenen eisernen Öfen der Grafschaft Mander- scheid. Es müssen schon sehr früh Hochöfen, welche Eisenguss lieferten, in diesem Gebiete bestanden haben. Auch der „Meister vff der Mossel, der die eisernen Öfen machen kann“, den der Rat der Stadt Frankfurt im Jahre 1490 kommen liess Siehe Bd. I, S. 948. , hatte seine Schmelz- hütte in der Eifel. Sind auch bis jetzt noch nicht viele Nachrichten über die frühere Eisenindustrie in der Eifel veröffentlicht worden, so beweisen sie doch das Alter und den Umfang dieser Industrie. Unzweifelhaft wurde schon zur Zeit der Römerherrschaft Eisen in diesem Teil des römischen Reiches gewonnen. Jünkerath liegt an einer römischen Heerstrasse, und das dicht dabei gelegene Glaadt an der Kyll war eine römische Station. Bei Eiserfey, wo seit ältester Zeit Eisen geschmolzen wurde, fand man römische Überreste. Zu Ende des 13. Jahrhunderts bestanden bereits folgende Eisen- hämmer: der Zweifel, Meister Dedrichs Hammer in den Benden, der „Hammer in Hallerss goit“, Meister Jans Hammer, der Hammer „up dem Zwivei“; die Maulartz-Hütte mag auch ziemlich alt sein Siehe Mosch , a. a. O., Bd. I, S. 278. . Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. Die von Agricola erwähnten Hochöfen der Grafen von Mander- scheid lagen wohl nicht in der eigentlichen Grafschaft dieses Namens, sondern in der Herrschaft Gerolstein, Blankenheim oder Schleiden. In letzterer Herrschaft fand die umfangreichste Eisengewinnung statt, über die wir zum Teil schon berichtet haben (s. S. 203). Eine Mander- scheidsche Hütte lag bei Schleiden, eine andere bei Call, an der aber die Grafen nur beteiligt waren. Die ersten Anfänge dieser Werke sollen bis in das Jahr 1250 zurückreichen Nach dem Verfasser durch das Oberbergamt in Bonn gütigst übermittelten Mitteilungen des Herrn Direktors Schröder von Jünkerath. . Call oder Kall an der Urfft hatte im Mittelalter bedeutenden Bergbau, namentlich auch auf Eisen. Der Eisenstein ist thonhaltig und bricht im Flötzkalkstein. Zu Call und Sötenik waren Reidwerke. Schon 1492 hatte Call ein geschriebenes Weistum über das Bergrecht, welches dem Herzog von Jülich für das Bergwerk zu Gressenich als Muster diente Siehe Bd. I, S. 776 und Schannat , Eiflia illustrata ed. G. Bärsch , Bd. III, S. 591. . Es gab damals Bergmeister zu Call und zu Gressenich. Call gehörte vormals zur Grafschaft Schleiden. — Sebastian Münster schreibt in seiner Cosmographey: „Unfern der Grafschaft Manderscheid in den Herr- schaften Keila, Kronenberg und Sleida im Thal Hellenthal macht man fürbindig gut Schmideysen, man geusst auch Eysen Öfen, die ins Oberland alss Schwaben und Franken verkauft werden.“ Ebenso berichtet Dr. Simon Reichwein : „in den Herrschaften Selida, Kronen- berg und Kieln sind Eysen-Ertz, da man Eysen Öfen aussgeusst.“ Auf einer Karte der Eifel in Seb. Münsters Kosmographie ist ver- zeichnet Cronenburg, Smyddun, Diffenbachium, Widdenbergum, Reiferss- hetum, Sleida, Helles Septem officinae minerae ferrariae .“ Alte Eisenhütten waren bei dem Orte Eisenschmitt, der seinen Namen von der Eisengewinnung hat. Ein Erbpachtsbrief des Erz- bischofs Jacob I. (von Sirk) erwähnt am 19. November 1454 „der Eisenschmitt boven Hymmerode auf der Salm“. Diese wurde 1463 mit allem Zubehör den Herrn von Manderscheid verpfändet. Am 16. December 1465 quittiert der Erzbischof Diedrich von Mander- scheid über den Pfandschilling und die Baugelder für Hof und Wald zur Hege bei Wilre, den Wald Hoenscheid mit der Eisenschmelze und Zubehör und verzichtet auf dieses Gut Siehe Schannat , a. a. O., Bd. III, S. 37. . Diese Eisenschmelze dürfte einer der ältesten Hochöfen sein, welche wir kennen. Ob aber die hier erwähnte Eisenschmitt, der nachmalige Ort Eisenschmitt Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit angeben, „Eisenschmitte“ und Bergwerk bei Ober-Manderscheid wird 1504 erwähnt. Im Jahre 1515 vergönnt Erzbischof Richard dem Sohne des Meisters auf der „Eisenschmitt“ Nutzungsrecht im Walde Hönscheidt gegen jährlich vier Centner Eisen. Am Dienstag nach visit. Mariae (3. Juli) 1526 erteilte Erzbischof Richard dem Meister „auf der Keyler Eisenschmitte“ die Erlaubnis, im Erzstift Erz zu suchen und zu graben. Die „Keyler Eisenschmitt“ ist wahrscheinlich das jetzige Eisen- schmitt. Südöstlich von Eisenschmitt stand später die Eichelhütte. Ausserdem waren im Kreise Wittlich alte Eisenhämmer bei Ober-Kail (Oberhammer) und zu Dorf Reil. In der Herrschaft Gerolstein waren ältere Eisenwerke bei Müllenborn und Hammerhütte, in der Herr- schaft Dolldorf-Blankenheim die Stahlhütte und Ahrhütte. Ein altes Eisenwerk bei Bengee (Hämmerchen) wurde um 1490 von Kloster Springiersbach gebaut. Die Altschmiede südwestlich von Bollendorf auf dem linken Ufer der Sauer, jetzt ein einzelnes Haus, war ehe- mals ein Eisenwerk der Abtei Echternach. Zu Müllenborn besass das Kloster Prüm zur Zeit des Cäsarius eine Mühle „zu Mulenburne“. Die Eisenhütte daselbst besteht schon lange. Am 21. September 1563 übertrugen Graf Hans Gerhard von Manderscheid-Gerolstein und dessen Gemahlin, die Wild- und Rhein- gräfin Margaretha, die Eisenhütte und den Hammer am Mühlenborn auf der Ooss dem Reinhard Radlo als ein Erblehen Siehe Schannat , a. a. O., S. 49. . Die Aachhütte, 10 Minuten unterhalb Üxheim, gehörte vordem den Grafen von Aremberg. Auch bei Alf bestanden schon in alter Zeit Eisenwerke. — Der Netterhammer gehörte zum Kloster St Thomas. Malberg bei Kyllburg und Merbelshausen wurden schon von Erz- bischof Theodorich von Trier erbaut. Eine Hütte zu Jünkerath soll schon 1368 errichtet worden sein. Im Kirchenbuch zu Asch bei Jünkerath sind Vermerke über alte Verleihungs-Urkunden für Jünke- rath, die bis um das Jahr 1400 zurückdatieren, enthalten. Auch bei Steinfeld sind noch die Trümmer eines Hochofens vor- handen. Aus alle dem ist zu erkennen, dass die Eisengewinnung in der Eifel im 16. Jahrhundert in umfangreicher Weise betrieben wurde. Die technischen Eigentümlichkeiten des Betriebes haben wir im all- gemeinen Teil geschildert. Die Schleiderer Thalarbeit ist ein ganz be- sonderer Typus des Hochofenbetriebes geworden, und das Verfrischen geschah von alters her nach der Weise der Wallonschmiede. Sauerland, Mark, Berg und die Eifel. Von grosser geschichtlicher Bedeutung ist auch die Eisenindustrie im Saargebiet , besonders in der Herrschaft Nassau-Saarbrücken , weil wir hierüber frühe urkundliche Nachrichten haben Siehe A. Hasslacher , Das Industriegebiet an der Saar. — Saarbrücken, 1879, S. 35. . Die älteste ist enthalten in einem „Richtungs-Brieff“ zwischen Friedrich Greiffen- klau von Vollrats und der Gräfin-Witwe Elisabeth zu Nassau-Saar- brücken, vom Donnerstag nach dem heil. Drei-Königstag 1430, worin ersterer seine „Ysenschmitten“ und „Kollen-Gruben“ in dem „Synder Thall und darumb“ an letztere überträgt. Von einer „Isenschmitt bei Wiebelskirchen, uff der Oster ge- legen“, handelt eine Urkunde vom Mittwoch nach dem neuen Jahres- tag 1514, durch welche Johannes , Eisenschmied von Lichtenstein, Bürger zu Lautern, dem Grafen Johann Ludwig zu Nassau-Saarbrücken den seit Jahren rückständigen Zins für die Eisenschmiede binnen drei Jahren mit 20 Gulden abzutragen gelobt. Am wichtigsten ist aber der schon mehrfach erwähnte Vertrag, den Graf Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken am Montag nach Vincula Petri 1514 mit Lux von Nassau und Johann von Lichtenstein abgeschlossen hat, wonach er diesen die Hütte bei Wiebelskirchen gegen den halben Ertrag in Erbpacht giebt, ausserdem sich jährlich zehn Centner Eisen und alles weitere Eisen für den Gebrauch des Grafen zu einem rheinischen Gulden den Centner zu liefern, für eiserne „Heffen“ einen Orth und einen Heller bezahlt nehmen, für „Öfen, Büchsen oder Büchsensteine zu giessen“ auch nur einen Gulden rheinisch für den Centner ausbedingt. Es wurden also auf der „Isenschmitt“ zu Wiebelskirchen in der Grafschaft Ottweiler im Jahre 1514 bereits eiserne Töpfe Öfen, Geschütze und Kanonenkugeln gegossen . In einem späteren Vergleich vom Mittwoch nach Margarethen 1520 wird neben der genannten „Eisenschmitt“ auch noch eine Wald- schmiede erwähnt. In einer „Abrede“ endlich zwischen Graf Johann Ludwig und Heinrich von Wannen, Bürger zu Arle, aus dem Jahre 1535 erklärt der Graf, die alte Eisenschmiede zu Wiebelskirchen wieder aufbauen zu wollen „mit allen Hütten, Schmelzöfen, Rädern, Mastbäumen und allem Holz- und Steinwerk“; Heinrich soll „den Meister darstellen, den Schmelzofen machen, den grossen Hammer, Brende und Zapfen, die man bedarf, und den grossen Amboss“, dem Grafen 12 Jahre Sachsen. lang jährlich 32 Goldgulden entrichten und das „Huyssysen“ geben, gegossen oder geschmiedet, den Centner um einen Gulden. Nach dieser Zeit verlautet von dieser alten Eisenhütte nichts mehr, und man vermutet, dass dieselbe in dem gegen Mitte des 16. Jahrhunderts errichteten Neunkircher Eisenwerke aufgegangen sei. Von letzterem Werke sollen gusseiserne Platten mit der Jahres- zahl 1593 vorhanden gewesen sein. In der Grafschaft Saarbrücken scheint die älteste Eisenschmelze diejenige von Geislautern gewesen zu sein, woselbst 1590 ein „Eysens- Factor“ erwähnt wird. In dem westlich gelegenen Herzogtume Jülich fand in früherer Zeit keine bemerkenswerte Eisenindustrie statt. Dagegen war Aachen seit ältester Zeit eine gewerbreiche Stadt, in der Waffen- und Panzer- schmiede thätig waren. Die durch die Religionszwistigkeiten ver- anlassten Austreibungen von Bürgern aus Frankreich und den Nieder- landen haben auf die Industrie Aachens einen ganz besonderen Einfluss ausgeübt. Während eine grosse Feuersbrunst die Waffen- schmiede Aachens nach Lüttich getrieben haben soll, so kam zu- gleich mit den vertriebenen Meistern die Nadelfabrikation um die Mitte des 16. Jahrhunderts aus den spanischen Niederlanden nach Aachen, fasste hier Wurzel und entwickelte sich zu einer blühenden Industrie. Den Stahldraht bezogen die Aachener Nadler von Altena, und zwar in mittleren Stärken, indem sie das Feinziehen selbst be- sorgten. Ja, die märkischen Drahtstädte liessen den feinen Draht, den sie brauchten, in Aachen ziehen. Sachsen . Wenden wir uns nun zu den östlichen Ländern des nördlichen Deutschlands, so finden wir in Sachsen und Schlesien die umfang- reichste Eisenindustrie. Im Kurfürstentume Sachsen hat wie im Harze die Blüte des Silberbergbaues die Eisengewinnung an- geregt und gefördert. Im Erzgebirge finden sich schon früh Eisen- werke, ebenso im Meissnischen, besonders um Pirna. Den Eisen- reichtum Meissens rühmt Petrus Albinus in seiner Bergchronik (1590) in folgender charakteristischen Weise: „Neben dem, dass das Sachsen. Eisenbergwergk das erste von Adam, wie die Gelehrten meinen, er- funden, vnd wie sie ferner schliessen, etwa vmb den Berg Libanum, zu beyden seiten desselben, vnd also mitten im gelobten Lande, das eltiste Eisenbergwerk, so in der heiligen Schrift gedacht wird, ge- wesen ist. Befindet sich auch, das man des Eisens in keinem Reich, Land, Stadt, Dorff, Haus, Hütten oder Kohlkram gerathen kan. Der- halben Gott der klugste Hausvater, dieses Metall nicht allein am ersten gezeiget, sondern auch an sehr viel örten geben, vnd sonder- lich neben die mächtigen Gebirge, darinnen er hat Bergwerk wollen erregen lassen. Gleichergestalt ist derselben neben andrerens Me- tallen herrlichen Bergwerken auch im vberfluss im Lande zu Meyssen , in welchem doch dieses die fürnembsten örter sein, so wegen des- selben berufen. Erstlich hat man viel Eisen Hämmer nicht weit von dem Dorff Pela, auf der rechten Handt der strassen, da man in den Joachimsthal zeuchet, welches man auf der Burghartsleiten, von deme so den Eisenstein erfunden, wie Agricola meldet und von des orts gelegenheit, ernennet. Das ander Eisenbergwerk ist zwischen dem Dorff Rascha und Städtlein Grünhein, da vor Zeiten ein stadtlich Benediktiner Kloster gewesen; dieses nennt man auffen Memmler, wie es Agricola schreibt, andre nennen es den Emmler. Das dritte vnd fürtrefflichste Eisen wird zu Lowenstein und Berggieshübel vnd Glasshütten gemacht — sind alle drey nicht weit von Dressden vnd Pirna den Stedten gelegen. Derwegen etlich das Eisen so daselbst gemacht Pirnisch nennen vnd rechnen dauon es sei geschmeidiger als das Lausitzer, so doch sonsten auch weit verführt wird. Zum Giess- hübel werden auch die besten Eisenöfen gegossen, gleich wie zu Siegen, im Sauerland, in der Grafschaft Manderschied in der Eifel: vnd vmb das Rote Hauss am welchen letztern ort auch Eiserne Ofen Rören vnd Töpffe gegossen werden. Die andern Eisensteine in Meyssen sind nicht so beruffen, als da ist einer bei Torgaw, dessen Kentmannus gedenkt, welcher Leberfarb sein soll, vnd sehr viel Eisen im rennen geben. Item beym Stedtlein Heniche vn Kloster alte Cella im Dorf Kaltenofen, Item zwischen Frankenberg vnd Chemnitz, in welchen bisweilen Ochergelb steckt. Matthesius gedenkt auch der Zeidelwiesen vnd Magneten Bergs. Item anderer mehr so er nicht nennt am Pehlwasser vnd vmb Schwartzenberg. Dem Meyssnischen Eisen gehet keins für ausgenommen das Schwedische, Norwegische vnd Steierische, denn nach diesen rechnet man das Sultzbacher in der Norikunischen Pfaltz für das beste.“ Sachsen. Ferner erwähnt Albinus noch das Meteoreisen von Grimma, über welches Fabricius zuerst berichtet hat Fabricius meldet: Ferream massam recremento similem ex aere deci- disse in sylvis Neuhofianis prope Grimam; sunt qui affirmant, eamque massam multorum pondo fuisse, narrant: adeo ut in locum illum nec deportari propter gravitatem, nec curru adduci propter loca invia potuerit. Factum est autem ante bellum civile Saxonicum, quod inter Duces agnatos gestum est. . Die Nachrichten über die Eisenhütten von Lauenstein und Berggieshübel sind ebenfalls dem Agricola entnommen (s. S. 202). Alte Eisenhämmer befanden sich zu Riechberg und Lössnitz und in der Schlemma bei Schneeberg. Schon im 15. Jahrhundert entstanden in den damals noch wald- reichen Gegenden der Bergstädte Marienberg, Wiesenthal, Schwarzen- berg, Johanngeorgenstadt, Eibenstock, Auerbach, Schöneck u. s. w. mit landesherrlicher Erlaubnis eine grosse Anzahl Eisenhämmer, die ihr Eisen zum Teil um billigen Preis an die kurfürstlichen Eisenkammern abliefern mussten, wogegen sie ansehnliche Kohlholzdeputate um einen geringen Waldzins erhielten Siehe Hasse , Anmerkung zu Hassenfratz , Siderotechnie, Bd. I, S. 181. . 1517 verkaufte Georg Wilhelm von Tettau, der damalige Besitzer des Amtes Schwarzenberg, den Erla- hammer und die besten Eisenwerke an Oswald Flemmig . Durch die zahlreichen Hütten und Hämmer trat aber schon im 16. Jahr- hundert Holzmangel ein, und es wurde notwendig, der Vermehrung der Eisenwerke Gränzen zu setzen und ihren Betrieb einzuschränken. Zu diesem Zwecke erliessen die Herzöge und Kurfürsten Hütten- und Hammerordnungen Bes. die Herzöge Georg, Heinrich, Moritz und August 1538, 1544, 1548, 1564, 1576 und 1583. . Eine solche, speziell für die Eisenwerke, erliess bereits Kurfürst Moritz. Am meisten Sorge wendete aber Kurfürst August von Sachsen dem Eisenhüttenwesen seines Landes zu. Er gehört zu denjenigen deutschen Fürsten, welche dem Beispiele landes- väterlicher Fürsorge Kaiser Ferdinands folgten und auf jede Weise das Berg- und Hüttenwesen zu fördern suchten. Die friedliche Ent- wickelung unter den Kaisern Ferdinand und Maximilian II. unter- stützte dieses Streben. Die Fürsten, wie namentlich Moritz und August von Sachsen, Albrecht von Baiern, Christof von Württemberg, Wilhelm von Hessen, Julius von Braunschweig und Joachim von Brandenburg beteiligten sich, wie Kaiser Ferdinand in seinen öster- reichischen Erblanden, persönlich an dem Bergbau ihrer Länder, und der Kaiser liess ihnen darin nicht nur freie Hand, sondern förderte noch diese Bestrebungen und stand mit den genannten Fürsten in Beck , Geschichte des Eisens. 53 Sachsen. persönlicher Korrespondenz. Er erkannte dadurch das unbeschränkte Regalitätsrecht der Landesherren an, welche ihn dafür unterstützten in seinen Bestrebungen zur Aufrechterhaltung des Landfriedens, Ord- nung des Zollwesens, Einheit des Münzwesens u. s. w. Der Bergbau war im Mittelalter das einzige Gewerbe, welches allen Ständen eine gleiche Teilnahme gestattete. Es war die einzige Grossindustrie, in welcher grosse Kapitalien angelegt wurden, und die süddeutschen Geldbarone, die Welser, Fugger, Ebner, Imhof, Fürer u. s. w. be- teiligten sich an dem Bergbau im Erzgebirge und zogen ausserordent- lichen Nutzen daraus Siehe Joh. Falke , Geschichte des Kurfürsten August von Sachsen, S. 10. . Der Handel mit Kuxen wurde schon damals ganz ähnlich betrieben, wie heutzutage der Handel mit Bergwerks- aktien. Nicht nur in Nürnberg, Augsburg und Ulm, sondern auch in Frankfurt, Mainz, Braunschweig, Goslar, Köln, Hamburg, Danzig, Breslau u. s. w. entstanden Berg- und Hüttengewerkschaften und Metallhandelsgesellschaften. Es war der Anfang einer neuen Zeit. Handel und Verkehr staken freilich noch in schweren Fesseln. Der Kaiser erkannte das liberum commercium an, d. h. er erkannte die bestehenden Zölle und Geleite, Stapel- und Niederlagsrechte und den Strassenzwang an. Die Freiheit des Handels war nichts anderes als die Freiheit der Handelsverbote. In diese Zeit fallen auch die An- fänge des Prohibitivsystems durch Ein- und Ausfuhrverbote. Als im Jahre 1553 Kurfürst August nach dem Tode seines Bruders Moritz die Regierung in Sachsen übernahm, befanden sich die Münze „des Landes Kleinod“ und die Waldungen in schlechtem Zustande. Das Bergregal wurde von den Adeligen auf ihren Gütern beansprucht, was eine gemeinsame Ordnung in hohem Masse erschwerte. Kurfürst August setzte seine ganze Kraft daran, die wirtschaftliche Lage seines Landes zu bessern und die Missstände zu beseitigen. Dem Walde, welcher damals das tägliche Brot der Industrie lieferte, war seine erste Sorge zugewandt. Auf die Verbesserung der Forstwirtschaft nimmt er schon in seinem ersten Ausschreiben Bezug Siehe Falke , a. a. O., S. 129. und erliess in der Folge ver- schiedene Holzordnungen. Den Bergwerken sollte von den Förstereien jederzeit Holz angewiesen und dieses sowohl in den Berg- wie in den Forstregistern eingetragen werden. Hinsichtlich der Köhlerei wurde verordnet, dass kein Kohlenmeiler durch den Köhler aufgethan oder den Fuhrleuten vermessen werde, bis die fürstlichen Forstschreiber und Knechte dabei sind und mit den Köhlern „anschneiden“ (am Sachsen. Kerbholz), wie viel Körbe Kohlen ein Meiler gehalten und mit Fleiss acht geben, dass jeder Fuhrmann die ordentliche Zahl Körbe, soviel sich auf einen Wagen gebührt, lade. Jeder Fuhrmann erhielt seinen Zettel, der zuvor in ein Buch eingetragen wurde, und den er dem Hüttenverwalter abzuliefern hatte. — Im Amte Pirna und Königstein hatten die Hammermeister die Kohlen früher nach Grubschaften ge- kauft und diese mit 14 Groschen bezahlt, aber nicht die Kohle selbst, sondern das Holz auf dem Stamme, das sie dann oft acht Jahre lang ungehauen zu ihrem Vorteile stehen liessen. Wieviel eine Grubschaft war, wusste 1556 niemand mehr. Deshalb schaffte der Kurfürst in diesem Jahre den Verkauf nach Grubschaften ab und befahl künftig nur die Kohlen zu verkaufen, und zwar nach „Seiten“ zu 1½ Groschen. Hierdurch steigerte er das Erträgnis sehr. Im Amte Schwarzenberg kauften die Hammermeister die Kohlen weich und hart ohne Unter- schied, den Kübel für 1½ Groschen. Der Kurfürst liess die Sorten scheiden. — Für die Bergwerke und besonders die Schmelzhütten wurde eine grosse Menge Holzkohlen aus dem Tharandter Walde — im Jahre 1557 allein 6000 Wagen — bezogen. Die Freiberger Hütten brauchten 1556 nach des Kurfürsten eigener Berechnung jedes Vierteljahr 5377 Wagen. Auf einen Wagen Kohlen wurden 2⅓ Klftr. Holz gerechnet, ein Klafter aber ergab 5 Körbe Freiberger Mass. Das Fuhrwerk besorgten die „Anspanner“ der benachbarten Dörfer gegen ein „Hufengeld“, dieses betrug 1579 fünf Groschen für den Huf, und man zählte 4600 pflichtige Hufe. Wie eifrig sich Kurfürst August um das Wohl des Bergbaues kümmerte, geht daraus hervor, dass er schon am 3. Oktober 1554 die berühmte neue Bergordnung erliess, welche die von den Herzögen Heinrich und Georg und dem Kurfürst Moritz erlassenen Ordnungen zusammengefasst und verbessert enthielt. Der Bergbau auf Eisen und die Hammerwerke in den Ämtern Pirna mit Königstein, Schwarzen- berg und Krottendorf In der über das Amt Krottendorf am 3. Juni 1559 abgeschlossenen Ver- kaufsurkunde geschieht des Obermitweidaer Hammers und mehrerer Hammerwerke Erwähnung. ( Dietrich und Weber , Geschichte des Bergbaues im Erzgebirge, 1822.) waren vernachlässigt. Schon damals war wie später die Eisenproduktion ungenügend, die Eisengeräte für den Berg- bau daher teuer. Dem suchte Kurfürst August durch eine besondere Ordnung für die Eisenhämmer abzuhelfen. — In einem Schreiben an den Rat zu Annaberg befahl er, „dass ein jeder Hammermeister unter uns und den Herren von Schönberg gesessen, von dato unsres 53* Sachsen. Befehls 60 Wagen Bergeisen, jede Wage um 11 Groschen zur Be- förderung der Bergwerke auf Annaberg liefern soll“. — Die Eisen- händler aber sollten das Eisen nirgends anders wohin, sondern allein zur Beförderung des Bergwerks daselbst, sowie auch auf dem Marien- berge und zu Freiberg verkaufen. — Diesem Befehle kam man aber nicht nach, und der Kurfürst beklagt sich deshalb, weil dadurch der Eisenmangel fortbestehe. Auch habe er gehört, dass die Bergamts- leute für eine Wage Bergeisen auf dem Annaberge 14 Groschen zahlen mussten, ungeachtet, dass ihnen dieselbe auf des Fürsten Be- schaffung für 11 Groschen von den Hammermeistern geliefert werden sollten. „Deshalb“, fährt er fort, „haben wir eurem Bergmeister Hans Schwarz auferlegt, die Hammermeister anzutreiben, dass sie die hinterstellige Anzahl Eisen unverzüglich und innerhalb acht Tagen vollends auf Annaberg liefern sollen. Wollet also alles Bergeisen auf Annaberg, bis die Hammer stattlich wieder umgehen und das Berg- werk reichlich versehen können, zu euch aufs Rathaus nehmen und darob sein, dass dasselbe nirgends anderswohin als zur Förderung der Bergwerke gelassen, auch ferner keine Wage bei Strafe von 50 fl. höher als 12 gr. verkauft werde, widrigenfalls der Eisenhandel einer oder zwei Personen auf Annaberg allein muss übergeben werden, von denen dann ein jeder sein Eisen entnimmt.“ Der Kurfürst ermahnt ferner die Herren von Schönberg, ihre Hammermeister ihrer Zusage gemäss in gleicher Weise anzuhalten. Dies hatte aber wenig Erfolg. Die Schönbergischen Hammermeister behaupteten, sie seien von ihren Herren gegen Entrichtung von 1 gr. von jeder Wage Eisen privilegiert, dasselbe so teuer wie möglich und wohin sie wollten zu verkaufen. Dies missfiel dem Kurfürsten sehr und er befahl dem Amtmann, so- fort die von Schönbergischen Hämmer zu bereiten, die Eisenvorräte zu besichtigen und den Hammermeistern mit Ernst anzuzeigen, monat- lich 60 Wagen Bergeisen zu 11 gr. in den ersten acht Tagen nach Annaberg zu liefern. Geschehe dies nicht, so sollte jede Wage, die aus den Schönbergischen Hämmern ausgeführt werde, ohne alle Zah- lung nach Annaberg umtreiben, oder man sollte ihnen soviel sie schuldig mit Gewalt nehmen. — Aber auch diese Verordnung endigte den stillen Krieg nicht. — Die Hammermeister im Amte Pirna hatten ihren Eisenstein von Berggieshübel zu holen, das erzeugte Eisen aber gegen festgesetzten Preis in die Eisenkammer nach Pirna abzuliefern. Zur Regelung der Produktion und des Vertriebes des Eisensteins wie des Eisens berief der Kurfürst am 20. März 1560 mit dem Sachsen. Schlösser (Oberverwalter) von Pirna und dem Bergmeister von Berggies- hübel sämtliche Hammermeister von Pirna und Königstein nach Dres- den. Auf dem Berichte, dass in jenem Bergwerke durchschnittlich pro Jahr 4000 Fuhren Eisenstein und zum Preise von 15 gr. ver- kauft würden, setzte man fest, wieviel Fuhren jeder Hammermeister wöchentlich abholen sollte, nämlich die 4 Hammermeister an der Biela jeder 9 Fuhren, zusammen jährlich 1872, den 6 Hammer- meistern am „dürren Wasser“, denen bei trockenem Wetter das Wasser ausblieb, jeder 3 Fuhren, zusammen jährlich 936 Fuhren, die 4 böhmischen Hammermeister je zwei Fuhren, dafür sollten sie die Hälfte ihres geschmiedeten Eisens in die Eisenkammer liefern; der Rest wurde auf die einzelnen Hütten verteilt. Alles Eisen musste an die Kammer geliefert werden. Die Hammer- herren sollten sich das Schmieden und die Kohlenfuhren mehr an- gelegen sein lassen, als die Viehzucht u. s. w., da sie für Ersteres nur ihre Hämmer bekommen hätten. — Sie sollten ihre Arbeiter mit Geld und nicht mit Eisen lohnen. — Der Schlösser von Pirna, der Verwalter der Eisenkammer und der Bergmeister zu Berggieshübel sollten alle 14 Tage in der Eisenkammer zusammenkommen und er- kundigen, wieviel Eisenstein die Hammermeister geholt und wieviel Eisen angeliefert hätten. Auf jede Fuhre sollte mindestens 15 Steine Eisen gerechnet werden. — Der Bergmeister sollte mit jedem Hammer- meister besondere Kerbhölzer führen, wieviel Eisenstein er geholt, und dies Sonntags dem Verwalter melden, dass er denselben an der Bezahlung des Eisens einhalte. — Jeder Hammermeister sollte sein geordnetes Zeichen auf seine Eisenstäbe schlagen und auf eine Wage 30 Stein tüchtiges Eisen gewähren; weder er noch sein Gesinde sollte Eisen verschleifen oder veruntreuen, jeden Stein Eisen künftig mit 4 Pfennige teurer bezahlt erhalten, dafür aber an seinem Eisen den dritten Teil geviert und zwei Teile Senseneisen schmieden, für den Kübel Kohlen 3 Pfennige, für die Seite 1½ Groschen zahlen. — Der Blechschmied sollte jeden Centner Blech für 3 Gulden in die Kammer antworten, der Eisenstein nur in Gegenwart des Bergmeisters ver- messen werden. — Wer nachlässig und ungehorsam befunden wurde, sollte seinen Hammer mit allem Zubehör bis nächsten Michaelis ver- kaufen, und wer Eisen an sich brächte, um Steigerung damit zu machen, gefänglich eingesetzt werden. — Aber schon 1561 folgen neue Ermahnungen, weil die Vorschriften nicht innegehalten werden. Am 11. August 1570 wurde der Knappschaft zu Berggieshübel der Sachsen. eine Groschen Wasserzins, den sie von jeder Fuhre Eisenstein hatte zahlen müssen, erlassen und der Eisenpreis wieder um einen Groschen erhöht. Ein Stein geviertes Eisen wurde auf 8 Groschen, Sensen- eisen auf 8 Groschen 6 Pfennige, Pocheisen auf 7 Groschen, Keil- stangeneisen auf 8 Groschen und ebenso Schieneneisen festgesetzt. In der Ordnung vom 31. August 1570 ist besonders eingeschärft, dass nur reiner Stein gebaut und der Stein (auf Kosten der Gewerken) sorgfältig ausgelesen werde, damit die Hammermeister nicht sagen könnten, ihr schlechtes Eisen rühre von schlechtem Stein her. Der Stein war aber nach einer von Roch von Lynar angestellten Probe nicht so untüchtig befunden worden. — Sodann wird die Preiserhöhung von einem Groschen bestätigt ausser für das Eisen, was zur kurfürst- lichen Hofhaltung und dem Zeughaus geliefert wurde. — Jeder Hammermeister, der mit Eisenstein und mit Kohlen aus den kurfürstlichen Gehölzen gefördert wurde, sollte bei Strafe von 2 Gulden wöchentlich 62 Stein Eisen, den Stein zu 22 Pfunden, in die Eisenkammer zu liefern schuldig sein. Alles Eisen musste ge- zeichnet sein, ungezeichnetes wurde nicht bezahlt, für schlechtes wurde 4 Gulden Strafe erhoben. Für seine Hüttenleute, die des- halb nur mit Geld gelöhnt werden sollten, hatte der Meister wegen der Partiererei zu haften. Der Verwalter der Eisenkammer sollte mit jedem Hammermeister besondere Bücher über das gelieferte und bezahlte Eisen führen und von jeden 60 Stein Eisen sollte er 1 bis 1½ Gulden für den Bergrichter in Berggieshübel inne behalten. Ein geschworener Kohlenmesser sollte ihnen die Kohlen auf der Kohlstatt zumessen und die mit jedem besonders geführten Kerbhölzer viertel- jährlich dem Amtsschlösser zu Pirna überantworten, dass dieser mit dem Forstmeister die Verzeichnisse darüber fertige und die Bezahlung einbringe. Auch sollte der Kohlenmesser die Seiten und Körbe der Hammermeister monatlich aichen und für zu grosse 2 Gulden Strafe auferlegen, jeder Korb Kohlen aber mit 1 Groschen, jede Seite (= 6 Körbe) mit 6 Groschen bezahlt und alle Sonntage mit den Köhlern in barer Zahlung abgerechnet werden. Beim Hauen des Kohlholzes sollte der Kohlenmesser alle Brettbäume und anderes Nutzholz verschonen und das gemeine Holz, das liegende und wandel- bare und alles, was den Keil hielt, mit aufarbeiten und allen Köhlern in den pirnaischen Gehölzen durch die Verordneten einen Platz zu Kohlen weisen lassen. Im Amte Schwarzenberg und Krottendorf waren zusammen 26 Eisenhämmer, von denen 14 nach Annaberg, 9 nach Zwickau und Sachsen. 3 nach Schneeberg liefern mussten. — Unter den Hämmern bei Schwarzenberg war auch ein Kugelhammer, der in Jahre 1571 an Heinrich Uthmann unter der Bedingung verkauft wurde, dass er dieselbe Anzahl Kugeln zu demselben Preise wie sein Vorgänger, den Centner für 24 Groschen, schmiede. Ein drittes Eisenwerk war bei Dorf Chemnitz. Im Jahre 1567 baten die Gewerken desselben, noch einen zweiten Eisenhammer mit Verbietungsrecht auf einen bestimmten Bezirk aufrichten zu dürfen. Auch in Sangerhausen befand sich ein Eisenbergwerk und ein Hammer. Im Jahre 1572 liess der Kurfürst auf den Pirnaischen Hämmern ein Eisengiesswerk einrichten, um das für das posernsche Salz- werk nötige Eisengerät giessen zu lassen. Ebenso bemühte er sich, die Stahlfabrikation zu heben. — Über Versuche, Stahl zu machen, berichtet Michel Schönleben am 5. Dezember 1574, dass Hans Schwarz , Bürgermeister von Annaberg, mit den Zugeordneten in der im Salmenthal gehaltenen Stahlprobe aus 2 Fuhren Eisenstein 6 Centner Stahl, nämlich Kernstahl, geringen und Mittelstahl ge- fertigt hätte Siehe Falke , a. a. O., S. 186. . Auf den Rat Bernsteins liess der Kurfürst im Jahre 1575 bei Schöneck, um die dortigen Eisensteine und Waldungen desto besser verwerten zu können, einen „Massenofen“ und Stahlhammer errichten und hier durch Stahlschmiede, die er aus Schmalkalden hatte kommen lassen, Proben im Grossen anstellen, aus welchen man die Hoffnung eines erfolgreichen Betriebes schöpfte. 1578 wurden Versuche angestellt, aus giesshübeler Eisenstein Stahl zu machen auf der Giesshütte in Königstein und im Stahlhammer des Hans Dietz zu Plauen. Am 21. Oktober 1584 verlieh der Kurfürst dem Daniel Vischer und Genossen aus Magdeburg eine alte Pochstatt bei Öls- nitz, um daselbst einen Stahl- und Eisenhammer aufzurichten, mit Verbietungsrecht innerhalb zwei Meilen im Umkreis auf 20 Jahre. Vielfach bemühte sich der Kurfürst, den Gieshübeler Bergbau, der in Verfall geraten war, wieder zu heben. So verlieh er zwei Gruben ohne Wasser- und Wagegroschen an Hans Dorndorf , einen Maler in Pirna, der eine neue Art Eisen mit grosser Ersparung besser als zuvor schmelzen zu können, vorgab. Er suchte auch durch Ver- ordnungen dem Bergbau aufzuhelfen, besonders durch strenge Ver- bote gegen unreine Förderung, wodurch die Hammermeister gänzlich Sachsen. verderben mussten und befahl reine Förderung und sorgfältiges Sor- tieren und Klauben (am 23. April 1583) Eisen- und Hammerordnung Kurfürst Augusts zu Sachsen vor die Hammer- meister in Giesshübel, den 23. April 1583. . Er schrieb deshalb eine Gewichtsgrenze für die Erze vor und liess jedes Quartal revidieren und diejenigen, welche zu leichten Stein führten, strafen. Man nannte dies die Quartalmessung, und nur solcher Stein wurde den Hämmern zugewiesen. Nach Böhmen sollte nur Stein abgegeben werden, nach- dem die kurfürstlichen Hammermeister versehen seien. Die Stein- kübel sollten oben und unten gleich weit und alle nach dem im Amte Pirna verordneten Masskübel gerichtet und gezeichnet sein. Der Geschworene, „weil er hinlänglich besoldet“, sollte Vor- und Nachachten der Knappschaft und der Fuhrleute beaufsichtigen, dass sie richtig brechen und laden. 1583 wurden folgende Preise verordnet: Der Stein Senseneisen sollte mit 8 gr. 6 Pf., geviertes Eisen mit 8 gr., alles für den Hof und das Zeughaus gelieferte um 1 gr. geringer bezahlt, von den Hammermeistern aber ein Teil geviertes und zwei Teile Senseneisen wöchentlich in die Kammer geliefert, jede Gattung bei zwei Gulden Strafe besonders gewogen und Niemanden davon ohne besonderen Be- fehl abgegeben werden. Die Hammermeister sollten ihr Gesinde auf ½ Jahr mieten, keinen Fremden ohne Kundschaft aufnehmen, nicht einer dem andern die seinen abspenstig machen oder mit ungebührlichem Lohn über- setzen. Wer aber vom Hüttengesinde, ohne seine Zeit auszuhalten und ohne seines Hammermeisters Abschied und Urlaub, weggelaufen war, sollte von andern Hammermeistern bei Strafe von zwei Gulden nicht aufgenommen und mit vier Wochen Gefängnis bestraft werden. Neben dem geschworenen Kohlenmesser sollte jeder Hammer- meister einen eigenen, im Amte vorgestellten und vereideten Kohlen- messer halten dürfen; die zugemessenen Kohlen aber von den Forst- beamten auf die Kohlenzettel verzeichnet und ein Verlust dieser Zettel mit 100 Körben Waldzins verbüsst, auch das Kohlholz nur von ½ zu ½ Jahren, wenn der Saft ein- und austritt, angewiesen werden, und kein Köhler einem andern Hammermeister, als dem er zu- gewiesen, verkohlen. Die Pirnaische Eisenkammer war schon früher errichtet, um hier alles auf den Pirnaer und Königsteiner Hämmern gefertigte Eisen gegen feste Preise anzunehmen und nach Notdurft wieder an Sachsen. die Bergwerke und die mit dem Zeughaus verbundene Dresdener Eisenkammer abzugeben. Im Jahre 1556/57 verrechnete die Pirnaische Eisenkammer eine Einnahme von 1114 Gulden 56 Groschen und 3 Pfennigen, wovon 20 Gulden 6 Groschen für Besoldungen abgingen; in den Jahren 1571 bis 1582 im Durchschnitt eine Einnahme von 745 Gulden 10 Groschen 6 Pfennige, als Unkosten aber 44 Gulden 19 Groschen 10 Pfennige, so dass der durchschnittliche Jahresertrag 700 Gulden 11 Groschen 8 Pfennige ausmachte, während der jähr- liche Verlag auf 6000 bis 10000 Gulden ausgeschlagen wurde. Am 31. August 1570 erliess Kurfürst August von Sachsen eine Verordnung, dass die Pirnaisch- und Königsteinischen Amts-Hammermeister hin- füro tüchtig und gut Eisen liefern sollen Siehe Codex Augusteus , Bd. II, S. 167. . 1583, als das Eisenwerk schon sehr ins Stocken geraten war, wurde im Amte Pirna 5861 Ctr. 1¼ Stein Stabeisen geschmiedet und daraus ein Gewinn von 671 Gul- den 2 Groschen 7 Pfennige erzielt. Auf den drei kurfürstlichen Hämmern konnte aber nach Paul Buchners , des Zeugmeisters, Berechnung wöchentlich 72 Centner auf jedem, auf allen zusammen 7344 Centner im Jahre geschmiedet werden. Um 1583 wurde der Kurfürst des grossen Verlages für die Eisen- kammer zu Pirna müde. Er will den Steinkauf den Gewerken überlassen mit samt dem Verlage, da doch nur Missbrauch mit demselben getrieben wurde, und die Schulden sich stets mehrten. Den Zehnten will er lieber in Natur sowohl vom Eisenstein als vom Eisen nehmen und den Handel ganz freigeben. Durch dieses Vorhaben wurde die Knappschaft in grossen Schrecken versetzt, denn ohne den sicheren Vorschuss aus der Kam- mer konnte sie sich nicht halten. In einer Bittschrift vom 9. Mai 1584 ersuchen die Gewerke den Kurfürsten dringend, den Steinkauf zu behalten, da sie sonst mit Weib und Kind verderben müssten. Dem Rat von Pirna war die Sache ebenso unangenehm, denn er fürchtete, dass sich mit der Kammer auch aller Eisenhandel fortzöge. Um die Sache zu retten, erbot er sich, die Kammer auf einige Jahre zu übernehmen, womit der Kurfürst sich einverstanden erklärte und dem Rat von Pirna die Kammer mit allen Vorräten gegen den dritten Teil aller Nutzungen einräumte. — Der Rat von Pirna weigerte sich nun aber, den Verlag und besonders den grossen Eisenvorrat von mehr als für 5000 Gulden um den Einkaufspreis zu übernehmen und verlangte die volle Berggerechtigkeit, worauf der Kurfürst den Verlag Sachsen. wieder behielt und weitere 2000 Gulden aus der Tranksteuer dafür anwies. Um den Vorrat los zu werden, befahl er 1585 in allen Städten, welche von früher her gehalten waren, ihren Eisenbedarf von der Eisenkammer in Pirna zu beziehen Es waren dies die Städte: Altenberg, Glashütte, Radeberg, Stolpen, Hayn, Meissen, Strehla, Mühlberg, Bilgern, Torgau, Lommatzsch, Döbeln, Mitweida, Leiss- nitz, Kaltitz, Frauenstein, Oschatz, Dippoldiswalde, Wilsdrufa und Wittenberg. , kein anderes Eisen als Pirnaisches zu beziehen. Die Räte der Städte suchten sich dem zu entziehen. Wittenberg z. B. gab an, dass die Bürgerschaft nicht so viel Eisen brauche, als ihr zugeteilt sei, ferner seien die Wege zu schlecht und zu fern, auch verarbeiteten ihre Schmiede lieber das wohlfeilere Eisen aus Schlesien und aus den Hämmern von Jüterbog. Alle diese vergeblichen Befehle und die Erfahrung, dass die Bergleute wie die Hammermeister sich mehr auf den Vorschuss als auf ihre Arbeit verliessen, so dass sie nicht selten mit sehr bedeuten- den Summen im Rückstande blieben, verleideten dem Kurfürsten die Lust zum Weiterbetriebe der Eisenwerke im Amte Pirna gänzlich, und so ging er auf den Vorschlag seines Zeugmeisters Paul Buch- ner ein, die Königsteiner Eisenhämmer in Kupferhämmer umzu- wandeln, was denn auch geschah. Noch in vielen andern Gegenden Sachsens waren Eisenwerke im Umgange. Hans von Schleinitz erhielt im Jahre 1577 für seinen in der Gegend von Freiberg gelegenen Hammer ein zehnjähriges Ver- bietungsrecht auf zwei Meilen, wonach aller Eisenstein in diesem Um- kreise nur an ihn geliefert werden durfte. Zu Lohmen befand sich eine Drahtmühle, welche die Eisen- kammer zu Pirna mit Eisen zu versehen hatte. (Pirnaische Eisen- und Hammerordnung von 1594 Siehe Codex August ., Bd. II, S. 227. . 1575 erhob sich ein Streit zwischen den Städten Zwickau und Annaberg, wegen des in diese Städte zu liefernden Eisens. Zwickau verlangte, dass zwei der Hämmer, die nach Annaberg fuhren, ihr Eisen nach Zwickau liefern sollten. Hierüber wurde lange verhandelt, aber Annaberg siegte und behielt seine Privilegien ungeschmälert. Zwickau war nach wie vor gezwungen, sein Eisen von Annaberg zu kaufen. Auf technische Verbesserungen war der Kurfürst besonders in den letzten Jahren seiner Regierung eifrig bedacht. Einem gewissen Jacob Söldner , der Vorschläge gemacht hatte, auch zum Schmieden sich Schlesien. hoher Öfen zu bedienen, beschenkte er mit 10 Gulden und befahl dem Schlösser zu Schwarzenberg, die Vorschläge, von denen er sich Vorteile für die Kammer erhoffte, mit den Hammermeistern zu prüfen. Den Bergschmieden wendete Kurfürst August von Sachsen seine besondere Aufmerksamkeit zu. Die Bergschmiede, welche auf den Bergwerken das Gezähe der Bergleute zu schmieden und im Stande zu halten, die Hunde zu beschlagen, das Fuhrwerk und auch das Maschinenwesen, soweit die Arbeit des Eisenschmiedes dazu er- forderlich war, in Ordnung zu halten hatten, spielten eine hervor- ragende Rolle auf den Bergwerken. Der Bergschmied, klug und welt- kundig, wusste alles und war das Orakel des schlichten Bergmannes. In der Bergschmiede, in welcher der Bergmann gern einkehrte, erfuhr man alle Neuigkeiten, von Krieg und Frieden, von der neuen Lehre des Wittenberger Mönches, von der Herrschaft, alles wusste der Berg- schmied, und wenn einer etwas zu klagen hatte, wusste er zu helfen, denn er verstand sich auf alle Krankheiten bei Menschen und Vieh. Dass er Geheimmittel besass, die sonst kein Mensch kannte, ja, dass es ziemlich ausgemacht war, dass er mit dem Bösen einen Bund hatte, erhöhte nur sein Ansehen. Für gutes Geld bekam man auch beim Bergschmied einen guten Trunk, nur durfte die Herrschaft nicht darum wissen. Dass die Bergschmiede von ihrer Wichtigkeit erfüllt waren und sich selbst als etwas Besonderes ansahen, ist nicht zu verwundern. Sie bildeten in dem bergwerkreichen Erzgebirge eine Zunft für sich und hielten an ihren alten Zunftgebräuchen mit besonderer Zähigkeit. Über ihre von Kurfürst August im Jahre 1564 geprüfte und neu bestätigte Ordnung haben wir bereits Seite 558 berichtet und dort auch namentlich die Form der Ladung durch Aus- schicken des Ringes erwähnt. Schlesien . Schlesien ist reich an Eisenerzen, und schon im frühen Mittel- alter wurde daselbst Eisen geschmolzen. Dennoch hat die schlesische Eisenindustrie in früherer Zeit keine hervorragende Rolle gespielt. Die Zugutemachung der Erze geschah in der einfachsten Weise in Rennherden. J. Gesners Beschreibung der schlesischen Luppen- Schlesien. feuer haben wir bereits S. 148 mitgeteilt. Schon im Jahre 1148 soll der Bergmeister Lorenz Angel bei Schmiedeberg Bergbau auf Eisenerz betrieben und dasselbe verschmolzen haben. Gewiss ist, dass Schmiedeberg im 13. Jahrhundert bereits bestand, dass es seinen Namen von den Eisenhütten, welche hier während des ganzen Mittel- alters in Betrieb und Ansehen standen, erhalten hat Siehe Mosch , a. a. O., Bd. I, S. 63. . Im Jahre 1479 war der Eisenbergbau daselbst noch beträchtlich. Bei der Belagerung des Raubschlosses Falkenstein, welches in diesem Jahre niedergerissen und geschleift ward, erging der Befehl, dass Schmiedeberg 20 Berg- leute mit Gezeug schicken solle; wo sie das nicht thäten, wolle man das ganze Heer auf sie legen. In der Mitte des 16. Jahrhunderts blühte die Eisengewinnung in Schmiedeberg noch; auf 11 Hämmern wurde damals ein sehr geschätztes Eisen bereitet, welches weit ver- fahren wurde. Nächst dem Schmiedeberger war das Girsdorfer Eisen wegen seiner Güte berühmt. Hirschberger Draht bildete einen Handels- artikel der Hanseaten im 15. Jahrhundert. In der Grafschaft Glatz gab es im Mittelalter einen Eisensteinbergbau, welcher Ursache der Erbauung des Dorfes Hammer ward, aber im Hussitenkriege wieder erlosch. In den Tiefebenen Schlesiens wurde schon im frühesten Mittel- alter Bergbau auf Raseneisenstein getrieben Siehe Mosch , a. a. O., Bd. I, S. 82. . Man grub das Erz aus den Sümpfen mit 2 Fuss tiefen Gruben. Tiefer konnte man des Wassers wegen nicht gehen. Sie schlämmten sich nach und nach wieder zu, so dass sie alle 10 Jahre wieder aufgegraben werden konnten. In den Sümpfen fand man in Eisenstein verwandelte Baum- stämme. Im Fürstentum Sagen und besonders um Priebus liessen sich 1597 Nach Worbs . wenigstens 16 alte Eisenhämmer nachweisen, von denen die meisten seit Jahrhunderten eingegangen sind; und in den Wällen des Schlosses Priebus, welches nicht jünger als aus dem 12. Jahr- hundert sein kann, findet man unter der Grundlage derselben Eisen- schlacken und ebenso in den Wäldern umher, wo gar kein Wasser fliesst. 1472 liess Herzog Hans von Sagan eiserne Feuerkugeln in die Stadt werfen. Es befand sich eine grosse Zahl von Luppenfeuern an der grossen und kleinen Tschirna. Der Eisenhandel von Sagan war nach handschriftlichen Nachrichten der älteste im Fürstentume. Man verführte aber nicht nur das Roheisen, sondern in Priebus wohnten auch eine Menge Sensen-, Sichel- und Messerschmiede, deren Schlesien. Waren auf die grossen besuchten Märkte nach Breslau, Frankfurt und Leipzig gingen. — Dieser Handel war für Sagan von grosser Wichtig- keit und blühte bis zum 30jährigen Kriege. Das Eisen, das an Güte dem schwedischen wenig nachgegeben haben soll, ging sogar zu Schiff in entfernte Länder. Namentlich aufgeführt Siehe Cramer , Beiträge zur Geschichte des Bergbaues in der Provinz Brandenburg, 1872 bis 1885, Bd. V, S. 159. werden Eisenwerke bei Lodenau (1481), Sänitz (1498), Horka (1499), Viereichen (1509), Muskau (1538). Christoph Winter , ein Eisengewerke (fabrilis) aus Sagan, be- sang sogar im Jahre 1554 die Eisenhüttenwerke des Fürstentums Siehe Nicolai Henelii ab Hennefeld „Silesiographia renovata“. War- schau 1704, Cap. III, S. 349. . Von dem Eisenhandel sagt er: Adspice vicinas praeclari nominis urbes, Urbibus his facti portatur copia ferri . Pleraque Francorum sortitam nomen ad urbem Ducuntur, veniunt spatiosis caetera terris Navigio. Hoc populis ac genti plurima nostrae Praesidio cumulatur opum vis divitiaeque, und von den Eisenhütten: … Nuper ut adspiciens aliquis stupefactus et ardens Hoc opus, excelsos montes miratur, et undas Ardentes humili solitas exire camino, Nasse volens, dictis famulos affatur amicis; Heu mihi quae, ô socii, tanta est hic copia ferri? Auch in der Bunzlauer Haide gab es nach einem der schlesischen Kammer im Jahre 1563 eingereichten Berichte Eisenwerke bei Klisch- dorf, Ölse und Modlau. In Oberschlesien soll das älteste Luppenfeuer im Jahre 1365 durch einen Böhmen erbaut worden sein. Noch im Jahre 1539 wurden auf den schlesischen Hütten die Blasebälge mit Zugvieh betrieben. Erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde die Benutzung der Wasser- kraft allgemeiner. Die Verwendung der Steinkohle zum Schmieden kam auch erst um diese Zeit auf. Die erste Nachricht darüber ist von 1594. Um jene Zeit gruben die Bauern die Steinkohlen auf ihrem Grunde gegen Entrichtung eines Zinses an die Landesherrschaft. Die erste Belehnung auf Steinkohlen geschah zu Altwasser 1584. Die Eisenerze waren auch in Oberschlesien kein Regal. Jeder Gruben- Brandenburg und Norddeutschland. gewerke verhüttete sein eigenes Erz, wenn er genug beisammen hatte, gegen Entrichtung eines Hüttenzinses. 1592 sollen schon Öfen zum Rösten des Eisensteines in Gebrauch gewesen sein. 1528 kostete ein Kubikklafter Röst- und Treibholz 3 Groschen Schlaglohn, 1557 aber 4½ bis 7 Groschen. 1557 kostete ein Schock Stopfhölzer 7 Groschen, 1662 aber 12 Groschen. Brandenburg und Norddeutschland. Auch in der Mark Brandenburg hatte sich schon früh auf dem verbreiteten Vorkommen von Raseneisenstein eine nicht un- bedeutende Eisenindustrie entwickelt. Zunächst befanden sich im Sorauer Kreis an der Grenze der Herrschaft Sagan viele Luppenfeuer. In prähistorischen Urnengräbern sind dort Eisenschlacken gefunden worden Siehe Cramer , a. a. O., Bd. V, S. 156 etc. . Es war dort derselbe Raseneisenstein vorgekommen, wie in Sagan. Man zog den leichtschmelzigen „Lindstein“ dem rauhen „Raudenstein“ vor. Für Gusseisen waren diese Erze aber nicht tauglich. Die Entwickelung und Vermehrung der Eisenhämmer fällt wahrscheinlich in die Zeit nach dem Aufhören der kurzen polnischen Herrschaft, nach dem Jahre 1034, als die deutsche Herr- schaft daselbst festen Fuss gefasst hatte. Der Hammer zu Droskau soll schon um das Jahr 1200 betrieben worden sein. Bemerkenswert ist auch die vielfache Verwendung des Eisensteins zu alten Bauten in Sorau Siehe Cramer , a. a. O., Bd. V, S. 165. . Viele alte Schlackenhalden von Luppenfeuern finden sich bei Tschirndorf; man nennt diese Eisenschlacken dort „Lech“. Der Hammer von Kausche gehörte 1521 einem Gregorius Seifarth , und der Hammer zu Spree wurde 1561 von Hans Specht gekauft. Auch im Kreise Lübben findet sich überall Raseneisenstein, der schon vor länger als 500 Jahren verschmolzen wurde. Es existiert noch ein alter Lehnbrief Kaiser Karls IV. über den Hammer zu Schlepzig aus dem Jahre 1374. Der Hammer, der danach schon vor dieser Zeit bestanden hatte, wurde damals an Hans Schenbub verliehen Siehe Verleihungsurkunde, abgedruckt in Cramer , a. a. O., Bd. V, S. 355. . Im 16. Jahrhundert war dieser Hammer im Besitze des Brandenburg und Norddeutschland. Grafen Albert von Schlick , der von 1540 bis 1554 dort Landvogt war. Das Eisen von Lieberose war berühmt wegen seiner Güte. Die Luppenfeuer im Kreise Kottbus, namentlich bei dem Dorfe Maus, sind gewiss so alt, wie die im Kreise Sorau (1200). Wie an vielen Punkten in der Lausitz ist das Rasenerz, wo es in grösseren dicken Stöcken, Kaulen oder Banken vorkam, auch hier häufig als Bau- und Mauerstein benutzt worden. Es findet sich in alten Mauerwerken, wie in den früheren Festungsmauern der Stadt Peitz und in alten Kirchthürmen, wie zu Kamptendorf und andern Dörfern der Umgegend von Peitz. Das Peitzer Hüttenwerk wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, wahrscheinlich schon zu An- fang desselben, erbaut. Markgraf Johann , ein eifriger Förderer des Artilleriewesens Artilleriae peritissimus fuit, nam non tantum formas tormentorum belli- corum statuere, sed et fusa tormenta ipse probare solitus est. — Lange , de statu princip. Märkische Forschungen, Bd. XIII, S. 442. , liess um 1554 dort Eisenkugeln giessen. Im Jahre 1567 wird er als Eisenhammer und Schmelzwerk erwähnt. Ebenso wurde urkundlich bereits 1440 zu Liebenwalde aus Sumpf- erz Eisen gewonnen. In diesem Jahre verlieh Markgraf Friedrich von Brandenburg dem Ritter Hans von Waldaw , der auf seinem Lehngute Schepforde zu Liebenwalde einen Eisenhammer erbaut hatte, das Recht, so viel Erz (isenerde) zu graben und Holz bei Liebenwalde zu fällen, als er für seinen Hammer bedürfe. Dieser Hammer lag bei der Neumühle unterhalb Riesenthal an der Fine unweit Oranienburg. Aus dem Jahre 1556 liegt die Verschreibung eines Eisenhammers an der polnischen Grenze im Kreise Friedeberg seitens des Mark- grafen Johann an den Hammermeister Michel Schindel vor. Der Hammer bestand schon vor dieser Zeit. — Zu Zehdenik an der Havel bestand schon 1438 ein Eisenhammer, welcher dem Hans von Arnim zu Lehen aufgetragen war. Unter Kurfürst Johann Georg liess der Geheimerat und Oberstwachtmeister Graf Rochus von Lynar im Jahre 1579 den Eisenstein bei Zehdenik untersuchen und 1580 Blech dort schmieden. Danach wurde hier ein Hochofen erbaut und Eisen gegossen. Auf der königl. Eisengiesserei in Berlin stand (1875) auf dem Hofe ein alter Mörser, der in Zehdenik gegossen war und folgende Aufschrift trug: Hilf o Herr Got in dieser Zeit deiner armen betr.vten Christenheit für dem Türck dem Erbfeind 1594. Henrich Kamgiesser. Brandenburg und Norddeutschland. Im Kreise Solden soll die älteste Eisenschmelze der Neumark zu Dölzig an der Mietzel im 14. Jahrhundert begründet worden sein. In Preussen und Pommern gab es auch Eisenwerke, denn auch hier waren in verschiedenen Gegenden die Bedingungen dafür ähnlich wie in Brandenburg vorhanden; man fand Raseneisenstein, und an Holzkohle aus benachbarten Waldungen war noch kein Mangel. In der Umgegend von Danzig entwickelte sich eine eigen- tümliche Eisenindustrie, auf welche wir schon hingewiesen haben, da- durch, dass der von Schweden eingeführte rohe Osemund in Hämmern zu guten Stabeisensorten ausgeschmiedet wurde. Auf dieser Grund- lage entstanden die Eisenhämmer bei Oliva, im Freuden- und Schwabenthal im Landkreise Danzig. In Hinterpommern wie in Vorpommern findet sich Raseneisenstein, und oft so nahe der Oberfläche, dass er beim Pflügen aufgeworfen wird. Für Luppenfeuer mit Handbetrieb waren die Verhältnisse günstig, für Wasserbetrieb fehlte es an ausreichenden Gefällen. In Hinterpommern wurden alte Eisenschmelzhütten bei Polzin betrieben. Bei Stargard, bei Dievenow an der Ostsee unweit Kamin und an der Mündung der Persante bei Colberg wurden die reichhaltigen Eisen- sande ausgenutzt. In Vorpommern waren alte Eisenschmelzwerke an der Ucker. Die Hütte bei Jasenitz bestand schon vor dem 16. Jahrhundert. Die Mönche des dortigen Klosters verschmolzen das Rasenerz, und alte Schlacken geben von dem früheren Betriebe Zeugnis. Dasselbe ist bei Torgelow der Fall. Herzog Ernst Ludwig bemühte sich eifrig für die heimische Eisenindustrie. Er liess den berühmten bergwerkskundigen Jo- hannes Rhenanus von Hessen kommen, der die Gegend unter- suchte und zu Anlagen eines Eisenhammers und Rennwerkes, nicht aber eines Hochofens riet. Die Hütte bei Torgelow entstand um diese Zeit. Auch liess der Herzog einen Hammer im Amte Ucker- münde bei der „neuen Mühle“ bauen, in welchem schwedischer Ose- mund verschmiedet wurde, doch rentierte sich derselbe nicht; die Kosten waren zu hoch. Überall auf der Darp, dann südlich von Greifswalde und im Kreise Demmin finden sich uralte Luppenschlacken bei dem Rasen- eisensteinvorkommen als Zeuge alter Betriebe. Noch reicher an Raseneisenstein ist das benachbarte Mecklen- burgische und Lauenburgische Gebiet. Das Landeisen von Bütow haben wir schon bei dem hanseatischen Handel erwähnt (s. S. 587). Belgien und Lothringen. Schon im Jahre 1282 wurde bei Stavenhagen Raseneisenstein ver- schmolzen; seit 1513 sind bei Grabow, seit 1544 zu Neustadt, seit 1609 im Amte Dömitz Eisenhütten geschichtlich bekannt. Auch in dem westlichen Norddeutschland sind Raseneisensteine besonders in den Flussthälern verbreitet, im nördlichen Westfalen an der Emscher und Lippe, in Hannover, besonders in den Landdrosteien Osnabrück und Lüneburg , an der Ems, Ilmenau, Jeetze und Luhe, sowie in Oldenburg. So lange der Rennwerksbetrieb sich noch rentierte, waren in allen diesen Gegenden kleine Eisenschmelzwerke zerstreut, deren Alter in prähistorische Zeit zurückreicht (s. Bd. I). Für die Geschichte der Entwickelung der Eisenindustrie bieten diese kleinen Luppenfeuer ein grösseres Interesse nicht dar. Belgien und Lothringen . Zu Deutschland gehörte auch in der ersten Hälfte des 16. Jahr- hunderts noch das Gebiet, welches jetzt das Königreich Belgien bildet und das für die Geschichte des Eisens von hervorragendem Interesse ist. Durch die Heirat Maximilians mit Maria von Burgund war dieses Land an Österreich gefallen. Im Mittelalter hatte Flan- dern und Brabant ebenfalls zu Deutschland gehört. Lüttich, sowie die reiche Handelsstadt Dynant, wurden in den Registern des Londoner Stahlhofes immer als in Allemanien gelegen aufgeführt. Aus diesem Grunde teilen wir die Geschichte seiner Eisenindustrie an dieser Stelle mit. Es war insbesondere das Gebiet des Fürstbischofs von Lüttich , die Grafschaft Namür und der Hennegau , reich gesegnet mit Eisenerzen, Waldungen und Wassergefällen. Die Nähe der reichen flandrischen Städte war dem Absatz äusserst günstig. So waren alle Bedingungen für eine blühende Eisenindustrie gegeben, deren Anfänge in sehr frühe Zeit zurückreichen. Schon zur Zeit der Römerherrschaft wurde hier Eisen gewonnen (Bd. I, S. 531). Im 10. Jahrhundert war die Eisenindustrie schon so bedeutend, dass sie exportieren konnte. 983 wird bereits Lütticher Eisen genannt. Noch grössere Bedeutung erlangte die Lütticher Eisenindustrie Ende des 12. und im 13. Jahr- Beck , Geschichte des Eisens. 54 Belgien und Lothringen. hundert. In der Stadt Lüttich blühte die Schmiedekunst, namentlich die Waffenschmiedekunst, während in dem benachbarten Gebiete, be- sonders in der Markgrafschaft Franchimont, die Eisengewinnung und Bereitung zu Hause war. In beiden Gebieten schlossen sich die Eisenarbeiter in Zünfte und Genossenschaften zusammen. Die alte Lütticher Schmiedezunft führte den Namen „corporation du bon Métier des Febvres“. Wie angesehen dieselbe war, geht unter Anderem daraus hervor, dass Le sire d’ Himbercourt , der Befehlshaber der Belagerungstruppen bei der ersten Belagerung Lüttichs durch Karl den Kühnen 1467, sich in einer Ansprache, in der er die Stadt zur Übergabe auffordert, rühmt (als früherer Gouverneur der Stadt), ein Mitglied der Schmiedezunft gewesen zu sein: Ne suis-je pas un de leurs confrères? J’ai été reçu du métier des forgerons: ils m’ont vu portant la robe de livrés de leur corporation et marchant sous leur bannière ( Barante , histoire des ducs de Bourgogne, XVII, p. 82). Nach einer Überlieferung sollen die Waffenschmiede aus Aachen nach einer grossen Feuersbrunst nach Lüttich übergesiedelt sein. Die Eisenerze dieses Gebietes, die besonders in der Grafschaft Namür reichlich vorkommen, treten in dem Kalke des Kohlengebirges in der Regel im Kontakt mit Schiefer auf. Es ist vorherrschend Brauneisenstein, doch finden sich nördlich von Namür auch bedeutende Roheisensteinlager aus blaugrauen Körnern zusammengesetzt und als fer oligiste violet bezeichnet. Sehr früh werden Gruben bei Huy und Landroz genannt. Das Ausschmelzen der Erze geschah auch hier ursprünglich in Luppenfeuern. Als man dazu überging, die Wasserkraft zu benutzen, zogen sich die Eisenhütten in grosser Zahl in die Thäler der Vesdre, Ourthe, Amblève und Hoyoux, alles Nebenflüsse der Maas im Gebiete von Lüttich. Hier und in der Grafschaft Namür sollen denn schon früh Stücköfen eingeführt worden sein, die durch Erhöhung zur Er- findung des Gusseisens und zum Hochofenbetriebe geführt hätten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Hochofenbetrieb in Lüttich und Namür sehr früh in Anwendung gekommen ist; das frühe Vor- kommen gusseiserner Geschützkugeln und Geschütze in den reichen flandrischen Städten Siehe Bd. I, S. 912. spricht dafür. Auch Karsten sagt in seiner Eisenhüttenkunde 3. Auflage von 1841, Bd. I, S. 98. in Bezug auf Belgien: „die Eisenfabrikation hat in den zu diesem Reiche gehörenden Landesteilen ohne Zweifel einen Belgien und Lothringen. sehr frühen Anfang genommen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass hier, — und vielleicht gleichzeitig in Lothringen und im Elsass, — die ersten wichtigen Schritte zur Vervollkommnung der Eisenfabri- kation, durch Einführung der Hochöfen gemacht worden sind. Da- gegen geht Franquoy J. Franquoys Schrift: Des Progrès de la Fabrication du fer dans le pays de Liège 1861, ist zwar von der Société libre d’émulation de Liège preis- gekrönt worden, wimmelt aber von Fehlern und Widersprüchen. darin, dass er in patriotischem Übereifer alle Fortschritte der Eisenindustrie vom 10. bis zum 17. Jahr- hundert Lüttich zuschreibt, viel zu weit. Wir geben die von ihm mitgeteilten Thatsachen, für welche er keine Quellen anführt, nur unter Reserve, seine übertriebenen Schlussfolgerungen lassen wir un- berücksichtigt. Nach Franquoy wäre der Eisenguss im Gebiete von Lüttich und Namür schon im Anfange des 13. Jahrhunderts erfunden worden (!) (S. 21). Er nennt verschiedene mittelalterliche Hütten, in denen flüssiges Roheisen teils zum Frischen, teils zum Guss erzeugt worden sei, und doch behauptet er an anderer Stelle wieder ebenso bestimmt, die ersten Hochöfen seien in Lüttich um das Jahr 1500 entstanden (S. 36). Letztere Angabe ist glaubhaft, und könnten wir annehmen, dass die zuvor erwähnten Schmelzöfen „Fourneaux“ Stücköfen gewesen seien, wenn dies nicht in direktem Widerspruche mit anderen seiner Mitteilungen stände. S. 43 sagt er: Der älteste Schmelzofen (four- neau) ist wahrscheinlich der, welcher 1340 zu Marche-les-Dames von Wilhelm, Graf von Namür, errichtet wurde. Er war für die Dar- stellung von Frischereiroheisen (fonte d’affinage) bestimmt. Diese Hütte, welche gleichzeitig die Frischfeuer zur Behandlung der Mas- seln (gueuse) enthielt, war bis zum Ende des ersten Kaiserreiches in ununterbrochenem Betriebe. Um diese Zeit kam sie in die Hände des Meisters Jaumenne und wurde die Musterhütte des Kaiser- reiches. Die Entstehung der Hütte von Grivegnée scheine vor das Jahr 1400 zu fallen und wäre gleichzeitig mit der des Ofens von Vennes. Die ersten Meister dieser Hochöfen sollen die Erfinder des Ofen- gusses gewesen sein. Gegen das Jahr 1500 erhielt das Werk, welches als fourneau bezeichnet wurde, einen Eisenhammer. „Der bekannte Ofen von Ferrières scheint vor dem Jahre 1468 errichtet worden zu sein.“ (S. 79 heisst es: „Diese Hütte ist sehr alt. Es ist gewiss, dass daselbst im Jahre 1340 schon ein Hochofen existierte!“) „Wie die beiden vorerwähnten, diente er zu allen Zeiten 54* Belgien und Lothringen. zur Produktion von Gusswaren. Die Natur der Erze der Nachbar- schaft begünstigte diese Industrie.“ „Was die Hütte von Dieupart am Amblève betrifft, so reicht sie in so entfernte Zeiten zurück, dass ihre Entstehungsurkunden (titres) längst verloren sind. Aller Wahrscheinlichkeit nach stammt sie aus dem 15. Jahrhundert. Sie enthielt einen Hochofen und zwei Frisch- hütten. Auch der Hochofen mit Frischfeuer bei Colonstre ist ein altes Werk.“ Es wird in einer Urkunde von 1642 „une vieille usine“ genannt. Ebenso war der Hochofen von Spa sehr alt. Es war der erste, auf welchem die gusseisernen Töpfe gemacht wurden. Natürlich schreibt der Verfasser mit der Erfindung der Hochöfen auch die Erfindung des Frischens den Schmieden des Lütticher Landes zu und erklärt die Wallonschmiede für den ältesten Frischprozess. Dass die Eisenfabrikation eine grosse Rolle im Lütticher Lande spielte, wird durch andere Thatsachen bewiesen. Dynant und Lüttich nahmen durch ihren grossen Handel mit England eine hervorragende Stellung in London ein. Sie hatten ihre eigene Halle und Waren- häuser, und wenn sie sich auch später der Hansa und dem deutschen Stahlhofe anschlossen Siehe Lappenberg , Urkundl. Geschichte des deutschen Stahlhofs. Ham- burg 1851, S. 35 etc. , so bewahrten sie sich doch ihre Selbständig- keit. Eisen und Eisenwaren waren Ausfuhrartikel der Lütticher, ob- gleich in dem alten Brüggeschen Warenverzeichnisse aus dem 13. Jahr- hundert nur die Kupferschmiedewaren von Lüttich aufgeführt werden (S. 584). Lüttich war im 14. Jahrhundert berühmt durch Reichtum und Bildung. Petrarka schreibt 1339 bewundernd: „ich habe Lüttich gesehen, die durch Wissenschaft ruhmreiche Stadt“. Die Zahl, die Macht und die Bedeutung der Eisenschmiede im Lütticher Lande trat deutlich zu Tage in dem grossen, erbitterten Kampfe Karls des Kühnen von Burgund gegen Lüttich. Die Eisen- schmiede von Franchimont bildeten die wichtigste Abteilung des Ver- teidigungsheeres bei der grossen Belagerung von Lüttich im Jahre 1469 und waren berühmt als die tapfersten und todesmutigsten Streiter. Sie machten einen Ausfall, überfielen das Lager des Herzogs von Burgund, und sowohl dieser als König Ludwig XI. von Frank- reich entgingen nur mit knapper Not der Gefangenschaft oder dem Tode. Als deshalb Lüttich gefallen war, wütete Karl der Kühne mit erbarmungsloser Grausamkeit, mit Schwert und Bann gegen die Eisen- Belgien und Lothringen. schmiede von Franchimont, ihre Hütten und ihre Angehörigen. Comines , der Zeitgenosse und Begleiter der genannten Fürsten, schreibt darüber In seinen Mémoires sur l’histoire de Louis XI., 1524. Deutsch Frankfurt 1643, S. 161. : „nun musste des Herzogs Volk alles zu Fuss in Franchimont gehen, der Enden gar keine verschlossene Stadt ist, sondern lauter Flecken und Dörfer. So lagert sich der Herzog in die fünf Tage lang in einem Thal und Flecken, Polence genannt, sein Kriegsvolk aber teilte sich in zwei Haufen und griffen die un- seligen Einwohner mit allem Ernst an, schlugen alles tot, was sie antrafen und plünderten sie hin und wider in Hölzern, verbrannten die Häuser und Flecken und verderbten alle ihre Eisenschmieden, Schmelzhütten und Hämmer , von welchen sie ihre grösste Nah- rung haben. — Dazu war der Winter so streng, dass viel Wunders davon zu schreiben. Über 40000 kamen bei dieser schrecklichen Be- lagerung um, und ein grosser Teil davon waren Eisenarbeiter“. — Ist diese Stelle ein deutlicher Beweis für die Bedeutung der Eisenindustrie in Franchimont, so beweist sie dagegen nichts für die Anwendung von Hochöfen in jener Zeit; unter Schmelzhütten sind wahrscheinlich Rennwerke, vielleicht Stückofenhütten, zu verstehen. Gurlts Angaben, dass 1345 die Hochofengussindustrie bei Namür schon sehr entwickelt gewesen sei, und dass Karl der Kühne von Burgund daselbst 1460 (!) durch seine Soldaten 35 Hochöfen habe zerstören lassen, entbehren, abgesehen von der unrichtigen Zeitangabe, jedes Quellennachweises und jeder Wahrscheinlichkeit Siehe D. A. Gurlt , die Bergbau- und Hüttenkunde, eine gedrängte Dar- stellung der geschichtlichen und kunstmässigen Entwickelung des Bergbaues und Hüttenwesens. 2. Aufl., Essen 1879, S. 128. Der Verfasser hat augenscheinlich seine Behauptungen der erwähnten Schrift Franquoys entnommen, aber ohne Sorgfalt, denn die „35 Hochöfen“ in Namür, welche Karl der Kühne 1460 zerstört haben soll, erwähnt Franquoy erst 1585 (l. c. S. 39). Gurlt übertrifft in seinem Bestreben, die Erfindung des Ofengusses möglichst weit zurück zu datieren, noch den belgischen Patrioten Franquoy . Nach Gurlt sind die Hochöfen Ende des 13. Jahrhunderts im Elsass entstanden. . Zu grosser Blüte gelangte die Lütticher Eisenindustrie im 16. Jahr- hundert. In diesem Jahrhundert wurde der Eisensteinbergbau durch Berggesetze und Ordnungen geregelt. Die älteste Beleihung auf Eisen- stein, welche vom Fürstbischof von Lüttich erteilt wurde, stammt aus dem Jahre 1567 und wurde Nicolaus Latour auf Eisenerze in der Gemarkung Seraing gegeben. Weitere Verleihungen auf Eisenstein sind bekannt von 1573 in der Gemeinde Prayon, 1585 zu Tilff und 1600 zu Socemagne. Belgien und Lothringen. Die Eisenfabrikation war in der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts sehr bedeutend, 1585 zählte man, wie bereits erwähnt, in der Herrschaft Namür 35 Hochöfen und 85 Frisch- und Hammer- hütten Siehe Franquoy , a. a. O., S. 39. Gurlt giebt hierfür das Jahr 1460, Jeans in Iron and Steel, S. 265, das Jahr 1560 an; letztere Zahl findet sich auch in Kerpelys Fortschritten des Berg- und Hüttenwesens, 1875, S. 2. . Botero , der Ende des 16. Jahrhunderts seine Weltbeschreibung veröffentlichte, rühmt den Eisenreichtum des Hennegaus und erwähnt der frühen Verwendung der Steinkohle durch die Schmiede von Lüttich. Er sagt, in Haynault oder Hennegew seien viele Bergwerke von Blei und Eisen zu finden. „Man gräbt und findet auch daselbst eine sonderbare Gattung Stein, die sind schwarz und brennen, wenn sie angelegt werden wie ein Koln: woher sie auch den Namen empfangen haben, dass sie „Steinkoln“ genannt werden Siehe Botero , Erdbeschreibung, deutsch 1596, S. 77. .“ Von Lüttich aber berichtet er: „man gräbt auch daselbst die Steinkohlen schier unter dem Fluss der Maas; mit denselbigen wird nicht allein das Land versehen, sondern es werden auch davon für viele tausend Kronen anderswohin geführt. Dieser Stein ist solcher Art und Natur, dass er durch Wasser angezündet und durch Öl ausgelöscht wird.“ Wir haben schon früher erwähnt, dass der Steinkohlenbergbau bei Lüttich sehr alt ist (Bd. I, S. 769). 1487 wurde daselbst der „Paix de St. Jaques“, die erste Steinkohlenordnung, erlassen. Dass der Kohlenexport Lüttichs schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts be- deutend war, geht unter anderm daraus hervor, dass der bekannte Johannes Rhenanus bei seinen Versuchen in Allendorf in Hessen, Salzsohle mit Steinkohle einzusieden, zuerst Lütticher Kohle bezog, wie er sich auch in Lüttich über die Verwendung der Steinkohle zuerst informierte. Welches hohe Selbstgefühl die Lütticher Eisenschmiede schon zu Boteros Zeit besassen, geht aus der von diesem mitgeteilten Lütticher Redensart hervor: „ihr Eisen sei härter als Eisen und ihr Feuer hitziger denn Feuer“. Sehr gross war die Zahl der Nagelschmiede in der Umgebung von Lüttich, die durch mancherlei Privilegien geschützt waren. Blech- hämmer entstanden schon früh in den Thälern der Ourthe, Vesdre und Hoyoux. Breithämmer (spadarts) wurden ebenfalls Ende des 16. Jahrhunderts in Belgien angelegt. Von Namür berichtet Bruck- Belgien und Lothringen. mann Magnalia Dei , II, 2 f. und ferner: Celebratur civitas Namuricum ob ferri praestantissimi copiam, cujus metalli in Arduenna silva, quae hic proxime ad alteram Mosae fluminis ripam est, officinas multas habet. : Namür (Namuricum), eine Grafschaft, die Berge dabei sind voller Eisen und Bley-Erzt, schwarzem Marmor und Steinkohlen- gruben, welche den Bergleuten und Schmieden sehr wohl zustatten kommen, wie denn sehr viel Stahl und Eisen von hier anderwärts verführt wird. Die beträchtliche Eisenausfuhr aus dem Gebiete von Lüttich, Namür und dem Hennegau wurde durch die reichen flandrischen Hansastädte zumeist vermittelt. Nach Brügges Rückgang hatte An- torff (Antwerpen) einen grossartigen Aufschwung genommen und war der wichtigste Seehandelsplatz geworden. Botero sagt, „Antorff sei vor dem niederländischen Kriege so gewerbreich gewesen, dass in einem Monat mehr da geworben und gehandelt worden sei, als in Venedig in zwei Jahren“. Brüssel war berühmt durch seine Plattnerarbeiten, be- sonders seine Panzer. Huy, Viset, Mecheln und Namür lieferten alle Arten Schlosserarbeit. Von Luxemburgs Eisenindustrie, die jetzt eine so ausserordent- liche Rolle spielt, wissen wir nur wenig zu berichten. Die Erzlager, die jetzt den Eisenreichtum Luxemburgs ausmachen, wurden in früherer Zeit nur wenig ausgenutzt. Deswegen bestand doch wohl in Luxemburg bereits im Mittelalter eine Eisenindustrie, und es ist nicht unmöglich, dass Ofenplatten, welche im 16. Jahrhundert in all- gemeiner Anwendung waren und von denen Hr. Metz in Esch eine so grosse Anzahl im Luxemburgischen gesammelt hat, auch schon damals teilweise im Lande selbst gegossen wurden. Die Eisenindustrie Lothringens ist nachweisbar sehr alt, den- noch sind bestimmte Nachrichten darüber bis jetzt kaum veröffent- licht. Der westliche Teil, der in das Maasgebiet fällt, hat ähnliche geognostische Verhältnisse wie Luxemburg; er ist reich gesegnet mit der „Minette“, dem oolithischen Erz, der Lias- und Juraformation, welches jetzt eine so wichtige Eisenquelle geworden ist, im Altertum aber nur wenig beachtet worden zu sein scheint. Dagegen wurden die dem unteren Lias angehörigen Brauneisensteinlager des Mosel- gebietes nachweislich schon im frühen Mittelalter ausgebeutet. Der Eisenerzbergbau der Grafschaft Vaudemont geht bis in das 12., der bei Hayingen in das 13. Jahrhundert zurück. Herzog Renné II. er- liess am 4. Juli 1486 die erste ziemlich vollständig erhaltene Berg- ordnung, betreffend die Bergwerke der Vogesen. Hier, wie im Elsass, Italien, Spanien und Frankreich. sollen schon im 15. Jahrhundert eiserne Öfen gegossen worden sein. Urkunden aus dem 15. Jahrhundert sprechen bereits von den „grosses- forges“ bei Moyeuvre (Hayange) und Ottange, wie denn auch der lothringische „fondeur“ als sehr geschickt im Schmelzwesen galt. Der genannte Herzog Renné hatte sämtliche Bergwerke einem Unter- nehmer Conrad Klotz von Kaisersberg übertragen, dabei aber schlechte Geschäfte gemacht Siehe Koch in der Zeitschrift für Bergrecht, Bd. XIII, S. 454. . 1525 kam der Silberbergbau in Lothringen zu hoher Blüte, wodurch auch die Eisenindustrie neue Anregung erhielt. Italien, Spanien und Frankreich . Wir wenden uns nun, indem wir zu der Geschichte des Eisens in den ausserdeutschen Ländern übergehen, zu den romanischen Staaten Südeuropas, deren Kulturentwickelung der der nord-euro- päischen Staaten vorausging, und zwar zuerst zu Italien . Dessen höheres Alter der Kultur hatte eine für die Eisenindustrie nach- teilige Folge durch die frühere Entwaldung, welche einen empfind- lichen Kohlenmangel zur Folge hatte und der Ausdehnung des Eisenhüttenwesens hindernd im Wege stand. Auf der Insel Elba , der Eisenschatzkammer Italiens, war dieser Holzmangel schon in der Blütezeit des römischen Reiches eingetreten, denn Diodor be- richtet, dass man die Eisenerze auf der Insel nur zu schwammartigen Stücken einschmelze, diese dann in Schiffsladungen nach dem Fest- lande bringe, wo sie in an der Küste zerstreuten Werken zu Handels- eisen ausgeschmiedet wurden (Bd. I, S. 536). Es war dies genau dieselbe Arbeitsteilung, wie sie sich im Mittelalter bei dem Stück- ofenbetriebe am Erzberge in Steiermark herausgebildet hat. An Eisenerz hatte Italien keinen Mangel, und Biringuccio preist den Reichtum und die Güte seiner Erze. — Das wichtigste Eisenerzvorkommen Italiens, und eins der merkwürdigsten der Welt, ist auf Elba, wo schon seit den Zeiten des Aristoteles und lange darüber hinaus ununterbrochen Eisen gewonnen wird. Es ist Eisen- glanz in verwittertem, eisenreichem Glimmer- oder Chloritschiefer Italien, Spanien und Frankreich. (verrucano) eingebettet und von jüngeren, wahrscheinlich tertiären Schichten von Schiefer, Sand und Kalk überlagert. Der krystallinische Eisenglanz, der zuweilen in dichten Roteisenstein oder Eisenrahm übergeht, ist am Ausgehenden in Brauneisenstein, an einzelnen Stellen auch in Magneteisenstein umgewandelt. Die Erze halten im Durch- schnitt 55 bis 60 Prozent Eisen Siehe Percy-Wedding , Eisenhüttenkunde, Bd. I, S. 423. . Die Hauptgewinnungspunkte sind bei Rio-marina, sodann bei Rio-Albano, Terranera und am Capo Calamita. Von Alters her ver- sorgt Elba die toskanischen Eisenhütten mit Erz. Wie das Ver- hältnis im 16. Jahrhundert war, schildert uns Biringuccio Siehe Biringuccio , Pyrotechnia, Libr. I, Kap. VI, S. 45. : „Eisenerze sind in unserem toskanischen Gebiete sehr bekannt, weil es sehr nahe bei der Insel Elba liegt, worin ein solcher Überfluss davon und solcher Reichtum ist, dass diese Insel jeden andern Ort darin übertrifft und mit ihrem Eisen alle Gegenden Toskanas und die umliegenden Gebiete versorgt. Ja, es versieht reichlich mehr als zwei Drittel von Italien bis nach Sizilien und Korsika, und vielleicht auch noch auswärtige Länder, damit. Obendrein ist das Erz hier von so grosser Güte, dass man sich an andern Orten Italiens nicht viel Mühe giebt, danach zu graben, obgleich offenbar an vielen Orten des hiesigen Landes nach den Anzeigen und Funden ähnliches Erz ist, welches man in grosser Menge finden könnte. In Anbetracht der Güte des Stoffes, der Leichtigkeit der Gewinnung, abgesehen von der Sicherheit der angelegten Kosten, welche man nur in dem Masse sich macht, als man etwas Erwünschtes zu erreichen gedenkt, zieht man es vor, das Nachgraben an andern Plätzen zu unterlassen.“ Birin- guccio wiederholt dann die alte Fabel, dass die Erze von Elba nach- wüchsen. „Ich kann unter andern Lobeserhebungen nicht umhin, eine merkwürdige Sache zu erwähnen, nämlich: durch die Menge, die in so vielen Jahrhunderten davon gegraben wurde und noch gegraben wird, müssten nicht nur seine Berge, sondern zwei Inseln wie diese erschöpft sein, und nichtsdestoweniger gräbt man heute mehr und besseres Erz, als man jemals grub, so dass die Meinung Vieler ist, es erzeuge sich immer von Neuem, worin sich eine grosse Einrichtung der Natur und eine grosse Macht des Himmels offenbart.“ Dieses treffliche Erz lässt sich so leicht ausschmelzen, dass man dazu nur eines gewöhnlichen Schmiedefeuers bedurfte. Es gab vorzügliches Eisen, aber keinen Stahl. An der ganzen westlichen Küste Italiens Italien, Spanien und Frankreich. lagen Rennwerke zerstreut, welche Elbanisches Erz verschmolzen. Indessen blieben doch auch die zahlreichen Erzvorkommen des Fest- landes nicht ganz unbenutzt liegen. In Toskana selbst, obgleich dort hauptsächlich Erz von Elba verschmolzen wurde, gewann man in den Apuanischen Alpen Eisenerz und verschmolz es mit Elbanischem Erz. Biringuccio bezeugt dies, indem er berichtet, dass er selbst als Hüttenmeister des Fürsten Pandolfo auf den Eisenhütten im Thale Boccheggiano mit bestem Erfolge die Erze der Nachbarschaft mit Elbanischem Erz verschmolzen habe. Toskana ist bekannt- lich reich an Eisenstein, der hauptsächlich in Gängen auftritt Siehe Percy-Wedding , a. a. O., Bd. I, S. 423. . Bemerkenswert sind die Gänge von Frigido bei Massa mit Magnet- eisenstein in körnigem Kalk; die von Corsinella bei Stazzema mit Roteisenstein im Lias-Marmor; die von Val de Castello mit Braun- und Magneteisenstein, und die am Tambura im Arnothal mit Rot- eisenstein; sodann die zahlreichen kleinen brauneisensteinführenden Gänge von Massetano im Kreidegebirge und der grosse Brauneisenstein- gang von Montevalerio unterhalb Campiglia in jurassischen Schie- fern. — Biringuccio waren die sehr verschiedenen Eisensteinsorten wohl bekannt, und da er in seiner Beschreibung derselben ihren grösseren oder geringeren hüttenmännischen Wert anführt, waren die- selben also auch im Ofen probiert worden. Aus Biringuccios Schilderung ersehen wir ferner, dass zu seiner Zeit auch bereits Stücköfen in Anwendung waren. Dies wird besonders in Norditalien der Fall gewesen sein, wo der Betrieb mit dem der benachbarten österreichischen Alpenländer ganz ähnlich gewesen zu sein scheint. Auch die Erze des italienischen Alpengebietes haben grosse Ähnlichkeit mit den steierischen und kärntnerischen. Es sind Gänge von mangan- reichem Spateisenstein in Thonschiefer. Dieser Art sind die Erze in dem Gebiete zwischen dem Flusse Caffaro und dem Comersee, welche am Ausgehenden in Brauneisenstein umgewandelt sind. Schon zur Römerzeit war Como berühmt durch sein Eisen. Seit ältester Zeit wurde in den Alpenthälern zwischen dem Como- und dem Gardasee Eisen gewonnen und geschmolzen. Dieser Betrieb fand in den sieben von Westen nach Osten ziehenden Parallelthälern statt. Es sind dies das Thal des Comersees, das von Sassira, von Bembrana, von Serisna und von Camonica, in dessen südlicher Verlängerung der See von Iseo liegt, ferner die Thäler von Trompio und Sabbio. Ebenso sind Sondrio, Bergamo und Brescia alte Eisenindustriebezirke Norditaliens. Italien, Spanien und Frankreich. Besonders berühmt war im Mittelalter Brescia, nicht nur durch seine eigene Eisengewinnung und Verarbeitung, sondern auch durch seinen Stahlhandel als Stapelplatz des Stahls und des Eisens der Lom- bardei, von Kärnten, Krain u. s. w. Biringuccio erwähnt ein Hüttenwerk bei Brescia, indem er sagt, das Elbanische Erz brauche nicht das mächtige Feuer von grossen Hochöfen zu seiner Reinigung, wie bei vielen andern, be- sonders in Italien, bei denen im Gebiete von Brescia, im Thale von Camonica. Garzoni erwähnt noch das Eisen von Zoldo Bellunense. Dass der Eisenguss in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Italien schon bekannt war, erwähnt Biringuccio wiederholt, es gab also auch schon Hochöfen, und zwar wahrscheinlich niedrige, mit geschlossener Brust. Das Alpengebiet zwischen Comer- und Gardasee, welches als die Bergamaskischen Alpen bezeichnet wird, war die alte Heimat der Bergamaskschmiede, jenes Frischverfahrens, welches sich von hier nach Westen verbreitet hat und namentlich in Frankreich ausgedehnte Anwendung gefunden hat. Die eigentümliche Betriebsweise hat sich in diesen abgelegenen Thälern in wenig veränderter Form bis in die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts erhalten. Da wir durch Birin- guccio wissen, dass im Thale Camonico schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Hochöfen betrieben wurden, so dürfen wir wohl annehmen, dass auch damals schon der ganze Betrieb dort in An- wendung war, wie ihn Audibert im Jahre 1844 gefunden hat Siehe Annales des mines, 4. Ser., Bd. I, S. 613. . Die Hochöfen, deren es in den oben genannten sieben Thälern da- mals 15 gab, hatten kein Gestell. Es waren Blau- oder Flossöfen mit geschlossener Brust und viereckigem Querschnitt. Alle waren nach einem Muster gebaut und 7,2 m hoch. Die Form lag in der Vorwand, wo sich auch der Eisen- und Schlackenabstich befand. Der Kohlensack lag in der halben Höhe des Ofens, war quadratisch und hatte 1,62 m Seitenlänge. Die Gichtöffnung bildete ein Rechteck von 0,75 und 0,50 m Seitenlänge; der Boden war 0,45 m im Quadrat. Die Form war 45 Grad in den Herd geneigt, endete aber vor der Formöffnung im Mauerwerk. Der Boden der Form ruhte auf einer horizontalen Schieferplatte (bracciolo genannt), welche etwa 4 cm vor den vorderen Rand der Formmündung vorsprang. Das Rauh- mauerwerk des Ofens bestand aus Talkschiefer. Die reichen Eisen- erze, welche verschmolzen wurden, liess man 6 bis 7 Jahre an der Italien, Spanien und Frankreich. Luft in Haufen liegen, wobei sie künstlich bewässert wurden. In der Regel schmolz man Spiegel- und luckigen Floss. Ersterer, der in sehr schönen, grossen Flächen spaltete, fiel in der Regel, nur gegen Ende der Kampagne machte man luckigen Floss, der viel geringer geachtet wurde. Graues Eisen, aus welchem man Gusswaren her- stellte, fiel nur zu Anfang der Hüttenreise. Das Roheisen wurde nach der bergamaskischen Frischmethode verfrischt, doch hatte fast jedes Thal sein eigenes, etwas abweichendes Verfahren. Das Stabeisen, welches dabei erzeugt wurde, war sehr gut und etwas stahlartig. Es ging besonders nach Brescia, wo es von den Waffenschmieden verarbeitet wurde. Berühmt in ganz Italien waren die Radreife von Sovere in Val Camonico und der Draht von Lecco. In Piemont und Savoyen war alter Eisenhüttenbetrieb, der mit dem von Süd-Frankreich und Korsika grosse Ähnlichkeit hatte. Wir haben die Korsikanschmiede schon im ersten Bande ausführlich be- schrieben. In Piemont wurde in den Thälern von Sesia und Aosta auf Spateisenstein, zu Cogni und Traversella auf Magneteisenstein ge- baut, der in zahlreichen Rennherden verschmolzen wurde. Die Eisenproduktion Italiens deckte ebensowenig im Mittelalter wie im Altertume den eigenen Bedarf. Man importierte Eisen von Spanien, besonders aber von den eisenreichen österreichischen Alpen- ländern. Dagegen exportierten die gewerbreichen italienischen Städte feinere Schmiedewaren, insbesondere Waffen. Mailand hat seinen Weltruhm als Waffenbezugsplatz sich schon während der Kreuzzüge erworben, und im späteren Mittelalter blühte die Waffen- schmiedekunst, namentlich die Plattnerkunst daselbst. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde es von Augsburg und Innsbruck zum Teil überflügelt, immerhin blieb seine Waffenausfuhr, z. B. nach England, auch im 16. Jahrhundert bedeutend. Botero rühmt die Waffenschmiede von Seravalle, zwischen Genua und Alessandria, welches im 16. Jahrhundert sich sehr ausgedehnt habe. Zu der Güte der Waffen trage das Wasser der Messola wesent- lich bei. Die Piemontesen zeigten wenig Kunst und Anmut in Waffen. Das einst so berühmte Aquileja sei durch Venedig verarmt. Das hochentwickelte Kunstgewerbe in Italien übte den grössten Einfluss auf die Schmiedekunst. Wir haben bereits erwähnt, dass die grössten Künstler Italiens es nicht verschmähten, Entwürfe für die Kunst- und Waffenschmiede zu machen, dass Benvenuto Cellini einige seiner grössten Kunstwerke aus Stahl gefertigt hat, dass die Italien, Spanien und Frankreich. reichen italienischen Fürsten des 15. und 16. Jahrhunderts wett- eiferten, die besten Waffenschmiede zu besitzen. Im Artilleriewesen leistete Italien, besonders Venedig, Hervor- ragendes. In der Ätzarbeit, Vergoldung u. s. w. waren die Italiener unübertroffen. Das Schlossergewerbe blühte ebenfalls am meisten in Mailand, Brescia und Venedig. Die besten Messer wurden zu Cremona, Brescia, Mailand, Venedig, Neapel, Seravalle, Friaul und Scaperia gemacht. Die besten Nadelmacher waren die Lazanesen und die Milanesen ( Garzoni ). Das Rohmaterial, sowie Nägel, Sensen und andere Eisenwaren bezog dagegen Italien teilweise aus andern Ländern. Den Handel mit Spanien hatte Genua in Händen, wo die St. Georgen-Brüderschaft im 16. Jahrhundert allmächtig war. Den Handel mit Krain, Kärn- ten, Steiermark und Tyrol beherrschte Venedig. Die Erzgewinnung in dem im Altertum wegen seiner Metall- schätze so hochgepriesenen Spanien (Bd. I, S. 648), war im Mittel- alter sehr zurückgegangen, nur das spanische Eisen hatte seinen alten Ruhm behauptet. Spanische Klingen waren in Griechenland und Rom berühmt gewesen (siehe Bd. I, S. 449, 650), und ihr Ruhm er- hielt sich im Mittelalter. Das gladius Hispanicus war nicht nur seiner Handlichkeit wegen die ordonnanzmässige Waffe der römischen Legionen geworden, sondern auch seines guten Eisens und seiner trefflichen Bearbeitung wegen und wurde in Mengen aus Spanien bezogen. Die kriegerischen Araber, die gute Waffen hochschätzten, pflegten, nach- dem sie Spanien erorbert hatten, die alte Waffenfabrikation, besonders zu Toledo, und der Ruhm der spanischen Klingen ging auf die arabischen über. Aber die Mauren herrschten nicht lange in Toledo. Schon 1012 wurde Toledo ein selbständiges spanisches Königreich. War dies auch nur von kurzer Dauer, so stieg es danach noch zu grösserem Glanze empor, als Alfons VI. von Kastilien nach der Eroberung im Jahre 1085 es zur Residenz der kastilischen Könige machte und sich sogar zum Kaiser von Toledo ausrufen liess. Toledo wurde eine der grössten und reichsten Städte Spaniens, in welcher die Gewerbe zu grosser Entfaltung gelangten. Zu noch grösserer Blüte entfaltete sich die spanische Waffen- fabrikation, als nach Vertreibung der Araber Ferdinand der Katho- lische in den sicheren Besitz von Spanien gelangt war. Toledo blieb der Vorort derselben. Von dieser Zeit an wurde Spanien durch eine Verkettung glück- licher, zum Teil ganz unvorhergesehener Umstände für eine Zeit lang Italien, Spanien und Frankreich. der mächtigste und reichste Staat Europas. Diese Periode fällt zu- sammen mit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die politisch hochbedeutsame Heirat Ferdinands des Katholischen, Königs von Aragonien, mit Isabella, Königin von Kastilien, und die Vereinigung ihrer Länder, wenn auch nur äusserlich, im Jahre 1479, war die Grundlage und der Ausgangspunkt von Spaniens Machtentfaltung. Der Sieg über Boabdil, den letzten maurischen König in Spanien, im Jahre 1492 und die Vertreibung der Mauren, erhöhte die Macht und den Glanz des Königtums, sowie das Ansehen Spaniens. Das glück- lichste und folgenreichste Ereignis der vom Schicksal so viel be- günstigten Regierung des spanischen Herrscherpaares war aber die Entdeckung von Amerika durch den Genuesen Christoph Colum- bus im Dienste Spaniens am 11. Oktober 1492. Dieses Weltereignis, welches Spanien neue unermessliche Einnahmequellen erschloss, erhob Spanien zu der reichsten und angesehensten Macht Europas und wurde bestimmend für seine Entwickelung im 16. Jahrhundert. Auch seinen Eisenwaren erschloss es ein neues, ausgedehntes Absatzgebiet und gab der Eisenindustrie Spaniens neuen Impuls. Es würde zu weit führen, alle die Momente, welche zu der kurzen aber blendenden Glanzzeit Spaniens in der ersten Hälfte des 16. Jahr- hunderts sonst noch beigetragen haben, zu entwickeln. Betrachten wir nur die Eisenindustrie Spaniens, so zeigen sich uns zwei Gebiete von hervorragender historischer Bedeutung, die Waffenindustrie, welche in Toledo ihren Mittelpunkt hatte, und die Herstellung des vorzüg- lichen spanischen Schmiedeeisens, welche an das Land der Basken, besonders an die Provinzen Biscaya und Guipuzcoa und das wunder- bare Eisenerzvorkommen von Sommorostro geknüpft war. Wenden wir uns zuerst der Eisenindustrie von Toledo zu. Die Grundlage dieser in die älteste Zeit zurückgehenden Industrie bilden die reichen Eisenerzlager in dem südlich der Stadt gelegenen toledo- nischen Gebirge, die noch heute ausgebeutet werden und etwa 10000 Tonnen Erze jährlich liefern. Als Residenz westgotischer, maurischer und spanischer Könige, war Toledo ein Mittelpunkt ge- werblicher Thätigkeit. Zu ihrer Blütezeit zählte die Stadt über 100000 Einwohner, jetzt kaum 20000. Die Waffenfabrikation wurde besonders gepflegt, denn von jeher hatten die Spanier eine grosse Vorliebe für gute Waffen. Der Andalusier sagte: wenn er sein Schwert (seine „Santa Theresa“) schwinge, so zittre die Erde („trembla la tierra“). Zu diesen trefflichen Klingen verwendeten aber die toledonischen Schmiede nicht nur das einheimische Eisen, sondern Italien, Spanien und Frankreich. namentlich auch den trefflichen Stahl von Mondragon in Guipuzcoa. Dieser wurde aus einem weissen mit Kalk verbundenen Erz, das beim Ausschmelzen in den Luppenfeuern 40 Prozent natürlichen Stahl gab, erzeugt. Ferdinand der Katholische verbot die Ausfuhr von Waffen aus Spanien; doch scheint dieses Verbot keine grosse Wirkung ge- habt zu haben. Es ist aber ein Beweis für die Bedeutung des Waffenexports. Dieser wurde noch viel bedeutender unter Karl V. Unter diesem mächtigen Fürsten, in dessen Reich die Sonne nicht unterging, erblühte Spanien zur glanzvollsten Macht. Ferdinand der Katholische hatte bereits ähnlich wie die französischen Könige eine Leibgarde geschaffen und mit einheitlicher Bewaffnung ausgerüstet. Diese Truppe, sowie überhaupt die Benutzung der Feuerwaffen und der modernen Taktik hatte wesentlich zur Niederlage der Mauren beigetragen. Als Karl V. im Jahre 1516 den Thron des geeinigten Spaniens bestieg, hatte er eine mächtige Partei gegen sich. Er über- wand diese und befestigte sein Ansehen dadurch, dass er ein stehen- des Heer von 30000 Mann ausrüstete. Diese Truppe war vortrefflich equipiert, und als dieselbe Karl nach seiner Erwählung zum deutschen Kaiser im Jahre 1518 auch seine Siege in Italien und Deutschland erringen half, wurde die spanische Ausrüstung mustergültig für die europäischen Staaten. Die spanische Muskete wurde überall ein- geführt, der spanische Eisenhut (morian) wurde Mode, und von dieser Zeit an erlangten die spanischen Klingen, sowohl der Dolch als der spanische Degen, Weltruhm. Toledo war der wichtigste Platz für deren Anfertigung. Es waren daselbst eine grosse Anzahl selb- ständiger Meister, welche die trefflichen Waffen schmiedeten und fertig machten. Dies geschah nicht, wie in Solingen, durch eine ge- nossenschaftliche Zusammenwirkung und eine weitgehende Arbeits- teilung. Jeder Meister in Toledo machte seine Waffe fertig, schmiedete und reidete dieselbe. Über die Meister, ihre Klingenzeichen und die Herstellung der Schwerter, haben wir bereits früher berichtet (siehe Bd. I, S. 846 u. Bd. II, S. 401). Ausser Toledo waren Sevilla, Madrid und Saragossa berühmte Plätze für gute Klingen. Achille Jubinal und Gaspard Sensi teilen in ihrem prächtigen Werke „la Armeria Real de Madrid“ ein sehr interessantes Verzeichnis toledonischer Klingen- schmiede mit, aus dem hervorgeht, dass die Kunst vielfach an den Namen geknüpft war und vom Vater auf den Sohn forterbte. So erscheinen als besonders berühmte Schmiede: Alonzo de Sahagun der Alte, der um 1570 lebte, mit dem Wappenzeichen , sodann Alonzo de Italien, Spanien und Frankreich. Sahagun der Junge, mit der Marke , und Louis de Sahagun , ein Sohn des Alten. Ferner die Familie Perez , vertreten durch den berühmten Alonso (S. 402, Nr. 3) und durch Franzisko (Nr. 33), dann die Familie Martinez , vertreten durch Andreas , Sohn des Zebala Gabriel, Juan den Alten, Juan den Jungen und Juan Martinez, Menchaca (Nr. 62 bis 67), die de la Hera , vertreten durch Josepe und Hernandez , der im 17. Jahrhundert lebte. Juanes de la Horta war ein berühmter Klingenschmied um 1545; Andreas Munesten , der auch zu Calatayel eine Werkstatt besass, erinnert seinem Namen nach an die Solinger Andreis Mon- sten. Juan de la Rey , der auch in Saragossa arbeitete, führte ein Tier als Zeichen, welches sehr dem Solinger Wolf gleicht. Ein anderes klassisches Land für die Eisenindustrie in Spanien war das Land der Basken, die Provinzen von Biscaya und Guipuzcoa. Sommorostro mit seinen Eisenschätzen war von jeher für Spanien das, was Elba für Italien war. Plinius erwähnt es bereits Plinius , Hist. nat., XXXIV, 43; siehe Bd. I, S. 505. : „Unter allen Metallen findet sich das Eisenerz am reichlichsten. In dem Küstenteile Cantabriens, welchen der Ozean bespült, dort besteht, was unglaublich klingt, ein sehr hoher Berg ganz aus diesem Stoff.“ Es ist ein mächtiger Spateisensteingang im Kalk (dem Cenoman an- gehörig), der in den oberen Teufen in Brauneisenstein umgewandelt ist. Er streicht aus dem Kamme eines schmalen Bergrückens in einer langen Felsenreihe zu Tage aus Siehe Karsten , Handbuch der Eisenhüttenkunde, Bd. I, S. 96. und wurde an vielen Stellen ohne einheitlichen Plan, höchst unregelmässig durch Tagebau ab- gebaut. Mit Ochsenkarren fuhr man in den flach geneigten Weitungen zu den Abbaustellen, wo das aufgelockerte Erz ohne besondere Mühe ge- brochen wurde und verbrachte dieses alsdann auf unglaublich schlechten Wegen zum Meere Wir werden an einer späteren Stelle Gelegenheit haben, ausführlicher über das Erzvorkommen von Sommorostro zu berichten. . Der Hauptverladeplatz war von jeher der Hafen von Bilbao. Von hier wurde es nach den benachbarten Küsten von Asturien und Frankreich verschifft, im 16. Jahrhundert auch bereits nach England. Der grösste Teil der Erze wurde aber auf zahlreichen Hütten (ferreria) in Biscaya und Guipuzcoa auf Eisen verschmolzen, welches nicht nur Spanien versorgte, sondern ebenfalls von Bilbao aus zur See weithin verschifft wurde. Ausser dem mächtigen Eisensteinberg von Sommorostro giebt es Italien, Spanien und Frankreich. aber noch viele andere Erzablagerungen in den genannten Provinzen, der alten Heimat der Kantabrer. Asturien ist reich an eigenen Erzen, aber, wie in Toskana fast nur elbanisches Erz verschmolzen wurde, so verschmolzen die Hüttenmeister in Asturien hauptsächlich Sommo- rostroerz und ihren eigenen Eisenstein nur nebenbei. Monardo sagt schon: „Die kantabrischen Gebirge haben mehrenteils Eisenerz, doch werden sie nicht alle gebaut, sondern nur die, welche vor den andern reich sind und viel Eisenerz tragen. Die andern aber bleiben ungebaut, darum, dass sie die Kosten, welche daraufgehen, nicht wieder einbringen.“ Das alte, merkwürdige Volk der Basken hatte bekanntlich in den Kämpfen gegen Goten und Araber seine Unabhängigkeit bewahrt und sich erst im 13. und 14. Jahrhundert freiwillig an das König- reich Kastilien angeschlossen. Auch hier hatten sich die Bergleute und Eisenschmiede als tapfere Streiter erwiesen. Mit ihrer Natio- nalität erhielt sich auch ihre eigenartige Industrie. Der Export baskischen Eisens scheint nie ganz geruht zu haben. 989 wird der Hafen von Bilbao genannt, der von fremden Schiffen des Handels wegen besucht wurde. Es war der erste wichtige Hafen im west- lichen Europa am atlantischen Meere. Die Normannen suchten ihn auf, die sich bereits im Jahre 870 dort festgesetzt und vorübergehend das Land erobert hatten. Dass es das Eisen, die Eisenwaren und besonders die eisernen Waffen waren, welche die Fremden haupt- sächlich anzogen, ist ausser Zweifel. Sehr bedeutend war der Handel, den die deutsche Hansa mit Biscaya hatte. Spanisches Eisen war mit dem Osmund ein wichtiger Handelsartikel der Hanseaten, der nach allen Hansahäfen verführt und auch in Norddeutschland gehandelt wurde. Es stand im Preise am höchsten von allen Eisensorten. Um 1400 besassen die Biscayer und Arragonier ansehnliche Warenniederlagen in Brügge, dem damaligen Zentrum des westeuropäischen Handels. Botero schreibt: „Biscaglia und Ghipusca sind zwo Provinzen oder Landschaften gleicher Gelegenheit und Beschaffenheit: haben viel Eysen und Holtz: sind sehr wohl bewohnet und haben ein tapffer mannliches Volk. Sie sind aller Beschwerden halben gefreyet vnd auff solche ihre Freyheitt setzen und tringen sie so styff und hart, dass der König, welcher sich allein zu Biscaglia ein Herrn (Señor) nennt, wann er sich daher wolte begeben, mit blosen Füssen (wie sie sagen) dahin kommen müsste.“ „In Ghipusca liegen Tolo- setta, daselbst wie auch zu Bilbau und Bayana werden die guten Klingen und Rapiere gemacht.“ Beck , Geschichte des Eisens. 55 Italien, Spanien und Frankreich. Über die Art der Verhüttung haben wir wiederholt Mitteilung gemacht. Sie geschah in verbessertem Luppenfeuer, den sogenannten Catalanschmieden, welche man richtiger als Pyrenäenschmieden be- zeichnen würde, denn dieselben Schmieden finden sich im spanischen Süden wie im französischen Norden dieses Gebirges. Wir haben die- selben ausführlich im ersten Bande (S. 789) beschrieben. Die bis- cayischen Rennfeuer zeichneten sich vor denen anderer Gegenden dadurch aus, dass darin grosse, schwere Luppen manchmal bis zu 8 Centnern Gewicht erzeugt wurden. Was Monardo darüber mit- geteilt hat, ist Bd. I, S. 802, abgedruckt. Eine merkwürdige Be- schreibung hat Reaumur in einem Aufsatze 1716 gegeben Siehe denselben in Justi , Schauplatz, Bd. III, S. 36. . Er schildert die Öfen von Biscaya und dem spanischen Navarra. Solche Öfen seien auch früher bei Bayonne, um die Erze von Biriaton zu schmelzen, in Gebrauch gewesen, seien aber schon über 40 Jahre eingegangen. Wegen des grossen Rufes dieses Schmelz- verfahrens habe er sich von einem Herrn Gendre , auf Befehl Seiner Königl. Hoheit des duc d’Orleans, die Zeichnungen davon beschafft, welcher sie von einem spanischen Hüttenbesitzer Denderlats an der Bidassoa bekommen habe. Die in offenen Brüchen gewonnenen Erze lässt man 24 Stunden rösten, zerstösst sie in grobe Stücke und lässt sie mehrere Monate an der Luft liegen ehe man sie schmelzt. Der Schmelzofen besteht aus einem grossen kupfernen Schmelz- kessel , 6 Fuss Durchmesser auf der kleinsten Seite und etwa 2½ Fuss hoch. Die inneren Wände desselben werden mit Mauerwerk von einem Fuss Dicke, dessen Steine mit Ziegelerde verbunden sind, ver- wahrt. In dieses werden gusseiserne Platten, welche den eigentlichen Schmelzherd bilden, eingesetzt, denn die Kupferschale soll nur die Feuchtigkeit abhalten . Der Schmelzraum hat die Gestalt eines abgestumpften Kegels von ovaler Grundfläche, oben weiter. Der obere grössere Durchmesser beträgt 4½ Fuss; der kleinere ½ Fuss weniger. Die Düsen liegen 18 Zoll vom Boden auf einer Breit- seite fast 40 Grad geneigt. Man kannte nur Lederbälge. Das Schlackenloch lag auf einer Breitseite. Die Schlacke fliesst während dem Einrennen ab. Die Wände des Kupferkessels gehen nicht bis oben hin, so dass die Schlacken darüber ablaufen. Das Eisen wird in einem Klumpen ausgebrochen. — Zuerst bedeckt man den Boden mit Buchenkohle, entzündet sie und lässt die Bälge an. Wenn sie gut in Glut sind, schiebt man sie alle auf die Seite der Bälge und wirft Italien, Spanien und Frankreich. das Erz in das entgegengesetzte Halboval, bedeckt es mit Kohlen und trägt, wenn sie verbrannt sind, frische nach. Das mit Gewalt gegen das Erz getriebene Feuer bringt es zum Schmelzen, die Schlacke fliesst und sondert sich ab. Von Zeit zu Zeit lässt man sie aus dem Schlackenstich am Boden abfliessen, während das Eisen sich vereinigt. Dieses wird noch beschleunigt mittels einer Eisenstange, mit der man durch einen Einschnitt oben im Herd rührt. Auf dem Boden an- gelangt, von Schlacken entblösst, hat es keine genügende Hitze flüssig zu bleiben, und bildet einen weichen Klumpen, dessen Grösse mit dem Eisennachsatze zunimmt. Der Einsatz von 600 Pfund Erz schmilzt in vier Stunden nieder. Während ein Arbeiter den Klumpen vom Grunde aufbricht und in die Höhe hebt, fassen ihn andere mit Zangen und bringen ihn unter einen Viercentnerhammer. Die weitere Arbeit betrifft mehr den Schmied als den Schmelzer. — Die Luppen kommen heisser unter den Hammer als Frischluppen, doch ist dies nur bei leicht schmelzbaren Erzen möglich. Man schmilzt in den navarrischen Herden 5 bis 6, in den biscayischen 7 bis 8 Centner gut geröstetes Erz in 4 bis 5 Stunden auf eine Luppe ein. Der erste Einsatz beträgt 2 bis 3 Centner, das Übrige wird nachgesetzt. Der Kohlenverbrauch betrug nur so viel als das Gewicht des Eisens. Aus 675 Pfund Erz sollte man 225 Pfund Eisen ausbringen. Zuschläge oder Flussmittel wurden nicht angewendet. Obgleich diese Schilderung den Verlauf des Erzschmelzens zu Anfang des vorigen Jahrhunderts betrifft, so haben wir sie doch hier mitgeteilt, weil es die älteste genauere Schilderung des biscayischen Eisenschmelzens ist und die Verhältnisse im 16. Jahrhundert bereits ähnliche gewesen sein werden. Das vorzügliche Material, welches die kantabrischen Hütten lieferten, wurde Veranlassung zu einer umfangreichen, mannig- faltigen Schmiedeindustrie. Ausser den Waffen, die wir schon erwähnt haben, wurden für den amerikanischen Tauschhandel massenhaft Messer, Beile und Werkzeuge angefertigt; waren dies doch die den Indianern willkommensten Gegenstände. Für den europäischen Handel wurde Stangeneisen geschmiedet. Für Spanien, ausser den genannten Artikeln, Kleineisenzeug, Nägel und Artikel aller Art. Man hat Bilbao deshalb das Birmingham Spaniens genannt. Hoch- öfen gab es dagegen keine, und Gusseisen scheint man in Spanien im 16. Jahrhundert noch nicht angefertigt zu haben. Die gusseisernen Kanonen zur Bemannung ihrer Kriegsschiffe mussten die Spanier aus England beziehen. 55* Italien, Spanien und Frankreich. Die Eisenindustrie Spaniens beschränkte sich aber durchaus nicht auf die baskischen und kantabrischen Provinzen. Katalonien ist eben- falls reich an Erzen, welche wie im Altertume, so auch im Mittelalter verschmolzen und auf Eisen verarbeitet wurden. Barcelona war nicht nur ein wichtiger Handelsplatz, sondern von altersher ein Fabrik- platz für Eisenwaren und Eisenwaffen. In Aragon wurde seit frühester Zeit treffliches Eisen zu Bielsa und Albaracin gemacht. Wegen seiner grossen Weichheit war das von Molina d’Aragon berühmt. Calatayub, d. h. Castel des Ayub, des Neffen Musas, war an Stelle des stahlberühmten Bilbilis ent- standen. Sevilla war von Alters her berühmt wegen seiner Eisenwaren und stand ebenso wie Barcelona und Cadix mit der Hansa in Handels- verbindung. Besonders reich an Eisen ist auch die Provinz Murcia, nament- lich in der Sierra Almagrera. Karthago und Rom bezogen von da Eisen, und neuerdings spielen die Karthagenaerze, die in den Häfen von Almeïra, Karthagena und Valencia verladen werden, wieder eine wichtige Rolle und werden in grossen Massen nach den nörd- lichen Ländern, auch nach Deutschland, verschifft. Albacete, von dem arabischen Al-Baset, d. h. weite Ebene, war seit Alters berühmt durch seine Dolchmesser mit breiter, spitziger, vorn zweischneidiger Klinge. Die blendende Glanzzeit Spaniens ging rasch dahin. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, unter der despotischen Regierung Philipps II., des einzigen Sohnes Karls V., machte sich bereits ein Rückgang der Macht und des Ansehens Spaniens bemerkbar, der einen unaufhaltsam raschen Fortgang nahm. Die leicht erworbenen Reichtümer Amerikas hatten die ohnedies zu stetiger Arbeit wenig geneigten Spanier faul und verschwenderisch gemacht. Dazu jagte man die fleissigsten Bewohner aus dem Lande. Denn das grösste Unglück der Spanier war ihre religiöse Unduldsamkeit, welche ge- schürt und gehetzt wurde durch eine selbstsüchtige, fanatische Priester- schaft. Hatte schon Ferdinand der Katholische nach seinem Siege über die Mauren etwa 800000 tüchtiger Einwohner ihres muhameda- nischen Glaubens wegen aus Spanien vertrieben, so begannen unter Philipp II. die leidenschaftlichen Verfolgungen der Ketzer, Juden und Moreskos, d. h. der Abkömmlinge von Mauren, durch welche etwa die gleiche Zahl der gewerbfleissigsten Bewohner ausgetrieben wur- den. Die letzte grosse Austreibung der Moreskos erfolgte unter Philipp III. im Jahre 1609. Faulheit und Aberglaube behielten den Sieg und führten das Land an den Rand des Verderbens. Auch auf Italien, Spanien und Frankreich. die Eisenindustrie übten diese Verhältnisse ihren Einfluss. Den Wendepunkt bildete die Vernichtung der unüberwindlichen Armada durch die Engländer, welche dadurch die Vormacht Europas zur See wurden. Frankreich hatte eine alte und bedeutende Eisenindustrie, den- noch war sein Bedarf noch grösser als seine Produktion, so dass es auf fremde Einfuhr angewiesen war. Diese erfolgte für den Süden aus Spanien und Italien, für den Norden aus Deutschland. Bei weitem das Meiste lieferte aber die heimische Industrie. Frankreich war reich an Erzen, wenn es auch keine so ausser- ordentliche Vorkommen besass, wie Deutschland im Erzberge, Italien auf Elba und Spanien zu Sommorostro. Auch war Frankreich reich an Waldungen und litt noch nicht an Holzmangel wie England, Spanien und Italien. Die wichtigsten Eisensteinlager Frankreichs befinden sich im Osten und im Süden. Wir betrachten dabei Frankreich in seinen Grenzen vor 1870, während allerdings Ausgangs des 15. Jahrhunderts verschiedene eisenreiche Grenzgebiete noch nicht zu Frankreich ge- hörten. Im Nordosten war das französische Flandern reich an Eisenerzen und besass eine alte blühende Eisenindustrie wie die burgundische Herrschaft, der es zugehört hatte, und die nach Karls des Kühnen Tod zerrissen wurde; überhaupt war das Erzvorkommen, wie die Indu- strie, ganz dieselbe wie im Hennegau. Es gehört wie dieses den Ar- dennen an und ist in dem jetzigen Norddepartement gelegen. Die nordöstliche Eisenerzgruppe Frankreichs, welche die Lager an der Maas, Mosel und in den Ardennen umfasst, ist die reichste des Lan- des Siehe Karsten , a. a. O., Bd. I, S. 74. — Percy-Wedding , a. a. O., Bd. I, S. 389. — v. Kloeden , Handbuch der Erdkunde, Bd. III, Frankreich etc. . Es sind meist ausgedehnte Lager in der Lias- und Jura- formation, aber auch Bohnerze, welche den Jura- und Kreideschichten aufgelagert sind, sowie Thoneisensteine im Steinkohlengebirge. Die luxemburgischen und deutsch-lothringenschen Ablagerungen oolithi- scher Eisenerze, die als ausgedehnte Lager im unteren Lias ent- wickelt sind, finden sich ebenso in französisch Lothringen und sind heutzutage von hervorragender Wichtigkeit, während sich in früherer Zeit die Gewinnung mehr auf die reicheren Brauneisensteine be- schränkte. Lille, die Hauptstadt von französisch Flandern, haben wir bereits wiederholt erwähnt (Bd. I, S. 912, Bd. II, S. 320) wegen seiner Italien, Spanien und Frankreich. frühen Ausrüstung mit gusseisernen Geschossen und Geschützen, die sich bis in das erste Jahrzehnt des 15. Jahunderts zurückverfolgen lässt und die Wahrscheinlichkeit nahe legt, dass in dortiger Gegend schon damals Gusseisen erzeugt wurde, d. h. dass schon damals dort Eisenhochöfen im Betriebe standen. Douai hatte gleichfalls eine alt- berühmte Eisenindustrie. Ebenso haben wir oben bereits der alten Eisengewinnung von Vaudemont in Lothringen, welche urkundlich bis in das 12. Jahrhundert zurückgeht, erwähnt. An die nordöstliche Gruppe der Eisenerzvorkommen Frankreichs schliesst sich die Gruppe von der Champagne und Burgund, welche ebenfalls von grosser Bedeutung ist. Das Departement der Haute- Marne ist das eisenreichste Frankreichs. Das in der Einleitung bereits mitgeteilte Lobgedicht Bourbons über die Eisenwerke bei Vandeuvre liefert den Beweis, dass schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts Hochofenindustrie in der Champagne blühte, und Langres war ein alter Sitz geschickter Eisenschmiede, berühmt durch ihre Klingen und Messerwaren. Ebenso hatte Dijon in Burgund ein altes Eisengewerbe. An die nordöstliche Eisenerzgruppe schliesst sich die des Jura, wo zahlreiche Lager und Mulden von Brauneisenstein an der Ober- fläche sich finden. Von Alters her ist die Franche-Comté durch ihre Eisenindustrie berühmt. Während im Norden und Nordwesten Frank- reichs die Darstellung des Stabeisens aus dem Roheisen nach der Art der Wallonschmiede in zwei Herden geschah, wendete man in der Freigrafschaft ein Verfahren an, welches mehr mit der deutschen Frischschmiede übereinstimmt, und bei welchem das Einschmelzen, Frischen und Ausheizen in demselben Herde stattfindet. Diese fran- zösische Aufbrechschmiede, die als Franche-Comtéschmiede, Comté- schmiede oder hochburgundische Frischschmiede bezeichnet wird, ist wahrscheinlich aus der Brescianschmiede entstanden und wurde oben (S. 239) im allgemeinen Teile bereits beschrieben. Im Nordwesten Frankreichs sind in der Normandie und Bre- tagne zwei Gruppen von Eisenerzlagern zu unterscheiden: die öst- liche in den Departements Calvados und Orne, wo Brauneisenstein mit Quarz in Gängen des Übergangsgebirges auftreten, während in den Departements Eure, Sarthe und Mayenne ganz recente Braun- und Gelbeisensteinlager auftreten. Die westliche Gruppe enthält in den Departements Côtes-du-Nord und Morbihan ebenfalls im Über- gangsgebirge Gänge von Rot- und Brauneisenstein, während im De- partement der unteren Loire Brauneisensteinlager im Tertiärgebirge Italien, Spanien und Frankreich. erscheinen. In diesen Provinzen ist von alter Zeit her viel Eisen zur Ausrüstung der Schiffe verarbeitet worden. Als westliche Zentral- gruppe bezeichnet Wedding die Brauneisenerze der Departements Loire et Cher, Cher und Indre, welche dem Tertiärgebirge, teilweise auch der Kreide angehören. An diese schliesst sich die östliche Zentralgruppe mit oolithischen Brauneisenerzen auf beiden Ufern der Loire, welche ihre Haupt- entwickelung im Thale der Cher, wo sie als einzelne Körner in tertiären Thonen vorkommen (minerais du Berri) und bei Nièvre, wo die Körner oft durch kalkige Bindemittel vereinigt werden. In Mittel- und Nordwestfrankreich war wieder ein anderes Frischverfahren, „die Frischschmiede von Berri“, in früherer Zeit gebräuchlich; dieselbe ist der Wallonschmiede am nächsten verwandt, von der sie sich dadurch unterscheidet, dass das Eisen nach dem Einschmelzen noch einmal aufgebrochen wird, und dass grössere Luppen gefrischt werden, von denen eine jede mehrere Kolben giebt Siehe Karsten , a. a. O., Bd. IV, S. 126 (§. 916). . Durch das Aufbrechen ist sie mit der deutschen Frischschmiede verwandt, unterschied sich aber dadurch, dass das eingeschmolzene Frischeisen vor dem Aufbrechen nicht abgekühlt, sondern dass bei ununterbrochenem Gange des Ge- bläses aufgebrochen und gefrischt wurde. Nevers, die Hauptstadt der Grafschaft Nivernois, hatte alte Eisen- industrie. In der Auvergne war bedeutende Kleineisenindustrie, und in Thiers (Dep. Puy de Dome) blühte die Fabrikation von Messer- schmiedewaren schon im 16. Jahrhundert. In den Alpen, besonders in Savoyen, waren Rennwerksschmieden, wie in Italien, in Gebrauch. Aber auf der alten Eisenschmelzhütte von Bouguet en l’Huile war auch bereits ein Hochofen in diesem Jahrhundert im Betriebe, dies scheint wenigstens aus einem Urteile des Senats von Savoyen im Jahre 1560 hervorzugehen, welches der seit 10 Jahren zerstörten Eisengiesser- und Hammerhütte (fonderies et forges) an obigem Platze Erwähnung thut. Diese Hütte war von dem genuesischen Adels- geschlechte de Castagnere gegründet. Dasselbe legte nachmals zu Argentine ein grosses Eisenwerk mit Giesserei, Schmiede, Drahtzug und Sensenschmiede an. Auch dieses ging unter sardinischer Herr- schaft zu Grunde. Später legten verschiedene Klöster im Lande Eisenhütten an Siehe Annales des arts et manuf., 1808, XXIX, p. 16. . Italien, Spanien und Frankreich. In der Dauphiné, besonders den Departements Isère, Drome und Vaucluse, wurde Eisen und Stahl aus Spateisenstein erblasen. — Von besonderer Wichtigkeit war aber für Südfrankreich die Gruppe der Pyrenäen. Wie die spanische, so ist die französische Seite dieses Gebirges reich an vorzüglichem Eisenerz. In den östlichen Pyrenäen war die Grafschaft Foix berühmt durch ihre Eisengewinnung. Dort finden sich besonders bei Rancié Braun- und Spateisenstein auf Gängen zwischen krystallinischem Kalk und Schieferthon, die der Juraformation anzugehören scheinen an den Bergen Batère und Canigon. In den westlichen Pyrenäen (Basses Pyrénées) war das französische Navarra reich an guten Eisenerzen, besonders zu Bar- buret und an der Bidassoa. Ferner in den Ausläufern des Gebirges in den Departements Haute-Garonne und Aude, wo in den Schwarzen Bergen (montagnes noires) sich eine Gruppe von Gängen in Übergang- schiefer und Kalkstein von Südwest nach Nordost bis in das De- partement Hérault zieht, deren Erze sich durch grossen Mangan- reichtum auszeichnen, während eine zweite zwischen Tuchan und Lagrasse (Corbières) ähnliche Erze birgt, welche dem Obersilur an- gehören und besonders bei Bordevielle, am Roc noire etc. ausgebeutet werden Siehe Wedding , a. a. O., S. 392. . Das Ausschmelzen geschah in diesem ganzen Gebiete wie zum Teil noch heute in Rennfeuern, ähnlich den Cantalan- und Biscaya- schmieden. Die Schmelzöfen der Grafschaft Foix haben wir bereits im ersten Bande näher beschrieben, und die Eisenschmieden von Navarra waren ganz wie die biscayischen, nur etwas kleiner. Bayonne war bereits im frühen Mittelalter ein wichtiger Handelsplatz für pyre- näisches Eisen und Eisenwaren; es wurden dort jedenfalls auch schon im 16. Jahrhundert Gewehre fabriziert. An Stahl und Stahlerzen war Frankreich nicht reich, man bezog dieselben aus Deutschland, Savoyen und Piemont. Doch sollen die Stahlfeuer in den Gegenden von Rives im Departement d’Isêre bis in das Ende des 12. Jahrhunderts zurückgehen. Tyroler Stahlschmiede hatten angeblich die ersten Feuer dort angelegt. Die älteste Schmiede soll bei dem Weiler von Alivet, in der Gemeinde Renage bei Rives, bestanden haben Siehe Journ. des mines, 1812, No. 191, p. 394. . Die zahlreichen Kriege und die Grossmachtsbestrebungen der Könige von Frankreich zwangen zu grossartigen Rüstungen, und Italien, Spanien und Frankreich. zur Beschaffung grosser Mengen von Waffen. Sie waren gezwungen, dieselben grossenteils aus dem Auslande, namentlich aus Deutsch- land und Flandern zu beziehen. Natürlich waren sie eifrig be- strebt, die Eisenindustrie ihres Landes zu heben und die inländische Waffenfabrikation zu unterstützen. Wir hatten früher bereits Ge- legenheit, auf die grossen Leistungen Ludwigs XI. und Karls VIII. zur Hebung des Artilleriewesens hervorzuheben (Bd. I, S. 905). Ludwig XI. liess deutsche Giesser kommen zum Guss eiserner Kugeln und Ge- schütze. So konnte Karl VIII. mit 140 Geschützen und reichlicher eiserner Munition 1494 seinen Kriegszug nach Neapel unternehmen. Karl der Kühne hatte die beste Artillerie seiner Zeit. Er bezog seine Ausrüstung von den flandrischen Städten und hatte vorzügliche gusseiserne Feldgeschütze. Ludwig XII., dessen weiser Regierung Frankreich so viel verdankt, war auch für die Hebung des Eisen- gewerbes eifrig besorgt. Franz I. brachte die grössten Heeresmassen auf; er unterhielt eine Zeit lang ein besoldetes Heer von 50000 Mann, das freilich auch das Land in Schulden stürzte, die Eisenindustrie aber stark beschäftigte. Franz I. war persönlich ein grosser Freund schöner Waffen und kaufte die herrlichsten Prunkrüstungen in Mai- land, Augsburg und Innsbruck. Die meisten und besten Waffen bezog Frankreich aus Deutsch- land, dessen Überlegenheit auf diesem Gebiete im 14., 15. und 16. Jahrhundert unbestritten war. Der Herzog von Touraine musste, um sich 1386 eine Rüstung machen zu lassen („pour faire et forger unis plates d’acier pour le corps“), nach Deutschland reisen. Den grössten Ruhm hatten die Kölnischen Schwerter, aber auch böh- mische Schwerter waren damals in Frankreich beliebt. Wahrschein- lich waren dies Passauer. In einem Inventar des J. de Saffres heisst es: Unam spatam seu ensem operis Boemie taxat 6 gross. — Alium ensem operis Boemie aptum ad venandum tax. 15 gross. (siehe Gay , glossaire arch. „epée“). La Tremouille kaufte Ende des 15. Jahrhunderts seine Waffen in Italien, darunter zwei Schwerter zu Turin für 10 f. 10 s. Cptes. de Louis de la Tremouille en Italie. Rev. de soc. sav. ser. 6, tom. IV, p. 180. — Gay , glossaire archéologique. . Doch gab es auch damals in Frank- reich bereits vorzügliche und berühmte Waffenschmiede. Der Waffen- schmied Jaques Merveille zu Tours lieferte ebendemselben Mon- sieur de la Tremouille im Jahre 1508 eine vollständige Kriegs- rüstung für 30 Thaler (escus); dazu kamen weiter für Vergoldung Italien, Spanien und Frankreich. derselben 10 esc., für die Knöpfe, Schnallen und vergoldeten Char- niere 2 esc. u. s. w., in Summa für 47 esc. = 82 1. 5 s. Chartrier de Touars , Rev. de soc. sav. ser. 6, tom. VIII, p. 102. — Siehe über weitere Rechnungen Gay , glossaire arch., p. 66 etc. . Seit den glanzvollen Zeiten Kaiser Karls V. und König Franz I. waren die Waffen viel prächtiger aber auch viel teurer geworden. Philipp von Österreich zahlte um 1550 an Francisceo Noqueral von Mailand, Waffenschmied des Kaisers, 1000 Thaler für das Gold und die Arbeit für eine Tauschierung (ataugia). 1571 verkauft der Waffenhändler Charles Poille eine komplete Waffenrüstung mit Wechselstücken für 260 esc. soleil. Die ältesten und berühmtesten Waffenschmiedeplätze in Frank- reich waren Tours und Bordeaux. Der englische und der hanseatische Handel, sowie der leichte Bezug spanischen Eisens machten Bordeaux zu einem besonders geeigneten Platze für das Waffenschmiedegewerbe. Der arabische Geograph Albufeda sagt schon 1320: Bordeaux be- findet sich ausserhalb dem andalusischen Lande im französischen Ge- biete. Die Schwerter, die man dort macht, sind berühmt. 1375 wurden an Guitard de Junquyères , Waffenschmied von Bordeaux, und Lambert Braque d’Alemanie, armurier de cotes de fer (also einem deutschen Panzerschmied oder Sarwochten) 100 Gul- den aragonisches Gold gezahlt, wofür sie folgende Waffenlieferung übernahmen: „per los quans le premetan et s’obligan avec portat à Morlaas 60 bacinetz ab capmalh et 60 cotes de fer o plus si plus poden, boos a sufficeutz (Arch. de B. Pyrenées, E. 302, p. 129). — 1401 erhält Jehan Yvorin , Schwertfeger (fourbisseur d’espées), für ein Schwert von Bordeaux 108 s. (Cpte. de l’ecurie du roi f°. 44). Viele und mit die berühmtesten Waffenschmiede in Bordeaux waren Fremde; dies beweist auch folgende Nachricht aus dem Jahre 1490 Siehe Gaullieur , L’armurerie Milan, à Bordeaux. Rev. d’Antiq t. XII, p. 26. : „Vor sechs Jahren vereinigten sich Etienne Daussonne, Amboye de Caron, Haroles et Glaudin Bellon , Eingeborene von Mailand in der Lombardei, und Pierre de Sonnay , eingeboren in dem Herzogtume Savoyen, in Bordeaux eine Waffenfabrik zu eröffnen (à ouvrer et trofiquier du maitre de armurerie) auf 20 Jahre.“ — Gute Waffenschmiede wurden in andere Länder berufen oder zogen selbst an Plätze, wo guter Absatz war. So erhält 1573 Bastite de Millan , wohnhaft zu Navarra, für die Unterhaltung der Panzer für König Heinrich 20 l. t. Italien, Spanien und Frankreich. Von hohem Interesse ist das Statut der Waffenschmiede zu Angers von 1488, welches Gay (S. 71) mitgeteilt hat, und von dem wir das Wichtigste hier folgen lassen: 1. Quiconque vouldra estre armurier ou brigandinier, fourbisseur et garnis- seur d’espées et de harnois … 1. Ein Jeder, der Waffenschmied, Panzerschmied, Polierer und Reider von Schwertern und Harnischen sein will … 2. It. lesquels maistres desd. mestiers seront tenus besoigner et faire ouvrage de bonnes étoffes, c’est assavoir pourtant que touche les armuriers ils feront har- nois blancs pour hommes d’harmes, de toute épreuve qui est à dire d’arbaleste à tillolles et à carousel à tout le moins demi espreuve, qui est à etendre d’arba- leste a crocq et traiet d’archiers, et pour tant que touche les brigandiniers, ils seront tenus pareillement faire brigan- dines, c’est assavoir les plus pesantes de 26 à 27 livres poix de marc tout au plus, tenant espreuve d’arbaleste à til- lolles et marquées de 2 marques, et les moindres de 18 à 20 livres, tel poix, que dessus et d’espreuve d’arbaleste à crocq et traiet d’archier, marquées d’une marque. Et seront icelles brigandines d’assier, trampées partout et aussi tout garnies de cuir entre les lames et la toille, c’est assavoir en chacune ren- contre de lames, et ne pourront faire lesd. brigandines de moindre poix de lame … 2. It. Dieselbigen Meister der ge- nannten Gewerbe sollen gehalten sein zu sorgen, dass sie guten Stoff ver- arbeiten; wir verkündigen zunächst, was die Waffenschmiede betrifft, dass sie ihre blanken Harnische für Kriegsleute machen sollen, und dass sie die Probe aushalten gegen Kampf- und Turnier- armbrüste und wenigstens die halbe Probe gegen Hakenbüchsen und Pfeil- geschosse; und was sodann die Panzer- schmiede angeht, so sollen sie eben- falls gehalten sein, Schuppenpanzer zu machen, von denen die schwersten höch- stens 26 bis 27 Pfund Markgewicht wiegen dürfen und die Probe aushalten von Kriegsarmbrüsten, solche sollen mit zwei Zeichen gezeichnet sein, die ge- ringeren sollen 18 bis 20 Pfund desselben Gewichtes schwer sein und die Probe der Hakenbüchsen und Pfeilgeschosse aushalten, diese werden einmal ge- zeichnet. Und es sollen diese Panzer von Stahl sein, gleichmässig gehärtet und mit Leder bekleidet zwischen den Schup- pen und der Leinwand, und es wird ver- ordnet, dass die Schuppen sich berühren und sie den Panzern kein geringeres Gewicht an Schuppen geben dürfen … 3. It. et il faudra que lesd. lames soient limées tout à l’entour à ce que les étoffes durent plus largement … 3. It. und müssen auch diese Schup- pen ringsum abgefeilt sein, damit die Stoffe um so länger halten … 10. It. Que les marchaus et ouvriers desd. mestiers, tant faiseurs d’espées, baches, guys armes, voulges, daques et autre habillement de guerre, seront tenus de faire tout ouvrage bon, loyal et marchant. 10. It. Dass die Händler und die Ar- beiter der genannten Gewerbe, als die, welche Schwerter, Äxte, Hellbarten, Jagdspiesse und anderes Kriegsgeräte schmieden, verpflichtet sind, ihre ganze Arbeit als richtige, gute Kaufmanns- ware zu machen. 11. It. que tous fourbisseurs et gar- nisseurs d’espées, tant visilles que neufves, seront tenus de faire fourreaux de cuir de vache ou de veau, et les pointures de cuir de vache, la poignée d’icelles nouée de fouer (fouet) et se aucunes poignées, sont faietes de cuir, icelles 11. It. dass alle Polierer und Schwert- feger, die alten wie die neuen, gebunden sein sollen, die Scheiden aus Kuh- oder Kalbsleder anzufertigen und die Spitzen von Kuhleder, die Hefte derselben aber aus Peitschenschnur gewickelt, dass aber keine Hefte aus Leder gemacht, sondern Italien, Spanien und Frankreich. poignées seront garnies de fisselles par dessoubz led. cuir … diese Hefte nur mit Streifen von Leder umkleidet werden dürfen … 12. It. Et pareillement les atelles de fourreaux seront neufves et de bois de fouteau sec … 12. It. Und gleichermassen sollen die Gestelle der Scheiden neu und aus trockenem Buchenholz sein … 18. It. que nuls marchans ne mai- tres forains ne pourront tenir ouvrouers ne boutiques de harnois, brigandines, javelines, lances, picques, ne espées, ne choses d’appendantes desd. mestiers en ceste ville, s’ils ne sont maistres en cette ville Ordonn. des rois, t. XX, p. 156 et suiv. . 18. It. dass keine fremden Kaufleute oder Händler Werkstätten oder Verkaufs- buden von Harnischen, Panzern, Wurf- spiessen, Lanzen, Piken, noch Schwerter noch sonstige Dinge, welche zu den ge- nannten Gewerben in dieser Stadt ge- hören, haben dürfen, sie seien denn Meister in dieser Stadt geworden. Von sonstigen mehr oder weniger berühmten französischen oder in französischen Diensten stehenden Waffenschmieden führt Gay die folgenden auf: 1352 N. Wagnier , armurier du roy et brodeur. 1421 Guill. le Loup et Pierre Manring (Armbrustmacher). 1447/50 Barbarin de Trez de Milan, Panzerschmied. 1447 Jean de Bonnes et Jean Rinon , die für König René arbeiteten; ebenso 1448 Mermet du Perry d’Aix (von Aachen). 1448 Jehan de Galles von Tours. 1456 Thomassin Baigneux , armurier du roy. 1488 Pierre Haucher de Tours, armurier du roy. 1489 Gilbert Ledaing . 1508 Louis Merveilles , und 1510 Jaques Merveilles von Tours. 1528 Robert Dumesnil dit le Normant, Armbruster. 1561 Roquelin Dehoux , fourbisseur damasquineur de Paris. 1572 Mons. Hans , Waffenschmied, der für seine Kürasse garan- tierte (faisant corps de cuirasse à l’êpreuve 100 l. t. pougages). 1580 Bourgeoys de Moulins . 1591 Michel Legendre , armurier du roy. Hierosme Corcol et Laurent Hasle von Tours. Auch für den Aufschwung der Artillerie gaben die Könige im 15. Jahrhundert die Anregung. Zu Beginn der Regierung Ludwigs XI. gehörte die Artillerie noch den Städten, Innungen, Korporationen u. s. w. Er schuf die königliche Artillerie, und an die Spitze derselben stellte er den genialen Gaspard Bureau , den er 1461 zum Général ré- Italien, Spanien und Frankreich. formateur et visiteur des oeuvres et ouvriers du royaume de France ernannte. Ein vorzüglicher Gedanke Bureaus unter anderen war es, dass er für alle neue Einrichtungen erst Modelle anfertigen liess. Lud- wig XI. liess die berühmten 12 Geschütze, genannt die 12 Pairs von Frankreich, giessen. 1477 goss man auf seinen Befehl 12 andere kolossale Bombarden, welche Eisenkugeln von 500 Pfund Gewicht schossen. So schuf er eine Artillerie, welche damals die beste Europas war Siehe Jaens , a. a. O., S. 840. . Karls VIII. Artilleriepark, mit dem er bei seinem italienischen Feldzuge die Welt in Erstaunen setzte, bestand aus etwa 140 Stücken, sodass je 5 Geschütze auf 1000 Mann kamen. 36 davon dürften schweren Kalibers gewesen sein. Die Artilleriemannschaft bestand aus 300 Büchsenmeistern, 6200 Pionieren (vastadeurs-gastadon), 4000 Fahrern, 8000 Pferden und noch einer grossen Zahl Handwerkern. Von jeher hat die Messer- und Scherenfabrikation in Frankreich geblüht. Folgende, in Fig. 196 dargestellte Formen französischer Scheren im 14. und 15. Jahrhundert sind von Interesse: Fig. 196. a) Eine Falkonierschere von 1306 nach Bibl. Richelieu m. fasc. 22400 f°. 1040°. b) Schere aus einer Handschrift der Bibliothek von Besançon von 1400. c) Wappen der Pariser Schneider von 1463 (von Forgenis , Plombs historiés). Französische Messerformen des 15. und 16. Jahrhunderts sind Fig. 131 schon mitgeteilt. Ausser in den Städten Tours, Rouen und Paris wurden Messerwaren geschmiedet in Thiers und St. Remy in der Auvergne, in Langres, Neufchateau (D. des Vosges), Châtellerault (D. Vienne), Issoudun (D. des Indres) und Annecy in Savoyen. In der Metalldrahtfabrikation leisteten die Franzosen viel, weniger in der Eisendrahtfabrikation. Sie waren besonders geschickt in dem Italien, Spanien und Frankreich. Ziehen feiner Drähte. Ihnen gebührt angeblich die Erfindung, Silber- draht vergoldet und ausgezogen zu haben, wahrscheinlich im 15. Jahr- hundert. Ebenso stammt der Leonische oder Lionische Draht, d. h. der vergoldete oder versilberte und dann feingezogene Kupferdraht, den man verspinnen kann, aus Lyon in Frankreich. Diese Kunst scheint im 16. Jahrhundert aufgekommen zu sein. Richard Archal nennen die Franzosen als Erfinder des Eisendrahts und leiten die Bezeich- nung fil d’Archal von demselben her. Doch weiss man sonst nichts von diesem Archal , und wenn er überhaupt gelebt hat, so wird er nur Verbesserungen der Drahtfabrikation in Frankreich eingeführt haben, die ja in Nürnberg und Augsburg um jene Zeit schon mit Maschinen betrieben wurde. In der Schlosserkunst leisteten die Franzosen Vorzügliches; wir verweisen deshalb auf die Werke von Violet le Duc . Die Erze gehörten in Frankreich der Krone, und es war die Re- galität streng durchgeführt, indem alle früheren Belehnungen mit dem Bergregal bereits von Karl VI. widerrufen und aufgehoben wor- den waren. In der Bergordnung Karls VI. vom 30. Mai 1413, welche alle früheren Bestimmungen widerruft, welche von Ludwig XII. 1498 und von Franz I. 1498 bestätigt worden und die Grundlage der französischen Berggesetzgebung bildet, heisst es: „Wir haben durch eine unwiderrufliche königl. Verordnung, Gesetz etc. bestimmt und erklärt, — dass keine geistliche oder weltliche Herrschaft, von welchem Rang und Stand auch immer, in unserem Königreich weder jetzt noch in Zukunft, unter welchem Vorwand auch immer, Vorwand, Recht oder Macht haben soll, Bergwerke in Besitz zu nehmen, anzu- sprechen oder zu fordern, noch von anderen in unserem Königreiche den Zehnten oder einen anderen Anspruch an ein Bergwerk zu ver- langen, sondern sollen durch Gesetz und Recht davon ausgeschlossen sein: denn uns allein, Kraft unserer Rechte und könig- lichen Majestät, gebührt der Zehnte und nicht andern .“ Die Bergordnung bestimmt sodann freies Weg- und Wasserrecht für die Bergwerksunternehmer, freies Schürfrecht auf einen Schürf- schein hin und gegen Erlegung des Zehnten; ferner den Bergleuten persönliche Freiheit und Schutz und besondern Gerichtsstand bei einem vom König ernannten Richter (Berggericht). Heinrich II. erweiterte die Rechte der Bergleute durch Verord- nung vom 30. September 1548 dahin, dass ihnen gestattet sein solle, Land und Wasser, soviel zu dem Bergwerk erforderlich sein sollte, in Besitz zu nehmen gegen entsprechende Entschädigung an den England. Grundbesitzer. Eine weitere Vergünstigung erteilte derselbe König am 10. Oktober 1552 durch eine Verordnung, welche bestimmte, dass wegen der Erhebung des Zehnten den Bergwerken keine Schwierig- keit noch Aufenthalt gemacht werden dürfe, dass derselbe auf Grund der Bücher und des darauf zu leistenden Eides erhoben werden solle. Dass sich diese Verordnung auch auf die Eisensteingruben bezieht, folgt aus dem Wortlaute. Es heisst ausdrücklich, dass von dem Eisen, welches in gewöhnlichen Schmelzen gemacht wird, nur der Zehnte für die Krone erhoben werden dürfe, die Grundbesitzer aber keine Ansprüche hätten, als den auf Schadenersatz. Und hierzu bestimmt eine Verordnung Franz II. vom 29. Juli weiter, dass dieser Schaden- ersatz durch Sachverständige geschätzt und von dem Richter fest- gesetzt werden sollte, dass den Grundbesitzern aber keinerlei Forde- rung später etwa daraus erwachse, dass das Bergwerk zu grosser Blüte käme. England . Englands reiche Eisenschätze kamen erst seit der Verwendung der Steinkohle als Brennmaterial für die Eisenerzeugung und der Benutzung des Dampfes als Triebkraft zu ausgedehnter Verwendung. Der Riesenbau der britischen Eisenindustrie ging von kleinen An- fängen aus. Zwar besass England eine alte einheimische Eisenindu- strie, die besonders in Glocestershire und in Sussex schon früh einen grösseren Aufschwung genommen hatte, aber die eigene Erzeugung deckte den Bedarf nicht, und England war auf fremde Einfuhr an- gewiesen. Dies war umsomehr der Fall, als besonders seit Eduards III. Zeit der Bedarf sich bedeutend steigerte, sowohl infolge des Auf- schwunges der Gewerbe, als infolge der unaufhörlichen inneren und äusseren Kriege, welche mit den Fortschritten der Bewaffnung immer grössere Auforderungen an die Ausrüstung, die ja zumeist von der Eisenindustrie beschafft werden musste, stellte. Dazu stand der Ver- brauch an Holz für den Hausbrand, die Gewerbe, besonders aber auch für die immer mehr erblühende Schiffahrt in keinem Verhältnis zu dem einheimischen Waldbestande, sodass schon früh Holzteuerung eintrat, welche auch die Eisenpreise in die Höhe trieb und den frem- England. den Wettbewerb begünstigte. So sehen wir denn die Eiseneinfuhr besonders seit Eduards III. Zeit eine grosse Rolle spielen. Wir haben schon früher wiederholt geschildert, welche hervorragende Rolle die deutsche Hansa hierbei spielte, welche durch ihren Stahlhof lange Zeit den englischen Eisenhandel beherrschte. Die deutschen Kauf- leute brachten nicht nur deutsches Eisen und deutsche Eisenwaren in London zu Markt, sondern importierten auch Eisen aus Schweden, dessen Eisenhandel sie fast ganz in ihren Händen hatten. Selbst spanisches Eisen wurde von den Hanseaten nach England gebracht, obgleich England im Mittelalter durch den Besitz der Gascogne nächster Nachbar der pyrenäischen Eisenwerke war. Allerdings bezog England spanisches Eisen auch auf eigenen Schiffen, und ebenso war es eifrig bemüht, seinen Bedarf an skandinavischem Eisen direkt von der ihm so günstig gelegenen Küste von Norwegen selbst zu beziehen. Wir haben gesehen, dass 1395 bereits eine grosse Zahl englischer Kauf- leute in Bergen ansässig war, trotz der beherrschenden Stellung, welche die Hansa dort einnahm. Dies führte zu Streitigkeiten und zu einem Jahrhunderte langen Wettkampfe mit der Hansa, aus welchem Eng- land zuletzt siegreich hervorging. Das Wichtigste hierüber haben wir bereits mitgeteilt (S. 573 etc.). Scrivenor sagt in seiner Geschichte des Eisenhandels: „wäh- rend dem 14. und 15. Jahrhundert wurde Eisen und Stahl von Deutschland, Preussen und andern Plätzen, und auch von Spanien importiert“. Das Eisen von „Preussen“ war hauptsächlich das von Danzig importierte schwedische Eisen (Danzic iron), denn Danzig war die „Quartierstadt“ für Preussen. Im 14. Jahrhundert bestand be- reits eine Niederlassung englischer Kaufleute in Danzig. Eduard III. erliess im Jahre 1354 eine Verordnung, welche ein- schärft, dass kein Eisen, welches in England gemacht oder nach Eng- land eingeführt worden sei, aus dem Reiche ausgeführt werden dürfe, bei Strafe des doppelten Wertes. Zu jener Zeit waren die Preise sehr in die Höhe getrieben worden von denen, die es besassen; ein Beweis, dass es daran mangelte. Derselbe König liess viele Hand- werker aus Flandern und den Städten am Rhein kommen, welche sich in London und andern grösseren Städten Englands ansiedelten und die Gewerbthätigkeit in Aufschwung brachten, darunter be- sonders auch die Fabrikation von Kleineisenwaren. Ausser in London gelangte-diese in Birmingham und Sheffield zur Blüte, namentlich die Fabrikation von Messern. Trotzdem dauerte die Einfuhr auch dieser Artikel ununterbrochen fort, wie aus einer Petition der Eisen- England. fabrikanten von London und andern Städten an das Parlament im Jahre 1483 hervorgeht. Dieselben beklagten sich über den grossen Schaden, den sie durch die Einfuhr der Artikel, die sie fabrizierten, erlitten und sie erwirkten einen Parlamentsbeschluss gegen die Einführung von „Messern, Gehenke, Schneiderscheren, Handscheren und Eisen, Feuerzangen, Bratroste, Schlösser, Schlüssel, Thür- angeln und Haken, Sporen, Gebisse, Steigbügel, Schutzketten, Blechnägel mit Eisenstift, Schuhschnallen, Tuchscheren, Eisendraht, eiserne Leuchter, Gitter und andere Erzeugnisse der heimischen Gewerbe“. 1417 hatten die Messerschmiede Londons von König Heinrich V. Zunftrechte erhalten, die Sheffielder besassen dieselben angeblich schon hundert Jahre früher Nach Jeans (Steel) wäre die Zunft der Messerschmiede in Sheffield erst 1648 incorporiert worden. . Der Dichter Chaucer (um 1360) sagt schon: „a Shefield thwytel bare he in his hose“. Thwytel war das Messer, das der gewöhnliche Mann in einer Scheide an der Seite trug und wo- mit er auch seine Nahrung zerteilte. Aber trotzdem kommen deutsche, französische und kölnische Messer (knyves of Almagne, knyves of France, knyves of Collagne) unter den in den Zollrollen aus der Zeit Heinrichs VIII. eingeführten Waren vor. Einen grossen Aufschwung erfuhr die Sheffielder Eisenindustrie durch den Zuzug niederländi- scher Messerschmiede um 1570. Auch in Salisbury und Woodstock blühte das Messergewerbe. Die Angabe O’ Reillys in den Annales des arts et manufactures (t. VI, p. 226), dass es in der Mitte des 15. Jahrhunderts in England Hochöfen gegeben habe, welche gross genug waren, um mit Holz- kohlen in 24 Stunden 40 bis 60 Ctr. Roheisen zu schmelzen, ist ohne Zweifel falsch und wird durch nichts bestätigt. Ebenso erscheint die Nachricht, dass im Jahre 1475 unter Eduard IV. durch dessen Bruder Richard, Herzog von Gloster, in dem Forest of Dean Hoch- öfen von Niederländern errichtet worden seien, zweifelhaft. Aller- dings wurde die Bewegung, die Privilegien der fremden Kaufleute zu vernichten, sich von deren herrschendem Einfluss zu befreien und die einheimische Industrie zu fördern, gegen Ende des 15. Jahrhunderts immer mächtiger. Insbesondere war es der immer einflussreicher werdende Verband englischer Grosshändler, der merchant adventurers, welche dieses Ziel mit allen Mitteln anstrebten und auch den ver- räterischen Überfall des Stahlhofes im Jahre 1493 veranlasst hatten. Beck , Geschichte des Eisens. 56 England. Noch aber war die Macht der Hansa ungebrochen und gerade um die Wende des Jahrhunderts war die Einfuhr fremden Eisens auf fremden Schiffen eine grosse. Was den deutschen Kaufleuten in London am meisten zu Macht und Ansehen half, war ihr Reichtum, der sie in den Stand setzte, die englischen Könige, die in fortwährender Geldverlegenheit waren, immer von neuem zu unterstützen. Schottland war noch mehr wie England auf die Einfuhr fremden Eisens angewiesen, denn seine heimische Erzeugung war ganz gering. Es bezog Stahl aus Flandern und Eisen von Danzig und andern Hansahäfen. In Schottland blühte nur ein Eisenschmiedegewerbe, die Schwert- schmiedekunst, welche ihren Anfang, oder den Anfang ihres Auf- schwungs, wohl nur sagenhaft auf einen fremden Klingenschmied, Andreas von Ferrara , zurückführt, der angeblich gegen Ende des 15. Jahrhunderts in Schottland thätig gewesen sein soll. Um diesen Andreas Ferrara hat sich ein förmlicher Sagenkreis gesponnen. Es ist aber wohl kein Zweifel, dass er identisch ist mit dem Andrea Ferrara von Belluno, geboren um 1530, gestorben nach 1583, welcher einer der bekanntesten Klingenschmiede Italiens in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war und von dem auf dem Wege des Handels viele Klingen nach England und Schottland gekommen sind. Da er seinen Namen auf die Klinge schlug, kam es, dass eine gute Schwertklinge damals schlechthin eine Andreas Ferrara hiess. Heinrich VIII. kann aber diese Klingen der Zeit noch nicht bezogen haben. Auch die von Dillon Siehe Dillon , Reise durch Spanien, 1782, Bd. I, S. 162. mitgeteilte Überlieferung vermengt Verschiedenes in irriger Weise. Danach habe Katharina von Arra- gonien ihrem Gemahl Heinrich VIII. eine grössere Zahl berühmter Schwerter aus Erz von Mondragon (Toledoklingen) zum Geschenk ge- macht, von denen man noch einige bei den Hochländern in Schott- land antreffe, wo man sie unter dem Namen Andreas Ferrara , als des Meisters, der auf der Klinge steht, sehr in Ehren halte. Klingen mit dem Namen Andreas Ferrara waren allerdings noch um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in England nicht selten. Dillon erwähnt ein Schwert, das sich in der kleinen Gewehrkammer im Tower in London befinde, mit dem Namen Andreas Ferrara , ohne anderes Zeichen; dasselbe wurde 1715 bei der schottischen Rebellion erobert. England. Die englischen Schwertschmiede verarbeiteten mit Vorliebe spani- sches Eisen. Feld- und Belagerungsgeschütze wurden von den Engländern schon früh verwendet. Bekannt ist, dass die Schlacht von Cressy 1346 hauptsächlich durch die englischen Geschütze gewonnen wurde. Diese, sowie die Munition, wurden im Auslande gekauft oder in dem englischen Frankreich hergestellt. In den Rechnungen der Kriegskasse (of the Treasurer of War) findet sich bereits im Jahre 1338 ein Ausgabeposten: „an Henry de Faumichan für Schiesspulver und sonstigen Bedarf für die Kanonen zu der Belagerung von Puii Guillaume “. 1378 wurden aber, wie es scheint, auch be- reits Kanonen in England angefertigt, denn König Richard II. gab in diesem Jahre Thomas Norwich den Auftrag, zwei grosse und zwei kleine Kanonen in London oder einem andern Platze zu kaufen. Die 400 Geschütze, welche die Engländer bei der Belagerung von St. Malo hatten, waren wohl zum grösseren Teile Handkanonen. Alle diese Geschütze waren aus Eisen geschmiedet. Der Guss von Kanonen kam in England erst im 16. Jahrhundert auf. Bessere Waffen wurden grossenteils aus dem Auslande bezogen. Schon Heinrich Bolingbroke rüstete sich mit mailändischen Waf- fen aus. Genauere Nachrichten über das englische Bewaffnungswesen be- sitzen wir aus der Regierungszeit Heinrichs VIII., der grosses Inter- esse am Waffenwesen nahm. Von dem ersten Jahre seiner Regierung (1509) an wurden Waffen und Kriegsgerät vom Auslande verschrieben und eingeführt, und zwar aus Deutschland, Italien und Frankreich Siehe A letter of Sir Henry Lee , 1590, on the trial of Iron for Ar- mour by H. A. Dillon in „Archaeologica“, 2. Ser., Vol. I, London 1888. . 1509 verkaufen Louis de Fava und Leonhard Friscobald , beides Italiener, grosse Vorräte von Kriegswaffen an den König. — 1511 entsendet König Heinrich den Richard Jerningham und zwei andere Edelleute seines Hofes nach Deutschland und Italien, um Waffen und Kriegsgerät zu kaufen. Einiges davon war für seinen eigenen Gebrauch; aber ausserdem berichtet Jerningham 1513, dass er einen sehr vorteilhaften Handel in deutschen Rüstungen („Almain rivets“) für 5000 Fusssoldaten in Mailand abgeschlossen habe. Etwa um dieselbe Zeit hatte Heinrich durch Wolsey mit einem florentinischen Kaufmanne Guy de Portenary für 2000 Al- main rivets abgeschlossen, und hierbei erfahren wir auch, was man 56* England. um 1512 unter diesem Ausdruck verstand. Die 2000 vollständigen Harnische, genannt „Almayne ryvettes“, sollten dem Muster ent- sprechen, welches John Dauncy in Händen hatte, und stets be- stehen aus einer Haube (salet), einem Halsberge (gorget), einem Brust- und einem Rückenpanzer. Der Preis war in wenigen Jahren bedeutend gestiegen, denn 1509 waren nur 8 Schillinge und 1511 11 Schillinge für eine Rüstung be- zahlt worden. Ebenso wurden grosse Quantitäten von Kanonen aus Gusseisen , Schmiedeeisen und Bronze von Hans Popenruyter zu Mecheln auf königliche Rechnung bezogen. Ausser fertigen Waffen wurde auch Material für Waffen bezogen. Im Mai 1516 erscheint eine Zahlung an John Hurdy von der Fisch- händlerzunft für vier Gebund Isebroke Stahl zur Waffenbereitung mit 8 Pfd. Sterl. 6 Sh. 8 P. Isebroke steht für Innsbruck, und unter Inns- brucker Stahl ist guter steirischer oder kärntner Stahl gemeint, ähn- lich wie ungarisches (Hungere) Eisen für steirisches Eisen gebraucht wird. 1520 veranlasste Heinrich VIII. zwei Waffenschmiede, Rauffe Brand und Richard Pelland , nach Flandern und Deutschland zu gehen, um Waffen, namentlich Turnierwaffen, zu kaufen. Um diese Zeit kamen nicht nur Waffen, Kanonen und Kanonenkugeln vom Aus- lande, sondern König Heinrich veranlasste auch deutsche Steinkugel- macher nach England zu kommen. Seine Büchsenmeister waren fast alle Ausländer, namentlich Deutsche, teilweise auch die Musketiere. 1535 wurde Mores mit Dethick , einem geborenen Deutschen (dutchman), welcher ein Waffenschmied des Königs in Greenwich war, nach Lübeck „und Deutschland“ geschickt, von wo sie nach mehreren Monaten mit einigen Hundert Musketieren und alten Soldaten zurück- kehrten. Daneben aber war Heinrich VIII. eifrig bemüht, eine Waffen- fabrikation in England selbst zu gründen und zu fördern. Einzelne Waffenschmiedemeister waren ja auch schon vordem im Solde der Könige gewesen. Zu Heinrich VII. Zeit werden genannt: die englischen Waffenschmiede John Smythe und Robert Litton , die französischen Philipp de Vigne und Ralph de Pontew , Panzerer des Königs (maker of brigantines to the king) und ferner Vincent Tutellar (auch als Tenteler und Tutalez angeführt), ver- mutlich ein Spanier, welcher einen Jahresgehalt von 20 Pfd. Sterl. bezog. Weit grösser war die Zahl der namentlich bekannten Waffen- schmiede Heinrichs VIII.; darunter die Engländer William Gurre England. (brigantine maker), Andrew und Rafe Brand, Richard Pel- land und John Diconson , und die Fremden: Peter Fava , zwei de Watts, Asymus Kyrkner , später zugleich Verwalter in Green- wich, Crochet, van Ureland und Bullato . Heinrich war aber bestrebt, förmliche Waffenfabriken zu gründen. Zu diesem Zwecke liess er, wahrscheinlich mit Hilfe des ihm befreundeten Kaisers Maxi- milian, deutsche Waffenschmiede kommen und siedelte diese „Al- mayne armourers“ in Greenwich und Southwark an. Sie erhielten eine besondere Livree und standen im festen Monatssolde. Daneben werden auch Brüsseler Wagenschmiede (1511) und Mailänder (1514) in Greenwich erwähnt. Die Ansiedelung der deutschen Waffen- schmiede geschah 1514; von da ab erscheinen regelmässige Lohn- zahlungen in den Rechnungen, so z. B. empfängt 1515 ein gewisser Blewberg 11 Pfd. Sterl. 8 Sh. für die Bekleidung (gowns, coats and hoses) von 11 deutschen Waffenschmieden (Almain armourers), sowie 100 Sh. für Kost. In den Monaten Juli, August und September des- selben Jahres werden zu Greenwich 16 Pfd. Sterl. 12 Sh. 6 P. für den Monat an Löhnen bezahlt. 1529 beliefen sich diese für 28 Tage auf 25 Pfd. Sterl. 6 Sh. 9 P. Im März 1515 erhielt derselbe Blewberg 20 Pfd. Sterl. für Herstellung einer Harnischschmiede mit Wasserrad- betrieb (for making a harness mill), und im Oktober werden dem Waffenschmiede Andrew Brand 26 Sh. 8 P. als monatlicher Pacht für seine Mühle zum Polieren (cleaning) der königlichen Rüstungen bezahlt. 1518 erhält George Lovekyn 16 P. Tagelohn für die Beaufsichtigung der Arbeiter in dem Zeughause zu Greenwich. — 1519 betragen die Löhne der deutschen Waffenschmiede in South- wark für 28 Tage 16 Pfd. Sterl. 13 Sh. 7 P., ausserdem erhält Sir Edward Guildford im April 117 Sh. 6 P. für Tuch für die Waffen- schmiede in Greenwich und Southwark, und im Mai 27 Pfd. Sterl. 4 Sh. für die jährliche Lieferung von rotem Tuch für die Uniformen (livery) und Kersei für die Hosen der deutschen Waffenschmiede. 1530 erhält Sir Edward 23 Sh. 8 P. für die Bekleidung von 18 Waffenschmieden. Das Material, welches die Waffenschmiede verarbeiteten, wurde aus dem Auslande bezogen. Im Jahre 1530 scheinen Versuche ge- macht worden zu sein, englisches Material zu verarbeiten, darauf deutet folgendes Item in den Rechnungen der Hofkammer: Fünf Engel (angels) gezahlt an Sir Laurence Starboro (Starber , viel- leicht Starenberg ?), deutscher Reichsritter (knight of Germania), für die Beförderung gewisser Erze von diesem Reiche nach Nürnberg England. (Norembarge), um daselbst auf die Güte ihres Metalles probiert zu werden.“ Von einem Erfolge wird nichts berichtet. Vielmehr wurden Eisen, Isebrock, d. h. Innsbrucker Stahl, Lanzen-, Speer- und Pfeil- spitzen nach wie vor bezogen. 1556 berichtet Sir John Mason an den Rat, dass er 50 Gebund Harnischbleche von den Schorers in Augsburg bezogen habe. — Die englischen Rüstungen waren in der Regel schwarz, angeblich weil diese das Seewasser besser vertrugen. Die Panzer hiessen Bri- gandinen, aber auch Millin coats, d. i. Milan coats, Mailändische Waffenröcke. Von Interesse sind auch die für Rüstungen gezahlten Preise. 1514 erhält der Waffenschmied des Königs von Frankreich für eine vollständige Ritterrüstung 66 Pfd. Sterl. 13 Sh. 1515 dagegen Crochet , des Königs Waffenschmied, für eine Rüstung (harness) 19 Pfd. Sterl. 16 Sh. 2 P. und 1516 Jacob de Watt 24 Pfd. Sterl. und später in demselben Jahre 30 Pfd. Sterl. für drei vollständige Rüstungen Über weitere Preise vergl. Archaeologica, Bd. LI, S. 256. . Der Preis von Jagdspiessen (forest bills) wird 1525 zu 10 P. das Stück angegeben. Hellebarten für die Garde kosteten 1530 4 Sh. das Stück. 1532 werden Byscaische Wurfspiesse (darts of Byscaian fashion) erwähnt. 1533 bezahlt Thomas Saxon von London für Schäften und Glätten von 6000 Kampfspeeren (fighting bills) 1 P. für das Stück und für 4000 Lanzenschäfte von Eschenholz (bylle helves of asche) 6 Sh. 8 P. das Hundert, für 6000 Lanzennägel (broods genannt) 2 Sh. 6 P. die 1000 Stück. An Lohn erhielt 1527 ein Pfeilschifter (arrow-head-maker) 4 P. den Tag. 1547 schreibt Lord Cobham an den Lord Protector am 16. Februar, dass er zum Begräbnistage Heinrichs VIII. Büchsen- schützen (hagbutters) haben könnte für 8 P. den Tag, wobei sie Waffen und Pulver mitbrächten. Ein Steinkugelmacher erhielt 6 P. für den Tag. Besondere Freude hatte aber König Heinrich VIII. an Geschützen, und ihm gebührt das Verdienst, die Geschützgiesserei in England ein- geführt zu haben. Er legte Zeughäuser an und liess geschickte fremde Giesser nach England kommen. Vor dieser Zeit liess er eine grosse Zahl von Geschützen im Auslande giessen, so im Jahre 1512 48 Stück von Popenruyter in Mecheln. 1513 berichtet der England. venetianische Gesandte Bavarin , König Heinrich habe Kanonenzeug um die Hölle einzunehmen. Den besten Einblick gewährt das Inventar, welches im ersten Jahre der Regierung Eduards VI. 1547 über das hinterlassene Ver- mögen König Heinrichs VIII. aufgenommen wurde, insbesondere über die Waffen und Kriegsgeräte in den Zeughäusern zu Westminster, dem Tower und zu Greenwich Siehe Arms and armour at Westminster, the Tower and Greenwich 1547 by H. A. Dillon , Archaeologica, Bd LI, S. 219. . Danach waren von den Kanonen im Tower 64 von Bronze und 351 von Eisen. Auf einer sonderbaren Bronzekanone mit drei nebeneinander liegenden, aber in einem Stück gegossenen Rohre Heinrichs VIII. steht die Inschrift „Petrvs Bavde Gallus operis artifex“. Dieser Peter Baude (Bawde) aus Frank- reich war der berühmteste Geschützgiesser des Königs, welcher auf die Entwickelung der Stückgiesserei in England den grössten Einfluss gehabt hat. Aber er war durchaus nicht der einzige ausländische Kunstgiesser, den Heinrich in seine Dienste gezogen hatte. Neben ihm werden genannt Arcanus de Arcanis von Cesena in Italien und Peter van Collen (Köln), welche den Engländern ihre Kunst lehrten. Von englischen Künstlern werden genannt die Owens, Huggets, Walker (der Heinrichs VIII. Grabmal machte), Her- bert, Lowyn, Symondo, Norton, Levelt, Johnson und andere, welche später sowohl eiserne als bronzene Kanonen und Büchsen überall im Reiche machten. Der erstgenannte Peter Baude goss schon 1525 zu Hounds- ditsch Bronzekanonen für den König. Aber erst 1543 wurden die ersten gusseisernen Kanonen in England gegossen. Ein alter eng- lischer Reim sagt: Master Hugget and his man John They did cast the first cannon, und zwar soll dies geschehen sein zu Buchsted (Buckstead, Buxted, Buxtead) in Sussex 1543. Ob den Genannten oder dem Peter Baude , wie meistens an- genommen wird, aber wirklich dieser Ruhm gebührt, ist nicht ganz klar. Es liegt eine Rechnung vor von 1516, wonach eine Zahlung von 33 Pfd. Sterl. 6 Sh. 8 P. an John Rutter von London geleistet wird für Miete sowie Zerstörung und Schaden an einem ihm ge- hörigen Gebäude, in welchem des Königs grosse Kanone „Basiliscus“ gegossen worden war, also wurden schon vor P. Baude Geschütze England. in England gegossen. 1532 schreibt der Venetianer Carlo Capello , dass König Heinrich täglich den Tower besuche, um das begonnene Werk, den Guss von Kanonen und die Anfertigung von Schiesspulver zu beschleunigen. Bezüglich der ersten gusseisernen Kanonen sagt eine andere Nachricht Siehe Smiles , Industrial Biographies, Bd. I, S. 33. , dass dieselben 1543 zu Buxtead in Sussex von Ralph Hogge , dem Giessermeister, der als seinen ersten Ge- sellen Peter Baude , einen Franzosen, beschäftigte, hergestellt wurden. Hogge (oder Hoge ) hatte aber auch einen geschickten flämischen Kanonenschmied, Peter van Collet , im Dienst. Dieser machte Mörser von 9 bis 11 Zoll lichter Weite, dazu Hohlkugeln aus Guss- eisen, mit Zündmasse gefüllt, welche in Stücke sprangen (Granaten). Dieser Peter van Collet hätte demnach wohl die Herstellung der Hohlgeschosse in England eingeführt. — Peter Baude hätte dann selbst ein Geschäft gegründet und sowohl Bronze- wie Gusskanonen gemacht. Einer seiner Gesellen, John Johnson , und nachmals dessen Sohn Thomas , wurden berühmt wegen der Güte ihrer Guss- kanonen. Die Hogges trieben das Geschäft durch mehrere Generationen. Hugget war gleichfalls ein berühmter Kanonenfabrikant. Noch heute giebt es Eisenschmiede namens Hugget in Ost-Sussex. Owen war besonders berühmt durch seine Bronze-Kulevrinen, auch diesem werden die ersten gusseisernen Kanonen zugeschrieben. 1740 hob Kapitän Roe mit der Taucherglocke an der Küste eine eiserne Kanone, welche das Zeichen eines englischen Stückgiessers: R. \& J. Philipps 1584 mit E. R. und der Krone trug Siehe Edingburgh Philos. Journ. VII, No. 14, p. 197 etc. . Gewöhnlich werden die Jahre 1547 oder 1555 für die ersten in England ge- gossenen eisernen Kanonen angegeben. Nach dem oben Angeführten ist dies nicht richtig, sondern ist das Jahr 1543 hierfür anzunehmen. Der Guss eiserner Kanonen wurde im Laufe des 16. Jahrhunderts eine grossartige Industrie für England, worauf wir später zurück- kommen werden. Die schweren Handfeuerwaffen, die auch canons heissen, wurden vielfach aus dem Auslande bezogen. In dem Inventar des Towers werden unter den vielen Arten besonders Noremboro-canons (Nürn- berger Büchsen), Portugal slings und Boymisch hag-bushes aufgeführt. Aber auch aus Italien, besonders aus Brescia, wurden viele Hand- feuerwaffen eingeführt. Als ein berühmter Büchsenschmied wird Lo- England. renzo Comminazo erwähnt. Schon 1511 erscheint eine Zahlung von 200 Pfd. Sterl. an Ludwig und Alexander de Fava für 500 Arkebusen, das Stück kostete demnach 8 Sh. 1544 fragte Hein- rich VIII. bei dem Dogen von Venedig an, wegen Ankaufs von 1500 Arkebusen und 1050 Rüstungen für Mann und Ross zu Brescia. Indessen wurden damals schon viele Handfeuerwaffen in England an- gefertigt. 1530 erhält Cornelius Johnson , König Heinrichs Büchsenmacher und Hofschmied, für 100 Büchsen (Landguns), die nach Irland geschickt wurden, den Preis von 5 Sh. für das Stück bezahlt. Eiserne Kugeln finden wir in den Rechnungen bereits 1512 er- wähnt. In diesem Jahre wurden 26 Pfd. Sterl. 10 Sh. 4 P. an Ro- bert Scorer für 10 Tonnen Eisenkugeln, also 2 Pfd. Sterl. 13 Sh. 4 P. für die Tonne bezahlt. 1517 werden 475 Kugeln von 75 Pfund Gewicht das Stück für des Königs „Basiliscus“ von George Brown gekauft. Dabei findet sich der Zusatz „made by Hum- phrey Walker“. Wenn dies eiserne Kugeln waren, so wurden da- mals schon solche in England angefertigt. In den Rechnungen jener Zeit erscheinen aber meistens nur Steinkugelmacher, als solche werden 1511 Richard Sackfeld und 1514 Richard Scerer (Scherer) , beides dem Namen nach Deutsche, erwähnt. Sie er- hielten 6 P. Tagelohn. 1523 sandte Kaiser Karl V. auf Heinrichs Ersuchen einen Kugelmacher, der als der beste in Spanien galt. Die eisernen Kugeln waren zuerst geschmiedet. Sie hiessen dice, Würfel, waren also mehr eckig wie rund; der Ausdruck entspricht der deut- schen Bezeichnung „Klötze“. Diese wurden dann öfter mit Blei um- gossen; shot of iron covered with lead kommt öfter vor. Im Jahre 1523 erhielt Henry Dyke , Schmied zu Calais, eine Rechnung be- zahlt für 1000 iron dysye, to be caste in ledde, eiserne Klötze in Blei eingegossen. Im Zeughause des Tower befanden sich 6700 halbe Haken- und Handbüchsen und 275 Karabiner (demi-hakes and hand-gonnes and shorte gonnes for horsemen, with cases of lether furnished with hornes and purses). Die Zahl sämmtlicher Feuerwaffen im Tower und in Greenwich betrug 1547 7700 Stück. Diese mit den vorhandenen Lanzen, Speeren, Äxten u. s. w. reichten zur Bewaffnung von 44500 Mann aus. Hatte Heinrich VIII. durch die Berufung ausländischer Waffen- schmiede und die Gründung der königlichen Waffenfabriken zur Un- abhängigkeit der englischen Eisenindustrie vieles beigetragen, so ver- folgte die grosse Königin Elisabeth dieses Ziel mit vollem Bewusstsein. England. Gleich im ersten Jahre nach ihrem Regierungsantritte nahm sie die aus Frankreich und den Niederlanden vertriebenen Protestanten auf, unter denen sich viele geschickte Handwerker befanden. Heinrich VIII., der mit den deutschen Kaisern Maximilian und Karl V. persönlich in freundschaftlichen Beziehungen stand, hatte den deutschen Kaufleuten des Stahlhofes nichts in den Weg gelegt. Anders gestalteten sich die Verhältnisse nach seinem Tode. Eduard VI. war den Hanseaten nicht geneigt. „Die Zeit war gekommen“, sagt Anderson Siehe Anderson , History of commerce, Bd. II, S. 90. , „dass England endlich den Schaden erkannte, den es von den deutschen Kaufleuten des Stahlhofes erlitt, die für englische Tuche weit weniger Ausfuhrzoll zahlten als die Engländer selbst. Antwerpen und Hamburg beherrschten damals den nördlichen und mitteleuropäischen Handel; sie machten für ein- und ausgeführte Waren Preise, wie es ihnen beliebte. Da sie alle Märkte beherrschten, konnten die englischen Händler nicht aufkommen. Hierüber machte die englische Gesellschaft der Merchant-Adventurers Vorstellungen beim König. Sie klagten die Hanseaten, insbesondere die Danziger, an, Waren fremder Kaufleute auf ihre Privilegien hin einzuschmuggeln. Durch ihre grossartige Korporation konnten sie alle andern Unter- nehmer unter- oder überbieten. Sie drückten auf den Preis der englischen Wolle, deren Handel sie beherrschten. Im vorhergehenden Jahre (1551) hatten sie 44000 wollene Tuche exportiert, während alle englischen Kaufleute zusammen in demselben Jahre nur 1100 ausgeführt hatten. Sie seien frei von allen Zöllen, obgleich sie doch hauptsächlich mit fremden Waren handelten. Dies sei ein grosser Schaden für den Staat. — Daraufhin befand der Staatsrat (the kings Privy council): 1. dass alle von den hansischen Kaufleuten vorgegebenen Rechte nach den Gesetzen dieses Landes ungültig sind, da sie keine richtige Korporation bildeten, um solche zu empfangen. — 2. Dass solche Gewährungen und Privilegien sich nicht auf bestimmte Per- sonen oder Städte erstrecken und weil es unbestimmt ist, welche Personen oder welche Städte diese Rechte geniessen sollen, so lassen sie auf Grund dieser Unbestimmtheit zu, dass sie von diesen Frei- heiten und Rechten einen jeden Gebrauch machen lassen, wie sie wollen, zum grossen Nachteile der Steuern des Königs und zum Schaden des Reiches. — 3. Dass, wenn diese Rechte auch gültig wären, sie kein Recht gewähren, fremde Kaufleute und deren Ware zu decken, was sie erwiesenermassen gethan haben. — 4. Dass die England. angemassten Privilegien gewährt waren, als die Stahlhofkaufleute die Waren nur von ihren Städten holten und hinführten, während sie jetzt die Waren nach Holland fahren und Gut von aller Herren Länder einführen. — 5. Dass die Privilegien unter Eduard VI. hin- fällig geworden waren durch den Krieg, den sie gegen diesen König führten; bei dem danach abgeschlossenen Vertrage war festgesetzt, dass die englischen Kaufleute die gleichen Vorrechte in Preussen und andern hansischen Gebieten haben sollen, was aber nie eingehalten wurde. Aus allen diesen Gründen bestimmt der Rat, dass die Privilegien, Freiheiten und Befreiungen, welche von den Kaufleuten des Stahl- hofes beansprucht werden, von nun ab ihnen genommen seien und in den Händen des Königs Gnaden bleiben sollen, bis genannte Kauf- leute bessere Beweise für ihre Rechte vorzubringen vermögen, wobei ihnen indess alle Freiheit gewährt sein soll, die sonst einem fremden Kaufmanne gewährt sind.“ Nach Eduards Tod bestätigte Königin Maria 1554 diese Nichtig- keitserklärung der hansischen Privilegien; widerrief dieselbe aber bald darauf. Königin Elisabeth, welche eine streng nationale Politik ver- folgte, war den hansischen Kaufleuten nicht gewogen, trotzdem erhielt sich in den ersten Jahren ihrer Regierung ein erträgliches Ver- hältnis. Um jene Zeit machte die Entwaldung Englands durch die immer kräftiger sich entwickelnde Eisenindustrie grosse Fortschritte. Der Holzmangel machte sich fühlbar. Aus diesem Grunde erliess Königin Elisabeth bereits im ersten Jahre ihrer Regierung (1558) ein Gesetz gegen die Verkohlung von Stammholz. Darin wurde bestimmt, dass kein Bauholz (timber) von der Stärke von einem Quadratfuss über der Wurzel, welches innerhalb 14 Meilen vom Meere oder von irgend einem Teile der Themse, des Severn oder irgend eines Flusses, einer Bucht oder eines Stromes, worauf die Beförderung gemeiniglich mit Boten oder andern Fahrzeugen nach irgend einem Teile des Meeres geschieht, in Kohle umgewandelt wird oder als Brennmaterial zur Herstellung von Eisen dient. Dieses Gesetz soll sich jedoch nicht erstrecken auf Sussex, noch das Waldland (weald) von Kent, noch auf eine der Gemeinden von Charldwood, Newdigate oder bis in das innere Waldland der Grafschaft Surrey (Bd. I, Eliz. c. 15). Zu diesem Erlasse macht Scrivenor (S. 34) folgende An- merkungen: Eisendraht wurde in England vor dem Jahre 1568 aus- England. schliesslich mit der Hand gemacht und gezogen. Die Deutschen führten damals in dem Forest of Dean und in andern Gegenden die Kunst, ihn mittels Wasserkraft zu ziehen (of drawing it by mill), ein. Besonders genannt wird Christoph Schultz aus Annaberg in Sachsen, welcher nach England gekommen war wegen der Freiheit, für Fremde nach Erzen zu schürfen Siehe Lardner , a. a. O., Bd. II. S. 329. . Der grösste Teil des Eisen- drahtes und fertig gemachter Wollkratzen waren bis dahin eingeführt worden. Auch die Eisen- und Drahtwerke von Abbey Tintern waren von Deutschen errichtet worden. Um diese Zeit liess sich auch eine Kolonie von deutschen Stahlschmieden am Derventfluss, einige Meilen von der gleichnamigen Stadt in Durham, nieder. Sie machten sich bekannt durch ihre Schwerter und Schmiedwerkzeuge und wur- den die Begründer der berühmten Stahlfabrikation in Durham und Northumberland Siehe Mining and Smelting Magazine, Vol. IV, No. 23, Nov. 1863. . Im Hinblick auf den Holzmangel heisst es in den „Erwägungen für das Parlament im Jahre 1559“, dass Eisenhämmer (iron mills) aus dem Reiche verbannt werden möchten (!), denn wo vormals das Holz auf dem Haufen kaum etwas gekostet habe, da koste es jetzt infolge der Eisenwerke zwei Schillinge die Last. Vordem wurde spanisches Eisen für fünf Mark die Tonne verkauft, jetzt, seitdem es Eisenhütten hier giebt, wird englisches Eisen für neun verkauft. In Sussex nahm die Eisenindustrie um jene Zeit einen grossartigen Auf- schwung. Elisabeth hatte den aus Frankreich und den Niederlanden vertriebenen Protestanten eine Freistatt eröffnet. Viele fremde Eisen- arbeiter, Flamländer, Deutsche und Franzosen kamen nach Sussex, und da bei der neuen Industrie viel Geld gewonnen wurde, so warfen sich die adligen Grundbesitzer mit Eifer darauf und brachten ihre alten Hochwaldungen zum Opfer. Die Nevilles, Howards, Percys, Stanleys, Montagues, Pelhams, Ashburnhams, Sidneys, Sackvilles, Dacres und Finshes betrieben damals das Eisengewerbe mit dem- selben Eifer, wie heute die Grossindustriellen zu Wolverhampton, Birmingham u. s. w. Die Holznot nahm aber dadurch immer mehr zu. Ein weiteres Gesetz zur Verhinderung der Zerstörung des Bau- holzes wurde deshalb 1581 erlassen, welches hervorhob, dass durch die Errichtung verschiedener neuer Eisenhämmer (iron mills) in letzterer Zeit an verschiedenen Plätzen des Reiches in geringer Ent- fernung von London und dessen Vorstädten, oder von den Dünen England. und Meeresküsten von Sussex, der notwendige Bedarf an Holz, so- wohl an Bauholz und zu anderm Gebrauche, als auch alles fällbare Holz zum Hausbrande, täglich sich mindert und seltener wird und in nächster Zeit noch viel seltener werden wird, wodurch es kommt, dass die Preise sehr hoch und unvernünftig geworden sind. Zur Ab- hülfe dessen wurde bestimmt, dass keine neuen Eisenhämmer inner- halb 22 Meilen von London, noch von 14 Meilen vom Themsefluss, noch an verschiedenen angeführten, in der Nähe des Meeres gelegenen Gegenden von Sussex errichtet, noch Holz innerhalb dieser Gebiete verkohlt oder als Brennmaterial zum Eisenschmelzen verwendet wer- den durfte. Dieses Gesetz soll sich nicht erstrecken auf die Wälder des Christoph Darrell , in der Gemeinde Newdigate, in dem Walde von Surrey, welche Waldungen vormals wie jetzt von ihm erhalten und gehegt werden, eigens für seine Eisenwerke in diesen Gegenden (23, Eliz. c. 5). — Ein weiteres Gesetz von 1585 verbot die Errichtung jeglicher Eisenwerke in Sussex, Kent und Surrey, sowie die Benutzung jeglichen Holzes von einem Quadratfuss Stärke über der Wurzel als Brenn- material für irgend ein Eisenwerk (27, Eliz. c. 19). In Sussex entstanden zahlreiche Hochöfen, welche mancherlei Gusswaren lieferten, darunter auch verzierte Ofenplatten. Vor allem aber lieferten sie gusseiserne Kanonen, besonders für die Seeschiffe. Es war ein eifriger Wettbewerb mit dem ausländischen Eisen, auch in der Richtung, aus englischen Erzen ein an Güte dem ausländischen Eisen gleiches Produkt zu liefern. In Shropshire entstanden gleichfalls Hochöfen, und zu Pontypool in Südwales wurde ein Hüttenwerk er- richtet. Die Regierung unterstützte diese Bestrebungen auf das leb- hafteste, und der oberste Zeugmeister Sir Henry Lee musste 1590 Versuche anstellen, ob das englische Eisen für Waffen ebenso brauch- bar sei als das ausländische. Ein brieflicher Bericht hierüber A letter of Sir Henry Lee on the trial of iron for armour by H. A. Dil- lon , in Archaeologica, 2 series, vol. I, London 1888. ist noch vorhanden und gewährt den besten Einblick in die damaligen Verhältnisse. Das Schreiben, d. d. 12. Oktbr. 1590, ist an den Staats- minister Lord Burleigh gerichtet und besagt: dass der kürzlich ver- storbene Staatssekretär sich sehr für das in Shropshire dargestellte Eisen interessiert habe und dass er, um demselben mehr Kredit, so- wohl bei den Waffenschmieden Londons als bei Jacobi , dem Werk- meister von Greenwich, zu verschaffen, den Rat veranlasst habe, dass England. Qualitätsproben mit demselben in Gegenwart von Sir Robert Con- stable und seinem Vetter John Lee gemacht werden sollten. Als Sir Henry Lee bald danach an den königlichen Hof kam, drang der Staatssekretär in ihn, vergleichende Versuche in der königlichen Fabrik zu Greenwich machen zu lassen, was er alsbald that. „Ich wählte eine gute und starke Pistole, nahm sehr gutes Pulver, wog dasselbe ab, ebenso die Kugeln, und mit der gleichen Ladung ver- suchte ich erst die eine und dann die andere (aus Innsbruck- und Shropshire-Eisen); die in der königlichen Werkstatt aus ungarischem Eisen („mettell of Hungere“) angefertigte hielt aus und ausser einer kleinen Kugelspur war nichts verletzt, die andere platzte glatt durch und zerriss noch einen Balken der Schutzwehr in der Länge eines Fingers. Soviel von diesem englischen Metall. Und nun bitte ich Ihrer Majestät vorzustellen, welches Unheil die ganze Zunft der Waffenschmiede treffen könnte, die mit Weib und Kindern von ihrem Gewerbe leben, meist arm sind und doch nur schwer entbehrt wer- den können bei irgend welchen Unruhen oder im Kriege zu Land oder zur See. Würde ein so wichtiges Geschäft in die Hände einiger weniger gelangen, so ginge die ganze Zunft der Waffenschmiede zu Grunde. Man hat ja wohl einige geätzte Stücke mit dem englischen Eisen gemacht, aber wofür? Es ist besser eine Rüstung von schlech- tem Aussehen und gutem Material zu haben, als eine von gutem Aussehen und schlechtem Material, obgleich kein Grund vorliegt, dass man dem guten Metall nicht auch schöne Gestalt gäbe. Und man sollte einen gehörigen Vorrat guten Eisens jährlich beschaffen, umso- mehr, als es den Anschein hat, dass die Welt bald mehr davon nötig haben wird. Wenige Dinge bedürfen so sehr der Förderung. Würde aber dieser Handel in die Hände weniger gebracht, so würden diese nur danach trachten, sich zu bereichern. Wie aber würde Ihre Majestät bedient und der Not der andern abgeholfen? Ich bin der unterthänige Gesuchsteller für dieselben, weil ich es für ein Be- dürfnis für unser Land und für eine Wohlthat für die armen Ge- werbetreibenden halte.“ Königin Elisabeth war aber damals den Deutschen, insonderheit den Hanseaten, wenig geneigt. Sie beschuldigte dieselben, die Spanier gegen sie unterstützt zu haben. 1589 liess sie 60 hanseatische Schiffe in der Tajomündung wegnehmen und gründete damit die englische Handelsflotte. Nicht lange danach brach sie alle Verbindungen mit der Hansa, schloss den Stahlhof und vertrieb die deutschen Kaufleute aus London. Hierzu gab der Umstand Veranlassung, dass im Jahre England. 1597 die Hanseaten Kaiser Rudolf II. veranlasst hatten, die englischen Kaufleute (merchant-adventurers) aus Deutschland auszuweisen. Als Elisabeths Gesuch um Aufhebung dieses Erlasses erfolglos war, schickte sie eine Botschaft an den Lord-major und die Sheriffs von London, das Haus der hansischen Kaufleute im Stahlhofe zu London zu schliessen, und sie befahl, dass alle Deutschen hier oder irgendwo in ganz England, ihre Lande verlassen sollten am selben Tag, wo die Engländer Staden verlassen müssten. — Dies geschah, und seit diesem Tage hat der Stahlhof nie mehr seine frühere Bedeutung er- langt. Von demselben Tage an kann man aber die neue Geschichte der englischen Eisenindustrie datieren. — Zum Schluss lassen wir noch einige Mitteilungen zur Illustration der englischen Eisenindustrie im 16. Jahrhundert folgen. Das Gewerbe der Messerschmiede hatte eine grosse Bedeutung erlangt in London, Birmingham und Sheffield. Laland sagt bereits in einem Reiseberichte von 1538: „Ich kam in die schönste Strasse Birminghams, sie hiess Dirtay, in ihr wohnten Schmiede und Messerschmiede. — Es giebt überhaupt viel Schmiede in der Stadt, welche Messer und allerhand Schmiedwerkzeuge fabrizieren, auch viele Sporenmacher und eine grosse Anzahl von Nagel- schmieden, sodass die ganze Stadt von Feuerarbeitern bewohnt scheint.“ Die Schwertschmiede und die Nagler bildeten Zünfte. In London wurden zur Zeit der Regierung der Königin Elisabeth die feinsten Messer gemacht. Dennoch ist Fullers Angabe übertrieben. Er sagt: obgleich die ordinäre Messerfabrikation schon sehr alt im Lande war, so ist doch Thomas Mathews , Fleetstreet, London (V. Elizabeth) der erste Engländer gewesen, der feine Messer gemacht hat. Das stimmt nicht mit folgender Thatsache: Im Jahre 1575 machte der Graf von Schrewsburg seinem Freunde Lord Burleigh zum Ge- schenk ein Futteral mit Einschlagemessern, die sein armes Land böte und deren Ruhm durch das ganze Reich ginge. Der oben genannte Fuller erwähnt des allgemeinen Gebrauchs von Shef- fielder Messer bei dem Landvolke und beklagt sich über einen Schwindler, der ihm eins für 4 P. aufgehängt hätte, das nur 1 P. wert sei. Die erste Drahtmühle wurde angeblich von einem Deutschen, Christoph Schultz aus Annaberg, im Jahre 1565 angelegt. Von weit grösserer historischer Bedeutung war die Fabrikation gusseiserner Kanonen zu jener Zeit. Sie hing aufs engste zusammen mit dem Aufschwunge der Eisenindustrie in Sussex. Damals zogen England. Arbeiter aus allen Gegenden nach Sussex, um dort ihr Glück zu suchen. So war auch der Gründer der Familie Gale ein armer Schmied, der aus Not nach Sussex gewandert war. Hier erwarb er grosses Vermögen. Sein Sohn, einer der grössten Industriellen Eng- lands, wurde geadelt und Parlamentsmitglied. Die Eisenindustrie von Sussex erreichte ihren Höhepunkt zu Ende der Regierung der Elisa- beth, zu welcher Zeit das Gewerbe so blühend wurde, dass England, statt Eisen einzuführen, solches in Form von eisernen Geschützen auszuführen begann. Sir Thomas Leighton und Sir Henry Ne- ville hatten für die Geschützausfuhr Patente der Königin; so kam es, dass die Spanier mit englischen Kanonen gegen England kämpften. Sir Walter Raleigh rief die Aufmerksamkeit des Parlamentes auf diesen Gegenstand, indem er ausrief: Gewiss! früher war eins unserer Schiffe zehn spanischen überlegen, jetzt aber sind sie durch unsere Kanonen im Einzelkampf kaum zu besiegen. Daraufhin wurde ein Gesetz gegen die Ausfuhr von Geschützen erlassen, aber der Handel war für die hohen Herren so einträglich, dass doch immer noch viele Kanonen auf dem Wege des Schmuggels in das Ausland gingen. Camden sagt: Es ist erstaunlich, wie viele eiserne Kanonen in dieser Grafschaft gemacht werden! Derselbe schildert die Eisenwerke von Sussex und beschreibt den Lärm der Eisenhämmer. Die Helme der Hämmer waren von Eschenholz, 9 Fuss lang, mit Eisenbändern gebunden. Die Hämmer wurden durch Hebedaumen gehoben. Die Hütten hatten Spannteiche. Als Gebläse dienten Lederbälge, welche von Wasserrädern oder durch Pferdegöpel bewegt wurden. Ein Hoch- ofen gab drei bis vier Tonnen Eisen in der Woche. Der Krieg mit Spanien, welcher die Einfuhr spanischen Eisens verhinderte, gab Veranlassung, dass England grosse Mengen von Eisen aus Schweden bezog, und seit der Zeit hat diese Verbindung und die Einfuhr schwedischen Eisens nie mehr aufgehört. Während in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Eisen- industrie in Sussex sich zu hoher Blüte entwickelte, ging dieselbe in Lancashire wegen Mangel an Holz zu Grunde. Furness, der insel- artige Strich in Lancashire, hat nach Camden seinen Namen von den vielen Eisenschmelzen, die dort in alter Zeit bestanden. Aber im 7. Jahre der Königin Elisabeth (1565) wurden die Rennwerke (bloomaries) in High-Furness auf eine Vorstellung der Grundbesitzer von Hawshead und Colton, wegen der Verwüstung der Waldungen durch dieselben, und dass das Unterholz für die Ernährung des Viehes erhalten bleiben müsste, unterdrückt. Diese Schmelzhütten waren England. damals verpachtet an Christopher Sandy gent . und William Sawry , welche eine jährliche Pacht von 20 Pfd. Sterl. zu bezahlen hatten für das Holz, welches sie verbrauchten. Um die Unterdrückung der Eisenwerke zu erreichen, legten die Grundbesitzer und Pächter sich und ihren Nachkommen freiwillig diese Steuer, welche bloom- smithy-rent oder wood-rent genannt wurde, auf, und zwar in der Weise, dass dieselbe unter den ständigen Pächtern nach dem Urteile von 24 Erwählten dieser Körperschaft, die durch Majorität der Ge- samtheit gewählt waren, ausgeschlagen wurde. Nach der Vernichtung der unüberwindlichen Armada stieg das Ansehen Englands als Seemacht in den Augen der Welt bedeutend. Wie aber Zeitgenossen gegen Ende des 16. Jahrhunderts Englands Industrie, Handel und Schiffahrt beurteilen, wird erläutert durch folgende Bemerkungen aus Boteros Weltbeschreibung (S. 218): „Engellands Reichthumb besteht in den vnabgängklichen vnnd vnerschepfflichen Zin- vnd Bleyadern: hat auch Kupfer vnd Eisen. — Die gute gelegenheit der Gegendt machet vnd verursachet, dass die portugiesischen, spanischen, französischen, niederländischen vnd oster- ländischen Kaufleute es sehr besuchen: vnd zwischen Engellandt vnd den Niederländern ein vnaussprechliches Gewerb vnd Handel geführt wirdt.“ (S. 219): „Zu dieser Befestigung der Gegendt oder situs kommt auch die sterke oder macht des Meeres vnd des Landts, dann ausser der stehts vorhandenen gerüsten Galeeren von Kriegsschif, deren an- jetzo 70 vorhanden, hat das Königreich dermassen viel Meerporten vnd Gewerbstätt, dass die anzahl der Schiffen sich bis in 2000 er- strecket vnd im Fall der not 400 Kriegsschiff ausgerüstet werden können. Odoardus der dritt (Eduard III.) und Henricus der acht haben Calis und Bologna mit 1000 Kriegsschiffen belägerd.“ Ihre amerikanische Kolonialpolitik schildert Botero einfach als See- räuberei: „nit weniger haben sie anno 1586 die Insel Hispaniola, die newe Welt, überfallen vnd vexiren noch immerdar die Inseln Capoverde und Brasil. Vnd beschliesslichen weren die Engelländer feine Leut vnd lobenswerth, wann sie nit so beflissen weren, die Flotten der Christlichen Kaufleut zu berauben.“ Beck , Geschichte des Eisens. 57 Schweden und Norwegen. Schweden und Norwegen . Skandinavien darf als das eisenerzreichste Land Europas be- zeichnet werden. Eisen wurde in Schweden und Norwegen schon in alten Zeiten bereitet und als Handelsware ausgeführt. Neben dem Holz ist das Eisen die Grundlage des nationalen Reichtums Schwedens und die Verwertung der Eisenschätze hat in keinem Lande eine so grosse nationalökonomische Wichtigkeit als in Schweden. Dennoch geschah die Bereitung des Eisens bis zum 16. Jahrhundert in der primitivsten Weise, und der Handel lag ganz in den Händen Fremder, insbesondere der hanseatischen Kaufleute. Die Art der Gewinnung, die Bauernöfenwirtschaft, haben wir wiederholt geschildert (Bd. I, S. 803; Bd. II, S. 161) und auch die Abhängigkeit des nordischen Eisenhandels von den deutschen Hansestädten haben wir erwähnt. Gegen diese Abhängigkeit, welche wohl eine Ausbeutung Skandinaviens durch die Hansa genannt werden muss, erhob sich die Regierung, sobald sie sich stark genug dazu fühlte. Dies war allerdings nicht früher der Fall, als nach der Thronbesteigung Gustav Wasas , der die ökonomische Wohlfahrt Schwedens in jeder Weise zu fördern suchte und dem Eisengewerbe ganz besonders zugethan war; hatten doch die Eisenarbeiter Dalekarliens ihm hauptsächlich zum Thron verholfen, und begriff er die wirtschaftliche Bedeutung des Eisenhüttenwesens für Schweden vollständig. Diese Befreiung des Eisengewerbes von der Herrschaft des Auslandes wurde deshalb eine hochpolitische Frage, die in Schweden von noch viel grösserer Wichtig- keit war als in England. Zwei Arten von Eisenerz kamen für die Eisenbereitung Schwedens in Frage: die Sumpf- und Seeerze einerseits und die Bergerze, besonders die reichen Magneteisensteinlager anderseits. Obgleich sich die reichen Lagerstätten dieses vortrefflichen Eisenerzes durch 10 Breitegrade, von 57½ bis 67½ Grad nördl. Breite erstrecken und einen unerschöpflichen Reichtum an Erz enthalten, heutzutage auch zehnmal so viel Eisen aus diesen, als aus den Sumpferzen bereitet wird, so waren die Bergerze im Mittelalter nur in ganz geringem Umfange benutzt, während das meiste Eisen aus den Sumpf- und Seeerzen, welche mit den damaligen Hülfsmitteln leichter zu gewinnen und auch leichter zu verschmelzen waren, dargestellt wurde. Die Seeerze finden sich im südlichen und Schweden und Norwegen. mittleren Schweden, besonders in Småland, Gotland und Wermeland. Ueber die Beschaffenheit der Erze und ihre Gewinnung haben wir Bd. I, S. 807 bereits nähere Mitteilung gemacht. — Die Magneteisen- steine kommen in krystallinischen Gesteinen, wie Quarzit (Hälleflinta), Granit, Gneiss und Glimmerschiefer eingelagert vor und müssen durch Bergbau gewonnen werden. Obgleich ähnlich im Aussehen und der Art des Vorkommens, sind sie doch von sehr verschiedener Güte, je nach Menge und Art ihrer Beimengungen, als welche Quarz, Granat, Epidot, Hornblende, Augit, Kalkspath und Schwefelkies er- scheinen. Die besseren Sorten enthalten 6 bis 10 Proz. Mangan. Im hohen Norden finden sich mächtige Stöcke von trefflichem Magneterz im krystallinischen Schiefer. Am bekanntesten ist der bei Gellivara an der Lina-Elf im Gebiete der Tornea- und Lulea-Lapp- mark, der einen grossen Berg von Magneteisenstein bildet. Diese Erz- schätze wurden des schwierigen Transportes wegen aber bis vor kurzem nur wenig ausgebeutet. Von grösserem historischen Inter- esse ist die Magneteisenerzzone von Arendal in Norwegen. Hier tritt das Erz in linsenförmig gestalteten Stöcken im Gneiss eingebettet auf. In Norwegen wird kaum ein anderes Erz verschmolzen. — Für Schweden ist das Gebiet von Dalarne und Westmanland von noch grösserer Wichtigkeit. Hier, wo auch das berühmte Kupferbergwerk von Falun ist, wohnten die Dalekarlier, welche für Gustav Wasa kämpften und sich auch später durch ihre Königstreue auszeichneten. Bergbau und Metallgewinnung sind ihre Hauptnahrungsquellen. Der Magneteisen- stein kommt auch dort stock- und lagerförmig im Gneiss vor. Die Lagerstätten von Bipsberg bei Sâter in Dalekarlien, Norberg in West- manland und Nora bei Örebro sind die bedeutendsten. Im Gebiet von Wermland tritt der Magneteisenstein im Granit, der aber oft in Glimmer-, Hornblende- und Chloritschiefer übergeht, den Schiefern parallel eingelagert auf. Die bedeutendsten Gruben sind bei Pers- berg, Age Nordmarke, Taberg, Långsbanshyttan und Garsberg in der Umgegend von Philipstad. Das berühmteste Eisenbergwerk Schwedens aber liegt getrennt von den genannten Gebieten mehr inmitten des Landes bei Dannemora. Der Magneteisenstein ist in linsenförmigen Massen in Hälleflinta, Kalkstein und Chloritschiefer eingelagert. Die grösste Linse hat in ihrer Mitte eine Mächtigkeit von 180 Fuss. Der Tagebau, welcher auf dieselbe getrieben wird, ist über 400 Fuss tief. Das Dannemora-Eisen gilt als das beste Schwedens und galt in England als das Ideal alles Schmiedeeisens. Zum Schluss erwähnen wir noch den berühmten Taberg bei Jönköping in Småland, 57* Schweden und Norwegen. der sich als ein freistehender Kegel etwa 400 über den ihn um- gebenden Gneiss erhebt und nach einer Seite hin ganz aus Magnet- eisenstein, welcher mit Hornblende und Feldspath vermengt ist, be- steht. Das eigentümliche Gestein gleicht einem Basalt und wird auch öfter als solcher bezeichnet. Erst in den folgenden Jahrhunderten erlangte dieses Erz seine Bedeutung zur Herstellung der vorzüglichen gusseisernen Kanonen. Um diese ungeheuren Schätze von Eisen nutzbar zu machen, genügte der alte Betrieb mit den unvollkommenen Bauernöfen nicht. Der feste Magneteisenstein liess sich nur in Hochöfen richtig ver- werten. Dies erkannte Gustav Wasa mit sicherem Blick und ebenso, wie er bestrebt war, die schwedische Eisenindustrie von den Fremden unabhängig zu machen, die Verarbeitung des Osmund dem eigenen Lande zu sichern, ebenso war er darauf bedacht, die noch wenig gehobenen Schätze von Magneteisenstein zu verwerten durch Ein- führung des neuen Schmelzverfahrens in Hochöfen und des Frischerei- betriebes. Dies konnte er aber nur mit Hülfe Fremder, vornehmlich deutscher Arbeiter, und so ergab sich das eigentümliche Schauspiel, dass, während er auf der einen Seite die deutschen Kaufleute aus dem Lande zu treiben suchte, er auf der andern Seite deutsche Eisen- arbeiter nach Schweden kommen liess, um Hochöfen und Frisch- hütten zu erbauen und zu betreiben. Beides geschah aber zum Nutzen des Landes. Übrigens ging Gustav I. Politik nicht von vornherein daraufhin, die Hanseaten aus Schweden zu vertreiben. Er begünstigte dieselben vielmehr in der ersten Zeit in jeder Weise, war es ihm doch nur durch ihre, haupt- sächlich durch Lübecks Hülfe, möglich geworden, Stockholm zu er- obern und seinem usurpirten Königtum Anerkennung zu verschaffen. Als er ihrer aber nicht mehr bedurfte, als ihm die Bevormundung, die sie sich anmassten, mehr aber noch ihr Drängen auf Geldent- schädigung für ihre Hülfe lästig wurde, als er mehr und mehr erkannte, dass die Herrschaft der Hansa in Schweden ein Hemmschuh für die freie Entfaltung der Kräfte des Landes war, weigerte er ihnen das in Aussicht gestellte Handelsmonopol. Daraufhin unter- stützten die Hanseaten erst Christian III. von Dänemark heimlich gegen Gustav , danach einen Thronprätendenten, den zweiten falschen Sture öffentlich. Nun erschien dem König der richtige Augenblick gekommen, sich ihrer zu entledigen und er hob alle ihre Privilegien auf. Es kam zum Krieg. Gustav siegte und die Hanseaten mussten im Frieden von Hamburg 1533 auf viele ihrer Ansprüche verzichten. Schweden und Norwegen. Die Abhängigkeit der schwedischen Industrie von den deutschen Kauf- leuten war gebrochen. Diese Abhängigkeit, nicht nur auf wirtschaft- lichem, sondern auch auf politischem Gebiete, war aber eine solche gewesen, dass nicht der König, sondern die Hanseaten das Land beherrschten. Zur Zeit, da Sten Sture Reichsverweser wurde, hatten die Bauern überhaupt noch keine Vertretung; in den Städten musste aber die Hälfte der Bürgermeister und Ratsherrn Deutsche sein. Sten Sture verschaffte dem dritten Stand das Recht der Vertretung und bekämpfte die grossen Vorrechte der Ausländer im Stadtregiment. Wo er konnte, war er auf Hebung der Volkswirtschaft bedacht. Die Arbeit und die Arbeiter fanden bei ihm Schutz. Er gab auch den Bergleuten Dalekarliens neue Privilegien. — Die gleiche Politik ver- folgte Gustav Wasa und führte sie mit noch grösserer Umsicht und Sachkenntnis durch. Deutschland war damals im Bergbau und Hütten- wesen allen Ländern voraus. Deshalb liess sich Gustav , geleitet von dem Wunsch, die heimischen Bergwerke, welche durch die Nach- lässigkeit ihrer früheren geistlichen Herren sehr in Verfall geraten waren, einer grösseren Ausbeute zuzuführen, und wohl erkennend, dass dazu gründlichere Kenntnisse sowohl der Erze und Gesteine als des technischen Betriebes notwendig seien, tüchtige Fachleute aus Deutsch- land kommen und erteilte denselben Privilegien, und ebenso sammelte sein Agent Stephan Sachse auf seine Kosten über die verschiedenen metallurgischen Vornahmen in deutschen Hüttenwerken erprobte Kenntnisse, welche als Grundlage für den künftigen Betrieb der schwedischen Werke dienen sollten. Desgleichen berief er deutsche Eisenhüttenleute. Gustav Wasa erkannte klar die Unnatur des seit Jahrhunderten eingeführten und von den Hanseaten mit Eifersucht gepflegten Verhält- nisses, dass die Schweden aus ihren Erzen nur das Halbprodukt, den Osmund, herstellten, welchen die Deutschen zu billigem Preis aufkauften und ausführten, während alles fertige Eisen, Schmiedeeisen und Eisen- waren von den hansischen Kaufleuten zu hohen Preisen eingeführt wurde. Und dies geschah trotz des enormen Holzreichtums Schwedens! Nur Schlendrian und Dummheit, gepflegt von den interessierten Händlern, hatten diesen Zustand so lange bestehen lassen. Gustav I. ging ihm mit fester Hand zu Leibe. Er verbot die Ausfuhr von Erzen und von Osmund und Roheisen, die von Stabeisen dagegen nicht. Um der gedankenlosen Wirtschaft der Bauernöfen und der Darstellung des Osmund entgegen zu arbeiten, verlangte er 1540, dass alle Ab- gaben von Eisen an den Staat, — und in den erzreichen Distrikten Schweden und Norwegen. wurden seit Alters her alle Staatsabgaben in Eisen geleistet, — nicht in Osmund, sondern in Roheisen, d. h. Hochofeneisen geleistet werden mussten, indem, wie es in dem Befehl heisst, das „ Osmundeisen im Inland nicht zu brauchen sei und im Ausland nicht geachtet werde “. Zugleich befahl er, dass das Roheisen in Gänse gegossen werde, wodurch das Zerschlagen nach der alten Methode aufhörte. Hätte der König diese beiden Verordnungen mit Strenge durchgeführt, so würde die ganze Eisenindustrie Schwedens ins Stocken geraten sein. So erliess er sie und drückte auf ihre Durchführung, nur wo es anging, wie zu Nora, Linde und Skinskatteberg, war aber zufrieden, dass das Land sich erst nach und nach in diesen neuen, ganz veränderten Zustand hinein- fand. Indessen war er eifrig thätig, für die neue Art der Eisenindustrie Kräfte heranzuziehen. Durch das strenge Ausfuhrverbot des Os- munds waren plötzlich eine grosse Zahl von Schmieden, in und um Danzig brotlos geworden, denn diese hatten sich dort angesiedelt, um das billige schwedische Osmundeisen in Stabeisen umzuschmieden und es mit grossem Nutzen auf denselben Schiffen wieder nach Schweden zu schicken. Diese plötzlich verarmten Schmiede folgten gern des Königs Einladung, nach Schweden zu kommen und dort ihr Gewerbe weiter zu betreiben. Dies geschah aber nicht mehr zur Bereicherung der Hansestadt Danzig, sondern zum Nutzen Schwedens. Dass Gustav I. durch Deutsche Hochöfen und Frischhütten anlegen liess, steht fest. Ob schon vordem Hochöfen in Schweden bestanden haben, wie hie und da angenommen wird Meyer , Eisenhüttenwesen in Schweden, S. 6. , mit dem Hinweis darauf, dass die schwe- dische Art der Hochofenzustellung eine nationale sei, ist zweifelhaft. War es aber der Fall, so waren auch diese sicherlich von Deutschen angelegt; denn die ältesten Ausdrücke, welche sich auf diesen Betrieb beziehen, sind deutsch und aus der deutschen Sprache in die schwe- dische übergegangen. Dies bestätigt auch Garney Joh. Carl Garney’s Abhandlung vom Bau und Betrieb der Hochöfen in Schweden. Deutsch von Blumhof, Freiberg 1800. , der angiebt, die Worte Hytta und Masmästare (Hütte und Massenhüttenmeister) seien deutsch. Derselbe glaubt, dass die ältesten Öfen den deutschen Stuck- und Flossöfen entsprochen, also mit geschlossener Brust ge- arbeitet hätten. Roheisen wird zur Zeit Gustav I. Wasa schon häufig erwähnt. Es war in Galten oder Tacken gegossen. Letzteres ist wohl auch das niederdeutsche Wort Tacken (neu hochdeutsch Zacken = Platten), welches den deutschen Hüttenleuten geläufig war. Galten entspricht dem deutschen Ausdruck „Gans“ oder noch mehr dem Schweden und Norwegen. englischen „pig“, denn es heisst, wie dieses Schwein. Danach wurde Roheisen als Tackejern, heutzutage noch als Tackjern bezeichnet, seltner als galtjern. In ihrer Anlage lehnten sich die von Deutschen er- bauten Hochöfen ganz an die älteren schwedischen Bauernöfen an. Sie standen wie diese an einen Hügel gelehnt, und die freistehenden Seiten waren aus Zimmerwerk, welches inwendig mit einem kunst- losen Mauerwerk ausgekleidet war, hergestellt. Die Brust war nur fester gemauert und die Eckpfeiler sorgfältiger gezimmert, als bei den schwedischen Stücköfen, ebenso bestand die Erdfüllung aus besserem Material und der Schacht hatte stärkere Futtermauern und war höher, doch überstieg die Höhe nie 12 Ellen. Der Ofen war weiter zu- gestellt, die Rast (kersbaudet) war ¾ Ellen unter der Mittelhöhe. Die äussere Gestalt war meist sechs- oder achteckig; da aber das Ganze ohne eigentliches Fundament war, senkte es sich oft und die Abzüchte wurden unbrauchbar. Man bediente sich der Lederbälge. Form, Tümpel und Damm waren von Gusseisen. Die Schlacke konnte nicht frei abfliessen, sondern wurde abgestochen. Der Abstich lag nach der Formseite zu. Man arbeitete auf mässig hartgrelles Roheisen als am geeignetsten für die Frischschmiede. Durch die Berufung deutscher Schmiede wurde denn auch die deutsche Frischmethode, die Tysksmide eingeführt, welche allmählich die Osmundschmiederei immer mehr ver- drängte Vergl. Dr. M. Meyer , Beiträge zur Kenntnis des Eisenhüttenwesens in Schweden. Berlin 1829, S. 8. . Im Jahre 1554 war die junge Stabeisenindustrie Schwedens bereits so gekräftigt, dass König Gustav die Hüttenbesitzer veranlassen konnte, ein Jahr lang gar kein Stabeisen auszuführen, wodurch die fremden Kaufleute gezwungen wurden, selbst nach Schweden zu kommen und zu festgesetzten hohen Preisen einzukaufen. Nach der Frischeisen- Taxe von 1555 wurde 1 Last Osmund = 126 Mark gerechnet, welches für 10½ Mark nach dem Münzfuss von 1527 nur 3⅝ Reichsthaler ausmacht. Allerdings war bis zu Ende der Regierung Gustavs I. der Ausfall, welcher durch das Verbot der Osmundausfuhr entstanden war, noch lange nicht wieder ausgeglichen. Denn während die Aus- fuhr von rohem Osmund 80000 Ctr. betragen hatte, erreichte die Stabeisenausfuhr noch nicht 30000 Ctr. Aber König Gustav war von der Richtigkeit seiner Massregel für die zukünftige Wohlfahrt des Landes so durchdrungen, dass er bei der Teilung seines Landes seinem Sohne Karl , der in diesen Dingen sein Vertrauter gewesen Schweden und Norwegen. war, mit dem er alle seine Pläne für die Zukunft der Eisenindustrie besprochen und beraten hatte, dem er die Sorge für die Zukunft der- selben als ein heiliges Vermächtnis hinterliess, grade diejenigen Pro- vinzen als Herzogtum zuteilte, in denen die neue Industrie in der Entwickelung begriffen war, indem er voraussagte, dass Schwedens Reichtum hier vergraben läge. Wie weise er geurteilt, wie richtig seine Wahl war und welche Wohlthat er dadurch Schweden erzeigt hat, lehrt die Geschichte der Regierung Karls IX., die in den Anfang des 17. Jahrhunderts fällt. Gustav I. wirkte auch dadurch Grosses für die Eisenindustrie Schwedens, dass er viele neue Gruben und Hütten anlegte, sich selbst bei diesen Unternehmungen beteiligte und die Vornehmen des Reiches dazu aufmunterte. Dadurch wurde die Eisenindustrie, die vordem nur ein verachtetes Bauerngewerbe gewesen war, geachtet und angesehen. Von den neugegründeten Werken erwähnen wir das grosse Eisenwerk (ferraria fabrica) zu Osterby, welches 1565 angelegt wurde und 1725 noch in Blüte stand. Der Geograph Botero rühmt hauptsächlich die gewaltige Menge von Geschützen, welche die Könige von Schweden damals besassen. Viele derselben waren aus Gusseisen hergestellt, und es lässt sich annehmen, dass dieselben grossen- teils im eignen Lande gegossen waren. In Polen herrschte der Adel und riss alle Hohheitsrechte über den Bergwerksbesitz an sich. Die Eisenbergwerke hatten im Mittel- alter nicht zu den Regalien gehört, doch hatten die Könige Abgaben an Geld und Eisen von den Eisenwerken erhoben. Späterhin er- teilten die Starosten, welchen die königlichen Besitzungen auf Lebens- zeit zur Nutzniessung überlassen waren, die Bewilligung zur Anlage der Eisenerzgruben und Luppenfeuer. Kasimir Jagello bestimmte 1472 auf dem Reichstage zu Korczin eine Abgabe von einem Terto (1/48 Mark) von jedem Eisenhammer-Wasserrade. Aus Verträgen zwischen Privat- eigentümern, die sich in alten Akten befanden, geht hervor, dass die Eisenerzeugung in Luppenfeuern im 15. Jahrhundert in Polen sehr ausgebreitet war. Der Wahlkönig Heinrich von Valois erkannte 1573 das unbe- schränkte Nutzungsrecht des Adels an dem Bergwerksbesitz auf seinen Gütern an. Stephan Bathori bestätigte diesen Grundsatz und führte ihn noch weiter aus, indem die Könige förmlich darauf ver- zichteten, Bergwerksprivilegien zu erteilen und Zehnten von den Bergwerken der Adligen zu erheben. Damit fiel auch alle staat- Russland. liche Aufsicht weg. Die Folge davon war, dass die polnische Eisen- industrie keine Fortschritte machte und in ihrem alten Schlendrian beharrte. Russland . Von einer russischen Eisenindustrie im Mittelalter kann noch kaum die Rede sein. Das ungeheure Ländergebiet, welches heut- zutage das europäische Russland ausmacht, war damals noch nicht politisch vereinigt, sondern nach Volksstämmen und Staaten vielfach geteilt. Im Ganzen aber war es für das gebildete Europa eine un- bekannte, fremde Welt. — Die einzigen regelmässigen Beziehungen mit Russland unterhielten die hanseatischen Kaufleute, die in Now- gorod ein Hauptkontor hatten. Dort, wo der Völkermarkt zwischen Asien und Europa war, entwickelte sich ein grosses, reiches Gemein- wesen mit zum Teil europäischer Cultur. Die reiche Stadt bildete den Mittelpunkt einer politischen Macht (s. S. 578) und Iwan der Grosse konnte sich erst dann mit Recht den Titel „Beherrscher von ganz Russland“ nennen, nachdem er Nowgorod erobert und seiner Herrschaft unterworfen hatte. An einen Export von russischem Eisen war damals noch nicht zu denken. Russlands Eisenindustrie war gering. In niedrigen Stücköfen wurde von den Bauern das Eisen für den gewöhnlichen Bedarf geschmolzen. Alles bessere Eisen, Blech, Stahl, Waffen, Kleineisenwaren wurde von den deutschen Kaufleuten eingeführt. Die Art der Eisengewinnung in Russland hatte die grösste Aehn- lichkeit mit derjenigen der schwedischen und norwegischen Bauern. Dass dies in Finnland so war, erscheint natürlich, sowohl der politi- schen Verbindung als der geognostischen Aehnlichkeit wegen. Denn einerseits besitzt Finnland Magneteisenerzablagerungen von ganz demselben Charakter wie Schweden, während sich anderseits in den vielen Landseeen Seeerze und in den Niederungen Sumpferze finden, wie in Schweden, und dass deren Verhüttung in Bauernöfen eine sehr alte ist, haben wir bereits Bd. I, S. 804, erwähnt. Die ganz ähnliche Art des Verschmelzens von Raseneisenstein in primitiven, niedrigen Schachtöfen fand sich aber in vielen Gegenden der un- Russland. geheuren russischen Ebene bis zum Ural hin. Um Nowgorod hatte sich, veranlasst durch den grossen Bedarf des riesigen Marktverkehrs, zu dem tausende und tausende von Fuhrwerken und Pferden von der Ostsee, von Asien und aus dem Lande zusammenströmten, eine ganz ausgedehnte Eisenindustrie entwickelt. In hunderten von kleinen Schachtöfchen wurde aus Raseneisenstein Eisen ausgeschmolzen, und es war das Verfahren dem schwedischen so ähnlich, dass der Gedanke nahe liegt, dass die Gotlander, die ja am ersten den Handel mit Nowgorod betrieben, ihre Bauernöfen dorthin verpflanzt hätten. Dass um Tula gegen Ende des 16. Jahrhunderts Eisen gewonnen wurde, ist bekannt, zweifellos war dies aber schon viel früher der Fall. Im Ural, wo im Permschen Gouvernement die Natur Eisenmassen, wie kaum sonstwo auf Erden, aufgetürmt hat, bestand auch gewiss schon in sehr alter Zeit Eisengewinnung, darauf deuten die ausgedehnten alten Pingen. Nachrichten haben wir darüber keine. — Iwan Wassiljewitsch hatte die deutschen Kaufleute von Nowgorod aus Russland ausgewiesen, aber noch weniger als später in Schweden Gustav Wasa konnte er der fremden, insbesondere der deutschen Arbeiter entbehren. 1484 schickte Iwan seinen Staatsschreiber Fedor Kirizin an König Mathias Corvinus von Ungarn mit dem Ersuchen, seine Ge- schützgiesser, Ingenieure, Baumeister und Bergverständige zu schicken Siehe A. Winckler , die deutsche Hansa in Russland, 1886, S. 54. . Ebenso sandte er später einen Griechen, Georg Trachaniotes , als Ge- sandten an die deutschen Kaiser Friedrich III. und Maximilian und liess um Erlaubnis bitten, in Deutschland gute Künstler, Baumeister und Bergleute für seinen Dienst anwerben zu dürfen. 1492 gelang es den Gesandten Trachaniotes und Jaropkin , in Deutschland ge- schickte Handwerker und Bergleute für den Zaren anzuwerben. Von der Thätigkeit der Letzteren versprach sich Iwan besonders viel und zwei derselben entsprachen auch seinen Erwartungen in vollem Masse. Johann und Victor — nur ihre Vornamen haben die russischen An- nalen aufbewahrt — waren in Begleitung zweier Russen an die Ufer der Petschora gezogen, um Silber zu suchen. Was sie hier nicht fanden, trafen sie 300 Werst südwestlich an der Gylma, einem Neben- fluss der Petschora. Auf einem Flächenraum von 10 Werst entdeckten sie eine Silber- und eine Kupfermine, deren Erträgnisse den Gross- fürsten bald in den Stand setzten, aus heimatlichem Silber Münzen schlagen zu können, während er bis dahin die Edelmetalle aus dem Auslande bezogen hatte. Russland. Ein wichtiges Ereignis für Russland, das in seinen Folgen auch für die Eisenindustrie von besonderer Bedeutung wurde, war die Fahrt um das Nordkap, die Entdeckung des Weissen Meeres und die erste Anseglung der Dwinamündung durch den Engländer Chancellor . Iwan der Schreckliche liess die Fremdlinge nach Moskau führen, nahm sie gut auf, weil er mit der Hansa zerfallen war und errichtete einen Handelsvertrag mit England. Dort bildete sich alsbald eine russische Handelsgesellschaft, welche einen Freibrief erhielt und 1566 vom Parlament bestätigt wurde. Der Ort Cholmogor am Ausfluss der Dwina diente als Umschlagsplatz, bis später 1584 eine neue Stadt, Archangel, gegründet wurde. Es entstand eine regelmässige Handels- verbindung mit England und Holland, und Archangel wurde der be- deutendste Hafen Russlands. Durch diese Ereignisse erwarben sich die Engländer die grösste Gunst des Zaren, die sie auch alsbald aus- nutzten zum Nachteil der deutschen Kaufleute, welche durch die Eroberung Narwas durch die Russen eine neue Niederlage erlitten hatten. Durch Vermittelung des englischen Gesandten Jenkison , welcher einen Auftrag des Zaren an den Schah von Persien zu dessen Zu- friedenheit ausgeführt hatte, gestattete er den englischen Kaufleuten 1559 an der Witschegda sich niederzulassen, dort Eisen zu suchen und zu schmelzen unter der Bedingung, dass sie den Russen das Verfahren lehrten und bei der Ausfuhr nach England für jedes Pfund einen Denga (half penny) zahlten. Damit war der Anfang der Eisen- ausfuhr Russlands nach England gemacht. Ganz Russland stand damals den Engländern offen; sie allein durften überall handeln und selbst ihre Münzen im Lande schlagen. Aber die Engländer miss- brauchten im Uebermut ihre Vorrechte, insbesondere durch masslose Preisauftreibungen, und die vorsichtigeren Holländer verstanden es, allmählich die Engländer zu verdrängen, nachdem Boris Godunow , der Lenker des Reiches, ihnen die gleichen Rechte eingeräumt hatte. Wir haben bereits erwähnt, dass schon Iwan der Grosse bemüht war, fremde Handwerksleute und Bergleute nach Russland zu ziehen. Im Jahre 1475 wurde ein gewisser Aristoteles Fioraventi aus Bologna nach Russland berufen, der den Russen das Giessen und den Gebrauch von Kanonen lehrte. In Moskau wurden schwere Stücke gegossen. Man nahm auch deutsche Büchsenmacher in Dienst, welche eiserne Kugeln gossen. Iwan IV., „der Schreckliche“, unterhielt ein grosses stehendes Heer. Er errichtete das nationale Korps der Strelitzen, welche vor- züglich bewaffnet waren, aber nicht nur diese, sondern seine ganze Russland. Armee von 65000 Mann war auf das Beste bewaffnet und aus- gerüstet. Iwan IV. entwarf das Projekt, eine ganze Kolonie ausländischer Künstler und Handwerker in sein Reich zu ziehen. Zu diesem Zwecke wurde 1547 der Sachse Hans Schlitte als Gesandter zu Karl V, ge- schickt, um von demselben die Erlaubnis zu erbitten, deutsche Ge- lehrte, Künstler, Baumeister, Industrielle und Handwerker nach Russ- land bringen zu dürfen. Nach den Berichten mehrerer Annalisten versammelte Schlitte über 300 deutsche Künstler, Goldschmiede, Glockengiesser, Maurer, Maler, Bildhauer und andere, und war schon bereit, sich in Lübeck mit ihnen einzuschiffen, als plötzlich auf In- triguen des Livländischen Ordens und der hanseatischen Kaufleute, welche damals in feindlichen Beziehungen zu Russland standen, ein Befehl vom Kaiser erlassen wurde, der ganzen Gesellschaft die Pässe abzunehmen und Schlitte selbst ins Gefängnis zu werfen. Der russische Gesandte wusste sich aber bald frei zu machen und den meisten von ihm engagirten Personen gelang es auch, auf Umwegen nach Russ- land zu kommen Siehe Karasmin , Geschichte des Russischen Reiches VIII, S. 70, 71. . 1557 erneuerte Iwan IV. sein Gesuch bei Kaiser Ferdinand I., und obwohl dies ebenfalls keinen direkten Erfolg hatte, wusste er doch Mittel zu finden, eine beträchtliche Anzahl deutscher Handwerker in sein Reich zu ziehen. Alle diese Anläufe zu einer Verbesserung der Gewerbsverhält- nisse und zur Einführung fremder Kultur hatten nur ganz vorüber- gehenden Erfolg — Russland blieb ein Barbarenstaat. DIE GESCHICHTE DES EISENS IM SIEBZEHNTEN JAHRHUNDERT . DIE GESCHICHTE DES EISENS IM SIEBZEHNTEN JAHRHUNDERT . Allgemeiner Teil . Einleitung . Das 17. Jahrhundert bietet bei weitem nicht die Fülle an- regenden Stoffes, wie das vorausgegangene. War das 16. Jahr- hundert, wie wenige gleiche Zeitabschnitte, bewegt von neuen Ent- deckungen, Erfindungen, Eindrücken und Ideen auf allen Gebieten der Wissenschaft wie der Praxis, so erscheint uns im Vergleich da- mit das 17. Jahrhundert teilnamlos, gleichgültig für höhere Bestre- bungen, arm an neuen Gedanken. Der schwere Druck der politischen Verhältnisse war die Ursache davon. Ganz Europa hatte darunter zu leiden, kein Land aber so sehr, wie Deutschland, welches das grosse, 30 jährige Schlachtfeld wurde, auf dem die religiösen und politischen Gegensätze in blutigen Kämpfen ausgefochten wurden. Das Ergebnis dieses brudermörderischen Krieges war ein trauriges: nirgends ein entscheidender Sieg, überall Erschöpfung, Verarmung, Verrohung, Rückschritt. Nur ein Resultat des 30 jährigen Krieges lag klar vor aller Augen: Deutschland war zu Grunde gerichtet. War das politische Ansehen Deutschlands seit dem Tode Kaiser Karls V. teils durch die religiösen Wirren, teils durch das Sinken der Kaiser- macht gegenüber den Unabhängigkeitsbestrebungen der Landesfürsten schon mehr und mehr gesunken, so verwandelte der 30 jährige Krieg Deutschland nahezu in eine Wüste, bewohnt von verarmten, geäng- stigten, verwilderten, in Roheit und Unbildung versunkenen Bewoh- nern, an deren Spitze nur dem Namen nach der deutsche Kaiser stand. Einleitung in das 17. Jahrhundert. Trotz seines Niederganges im 16. Jahrhundert war Deutschland zu Anfang des 17. Jahrhunderts immer noch die anerkannte Vormacht unter den Staaten Europas. Nach dem 30 jährigen Kriege war es nur noch ein geographischer Begriff, ein ohnmächtiges Konglomerat zahlloser Landesherrschaften, die der übermütige Nachbar, der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV., ungestraft demütigen und berauben durfte. Die politische Machtverteilung war eine ganz andere geworden. Die centralistischen Staaten Frankreich, England und Schweden ent- wickelten die grösste Kraftentfaltung, während die Föderativstaaten, Deutschland und Italien, obgleich im 16. Jahrhundert an Reichtum und Bildung überlegen, ihre politische Bedeutung verloren. Frank- reich vor allem, beherrscht von ehrgeizigen Königen, gelang es, indem es sich an dem unglücklichen Deutschland bereicherte und kräftigte, die Hegemonie auf dem Kontinent Europas zu erringen, die es bis zum Sturze des ersten Napoleon mit wechselndem Erfolge behauptet hat. Dass diese politischen Ereignisse auch auf Handel und Industrie von grösstem Einfluss waren, ist selbstverständlich. Im 30 jährigen Kriege ging so ziemlich alles zu Grunde, was Deutschland noch Einfluss und Ansehen gegeben hatte. Der Hansabund verlor den Rest seiner Macht, die Freiheit und die Herrlichkeit der einst so stolzen Reichs- städte schwanden dahin, Handel und Gewerbe litten unsäglich. Auch die Eisenindustrie hatte schwer zu leiden. Wenn dies nicht in dem Masse der Fall war, wie bei anderen Industriezweigen, wenn einzelne Zweige der Eisenindustrie sich nicht nur erhielten, sondern sich sogar trotz des Krieges fortentwickelten, so hat dies seinen Grund in der Unentbehrlichkeit des Eisens, welches dem Kriege wie dem Frieden dient, und in Kriegszeiten fast noch mehr begehrt ist, als im Frieden. Dennoch lasteten die Verhältnisse auch auf der Eisenindustrie schwer, und von einer fortschrittlichen Entwickelung derselben im 17. Jahrhundert kann kaum die Rede sein; wenigstens lässt sich das Wenige, was hierüber zu berichten ist, ziemlich kurz zusammenfassen. Im allgemeinen arbeitete man in geistloser Weise nach dem Schema, welches das vorhergehende Jahrhundert aufgestellt hatte, weiter. Dieser Mangel an neuen Ideen in der Eisenindustrie findet seinen entsprechenden Ausdruck auch in der Litteratur . Das 17. Jahrhundert ist ausserordentlich arm an hüttenmännischen Schriften und die wenigen, die erschienen sind, haben nur geringen Wert. Litteratur im 17. Jahrhundert. Litteratur im 17. Jahrhundert. Von deutschen Büchern über das Hüttenwesen ist nur eins vor- handen, welches sich eines grossen Einflusses rühmen konnte, G. J. Löhneiss, Bericht von den Bergwerken , und wenn man dieses Werk bei Licht betrachtet, enthält es in der Hauptsache nichts als Auszüge aus Agricolas vortrefflichem Buche de re metallica, und aus den Harzer Berg- und Hüttenordnungen des Herzogs Julius von Braunschweig. Trotzdem verdient dasselbe Beachtung schon darum, weil es sich lange Zeit eines hohen Ansehens erfreute. Georg Engelhard von Löhneiss (auch Löhneis, Löhn- eissen ), von Geburt ein Pfälzer, war zuerst Stallmeister bei Kurfürst August von Sachsen, trat dann 1583 in die Dienste von dessen Schwieger- sohn, Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, zunächst eben- falls als Stallmeister. Bei des Prinzen Regierungsantritt 1589 berief ihn aber dieser zu dem wichtigen Amte eines Berghauptmanns. Löhneiss erfreute sich der persönlichen Gunst seiner Fürsten, welche sich selbst durch hohe geistige Bildung auszeichneten, in hohem Masse. Kurfürst August war ein hervorragender Kameralist, Herzog Heinrich Julius ein gelehrter Jurist. Von beiden hat der genial begabte Löhneiss viel gelernt. An Anerkennung und materiellem Lohne fehlte es ihm nicht. Er wurde ein vornehmer Herr, kaufte Ritter- güter und legte sich den Namen Erbherr von Remlingen und Neun- dorf bei. Durch einen Streit mit seinem Verleger veranlasst, legte er sich eine eigene Druckerei in seinem Schloss zu Remlingen an und gab seine Werke im Selbstverlag heraus. Dieselben zeichnen sich deshalb in Druck und Ausstattung, namentlich in Bezug auf die Illustrationen, aus. Er hielt sich dafür eigene Kupferstecher und Holzschneider. Drei Hauptwerke veröffentlichte er in dieser Weise, die alle hervorragend sind und grossen Beifall fanden: 1) Della Cavalleria s. d. arte equitandi exercitiis equestribus et torneamentis (mit vielen Abbildungen): gründlicher Bericht von allem, was der löblichen Reiterei gehörig und einem Kavalier zu wissen von Nöten etc. 2) Bericht vom Bergwerke, wie man dieselben bauen und in guten Wohlstand bringen soll — Zellerfeld 1617, dem seit 1613 regierenden Herzog Friedrich Ulrich gewidmet, und 3) Aulico-politica oder Hof-, Staats- und Regierungskunst — Remlingen 1622—24. Der 30 jährige Krieg, der Litteratur im 17. Jahrhundert. Braunschweig früh und schwer heimsuchte, zerstörte auch Löhneissens Druckerei, zugleich mit dem Wohlstande ihrers Besitzers. Nach der Zeit fehlen alle Nachrichten über ihn, nicht einmal das Jahr seines Todes ist bekannt. Einen besondern Fortschritt stellt sein Bericht über das Berg- werk nicht dar, und wenn das Werk grossen Anklang fand und von späteren Kritikern, wie z. B. von Rohr , der es (1716) das beste Buch über Bergwerkssachen nennt, hoch gepriesen wurde, so lässt sich das nur daraus erklären, dass es die erste in deutscher Sprache geschriebene Hüttenkunde war. Agricolas Werk ist viel bedeutender, aber die unbeholfene Übersetzung von Bechius konnte es wahrlich nicht populär machen. — Löhneiss ’ Buch ist von juristischem Geiste getragen. Manches darin ist von historischem Interesse, z. B. die grundsätzliche Befreiung der Zehnten für die ersten fünf Jahre der Mutung (S. 42), das Vorkaufsrecht (S. 46), die Verpflichtung, „dass sich der Fürst gegen arme kranke beschädigte Bergleute mild und gnädig zeige“, dass wöchentlich mit guter Münze richtig gelohnt werde u. s. w. Für die Eisenhüttenkunde ist seine Be- merkung über Cementstahl erwähnenswert (S. 178), „dass Eisen in langwieriger starker Hitze mit harten oder büchenen Kohlen ohne Ab- gang geglüet, zum guten Stahl kann gemacht werden und der gemeine Stahl durch das offte schmieden und schweissen wieder zu Eisen wird“. Als neu und über den Rahmen von Agricolas de re metallica hinausgehend, ist der Abschnitt über die Münzkunde und die aus- führliche Bergordnung in fünf Teilen, an welche eine besondere Eisenhüttenordnung angeschlossen ist, zu erwähnen. Es ist dies eine Zusammenfassung der Ordnungen, wie sie damals am Harz in Übung standen. Wir werden auf deren Inhalt noch zurückkommen. Von allen den Büchern, die sonst noch im 17. Jahrhundert in Deutschland erschienen sind, verdient nur noch Christoff Weigels Abbildung der gemein-nützlichen Hauptstände, welches 1698 mit vielen Illustrationen in Regensburg gedruckt wurde, hervorgehoben zu werden Der vollständige Titel lautet: Abbildung der gemein-nützlichen Haupt- Stände . Von denen Regenten und ihren so in Friedens- als Kriegs-Zeiten zu- geordneten Bedienten an, biss auf alle Künstler und Handwerker nach jedes Ambts- und Beruffs-Verrichtungen, meist nach dem Leben gezeichnet und in Kupfer gebracht, auch nach dero Ursprung, Nutzbar- und Denkwürdigkeiten, kurtz, doch gründlich beschrieben und ganz neu an den Tag geleget von Christoff Weigel , in Regensburg gedruckt im Jahre Christi, 1698. Das Buch enthält 210 Kupferstiche mit zugehörigem Text. . Es ist in der beliebten Form von Garzonis Piazza Litteratur im 17. Jahrhundert. universale (siehe S. 67) gehalten und behandelt die Gewerbebetriebe zum Teil recht ausführlich. Ähnlich wie bei Jost Amman ist unter jeder Abbildung eine sechszeilige Strophe angebracht, die aber nicht das Gewerbe schildert, sondern, dem Geschmack der Zeit entsprechend, eine moralische Nutzanwendung enthält. Ein beachtenswertes und eigenartiges Buch über einen Zweig des Eisengewerbes erschien im Jahre 1627 in Frankreich: Die Kunst des Schlossers von Mathurin Jousse de la Fleche Der vollständige Titel lautet: La fidelle ouverture de l’art de Serrurier ou sont d’abord les principaux préceptes, desseings, et figures touchant les experiences et operations manuelles du dict art. — Ensemble un petit traicté de diverses trempes. Le tout faict et composé par Mathurin Jovsse de la Fleche. — A la Fleche chez Georges Griveav Imprissevr ordinaire dv Roy 1627, Avec privilege dv Roy. . Diese vortreffliche Fachschrift behandelt zwar, wie der Titel sagt, haupt- sächlich die Schlosserei, aber sie geht über den Rahmen dieses Hand- werks hinaus, indem sie vorzügliche Mitteilung über die Eigenschaften des Eisens und des Stahls, über Stahlbereitung und Stahlhärtung enthält. Das originelle Buch ist den Jesuiten (A Messieurs, Messieurs reverends pères de la Compagnie de Jesvs), die damals in Frankreich die Censur ausübten, gewidmet und trägt auch deren Zeichen auf dem Titelblatt, „aus Dankbarkeit, dass sie ihn immer so viel beschäftigt hätten und aus Verehrung, da sie ebenso für Frömmigkeit und Tugend als für das gemeine Wohl und den öffentlichen Nutzen, dem auch sein Werk dienen wolle, besorgt seien“. Sein Zweck sei, den Lehrling in die schwierige Kunst des Schlossers, die so mannigfaltig sei und so viele Erfahrung verlange, einzuführen. Das Buch zerfällt in 69 Kapitel, von denen wir die wichtigsten anführen wollen. I. Über das Alter der Schlosserkunst. II. Was man von einem Lehrling verlangt. III. Die Pflicht des Meisters gegen den Lehrling. IV. Die Namen der wichtigsten Werkzeuge des Schlossers. V. Mittel, zu erkennen, wann das Eisen seine Hitze hat. Dieses Kapitel giebt genaue Vorschriften über die Behandlung des Eisens im Schmiedefeuer. VI. Einen Nagel zu schmieden; wobei der Verfasser von dem Grundsatze ausgeht, dass man mit dem kleinen anfangen muss. VII. Antike Schlösser. VIII. Ratschläge für die- jenigen, welche das Schmieden lernen wollen; wobei er empfiehlt, sich an einem Bleiklumpen zu üben, bei dem man weder Kohlen noch Eisen verbrenne. IX. Beschläge zu machen. X. Eingelassene Schlösser zu schmieden. XI. Gewöhnliche Federschlösser (cadenats à ressort) zu machen. Beck , Geschichte des Eisens. 58 Litteratur im 17. Jahrhundert. XII. Schlösser und andere Stücke zusammenzulöten. XIII. Schlösser zu machen, deren Schlüssel beim Öffnen und Schliessen eine oder zwei Touren machen. XIV. Das Ausglühen der Stücke, nachdem sie geschmiedet sind. XV. Das Zeichnen und Schneiden der einfachen Räder für gewöhnliche Schlösser. XVI. Fallschlösser für Koffer u. s. w. zu machen. XVII. Wie man Schlösser feilt. — Nun folgt eine Reihe von Kapiteln (18 bis 28), die Anfertigung von Kunstschlössern be- treffend, von dem Schloss mit zwei Riegeln bis zu dem mit zwölf Rie- geln. Den Beschreibungen sind Zeichnungen beigefügt; sodann von Schlössern, die mit verschiedenen Schlüsseln durch ein Schlüsselloch zu öffnen sind; über Schlösser mit Drücker (30); eine hebende Falle mit Hohlschlüssel von beiden Seiten zu öffnen (32), Schloss mit 1½ facher Drehung für ein Kabinet (33) u. s. w.; Hauptschlüssel zu machen; Schlossteile als Stabfedern; 74 verschiedene Arten von Rädchen zu machen. Sodann kommen Thorbeschläge, Thürbeschläge, solche für Thüren, die nach zwei Seiten aufgehen (43 bis 45), Kofferbeschläge, Thürklopfer, Thürringe, Schlossschilder, Gitter und Geländer, Träger, Schildhalter, Brunneneinfassungen, Wagenständer, Rollstühle, darunter (s. Fig. 56) einen, in dem man sich durch Drehung einer Kur- bel überall selbst hinfahren kann. In Kapitel 58 wird die Herstel- lung künstlicher Hände und Beine beschrieben, dann das Schmieden von Schrauben zum Beispiel für Buchdruckerpressen und Schneid- backen, die Herstellung von Handwalzwerken, um Fensterblei zu walzen, von Glockenaufhängungen. Alsdann folgt das interessante Kapitel: Eisen und Stahl in Farben anlaufen zu lassen und weisse Zeichnungen auf buntem Stahlgrund herzustellen. Hiernach beschreibt er genau die Anfertigung einfacher und doppelter Schmiedeblasebälge; dann folgen die für uns wichtigsten Kapitel: Die Art, wie man weiches Eisen, das sich kalt hämmern lässt, erkennt; gutes und schlechtes Eisen, Rot- und Kaltbruch am Bruch zu erkennen. Dabei wird be- merkt, dass das spanische Eisen sehr zum Rotbruch neige, auch häufig harte Körner enthalte, die sich nicht feilen liessen, auch behauptet, Eisen, das lange an der Luft liege, werde rotbrüchig. Die folgen- den Kapitel lehren guten und schlechten Stahl zu erkennen; ver- schiedene Arten des Anlassens; Feilen aus Eisen oder Stahl zu härten, und in dem Schlusskapitel beschreibt Jousse eine von ihm erfundene Feilenhaumaschine. Diese Inhaltsangabe wird dem Leser einen Begriff von der Be- deutung des Buches geben, das in Deutschland allzu wenig Beachtung gefunden hat. Spätere französische Schriftsteller haben es häufig Physik und Mechanik im 17. Jahrhundert. benutzt, so namentlich Felibien in seinen Principes de l’archi- tecture gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Über die Metallindustrie erschien noch ein kleines, aber hoch- bedeutsames Werkchen von einem Spanier, der in Mexiko gegen das Ende des 18. Jahrhunderts die Quecksilberamalgamation betrieb, Albaro Alonso Barba ; für die Eisenindustrie ist dasselbe aber ohne Interesse. Physik und Mechanik im 17. Jahrhundert. Die ganze Technik lag in den Händen von Meistern, die durch ihre Zünftigkeit geschützt waren, und es verstanden, sich in den Zauberschleier ererbter geheimer Künste und Wissenschaften zu hüllen. Das war sehr traurig, denn es war ein Hemmnis wirklichen Fortschrittes. Dagegen machte eine Wissenschaft, trotz dem Elend der Zeit, im 17. Jahrhundert grossartige Fortschritte, das war die Physik. War Leonardo da Vinci Ende des 15. Jahrhunderts derjenige gewesen, welcher den geistigen Samen für eine exakte Naturbeobachtung zuerst ausgestreut hatte, so war es im Anfange des 17. Jahrhunderts ein Landsmann von ihm, Galileo Galilei (geb. 1564), bei welchem derselbe zur Frucht reifte. Schon im 19. Jahre wurde er durch die Schwingungen einer Lampe im Dom zu Pisa auf die Gesetze vom Pendel hingeleitet. 1586 erfand er die hydrostatische Wage. Professor der Mathematik in Pisa geworden, griff er die herrschende aristotelische Schule an und bewies durch seine auf dem schiefen Turm zu Pisa angestellten Versuche, dass der freie Fall nicht vom Gewicht abhängig sei. Die Fortsetzung dieser Versuche führte ihn zu dem Gesetz der Fallgeschwindigkeit und zu der Lehre von der Trägheit oder dem Beharrungszustande der Körper. 1597 er- fand er den Proportionalzirkel. Um diese Zeit war in Holland das Fernrohr entdeckt worden. Galilei verbesserte dasselbe und wendete es zuerst mit durchschlagendem Erfolg auf astronomische Beob- achtungen an. Er entdeckte die Mondgebirge und berechnete aus dem Schatten ihre Höhe. 1610 fand er die Jupitertrabanten („die mediceischen Sterne“), den Ring des Saturn, die Sonnenflecke, aus 58* Physik und Mechanik im 17. Jahrhundert. deren Fortbewegung er auf eine Umdrehung der Sonne schloss. Durch diese Beobachtungen wurde er immer mehr von der Richtigkeit des von der Kirche verdammten kopernikanischen Sonnensystems über- zeugt und trat für dasselbe ein. Dadurch zog er sich die Feindschaft des fanatischen Klerus, der ihn von da ab mit unversöhnlichem Hass verfolgte und sein Leben verbitterte, zu. Um sich vor dem Flammentod durch die Inquisition, vor die er geladen war, zu retten, widerrief er zwar seine astronomischen Lehren, arbeitete aber unverdrossen an den- selben weiter und trug immer neue Bausteine zu diesem Fundament- bau der modernen Astronomie zusammen. Wenn das berühmte „E pur si muove!“, das er nach dem von ihm erzwungenen Schwur, dass die Erde still stehe und sich nicht um die Sonne drehe, ge- murmelt haben soll, wohl nur Legende ist, so ist sie doch eine der aus dem Instinkt des Volksgeistes herausgebildeten Legenden, welche das Verhältnis der Naturwahrheiten zu dem Zwang theologischer Unduldsamkeit mit einem Schlagwort ausdrücken. Mit Galilei gleichzeitig lebte, wirkte und duldete in Deutsch- land Johann Kepler , der das kopernikanische Weltsystem ver- besserte und mathematisch begründete. Auch er wurde von der katholischen Geistlichkeit deshalb verfolgt und hatte überdies die Schrecken des dreissigjährigen Krieges bis zur Hefe durchzukosten. Was Galilei und andere auf dem Gebiete der Physik praktisch ausgeübt, das fasste um dieselbe Zeit der Engländer Bacon von Verulam in die Form eines philosophischen Prinzips, welches er in seinem „Organon“ ausführte. Nach ihm sind Experiment, Beobachtung und Erfahrung die einzigen Wege zur Wahrheit. Wieder ein Italiener, Toricelli , war es, welcher die Lehre vom Luftdruck begründete. Bis dahin hatte man die Erscheinungen des Luftdrucks durch den horror vacui erklärt. Toricelli wies durch das von ihm entdeckte Quecksilberbarometer (toricellische Röhre) nach, dass die Luft ein Gewicht habe und die Lufthülle der Erde auf diese und alle darauf befindlichen Körper einen gewissen Druck ausübe. Die Folge dieser Erkenntnis war die Erfindung der Luft- pumpe durch Otto von Guericke , Bürgermeister von Magdeburg, welcher durch seine aus zwei Hälften zusammengesetzte Kugel, die, nachdem sie luftleer gemacht war, zweimal sechzehn Pferde nicht auseinander ziehen konnten, den glänzenden Beweis für den Druck der atmosphärischen Luft lieferte. Mariotte erweiterte die Er- kenntnis des Luftdrucks durch sein Gesetz über das Verhältnis des Druckes zur Dichtigkeit. Physik und Mechanik im 17. Jahrhundert. In dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts erglänzt das Drei- gestirn Huygens, Leibniz und Newton , von denen namentlich der letztere durch seine Gravitationslehre die Einzelbeobachtungen der früheren Zeit unter ein Gesetz zusammenfasste und der Physik eine sichere, breite Grundlage gab. Die Fortschritte der praktischen Mechanik, die Erfindung und Verwendung neuer Maschinen, hielt nicht gleichen Schritt mit denen der theoretischen Mechanik. Im allgemeinen ist das 17. Jahrhundert nicht reich an Erfindungen auf dem Gebiete des Maschinenwesens. Die Thätigkeit der Gelehrten und Künstler, die sich speciell mit praktischer Mechanik beschäftigten, war zum Teil eine experimentelle, wobei die Experimente oft nur physikalische Spielereien waren, zum grösseren Teil aber waren es Entwürfe auf dem Papier, Darstellungen von Maschinen und Kraftübertragungen, deren praktische Ausführbar- keit oft höchst zweifelhaft blieb. An Ramelli , den Hauptvertreter dieser Methode, den wir schon früher kennen gelernt haben, schliesst sich Jacob Strada a Rosberg aus Mantua, der, wie es scheint noch jung, 1588 in Rom starb. Er hinterliess eine Reihe von Ent- würfen, welche erst ziemlich lange nach seinem Tode von seinem Bruder veröffentlicht wurden. Da dieser nicht Techniker war, so sind die kurzen Erläuterungen zu den Tafeln sehr mangelhaft. Die erste Ausgabe, die ich erwähnt finde, ist mit französischem Text 1617 in Frankfurt erschienen unter dem Titel: Dessins artificieux de toutes sortes de machines, moulins à vent, à eau etc. 1618 erschien eine Ausgabe mit deutschem Tert : Jac. Stradae, II Theile künstlicher Ab- risse von allerley Maschinen etc. Diesen beiden Ausgaben, die ich nur aus Citaten kenne, folgte eine weitere 1629: Künstlicher Ab- riss allerhand Wasser-, Wind-, Ross-, Handmühlen u. s. w. durch den Edlen und Vesten Herrn Jacobum Strada a Rosberg — Frank- furrt 1629. Allen diesen Ausgaben dürfte wohl eine italienische vorausgegangen sein. Ein anderer bedeutender Nachfolger des Ramelli war Giovani Branca , der Erbauer der Lorettokirche. Er schrieb: Le machine diverse, Roma 1629, in dem sich manche interessante Ideen und Ent- würfe finden, von denen wir einige noch zu erwähnen Gelegenheit haben werden. Ein älterer Zeitgenosse von Branca war Victor Zonca Vergl. Th. Beck , Civilingenieur, Bd. 39, Heft 4. , geboren um 1580. Er schrieb: Novo teatro di machini et edificii etc. Padua 1607. Physik und Mechanik im 17. Jahrhundert. Faustinus Verantius , genannt Sicenus , war ein Dalmatier, geboren zu Sebenico, gestorben 1617. Er schrieb: Logica nova suis instrumentis formata et recognita, Venet. 1616 und Machinae novae addita declaratione etc. ib. fol. Im letztgenannten Werke beschrieb er bereits eiserne Hängebrücken und artesische Brunnen. In Deutschland erschien Zeisings Theatrum Machinarum 1636 und G. Andr. Boeklers Schauplatz von Maschinen 1673. Beide stützten sich auf ihre italienischen Vorgänger, namentlich ist Boek- lers Buch nur ein Nachdruck aus Ramelli und aus Stradas Ab- riss. Origineller ist das Werk von Caspar Schott , Mechanica hydraulica-pneumatica. Herbipol. 1657. Derselbe machte sich um die Konstruktion der Feuerspritzen verdient. Während von Männern der Wissenschaft die praktische Mechanik in Deutschland im 17. Jahrhundert im ganzen nur wenig gepflegt wurde, verdanken wir den zunftmässigen Praktikern in Deutschland verschiedene wichtige Erfindungen von dauerndem Wert. Nürnberg war nach wie vor die Hochschule zunftmässiger Mechaniker. Von diesen war der berühmteste Hans Hautsch , der höchst merkwürdige Fuhrwerke zum Selbstbetrieb, ähnlich den späteren Draisinen, kon- struierte. Von ihm schreibt Neudörfer : „ Hanns Hautsch , Zirkul- schmid, ein inventiöser und künstlicher Mann, hat mit seinen Söhnen den Wagen gemacht, den man durch verborgenes Ziehwerk ohne Stoss, wohin man gewollt, ja gar bergauf leiten können, welchen anno 1650 Ihr fürstliche Durchlaucht, Herr Carl Gustav, der Cron Schweden Generalissimus, von ihm um 800 Thlr. gekauft, nach Schweden geführt und zu seinem Einzug gebraucht. — Dieser Hautsch hat auch ein Haus Ein mechanisches Spielwerk. Er machte übrigens zwei dergleichen, das eine kam nach Dänemark, das andere nach Florenz. mit zweiundsiebzigerlei Handwerken zugerichtet, deren jedes in seinem besonderen Gemach durch Federn und Zug- werk auf einmal und zugleich das seinige gethan; — hat auch ein Spritzwerk, in Feuergefahr zu gebrauchen, auf eine besondere Art künstlich erfunden und gemacht, welches grosse Ströme Wasser in die 100 Schuh mit grosser Gewalt treibt und seithero dem König von Dänemark verkauft.“ Er erfand ferner einen selbst fahr- und lenkbaren Krankenstuhl, welchen Doppelmeyer abgebildet hat. Dieser bemerkt noch zu dem oben erwähnten grossen vierräderigen Wagen, dass Hautsch mit dem- selben 2000 Schritt in der Stunde bergauf und -ab um Nürnberg Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. herumgefahren sei. An den vorderen Rädern sei das Triebwerk ge- wesen, daran sei noch ein Wasserspeier, der die Leute, welche den Weg versperrten, forttrieb. Auf Gottfried Hautsch , einen Sohn des Vorgenannten, der ein vortrefflicher Eisenarbeiter war und mancherlei neues Kriegs- gerät konstruierte, werden wir noch später zu sprechen kommen. Eine wichtige Erfindung für die Nadelfabrikation wurde 1680 zu Nürnberg gemacht, nämlich die der Wippe zum Anköpfen der Stecknadeln. Der Name des Erfinders ist unbekannt. Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. Ehe wir auf diejenigen mechanischen Verbesserungen im 17. Jahr- hundert, welche für die Eisenindustrie von besonderer Wichtig- keit waren, näher eingehen, wollen wir eine Erfindung betrachten, welche wenigstens einen gewissen theoretischen Abschluss am Schluss dieser Periode fand, wenn auch ihre praktische Verwendbarkeit erst im folgenden Jahrhundert gesucht und gefunden wurde. Es ist dies die Erfindung der Dampfmaschine , des wichtigsten Werk- zeuges des Menschengeschlechts, deren zweckmässige Nutzbarmachung durch James Watt der Ausgangspunkt unserer heutigen Eisen- industrie geworden ist und unsere ganze moderne Industrie ge- schaffen hat. Ob Blasco de Garays Schiffsmaschine durch Dampf bewegt wurde, ist in völliges Dunkel gehüllt. Auch von der Maschine, welche Wasser mit Feuer aus dem Bergwerke heben soll, welche Mathesius erwähnt, wissen wir nichts. Dass aber der Dampf als motorische Kraft benutzt werden könne, diesen Gedanken finden wir bei mehreren Gelehrten zu Anfang des 17. Jahrhunderts ausgesprochen. Giambettista della Porta hat in seinem Werke: Pneumaticorum libri tres 1601 bereits einen Apparat beschrieben, in welchem Wasser durch Dampf in die Höhe gepresst wird und bei dem der Dampf- erzeuger (Dampfkessel) von dem Wasserkasten getrennt ist. Dort heisst es Kapitel VII: Um zu wissen, in wieviel Luft sich eine gewisse Wassermenge auflöst , mache man sich einen Kasten BC (Fig. 197, a. f. S.) von Glas oder Zinn. Er sei am Boden durch- Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. locht, durch welches Loch der Hals von einem Destillierkolben D ge- steckt wird. Dieser enthalte eine oder zwei Unzen Wasser und der Hals sei in den Boden eingekittet oder eingelötet, dass er nicht herausgehen kann. Von dem Boden des Kastens aus geht eine Röhre, welche so weit entfernt ist, dass das Wasser auslaufen kann, und diese Röhre gehe durch den Deckel nach aussen, wenig entfernt von Fig. 197. der Oberfläche. Diesen Kasten fülle man mit Wasser durch den Trich- ter A und dann verschliesse man ihn gut, dass er keine Luft durch- lässt. Endlich setze man den ge- nannten Kolben über das Feuer und erwärme ihn allmählich, damit, wenn das Wasser sich in Luft auflöst (d. h. zu Dampf wird), es auf das Wasser in dem Kasten drückt, damit dieses in dem Kanal C in die Höhe steigt und nach aussen ausläuft, und so fährt man fort mit Erwärmen des Wassers, bis es alle geworden ist; und während das Wasser ver- dampft, drückt die Luft (d. h. der Dampf) immer auf das Wasser in dem Gefässe und das Wasser fliesst beständig aus. Wenn die Exhalation beendigt ist, misst man, wieviel Wasser aus dem Kasten gegangen ist, oder anstatt des ausgeströmten Wassers misst man, wieviel Wasser übrig geblieben ist und erkennt aus der Menge des ausgeflossenen, dass das Wasser sich in so und soviel Luft aufgelöst hat . . . .“ Porta erwähnt auch der Anwendung des Dampfes als bewegende Kraft eines Kriegswerkzeuges, wobei ihm jedenfalls Leonardo da Vincis Dampfkanone vorschwebte Siehe Th. Beck , Civilingenieur XXXVIII. Heft 6. . Giovani Branca giebt 1629 in seinem Buche: „Le Machine“ eine interessante Abbildung (Fig. 198, a.f.S.) über eine Idee der Verwendung der Dampfkraft Der Text dazu lautet: Ex quâlibet figura optima principia et fundamenta deduci possunt, quae inserviunt in opportunitate. Figura effecta est ad tundendum materias pro faciendo pulvere, sed cum admirabile motore , qui nihil aliud est, quam caput metallici cum suo trunco, aquâ pleno, per foramen, posito supra . Ein hohl gegossener Bronzekopf, der zum Teil mit Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. Wasser gefüllt ist, wird erhitzt. Aus der einzigen engen Öffnung, dem Munde des „Püsterichs“, entströmt alsbald ein heftiger Dampf- strahl, welcher die Schaufeln eines horizontalen Rades trifft, dieses soll dann Pochstempel zum Pulverisieren von Farben, Holzsägen, Fig. 198. Paternosterwerke oder dergl. treiben. Das Ganze ist nur als Spielerei, ähnlich denen, welche wir durch die ausströmende heisse Luft der Zimmeröfen bewegen lassen, denkbar, denn die Kraft des frei aus- strömenden Dampfes, der sich nach allen Seiten ausdehnen kann, ist nur sehr gering Zur Bewegung von Bratenwendern hat man dieselbe Idee in Paris benutzt. . Immerhin ist Brancas Zeichnung ein Zeugnis dafür, dass man nach der motorischen Verwendung der Dampf- kraft suchte. accensos carbones in foco, ut non possit in alium locum exspirare quam in os d, ita violentum spiritum emittit, ut versus rotam etc. Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. Mit Branca gleichzeitig lebte Salomon de Caus (auch de Caux ), dem französische Gelehrte sehr mit Unrecht die Er- findung der Dampfmaschine zugeschrieben haben. Eine Kraftmaschine hat er überhaupt nicht erfunden, wohl aber benutzte er ebenfalls den Dampf in geistreicher Weise zum Heben und Drücken des Wassers nach dem Princip des Heronsballes. Salomon de Caus , geb. 1576 zu Dieppe, war Architekt und seine Specialität war, entsprechend dem Geschmack Fig. 199. seiner Zeit, die Anlage grosser Gärten mit Wasserkünsten u. s. w. Dadurch, dass er Zeichenlehrer der Prinzessin Elisabeth von England war, kam er, als diese sich mit dem Pfalzgrafen Friedrich verheiratete, mit dieser nach Deutschland und erhielt den Auftrag, den Garten des Heidel- berger Schlosses neu anzulegen und mit Wasserkünsten zu versehen. Da- mals (1615) schrieb de Caus ein interessantes Buch: Die Ursachen der bewegenden Kräfte, worin aller- lei Arten von Spingbrunnen und andern Brunnen abgebildet sind. Darin wird auch der Dampf als eine der bewegenden Kräfte, um Wasser über sein Niveau zu he- ben — denn um etwas anderes handelt es sich in der Schrift über- haupt nicht —, angeführt. Er illu- striert dies durch einen Kugel- kessel, im dem ein eingenietetes Rohr bis nahe zum Boden ge- führt ist. Wird der mit Wasser gefüllte Kessel geheizt, so drückt der Dampf das Wasser durch das Rohr in die Höhe, so dass ein Springbrunnen entsteht (Fig. 199). Dass diese einfache Anwendung des Heronsballes nicht als Erfindung der Dampfmaschine be- zeichnet werden kann, bedarf keiner weiteren Ausführung. Haben die Franzosen sich bemüht, ihren Landsmann de Caus zum Erfinder der Dampfmaschine zu stempeln, so schrieben die Eng- länder mit demselben Eifer und mit demselben Unrecht die Priorität der Erfindung ihrem Landsmann E. Sommerset , Marquis of Worcester, zu, der in einer 1663 erschienenen Schrift: Einhundert Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. Erfindungen u. s. w. A Century of the Names and Scantlings of such Inventions as at present I can call to mind. , auch einen Apparat angegeben hat, um Wasser durch Dampf zu heben. Er sagt, durch die Festigkeit seiner Wasser- maschine (water commanding machine) sei er im stande, Wasser auf 13 m Höhe zu heben, und mit einem Raumteil in Dampf verwandeltes Wasser könne er 40 Raumteile kaltes Wasser emporpressen, wobei der Wärter nur die Hähne zu drehen habe Die eine Stelle lautet wörtlich: „Diese wunderbare Methode, die ich vor- schlage, um Wasser durch die Kraft des Feuers zu heben, ist ohne Grenzen, wenn nur die Gefässe stark genug sind; denn ich habe eine Kanone genommen und deren Mündung und Zündloch hermetisch verschlossen, nachdem ich sie vorher zu dreiviertel mit Wasser gefüllt hatte, diese habe ich 24 Stunden lang dem Feuer ausgesetzt, worauf sie mit einem heftigen Knall zerplazte. Nachdem ich später ein Mittel entdeckt hatte, die Gefässe inwendig zu verstärken, und indem ich sie so miteinander verband, dass sie wechselsweise arbeiteten, habe ich einen kontinuierlichen Wasserstrahl von über 40 Fuss Höhe erzielt. Die Person, welche die Operation leitete, hatte dabei nichts zu thun, als die Hähne zu drehen, derart, dass, wenn das Wasser des einen Gefässes nahezu entleert war, das des anderen zu steigen begann, während man das erste wieder mit kaltem Wasser füllte und so fort.“ . Also auch hier handelt es sich augenscheinlich um eine ähnliche Vorrichtung wie die von de Caus oder von Porta , nur in grösserem Massstabe. Worcester , der bei König Karl II. in grosser Gunst stand und diesem seine wunderbare Wassermaschine (most stupendious water- commanding engine) selbst vorgelegt und empfohlen hatte, erhielt am 29. Septbr. 1663 durch Parlamentsakt ein Patent auf dieselbe. (Letter Patent eingetragen unter 15 Car. II, Kap. XII, A. D. 1663.) Das interessante Patentgesuch, welches vom englischen Patentamt neu veröffentlicht worden ist, beginnt: In Erwägung, dass der sehr ehrenwerthe Edward, Marquis von Worcester , seiner Majestät dem König versichert hat, dass er durch lange und unablässige Mühe und Studium und mit grossen, ausserordentlichen Kosten ein Geheimnis der Natur, welches bis dahin noch nicht entdeckt war, erforscht und gefunden hat, nämlich eine Wasserhebmaschine, von grösserer Kraft und Wirkung als man bis jetzt gekannt hat und es sei dies keine Pumpe oder Maschine, wie sie jetzt angewendet werde, noch arbeite sie durch Sauger, Kübel oder Bälge, wie man sie bislang zum Heben von Wasser benutzt hat: Welche genannte Maschine grossen Nutzen und Vortheil dem Gemeinwohl gewähren wird, durch die Ent- wässerung von Bergwerken, Marschland, Sümpfe und überschwemmtes Land, dadurch dass es Flüsse und Kanäle mit Wasser versorgt, sie schiff- bar zu machen und Lasten zu führen von Stadt zu Stadt, durch Ver- Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. besserung von Ländereien, die an Wassermangel leiden, durch Ver- sorgung und Zufuhr von Wasser für die Stadt London oder irgend einen andern Platz und durch verschiedene andere Wege und Mittel, wodurch unsrer Nation grosse Anregung gegeben werden wird, grosse Bergwerke zu eröffnen, Marschboden, Sumpfland, überflutetes Land zu drainieren und zu gewinnen, wovon man seither zurückgeschreckt war wegen der ungeheuren Kosten der Trockenlegung und Abfuhr des Wassers; und da der genannte Edward, Marquis von Worcester , bereit ist, Sr. Majestät den Zehnten des ihm erwachsenden Nutzens für die Zeit seines Patentes zu gewähren: soll ihm ein Patent für 99 Jahre für seine Erfindung ertheilt werden. — Jede Nachahmung wird verboten, die betr. Maschine konfisziert und jede Stunde, die einer hiernach noch weiter arbeitet, mit fünf Pfund Sterling bestraft, alles zum Nutzen des Patentinhabers. — Ein Modell ist bis zum 29. Septbr. einzureichen. Das Patent wurde „unter grossem Beifall beider Häuser“ vom Parlament gewährt. Aus zwei Lobgedichten, die dem gedruckten Patent beigefügt sind, müsste man schliessen, dass die Maschine ausgeführt worden ist und gearbeitet hat. Die sehr bombastische, aber höchst unvoll- kommene Beschreibung der Maschine giebt keinen genaueren Ein- blick in die Konstruktion. Es heisst darin: Die Maschine besteht aus folgenden Theilen: 1. Ein vollkommenes Gegengewicht für jede beliebige Menge Wasser. 2. Ein vollkommener Gegenwerth (counter vail) für jede Höhe, auf welche die Wassermenge gebracht werden soll. 3. Ein Primum Mobile, welches sowohl die Druckhöhe als auch die Wassermenge beherrscht, indem es sich selbst reguliert. 4. Ein Stellvertreter (Ersatz) oder Gegenwerth, welcher die Stelle und Funktion der vollen Kraft eines Mannes oder Thieres, des Windes oder eines Wasserrades übernimmt. 5. Eine Neuerung oder Lenkvorrichtung, wodurch ein Kind die ganze Wirkungsweise der Maschine leiten, in Ordnung er- halten und kontrollieren kann. 6. Ein besonderer Wasserbehälter, entsprechend der Wasser- menge oder Druckhöhe, welche erreicht werden soll. 7. Eine Wasserleitung, geeignet für die beabsichtigte Wasser- menge und Druckhöhe. 8. Ein Raum für das ursprüngliche Quell- oder Flusswasser, in welchen dieses hineinläuft und sich natürlich und von selbst Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. mit dem aufsteigenden Wasser vereinigt, und zwar am unteren Ende der genannten Wasserleitung (des Steigrohres), wenn sie auch noch so hoch und weit ist. Der Marquis von Worcester hatte eine grosse Maschine bei Vauxhall errichtet, um London mit Wasser zu versehen. Als 1669 der Grossherzog von Toskana nach England kam und König Karls II. Gast war, besuchte er am 29. Mai diese Maschine, die also damals eine hervorragende Sehenswürdigkeit war. Aus seinem Reisejournal geht aber nicht hervor, dass dieselbe durch Dampf bewegt wurde. Bereits am 21. Januar 1630 hatte David Ramseye ein Patent (Nr. 50) erhalten, „um Wasser aus tiefen Schachten mit Feuer zu heben“, von der Ausführung verlautet aber nichts. Die Idee, den Dampfdruck als Kraftquelle zu benutzen, bestand, wenn auch unklar, seit dem Altertum, dass man aber den richtigen Weg zur Ausführung nicht fand, lag in der gänzlichen Unkenntnis der Natur des Dampfes und der Gesetze der Expansion der Gase. Erst als durch Toricellis Versuche klarere Vorstellungen über den Luft- druck und durch Mariotte und Pascal über das Verhältnis von Druck und Dichtigkeit der Luft bekannt geworden waren, erlangte man auch richtigere Vorstellungen über die Expansion der Gase, ins- besondere auch die des Dampfes. Alle bedeutenden Physiker der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts beschäftigten sich mit Versuchen über den luftleeren Raum und die Spannung der Gase, und waren bestrebt, dieselben nutzbar zu machen. Die richtige Lösung dieses wich- tigen Problems gelang zuerst dem erfindungsreichen Dyonisius Papin . Denis Papin Dr. Ernst Gerland, Leibnizens und Huygens Briefwechsel mit Papin , nebst der Biographie Papins . Berlin 1881. , am 22. August 1647 zu Blois von reformierten Eltern geboren, studierte Medizin, promovierte 1669 und wurde bald darauf mit Huygens bekannt, der damals Professor in Paris und der berühmteste Physiker seiner Zeit war. Papin wurde Assistent bei Huygens und beide arbeiteten gemeinschaftlich. Der Haupt- gegenstand ihrer Arbeiten waren Versuche mit der Luftpumpe. Hier- durch erwachte in Papin die Lust am Experimentieren und Erfinden, die ihn sein ganzes Leben nicht verliess und gerade diese gemein- schaftlichen Arbeiten wurden der Ausgangspunkt der wichtigsten seiner Erfindungen. Papin , der schon früh mit Boyle , welcher die gleichen Ziele verfolgte, bekannt geworden war, ging 1675 nach England, haupt- Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. sächlich wohl, weil er hoffte, dort leichter Kapital für seine schon damals aufs Grosse gerichteten Erfindungen zu finden. Auf Grund mehrerer vorzüglicher physikalischer Arbeiten wurde er 1680 Mitglied der Royal Society of London. 1681 widmete er dieser Gesellschaft sein Werk: „a new Digester etc.“, über das Gefäss, das wir noch heute als Papinschen Topf kennen und verwenden und durch den er am bekanntesten geworden ist. Als motorische Kraft suchte Papin aber damals noch, wie seine Zeitgenossen, nur den Luftdruck zu verwenden. Er machte Vorschläge zum Wasserheben mittels Luftpumpen und zum Schleudern von Geschossen mit Hilfe eines luftverdünnten Raumes. Doch fand er weder bei der Akademie, noch bei den Kapitalisten Unterstützung und die kostspieligen Versuche zehrten sein Vermögen auf. Als am 18. Oktober 1685 in Frankreich die Aufhebung des Edikts von Nantes erfolgte, so hatte dies zwar unmittelbar keinen Einfluss auf ihn, denn er befand sich damals in London, mittelbar aber griff es tief in seinen Lebensgang ein. Zunächst war dadurch entschieden, dass er nie mehr nach Frankreich zurückkehren konnte, dann wanderten seine nächsten Angehörigen nach Deutschland aus und zogen ihn alsbald nach sich. Seine Tante Madeleine Papin ging mit ihrem Schwiegersohn Jacob de Maliverné nach Marburg, wohin ihn der Landgraf von Hessen als Professor berufen hatte. Im Jahre 1687 ernannte der für die Wissenschaften begeisterte Landgraf Karl von Hessen auch Dyonis Papin zum Professor der Mathematik an der Universität Marburg. Papin , getäuscht in seinen Hoffnungen auf Erfolg in England, niedergeschlagen und mutlos, folgte gern diesem Ruf, verliess England und fand in Deutschland seine zweite Heimat. Hier machte er, unterstützt von dem Fürsten von Hessen, seine wichtigen Versuche und Entdeckungen für die Dampfmaschine. Auf den richtigen Weg zur Ausnutzung der Dampfkraft scheint er durch seine Versuche zur Herstellung einer Pulvermaschine , einer Maschine, bei welcher die Kraft durch die Wirkung der Pulvergase auf einen Kolben ausgeübt werden sollte, geführt worden zu sein. Die Idee einer solchen Maschine rührte ursprünglich von dem Abbé Hautefeuille und Huygens her. Als König Ludwig XIV. zur Anlage der Wasserkünste von Versailles das Wasser aus der Seine gehoben haben wollte, schlug Huygens das Schiesspulver zur Erzeugung der bewegenden Kraft vor Siehe Hugeni Opera varia. I. 280. . Die Idee wurde auch Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. experimentell geprüft durch Versuche, die Papin 1674 in Gegenwart des Ministers Colbert angestellt hatte. Papins Pulvermaschine (Fig. 200) zeigt bereits grosse Ähnlichkeit mit der atmosphärischen Dampfmaschine und erinnert an unsere Gas- und Petroleummaschinen, welche ja auch durch Explosion wirken. Die Wirkung auf den Kolben war natürlich nur einseitig, derselbe wurde durch die Pulver- gase von unten in die Höhe getrieben und sank durch sein Eigen- gewicht. Die Pulvermaschine arbeitete unsicher und gefährlich. Da Fig. 200. kam Papin auf die Idee, ge- spannten Wasserdampf in ähn- licher Weise auf einen Kolben wirken zu lassen. Diesen Grund- gedanken unserer Dampfmaschine veröffentlichte Papin in seiner Abhandlung: Nova methodus ad vires motrices validissimas levi pretio comparandas, welche im August 1690 in den actis erudi- torum erschien. In seiner Er- klärung geht er von der Pul- vermaschine aus, welche aber mangelhaft sei, weil die Pulver- gase nur einen unvollkommen luftleeren Raum erzeugen. Er schlägt statt dessen Wasser vor, dessen Dampf den Kolben in die Höhe treibt; dieser aber abge- kühlt, wird wieder Wasser, wodurch ein luftleerer Raum entsteht, in welchen der äussere Luftdruck den Kolben niederpresst. Der luftleere Raum war für Papin die Hauptbedingung für die Wirkung seiner Maschine. Denselben verwendete er für die mannigfaltigsten Zwecke. 1692 arbeitete er an einem Taucherschiff für den Landgrafen, welches im Prinzip mit unseren heutigen Caissons bei Bauten unter Wasser übereinstimmte. Dieses Taucherschiff, in Gestalt eines viereckigen Kastens, sollte mit Kanonen armiert werden, welche unter Wasser schiessen sollten. Als das kunstvolle Werk vollendet war und ins Wasser gelassen werden sollte, brach der Krahnen, es stürzte in die Fulda und ging entzwei. Dieses Unglück wurde von Papins Feinden ausgebeutet und wurde verhängnisvoll für seinen Ruhm. Ähnliche Missgeschicke verfolgten Papin noch öfter; sie hatten meistens ihren Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. Grund darin, dass das richtige Ausmass der Kräfte fehlte, was nicht zu verwundern ist, in einer Zeit, wo man von der Festigkeitslehre noch so gut wie nichts wusste und die Tragfähigkeit der Konstruktions- materialien noch ganz unbekannt war; oft wird es also nur eine zu schwache Schraube oder Klammer gewesen sein, welche ein Unglück wie das obige veranlasste Smiles sagt sehr richtig: Papin , obgleich fruchtbar an Ideen, arbeitete unter dem grossen Nachteil, dass er kein Mechaniker war. Bei neuen, noch un- erprobten Maschinen kann man sich nicht auf die Augen und Hände anderer ver- lassen. Augen und Hände, die nicht in kunstfertiger Arbeit durch Erfahrung geübt und vom richtigen Verständnis geleitet werden, sind nur von verhältnis- mässig geringem Wert. Die Chancen des Erfolges sind weit grösser, wenn Ver- stand, Augen und Hände derselben Person angehören. . Papin liess sich nicht entmutigen, er verbesserte seinen Apparat, gab ihm die zweckmässigere Form eines Fasses und der Versuch ge- lang sehr gut. Auch auf anderen Gebieten bewährte sich sein Erfindungstalent. Für den Grafen von Sayn-Wittgenstein konstruierte er einen ver- besserten Heizofen. Da er erkannte, dass die Luftzufuhr die Haupt- sache sei, so bewirkte er diese künstlich durch einen Zentrifugal- ventilator . Hier haben wir also bereits die Feuerung mit Unter- Fig. 201. konzentrisch exzentrisch wind . Ebenso erkannte er die Wichtigkeit des Vorwärmens der Luft und wendete dieselbe bei einem Glasschmelzofen an Siehe Gerland , a. a. O., S. 68. . Ebenso machte er dem Grafen von Zinzendorf in Böhmen einen Vorschlag für eine Wasserhebmaschine. Auch hier war die Idee richtig, die Ausführung scheiterte aber an der Mangelhaftigkeit der Technik jener Zeit. — Zentrifugalpumpen und Ventilatoren (Fig. 201) konstruierte Papin bereits, mit Unrecht aber hat man ihm die erste Erfindung derselben zugeschrieben. Ventilatoren waren schon zu Agricolas Zeit in den Bergwerken in Anwendung und den Zentri- Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. fugalpumpen begegnen wir bereits bei Ramelli Allerdings trat bei Papins Konstruktion zum ersten Mal die Luft oder das Wasser an der Achse ein. . Papins Zentri- fugalpumpe galt aber zu seiner Zeit als eine neue Erfindung und als solche behandelt sie auch Leupold in seinem Theatrum Machinarum. Sie führte den Namen „Hessische Pumpe“, denn Papin hatte sie zuerst unter dem Titel: Rotalis suctor et pressor Hassiacus — das hessische Saug- und Druckwerk — in den actis eruditorum 1689 beschrieben. Die Konstruktion erinnert lebhaft an unsre heutigen Rootsgebläse und Kapselpumpen. Unterdessen arbeitete Papin unablässig an der Verbesserung seiner Dampfmaschine, und es war ihm auch klar geworden, dass der Dampf nicht bloss durch Erzeugung des luftleeren Raumes wirken musste, sondern auch durch seine Expansion . Nicht allein die Saug- kraft des sich niederschlagenden Dampfes wollte er benutzen, sondern auch „la force de la pression que l’eau exerce sur les autres corps en se dilatant, dont les effets ne sont pas bornés comme sont ceux de la suction“. Damit sprach er den Gedanken, der den Hochdruck- maschinen zu Grunde liegt, zuerst deutlich aus und es geschah dies in demselben Jahre 1698, in dem der Schotte Savery seine Dampf- pumpe erfand. Papin wollte die Dampfkraft hauptsächlich zur Be- wegung von Wagen und Schiffen benutzen. Er hatte das Modell eines Dampfwagens konstruiert und erklärte sich bereit, eine Dampf- maschine zur Fortbewegung von Schiffen zu bauen, wenn der Land- graf ihm die Mittel dazu bewilligen wolle, was dieser aber damals ablehnte. Papin hatte aber die Ausführung einer Dampfmaschine im grossen in Angriff genommen, woran der Landgraf lebhaftes Interesse nahm. Die Arbeit schritt indess nur sehr langsam vor- wärts und wurde häufig unterbrochen, sowohl durch äussere Veran- lassungen, als durch Papins innere Unruhe, der immer wieder neuen Ideen nachhing. So war damals der spanische Erbfolgekrieg aus- gebrochen und Papin trug sich mit dem Gedanken, ein grosses Windgeschütz zu konstruieren, welches durch Schnellfeuer wunder- bare Erfolge erzielen, Frankreich besiegen und allen Kriegen ein Ende machen sollte (pour finir bientôt les malheurs de la guerre). An diesem nutzlosen Unternehmen verwendete er Kraft und Zeit und als er sein prahlerisch angekündigtes Geschütz fertiggestellt hatte, war dessen ganze Leistung, dass es eine zweipfündige Kugel 90 Schritte weit warf. Dieser Misserfolg war für viele ein Grund, Papin über- haupt für einen Schwindler zu halten; es schadete auch seinem Beck , Geschichte des Eisens. 59 Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. Ansehen beim Landgrafen, und das war um so bedauerlicher, als alles zum Bau einer Dampfmaschine, welche an Leistungsfähigkeit seine früheren Modelle übertreffen musste, eingeleitet war. Da kamen die ersten Nachrichten von Saverys Maschine nach Deutschland. Leibniz schickte 1705 eine Zeichnung davon. Alsbald bekam Papin vom Landgrafen den Auftrag, eine Dampfmaschine zum Betrieb einer Mahlmühle zu konstruieren, d. h. eine Dampfpumpe, welche das Wasser in die Höhe heben sollte, um ein Mühlrad damit zu betreiben. Papin kombinierte in genialer Weise seine Idee mit der Saverys . 1707 veröffentlichte Papin Zeichnung und Beschreibung seiner Maschine durch den Druck Ars nova ad aquam ignis adminiculo efficacissime elevandam auctore Dionysio Papin, Med. Doct. Mathes. Profess. Publ. Marburgensi, Consulario Hassiaco etc. in Kassel und Frankfurt in französischer und lateinischer Sprache gedruckt. . Sie enthält die Konstruktion der ersten Hochdruck-Dampfmaschine, dazu bestimmt, Wasser zu pumpen, eine Kritik der Maschine Saverys und Betrachtung und Berechnung der Wirkungsweise und Wirkungsfähigkeit der Maschine. Leibniz nahm das lebhafteste Interesse an der Sache, korrespondierte eifrig mit Papin und machte Verbesserungsvorschläge. Die Maschine wurde fertiggestellt und in Gegenwart des Land- grafen probiert. Die Probe fiel nicht gut aus, weil das Steigrohr, welches die fürstlichen Handwerker angefertigt hatten, schlecht ge- arbeitet war; dennoch hob man 300 kg Wasser 70 Fuss hoch. Der Landgraf erklärte sich befriedigt, sein Interesse für die Maschine hatte aber sehr abgenommen. Papin war in Verzweiflung und reichte seine Entlassung ein, welche angenommen wurde. Er packte seine Apparate und Modelle zusammen und schiffte sich mit den- selben auf dem von ihm selbst erbauten kleinen Schiffe nach Eng- land ein. Es war dies ein Boot mit Ruderrädern Die Idee, Schiffe mit Schaufelrädern statt mit Rudern zu bewegen, hatte Savery schon früher gehabt und 1696 ein Patent darauf genommen. 1698 hatte er seine Erfindung beschrieben und veröffentlicht in einer Schrift: Navigation improved or the art of rowing ships of all rates in calms etc. , mit dem Papin noch vor seiner Abreise sehr gelungene Versuche vor dem Land- grafen ausführte. Er wollte die Räder später durch seine Dampf- maschine treiben lassen. Damals aber und bei seiner Fahrt die Fulda hinab wurden die Schaufelräder noch nicht mit der Dampf- maschine getrieben, wie dies irrthümlich in den meisten Büchern sich angegeben findet. Bekanntlich weigerte die Schiffergilde in Münden Papin die Durchfahrt, und da er sie erzwingen wollte, zerschlugen Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. rohe Schiffer sein Schiff und sein Modell. Arm kam er nach Eng- land; dort fand er die erwartete Unterstützung nicht und starb im Elend, wahrscheinlich 1714. Papin gebührt nicht nur das Verdienst, zuerst das Prinzip der Dampfmaschine klar erläutert und dargestellt (1690), sondern auch die erste betriebsfähige Maschine konstruiert, gebaut und in Gang gesetzt zu haben (1706), und zwar aus deutschem Material, mit deutschen Arbeitern. Leider ist nichts von dieser Maschine erhalten geblieben. Sie war in Kassel vor dem jetzigen naturwissenschaft- lichen Museum aufgestellt gewesen. Die dort angebrachte Marmor- tafel besagt: „ Denis Papin , der Erfinder der Dampfmaschine, hat auf diesem Platze in Gegenwart des Landgrafen Karl von Hessen im Juni 1706 die ersten grösseren Versuche mit Hilfe der Dampf- maschine erfolgreich durchgeführt. Sie hob Wasser und drückte es 70 Fuss hoch.“ Da sie das Prinzip der Saverys chen mit der Kolbenmaschine vereinigte, hat man sie öfters als eine Verbesserung der Saverys chen ausgegeben, aber mit Unrecht. Als Papin von Leibniz die Zeichnung der Savery schen Maschine erhielt, er- kannte er in ihr einen älteren Entwurf, den er geprüft und als unbrauchbar verworfen hatte; sodass also hinsichtlich der Savery- schen Maschine eher Papin die Priorität der Erfindung gebühren würde. In der That ist Saverys Maschine, an und für sich betrachtet, im Vergleich mit der Papins ein Rückschritt; sie arbeitet ohne Kolben und kann nur zum Wasserheben verwendet werden; ein eigentlicher Motor ist sie nicht. Dagegen liegt ein genialer Gedanke darin, dass durch die Wechselwirkung von zwei Saug- und Druck- gefässen die Kontinuität des Betriebes ermöglicht ist . Wir geben in Fig. 202 (a. f. S.) die Zeichnung, welche Savery seiner Patentbeschreibung vom 25. Juni 1698 beigefügt hat, nebst seiner eigenen Erklärung The Miner’s Friend or an engine to raise water by fire by Tho. Savery, Gent, gedruckt 1702, neu gedruckt durch das Patentamt 1858. . „ Beschreibung der Zeichnung einer Maschine, um Feuer mit Wasser zu heben . A die Öfen. B 1 B 2 die zwei Feuerungen. C die Esse oder Kamin. D der kleine Kessel. E Rohr und Hahn dazu. F die Schraube, welche die Dampfkraft einschliesst und hemmt. G ein kleines Rohr mit Hahn, das bis auf acht Zoll vom Boden herabgeht. H ein weiteres Rohr, das eben so tief hinabgeht. I ein Ventil am oberen Ende dieses Rohrs. K ein Rohr, 59* Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. welches von dem Gehäuse des erwähnten Ventils in den grossen Kessel etwa einen Zoll tief führt. L der grosse Kessel. M die Schraube mit der Re- gulierung. N ein kleines Rohr, welches bis in die halbe Höhe des Kessels geht. O O Dampfrohre auf der einen Seite am Regulator (Kesseldeckel) Fig. 202. verschraubt, auf der anderen Seite zu den Vorlagen (receivers) führend. P 1 und P 2 die Gefässe, Vorlagen genannt. Q Q die Schrauben, welche die Rohre und Ventile vor der Maschine halten. R 1 R 2 R 3 R 4 Messingventile mit Schrauben zu öffnen, um gelegent- lich dazu gelangen zu können. S das Druckrohr. T das Saug- rohr. V ein viereckiger Holz- kasten mit Öffnungen an der unteren Seite im Wasser. X ein Behälter mit einem Drehhahnen (buy-cock) in Verbindung mit dem Druckrohr. Y Drehhahn mit Rohr am Boden des Behälters. Z der Handhebel für die Regulierung. Art und Weise des Be- triebs der Maschine . Das erste ist, den Apparat in einen guten Doppelofen ein- zubauen, derart, dass das Feuer die beiden Kessel umspült und rings in der vorteilhaftesten Weise umgiebt, wie es bei den kupfernen Braukesseln geschieht. Ehe man Feuer macht, muss man die beiden kleinen Rohre mit Hahn G und N , welche in die Kessel eintauchen, losschrauben. Durch die Öffnungen fülle man L , den grossen Kessel, zu zwei- drittel und D , den kleinen Kessel, ganz voll Wasser, dann schraube man die beiden Rohre wieder so fest wie nur möglich zu. Alsdann entzünde man das Feuer B 1 . Sobald das Wasser in L kocht, schiebt man den Hebel Z des Regulators so weit auf wie nur möglich, wodurch der Dampf aus L mit unwiderstehlicher Kraft durch O 1 nach P 1 strömt und alle Luft durch das Ventil R 1 mit deutlichem Ge- räusch austreibt. Sobald alle ausgetrieben ist, wird der Boden des Gefässes P 1 sehr heiss werden. Alsdann ziehe den Hebel des Regulators wieder zu, Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. wodurch O 1 geschlossen wird und der Dampf durch O 2 nach P 2 gehen muss, bis auch in diesem Gefäss alle Luft durch das Ventil R 2 und das Druckrohr ausgepresst ist. Währenddem wird in dem Gefäss P 1 dadurch, dass der Dampf sich kondensiert, ein Vakuum oder luftleerer Raum ent- stehen. Dadurch muss und wird notwendiger Weise das Wasser durch das Saugrohr T in die Höhe steigen und indem es das Ventil R 3 hebt, das Ge- fäss P 1 füllen. — Alsdann, nachdem die Luft aus dem Gefäss P 2 ausge- trieben ist, drehe den Hebel des Regulators wieder auf, wodurch die Kraft (der Dampf) auf die Oberfläche des Wassers in P 1 wirkt; er erwärmt nur die Oberfläche und kondensiert sich nicht, sondern drückt durch seine Elastizität, welche zunimmt, bis sie das Gewicht des Wassers überwindet, dasselbe durch das Steigrohr S in die Höhe, an dessen Mündung es ausfliesst. Es dauert einige Zeit, bis dies eintritt, ist dies aber einmal geschehen, so ist es einem Jeden, der nur eine halbe Stunde die Maschine beobachtet hat, leicht, einen konstanten Abfluss zu erhalten. Denn man kann an der Aussenfläche des Gefässes P 1 beobachten, wie das Wasser abgeht, gerade wie wenn es durchsichtig wäre. Denn so weit der Dampf reicht, ist das Gefäss aussen trocken und so heiss, dass man es kaum mit der Hand er- tragen kann, so weit aber das Wasser reicht, ist es kalt und bleibt feucht, wenn man Wasser darauf bringt, welche Feuchtigkeit aber in dem Mass verschwindet, als der Dampfraum zunimmt. Drückt man aber alles Wasser hinaus, so erzeugt der Dampf, sobald er durch das Ventil R 1 tritt, ein rasselndes Geräusch, welches ein deutliches Zeichen ist, den Hebel des Regu- lators wieder zuzuziehen, wodurch sogleich das Wasser aus P 2 ausgepresst wird, ohne die geringste Unterbrechung im Auslauf; nur wird der Strom des auslaufenden Wassers manchmal etwas stärker sein, wenn man den Hebel schon zieht, ehe noch Dampf durch das Ventil R 1 getreten ist. Es ist aber viel besser, keinen Dampf entweichen zu lassen (denn dies ist nur Verlust von entsprechender Kraft), was leicht verhindert wird, wenn man den Hebel zieht, ehe das Gefäss völlig geleert ist. Ist dies geschehen, so drehe sofort den Auslauf des Reservoirs K auf P 1 , sodass das Wasser von X durch Y (was nie geöffnet ist ausser in der Stellung des Ausflusses auf P 1 oder P 2 ) auf P 1 fällt und dadurch den Dampf (der eben noch so grosse Kraft ausgeübt hatte) durch seine Kälte kondensiert und den luftleeren Raum herstellt. So wird das Gefäss P 1 durch den atmosphärischen Druck, oder wie man gewöhnlich zu sagen pflegt, durch die Saugkraft sogleich wieder gefüllt, während P 2 sich entleert; ist dies geschehen, dreht man den Hebel des Regulators wieder auf und lässt den Druck auf P 1 wirken, während man das Kondensationsrohr über P 2 zieht und dadurch den Dampf in dem Gefäss verdichtet, so dass es sich füllt, während das andere sich entleert. Die Arbeit, die beiden Teile der Maschine, den Regulator und den Wasserhahn zu drehen, ist so leicht, dass sie ein Knabe während des ganzen Tages ausführen kann und ist so leicht zu lernen, wie ein Pferd in einem Göpel zu treiben; dennoch möchte ich Männer und die allergeschick- testen bei der Maschine angestellt haben, da diese zuverlässiger sein werden als Knaben. Der Unterschied des Lohnes verschwindet dabei in Anbe- tracht des grossen Nutzens, welchen die Maschine gewährt. Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. Der denkende Leser wird hier einwenden, dass, da der Dampf die Ur- sache der Bewegung und Kraft ist, Dampf aber nur verflüchtigtes Wasser ist, der Kessel L nach einiger Zeit leer werden wird und man dann die Maschine still stellen und den Kessel wieder füllen muss, will man nicht Gefahr laufen, dass der Boden des Kessels durchbrennt. Dies beantwortet sich von selbst, wenn man den Nutzen des kleinen Kessels D ins Auge fasst. Sobald der Kesselwärter es für angemessen hält, den grossen Kessel wieder zu füllen (es dauert 1½ bis 2 Stunden, bis das Wasser einen Fuss gesunken ist), so dreht er den Hahn E des kleinen Kessels und schliesst dadurch jede Verbindung mit dem grossen Druck- rohr G und dem kleinen Kessel D ab; dieser wird rasch erhitzt, indem man ein wenig Feuer in B 2 einlegt, das Wasser kocht und bald erlangt sein Dampf eine grössere Spannung als der in dem grossen Kessel. Denn da der Druck in dem grossen Kessel fortwährend sich verringert, während der andere wächst oder sich steigert, so dauert es nicht lange, dass der Druck in D den in L übertrifft; dadurch wird das Wasser in D durch seinen eigenen Dampf gepresst und muss notwendig durch das Steigrohr H in die Höhe gehen, und indem es das Ventil I öffnet, gelangt es durch das Rohr K nach L und läuft so lange aus, bis der Wasserstand in D die untere Mündung des Rohres H erreicht hat. Alsdann tritt Dampf mit Wasser ein und das hierdurch entstehende Geräusch giebt ein deutliches Zeichen, dass D bis auf acht Zoll vom Boden entleert ist und seinen Inhalt bis auf acht Zoll vom Boden nach L entleert hat. Und insofern vom Hals von D bis zur Mündung der Röhre H soviel Wasser sich befindet, um den Wasserstand in L um einen Fuss zu erhöhen, so ist man sicher, den Kessel L um einen Fuss gefüllt zu haben. Alsdann öffnet man den Hahn E und füllt D sofort wieder, in regelmässigem Wechsel ohne Störung oder Ge- fahr. Will man zu beliebiger Zeit sich überzeugen, ob der Kessel L mehr als auf halbe Höhe entleert ist, so dreht man den kleinen Hahn N , aus welchem alsdann Wasser ausströmen wird, wenn dessen Oberfläche noch über der Mündung des Rohres, welches bis in die halbe Höhe des Kessels niedergeht, steht; wenn nicht, so wird Dampf ausströmen. In gleicher Weise zeigt der Hahn G , ob man mehr oder weniger als sechs Zoll Wasser in dem Kessel D hat und so kann nur dumme oder böswillige Nachlässig- keit eine Schädigung der Maschine herbeiführen. Und wenn der Meister seinem Knecht nicht traut, kann er sich durch diese Sicherheitshähne (gauge pipes) leicht überzeugen; denn kommt er zur Arbeit und findet den Wasser- stand C in dem Kessel L unter der Mündung des Sicherheitsrohres N , oder das Wasser in D unter der Mündung von G , so ist der Knecht strafbar, obgleich vor drei Stunden eine Schädigung und Entleerung des Kessels noch nicht eintreten würde; die Ventile aber werden bei allen hydraulischen Apparaten um so besser, je länger sie in Gebrauch sind. Alle übrigen Teile der Maschine sind aber von gleicher Güte, und da der Ofen aus Stourbridge- oder Windsorbacksteinen oder aus feuerfesten Steinen gemacht ist, so sehe ich nicht ein, wie die Maschine vor Jahren leiden kann; denn die Ventile, Hülsen, Krümmer, Regulator und die Hähne sind alle von Messing, und die Gefässe sind alle aus dem besten getriebenen Kupfer und Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. von genügender Stärke hergestellt. Kurzum, die Maschine ist so einfach und solid konstruiert, dass Jemand von ganz geringer, gewöhnlicher Ge- schicklichkeit Jahrelang ohne Nachteil damit arbeiten kann, wenn dies nicht böswilliger Weise geschieht. Ist die Maschine erst einmal richtig aufge- stellt und in Gang gesetzt, so kann ich bei aller Bescheidenheit versichern, dass der Unternehmer oder der Beamte aller Sorge, Mühe und Kosten, welche die fortwährenden Reparaturen aller anderen Maschinen, welche gegenwärtig zum Wasserheben in den Bergwerken in Anwendung sind, los sein wird.“ Savery setzt weiterhin auseinander, zu welchen Zwecken seine Maschine anwendbar sei: 1. Für Mühlwerke, freilich nur in der Weise, dass die Maschine das Wasser hebt, welches dann auf ein Mühlrad geleitet wird. 2. Für Schlösser und Edelsitze zur Wasserversorgung der Ge- bäude von einem hochgestellten Reservoir aus. 3. Zur Wasserversorgung der Städte. 4. Zum Trockenlegen von Sumpf- und Marschland u. s. w. 5. Glaubt er, dass sie auch für Schiffe anwendbar sei, will aber hierauf nicht näher eingehen, sondern dies den Leuten von Fach überlassen. 6. Zur Wasserhaltung in Bergwerken und Kohlengruben, und hierauf legt er besonderen Wert und erblickt darin die Zu- kunft seiner Maschine. Zu diesem Zweck hat er eine Schrift verfasst: „Der Bergmanns- freund“ (The miners friend), in welcher er seine Maschine beschreibt und deren Anwendbarkeit und Vorzüge zum Schluss noch in einem Gespräch des Erfinders mit einem Bergmann in das beste Licht setzt. Aus der eben mitgeteilten Beschreibung Saverys geht deutlich hervor, dass seine Maschine mit dem, was wir unter einer Dampf- maschine verstehen, nichts gemein hat, eher erinnert sie an einen Pulsometer. Trotz ihrer verständigen und einfachen Konstruktion blieben ihre Leistungen doch hinter den Erwartungen zurück, so dass sie eigentlich nur für Wasserkünste in Gärten und zur Wasserversorgung von Gebäuden verwendet wurde; zur Verwendung in Bergwerken, worauf Savery seine grösste Hoffnung gesetzt hatte, erwies sie sich unbrauchbar. Ihr Hauptfehler bestand darin, dass der Dampf un- mittelbar auf das kalte Wasser drückte, wodurch ein grosser Teil desselben kondensiert wurde und nicht zur Wirkung kam. Dennoch ist Saverys Maschine eins der wichtigsten Glieder in der Kette, welche zur Konstruktion der modernen Dampfmaschine führte. Sie Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. gab Papin die wichtige Idee, den Dampfkessel von der Maschine zu trennen. Papin verbesserte dagegen die Saverys che Erfindung wesentlich dadurch, dass er den Dampf nicht direkt auf die Wasser- fläche, sondern auf einen diese abschliessenden Kolben wirken liess. So entstand Papins Dampfmaschine vom Jahre 1706, die wir jetzt etwas näher betrachten wollen; dieselbe ist in der Ars nova in nebenstehender Weise (Fig. 203) abgebildet Siehe Gerland , a. a. O., S. 99. Die punktierten Linien Z Z W n beziehen sich auf einen Verbesserungsvorschlag von Leibniz . . Fig. 203. A ist der Dampfkessel aus Kupferblech, D D der ebenfalls aus Kupfer hergestellte Dampfcylinder, das Rohr B B verbindet beide in der Weise, dass der Dampf über dem Kolben eintritt. Um die Gefahr zu hoher Dampf- spannung zu vermeiden, ist an dem Cylinderdeckel ein Sicherheitsventil, ebenfalls eine Erfindung Papins , angebracht Der Verschluss ist in der Zeichnung weggelassen. . Der Kessel hatte 20 Zoll Breite und 26 Zoll Höhe, der Cylinder 20 Zoll Durchmesser und 15 Zoll Höhe. Der Hahn E regulierte die Dampfzufuhr. Der Dampf drückte den Kolben oder Schwimmer J J , ein aus Blech hergestelltes Hohlgefäss in Ge- stalt eines Hutes, nieder und presste das Wasser, das den unteren Cylinder- raum füllte, aus. Der Schwimmer hatte deshalb den hutförmigen Ansatz, um in diesen durch die Öffnung des Sicherheitsventils ein Stück glühendes Eisen eintragen zu können. Der Schwimmerkolben wurde durch eine Wassersäule in H und dem kommunizierenden Gefäss G G , das durch ein nach Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. unten sich öffnendes Ventil abgeschlossen war, in die Höhe gedrückt. Hatten Wasser und Schwimmer den höchstsn Stand erreicht, so wurde der Hahn E geöffnet. Der überhitzte Dampf strömte mit voller Kraft oberhalb des Schwimmers ein, wurde durch das glühende Eisen momentan noch stärker erhitzt, expandierte und presste das Wasser durch das nach oben sich öffnende Ventil T in den mit Luft gefüllten, allseitig geschlossenen Cylinder N N , der 3 Fuss hoch und 23 Zoll weit war. Die dadurch zusammen- gepresste Luft drückte bei ihrer Ausdehnung das Wasser durch das mit Hahn oder Ventil X verschliessbare Steigrohr auf die gewünschte Höhe. Der gebrauchte Dampf entwich beim Aufgang des Kolbens aus dem ge- öffneten Hahn bei n , während sich der Cylinder wieder mit Wasser füllte. Die Hähne R und Y erlaubten nötigenfalls, den Dampf aus dem Kessel oder das Wasser aus dem Cylinder abzulassen. Leitete man nun eine Quelle oder einen Bach in das Gefäss G G , so genügte ein Arbeiter, welcher den Kessel zu heizen und die Hähne E und n zu drehen hatte, um grosse Wassermassen auf beträchtliche Höhen zu heben. Die Wirkung des Dampfes liegt wesentlich in seiner Spannung und Expansion im Augenblick seines Eintrittes in den Cylinder, die Maschine ist demnach im vollsten Sinne des Wortes eine Hochdruckmaschine, denn der Dampf hat den Gegen- druck der über eine Atmosphäre gepressten Luft in N N zu überwinden. Die Originalität der Erfindung und die Verschiedenheit der Wir- kungsweise gegenüber Saverys Maschine leuchtet sofort ein; ebenso, dass es leicht ausführbar war, den Kolben mit einer Kolbenstange, wie bei der ersten Maschine Papins , zu verbinden. Dass der Ver- such mit der fertigen Maschine in Kassel vor dem Landgrafen so mangelhaft ausfiel, hatte, wie es scheint, nur in der Mangelhaftigkeit des Steigrohrs seinen Grund. Während Papin seine Maschine mit grosser Mühe und Arbeit selbst gefertigt hatte, wurde das Steigrohr auf Befehl des Landgrafen, der die Anordnung, dass das Rohr bis zum Dache des Schlosses geführt werden sollte, getroffen hatte, von den fürstlichen Handwerkern gemacht. Diese setzten das Rohr aus einzelnen Stücken zusammen und verbanden dieselben mit Kitt. Papin protestierte zwar dagegen, indem er voraussagte, dass das so ange- fertigte Rohr den Druck nicht aushalten könne, aber es half ihm nichts, der Landgraf wollte nicht länger warten, der Versuch wurde gemacht. Wie er ausfiel, erfahren wir aus einem Briefe Papins an Leibniz vom 19. August 1706: Als man nun zum Versuch kam, sah man, dass in der That das Wasser aus allen Verbindungsstellen her- austrat und dies geschah an der untersten derselben in so starkem Strahl, dass Seine Hoheit sich bald dahin aussprach, dieser Versuch könne nicht gelingen. Aber ich bat ihn ganz unterthänig, ein wenig zu warten, weil ich glaubte, dass die Maschine genug Wasser liefern Gebläse im 17. Jahrhundert. würde, um es trotz der beträchtlichen Verluste in die Höhe zu bringen. Und in der That, als die Operationen fortgesetzt wurden, sahen wir vier- oder fünfmal das Wasser bis zum Ende des Rohres steigen. Man versuchte nun, dieses mit neuem Kitt zu dichten, da es aber sehr warm war, fiel eine grosse Menge in die Röhren und auf die Ventile, welche sich dadurch bei dem zweiten Versuche, den man anstellen wollte, nicht mehr richtig schlossen. — Der Landgraf gab Befehl, ein neues Steigrohr aus verlöteten Kupferteilen anzu- fertigen. Dies geschah auch, aber das Rohr blieb jahrelang unbenutzt liegen, bis es zu anderen Zwecken verwendet wurde. Papins geniale Erfindung hatte keinen unmittelbaren Erfolg; sie blieb die verkannte That des Genies. — Saverys Maschine dagegen wurde in England durch Verbesserungen nutzbringend gemacht. Die weitere Entwickelung der Dampfmaschine gehört aber in die Ge- schichte des 18. Jahrhunderts. Für die Eisenindustrie blieb die Dampf- maschine im 17. Jahrhundert noch ohne alle Bedeutung. Gebläse im 17. Jahrhundert . Eine andere einfachere Erfindung hat für die Eisenindustrie in dieser Periode eine hervorragende Bedeutung erlangt, nämlich die der Holzblasebälge . Sie bestand darin, dass man die Seitenwände des Blasebalges statt aus Leder aus Holz anfertigte und den einen der beiden Balgteile beweglich machte, so dass sich entweder der Ober- kasten um den Boden, oder der Boden in dem Oberkasten bewegte. Ersteres war die ältere Konstruktion. Der Deckel war mit den hölzernen Seitenwänden zu einem Kasten von dreieckigem Querschnitt verbunden und bildete den Oberkasten, welcher mit dem Boden durch ein charnierartiges Schloss verbunden, sich diesem zu bewegte. Fig. 204 zeigt einen Holzblasebalg in senkrechtem Längendurch- schnitt, Fig. 205 den Unterkasten in der oberen Ansicht. a ist der Oberkasten, dessen durchbohrter Balgkopf durch das Schloss oder Charnier f mit dem Boden oder Unterkasten verbunden ist. Der Oberkasten bewegt sich um den Stift des Schlosses f auf und nieder. In dem Unterkasten b ist das Deckelventil e eingelassen. Um den Gebläse im 17. Jahrhundert. Wind zur richtigen Wirkung kommen zu lassen und Windverlust durch Ausströmung zwischen Ober- und Unterkasten, sind an den Seiten des Unterkastens bewegliche Leisten angebracht, welche durch Federn gegen die Wände des Oberkastens gepresst werden. Diese Leistenliederung bildet einen sehr wesentlichen Teil des Apparates und würde sich auch durch das genaueste Einpassen von Boden und Fig. 204. Fig. 205. Unterkasten nicht er- setzen lassen, umso- weniger, als das Holz bei wechselnder Tem- peratur und Feuchtig- keit sich ungleich aus- dehnt. Der ganze Balg ruht auf dem Balgfuss, welcher mit einem Untergestell fest verbunden ist. Der Wind tritt, wie bei dem Lederbalg, durch eine Düse oder Deute von Eisenblech aus. Die Vorteile der Holzbälge gegenüber den Lederbälgen waren hauptsächlich folgende: Zunächst waren sie haltbarer, der Zerstörung nicht so leicht ausgesetzt. Die Lederblasebälge nutzten sich rasch ab, einerseits dadurch, dass das Leder ziemlich bald brüchig wurde, anderseits dadurch, dass es sehr leicht durchbrannte. Dieser Gefahr war bei dem hüttenmännischen Betriebe das trockne oder eingefettete Leder sehr leicht ausgesetzt, besonders wenn der Balg bei seinem Aufzug die heisse Luft und damit oft Funken von Kohlen und glühender Schlacke einsaugte. Ein kleines Loch konnte aber den Lederbalg unbrauchbar machen. Dies war bei den dicken Wänden des Holzbalges nicht zu befürchten. — Zweitens lieferten die Holz- bälge einen stärkeren und gepressteren Luftstrom. Die Falten der Lederbälge bauschten sich beim Niedergang seitlich aus. Die in diesen Falten eingeschlossene Luft kam nicht zur Wirkung und ver- minderte die Pressung. Wollte man letztere durch rascheren Wechsel erzwingen, so waren die Lederbälge der Gefahr des Zerplatzens aus- gesetzt; nicht so die Holzbälge. Drittens konnte man bei dieser Konstruktion die Bälge grösser und stärker bauen. Bei den Leder- bälgen war die Grösse der Bälge im Allgemeinen beschränkt durch Gebläse im 17. Jahrhundert. die Grösse der Ochsenhäute, während man den Holzbalg beliebig gross machen konnte. Ein wesentlicher Vorteil der Holzbälge, der auch am meisten zu ihrer raschen Verbreitung beigetragen hat, war endlich ihre grössere Billigkeit in der Anlage und in der Unterhaltung. Lederbälge für Eisenhütten von gleichem Effekt waren fünfmal so teuer als Holz- bälge. Aus reinem Tannenholz gutgearbeitete Holzbälge hielten, auch wenn sie 46 bis 48 Wochen im Jahre betrieben wurden, 30, 40 und mehr Jahre, oder durchschnittlich zehnmal so lange als lederne Poppe , Geschichte der Technologie, II, S. 389. . Am raschesten nutzten sich die Dichtungsleisten ab, dieselben liessen sich aber sehr leicht auswechseln. Die laufende Unterhaltung erforderte nichts weiter, als dass die gleitenden Teile alle drei bis vier Monate einmal mit Unschlitt geschmiert wurden. In Anbetracht dieser grossen Vorzüge ist die Erfindung und Ein- führung der Holzblasebälge als ein grosser Fortschritt auf dem Ge- biete des Hüttenwesens anzusehen. Dass es trotzdem ein ziemlich unvollkommener Apparat war, bedarf kaum der Ausführung. Wir weisen nur auf den grossen schädlichen Raum hin, welcher dadurch ent- stehen musste, dass man dem einen Teil, der unentbehrlichen Liederung wegen, die Form eines Kastens geben musste. Die Dichtungsleisten umschlossen also unter allen Umständen einen unausgenutzten Luft- raum. Der Erfolg hat denn auch ihre Unvollkommenheit bewiesen. Überall sind die Holzbälge durch besser konstruierte Gebläse ver- drängt worden. Wir wollen deshalb auf weitere Einzelheiten der Konstruktion der Holzbälge hier nicht näher eingehen und uns darauf beschränken, auf die betreffende Litteratur zu verweisen Schlüter , Unterricht an Hüttenwerken, 1738, S. 51. H. Calvör , Beschreibung des Maschinenwesens auf dem Oberharz, 1763, Bd. II, fol. 162. Mémoires sur l’art de fabriquer le fer par Grignon, 1775. Traite de la fonte des mines par le feu du charbon de terre par de Genssane , 1770, Vol. I, p. 96. Tölle und Gärtner , Eisenhüttenmagazin, zweiter Jahrgang, 1792, S. 195, 365. Rinman , Bergwerks-Lexikon, T. I, p. 351 bis 357, Tab. IX. Garney , Abhandlung vom Bau- und Betrieb der Hochöfen in Schweden, Bd. II, S. 237, Tab. XIII. Krünitz , Encyklopädie, Art. Blasebälge. Poppe , Encyklopädie des gesamten Maschinenwesens, T. I, Art. Blasebälge. Mémoires de l’acad. de Paris, 1728, p. 108, 1729, p. 92, 1733, p. 90. Mémoires de la Soc. de Nancy, T. II, S. 285. . Zu jener Gebläse im 17. Jahrhundert. Zeit aber war die Einführung der Holzblasebälge ein grosser Fort- schritt und sie verdrängten die Lederbälge in den Eisenhütten grössten- teils. Nur in einzelnen Gegenden, wie im Siegerland, wo man zäh an dem Überlieferten festhielt, erhielten sich bei den Schmelzhütten zum Teil, besonders aber bei den Rohstahl- und Frischfeuern die Leder- bälge. Der Hauptgrund lag darin, dass man bei denselben mit schwächerem Aufschlagwasser auskam, und dass man sie, wenn es darauf ankam, rascher wechseln lassen konnte, wodurch man die bei Rohstahlfrischen nur zeitweilig erforderliche starke Pressung von 2 bis 2½ Pfund auf den Quadratzoll doch erreichte. Allerdings konstruierte man diese Bälge auch stärker, machte die Böden aus sechs Zoll starken Bohlen und nahm dazu zwei grosse, gutgegerbte Ochsenhäute. Solche Bälge sollen dann ebenfalls zuweilen 20 Jahre gehalten haben. Dass die Erfindung der Holzblasebälge in Deutschland gemacht wurde, ist unbestritten; dass sie um 1620 zuerst am Harz eingeführt wurden, steht ebenfalls fest. Wer aber der Erfinder war, darüber gehen die Angaben auseinander. Die Idee der Erfindung hatte bereits im 16. Jahrhundert der Nürnberger Meister Hans Lobsinger Siehe Doppelmayer , a. a. O., S. 291. . Derselbe übergab im Jahre 1550 dem Rat zu Nürnberg ein Verzeichnis seiner vorzüglichsten künstlichen Werke; unter diesen werden aufgeführt: „kleine und grosse Blass-Bälge ohne Leder von zirem Holz, die zu Schmeltz- und andern Hütten, auch zu Orgeln, dergleichen er verschieden machte, dienlich waren, wie auch kupferne Blassbälge, die beständig einen gleichen Wind gaben“. Eine praktische Verwendung haben aber diese Holzbälge Lobsingers , von deren Konstruktion wir nichts wissen, im Hüttenwesen damals noch nicht gefunden. Die Holzbälge tauchten um 1620 am Harz plötzlich auf und fanden rasche Ver- breitung. Samuel Reyher schreibt 1669 in seiner Dissertation de aëre Köln, 4 0 , 1669. Neue Auflage. Hamburg, 1725, 4 0 , p. 67. : vor 40 Jahren seien zwei Müller, Martin und Nikolaus Schellhorn , Tiemann , Eisenhüttenkunde, S. 295. Beckmann , Beiträge zur Geschichte der Erfindungen, I. 319 bis 330. Poppe , Geschichte der Technologie, II, S. 389. Blumhof , Encyklopädie der Eisenhüttenkunde, II, S. 224 bis 232 und Tab. XIV, Fig. 1 bis 3. Karsten , Handbuch der Eisenhüttenkunde, dritte Auflage, Bd. II, S. 495 bis 509, Tab. VI, 10 bis 15. Scherer , Eisenhüttenkunde, I, S. 410. Gebläse im 17. Jahrhundert. im koburgischen Dorfe Schmalebuche gewesen, diese hätten zuerst hölzerne Blasebälge erfunden; sie hätten ihre Erfindung geheim ge- halten. Nach Tölle und Gärtner sei Schellhorn ein Zimmer- mann gewesen. Derselbe habe sich eine schwere hölzerne Lade ge- macht. Bei dem Niederfallen des Deckels sei ihm ein so starker Windstrom entgegengekommen, dass ihn dies auf die Idee des Holz- blasebalges gebracht habe. Die Angabe Reyhers , deren Ursprung der Zeit der Erfindung am nächsten steht, hat viel innere Wahr- scheinlichkeit; jedenfalls mehr als die Mitteilung Schlüters Schlüter , Unterricht von Hüttenwerken, 1738, S. 51. , dass die Erfindung der Holzbälge von einem Bischof von Bamberg her- rühre. Es müsste dies der Zeit nach Joh. Gottfried von Asch- hausen , der von 1609 bis 1622 auf dem bischöflichen Stuhl sass, gewesen sein. Quantz schreibt in seiner Geschichte von Schmal- kalden, dass sie dort von Paul Hofmann , der in Suhl gebürtig war und im Jahre 1596 zu Kleinschmalkalden, einem Dorfe zwei Stunden über der Stadt Schmalkalden, ein Schmelz- und Hammerwerk ge- kauft hatte, zuerst eingeführt worden seien. Sie müssten demnach schon früher bekannt gewesen sein. Jenes Schmelz- und Hammerwerk existierte zu Quantz’ Zeiten nicht mehr, auf der Stelle desselben war ein Haus gebaut, das von dem damaligen Balgenmacher Jacob Hofmann , der eine Gross- enkelin jenes Paul Hofmann zur Frau hatte, bewohnt wurde. Schlüter bestätigt, dass die Holzbälge seit 1620 am Unterharz, wohin sie aus dem Bambergischen gekommen seien, in Gebrauch kamen. Calvör erzählt die Einführung am Oberharz folgender- massen: 1621 habe Ludwig Pfannenschmidt aus dem Thürin- gischen sich zu Astfelde bei Goslar niedergelassen und angefangen hölzerne Blasebälge zu machen Tiemann bezeichnet diesen L. Pfannenschmidt als den Erfinder derselben. . Daraufhin hätten ihm die dortigen Balgenmacher den Tod geschworen, wogegen er aber von der Obrig- keit geschützt worden sei und seine hölzernen Bälge erst am Unter- harz und, als man sie sehr vorteilhaft gefunden, auch darauf auf dem Oberharz eingeführt worden wären. Er wollte seine Kunst niemanden als nur seinem Sohne lehren, und es blieb deshalb die Kunst bei seiner Familie, wie denn auch noch vor wenig Jahren sein Enkel die Ver- fertigung aller Bälge des ganzen Harzes besorgt habe. Anfänglich waren für die Wartung und Ausbesserung der Holzbälge auf den ein- seitigen Hütten am Harz jährlich 50 Rthlr. bezahlt worden, welcher Gebläse im 17. Jahrhundert. Betrag 1641 aber auf 40 Rthlr. herabgesetzt wurde, weil man sah, dass er dabei nur wenig Mühe hatte. Im Jahre 1651 wurden ihm für ein Paar neue Bälge 30 Rthlr. bestimmt, später ging der Preis bis auf 21 Rthlr. herunter. Über die Einführung der hölzernen Bälge auf den Gittelder Eisenhütten werden wir in der Lokalgeschichte weitere Mitteilungen machen. Nach Berry, Nivernois und Franche Compté wurden die hölzernen Bälge erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts durch einen Deutschen gebracht Pariser Kunsthistorien, II, S. 104. — Reaumur in Justi, Schauplatz der Künste und Handwerke, II, S. 104. . In der Dauphiné wurden sie zuerst durch einen Schweizer bekannt. In Schweden wurden die Holzbälge eben- Fig. 206. falls von einem Deutschen, Hans Steffens , unter der Regierung Gustav Adolfs eingeführt; Steffens wird deshalb, namentlich von schwedischen Schriftstellern, öfters als der Erfinder aufgeführt. — Dies sind die wichtigsten Nachrichten über die Erfindung und Ein- führung der hölzernen Blasebälge. Branca teilt in seinem Buche über Maschinen eine ganz eigen- tümliche Gebläsekonstruktion mit, welche sehr interessant ist, indem sie die Idee des Wassertrommelgebläses mit dem Glocken- gebläse , welches im 18. Jahrhundert in Frankreich in Anwendung gebracht wurde, verbindet. Fig. 206 zeigt das in Serie III, Tab. XVIII von Branca 1629 mitgeteilte Gebläse. Gebläse im 17. Jahrhundert. Er giebt dazu nachstehende Erläuterung: Die folgende Maschine ist ein Gebläse (un spiritale) anstatt eines Schmiedebalges. Wenn der Hahn B geschlossen ist und die Glocke A mit der Mündung nach unten ein Drittel in das Wasser gestellt ist, sodass keine Luft eintreten kann, lässt man Wasser durch die Löcher C D E ein, welches, indem es durch die genannten Röhren eintritt, nicht in A emporsteigt, sondern fortwährend Luft nach B hineinpresst, und zwar mehr oder weniger, je nachdem die Röhren G H I ganz oder zum Teil geöffnet sind. Und wenn dann der Hahn B geöffnet wird, ge- langt der Wind nach dem Schmiedefeuer, wo der Schmied L arbeitet. Das Wasser strömt bei K zu, wie man sieht. Die Wassertrommelgebläse , obgleich schon älter, wurden zuerst im 17. Jahrhundert allgemeiner bekannt. Dieselben waren in Italien in Gebrauch. P. Schott schreibt, dass die Schmiede und dergleichen Leute sich dort dieser Art von Gebläsen bedienten. Genauer beschrieben und abgebildet findet sich ein Wassertrommel- gebläse einer Messinghütte bei Tivoli in den Tractionibus Anglicanis Anno 1665, Tab. I, Fig. II und aus diesem in Le journal des scavans Tome I, Anno 1666, pag. 380, Fig. 2. Man hielt dies seither für die älteste Beschreibung und setzte das Jahr der Erfindung der Wasser- trommelgebläse auf 1640. Th. Beck Siehe Civilingenieur, Bd. 38, Heft 3, 1892. hat aber neuerdings nach- gewiesen, dass Giambattista de la Porta diese Gebläse schon 1589 in seiner Magia naturalis beschrieben hat. Im Buch XIX, Kap. 6 heisst es: Wie Luft die Dienste von Blasebälgen leistet, haben wir zu Rom gesehen. Es wird eine überall geschlossene Kammer zu- sammengefügt. Von oben nimmt sie durch einen Trichter eine Quantität Wasser auf. In der Wandung ist oben ein kleines Loch, wodurch die Luft mit grosser Gewalt ausströmt. Sie wird mit solcher Kraft ausgetrieben, dass sie ein Feuer aufs Beste in Brand setzen und in Kupfer- und Eisenschmieden die Stelle von Blase- bälgen leicht ausfüllt, indem der Einlauf so konstruiert ist, dass er je nach Bedürfnis abgewendet oder das Wasser hineingeleitet wird. Branca bildet ebenfalls schon ein solches Gebläse (Ser. III, Tab. XVIII), wie Fig. 206 zeigt, ab. In Leupolds Theatrum machinarum hydraulicarum vor 1725 ist in §. 343 ein Wassertrommelgebläse beschrieben als „eine neue In- vention, deren man sich bedient, das Feuer in den Kupferhämmern zu Tivoli nahe bei Rom aufzublasen“. Im Ritterplatz, 1702, II, S. 71 Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. ist derselbe Apparat erwähnt: „bey Rom in dem Tiburtinischen Kupffer- Bergwerke ist ein cureuses Gebläse zu sehen und nimt mich nicht wenig Wunder, dass fast nicht in einer einigen Italiänischen Reise- Beschreibung davon gedacht wird. Es ist eine grosse viereckige Röhre, in welche ein Bach mit Wasser durch einen schnellen Fall stürzet, unten aufprellet und hernach hinweg lauffet. Mitten aus dieser grossen Röhre oder diesen Schlund gehet eine metallene Röhre etwas zugespitzt nach den Treibherden, wodurch ein sehr starker Wind continuirlich bläset, wiewohl der Wind nach Belieben auch durch ein ander Loch an der Seite kann abgelassen werden. Diesen Wind verursachet nichts, als das jählinge Abstürzen des Wassers.“ Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. Ein anderes wichtiges Werkzeug der Eisenindustrie, dessen An- wendung und Verbreitung in das 17. Jahrhundert fällt, waren die Eisenschneidemühlen oder Eisenspaltereien. Ihre Erfindung ist eng verbunden mit der der Walzwerke und knüpfen wir deshalb an das über diese früher Mitgeteilte an. Beim Münzwesen war das Be- dürfnis, Flachstäbe von genau gleicher Dicke und Breite zur Her- stellung der Münzen zu bekommen, am dringendsten. Hier verfiel man deshalb zuerst auf die Idee, Platinen von Metall zwischen glatten Stahlwalzen zu ganz bestimmten Dimensionen auszuwalzen. Man blieb dabei nicht stehen, sondern stellte sogar die Prägung zwischen Walzen in den sogenannten Taschenwerken her, die man aber später wieder verliess. Die Idee des Walzens wurde auch auf andere Metalle über- tragen. Dass sie zu Anfang des 17. Jahrhunderts verbreitet war und von den berühmten Mechanikern jener Zeit mit Vorliebe behandelt wurde, geht aus den Werken von Branca, Zonca und anderen hervor. Die älteste Beschreibung eines Walzwerkes giebt Salomon de Caus Von gewaltsamen Bewegungen. Beschreibung etlicher, sowohl nützlicher als lustiger Maschinen durch Salomon de Caus . Frankfurt bei Alb. Pacquart . Die Vorrede datiert von 1615. 1615. Es ist ein Walzwerk mit Handbetrieb, um Blei- Beck , Geschichte des Eisens. 60 Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. platten für Orgelpfeifen zu walzen. Fig. 207 zeigt die Einrichtung und Bedienung des Apparates. Branca stellt in seinem Buche über Maschinen, Serie I, Taf. II, ein Walzwerk für Gold-, Silber- und Kupferschmiede (Fig. 208) dar. Fig. 207. Die naive Ansicht des Verfassers, dass dasselbe durch die auf- steigende warme Luft einer Schmiedeesse betrieben werden könne, darf uns dabei nicht irre machen. Branca giebt folgende Er- läuterung: In dieser Figur wird gezeigt, wie man Bleche von Gold, Silber, Kupfer und andern Materialien auswalzt und auch, wie man Medaillen, Geld und anderes prägt. Man sieht daran zunächst den Arbeiter mit dem Schmelztiegel oder dem kleinen Schmiedefeuer (indem es das eine oder das andere sein kann) unter dem Kamin L K H G , wie er mit dem Hammer auf dem Ambos T ausreckt. Der Kamin ist, wie man sieht, so gemacht, dass er die warme Luft und Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. den Rauch von dem Feuer in die Höhe führt und einen Flügel T in Umdrehung versetzt und durch diese Bewegung bewegen sich gegen- seitig die Getriebe N P R , welche die Räder O Q F in Umdrehung ver- setzen und die Walze (torcolo) A in dem Rade F und dem Ge- Fig. 208. triebe D in Bewegung setzen, wo ein anderer Arbeiter V den Metall- stab E ausziehen kann bis zu dem gewünschten Ziel, oder mit dem Prägestempel B C prägen kann, was er will, wie aus der Figur klar ersichtlich ist. Interessanter noch ist Zoncas Darstellung und Beschreibung eines Walzwerkes, um Fensterblei herzustellen, indem dieselbe keinen phantastischen Entwurf, sondern eine der Praxis entnommene Ma- schine schildert. Die Tafel (Fig. 209) ist dem Novo Teatro di Machine 60* Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. et Edificii von Vittorio Zonca , Architetto della Magnifica Com- munita di Padoua, Padua 1621, entnommen. Die Beschreibung be- ginnt mit folgender theoretischen, der herrschenden aristotelischen Anschauungsweise entsprechenden Betrachtung: „Es ist nicht zu be- zweiflen, dass gegenwärtige Maschine als ein „Rad an der Welle“ zu betrachten ist, welches schliesslich auf den Hebel zurückzuführen ist; denn die Hebel oder vielmehr Kurbeln, welche die Räder (vermittels des Motors) umdrehen und welche in ihrem Mittelpunkt festgehalten sind, verursachen jene Umdrehungen in kreisförmiger Bewegung, so dass man vernünftiger Weise behaupten kann, dass sie Durchmesser eines Kreises seien“. — Alsdann fährt er fort: „Da dies klar ist, so habe ich schon mehrfach gesagt, wie man das Verhältnis zwischen der bewegenden Kraft und der Last aufzufassen hat, und in der That ist hier wenig Kraft nötig, aber man muss wohl darauf achten und dafür sorgen, die Räder gut einzupassen, damit sie leicht laufen. Man könnte auch noch Bezug nehmen (bezüglich der geringen Kraft, welche diese Maschine erfordert) auf die verschiedenen Erscheinungen bei entgegengesetzten Bewegungen, welche man hervorbringt durch verschiedene sich berührende (miteinander verbundene) Kreise, aus denen verschiedene Arten von Uhrwerken gebildet werden, sowie auch die verschiedenen Bewegungen kleiner Figuren, welche auf einer Ebene spazieren und die Bewunderung der Zuschauer erregen, weil sie die Ursache verbergen und nur den Effekt zeigen, sowie man es auch bei der vorliegenden Maschine sieht. Denn wenn diese ver- schlossen auf dem Fussgestell befestigt ist und die Arbeiter die Kurbel bewegen, so sieht man das bearbeitete, d. h. ausgehöhlte Blei daraus hervorgehen und aus einem andern Teile die Späne und das Überschüssige davon, wodurch die Zuschauer in Erstaunen versetzt werden, da sie nicht wissen, wie die Dinge im Innern der Maschine beschaffen sind. Aber damit man diese Anordnung besser möge kennen lernen, habe ich drei Tafeln davon gezeichnet mit der gross- möglichsten Klarheit, und zwar ist dies, unter vielen ähnlichen Maschinen, die ich gesehen habe, die schönste und am meisten aus- gezierte, wenn auch die Verzierungen mehr zur Schönheit als zum Nutzen beitragen. Vor allem müssen die Räder (Walzen) derart sein, dass sie, in Gang gesetzt, das Blei bearbeiten. Diese haben ihre Zapfen, welche wir vernunftgemäss Achsen nennen können. Diese Zapfen oder Achsen müssen aus einem Stück mit der Walze heraus- geschmiedet sein, und zwar aus gutem Stahl . Man macht zwar auch solche, die erhitzt und in die Walze gelötet werden, aber diese Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. sind nicht dauerhaft und halten einen Vergleich mit denen nicht aus, welche aus einem Stück gemacht sind. Die genannten Zapfen Fig. 209. ( A A , Fig. 209) sind an ihrem äussersten Teile von quadratischer Form, damit auf diesen Teil die Kurbel passt und die Räder herum- Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. dreht, wenn die Maschine geschlossen ist. Diese Räder sieht man innerhalb der Platte mit ihren Zapfen festgehalten und auch in der Seitenansicht mit der Kurbel ausserhalb der Platte. Auf der andern Tafel (resp. in der andern Figur links davon), welche die inneren Teile zeigt, sieht man sieben runde Löcher, sowie auch in der ersten, wovon die beiden mittleren dazu dienen, die Zapfen der Räder aufzunehmen. Diese sind von Messinghülsen umschlossen, damit sie sich konservieren mit dem Stahl, denn in Verbindung mit einer andern Art Metall nutzen sie sich ab. Das einzelne Kanälchen ist aus Stahl gemacht, damit es das Blei besser schneiden kann, die andern beiden Kanäle, welche es in der Mitte halten, sind von Nuss- baumholz gemacht, von demselben Holz, woraus die Maschine ge- macht ist, und durch diese tritt das bearbeitete Blei heraus, wenn die Maschine geschlossen ist. In den andern vier Löchern stecken sich vier Schrauben auf irgend einem festen und stabilen Gegen- stande, damit die Arbeiter arbeiten können. Ausserdem tritt eine Schraube in den oberen Teil der Platte in ein darin ausgehöhltes Kanälchen, an deren unterem Teil eine Mutter befestigt ist, welche (sobald man die Schraube anzieht) auf das obere Rad wirkt und die Räder fest zusammendrückt. Man sieht endlich die ganze Maschine zusammengeschraubt in der dritten Figur (unten rechts), auf der man die Form der Kurbel der Räder bemerkt. In der kleineren Figur sieht man, indem die Werkleute arbeiten, das Blei aus dem Kanälchen hervorkommen, welches abnehmbar und durch einige kleine Eisen- teile befestigt ist, wie man aus der dritten Figur ersieht. — Der Massstab der Maschine ist mit vier Zollen (once) am unteren Rande der Abbildung eingezeichnet. Erläuterung zu Fig. 209: A Walze mit ihrem Zapfen oder stabiler Stahlachse. B Schraube, welche durch den Kanal B der ersten Figur von oben eintritt, welche Schraube am Ende die Mutter M hat zum Zusammenpressen der Räder. C C C C vier Löcher, in welche vier Schrauben, ähnlich der mit C bezeichneten Schraube, eintreten. D Kanal von quadratischer Form, in welchen die mit D be- zeichnete Schraube eintritt, um die Maschine auf dem Tisch zu befestigen. E E mittlere Löcher mit Messinghülsen, wo die Zapfen der Räder hineintreten. F Kanälchen, durch welches das bearbeitete Blei heraustritt. Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. G Loch, aus dem die Späne von dem bearbeiteten Blei her- auskommen. H Kurbel oder Hebel, mit welchen man die Räder (Walzen) umdreht. Wir haben hier das erste Façonwalzwerk vor uns, und zwar in Kombination mit einem Schneidewerk, denn augenscheinlich schnitten die scharfen Ränder der scheibenförmigen Walzen die überstehenden Ränder des Fensterbleies ab. Freilich ist der Apparat nur klein, für Handbetrieb und nur für ein so weiches Metall wie Blei verwendbar. Eines ganz ähnlichen Walzwerkes bedienten sich die „Flinder- schlager“ und Rechenpfennigmacher in Nürnberg und ist ein solches in Weigels Hauptständen, S. 320, abgebildet. Dem Bestreben, dasselbe Prinzip bei der Verarbeitung des Eisens anzuwenden, standen grosse Schwierigkeiten im Wege, demungeachtet gelang dies bis zu einem gewissen Grade bereits im 16. Jahr- hundert, nicht zwar in der Form unsrer Walzwerke, sondern in der Form der Schneidewerke mit einer Vorwalze. Das Ausschmieden dünner Stäbe, sowie das Spalten des Eisens mit dem Meissel waren beschwerliche Arbeiten, deshalb suchte man dieselben durch Be- nutzung von Maschinenkräften zu erleichtern. Die Messingdraht- zieher in Nürnberg zerschnitten die gegossenen Messingplatten mit einem von einem Wasserrad getriebenen Sägewerk Siehe Weigel , a. a. O., S. 295. . Schon früher hatte man in der Goldschmiedekunst kleine schneidende Scheiben hierfür verwendet. Man benutzte dieses Prinzip und konstruierte grössere Stahlscheiben, welche gegeneinander liefen und das da- zwischen gebrachte Flacheisen zerschnitten. Dabei blieb man aber nicht stehen, sondern verband eine Anzahl solcher Scheiben zu einem walzenförmigen Körper, zwei solcher Schneidewalzen liess man in entgegengesetzter Umdrehung gegeneinander laufen und konnte mit denselben aus einem Flachstabe eine ganze Anzahl von dünnen Stäben, entsprechend der Zahl der Scheiben einer Walze, gleichzeitig schneiden. Um diese Stäbe von gleicher Stärke zu erhalten, was durch Ausschmieden der Platinen nicht in der genügenden Gleich- mässigkeit geschah, liess man die vorgeschmiedeten Platinen erst durch ein Paar Glattwalzen laufen, wodurch sie gestreckt wurden und einen ganz bestimmten Querschnitt erhielten. So entstanden die Eisenschneidemühlen oder Eisenspaltereien, welche vor Erfindung der Feinwalzen eine wichtige Rolle in der Eisenfabrikation, namentlich Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. für die Herstellung von Draht- und Nageleisen, spielten. Sie waren vermutlich in Nürnberg erfunden und dort bereits 1530 in An- wendung (siehe S. 513). Von Deutschland kamen sie bereits im 16. Jahrhundert nach England, von wo die ersten Nachrichten aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts stammen. Sicher ist, dass Sir Bevis Bulmer im Jahre 1606 von König Karl I. ein Patent erhielt für eine neue Art von Maschine oder Werk- zeug A new and Compendious forme or Kinde of Engine or Instrument to be put in vse, driven, and wrought withall by Water or Waterworkes, as well for the concerning a Quicker and more Apt and Speedy Ways and meanes then theretofore knowne.... for, in, and about the Cutting and making of Iron into small Barrs for Rodds to serve for the Making of Nayles. , welche nur durch Wasserkraft in Bewegung gesetzt wurde, um damit auf eine raschere und bessere Weise Eisen in schmale Stäbe oder Ruthen zu verwandeln, um daraus Nägel zu fabrizieren, welches für die Nagelfabrikation von grossem Nutzen sein würde; zur Ersparnis des vielen Abfalls, der bei der jetzigen Art des Schneidens entsteht, wegen der vielen nötigen Hitzen und der schlechten Instrumente. Nachdem die Frist für dieses Patent abgelaufen war, erhielt Clement Dawbeny 1618 für dieselbe Erfindung einer Maschine, um Eisen in schmale Stäbe für Ruthen zur Nagelfabrikation zu zer- schneiden, die darin aber rückhaltslos Sir Bevis Bulmer zuerkannt wird, ein neues Patent, und als dieses wiederum abgelaufen war, wurde es nochmals erneuert. Aus dem Schriftsatz, welcher dieser letzten Bewilligung beigegeben ist, geht hervor, dass die Regierung ebenso wie der Erfinder die hohe wirtschaftliche Bedeutung dieser Erfindung würdigte. Es ist nirgends gesagt, dass das Schneiden durch Schneide- scheiben geschähe, da aber die Anwendung der Wasserkraft, also eines Wasserrades, besonders hervorgehoben wird, so lässt sich dies wohl annehmen. Karsten befindet sich deshalb im Irrtum, wenn er sagt (S. 1007): „Die Schneidewerke scheinen in der Mitte des 17. Jahrhunderts zuerst in Lothringen aufgekommen zu sein.“ Swedenborg , dem wir die älteste Abbildung eines Eisen- werkes verdanken, giebt an, sie seien im Lütticher Lande erfunden und hätten sich von da aus nach andern Ländern verbreitet Swedenborgius de ferro § 27 „Circa Leodium hinc et inde sparsa sunt opera, quorum ope attenuatur ferrum et in contos minores secatur, praeterquod tales machinae etiam Germaniae ut et Angliae sunt constructae“. . Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. Auch Franquoy behauptet, dass die Schneidewerke (spadarts) bereits Ende des 16. Jahrhunderts erfunden und in Lothringen und Belgien in Gebrauch gewesen seien J. Franquoy , Des progrès de la fabrication du fer dans le pays de Liége, 1861, S. 39. . Beistehende Fig. 210 giebt die anschauliche Darstellung eines Eisenschneidewerkes aus der Gegend von Lüttich, welche Swedenborg Fig. 210. in seinem Werke de ferro 1734 veröffentlicht hat. Er liefert dazu folgende Beschreibung: „Über die Art des Zerteilens und Schneidens des Eisens in dünne Stäbe und Ruthen und des Ausbreitens zwischen Walzen in der Gegend von Lüttich, in England und Schweden.“ „Um Lüttich — und von dort aus haben sie ihre Verbreitung ge- funden — sind Werke, in denen das Eisen ausgezogen und in kleinere Stäbe zerschnitten wird, nach welchen Maschinen auch in Deutsch- land und England dergleichen konstruiert worden sind; eine solche zeigt die Abbildung, welche die ganze Arbeit vor Augen führt. — Man nimmt Eisen, welches bereits zu Stäben ausgeschmiedet ist, etwa 4 cm (2 digitos) dick und 8 cm breit. Dieses wird in Stücke von etwa 0,70 m (una ulna) zerschnitten. — Der Wärmeofen, den man anwendet, ist auf einigen Werken einfach, auf andern doppelt. In diesen werden die erwähnten Eisenstücke eingelegt. Unter dem Feuerraum befindet sich ein Aschenfall. In diesen Ofen werden etwa Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. 200 Sätze oder Eisenplatinen eingetragen, und zwar so, dass sie kreuz- weise übereinander gelegt werden, deshalb, damit Hitze und Flamme von allen Seiten sie frei umspülen können, und zwar werden sie in der Weise aufgebaut, dass sie gleichsam ein Gewölbe bilden, unter dem die Steinkohlen (nur in Lüttich, in andern Gegenden verwendete man Holzkohlen) eingetragen werden. Sind die Eisenstäbe so erhitzt und in Glut, so nimmt man sie heraus und lässt sie durch zwei stählerne Zylinder durchpassieren. Wenn Eisenplatinen, welche ungefähr 0,70 m lang und 0,10 m breit und 0,02 m dick sind, durch die erwähnten Walzen gehen, werden sie in Länge und Breite ausgedehnt, dass sie über 1,40 m lang und 0,12 m breit aus den Walzen kommen. Diese schon so gestreckten Platinen kommen dann nochmals in den Ofen, wonach man sie wiederum durch die Walzen gehen lässt, wodurch sie bis auf eine Länge an fünf Ellen ausgedehnt werden; sobald das so ausgewalzte Eisen aus der Maschine heraustritt, erfasst es ein zweiter Arbeiter mit der Zange und lässt es das aus Stahlscheiben zusammengesetzte Schneidewerk passieren, wodurch das so ausgebreitete und gereckte Eisen in drei-, vier- oder sechseckige Stäbe, je nach Belieben, zer- schnitten wird. Bei täglichem Betriebe können auf diese Weise im Jahre 5000 bis 6000 Schiffspfund (1000 bis 1200 Tons) geschnitten werden. Dieses Schneidewerk hat den Nutzen, dass man das Eisen mit weniger Kosten an Arbeit, Kohlen und Zeit in verschiedenen Dimen- sionen erhalten kann“. Die älteren Schneidewerke wurden durch zwei Wasserräder, welche gegeneinander liefen, bewegt. Auf unsrer Abbildung befinden sich diese auf derselben Seite, in der Regel aber waren dieselben auf den zwei entgegengesetzten Seiten angebracht und drehten sich die Walzen nicht schneller, als die Wasserräder. Solche Schneide- werke nannte man einfache, während man solche mit Vorgelege und einer Übersetzung auf doppelte Umdrehung doppelte Schneide- werke nannte. Die Streck- oder Vorbereitungswalzen (éspatards) hatten dieselbe Geschwindigkeit wie die Schneidescheiben und machten 40, allerhöchstens 80 Umdrehungen in der Minute. Der Durch- messer der Walzen war etwa 0,30 m; ihre Länge entsprach der An- zahl der Scheiben des Schneidewerks. Diese verstählten Scheiben wurden auf einer geschmiedeten eisernen Spindel so aufgereiht, dass sie weder ausweichen, noch sich verschieben konnten. Sämtliche Schneidescheiben bilden zusammen eine Messerwalze. Die Breite Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. der einzelnen Scheiben entspricht der Breite des herzustellenden Schmiedeeisens, und diese ist in der Regel auch gleich dem Ab- stand zwischen den Glattwalzen. Die Schneiden hatten meist einen Durchmesser von 0,30 m, die Scheiben einen Durchmesser von 0,20 bis 0,24 m. Die Schneiden greifen etwa 2 cm in die Zwischenräume ein und müssen genau in die Mitte derselben passen. Die Anzahl der Scheiben richtet sich bei vorhandener Kraft nach der Breite des zu schmiedenden Eisens. Man hat bei jedem Schneidewerk verschiedene Sätze von Schneidescheiben. Die ausgewalzten Platinen passieren glühend die Schneidescheiben. Auf der andern Seite werden sie, damit sie nicht auseinandergehen, durch einen Rahmen oder einen Haken zusammengehalten. Die gekrümmten Stäbe werden sogleich auf dem flachen Boden gerade gestreckt. Interessant ist auch, aus Swedenborgs Zeichnung zu ersehen, dass die Glühöfen mit Rost, Aschenfall und Gewölbe bereits ganz in derselben Weise konstruiert waren, wie heutzutage. Dass aber diese Eisenschneidewerke auch in Deutschland bereits im 17. Jahrhundert bekannt und in Gebrauch waren, geht aus den nachfolgenden interessanten Mitteilungen Calvörs hervor Siehe Henning Calvör , historisch-chronologische Nachricht etc. des Maschinenwesens auf dem Oberharze. Braunschweig, 1763, Tl. II, Kap. I, mit Anlagen. . Von einer Eisenschneidmühle . Im Jahre 1683 hat Johann Friedrich Müller , ein Fremder, in Vorschlag gebracht, eine Eisenschneidmühle auf dem Harze anzulegen, und davon folgendes schriftlich übergeben. „Entwurff einer Eisenschneidmühle, was zu deren Erbauung eigentlich gehöret, wie durch solche Maschine ein geschmiedet Stück Eisen in einem einzigen Durchschnitt und grosser Geschwindigkeit in unterschiedliche kleine Stäbe zerschnitten werden kann, und was für Nutzen und Ge- winn davon zu erwarten. Was zur Erbauung einer Eisenschneidmühle vornehmlich gehöret . „Eine Eisenschneidmühle erfordert zu ihrer Hütten einen Platz von ohngefehr 35 bis 40 Schuh breit, und 60 oder 70 Schuh lang, und kann von Holzwerk, gleich einer andern Eisenhütte, aufgeführet werden. Zum Einbau gehören vier Wellen. An zwey von gedachten Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. Wellen wird an jede ein Wasserrad gehänget, also dass eins auf einer Seite, das andere auf der andern Seite ausserhalb der Hütten in ihren Radstuben einander gegenüberstehen. Diese Räder wollen ein starkes Wasser haben, dass sie so geschwinde, als es die Nothdurft des Werkes erheischet, herumlaufen können. Doch kann man die Höhe der Räder nach der Stärke des Wassers, und nach dessen Fall proportioniren. An jede Wasserwelle wird in der Hütte noch ein Kammrad geordnet. An die übrigen beyden Wellen, so kürzer sind, wird an jede ein Getrieb, oder Trilling gerichtet. Neben jeder Wasser- welle wird eine kurze Welle der Länge nach, oder parallel geleget, dass auf der einen Seite der Hütte der einen Wasseradwellen Kammrad in der nebenliegenden kurzen Wellen ihr Getriebe greifet; und auf der andern Seite der Hütte der andern Wasserradwellen Kammrad der daneben liegenden kurzen Wellen Trilling gleichfalls fasset. Im Mittel der Hütte liegen beyde Wasserwellen, wie auch beyde kurze Wellen mit ihren inwendigen Stirnen und Zapfen ein- ander gleich gegenüber, doch also, dass ein Raum etliche Schuh breit dazwischen bleibet, und auch eine Wasserwelle gegen der andern, wie auch eine kurze Welle gegen der andern etwas höher lieget. An der zwo Wasserwellen im Mittel der Hütten einander gegenüber liegende Zapfen werden die hiernach beschriebenen Eisenschneid- scheiben angeschlossen. An der andern beyden Wellen einander gegen über stehende Zapfen werden zwey auf einander zu richtende eiserne Walzen angestecket. Gedachte Eisenschneidscheiben, deren alle Zeit zwo in einander gehen, und fast, wie die Bleyzüge in ein- ander greifen, werden nach Art der Stäbe, die darinnen geschnitten werden sollen, mit drey, fünf, sieben, neun, eilff, dreizehn, bis fünf- zehnfachen in einander greifenden Gängen vorgerichtet. Noch werden eine andre Art Scheiben mit einem, drey und mehrfachen Gängen gebrauchet, welche die Stäbe im Durchgang zugleich der Dicke und Breite nach gleichsam pressen, dass sie eine ganze gleiche Dicke und Breite durchaus bekommen. „Zur Wärmung des Eisens, so geschnitten werden soll, ist ein besonderer Ofen nöthig, welcher nicht mit Kohlen, sondern mit büchenem Holze angefeuert wird. Letzlich muss ein Feuer etwas grösser, als in einer Hufschmiede vorgerichtet werden, dabey die ob- bemeldten Eisenschneidscheiben erstlich vollends zur Perfection zu bringen, und hernach solche, wie auch andere zu diesem Werke noch gehörige Instrumente, wenn sie durch den Gebrauch mangelhaft worden, wieder zu repariren. Die Vorrichtung einer solchen bisher Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. beschriebenen Eisenschneidmühle könnte durch ein Modell deutlicher vor Augen gestellet, und daran der Gebrauch dieser Maschine besser demonstriret werden, als er aus nachfolgendem zu vernehmen sein möchte. Gebrauch dieser Maschine, und wie dadurch in kurzer Zeit viel Eisen zu allerhand Gattungen kleiner Stäbe zer- schnitten werden kann . „Beym Gebrauch dieser Maschine werden allezeit zwo von den vorher beschriebenen in einander gerichteten Eisenschneidscheiben in die zween inwendigen Zapfen der Wasserwelle angestecket, nachdem man eine Sorte von kleinen Stäben aus einem Stück Eisen zu schneiden verlanget, als zum Exempel, sollen die geschnittenen Stäbe zu Hufeisen gebraucht werden, so sind zwey mit drey Gängen in einander gerichtete Scheiben in die Zapfen zu legen. Ferner werden auch vorgedachte zwo eiserne Walzen an der kurzen Wellen ihre Zapfen so angestecket, und aufeinander gerichtet, als es die Dicke der kleinen Stäbe, so geschnitten werden sollen, erfordert. Beyde Wasserräder, wenn sie mit einander umgehen, treiben beydes die Eisenschneidscheiben und, vermittelst der Kammräder und Getriebe, die zwey eisernen Walzen zugleich mit um. Diese Walzen machen, wie schon gedacht, die begehrte Dicke der Stäbe, und die Scheiben schneiden auf einmal so viel Stäbe, als man verlanget; als bey der zum Exempel gegebenen Vorrichtung zu Hufeisen, schneiden die dreyfach in einander gerichteten Scheiben in einem einzigen Durch- schnitt, der nicht eines Vater-Unsers lang währet, drey Stäbe, deren jeder ohngefehr 8 oder 9 Schuh lang wird. Will man kleine Stäbe zu Huf- oder andern starken Nägeln haben, so werden zu jenen funf- zehn Gänge habende, und zu diesen dreyzehnfache Scheiben ge- brauchet; so geben die Scheiben resp. in einem Durchschnitt funfzehn, oder dreyzehn Stäbe von einer 10, 11 bis 12 schuigten Länge. Will man fünf, sieben, neun, und eilffstäbig geschnitten Eisen haben, so sind nur anstatt voriger, andere Scheiben zur Hand zu nehmen. Ver- langet man Stäbe zu allerhand Gattungen eisernen Reiffe, oder Ringe zum Beschlag der Fässer, Tonnen, Laufkarren, und dergleichen hölzernen Kasten und Kisten, so werden anstatt der eisernen Schneid- scheiben die andere oben beschriebene Art Scheiben gebrauchet, welche die Stäbe im Durchziehen der Breite und Dicke nach also pressen, als wenn sie gleichsam abgehobelt wären. Und kann dieses Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. Reifring- und Beschlageisen, wie es die Arbeit nur erfordert, nach Belieben in gehöriger Dicke und Breite aufs genaueste gemachet werden. „Wenn nun alles und jedes wohl zusammen, und in, und auf- einander gerichtet, und beyden Wasserrädern zu ihrer Arbeit Wasser aufgeschlagen wird, wird ein in oberwehntem Ofen bey büchnem Holz in der Flamme zur Genüge gewärmetes Stück Eisen zwischen mehrer gedachte zwey eiserne Walzen gestecket, durch deren Umlauf augenblicklich in die mit umgehende Scheiben geschoben, und darinnen in so viel Stäbe, als die ansteckenden Scheiben Gänge haben, zerschnitten. So bald denn ein vor den Eisenschneidscheiben stehender Arbeiter die geschnittenen Stäbe hinwegnimmt, stecket der hinter den Walzen stehende Arbeiter schon ein ander gewärmetes Stück Eisen wieder zwischen die Walzen, und also wird die Arbeit mit grosser Geschwindigkeit continuiret. Nutzen und Gewinn, so von dergleichen Maschinen zu gewarten . „Der erste Vortheil bei einer Eisenschneidmühle entstehet gleich in der Eisenhütte, oder auf dem Hammer, und ist dieser, dass vor dem Stabhammer nicht Stäbe (verstehet sich von dem Eisen, das zer- schnitten werden soll) sondern nur Stücke 1 oder ⅔ Schuh lang, und nachdem die Gattung der kleinen Stäbe werden soll, etwa 3 oder 4 Zoll breit, und 1 oder ¾ Zoll dicke, geschmiedet werden dürfen, woraus ein dreyfacher Nutzen entstehet. 1. Wird die Zeit ersparet, und kann in einer Schicht wol drey- mal mehr Eisen, dem Gewichte nach, heraus geschmiedet werden, als wenn es zu Stabeisen geschlagen wird. 2. Bekommen die Hammerschmiede, wenn sie nach dem Centner oder Waage arbeiten, weniger Lohn vom Centner, oder Waage, wenn sie dergleichen kurze Stücke Eisen schmieden. Arbeiten sie um das Wochenlohn, ist es gleichfalls ein grosses, und eben so viel an Lohn zu ersparen, als wenn sie nach dem Centner arbeiteten, weil sie in einer Woche destomehr herausschmieden. 3. Ist ein merkliches an Kohlen zu ersparen, weil, wie allbereit gedacht, in einer Schicht so viel Eisen kann verschmiedet werden, als sonst in dreyen. „Der andere Vortheil findet sich in der Eisenschneidmühle selbsten, wo bey umgehendem Werk in einem Tag mit drey oder vier Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. Arbeitern, unter Verbrennung etwas büchenen Holzes, soviel und wol mehr Eisen zerschnitten werden kann, als in einer Woche vor einem Hammer dazu ausgeschmiedet wird. Der Nutzen davon ist auch unterschiedlich, und bestehet in folgendem. 1. Werden neben der Zeit wieder viel Kohlen ersparet, welche theils vor dem Stabhammer zu Ausschmiedung kleinerer Stabeisen, als zum Exempel zu Hufeisen und dergleichen, theils vor dem Zahn- hammer zu Ausziehung des Zahneisens aufgehen. 2. Wird das Eisen mit weit geringern Kosten zu allerhand Gattungen Stäben geschnitten, als die Löhne, dergleichen Stabeisen vor dem Stab- und Zahnhammer zu verfertigen, erfordern. Die Er- sparung so vieler Kosten ist ohngefehr abzunehmen, wenn man nur den Ueberschlag macht, wie viel vor dem Stabhammer, und wie viel vor dem Zahnhammer wöchentlich Centner Eisen an allerley Gattung ausgeschmiedet werden können, und wie viel dabey an Gelde auf das Schmiedlohn, und Kohlen gehet, und solche Kosten gegen die hält, welche in der Eisenschneidmühle auf eben so viel Centner in einer gar kurzen Zeit aufgeschnittener Stäbe gehen mögen. 3. Kann ein der Stärke nach dem Zahneisen gleichendes zer- schnittenes Eisen (ob es wol eine andere Form hat) in gleichem Preis mit dem Zahneisen verkauffet werden. 4. Werden Schlösser, Huf- und andere Schmiede das geschnittene, und der Stärke nach schon zu ihrer Arbeit aptirte Stabeisen gerne um höhern Preis bezahlen, weil sie hernach in ihren Feuern und Werkstädten vieler Arbeit mit Zerschrotung auch vieler dabey nöthiger Hitze überhoben bleiben, ein ziemliches an Kohlen erspahren, und folglich die vorhabende Arbeit in kürzerer Zeit ausfertigen können. „Hierbey ist letzlich zu erinnern, dass dem Meister eines solchen Werkes, um alles in gutem Stand, nach einmal geschehener voll- kommener Vorrichtung, zu unterhalten, wöchentlich ein gewisser Lohn zu vermachen, dabey er, weil die Eisenschneidmühle nur eine kurze Zeit, und vielleicht zusammen nicht über einen Monat im Jahr um- gehen darf, er auch die übrige ganze Zeit durch mit Vorrichtung und Reparirung der nöthigen Instrumente und anderer dabey vorfallender Nebenarbeit nicht zu thun hat, zu anderer Hammerschmiede Arbeit mit zu appliciren wäre. Die übrigen Arbeiter, so ihm beym Eisen- schneiden oder sonsten Handlangung thun müsten, wären ihme von andern im Lohne stehenden Arbeitern, so lange die Arbeit in der Eisenschneidmühle umginge, zuzugeben, dass also niemand auf der- gleichen Werk absonderlich zu unterhalten wäre. Aus welchem denn Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert. abzunehmen, dass die ein ganzes Jahr durch bey der Eisenschneidung aufzuwendende Löhne sich gar nicht gar zu hoch belaufen können.“ Wir müssen hier auch noch eines Patentes Erwähnung thun, welches 1679 Thomas Harvey in England erteilt wurde auf eine Maschine, mittelst der man Eisen zu Rundstäben für Schiffsbolzen u. s. w. ausziehen konnte Nr. 207. „An Engine for the drawing of both Spanish and Swedish iron into all sorts of rounds for bolts for shipping and other uses in a much better and more expedient manner than the same have hitherto been performed by the smith’s hammer.“ . Das Patent lautet: „Karl II. etc. mit Gruss an alle, welchen dieses zukommt. Da Thomas Harvey in einem ehrerbietigen Gesuch uns mit- geteilt hat, dass er seit über 14 Jahren ein grosser Händler in Eisen und Eisenwaren gewesen sei und dass er nach langem Studium, Fleiss, Arbeit (travell) und grossen Kosten erfunden und erbaut (framed) habe „eine Maschine, um sowohl spanisches als schwedisches Eisen in alle Sorten von Rundeisen für Schiffsbolzen und andere Zwecke in einer viel besseren und förderlichen Weise, als dies bis jetzt mit dem Schmiedehammer geschehen ist, auszuziehen“, und dass mit Hilfe dieser Maschine alle Arten von Rundeisen (round iron) für unsre Schiffe und andre Zwecke viel besser und billiger in unsrem Königreiche angefertigt werden könnten, als dies seither der Fall war, zum grossen Nutzen der Schiffahrt, und er deshalb ehrerbietigst bittet, dass wir ihm zu seiner Beförderung gnädigst ihm unsre Licenz und Privilegium für den alleinigen Gebrauch und Nutzen für genannte Erfindung während des Zeitraums von 14 Jahren gewähren, entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen, so bewilligen wir aus unsrer fürstlichen Geneigtheit, solche Erfindungen, welche das öffentliche Wohl befördern können, zu unterstützen, in Gnaden das vorgetragene Gesuch.“ Aus dem Patent, zu dem eine Beschreibung nicht existiert, ist nicht zu ersehen, ob die erwähnte Maschine ein Walzwerk oder, was wahrscheinlicher ist, ein Ziehwerk war, auch wissen wir nicht, ob die Maschine Anwendung gefunden hat, aber es ist schon von Interesse, dass die Idee, so starkes Rundeisen mit besondern Maschinen herzu- stellen, schon damals bestand und ausgeführt werden sollte. Die Chemie im 17. Jahrhundert. Die Chemie im 17. Jahrhundert . Weit geringeren Einfluss als die Mechanik hatte im 17. Jahr- hundert die Chemie auf die Fortschritte des Eisenhüttenwesens. Auch in diesem Jahrhundert blieb diese mehr eine spekulative Wissen- schaft, die die Praxis nur wenig beeinflusste. Auf das Eisenhütten- wesen insbesondere wirkte sie in keinerlei Weise ein, selbst die Probierkunst machte keine Fortschritte. Die Schmelzprobe und das Ausziehen mit dem Magneten blieb die einzige Eisenerzprobe. Nebenbei sei hier nur bemerkt, dass Boyle 1671 die erste Angabe über Tinte aus Galläpfeln und Eisenvitriol machte. Auf theoretischem Gebiete dagegen bereitete sich im Laufe des Jahrhunderts der Umschwung vor, welcher am Ausgang desselben zur Phlogistontheorie führte. Bis zur Mitte des Jahrhunderts blieb die medizinische Chemie (Jatrochemie) allein herrschend. Die be- deutendsten Vertreter dieser Richtung waren Andreas Libavius, Johann van Helmont und Rudolf Glauber , die zwar mancherlei Entdeckungen auf chemischem Gebiete machten, der Erkenntnis des Zusammenhanges der chemischen Kräfte aber nur wenig näher kamen. Wichtiger war in dieser Beziehung die Thätigkeit mehrerer hervor- ragender Chemiker in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Es waren dies besonders Robert Boyle, Kunkel , der Entdecker des Phosphors, und Joh. Joach. Becher ; diese wagten es bereits, an der überlieferten Grundanschauung über das Wesen der Metalle zu rütteln. Bis dahin war es Dogma gewesen, dass die Metalle zu- sammengesetzte Körper seien, gebildet aus Quecksilber, Schwefel und Salz. Boyle zog zuerst diese alte Lehre in Zweifel und behauptete, der Gehalt von Schwefel und Salz in den Metallen sei nicht er- wiesen. Ebenso suchte Kunkel den Nachweis zu liefern, dass Schwefel in den reinen Metallen nicht enthalten sei. Beide aber, sowie überhaupt die Chemiker jener Zeit, hielten noch daran fest, dass das Quecksilber, die Grundlage der Metallicität, in allen Metallen enthalten sei. Becher , ein vielseitiges Genie ohne grosse Tiefe, zu- gleich Chemiker, Mechaniker und Technologe, hielt zwar ebenfalls an der merkurialen Grundlage der Metalle fest, nahm aber in den Metallen, wie in allen verbrennbaren Körpern eine selbständige brennbare Erde (terra pinguis) an, welche Ursache und Grund der Verbrennung sei. Dadurch führte er zu der Lehre vom Phlogiston Beck , Geschichte des Eisens. 61 Die Chemie im 17. Jahrhundert. hin, welche durch Stahl zu einem System ausgebildet wurde, das die Chemie des 18. Jahrhunderts beherrschte. Während Becher in seiner Verbrennungstheorie sich von den alten Überlieferungen frei machte, war er in vielen andern Dingen, wie namentlich bezüglich der Lehre von der Metallverwandlung, noch ganz in dem Aberglauben der Alchymisten befangen. Gerade in Bezug auf das Eisen behauptete er, dass es auf diese Weise entstehen könnte Becher , Experimentum chymicum novum, quo artificialis et instantanea metallorum generatio et transmutatio ad oculos demonstratur. 1671. Becher hat auch eine Metallurgia oder Natur-Kündigung der Metalle geschrieben, für die Wissenschaft der Metallurgie ist dieselbe aber wertlos. . Er tränkte Lehm mit Öl, glühte dieses Gemisch und zog als- dann mit dem Magnet Eisen aus. Er glaubte dadurch die Metall- erzeugung nachgewiesen zu haben. Jeder Schüler versteht heutzutage diesen Vorgang, der sich aus der Reduktion der eisenhaltigen Bei- mengungen des Lehms erklärt; in jener Zeit aber erschien diese Er- scheinung sehr geheimnisvoll. Ebenso verfocht er die Ansicht, dass man Eisen nicht nur so weich wie Blei machen könne, sondern dass es sich thatsächlich in Blei verwandle. In seiner Physica subterranea sagt er bereits (S. 334): Es scheint, dass das Eisen durch Zutritt merkurialischer Erde in Blei verwandelt wird. Er führt dies in seinen Beilagen zu dem an- geführten Werke (Specimen Becherianum) weiter aus, indem er sich zunächst auf die Chinesen beruft, die Eisen so weich wie Wachs zu machen verständen, und auf solches, was sie wollten, aufpressten. Von dem Kupfer behauptet er bestimmt, dass es sich in Eisen um- wandle und umgekehrt (Cuprum mixtum est, ferro in multis simile; hinc un um facile in aliud mutatur ). Die Verkalkung beruht nach Becher auf dem Austreiben der terra pinguis durch Feuer. So weit entfernt war damals die chemi- sche Wissenschaft noch von der richtigen Erkenntnis des Wesens der Metalle und ihrer Oxyde. Die populäre Chemie, soweit man in jener Zeit von einer solchen reden kann, hielt nach wie vor fest an den Principien Gebers , dass Quecksilber und Schwefel die wesentlichen Bestandteile aller Metalle seien, wozu seit Basilius Valentinus als dritter noch das Salz ge- treten war. Welche phantastische Vorstellungen man sich unter diesen Elementarsubstanzen oder Principien machte, geht am deutlichsten aus dem besten und verbreitetsten Lehrbuch der Chemie jener Zeit von Christof Glaser hervor. Glaser , ein geborener Baseler, war Die Chemie im 17. Jahrhundert. Professor der Chemie am Botanischen Garten in Paris. Er schrieb sein berühmtes Lehrbuch „Traité de la chimie“, welches viele Auf- lagen und Übersetzungen erfuhr, im Jahre 1663. Die deutsche Über- setzung von 1696 (es giebt ältere, z. B. eine zu Nürnberg 1677 ge- druckte) heisst: Christopher Glaser Chimischer Wegweiser. Darin handelt Kapitel IV „Von den drei würkenden principiis, dem Mercurio, Schwefel und Saltze“ folgendermassen: „Mit dem Geiste oder Mercurio als dem vortrefflichsten und herrlichsten, welcher unter diesen dreyen in Auflösung der Dinge sich zum ersten unsren Sinnen darstellet, wollen wir den Anfang machen. Dieses ist ein leichtes, subtiles und durchdringendes Wesen, welches das Leben und die Bewegung den Leibern giebet, macht, dass sie wachsen, und weil es in stets währender Bewegung und Wirkung ist, würde es nicht lange in den Leibern bleiben, wenn es nicht durch die andern prin- cipia, welche standhaftiger sind, gehalten würde; daraus folget dann, dass die mixta, worinnen dieses subtile Wesen herrschet, nicht wahr- haftig sind, welches man an den Thieren und Kräutern wahrnehmen kann, darum sie viel ehr untergehen, als die mineralien und metallen, weil diese schier nichts von dem gedachten spiritu haben. „Der Schweffel ist das andere principium activum, doch in seiner Wirkung nicht so hastig, als der Geist, dessen Wesen ist öhlicht, subtil, durchdringend und brennend. Man bringet ihn ebenso schwerlich zu einem reinen principio als die andern. Wann er etliche geistliche Theile in sich hält, schwimmt er auf dem Wasser, wie die subtilen Gewürzöle von Rosmarin, Salbey, Terpentin und andere; wenn er aber einige Theile vom Salze oder von der Erden hat, so ist es ein dick und schwer Oel, welches in der Mitten und unter dem Wasser steht, wie zu sehen in den Oelen aus dem Gummi, Pech und Holz etc., so durch ein starkes Feuer müssen destillieret werden; man hält, dass dieses principium eine Ursache ist der Schön- heit oder Ungestalt der Thiere, der unterschiedenen Farben, Geruchs der Kräuter und der Zähe und Hämmerung bei den Metallen . — Es bindet die andern principia mit einander, indem sie sich ohne dasselbe nicht zusammen halten könnten, wegen der Ungleichheit, so unter ihnen ist; es präserviret die Leiber vor der Fäulung, lindert die Schärfe der Salze und Geister und weil es einer feurigen Natur ist, schützet es die Vegetabilien, worin es herrschet, vor der Kälte, dem Froste und andern Ungelegenheiten des Wetters, wie solches zu sehen an Cypresse und Tannenbaum und dergl. vegetabilien, welche stets ihre Grüne behalten. 61* Die Chemie im 17. Jahrhundert. „Das dritte principium activum ist das Saltz , welches sich spüren lässt, wenn die flüchtigen Wesen in Rauch davongangen, weil es beständig bei den Erden verbleibet, von welchen, wenn es durch Auslaugung und Ausdünstung geschieden, alsdann überkommt man es wie einen Leib, so leicht zu pulverisiren, welches seine Trockene be- zeuget; deswegen es die Feuchtigkeit so stark an sich ziehet, dass es in Kurzem zu Oel wird oder in einen liquorem sich verwandelt. Das Salz wird durchs Feuer gereinigt und ist unverbrennlich, es hält den spiritum an sich, bewahret den Schwefel vom Verbrennen und ist ihnen anstatt des Fundamentes; es verursacht den Unterschied des Geschmackes und macht die Dinge, worin es überflüssig ist, dauer- hafftig und schier unvergänglich; zum Exempel der Eichbaum, welcher viel Salz und wenig Oel hat, dauert lange und viel andre dergleichen mixta mehr.“ Nach Glasers Auffassung sind aber die drei Principien nur Kräfte, welche sich an indifferenten Substraten bethätigen. Er schreibt Kap. V: „Von den leidenden principiis, dem phlegmate und den Erden.“ Darin führt er als ein principium passivum zunächst das Wasser auf, welches er das vornehmste nennt. Es ist schädlich durch zuviel und weil es leicht fault; nützlich aber, weil es das Salz auflöst und es dadurch mit dem Geist und Öl vereinigt. Es mässigt die Schärfe des Salzes und des Geistes und fördert das Brennen des Öles. Das andere principium passivum ist die Erde, die gering ge- achtet wird, aber nützlich ist, weil sie das Salz, das sonst leicht vom Wasser gelöst und fortgeführt würde, fest hält. Wenn sie ganz der andern principiorum beraubt ist, wird sie verdammte Erde ge- nannt (!). Von solchen Anschauungen konnte die Technik nicht viel Nutzen ziehen. Über den chemischen Vorgang der Verwandlung von Eisen in Stahl äussert sich ein andrer berühmter Chemiker jener Zeit, N. Lemery , in seinen Cours de Chymie (1675) folgendermassen Le fer est un métal fort poreux, composé de sel vitriolique, de soulfre et de terre mal liez et digerez ensemble. — On le reduit en acier par le moyen des cornes ou des ongles d’animaux, avec lesquelles on le stratifie et en suite on le calcine; ces matiéres contenant beaucoup de sel volatile, qui est Alcali, tuent les acides du fer qui tenoient ses pores ouverts et le rendent plus compacte. : „Das Eisen ist ein sehr poröses Metall, zusammengesetzt aus vitrioli- schem Salz, Schwefel und Erde, schlecht verbunden und gemischt. Man wandelt es in Stahl um mit Hilfe von Horn- und Hufspänen, die man Hüttenkunde im 17. Jahrhundert. lagenweise schichtet, und es dann brennet; da diese Stoffe viel flüchtiges Salz, nämlich Alcali enthalten, welches die Säuren des Eisens, welche die Poren des Eisens besetzt halten, tötet, machen sie es dichter.“ Hüttenkunde im 17. Jahrhundert . So wenig wie in dem chemischen Verständnis, so wenig ist in der hüttenmännischen Behandlung der Eisenerze im 17. Jahrhundert ein Fortschritt nachzuweisen. Aufbereitung und Röstung wurden durchaus nicht besser betrieben als zu Agricolas Zeit. Als Brennmaterial blieb trotz des zunehmenden Holzmangels die Holz- kohle fast allein in Anwendung. Allerdings bemühte sich in Eng- land Dud Dudley bei dem Hochofenbetriebe die teure Holzkohle durch Kokes zu ersetzen. Er erkannte klar die Tragweite und die nationalökonomische Wichtigkeit seiner Erfindung und machte sie zu seiner Lebensaufgabe, aber er scheiterte an der Kurzsichtigkeit und dem Eigennutz der Industriellen, welche mit dem Fanatismus der Borniertheit an dem Erlernten und Überlieferten festhielten. Dud Dudley ging zu Grunde wie Papin , weil er seiner Zeit vorausgeeilt war. Wohl wäre es in vieler Beziehung angezeigt, Dudleys Kampf für die Einführung der Kokes hier in dem all- gemeinen Teil zu behandeln, denn er ist vom Standpunkte unsrer heutigen Metallurgie aus das wichtigste hüttenmännische Ereignis des 17. Jahrhunderts, allein er spielte sich so ausschliesslich in England ab und hatte für den allgemeinen Fortschritt der Industrie so wenig unmittelbaren Erfolg, dass es besser sein wird, schon um Wieder- holungen zu vermeiden, diese ganze merkwürdige Episode bei der Geschichte des Eisens in England abzuhandeln. Allerdings machte man auch in Deutschland Versuche mit der Verkokung der mineralischen Kohlen, und zwar zuerst im Anhaltischen, wo 1640 Daniel Stump- feldt als Erfinder derselben genannt wird; von praktischem Erfolg waren diese Versuche aber nicht. Auch der Torf fand als ein Ersatzmittel für Holz in diesem Jahr- hundert grössere Beachtung. In Holland war seine Verwendung schon in alter Zeit bekannt. 1627 erschien eine Schrift: „Parallèle des boits et forets avec les terres à bruler; verbal de l’invention du vrai char- bon de terre par toute la Françe. Paris 8°“. 1631 fing man in Frank- Die Hüttenkunde im 17. Jahrhundert. reich an, Torf als Brennmaterial zu benutzen, und es erschien darüber in dem genannten Jahre die Schrift: Oeconomie ous Mesnage des terres inutiles propres à brusler et à faire Charbons de forge von Charles Lamberville . Diesem war es gelungen, verschiedene französische Torfarten zu verkohlen und die Torfkohle in Schweiss- herden mit Erfolg zu verwenden. Ferner erschienen: 1658 Mar- tini Schookii , Tractatus de Turfis seu respitibus bituminosis, Gröningen, und 1663 Charles Patin , Traité des Tourbes com- bustibles 4°. Paris. Joh. Joach. Becher sagt in seinem be- kannten Buche, Närrische Weisheit und weise Narrheit, Frankfurt 1683 (S. 91): „In Holland hat man Turf und in England Stein- kohlen, beyde tauchen nicht viel zum Brande, weder in Zimmern, noch zum Schmelzen. Ich habe aber einen Weg gefunden, dass sie nicht allein mehr rauchen noch stinken, sondern mit den Flammen davon so stark zu schmelzen, als mit dem Holze selbst, und so eine grosse Extension der Feuer-Flammen, dass ein Schuh solcher Kohlen 10 Schuh lange Flammen machen. Das habe ich im Haag demon- striert mit Turf und hier in England bei dem Herrn Boyle , auch in Windsor damit in grosso abgetrieben“. In England machte man, wie es scheint, Versuche, Eisen mit Torf zu schmelzen. Sturtevants Patent von 1611 umfasst auch die Ver- wendung von Torf (Turffe and Peat. s. Sturtevants Metallica, p. 36). Am 13. August 1630 erhielten Ball und Genossen ein Patent, Eisen zu schmelzen und zu verarbeiten mit Torf, in geeigneter Weise zu Brennmaterial vorbereitet (peate or turfe properly prepared for fuel). Auch ein Patent von Dr. Jordan von 1632 nennt als Schmelz- mittel für die Darstellung von Eisen neben der Steinkohle ausdrück- lich den Torf (peate and turfe). Eine nennenswerthe Verwendung für hüttenmännische Zwecke fand aber der Torf im 17. Jahrhundert nicht. Von Verbesserungen an den Schmelzöfen ist von diesem Zeit- abschnitt nicht viel zu berichten. Die Verhüttung blieb dieselbe, wie sie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gewesen war. Die Zahl der Hochöfen nahm zu, die der Rennfeuer nahm ab, beide Be- triebsarten blieben aber neben einander bestehen, und es hatte die direkte Eisengewinnung in Rennöfen und Stücköfen noch das Ueber- gewicht. Werfen wir nun einen Blick auf die Fortschritte des Eisenhütten- wesens im 17. Jahrhundert. Direkte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert. Direkte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert. Das direkte Verfahren der Darstellung von schmiedbarem Eisen aus den Erzen in Herden und niedrigen Schachtöfen, in Luppen- oder Rennfeuern und Stücköfen war noch die verbreitetste Art der Eisenbereitung, selbst in den fortgeschritteneren Ländern Europas. Die Luppenfeuer, welche vordem, als sie noch mit Hand- oder Tret- bälgen betrieben wurden, in Wäldern und auf Höhen gestanden hatten, zogen ebenfalls in die Thäler, um die Wasserkraft für ihre stärkeren ledernen Fächerbälge zu benutzen. Durch die Anwendung dieser Bälge wurde die Produktion beträchtlich gesteigert und Veränderungen in der Konstruktion der Herde herbeigeführt. Die Pyrenäen waren das klassische Gebiet für diese Art der Eisenerzeugung, und hier lassen sich auch diese Veränderungen am deutlichsten erkennen. Ueberall findet man dort in Navarra, Biscaya und auf der französischen Seite im Arriègedepartement die Reste alter Schmelzstätten bis hoch ins Ge- birge hinauf. Die Gestalt dieser Schmelzherde für den Handbetrieb zeigt Fig. 211 a (a. f. S.), welche einen solchen Ofen darstellt, der in der Umgegend des Eisenhammers von Bielsa in Hoch-Aragonien um 1830 aufgedeckt wurde François , Historique sur le traitement direct du fer dans l’Arriège. Ann. des Mines, 1837, 3. Ser., XII, 580. . In diesem kleinen cylindrischen Öfchen machte man nur Luppen von 4 bis 5 kg Gewicht. Als man dann im 16. Jahr- hundert die Schmelzstätten an die Bäche verlegte und die Gebläse mit Wasserrädern betrieb, vergrösserte man die Luppenfeuer, die als biscayische Schmieden bekannt waren, beträchtlich. Dabei konnte man aber die runde Form nicht beibehalten, weil der Wind bei diesen einen zu langen Weg bis zur gegenüberliegenden Windseite hatte, man machte sie deshalb elliptisch, wobei die Düsen auf der einen Langseite auflagen. Man blies nämlich, um eine ununterbrochene Windzufuhr zu erzielen, mit zwei Bälgen und anfangs auch mit zwei Düsen. Später legte man die beiden Düsen in eine gemeinschaftliche Form, die man aber sehr weit machte, weil die Düsen über das Kreuz blasen mussten. Fig. 211 b (a. f. S.) zeigt die Form, welche die Herde von Biscaya damals annahmen. Im Arriège bekamen die Feuer eine fast rechtwinklige Gestalt. Fig. 211c (a. f. S.) zeigt diese Form aus dem Jahre 1616. Nach oben hin waren die vier Seiten nahezu Direkte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert. rechtwinklig, während nach unten der Herd mehr die ovale Form beibehielt. Später, um 1650, machte man diese Schmelzöfen noch grösser, mit gerader Form- und Windseite, behielt aber die alte Nestform des Herdes bei. Damals waren die Feuer im Arriège 16 Zoll (jeder Zoll zu 28 mm) breit, 18 Zoll lang und 19 Zoll tief. Man schmolz sechs Luppen in 24 Stunden, jede zu 40 bis 60 kg Gewicht. Dabei Fig. 211. hielt man fest an der überlieferten Lage der Form, 8 Zoll vom Boden mit 35 Grad Neigung. Im Jahre 1667 zwang aber die weitere Ver- grösserung der Feuer, zur Vermehrung der Produktion auch den eigentlichen Schmelzofen zu vertiefen und infolge dessen der Form eine Neigung von 40 Grad zu geben. Man erzeugte jetzt fünf Luppen von 80 bis 85 kg in 24 Stunden. Allmählich vollzog sich ein Über- gang aus der runden in die viereckige Form. Der Übergang von den alten Handschmieden zu den Wasser- hämmern geschah auch nicht plötzlich, dazwischen traten erst die Tretmühlen, und die Anwendung von Tret- oder Laufrädern zur Be- Indirekte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert. wegung der Hämmer und der Bälge. Für die schweren Stirnhämmer machte sich zuerst das Bedürfniss der Benutzung der Wasserkraft fühlbar. Die Eisenhämmer zogen deshalb zuerst in die Thäler, während die Luppenfeuer noch in den Bergen verblieben. Bald aber folgten die Schmelzfeuer den Hämmern, und so entstanden die sogenannten Eisen- mühlen (mouli de fer). Eine der ersten in den französischen Pyre- näen war die mouli de Caponta in der Gemeinde Auzat, welche um 1500 erbaut worden war. 1550 gehörte sie einem Jeanne d’Albret . Sie wurde von biscayischen Schmieden betrieben. In der Zeit zwischen 1616 und 1667 fanden die Wassertrommel- gebläse zur Winderzeugung Eingang, welche wegen ihrer Billigkeit und ihres Effekts rasche Verbreitung in den Pyrenäenthälern fanden. Seit dieser Zeit ging die ältere biscayische Methode in diejenige über, welche man besonders als kleine Katalanschmiede bezeichnet. Im Jahre 1667 zählte man im Arriège 44 Schmieden und 8 Hämmer dieser Art. Zu 100 Eisen wurden 305 Erz und 593 Holzkohlen ver- wendet; eine Schmelzung dauerte vier Stunden. Während im westlichen Europa, nämlich in Spanien, Italien, Frankreich, England und dem grössten Teile von Deutschland die direkte Eisengewinnung in Herdöfen stattfand, herrschten im östlichen Europa, nämlich in Schweden, Russland, Türkei, Ungarn und in den Alpenländern niedrige Schachtöfen vor. In Schweden, Finnland und Russland die sogenannten Bauernöfen, in Ungarn die Slovakenöfen, in den Alpenländern die Stücköfen, in Schmalkalden und einigen Gegenden Mitteldeutschlands die Blauöfen. Die Stücköfen in Steyer- mark und Kärnthen hatten viereckigen Querschnitt. Indirekte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert. Bei den Hochöfen , in welchen die Erze auf Roheisen ver- schmolzen wurden, lassen sich Fortschritte nur in England mit Sicher- heit nachweisen. Während man in Deutschland an der überlieferten Ofenform mit rechtwinkligem Querschnitt im Innern festhielt, baute man in England bereits Öfen mit kreisförmiger Zustellung, und zwar in einer Höhe bis zu 30 Fuss. In einer Beschreibung der Eisenwerke Indirekte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert. im Forrest of Dean sagt Henry Powle 1678 Siehe Philosophical Transactions of the Royal Society of London, 1677/78, p. 931. , diese Hochöfen seien von Backsteinen oder Bruchsteinen erbaut, das Rauhgemäuer sei an 24 Fuss im Quadrat und 28 bis 30 Fuss hoch. Inwendig hätten sie in der Mitte, wo sie am weitesten seien, 8 bis 10 Fuss im Durch- messer, nach oben und unten seien sie zusammengezogen, so dass der senkrechte Querschnitt die Form eines Eies habe, wie es die Fig. 212 zeige. Die ses ist die älteste Abbildung eines Hochofenprofils , welche bekannt ist. Sie zeigt, dass schon damals die Tonnenform in England gebräuchlich war, wobei Schacht und Rost ohne scharfe Fig. 212. Trennung ineinander übergingen. Der Ofen- gicht war eine Esse A aufgesetzt, die Brust B war offen, der untere Teil durch den Wall- stein geschlossen. Der Hochofen, welchen Dud Dudley 1639 zu Hasco-Bridge erbaute, hatte an der Basis 27 Fuss im Quadrat und war also wohl eben so hoch, wie der beschriebene. Hochöfen mit offener Brust waren ausser in England auch in Schweden, Frankreich, West- und Mittel- deutschland gebräuch- lich, während im südlichen Deutschland und Norditalien vorwiegend Öfen mit geschlossener Brust — Blauöfen und Flossöfen — in An- wendung waren. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts nahm die Zahl der Hochöfen auch in Baden, Württemberg und Bayern zu. Die Nachrichten über Konstruktion und Betrieb dieser Öfen im 17. Jahr- hundert sind sehr dürftig und werden wir das Wenige, was sich dar- über besonders aus alten Rechnungen ermitteln liess, in der Landes- geschichte von Kärnten, dem Harz u. s. w. mitteilen. Die Veredlung des Schmiedeisens im 17. Jahrhundert. Dass die Einführung der Holzblasebälge ein wichtiger Fortschritt für den Hochofenbetrieb war, haben wir schon erwähnt. Die dadurch ermöglichte Vergrösserung der Bälge gestattete zugleich eine Ver- grösserung der Schmelzöfen. In dieses Jahrhundert fallen, wie schon erwähnt, die ersten Ver- suche der Anwendung von Steinkohlen und Torf an Stelle von Holz- kohlen im Hochofen. Über den Erfolg dieser Versuche werden wir später berichten. Salmasius erwähnt auch bereits (in exercit. Plin.) 1629, indem er das Wort gusa als die aus dem Ofen geflossene Masse erklärt, dass man Hochofenschlacken in Formen laufen lasse und auf diese Weise künstliche Steine bereite. Die Umwandlung des Roheisens in Schmiedeisen geschah in Frischherden. Mit der Zunahme der Hochöfen kam auch der Frisch- prozess im 17. Jahrhundert immer mehr in Aufnahme, namentlich breitete sich die Wallonschmiede mehr und mehr aus, welche sowohl in England zur Einführung gelangte, als auch in Schweden die deutsche Aufbrechschmiede zurückdrängte. Der Eisenguss erlangte zugleich mit den Hochöfen immer all- gemeinere Anwendung, und dementsprechend vermehrte sich die Zahl der Eisengiessereien. Besonders wurde der Geschützguss gepflegt, und selbst in Russland wurde zu Tula eine grosse Menge eiserner Kanonen gegossen. Als ein wichtiger Fortschritt kann der Guss eiserner Wasserleitungsröhren, welche in Frankreich in den achtziger Jahren in grossem Umfange zur Verwendung kamen, bezeichnet werden. Das Nähere darüber wird in der Geschichte von Frankreich mitgeteilt werden. Soviel sich bis jetzt ermitteln liess, wurden alle diese Guss- waren unmittelbar aus dem Hochofen gegossen. Die Veredlung und Verarbeitung des Schmied- eisens im 17. Jahrhundert. Als ein wichtiger Fortschritt ist die sorgfältigere Verarbeitung des Schmiedeisens für seine Verwendung in verschiedenen Formen, welche zu einer weiteren Arbeitsteilung führte, zu bezeichnen. In vielen Ge- genden entstanden Zain-, Reck- und Raffinierhämmer , getrennt von den Frischhütten, so namentlich in Westfalen, Bayern, den öster- reichischen Alpenländern, in den Niederlanden, Frankreich und in Eng- land. Diese hatten den Zweck, das Frischeisen und den Frischstahl zu reinigen und in geeignete, schwächere Dimensionen auszuschmieden. Die Veredlung des Schmiedeisens im 17. Jahrhundert. Christoff Weigel Christoff Weigel , Abbildung der Gemeinnützlichen Haupt-Stände. Regensburg 1698. giebt (1698) nachstehende Abbildung eines Zainhammers Weigels hübsche Kupfer sind alle, dem Geschmack der Zeit entsprechend, mit moralisierenden Überschriften und Versen versehen. Im vorliegenden Falle lautet die Überschrift: Zainhammer. — Vor Gottes Angesicht, taucht grobe Hoffart nicht. Unter der Vignette steht: „Des Eisens grosses Stück muss klein, eh’ es der Wert vergrössert, werden, Nicht anders kann der Mensch auff Erden zu Gottes Werkzeug tauglich seyn, Bis ihn die Demut klein gemacht, dann Stolz wird hier und dort verlacht.“ und schreibt dazu: „Weil aber das Eisen in so grossen und groben Stücken denen Handwerken zu verarbeiten viel zu mühsam fället, also sind die soge- nannten Zeinhämmer erdacht, und dadurch das löbliche Hand- werk der Zeiner eingeführt worden. Es ist aber dieses Handwerk ausser Steuermark, München und Nürnberg in Teutschland nicht sonders bekannt, ob es schon sehr nutzbar, und allen von Eisen und Stahl arbeitenden Handwerkern Fig. 213. zu grossem Vorteil gereichet, indem zumahl diejenige, welche kleine Sachen arbeiten, das Eisen sonst überaus mühsam von einander schroten und in dünne Stäbe zerhauen müssen, vermittelst des Zeiners Die Veredlung des Schmiedeisens im 17. Jahrhundert. aber solcher Mühe, mit Erspahrung vieler Zeit, überhoben werden: Solchen nach lässet ein jeder, so von Stahl arbeitet, sich selbige zu seinem Gebrauch von dem Zeiner zurichten und verzeinen, und zwar den Stahl abgerben, untereinander schweissen, in Kluppen-, Zweck-, Ruck-, Klingen- und Ahlen-Stahl, und andere dergleichen Gattungen, das Eisen aber in Umschweift-, Gitter-, Leisten-, Hannen-, Heibel- und Pfriemen-Eisen etc. verzeinen, und in dünne Stäbe und Stangen ver- arbeiten. Es verfertigt auch der Zeiner ausser diesen, an und vor sich, unterschiedliche Sachen, von allerley grobem Werkzeug, als Ambose, Hammer, die Mahl-Stange, Zapfen und Klinge zu Mühl-Werken und Wasser-Rädern, auch was in kleinen Handfeuern sich nicht bezwin- gen lässt. Das Handwerks-Zeug betreffend, so führet der Hammerschmied und Zeiner zu seiner Arbeit dreyerley Hämmer: als einen grossen Streck-Hammer, einen mittelmässigen, der Abrichthammer genannt, und sodann einen kleinern, so sie den Zein-Hammer heissen; Er be- zwinget, um so viel mehr und leichter auch die grössten Stücke Eisen, weil er solche durch das Gebläse des Feuers erstlich wohl glüet, und sodann die Hämmer vermittelst eines Rades durch das Wasser ge- trieben und beweget werden, wodurch dann dasjenige gantz leichtlich ausgerichtet wird, was sonst durch blose Hand zu verrichten un- möglich fallen würde.“ Teils die Zainhämmer, teils die Schneidwerke lieferten den Nagelschmieden das Nageleisen, welches diese zu Nägeln ver- arbeiteten. Dieses geschah durch Handarbeit im Hausbetrieb, welcher sich in verschiedenen Eisen erzeugenden Gegenden konzentrierte und einen wichtigen Nahrungszweig der Bevölkerung bildete. Mit der Ent- wickelung der Industrie wurden die Nagelformen zahlreicher. Wie mannigfaltig dieselben waren, ersieht man aus der folgenden kur- sächsischen Preisliste vom Jahre 1623 d. an. 1623. Codex Augusteus II, 845. : Ein Schock starke Lattennägel (im Kurkreis) 4 Gr. — Pf. „ „ mittlere „ 3 „ 6 „ „ „ Spindenägel 3 „ — „ „ „ Brettnägel 2 „ 6 „ „ „ halbe Brettnägel 2 „ — „ „ „ Blechnägel 2 „ 6 „ „ „ Schindelnägel 1 „ 6 „ Die Veredlung des Schmiedeisens im 17. Jahrhundert. Ein hundert schwarze Schlosszwecken — Gr. 15 Pf. „ „ verzinnte Schlosszwecken 4 „ — „ „ „ Sattelzwecken — „ 15 „ „ „ Spiesszwecken — „ 15 „ Ein Schock Pfennignägel, so stark als man sie vor Alters gemacht (im Thüringischen Kreis) 6 „ — „ Ein Schock Hellernägel 3 „ — „ Ein hundert Schiffernägel 1 „ 3 „ „ „ Schlossnägel 1 „ 2 „ „ „ Gypsnägel 1 „ 2 „ „ „ Schuh- und Sattelnägel 1 „ — „ „ „ grosse Bandnägel 8 „ — „ „ „ kleine Bandnägel 4 „ — „ „ „ Helleparthennägel, verzinnt — „ 21 „ „ „ ganz verzinnte Schlossnägel 3 „ 6 „ Ein Schock Hufnägel (Erzgebirgischer Kreis) — „ 18 „ Ein Schien- oder Randnagel — „ 4 „ Ein Sparnnagel — „ 2 „ Ein halber Sparnnagel — „ 1 „ Ein Thornagel — „ 3 „ Im Jahre 1660 wurden in der Pfalz bezahlt: Für 1300 Lattennägel 1 Thlr. „ 1000 Speichernägel 2 fl. — kr. „ 1000 ganze Speichernägel 3 „ 45 „ „ 10000 doppelte Speichernägel 75 „ — „ Kleinnagler oder Zweckenschmiede . Ein Schock ganze Thürnägel 5 Gr. — Pf. „ „ halbe „ 2 „ 6 „ Ein Tausend schwarze Fünfer 1 fl. — „ — „ „ „ schwarze Schlossnägel 10 „ — „ „ „ halbe „ 4 „ — „ „ „ grosse Schuhzwecken 10 „ — „ „ „ kleine „ 4 „ — „ „ „ gestäpffte Fünfer, verzinnt 1 fl. 15 „ — „ „ „ Schlossnägel, verzinnt 18 „ — „ „ „ verzinnte Partnägel 9 „ — „ „ „ „ Taschennägel 9 „ — „ „ „ „ Spiessnägel 6 „ — „ „ „ Krempelzwecken 4 „ — „ Die Veredlung des Schmiedeisens im 17. Jahrhundert. Ein Tausend Harnischnägel, unverzinnt 8 Gr. — Pf. „ „ grosse Krebsnägel 16 „ — „ „ „ Handschuhnägel 7 „ — „ Ein sechzig Schock Schiffernägel 2 fl. — „ — „ Ein hundert Bissnägel 2 „ 6 „ Die Nagelschmiede mussten sich bei ihrem Meisterstücke in Nürn- berg ihre Werkzeuge, Stahl und Eisen, innerhalb vier Tagen selbst zurichten und sodann ganz allein machen „2900 Näglein dreierlei Gattung, als: 1) 400 grosse Dien-Nägel, um das Eisenwerk an die Stadtthore damit anzuschlagen und zu befestigen. 2) 1000 Stück gesenkten Stefften oder Zwecken, so oben am Kopf rund und unter demselben viereckig sind, die Steffte aber selbst müssen alle acht- eckig geschmiedet sein. 3) 1500 kleinen Schocker-Nägelein, welche so leicht sein müssen, dass sie auf dem Wasser schwimmen“ ( Weigel ). Die Anzahl der Nagelsorten war gegen Ende des 17. Jahrhunderts so gross, dass deren Aufzählung, wie Weigel sagt, den Leser nicht ohne Verdruss allzu lange aufhalten würde. Die vornehmsten darunter waren: „Unterschiedliche Gattungen Blattennägel für mancherlei Hand- werker; Fass-Nägel für die Kaufleute; Lafettennägel für Geschütze; Sternzwecken für Partisanen, Schweinsfedern und anderes kurzes Gewehr; Küris-Nägel für die Plattner; gesenkte Steffte für Gürtler; Kutschen-, Schiff- und Rosennägel für Sattler; Schockernägel für Futteral- und Kartätschenmacher. — Der Halb-Nägel und der so- genannten Leisten-Nägel bedienten sich die Schirmer; die Schlosser der Niet-, Band-, Schloss-, Schnecken- und Rosennägel; die Schmiede der Hufnägel; die Maurer der Kreuznägel; die Tüncher der Schiefer- nägel; die Schuster der einfachen und gedoppelten Schuhnägel, Schuhzwecklein und Hufhäcklein; die Tuchmacher bedienten sich einer Art Nägel, die vorn nach Art der Schrauben etwas umgebogen waren. Alle diese Arten und Sorten sind von Eisen, welche die Nagler teils schwärzen, teils selbst überzinnen.“ Im Jahre 1660 wurden in der Pfalz bezahlt für 1300 Lattennägel 1 Thlr. „ 1000 Speichernägel 2 fl. — kr. „ 1000 ganze Speichernägel 3 „ 45 „ „ 10000 doppelte Speichernägel 75 „ — „ Über das Gärben und Ausrecken des Stahls finden wir eine gute Schilderung in Felibien’s Principien der Baukunst von 1676, welche wir später in dem Kapitel über Frankreich mitteilen wollen. Die Veredlung des Schmiedeisens im 17. Jahrhundert. Die Drahtfabrikation hatte nach wie vor ihren Hauptsitz in der westfälischen Mark, doch verbreiteten sich die künstlichen Draht- züge auch nach andern Ländern, wie namentlich nach Schweden und England. Erst zu Anfang des 17. Jahrhunderts wurde das Ziehen des feinen Kratzendrahtes, welches in den Niederlanden und Aachen schon länger bekannt war, in Iserlohn eingeführt. Das Ziehen geschah anfangs mit der Hand auf sogenannten Handwinnen, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts aber mit Wasser auf Wasserwinnen, deren man Ende des Jahrhunderts 221 zählte. Überhaupt verdrängte der Wasserbetrieb den Handbetrieb immer mehr. Fig. 214. Die Abbildung einer Drahtmühle (Fig. 214) befindet sich eben- falls in Weigels gemeinnützlichen Haupt-Ständen von 1698 (S. 295). Dieselbe ist zwar in einzelnen Teilen etwas unverständlich, entspricht aber in der Hauptsache einer Drahtrolle, wie solche heute noch in Altena und an vielen andern Plätzen im Gebrauch sind. Auch der Text zu der Abbildung ist ungenügend. Der Verfasser sagt, dass die Zaine unter Hämmern vorgeschmiedet werden, so „dass sie die gehörige Dicke bekommen und zum Ziehen tüchtig sind, dann werden sie auf die Ziehe-Bank gebracht, an dem einen Ende etwas dünn gefeilt, dass sie durch das Loch des Zieheisens gesteckt und von der Zange gefasst werden können. Wann solches geschehen, wird dem Rad Luft gemacht, durch solches die Wellen umbgetrieben, von denen Armen aber der Die Veredlung des Schmiedeisens im 17. Jahrhundert. Steg niedergedruckt, der Draht mit der Zangen aufwärts gezogen, und wann die an den eisernen Zangen befestigte hölzerne Stange in die Höhe schnappt, wiederumb einwärts gerucket, der Draht aber an der sich zugleich selbst durch besondere Triebe umbdrehenden so- genannten Leyern auf, von dem Haspel aber im Gegenteil abgewun- den.“ Wo keine Drahtmühlen waren, mussten die „Schieber“ das Ziehen des groben Drahtes mit grosser Mühe mit der Hand ver- richten, wobei sie sich auf der angehängten Schiebebank vor- und zurückschwangen. So geschah es noch im Herzogtum Krain. Das Patent, welches Thomas Harvey in England 1678 für eine Maschine, um alle Sorten spanischen und schwedischen Eisens zu Rundeisen für Schiffsbolzen und sonstigen Gebrauch viel besser und rascher, als das unter dem Schmiedehammer geschieht, auszuziehen, erhielt, war wohl ein sehr starker Schleppzug. In engster Verbindung mit dem Drahtgewerbe stand die Nadel- fabrikation . Dieselbe hatte ihren Hauptsitz in Spanien, den Nieder- landen, Aachen und Nürnberg (Schwabach). Die Aachener Nadeln gingen im Handel unter dem Namen spanische Nadeln, weil ein spanischer Niederländer diese Industrie nach Aachen gebracht hatte. 1631 fasste aber der Senat der Stadt Aachen einen Beschluss, dass diese falsche Bezeichnung abgeschafft und dieselben von nun an nur als Aachener Nadeln verkauft werden sollten. Im 17. Jahrhundert wurde die Nadelfabrikation auch in Altena in der westfälischen Mark eingeführt, kam aber damals zu keiner gedeihlichen Entwickelung. Durch den 30jährigen Krieg ging die Nadelfabrikation in Deutschland sehr zurück, dagegen erblühte sie in England. Dort soll in London um 1545 ein Neger zuerst Nadeln gemacht haben. Er hielt aber seine Kunst ängstlich geheim, und so starb sie mit ihm aus. Königin Elisabeth zog deutsche Nadelarbeiter aus Deutschland herbei und begründete mit Hilfe derselben in White- chapel bei London die englische Nadelfabrikation, die während und nach dem 30jährigen Kriege sich kräftig entwickelte. Über die verschiedenen Sorten von Steck-, Heft- und Nähnadeln, die damals im mittleren Deutschland gehandelt wurden, giebt folgende Preisliste aus Kursachsen vom Jahre 1623 Aufschluss Codex Augusteus II, 848. : Im Meissnischen Kreis: Das Tausend der besten Stecknadeln um 12 Gr. — Pf. „ „ andere Gattung 10 „ — „ Beck , Geschichte des Eisens. 62 Die Veredlung des Schmiedeisens im 17. Jahrhundert. Das Tausend dritte Gattung 8 Gr. — Pf. Ein paar Hosenhefte — „ 2 „ Der kleinen das Tausend um 12 „ — „ Eine spanische Nähnadel — „ 2 „ Fisch-Angeln, Stricknadeln, Strick-Eisen und dergleichen wird nach dem Augenschein verkauft. Spanische Nähnadeln das Hundert 8 „ — „ Der geringsten das Hundert 1 „ 6 „ Im Leipziger Kreis: Ein Brief Stecknadeln der besten, da 500 in- nen sind 6 bis 7 „ Der gemeinen, da hundert innen sind — „ 8 „ Nestel-Hefte, der grossen das Hundert 14 bis 15 „ Kleine Hefte das Hundert zu 1 Gr. bis 14 Pf. Im Erzgebirgischen Kreis: Ein tausend Kleppel-Nadeln 9 Gr. — Pf. „ „ Stecknadeln 5 „ — „ „ hundert „ — „ 10 „ „ „ gemeine Stecknadeln — „ 5 „ „ Paar Hosenhefte — „ 1 „ „ Dutzend kleine Hefte — „ 3 „ Weigel führt ausser den Nähnadeln die Kürschner- und Schuster- nadeln auf, sodann die gewöhnlichen Strick- und Sticknadeln und die Seidensticker-Teppichnadeln, die Barbier-Heftnadeln, Pack- und Einbindnadeln, Buchbindernadeln, Beutlernadeln, wie auch Häklein und Hefften zu mancherley Gebrauch. Zum Meisterstück musste der Nadler 1000 Nadeln Nicht 3000, wie in Weigel a. a. O. S. 376 steht. fertigen in einer bestimmten Zeit, und zwar „300 Stück, 6 Wurff und 3 Stück dreieckiger Schusternadeln, ebensoviel spiess- eckigte Kürschnernadeln und 300 Stück, 6 Wurff und 4 Stück runde Nähnadeln, ein Wurff aber ist soviel als 5 Nadeln und wird an diesen Nadeln sonderlich das viereckichte Öhr mit seinem Ausschnitt vor das künstlichste gehalten und von den geschworenen Meistern bei Beschauung des Meisterstückes fleissig betrachtet“. Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert. Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert. Die Blechfabrikation nahm im 17. Jahrhundert einen grossen Aufschwung namentlich durch die Erfindung der verzinnten Bleche oder des Weissblechs . Diese Erfindung soll aus Böhmen stammen; die älteste Nachricht darüber kommt aber aus Steiermark. Im Jahre 1551 erhielt nämlich Freiherr Hans Ungnad, Landeshauptmann von Steiermark, von König Ferdinand die Freiheit, zu Waltenstein ein oder mehrere Hammerwerke aufzurichten und in denselben schwarzes Blech zu schlagen, es verzinnen zu lassen und damit un- gehindert Handel durch 20 Jahre frei zu treiben , „in Be- dacht der ansehnlichen, nützlichen, beharrlichen, hocherspriesslichen Dienste, so er sider Eingang Unsrer landesfürstlichen und könig- lichen Regierung mit ungespartem, seinem Leib und Gut willig und unverdrossenlich bewiesen hat (Wien, 5. August 1551 v. Muchar , Gesch. v. Steiermark VIII, 512. “. In Sachsen wurde seit dem Jahre 1620 die Erfindung in um- fassender Weise ausgebeutet. Sachsen hatte schon vordem den grössten Ruf wegen seiner Bleche. Für Weissblech erlangte und behauptete es im 17. Jahrhundert fast das Monopol. Die Erfindung der Weissblechfabrikation soll nach Yarrantons Angabe in Böhmen gemacht und von da von einem zum Protestan- tismus übergetretenen katholischen Geistlichen um das Jahr 1620 nach Sachsen gebracht worden sein. Das Verzinnen durch Eintauchen fertiger eiserner Gegenstände war aber wahrscheinlich schon zu Aristoteles ’ Zeit bekannt (I, S. 459). Die Incoctilia des Plinius Plin. Hist. nat., Bd. XXXIV, 48. sind verzinnte Metallwaren, welche, wie das Weissblech, durch Eintauchen in ein flüssiges Zinnbad her- gestellt wurden. Agricola De natura fossilium, lib. IX, und lib. I, p. 891. erwähnt das Verzinnen von Eisenwaren als ein allgemein gebräuchliches Verfahren. Die Verzinner oder Zinner bildeten in Nürnberg ein selbständiges Handwerk, welche allerlei Eisenwerk, als Sporen, Stangen, Bügel, mancherlei Flaschner- und Schlosserarbeit verzinnten Siehe Weigel a. a. O., S. 304. Die Werkstätte eines Zinners. . Der Schritt bis zur Herstellung verzinnter Eisenbleche war also nur ein kleiner. Dennoch ist dieser kleine Schritt, statt der fertigen Waren das unverarbeitete Blech zu verzinnen, und dadurch einen neuen Handelsartikel, das Weissblech 62* Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert. zu schaffen, als eine wichtige Erfindung anzusehen, da sie der Aus- gangspunkt eines bedeutenden Zweiges der Eisenindustrie geworden ist, deren Produkt das Rohmaterial für verschiedene Kleingewerbe liefert. Das industriereiche Sachsen, in der metallurgischen Technik zu jener Zeit besonders weit vorgeschritten, war zur Ausbeutung dieser Erfindung sehr geeignet, weil sich daselbst eine bedeutende Eisen- blechfabrikation in nächster Nähe ausgiebiger Zinnbergwerke und Hütten befand. Das Kurfürstentum Sachsen hat unzweifelhaft diese Industrie zuerst in grossem Massstabe entwickelt und darf in diesem Sinne als die Heimat derselben bezeichnet werden. In England, welches durch seine noch günstigeren Verhältnisse in späterer Zeit Deutschland in dieser Fabrikation überflügelte, wurde dieser Industriezweig von Andrew Yarranton , der ihn 1670 in Sachsen kennen gelernt und studiert hatte, erst nach dieser Zeit einzuführen versucht, doch gelang es nicht, die Weissblechfabrikation im Laufe des 17. Jahrhunderts in England zur Blüte zu bringen. Ebenso ging es in Frankreich. Werfen wir nun einen Blick auf die Fabrikation. Der Blechhammer hatte die wichtigste Vorarbeit für die Weiss- blechfabrikation zu leisten. Damals wurde das Blech bereits allgemein mit Wasserhämmern geschmiedet. Wie dies geschah, haben wir ge- schildert. Für die Verzinnung stellte man nur Bleche von geringen Dimensionen dar. Hierzu waren zwei Hämmer, ein Breithammer und ein Urwellhammer, erforderlich Siehe Karsten a. a. O., Bd. IV, S. 385. . Ersterer hatte eine schwach ge- wölbte Bahn von etwa 0,20 m Seitenlänge, 300 bis 350 kg Gewicht und 1 m Hub; der Urwellhammer hatte eine Bahn von 0,25 m Länge, 0,05 m Breite, 150 Ztr. Gewicht und 0,75 Hub. Die Ambossbahn hatte 0,35 m Seitenlänge und war ganz schwach gewölbt. Am Hammer- stock war ein Eisenstab befestigt, der über die Ambossfläche hervor- ragte und dazu diente, dass man die Blechstürzen beim Gleichen da- gegenstiess, damit sie gerade übereinander liegen blieben. Ehe man mit der eigentlichen Schmiedearbeit begann, wurden die Abschnitzel und der Ausschuss im Herde niedergeschmolzen, wo- bei gleichzeitig die Schirbel der vorigen Luppe zu Quadratstäben von 33 mm Stärke ausgeschmiedet wurden. Dies geschah unter dem Breit- hammer und die Arbeit hiess das Zainen . Nach dem Zainen wurde die Luppe gefrischt, ausgebrochen, gezängt, in Schirbel zer- hauen und diese wieder gezaint. War dies beendigt, so wurde der Breithammer aus dem Gerüst genommen und der Urwellhammer ein- Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert. gelegt. Nun begann das Blechschmieden damit, dass die gewärmten Zaine am vorderen Ende etwas ausgebreitet und sodann mit dem Setzeisen ein Kölbchen von bestimmter Länge abgehauen wurde. Dieses wurde sofort wieder in dem Herde gewärmt und an dem schon etwas ausgebreiteten Ende zu einer Breite von etwa 9 cm ausge- schmiedet. Zwei Arbeiter wechselten beim Schmieden ununterbrochen miteinander ab, während ein dritter das Wärmen der Zaine und Kölbchen besorgte, bis das übliche Quantum von 360 oder 400 solcher Urwellstürzen fertig war. Alsdann begann wieder das Einschmelzen der Abschnitzel. Die fertigen Urwellstürzen wurden von zwei andern Schmieden und einem Gehilfen in der folgenden Schicht auch an dem andern noch nicht gebreiteten Ende zu der gleichen Breite ausgereckt, auf einem Handamboss zur Hälfte umgebogen, mit einem Handhammer zusammengeschlagen und als fertige Stürze weggelegt. Diese Arbeit hiess das Richtheissen . Waren alle Stürze gerichtheisst, so wurden sie paarweise zusammengelegt und zuerst mit dem Saumende zum Wärmen eingehalten. Ein Arbeiter fasste ein Paar der gewärmten Stürze vorn mit der Zange und streckte sie unter dem Urwellhammer beim Saumende zu einer Breite von 15 bis 18 cm aus, brachte sie dann wieder ins Feuer, indem er sie mit dem noch nicht gebreiteten Vorderende einhielt. Ein zweiter Arbeiter fasste nun ein Paar der zur Hälfte gebreiteten Stürzen beim Saumende mit der Zange und breitete auch das Vorderende, so dass die Stürzen eine Länge von 0,30 bis 0,33 m, und eine Breite von 0,15 bis 0,18 m erhielten. Diese Arbeit hiess das Gleichen . Der Gehilfe hatte dafür zu sorgen, dass immer eine gehörige Menge an gerichtheissten Stürzen am Herde be- findlich waren, damit bei der Arbeit kein Verzug entstand, auch musste er die schon gerichteten Stürzen sortieren, auseinanderlegen und in Hahnebrei (mit Wasser dünn angerührter Thon, in den Kreide oder Kohlenstaub gemischt ist) eintauchen, damit sie nicht aneinander schweissten, und 50 solcher Stürze, welche eine Zange genannt wurden, zusammenlegen. Vier Zangen machten gewöhnlich eine Zeche . Während des Anwärmens der Zeche wurde der Urwell- hammer aus dem Gerüst genommen, der Breithammer eingelegt und nun zum Schmieden geschritten. Das Wärmen einer Zeche geschah auf einem Paar horizontal über den Herd gelegten Stangen, auf welche die Zeche so gestellt wurde, dass die Stürze mit der langen Kante auf den Stangen ruhten, worauf hinter der zu wärmenden Zeche eine eiserne Stange senkrecht auf- Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert. gerichtet wurde, um damit die Stürzen zusammenzupressen. Die Zeche wurde mit Kohlen beschüttet, das Gebläse angelassen und mit dem Verbrennen der Kohlen solange fortgefahren, bis alle Zangen glühend waren. Jede Zange wurde drei- bis viermal geschmiedet und nach jedem Schmieden wurden die Zangen auseinander genommen und an- ders geordnet, um alle Stürzen gleich stark auszurecken. Wenn die Bleche durch das Schmieden die gehörige Grösse erhalten hatten, wurden die vom vorigen Schmieden erhaltenen und schon nach dem Hüttenmass beschnittenen Bleche zwischen die eben geschmiedeten Zangen gelegt und erhielten langsame Hammerschläge, damit sie glatt und eben wurden, welche Arbeit das Abrichten hiess. Die ab- gerichteten Bleche — gewöhnlich Dünneisen genannt — wurden dann noch einmal nach dem üblichen Mass, welches sie als verzinnte Bleche haben sollten, beschnitten. Aus 100 kg Abschnitzel erfolgten 75 kg Dünneisen. Der Verbrauch an Holzkohlen für 100 kg Dünneisen betrug 80 bis 96 Kubikfuss Holzkohlen; 100 kg Blechstäbe gaben etwa 46 kg Dünneisen. Nun schritt man zum Verzinnen. Das gewöhnliche sächsische Verfahren war folgendermassen: Zuerst wurden die Bleche gebeizt , um ihnen eine reine metal- lische Oberfläche zu geben, an der allein das Zinn richtig haftet. Hierzu bediente man sich einer Beize, der man grosse Wichtigkeit beilegte, obgleich sie im Grunde nichts war als eine verdünnte Säure. Sie wurde erhalten durch Gärung zerschrotenen Roggens. Diese Gärung wurde in einem gewärmten Gewölbe in hölzernen Tonnen vorgenommen. Man benutzte aber dreierlei Beizen: alte, welche 14 Tage bis 5 Wochen alt war, neue, die man auch Barss nannte, und mittlere, welche nicht frisch, aber auch noch nicht 14 Tage alt war und Haifel (Hefel oder Hävel) hiess. Eine ganze Beize bestand aus 2 Tonnen neuer Beize, 2 Tonnen alter Beize und 2 Tonnen Haifel. Wurde sie erst frisch angesetzt, so erhielt die alte Beize 3 Scheffel, die neue Beize 4 Scheffel und der Haifel 4 Scheffel Roggenschrot, welche mit Sauerteig und Wasser gärten. Alle acht Tage wurde Schrot nachgetragen und wurde dann ⅓ Scheffel zur neuen, 1/12 zur alten Beize und 1/12 zum Haifel gesetzt. Zuerst kamen die Bleche in die alte Beize, und zwar 136 bis 144 Stück (68 bis 72 Stürzen), welche so gestellt wurden, dass die Bleche wechselsweise auf der langen und der schmalen Kante standen. In der alten Beize blieben die Dünneisen 24 Stunden, und dann ebenso lange in der neuen Beize. Dann kamen sie in die Haifeltonne, wo sie 48 Stunden ver- Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert. blieben, und zwar in zwei Lagen übereinander, so dass in einer Haifel- tonne die doppelte Zahl Bleche sich befand. Nach 24 Stunden wurde umgesetzt, so dass die obere Lage unten hin kam. Hierauf kamen sie in die Riesstonne, welche mit reinem, kaltem Wasser gefüllt war, um sie abzuwaschen und Rostbildung zu verhindern. Der Schrot in den Beiztonnen musste täglich zweimal umgerührt werden, weil er sonst nicht gehörig wirkte, auch mussten die Bleche, die zu fest auf- einander lagen, voneinander gebogen werden, um ein gleichförmiges Beizen zu bewirken. Alle 14 Tage wurde die alte Beize, welche am meisten angegriffen wurde und die Bleche vom gröbsten Glühspan, sowie vom Thon des Hahnebreies befreien musste, weggethan und die neue Beize zur alten genommen, welche noch 1/12 Scheffel Nachsatz von Schrot bekam und wieder 14 Tage als alte Beize gebraucht wurde, so dass sie vier Wochen, nämlich 14 Tage als neue und 14 Tage als alte Beize diente. Wenn nach 14 Tagen die neue Beize angesetzt wurde, musste aus dem Haifel etwas Grund zum Gären ge- nommen werden, wogegen er 1/12 Scheffel Nachsatz von Schrot erhielt und beständig gebraucht wurde. Aus der Riesstonne kamen die Bleche zur Reibebank, wo sie mit Sand so lange gescheuert wurden, bis sie ganz blank waren, worauf sie wieder in reines Wasser gelegt wurden, bis man sie verzinnte. Das Verzinnen geschah in einer Pfanne, welche etwa 0,54 m lang, 0,42 m breit und 0,54 m tief war. Sie wurde von Gussplatten zusammengesetzt und in die Mitte des Zinnofens eingemauert, wo sie frei über der Flamme hing, welche vom Rost in die Höhe schlug und die Pfanne von allen Seiten umspielte. Auf dem Herde lagen vier geneigte Eisenplatten, welche das abtropfende Zinn der Pfanne wieder zuführten. Die Zinnpfanne konnte durch ein senkrecht hineinzustellen- des Blech — das sogenannte Einhaltblech — in zwei Räume, einen grösseren und einen kleineren, abgeteilt werden. Die richtige Temperatur des Zinns zu treffen, war sehr wichtig, weil das zu dicke Zinn nicht haftete uud das zu heisse rasch ab- floss und eine schlechte Verzinnung gab. Zum Verzinnen wurde die Pfanne mit 500 bis 600 kg Zinn gefüllt und fortwährend geschmolzener Talg darüber erhalten, damit sich das Zinn auf der Oberfläche nicht oxydierte. Hatte das Zinn die gehörige Flüssigkeit erlangt, so trug der Verzinner einen Satz von 180 oder 200 Blatt Dünneisen auf der hohen Kante in die Pfanne, zog die Bleche in Bündeln von 20 bis 25 Blatt (Böstel) nach und nach wieder heraus und kühlte sie in einem mit Wasser gefüllten Gefässe. Diese Arbeit hiess das Ein- Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert. brennen . Die Unreinigkeiten, welche in die Höhe stiegen, wurden mit einem Schaumlöffel abgenommen und der Abschaum, welcher noch Zinnkörner enthielt, in ein besonderes Gefäss gebracht. Dies hiess das Aufziehen oder Abschäumen. Wenn alles zu verzinnende Dünneisen eingebrannt war, wurde das Einhaltblech in die Pfanne gesetzt und in den dadurch abgesonderten Raum ein ganzer Satz von den eingebrannten Blechen, ebenfalls auf der hohen Kante, gebracht, welche, nachdem sie gehörig aufgezogen und abgeschäumt waren, eins nach dem andern herausgezogen wurden. Diese Arbeit nannte man das Abbrennen oder Einschlagen. Die herausgenommenen Bleche wurden auf einen rostförmigen Rahmen — Schragen — gesetzt, damit das Zinn ablief, doch durften sie sich nicht berühren. Alsdann wur- den diese Bleche einzeln nochmals in die kleine Abteilung getaucht und rasch wieder herausgenommen „durchgeführt“ und auf einen zweiten Schragen gestellt; nun wurden dieselben untersucht, ob sie keine schwarzen, unverzinnten Stellen mehr hatten. Diese Stellen wurden abgekratzt und die fehlerhaften Bleche nochmals durchgeführt. Die verzinnten Bleche kamen in den Schwarzwischkasten, worin sie mit Sägespänen und alten Lumpen abgewischt wurden, um den Talg von der Oberfläche wegzuschaffen. Da die Bleche beim Ablaufen des Zinnes an dem unteren Ende eine Tropfkante erhielten, so musste diese weggeschafft werden. Dies geschah zuweilen auf einer erhitzten Platte, meist aber in einer be- sondern Abwaschpfanne, welche die Gestalt einer abgestumpften Pyramide hatte. In derselben befand sich etwas flüssiges Zinn, in welches das Blech mit der Tropfkante eingetaucht und sogleich wieder herausgenommen und mit Moos abgewischt wurde, wodurch der Rand oder Abwerfsaum der Bleche entstand. Nach dem Abwerfen kamen die Bleche in einen Trockenofen und von da zum Weisswischkasten, worin sie mit einem Gemenge von sehr feiner Kreide und Kleie mit Werg abgewischt wurden, damit sie eine reine und glänzende Ober- fläche erhielten. Dann wurden die Bleche noch einmal „überfahren“, d. h. mit Lumpen der Staub abgewischt und bundweise auf dem Klopfstock mit einem Holzschlägel abgeklopft, wobei alle Beulen aus- geglichen wurden. Die Bleche wurden nun sortiert und verpackt. In Deutschland pflegte man sie zusammengebogen in Fässer zu ver- packen, und zwar von den Mittelblechen 450, von den dünnsten, so- genannten Senklerblechen 600 in ein Fass. Die Dimensionen der Bleche waren in verschiedenen Ländern verschieden, in Sachsen etwa 38 × 22 cm. Nach der Stärke unterschied man Doppelt- und Einfach- Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert. Kreuzblech (XX und X), Forderblech (F) und Senklerblech (S), von denen die letzteren die dünnsten und leichtesten waren. Ausserdem fiel Ausschussblech, das unsortiert verpackt wurde. Die dickeren Bleche waren teurer als die dünneren, weil die ersteren eine unver- hältnismässig grössere Menge Zinn zum Verzinnen erforderten. Über die Versuche, die Weissblechfabrikation in Lüttich und in England einzuführen, werden wir bei den betreffenden Ländern einiges mitteilen. Über die Verhältnisse der Schwarz- und Weissblechfabri- kation in Sachsen im 17. Jahrhundert haben wir keine andere Quelle, als die kursächsischen Hammerordnungen von 1660 und 1666 Siehe Codex und Chr. Hertwig , Bergbuch, S. 85. . Danach sollten die Blechhämmer eigentlich nur Bleche machen, doch schmiedeten sie nebenher auch Schien- und Stabeisen, worüber die Besitzer der Stabhämmer sich beschwerten. Bei einem hohen Ofen- und Hammerwerk durften nicht mehr als zwei Blechhämmer getrieben werden (§. 13). Auf einem Blechhammer durften nicht mehr als wöchentlich 16, höchstens 20 Ztr. gefrischtes Eisen verarbeitet werden (§. 14). In allen Zinnhäusern wurden die Bleche in einerlei Grösse, Länge und Breite, und zwar „nach dem alten Wohnsiedler Mass beschnitten, verziehnet und verfertiget“ (§. 15). „Die Kreutz-Vasse mussten in einer Schwere, also, dass ein jedes 2 Ztr. 4 bis 8 Pfd. auf oder ab, halten soll, eingeschlagen werden“ (§. 16). Wer zwei Blechhämmer gehen liess, sollte wöchentlich nicht mehr als 10 Fass Blech zu 450 „Blatten“ verzinnen lassen. Wo aber nur ein Hammer ging, der sollte 5 Fass zu verzinnen Macht haben. Wer einen Hammer einstellte, durfte von seinem Vorrat noch das ihm zu- kommende wöchentliche Quantum verzinnen lassen, nicht aber sein Schwarzblech an andere Zinnhäuser verkaufen oder gar in fremde Lande verführen (§. 20). Das Zinnhaus (Zien-Hauss) gehörte zu den Blechhämmern. Zu einem solchen waren erforderlich: ein Zinnofen, worin die Pfanne eingemauert wurde, vier steinerne Zinnschalen, ein gegossenes eisernes Tischlein und anderes mehr Siehe Hertwig a. a. O., S. 433. . Über den Blechmeister bestimmte die Hammerordnung folgendes: „Seine Arbeit gehet von Pfingsten an und währet ein ganzes Jahr, pflegen sich aber noch vor Ostern zu verdingen (§. 1). Wer vor Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert. Lätare heimlich oder öffentlich ein Gedinge machet, soll in Strafe genommen werden und das Gedinggeld verfallen sein. Er hat für das Jahr 16 Thaler Gedinggeld. Davon muss er aber seine fünf Gesellen, nämlich den Herdschmied, zwei Gleicher, einen Urweller und einen Lehrknecht selbst dingen (1647 und 1666, §. 4, 1666, §. 5). Das Geschenk beträgt 10 Thlr. jährlich, davon hat er wieder seine Gesellen, jedoch nach seiner Willkür, weil der eine besser kann als der andere, zu beschenken (1660, §. 5, 1665, §. 6). An Lohn soll er geben: 1 Thlr. 15 bis 16 Gr. von einem Schock (60 Stück) Dünneisen, welches 48 Pfd. wiegt, nach dem gebräuchlichen Hüttenmass be- schnitten, unter denen nicht mehr als drei Sturz, die ins Zinnhaus nicht tüchtig sind, passieren sollen; für mehr werden nur 12 Gr. vergütet. 1 Thlr. 15 bis 16 Gr. für 1 Püschel Bodeneisen Bodeneisen war noch einmal so breit und dick als ein Dünnblech, wurde teils verzinnt, teils schwarz in Fässer zu 600 Blatt geschlagen. , 3 „ 6 „ 8 „ „ 1 Ztr. Pfanneneisen, 3 „ 6 Gr. von 1 Ztr. Sturzblech Starke Bleche, wovon 16 bis 32 auf den Zentner gingen; Pfanneisen war noch stärker. , 5 „ 12 „ von einer Salzpfanne (§. 6 und 7). Der Blechmeister hat seinem Herrn, wenn gearbeitet wird, Hütten- zins, und zwar wenigstens 1 Gulden die Woche zu zahlen (§. 6 u. 7); ferner hat er für die Abschnittel, welche im Zinnhaus von den Blechen abgeschnitten werden, 1 Gulden für den Ztr. zu bezahlen. Verfertigt der Meister aus einem Zentner gefrischten Eisens nicht 1½ Schock Bleche, so wird ihm für jedes Schock 12 Gr. in der Rechnung gekürzt. Der Blechmeister muss bei seinem Anzug „ein gangbar Werk samt Inventario“ überkommen, und bei seinem Abzug es ebenso wieder übergeben. Fehlet an dem Hammerzeug etwas, so muss er den Zentner mit 5 Gulden bezahlen; ebenso wird ihm das Mehr an Hammerzeug bezahlt. Was für den laufenden Betrieb an Geschirr und Mobilar nötig ist, hat er zu stellen, die Erhaltung und Reparatur der Gebäude und Anlagen ist Sache des Hammerherrn. Der Verzinner (Ziener) wurde gedingt wie der Blechschmied. Er hatte als Gedinggeld für sich und seine Gesellen, auf ein ganzes Jahr und zwei Hämmer, 6 Thlr.; hingegen nichts zum Geschenk, zum Lohn aber von jedem Fass Dünneisen 1 Thlr. 12 Gr., und von Boden- Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert. eisen 3 Thlr. Dafür musste er nicht nur die Gesellen halten, sondern auch das Korn für die Beize und den Talg stellen. — Ein schwarzes Fass Dünneisen zu beschneiden und einzuschlagen, hatte er 4 Gr., von einem schwarzen Boden-Fass aber 8 Gr. An Zinn erhielt er für jedes Fass Dünneisen zu 450 Blatt 30 Pfd., zu 300 Blatt 20 Pfd., und auf das Fass Bodenblech 54 Pfd. Nürnberger Gewicht. Das Korn zur Beize musste der Zinner vom Hammerherrn, und zwar den Scheffel Schneeberger Mass für 4 Thlr. annehmen, es mochte nun steigen oder fallen, und sollte mit 13 „Sigmas“ Korn, 38 Fass zu 300 Blatt beizen. Ebenso musste er den Talg (Unselt) zu 2½ Thlr. den Stein annehmen. Zu jedem Blechfass von 300 Blatt gab der Zinner 9 Pfg., und zu jedem von 450 Fass 1 Gr. 1½ Pfg. Beisteuer. — Bei der Ablieferung nach Ende des Jahres hatte der Zinner 1 Ztr. Zinn abzuliefern; er zahlte 30 Thlr. Hauszins. Die Beaufsichtigung des Betriebes der Blechhämmer und Zinn- häuser war besonders einem Wagemeister übertragen, der mindestens alle 14 Tage einmal revidieren musste. Flaschner und Spengler waren die Handwerke, die am meisten auf das Blech angewiesen waren, und zwar verarbeiteten die Spengler Weissblech und Messingblech, die Flaschner dagegen auch Schwarz- blech. Sie hatten ein geschenktes Handwerk, und ihre Hauptsitze in Wien, Regensburg und Danzig Näheres über ihre Meisterstücke siehe Weigel a. a. O., S. 382. . Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert. Die Entwickelung des Bewaffnungswesens war mit dem Ende des 16. Jahrhunderts zu einem gewissen Abschluss gelangt. Moritz von Oranien in den Niederlanden und Sully in Frankreich waren die bedeutendsten Reformatoren auf diesem Gebiete um die Wende des Jahrhunderts gewesen. Hervorragende neue Erfindungen hat die fol- gende Zeit nicht aufzuweisen. Dagegen wurde im dreissigjährigen Kriege das bestehende Bewaffnungswesen einer gründlichen Prüfung unterzogen. Hierbei wurde besonders der Wert einer leichteren Bewaffnung erkannt. Am meisten hat Gustav Adolf für eine solche gewirkt. Die schweren Panzer kamen immer mehr ausser Gebrauch, Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert. die Überlegenheit der Schusswaffen immer mehr zur Geltung. Man suchte sowohl die Handfeuerwaffen, als auch die Feldgeschütze leichter zu machen. Bei den deutschen Hakenbüchsen gingen ursprünglich acht Kugeln auf ein Pfund, später 16; anfangs des 17. Jahrhunderts hatte man die Haken soviel leichter gemacht, dass 20 bis 24 Kugeln auf das Pfund gingen, so dass diese nur 25,5 und 19,1 g wogen, die Waffe selbst wog nur noch 5 kg. Auch die Musketen, welche früher acht Kugeln auf das Pfund schossen, hatte man leichter gemacht, so dass zehn auf das Pfund gingen; eine Kugel wog 51 g. — Das Gewicht der Musketen setzte Gustav Adolf 1626 auf 10 Pfd. Nürnberger Gewicht, oder von 7,649 auf 5,099 kg herab. Ein Fortschritt lässt sich ferner in der sorgfältigeren und gleich- mässigeren Herstellung der Feuerrohre und in der häufigeren An- wendung gezogener Rohre erkennen. Drechsler und Recknagel waren zwei berühmte Büchsenschmiede zu Anfang des Jahrhun- derts, welche Meisterwaffen verfertigten, aber auch die fabrikmässig dargestellten Rohre waren besser geschmiedet, geschweisst und gebohrt. Eine Abbildung einer Bohrwerkstätte für Flintenrohre (Fig. 215) giebt Weigel Siehe Weigel a. a. O., S. 63, wo sich auch eine gute Abbildung einer Büchsenmacherwerkstätte findet. . Es war allgemein festgesetzt, dass ein richtig ge- schmiedetes Rohr am Pulversack die ganze Kugeldicke, an der Mündung dagegen nur die halbe an Eisenstärke haben sollte J. Schön , Geschichte der Handfeuerwaffen, S. 56. . Das Büchsen- schiessen wurde viel allgemeiner und sorgfältiger geübt, wozu die Schützengesellschaften und Schützenfeste, die sich immer mehr ein- bürgerten, wesentlich mit beitrugen. Auch kamen die gezogenen Rohre mehr und mehr in Aufnahme. Für diese war Augustin Kutters Erfindung der Sternzüge von Wichtigkeit. Zöllner in Salzburg fer- tigte 1677 Gewehre mit grossen und mit Haarzügen zugleich. Zu erwähnen ist auch die Erfindung der Windbüchsen, „Luftröhren“ ge- nannt, von Paul Weber , der ein Hatschirer unter Kaiser Ferdi- nand III. war, und wegen seiner Kunst der Luftschütz genannt wurde Becher , Närrische Weisheit etc., Nr. 22. . Die Reiterei wurde seit Ende des 16. Jahrhunderts allgemein mit Pistolen bewaffnet. Gustav Adolf führte die Karabiner ein. Ent- sprechend dem wachsenden Bedarf an Feuerrohren wurde die Fabri- kation immer mehr eine fabrikmässige, auf Massenerzeugung gerichtete, doch geschah die Arbeit meistens noch mit der Hand. Suhl war in Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert. Deutschland der Hauptsitz dieser Industrie. Berühmte Büchsenschmiede waren auch zu Teschen in Schlesien und zu Essen in Westfalen. Die Wirren des 30 jährigen Krieges zwangen aber die Landesfürsten, Rohr- schmieden und Gewehrfabriken im eigenen Lande anzulegen. Die Büchsenschmiede, welche jedes einzelne Stück von Anfang bis zu Ende selbst fertigten, konnten dem Massenbedarf nicht genügen; sie ver- legten sich deshalb immer mehr auf die Herstellung von Luxus- und Kunstwaffen, wie z. B. das berühmte Rohr in der Dresdener Kunst- Fig. 215. kammer, welches man 40 mal losschiessen konnte, ohne es neu zu laden, und die Orgelbüchsen in Nürnberg ( Weigel , S. 65), während die gewöhnlichen Feuergewehre in Fabriken hergestellt wurden. Ganz ähnlich verhielt es sich mit den Klingenschmieden und der Herstellung von Schwertern, Degen, Säbeln u. s. w. Deutsch- land war im Beginn dieser Periode den übrigen Ländern Europas in der Waffenfabrikation noch voraus und hatte einen bedeutenden Ex- port von Waffen. Die übrigen europäischen Staaten suchten aber mit Eifer ihre heimische Waffenfabrikation zu fördern. Gustav Adolf legte Gewehrfabriken an. 1640 wurden in Stockholm 10000 neue Musketen mit Lunten, 141 mit Schnapphahn und 12000 Gabeln gefertigt. Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert. In England wurde erst Ende des 17. Jahrhunderts die erste Ge- wehrfabrik angelegt. Die wichtigste Erfindung für die Handfeuerwaffen im 17. Jahr- hundert geschah in Frankreich, nämlich die Erfindung des franzö- sischen Gewehrschlosses im Jahre 1640. Dasselbe ist in Fig. 216 ab- gebildet. Die einzelnen Teile desselben sind das Schlossblech a , der Hahn b , die Batterie c , die Batteriefeder d , die Pfanne e und der Pfannendeckel g , welche Teile sich an der Aussenseite der Schlossplatte befinden; an der inneren Seite derselben befindet sich die Nuss h , die Schlagfeder i , die Stange k , die Stangenfeder l , der Fuss m des Pfannen- Fig. 216. deckels, die zugehörige Feder n und der Schieber o für genannten Deckel. Es würde hier zu weit führen, auf Konstruktion und Wir- kungsweise näher einzugehen Wir verweisen auf Schön a. a. O., S. 64 etc. . Das französische Schloss war eine Verbesserung des spanischen und niederländischen Schnappschlosses (Fig. 149). Es wurde 1648 in der französischen Armee eingeführt und verdrängte bald wegen seiner grösseren Feuerwirkung auch in den übrigen Ländern die älteren Konstruktionen. An die Erfindung des französischen Gewehrschlosses reiht sich die Erfindung des Bajonetts, welches ebenfalls 1640, also gleichzeitig mit ersterem erfunden sein soll. Die Jahreszahl sowohl, als auch dass dieselben in der französischen Stadt Bajonne zuerst gemacht worden sein sollen, ist sehr wenig erwiesen. Man weiss nur, dass man in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts dolchartige Messer in den Flintenlauf einsteckte, welche man als Bajonett benutzte. Dies geschah nachweislich 1647 bei den niederländischen Fusstruppen, Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert. welche ihr Seitengewehr als Bajonett auf- oder vielmehr einsteckten. Das Bajonett mit Dülle wurde erst Ausgangs des 17. Jahrhunderts er- funden und befand sich anfänglich die Dülle in der Verlängerung der Klinge, so dass man es beim Feuern abnehmen musste. Das Rohr, an welchem man beide Verbesserungen anbrachte, war das Musketen- rohr; doch machte man dasselbe immer leichter, und so entstand die Flinte, welche ihren Namen von Flint, Feuerstein, hat, den man an Stelle des Schwefelkieses verwendete. Der französische Name fusil kam von dem italienischen fucile, Feuerstahl. Die Länge des Flinten- laufes betrug Ende des 17. Jahrhunderts nahezu 1 m, die Länge des ganzen Gewehres nahezu 1,40 m. Bei den Franzosen, welche leich- teres Kaliber hatten, gingen 20 Kugeln auf 1 Pfd., bei den Deutschen 15; die Kaliber betrugen 15,7 und 17,7 mm. Das Laden geschah mit Patronen, wie es schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts bei der Reiterei aufgekommen war, das aber erst Gustav Adolf allgemein auch bei seinen Fusstruppen eingeführt hatte. Die schweren Doppelhaken waren im Laufe des 17. Jahrhunderts abgekommen, und bediente man sich im Felde seit Gustav Adolf leichter Geschütze — der Regimentsstücke. Vor ihm hatte schon Spinola leichte Bataillonsgeschütze eingeführt, und zwar Sechspfünder, 27 Kaliber lang und 19 Ztr. schwer, welche mit acht Pferden bespannt waren, und Dreipfünder, 30 Kaliber lang, 12 Ztr. schwer, mit sechs Pferden bespannt. Überhaupt entwickelte sich die Feldartillerie damals als selbständige Waffe. Die Feldgeschütze waren von Bronze gegossen. Gustav Adolf bediente sich in Notfällen eines umwickelten Blech- rohres, der sogenannten Lederkanone, von Wurmbrand erfunden. Schwere Geschütze wurden immer häufiger aus Eisen gegossen, doch wurde 1620 in Holland noch viel Geschütz geschmiedet. Eng- land war berühmt wegen seiner gusseisernen Geschütze. 1653 goss man daselbst einen 32-Pfünder von 4200 Pfd. Gewicht, welcher 1780 noch brauchbar war. In Frankreich wurde im Jahre 1600 ein Hochofen für Geschütz- und Munitionsguss erbaut. 1661 führte die französische Flotte schon 471 eiserne neben 570 metallenen Geschützen. In Preussen goss man 1667 die ersten eisernen Geschütze. In Schweden wurde das be- rühmte Eisenwerk bei Tåberg ausschliesslich für Kanonengiesserei an- gelegt, und Russland konnte bereits gusseiserne Kanonen exportieren. In diesem Jahrhundert machte man die ersten Versuche, auch grössere Geschütze massiv aus Luppen zusammenzuschmieden und aus dem Ganzen zu bohren. Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert. Eine wichtige Rolle spielten namentlich beim Belagerungskrieg die Granaten. Handgranaten, die von den „Grenadieren“ geworfen wurden, fanden fast nur bei der Verteidigung von Festungen und Ver- schanzungen Verwendung. Clarner in Nürnberg erfand cylindrische Granaten, welche 1627 vor la Rochelle mit günstigem Erfolg in Anwendung kamen. Erst 1692 wurde das Schiessen von Granaten aus Kanonen von einem französischen Seeoffizier erfunden. 1650 wurde in Warschau die Richtmaschine erfunden. Ludwig XIV. liess leichte Gebirgskanonen, welche 1 Pfd. schossen, anfertigen. 1693 liess er die Berg- und Küsten- plätze mit eisernen Kanonen von Perigueux bewaffnen; die 36-Pfünder wogen 3550 kg, die 24-Pfünder 2865 kg, die 18-Pfünder 2185 kg, die 12-Pfünder 1805 kg, die 8-Pfünder 1155 kg. Sie hielten die Probe des Bronzegeschützes aus. Die Engländer hatten um jene Zeit 8396 Kanonen auf ihrer Flotte (1653: 3840). St. Remy teilt 1697 in seinen Mémoires d’artillerie mit, dass die schweren gusseisernen Geschütze 200, die leichten 320 Pfd. auf das Pfund Kugel haben. Die Hochöfen zum Geschützguss waren 24 Fuss hoch. Man konnte aus jedem Ofen nur einen 8-Pfünder giessen, zu einem 12-Pfünder mussten zwei, zu einem 24-Pfünder drei auf einmal abgestochen werden. Man hatte versucht, Geschütze aus Stabeisenstäben zu wickeln, wie Flintenläufe. Ein auf diese Art hergestellter 18-Pfünder zersprang aber beim ersten Schuss. — Die Kanonenbohrmaschinen waren ver- tical, das Geschütz sank in seinem Schlitten herab, die Bohrstange wurde durch Pferdekraft gedreht. Bei Mörsern, die nicht nachgebohrt, sondern gleich fertig über den Kern gegossen wurden, duldete man keine Gruben in der Seele Siehe M. Meyer , Handbuch der Geschichte der Feuerwaffen-Technik 1835, S. 95. . — Die Mörser waren in der Regel aus Eisen gegossen. Die 1620 zu Brieg angelegte Geschützgiesserei goss ebenso, wie die 1645 in Berlin erbaute, nur Bronzegeschütze, dagegen wurden seit 1625 in Böhmen und seit 1626 am Harz eiserne Geschütze ge- gossen. Obgleich England und Brandenburg selbst eiserne Geschütze goss, bezog es doch 1695 gusseiserne Kanonen von Raffjö in Schweden. Trotz der immer mehr zur Geltung kommenden Bedeutung der Feuerwaffe erhielt sich bis zum Ende des 17. Jahrhunderts die Pike bei der Infanterie. Nach Montecuculli bestand die deutsche In- fanterie in der letzten Hälfte des 17. Jahrhunderts immer noch aus Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert. einem Dritteil Pikeniren. Erst durch die Einführung des Bajonetts (in Frankreich nach 1640) wurde die Pike verdrängt. Das Plattnergewerbe, welches zu Anfang des Jahrhunderts auf seiner höchsten Höhe stand, wie die Prachtrüstungen Kaiser Rudolfs beweisen, sank im Laufe des Jahrhunderts zur Unbedeutendheit herab; denn immer unzulänglicher erwies sich die eiserne Panzerung gegen die Durchschlagskraft der Musketen und Flinten. Im dreissigjährigen Kriege beschränkte sich bereits die eiserne Schutzwaffe auf die Sturm- haube, Bruststück, Ring und Kragen, wozu höchstens noch zuweilen Dielinge oder Schenkelschienen kamen. Diese wurden ohne künst- lerischen Schmuck fabrikmässig hergestellt. Die schönen Formen ver- schwanden; die schwarzen Harnische wurden allgemein. Die Plattner- kunst kam in Verfall, und vielfach trat an Stelle des mühsamen Treibens das Löten. Wegen der Preise der Waffen und Eisenwaren ist folgendes Preis- verzeichnis aus Kur-Sachsen von 1623 Müntz , Mandat und angefügte Taxordnung des Churfürsten Joh. Georg I. zu Sachsen vom 31. Juli 1623. von Interesse. Plattner (im Meissnischen Kreis). Ein Küriss, so forne Schussfrey (darnach er ist) von 20 bis 30 fl. „ gemein Küriss 14 „ 15 „ Eine Reuter Rüstung 8 „ 9 „ Soldaten Rüstung 5 „ 6 „ Rondartsche (Rundschild), so ganz fertig und Schussfrey 12 fl. Eine gemeine 6 „ Ein Cordolasche (?) oder Stecher darzu 2 „ 6 Gr. Partisane, so ganz und hübsch ausgemacht 18 bis 20 fl. Helleparthe mit dem Schafft 15 bis 18 Gr. bis 1 fl. Ein langer Spiess mit Eisen und Schaft 18 „ „ 1 „ „ gut Schlachtschwert mit einer niederländischen Klinge 4 fl. 12 Gr. Vor eine gemeine Klinge 12, 15, 16, 18 bis 21 Gr. Büchsen-Schmiede (im Thüringischen Kreis). Eine Musquete mit einem Schnapper und der Gabel 2 fl. auch 2 fl. 10 Gr. 6 Pfg. Eine Pürschbüchse mit einem guten Feuerschloss 3 auch 4 fl. Ein Pandalier-Rohr 3 „ „ Paar Pistolen 5 „ 6 „ „ neu Büchsenschloss 1 fl. 3 Gr. bis 1 fl. 6 Gr. Eine Kugelform, nachdem sie gross 1, 2, 3 „ Sporer (im Churkreis). Stangen und Mundstück überzinnt 15 bis 18 Gr. Halbe Stange verzinnt 10 „ 12 „ Beck , Geschichte des Eisens. 63 Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert. Ein Kutschgebiss mit halben Stangen verzinnt 8 bis 9 Gr. „ bloss Gebiss 5 „ 6 „ „ paar überzinnte Steigbügel 12 „ „ „ schwarze Steigbügel 8 „ „ „ verzinnte Sporen mit grossen Rädern 10 „ 12 „ „ „ kleine verzinnte Sporen 8 „ 9 „ „ „ schwarze Sporen 8 „ „ Halfterkette 16 „ „ paar Stangen ingemein 14 „ u. s. w. Messerschmiede (im Meissnischen Kreis). Ein Degen mit einer Niederländischen Klinge auf dem Schnitt vergoldet 7 bis 8 fl. „ do. versilbert 6 „ 7 „ „ do. glatt versilbert 4 „ 5 „ Eine Niederländische Klinge mit einem schwarz oder blau angelaufenen Kreuz 3 „ 4 „ Ein Degen 2 „ „ Hirschfänger mit Zubehör 2 fl. 6 Gr. „ Bauer-Dässeken 18 Gr. bis 1 fl. 3 Gr. „ Weidmesser mit allem Zubehör 1½ bis 2 fl. „ Schwein-Spiess samt den Schaft eingefasst in Riem- werk 1 fl. bis 1 fl. 3 Gr. Vor ein Rappier glatt vergüldet oder auf’n Schnitt versilbert mit einer Niederländischen Klinge 6 bis 7 Thlr. Ein glatt versilbert Rappier mit einer Niederl. Klinge 3 „ 5 „ „ schwarzes Rappier mit fünfthalben Bogen und einer Niederländischen Klinge 3 fl. bis 3 „ „ gemeiner Degen mit einer Augsburger, Münchener oder Passauer Klinge und einfacher Scheide 1½ fl. Vor einen gemeinen Dolch 1 „ u. s. w. Von der grossen Bedeutung, welche die Handfeuerwaffen im 17. Jahrhundert erlangt hatten, legen die zahlreichen Namen her- vorragender Büchsenschmiede Zeugnis ab. In Deutschland sind zu nennen: Hans Klett in Ottensen 1610 bis 1618 und Sigmund Klett um 1650. Christof Drechsler , ebenfalls aus einer bekannten Büchsenmacherfamilie zu Dresden, 1550 bis 1624, zeichnete mit seinem Namen oder mit den Buch- staben CT oder CTMD oder CTDEM; Rudolf Danner , wahrschein- lich ein Nachkomme des berühmten Wolf Danner zu Nürnberg, gest. um 1625. Augustinus Kotter , genannt Sparr , ebenfalls zu Nürnberg gest. nach 1635. Caspar Recknagel gest. 1632 in Nürnberg; Hans Stockmann ca. 1590 bis 1621 in Dresden; Franz Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert. Weyer , zugleich ausgezeichneter Graveur, zu Anfang des 17. Jahr- hunderts in Nürnberg und Wien; Martin Sussebecker um 1640 in Dresden und um dieselbe Zeit Albergh Paras . Um 1650 arbeiteten Georg Fehr und Nicolaus Fichtner zu Dresden, Aegydius Gsell zu Arzberg und Hans Mentel in Prag. In Zürich war Felix Werder als Büchsenmacher thätig, von dem das älteste datierte Flintenschloss von 1652 herrührt. Um 1660 werden genannt Johann Entzinger in Baden, Caspar Escher in Leipzig und Caspar Keiser in Eger. Mathäus Matl arbeitete um 1661, Michael Grienwalt um 1664, Jan Sander in Hannover um 1669, Martin Qualek um 1670 in Wien. Dem 17. Jahrhundert gehörten ferner an P. und C. Cloeter in Mannheim, Michael Gull, Lorenz Ill in Augsburg, Franz Matzenkopf in Prag, Johann Neureiter in Salzburg, Johann Schwenk in Wiener-Neustadt und der Rohr- schmied Maximilian Wenger . Genauer datiert sind Hans Christof Stifter , der von 1660 bis nach 1685 in Prag thätig war, der Bauschmied Marcus Zilli 1670 bis 1690 in Memmingen. Von der berühmten Büchsenmacherfamilie Herold in Dresden wird Christian um 1670 und Balthasar um 1690 ge- nannt. Um 1680 lebten Joh. Georg Erttel in Dresden, der Lauf- schmied Franz Ruef in Ellwangen, Elias Schinzel in Berlin, Johann Sommer in Bamberg. Um 1690 arbeitete Johann Stein- weg zu München und der auch als Eisenschneider berühmte Armand Bongarde um 1700 in Düsseldorf. Johann Oberländer in Nürn- berg, der ebenfalls als Erfinder der Luftbüchsen genannt wird und 1640 geboren war, arbeitete bis 1714. In Italien zeichneten sich aus Lorenzo Caffi um 1620, der für Ludwig XIV. arbeitete; aus der berühmten Laufschmiedfamilie Cominazzo zu Brescia um 1620 Lazaro der Alte, der seine Rohre „Lazari Cominaz“ zeichnete, und Lazarino der jüngere, der „Lazarino Cominazzo“ zeichnete und 1696 zu Gardone starb. Zu Anfang des Jahrhunderts arbeitete der be- rühmte Büchsenmacher Battistino Paratici zu Brescia und zu Florenz; Ventura Cani wird um 1630 genannt. Eine andere be- rühmte Laufschmiedfamilie zu Brescia waren die Francini , von denen Claudio Francini zu Anfang des Jahrhunderts und der bekannteste Giovanni um 1640 thätig waren. Bartolin Francini , welcher in Florenz arbeitete und BF und einen Phönix im Schilde als Zeichen führte, war von Herkunft ein Franzose. Aus dem 17. Jahrhundert sind ferner zu nennen: Franzesco Albergotti zu Brescia, Bastiano da Pistoja, il Boia zu Brescia, 63* Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert. der eine Bärenpranke mit den Buchstaben M. B. als Zeichen führte, Antonio Bonisolo , Diomedo in Brescia, der berühmte Giovanni Gavacciolo zu Brescia, ein Schüler des Paratici , auch als Eisen- schneider bedeutend, welcher neben den Buchstaben G. A. G. einen zur Sonne aufblickenden Adler mit der Umschrift „Sole Sole gaudet“ als Marke führte. Gleichfalls Brescianer waren der Laufschmied Lazaro Lazarino , der „Zaro Zarino“ zeichnete, und der Büchsen- macher Maffeo . Die Zeichen des Laufschmieds Mutti waren Giraffe und Sterne. In hohem Ruhm stand Rafaele Verdiani , der nach Petrini ein Schüler des Antonio von Medici war. In Spanien zeichneten sich aus Juan Belén um 1680 in Madrid und Juan Belén um 1690 in Barcelona, der für Karl II. arbeitete. Weit grösser ist die Zahl berühmter Büchsenmacher in Frank- reich. Martin Mazue zu Vitre um 1612 war zugleich Arque- busier du Roy. Um 1620 waren Jean Simonin in Luneville und Claude Thomas in Epinal thätig. Decaplein , richtig Le Chapelain , war Büchsenmacher um 1624 und arbeitete für Ludwig XIV. und ebenso um 1634 Pierre Berger (Bergier) zu Grenoble. François Duclos war 1636 mit Pierre Boulle als tourneur et mensurier du Roy im Louvre etabliert. Der Büchsenmacher Antoine Jacquard zu Poitiers, 1619 bis 1650, war zugleich Kupfer- stecher, und der königliche Büchsenmacher zu Paris, François Marcou , geb. 1595, gest. nach 1660, zugleich Fachschriftsteller. Sehr bedeutend war Louis Renard , genannt Saint-Malo . Er war ein Schüler seines Vaters Pierre , wurde Arquebusier et garde du cabinet des armes du Roy und war seit 1643 im Louvre etabliert. François Lecourreur war ebenfalls anfangs im Louvre etabliert, seit 1653 im Palais Royal und starb 1658; sein Sohn Jean wurde sein Nachfolger, war seit 1658 im Palais Royal etabliert und starb 1697; de Thurenne (Thuraine) war königlicher Büchsenmacher und Fachschriftsteller um 1660 und lieferte für den Hof. Bertrand Piraube , ebenfalls zu Paris, kam 1670 in die Galerie des Louvre. Die Brüder Jacques und Jean de Goulet arbeiteten 1680 zu Vitré für den König. Jean Caillovel arbeitete um 1680 für Ludwig XIV.; aus derselben Zeit ist der Laufschmied Colombo bekannt. Um 1690 werden genannt Bourgeois zu Lizieux, der für den König arbeitete, ebenso Nicolas Colas. Jean Cordier in Paris wird als Graveur von Flintenläufen erwähnt. Haber war 1690 Büchsenmacher in Nancy und arbeitete für Ludwig XIV. Jean Berain sen. (1639—1711) war bemerkens- wert als Ornamentist in Feuerwaffen und als Schriftsteller. Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert. In Belgien zeichneten sich im 17. Jahrhundert als Büchsenmacher aus Julian Basse 1620 zu Brüssel, ferner ohne nähere Zeitangabe La Pierre in Mastricht; in Holland Cornelis Cant (Kant) in Amsterdam, Pieter van Beugen und Jean Ceule in Utrecht; in Schottland Murdoch . In Dänemark lieferte der Büchsenmacher Tommer in Kopenhagen für den Hof 1612 bis 1631, und annähernd zur selben Zeit, 1610 bis 1630, war A. Tonner daselbst thätig. Andreas Neidhard arbeitete zwischen 1636 bis 1650 und Peter Kalthoff wird um 1646 genannt, während Laasen Mathias Kalt- hoff 1652 bis 1679 thätig war. Weiter sind von dänischen Büchsen- schmieden in diesem Jahrhundert bekannt Heinrich Kapell und Hans Zimmermann , beide in Kopenhagen. In Schweden machten sich Johann Koch und Peter Starbus zu Stockholm bekannt, und in Russland zeichnete sich Martin Höder in Moskau um 1690 aus. Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert. Das Kunstgewerbe im allgemeinen und die Kunstschmiederei im besondern machten im 17. Jahrhundert keine Fortschritte, gingen vielmehr in den bis dahin tonangebenden Ländern zurück. Dies gilt besonders auch von Deutschland, wo die Verarmung durch den dreissig- jährigen Krieg am meisten hierzu beitrug. Geschmack und Formen- sinn litten sehr unter diesen Verhältnissen. Will man die Schmiede- arbeiten nach dem Stil charakterisieren, so lässt sich sagen, dass im Anfang des Jahrhunderts bis zum Ausbruch des dreissigjährigen Krieges noch die Renaissance herrschend war, während nach Be- endigung desselben der Barockstyl in Mode kam. Aus der erstgenannten Periode existieren noch viele schöne Arbeiten, so z. B. in Nürnberg die Oberlichtgitter am Rathaus von 1619 (Fig. 217 a. f. S.) Fr. S. Meyer , Die Schmiedekunst, Fig. 48. . Ferner ein Gitter aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, welches sich vor dem Speisealtar in der St. Michael-Friedhofskirche zu Chrudim befindet (Fig. 218 a. f. S.). Das Eisendrahtgeflecht tritt dabei schon auffallend in den Hintergrund; es erscheint als Hauptdekoration das gerippte Blatt, welches teils ausgeschnitten angefügt, teils mit dem Hammer aus dem Drahteisen selbst herausgearbeitet ist Dr. Karl Lind in den Mitteilungen der Centralkommission, Wien, Bd. VII, Heft 2. . Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert. Dem Anfang dieser Periode gehört auch der Lettner aus der Augustinerkirche zu Augsburg, welcher sich jetzt im bayrischen Fig. 217. Nationalmuseum befindet Derselbe ist abgebildet in G. von Hefner-Alteneck , Eisenwerke oder Ornamentik der Schmiedekunst des Mittelalters und der Renaissance. Frank- furt 1862. Taf. 27. an; ferner das schöne Gitter der Grabstätte der Familie Zillner zu Augsburg v. Hefner-Alteneck a. a. O. Tab. 50. . Während bei den obigen Mustern der Rundstab noch vorherrscht, der aufgewunden und zu flachen Verzierungen ausgeschmiedet ward, Fig. 218. herrscht bei den Schmiedegittern der Barockzeit der Vierkantstab vor, oft in verschiedenen Querschnitten nebeneinander, wie er von den Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert. Stabhämmern geliefert wurde. Die aufgenieteten Verzierungen, von Blech geschnitten und ausgeschlagen, mehren sich und bilden oft einen recht übertriebenen Aufputz. Dabei erscheint die Ausschmückung meistens nur auf einer Seite. Ein schönes Muster aus jener Zeit ist das Gitter der Kirche St. Quen in Rouen (Fig. 219). Die besten Arbeiten lieferte wohl Paris unter der prunkvollen Herrschaft Ludwigs XIV. Überhaupt sind die Fürsten fast die einzigen Auftraggeber für Kunst- schmiedearbeiten, unter denen Thore und Gitter von Schlössern und Lustgärten am häufigsten vorkommen. Fig. 219. Berühmte Kunstschmiede giebt es aber nur wenige aus dieser Periode. In Nürnberg zeichneten sich einige aus, welche an den alten Überlieferungen festhielten. Vortreffliche Arbeiten aus der Zeit Ludwigs XIV. sind das Gitterthor der gallerie d’Apollon im Louvre und zwei äusserst kunstreiche Kandelaber, welche sich jetzt in der Biblio- thek des cercle des arts et métiers befinden. Ferner wurde das Schloss zu Versailles mit prachtvollen eisernen Thoren und Gittern ausgestattet. Daviler , ein französischer Baumeister, hat in seinem berühmten Cours d’architecture ein besonderes Kapitel über die Verwendung des Eisens im Bauwesen Daviler , Cours d’Architecture, qui comprend les ordres de Vignole. Nou- velle et troisième édition. Amsterdam 1699 (deutsch von Sturm), p. 216. De veröffentlicht. Ausser der groben Verwendung Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert. für Anker, Klammern u. s. w. erwähnt er das Schlossereisen (fer de menus Ouvrages). Dabei macht er die Bemerkung, es würden jetzt vielfach Schlösser von auswärts in Dutzenden geliefert (Fabrikschlösser), die zwar viel billiger seien, aber lange nicht so solid, wie die Schlösser guter Meister. Man würde also besser bei den Meistern fahren, wenn diese nicht die üble Gewohnheit angenommen hätten, selbst diese Dutzendschlösser zu kaufen und sie mit irgend einem kleinen Aufputz als ihre eigene Arbeit zu verkaufen. Daviler spricht dann eingehend von der Verwendung des Eisens für Thore, Gitter, Geländer u. s. w. Die dabei verwendeten Eisensorten führt er in dem beigefügten Dictionnaire d’Architecture auf: Grobeisen Fig. 220. (fer quarré en gros fer) von 2 bis 3 Zoll Quadrat; Stabeisen (fer quarré bastard) 15 auf 18 Linien; Quadrateisen (fer quarré commun) 1 Zoll Quadrat; Zaineisen (fer carillon); Flacheisen (fer plat oder cornette) 3 Zoll breit, 5 bis 6 Linien dick; Halb- flacheisen (fer meplat), welches halb so dick wie breit war, Reifeisen (fer aplati ou fer à la mode), 20 bis 24 Linien breit und 3 bis 4 Linien dick; Bandeisen (fer en lame), 3 Linien dick und von verschiedener Breite; Rundeisen (fer ronde) von 9 Linien Durchmesser und endlich Blech (fer en feuilles oder tole) von 1 Linie Stärke. Daviler bildet eine Anzahl von Balkonfüllungen, Treppenpfosten, Geländern u. s. w. ab, und zwar nicht nur schmiedeiserne, sondern auch solche von Gusseisen . Fig. 220 giebt davon ein Beispiel. Der Eisen- guss hatte also auf diesem Gebiete des Kunstgewerbes sich Boden erobert. Zu dem Wort „fer fondu“ bemerkt der Verfasser, dass man den Eisenguss nicht nur für Röhren, Öfen und Kaminplatten, sondern l’usage de fer dans les bastimens. Daviler , 1653 zu Paris geboren, zeigte früh grosses Talent. In seinem zwanzigsten Jahre wurde er von dem König von Frank- reich nach Rom geschickt, um sich im Zeichnen und Malen auszubilden. Sein Schiff wurde (1674) von algerischen Korsaren gekapert, er wurde als Sklave verkauft und musste 16 Monate als Sklave arbeiten und wurde dann gegen gefangene Türken ausgetauscht (22. Febr. 1676). Er blieb darauf fünf Jahre in Rom, wo er sich der Architektur zuwandte. Er wurde kgl. Baumeister in Montpellier. Gest. 1700. Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert. auch für Balkone, Treppen, Geländer, Gitter u. s. w. anwende. Schöne Arbeiten dieser Art könne man am Schloss von Meudon sehen und in Paris unter anderm namentlich an einem Treppengeländer des Intendanten Pelletier nach dem Entwurf des Sieur Bullet . Die Kunst des Eisenschneidens war gleichfalls in Rückgang ge- kommen, namentlich infolge der Vereinfachung der Bewaffnung. Die Eisenschneider mussten sich auf das Stempelschneiden und auf kleine Luxusartikel, als Degenknäufe, Kästchen, Medaillons, Figuren u. s. w., Fig. 221. verlegen. Genannt werden Christof Ritter (bis 1676) und Hans von der Püth (bis 1650), am berühmtesten war als Stempel- und Figurenschneider Gottfried Leygebe (1630 bis 1683). Er schnitt unter anderm aus einem Stück Eisen, welches 29 Pfund gewogen, Kaiser Leopold zu Pferde und nachmals aus einem Eisenblock, über 67 Pfund schwer, König Karl II. von England, unter dem Bildnis des Ritters St. Georg einen siebenköpfigen Drachen tötend (Fig. 221), in einem Stück ganz frei herausgeschnitten, woran er zwei Jahre arbeitete. Er hat auch ein ganzes Schachspiel von Eisen sehr künst- lich gefertigt und wurde wegen seiner Kunst an den Berliner Hof berufen. Dort schnitt er eine Statuette des Kurfürsten Friedrich Wilhelm in der Gestalt des Bellerophon auf dem Pegasus reitend, welche sich in der Berliner Kunstkammer befindet. Schöne Ciselierarbeiten findet man besonders an Waffen. Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert. Die Schlosserkunst blühte in den deutschen Industriestädten, besonders in Nürnberg. Die dortigen Meister leisteten nicht nur Vor- treffliches in ihrem Fach, sondern erwarben sich auch Ruhm durch mancherlei mechanische Erfindungen. Der beiden Hautsch haben wir deshalb bereits früher Erwähnung gethan (S. 918). Berühmt war Michael Man (gest. 1630), der „ein besonderes Belieben hatte, fast beständig kleine eiserne Trühlein zu machen, die er mit künstlichen, subtilen Riegelwerken versah, sauber ätzte und vergoldete“. Einen Nachfolger fand er in Bartholomäus Hoppert (geb. 1648, gest. 1715), der auch durch seine Truhen und Kassenschränke sich auszeichnete und in ganz Europa berühmt war. Er machte grosse Reisen und hielt sich längere Zeit in Paris auf, wo er für Ludwig XIV. arbeitete. 1677 kehrte er nach Nürnberg zurück und nahm daselbst seinen ständigen Wohnsitz. Seine Geldtruhen waren Kunstwerke und hoch geschätzt; Kaiser Leopold bezahlte für eine von drei Fuss Höhe und drei Fuss Tiefe 1000 Thaler. Er verzierte dieselben mit erhabenem Laub- und Blätterwerk; überhaupt war er ein vortrefflicher Treib- arbeiter, welcher Stahlblech wie Silber trieb. Man berichtet von ihm, er habe eine besondere Kunst besessen, das Eisen zu schneiden und es so weich zu machen wie Blei. Hoppert war auch berühmt wegen Anfertigung vortrefflicher Werkzeuge. Sein Zeitgenosse Jobst Pröbes (1640 bis 1706), machte ausser verschiedenen Druck-, Präg-, Schmied- und Streckwerken einen grossen eisernen Behälter mit zwei Thüren, ganz in gleicher Art, wie man solche aus Holz fertigte, mit schönen Leisten und Zieraten aus poliertem Eisen geschnitten. Georg Beringer (1681 bis 1720) war Windenmacher. Er rüstete viele Münzen mit Presswerken und Walzen zu Plättwerken aus. Besonders berühmt waren seine grossen eisernen Schrauben, die er durch seine geschickt angeordneten Dreh- und Schneidzeuge zu stande brachte. Mit diesen konstruierte er Hebewerke mit Schrauben ohne Ende, „mit dergleichen er die schwersten Stück Eisen zur Arbeit bequem machen konnte“. Georg Memmendörfer , 1659 als Sohn eines Hammerschmieds in der Nähe von Nürnberg geboren, erwählte den Beruf seines Vaters und wurde ein berühmter Eisenarbeiter. Von ihm berichtet Doppel- meyer : „Diese seine Geschicklichkeit ersah man nachdem, da er den Stahl und das Eisen recht zu giessen, dann aber wieder wohl zu schmieden und also beides zu jeder seiner Arbeit gleich- sam zwingen kundte. Dadurch war er im stande, absonderliche Dinge aus Stahl zu fertigen, als stählerne Hohlstempel von verschiedenen Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert. Fig. 222. z. Th. considerabelen Grössen; approbierte stählerne Kürasse, mancherlei Wellen aus Stahl zum Plätten (Stahlwalzen), Münzpressen von 40 Ztr. und mehr, Lafetten und Schemel zu Stücken und Mortieren, welche zerlegt und stückweise, wohin man wollte, gebracht werden konnten. Er fertigte auch grosse Scheeren , 20 bis 30 Ztr. schwer, womit allerhand metallene Tafeln, die eines Fingers dick und sechs bis sieben Schuh lang waren, leicht zerschnitten wurden. Zu solchen grossen Stücken richtete unser Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert. erfindungsreicher Mechanikus seine Hammer- und Stosswerke so vor- teilhaft ein, dass er ein Stück Eisen von 40 bis 50 Ztr. leicht heben. schmieden, abdrehen und bohren konnte. Kurz zu sagen: er machte aus Stahl und Eisen, was man von ihm verlangte, so gross es auch sein möchte, mit aller Schicklichkeit, und erlangte dadurch vielen Ruhm.“ Memmendörfer starb im Jahre 1724. Er war der erste, der Stahl zu schmelzen und in Formen zu giessen verstand und kann deshalb wohl als der Erfinder des Stahlgusses bezeichnet werden, doch ging damals die Kunst mit ihm verloren. Fig. 223. In Frankreich blühte die Schlosserkunst unter der glänzenden Herrschaft Lud- wigs XIV. Dass aber schon vor dieser Zeit das Schlosser- gewerbe in Frankreich auf einer hohen Stufe stand, beweist das Buch über Schlosserei von Mathurin Jousse de la Flêche , von dessen Inhalt wir schon oben (S. 918) Mitteilung gemacht haben. Jousse war selbst Schlosser, der, wie er schreibt, viele Jahre hindurch mit Eifer und Fleiss seine Kunst betrieben hatte, und sein Buch be- stätigt dies; er war aber nicht minder gewandt mit der Fe- der wie mit der Feile, und diesem seltenen und glücklichen Zusammentreffen verdanken wir das vortreffliche Werk. Dass er auch in der Treib- und Schneidekunst Vor- zügliches leistete, beweisen die zahlreichen Zeichnungen von kunstvoll verzierten Schlüsseln und Schlössern, die er seinen Beschreibungen als Musterblätter beigefügt hat. Er hat Abbildungen einer grossen Anzahl von Kunstschlössern geliefert und man nimmt wohl mit Recht an, dass er auch der Erfinder des französischen Schlosses, welches eine Ver- breitung ähnlich wie das französische Flintenschloss erlangte, ge- wesen ist. Sein mechanisches Geschick und seine Erfindungsgabe er- weist er auch an der Fensterbleiwalze, dem Fahrstuhl zum Lenken Die Schlosserkunst im 17. Jahrhundert. Fig. 224. Fig. 225. und Selbstfahren, sowie der Feilenhaumaschine , die in Fig. 222 (a. S. 1003) ab- gebildet ist. Die Hauptsache jeder Feilmaschine ist der gleichmässige Hieb und die gleiche Fortbewegung. Letz- tere wird durch den Trieb E und die Zahnstange C , welche mit der zu hauenden Feile fest verbunden wird, erreicht. Der Trieb ist mit dem Zahnrad F auf der- selben Welle fest verbunden und wird, indem dieses durch den federnden Hebel S vor- geschoben wird, gedreht. Die Sperrfedern J N verhindern die Rückwärtsbewegung. Der Hieb des Hammers geschieht durch die rotierenden Dau- men oder Flügel bei T , diese drücken auf ein am Boden des Kastens befestigtes federndes Band R Q , an dessen Ende bei Q eine Schlinge angebracht ist, welche den Schwanz des Hammerstiels bei S fasst und niederzieht, dadurch wird der Hammer, der zwischen den Pfosten P Q schwebend gehalten wird, aufgehoben und fällt, sobald ein Daumen bei T auslässt, durch sein Gewicht herunter. Da aber dieser Schlag nicht stark genug sein würde, so wird derselbe durch ein zweites federndes Band X Y , welches Die Schlosserkunst im 17. Jahrhundert. Fig. 226. durch die Schlinge bei V auf den Hammer wirkt, verstärkt, sodass er mit grösserer Kraft auf den Meissel Z , welcher den Hieb auf die Feile überträgt, auffällt. Die Schlosserkunst im 17. Jahrhundert. Jousse Jousse a. a. O. Kap. III. lässt sich sehr ausführlich über die Werkzeuge des Schlossers aus. Er führt nicht weniger als 155 verschiedene Werk- zeuge, darunter 28 verschiedene Feilensorten auf. Felibiens alpha- betisches Verzeichnis der Schlosserwerkzeuge Felibien a. a. O. S. 163. ist hierauf gegründet. Ausserdem giebt er aber auf vier Tafeln Abbildungen der wichtigsten Schlossergeräte, von denen wir die gebräuchlichsten in den beifolgen- den Fig. 223, 224 u. 225 (s. S. 1004 u. 1005) wiedergeben. Daraus ist zu ersehen, dass die Handwerkzeuge zu jener Zeit von den heutigen nur wenig verschieden waren. Wir teilen ferner in Fig. 226 auch die Ansicht einer Schmiede- und Schlosserwerkstätte vom Jahre 1676 (nach Felibien ) mit. Die nachfolgenden Preise wurden im Jahre 1660 in der Pfalz bezahlt S. Mone , Zeitschrift des Oberrheins, Bd. 12, S. 314 u. f. : Ein Mallenschloss kostete — fl. 15 Kreuzer Einen Karst zu gerben — „ 50 „ Eine Haue — „ 30 „ „ neue Holzaxt — „ 30 „ Ein neues Fügeisen 2 „ — „ „ grosses, neues Lenkbeil 1 „ — „ Eine Haue zu schärfen — „ 2 „ Einen Bickel zu gerben — „ 12 „ ebensoviel einzufassen. Für jedes Pfund neugemachten Bickel — „ 10 „ Ein Gartenspaten — „ 20 „ Eine alte Haue zu schweissen — „ 6 „ Ein Gartenspaten mit einer zugeschweiften Oehr — „ 50 „ Eine Gartenscheere 1 „ 50 „ „ Stossschaufel — „ 26 „ Einen Bickel zu stählen — „ 5 „ „ Schubkarren zu beschlagen 35 bis 36 Kreuzer Von jedem Pfund Radbeschlag wurden 4 Kreuzer Arbeitslohn bezahlt. Ein neues Wagenrad zu beschlagen, samt dem Eisen 1 fl. 10 Kreuzer Eine Hundskette von jedem Glied — „ 3 „ „ Bindekette — „ 45 „ Eine Halfterkette — „ 5 Batzen „ Schaufel — „ 10 Kreuzer „ grosse Sandschippe, im Dutzend — „ 12 „ „ Fusswinde 10 „ — „ Ein eiserner Plattenofen ca. 40 „ — „ Zimmeröfen im 17. Jahrhundert. Die damaligen Eisen- und Stahlpreise waren folgende: Ein Zentner steyrischen Stahl 13 fl. 30 Kreuzer „ Pfund Weissblech 6 „ — „ „ Zentner Sturtzblech 8½ „ — „ „ Pfund Stabeisen 8 Heller „ „ „ 1621 zu Ettlingen — fl. 3 Kreuzer. Zimmeröfen im 17. Jahrhundert. Bereits im 16. Jahrhundert hatte der hohe Preis des Brenn- materials Veranlassung gegeben, holzsparende Öfen und Koch- herde zu konstruieren. Cardanus beschrieb schon einen gemauerten Sparherd mit aufliegender Ofenplatte, wie er in Nord-Italien, nament- lich in Mailand zu seiner Zeit bereits in Gebrauch war. Die Koch- platte war aber nicht aus Eisen, sondern aus Kupfer. Eingehender beschäftigte sich Franz Kessler zu Frankfurt mit dieser Frage, der seine Ideeen und Erfahrungen 1618 in einem Buche „Holzsparkunst“ zusammenfasste, in welchem verschiedene Ofenkonstruktionen be- schrieben und abgebildet sind Holzsparkunst , Das ist ein solche new, zuvor niemahln gemein noch am Tag gewesene invention etlicher vnterschiedlicher Kunstöfen, vermittels deren Gebrauch jedes Jahrs insonderheit vber hundertmahl tausend Gulden, doch vor- abbrüchlicher Notturfft können erspart werden. — Allen nachfolgenden Freyen Reichs: auch Chur vnd Fürstlichen Stätten, samt jhren Gemeindten zu sonderem Nutz vnd Gefallen, beschrieben vnd mit läuterlichen Figuren erkläret Durch Frantzen Kesslern , Conterfeytern vnd Einwohnern zu Frankfurt am Mayn. — Gedruckt zu Frankfurt am Mayn, bey Anthoni Humma, — in Verlegung Johann Theodori de Bry, Buchhändlern und Burgern in Oppenheim, Anno 1618. — Dieses Buch fand grossen Beifall und wurde sogar in das Französische übersetzt. . Der zuerst beschriebene Ofen ist ein Kachelofen mit verbesserter Konstruktion. Zunächst handelt er von „dem Ruster vnd Luftruhr“ (Rost und Rohr). Der Rost besteht aus schmiedeisernen Stäben, welche kantig, und zwar von fünfeckigem Querschnitt geschmiedet sein und etwas weiter als eines Strohhalmes Dicke voneinander liegen sollen. Das „vierte Stockwerk“ ist der eigentliche Feuerungsraum des Kunstofens, welcher als „das vor- nehmste“ bezeichnet wird, der möchte wohl, wofern man es haben könnte, von „Sturzblech oder aber gegossenem Eysen aufgerichtet werden“. Da dieses aber oft schwer zu beschaffen, auch für den ge- meinen Mann zu teuer sein würde, so liesse er sich auch aus Kacheln herstellen. An einer anderen Stelle (Kap. XV, S. 27) wird der „Ham- burger Ofen“, der noch 1614 zu Hamburg in Gebrauch gewesen sei, Zimmeröfen im 17. Jahrhundert. wegen seiner schlechten Konstruktion, wodurch er die warme Luft aus dem Zimmer führe, verworfen. Dieses war demnach wohl eine Art von offenem Kamin. Bei Kessler ’s Kunstofen wird dagegen be- reits die Verbrennungsluft durch ein besonderes Zuleitungsrohr von aussen unter den Rost geleitet. Ferner macht er Vorschläge, wie man den Kunstofen so einrichten kann, dass man darin „eynige Bürgerliche Essen kochen kann“. Kap. XIX handelt „von einem andern, kleinen, auch bishero nie dergleichen am Tag gewesenen, von lauter Stürzblech gemachten kunstöflein, welches man ganz ringfertig hin und hertragen, vnd dann in Contorn, oder auch andern bequämen Zimmer, Kammern oder Stuben, nach allem wunsch versetzen vnd auffrichten kann“. Dies Oeflein hat er „vnterschiedliche Winter insgeheim“ für sich gebraucht. Es war aus verschiedenen Ringen zusammengenietet. Der oberste Teil konnte einen Deckel haben, um etwas darauf zu wärmen. Kesslers Beobachtungen beweisen grossen Scharfsinn. Er weist auf das Verhältnis des Ofens zum Kubikinhalt des zu heizenden Raumes hin, indem er angiebt, sein Zimmer, das er so geheizt, habe 2626 Kubikfuss enthalten. Er erwähnt, dass, wenn der Ofen braun- glühend werde, dies unschädlich sei, wenn gelbglühend aber schädlich, da das Eisen verbrenne. Als Brennmaterial verwendete er Schmiede- kohlen. Den Zug regulierte er durch unten und oben angebrachte „Luftthürlein“. Zu Köln sei es Gebrauch, grosse Räume mit blecher- nen Öfen mit Steinkohlen zu heizen, die eine sehr grosse Hitze gäben. Um diese Öfen vor dem Verbrennen zu schützen, seien sie inwendig über einen Zoll dick mit „Laumen“ (Lehm) versehen und verstrichen. Diese Lehmverkleidung, welche er genau beschreibt, wurde noch durch Draht gehalten. Diese „Kölnischen Öfen“ wurden von oben gefüllt. Die Füllöffnung war durch einen Deckel, Fig. 227, Fig. 227. welcher in einem Sandkranz sass, verschlossen. Es war also ein richtiger Füllofen. Kessler preist die Kohlenersparnis und die grosse Wärmeabgabe im Vergleich mit den alten Kastenöfen, die er spöttisch „Luftschewren“ nennt. Sein Kunstöfchen kann unverstrichen benutzt werden, und zwar vorteilhafter mit Kohlen als mit Holz. „Wegen dessen aber, wann ich Winterszeiten öftermahls als ziemlich erkaltet heim kommen vnd dahero mich gleichsam und viel anmütiger als vor einem offenen Kamin, — (vor welchem man oftmahls vornen verbrütet vnd hinten aber fast erfreuwret), zu erwärmen begehre, habe ich . . . . mein Beck , Geschichte des Eisens. 64 Zimmeröfen im 17. Jahrhundert. Öflein nirgends denn nur allein in den Fugen bestrichen.“ — Der „verstölpte Sandzarge“, d. h. der Sandkranz, in den oben der Deckel eintaucht, ist ein Hauptwert der „Invention“. Einen andern Kunstofen, Windofen genannt, den er 1614 in Hamburg sah, und der gewundene Heizzüge hatte, beschreibt er genau, nennt ihn aber einen Geldfresser. Die gemauerten Herde mit Koch- platten mit Heizlöchern, entsprechen fast ganz den noch heute ge- bräuchlichen gemauerten Kochherden. Die Vieh-, Farb- und Wasch- kessel, die man darauf erhitzte, waren noch alle von gebranntem Thon. Die Frage guter holzsparender Zimmer- und Kochöfen war im 17. Jahrhundert eine allgemeine geworden. So hielt es z. B. Joh. Balthasar Schuppius , der als hessischer Beirat an den Friedens- verhandlungen zu Münster und Osnabrück teilnahm, für wichtig genug, den Landgrafen von Hessen auf einen holzsparenden eisernen Zimmer- ofen, den er kennen gelernt und der aus dem Siegenschen stammte, in einem Schreiben aufmerksam zu machen. Auch in Frankreich fanden die aus Blech oder Gusseisen gefertigten Holzsparöfen Eingang. D’Aviler, der berühmte Architekt unter Ludwig XIV., gab eine aus- führliche Anleitung der Zivilbaukunst des Vignote heraus, welche von Sturm ins Deutsche übertragen wurde. Darin findet sich (S. 370) eine Anmerkung „über des autors Diskurs von den Kaminen, wozu hier ein Diskurs von den Öfen gefügt wird“. Es wird darin ein eiserner Kastenofen beschrieben, dessen breite Seiten in dem Zimmer sich befinden, während er von der einen Schmalseite, welche an die Wand stösst, durch eine Röhre von aussen geheizt wird. Bei der Verwendung von Steinkohlen sollte das Einheizen jedenfalls von aussen geschehen. „Ich wollte den Ofen auch lieber von Eisen haben,“ heisst es, „nicht nur der Dauerhaftigkeit wegen, sondern weil sich alles daran akkurater und gehbarer machen, enger zusammenbringen und besser auszieren lässt. Wo man aber das gegossene Eisen so leicht- lich nicht haben kann, mag man Kachelöfen gebrauchen, wenn man innen herum, 2 Zoll von den Kacheln, ein eisernes Gitter setzt, damit das Holz nicht direkt wieder die Kacheln geworfen werden kann.“ Ferner beschreibt er kaminähnliche Kastenöfen mit verzierten Platten und sagt, dieselben lassen sich ebenso schön machen wie die französischen Kamine. Er legt besonderen Wert auf das Ofenrohr mit Klappe. Ferner beschreibt er tragbare Öfen für Gesindestuben, welche aus zwei Blechrohren, durch ein Trichterrohr verbunden und einem eingelegten Rost bestehen. Der Ofen hat eine Heizthüre, welche Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. acht Zoll über dem Rost liegt. Solche Öfen würden in Leipzig mit Erfolg angewendet. Er beschreibt auch Öfen, die im Keller stehen, stark geheizt werden und aus denen die Hitze durch eiserne Röhren in die oberen Räume geleitet werde (Luftheizung). Ein solcher Ofen sei im Rat- haus zu Regensburg. Becher erwähnt in seiner „Närrischen Weisheit“ der Holzspar- kunst und dass unter diesem Titel vor etlichen Jahren in Nürnberg ein Büchlein erschienen sei. Damit die Wärme besser ausgenutzt werde, habe man Öfen aus drei Röhren konstruiert; doch ersticke das Feuer in denselben leicht. Becher schlägt vor, die Feuergase in einer Spirallinie zu führen, in einem Rohr von der Höhe des Ofens und von zwei Fuss Durch- messer, so würde die superficies — d. h. die Heizfläche soviel grösser und der Effekt um so besser sein. In Frankreich erfand Dolesme 1686 einen rauchlosen und rauch- verzehrenden Ofen, den er furnus acopnos nannte und bei welchem der Rauch in den Feuerraum zurückgeleitet wurde. Zu Ende des 17. Jahrhunderts machte Leutemann in seinem Vulcanus famulans verschiedene verbesserte eiserne Öfen bekannt, um mehrere Zimmer zugleich zu erwärmen. Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. Der wichtigste Fortschritt in der Eisenindustrie jener Zeit war die Erfindung der Cementstahlfabrikation . Wir haben gesehen, dass dieselbe im Kleinen längst bekannt war. Deutlich spricht es Lazarus Erker aus, dass man weiches Eisen durch Glühen mit Kohlen in einem geschlossenen Gefäss in Stahl überführen könne. Alle geschickten Schmiede waren mit der Einsatzhärtung vertraut und wendeten sie im Bedarfsfall an. Wenn wir also von einer Erfindung der Cement- stahlfabrikation im 17. Jahrhundert sprechen, so muss der Nachdruck auf das zweite Hauptwort gelegt werden: die Erfindung bestand nur in der fabrikm ässigen Ausnutzung einer schon früher bekannten Thatsache. Die Massenproduktion und die Darstellung des Cement- stahls als Handelsartikel in besondern, dafür erbauten Öfen ist das Wesentliche des Fortschritts. Dass diese gegen Ende des 17. Jahr- 64* Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. hunderts bekannt und in Anwendung waren, geht aus folgenden Stellen hervor. Der berühmte Jesuit Athanasius Kircher schreibt 1641 in seinem Buch de Magnete lib. I, p. I, cap. 3: Stahl wird auf zwei Arten erzeugt, durch die Natur oder durch Kunst; durch die Natur aus vollkommenen Magneterzen und je besser die Erze desto besser der Stahl, indem Stahl ja nichts anderes ist als höchst reines Eisen. Durch Kunst wird Stahl aus mancherlei Erzen und auf ver- schiedene Weise erzeugt: durch Schmelzung und Reinigung . . . . Andere machen das Eisen ganz hart und verwandeln es in Stahl in der Weise: Rinderhufe oder Hirschgeweihe werden gepulvert und verkohlt. In diese Substanz wird das Eisen eingelegt und stundenlang in der stärksten Hitze geglüht, alsdann in kaltem Wasser gelöscht, so ist es Stahl. Christoph Glasers chemischer Wegweiser (S. 166) lehrt: „Man reinigt das Eisen, damit es zu Stahl werde, mit Hörnern und Klauen der Tiere, welche man klein schneidet oder zu grobem Pulver machet und vermischet es mit Kohlen von leichtem Holze, als von Weiden oder Linden, die zu Pulver gestossen werden: damit cementirt man eiserne Stangen in einem mit Fleiss dazu gebauten Ofen . Weil nun die Hörner und Klauen der Tiere viel flüchtig Salz in sich haben, also durchdringet dasselbe mit Hülfe des Feuers das Wesen des Eisens und machet es zu Stahl Lemery schrieb in seinem Cours de Chymie 1675: Le fer est un métal fort poreux, composé de sel vitriolique, de soulfre et de terre mal liez et digerez ensemble. On le reduit en acier par le moyen des cornes et des ongles d’animaux avec lesquelles on le stratifie et ensuite on le calcine; ces matières convenant beaucoup de sel volatile, qui est alcali, tuent les acides de fer, qui tenaient ses pores ouverts et le rendent plus compacte. .“ Dass hierauf aber schon viel früher in Piemont eine bedeutende Industrie mit grossem Ausfuhrhandel sich gründete, erfahren wir aus Jousse , Schlosserkunst von 1627. Er führt die verschiedenen Stahl- sorten auf, welche in Frankreich eingeführt werden, nämlich deutschen, piemontesischen und spanischen und schreibt Mathurin Jousse de la Flêche, la fidelle ouverture de l’art de serrurier etc. La Flêche 1627 p. 142, und Felibien , Princ. de l’architect. p. 194. : Von Piemont kommen zwei Sorten Stahl: ein künstlicher und ein natürlicher aus guten Erzen. Den künstlichen macht man aus schmalen Stücken weichen Eisens, die man in Holzkohlenpulver einsetzt und Lage auf Lage in einem grossen Tiegel oder einem Topf schichtet, der imstande ist, das Feuer auszuhalten. Er muss einen gutschliessenden Deckel haben, dass kein Staub entweicht. Diesen Topf setzt man in einen Ofen, Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. der nur für diesen Zweck dient. — Dieser Stahl ist gut, vorausgesetzt, dass er zweimal gereinigt, d. h. cementiert ist und dass die Holzkohle, mit der man ihn brennt, frisch und erst kurz vor dem Gebrauch bereitet ist. Seht ja zu, dass alle Kohlen gut sind, damit ihr keine Täuschung erfahrt: auch muss er zwei Tage und zwei Nächte in heftigem Feuer bleiben, je länger, je besser, vorausgesetzt, dass der Tiegel nicht undicht wird. Dieser Stahl ist gut für Erdarbeit, sowie um Hämmer und andere Werkzeuge, mit denen man mit Kraft und Heftigkeit arbeitet, zu verstählen: manchmal eignet er sich auch für Schneidwaren, wenn er gut gegärbt und gehärtet ist. Es ist eine überlieferte und in vielen Büchern mitgeteilte That- sache, dass die Cementstahlfabrikation in England durch einen deutschen Stahlarbeiter Namens Bertram aus der Mark um das Jahr 1700 eingeführt worden sei. Dieselbe scheint an und für sich nicht unglaubhaft, doch steht ihr eine Nachricht Le Play ’s ent- gegen Le Play , Sur la fabrication de l’acier en Yorkshire etc. Annales des Mines, IV. Serie, tome 3, p. 628. . Diesem teilte 1841 ein hervorragender Stahlfabrikant York- shires Namens Marshall , ein Greis von 81 Jahren, welcher die grössten Werke in Sheffield besass, das Folgende, welches er von seinem Onkel John Marshall , der fast ein Jahrhundert zuvor die ersten Stahl- werke in Yorkshire angelegt habe, erfahren hatte, mit: Danach habe man bereits anfangs des 17. Jahrhunderts begonnen, Stäbe von ge- ringen Dimensionen zu cementieren; der so erhaltene Stahl sei nur zu Artikeln geringer Qualität verwendet worden. Allmählich habe diese Fabrikation an Umfang zugenommen und gegen 1660 habe man begonnen, dicke Stäbe zu cementieren, die man in Steinkohlenfeuer heizte und ausreckte, ehe man sie in den Handel brachte. Dieses Produkt, welches ordinärer Stahl hiess, wurde in Stangen von 0,015 m Seitenlänge verkauft und war ein sehr mittelmässiges Produkt. Der mittlere Teil der Stäbe wurde für Messerklingen und Kurzwaren (quin- caillerie) benutzt, die Enden, die am meisten unganz und ungleich waren, wurden für die Zeugschmieden zurückbehalten. — Wie weit diese Angaben, namentlich inbezug auf die Zeit richtig sind, lassen wir dahingestellt; sie scheinen aber eine gewisse Bestätigung dadurch zu finden, dass Dud Dudley in seinem Metallum Martis 1665 sagt, man mache jetzt Stahl mit Hülfe von Steinkohlen, den man früher ausschliesslich mit Holzkohlen bereitet habe. Auch nahm Prinz Ruprecht von der Pfalz 1670 ein wichtiges Patent, welches die Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. Umwandlung von weichem Eisen in Stahl zum Zweck hat, auf welches wir bei der Geschichte Englands noch näher eingehen werden. Zu einiger Bedeutung gelangte die Cementstahlfabrikation aber erst im 18. Jahrhundert und wollen wir deshalb eine eingehendere Schilde- rung dieser Fabrikation verschieben, bis wir dazu kommen, die klassi- sche Arbeit Reaumur ’s über diesen Gegenstand näher zu betrachten. Zum Schlusse wollen wir noch einige Notizen über Stahl und Stahlbereitung im 17. Jahrhundert mitteilen: Dieselben befinden sich in der Naturgeschichte des Ferrandus Imperatus . Dieser schreibt Ferrandi Imperati , Hist. natural, Col. 1695. Lib. XV, 27, p. 499. Ferrandus Imperatus war nicht der wirkliche Verfasser des berühmten Buches, sondern Nicolaus Antonius Stelliola , der eben nach der Sitte der Zeit, den Namen seines Gönners gegen Zahlung von 100 Dukaten als Verfasser auf den Titel drucken liess. Das Buch ist ursprünglich italienisch geschrieben. Die päpst- liche Censur passierte es 1680, indem es am 21. Juli 1680 die Bescheinigung erhielt, dass es frei von Ketzereien sei. : Stahl wird weich, sodass er leicht schmied- und dehnbar wird, wenn man ihn weissglühend unter den Kohlen abkühlen lässt. Löscht man ihn aber schnell ab, so wird er hart und dieses umsomehr, wenn man dem Feuer Rindstalg oder eine ähnliche Substanz, um das Feuer mit Rauch zu nähren, zusetzt. So zubereitetes Eisen zerhaut das andere. Ferner Loc. cit. XV, 28. : Um Stahl zu machen, wählt man reines, festes und hartes Eisen aus; das so ausgewählte Eisen wird alsdann in einem Bad von flüssigem Eisen mehrere Stunden gesättigt, sodann herausge- zogen und in sehr kaltem Wasser abgelöscht. Durch diese Eintränkung wird es mit Saft erfüllt und die Unreinigkeiten ausgeschieden. Durch die Kälte wird es verdichtet, woher es auch kommt, dass der Stahl eine höhere Politur annimmt als das Eisen, leichtflüssiger wird und infolgedessen keine so grosse Erhitzung verträgt, als andere Eisen- arten. Nachdem der Verfasser an einer dritten Stelle Loc. cit. Lib. XVIII, Cap. XVIII, p. 580. die Darstellung des Eisens geschildert hat, beschreibt er nochmals ausführlicher den- selben Prozess, in welchem wir leicht die Berscianstahlbereitung wieder- erkennen: Aus dem Eisen macht man durch Mittel der Kunst und durch Zuschläge den Stahl, eine Substanz, viel härter, dichter und glänzender als das Eisen. Zur Darstellung des Stahls ist ein Eisen auszuwählen, welches leicht schmilzt, möglichst hart ist und sich leicht ausdehnt, Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. welche Eigenschaften alle von der Vervollkommnung der Saftigkeit des Erzes (a perfectione succulentiae venis) abhängen. Es ist er- laubt, das Erz mit anderen Steinarten, die leicht einschmelzen, dabei aber hart und zerreiblich sind, zu mischen; wenn ein Eisen alle diese Eigenschaften besitzt, so ist es mehr als ein anderes zur Härtung des Stahles geschickt. Dieses Eisen wird heiss in kleine Stücke zerhauen und mit einem leichtschmelzigen Flussstein vermischt, auf einen Schmelzherd, welcher aus zerriebenem und vermischtem Kohlenpulver und Lehm hergestellt ist, eingetragen. Die Bälge müssen so auf- gestellt sein, dass ihre Öffnungen oder Düsen einigermassen nach ab- wärts geneigt sind, so dass sie ungefähr in die Mitte des Herdes blasen. Nachdem hierauf der Herd mit den besten Kohlen gefüllt worden ist und ringsum Steinbrocken, welche die Kohlen und das Eisen zusammenhalten, aufgesetzt sind, werden die Kohlen entzündet und in den glühenden Herd hineingeblasen. Ein Arbeiter trägt nach und nach soviel von dem Roheisen (vena ferri) und den Kohlen ein, als erforderlich ist. In das geschmolzene Bad taucht er hierauf vier Eisenluppen, von denen jede 30 Pfund wiegt und lässt dieselben unter kräftiger Hitze fünf bis sechs Stunden darin, indem man das flüssige Eisen mit einer Rute aufrührt, so dass die erwähnten Masseln nach und nach die feinsten Teilchen des flüssigen Eisens aufsaugen. Durch die Feuchtigkeit des geschmolzenen Eisens wird der feste Teil der Luppen ausgedehnt und die Luppen, in welche die Feuchtigkeit eingedrungen ist, beginnen zu erweichen. Nun wird eine Probe aus- geschmiedet, abgelöscht und zerbrochen. Ist sie gut, so wird die ganze Luppe herausgenommen, zerhauen, ausgeheizt, geschmiedet und die Stäbe in das Wasser geworfen, wodurch sie zu festem Stahl werden. Becher macht einige Angaben über den Stahlfrischherd. Dar- nach hätte derselbe einen Steinboden gehabt, wäre 2 Fuss und 4 Zoll auf 2 Fuss und 2 Zoll gewesen. Die Form hätte 6 Zoll über dem Boden gelegen, die ganze Höhe des Herdes sei 1 Fuss 6 Zoll gewesen. Die Blaseform war nach dem Boden gerichtet, sodass sie denselben ein Drittel von der gegenüberliegenden Seite traf. Der Unterschied im Einsetzen bestand darin, dass man das Roheisen über, das Roh- stahleisen unter dem Wind schmolz. Wie vortrefflich man sich zu jener Zeit schon auf die Behand- lung des Stahls, auf seine Härtung, das Ablöschen und Anlassen ver- stand, geht aus den nachfolgenden Mitteilungen von Mathurin Jousse hervor: Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. Die Härtung des Stahls (la trempe) M. Jousse de la Flêche a. a. O. 144 und Felibien a. a. O. S. 148 ( Felibien war Secretaire de l’academie des Sciences et Historiographe des Bastimens du Roy). . „Es genügt nicht, den Stahl zu kennen und richtig auszuwählen, man muss auch verstehen, ihn je nach seiner Natur und dem Zwecke seiner Verwendung zu härten . ( Felibien. — Jousse nennt dies le couronnement de l’oeuvre.) Um den geringen Stahl (le petit acier) Limousin, Clamesy Nähere Angaben über diese Stahlsorten folgen in dem Kapitel über Frank- reich. und den künstlichen, nachdem man das Stück geschmiedet, verstählt und fertig gemacht hat, zu härten, erhitzt man es etwas über Kirsch- rotglut und löscht (trempe) es alsdann in Quell- oder Brunnenwasser (eau de puits), je kälter je besser. Einige werfen Glas in die Esse, ehe sie den Stahl erhitzen; dieses soll schmelzen und den Stahl einhüllen, den sie alsdann sehr heiss ablöschen. Viele aber glauben, dass dies gar keinen Zweck habe. Andere nehmen gewöhnliches Salz, zerstossen es und werfen es auf den Stahl, sobald er heiss ist und nahe der Löschung. Dieses soll den Stahl härter machen und dass er nicht so leicht springt. Nachdem man den Stahl erhitzt und das Salz darauf geworfen hat, taucht man ihn sofort in kaltes Wasser und lässt ihn darin, bis er kalt ist; hierauf lässt man ihn etwas an (recuit), d. h. nachdem man das Werkzeug abgelöscht hat, legt man es auf ein heisses Stück Eisen, bis die weisse Farbe, welche durch das Löschen entstanden ist, sich zu verlieren beginnt und in die Goldfarbe übergeht; dann bringt man es rasch noch einmal in das Wasser zurück, ohne abzuwarten, bis es blau wird, weil es sonst seine Kraft verlieren würde, wenigstens wenn es kein Rosenstahl (acier à la rose) ist, denn dieser ist stärker und hält sich besser. Um den von Piemont , wenn man ihn zu Schneidewaren, um Brot, Fleisch, Holz und ähnliches zu schneiden, gebraucht, zu härten, löscht man ihn bei Kirschrothitze und wenn man ihn dann anlässt, ist es gut, mit der Schneide oder Schärfe über ein trocknes Holz zu fahren, um zu sehen, ob die Späne oder der Staub sogleich auf dem- selben anbrennten. Aber man muss bedenken, dass alter Stahl spröde (cassant) wird, wenn man ihn zu heiss löscht und dass er sich dann Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. nicht mehr erweicht, obgleich einige anderer Ansicht sind. Hat man ihn zu heiss gelöscht und er erweist sich als nicht gut, so wird nie mehr etwas aus ihm, hat man ihn aber zu kalt gelöscht und er erweist sich nicht gut, so kann man ihn ein zweitesmal besser machen. Manche sind der Meinung, dass, um Federn aus deutschem Stahl zu härten, das beste und natürlichste Wasser, der Tau im Monat Mai, den man am Morgen bei Sonnenaufgang an höhergelegenen Plätzen vom Korn oder anderen Gräsern sammelt, ist; denn er ist weniger erdig, feiner und wirksamer, indem alle Planeten zu dieser Zeit die grösste Kraft besitzen; und dass er noch wirkungsvoller ist, wenn zur Zeit, wo man ihn sammelt, der Wind vom Norden weht, indem die Kälte dieses Windes ihn durchdringender macht, so dass der Stahl, den man darin löscht, fester wird und besser seine Wir- kung thut. Von diesem Wasser nimmt man das sechs-, sieben-, acht- oder neunfache von dem Gewicht des Stahls. Man thut es in das Gefäss, in welchem man den Stahl, den man langsam bis zur Kirschröte er- hitzt hat, ablöscht, und man taucht ihn dabei so tief ein, dass, bis er kalt geworden ist, weder Wind noch Luft hinzutreten können. Alsdann putzt und reinigt man ihn mit Sand oder Lösche, so dass er weiss wird und alle Schuppen davon entfernt werden. Sobald die Feder so gehärtet und gereinigt ist, bringt man sie auf das Feuer und lässt sie vorsichtig an, bis gelbe, rothe, violette, wasserblaue und schwarz- graue Anlauffarben erscheinen. Sobald diese Farbe sich zeigt, nimmt man das Feuer oben weg und fährt mit einem Holz darüber, wie ich es bei dem Stahl von Piemont erwähnt habe. Wenn dieses Holz oder Späne anbrennen, so nimmt man ein frisches Hammels-, Ziegen- oder Ochsenhorn und streicht damit über die Feder hin; oder auch wohl Öl, Inschlitt oder anderes Fett und bringt es dann wieder ein wenig auf das Feuer. Wenn man Öl oder Fett nimmt, so lässt man dies flammen und brennt es auf der Feder ab und sieht zu, ob das Holz, mit dem man es reibt, anbrennt; wenn dies erreicht ist, so hat man nichts weiter zu thun, als die Feder kalt werden zu lassen. Man kann wohl auch die Federn in dem Wasser der Schmiede oder eines Flusses oder auch in Quell- und Brunnenwasser ablöschen. Wenn man es aber in Quell- oder Brunnenwasser, welches zu kalt wäre, ab- löscht, so muss man dieses erst in ein Gefäss thun, worin man es mit einem Stock oder mit der Hand schlagen kann, um es weich zu machen; denn wenn man dies nicht thut, so springen die Federn Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. leicht, wenn man sie biegt, ja manchmal, wenn der Stahl roh ist, schon bei dem Ablöschen. Um den Stahl von Carme oder den Rosenstahl (acier à la rose) zu härten, taucht man ihn, nachdem er über Holzkohlenfeuer zur Kirschröte erhitzt ist, in Quell- oder Brunnenwasser, und zwar am besten in das allerkälteste und stärkste. Ist es ein Meissel oder sonst ein kleiner Gegenstand, so ist der Stahl geneigt zu reissen und im Wasser zu zerspringen. Um dies zu vermeiden, muss man ihn mit dem dicken Ende, wo es am wenigsten heiss ist, in das Wasser einführen und ihn bis zum Boden des Gefässes eintauchen; oder auch wohl Talg oder geschmolzenes Fett auf das Wasser giessen, damit man den heissen Gegenstand, den man härten will, durch diese Fettschicht hindurch- führt, indem man dadurch verhindert, dass das Werkzeug zer- springt. Nach dem Ablöschen muss man es anlassen und reinigen, wie zuvor erwähnt, um den Grad der Härtung besser erkennen zu können. Wenn der Stahl, den man härtet, für Werkzeuge zur Eisen- bearbeitung, als für Grabstichel, Meissel und dergleichen bestimmt ist, so lässt man ihn auf gelb, etwas ins Rote spielend, an, und lässt ihn dann erkalten. Wenn aber die Werkzeuge springen oder reissen wollen, so legt man sie nochmals auf das Feuer oder auf einen heissen Eisenklotz, wodurch sie noch weiter anlaufen, bis man daran, dass sie etwas ins Violette spielen, erkennt, dass sie sind, wie man sie haben will. Auf diese Weise kann man sie härter oder weicher machen, vorausgesetzt dass der Stahl gut ist. Der Stahl von Carme und von Ungarn ist auch sehr gut, um daraus Sensen und derartige Werkzeuge zu machen. Wenn diese Sensen geschmiedet und fertig gemacht sind, so härtet man sie in einem kleinen Trog oder einem Gefäss von der Länge der Sensen und so tief, dass sie ganz bedeckt sind. Man füllt dasselbe mit Rinds- talg oder anderem Fett, welchem man etwas Sublimat, Arsenik, Drachenblut, Vitriol, Grünspan, Antimon und natürlichen Alaun zusetzt: ich glaube aber, dass mit diesem Zusatz zu dem Fett gar nichts ge- nützt wird. Man härtet sie bei Kirschrothitze und lässt sie dann bis violett oder grau, je nach der Güte des Stahls, anlaufen. Einige härten ihre Sensen in Tau, wie bereits erwähnt, indem sie diesem Raute und andere kräftige Droguen und Kräuter zusetzen, die zu gar nichts nützen. Das Wasser ist für sich imstande, die Ge- räte gut zu machen, wenn nur der Stahl und das Anlassen gut sind, Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. wobei man wie bei den Federn verfährt und keine andern Hülfsmittel nötig hat. Der Spanische in dicken Stangen wird wie der Soret, Clamesy und Limousin gehärtet. Wenn es grobe Stücke sind, wie Ambosse, Hörner, Hämmer und dergleichen, so lässt man sie gar nicht an- laufen, sondern man härtet sie einfach in möglichst kaltem, starkem Wasser. Den andern spanischen Stahl, in Form von runden Kuchen, härtet man wie den Stahl von Carme ; der Rosenstahl verhält sich ebenso. Die beste und sicherste Art, um Feilen und andere eiserne Werkzeuge, die aus Eisen gemacht sind, zu härten, geschieht mit möglichst dichtem und trocknem Ofenruss. Man zerreibt ihn zu Pulver und siebt ihn, alsdann setzt man ihn mit Urin und Essig, dem man etwas Salz oder Salzlake zufügt, an; und zwar nimmt man soviel Urin und Essig, dass das Ganze wie Senf wird und zerreibt und mischt alles auf das sorgfältigste. Nachdem man den Russ so angesetzt hat, reibt man die Feilen mit Essig und Salz, um das Fett davon zu entfernen. Nachdem sie gut entfettet sind, bedeckt man sie mit dem angemachten Russ; und indem man aus mehreren Feilen ein Packet macht, in dessen Mitte ein eisernes Rohr, in welchem ein Eisenstab, den man den Probierstab (esprouvette) nennt, steckt, sich befindet, bedeckt man das ganze Packet mit frischem Lehm. Man erhitzt es mit Holzkohlen in einem Windofen aus Ziegel oder dergleichen, bis die Feilen zur Kirschrot- glut oder etwas höher erwärmt sind, was man durch den Probierstab, den man vorsichtig herauszieht, erkennt. Neue Feilen aus Eisen kann man noch stärker erhitzen und heisser härten, als alte, welche zum zweiten oder drittenmal auf- gehauen sind oder als solche von Stahl. Sobald man sieht, dass sie heiss genug sind, wirft man den ganzen Pack in ein Gefäss mit kaltem Quell- oder Brunnenwasser, je kälter, je besser. Wenn die Feilen sich bei der Härtung biegen oder werfen, so kann man sie im Wasser, ehe sie noch ganz kalt geworden sind, gerade biegen (les plyant doucement dans l’eau). Denn wenn man wartet, bis sie ganz trocken sind, so würde man sie durch das Strecken zerbrechen. Nachdem sie kalt geworden sind, reinigt man sie mit Holzkohle oder Leinwand, um Fett oder Talg, die in den Ver- tiefungen stecken, zu entfernen. Dann trocknet man sie vor dem Feuer und packt sie mit Weizenkleie, um sie vor Rost zu schützen Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. in eine Kiste. Sind die Feilen zart, so muss man sie dagegen in Öl- papier packen, damit der Staub, der in der Kleie ist, nicht eindringt. Will man kleine Feilen, Bohrer, Zieheisen und ähnliche Gegen- stände härten, die nicht so starr und hart sein müssen, wie die vor- herigen, so nimmt man altes Schuhleder, wäscht es gut, um den Schmutz zu entfernen, brennt und zerstösst es rasch, ehe es in Asche zerfällt. Nachdem man das so erhaltene Pulver gesiebt hat, fügt man etwas Russ zu und macht das Ganze mit Urin oder Essig oder beidem an. Die Feilen oder die anderen Gegenstände formt man alsdann in ein Packet derart, dass sie von der Luft abgeschlossen sind; man erhitzt und löscht sie dann in kaltem Wasser ab wie oben und wenn die Feilen sich werfen oder verziehen, so streckt man sie, wie oben angegeben. Es ist bemerkenswert, dass, wenn man sie vor dem Ablöschen kalt klopft, sie sich nachher noch besser wieder strecken lassen, be- sonders die Schneidfeilen. In den beiden letzten Fällen hat der Verfasser nicht eine ein- fache Härtung durch Ablöschen und Anlassen, sondern eine Härtung durch Cementation beschrieben, und gehört das beschriebene Ver- fahren der Härtung eiserner Feilen wohl zu der ältesten Anwendung der Cementation. Jousse beschreibt auch das Verfahren, Stahl in Farben an- laufen zu lassen und dann mit Zeichnungen zu schmücken. Um dem Stahl die gewünschte Farbe zu geben, verfährt man so: Zunächst feilt und glättet man das Eisen oder den Stahl mit zarten Feilen oder poliert ihn mit einem Polierstahl oder mit Smirgelpulver, das mit Olivenöl zerrieben ist: hierauf mit Zinnasche, wie ich es gleich beschreiben werde. Je schöner die Politur, je besser, und man muss ja acht geben, kein schlackiges Eisen (fer cendreux) zu nehmen, je härter es ist, je besser poliert es sich, wie auch das, welches schon gehärtet war und wieder aufpoliert wird, denn dieses giebt die schönsten Farben. Ist das Stück poliert, so nimmt man heisse Asche, die zuvor ein Sieb passiert hat, legt den Gegenstand hinein und lässt ihn sich erhitzen, bis er die Farbe angenommen hat, die man wünscht. Zuerst wird die goldgelbe Farbe erscheinen, dann Rot, Violett, Blau und zuletzt wasserfarbig (Grau). Sobald die gewünschte Farbe er- scheint, nimmt man rasch den Gegenstand mit kleinen Zangen heraus. Hat man keine Holzkohlenasche, so erhitzt man ein dickes Stück Eisen und legt die polierten Gegenstände darauf, die alsbald die Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. Farben, wie oben erwähnt, zeigen. Sobald die gewünschte erscheint, nimmt man den Gegenstand weg und lässt ihn auf einem Stück kaltem Eisen oder einem Stein erkalten, wobei man acht giebt, dass man ihn heiss nicht mit Sand oder Holz berührt, weil man die Farbe dadurch verdirbt. Um weisses Blattwerk oder Schriftzeichen auf das farbige Eisen aufzutragen, verfährt man so: Man nimmt den blauen, violetten oder sonst wie gefärbten Gegenstand und einen aus Blei- glätte und gelbem Wachs gemischten Firniss, macht das Eisen warm, bringt etwas von dem Firniss darauf und lässt es danach wieder er- kalten. Hierauf zeichnet man auf den Firniss und das Eisen, was man will; ist die Zeichnung fertig, wie bei dem Ätzen mit Scheide- wasser, so erhitzt man starken Essig in einer Schale und sobald er kocht, taucht man den Gegenstand hinein, wischt mit einem weissen Leinwandlappen sanft darüber hin, so dass man den Firniss nicht abwischt: alsbald nimmt der Essig die Farbe weg, und die Zeichnung erscheint, was man sehen kann, wenn man ihn mit Zängchen heraus- nimmt. Sobald man sieht, dass die Zeichnung hell heraustritt, so wirft man das Eisen in klares Wasser, erhitzt es dann ein wenig und wischt dann vorsichtig den Firniss ab. Die Zeichnung erscheint dann weiss, das übrige violett oder sonst wie gefärbt. Auf diese Weise kann man angelaufenen Stahl weiss machen, ohne ihn zu feilen. Jousse teilt noch ein anderes Rezept mit, nach welchem man die weisse Farbe durch ein Zinnamalgam herstellt. Ebenso beschreibt er genau die Anfertigung der Zinnasche zum Polieren von Eisen und Stahlgeräten. Die Einsatzhärtung, d. h. die Umwandlung von Stabeisen in Stahl durch Glühen des Stabeisens in Kohle oder kohlenstoffreichen Substanzen, wozu Hornspäne, Tierklauen, Leder u. s. w. besonders benutzt wurden, war eine altbekannte Sache und wurde in der Regel von jedem Schmied nach Bedarf vorgenommen. Im 17. Jahr- hundert fing man aber an, Brennstahl oder Cementstahl in den Handel zu bringen. Der Stahl, welcher in Frankreich als Stahl von Piemont verkauft wurde, war nach den Angaben von Jousse eine solche Sorte. Auch im Lütticher Land wurde Brennstahl für den Handel bereitet, wie aus folgender Urkunde, von 1613, welche sich im Archiv des Fürstentums Lüttich befindet, hervorgeht. „… Aus- schliesslich dem genannten Pier de Coudraye, Waffenschmied, ausser der ihm zugestandenen Erlaubnis und dem Jean Van Beuhle um Eisen in Stahl zu verwandeln, den letzten 19. Januar. — Die Zünfte im 17. Jahrhundert. Ferdinand Allen die dies sehn oder lesen werden Gruss. — Empfangen haben wir dies ehrerbietige Bittgesuch des Jean Van Beuhle , Bürgers in unsrer Stadt Maestricht, mit dem Inhalt, dass er am letzten 19. Janner nachgesucht habe, dem Pier de Coudraye , Waffenschmied und dem genannten Jean Van Beuhle das Recht Eisen in Stahl zu verwandlen und diesen zu verkaufen und zu verführem in unserm Lütticher Land zu gestatten und dass der genannte Pier de Coudraye ihm überlassen, gestattet und ein- geräumt habe sich deshalb mit anderen zu verbinden etc.“ Die Zünfte im 17. Jahrhundert . Die gewerbliche Gesetzgebung in Deutschland im 17. Jahrhundert kann nur als eine Fortsetzung derjenigen des vorigen Jahrhunderts bezeichnet werden. Sie war durchaus partikularistisch und suchte durch Strafandrohung die Ausbreitung der Industrie in andere Länder zu verhindern. Entsprechend der Entwickelung der Eisenindustrie, wonach sich einzelne Zweige derselben zu selbständigen Betrieben entwickelten, wie z. B. die Drahtfabrikation in der Mark und die Blechfabrikation in Sachsen, spezialisierte sich auch die Gesetzgebung und schuf besondere Ordnungen für diese Betriebe, wie die Altonaer Drahtordnung und die chursächsischen Blechhammerordnungen. Ein Hauptgesichtspunkt bei der Hüttenmännischen Gesetzgebung war die Einschränkung des Holzverbrauches zur Schonung der Waldungen. Der handwerksmässige Betrieb war noch die Grundlage der Gewerb- thätigkeit und ging nur langsam in den Fabrikbetrieb über, wie bei den obengenannten Gewerben, bei der Messer- und Nadelfabrikation u. s. w. Das Zunftwesen entwickelte sich noch strenger, aber mehr der Form als dem Geiste nach. Namentlich suchten nach dem 30jährigen Kriege die Zunftgenossen sich ein Monopol für ihren Gewerbsbetrieb zu sichern zum Nachteil des Handwerks und zum noch grösseren Nachteil des Publikums. Unzählig waren die Grenzstreitigkeiten zwischen den nahverwandten Zünften, so ganz besonders zwischen den Schmieden und den Schlossern, und fast in jeder Stadt musste durch Ratsbeschlüsse festgestellt werden, was jedes von den beiden Hand- werken zu fertigen habe. Wo Schmiede und Schlosser in einer Zunft Die Zünfte im 17. Jahrhundert. vereinigt waren, ging es schon besser. Jede Zunft hatte ihre Ord- nung So z. B. die Bruderschaftsordnung der Schmiede- und Schlossergesellen zu Jena vom Jahre 1678 abgedruckt in H. A. Berlepsch, Chronik der Feuerarbeiter, S. 162. , in welcher die Tage der Versammlungen und deren Kom- petenzen bestimmt waren. Ferner waren darin die Strafen, die Bei- träge zur Bruderlade, die „guten Montage“, die Kündigung und Verab- schiedung, die Pflichten wandernder Gesellen, das Geschenk, geordnet und festgesetzt. Man unterschied gesperrte, freie, ungesperrte und geschenkte Handwerke Vergl. des geöffneten Ritterplatzes IV. Teil 1705, S. 223 und Chr. Weigel , Abbildung der gemeinnützlichen Hauptstände. Regensburg 1698. . Ein gesperrtes Handwerk hatte nur in bestimmten Städten oder Bezirken seinen Sitz, die Gesellen des- selben durften nur an den gesperrten Plätzen wandern; keine aus- wärtigen Gesellen wurden angenommen. Ein freies Handwerk durfte dagegen ein jeder treiben, der die Kunst verstand. Die unge- sperrten und geschenkten Handwerke waren diejenigen, welche allgemein verbreitet waren, an allen grösseren Plätzen bestanden und zu Zünften vereinigt waren, deren Gesellen überall wandern durften und heute hier, morgen da arbeiteten. Bei diesen mussten die Ge- sellen nach vollbrachten Lehrjahren die Wanderschaft antreten, um sich anderswo zu versuchen und zu lernen; diese erhielten aber auch, wo sie hinkamen, gewisse freie Zehrung und Geschenke. Unter die gesperrten Handwerke zählte man die Drahtzieher, welche unter anderen Stücken ihres Meisterstücks ein Pfund Messing- und ein Pfund Eisenzitterdraht, so fein als ein Haar gezogen, machen mussten. Zu den freien Handwerken gehörten dagegen die Panzer- macher und Bogener. Unter die ungesperrten, freien und geschenkten Handwerker wurden gerechnet: die Plattner oder Harnischmacher, Schleifer und Polierer, die Schwertfeger, welche gemeiniglich mit den Messer- schmieden einerlei Amt hielten und die Büchsenmacher; sodann die Näh- und Stecknadelmacher , „welche durch ganz Deutschland und vielen angrenzenden Königreichen und Ländern mit einem davon reisenden Gesellen sehr nutzbaren Geschenk versehen waren.“ In der Kaiserlichen freien Reichsstadt Nürnberg ist von undenklichen Jahren her ihre Ober-Hauptlade gewesen und hielten sich zu selbiger alle diejenigen Meister, so in benachbarten kleinen Orten wohnten, wo keine Laden eingerichtet waren. In Breslau aber, in der schlesi- schen Hauptstadt, hatten sie die Ober-Zechlade, zu welcher sich alle Die Zünfte im 17. Jahrhundert. Meister und Gesellen in ganz Schlesien hielten. — Die „ Rinken- und Kettenschmiede “ waren ein geschenktes Handwerk an den zunftmässigen Orten, davon sie aber nur wenige hatten, als Prag, Wien, Pressburg u. s. w. Sie machten vielerlei Arten von Ketten, als Mess-, Sperr-, Wag-, Brunnen-, Zaum- und Halfter-, Brust-, Deichsel- und Kuhketten. Ausserdem machten sie Ringe und Schnallen, desgleichen doppelte und einfache Pferdegebisse. Alle diese Arbeiten schmiedeten sie aus ganzem Eisen und schweissten es im Feuer zu- sammen und blieben die Sachen rauh oder wurden geschwärzt. Sollten sie aber verzinnt werden, wie namentlich die Pferdegebisse, so ge- schah dies durch die „Zinner“. Dasselbe gilt von den Sporern. Die Zainer , welche das grobe Eisen und Stahl den darin ar- beitenden Handwerkern zum Gebrauch zurecht machten, waren nur in Steiermark, München und Nürnberg zu Zünften vereinigt. Die Ankerschmiede bildeten in den grossen See- und Hafen- städten ein besonderes Gewerk. An anderen Plätzen, wo sie nur vereinzelt waren, schlossen sie sich den Grob-, Hut- und Waffen- schmieden an. Die grossen Schiffsanker waren die schwersten Schmiedestücke, welche in alter Zeit gewerbsmässig hergestellt wurden. Die Ankerrute, die Arme und die Schaufeln oder Flunken wurden für sich aus vielen einzelnen Stäben zusammengeschweisst und ausgeschmiedet. Diese einzelnen Teile wurden dann wieder an- einander geschweisst. Alle diese Arbeiten wurden mit Handhämmern ausgeführt, wobei die schweren Stücke mit Hebekrahnen vom Feuer zum Ambos bewegt wurden. Fig. 228 stellt eine Ankerschmiede nach Weigels Hauptständen dar. Man sieht im Vordergrund ein aus vielen Stäben zusammengebundenes Packet für eine Ankerrute am Boden liegen, darauf ruhen fertig geschmiedete Ankerteile. Das Hauptbild in der Mitte stellt die Schweissung eines Ankerarms an die Rute dar. Während vier Ankerschmiede gleichzeitig ihre schweren Hämmer schwingen und kräftige Hiebe auf die Schweissnaht fallen lassen, steht ein fünfter zur Ablösung schlagbereit an der rechten Seite. Die Drehung des Ankers besorgt ein sechster, der am Hinter- teil den Anker mittels eines durch den Ring gesteckten Holzes wendet. Der schwere Anker hängt mit eisernen Ketten an einem Drehkrahnen. Rechts im Hintergrund sprüht die grosse Esse. Die Windenmacher waren zwar ein freies, aber „mit wohl abgefasster Ordnung versehenes“ Handwerk, und hielten es gemeinig- lich mit den Schlossern und kleinen Schmieden. Sie und ihre Ge- sellen durften im ganzen Reich wandern. Die Zünfte im 17. Jahrhundert. Die Feilenhauer konnten gleichfalls „mit merklicher Be- förderung ihrer Wohlfahrt“ durch ganz Deutschland reisen und ihr Glück versuchen. Ihr Meisterstück bestand namentlich zu Nürnberg und Zwickau aus drei Stücken: 1. einer grossen, viereckigen, 24 bis 26 Pfd. schweren Feile, so nachmal zu einer Raspel für die Draht- zieher gemacht wurde; 2. aus einer 5 Zoll breiten Schleiffeile, deren sich die Goldschmiede bedienen, und 3. aus einer groben, krummen Raspel mit gekröpfter Angel, wie solche vordem die Sattler zu ge- Fig. 228. brauchen pflegten. „Sehr verwunderlich ist es“, fügt der Autor ( Weigel ) hinzu, „dass die Meister dieses Handwerks den Stahl, welchen sie verarbeiten, also zu härten und zuzurichten wissen, dass er alle Metalle, ja selbst den härtesten Stahl, wovon doch auch die Feilen gemacht werden, angreift, da doch solche Härtung nur allein aus Salz und Klauen besteht, so auf die glühenden Feilen ge- streut, die Feilen nochmals geglüht und in kaltem Wasser abgelöscht werden.“ Folgende Feilensorten waren damals in Gebrauch: „Die Gold- schmiede gebrauchten die groben, halb-linden und linden Feilen; die Uhrmacher die Schnaupen- und Räderfeilen; die Bildhauer und Schreiner Holzraspeln und Sägefeilen und Spitzfeilen zur Schärfung Beck , Geschichte des Eisens. 65 Die Zünfte im 17. Jahrhundert. der Hobeleisen und aufgeworfene Raspeln für runderhabene Arbeit. Die Schlosser, Zirkelschmiede, Windenmacher, überhaupt die Metall- arbeiter bedienten sich der Arm-, Stiel-, Hand- und Bogenfeilen; die Büchsenmacher der Schlicht- und Vorfeilen, die Drahtzieher der groben und die Hufschmiede der Hornraspeln; die Messerschmiede der Horn-, Bart- und Abrichtfeilen, die Stecknadel- und Häftlein- macher haben ganz besondere Feilen, die wie ein Ring formiert, und aussen her in der Runde herum wie eine Feile gehauen sind, auf welchen sie die Spitzen an ihren Stecknadeln zu walzen und zu machen pflegen u. s. w. Der Form nach kann man alle in sechsterlei Gattungen bringen, in runde, halbrunde, flache, dreieckige, viereckige und Messerfeilen.“ Jousse führt nicht weniger als 22 verschiedene Feilensorten auf, welcher sich die Schlosser bedienten, von jeder Sorte sollte eine wohlausgerüstete Werkstätte 5 bis 6 Stück besitzen Jousse , l’art des serrurier s. p. 4. . Die Messerschmiede waren eins der „fürnehmsten“ der ge- schenkten Handwerke, die mit reichlichem Geschenk durch die ganze Welt reisen durften. Es rühmte sich besonderer Freiheiten, denn es hatte nicht nur vier mit besonderen Privilegien ausgerüstete Bruder- schaften, welchen richterliche Befugnisse beigelegt waren, zu Wien, München, Heidelberg und Basel, sondern sie führten auch ein Wappen (s. I. 859). An die Messerschmiede schlossen sich die Ahlen- schmiede , die ein geschenktes Handwerk hatten, aber nur in Steiermark und Schmalkalden Bruderschaften bildeten. Die Schleifer waren in zwei geschenkte Handwerke, die Schwert- und die Rauhschleifer getrennt. Die Rauhschleifer sassen bei der Arbeit über dem Stein, so dass dieser gegen sie lief, die Schwertschleifer vor dem Stein, der von ihnen weglief. „Das Geschenk der Rauhschleifer hatte die Lade zu Nürnberg und er- streckte sich in das Württembergische, wie auch Churfürstl. Sächsi- sche, Brandenburg und die Preussischen Lande, ja sogar nach Lief- land und Schweden. Das Geschenk der Schwertschleifer dagegen wurde fürnehmlich in der Churfürstl. bayrischen Residenzstadt München, wie auch in Augsburg und Steiermark gehalten, woselbst sie ihre Lade zu haben pflegten.“ Das Meisterstück der Huf- und Waffenschmiede , „deren Handwerk zwar mit keinem Geschenk, aber doch mit guten löblichen Gesetzen und Ordnungen versehen war“, bestand (nach Weigel ) Die Zünfte im 17. Jahrhundert. darin, vier Hufeisen zu einem Pferd, so ihnen etlichemale vorgeritten wurde, nur allein nach Beschauung der Hufe, ohne dieselben zu be- rühren, dem blossen Augenschein nach zu verfertigen und so dann aufzuschlagen, wobei nicht der geringste Fehler unterlaufen durfte. Da sie auch Waffenschmiede hiessen, pflegten sie noch ein Beil oder einen Spiess zu schmieden. Die Flaschner und Spengler , sowie die Sporer, Ring- und Kettenschmiede hatten auch ein geschenktes Handwerk, sonder- lich zu Prag, Wien und Pressburg. Die Nagelschmiede desgleichen, welche in grobe und kleine Nagelschmiede abgeteilt wurden Über das Lehrlingswesen, Meisterrecht u. s. w. vergleiche Ritterplatz IV, S. 235 u. f. . Sie durften in und ausser dem Reiche reisen Weigel a. a. O., S. 388. . Die Schlosser , welche gleichfalls ein geschenktes Handwerk waren, hatten folgende Zunftregeln Siehe Berlepsch a. a. O., S. 161. : Die Lehr- und Wanderzeit war unbedingt je drei Jahre. Kein Geselle oder Junge durfte ohne Wissen und Bewilligung des Meisters einem Knecht, einer Magd oder einer andern Person, wer sie auch sei, fremd oder einheimisch, einen Schlüssel, der in Wachs, Lehm oder Blei abgedruckt war, nachmachen, noch viel weniger aber einen Hakenschlüssel, Dietrich oder andere Instrumente, womit man Schlösser heimlich öffnen kann, machen — bei hoher Geld- oder Leibesstrafe, auch nach befindenden Umständen Niederlegung des Handwerkes. Als Meisterstück hatten sie zu fertigen: 1. ein gutes französisches Schloss mit zwei oder drei Touren, 2. ein Vexierschloss, wobei die Angabe der inneren Einrichtung den Obermeistern überlassen blieb, 3. ein Thürbeschlag mit Cremonen und Ficheband, 4. ein gutes deutsches Schloss an einem Kleiderschrank und 5. zweierlei Vorlege- schlösser. — An Sonn- und Festtagen durften weder Meister noch Ge- selle Ware feil haben, auch keine hausieren tragen. Von der Tüchtigkeit des deutschen Schlosserhandwerks legen die schönen Arbeiten dieser Periode, welche sich in Museen, z. B. in dem bayrischen Nationalmuseum in München, befinden, Zeugnis ab. Bei den Messerschmieden in Esslingen war nach einer Verordnung vom 12. September 1609 die Lehrzeit auf vier, die Wanderzeit auf drei Jahre festgesetzt. Kein Meister durfte mehr als zwei Gesellen und einen Jungen halten, keine schon gemachte 65* Die Zünfte im 17. Jahrhundert. Arbeit zum Wiederverkauf einhandeln, ausgenommen Säbel- und Schwertklingen, welche nicht in der Stadt gefertigt wurden, und jeder musste seine Arbeit mit einem besonderen Zeichen versehen. Im all- gemeinen galten im 17. Jahrhundert folgende Meisterstücke: 1. Ein paar Mannsmesser (so nannte man die Tischmesser) mit Schalen von Hirschgeweihen und mit eisernen sogenannten bayrischen Hauben be- schlagen. 2. Ein paar geblümelte Frauenmesser mit gebogenen Ringeln oder gezogenen hohlen Stollen und einem Stiel aufgenietet und befestigt. 3. Noch ein paar Frauenmesser mit hohlen Häublein oder Stollen, auch ebenfalls gebogenen Ringeln und einem Stiel Weigel , Abbildung der gemeinnützlichen Hauptstände etc. 1698, S. 367. . Von dem kleinlichen Geist der Eifersucht, welcher die Zünfte be- herrschte, erzählt folgendes Beispiel: In dem Dorfe Steinbach im Thüringerwald blühte das Messerschmiedegewerbe. Hans Hartmann war in der fünf Stunden von Steinbach entfernten Stadt Wasungen auf dem Büchsen- und Messermacherhandwerk Meister geworden und wollte um 1677 nach Steinbach übersiedeln. Da verlangten die Steinbacher, dass er abermals aufs Neue Meister bei ihnen werden und Probe bestehen sollte und sie trieben die Sache soweit, dass der Herzog zweimal schriftlich die Aufnahme befehlen musste, indem sie nur die Aufnahmegebühren zu beanspruchen hätten. Über die weitere Entwickelung des Klingen- und Messerschmiede- handwerks in Solingen werden wir später berichten. Wir erwähnen hier nur, dass ein Peter Simmelpus oder Semmelmuss in Solingen im 17. Jahrhundert die unechte Damaszierung der Klingen erfunden haben soll. Die Messerer in Nürnberg hielten im 17. Jahrhundert noch häufig Schönbartspiele, Aufzüge und Tänze, namentlich auch den Schwerttanz. Der am 3. Februar 1600 gehaltene Tanz und das Fechten auf erhobenen Schildern ist in Kupfer abgebildet in der Börners chen Sammlung. Neben dem Schwerttanz pflegten sie auch einen andern hochzeit- lichen Tanz zu halten, bei welchem Manns- und Weibspersonen in Seiden- und andern stattlichen Kleidungen geziert erschienen. Sie kleideten eine Meisterstochter als Kronbraut und zwei als krausse Tischjungfern gleich den Geschlechtern. Dabei ging es hoch her und die Zunft stürzte sich oft in Schulden Näheres darüber siehe Siebenkäs , Materialien zur Nürnb. Geschichte. III, S. 197. . Die Zünfte im 17. Jahrhundert. Ebenso hielten die Zirkelschmiede in Nürnberg besondere seltene Tänze, die oft drei Tage dauerten und bei denen es hoch herging Siehe Siebenkäs , a. a. O. . Den Tanz vom 25. Juli 1681 hat Börner in Kupfer ge- stochen. Auch ist ein Kupferstich nebst gedruckter Beschreibung von Thom. Hirschmann vorhanden. 1688 ist der letzte Tanz der Zirkelschmiede in Nürnberg gehalten worden. Die Landesfürsten übten aber in ihren Gebieten eine weitgehende Bevormundung der Handwerke und Gewerbe aus. Sie setzten nament- lich die Löhne und die Preise der Waren fest. In fast allen deut- schen Fürstentümern erschienen Schmiedetaxen . Als Beispiel möge folgende Taxordnung des Herzogs August von Braunschweig- Lüneburg aus dem Jahre 1646 dienen. — Sie ist überschrieben: „ Vom Eisenkauf und Schmieden “ und lautet: Das Eisen wird jetzo auf den Eisenbergwerken um ziemlichen liederlichen Kauf (schlechten Preis) als der Zentner zweigeschmolzen Eisens um 5 Gulden, 5 Mariengroschen oder 2 Thaler 33 Mariengroschen eingekauft. Die Schmiedearbeit belangend, wird dieselbe aufs Richtigste nach Pfund- Zahl dergestalt verfertiget, dass vor jedes Pfund Eisen soviel Geld zu verarbeiten und zu verfertigen gegeben wird, soviel Geld das Pfund Eisen an sich selbst kostet, worunter aber kein Blank Schmiedezeug und dergleichen, auch die kleine Arbeit, da die verfertigten Stücke unter ein Pfund wiegen, nicht gerechnet werden. Und wird deren Schmieden, bei Vermeidung ernster Strafe und Einsehens verboten, die eisernen Waren ins künftige keineswegs geringer oder schwächer, als sonsten gewöhnlich, bei jetzigem Kaufe zu machen.“ Nach dieser allgemeinen Bestimmung wendet sich die Verordnung zu dem eigent- lichen Schmiedelohn. „Diejenigen Schmiede, welche nicht gar zu weit von den Eisenbergwerken, etwa eine gute Tagereise davon wohnen, sollen die Waren folgender Gestalt verfertigen und ver- kaufen: ein neues Rad mit Schienen, Bussen (Buchsen) und Nägeln in allem 3 Thlr. 12 Mgr.; mit altem Eisen zu belegen, mit Ringen und Löchern 1 Thlr.; ein neues ohne Eisen, blos mit Bändern und Bussen 24 Mgr.; die Schienen blos einzubrennen und zu nageln 10 Mgr. — Eine Asse (Achse) zu beschlagen mit dem Eisen 30 Mgr.; eine Zugkette 9 Mgr.; ein Ringkoppel 12 Mgr.; ein Schweckenagel in die Langwage 4 Mgr.; ein Sperrnagel 2 Mgr.; eine Lunss mit Platten 4 Mgr.; ohne Platten 2 Mgr.; ein neues Hufeisen 3 Mgr.; ein altes 1½ Mgr.; ein Pferd ein ganzes Jahr im Geding 1½ Thlr.; ein neuer Eisenhandel im 17. Jahrhundert. Pflug mit Eisen zu beschlagen 27 bis 30 Mgr.; ein gemein Pflug- eisen oder Stert-Eisen 24 bis 27 Mgr.; ein Budden oder ander gross neu Pflugeisen 30 bis 36 Mgr.; ein solches Eisen durchaus anzulegen 8 bis 10 Mgr.; ein klein neu Pflugeisen oder Seck 9 Mgr.; ein neues Pflugwerk mit dem Eisen 9 Mgr.; eine Pflugspille 12 Mgr.; ein Pflug- rad zu beschlagen 2 Mgr.; eine neue grosse Sense 30 bis 36 Mgr.; ein Stahl vor eine Schneidelade 15 bis 18 Mgr.; eine Sicht-Sense 15, 18, 20 Mgr.; ein Strohschneidemesser 27 bis 30 Mgr.; eine Sichel 27 bis 30 Mgr.; ein Spade 6 bis 9 Mgr.; eine Schaufel 6 Mgr.; eine Heuforke (Gabel) 3 bis 4 Mgr.; eine Mistforke 4 bis 4½ Mgr.; ein Handbeil 14 bis 18 Mgr.; eine Pielhacke 6 bis 9 Mgr.; Platthacke 5 bis 7 Mgr.; gemeine Zugkette, das Glied 2 gute Pfennig; Pflugkette, das Glied 3 gute Pfennig; Wagen- und Sperrkette, das Glied nach der Stärke 4, 5 bis 6 Pfennig u. s. w. — bei denen, so weiter ent- legen, kommt die Fracht in etwas höheren Anschlag.“ Im nächsten Artikel, welcher vom alten Eisen handelt, wird fest- gesetzt: dass die alten Eisen, so der Schmied von Pferden, Wagen oder sonst abreisst, dem Herrn desselben bleiben und sich der Schmied deren nicht anmassen soll. Es folgen dann die Nagelpreise und Preise der Kleinschmiede F. G. Struvii , system. jurisprud. opific.., T. I, p. 376. . In Holland wurden bereits im 17. Jahrhundert die Zünfte auf- gehoben, ebenso in Dänemark und Brandenburg. Eisenhandel im 17. Jahrhundert. Wie Handwerk und Gewerbe, so wurde auch der Handel durch die landesväterliche Fürsorge geordnet, bevormundet und eingeschränkt. Dies war besonders in Deutschland der Fall, wo der engherzigste Partikularismus den Handelsgeist in Fesseln schlug. Der 30 jährige Krieg machte dem Hansabund ein Ende, und zerstörte den Wohl- stand der alten Industriestädte. Nirgends kommt der Rückgang Deutschlands deutlicher zur Erscheinung, als in seinem Handel in Vergleich mit dem seiner Nachbarländer. Deutschland aus tausend Wunden blutend, zog sich nach dem 30 jährigen Krieg ganz in sich selbst zurück, wie eine Schnecke in ihr Haus. Wenn nur der Landes- Eisenhandel im 17. Jahrhundert. fürst und sein Hof bestehen konnte, so war alles in Ordnung. Damit dieser bestehen konnte, wurden Zölle, Wegegelder, Produktions- und Konsumsteuern, Privilegien, Monopole und wie alle die Mittel hiessen, die fürstlichen Kassen zu füllen, Gewerbe und Handel aber zu be- drücken, erdacht. Das Merkantilsystem, so recht für die Geldgier der Fürsten wie geschaffen, galt als höchste Handelsweisheit; der Grund- gedanke dieses Systems ist der, dass Produktion und Handel durch staatliche Massregeln so geleitet werden, dass der Vorrat an Edel- metallen, Gold und Silber, welche als einzige Wertmesser galten, sich vermehrt. Eng damit hing zusammen, dass jeder Staat alle seine Bedürfnisse soviel wie möglich selbst erzeugen müsse. Wenn solche Grundsätze in einem grossen Staat, wie z. B. Frankreich, sich einiger- massen durchführen liessen, so war dies geradezu absurd für eins der kleinen, nach hunderten zählenden, deutschen Fürstentümer. Und doch strebten die kleinen Herrscher demselben Ziele zu. Jeder schloss sein Ländchen trotz der unnatürlichsten Begrenzung möglichst ab und schwelgte in dem Hochgefühl, absoluter Herr eines selbst- ständigen Staates zu sein. Die Nachahmung französischer Einrich- tungen und französischen Wesens wurde nach dem 30 jährigen Krieg in Deutschland krankhaft. Patriotismus und Gemeinsinn gingen dabei zu Grunde; Industrie und Handel, welche die Kosten aufzu- bringen hatten, erlagen fast unter dem Druck. Es war für die herr- schende Praxis nur ein kleiner Schritt, den Handel selbst zum Regal zu machen, nur dem Fürsten das Recht, Handel zu treiben, zu- zuerkennen, wie es denn in Russland in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wirklich durchgeführt wurde. Wie ganz anders war die Handelspolitik Englands und namentlich Hollands. In diesen Ländern suchte man in grossem Massstab den Handel zu fördern. Die eigene Heimat wurde dem Unternehmungsgeist zu eng, auf zahl- reichen Schiffen suchte man in fernen Weltteilen neue Produktions- und neue Absatzgebiete auf. Grossartige Handelsgesellschaften ent- standen, welche die Regierungen in jeder Weise unterstützten. Den Vorrang behauptete in diesem Jahrhundert Holland , das seine schwer erkämpfte Freiheit in der schönsten Weise gebrauchte und durch seinen immer wachsenden Handel sich aus kleinen Anfängen zu einer Grossmacht ersten Ranges emporschwang. 1595 hatte sich in den Niederlanden die Gesellschaft der fernen Länder gebildet, aus welcher bereits 1602 die holländisch-ostindische Kompagnie entstand, welche den Grund zur holländischen Kolonialmacht legte. Eine feste Grundlage gab Holland seinem Handel durch Gründung der Giro- Das Patentwesen im 17. Jahrhundert. banken. 1609 wurde die Bank von Amsterdam, 1612 die von Rotter- dam gegründet. Englands Handel, durch Elisabeth von dem Joch der Hansa befreit, entfaltete sich in demselben freiheitlichen Geiste. Die An- fänge der grossen ostindischen Handelsgesellschaft, welche sich zur grössten Handelsgesellschaft der Welt entwickelte, fällt in das Jahr 1612, ihre eigentliche Gründung aber erst in das Jahr 1659. Die überseeischen Länder wurden neue Absatzgebiete in erster Linie für die englische, dann aber für die ganze europäische Industrie, an welcher die Eisenindustrie einen sehr bedeutenden Anteil gewann. Das Patentwesen im 17. Jahrhundert. In England entwickelte sich in diesem Jahrhundert noch eine Ein- richtung, welche für die Entwickelung der Industrie von Wichtigkeit wurde, das Patentwesen . Privilegien und Monopole (Privilegia exclusiva) waren schon früher erteilt worden, nicht nur auf neue Er- findungen, sondern auch auf ganze Zweige des Handels und der Fabrikation. Die Erteilung derselben entstand aus der Regalität und war ein königliches Vorrecht. In Deutschland war es ursprünglich nur der Kaiser, der Monopole verleihen konnte und wir werden bei der Geschichte von Lüttich sehen, dass im 17. Jahrhundert Kaiser Ferdinand II. verschiedene Privilegien auf neue Erfindungen erteilte. Da die Erteilung meist nur gegen hohe Abgaben stattfand, so war es eine wichtige Einnahmequelle der Fürsten, die von denselben häufig missbraucht wurde, zum Nachteil der Gesamtheit. Dies machte sich besonders in England fühlbar. Unter der Königin Elisabeth hatten Handel und Industrie einen grossen Aufschwung genommen. Die Zahl der Erfindungen mehrte sich, mehr aber noch das Verlangen, vorteilhafte Monopole zu erlangen. Da die Erteilung derselben eine Einnahmequelle war, welche noch nicht der Kontrole des Parlaments unterstand, so war sie der Königin sehr bequem und sie erteilte eine grosse Zahl von Monopolen und Patenten. Geschah dies von ihr noch mit Vorsicht und Umsicht, so verlieh ihr Nachfolger Jakob I. dieselben ganz nach Willkür und Gunst und leitete aus dem vom Parlament geduldeten Verfahren seiner Vorgänger ein Recht für sich Das Patentwesen im 17. Jahrhundert. dafür ab. Dadurch kam er mit dem Parlament in einen Streit, bei welchem er den Kürzeren zog. 1623 erklärte das Parlament alle Monopole für ungültig, gab aber gleichzeitig der Erteilung der Pa- tente eine gesetzliche Grundlage Siehe Klostermann , Die Patentgesetzgebung aller Länder 1876, S. 269. . Alle Monopole, Licenzen und Patente („all monopolies and all commissions, grants and licenses, charters and letterpatents ), welche sich auf ein ausschliessliches Recht zum Kaufen, Verkaufen, Gebrauchen und Verfertigen von Gegenständen (the sole buying, selling, making, working, or using of any thing) bezogen, wurden jetzt und für die Zukunft aufgehoben, dagegen wurde unter Abschnitt VI. bestimmt: „Als Ausnahme wird jedoch hierdurch erklärt und bestimmt, dass die obige Erklärung nicht be- zogen werden soll auf Patente und Privilegienbewilligungen auf die Dauer von 14 Jahren und darunter, welche künftig über den aus- schliesslichen Betrieb oder das Machen irgend einer Art neuer Verfertigung innerhalb des Königreichs dem wahren und ersten Erfinder oder den Erfindern solcher Verfertigung erteilt werden“ u. s. w. Das Gesetz setzte also nur die Bedingung der Neuheit und die Be- schränkung der Dauer auf 14 Jahre fest; das Verfahren bei der Er- teilung der Erfindungspatente und die Bedingungen der Erteilung blieben lediglich der Regelung durch die Praxis überlassen. Eine solche zum Gewohnheitsrecht gewordene Praxis bestand aber schon. Als Dud Dudley 1619 seine Erfindung des Schmelzens des Eisens mit Steinkohle gemacht hatte, schrieb er an seinen Vater, er möchte sich bei dem König ein Patent dafür erwirken. Er beanspruchte also als Erfinder ein Recht auf ein Patent. Die Erteilung lag freilich ganz im Willen des Königs: er konnte das Patent erteilen, war aber durchaus nicht dazu gezwungen; Dudley erhielt es, war aber, als der Konflikt mit dem Parlament ausbrach, in Gefahr, es schon 1623 wieder zu verlieren, denn das Parlament verfuhr bei der Aufhebung der älteren Patente und Monopole sehr summarisch. Dudley setzte es aber durch, dass auf Grund des Abschnitts VI. die Berechtigung seines Patentanspruches anerkannt wurde und ihm das Patent zu- gesprochen wurde, allerdings nach den neuen Bestimmungen nur auf 14 Jahre von 1623 ab, während es 1619 auf 31 Jahre erteilt worden war. Die ältesten Patente, die sich auf die Eisenindustrie beziehen, und die wir bei der Geschichte Englands näher kennen lernen werden, sind überhaupt von hohem Interesse. Sie haben die Form eines Ver- Schulen und gelehrte Gesellschaften im 17. Jahrhundert. trags zwischen dem Erfinder und dem König. In demselben wird bereits eine Patentbeschreibung, die erst unter der Königin Anna gesetzlich eingeführt wurde, verlangt, und zwar bis zu einer be- stimmten Frist — allerdings erst nach der Patenterteilung. Eine Frage, die ganz dem Gutdünken des Königs oder der Vereinbarung überlassen blieb, war die Frage der Gebühren und Abgaben. Die- selben sind ansserordentlich wechselnd und bestanden entweder in einem Gewinnanteil oder einer festen Jahressumme. Sie flossen in die königliche Kasse. Die Beendigung der Willkür durch die Regelung des Patent- wesens und die Patentordnungen von 1623 haben einen höchst segens- reichen Einfluss auf die englische Industrie ausgeübt. Einen grossen Teil des Vorsprungs, welchen die englische Industrie in dem Wett- bewerb der europäischen Staaten in den folgenden Jahrhunderten erreicht hat, verdankt sie dem Patentschutz, dessen Bedeutung die Staaten des Kontinents erst Ende des vorigen Jahrhunderts einzu- sehen begannen. Schulen und gelehrte Gesellschaften im 17. Jahrhundert . Mehr auf die allgemeine Bildung, aber doch auch indirekt auf die Eisenindustrie von Einfluss war die Entwickelung der Bildungs- mittel. Wir nennen hier in erster Linie den Volksschulunterricht , für den sich in Deutschland Martin Luther das grösste Verdienst er- worben hat, sodann die Gründung gelehrter Gesellschaften. Zur Förde- rung praktischer Kenntnisse durch Anschauungsunterricht trug nament- lich der Orbis pictus des Commenius bei, welcher in 150 Kapiteln, deren jedes einen Holzschnitt erklärt, das Merkwürdigste aus der Natur- geschichte, den Handwerken und Künsten enthielt. Dieses Buch fand ausserordentliche Verbreitung in Deutschland. Die Gründung der Akademieen und Gelehrten Gesellschaften fällt fast zusammen mit der Erfindung der Buchdruckerkunst. Ihre Heimat war Italien. Die ältesten entstanden zwischen 1430 und 1440 in Neapel und Florenz. Sie beschäftigten sich mehr mit philosophischen Studien. Zum Zweck des Studiums der Naturwissenschaften bildeten sich im Schulen und gelehrte Gesellschaften im 17. Jahrhundert. 17. Jahrhundert verschiedene Gesellschaften. Der geniale Giov Battista della Porta errichtete in Neapel in seinem eigenen Hause zu Anfang des Jahrhunderts die Accademia de secreti , in welche keiner aufgenommen wurde, der nicht eine nützliche Entdeckung in der natürlichen Philosophie oder der Medizin gemacht hatte. Dieser Verein wurde aber, als der Magie verdächtigt, bald unterdrückt. Da- gegen stiftete der hochgebildete Leopold Medici 1657 zu Florenz die berühmte Accademia del Cimento , welche viel für das Studium der Naturwissenschaften leistete und die erste naturwissenschaftliche Zeitung, die „Saggi di Naturali Esperienze“, herausgab. Die Académie Française , welche 1625 als Privatverein ge- gründet und 1635 von Richelieu zur Akademie erhoben worden war, beschäftigte sich nur mit Sprache und Dichtung, wogegen die 1666 von Colbert ins Leben gerufene Académie des Sciences besonders dem Studium der Naturwissenschaften, der Geschichte und Altertümer und der Kritik gewidmet war. 1691 gründete der un- ermüdliche Colbert noch eine Académie de l’Architecture . In Deutschland hatten sich schon früh wissenschaftliche Gesellschaften, unter denen wir die von Conrad Celtes 1490 ins Leben gerufene Sodalitas Celtica oder Rhenana zu Worms und die 1493 nach Wien verlegte Donaugesellschaft (sodalitas Danubiensis) anführen. Für das Studium der Naturwissenschaften wurde 1652 in Schweinfurt die Academia Naturae Curiosorum von einer Gesellschaft Ärzte (insbesondere Johann Lorenz Bausch ) und Naturforscher ge- gründet, welche 1667 mit kaiserlichen Privilegien ausgestattet zur Leopoldinischen Akademie erweitert wurde, welche noch heute besteht. Ihr voller Name lautet Academia Caesarea Leopoldino- Carolina Naturae Curiosorum . Die Arbeiten der Mitglieder erschienen von 1670 an als Mis- cellanea sive Decuriae Ephemeridum Medico-Physicarum. Am Schluss des Jahrhunderts, im Jahre 1700, stiftete König Friedrich I. von Preussen durch den berühmten Leibniz die Societät der Wissen- schaften in Berlin, aus welcher 1744 die Königliche Akademie der Wissenschaften entstanden ist. Von hervorragender Bedeutung für die Naturwissenschaften war die 1654 in Oxford gestiftete, 1658 nach London verlegte und 1663 von König Karl II. zur öffentlichen Anstalt erhobene Royal Society , welche von letztgenanntem Jahre an ihre Philosophical Trans- actions erscheinen liess. Neben den mathematisch-physikalischen Arbeiten des grossen Newton finden wir dort Aufsätze über prak- Schulen und gelehrte Gesellschaften im 17. Jahrhundert. tische Hüttenkunde. Die Royal Society und die Transactions nehmen noch heute ihre hohe Stellung ein. Waren die Leistungen der wissen- schaftlichen Gesellschaften im 17. Jahrhundert noch nicht hervor- ragend, so waren durch dieselben doch die Organisationen geschaffen, welche in der Folge, namentlich schon im folgenden Jahrhundert, Bedeutendes auch auf dem Gebiete der praktischen Naturwissenschaft geleistet haben. Ebenso wichtig wie die wissenschaftlichen Vereinigungen waren die Zeitschriften . Seit 1564 gaben die Buchhändler regelmässig erscheinende Messkataloge heraus. Kalender waren schon im 15. Jahr- hundert erschienen. Die erste Zeitung erschien 1536 in Venedig, es war eine geschriebene Wochenschrift. Die erste wissenschaftliche Zeitschrift war das Journal des Sçavans , welches am 5. Januar 1665 von Denis Sallo Sieur de la Courdraye in Paris gegründet und im Namen seines Sekretärs Sieur de Hedonville veröffentlicht wurde. Sie erhielt sich unter verschiedenen Wechselfällen bis zur Zeit der französischen Revolution 1792, und wurde dann 1816 unter der Leitung des Siegelbewahrers fortgesetzt. Seit 1663 gab die Royal Society in London durch ihren Sekretär Henry Oldenburg ihre Philosophical Transactions heraus, anfangs unregelmässig und bis zum Jahre 1750 in fortlaufenden Nummern (1 bis 497), von da ab in Bänden. Ihr Inhalt ist fast ausschliesslich naturwissenschaftlich. In Deutschland erschienen seit 1670 die Miscellanea Curiosa Medica-Physica Academiae Curiosorum bis 1706 und dann von 1712 ab die Academiae Caes. Leopold. Nat. Curios. Ephemerides. Besonderer Teil . DIE GESCHICHTE DES EISENS IN DEN EINZELNEN LÄNDERN. Deutschland . Indem wir uns nun zu der Geschichte der Eisenindustrie der ein- zelnen Länder in diesem Zeitabschnitt wenden, beginnen wir mit Deutschland , welches auch im 17. Jahrhundert noch die leitende Stellung in der Eisenindustrie einnahm. Wie im vorigen Abschnitte, so behandeln wir auch hier zuerst die österreichischen Alpenländer, deren Eisen und Stahl sich des grössten Rufes nicht nur in Deutschland, sondern auf dem Weltmarkt erfreuten. Steiermark . Der Eisenhüttenbetrieb in Steiermark erfuhr während des ganzen 17. Jahrhunderts keine bemerkenswerte Veränderung. Der vortreff- liche Eisenstein des Erzberges wurde zu Eisenerz und Vordernberg in Stücköfen eingeschmolzen, und die erhaltenen Massen und Halb- massen in Löschherden gereinigt und verschmiedet, wie wir das bereits früher geschildert haben. Obgleich der Hochofenbetrieb in Deutschland und auch in den Steiermark benachbarten Ländern Eingang gefunden hatte, so hielten die Radgewerke am Erzberge mit Hartnäckigkeit an dem alten Stückofenbetrieb fest, teils aus Eigensinn, Steiermark im 17. Jahrhundert. teils aus Besorgnis, dass die Güte des weltberühmten steirischen Eisens durch eine Veränderung des Betriebs leiden und der Handel dadurch geschädigt werden könnte. Dagegen erbaute Graf Schwarzen- berg in den sechziger Jahren einen Hochofen (Flossofen) in Turrach, den ersten im Herzogtum. Die Eisenwerke von Turrach waren um diese Zeit von den Schwarzenbergs gegründet worden. Brückmann in seiner Magnalia Dei erzählt, dass ein Graf Predinus von Schwarzen- berg der eigentliche Gründer gewesen sei. Derselbe habe 1656/57 einen Bergmann Namens Aigener in Dienste genommen, um Erze zu suchen. Dieser habe die Eisenerze bei Turrach gefunden, worauf der Graf ein Hüttenwerk anlegte. Die Konzession dafür erhielt er am 31. Januar 1660. Man baute zunächst einen Stückofen Magnalia Dei, S. 114. . „wobei man einen sogenannten Flossofen in Kärnthen im Gesicht hatte; da man aber bei dieser Schmelzmethode sein Konto nicht fand, so baute der Blau- meister Lukas Barnos im Jahre 1665 einen sogenannten Hochofen.“ Graf Predinus dirigierte die Hütte einige Jahre selbst. Es scheint aber, dass man auch mit diesem Ofen nicht zurecht kam und zu dem stei- rischen Stückofen zurückkehrte, denn v. Pantz und Atzl schreiben S. Versuch einer Beschreibung der vorzüglichsten Berg- und Hüttenwerke des Herzogtums Steiermark von Ignaz , Ritter von Pantz und A. Jos. Atzl . Wien 1814, S. 113. , man habe schon um 1650 einen Flossofen in Steiermark erbaut ge- habt, der aber nur kurze Zeit bestanden hätte, „weil der grosse Kohlenverbrauch bei den Hammerwerken, um aus jenem Eisen eine eben so gute, geschmeidige Ware zu erzeugen, erwiesen wurde, der für die Zukunft Mangel an Kohlen besorgen liess“. — Brückmann erwähnt noch in Verbindung mit obiger Notiz über den Turracher Hochofen eine besondere Art der Behandlung der Erze. Er sagt, die Brauneisensteine würden in viereckigen Röstofen (Stadeln) mit Scheit- holz geröstet, alsdann in Kästen abgewässert. Diese Wässerungskästen seien 20 Fuss im Quadrat und 12 Fuss hoch. An den vier Ecken befänden sich Löcher. In diesen Kästen lassen man das Erz, das man beständig feucht hielte, 1—2 Jahre stehen. Die Wässerung besorge der Röstmeister, der beständig reines Wasser zufliessen lasse. In diesen Kästen wurden auch die Erze bereits gatirt. — Einen dauern- den Erfolg hatte dieser erste Versuch der Einführung des Hochofen- betriebes aber nicht. Traten in dem technischen Betrieb der steirischen Eisenwerke im 17. Jahrhundert keine wesentlichen Änderungen ein, so vollzog sich Steiermark im 17. Jahrhundert. dagegen hinsichtlich der Verwaltung der Eisenberg- und Hüttenwerke eine grosse Umwälzung. Im Jahre 1625 schuf Kaiser Ferdinand II. die Innerberger Hauptgewerkschaft . Bis dahin waren die Gewerken, welche den Eisenstein am Erzberg bauten, die Radmeister, welche die Stücköfen in Eisenerz betrieben, die Hammermeister im St. Gallener Wald und an anderen Plätzen in Obersteiermark und Oberösterreich, sowie die Verleger, die ihren Hauptsitz in der Stadt Steyr hatten, selbständige, unabhängige Gewerbetreibende gewesen. Freilich war ihre Lage keine beneidenswerte; sie lebten von Hand zu Mund und jede Geschäfts- stockung traf die Gewerken hart und einer drückte den anderen: die Verleger die Hammermeister, die Hammermeister die Radmeister. Fand kein hinlänglicher Verschleiss statt, so fehlte es an Geld und die Rad- und Hammermeister sahen sich ausser Stand, den Betrieb fortzuführen. Aus diesem Grund war 1569 durch landesherrlichen Erlass die „Widmung“ eingeführt worden, welche den Verlegern einen Verlagszwang bis zu einer gewissen Höhe über ihren Bedarf hinaus auferlegte (siehe Seite 636), wofür denselben gewisse Distrikte zuge- wiesen wurden, welche den erforderlichen Proviant zu liefern hatten. Der Nutzen, den die „Widmung“, die also dem Rad- und Hammer- gewerke ermöglichte, bis zu einer bestimmten Grenze auf Vorrat zu arbeiten, brachte, war gering gegenüber dem Nachteil, welchen dieses Zwangsverhältnis ausübte, das sich hauptsächlich in der Unterdrückung jedes Fortschritts äusserte. Die gegenseitige Bedrückung hörte nicht auf und das Risiko des Verlegers, der in schlechten Zeiten gezwungen war, Waren auf Lager zu nehmen, war bedenklich gesteigert. Um zu Geld zu kommen, verschleuderten die Verleger oft ihre Lager zum Nachteil der ganzen Industrie. Um sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen, gewissermassen als eine Versicherung gegen den Wechsel der Konjunktur, hatten die Verleger eine Gesellschaft, die Eisenhandlungskompagnie zu Steyr, zu der ein Jeder seinen Beitrag zu leisten hatte, gegründet. Hatten die religiösen Wirren, die Be- drückung und Austreibung der Protestanten schon vorher das steirische Eisengewerbe schwer geschädigt, so brachte der dreissigjährige Krieg dasselbe alsbald an den Rand des Verderbens. Mehrere Mitglieder der Eisenkompagnie verloren teils ihr Leben, teils ihr Vermögen, teils flohen sie aus dem Lande. Da die Gewerken ihre Schulden nicht be- zahlen konnten, schien der Konkurs der Gesellschaft unvermeidlich. Da schickte Kaiser Ferdinand II., dem an der Erhaltung des steirisch- österreichischen Eisengewerbes gerade in den schweren Kriegszeiten Steiermark im 17. Jahrhundert. doppelt gelegen sein musste, im Einverständnis mit Erzherzog Carl, der Landesfürst von Innerösterreich war und zu Graz residierte, eine Hofkommission nach Steyr und Eisenerz. Nach langen Verhandlun- gen entschied der Kaiser im Jahre 1625 durch Machtspruch: „dass sämtliche Rad- und Hammermeister-Entitäten cum fundo instructo geschätzt, in eine Masse vereinigt, jedem der schuldige Teil in dem Schätzungsbetrag abgeschrieben, der steirischen Eisenhandelskompagnie, mit deren Gläubigern ein Amortisationssystem errichtet werde, als Einlage aber zu gut gerechnet und alle einzelnen Radmeister, sowie auch die Hammermeister in eins verschmolzen werden, die dann mit der Eisenhandlungskompagnie als Verlagsglied eine Gesellschaft bilden sollten, welche die Innerberger Hauptgewerkschaft der Stahl- und Eisenhandlung im Erzherzogtum Oesterreich und Land Steier benannt wurde.“ Die einbezogenen Werke waren die 19 Radwerke von Eisenerz, die Hammerwerke bei Grossreifling, St. Gallen, Weissenbach und Alten- markt in Steiermark, welche 18 verschiedenen Hammergewerken ge- hörten, ferner die Hammerwerke von 23 Gewerken bei Kleinreifling, Weyer, Reichraming und Hollenstein in Österreich. Ausserdem trat die Stadt Steyr als Eigentümerin der Eisenhandlungskompagnie in die Gesellschaft ein. Der Wert der sämtlichen Radwerke in Eisenerz mit allem Zu- behör wurde festgesetzt auf 257109 fl. 58 kr., der sämtlichen in Steier- mark und Österreich gelegenen, zur Hauptgewerkschaft gezogenen Hammerwerke mit 487672 fl. 25 kr. Die über die Errichtung der Hauptgewerkschaft errichtete Urkunde, gewissermassen das Statut der Gewerkschaft, hiess die Kapitulation. In Eisenerz wurde im folgenden Jahre ein Kammergrafenamt errichtet. Dieser kaiserliche Gewaltakt, welcher die Rad- und Hammer- meister der freien Verfügung über ihr Eigentum beraubte, hatte den guten Erfolg, dass die steirische Eisenindustrie trotz den Stürmen des 30 jährigen Krieges nicht zum Erliegen kam, vielmehr heisst es in alten Berichten über Eisenerz, dass dieses berühmteste Eisenbergwerk in Europa im Jahre 712 zwar erfunden, anno 1632 aber erneuert und in besseren Stand denn je zuvor gesetzt worden sei. Die Betei- ligten hatten aber wenig Genuss davon. Allerdings stieg das Erträg- nis bis 1638 auf 14 Prozent, sank aber von da ab, so dass die Interessenten kaum die in der Kapitulation zugesicherten 5 Prozent Zinsen für ihr Kapital erhielten. Der Handel blieb andauernd schlecht, die Gewerken, die keine Disposition mehr über ihr ererbtes Eigentum Steiermark im 17. Jahrhundert. hatten, waren unzufrieden mit dem Geschäft, wie mit der kaiserlichen Regierung. Der Bankrott drohte von neuem, so dass der Kaiser ge- zwungen war, im Jahre 1669 abermals eine Hofkommission nach Steiermark zu entsenden. Diese wusste keine anderen Vorschläge zu machen, als eine noch kompliziertere Oberverwaltung einzuführen. Sie erliess ein „Additionale“ zu der Kapitulation von 1665, wodurch die ganze Hauptgewerkschaft der Administration des „Oberkammer- grafenamtes“ unterstellt wurde. Diese hohe Behörde leistete aber noch weniger und opferte die Interessen der Beteiligten vollständig denen des Staates. 29 Jahre hindurch bekamen die Gewerken gar nichts, später nur höchst armselige Dividenden. Dafür wurde eine cassa pauperum errichtet, aus welcher den verarmten Gewerken zeitweise ein Almosen verabreicht wurde. Aber es wurde als schimpflich ange- sehen, aus dieser Kasse Geld für den Betrieb zu entnehmen, obgleich Fig. 229. sie doch aus der Tasche der Gewerken und für dieselben gegründet war. Die grössten Gewerken waren dadurch in der übelsten Lage. Der Widmungszwang bestand dabei ungeändert fort. Dieser Zustand dauerte bis zur Zeit Josephs II. Von den Kammergrafen im 17. Jahrhundert nennen wir Ludwig Anreiter von Zirnfeld , welcher im Jahre 1686, während der Be- lagerung von Wien durch die Türken, das Bergvolk zum Aufgebot organisierte und die Verteidigung der steirischen Berge gegen die auch in Steiermark hineinstreifenden Türken leitete. Nach wie vor bestanden in Vordernberg 14 Radwerke und es ist von Interesse, aus den Original-Pflockbüchern vom Jahre 1666 zu ersehen, dass die Radwerkszeichen schon damals fast die- selben waren, wie hundert Jahre später. Fig. 229 stellt diese wohl in die ältesten Zeiten zurückreichenden Eisenzeichen oder Schutz- marken dar. Beck , Geschichte des Eisens. 66 Kärnten im 17. Jahrhundert. Kärnten . Die Eisenindustrie Kärntens hatte im 17. Jahrhundert dieselben schweren Zeiten durchzumachen wie die Steiermarks. Die Verhältnisse entwickelten sich aber doch insofern verschieden, als die Kärntner Gewerken ihre Selbstständigkeit sich bewahrten. Dies geschah unter schweren Kämpfen. Die Geschichte der kärntnerischen Eisenindustrie in diesem Jahrhundert bietet fast nichts als eine Reihe von Streitig- keiten, Vergleichen, Vertragsbrüchen und Gewaltthaten. Das Unglück nahm seinen Anfang mit dem traurigen Emigra- tions-Edikt vom Jahre 1596. Der Erzbischof von Salzburg forderte von jedem protestantischen Hüttenberger Gewerken die Erklärung, ob er zur katholischen Religion zurückkehren oder ausser Land ziehen wollte. Infolgedessen wanderten viele und darunter die vermö- gendsten Gewerken aus; ebenso zahlreiche Knappen und Beamten. Die ärmeren Gewerke waren ganz in den Händen der Verleger, die sie aufs schwerste bedrückten, denn sie nahmen denselben das Eisen unter dem Wert ab, zahlten oft nur ein Drittel in bar und das mit schlechter Münze, während sie für die übrigen zwei Drittel allerhand Waren zu enormen Preisen lieferten F. Münichsdorfer , Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 76. . Dadurch waren die Gewerken ausser Stand gesetzt, ihre Verbindlichkeiten gegen die Arbeiter zu erfüllen, was einer so rohen, halsstarrigen, unausgesetzt auf uralte Vorrechte pochenden Masse als Deckmantel für ihre mitunter gerecht- fertigten Beschwerden und argen Ausschreitungen dienen konnte. Die Klagen über Teuerung der wichtigsten Lebensbedürfnisse, Ausfuhr von Getreide, Vieh und Schmalz nach Wälschland trotz des heimischen Notstandes, des geringen, trotz der Teuerung unveränder- ten Lohnes u. s. w. beginnen im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts und hören bis zu dessen Schluss nicht auf. Der Schichtlohn der Bergknappen betrug 8—10 Kreuzer, während für Unschlitt und Schmiedelohn, die in Abzug gebracht wurden, 4 Kreuzer den Tag aufgingen. Die Verrechnung mit den Knappen erfolgte kaum alle zwei Jahre und die Zahlung erfolgte in so schlechter Münze, dass die Arbeiter an jedem Thaler 4—5 Kreuzer Verlust hatten. Die richtigen Vierundzwanziger rechneten die Gewerken zu 26 Kreuzer. Wollten die Arbeiter mit dem schlechten Geld Einkäufe machen, so verwei- Kärnten im 17. Jahrhundert. gerten die Bauern und Händler die Annahme oder machten willkür- liche Abzüge. Gingen sie über die Alpe nach Steiermark zum Ein- kaufen, so mussten sie dort die hohen Maut- und Aufschlaggebühren zahlen. Die Bäcker, die Metzger, die Bauern, alle übervorteilten die armen Arbeiter, die, dadurch zur Verzweiflung getrieben, in ihren Klagen und Bittschriften öfter mit Aufstand und Auswanderung drohten. Der Bergrichter Engel erklärte in einem Schreiben an den salzburgischen Vizedom die Beschwerden der Knappen für gerecht- fertigt und bittet um Abhülfe. Es geschah aber nichts. Nun kam noch das Elend des 30 jährigen Krieges dazu mit seinen Auflagen und Kriegssteuern. Infolge dessen trat ein solcher Notstand ein, dass im Jahre 1622 die Klagenfurter Bürger, von rasendem Hunger ge- trieben, am hellen Tage in die Höfe der Bauern einbrachen, um mit Gewalt den letzten Bissen zu nehmen. Die Hüttenberger Knappen, die noch schwerer litten, brachen in offene Revolte und Ausstände aus und drangen mit Gewalt in die Marktstädte Althofen und Krapffeld ein. Das Erzstift Salzburg schickte Kommissare, die aber nichts ausrich- teten. Gewalt half gar nichts; erst als der Vizedom Johann Baptist Vischer den Weg gütlicher Verständigung betrat und unter anderem den Radmeistern ernstlich befahl, den Arbeitern zu geben, was sie versprochen, und alle Ausfuhr von Getreide, Salz, Schmalz u. s. w. streng verbot, gelang es demselben, diesen ersten gewaltsamen Aufstand der Berg- und Hüttenarbeiter zu dämpfen. Aber Unzufriedenheit und Misshelligkeiten hörten damit nicht auf. Klagen und Bittgesuche an die Regierung nahmen kein Ende. Neue Kommissare wurden abgeordnet, die dann endlich am 19. Oktober 1646 einen Vergleich zu Stande brachten folgenden Inhalts Siehe Münichsdorfer a. a. O., S. 79 und Anfang Urkunde XII, wo der Originaltext des Vergleiches abgedruckt ist. : 1. versprechen die Gewerken den Arbeitern die Venetianer Silber- krone nicht mit 2 Gulden, sondern mit 50 Schilling und die übrigen Geldsorten, wie sie gangbar sind, bei der Zahlung zu leisten; 2. werden die Postgelder (Löhne) jedesmal zur rechten Zeit und das Getreide im Werte, wie es von halb zu halb Jahr im Preise steht, verabreicht; 3. haben die Knappen das Erz nach richtiger Vermessung am Berge und nicht bei den Werkgaden zu geben; 4. versprechen die Knappen nur an den von der hohen geist- lichen Obrigkeit festgesetzten und gebotenen Feiertagen zu feiern, an allen anderen Tagen aber fleissig zu arbeiten; 66* Kärnten im 17. Jahrhundert. 5. für diese Mehrarbeit der Knappen verabreichen die Gewerken an dieselben etwas mehr Unschlitt; 6. haben sich Gewerken und Knappen über die Arbeit und alle Vorkommnisse nach billigen Dingen zu vergleichen, und sollte sich hierzu ein oder der andere Gewerke nicht herbeilassen, so solle das Berggericht zu Hüttenberg die Entscheidung treffen. 7. Wenn die Knappen an den Kindtagen und anderen Werktagen ihre Arbeit nicht verrichten, wird jeder Dawiderhandelnde mit 8 Kreuzer Strafe und der kleinen Bergpoen belegt. Das hier erwähnte Feiern der Arbeiter an den „Kindtagen“ war ein Krebsschaden der österreichischen Eisenindustrie, der dieselbe nicht zu freier Entwickelung kommen liess und dessen schädliche Folgen sich in diesem Jahrhundert noch fühlbar machen. Folgende Tage wurden Kindtage genannt: der Tag des heiligen Sebastianus, Blasius, Matthias, Markus, Philipp und Jakob, Vitus, Florian, Kreuz-Erfindung, Johann der Täufer, Jakobus major, Anna, Margaretha, Lorenz, Bartolomä, Kreuz-Erhöhung, Matthäus, Michael, Lukas, Simon, Thaddäus, Leonhard, Martin, Clemens, Katharina, Andreas, Barbara, Nikolaus, Thomas, Johann Evangelist und Unschul- dige Kindlein, Sylvester, dann Oster- und Pfingstdienstag. Da überdies noch die Samstage, die Feierabende vor hohen Festtagen und die Quatember-Montage gefeiert wurden, ist es begreiflich, dass die Knappen im Jahre kaum 100 achtstündige Arbeits- schichten verrichteten , weshalb die Gewerken ein grösseres Personal zu halten gezwungen waren. Der Vergleich von 1646 war geschlossen, aber gehalten wurde er nicht. Schon im folgenden Jahre überfielen die Knappen aus Not, und um den verhassten Viehaustrieb zu verhindern, einen wälschen Vieh- transport, raubten 29 Ochsen, schlachteten und verteilten sie. — Die Regierung hielt sich an die Gewerken, die sie mit einer Strafe von 800 Gulden belegte, von den Knappen einzuziehen. Auf jeden be- teiligten Knappen kamen 5 Gulden, die diese geduldig auf sich nahmen. Von der österreichischen Regierung wurde eine neue Versamm- lung nach Graz einberufen und der Althofener Vertrag revidirt und angenommen. Bemerkenswert ist, dass den Delegierten der Gewerken das Geld ausging, so dass der Gewerken-Ausschuss für Reisekosten und Zehrungskosten 433 Gulden aufzubringen hatte; diese wurden umgelegt, so dass auf eine Flosshütte 30, auf einen Hammer 18 und auf eine Stückhütte 12 Gulden kamen. Kärnten im 17. Jahrhundert. Danach herrschte für einige Zeit Ruhe an der Eisenwurze. Aber 1660 fing durch Bedrückung der St. Veiter Verleger der Notstand von neuem an, der die Hüttenberger Knappen 1662 wiederum zum Aufstand trieb. Die Regierung machte sehr mit Unrecht statt der Verleger die Gewerken dafür verantwortlich. Die verfassten dann in ihrer Not 1666 eine umfassende Rechtfertigungsschrift. Darin legten sie die Eigenmächtigkeit der St. Veiter Verleger im Gegensatz zu den Bestimmungen der Bergordnung dar. Diese Eigenmächtigkeit bestand wieder darin, dass die Händler unter dem Preis kauften, und nicht in bar, sondern in Waren, für die sie willkürlich zu hohe Werte festsetzten Siehe Münichsdorfer a. a. O., S. 83. , in Folge dessen die Gewerken weder die Arbeiter noch die Kohlen für ihren Betrieb be- zahlen konnten. Viele Gewerke seien dadurch bereits an den Bettel- stab gekommen. Als dann die Gewerken ihr Eisen nach anderen Städten zum Verkauf bringen wollten, liessen sich zwar die St. Veiter herbei, in gangbaren Fünfzehnerstücken zu bezahlen, verfielen aber auf den noch viel verderblicheren Ausweg, dass sie die Preise für die Eisenwaren bestimmten. Dadurch konnte es geschehen, dass sie öfters Eisen billiger verkauften, als es die Rad- und Hammermeister machen konnten. So kostete z. B. der Meiler (= 500 Kilo) Roheisen nach beige- fügter Spezifikation zu Mosinz und Lölling 18 Gulden 50 Kr. 2 Pf. und zu Hüttenberg 19 Gulden 14 Kr., während die St. Veiter nur 18 Gulden bezahlten. Als dann die Gewerken sich beklagten, schlossen die St. Veiter 10 Wochen lang ihre Eisenwage wider Fug und Recht gänzlich, wodurch sie viele Radwerke zwangen, still zu stehen und ihre Arbeiter zu entlassen. Eine weitere Gesetzwidrigkeit bestand darin, dass die St. Veiter jedem Handelsmann verboten, jährlich mehr als 600 Meiler, sei es geschlagenes oder Roheisen, zu verkaufen; dadurch wollten sie den Einkaufspreis drücken und den Verkaufspreis in die Höhe schrauben zu ihrem ausschliesslichen Nutzen, während doch die Gewinnung der Erze durch die zunehmende Tiefe der Gruben, und die Kohlen durch den zunehmenden Holzmangel, alle anderen Betriebsmaterialien aber gleichfalls teurer wurden. Mit Unrecht behaupteten die Veiter durch eine verdrehte Auslegung ihres Privilegiums von 1399 ein Monopol auf das Hüttenberger Eisen zu haben. Diese Hauptklagepunkte der Rechtfertigungsschrift gaben schon genügenden Einblick in die traurige Lage der Hüttenberger Gewerke, die denn auch dazu führte, dass die meisten derselben zu Grunde Kärnten im 17. Jahrhundert. gingen und die St. Veiter, welche die Hypothekengläubiger waren, die Berg- und Hüttenwerke in ihren Besitz brachten. So wurden die St. Veiter Handelsherren, die Christallnike, Steinkeller, Pfeilheim, Secherau, Werthengreis, Ottenfels, Mayerhofer u. s. w. die bedeutendsten Radmeister und Bergwerksbesitzer zu Hüttenberg und Lölling. Nur die Gewerkenfamilie Rauscher konnte der Ungunst der Zeit trotzen und sich von einfachen Bauern-Gewerken zu reichen Radmeistern emporschwingen. Erfolg hatte die Rechtfertigungsschrift augenscheinlich keinen, denn 1673 mussten die Gewerken bereits wieder eine neue Beschwerde- schrift gegen die St. Veiter bei der innerösterreichischen Regierung in Graz einreichen, in der sie auf das gänzliche Erliegen des Eisen- handels und den zu befürchtenden Untergang des Bergbaues mit allem Ernst hinwiesen. Daraufhin schrieb die Regierung eine Tagsatzung aus. Sie verlangte von den Gewerken genaue Angabe, wie viel die Eisenhändler den Gewerken schulden, wie viel Ware diese statt Geld und zu welchem Preise sie dieselben annehmen müssen, wieviel Verlag und Postgeld sie bekommen und wie hoch vor Jahren der Eisenver- kauf gewesen sei. Diese Untersuchung der Regierung führte zu einem zwischen den Radgewerken von Hüttenberg, den übrigen ober- und unterkärntnerischen Waldeisen-Gewerken und der Kammerstadt St. Veit am 15. Oktober 1675 abgeschlossenen auf 12 Jahre gültigen Vergleich Siehe Originaltext bei Münichsdorfer a. a. O. Anhang Urkunde No. 13. mit folgenden Bestimmungen: 1. Sollte dieser Vergleich der landesfürstlichen Jurisdiction, den Regalien-Rechten, Gerechtigkeiten, Maut, Aufschlag und Waggeld u. s. w. der Hüttenberger Bergordnung und den St. Veiter Niederlags-Frei- heiten unschädlich sein; 2. die von der Stadt St. Veit unbefugt einige Zeit mit einigen Verlegern gemachten Pakte und Sperrung der Abwage soll aufgehoben sein, und Jedem der Eisenhandel freistehen; 3. zur Bestreitung der Auslagen wird als Niederlagszins bestimmt für Steuer, Kontribution und Rüstgeld 33 Kreuzer. Es ist ferner zu entrichten für: Brescianstahl, Brescianeisen (Preschaneisen), Strockeisen, Stückstahl, Zwizach vom Meiler (500 kg) 1 fl. — kr. Splasy (Radreifen), Wallascheisen, geschlagen Eisen „ „ — „ 45 „ Rauheisen, Flossen „ „ — „ 30 „ Graglach (Gradlands) und Waschwerk „ „ — „ 15 „ Kärnten im 17. Jahrhundert. Von den Gurkischen und Strassburgischen wurden höhere Sätze erhoben. Diese Gebühren und überdies jene zur Erhaltung des Obristberg- meisters in Kärnten, 15 Kreuzer per Meiler, wurden mit und neben dem kaiserlichen Aufschlage bei der Abwage entrichtet. Der St. Veiter hat beim Handel, wenn er gleich viel als ein Fremder bietet, vor diesem den Vorzug; 4. sollte die Stadt St. Veit die Macht und Gewalt haben, Eisen von Gläubigern mit Beschlag zu belegen, und zwar so, wenn das Gut noch zu Althofen liegt, solle der Bergrichter von Hüttenberg, liegt es aber zu St. Veit, der kaiserliche Oberbeamte zur Austragung der Sache und Sperrung der Wage behülflich sein; gleiches könne im entgegen- gesetzten Falle gegen die St. Veiter angewendet werden; 5. versprechen die Gewerken, nicht so grosse und schwere Stücke zu erzeugen , widrigenfalls dieselben den Verkäufern zu- rückgestellt werden sollen; 6. die Spedierung des Eisens per Kommissionen ist bei Strafe der Konfiszierung verboten; 7. das Bistum Gurk darf nicht mehr als 1500 Meiler jährlich ausser Land versilbern; 8. damit die alten Werke baulich in stetem Betrieb erhalten und mit hinlänglicher Kohle versehen werden, solle verboten sein, neue Werkgäden ohne landesfürstlichen Konsens zu errichten ; 9. versprechen die interessierten Teile diesen Vergleich fest durch vorgeschriebene 12 Jahre zu halten und folgen die Unterschriften. Damit waren aber noch nicht alle Streitpunkte aus der Welt ge- schafft. Ein solcher, der 1676 zu heftigen Erörterungen führte, war die Forderung der adeligen Gewerke auf das ausschliessliche Recht des Vorsitzes. Wichtiger war das Verlangen der Knappen, das 1678 zu Gewaltthätigkeiten führte, dass keine Jungen am Berge angestellt werden durften, so lange noch Knappen unbeschäftigt seien. Eine Klage der Hüttenberger Bürger bezog sich auf unbefugten Handel und Ausschank seitens der Hütten- und Hammerschreiber. Die Knappen kamen dem Verbot der Feier der Kindtage von 1646/47 nicht nach und die Streitigkeiten darüber nahmen kein Ende, bis 1680 die Gewerken die Feier der meisten derselben, „damit die bei den Bauern wohnenden Knappen ihren Zins abarbeiten können“, wieder erlaubten. Zugleich kamen die Gewerken mit den Arbeitern überein, statt der bisher üblichen Bezahlung nach Anzahl der Fuder Kärnten im 17. Jahrhundert. um 1 Pfund Pfennig oder des Gedinges, alle vier Wochen den Knappen ½ Vierling Weizen, ½ Vierling Korn und 6 Pfund Unschlitt zu geben, Getreide und alle Viktualien nach den Georgi- und Weihnachtspreisen das ganze Jahr hindurch zu rechnen und zwei Gulden Postgeld zu reichen. Es entstanden so im Jahr 13 Ab- löhnungen. Am Schlusse des Jahres wurden die vorausbezahlten 13 Posten, das abgefasste Getreide von der Summe des Geding- und Schichtenverdienstes in Abzug gebracht und das „Freigeld“ bar aus- bezahlt. Zum Betrieb einer Stückhütte waren damals 7—8 Knappen erforderlich. Zwischen den Hauptniederlagsorten St. Veit und Althofen fanden in diesem Jahrhundert keine Streitigkeiten mehr statt. Althofen hatte bereits das Eiseneinkaufsrecht verloren, es verblieb ihm nur die Wage, da alles Eisen von der Eisenwurze verwogen werden musste. Der Haupt- eisenmarkt dagegen war unbestritten St. Veit. — Die Erträgnisse des salzburgischen Erzstiftes beliefen sich jährlich auf 1200—1500 Gulden. Maut und Eisenkammer waren zu Althofen. Den Hüttenberger Bür- gern blieb es nach wie vor streng untersagt, mit Eisen zu handeln; natürlich trieben sie um so mehr Schleichhandel, wozu sie um so mehr veranlasst wurden, weil sie von den Gewerken häufig Eisen statt Geld in Zahlung bekamen. Ein Streit zwischen St. Veit und Völkermarkt wurde 1673 durch Vergleich dahin entschieden, dass die Völkermarkter in Mosinz, Hütten- berg, am Treibacher Flossofen, Voitscher Stückofen und Göllinger Hammer gemeinschaftlich mit St. Veit Eisen einkaufen, Lölling und die Gegend von Strassburg aber den St. Veitern allein zum Einkauf verbleiben sollten. Der Strassenzwang bestand wie im 16. Jahrhundert. Es durfte kein Eisen nach Steiermark, Salzburg und Tirol bei Konfiskation und noch härteren Strafen gefahren werden; alles Eisen, das ausge- führt wurde, musste gegen Krain und die windische Mark oder Italien geführt werden. Weiter wurden im Laufe des 17. Jahrhunderts folgende Anord- nungen getroffen: Alle Radmeister müssen Bergtheile haben (1603). Der Samb Kohl darf in Hüttenberg nicht höher als mit 15 Kreuzer bezahlt werden. Das geschlagene Eisen darf mit Bändern gebunden werden (1604). 1612 errichteten die Feuerarbeiter eine Bruderlade. Jeder hat in dieselbe jährlich 6 Kreuzer zu zahlen. Ein fremder Arbeiter zahlt bei der Aufnahme 2 Gulden, bei Aufnahme eines Jungen hat der Kärnten im 17. Jahrhundert. Meister 30 Kreuzer, für einen Gradler 15 Kreuzer zu entrichten. — 1642 wird der Zehnte in Natur abgeschafft, statt dessen vom Meiler Stück- oder Flosseisen 50 Kreuzer Abgabe entrichtet. — 1647 wurde die Kohlenbrüderschaft gestraft, weil sie der Knappenbruderlade ohne Vorwissen des Bergrichters 4 Kronen zu aufrührerischen Zwecken geliehen hatte. Seit dem Jahre 1686 herrschte ziemliche Ruhe an der Eisen- wurze. 1697 wurde im Monat September ein Dankamt mit fünf Geist- lichen und mit Te Deum Laudamus ob des vom Prinz Eugen über die Türken erfochtenen Sieges abgehalten; dabei war grosser Knappen- aufzug. Jeder Knappe erhielt drei Kreuzer Gratislöhnung. Bietet die Eisenindustrie Kärntens im 17. Jahrhundert wirtschaft- lich im ganzen ein trauriges Bild, so zeigt sie doch eine wenn auch mässige fortschrittliche Entwicklung in technischer Beziehung. Während sich die steirische Eisenindustrie ihrer Selbständigkeit begeben hatte, wodurch jeder Antrieb zu selbständiger Entwicklung in Wegfall ge- kommen war, hatten die Kärntner Knappen, Gewerken und Ver- leger ihre Selbständigkeit bewahrt und dadurch hörte das Streben nach Verbesserung nie gänzlich auf. — Mögen die St. Veiter Verleger ihre kapitalistische Übermacht in noch so schnöder Weise den Ge- werken gegenüber missbraucht haben, so ist ihnen doch das Verdienst nicht abzusprechen, dass sie nach Verbesserungen im technischen Be- trieb strebten und die wichtigste Verbesserung der Zeit, die Einfüh- rung des Hochofenbetriebs, gegen den Widerstand der Gewerken durchsetzten. Wir haben schon früher berichtet, wie die Stadt St. Veit im Jahre 1567 die Konzession zur Erbauung eines Flossofens erwirkte und zwischen 1567 und 1580 denselben errichtete und in Betrieb setzte. Als sie aber im Jahr 1606 auch zu Hüttenberg einen solchen Floss- ofen erbauen wollte, erhoben sich die Radgewerke, welche von den neuen Öfen mit kontinuierlichem Betrieb und gesteigerter Produktion den grössten Schaden für ihre Stückofenhütten fürchteten, einmütig und mit aller Entschiedenheit dagegen und sie erreichten es auch, dass den St. Veitern die Konzession nicht erteilt wurde. Die Regie- rung riet aber den Gewerken, gemeinschaftlich einen Unionsofen zu Hüttenberg zu erbauen. Das wurde von den Gewerken gutgeheissen und zum Beschluss erhoben, kam aber nicht zur Ausführung, weil sie sich über die Anteile nicht verständigen konnten. Die grossen Ge- werken verlangten auch grössere Anteile, Karl Veldner von Treibach sogar die Hälfte. Als man das Begehren abwies, erbaute dieser im Jahre 1606 in Treibach auf eigene Rechnung, ungeachtet des Ver- Kärnten im 17. Jahrhundert. botes seitens des Vizedom und Bergrichters, ohne Konzession einen Flossofen, den zweiten in Kärnten. Auf diesen Treibacher Flossofen erhielt am 10. Mai 1610 Carl Veldner und alle seine Erben einen Verleihbrief von Herzog Ferdinand zu Österreich und dem Erz- bischof Wolf Dietrich zu Salzburg „in solcher gestalt und Beschei- denheit, dass nun hinfüro Herr Veldner und alle seine Erben, solchen verliehenen Flossofen, zu ihren besten Nutzen und Fromben gebrauchen und verwerthen, auch bey der Fürsten Cammer Gütter auf das Böste und möglichst hierdurch befördern helfen sollen, Inmassen ihnen dann auch der Eysen Stain an diesen Bergwerch Hüttenberg auf solchen Floss Ofen zu führen vergünstiget und verwilliget worden ....“. Ein weiterer Flossofen wurde in Heft erbaut. Die Konzessions- urkunde ist datiert vom 5. Juli 1623 Siehe Münichsdorfer , a. a. O., Anhang, Urkunde No. 18. und gewährt „den Edlen und festen Hanssen und Andree Platzer, beiden Herren Brüdern, und ihren beiden Erben, aus der gangbaren Mayrhütten wiederum ein gangbare Flosshütten, damit mehr höchstgedachter Römisch kayserl. Majestät auch das hochfürstl. Salzburg. Kammergut desto ansehnlicher könnte befördert werden, zu erbauen....“ Der vierte und letzte Flossofen in diesem Jahrhundert wurde 1650 zu Gillizstein bei Eberstein von Francesko Maxikon erbaut. Von hohem Interesse ist das erhaltene Bruchstück des Schmelz- buches vom Urtler Flossofen vom Jahre 1625 im St. Veiter Stadt- archiv Siehe Münichsdorfer , a. a. O., Anhang, Urkunde No. 19. . Es heisst: „Hüten Puechl oder Verzeichnus Was für Flosen von Wochen zu Wochen bei Gemainer St. Veith Playhaus zu Urtl vom 4. April bis 8. Juni, dass sein neun Wochen zween Tag (Im den Ersten Umblass gemacht worden). — 1625 — „Allain in Gottss Namen angefangen“. — Hierauf folgt die tägliche Erzeugung. In den neun Wochen wurden 450 Flossen zu ca. 108800 Kilo erblasen, also 50 Flossen die Woche, oder 8 bis 9 Flossen zu 242 Kilo in 24 Stunden. Jede Flosse entspricht einem Abstich. Die Tagesproduktion überstieg also 2000 Kilo, war also im Vergleich mit der der Siegener und Harzer Hochöfen in Deutschland hoch. Eine zweite Kampagne fand in demselben Jahr vom 15. Sep- tember bis 15. Dezember statt. Der Bericht darüber lautet wie folgt: Allain Gottes Namen angefangen. An dess Cornelius Tag, das ist der 15. September an ain Monn- tag Nachmittag Umb 1 Uhr haben Wyr In den Namen Gottess der Kärnten im 17. Jahrhundert. heiligen Drey Valtigkheit alda bei Gemainer Statt St. Veith Playhauss an der Urtl Angefangen Umb zu lassen Und zu arbeiten: Flosen zu machen. Dar zu Gott der Almechtige darzu seinen Göttlichen Segen geben wolle. Amen. Pfingstag erfolgte der Erste Abstich und wurden 9 Flosen gemacht. 1. Woche 23 Flosen 4710 kg 2. „ 43 „ 10025 „ 3. „ 49 „ 11810 „ 4. „ 53 „ 12295 „ 5. „ 54 „ 12185 „ 6. „ 30 „ 6945 „ Pfingstag, Freitag, Sambstag sein platen gosen: auf Verschaffung Herrn Bürgermeister: Herrn Talman , Stattrichter: 6: mer Herrn von Halleg, Herrn von Ernau, mer auf an Schaffung Herrn Bürger- meister Suma der Platen 15 Stuekh die sein alle durch gemaine Statt: Fuer nach St. Veit gefyrt worden alda an der hitenwag gebogen 2265 kg 7. Woche 52 Flosen 12695 „ 8. „ 52 „ 12655 „ 9. „ 52 „ 13205 „ 10. „ 54 „ 13745 „ 11. „ 57 „ 14200 „ 12. „ 58 „ 14185 „ 13. „ 58 „ 14140 „ 14. „ 14 „ 3500 „ 650 Flosen 158510 kg Summa Summarum dieses Umblass von den 15. September dess 1625. Jar bis 15. Dezember Khol halber (aus Kohlenmangel) aus- gelescht: Und sein 2 Tag 13 Wochen Flosen gemacht 650 Stuckh oen (ohne) der platte wogen allda an der Hüttenwag 156245 kg 15 Platten wogen 2265 „ Summa Summarum 158510 kg In dem 1625. Jahr. — In den beschehen zwayen Umblasse in diesen Jar gearbeitet wurde 23 Wochen 366 Züg 2 Flosen 15 Platen gemacht und wogen an der Hüttenwag 267325 kg = 534 Meiler 6 Ctr. 50 Pfd. Die Durchschnittsproduktion für 24 Stunden betrug demnach 1676 kg. Nach den Rechnungen erwuchsen bei dieser letzten Kampagne folgende Herstellungskosten: Kärnten im 17. Jahrhundert. Erzgewinnung (Sambkost und Artztlosung) 1264 fl. 32 Kr. Kohlenankauf 3120 „ 11 „ Erzfracht 1133 „ 25 „ Kohlenfracht 970 „ 59 „ Flossenfracht nach Althofen 67 „ 48 „ Hütten- und Schmiedekosten 716 „ 15 „ Gebäudeunterhaltung 76 „ 23 „ Zehrungen 141 „ 39 „ Gemeine Ausgaben 328 „ 22 „ Provisionen und Hüttenarbeiterlöhnungen 1118 „ 02 „ 8937 fl. 36 Kr. Die Gestehungskosten für einen Centner Flossen betrugen dem- nach 1 Gulden 40 Kreuzer, ca. 3 Mark. Die Flosshütte zu Urtl bediente 1 Plaher, 3 Ofenknechte, 1 Kohl- stürzer, 4 Erzpocher, 1 Wascher, 1 Fuhrknecht und 1 bis 3 Hilfs- arbeiter. Der Plaher hatte per Woche 3 Gulden und jährlich 25 Gulden Leihkauf, ein Ofenknecht 1 Gulden 30 Kreuzer und jähr- lich 3 Gulden Leihkauf, die Erzpocher 1 Gulden, der Fuhrknecht 1 Gulden 30 Kreuzer, die übrigen Arbeiter 45 Kreuzer Wochenlohn, die Wascher per Meiler Wascheisen 4 Gulden. Die Hüttenarbeiter, welche wieder angelobten, erhielten am Ende des Jahres ein Viertel Raitwein und um 1 Kreuzer Brot. Die Blasebalgreparaturen, die oft die Ursachen der kurzen Kam- pagnen waren, verursachten grosse Kosten. Nach einer Rechnung vom Jahre 1607 betrugen diese: für 8 Ochsenhäute à fl. 7,30 60 fl. — Kr. „ 2 Ochsenhäute à „ 6,30 13 „ — „ „ 131 Pfd. Schmeer 19 „ 39 „ „ Kostgeld für die Balgsetzer 7 „ — „ „ 40 Viertel Wein für die Balgsetzer 10 „ 48 „ „ Lohn der Balgsetzer 15 „ — „ „ 2 Pfd. Leim — „ 20 „ „ Staubmehl und Drahtgarn — „ 12 „ „ Eisenbeschläge 12 „ — „ Summa 137 fl. 59 Kr. Die Balgsetzer waren ein angesehenes Volk, das von einem Werk zum andern reiste. Die Flossen wurden verfrischt und entwickelte sich in Kärnten ein besonderes Frischverfahren sowohl für Eisen, wie für Stahl, das wir kurz beschreiben wollen. Kärnten im 17. Jahrhundert. Dem eigentlichen Frischen ging eine ganz eigentümliche Vor- bereitungsarbeit voraus, das „ Blattelbraten “. Das in der Regel graue Roheisen wurde von der Flosshütte in der Form von Scheiben oder Blatteln geliefert. Um diese zu erhalten, leitete man das Roh- eisen bei jedem Abstich in einen trichterförmigen Sumpf, welcher auf der Hüttensohle, nahe bei der Abstichöffnung, in Sand geformt war und hob von der Oberfläche die erstarrten Scheiben, ganz wie beim Kupferhüttenprozess die Garkupferscheiben, ab Siehe Karsten 1841, a. a. O., Bd. IV, S. 151. . Zuerst wurden die Schlacken von der Oberfläche des in dem Sumpf befindlichen Roheisens abgezogen, und wenn das Eisen ganz gereinigt war, wurde zum Blattelheben oder -reissen geschritten. Nur graues Eisen war hierzu geeignet und bei diesem fielen die Scheiben um so dünner aus, je leichtflüssiger die Beschickung war, aus welcher das graue Roh- eisen erblasen wurde. Zum Blattelreissen bediente man sich einer leichten Brechstange, um die durch das starke Begiessen mit kaltem Wasser zum Erstarren gebrachte Scheibe auf der Oberfläche des Roh- eisenbades von der darunter befindlichen Eisenmasse etwas zu heben; und einer Ofengabel, um die glühenden Scheiben vollends abzuheben. Die Scheiben wogen 10 bis 15 kg und sollten nicht dicker wie etwa 7 mm sein. Diese Blatteln wurden alsdann gebraten , d. h. längere Zeit bei mässigem Luftzutritt geglüht. Dadurch wurde eine Oxydation an der Oberfläche des Roheisens bewirkt und der gebildete Glühspan wirkte wieder auf das anliegende Eisen entkohlend ein. Es bildete sich um den grauen Roheisenkern eine lichtgraue, fast weisse Hülle von entkohltem Eisen (Glühfrischen). Je länger das Braten gedauert hatte, desto dicker war der lichtgraue Saum, welcher bei hinläng- licher Dauer des Prozesses den dunkelgrauen Kern zuletzt ganz ver- drängte. Erhitzte man ein Stück von solchem gebratenen Roheisen mit noch grauem Kern vorsichtig in einem gewöhnlichen kleinen Schmiedefeuer, so floss der graue Kern aus, während der lichte Saum völlige Schweisshitze annahm. Der erstere war noch Roheisen, der letztere geschmeidiges, wiewohl noch unreines Frischeisen. Man musste beim Braten zu starke Erhitzung vermeiden, sowohl wegen der unnötig gesteigerten Glühspanbildung, als wegen des Aus- schmelzens. Dickere Scheiben als solche von 7 mm liessen sich nicht mehr mit Erfolg braten. Das Braten geschah auf sehr einfachen Bratherden. Der Bratherd bestand aus einem etwa 10 cm über Kärnten im 17. Jahrhundert. der Hüttensohle aus Lehm hergestellten Fläche, welche in der Mitte mit einem Luftkanal versehen war. Die eine Seite, wo das Einsetzen und Ausheben geschah, war frei, die andere mit einer Brandmauer geschlossen, an welche der zu bratende Blattelfloss angelehnt wurde. Ueber dem Bratherd war ein Mantel angebracht, welcher die Funken und die heissen Gase nach einer Esse abführte. Der Luftkanal war 10 cm breit und tief, entweder aus Ziegeln gemauert oder aus Guss- eisen. Oben wurde er durch aufgelegte Blattelstücke abgedeckt. Durch denselben wurde zur Unterhaltung des Feuers während des Bratens ein schwacher Luftstrom mittelst eines Gebläses durchgeführt. Der Herd war etwa 1,5 m breit und 6 m lang und konnte man um denselben herumgehen. Der Blatteleinsatz betrug ungefähr 5000 kg. War der Kanal abgedeckt, so wurde entlang demselben eine 10 bis 15 cm hohe Lage von Braschen aufgetragen, darüber die Blatteln in wenig geneigter Lage so gestellt, dass die erste Reihe an die Brand- mauer, die folgenden an die bereits aufgestellten sich anlehnten. Der Blattelhaufe musste möglichst dicht geschlossen sein. Er wurde mit kleinen Braschen überstreut, auf welche man meist noch einige Töpfe fein gepochter Garschlacke auftrug. Hierüber folgte dann eine Lehm- decke. Das Anzünden geschah in dem der Brandmauer gegenüber- liegenden Ende. Die Regulierung und gleichmässige Verteilung der Hitze war das wichtigste bei diesem Prozess. Wenn das zuerst ent- zündete Ende des Haufens schon hinlänglich durchgeglüht war, aber noch in völliger Glut sich befand, schritt man zum „Bratenreissen“ , d. h. man riss die ganz gebratenen Partieen los, worauf man den Haufen sogleich wieder schloss, ähnlich wie bei dem ersten Kohlen- ausziehen bei der Holzverkohlung. Man riss in der Glühhitze auf, weil dies besser ging als nach dem Erkalten, wo alles zusammen- gebacken war. Bei etwa 7500 kg Einsatz konnte man nach 30 Stunden mit dem Bratenreissen beginnen, das in etwa 10 Stunden beendigt war. Von dem Fortgang des Bratens überzeugte man sich durch Bruchproben, die man nahm. Bei manchen Blatteln lief der graue Kern aus, doch war dies nicht erwünscht, da sich diese „Renner“ für sich allein nur schwer verfrischen liessen. Ein Gewichtsabgang fand beim Braten nicht statt. Theoretisch musste sogar eine Gewichts- zunahme stattfinden, weil die Sauerstoffaufnahme bei der Glühspan- bildung grösser war, als die Abscheidung der Kohle. Aber bei dem Bratenreissen waren mechanische Verluste nicht zu vermeiden. Bei der Anwendung gepulverter Frischschlacke fand allerdings eine merk- liche Gewichtszunahme statt. Kärnten im 17. Jahrhundert. Diese gebratenen Blatteln wurden nun einem Frischprozess unter- zogen, der manche Ähnlichkeit mit der früher beschriebenen Mügla- schmiede hat. Die kärntnerische Frischschmiede war eine Löschfeuer- schmiede, in welcher also das Ausheizen zum Ausschmieden in dem- selben Herd geschah wie das Frischen. Dieser Herd war in der Regel ringsum von eisernen Zacken, „Abbrändern“, umgeben und hatte einen Stein oder eine Eisenplatte als Boden. Die Seitenwände standen ziemlich lotrecht, nur das Sinterblech, gleichfalls ein mit den nötigen Stichlöchern versehener Abbrand, war in der Regel 1 bis 2 Zoll vorwärts geneigt. Breite und Länge des Herdes be- trugen 22 bis 25 Zoll; die Tiefe 12 bis 14 Zoll. Die Essbank lag 2 bis 3 Zoll erhöht. Auf der hinteren Seite stand der 2 bis 3 Zoll dicke Abbrand mit seinem oberen Rande in der Regel frei und da- hinter erst stieg die 24 bis 30 Zoll hohe Wolfsmauer in die Höhe Siehe Tunner , a. a. O., II, 127. . Das Esseisen hatte 1½ Zoll Mündungsdurchmesser, 15 Grad Neigung und war gewöhnlich ¼ Zoll unterfeilt. Der Boden des Herdes er- hielt eine 4 bis 6 Zoll dicke Löschschicht. Wurde diese Lage schwächer, so trat Rohgang ein, wurde sie stärker, Gargang. Diese Schicht musste sorgfältig hergestellt und fest gestampft (verstaucht) werden. — Auf der Windseite wurde nach gefülltem Herd in dem daselbst befindlichen Löschwall mit der kleinen Schaufel ein Bett für die erste Hälfte des einzuschmelzenden Roheisens so gegraben, dass die darauf gelegte Partie gebratener Blatteln 6 Zoll höher als die Form und bei 20 Zoll von dieser entfernt zu liegen kamen. Man machte ein Blattelpacket von 15 bis 18 Zoll Länge, 8 bis 10 Zoll Breite und 6 Zoll Höhe, was sorgfältig eingelegt, nicht aber in eine Zange gefasst wurde. Während des Ausheizens wurde es mit der Rennstange langsam vorgewuchtet. Der Deul (die Luppe) wurde bei der kärntnerischen Löscharbeit nur in zwei Masseln geschroten, die nicht sehr dick, aber lang waren. Sie wurden mit viel „Saft“ (Garschlacke) ausgeheizt, um so mehr, da man ein besonders weiches Eisen erstrebte: Nagel- und Draht- Wallas und Zaggel für die Streckhämmer. Jede Massel wurde deshalb vorerst in mehrere, meist in sechs kleine Kolben geschmiedet und dann ein jeder von diesen in einer Hitze ausgereckt. Dies geschah, wie erwähnt, in demselben Herd und erforderte 2—2¼ Stunden. Während dieser Zeit wurde von dem Kärnten im 17. Jahrhundert. Roheisen nichts eingeschmolzen, weil dieses an dem tief angesetzten Schweissboden zu roh bleiben würde. Nach beendetem Ausheizen wurde das Blattelpacket mit der grossen Deulstange der Form um mehrere Zoll näher gerückt, der Wind aber verschwächt, damit das Einrennen nicht zu rasch erfolgte. Auf die vorgerückte Blattel wurde ein zweites Packet auf die Windseite aufgelegt, welches ziemlich in derselben Entfernung wie das erste gehalten wurde. Die beiden Roh- eisenmassen zusammen wogen 100—110 kg. Nachdem sich Sauer (Dünneisen) im Herd gebildet hatte, wurden die kleinen Blattel- stücke, ca. 10 kg mit Weich (Garschlacke) vermengt, auf der Wind- seite eingesetzt. Das Vorschieben und Lüften des Packetes geschah mit der Rennstange und erforderte grosse Aufmerksamkeit, denn es war viel schwieriger als das Verschieben in Zangen. Die Windstärke betrug 20—24 Zoll Wassersäule. Es befand sich während des ganzen Prozesses viel Schlacke im Herd, die, wenn sie zu sehr überhand nahm, abgestochen werden musste. Die Dauer des Zerrennprozesses samt Nachblasen betrug gewöhnlich zwei Stunden. Der kuchenförmige Deul wurde mit einem Feuerzug zum Amboss gebracht und hier mit der Schrothacke in zwei Hälften geteilt. Das Drücken und Recken der zwei Deulhälften zur Massel dauerte 15—20 Minuten. — Man erhielt ein sehr weiches Eisen. — Zu einem Hammer mit zwei Feuern ge- hören 1 Meister, 1 Schmied, 2 Frischer und 2 Kohlenträger. Es wurden 40—50 Schaff Kohlen für 1000 kg Eisen gebraucht. Der Abbrand betrug 20 Prozent. Ein durchaus verschiedener Prozess war die kärntnerische Stahlarbeit . Er ist zweifellos aus der alten Brescianschmiede her- vorgegangen, wie schon die gleichlautenden romanischen Bezeichnungen beweisen; man nennt ihn deshalb auch häufig Kärntner Brescian- stahlarbeit Siehe Karsten a. a. O. IV, 469. . Die Herdgrube, welche später mit Eisenplatten ausgesetzt wurde, war jedenfalls ursprünglich von Steinen eingefasst, denn man nennt diese Platten noch heute Steine. Den Boden bildete eine steinerne oder eiserne Grundplatte, unter der ein hohler Raum gemauert war, von der ein Kanal über die Hüttensohle geführt war, wodurch die Erd- feuchtigkeit abgezogen wurde. Länge und Breite des Herdes waren 58 auf 63 cm, Tiefe von der Form 36 cm, bis auf den aufgestauchten Boden 24 cm. Der Riastein (Windzacken) lag etwa 10 cm höher als die Form; diese eine hatte kreisförmige Mündung von 36 mm Durch- Kärnten im 17. Jahrhundert. messer, lag 11 cm über und hatte 10—16° Stechen. Die Windstärke betrug 45 cm Wasserdruck. Das Roheisen bestand aus grauen oder halbirten Gänzen (Striezelflossen) und Blatteln von abgeschrecktem Spiegeleisen. Erstere wurden durch ein Hartzerrennen im Herde selbst in „Böden“ von weissem Roheisen umgewandelt. Das Spiegel- eisen diente als rohmachender Zuschlag. Der erste Teil der Arbeit war die Sauerbildung und das Deulputzen . Man schmolz zu diesem Zweck 20—35 kg unverarbeitetes Roheisen ein, um eine dick- flüssige Eisenmasse, den Sauer, zu bekommen. Gleichzeitig wurde das Abschweissen und Putzen der beiden Hälften der letzten Cotta, Deule genannt, vorgenommen und bis zur Umgestaltung der beiden Deule in „Greifen“ oder „Presa“ — grosse Kolben mit Griffen zum Fig. 230. Anfassen mit der Zange (Fig. 230) — fortgesetzt. Hierbei wurde einerseits der Sauer durch die abschmelzenden Deulteile allmälig garer, anderseits tauchte man die zu weich gewordenen Deultheile in den Sauer und härtete sie dadurch, wie bei der Paaler und Brescianer Arbeit. Das Ausschmieden wurde fortgesetzt, die Greifen zu Tajoli — grobe Stäbe mit Einkerbungen — und diese in Kölbchen, von denen 24—30 aus der Cotta erfolgten, geschmiedet. Noch während des Ausschmiedens fand das Verkochen des Sauers statt, welches, wenn erforderlich, durch Einrühren von Garschlacke (skaja) beschleunigt wurde. Gleichzeitig wurde ein Boden so nahe an die Form gerückt, dass er langsam abschmelzen konnte. Nach been- detem Ausschmieden wurde dies, um die Cotta zu machen, beschleu- nigt und Böden und Blatteln, wie es der Gang im Herde erforderte, abwechselnd eingeschmolzen, wobei für reichlichen Feuersaft (Frisch- schlacke) gesorgt werden musste. Bei richtigem Gang schmolz das Roheisen tropfenweise und sammelte sich bereits teichartig auf der Oberfläche der Cotta und ging hier unter der Schlackendecke mit geringem Aufkochen in Stahl über. Die Farbe der Flamme war das Erkennungszeichen für den richtigen Gang; war derselbe zu gar, so wurde die Flamme weiss oder bläulich, ging er zu roh, so wurde die rötliche Flamme dunkelrot bis braun. Der ganze Prozess einschliess- lich des Ausheizens (1½ Stunden) verlief in etwa 3½ Stunden. Die gebildete Cotta wog 75—100 kg. Von dem eingeschmolzenen Sauer (40 kg) waren etwa 10 kg verkocht, so dass nur noch 30 kg im Herd blieben, in welchem die zweite Cotta gemacht wurde. In der Regel wurden drei Cotta in einer Schicht gemacht und dann die Arbeit Beck , Geschichte des Eisens. 67 Krain im 17. Jahrhundert. unterbrochen. Die Stahlmasse der Cotta war sehr ungleich und be- durfte sorgfältiger Sortierung. Man trennte zunächst den Stahl von dem eisenhaltigen Gemenge — Refudi (von rifiuto, Ausschuss). Letzterer wurde nicht in den Handel gebracht, sondern wieder eingeschmolzen. Sodann wurde der Stahl nach seiner Güte in folgende Arten sortiert: 1. Kölberlstahl (Brescianer- oder Münzstahl), die härteste Sorte, welche in Stäben von 1—1½ cm und 3 kg Gewicht zum wei- teren Ausschmieden an den „Ziehhammer“ kam; 2. Tannenbaumstahl, langer und kurzer, welcher ungehärtet in Stäben von 2 m und von 1,20 und 26 mm Stärke zu je 6—8 Stück in Zentnerbuschen ver- packt wurde; 3. Stückstahl, etwa 3 cm starke, gehärtete Stahlstäbe von reinem, mit Rosen angelaufenem Bruch; 4. Mock, die von dem Stückstahl ausgeschossenen eisenhaltigen Stäbe. Der Eisenabgang bei der Kärntner Stahlarbeit betrug 25 Proz. der Kohlenverbrauch auf 100 Stangenstahl 2,25—2,80 cbm Holz- kohlen. Drei Viertel fiel als Stahl. Drei Mann erzeugten in der Woche 1500—1750 kg. Der Unterschied von der Paaler oder echten Brescianer Stahlarbeit bestand hauptsächlich darin, dass das Eintauchen des Deuls in den Sauer bei letzterer immer und regelmässig, bei der Kärntner Arbeit aber nur gelegentlich nach Bedürfnis geschah. Krain . Im Herzogtum Krain waren um die Zeit, als Valvassor Valvassor : Die Ehre des Herzogtums Krain. Laybach 1689. dessen Geschichte schrieb (1689), 13 Eisenwerke im Betrieb: Sawa, Bleyofen, Jauerburg, Ober-Eisern, Unter-Eisern, Wochein, das alte Werk in der Wochein, an der Feistritz, Ober-Kropp, Unter-Kropp, Steinbühel und Gurkh, letzteres in Unterkrain, alle anderen in Oberkrain. Die meisten Erzschmelzöfen waren Stücköfen. Ein solcher war der Ofen an der Gurkh, eine Meile oberhalb Seisenberg, „da man das Eisen schmilzt und hämmert“. Im inneren Krain war ein Eisenwerk am Wipacher Boden, welches dem Grafen von Lanthery gehörte; dort goss man auch Retorten Krain im 17. Jahrhundert. zum Ausbrennen des Quecksilbers. Hier befand sich also bereits ein Hochofen. Über die Art, wie im Hochgebirge das Holz für die Hüttenwerke heruntergebracht wurde, giebt Valvassor eine deutliche Beschrei- bung: „Man lässt bei Winters Zeiten das Holz auf den „Rissen“ her- unterlaufen. Diese Rissen sind aus langen Tannen- und Fichten- stämmen, die seitlich durch Bäume gestützt sind und wie Fusssteige und Brücken über Abhänge, Flüsse u. s. w. vom Hochgebirg herab- führen, erbaut. Im Winter beschüttet man sie mit Wasser, so dass sich eine glatte Eisdecke darauf bildet. Am Ende setzt man ein starkes dickes eisernes Kreuz, nach innen mit Schärfen versehen. Alsdann bringt man oben voneinander geschnittene Baum-Hölzer, ungefähr 3 oder 4 Schuh lang, herbei, bis an den jähen Ort, da sie hinab fahren können. Von dannen laufen sie nach der Rissbrücke (nicht ohne sonderliche Lust der Zuschauer) bis zu dem Kreuze. Wann sie allda an solches Kreuz anschlagen, springt jedwedes Stück in 4 Teile, dass also nachmals unvonnöten ist, solches weiter zu spalten und den Holzhackern die Mühe erspart wird. Ein solcher Riss wird ein vier- theil — ja wohl eine halbe Meile und auch wohl länger oder kürzer ge- macht. Ohne dieses Mittel würde es nicht möglich halten, das Holz aus solchem Gebirg durch seltene Graben und Schlutten herabzubringen.“ Eine andere Art des Holztransports geschah durch künstliche Stauung des Wassers in den Schluchten und Thälern im Hochgebirge. In Sawa wohnte um diese Zeit ein berühmter Büchsenmeister Peter Botti , der sich mit den besten Meistern in Italien zu Brescia, in Frankreich und in Niederland messen konnte; Sohn und Enkel halfen ihm und eiferten dem Alten nach. Diese machten auch viele von Stahl künstlich ausgeschnittene Knöpfe, für welche Italien und Frankreich willige Abnehmer waren, wie auch die kunstreichen Ge- wehre gegen hohe Bezahlung in fremde Länder und Königreiche gingen. In Sawa wurde fast ausschliesslich Stahl gemacht. „Eisen- Werk wird dieses Orts nicht verarbeitet, es geschähe denn blos Je- mandem zu Gefallen: als dann es aber in bester Vollkommenheit geliefert wird. So arbeitet man hier auch den Krabatischen Stahl, wann er angefröhmt wird. — Vor einigen Jahren hat man hier auch grosse Anker bis zu 30 Centner schwer geschmiedet. Als die Vene- tianer davon Kundschaft erhielten, haben sie die Einfuhr nach Italien verboten, besorgend, ihre Anker dürften darüber zurückbleiben. Da- durch ging das Geschäft ein und liegen noch von diesen Ankern un- benutzt bei Laybach.“ 67* Bayern im 17. Jahrhundert. Die grössten Eisenindustriellen im 17. Jahrhundert waren die Herren von Locatelli . Sie waren auch die Besitzer der Eisen-, Berg- und Hammerwerke zu Wochein an der Feistritz. Die Hütte war neu her- gerichtet. Doch war hier „gleichfalls das Werk auf die Wölffe ge- richtet und wurde daraus mancherlei Eisen geschmiedet, sonderlich aber Schien-, Garter- und anderes gezogenes Eisen allerley Art ver- fertigt. Noch besser hinab steht eine Schmelzhütte, welche gleichfalls des Herrn Locatelli Eigentum ist. In derselben giesst man die eiser- nen Retorten zum Quecksilberbrennen, wie auch andere Sachen, so man aus Eisen zu giessen pflegt“ Siehe Valvassor a. a. O., S. 395. . In Tirol erhielt 1613 der Gewerke Hans Marquart Rosen- berger von Rosenegg aus Augsburg die Konzession für Bergbau. Eisenschmelze und Hammerwerk zu Pillersee nebst Verleihung der dazu nötigen Waldungen, worauf er das berühmte Eisenwerk Pillersee gründete. Dasselbe gelangte 1670 durch Kauf an Karl von Aschauer und 1699 an den Grafen Preyssing und die kurfürstlich bayrische Gewerkschaft. Bayern . Bayern wurde durch den 30 jährigen Krieg schwer heimgesucht, am meisten wohl die Oberpfalz, deren alte, hochberühmte Eisen- Industrie hierbei den Todesstoss empfing. Dieselbe hatte allerdings schon vor dem Ausbruch dieser Katastrophe gekränkelt, und zwar aus mancherlei Ursachen, als Uneinigkeit der Gewerken, Mangel an Für- sorge der Landesfürsten, zumeist aber aus Mangel an Intelligenz und Unternehmungsgeist der Besitzer. Während ringsum in deutschen Landen Hochöfen entstanden, welche gutes, billiges Eisen lieferten und der oberpfälzischen Industrie empfindliche Konkurrenz bereiteten, konnten die Gewerke der Sulzbach-Ambergischen Hammereinigung sich nicht dazu aufschwingen, von ihrem veralteten Zerrennfeuerbetrieb zu lassen und sich dem Hochofenbetrieb zuzuwenden. Als daher der 30jährige Krieg ausbrach und die Lande des Pfalzgrafen Friedrich V. zuerst von der Kriegsfurie heimgesucht wurden, erreichte alsbald die Hammereinigung, die sich seit länger als zwei Jahrhunderten so treff- Bayern im 17. Jahrhundert. lich bewährt hatte, ihr Ende. Im Jahr 1627 lief die letzte Vertrags- periode ab und wurde die Einigung nie mehr erneuert. Zu Anfang des Jahrhunderts im Jahre 1600 hatte Kurfürst Friedrich IV. sich bemüht, dem nordgauischen Berg- und Hüttenwesen einen neuen Impuls dadurch zu geben, dass er die alte Erklärung wieder bekannt gab, wonach er jedem Bergbautreibenden vier Frei- jahre gewährte mit „Notdurft an holzfreier Zufuhr der Pfennwerthe (Accisfreiheit), Steuer-, Zins-, Scharwerks- und Herzugsfreiheit, sicherem Geleit, freiem Zu- und Abzug und sonst Allem, wie es die gemeinen Bergordnungen anweisen“ Siehe Lori , Sammlung des bayrischen Bergrechtes, LXIX. Bd., S. 425. . Blieb dieser Erlass auch ohne besonderen Erfolg für Sulzbach- Amberg, so veranlasste er doch die Gründung einer bedeutenden Eisengewerkschaft im Fichtelgebirge. Es verbanden sich nämlich Christian , Fürst zu Anhalt, Statthalter zu Amberg, mit Michael Löfen , kurpfälzischem geheimen Rat, Heinrich von Eberbach , dem Rentmeister Theophilus Richius , dem „Chymisten“ Matthäus Carl und dem Hüttenmeister in der Warmensteinach Johann Glaser zu einer Gewerkschaft, um auf der Fundgrube Gottesgab im Gleissenfels am Fichtelberg ein Eisenbergwerk zu errichten. Sie erbauten einen Hoch- ofen und Frischhütten, und das Unternehmen kam bald in grosse Blüte. Friedrich IV. erstreckte die obenerwähnten Freiheiten mit einigen Zusätzen und Erläuterungen samt dem gefreiten Berggericht durch besondere Verordnung vom 31. Mai 1604 Siehe Lori , a. a. O., S. 429. auf dieses Bergwerk. — Der Fürst von Anhalt brachte die Anteile des Matthäus Carl und Johann Glaser durch Kauf an sich, so dass er drei Fünftel des Ganzen besass. In dem Freiheitsbrief gewährt der Kurfürst, „dass innerhalb zwey Meil Wegs um bemeldte Fund-Grub am Gleissenfels kein solch Werk, auch kein hoher Ofen oder ander Werk, so demselben abbrüchlich sein mögt, so lang das gangbar bleiben und erhalten wird, verstattet werden soll“. Durch die Schlacht am Weissenberg und die Niederlage Fried- richs V. von der Pfalz kam der Nordgau in den Besitz des Kaisers Ferdinand II. Derselbe verkaufte aber die Oberpfalz mit allen Berg- gerechtigkeiten im Jahre 1628 für 13 Millionen Gulden an Herzog Maximilian I. von Bayern. Dadurch wurde die Pfalz mit Bayern dauernd vereinigt. Max I., der vortreffliche Fürst, gab sich trotz der Ungunst der Zeiten die grösste Mühe, das pfälzische Berg- und Hüttenwesen wieder in Schwung zu bringen. Er ernannte Johann Hochholzer Bayern im 17. Jahrhundert. zum allgemeinen Bergdirektor mit dem Sitz in Amberg und erteilte ihm 1632 eingehende Verhaltungsbefehle, welche, da die Hammer- einigung aufgehört hatte zu bestehen, die Bedeutung einer Bergord- nung für die Oberpfalz erlangten Siehe Lori , S. 463. . Herzog Max hatte sich schon vor dieser Zeit um die Hebung des Bergbaus in seinen bayrischen Landen eifrig bemüht. Er ermunterte zur Anlage neuer Bergwerke und brachte die alten, welche sein Gross- vater verschenkt hatte, wieder an sich. Den Herren von Freyberg waren im 16. Jahrhundert die Eisenwerke Bergen und Aschau über- lassen worden unter der Bedingung, dass sie dem Salzsudwerk zu Reichenhall das Eisen zu einem 1552 festgesetzten Preis lieferten. Dies hatten dieselben unterlassen und der Herzog drang auf Er- füllung. Doch verglich er sich 1608 mit den Freybergischen Erben, denen von Schurf und von Preysing , dahin, dass er von seiner Forderung abstand und sich der Frohn begab, wogegen jene ihm die Hälfte der Bergwerke abtraten. Die Waldungen wurden, wie früher bestimmt, den Eisenwerken belassen. Der Gerichtszwang zu Bergen fiel an den Herzog zurück, während er in Aschau den Inhabern der Herrschaft verblieb. Eine andere bedeutende Bergwerksunternehmer-Familie waren die von Keck zu Prunn, denen Max I. 1625 das Bergwerk zu Boden- mais überliess. Diese waren an dem oberpfälzischen Eisenhandel be- teiligt, wie aus einem am 28. Juli 1608 zu Regensburg vereinbarten „Eisenkontrakte“ hervorgeht. Danach hatte „Khek“ alles „wercheisen- Schün“, das im Vorrat und das bis Pfingsten 1609 geschmiedet und mit dem Werkzeichen C. K. bezeichnet sein musste, dem Käufer Fle- tachern mit seinen Erzschiffen ohne Transportkosten nach Regens- burg zu liefern, wogegen dieser „für jedes gelieferte Pfundt 1 Pfd. Schün zählte 240 Schün, 1 Schilling Schün aber 30 Stück. 12 Werk- schün wogen 1 Centner, also 1 Schün etwa 4½ kg und 1 Pfd. Schün über 1000 kg. zähes wercheisen baar zu bezahlen ain vnnd siebenzig gulden … für 3 Pfundt abbogen oder 66 Gulden vnnd dann sein Herren Kheken geliebten Frauen auf iedes Pfundt 1 fl. Leytkhauff .... dagegen soll Herr Khek des Herrn Fletachers geliebten Haussfrauen zween Schillings zächs Wercheisen gegen Leytkhauff liefern“. Die oben erwähnte Ambergische Berginstruktion erstreckte sich nicht auf das Fichtelgebirge. Fürst Christian von Anhalt, der Hauptbesitzer des Eisenstein- bergwerks Gottesgabe hatte sich bei Ausbruch des 30jährigen Krieges Bayern im 17. Jahrhundert. dem Pfalzgrafen Friedrich V. angeschlossen und seinen Anteil durch Vollmacht dem Rentmeister Richius übertragen. Nach dem unglück- lichen Ausgang des böhmischen Feldzugs verfiel er in die Reichsacht, versöhnte sich aber 1624 mit dem Kaiser und erhielt seine Besitzun- gen und Rechte wieder. Im Jahre 1627 verschenkte er seinen Anteil an dem Eisenwerk Gottesgabe an zwei treue Diener, Friedrich Schwarzenberger und Melchior Loyss Siehe Lori , LXXI. , welche darauf in dem- selben Jahr in Gemeinschaft mit ihren Mitgewerken einen neuen Bergverwalter mit einem ausführlichen Bestallungsbrief Siehe Lori , 459. anstellten. In diesem heisst es wegen des Hochofens unter anderem: „§ V. Damit auch bei dem hohen Ofen, an welchem der Gewerk- schaft sehr viel gelegen, und dieselben so Tags so Nachts in Gang erhalten werden, kein Unfleiss, Versaumnussen oder Gefahr vorgehe, oder gebraucht werde; solle er ein wachsames Aug jederzeit darauf haben und bisweilen auch, wegen mehrer Forcht, des Nachts sich bei den Arbeitern finden, ihnen zusprechen, sie ihrer geleisteten Pflicht erinnern und zu gebührendem Fleiss freundlich, oder da auch von- nöten, amtswegen alles Ernstes vermahnen, wöchentlich den ge- schmelzten Vorrat abwägen und solchen unter seine Hand und Ver- wahrung künftig haben zu verrechnen, nehmen, zu welcher Abwägung er dann jederzeit den Schreiber und Schmidtmeister zuziehen und ob der Zeug recht und zu verarbeiten tüchtig, geschmelzt worden, oder mangelhaftig, bey seinen Pflichten zu fragen, auch auf den Fall Un- fleiss bei den Schmelzen vorgetroffen, den Schmelzer darunter zur Rede setzen, zu mehrerem Fleiss zu ermahnen, auch da es nicht verfangen sollte, solches fernerer Gebühr willen anhero berichten.“ Die Schenkung des Fürsten von Anhalt wurde aber angefochten und die beiden genannten Gewerke am 9. November 1628 des Berg- amtes wieder entsetzt, nachdem die kaiserlichen bisher in der oberen Pfalz verordnet gewesenen Kommissarien aus der böhmischen Kanzley Bescheinigungen vorbrachten, dass ihnen bereits 1623 die konfiszierten anhaltischen Bergwerksanteile von Kaiser Ferdinand II. geschenkt worden wären. Trotz des Widerspruchs des Fürsten von Anhalt blieben die kaiserlichen Kommissare bis zu den feindlichen Einfällen 1635 im Besitz der Werke. Von da an geriet der Bergbau am Fichtelge- birge gänzlich in Verfall, und es kümmerten sich weder die alten noch die neuen Gewerke weiter um denselben, so dass endlich Kurfürst Maxi- Bayern im 17. Jahrhundert. milian I. im Jahre 1648 sich veranlasst sah, dieselben für die fürstliche Kammer einzuziehen und von neuem belegen zu lassen. Weder Maximilian noch seinem Nachfolger Ferdinand Maria ge- lang es, die Sulzbach-Ambergischen Eisenwerke wieder in Aufnahme zu bringen. Ein Versuch des letzteren im Jahre 1655, die alte Hammereinigung wieder aufzurichten, blieb erfolglos. Die Bergwerke am Fichtelgebirge wurden, nachdem die nachträg- lich erhobenen anhaltischen Ansprüche durch Kauf beseitigt waren, von Kurfürst Ferdinand Maria verpachtet, und zwar das Bergwerk Gottesgab 1658 um 550 Gulden auf acht Jahre und auf Afterbestand ebenso lange die Hammergüter zu Ober- und Unterlind einem Johann Ernst von Altmannshausen , Obrist-Wachtmeister zu Fuss. Dieser und sein Sohn brachten es unter falschen Angaben, indem sie nämlich die Werkseinkünfte verhehlten und sogar angaben, mit Schaden zu arbeiten, während sie durchschnittlich eine jährliche Ausbeute von 12000 Gulden auf den Werken erzielten, dahin, dass ihnen der Pacht unter sehr günstigen Bedingungen bis zum Jahre 1684 erstreckt wurde. Derselbe Herr von Altmannshausen kaufte 1670 die eingegangene Eisen- hütte zu Ebnat und 1674 die zu Unterlind mit der niederen Gerichts- barkeit auf denselben. 1685 wurde dem Freiherrn von Altmannshausen das Eisenberg- werk am Fichtelberg von neuem in Pacht gegeben und dieser auf 16 Jahre bis zum Jahre 1700 erstreckt. Im Jahre 1689 kamen aber die Schwindeleien, welche der Freiherr und sein Sohn zum Nachteil der fürstlichen Regierung getrieben hatten, an den Tag, es wurde der Pacht aufgehoben, und die Berg- und Hüttenwerke mit dem ganzen Inventar eingezogen. Der junge Altmannshausen, der am meisten bei der Angelegenheit graviert war, wurde überdies „mit 8 tägiger Arrestierung auch geringer Atzung“ bestraft. Von dem Eisenwerk bei Bodenwöhr erfahren wir aus der Zeit des 30jährigen Krieges nur, dass im Jahre 1630 Wilhelm Selz das Hammerwerk für 13000 Gulden übernahm, in der Folge aber sehr schlechte Geschäfte machte. Die Hütten kamen in Verfall. — Im Jahre 1678 wurde der Hammermeister Schreyer von dem Land- gericht Neuenburg und dem Pflegeamt Bruck gemeinschaftlich in den Besitz des Bodenwöhrer Hammers eingewiesen. Bei den zugehörigen Grundstücken wird eine „Hammer- oder Zigeunerwiese“ und eine „Zerrennerwiese“ aufgeführt. Im Jahre 1693 beschloss die bayrische Regierung, den Betrieb zu Bodenwöhr selbst in die Hand zu nehmen, einen Hochofen daselbst zu erbauen und die Schreyers als Hütten- Bayern im 17. Jahrhundert. beamte anzustellen. Der Bau des Hochofens geschah durch Georg Petzler , Schmelzmeister zu Sulzbach. Nach Fertigstellung der um- fangreichen Anlagen Ein Inventar derselben ist abgedruckt in der Zeitschrift des Regensburger historischen Vereins, II, S. 303. wurde zu Bodenwöhr ein Bergamt errichtet. Kurfürst Max II. bemühte sich eifrig, den Bergbau namentlich in der Oberpfalz wieder in Flor zu bringen. Der Erfolg war aber nur gering. Er übertrug die Aufsicht über die Bergwerke der Ober- pfalz 1692 dem Grafen von der Wahl . 1693 beteiligte sich der Kurfürst selbst an dem Eisensteinbergbau, indem er mit der Stadt Amberg in Mitgewerkschaft trat. Die Amberger bemühten sich bei dem Kaiser, ihre alten Vorrechte wieder zu erlangen. Dies führte aber nur zu Zerwürfnissen und hatte keinen Erfolg. Das Bergwerk zu Engelsdorf war das einzige, welches während des spanischen Erb- folgekriegs mit Gewinn betrieben wurde. 1693 wurde wieder eine Haupteisenniederlage zu Amberg gegründet, welche sich aber nicht lange halten konnte. 1694 erliess Max II. eine besondere Eisen- hüttenordnung (siehe Lori 535), in welcher der Eisenverkauf als ein Regal behandelt wird. Aber der alte Glanz des Amberg-Sulzbacher Bergbaus war erloschen. Graf von der Wahl kaufte für das fürstliche Generalbaudirek- torium 1693 das alte Hammergut Bodenwöhr und legte daselbst eine Eisenhütte an. Die Werke am Fichtelberg wurden, nachdem sie 1689 denen von Altmannshausen abgenommen worden waren, unter die Aufsicht des Bergobersten Macolini gestellt. Dieser war es, welcher 1690 auf der Mühle Fortschau bei Kemnat eine Gewehrfabrik für Bayern er- richtete, welche lange Zeit in Betrieb blieb. In Oberbayern waren die früher erwähnten Hüttenwerke zu Bergen und Aschau im Umgang. Ueber die Eisenindustrie in Württemberg sind die Nachrichten aus diesem Jahrhundert spärlich. 1614 wurde der alte Hochofen zu Unterkochem bei Aalen an die Propstei Ellwangen verkauft und von dieser wurde die sehr ergiebige Grube in der Hirschklinge bei Wasseralfingen eröffnet und der Schmelzofen dahin verlegt , als der Fürst von Öttingen Zoll für das durch sein Gebiet geführte Erz erhob. — Am 13. Februar 1671 legte man an den neu erbauten Hochofen das erste Feuer an, welches am 17. Februar das erste Eisen gab. Man goss auch Ofenplatten, aber ein Eintrag in die Jahres- Baden im 17. Jahrhundert. rechnung beklagt, dass es damit ein schlechtes Geschäft wäre, weil die Kaufleute sehr wählerisch seien und nur die schönsten Platten ausläsen, diese dann in einer Weise probierten, dass viele dabei Schaden litten und ausserdem noch Jahr und Tag Gewährschaft ver- langten, so dass, wenn in der Zeit eine springt oder krumm wird, eine neue geliefert werden muss. Mit der Erzeugung von Masseleisen wurden die Faktoreien und Hammerwerke Abtsgemünd und Unterkochem, desgleichen ein klei- neres Hammerwerk auf der Hardt bei Ellwangen versorgt. Der Ofen wurde alljährlich vor der Kirchweih angeblasen, zuvor aber nach dem Wiedereinbau des Gestells von dem Kaplan des Dorfes unter Abhaltung einer Messe eingesegnet; die Feierlichkeit wurde mit einem Schmelzermahl geschlossen. Baden . Wie in Bayern, so litt auch in den übrigen süddeutschen Staaten die Eisenindustrie durch den 30jährigen Krieg schweren Schaden. In Baden gingen in dieser Zeit die meisten Hütten zu Grunde, so die bedeutendste derselben zu Kandern. Von dieser ist das letzte Inventar vom Jahre 1635 noch erhalten Siehe Frenkle , a. a. O., S. 114. ; darin wird aufgeführt 9 Stück Masseln, jede zu 9 Centner und zu 3 Gulden; 9 Centner Ambosseisen zu 3 Gulden, 1 Centner Abstummel zu 6 Gulden 10 Batzen; 15 Centner Granaten zu 3 Gulden, 2 Centner Luppen zu 4½ Gulden etc. Der Hammerschmied hatte damals für den Centner 14 Batzen Lohn und 8 Gulden Wochenkostgeld nebst 60 Gulden jährlichem Gnaden- gehalt und 6 Gulden für ein Kleid. Er arbeitete mit fünf Gehülfen, deren Kostgeld ihm an seiner Lieferung abgezogen wurde. Die Hütte hatte nur vier Blasebälge, während der Betrieb sechs erforderte. Der Schmelzer lieferte auch das Erz und hatte dafür wöchentlich 4 Gulden. Dieses Kostgeld wurde ihm, wenn der Ofen in Betrieb war, am Schmelzerlohn wieder abgezogen. Dieser betrug für den Centner Masseln 2 Plappert, für den Centner Gusswaren 4 Plappert, für den Centner Kugeln und Granaten 5 Plappert. Sein Gnaden- und Kleidungsgeld betrug zusammen 12 Gulden. Der Drahtzieher arbeitete mit drei Gehülfen, hatte wöchentlich 8 Gulden Kostgeld und 12 Gulden Baden im 17. Jahrhundert. Gnadengehalt im Jahre, wogegen er die Hammerstiele und dergleichen anschaffen musste. Er konnte mit seiner Löhnung nicht bestehen. Der Köhler arbeitete auf fünf „Kohlenplatten“ und hatte je nach der Entfernung verschiedene Löhnung, für Hauer- und Brennerlohn 18 bis 27 Batzen. Ein regelmässiges „Hauptschmelzen“ dauerte 26 Wochen, wozu man wöchentlich 400 Kübel Erz bedurfte. Die Erze waren zumeist Bohnerze, welche durch Tagebau gewonnen wurden und 5 Plappert per Kübel auf der Hütte kosteten. Das wöchentliche Ausbringen betrug 145 Centner Masseln zu 6 Gulden den Centner. Auf der „Schmelze“ wurden folgende Eisensorten gemacht: „Öfen, Häfen, Schubotten, Ambosse, geprämtes Eisen, Gattereisen, Kesseleisen, Kugeln, Luden-, Brand- und breites Spangeneisen, allerley Gusswaren, allerley Draht, Nägel u. s. w.“ Der Drahtzug mit neun Bänken konnte 12 Sorten Draht liefern. Das Werkzeug wurde den Drahtziehern zu bestimmtem Preis zuge- stellt und überlassen. Die Eisenpreise waren mehr nach Stück als nach Gewicht. — Die grosse Laufenbergische Gewerkschaft rechnete nach Kölnischem Gewicht, die Wage zu 120 Pfd., wie dies schon im Mittelalter (1370) der Fall war. Zu Hammereisenbach betrug in den neun Jahren von 1605 bis 1614 die jährliche Produktion 1733 Ctr. 60 Pfd. bis 2172½ Ctr. Kellergewicht, im Ganzen 17210 Ctr. 24 Pfd. oder 1911 Ctr. 22 Pfd. im Jahresdurchschnitt, zu 4 Gulden den Centner = 7648 Gulden im Jahre. Der Eisenpreis war ungünstig gegen den Fruchtpreis, denn das Malter Vesen oder Dinkel kostete 5 Gulden. In den acht Be- triebsjahren von 1616 bis 1623 war die Produktion geringer, sie be- trug im Jahresdurchschnitt 18227/8 Centner, der Preis war höher und schwankte von 5 bis 6 Gulden für den Centner. Ueber den Betrieb der Werke des Eisenbundes zu Laufenberg und Säckingen liegen nähere Nachrichten vor, deren Veröffentlichung wir dem Alt-Nationalrat Arnold Münch in Rheinfelden verdanken Arnold Münch , Die Erzgruben und Hammerwerke im Frickthal und am Oberrhein, Aarau 1893. . Dieser Betrieb kann bis zum Jahre 1621 als ein schwunghafter be- zeichnet werden. Die Eisensteinförderung im Frickthal kam aller- dings schon seit 1610 nach den vorhandenen Rechnungen in Rück- gang, dagegen betrug die Eisenerzeugung der Blauöfen des Eisen- und Hammerbundes zu Laufenberg, Säckingen, Murg und Wehr in Baden im 17. Jahrhundert. den 14 Betriebsjahren, von denen aus dem Zeitraum von 1601 bis 1621 die Rechnungen vorhanden sind, 20231 Masseln, also durchschnitt- lich 1445 (zu 10 Ctr.) im Jahre. Dagegen sank im 30jährigen Kriege sowohl die Erzförderung der „Ernzergemeinde“ im Frickthal als die Eisenerzeugung des Bundes und hatten die beteiligten Landschaften schwer unter den Gräueln des furchtbaren Krieges zu leiden, besonders in den Jahren 1633 bis 1646, am schwersten Laufenberg, welches Anfangs Februar 1639 von den Schweden unter Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar nach vierwöchentlicher Belagerung erstürmt, zum grossen Teil eingeäschert und gebrandschatzt wurde. Bei diesem An- lass wurden auch vier grosse Hammerwerke, welche auf 38000 Gulden geschätzt waren, ein Raub der Flammen. Mit dem Wohlstand und der Bedeutung des Ortes erlitt die Eisenindustrie der ganzen Gegend einen gewaltigen Stoss. Die darauf folgende 13 jährige schwedisch-französische Okkupation, spätere feindliche Invasionen, häufige Verkehrsstörungen und veränderte Verkehrsverhältnisse führten den allmählichen Zerfall der Industrie herbei. Von den 36 im Jahre 1509 bestandenen Hämmern waren im Jahre 1647 nur noch 13 im Betriebe. Nach Beendigung des 30jährigen Krieges hob sich die Erz- förderung der Eisengruben im Frickthal, deren Zahl sich vermehrte, so dass sich 1659 die Zahl der Vogteien von fünf auf acht erhöhte und die Zahl der geförderten „Karreten“, welche in der ersten Hälfte des Jahrhunderts im Jahresdurchschnitt unter 1000 geblieben war, sich im Jahre 1666 auf 4292 hob. In diesem Jahre wurden von den Hütten des Eisenbundes 1616 Masseln geschmolzen. Nach 1674 trat aber von neuem ein Rückgang ein, so dass ein Bericht von 1682 erklärt, dass aus Mangel an Erz und der grossen Kosten wegen in Wehr, Säckingen und Laufenberg viele Hämmer in Abgang gekommen seien. Die Gruben im Frickthal seien bereits ein Jahr lang ertrunken. Dies hing wohl auch damit zusammen, dass im Juli 1678 die Säckinger Brücke von den Kaiserlichen verbrannt worden war, um den Fran- zosen den Uebergang zu sperren. Um diese Zeit machten die Landesherrschaft und Privatunter- nehmer neue Anstrengungen, die Eisenindustrie am Oberrhein zu heben. Im Jahre 1681/82 war von Baseler Unternehmern in Albbruck ein neues Hammer- und Hochofenwerk gegründet und bald darauf 1684 auch das zum Eisenbund gehörende Schmelz- und Hüttenwerk Wehr, das durch Kauf an den Landschreiber M. Joh. Belz in Rhein- felden übergegangen war, von seinem neuen Besitzer ebenfalls zu einem Hochofenwerk erweitert worden. Dem Hammerwerk Albbruck wurde Baden im 17. Jahrhundert. laut Konzession gestattet, das für den Bedarf seines Hochofens be- nöthigte Bohnerz aus den bernischen Bergwerken im unteren Aargau und der Grafschaft Baden zu beziehen. Das Werk zu Wehr war da- gegen infolge seiner Zugehörigkeit zu dem Eisenbund gehalten, seinen Erzbedarf aus dem Frickthal zu beziehen. Aus den vorhandenen Akten und Aufzeichnungen sind noch folgende Ereignisse aus dem 17. Jahrhundert hervorzuheben. Am 17. Dezember 1604 bestätigte Erzherzog Maximilian von Innsbruck aus das Privilegium des Eisenbundes, desgleichen Erzherzog Karl Ferdinand am 10. Juni 1655 und Kaiser Leopold I. am 16. Fe- bruar 1670. Am 7. Februar 1627 wurde dem Eisenbund vom bischöflichen konstanzischen Generalvikariate „ex causa necessitatis“ bewilligt, während 14 Tagen oder auch 3 Wochen an Sonn- und Feiertagen zu blasen. Das Grubgeld, welches für jeden Karreten Eisenerz an die Herrschaft zu zahlen war, betrug während des ganzen Jahrhunderts 8 Pfennige. Das Masselgeld hatte bis 1652 6 Kreuzer für jede Massel betragen, in diesem Jahre (oder 1656?) wurde es auf 3 Batzen erhöht, so dass von da ab 12 Kreuzer für jede Massel zu zahlen waren. Die Holzkohlen kamen aus dem Schwarzwald, wie sich aus dem am 31. Januar 1671 zu Waldshut auf 12 Jahre abgeschlossenen Lieferungs- vertrag ergiebt. Nach Beendigung des 30jährigen Krieges kamen verschiedene Hammermeister, deren Hämmer während des Krieges zerstört worden waren, darum ein, ihre Hämmer wieder aufbauen zu dürfen; so ersucht am 30. Juni 1650 Melchior Bruder den Rat zu Laufenberg, sich bei seinen Gläubigern zu verwenden, damit er seinen abgebrannten Hammer wieder aufbauen könne. Am 23. April 1661 verleiht die Fürstäbtissin Franziska zu Säckingen dem Meister Andreas Jonen auf drei Jahre den anno 1636 von weiland Hans Joglin Hincken sel . in offener Gant angenommenen und während der vergangenen „leidigen Kriegszeiten“ eingefallenen und bis dato öde gelegenen Hammer gegen einen jährlichen Zins von 125 Gulden und Ab- zahlung in drei Jahresterminen. Dass in Laufenberg neben den Hammerschmieden auch die Hand- schmiede ein zahlreiches und angesehenes Gewerbe bildeten, geht da- raus hervor, dass die Huf- und Waffenschmiede daselbst am 27. Juli 1627 dem Rat ihre Statuten zur Genehmigung vorlegten. Den Hammerschmieden wurde aber am 27. Januar 1667 vom Untervogt, Bürgermeister und Rat der Stadt Laufenberg auf gestelltes Ansuchen Baden im 17. Jahrhundert. die Ordnung der dortigen Hammerschmiedenstube erneuert und be- stätigt Diese Ordnung ist abgedruckt bei A. Münch l. c., S. 66. . Durch die Gründung der Hochofenhütten zu Wehr und Albbruck erwuchs den alten Werken des Eisenbundes eine verderbliche Kon- kurrenz. Sie wehrten sich deshalb nach dieser Zeit gegen die In- betriebsetzung alter verlassener Hämmer. So erhob der Bund 1684/85 Einsprache gegen die Wiederaufrichtung des in Abgang ge- kommenen und von Johann Jakob Netscher zu Laufenberg an- gekauften vormals Hegischen Hammers. Dem Netscher wurde aber auf erstatteten Bericht des Freiherrn von Grandmont, Inspektors des Eisenbundes, durch Verfügung der vorderösterreichischen Regierung, der Betrieb gestattet. — Die Zahl der Hämmer war gegen Ende des 30jährigen Krieges auf 13 zurückgegangen. Aus einer erhaltenen Kontrolliste vom Jahre 1647 L. c., S. 45. erfahren wir nicht nur die Namen der damaligen Meister, sondern auch das Quantum Massel, welches auf jeden einzelnen entfiel. Danach gab es damals in Laufenberg 10, in Säckingen 2 und in Murg 1 Meister, welche zusammen 798 Masseln produzierten, davon die Laufenberger 561, die Säckinger 175, der Murger Meister 62. Thomas Stocker von Laufenberg war Obmann des Eisenbundes und der Hammerschmied Jacob Trautweiler Bürgermeister von Laufenberg. Die dem Landschreiber und Einnehmer der Herrschaft Rhein- felden, welchem 1652 der Hammer des verarmten Lehenhammer- schmieds Konrad Stöcklin zu Wehr übertragen worden war, im Jahre 1684 erteilte Konzession für diesen Hammer ging weit über die den Mitgliedern des Eisenbundes sonst zustehenden Berechtigungen hinaus. Es wird nämlich am 20. Oktober 1684 dem Beltz gestattet, seinen bisher zum Hammerschmiedebund gehörenden Schmelz- oder Blau- ofen und die zwei Hämmer zu Wehr zu vergrössern und derart ein- zurichten, dass er das für das Werk bestimmte Erz aus dem Frickthal nützlicher, als bisher der Fall gewesen, schmelzen und in eine nam- haftere Quantität, als ihm bisher vom Hammerschmiedebund auf- erlegt worden, schmieden könne. Von jeder Massel, die auf seinen zwei Hämmern für Rechnung des Bundes geschmiedet wird und 6 Centner Gewicht haben soll, hat er, wie bis anher, nicht mehr als 12 Kreuzer an die Herrschaft zu zahlen. Dabei wird ihm ge- stattet, über die vom Hammerbund auferlegte Quantität hinaus noch 4000 Centner zu schmieden; davon sind für jeden Centner 9 Kreuzer Hessen im 17. Jahrhundert. rheinisch an die vorderösterreichische Kammer zu entrichten; nach vollständig geschmiedeten 4000 Centnern mag er sich um fernere Bewilligung anmelden. Vom Erz hat er das gewöhnliche Grubgeld von 8 Pfennig per Karrete zu entrichten, von jedem Centner Kohlen 2 Pfennig. Wie überall in deutschen Landen, bemühten sich die Fürsten nach der entsetzlichen Verwüstung, welche der 30jährige Krieg an- gerichtet hatte, die Industrie und insbesondere das Berg- und Hütten- wesen wieder zu heben. In diesem Sinne wurden nach dem 30jährigen Kriege in dem Gebiet des jetzigen Grossherzogtums Baden ausser den Eisenwerken bei Wehr und Albbruck noch verschiedene Hüttenwerke neu aufgerichtet, so das zu Oberweiler und bei Badenweiler und das bedeutende Eisenwerk Hausen im Wiesenthal. Letzteres gehörte dem Markgrafen von Baden und wurde von diesem im Jahre 1680 an die Gebrüder Merian von Basel verpachtet. Ebenso wurde das alte Hammerwerk zu Kollnau bei Waldkirch im Elzthal, welches im 30jährigen Kriege zu Grunde gegangen war, nach dem westfälischen Frieden wieder aufgebaut und ausgepachtet. Hessen . Wie in Baden, so strebte man auch in Hessen nach der trau- rigen Kriegszeit danach, den Bergbau und das Hüttenwesen wieder in Aufnahme zu bringen. Dadurch entstanden in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts im Odenwald neue Eisenwerke, so zu Waldmichel- bach, welches aber damals zur Kurpfalz gehörte. Der Unternehmer war ein gewisser Ensinger , der, wie es scheint, die Sache etwas zu gross- artig angefangen hatte, denn er baute sich zu seiner Eisenhütte ein schlossartiges Wohnhaus im Renaissancestil, von welchem die Trümmer noch vorhanden sind, konnte aber schon 1659 den landesherrlichen Zins nicht mehr zahlen. Daraus entsprang ein weitläufiger Prozess (1665 bis 1679), welcher weder der Herrschaft, noch dem Unternehmer, am wenigsten dem Gewerbe von Nutzen war. Die Eisenhütte der Grafen von Erbach im Odenwald war eben- falls durch den 30jährigen Krieg in Verfall geraten. 1623 wurde sie von dem Grafen Ludwig Casimir und Georg Albrecht I. zwar neu Hessen im 17. Jahrhundert. aufgebaut, scheint aber während der ganzen langen Kriegszeit nur wenig betrieben worden zu sein. Die Gräfin von Erbach verpachtete im Jahre 1650 das Werk an Frankfurter Unternehmer, welche dazu den Konsens vom Landgrafen zu Hessen in Darmstadt einholen mussten. Die Pacht lautete auf zehn Jahre und verpflichteten sich die Pächter, Hütte und Hammer wieder aufzubauen, wogegen die Gräfin sich ver- bindlich machte, das Bauholz umsonst zu liefern. Für den Eisen- stein sollten die Pächter in den ersten fünf Jahren 2½ Batzen, in den letzten fünf Jahren 3½ Batzen per Fuder „ahnstatt Zehnten“ bezahlen. Der Fuder Erz kostete auf dem Bergwerk 1 Gulden; Masseleisen auf der Hütte 1 Gulden 3 Batzen, Wascheisen 12 Batzen der Centner. In Oberhessen war die Eisenhütte zu „Laupach“ schon 1591 in Betrieb und wird urkundlich 1620 erwähnt. 1699 wurde die jetzt noch als Giesserei bestehende Friedrichshütte vom Grafen Friedrich Ernst von Solms-Laubach angelegt und zwei Jahre lang von diesem ver- waltet. Auf den Hochofen bei Biedenkopf werden wir später noch zurückkommen. Die Hammerhütte bei Ober-Schmitten wird 1620 genannt. Auf dem alten Eisenhammerwerk zu Schelnhausen wurden im Jahre 1609 zwei Hochöfen erbaut. Die Akten gehen bis 1608 zurück. 1609/10 erhielt nach den im Darmstädter Archiv befindlichen Akten der Meister Hans Ochsen einen Wochenlohn von 3 Gulden, sein Geselle Hans Bornkessel 2 Gulden 8 Albus und der Köhlerknecht 1 Gulden. 1610 wurden für den Hüttenbau, die Hammerschmiede, Kohlenschuppen, Hochofen und Wassergraben 957 Gulden verausgabt. Im selben Jahre wurden 177½ Wagen, 26½ Pfund geschmiedetes Eisen für 799 Gulden 19½ Albus 2 Pfennige verkauft, jeder Wagen zu 4½ Gulden. Ausserdem wurden Gusswaren gefertigt, eiserne Öfen, von denen einer durchschnittlich 2 Centner wog und „Krapffen“. Der Betrieb blieb auch in den folgenden Jahren ein reger. 1616 wurden 1444 Gulden verbaut. Stand die Hütte still, so hatte der Hammer- schmied Hans Ochsen von Lissberg 1 Gulden per Woche Wartegeld. Ausserdem war auf dem Werk ein „Siegischer Schmitt“, ein Ahlschmied aus dem Siegerland, der freie Zehrung hatte, seinen Kohlenbedarf ge- liefert bekam, im Übrigen auf eigne Rechnung arbeitete. Aus einem Schreiben Landgraf Ludwigs des Jüngeren von 1601 geht hervor, dass Graf Hans Georg zu Solms dem Hüttenmeister auf dem Schmelzofen die Klafter Holz für 6 Batzen dergestalt verkaufte, dass er dieselben auf seine Kosten hauen, legen und zu Kohl brennen lassen musste — Hessen im 17. Jahrhundert. und der Graf weiter nichts damit zu thun gehabt, als dass er „die Klafftern, wie sie gelegt, aufschneiden lassen“. Auf diese Art habe er 2541 Klafter gemacht. 1622 war das Hüttenwerk in Schellnhausen an den vormaligen Niddaischen Rentmeister Krug und den Zöllner Otto für jährlich 150 Gulden verpachtet. Eine weitere Eisenhütte bestand zu Bieber im hessischen Hinter- land; die Akten darüber wurden nach der Annexion 1866 an Preussen ausgeliefert. Aus Klipsteins mineralogischen Briefen erfahren wir, dass daselbst 1660 der Eisenstein von Wommelshausen verschmolzen wurde. Auch in der Landgrafschaft Hessen-Kassel vernichtete der 30jährige Krieg die Eisenindustrie nahezu vollständig. Die wichtigsten Werke waren damals die zum Kloster Haina gehörigen Eisenhütten Fischbach und Rommershausen. Von diesen sind die Rechnungen vom Jahre 1606 an im Landeshospital zu Haina fast vollständig erhalten, und es ist das Verdienst des Konservators L. Bickell in Marburg, dieselben aufgefunden und das wichtigste daraus mitgeteilt zu haben L. Bickell , die Eisenhütten des Klosters Haina. Marburg 1889. . Bis zum Jahre 1616 war der Betrieb der Eisenhütte zu Fisch- bach, auf welcher viele Gusswaren, darunter namentlich auch Ofen- platten, gegossen wurden, des Hammers daselbst und des Blechhammers zu Rommershausen ein lebhafter, in Folge dessen hat man im Jahre 1616 auch zu Rommershausen einen Giessofen erbaut, der im folgenden Jahre auch betrieben wurde. Der Erzbezug gestaltete sich sehr günstig durch die Eröffnung und Erweiterung der Eisensteingruben am Kalden- baum, welche ein für Gusswaren so geeignetes Erz lieferten, dass der Bezug von fremden teuren Eisensteinen unnötig wurde. Mit Ausbruch des 30jährigen Krieges traten aber grosse Störungen und Unter- brechungen des Betriebs ein. Von 1616 bis 1624 fehlen die Rech- nungen gänzlich, im Jahre 1624 wurden zu Fischbach nur 322½ Ctr. Öfen gegossen. 1625 bis 1628 wurde gar nichts gegossen, 1628 bis 1632 fehlen die Rechnungen, 1632/33 wird nur ein Ofen von 3 Ctr. Gewicht aufgeführt, 1633 mussten die Hüttenbälge im Kloster ver- steckt werden, 1634 wurden 40 Öfen von 173 Ctr. Gewicht gegossen. Dagegen lag die Hütte in den Jahren 1635 bis 1638 und 1641 bis 1646 kalt. Dazwischen wurde Munition gegossen. Je länger der Krieg dauerte, je mehr wurden Eisenkugeln begehrt Siehe Bickell , a. a. O., S. 4. . Der Hainaer Beck , Geschichte des Eisens. 68 Hessen im 17. Jahrhundert. Hüttenvogt musste im Jahre 1648 10 bis 12 Mal nach Kassel und Ziegenhain laufen, um die Kugelgelder einzutreiben. Die Eisenhütten waren in diesen Kriegszeiten immer besonders heimgesucht, denn auf ihren Besitz legten die streitenden Parteien besonderen Wert. Das Misstrauen, dass sie dem Feinde dienten, gab immer den naheliegenden Grund zum Überfall und zur Beraubung; am schlimmsten hausten in dieser Beziehung die „Marodeurs“. Diese zerschlagen 1634 ein Scheunenthor, 1636 stehlen die Hatzfeldischen die eisernen Töpfe, so viel sie tragen können, die Übrigen zerschlagen sie. Die Hainischen „Unterthanen“ können keine Kohlen fahren, da ihnen die Pferde genommen sind. Dem Hammerschmied in Fisch- bach und dem Waldeckischen wird das Geld abgenommen und aus der Eisenkammer zusammen für 80 Gulden Eisen gestohlen. 1648 giebt „man dem Leutenampth von Götzen, welcher alles zu zerschlagen droht, 1 Wag (60 kg) Stabeisen“. 1639 war der Hochofen zu Fischbach wieder angeblasen worden, um die Hämmer in Gang zu halten, da das vorhandene Roh- eisen verbraucht war und das gekaufte alte Eisen nicht hinreichte. Doch durchstachen die „Kriegsleute“ den Mühlenteich und zer- schnitten 1641 auch die Hammerbälge. Die Hammergebäude waren so zerfallen und verwüstet, dass 1642 dieselben ganz umgebaut werden mussten, wobei viele kleinere Metallteile gestohlen wurden. Erst 1643 kam der Hochofen wieder in Gang, um Roheisen zu produzieren. Sogar der alte Stamm von „Bergknechten“ scheint durch das lange Kaltliegen des Ofens stark reduziert, da der Hüttenvogt ins Stift Cöln nach Silbach gehen muss, um solche zu holen. Aber schon 1646 mussten die Hammerbälge wieder in Sicherheit gebracht werden, wie sich aus folgenden Einträgen ergiebt. 1 fl. 10 alb. Von den Hammerbälgen sambt den Brettern (d. h. wohl den Modellen) alss die Haubt-Armeen vorm Kirchhayn gelegen, Hermann Steffen zue Armsfeldt, naher Wildungen zu fuhren geben. 8 alb. Einem Schwedischen Reutter, so bey den bälgen Confony gewesen zuuer ehrung gebenn. 1647 Ging der Hochofen wieder 10 wochen lang, wovon die Frau Gräfin zu Waldeck 15 Tage „vff des Hospitals Hochofen blasen“ lässt und jeden Tag 1 Thlr. Hüttenzins dafür entrichtet. Die Kaiser- lichen verbrannten einen grossen Teil des Kohlenvorrats und nahmen eine „Hebescheide“ mit. Unter den gegossenen Kugeln waren sowohl „gantze“ als „hole“. Nach 1648 musste einem „schwedischen Reuter vom Jordanischen Hessen im 17. Jahrhundert. Regiment so in dem March vf der Hütten Fischbach zu Saluaguardi gelegen, 2 fl. 12 alb. verehrt werden“. Mehr als das interessirt den Techniker, dass im Jahr 1635, als der Hochofen kalt lag, ausnahmsweise aus einem Schmiedeherd ge- gossen wurde, wie nachfolgender Eintrag zeigt. „Ausgabe Roheisen: 7 Ctr. Johanness Zeppern , so er von einer göse auss seinem Feuer zu 3 härtt zacken gegossen.“ Zepfer war der eine Hammerschmied zu Fischbach. Die 1643 angeschafften neuen Hüttenbälge blieben im Hainerhaus zu Kassel bis incl. 1646 in Verwahrung liegen. 1650 fasst man neuen Mut, bessert alles aus, denkt sogar an neue Ofenmodelle, und giesst auch einiges. Doch stockt bald alles wieder, das Personal ist offenbar schlechter, so dass 1655 der Schmelzer Wilhelm Figge aus Usseln kein gares Eisen fertig bringt: „Bei diesem geplöse so 5 Tage ohne das Trocknen vnd Stellen im werck gewesen, hat sich’s so wunderbahrlich im gestelle bezeiget, das man auch kein pfund Eysen so etwas genutzet ausm Heerdt bringen können. Denn angesehen man doch das Eisen gnung ge- sehen, wan aber man solches wollen laufen lassen, ist es wieder wegk vndt lauter Dreck gewesen, dahero man doch dem Hüttenmeistern sampt den Knechten, welche vber die maasen saure Arbeit dabey gehabt, nachfolgender Lohn geben .....“ Erst der im folgenden Jahre berufene neue Hüttenmeister bringt, nach einem abermals unglücklichen ersten Versuch, den Betrieb in Ordnung, und das Werk hebt sich wieder, um im Jahre 1676 fast wieder auf den höchsten nachweisbaren Stand zu kommen, von welchem es aber dann wieder etwas herabsinkt. Der Absatz der Öfen und auch des Stabeisens muss jedoch durch die Konkurrenz der landesherrlichen Hütten sehr erschwert worden sein, denn 1695 hatte sich ein für damalige Zeit grosser Vorrat von Roheisen von 2954 Kar. 10 Ctr. (1 Kar. = 12 Ctr.) gesammelt. Im folgenden Jahre gelang es, 2000 davon an den Grafen von Waldeck abzusetzen, so dass eine unerhörte Einnahme von 27323 Gul- den erzielt wurde. Landgraf Moritz war eifrig für die Hebung des hessischen Berg- baues bemüht. 1616 erliess er eine besondere Bergfreiheit. Um diese Zeit gründete er die neue Schmelzhütte in Rommershausen und ver- legte 1617 die alte Hütte von Vaake nach Knickhagen. Diese ver- hüttete die Eisensteine des Bergwerks zu Hohenkirchen und wurden 68* Hessen im 17. Jahrhundert. daselbst Gusswaren hergestellt, denn im Jahre 1634 wird der Ofen- former Daniel aus Knickhagen nach Fischbach geholt, um 40 Öfen zu formen. Ebenso wurde 1660 auch der Former Otto Brocken von Schwalefeld aus Knickhagen abgeholt. Im Jahre 1666 wurde aber die Knickhagener Hütte nach Veckerhagen verlegt, woselbst nun das bedeutendste hessische Eisenwerk aus der Zeit nach dem 30jährigen Krieg entstand. Der Eisenguss von Veckerhagen erlangte bald einen grossen Ruf und fand ausgedehnten Absatz nach Bremen und Holland. Diesen Ruf verdankte die Hütte grossenteils ihrem Reichtum an originellen Modellen. So besass sie eine ganze Reihe von Modellen, welche nur für Holland bestimmt waren, namentlich für Kamine und Kaminein- fassungen. Auch Glocken von Eisen wurden daselbst gegossen. Eine solche von 1674, welche 1825 zersprang und 1 m hoch und 1,15 m breit ist, befindet sich jetzt in der von Dr. Bickell gegründeten Samm- lung zu Marburg. Betreffs der Hainaer Eisenhütten ist noch folgendes technisch Bemerkenswerte nachzutragen. Das beste Erz, welches sich zum Giessen besonders eignete, bezogen sie aus der Grube am Kaldenbaum, wo 1625 Schächte, Stollen und „Wasserziehen“ erwähnt werden. Die Hütten lagen an tief eingeschnittenen Waldthälern: Dodenhausen und Rommershausen an der Gilsa, Fischbach und Armsfeld an der Urfa. Das Wasser der Bäche wurde in Sammelteichen, wovon oft mehrere bei einer Hütte lagen, z. B. bei Fischbach vier, gespannt und fielen auf oberschlächtige Wasserräder von 10—12 Fuss Durchmesser. Die Hochöfen hatten vierekige Schächte. In einer Rechnung von 1663 heisst es: „13 fl. 4 alb. seindt Wilhelm Lohn, Maurer zu Brielon von dem hohen Ofen Jn Wandigk den schacht von newen biss auf das Gestell die Vier Wende abgenommen vndt wieder gemacht zahltt.“ Die Hinterseite des Ofens lehnte an eine Bergwand, entlang der ein mit Holz verzimmerter Stollen lief. An diesen lehnte sich eine „Abseite“, aus Holz gezimmert, unter der die zwei „Hüttenbälge“ lagen, durch eisenbeschlagene „Streichspäne“ und Ketten mit der Blaswelle ver- bunden. In Fischbach hatte man 1691 Holzbälge: „38 fl. 2 alb. Vor Ein Pahr höltzerne Hammer Belge mit alle ihre Zugehörigen Beschlagk Röhren Fuhrlohn und frey Von Ssmahll-kalten anhero Geliefert vnd vorgericht Sebastian Eberhart dem Balchenmacher Vohn Ssmahll-kalten laud uhr-kund den 21. Augusty an 31. rthlr. geldt.“ — Die alten ledernen wurden nach Haina in die „schusterey“ geliefert. Anno 1696 erhält auch die Schmelzhütte Holzbälge durch denselben Balgen- Hessen im 17. Jahrhundert. macher für 56 fl. 16 Albus. 1692 wird im Inventar ein messingenes Ventil zur Regulierung des Windes aufgeführt. Die Gestell- und Schachtsteine wurden bei Altenhaina gewonnen, die besten kamen aber von Landwehrhagen (Langkwirigen Hagen). Durch den äusseren Mantel aus gewöhnlichen Steinen liefen eiserne Anker, Gicht und Ab- zug waren mit eisernen Platten geschützt. Neben dem Hochofen stand das Formhaus mit einer Stube für den Former, einem hölzernen, mit Lehm „gekleibten“ Schornstein, einer grossen Bank zum Formen und einem Schrank für die Modelle u.s.w. In einem „Hagelkropf“ waren zwei Gossen zur Herstellung von Hagelgeschoss eingemauert (1694). Die Schlackenpoche stand neben dem Schmiedehammer und hatte Stempel mit eisernen „Böszen“ (Schuhen). 1674 kommen aber im Inventar auch „Bochhämmer“ mit geschmiedeten Hälsen, gegossener Welle und gegossenen Hämmern vor zum Pochen des gerösteten Erzes. Die Ambosse waren schon 1608 nach dem Inventar zum Teil aus Gusseisen. In Fischbach wurden 1625 für die Waldeckischen Hütten Hebe- ringe gegossen, ferner 1608 Kurbelzapfen (dem Grafen von Hanau ein Kurbenzapfenn) und 1654 ein Blasewellzapfen (Blauwellzapfenn zur Hammerwell). Als sich unter dem Hüttenmeister Elias Schlächter und seinem Former Otto Brocken um 1660 das Hüttenwerk wieder hob, wurden ausser den gewöhnlichen Gegenständen, Büchsen, Kugeln, Hagel, Töpfe, Brandtreitel, Röste, Öfen, Platten noch folgende Artikel gegossen: Mörser, Kucheneisen, Retorten, Jegerieröfen (Digerieröfen), Hüttenreiben, Gossen und sogar Glocken. Von letzteren wogen die ersten drei Stück 17 Ctr. Eine gegossene eiserne Glocke zu Ober- möllrich, welche noch existiert, ist inschriftlich von 1674. In der Anlage I zu Bickell’s Schrift über die Eisenhütten des Klosters Haina sind die vollständigen Inventarien der Schmelzhütte in Fischbach und der Eisenhämmer in Fischbach und Rommershausen aus dem Jahre 1608 mitgeteilt. Danach hatte das Pochwerk der Hütte drei Stempel. Das ganze Giessereiinventar bestand aus 7 „offen- bretter mit Jrem Biltwerk“, d. h. Modelle für Ofenplatten von 2 bis 15 Ctr. Gewicht, 4 leisten-laden mit 4 Ringen, 1 Setzwage, 1 Form- sandsieb und 1 Kasten „zum Biltwerk“, 1 eiserne Pfanne, 1 Giess- löffel und 1 Formspiess. Die Frischherde waren mit eisernen Platten zugestellt: 2 Platten Uffen Heerdt und 3 Heerdt Zacken. Die Zangen bestanden aus 2 Luppenzangen, 2 Wärmzangen, 4 Schmiedezangen und 4 Schinzangen. Zu der Hammerschmieds-Wohnung gehörte „1 Backhaus, Keller sampt dem gebew darüber und 1 Sewstall“. Von Hessen im 17. Jahrhundert. Plattenmodellen werden in den Inventarien des 17. Jahrhunderts auf- geführt: vom verlorenen Sohn, von der Schlange im Paradies, das Gleichnis vom Schafstall, von den Wasserkrügen, von Holofernes, von der Kreuzigung, von der Auferstehung; 1668 waren dazugekommen Kurmainzisches Wappen, Schenkisches Wappen und Justitia. 1680 wird ein Formschneider Benedictus Schröter , Schreiner zu Haina, genannt. Dieser erhält „12 fl. 8 alb. von zwey paar Offen Formen- Bretern von der Erschaffung der Welt und der Geburt Christi, das Bildwerk, beyneben das Laubwerk darumb zu schneiden, die Bretter gemacht und die Dihlen darzugethan“. Im Anhang III führt Bickell die Namen der Hüttenmeister und Former zu Fischbach im 17. Jahr- hundert an. Aus der weiter mitgeteilten Verkaufsliste ist zu be- merken, dass ausser den Fürsten es hauptsächlich die „Euler“, d. h. die Thonwarenbrenner, welche die Kacheln machten, waren, welche die gegossenen Ofenplatten kauften. Ueber die Hütte bei Biedenkopf liegen ausführliche Betriebs- angaben aus dem 17. Jahrhundert vor Klipsteins Mineralogischer Briefwechsel 1781, Bd. II, S. 93. Sie sind den alten Hüttenrechnungen, von denen aber die von 1602—1625 und von 1654 bis 1663 fehlen, entnommen. . Sie schliessen sich an die S. 751 mitgeteilten aus dem 16. Jahrhundert an. Der Hochofen wurde zwischen 1601 bis 1625 neu aufgebaut. Es gehörten drei Hämmer zu dem Werk, einer bei der Hütte, einer bei Hatzfeld und einer an der Eder, vermutlich bei Herzhausen in der Grafschaft Itter, wovon sich bis 1631 Spuren finden. Die Erze kamen meist aus dem Nassauischen und von Lixfeld, erst seit 1664 von Königsberg, welches in den späteren Zeiten den Ofen allein versorgte. Der Gewinnungslohn der Lixfelder Erze belief sich auf 26—30 Albus, der Fuhrlohn auf 26 Albus 7 Pfennige das Fuder. Der Kalkstein kostete 1½ Albus das Fuder. Das Forstgeld vom Fuder Kohlen betrug 10 Albus 4 Pfg. und der Köhlerlohn 23 Albus 1 Pfg. Es fielen in der ersten Hälfte des Jahrhunderts 1626 aus 4 8/114 Fuder Stein mit 5 95/114 Fuder Kohlen, 14 12/114 Ctr. Eisen 1634 „ 3 44/98 „ „ „ 5 38/98 „ „ 11 52/98 „ „ 1639 „ 2 75/98 „ „ „ 4 70/98 „ „ 12 24/98 „ „ 1644 „ 2 15/73 „ „ „ 5 49/73 „ „ 14 5/73 „ „ 1649 „ 3 72/88 „ „ „ 5 65/80 „ „ 15 61/80 „ „ 1626 wurde am meisten Stein durchgesetzt und am längsten geblasen, nämlich 114 Tage, denn auch hier geben die Nenner der Brüche die Zahl der Hüttentage an. Die grösste Menge Eisen wurde Nassau im 17. Jahrhundert. 1649 erzeugt, das günstigste Ausbringen, jedenfalls in Folge besserer Erze, war im Jahre 1644. Die Hammerschmiede mussten aus dem Chor Roheisen 7½ Wagen geschmiedetes Eisen liefern, was dem Verhältnis der Waag Roheisen zu Stabeisen von 150 Pfd. zu 120 Pfd. nahe kommt. Der Preis des geschmiedeten Eisens stand bis 1636 auf 3 Thlr. die Wage, der Thaler zu 90 Kreuzer (Mk. 12,30 nach heutigem Wert) also ca. Mk. 20 die 100 kg. Die „Waag“ Eisen war nach den Sorten verschieden im Ge- wicht, während 1 Waag Schmiedeeisen 120 Pfd. hatte, rechnete man die Waag Hufeisen zu 100 Pfd., die Waag Radnägel zu 90 Pfd. Der Schmiedelohn von einer Waag Stabeisen betrug 8 alb., ausserdem er- hielt der Schmied 12 fl. 7 alb. für die Unterhaltung des Hammerzeugs auf ein Jahr. Der Schmelzer erhielt 2 fl. 12 alb. Wochenlohn und sämtliche Hüttenbeamte vom Hüttenschreiber bis zum Steinpocher genossen eine gewisse Hüttengebühr an Roheisen, welche 1628 vier Chor 11 Ctr. betrug. 1637 stieg der Gulden von 27 auf 30 alb. und änderten sich dementsprechend die Preise und Löhne. Die Rechnungen aus der zweiten Hälfte des Jahrhunderts be- ginnen mit dem Jahre 1665. Es fielen 1665 aus 2 Fuder Stein 11 51/68 Ctr. Eisen, 1666 „ 1 125/126 „ „ 12 31/126 „ „ 1696 „ 2 100/122 „ „ 21 213/245 „ „ Das bedeutend höhere Ausbringen ist den reichen Erzen von Königsberg zuzuschreiben. Die Hüttenreisen waren von 1666 ab länger als in der ersten Hälfte, in genanntem Jahre 18 Wochen. Die Tages- produktion blieb gering, sie sank einigemal unter 12 Ctr. und betrug im Durchschnitt 17—18 Ctr. Die Preise waren in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts etwas höher; Schmiedeeisen war von 3 Thlr. auf 3¾ Thlr. gestiegen. 1673 wurde zu Biedenkopf ein Blechhammer und 1675 zu Hatzfeld ein Stahlhammer betrieben. Nassau . Auch in den nassauischen Landen war die Eisenindustrie durch den 30jährigen Krieg vielen Drangsalen und vielem Wechsel ausgesetzt. Graf Ludwig II. von Nassau-Saarbrücken, durch welchen die Be- sitzungen der Walram’schen Linie wieder vereinigt wurden, bemühte sich Nassau im 17. Jahrhundert. eifrig für Bergbau und Hüttenwesen in seinem Lande. Hierin stand ihm treulich sein Oberamtmann zu Weilburg, Johann Gottfried vom Stein , zur Seite. Dieser übernahm es 1615, die Audenschmiede bei Weilmünster, welche eingegangen war, auf eigene Rechnung zu be- treiben. Dieselbe muss damals ganz neu aufgebaut worden sein und hiess von da an die Neuhütte. Der Bau muss 1615 fertig und die Hütte in diesem Jahr schon in Betrieb gewesen sein, denn bereits 1615 beschwert sich v. Stein beim Grafen Ludwig über ungenügende Holzlieferung. Der Neubau war auf Kosten der Herrschaft geschehen, ebenso wie der eines Rohrhammers bei Weilmünster, welcher 1617 von der Herrschaft betrieben, in diesem Jahre aber ebenfalls an Johann Gottfried vom Stein verliehen wurde. Als aber der 30jährige Krieg ausgebrochen war, verkaufte 1620 Johann Gottfried vom Stein, „der Zeit Nassauischer Rat und Oberamtmann der Herrschaft, (für diese) Eisenwerk, Rohrschmiede und nachbenannt Schmelzhütten dem Eruesten (ehrenfesten) Johann Catoni von Gülchen (Jülich) dem jüngeren, Bergkherren zu Wald-Michelbach und Stromberg sb. Lud- wig Grafen zu Nassau-Saarbrücken“ Alle diese und die folgenden Nachrichten habe ich den Akten des Nassaui- schen Archivs zu Wiesbaden entnommen. . Dieser Johann Cato oder Caton setzte einen Carl Badonn als Meister auf die Neuhütte. 1623 er- scheint derselbe zum erstenmal als „Meister, Hüttenschreiber und Verwalter auf der Neuen Hütte b. Weilmünster“. Johann Cato be- gegnete schon in den ersten Jahren nach Übernahme der Hütte grossen Schwierigkeiten, was bei den schweren Kriegszeiten nicht zu verwundern ist. Im Jahre 1622 beschwerte er sich beim Grafen wegen der Holzlieferung und bittet den Herzog, dass „die Jäger“ die richtige Holzfällung anordnen wollen. Auch in Lohnstreitigkeiten mit seinen Arbeitern war er in diesem Jahre verwickelt. 1623 schliesst der oben erwähnte Carl Badonn den Holzverkauf mit der Gemeinde Weil- münster ab. Ebenso bescheinigt der „Scholtes“ und Bürgermeister zu Altenkirch, „dass sie dem Karlen Bardonn, Hüdten-Schreiber und Verwalter auf der Neuen Hütten obig Weilmünster Holz verkauft haben“. Ende des Jahres 1623 oder in den ersten Tagen des Jahres 1624 starb Johann Cato, und zwar kinderlos. Seine Geschwister beerbten ihn und wurden auch bereits im Januar 1624 mit der Neuhütte be- lehnt Die im Archiv befindliche Kopie dieser Belehnung ist vom 28. April 1625 datirt. . Aus der Belehnungsurkunde geht hervor, dass Graf Ludwig Nassau im 17. Jahrhundert. von Nassau selbst „die Rohrhammerschmitt obig unsrer Dorfschaft Weilmünster“ verkauft hatte. Diese sei später „seiner befundenen Gelegenheit Weiland Johann Caton von Gülch käuflich überlassen. Da dieser unlängst verstorben, so belehne er nun des Johann Caton Bruder, Heinrich Caton, und dessen Geschwister Catharinen und Margarethen als Erben über das Hüttenwerk (die Neuhütte) mit schriftlicher Belehnung und Erbbelehnung zunächst mit dem Wasser- recht, dann mit dem Eisensteinbezug aus den gräflichen Gruben, die namentlich aufgeführt werden („auf den 2 alten Dorgewerken, also am Nodenholz, Weissengraben, Philippstein und Bernbach Kautten, nach Notdurft gleich andern Hütten proben und holen lassen, doch das uns der gebührende Zehende davon treulich entrichtet wird“); ferner die Holznutzung in der Art: sie dürfen in dem Weilmünsterer Wald nicht denn allein „Unholz“ holen und tragen lassen, aber keine Hacke oder Axt, Pferd oder Fuhre dazu gebrauchen, denn wo anders befunden, sie gleich andern gepfändet und gestraft werden sollen. — Dagegen sollen sie wie die Gemeinde Weilmünster das notdürftige Bauholz zu diesem Hüttenwerk als „Jngebüren“ zu den Schmitten- Hammerhelmen, Kammenstreichen, Keilholz, Kohlschuppen und was mehr zur Erhaltung des ganzen Werkes benöten ohne Waldzins und Entgelt ausfolgen lassen, darin denn kein Gefährte gebraucht, weil sie wegen dieser Hütte in Weilmünsterer Wäldern sonst kein Wald- recht haben, sondern ihnen nur im Falle der Notdurft zuverpflichtet“. — Dafür sollen sie ebensoviel Zins zahlen, „als uns von der Auden- schmitt zufällt, nemblich 8 Wagen Eisens von dem Hammer und dann von dem hohen Ofen dreissig Centner Giesseisen, alles gut Kaufmanns- wahren“ ..... „Weiter behalten wir uns bevor, würde es sich zutragen, das sie das Blechhüttenwerk verpfenden, verkauffen oder in andere Hände kommen lassen wollten, sollten sie uns dessbezüglich zuvor zu wissen thun und anbieten, damit wir nach Bedarf den Vorkauf haben.“ Aus der Erbschaft Johann Catos entsprangen alsbald eine Reihe von Streitigkeiten und Prozessen. Zunächst meldete sich ein gewisser Joh. Matthias Mehl mit einer Beschwerde und Forderungen, d. d. 4. September 1624, indem er vorgiebt, ein Mitgewerke des Cato ge- wesen zu sein. Er sagt sein „nunmehr in Gott ruhendes Gegentheil habe ihn auf bloss geschöpften argwohn, befängnisset und in Haften ziehen lassen“ — ihn zwar später auf Bürgschaft entlassen, aber einen langen, kostspieligen Prozess gegen ihn eingeleitet, worin er unterlegen — die Kosten aber nicht bezahlt. Dieser Mehl wird in Nassau im 17. Jahrhundert. der Replik als „übelbefürgter“ Mann und seine Supplikation als Lüge hingestellt. Dennoch wurde der Prozess des Mehl teilweise zu Un- gunsten von Catos Erben entschieden. Catos Erben suchen zu verkaufen, handeln dabei aber nicht ganz aufrichtig. Am 1. April 1625 verkauft Heinrich Caton die halbe Hütte an Martin Cämmerling, nassauisch-saarbrückischen Oberschult- heissen zu Weilmünster. Am 3. Mai erscheinen Heinrich Cato und Christof Sorge von Kraft-Solms wegen eines Kaufaktes, den sie zur Ostermess 1625 miteinander abgeschlossen. Bereits im Mai sehen wir Heinrich Cato mit Stoffel (Christof) Sorge, der hier Hüttenmeister zu Kraft-Solms genannt wird, im Prozess. Sie scheinen sich verglichen zu haben, denn in den folgenden Jahren lässt sich Heinrich Cato durch seinen „Vetter“ Stoffel, der auf der Neuhütte wohnt, vertreten. Dieser Vetter Stoffel ist für uns schon deshalb interessant, weil er ein Nachkomme des Hüttenmeisters Peter Sorge zu Kraft-Solms ist, den wir bereits kennen (siehe Seite 701). 1626 wurde die Neuhütte durch Kriegsvölker ausgeraubt. Heinrich Cato wendet sich deshalb beschwerdeführend an den Erzbischof von Trier. Die Beschwerde lautet: „Hochwürdigster Churfürst vndt Erzbischoff. Ew. Churfürstl. Gnaden seyen meine Unterthenigste bereitwilligste Dienste zuvor gnedigster Churfürst vndt Herr. E. Churfürstl. Gnaden habe ich im verlittenen September dieses zu entlauffenden Jahres vnterthenigst clagend vorbrach, wessmassen alle meine eysene öffen, deren 107 uff die 600 Rthlr. werth, so ich in der neuwen Hütten bey Weilmünster in der schmeltzhütten ver- schlossen gehabt, durch einen Rittmeister seyen entwehndt, vndt ge- waltthätiger Weiss, ohne eynige gegen mich gehabte Ursach, zu endt- lichen meinem grossen schaden vndt verderben weggeführt worden, dem von ihrer excell. Herren Grauen von Tilly dem Hüttenwerk gnedig mitgetheilte salvaguartien gantz zuwider“. Die Oefen sollen in chur- fürstlichem Land bei Mülhen im Thal bei deren Unterthanen anzu- treffen sein und bittet der Beschwerdeführer um Restitution. Es heisst dann weiter: „Der Ambt vndt Haubtmann dess Ehrenbreitstein habe dann auch die Weisung erhalten, die Sache zu untersuchen und Ab- hülfe zu schaffen. — Sindemahl nun ein gevollmechtigter Diener in gewisse Kundschaft gebracht, dass zu Mülhen im Thal trey under- thanen 73 offen vndt 5 ungerathe stück in Händen haben, so sind sie geladen worden, haben erklärt, dass sie 150 Reichsthaler darauf gelehnt haben. Er solle diesen nun dieses Geld erst ersetzen. — Nassau im 17. Jahrhundert. Dies sei ein Unrecht, da er ausdrücklich durch Tilly kaiserliche sal- vaguardia gehabt habe. Xbris. anno 1626.“ — Diese Beschwerde ist unterschrieben: Heinrich Cato von Gülch, Secretarius zu Braunfels und eingereicht durch seinen „Vetter Stoffel“. Hierauf wird von Trier resolviert, „dass erst die einheimischen Unterthanen und der Jüdt in Frankfurt zuvörderst zufrieden gestellt werden sollen. — 13. Decbr. 1626 von der trierischen Cantzeley“. Darauf folgen eine Reihe weiterer Beschwerden, an welchen sich ausser Heinrich Cato von Gülch und Christof Sorge auch Heinrich Cämmerling beteiligt. Danach erhoben sich neue Schwierigkeiten zwischen Cato und Vetter Stoffel. Letzterem wird in einem Schrift- stück die Richtigkeit des Kaufs der Hütte durch Johann Cato von Gülch „als ein beständiger ewiger erbkauff“ bestätigt, deshalb „kann oder mag (man sie) dem ehregeachten, wolfürnehmen Christoff Sorge, tucrikon (?) seiner ehelichen Hausfraw zu Crafft Solms ihren erben nidt abnehmen“. Die Vetterschaft rührte also augenscheinlich von der Frau her. Christof Sorge hatte um diese Zeit auch das Hütten- inventar von Heinrich Cato gekauft und verlangt die Auslieferung der Hüttengeräte, dazu einen Blasebalgen für einen hohen Ofen, Schlaghämmer, Zangen, kleine und grosse Ofenformen u. s. w., sowie 1800 Klafter Holz. — Der Kauf war geschehen für 3175 Reichsthaler, „in guter, harter, passirlicher Währung“ und sollte der Käufer diese Summe bis auf 800 Reichsthaler, die erst in der Herbstmesse fällig sein sollten, gleich zahlen. Dabei hatte sich Cato einen Teil des Holzes vorbehalten. Hieraus erhoben sich die Streitigkeiten, indem Stoffel den ganzen Holzvorrat verlangte, während Cato behauptete, er habe nur 1800 Klafter verkauft, was mehr sei, davon müsse Käufer drei Reichsthaler vom Klafter zahlen. Am 8. März 1627 wird Stoffel Sorge auch zur Zahlung verurteilt. Er beruhigt sich aber nicht dabei und der Prozess spinnt sich weiter. Gleichzeitig führte Cato, der nicht umsonst „Sekretarius“ war, Prozess mit dem früheren Hüttenverwalter Carl Badon, dem er Öfen in Kommission gegeben hatte. Der Streit endete durch Vergleich am 12. Oktober 1627. 1633 verkauft Cato einem vom Stein einen Anteil, den er, wie es scheint, nicht mehr besass, denn dagegen supplizieren Christof Sorge und Martin Cämmer- ling gemeinschaftlich. In diesem Schriftstück wird die „Audenschmied so vor 100 Jahren gebaut“ erwähnt. 1634 ist Stoffel Sorge mit der Gemeinde Weilmünster im Streit wegen der Holznutzung. Er will sein Recht darauf von Cato gekauft haben. Weiter erfahren wir nichts mehr von der Neuhütte bis zur Beendigung des 30jährigen Nassau im 17. Jahrhundert. Krieges. Nach dieser erscheint die Familie Sorge im Alleinbesitz derselben. Am 28. Juni 1657 beklagt sich Philipp Sorge, Ober- Schultheiss zu Weilmünster, dass ihm das notwendige Bauholz für seinen Hammer verweigert würde. Der Graf entscheidet, das Holz sei aus der Waldmünsterer Waldung zu verabfolgen. Dieser Philipp Sorge starb 1691. Einen Sohn und Geschäftsnachfolger scheint er nicht hinterlassen zu haben. Die „Sorge’schen Erben und Kinder“ werden in vielerlei Prozesse verwickelt. Als Besitzer oder richtiger wohl als Repräsentant der „hochfürstlich Usingischen Eisenhütte“ er- scheint S. Krafft zu Weilmünster. Die Hütte wurde schlecht be- trieben, infolgedessen schlechte Ware geliefert. Hierüber beschweren sich die Abnehmer, insbesondere Paulus von der Lahr, Eisenhändler zu Frankfurt a. M., welcher am 29. März 1698 Klage anhängig macht, weil das gelieferte Stabeisen „nicht als Kaufmannsgut zu halten sei“. Sorges Erben schieben die Schuld auf schlechten Eisenstein, der ihnen geliefert worden sei. Paulus von der Lahr führt aus, dass ihn dies nichts angehe und dass die Hütte Sorge zu tragen habe, dass ihr guter Stein geliefert werde. In diesem Sinne bemühen sich denn auch die Sorgeschen Erben. Es liegt ein „Attest“ vor, wonach dieselben als Hütteninhaber der Neuen Hütte zu Weilmünster und Braunfels um Konsenz „500 Karch Eisenstein in der Langhecke zu holen“ nach- suchen. Wiederholt petitionieren dieselben um Eisenstein, der anders wohin verkauft würde. Nach den vorliegenden Spezifikationen wurden Erze von Limburg, Rosberg und Drommershausen bezogen. Die Erze von letzterem Bergwerk waren „zu öffen vndt anderem gleichen Guss- werk gar bequem und diensam erfunden worden“. Paulus von der Lahr, der auf eine Obligation von 1000 Reichsthaler von 1665 — seit der Zeit und noch länger hatte er also Eisen von der Neu- hütte bezogen — Ansprüche geltend machte, scheint zuletzt in den Besitz der Hütte gelangt zu sein, doch wurde der Prozess fortgesetzt bis nach seinem Tode 1713. Die Hütte war inzwischen zum Erliegen gekommen. Die letzten Prozessakten heissen: „Seb. Heinrich Krafft, Amtmann zu Weilmünster gegen Paulus von der Lahr Erben zu Frank- furt weyland des Oberförster Friedrich Christof Sorgen ⅕ Theil von der eingegangenen sogenannten neuen Hütte oberhalb Weil- münster betreffend 1713—1714“. Dies ist die kurze Geschichte der Neuhütte und der Familie des Hüttenmeisters Peter Sorge von Kraft- Solms, den wir im 16. Jahrhundert als geschickten Ofengiesser kennen gelernt haben, welche in der Geschichte der Eisenindustrie des nassaui- schen Landes keine unbedeutende Rolle gespielt hat. Nassau im 17. Jahrhundert. Viel bedeutender noch griff ein anderes Geschlecht in die indu- strielle Entwickelung nicht nur Nassaus, sondern auch der Nachbar- gebiete ein: die Mariots Abwechselnd auch Mariotte, Mariott, Marioth geschrieben. . Ihr Wirken beginnt mit dem Abschluss des 30jährigen Krieges. Es beschränkt sich nicht auf die Eisenindustrie, aber diese war doch der Ausgangs- und Mittelpunkt ihrer Unter- nehmungen. Auch sie stammten aus dem Niederland und zwar aus dem Lütticher Gebiet. Wie Johann Cato scheinen sie Bergherren zu Stromberg gewesen zu sein und bei ihrem ersten Auftreten erscheinen sie in Gemeinschaft mit einem aus der Familie Sorge. Ein Zusam- menhang dieser Familien hat also zweifellos bestanden. Zuerst waren die Mariots in den trierischen Landen thätig. „Einen wichtigen Ge- werbszweig Siehe Rheinischer Antiquarius, Mittelrhein II, S. 469. verdankt dem Kurfürsten Philipp Christof die Um- gebung von Ehrenbreitenstein. Auf dessen Veranlassung legte Johann Mariotte, von Geburt ein Lütticher, den Hochofen zu Fallerau bei Montabauer an: demselben Mariotte und dem Johann Heinrich Sorg vergönnte der Kurfürst am 23. November 1646, bei Dernbach Eisen- stein zu graben und ist diese Concession die Veranlassung geworden zu der Mariotte ferneren Hüttenanlagen zu Engers, Nievern, Ahl und Hohenrhein, zu dem schwunghaften Betrieb des Silberwerks zu Wein- ähr u. s. w.“. Johann Mariot oder, wie er sich meist schrieb, Jean Mariotte, war ein ausserordentlich thätiger, unternehmungslustiger Mann. Er soll in dem Gebiet der Mosel und Lahn 14 Eisenhütten erbaut haben. Im Jahre 1660 erwarb er Konzessionen in der Grafschaft Katzeneln- bogen und legte daselbst Eisenwerke an. Hierüber geben Akten im Nassauischen Staatsarchiv Aufschluss. Am 16. November 1660 berichtet der Amtmann Jeremias Phi- lipp Stamm zu Braubach, „dass ein Kaufmann von Lück (Lüttich), welcher sich sonsten mehrenteils zu Bingen aufhalten soll und mit nahmen Jean Marioth heisset, sich bei Eur. gn. Herrn Schultheissen zu Catzenelnbogen angemeldet und angehalten, dass ihm möchte ver- gönnt werden, nach Eisenstein im Kirchspiel Catzenelnbogen zu suchen .... und ob es ihm nicht vergönnt werden möchte, gar eine Eisen- hütte allda aufzubauen, auch ob er alsdann umbs Geld Holzkohlen bekommen könne“. Johann Mariot der ältere stellt das Gesuch für seinen Sohn. Er unterschreibt „Jean Mariotte au nom de mon mre. Jean Mariot le jeune“. Der Landgraf von Hessen erteilt die nach- Nassau im 17. Jahrhundert. gesuchte „Gerechtigkeit“. Mariot will die Steine zuvor zu Weienähr, allwo er in Aufrichtung einer Eisenhütte begriffen sei, probieren. 1661 heisst es in einem Bericht an den Landgrafen, dass den beiden Mariots, Johann und Walther, Muthung erteilt worden sei. Die Konzession zum Hüttenbau ist datiert: Darmstadt, den 19. April 1661. Es wird darin freies Bauholz und Kohlholz zu billigem Preise zugesagt. Dem Amtmann wird am 22. April 1661 eingeschärft, „Sie darinnen im ge- ringsten nicht verhindern lassen sollen“. Am 5. Juni 1662 erteilt Landgraf Ludwig von Hessen-Darmstadt „dem Johannes Marioth von Lück (auch Luyck), Hüttenmeister zu Monthabauer und dessen beiden Söhnen, Walther und Jean Mariot“, eine ausführliche Konzession. Der Landgraf bedingt sich den Zehnten und das Vorkaufsrecht, die Mariots erhalten das erste Recht auf den Kohlenkauf nicht nur für Katzenelnbogen, sondern auch „in unsrer Gemeinschaft und Vogtei Ems, wie auch in Dietz und Nassau“. Sie sollen gehalten sein, in Jahresfrist einen Eisenhammer und „einen Schmelzenden hohen Ofen“ aufzurichten. Sobald derselbe aufgerichtet, haben sie für Wasserzins jährlich 24 Reichsthaler zu bezahlen, der Hammer doppelt soviel und 9 Albus an das Amt Nassau-Dietz. — Die Katzenelnbogener machten Schwierigkeiten wegen ihrer Forellen, aber ohne Erfolg. Die Schmelzhütte war die frühere Weyermühle. Ausserdem besassen die Mariots die Herrenmühle. 1677 erlangen sie die Konzession zur Anlage eines Waschwerks am Forellenbach. Die Gemeinde verlangt dafür Wasserzins, man vergleicht sich auf drei Reichsthaler jährlich. Aus diesem Jahre datiert der erste bei den Akten befindliche Erbleihbrief: Landgraf Ludwig VI. belehnt des weyland Johann Mariot von Lüttich, Hüttenmeisters zu Montabauer nachgelassene Wittib Susanne Catharine Gall und deren Söhne Johann, Franz und Anton Mariot mit dem Eisenbergwerk auf dem soge- nannten Mühlenfeld ohnfern Katzenelnbogen, sodann mit einem Waschwerk auf der Bach zu gemeltem Katzenelnbogen. Diesem folgte ein zweiter von 1679 „an die Mariottische Wittib Susanna Catharina und ihre beiden Söhne Jean und Anton“; hier werden die Söhne Walter und Franz nicht genannt, ebenso nicht in dem dritten vom 27. September 1688. 1696 erlangen sie das Recht zur Anlage einer Bäckerei, Bierbrauerei und Brennerei unter gewissen Befreiungen. Es wird berichtet, „es habe Frantz Marioth von Weynär auf seiner Eisenhütte der Herrnmühle zu vorgegebener Nothurft seiner arbeiter eine Mahlmühle, Bierbrauerei, Brandweinbrennerei und Bäckerei an- gelegt“. Nassau im 17. Jahrhundert. Bei diesen Konzessionen der Mariots war eine Bedingung, welche späterhin bedeutsam wurde, sie sollten keinen Eisenstein ausser Landes auf andere Hütten verkaufen. Gegen Ende des Jahrhunderts (1695/96) wollten sie noch eine Eisenhütte bei Katzenelnbogen erbauen, doch kam das Projekt nicht zur Ausführung, weil das Gefälle zu schwach war. Eine weitere Eisenhütte in der Niedergrafschaft Katzenelnbogen erbaute Johann Mariot bei Görsdorf. Für diese erteilt Landgraf Ernst im November 1686 der Wittib Frau Susanne Catharine de Gal eine Konzession auf Erz, Holz und Kohlen in der Grafschaft. Sie soll den Vorkauf haben vor allen andern, wogegen sie sich verpflich- tet, Erz und Kohle nur mit eignem oder mit landesangehörigem Fuhr- werk fahren zu lassen; auch wird das Vorkaufsrecht des Grafen für das Hüttenwerk ausbedungen. Eine ausserordentlich weitgehende Konzession, welche deshalb auch späterhin zu Streitigkeiten Veranlassung gab, erteilte Landgraf Ludwig 1662 dem Johannes Mariot von Lüttich und dessen beiden Söhnen Walter und Jean Mariot für die Vogtei Ems, indem er denselben die Nutzung aller Blei, Erz und Eisensteine, Metalle, Mine- ralien, Steine, sie seien edel oder unedel, Steinkohlen, Vitriol, Alaun, Salzbrunnen und alles andre darin ihnen und ihren Erben und sonst Niemanden zuspricht. Der ältere Mariot muss sich besondere Ver- dienste um Ems erworben haben. In späteren Akten heisst es: Jean Mariot hat den ersten Fuss in den gemeinschaftlichen Flecken Ems gesetzt und durch die durchlauchtigsten Häuser Hessen und Nassau die Erbbestände über das dortige Bergwerk und neu aufgerichtete Hüttenwerk erhalten. Den Ahler Hammer bei Lahnstein hatten die Mariots 1668 ge- kauft. Das angeblich hierdurch erworbene Recht auf Holzbezug führte von 1686 ab zu weitläufigen Prozessen. Die Hohenrheiner Hütte war ebenfalls von Johann Mariot erbaut. Sie scheint später von der hessen-darmstädtischen Regierung über- nommen worden zu sein. Wenigstens verpachtete diese zwischen 1690 und 1695 die Hütte an den Kriegs-Kommissar Koch auf drei Jahre mit Vorkaufsrecht. Hierbei wird derselben der erstaunlich hohe Schätzungswerth von 40000 Thaler beigelegt. Auch ist dem Pacht- vertrag eine interessante Rentabilitätsberechnung beigefügt. — Täg- liche Erzeugung 3600 Pfd. zu 18 Rthl., diese als Giesswaaren, „Blatten, Tackchen, Öffen, Kugell“ zu 32 Rthl. verkauft, bleiben täglich 14 Rthl. Nutzen. Als Windoffen, Bomben, Granaten, Kartätschen zu 60 Rthl. Nassau im 17. Jahrhundert. die 36 Ctr. gerechnet, kosten 30 Rthl., also Gewinn 30 Rthl. resp. 900 Rthl. monatlich. Derselbe Koch war 1681 mit den Mariots in Prozess geraten, weil er Eisenstein im Amte Braubach gesucht hatte, wozu sie sich allein berechtigt glaubten. Der Landgraf von Hessen schreibt am 9. Februar 1691 an „Jean François de Mariot â Weinähr, er habe sich reservirt den Eisenstein-Zehenden von dem Katzenelnbogenischen Bergwerk im Mühlenberg in natura zu dero Nutzen auf der „Kochischen Hütte“ zu vertreiben“. Die Nieverner Hütte war schon zu Mariots Zeit die wichtigste der zwischen Lahnstein und Ems zusammengedrängten Eisenwerke und übertraf Ahl und Hohenrhein an Produktionsfähigkeit. Die Erze kamen von den Gruben von Berlebach und Fachingen. In der Grafschaft Nassau erbaute Johann Mariot die Eisenhütte zu Michelbach. Dass bei Michelbach schon vordem ein Eisenwerk bestanden hat, ist dadurch wahrscheinlich, dass sich Johann Cato be- reits 1620 Bergherr zu Michelbach nennt; wahrscheinlich bestand hier eine Zerrennhütte. 1659 wird der Versuch gemacht, aus dem Lütticher Land einen guten Schmelzer und Giesser für die Michel- bacher Hütte zu engagieren. Auch bei Weinähr hatten die Mariots ein bedeutendes Eisenwerk. Mehr aber noch als von diesem zogen sie hier bedeutende Einkünfte aus dem schwunghaft betriebenen Bergbau auf Blei- und Silbererze. Wie wir gesehen haben, werden sie öfter Mariot von Weinähr genannt. Sie scheinen also hier einen Wohnsitz gehabt zu haben, ehe sie Herren von Langenau wurden, was erst im 18. Jahrhundert geschah. Doch werden die Glieder der Familie schon zu Ausgang des 17. Jahrhun- derts häufig von Mariot genannt. Sie waren eine reiche, mächtige, hochangesehene Industriellenfamilie am Ende des 17. Jahrhunderts. Über ihre weiteren Schicksale werden wir später das Nötige berichten. Die Mariots führten auf ihren Frischhütten die Methode ihrer Heimat, die Wallonschmiede, ein und erheilt sich diese Frischmethode an der Lahn lange nachdem die Familie erloschen war, bis um die Mitte dieses Jahrhunderts, wo die Frischhütten daselbst überhaupt eingingen. Noch andre Eisenwerke, von denen jetzt kaum mehr Spuren zu entdecken sind, werden in dem Gebiet von Süd-Nassau im 17. Jahr- hundert genannt. Im Rheingau wird eine Schmelzhütte „im Hanen- berger Burgfrieden“ erwähnt, die zweifellos eine Eisenhütte war. Die Umwohner im Rheingau beklagten sich, dass die Hütte ihnen Nach- teil wahrscheinlich an den Weinbergen brächte. Erzbischof Wolfgang Nassau im 17. Jahrhundert. resolviert deshalb Martinsburg, den 6. Dezember 1591, dass dies „mit des Gewalts-Botten würklicher Zuziehung“ durch das Haingericht untersucht werden und, wenn sich die Sache so befinde, „die ohn- längst aufgeführte Schmelzhütte fürderlichst wieder abgeschafft“ wer- den solle. Wo diese Hütte stand und wo der Hanenberger und Girsteiner Burgfrieden waren, ist mir nicht bekannt. Eine andre längst verschwundene Eisenhütte bestand bei Lorch am Rhein. 1659 den 13. Januar offerieren Joh. von Heppenheim genannt von Saal und Philipp Ehrwein von Schönborn dem Erz- bischof von Mainz das Eisenhüttenwerk bei Lorch, nämlich einen hohen Ofen, Hammer und andre Hüttengebäu für 15000 Reichsthaler. Auf diese Offerte wurde nicht eingegangen, aber wegen des Zehenten von den Kohlen ein Vergleich abgeschlossen. 1672 und 1678 hat bei Lorch noch ein Eisenhammer bestanden. Eine andre alte Eisenhütte stand bei Eppstein. Am 7. Septem- ber 1631 schreibt Dietrich Zorn von Epstein, Maintzischer Forst- meister der Herrschaft Königstein an seinen Schwager in Darmstadt, in Diensten des Landgrafen Georg in Hessen, dass er im nächsten Frühjahr seinen hiesigen (also Eppsteiner) hohen Schmelzofen wieder angehen lassen wolle und dazu 100 Fuder andrer Art Eisenerz brauchen möchte und wünscht, denselben in der Umgegend von Wildsachsen oder wo in der Nähe der Herrschaft Epstein solcher anzutreffen wäre, ungehindert graben und holen lassen zu dürfen, wobei sich der- selbe auf ein Handschreiben des Landgrafen Moritz von Hessen, d. d. Epstein, den 30. August 1616, bezieht, worin ihm die Erlaubnis auch schon erteilt worden sei. Ferner bestand in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bei Hofheim eine Eisenschmelzhütte, welche im Laufe der Zeit, wahr- scheinlich wegen Holzmangels, einging und in eine Papiermühle um- gewandelt wurde. In Wied-Runkel gab es im 17. Jahrhundert eine Eisenhütte, auf welcher Ofenplatten gegossen wurden. Zwei Platten aus jener Zeit mit der Aufschrift: AVF WIDTRVNCKELISHEN EISENHVTTEN und der Darstellung der Hochzeit zu Cana und des Absalons Tod befinden sich im bayerischen Nationalmuseum zu München (Nr. 40 und 41). Es war dies wohl die spätere Christians- hütte bei Schupbach. Über die Eisenhütte zu Eibelshausen liegen Akten aus dem Jahre 1613 vor. — Die Löhnberger Hütte wurde von dem gräflichen Hause Nassau-Dietz 1650 erbaut. Die Emmershäuser Schmelzhütte und die Hatzsteiner Schmiede haben schon 1664/65 bestanden. 1679 wird der Beck , Geschichte des Eisens. 69 Nassau im 17. Jahrhundert. Oberschultheiss Wilhelmi zu Weilmünster mit dem Hütten- und Hammerwerk im Drommershauser Grund auf der Weil zunächst der Stadt Weilburg beliehen. Bei Lahnstein (Landstein) wird 1699 ein Pfann-Hammer erwähnt. Im Dillenburgischen hatte man im Gegensatz zu dem politisch mit demselben verbundenen Siegerland den Rennwerksbetrieb bei- behalten. Erst im 17. Jahrhundert ging man auch hier zum Hoch- ofenbetrieb über. 1614 waren noch zu Haiger, Ebersbach und Stein- brücken Rennwerke. 1619 scheint zu Ebersbach ein Hochofen be- trieben worden zu sein. Die Haigerhütte zahlt dagegen 1618 von jeder Wage so geschmiedet und verkaufft wird, 4 gute Pfennige an die Herrschaft. Von 1605 an wurde die Eisenhütte zwischen Ober- und Niederscheld in Betrieb gesetzt. 1607 wurde der Nieder- schelder Eisenhammer auf der grossen Wiese bei Dillenburg erbaut, auf welchem am 27. August zum erstenmal geschmiedet wurde. Eine andre Hütte lag vor dem Schelder Wald nach Hirzenhain zu. Sie hatte mit dem Kohlschoppen 435 Gulden 21 alb. gekostet. Die Bälge waren besonders theuer, sie kosteten 110 Gulden. 1609 verkauften die Hüttengewerken die Hütte mit allen Apparaten für 94 Gulden an die Landesherrschaft. Jedenfalls war es nur eine Rennhütte. 1651 bis 1666 kaufte man auf der Ebersbacher Hütte den Wagen Kohlen für 3½ Gulden und verkaufte den Wagen Roheisen für 27, 30 bis 31½ Gulden, die Wag Stabeisen für 4 Gulden 5 Albus. Um diese Zeit waren wieder billigere Zeiten in Nassau gekommen. Dies geht auch aus einer Hadamarschen Canzleyverordnung vom 20. Juni 1654 hervor, welche bestimmt, dass alle Handwerker, dar- unter auch die Schlosser und Schmiede, ¼ weniger für ihre Arbeit nehmen sollten als seither, der guten, wohlfeilen Zeiten wegen (!). Die Tagelöhner sollen im Sommer bei eigener Kost 10 Petermännchen, in der Herrschaft Kost 5 Petermännchen haben. Im Siegerland blühte die Eisenindustrie im Anfang des 17. Jahr- hunderts, doch machte sich häufig Kohlenmangel fühlbar. Zwischen den Hammerschmieden und den Massenbläsern entbrannte aber im Jahr 1600 ein lebhafter Streit wegen der Qualität des Roheisens. Die Hammerschmiede behaupteten, die Massenbläser lieferten ihnen ein so unreines Roheisen, dass sie nicht im Stand seien, aus 16 Stallen Roheisen zu 152 Pfund, wie vorgeschrieben, 16 Wag geschmiedetes Eisen zu liefern Siehe Becher , a. a. O., S. 521. . Diese Klagen bewogen die Zunft, mit Einwilligung Nassau im 17. Jahrhundert. und Bestätigung der Landesherrschaft, vom 28. April 1600 ab den Stallen Roheisen auf 156¾ Pfund zu erhöhen. Graf Johann bemühte sich, die Siegerländer Eisenindustrie durch Verordnungen zu heben. 1616 bestätigte er, allerdings gegen Er- legung einer bedeutenden Geldsumme seitens der Zunft, den Massen- bläsern und Hammerschmieden ihre alten Rechte. In der Einleitung dieser vom 6. September 1616 datierten Verordnung geschieht der vielen Klagen Erwähnung wegen Nichtbeachtung der alten Rechte und Verpflichtungen der Massenbläser und Hammerschmiede, besonders gegen das Eindringen neuer Unberechtigter in die Bruderschaft. Ja dass „auch Newe Blass- und Stahlschmiedts-Hütten, oder Newe Herdte oder Werk, dennen in anno 1555 ahm 12. Monats Septembris von dem etc. Grave Wilhelm zu Catzenellenbogen dem Handwerk mit- getheilten Brieff und Siegeln zuwider, vffzurichten widerstanden. Darum und in Betrachtung, dass fast des gantzen Landes Nahrung vnd zeitliche Wohlfahrtt auf diesem Handel bestehet, verordnen wir Siehe Corpus constit. Nassov., p. 694 : „Dass nun und in künfftigen Zeiten eine jede Hammer- und Blass- hütte, bey ihrer zuuor verordnetter und hergebrachter Zeitt, auch an dem Ohrtt dahin sie gebauett, pleiben, keinem darüber oder mehr zu blassen, oder zu schmieden, oder die Hütte an ander Ohrtt zu bawen, verstattet oder zugelassen, keine Hammer- noch Hüttenzeitt, von einer Hütte auf die andere verlegt oder vertauscht, noch dasjenige, was einer oder der ander an seiner Zeitt, bey den verlauffenen Jahren oder Reisen verlohren, hernacher, es geschehe dan auss besondern erheblichen Vrsachen, die beydes von Vnss vnd der Hammerschmiedts und Massenblässer-Zunfft zugleich vor Erheblich erkant werden mögten, widerumb einzupringen, vergünstigt; auch abermahls vnd von Newen, den Reidmeistern, Hammerschmiedten vnd Hüttenleutten, bey Verlust der Kohlen, vnd anderer Straffen die Kohlen von den Gruben, vnd sonsten mit ihrem Eigenen Geschirr alzuhollen; desgleichen die Kohlen ausser dem Ambt Siegen zu führen, gantz und gar verbotten sein, auch hinführo keines Wegs gestattet werden soll, dass die Hammer- schmiede, ihren Knechten ahn ihren Lohn rohe Eissen schmieden, oder schmieden lassen, sondern die Knechte mit ihrem gebührlichen Geldlohn zufrieden sein. Dass auch die Hammerschmiedt das Eisen, so sie von ihren Reitmeistern, ihnen solches zu schmieden, gelieffert bekommen, vermengen, vertauschen oder ohne Vorwissen verkauffen mögen; Sondern, wie es ohne das, den Rechten und Pilligkeit gemäss 69* Nassau im 17. Jahrhundert. solch ihnen gelieffert Eissen wider lieffern, oder gewerttigt sein Sollen, dass das solchergestalt vertauschte oder verkauffte Eissen, oder das daraus gelöste Geldt, oder Wahr confiscirt vnd eingezogen, vnd dar- beneben sowohl die Hammerschmiede, alss auch die es von ihnen wissentlich kauffen, oder sonsten abnehmen, noch gestrafft werden sollen; doch auch die Reitmeister den Hammerschmieden klein Eisen, solches beyzuschlagen, darbey zu stellen schuldig sein; — dass auch hinfürtter nit eben ein Jeder, der oder dessen Eltern nicht vor dieser Zeitt, in disse Zunft eingenohmen sein, in dieselbe zur Bruderschaft genohmen werden Soll, er habe denn Hammer oder Hütten Zeitt, vnd zum wenigsten zween Hammertag oder Sechs Blasshüttentag, an sich geerbt, oder rechtmässiger Weiss, ohn einigen Betruck (welches der- selb auff Erfordern bei seinem leiblichen Eyd zu betheuern verpflichtet sein soll) ahn sich gebracht, oder aber das einer dass Massenblässer- oder Hammerschmiedtshandwerk mit der Faust gelerntt, dass auch endlich ins künfftig vnd von disser Zeitt an, keine neue Hämmer, Blass- und Stahlschmiedtshütten, oder Neue Heerde, oder Werke an- gerichtet, oder erbawet werden, sondern es dessfalls, allerdings bey albereit, mit geteilten vor ahngeregten Brieff vnd Siegeln, wie auch dem Churbrieff, alten Ordnungen und Hehrpringen gelassen werden, sein und pleiben soll, vnd die weill Wir dem Handwerck, vnd dessen Genossen zum besten, diesse Gnadt vnd Vortritt gethan, vnd dass- jenig, was Vns sonsten gegen Vergünstigung, vorgemalten vnd andern Puncten ahn rohem Eissen, von etlichen ahngebotten, vnd künftig Vns ahn Geldt, Eissen oder sunsten, zum besten kommen mochte, fahren lassen, So haben auch die Massenblässer, vnd Hammerschmiedts- Meistere, vnd Zunfftgenossen, zu vnderthänigem Dank, gegen Vnss da- hin sich erklärtt vnd erbotten, Vnss alsobaldt vierhundert Räder- gulden, richtig zu machen, vnd zu bezahlen, wo dan auch die Meistere und Zunfftgenossen solch Sum Geldtes vnder sich gesetzt vnd ahn bahrem Geldt, vor Ueberliefferung diesses, zu Vnssern Handen, wohl geliebertt, vnd bezahlt haben, darüber dan auch Wir sie hiemit vnd in Krafft disses, bester Formb Rechtens quitiren, ledig vnd loss seyen:“ dafür verspricht der Graf für sich und seine Nach- kommen die alte Ordnung zu handhaben und zu schützen und dass „die Massenbläser vnd Hammerschmiedtsmeister vnd Zunfftgenossen, bey den itzigen Blass-, Giess-, vnd Schmiedthandel vnd hehrprachter Zeit pleiben etc. etc. Actum Siegen, den 6. Septembris etc. Anno Sechzehnhundert vnd Sechzehn. Johann Graff zu Nassau mppria.“ Nassau im 17. Jahrhundert. Im Jahre 1618 war der Kohlenmangel allgemeine Klage und mussten verschiedene Hütten eingehen. Dagegen erliess Graf Johann 1623 eine weitere wichtige Verordnung, durch welche zur Steuerung der Kohlennot die Hüttenreisen abgekürzt wurden. Sie lautet Corpus Const. Nassov. II, p. 92. : Grafen Johann zu Nassau Verordnung den Kohlenkauf und die Abkürzung der Hütten-Reisen betreffend 1623. 6. Jun. „Demnach bey diesem allgemeinen Ohnwesen auch das Kohlenwerck allhir binnen Landts nicht allein zum höchsten ge- stiegen, also dass anstatt dessen, da man noch vor wenig Jahren, den Wagen Kohlen etwan um fünff oder sechs Gulden kauffen vndt zeugen können, ein zeithero denselben noch zweymahl so theuer be- zahlen, oder der Kohlen entrathen müssen, sondern dass auch das Kohlenwerck an vndt vor sich selbsten, durch Unterhaugung vndt Erösung der Berge ein zeitthero mercklichen abgenohmmen, dahero dan höchlich zu befahren stehet, wofern diesem Ohnwesen nicht bei Zeiten durch gute Ordtnung vndt deren Handhabung reme- diirt vndt abgeholffen werden sollte, dass der Eisenhandel je lenger je mehr in Abgang gerathen, ja endlich zu des Lands eusersten Schaden gänzliche erliegen müste. Damit nun auch in diesem Theil ahn gutter Ordtnung nichts ermangeln vndt der Eisenhandel (als ahn welchem dieses Landts zeitliche Wolfahrt vornehmlich hanget) auch ins künfftig in seinem Gang erhalten werde möge. So hat der hochwol- geborne Grave vndt Herr, Herr Johann, Grave zu Nassaw, Catzen- elenbogen, Vianden vndt Dietz, Herr zu Beilstein etc. der Eltter, Unser Gnediger Herr nach reiffer vndt genugsahmer Berathschlagung diese Sachen auff der Hammerschmiede, Massenbläser und Reidt- meister selbstiges Ahngeben vndt unterthäniges Gutbefinden, vor Nutz vndt Nötig erachtet, dass nicht allein bey so gestellten Dingen dem Kohlwerck, mit Verordtnung eines gewissen Anschlags oder Werths Ziel vndt Mass gestecket , sondern auch die Müsige Zeit uff den Hütten vndt Hämmern zum wenigsten vor eine Zeit lang biss zu anderwerthlicher J.-G.-Verordnung, vndt sämptlicher Interessenten Guttbefinden erstrecket vndt allso dem Blasen vndt Schmieden noch ferner abgebrochen würde , weil ohne das den Handelsmann viel verträglicher, wenig Eisen machen vndt haben, vndt derselbe schleunig mit Nutzen verhandeln, als dessen einen Nassau im 17. Jahrhundert. grossen Vorrath mit geringem Vortheil, oder auch mit Schaden, Jahr vndt Tag haben vndt behalten.“ Da nun seit unvordenklicher Zeit ein Wagen Kohlen an Wert einem Wagen Eisen gleichgerechnet wurde, so soll dies zur Grund- lage dienen, da aber die Kohlen, die einen weiteren Weg nach den Hütten gefahren werden müssen, sich theurer stellen, so soll bestimmt werden, dass die Kohlen, die nah zu den Hütten gefahren werden, nicht mehr gelten sollen als „eine Wag Eisens“ per Wagen, die weit zu fahren haben, entsprechend höheren Preis haben sollen, doch nicht höher als 12 Räder Gulden („thun itzigem Werth nach vier Reichs- thaler“) per Wagen. Die Köhler sollen die Kohlen, sobald sie gebrannt und verkauft sind, alsbald den Käufern zufahren, sie aber nicht in Schoppen legen und zurückhalten. Die Herrschaft selbst erklärt sich bereit, ihre eignen Kohlen zu einem Durchschnittspreis von 10 Rädergulden per Wagen abzugeben und sie an den Bestimmungsort hinfahren zu lassen. Aus oben angeführten Gründen sollen die Hüttenzeiten ab- gekürzt werden, nämlich ausser den früher bestimmten zwei Tagen noch um sechs Tage, so dass jede Hütte nicht mehr als sechs Wochen und vier Tage, im Ganzen also 40 Tage , worunter die Anhebe- und Ablasstage mit eingerechnet sind, nach einander Hütten oder Blasen darf und proportionaliter ebensoviel auf den Hämmern, auf denen vier Reisen, zwei vor Jakobi und zwei nach Lichtmess, abgebrochen werden sollen. Unter dem Vorbehalt einer Änderung, wenn bei den Kohlwerken Besserung eintritt. Weiterhin erliess der Graf am 20. März 1624 das „Siegenscher Canzley geschärftes Mandat, die Beobachtung der Holzordnung betreffend“, durch welches „wegen fühlbaren Holzmangels“ die Bestimmungen der geschworenen Montags- ordnung eingeschärft wurden. Nicht nur die Reisen der Massenbläser, auch den Hammer- schmieden waren ihre Schmiedetage verkürzt worden. Damit mussten sie sich auch zufrieden geben. Dagegen erhoben sie von neuem Klage wegen des Roheisens, indem sie behaupteten, auch bei dem erhöhten Gewichtssatz des Stallen Roheisens nicht auf den Satz schmieden zu können. Diesmal aber gaben die Raitmeister, über deren Beutel es herging, nicht ohne Weiteres nach, sondern schalten die Hammer- schmiede übele Wirtschafter, die auf Kosten der Raitmeister gut leben und Staat treiben wollten etc. Die Sache wurde untersucht, und da die angestellten Probeschmieden zu Gunsten der Hammer- schmiede ausfielen, legte sich der Landesherr für sie ins Mittel und Nassau im 17. Jahrhundert. brachte am 5. November 1621 eine Einigung dahin zu Stande, dass der Stallen Roheisen für die Folge auf 162¾ Pfund festgesetzt wurde. Dies wurde bereits am 7. Januar 1623 dahin abgeändert, dass die Wag Stabeisen von 120 auf 125, die Stolle Roheisen aber auf 164 Pfund Silbergewicht, das Pfund zu 32 Loth gerechnet, erhöht wurde. Im Laufe des Jahrhunderts trat noch einmal eine Erhöhung ein, indem im Jahre 1667 das Gewicht des Stallen Roheisens auf 170 Pfund festgesetzt wurde. Graf Johanns Verordnung, dass der Preis eines Wagens Kohlen dem einer Wag Eisen gleich sein solle, hatte keinen Erfolg. Die Kohlenpreise stellten sich während dem ganzen Jahrhundert höher. 1695 bezahlte man durchgängig den Wagen Kohlen mit 7 und 8 Gulden und drei Jahre später erhielten die Siegenschen Werke aus den Witgensteinschen Forsten keinen Wagen unter 7½ bis 8 Gulden. Damals kostete die Wag Eisen 15 Kopfstück oder 5 Gulden, während sie vorher 8, 9 bis 10 Kopfstück gegolten hatte Siehe Becher , a. a. O., S. 541. . Weitere Verordnungen und Vereinbarungen aus dem 17. Jahr- hundert gewähren einen Einblick in den Hüttenbetrieb jener Periode. „Der Siegenische Hammerschmiede Schluss nebst Canzeleykonfirmation das Schmieden betreffend, Mai 9./29. 1666“ will die ungleichmässige Ausnutzung der Hämmer durch die Gewerken, je nachdem einer grobe oder kleine Waren schmiedet, ausgleichen. Sie lautet: Um die Unordnung im Schmieden abzustellen, die dadurch entsteht, dass einer grobe, der andere kleine Ware macht, der eine den Hammer zwei- oder dreimal, der andere nur einmal ge- braucht, sind die beiden dazu verordneten Bergmeister samt den Handwerksmeistern heute dato 10./30. September uff Dielnhenrichs Hütten erschienen und von jedem Hammer einen zu Vnss erfordern lassen, benanntlich unteren Hain Johann Buch, uff der Hammerhütten Henrich Göbell, uff Dielnhenrichshütten Johann Heinrich Meinhardt, uff Fickenhütten Johann Jacob Flender, uff Münckershütten Franz Sprenger, vor der Haarth Thomas Flender, uff Buschgödershütten Henrich Flender, Schöffe, uff der Geisweid Johann Geisweid, Schöffe, uff Dielnhütten, Hermanus Schleiffenbaum, uff Buschhütten Martinus Spiess, vorm Berg Johannes Müncker, uff Külnhütten Johannes Müncker, Schöffe, uff Allenbach Johann Flender, vor der Dieffenbach Hermanus Flender, uff Meisnershütten Hans Meinhardt — haben einmütig dahin geschlossen, dass weil ein Tag oder ein Herrdt so- Nassau im 17. Jahrhundert. wohl als der ander seine Baukosten tragen muss, dass auch einer sowohl als der ander und solang und soviel als sein Gegentheil den Hammer braucht, also er auch denselben zu brauchen habe, damit eine Gleichheit gehalten werde und keiner über die Gebühr be- schweret und vervortheilt werde, ist derwegen der Schluss von ge- dachten Brüdern also gemacht, dass derjenige, so Stäbe macht, deren 6, 7 oder 8 uff ein Wag gehen, an jedem Stab vier heissen thun soll, damit das Eisen warm geschmit und gute Kaufmannswahr ge- macht, und derjenige, so Schien und Schaar macht, auch zu seiner Zeit gelangen mag, derjenige aber, der grobe Wahr, als schwere Stück zu Waffen oder uff Cölln und dergleichen, soll sich danach richten, dass er den Hammer auch länger nicht brauchen als der kleine Wahr macht, undt da sich dessen in der Güte nicht ver- gleichen können, so sollen diejenige, so die Uffsicht daruff haben, Sie unter einander vergleichen, oder die Sand Uhr soll sie scheiden, damit eine Gleichheit und gute Ordnung gehalten werden möge u. s. w. Während des 30jährigen Krieges trat Graf Johann von Nassau- Siegen zur katholischen Religion über, mit ihm ein Teil seines Landes. In Folge dessen spaltete sich auch 1689 die Eisenmassenbläser-Zunft in eine katholische und eine evangelische (reformierte), die aber die- selben Einrichtungen hatten. Auch die Stahlschmiede der Ämter Hilchenbach und Krombach, sodann die im Amte Freudenberg wohnenden, hatten zwei besondere Zünfte, aber einerlei Einrichtung und Kurbrief. Die Regierung selbst war in eine evangelische und eine katholische Kanzley getrennt. 1677 wurde zu Siegen folgende Ver- ordnung über den Eisenzoll erlassen: „Evangelisches Kanzley-Edikt den zu Olpe im Chur-Cöllnischen neu eingeführten Zoll auf die aus dem Nassauischen gehenden Stahl- und Roheisenwaren und deshalb auf die Cöllnischen Karren im Nassauischen auf gleichem Fuss an- gelegten neuen Zoll betreffend. 17. November 1677.“ Darin wird ausgeführt, dass die Remonstrationen bei der churfürstlichen Kanzley zu Arnsberg gegen den neuen Zoll von „einem halben Reichsorth oder einem Blomeisser“ vergeblich gewesen sei, indem sich dieselbe darauf beriefe, Nassau habe den Anfang mit solchem Zoll„ vffen hohen Hän hindern Freudenberg“ gemacht, was unwahr ist: „weil genug- sahm bekandt, dass der daselbstiche Zoll, so erhoben wird, ein ur- alter Zoll so von etlich hundert Jahren her von dem rohen Eysen, so im Saynischen oder Nassauischen Lande gemacht und durchgeführt, entrichtet wird und hergebracht ist.“ Deshalb wird gleicher Zoll auf alles Cöllnische Eisen gelegt. Nassau im 17. Jahrhundert. Diese Zollmassregel, sowie die vorerwähnte Vereinbarung der Hammerschmiede wegen der Schmiedezeit hatte ihren Grund darin, dass in der zweiten Hälfte sich eine Änderung in dem Hammerbetrieb dahin vollzogen hatte, dass weit mehr grobes Eisen geschmiedet wurde, und dieses wurde ausgeführt. Veranlassung hierzu hatte die Entstehung und Zunahme der Reckhämmer im Bergischen und Mär- kischen gegeben, welche mit Vorliebe das grobe Siegerländer Eisen, welches deshalb selbst Reckeisen genannt wurde, bezogen. Dieses musste hierbei churkölnisches Gebiet passieren, wofür die kölnische Regierung den erwähnten Zoll erhob. Die Reckeisenschmiederei war für das Siegerland sehr vorteilhaft, denn man brauchte weniger Kohlen und konnte in derselben Zeit ein viel grösseres Gewicht schmieden. Bei dem konservativen Sinn der alten Siegerländer voll- zog sich indes der Übergang zu dem neuen Betrieb doch nur lang- sam. So wurden 1693 doch nur einige dreissig Karren Reckeisen um Lohn geschmiedet, welche für 19 Rchsthlr. verkauft wurden. Am 21. Juli 1694 wurde eine neue „Canzley Kohlen Tax und Ordnung“ erlassen. Dieselbe unterscheidet nach der Lage der Hütten dreierlei Preise und bestimmt: „ Erstlich , dass der Wagen Kohlen, so auff die nechste Hütten oder Hammer alss vor der Tiefenbach der verlegte Wagen Kohlen 6 Gulden 9 Alb. Die aber vor die Meinhardt, Müsenerhütten, Marien- born, Eysern im Dorff, Grebenhütten und Neuenbruch Hammer ge- führet der verlegt ist vor 6 Gulden 6 Alb. Der freye und vnbelegte aber war 6 Gulden 12 Alb. Vors Zweyte der verlegte Wagen Kohlen, welcher auff die mittelste Hütten vndt Hämmer alss unter den Häen, Dielnhenrichs- hütten, Fickenhütten, vor der Harth; Münckerss- vndt Kalbshütten geliefert wirdt vor 6 Gulden 15 Alb., der freye aber vndt vnverlegte vor 6 Gulden 21 Alb. Vndt dann vorss Dritt , der auff die weiteste Hütten vndt Hämmer, alss Schneppen-Kauten, Krämer-Hammer vndt Eiserfelder Hütten, wie auch den Kleinschmieden der Stadt Siegen geführt wird, der verlegte vor 6 Gulden 21 Alb., der freye aber vor 7 Gulden 3 Alb. bezahlt vndt dargegen nichts höher oder geringer gegeben auch kein Vnterschleiff gegen diese Verordnung gebraucht werden solle.“ In sehr energischer Weise, nämlich unter Androhung der Todes- strafe, wurde 1696 das Verbot, die Schmiedekunst ausser Landes zu treiben, eingeschärft: Nassau im 17. Jahrhundert. „Vormundschaftl. Regierung Pönal-Edict, das Hüttenwerk und die Hammerschmiedekunst nicht ausserhalb Landes zu treiben und Fremde lernen zu lassen 1696. Februar 29. Alldiweilen viele nach einander gefolgte Jahren, zu des Landes merklichem Ruin, ein vnd anderer boshaftiger Gesell, sich, hochstraff- bahres Diengs, denen beschworenen Churbriefen zuwider, das Hütten- werk und Hammerschmiedtskunst, worinnen des ganzen Landts ein- zige Wollfahrt beruhet, nicht nur ausser Landts zu treiben, sondern Frembden solche so hoch verpönte Wissenschaft zu lehren, sich unter- stehen dürffen, mithin nach Ahnweisung der peinlichen Rechten, als Meinaidige billig abzustraffen seindt; weilen aber diese Straffe viell zu gering vnd nicht ahngesehen wird, allermassen, das Verbrechen je länger je mehr ahnwächset, mithin auch die Straffen, wie billig, ahn- wachsen und vergrössert werden müssen. Als haben Ihro Durchl. Vnsere gnädigste Landes Regentinne etc. zu Abhelfung solchen groben Verbrechens sothane ordentliche Leibesstrafe in eine vnnachlässige exemplarische Todtsstrafe (!) verwandelt; wird dannhero allen vnd jeden Lands-Eingesessen, so dieser Zunft incorporiret stehen, alles Ernsts vnd bey Vermeidung vorangeregter Todtsstrafe ahn- befohlen, sich vor diesem Landsverderblichen Uebel hinkünftig aller- dings zu hüten. Siegen , den 29. Febr. 1696. — Aus special gnädigstem Befelh (L. S.) Fürstl. Nassau zur Vormundschafftl. Regierung verordnete Regierungs-Räthe.“ Ein anderes für die Eisenindustrie des Siegerlandes wichtiges Ereignis im 17. Jahrhundert war die Konsolidation des Müsener Stahlbergs, die Vereinigung der verschiedenen Grubenbesitzer am Stahlberg zu einer Gewerkschaft Siehe Revierbeschreibung von Siegen, S. 215, ferner F. M. Simmer- bach , Geschichte des Siegerländer Bergbaues, S. 15. . Anfangs des 17. Jahrhunderts bestanden noch 11 verschiedene Gruben auf dem Stahlberg. Diese vereinigten sich im Jahre 1631 zu einer Gewerkschaft und diese Ver- einigung erhielt durch landesherrliches Edikt d. d. Müsen den 1. Mai 1648 wiederholte Bestätigung, wobei eine Einteilung des Berg- werks in 312 Kuxen erfolgt sein dürfte. An demselben Tage erliess der Fürst Johann Moritz eine aus 17 Artikeln bestehende Verord- nung, in welcher Vorschriften über den Betrieb des Müsener Berg- werkes, das Messen, Verlosen und Abfahren des Eisensteins, für die Bergleute, Handwerksleute und Gewerken gegeben sind. — Auf eine Thüringen im 17. Jahrhundert. Supplik des Johann Friederici von und zu Holdinghausen nebst an- deren Gewerken in Betreff des Zehentsteins war schon vom Grafen Johann unter dem 4. Februar 1606 bewilligt worden, dass der Zehnte nicht mehr in natura, sondern in Geld entrichtet werden könnte. Von den 312 Kuxen des Stahlbergs gehörten nachmals 205 den vier Hüttengewerkschaften, 55 dem herrschaftlichen Hüttenwerk zu Lohe und 52 dem adligen Gute zu Burgholdinghausen. Thüringen . Die wichtigsten Eisenindustrieplätze Thüringens, Schmalkalden und Suhl, hatten im 30 jährigen Kriege entsetzlich zu leiden. In dem Grenzgebiet des Kampfes zwischen Nord- und Süddeutschland gelegen, hörten in der ganzen langen Zeit die Beunruhigungen durch Truppen- durchzüge und Brandschatzungen nicht auf. Dazu kam, dass beide Städte durch ihren Wohlstand die Habgier der auf Erpressung an- gewiesenen Truppenführer reizten; aber auch die besondere Art der Industrie lockte die Parteien, sich in den Besitz der Städte zu setzen. Eisen war auch im Kriege unentbehrlich und Waffen begehrte ein Jeder. So wurden die Städte von den Siegern besetzt, um sich ihren Besitz zu sichern, von den Besiegten zerstört, um den Feind zu schädigen. Schmalkalden hatte schon vor dem Kriege schwer zu leiden ge- habt unter der gewaltsamen Einführung des reformierten Bekennt- nisses durch Landgraf Moritz von Hessen-Kassel. Dies war so ge- kommen. Nach dem Tode des letzten hennebergischen Grafen Georg Ernst am 27. Dezember 1583 gelangte Landgraf Wilhelm IV. von Hessen in den alleinigen Besitz des hennebergischen Landes. Ihm folgte sein Sohn Moritz, welcher, hauptsächlich durch seine Ge- mahlin dazu bestimmt, von der lutherischen zur reformierten Kirche übertrat. Dadurch setzte er sich in direkten Widerspruch mit den Traditionen seines Hauses und mit den Testamentsbestimmungen seines Grossvaters Philipp des Grossmütigen. Als nun 1604 Landgraf Ludwig IV. von Marburg kinderlos gestorben war und Moritz eben- falls im Widerspruch mit dessen testamentarischen Bestimmungen in den ihm zugefallenen Landesteilen das reformierte Bekenntnis ein- führte, brach der hessische Erbfolgestreit aus, welcher mit dem 30jährigen Kriege verflochten bis gegen Ende desselben dauerte. Thüringen im 17. Jahrhundert. Dieser Streit war auch für das Schicksal Schmalkaldens von grossem Einfluss und erhöhte seine Leiden. Die Grafschaft Henneberg und die Stadt Schmalkalden waren gut lutherisch. 1603 erliess Landgraf Moritz einen Befehl an die schmalkaldischen Prediger, sich nach dem reformierten Bekenntnis zu richten. Diesem Befehl wurde keine Folge geleistet. Ebenso blieb ein zweiter Versuch erfolglos. Da schritt Moritz 1608 zur Gewalt. Erst setzte er den Amtmann ab, liess den Diakonus Merkel, der die lutherische Sache tapfer ver- teidigt hatte, nach Kassel ins Gefängnis abführen und setzte will- fährige Prediger ein. Als aber auch diese Massregeln die lutherisch gesinnten Schmalkaldener nicht einschüchterten, liess er am 9. De- zember 1608 unter grossem Aufruhr der Bürgerschaft die Bilder aus der Kirche mit Gewalt entfernen, und duldete von da ab nur noch reformierten Gottesdienst. Der 30jährige Krieg brach aus. Moritz ergriff mit Eifer die protestantische Sache; Ludwig V. von Hessen- Darmstadt, sein Gegner, hielt es mit dem Kaiser. Als die Kaiser- lichen gesiegt hatten, wurde Moritz’s Verfahren für testamentswidrig erklärt und die ganze Marburger Erbschaft der Darmstädter Linie zugesprochen. Auch sollte er dieser für den Nutzen aufkommen, den er bis dahin aus den marburgischen Landen gezogen hätte. Diesen berechneten die Darmstädter zu der enormen Summe von 1357154 Gulden. Solche konnte Moritz nicht zahlen. Da seine Gegenvorschläge verworfen wurden und ihm 1626 von der kaiser- lichen Regierung ein Ziel von einem halben Jahr zur Tilgung der Schuld gesetzt wurde, war er gezwungen, sich mit Landgraf Ludwig zu vergleichen. Diesem überliess er die Herrschaft Schmalkalden und mehrere niederhessische Schlösser als Pfand bis zur Tilgung der Schuld. So wurde Schmalkalden vom Jahre 1626 an hessen- darmstädtisch. Auch mit der Stahlschmiedezunft zu Schmalkalden hatte Land- graf Moritz Zwistigkeiten. Der alte Zehente war in Geld abgelöst worden, nämlich in eine Jahresabgabe von 580 Thlr. Siehe Häfner , die Herrschaft Schmalkalden III, S. 252 und 338. . Landgraf Moritz missbilligte diese Abfindung und verlangte wie früher den Zehnten in Natur und das Recht des Vorkaufs. Die Stahlschmiede widersetzten sich. Der Landgraf drohte mit Entziehung der Muthe. Sie versuchten, ihm den Zehnten in Form von Eisenstein auf dem Berg darzubieten. Allein auch dieser Versuch wurde mit Nachdruck zurückgewiesen und der Landgraf setzte seinen Willen durch. Von Thüringen im 17. Jahrhundert. dem Vorkaufsrecht machte er indes weisen Gebrauch zum Nutzen der Eisenarbeiter und des Landes. Bis dahin hatten die Stahlschmiede den grössten Teil des gefertigten Stahls und Eisens in das Ausland verkauft und dadurch den Schmalkalder Eisenmanufakturisten das Arbeitsmaterial ausnehmend verteuert. Zur Steuer dieses Missbrauchs legte der Landgraf 1623 zu Schmalkalden eine Faktorei an Siehe Häfner a. a. O., S. 362, wo die betreffende Bekanntmachung ab- gedruckt ist. . Mit 300 Centnern Stahl wurde der Anfang gemacht. Der Centner Huf- eisenstahl musste bis dahin für 4¾ Reichsthaler und der Centner Kernstahl für 4¼ Reichsthaler von den Stahlschmieden geliefert werden. Die gerichtlichen Angelegenheiten der Berg- und Schmiedewerke besorgten zu Schmalkalden der Amtmann und Rentmeister. Vordem hatten die sämtlichen hennebergischen Berg- und Hammerwerke unter der Jurisdiktion des Berggerichts zu Suhla gestanden. Seit dem Erlöschen der henneberg-römhildischen Grafenlinie waren die der Herrschaft Schmalkalden von demselben getrennt und einem eigenen Berggericht zu Steinbach untergeordnet worden. Der Amtmann zu Hallenberg war Richter in demselben. Es wurde durch eine „Hallen- berger Bergordnung“ befohlen, dass auf keinem Hammer, ausgenommen was der Hammerschmied mit der Geschworenen Vorwissen zu seinem Fuhrwerke und zu seiner Haushaltung bedürfe, mehr als 24 Centner Eisen in einer Woche geschmiedet — dass ein Karn Lichtkohlen höher nicht als für 15 Gulden, ein Karn Buchenmeilerkohlen für 14 Gulden verkauft — dass keine Kohlen in dem sächsischen Thüringen geladen und zum Nachteil des Kaufrechts der Hallenberger Schmiede nach Schmalkalden gefahren — dass am Samstag Abend in den Hämmern Feierabend gemacht und am Montag wieder zu arbeiten angefangen — dass am Sonntag weder Kohlen noch Stein gefahren — dass an einem Feiertage in der Woche nach geendigtem Nachmittagsgottesdienste in den Hämmern zu arbeiten erlaubt — dass den Bergleuten auf dem Ringberge von den Hammerschmieden Eisenstein abgekauft — und dass kein geblasen Eisen von den Hammerschmieden verkauft werden solle. Damals wurde in dem Amte Hallenberg in dem Ring- und Arz- berge auf Eisen gebaut. Zu Unterschönau hatte man einen Eisen- hammer, zu Steinbach aber deren drei, sowie einen Blech- und einen Kupferhammer. 1621 kostete ein Centner Stahl 45 Gulden, ein Centner Eisen 18 Gulden. Thüringen im 17. Jahrhundert. Der 30jährige Krieg brachte grosse Drangsale über Schmalkalden und die unaufhörlichen Erpressungen stürzten die Stadt in grosse Schulden. 1623 wurde es zum erstenmal heimgesucht, als sich Oberst Colalto mit seinen Truppen vor der Stadt lagerte. Im Oktober er- hoben bayrische Reiter von der Armee Tillys eine Brandschatzung von 2000 Thlr. Die Stadt erhielt daraufhin zwar eine kaiserliche Salva guardia, diese kostete aber wöchentlich 2200 Gulden. Die Kaiserlichen hielten die Stadt bis zum Herbst 1625 besetzt. 1626 wurde Schmalkalden von den Truppen des Herzogs von Holstein heimgesucht. 1627 nahm der Landgraf von Hessen-Darmstadt Schmalkalden in seinen Besitz und versprach, dass die Stadt künftighin von kaiser- licher Einquartierung befreit sein sollte. Aber die kaiserlichen Kriegsobersten kümmerten sich wenig um den Landgrafen. 1627 lag Reinach im Quartier, 1628 Tillys Stabs- und Leibkompanie, welche drei Jahre und vier Monate hier blieb und der Stadt 145000 Reichs- thaler 18 Groschen kostete. Nach Tillys Niederlage bei Leipzig hatte die Stadt noch mehr zu leiden durch die Schweden; von 1631 an fiel sie einmal in schwedische, dann wieder in kaiserliche Hände und bei jedem Wechsel hatte sie die Zeche zu zahlen. Die Truppenmassen, welche sie verpflegen musste, wurden immer grösser, die Zügellosig- keit der Soldaten und die Begehrlichkeit der Offiziere nahm von Jahr zu Jahr zu. Dazu machte der Landgraf Schmalkalden zum Werbe- und Verpflegungsort für seine Truppen. Jeder Musterungs- monat kostete die Stadt 2400 Reichsthaler. Nach der Schlacht von Lützen hausten die Schweden und Sachsen unter Bernhard und Wil- helm von Weimar arg im Schmalkaldischen. 1633 kostete die schwedische Armee die Stadt 64000 Reichsthaler; die tysenhausische Einquartierung vom Januar bis April 1634 13400 Reichsthaler. Als nach der Schlacht von Nördlingen General Banner sich nach Thüringen zurückzog, liess er Schmalkalden von 300 Musketieren be- setzen. Die Stadt musste täglich 7½ Ctr. Brot, ebensoviel Fleisch, 14 Eimer Bier, ½ Fuder Wein, 10 Malter Hafer und alle zehn Tage 3000 Reichsthaler an Geld aufbringen. Graf Isolano mit seinen Kroaten liess sich mit Geld abfinden, dass er die Stadt nicht plündere. Auch der Feldmarschall Piccolomini verlangte für sich 3000 Reichs- thaler. Schon war kein bares Geld in der Stadt mehr aufzutreiben und die Bürger mussten ihr Silbergerät an Geldesstatt geben. Die kaiserliche Schutzwache, welche die Stadt auf ihre Bitten erlangt hatte, kostete fast soviel wie der Feind und die Bürgerschaft Thüringen im 17. Jahrhundert. war froh, als endlich ihr Beschützer Urbanowitz abzog. Ein viel Schlimmerer aber kam an seine Stelle, Rittmeister Bombason, der es meisterlich verstand, die Not der geängstigten Bürger noch drücken- der zu machen. Derweilen wurde die Umgebung Schmalkaldens un- aufhörlich von „streifenden Parteien“ ausgeplündert und verwüstet. Die Bauern verliessen die Dörfer und Gehöfte und flohen in die Wälder. Die Kosten an Brandschatzung und Kontribution im Jahre 1634 wurden auf 87830 Reichsthaler veranschlagt. Die Brandschatzungen der folgenden Jahre erfolgten in immer kürzeren Zwischenräumen, dazu legte der Landgraf Schmalkalden ebenfalls schwere Lasten auf. Abgesehen von den Verpflegungskosten seiner Truppen musste die Stadt 1635 10000 Reichsthaler Kriegssteuer an Hessen und 6000 Reichsthaler Reichssteuer zahlen. Nach der Schlacht von Widstock wurde sie von den Schweden geplündert. Dann forderte (1636) der schwedische Oberst Tubalt 17000 Reichsthaler und als er die ge- forderte Anzahlung von 5000 Reichsthalern nicht sogleich erhielt, setzte er den Stadtrat gefangen und plünderte die fürstlichen Speicher und Keller. In dieser Weise ging es fort. Als 1639 Graf Königsmark 12000 Reichsthaler Brandschatzung von Schmalkalden forderte, brachte man nur die Hälfte der Summe zusammen, obgleich die Bürger ihr letztes Silbergerät zusammenschleppten. Unkosten und Schaden wurden in diesem Jahre auf 60000 Reichsthaler ver- anlagt. Viele Bürger verliessen als Bettler die Stadt. Im Juni 1640 verlangte der schwedische General Pfuel 20000 Pfd. Brot. Die Stadt konnte sie nicht liefern. Dafür verlangte der Generalproviant- meister für die heranziehende verbündete evangelische Armee un- verzüglich 500000 Pfd. Brot. Alle Böden und Keller wurden durch- sucht. Die Not der Stadt stieg aufs höchste. Ein Brot kostete damals einen Thaler. Die schrecklichsten Greuel wurden von den verwilderten Soldaten verübt. Nun rückten die Kaiserlichen wieder näher. Um Piccolomini milde zu stimmen, schickte ihm die Stadt statt des fehlenden Geldes und Silbers einen feisten Hirsch, 1000 Hufeisen und 100000 Hufnägel. So wurde das Eisen in dieser harten Zeit zum Lösegeld. Um diese Bedrängnis erschien der unglücklichen Stadt ein Schutzengel in der Person der energischen Landgräfin Amalie Elisabeth, welche die Stadt durch ihre Truppen besetzen liess und manche Unbilden von ihr abwendete. Die Brandschatzungen aber dauerten fort bis zum Friedensschluss. Erwähnen wollen wir nur noch, dass, als im Oktober 1647 der kaiserliche Generalfeld- Thüringen im 17. Jahrhundert. marschall Holzapfel mit der kaiserlich-bayrischen Armee in Thüringen einrückte und viele Bürger, sowie auch die kasselische Schutzwache vor Furcht die Flucht ergriffen hatten, die zurückgebliebenen Be- wohner auf ihr Bitten von genanntem General eine Schutzwache er- hielten gegen Lieferung von 3000 Hufeisen und 40000 Hufnägeln. — Endlich kam der Friede. Schmalkalden hatte wenigstens seine Existenz gerettet. Schlimmer erging es Suhl, das wegen seiner Gewehrfabrik so berühmt war, dass es ein „Zeughaus, Rüst- und Waffenkammer für Deutschland und Europa“ genannt wurde. Es wurde am 16. Oktober 1634 von den kaiserlichen Kroaten gänzlich niedergebrannt. Dieser Unglückstag der Stadt wurde bis in dieses Jahrhundert als Ge- dächtnistag gefeiert. Suhl stand damals unter gesamt-sächsischer Verwaltung, zu welcher auch die den Kaiserlichen besonders feind- lichen Grafen Bernhard und Wilhelm von Sachsen-Weimar gehörten. Die Zerstörung Suhls sollte ein Racheakt an diesen sein. Die Rats- mitglieder der Stadt baten Graf Isolano kniefällig um Schonung, aber er liess die Plünderung und Niederbrennung geschehen. Damals waren die Stadt und die Eisenhämmer getrennt; erstere zählte 672, letztere 122 Feuerstellen. Verschont blieb nur ein Eisenhammer mit Rohrschmiede, Bohr- und Schleifmühle nebst Wohnhaus an der Mühl- wiese, dem Gewehrhändler Valentin Klett gehörig. Dort wurde lange Zeit der Gottesdienst für Suhl abgehalten. Die Stadt wurde wieder aufgebaut, hatte aber auch nach der Zeit noch viel zu leiden. 1639 gab ihr Kaiser Ferdinand III. eine Salva guardia und einen Freibrief von allen Kriegsbeschwerden. Um so mehr wurde es von den Schweden heimgesucht. Suhl hat sich nie von diesen Schicksals- schlägen erholt. Wohl blühte die Gewehrfabrikation wieder auf, aber nie in dem Masse, wie früher, um so weniger, als alle mächtigeren Landesfürsten in ihren eigenen Landen derartige Fabriken anlegten. Die Schmalkaldische Eisenindustrie erholte sich dagegen nach dem 30jährigen Kriege ziemlich rasch. Man zählte gegen Ende des Jahr- hunderts 144 Schächte und 12 Stollen. Aus dem Stahlberg und den umliegenden Orten wurden jährlich 15016 Tonnen und aus der Mommel, dem Weibesend, nebst den dahin gehörigen Werken 5093 Tonnen Stahl- und Eisenstein gewonnen. Aber es fehlte dabei an Aufsicht und Ordnung. Die Gewerke liessen, wo es ihnen be- liebte, Erz gewinnen und fördern. In dem Jahre 1676 wurde ein landesherrliches Verbot gegen das Trucksystem zu Schmalkalden erlassen. Es geschah dies auf Grund Der Harz im 17. Jahrhundert. eines Berichtes des Bürgermeisters und Rates, dass die Handelsleute den armen Handwerksmann über die Massen dadurch drückten, dass sie diesem für die gelieferten Waren, anstatt bares Geld zu geben, allerhand Waren, Tuch, Strümpfe, Flachs, Fleisch, Speck, Reis und dergleichen aufnötigten, wodurch die armen Leute ins Verderben ge- rieten. Der Harz . Am Harz blühte bis zum 30jährigen Kriege die Eisenindustrie besonders in den Braunschweig-Lüneburgischen Landen, deren Fürsten, dem Beispiel des Herzogs Julius folgend, derselben ihre besondere Fürsorge zuwendeten. Herzog Heinrich Julius berief nach seinem Regierungsantritt 1589 seinen Stallmeister Georg Engelhard von Löhneiss zum Berghauptmann, in welcher Stellung derselbe segens- reich wirkte. Er erwarb sich grossen Ruhm als Berg- und Hütten- mann und sein „Bericht vom Bergwerk“ ist das beste Buch über Berg- und Hüttenwesen, welches im 17. Jahrhundert geschrieben worden ist (s. oben S. 911). Unter seiner Verwaltung wurden viele neue Eisenwerke angelegt; ebenso fällt die Einführung der Holzblasebälge am Harz, welche als der wichtigste, aber auch als fast der einzige technische Fortschritt der Eisenindustrie im 17. Jahrhundert bezeichnet werden muss, in seine Zeit. Ausser den Gittelder Faktoreirechnungen befinden sich in dem Archiv des Oberbergamtes zu Clausthal Akten und Rechnungen über folgende Oberharzer Eisenhütten: Die Eisenwerke von Osterode 1605 bis 1669, die Odereisenhütte bei Lauterberg 1609 bis 1616, das Eisen- hüttenwerk bei Riefensbeck, ferner die Eisenhütten bei Burssfelden, Holzminden, Usslar und Harlinghausen am Sollingen. Calvör Historisch chronologische Beschreibung des Maschinenwesens des Ober- harzes 1763, S. 213. führt folgende Eisenwerke auf: „In der schwarzen Schluft oder diesseits des daselbst nach dem Herzberge hinfliessen- den Wassers, die Siebe genannt, welches vor dem Rückfall der Graf- schaft Lauterberg an Grubenhagen die hohnsteinische und gruben- Beck , Geschichte des Eisens. 70 Der Harz im 17. Jahrhundert. hagische Grenze scheidete, ist im vorigen 17. Jahrhundert und noch nach der Mitte desselben eine Eisenhütte gewesen. Das daselbst ver- fertigte Eisen ist, laut der alten Rechnungen, nach Osterode in die Faktorey geliefert worden. Es ist aber dieselbe anno 1659 abgegangen. Auf dem Rieffens- becke und Kampschlacken sind auch zu der Zeit Eisenhütten und Hammerwerke gewesen.“ — Hierzu ist zu bemerken, dass die Hütte zu Riefensbeck um die Zeit des Ausbruchs des 30jährigen Krieges einging, während die zu Kamschlacken auch noch während des Krieges betrieben wurde Dr. H. Wedding , Beiträge zur Geschichte des Eisenhüttenwesens im Harz. — Zeitschrift des Harzvereins 1883, S. 11. . Calvör fährt fort: „Hier zu Altenau ist im Ausgange des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts ein Eisenhüttenwerk und Hoher- ofen, die Abgunst genannt, am Rotenberg gewesen. Nachher ist wieder von privat Persohnen Anno 1623 ein solches Hüttenwerk mit einem Hammerwerk unten in der Altenau gegen Westen am Gerlachs- bach gebauet worden, davon noch itzo der Ort, wo solches gestanden, auff dem Hammer heisset, an dessen Stelle man hernach die Unter- mühle gebauet hat. Der Eisenstein ward darzu auf dem oberen Polsterberge und über demselben Anno 1610 verliehen und gebrochen. An der Oder jenseits des St. Andreasberges ist eine Eisenhütte gewesen, welche noch vor etlichen 20 Jahren (um 1740) gestanden. Desgleichen eine unter dem itzigen Andreasbergischen Blaufarben- werk.“ — „Im 17. Jahrhundert ist etwa eine halbe Stunde unter der Altenau eine Blechhütte an der Ocker gewesen. Wo dieselbe ge- standen, da ist eine Wiese angeleget, die noch immer die Blechwiese heisst.“ „Hier zu Altenau ist im vorigen (17.) Jahrhundert eine Rohr- fabrike gewesen, dazu das Eisen theils aus der Schlufft, theils von der Tanne im Blankenburgischen hergehohlet ward. Wöchentlich wurden 24 bis 26 Stück Röhre verfertigt, und nach Osterode geliefert, wie eine alte sich noch bei den Nachkommen desjenigen, welcher die Röhre verfertigen lassen, befindliche Rechnung besaget. Anno 1618, den 3. May, ward dem Richter zu Altenau, Klaus Henschen, der die Rohrfabrike gehabt, auf Schleif- und Bohrmühlen verliehen die grosse Oker über der Sägemühle, der Gerlachsbach und Rotenbach unterm Rotenberge. (Die Bohrmühle hat über der jetzigen Untermühle ge- Der Harz im 17. Jahrhundert. standen, nach Inhalt des ersten Stadtbuchs bey anno 1622. Die Schleifmühle aber unter derselben.) Und ferner in eben diesem Jahre der alte Hüttengraben, so vordem zu dem Hohenofen und Hüttenwerk auf der Altenau verbrauchet worden und in welchen Graben (heisst es in der bestätigten Muthung) der Gerlachsbach und der Rotenbach, benebst der Oker fliessen. Anno 1657 ist sie noch laut einer alten Rechnung, im vollen Gange gewesen, nachhin aber abgegangen.“ Von den Eisenhütten des Unterharzes liegen die folgenden Nach- richten vor. Die Neuhütte an der Bode, welche fast seit einem Jahrhundert bestand, ging ebenfalls 1615 ein. Auch Muxholl ging um diese Zeit ein. Auf dem Lüdershof war eine Zerennhütte, welche noch 1616 in lebhaftem Betrieb stand. Zu Mangelholz (Mandelholz) legte Graf von Münchhausen, der damals das Amt Elbingerode in Pfand hatte, 1612 einen hohen Ofen nach steirischer Art (Stuckofen) an. Bald darauf wurde durch den Eisenfaktor Windheim zu Wernigerode eine Hütte zu Baste gebaut. Die alten Eisenhütten zu Altenbrack, Neumark und Rübeland kamen ebenfalls bei Beginn des 30jährigen Krieges zum Erliegen, Tanne dagegen nicht. Auch die Hütten an der Kuhfurt, die Haselhütte und Gottesgab an der Bode standen bei Beginn des 30jährigen Krieges noch in Betrieb. Sie machten viel Gussware. Dagegen gingen die Eisenhütten in Trautenstein, bei den Kahlenberger Vorwerken und die Gustavshütte damals ein. — Die Zerennherde in Braunlage und Kaltenesse wurden bei Ausbruch des Krieges noch betrieben. Im 30 jährigen Kriege hatten die Harzer Eisenhütten schwer zu leiden, doch wurden einige des Kriegsmaterials wegen lebhaft betrieben. Des Bedarfs an solchem wegen erteilte Wallenstein bei seinem An- marsch 1625 den Eisenhütten an der Oker und Söse einen Freibrief. Aber schon im folgenden Jahr zerstörten Kriegsleute des Herzogs Christian, welche unter dem dänischen Major von Mütschethal zu Clausthal lagen, das Werk in der schwarzen Schluft bei Andreasberg und zerschnitten die ledernen Bälge Siehe Wedding , a. a. O., S. 18. . Damals wurden zu Kamm- schlacken von dem Hüttengewerken Hans Bartels eiserne Geschütze gegossen. Dieselben wurden nach Zellerfeld gebracht und 1626 von Tilly an der Windmühle zu Clausthal aufgepflanzt. — Altenau lieferte Material für die Gewehrfabrikation. Gittelde wurde fortbetrieben. 70* Der Harz im 17. Jahrhundert. Nach dem 30jährigen Kriege suchten die Herzoge von Braunschweig- Wolfenbüttel die schwergeschädigte Eisenindustrie des Harzes be- sonders durch das Verbot des ausländischen Eisens zu heben. Herzog August verordnete am 14. Februar 1650, dass kein fremdes Eisen in’s Land gebracht werden solle. In demselben Sinne erliess er am 24. November 1653 ein Edikt, sich des Verkaufs des fremden Eisens zu enthalten und keines, so nicht auf den Kommunion- Eisenhütten gemacht und mit dem gewöhnlichen Zeichen bemerkt sei, zu vertreiben, einzukaufen und zu verarbeiten und am 29. April erliess er von neuem ein Edikt wider den Vertrieb fremden Eisens. Am 8. September 1665 verbot er die Einfuhr des schmalkaldischen Stahls. Am 29. April veröffentlichte er eine Verordnung wegen des Blankenburgischen Eisenhandels. Herzog Rudolf August erneuerte am 30. Juli 1670 das Verbot des Handels mit fremdem Eisen und verordnete am 6. Februar 1674, „dass kein anderes Eisen, als welches mit R. A. unter der Kron und W. so die Eisenhütten zum Neuenwerk, Rübeland, Altenbrack, Tanne, Braunlage und Walkenried bedeutet, gezeichnet, im Gange seyn, noch jemand anders als die Unter-Faktores Eisen verhandeln sollen“. Von der Zeit nach dem 30jährigen Kriege führen Tölle und Gärtner als ein Beispiel, dass sich der Eisenhüttenbetrieb „in diesem Säculo einer guten Aufnahme am Harz erfreute“ an, „dass um das Jahr 1658 zur Tanne eine hohe Ofenhütte mit zween hohen Öfen, ein Schlackenpuchwerk, eine Blech- und Zainhütte mit gutem Erfolg betrieben worden.“ Ebenso wissen wir, dass der Hochofen bei Oste- rode 1666 wieder in gutem Gang war. Lohnau kam 1667 wieder in Betrieb, auch Sieber 1691, aber nur vorübergehend. Die Königshütte zu Lauterberg goss Munition und 1693 wurde erwogen, ob nicht noch mehrere Hochöfen zum Guss schwerer Geschütze dort angelegt werden sollten. Die Querfurter Hütte, welche der Familie von Reden ge- hörte, wurde 1657 wieder aufgenommen und 1677 an Herzog Johann Friedrich verkauft. Die Hütte zu Ilfeld kaufte 1671 ein gewisser Stein aus Tanne. Zorge und Wieda wurden wieder neu eingerichtet. Die gräflich stolbergischen Eisenwerke bei Ilsenburg waren seit dem Jahre 1600 verpachtet Siehe Dr. Ed. Jacobs , die Hüttenwerke zu Ilsenburg in der Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde, 13. Jahrgang 1880, S. 259. . Es folgten bis zum Ausbruch des 30 jährigen Krieges verschiedene Pächter, zuletzt von 1619 bis 1632 Jobst von Winheim. Die schweren Kriegszeiten brachten trotz der Der Harz im 17. Jahrhundert. Anstrengungen des Pächters die Werke zum Erliegen. Auch die Trogfurter Hütte, welche besonders für Ilsenburg arbeitete, ging bei Beginn des 30 jährigen Krieges ein. 1632 übernahm Christof Ahrens das „desolierte“ Werk zu Ilsenburg für zehn Jahre in Pacht, ihm folgte der Faktor Johann Schomburg von 1642 bis 1651, der während der Kriegszeit eifrig Munition goss, dann bis 1663 Joh. Chr. Wich- mannshausen, und von dahin bis 1676 Jobst von Windheim, auf den bis 1685 Hans G. Gieseke folgte. Von 1670 an kam ein neuer Auf- schwung in das schwer geprüfte Eisengewerbe und neue Werke wurden in der Umgebung von Ilsenburg errichtet, 1669 baute Graf Heinrich Ernst von Stolberg einen Hochofen bei Schierke, den er verpachtete. 1678 wurde das Werk bedeutend vergrössert. 1682 war ein hoher Ofen, ein Frischherd, ein Schlacken- und ein zweites Poch- werk, ein Hammer und eine Schreiberei vorhanden, ein Blech- und Kraushammer waren projektiert. 1681 wurde bei Ilsenburg eine neue Schmelzhütte und 1688 ein neuer Blechhammer erbaut. 1685 wurde das Ilsenburger Eisenwerk: Hoher Ofen, Poch- und Schmiedehammer, Zerennherd und Zehnt- hütte an den Eisenfaktor oder „Konduktor“ Christoph Grille (Grill) verpachtet, derselbe übernahm 1688 auch die Leitung der Werke bei Schierke. Aus dem Pachtvertrag über die Ilsenburger Hütte geht hervor, dass er das Kohlholz zu einem vertragsmässigen Preise aus den gräflichen Forsten zu beziehen hatte. Den Eisenstein musste er vom Harten- und Büchenberge auf eigene Kosten fahren und ohne Auswahl nach Berggewohnheit annehmen. Bohlwege hatte er auf eigne Kosten anzulegen, das Holz dazu wurde ihm aus den gräflichen Forsten geliefert. Das Werkzeug, wie das ganze Inventar hatte er in gutem Stand zu erhalten. Die Pacht betrug vorerst, der Teuerung wegen, nur 600 Reichs- thaler nebst 10 Ctr. zweigeschmolzenes und 3 Ctr. Krauseisen. So- bald der Preis der Gerste wieder auf 18 Reichsthaler zurückginge, solle Grill 800 Reichsthaler Pacht zahlen, wogegen die Herrschaft alle Baukosten in der Hütte übernähme. Was die Hammerschmiede selbst machen konnten, wurde der Herrschaft nicht angerechnet, dafür gab sie das nötige Holz. In dem Inventar vom 22. April 1685 wurden aufgeführt: 1. Die Mittelhütte mit Faktorei, Mittelteich, Frischherd, Eisenhammer, Wagenführerhäuser, Zehntteich, Zehnthütte. 2. Das ganz neue Puch- werk. 3. Das Schlacken Puchwerk mit einem dabei befindlichen Wohnhaus. Vom hohen Ofen heisst es, er sei gut und neu. Vom Der Harz im 17. Jahrhundert. Zerennherd, an dessen Stelle später Grill eine Ölmühle anlegte, wird noch Eisenwerk erwähnt. 1693 übernahm Grill, der durch geschickte Leitung die Werke sehr emporgebracht hatte, die Ilsenburger Werke zugleich mit der Hütte zu Schierke und dem Blechhammer zu Ilsenburg von neuem auf neun Jahre in Pacht. In dem neuen Vertrag wurde bestimmt, dass er das Fuder Holzkohlen zu 13 Mass mit 9 Mariengroschen, das Malter Holz nach dem gewöhnlichen Malterstab mit 9 Pfennigen be- zahlen sollte. Für den Zerennherd wurde der zusammengeschmolzenen Holzung wegen kein Stammholz mehr verabfolgt. Hecke- und Grub- holz wurden zu 13 Mass mit 3 Mgr. bezahlt. Die Meiler („Gruben- miehler“) müssen, um Feuersgefahr zu verhüten, im Frühling und Herbst bei feuchter Witterung angelegt werden. Nach den Rechnungen betrugen Grills Ausgaben von Ostern bis Michaelis 1695 1516 Thlr. 11 Gr. 2 Pfg.; die Zinsen und Pacht von Michaelis 1696 bis Ostern 1697 beliefen sich auf 1144 Thlr. 13 Gr.; für das Halbjahr von Ostern bis Michaelis des letzteren Jahres er- gaben sich folgende Posten: Für die Ilsenburger Hütte 400 Thlr. Für den Mittelhammer 100 „ An Kohlzins 370 „ 2 Gr. Für den Blechhammer 50 „ Für den Schierkeschen Wasserzins 352 „ 27 „ 1272 Thlr. 29 Gr. Grill hatte zwar mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, doch blieb er in dem Vertrag bis zu seinem Ende. Er starb im April 1699. Am 16. fand seine feierliche Beisetzung statt. Graf Ernst ehrte das Andenken des treuen Mannes, indem er mit seinem ganzen Hofstaat an der Trauerfeier teil nahm. In diese letzten Jahre des Jahrhunderts, und zwar auf den 24. Juli 1697, fällt der Besuch des russischen Zaren Peters des Grossen, welcher auf seiner Informations- reise 1697 und 1698 das Schloss und die Eisenwerke zu Ilsenburg, welche sich demnach damals eines grossen Rufes erfreuten, besichtigte und daselbst mehrere Tage verweilte. Die ausführlichsten Nachrichten über den Eisenhüttenbetrieb am Harze gewähren uns aber wieder die Faktoreirechnungen von Gittelde im Archiv des Oberbergamtes Clausthal (s. oben S. 800). Von den Jahren 1591 bis 1613 fehlen dieselben zwar, von da ab sind sie aber ziemlich vollständig vorhanden. Obgleich den Rech- nungen nur wenige Textbemerkungen beigefügt sind, so gewähren Der Harz im 17. Jahrhundert. doch die nackten Zahlen dem Fachmann einen lehrreichen Einblick in die Verhältnisse und den Betrieb eines hervorragenden Eisenwerkes des Harzes, welches neben einem Hochofen oder Massenofen auf der Teichhütte, mehreren Frischhütten, einem Blechhammer, einer Stahl- hütte auch noch eine Zerennhütte, die „Clusingshütte“, umfasste. Die allgemeinen Verhältnisse waren dieselben, wie sie Herzog Julius geschaffen hatte. Die braunschweigischen Eisenhütten wurden entweder von der Landesherrschaft selbst betrieben, wie es bei den Gittelder Hütten der Fall war, oder von eigenen Hüttenmeistern, die aber unter strenger staatlicher Kontrolle standen und ihre Erzeug- nisse an die Faktorei, der sie zugewiesen waren, ablieferten. Das Vorkaufsrecht des Landesfürsten war der oberste Rechts- grundsatz, nach dem alles geregelt wurde. Jeden Samstag mussten die Hüttenmeister ihre Wochenproduktion an die Faktorei abliefern und erhielten dafür Bezahlung nach festgesetzten Sätzen. An einen Dritten durfte der Hüttenmeister nur mit Vorwissen und Erlaubnis des fürstlichen Eisenfaktors verkaufen. Löhneiss teilt in seinem Entwurf einer Eisenhüttenordnung folgende Preissätze mit: Bei der Ablieferung seines Eisens musste der Hüttenmeister oder der Vogt schon angeben, wieviel und welche Sorten er in der folgen- den Woche herstellen wolle. Dafür sorgte die Herrschaft, dass ihm genügender Vorrat von Erz und Kohlen angeliefert wurde und zur wirksamen Kontrolle sollte der Hüttenreuter und der Faktor jedes Hüttenwerk einmal in der Woche besuchen. Und wenn kleines Wasser war oder aus anderen Gründen eine Hütte feiern musste, so hatte der Hüttenmeister das Recht, sich bei der Faktoreikasse „Ver- lag“ zu holen, einen Vorschuss, der ihm dann wieder bei Lieferung nach und nach abgezogen wurde. Um nun über den Betrieb, wie er sich in den Rechnungen dar- stellt, einen besseren Überblick zu bekommen, wollen wir denselben in drei Zeitabschnitte 1. von 1613 bis 1625. 2. von 1625 bis 1664 und 3. von 1664 bis 1700 teilen. Der Harz im 17. Jahrhundert. Die Faktoreirechnungen der Eisenhütten zu Gittelde von 1613 bis 1625. In diese Periode fällt der Ausbruch des 30 jährigen Krieges, wodurch grosse Preissteigerungen veranlasst wurden. Die erste Rechnung von 1613 führt die Aufschrift: „Register der Einnahme vndt Aussgaben vber Meines gnedigen Fürsten vndt Herrn p. Factorey vndt Hütten zu Gittelde. Das Quartall vonn Egidy bis off Andreen sonst die Rechnung Luciae genannt a. 1613.“ — Die Rechnung ist zwar nach dem früheren Schema aufgestellt, aber viel weit- läufiger und in der Einteilung vielfach abweichend. Sie umfasst 37 Seiten mit folgendem Inhalt: Seite 1 u. 2 „Eckstahl“ Einnahme und Verkauf. „ 3 Gemein eysen der Oberhütte Einnahme und Verkauf. „ 4 „ „ „ Neuhütte (O.). „ 5 Einnahme Dingeisen der Reidelshütte. „ 6 do. Wageisen. „ 7 do. Alteisen. „ 8 Summa Summarum aller Einnahmen des Faktoreigewichtes der Hütte. „ 9 Aufschrift: Hüttenrechnungen. „ 10 „ 11 Einnahmen des Massenofens auf der Deichhütte. „ 12 „ 13 do. der Oberen Blechhütte. „ 14 „ 15 do. der Blech-Deichhütte. „ 16 „ 17 do. der Kleusings (Clusings-)hütte. „ 18 Gemeine Einnahme. „ 19 Summa Summarum aller Hütteneinnahmen. „ 20 Summa Summarum aller Einnahmen des Faktorey- und Hüttengewinnstes. „ 21 Ausgaben: Faktorey, Notdurft. „ 22 do. den Dienern (Beamten). „ 23 do. des Massenofens. „ 24 do. der Oberhütte. „ 25 do. „ Deichhütte. „ 26 do. „ Cleusingshütte. „ 27 do. des Furlons (Fuhrlohns). „ 28 do. „ Ibergs-Gebäudes. „ 29 do. der Hammerschmieden in Summa. „ 30 „ 31 do. auf Förstlich Beuelch (Befehl). „ 32 do. der Bauschreiberei. „ 33 „ 34 Hüttenvorrat gegen Verlaggelder. „ 35 „ 36 Bekanndtliche Schulden (Ausstände). „ 37 Erkauffte und erbaute Eisensteingruben. Der Harz im 17. Jahrhundert. Clusingshütte war während der ganzen Periode 1613 bis 1625 als Zerennhütte in Betrieb. Die Rechnung pr. 1613 (1. Quartal) lautet folgendermassen: Einnahme („Kauffgeldt“): Ausgabe : „Auff eingenommene Ware ausgegeben.“ Demnach stellten sich 154 Ctr. Eisen auf 745 fl. 2 Pf. oder auf 228,50 Mk. pr. Tonne (gegen 155,55 Mk. im Jahre 1590). Hierzu wurden verbraucht: Produktion pr. Tag 127,6 kg. Gewinn: 159 fl. 14 Gr. 6 Pf. = 20 Proz. Der Harz im 17. Jahrhundert. Zusammenstellung von Verkauf- und Gestehungskosten . Der Harz im 17. Jahrhundert. Die Preise sowohl des Eisens wie der Materialien blieben ziem- lich unverändert bis zum Jahre 1620, von da ab stiegen dieselben rasch bis in das Jahr 1622. Schienen, welche 1613 bis 1620 4 Gul- den 15 Gr. 6 Pf. pro Centner gekostet hatten, stiegen im ersten Semester 1620 auf 5 Gulden 4 Gr. 6 Pf., im zweiten auf 5 Gulden 19 Gr. 6 Pf., 1621 auf 9 Gulden 12 Gr. 6 Pf. bis zu 13 Gulden 12 Gr. 6 Pf., also nahezu auf das dreifache in zwei Jahren. Kellen- blätter kosteten 1620 noch 7 Gr. 2 Pf. pro Stück, 1622 3 Gulden pro Stück; Pflugherde stiegen in derselben Zeit von 18 Gr. auf 5 Gulden 8 Gr. pro Stück. Zerenneisen (Harteisen) wurde an die Stahlhütten mit 4 Gulden für den Centner verkauft. Eisenstein kostete das Fuder 1621 1 Gulden 16 Gr. bis 1 Gulden 17 Gr., 1622 2 Gulden 14 Gr., Meilerkohlen 1621 1 Gulden 12 Gr., 1622 2 Gulden 14 Gr. 6 Pf., Grubenkohlen 1621 2 Gulden 14 Gr., 1622 3 Gulden 10 Gr. 6 Pf. Die Arbeitslöhne waren nahezu unverändert geblieben und da auch die Materialienpreise nicht in demselben Verhältnis wie die Eisenpreise gestiegen waren, so war der Betriebsgewinn in diesen Quartalen ein ungewöhnlich hoher. Diese abnorme Preissteigerung hielt aber nur kurze Zeit — kaum ein Jahr — an; Ende 1622 kehrte man zu den alten Preisen zurück. 1623 kostete Eisen 4 Gulden 11 Gr. 6 Pf., Radschienen 5 Gulden 6 Pf., Stutzschienen 5 Gulden 4 Gr. 6 Pf. pro Centner. Pflugherde wie früher 18 Gr., Kellen- blätter 8 Gr. pro Stück. 1625 werden Rohre mit 9 Gulden 9 Gr. 6 Pf. pro Centner aufgeführt. Der Eisenstein kostete in demselben Jahre 2 Gulden 2 Groschen, die Kohlen 1 Gulden 6 Gr. bis 2 Gul- den 4 Pf. pro Fuder. Der Harz im 17. Jahrhundert. Massenofen der Deichhütte . Der Harz im 17. Jahrhundert. Die Produktion pro Betriebstag betrug demnach 15,6 Ctr., oder 828 kg; dagegen nur 650 Ctr. pro Quartal oder 143 Tonnen pro Jahr. Der durchschnittliche Gestehungspreis des Stahleisens stellte sich auf 64,77 Mk. pro Tonne in dieser Periode. Der Harz im 17. Jahrhundert. Quartalsrechnungen des Massenofens auf der Deichhütte von 1617. In sieben Quartalen der Jahre 1616 und 1617 betrugen die Kosten für Eisenstein 2503 fl. 8 Gr. 6 Pf. = 38,4 Proc. Kohlen 3284 „ 2 „ — „ = 50,4 „ Arbeitslohn 531 „ 2 „ — „ = 8,1 „ Diverses 203 „ 3 „ — „ = 3,1 „ 6521 fl. 15 Gr. 6 Pf. Unter Zugrundlage obiger Kostenrechnung berechnet sich für 1617 1 Tonne Pocheisen zu Mk. 120,54, 1 Tonne Stahleisen zu Mk. 51,26 gegen Mk. 41,64 im Jahre 1590. 1 Tonne Eisen im Duchschnitt auf Mk. 55,31. Hierzu wurden verbraucht: Eisenstein 5,26 Fuder (à Mk. 4,00) 21,04 Mk. Kohlen 7,94 Fuder (à Mk. 3,55) 28,07 „ Arbeitslohn 4,55 „ Diverses 1,65 „ 55,31 Mk. Die Produktion betrug in 328 Betriebstagen 5469 Ctr. oder per Tag 917 kg. Der Harz im 17. Jahrhundert. Die Betriebsrechnung des Massenofens für das Jahr 1622 bietet wegen der ausserordentlichen Preisschwankungen besonderes Interesse dar: Der Harz im 17. Jahrhundert. Der Harz im 17. Jahrhundert. Im Jahre 1620 war der Massenofen der Teichhütte durchge- schmolzen und gänzlich baufällig geworden, infolge dessen er von Grund aus umgebaut werden musste. In der Rechnung Luciae 1620 (Nr. 27) heisst es: „Weill der Hoheoffen vff der Teichhütte in diesem quartall ist eingeschmoltzen, das man etzliche Zeit damit nicht blasen können, Vndt gleichwoll für fürstl. Hoffhaltung, Müntzwergk vndt Andere sachen hat Eisen einschicken müssen, als somit Uff der Newenhütten in dem Zerennherde eingesetzte Eisen geblann sey, Undt auff der Obern- vndt Teichhütten wiederumb umbgefrischet vndt ausge- schmiedet worden, darauf gangen wie folgt: 13 Fuder Eisenstein zu 1 fl. 13 Gr. 21 fl. 9 Gr. — Pf. 3 „ „ zu scheiden 5 Gr. — „ 15 „ — „ 28 „ Grube-Kollen zu 1 fl. 10 Gr. 4 Pf. 42 „ 7 „ — „ 36 Eisen zu puchen vndt blasen zu 3 Gr. 6 Pf. 6 „ 6 „ — „ Für 10 Fuder Eisenstein von der Teichhütten vff die Newen- hütten zu fahren 3 „ — „ — „ Für allerley Bawkosten 2 „ 1 „ — „ Für 8 Pfd. Vett jedes 6 Gr. 2 „ 8 „ — „ Summa 78 fl. 6 Gr. — Pf. Hiergegen bekommen vndt eingenommen: 36 Ctr. Zerenn-Eisen thut jeder Ctr. in der Kostung 2 fl. 6 Gr. 82 fl. 16 Gr. — Pf.“ Während dieser Zeit wurde der Hochofen neu zugestellt und die Massenhütte fast ganz erneuert. Die Abrechnung darüber ist in der Quartalsrechnung Trinitatis 1621 mitgeteilt und lautet: Dem Maurer … für den Schacht im Hohenofen neu zu machen und sonsten zu bessern im geding neben dem trinkgelde 41 fl. 8 Gr. — Pf. Für 32 Tage den Handlangern 11 „ 4 „ — „ Für Steine zu brechen 27 „ — „ — „ Dem Balgenmacher für die Balge neu zu machen 9 „ — „ — „ Für 5 Ochsenledder 75 „ 12 „ — „ Für Leim, Pech, Hanff vndt Kleister 1 „ 16 „ — „ Für 40 Pfd. Vett 12 „ — „ — „ Den Halfters-Knechten — „ 13 „ 4 „ Für die Bretter zu schneiden und bey zu arbeiten 1 „ 16 „ — „ Für die Bretter zu schneiden 8 „ — „ — „ Für 2 Schock Balgennägell 2 „ 8 „ — „ Für ¼ Ctr. zweigeschmolzen Eisen zu den Stacheln 2 „ 10 „ — „ H. R. für allerley Schmiedekosten 5 „ 8 „ — „ Für 5 Stück Eichenholz zu hauen 1 „ 10 „ — „ Für das Balggerüst zu machen 5 „ 8 „ — „ Für 4 Kammen zu machen — „ 12 „ — „ Für nutzholz zu hawen — „ 14 „ — „ Für einen Eisenbandt — „ 18 „ — „ Transport 207 fl. 17 Gr. 4 Pf. Beck Geschichte des Eisens. 71 Der Harz im 17. Jahrhundert. Transport 207 fl. 17 Gr. 4 Pf. Dem alten Massenbläser Hansen das ehr zugestellet vndt dem Hohenofen mit rhat beigewohnt 9 „ — „ — „ ¼ Ctr. Clusings-Eisen zum Timpell 2 „ 8 „ 3 „ Den armen gegeben 2 „ 14 „ — „ ¼ Ctr. Eisen zu Stacheln 2 „ 10 „ — „ Dem Pastor wegen des Gemein Gebets 2 „ 8 „ — „ Für den Kohlschopfen und Puchgraben zu reinigen 1 „ 5 „ — „ Den Steinfuhrleuten Ihre gehörige Liebnuss als 2 Ctr. Schienen 19 „ 8 „ — „ Für ½ Ctr. Eisen zum Timpell 5 „ — „ — „ Joh. Wiechmann quardtallgelt 3 „ 5 „ — „ Dem Zimmermann quardtallgeldt 3 „ — „ — „ Dem Hüttenvogt wöchentlich 10 Gr. 6 „ 10 „ — „ Für 2 neue Eimer 1 „ — „ — „ Für 9 Möller zu 6 Gr. 2 „ 14 „ — „ Summa 268 fl. 19 Gr. 7 Pf. Die vorstehende Rechnung ist zugleich Bau- und Quartals- rechnung. Bemerkenswert ist, dass die Abgabe für die Armen, die Zahlung an den Pfarrer für das gemein Gebet als regelmässige Be- triebsausgaben erscheinen. Die „ehr“ des alten Massenbläsers Hansen war eine Invalidenpension und das quartallgeldt des Joh. Wiechmann vielleicht eine Unfallrente, wenigstens ersehen wir aus den späteren Quartalsrechnungen, dass die Hütte ihre alten und die im Betriebe verunglückten Leute unterhielt und das betreffende Werk dafür aufkommen musste. Die Reparatur des Massenofens im Jahre 1620/21 erwies sich aber als unzureichend und musste 1623 der Hochofen von Grund auf erneuert werden. Die betreffende Rechnung vom Quartal Trinitatis lautet: Ausgabe Bawkostung des newen Hohenoffens zu Deichhüttenn . Dem Maurermeister Frantz Henner von Osterode ist der Offen von grundt auff neu zu mauern verdinget für 52 Thlr.; davon er des Handt-Langers Lohn muss abgeben 93 fl. 12 Gr. — Pf. Das Miethgeldt desselben — „ 18 „ — „ Mehr demselben von den alten Offen abzunehmen vndt die steine so schon zum Newen wiederumb dienlich auss- zusondern geben 8 „ 2 „ — „ Sechs Persohnes 6½ Tagh den Schutt auss der Hütten in die Fahrwege zu lauffen, jeden Tag 1 fl. 16 Gr. thut 11 „ 14 „ — „ Vier Persohnes den Schutt als der Maurer fertig gewesen auss- zulauffen vndt die Hütten wie auch des offens zu reinigen 4 „ — „ — „ Dem Massenbläser N. selbst die Steine zu brechen in 28 Tag 25 „ 10 „ — „ Dem Hüttenvoigt vff der Stahlhütten von 101 Karren Steine auss dem Grunde des Stahlgebäudes zu brechen jeder Karren 1 Gr. 6 Pf. 7 „ 11 „ 6 „ Transport 151 fl. 7 Gr. 6 Pf. Der Harz im 17. Jahrhundert. Transport 151 fl. 7 Gr. 6 Pf. Fuhrlohn von 90 Karn steinen auf der Willmser Steinkuhle jeder 9 Gr. 40 „ 10 „ — „ Fuhrlohn von 101 Karn steinen vom Stahlgebäude jede 5 Gr. 25 „ 5 „ — „ Für ein starken Laufkarn mit dem Beschlage …, Keilen vndt Brechstangen zu scherffen, zu stehlen vndt verleggen, auch was sonsten im Steinbruck vor die Maurers noth- wendig gewesen verfertigt — dafür Schmiedekost 11 „ 14 „ 2 „ Für 4 grosse starke Keilhauen in den Steinbruch 1 „ 14 „ — „ Für Kratzen, Sandhespen, Nagell vor Allerley schmiedekost in vndt ausserhalb der Hütten 4 „ 14 „ — „ Vor der Radstuben, dem Stollen und hinter der Balgen-Kunst zu säubern 3 „ 10 „ — „ Fuhrlohn von 125 Karren Lehm jede 1 Gr. 6 „ 5 „ — „ Vom halben Fuder Dielen zum Gerüst Fuhrlohn — „ 8 „ — „ Dem Zimmermann für d. Schlingen, Radstube, Balggerüst neu machen etc. 12 „ 3 „ 6 „ Eisen für die Welle 21 „ 12 „ — „ Schmiedekosten 5 „ 15 „ — „ 3½ Fuder Kohlen verbrannt zu 1 fl. 6 Gr. 4 „ 11 „ — „ H. K. v. 8 Eichenhölzer zu den Schlingen vmb den Ofen aus dem Hartz zu fahren jedes 1 Thlr. 10 „ 16 „ — „ Divs. Holz und Zimmerarbeit. Latten, Nägel etc. 4 „ 5 „ — „ Für 45 Schock Schindeln vff den Kohlschoppen samt den Fuhr- lohn zu 4 Gr. 9 „ — „ — „ Für 27 Schock neue Schmiedenägel 1 „ 13 „ 9 „ Für 32 Schock alte Nägel zu 6 Pf. — „ 16 „ — „ Dem Zimmermann die Massenhüttenwand vffgeschrauben 2 „ 10 „ — „ Summa 318 fl. 9 Gr. 11 Pf. Von den Frischhütten waren auch in dieser Periode die Ober- hütte und die Deichhütte im Betrieb, dazu kam im Jahre 1615 noch die „neue Stahlhütte“. Aus den Baurechnungen geht hervor, dass diese „Neue Stahlhütte“ aus der alten Hütte „über dem Katzenstein“ entstanden ist. Dieselbe wurde für 13½ fl. abgebrochen und für 262 fl. 5 Gr. 1 Pf. neu aufgebaut. Den Namen Stahlhütte führte sie mit Unrecht, denn es wurde von Anfang an nur zweigeschmolzenes Eisen daselbst erblasen. Vom Jahre 1613 ist nur die Rechnung von einem Quartal vor- handen, in demselben wurde produziert: Auf der Oberhütte : Blech (à Ctr. zu 10 fl. 16 Gr.) 41½ Ctr. … 448 fl. 4 Gr. — Pf. Zweygeschmolzen Eisen (à Ctr. zu 5 fl. 5 Gr.) 182 „ … 672 „ — „ — „ Frischschlacke (an die Clusingshütte ver- kauft) 6 Fuder 5 „ 8 „ — „ Summa 223½ Ctr. 1125 fl. 12 Gr. — Pf. (+ 6 Fdr. Frischschlacke) 71* Der Harz im 17. Jahrhundert. Auf der Deichhütte : Blech (à Ctr. zu 10 fl. 16 Gr.) 30¼ Ctr. … 326 fl. 14 Gr. — Pf. Zweygeschmolzen Eisen (à Ctr. zu 5 fl. 5 Gr.) 109 „ … 572 „ 5 „ — „ Summa 139¼ Ctr. 898 fl. 19 Gr. — Pf. Hierzu wurden verbraucht: Auf der Oberhütte : Stahleisen (à Ctr. zu 1 fl. 6 Gr.) 45 Ctr. 50 fl. 10 Gr. — Pf. do. (à „ zu 9 Gr. 2 Pf.) 173 „ 79 „ 5 „ 10 „ Genseeisen (à „ 1 fl. 7 Gr. 7 Pf.) 97 „ 133 „ 15 „ 7 „ Gefrischte Stücke (à Ctr. 5 Gr.) 203 „ 50 „ 15 „ — „ Blech zu schmieden (à Ctr. zu 16 Gr.) 41½ Ctr. 33 „ 4 „ — „ Zweygeschmolzen Eisen zu schmieden (à Ctr. zu 4 Gr.) 120 Ctr. 25 „ 12 „ — „ Kohlen (à Fdr. zu 1 fl. 4 Gr.) 50 Fuder 60 „ — „ — „ do. (à „ zu 2 „ 4 „) 156 „ 343 „ 4 „ — „ Forstzins für Kohlen aus dem Westerhoffischen Forst pro Fuder 1 Gr. 50 Fuder 2 „ 10 „ — „ Summa 778 fl. 16 Gr. 5 Pf. Gewinn 346 fl. 15 Gr. 7 Pf. Auf der Deichhütte : Stahleisen (à Ctr. zu 1 fl. 6 Gr.) 30 Ctr. 39 fl. — Gr. — Pf. do. (à „ zu 9 Gr. 2 Pf.) 161 „ 73 „ 15 „ 10 „ Genseeisen (à „ 1 fl. 7 Gr. 7 Pf.) 52½ „ 72 „ 8 „ 1½ „ Gefrischte Stücke (à Ctr. 5 Gr.) 163½ „ 40 „ 17 „ 6 „ Blech zu schmieden (à Ctr. zu 16 Gr.) 30¼ Ctr. 24 „ 4 „ — „ Zweygeschmolzen Eisen zu schmieden (à Ctr. zu 4 Gr.) 109 Ctr. 21 „ 16 „ — „ Kohlen (à Fdr. zu 1 fl. 4 Gr.) 49 Fuder 56 „ 7 „ — „ do. (à „ zu 2 „ 4 „) 76 „ 167 „ 4 „ — „ do. (à „ zu 1 „ 18 „) 16 „ 30 „ 8 „ — „ Forstzins für Kohlen aus dem Westerhoffischen Forst pro Fuder 1 Gr. 49 Fuder 2 „ 9 „ — „ Summa 528 fl. 9 Gr. 5½ Pf. Gewinn 370 fl. 9 Gr. 6½ Pf. Zusammenstellung . Auf der Oberhütte : Auf 100 Ctr. Schmiedeeisen wurden verbraucht: 141 Ctr. Massel- eisen und 92 Fuder Kohlen. Auf der Deichhütte : Der Harz im 17. Jahrhundert. Der Harz im 17. Jahrhundert. Auf 100 Ctr. Schmiedeeisen wurden verbraucht: 175 Ctr. Massel- eisen und 101 Fuder Kohlen. Die vorstehende Tabelle giebt eine Übersicht der Herstellungs- kosten und des Verkaufs der Frischhütten während der ganzen Periode von 1613 bis 1625. Wie bei dem Clusings- und Stahleisen, so erfuhren auch Bleche und zweigeschmolzen Eisen Ende 1621 und Anfang 1622 ausser- ordentliche Preissteigerungen. Bis 1620 waren die Verkaufspreise konstant geblieben, und zwar Blech auf 10 fl. 16 Gr. und zweige- schmolzen Eisen auf 5 fl. 5 Gr. für den Centner. Blech stieg Ende 1620 auf 13 fl. 10 Gr., im 1. Quartal 1621 auf 16 fl. 4 Gr., im 2. Quartal auf 18 fl., im 3. Quartal auf 21 fl. 12 Gr. und Anfang 1622 auf 64 fl. 16 Gr . pro Ctr., um aber schon im zweiten Vierteljahre jählings auf 18 fl. zurückzufallen. Entsprechend stieg zweigeschmolzen Eisen 1620: auf 5 fl. 14 Gr., 6 fl. 6 Gr., 1621 auf 8 fl., 10 fl., 14 fl., bis Anfang 1622 auf 16 fl. und fiel dann zurück auf 5 fl. 8 Gr. pro Centner. In den Jahren 1621 bis 1624 herrschte grosse Teuerung im Harz und 1625 hauste die Pest im Oberharz, besonders in Clausthal. Das Jahr 1625 bildet einen wichtigen Abschnitt in der Ge- schichte unserer oberharzer Eisenhütten, indem in diesem Jahre an- statt der alten Lederbälge auf sämtlichen Frischhütten die um jene Zeit erfundenen Holzbälge eingeführt wurden . Die Anlage- kosten gehen aus den Baurechnungen des Quartals Reminiscere 1625 hervor. Für die Oberhütte betrugen dieselben für: Ein Paar hölzerne Bälge für den Blechherd zu machen 63 fl. — Gr. — Pf. Ein Fuder Dielen samt dem Fuhrlohn 10 „ 9 „ — „ Schmiedekosten 16 „ 10 „ 6 „ Leim, Kleister, Ohlig und Vett 3 „ 3 „ — „ Summa 93 fl. 2 Gr. 6 Pf. Dieselben Anschaffungen wurden für die Deich- und die neue Stahlhütte gemacht. Der günstige Einfluss auf den Betrieb macht sich schon 1625 geltend. In diesem Jahre wurde noch eine vierte Frischhütte eröffnet, die „neue Hütte“, während die „neue Stahlhütte“ von da an nur noch als „die Stahlhütte“ in den Rechnungen erscheint. 1625 be- tragen die Preise für Blech und Bruste 11 fl. 14 Gr., Flammenblech 12 fl. 12 Gr., zweigeschmolzen Eisen 5 fl. 5 Gr. Von dem Betriebe der Oberhütte giebt nachstehende Tabelle über Produktion und Verbrauch in den vier Quartalen des Jahres 1617, wovon die Rechnungen vollständig erhalten sind, ein richtiges Bild. Der Harz im 17. Jahrhundert. Zusammenstellung für die Jahre 1616 und 1617 . Der Harz im 17. Jahrhundert. Aus den Rechnungen von 1613 bis 1625 entnehmen wir folgende Preise von Materialien: Pucheisen pro Ctr. 2 fl. 11 Gr. — Pf. Mühlzapfen „ „ 11 „ 11 „ — „ Zweigeschmolzenes Eisen „ „ 5 „ 5 „ — „ Blech „ „ 10 „ 16 „ — „ Zerenneisen „ „ 4 „ 15 „ — „ Wascheisen „ „ 1 „ 7 „ — „ Ein Karren Sand „ „ — „ 9 „ — „ Ein Malter Rostholz „ „ — „ 3 „ 6 „ Ein Rindsleder zum Bessern des Balgs der Clusingshütte 1615 mit Botenlohn 9 „ 6 „ — „ Ein Ochsenleder (1620 bis 1621 36 fl.) 14 „ 8 „ — „ Fett pro Pfund (1620 5 und 6 Gr.) — „ 4 „ — „ Schindeln pro Schock — „ 4 „ — „ Schmiedenägel pro Schock — „ 1 „ 3 „ Alte Schmiedenägel pro Schock — „ — „ 6 „ Ein Schock Balgnägel (1615) 1 „ — „ — „ Preise für Werkzeuge: Eine starke Keilhaue für den Steinbruch — fl. 9 Gr. — Pf. Ein neuer Pochhammer (Bockshammer) — „ 3 „ — „ Ein grosser Amboss von 70 Pfd. (1670) 120 „ — „ — „ Ein gebrauchter Wasserhammer (als überflüssig 1615 von der neuen Stahlhütte an die Oberhütte verkauft) 27 „ 17 „ 6 „ 1616 ein Paar alte Bälge verkauft für 30 „ — „ — „ Ein Eimer — „ 10 „ — „ Reparaturkosten: Ein Paar Lederbälge für die Deichhüttte 1613 77 fl. 15 Gr. 4 Pf. Neue Lederbälge für den Hochofen (1620): Den Balgenmachern 9 fl. — Gr. — Pf. Für fünf Ochsenleder 75 „ 12 „ — „ Für Leim, Pech, Hanf und Kleister 1 „ 16 „ — „ Für 40 Pfd. Fett 12 „ — „ — „ Den Halfterknechten — „ 13 „ 4 „ Bretter schneiden und bearbeiten 9 „ 12 „ — „ Für zwei Schock Balkennägel 2 „ 8 „ — „ Für ¼ Centner Schmiedeeisen 2 „ 10 „ — „ Für Schmiedekosten 5 „ 8 „ — „ Für Holzbehauen 1 „ 10 „ — „ Für Balgengerüst zu machen 5 „ 8 „ — „ 125 fl. 17 Gr. 4 Pf. Weit höher stellen sich ein Paar neue Frischfeuerbälge für die Teichhütte in dem teuren Jahre 1621: Dem Balgenmacher für die Frischbälge neu zu machen 10 fl. 16 Gr. Für fünf Ochsenledder dazu 169 „ 4 „ Für 51 Pfd. Vett dazu 51 „ — „ 231 fl. — Gr. Der Harz im 17. Jahrhundert. und ein Paar leichte Bälge für die Blechschmiede: Den Balgenmachern 9 fl. — Gr. Für zwei Ochsenledder 68 „ 8 „ Für 30 Pfd. Vett 30 „ — „ Für Hanf, Pech, Leim und Kleister 7 „ 4 „ Für drei Schock Balgnägel 9 „ — „ Für Halftersknechte 3 „ — „ Für Schmiedekosten 10 „ 16 „ Für Ziegenfellen zu windfangen 3 „ — „ 140 fl. 8 Gr. Reparaturkosten: Ein Hochofenschacht mit grossen Haustücken ganz neu ge- macht, dafür dem Maurer (1615) 18 fl. — Gr. — Pf. Eine neue Kupferform für die Oberhütte (1613) pr. Pfd. 15 Gr. 6 „ 4 „ 6 „ Ein neues Gestell zu brechen und zu stellen 1 „ 16 „ — „ Fuhrlohn 1 fl. 10 Gr. bis 3 „ 6 „ — „ Ein neuer Zerennherd der Clusingshütte: Für den Herd zu machen — fl. 10 Gr. Für ein Stück Eisen zum „Taggen“ 1 „ 4 „ 1 fl. 14 Gr. Ein neues Hammerrad von 10 Schuhen für die Oberhütte (1621) 36 fl. — Gr. Eine neue Holzwage (1620) 292 „ 10 „ Folgende Gehalte und Löhne wurden in dieser Periode gezahlt: Der Faktor bezog an Besoldung, Kleidung und Deputat pro Quartal 60 fl. — Gr. Der Gegenschreiber „ „ 12 „ — „ Der Bergkvoigt zu Gittelde „ „ 19 „ 10 „ Der Bergkvoigt zu Grund (1617 Moritz Rischer) „ „ 9 „ — „ Der Massenbläser zu Gittelde einschliesslich Reisekosten, Papier und Botenlohn „ „ 9 „ 15 „ Der Massenbläser zu Grund „ „ 9 „ — „ Drei Blech- und Hammerschmiede, zwei Knechte, zwei Frischer auf der Ober-, Stahl- und Deichhütte, jeder „ „ 9 „ — „ Ebenso der Schmiedemeister, der Knecht und der Blaser auf Clusingshütte „ „ 9 „ — „ Der Hüttenvoigt der Massenhütte und der Clusingshütte erhält wöchentlich 10 Gr., also „ „ 6 „ 10 „ Der Hüttenvoigt der Oberhütte erhält wöchentlich 12 Gr., also „ „ 7 „ 16 „ (auch 7 „ 12 „) Der Hüttenvoigt der Stahlhütte erhält wöchentlich 1 fl. 10 Gr., also „ „ 19 „ 10 „ Der Hüttengeschworene erhält „Liebnuss“ „ „ 3 „ 5 „ Der Zimmermann „ „ 3 „ — „ Der Eisensteinmesser und Knecht am Iberg, dass sie alle Sonnabend bei dem Eisensteinmessen am Iberg er- scheinen müssen, 4 Gr. „ „ 2 „ 12 „ Den Hochofenknechten „ „ 4 „ — „ Tagelohn : Dem Hochofenmeister 1 fl. — Gr. wofür er die Knechte zu halten hatte. Der Harz im 17. Jahrhundert. Den Maurer-Handlangern — fl. 7 Gr. Den Tagelöhnern — „ 6 „ Akkordlöhne beim Zerennherd: Eisen „zu puchen und zu blasen“ pr. Ctr. 3 Gr. 6 Pf. Schmiedekosten für Schienen „ „ 4 „ 6 „ „ „ Kurzschienen „ „ 8 „ — „ „ „ Pflugherde pr. Stück 1 „ 6 „ „ „ Kellenblätter „ „ 1 „ od. 7 „ Formerlohn beim Massenofen: Pucheisen zu formen pr. Ctr. — fl. 5 Gr. 4 Pf. Unterlager „ „ „ „ — „ 2 „ — „ Einen Möller zu machen — „ 6 „ — „ Pochkosten pr. Fuder Eisenstein — „ 2 „ — „ Scheidekosten pr. Fuder Eisenstein — „ 5 „ — „ Rost zu legen pr. Stück 1 „ — „ — „ Ein Gestell zu brechen 1 „ 16 „ — „ Bei den Frischhütten: Für das Verfrischen pr. Ctr. 5 Gr. Für das Blech zu schmieden „ „ 16 „ Für zweigeschmolzenes Eisen zu schmieden „ „ 4 „ Forstzins vom Streitberg und Westerhoffischen Forste 1 „ pro Fuder Kohlen. Die Faktorei bezog ihr Eisen nicht nur aus den fürstlichen, sondern auch aus den gewerkschaftlichen Hütten der Umgegend. Dies waren meist Zerennhütten. Ihr Eisen erscheint unter der Bezeichnung Wageisen und Dingeisen. Von gewerkschaftlichen Hütten werden genannt: Reidelshütte, Blaues Wunder, Grundhütte, Laubhütte und Buckshoff. Den Stahl bezog die Faktorei von den Stahlschmieden, die auf eigene Rechnung arbeiteten. Sie bezogen zuweilen Zerenneisen zu 4 fl. pr. Ctr., wahrscheinlich ausgesucht hartes Eisen. In der Regel scheinen sie ihren Stahl selbst zerennt zu haben. Die Faktorei ver- kaufte Eck- (oder Egge-) Stahl und Pflugstahl in Fässern, und hatte beim Eckstahl 2 fl., beim Pflugstahl 10 Gr. Gewinn. Aus den Rechnungen ersehen wir aber ferner, dass in den Gittelder Hütten nicht nur Masseneisen, Schmiedeeisen und Blech erzeugt wurde, sondern dass, ausser den Gegenständen für den eigenen Gebrauch, mancherlei Guss- und Schmiedewaren namentlich für Kriegszwecke angefertigt wurden. Dies geschah meist auf Be- stellung seitens der fürstlichen Kammer. So findet sich z. B. bei den Quartalsrechnungen von 1617 folgende interessante Rechnung: „Vff Befehl des Herrn Landdrosten Henninger von Rheden sind nachgesetzte Schantzen-Instrumente gelieffert, als: Der Harz im 17. Jahrhundert. 100 Spaden zu 11 Gr. 6 Pf. thut 57 fl. 10 Gr. 100 Niederländische Schuten 1615 wurden 1310 Niederländische Schuten zu 851 fl. 10 Gr. ins Zeughaus geliefert. (? Schippen) „ 13 „ — „ „ 65 „ — „ 60 breite Hawen „ 13 „ — „ „ 39 „ — „ 60 Pilhawen „ 8 „ 6 „ „ 25 „ 10 „ 40 Axten „ 13 „ — „ „ 26 „ — „ 30 grosse Barten „ 6 „ — „ „ 9 „ — „ 20 Radehawen „ 10 „ — „ „ 10 „ — „ 50 grosse Hackemesser „ 16 „ — „ „ 40 „ — „ 4 schussfreie Harnischbrüste u. 13 Bleche wiegen 1½ Centner zu 10 fl. 16 „ — „ „ 16 „ 4 „ Ferner heisst es in der Rechnung vom ersten Quartal: Von den anbefohlenen Instrumenten sind dem Zeugmeister Tobias Kuffer 100 Niederländische Hämmer gegen Quittanz geliefert, jeder zu 1 fl. 4 Gr., thut 120 fl.; ferner im dritten Quartal dem Zeugmeister T. K. gegen Quittanz geliefert, welcher jedes Stück verdingt, als: 1000 Pilhawen mit den Helffen zu — fl. 8 Gr. 6 Pf. thut 425 fl. — Gr. 600 Breithawen „ „ „ „ — „ 13 „ — „ „ 390 „ — „ 10 grosse Ketten „ 8 „ — „ — „ „ 80 „ — „ 50 Brechstangen „ 1 „ 7 „ — „ „ 67 „ 10 „ Für die grossen Eisengeschütze rein zu machen und einzuschmieren von vier Quarthalen, jedes 3 fl. thut 12 fl. Der Zeugk- vnd Büchsenmeister uns. gn. F. und Herrn zu Ver- schiedentlichen Malen zu Gittel gewesen u. s. w. Quartalskosten 16 fl. 10 Gr. Im zweiten Quartal heisst es: Vff die an anbefohlenen Instrumente des F. Zeughauses verlegt: Vff das Bohrwergk zu den Petarden 96 fl. 16 Gr. — Pf. Den Plattnern zu Gottingen für Blech 34 „ 1 „ 1 „ „ „ „ Gittel „ „ 13 „ 2 „ — „ Diese Posten wiederholen sich in den folgenden Rechnungen, wie sie sich ähnlich auch schon früher finden. Schon 1613 kommt der Eintrag vor: Dem Plattenschleger, der das grosse Geschütz in guter Wartung ge- habt, zweites Quartal 6 fl. — Gr. Der fürstliche Marstall bezieht regelmässig in diesem und den folgen- den Quartalen 3 Ctr. Gusseisen (?) zu 6 „ 11 „ und 6 Ctr. Zweigeschmolzenes Eisen zu 5 „ 5 „ In die fürstliche Bauschreiberei werden in demselben Jahre 15 Oefen im Gewicht von 24 Ctr. 1½ Pfd. zu 3 fl. 6 Gr. pr. Ctr. gleich 79 fl. 4 Gr. 4½ Pf. geliefert. Façonschmiedestücke unter dem Namen „ Modelleisen “ bezieht das fürstliche Zeughaus. So 1614. „Dem Zeugmeister 20 Ctr. zweigeschmolzenes Eisen. Davon 10 Ctr. in Modell geschmiedet.“ In demselben Jahre „dem Hofschlosser und Hofsporer je 3 Ctr. Blech auf Befehl“, Der Harz im 17. Jahrhundert. ferner dem Plattner zu Horenburg 3 Ctr. Blech, „ „ „ Gittelde 6 „ „ „ „ „ Eimbeck 8 „ „ alles zu 10 fl. 16 Gr. pro Centner. Dass die Petarden auf den Gittelder Hütten selbst angefertigt wurden, geht aus den Rechnungen von 1615 hervor, worin es heisst: Auf des Statthalters Befehl allerhand Petarden und Artholery ins Zeughaus abgeliefert. — Auf der Teichhütten zwei Petarden zur Probe verfertigt: 3½ Ctr. zweigeschmolzenes Eisen zu 5 fl. 5 Gr. 18 fl. 7 Gr. 6 Pf. 9½ Fuder Kohlen zu 1 fl. 14 Gr. 16 „ 3 „ — „ 5 Tage gearbeitet, jeden Hüttentag Zinss 2 fl. 10 „ — „ — „ Zu 5 Tagen Arbeitslohn 17 „ 10 „ — „ Dieselben zu bohren und Auszubereiten 21 „ 12 „ — „ 83 fl. 12 Gr. 6 Pf. Weiterhin 7 Petarden auf der Oberhütte fertig gemacht, zu- sammen 225 fl. 17 Gr. 3 Pf. Das Bohren und Aufbereiten für jede 6 Thlr. 75 „ 12 „ — „ Zubehör: eisenbeschlagene Holzgabeln und 5 niederländische Hämmer zu 1 „ 4 „ — „ 2 abgefertigte Büchsenmeister (von den Niederlanden?) für Zehrkosten 10 „ 16 „ — „ 60 grosse Ketten, à 5 fl., eine besonders grosse 7 fl., in Fässern verpackt. 2 eiserne, geschmiedete Scharpentinen ins Zeughaus zu 22 Thlr. gleich 75 fl. 12 Gr. In fürstliche Küchen ist ein grosser, eiserner Brandtrost geliefert, hat gewogen 12 Ctr. 24 Pfd., jeder zu 6 fl. 12 Gr. gleich 80 „ 14 „ Im Jahre 1617 wurden viele Eisenteile in die Kalenbergische Mühle, welche in eine Müntze umgebaut wurde, geliefert, darunter unter anderen sechs Müntzertreiböfen, sechs Stöcke, sechs Hämmer. 1618 werden 600 Axten zu 13 Gr., gleich 390 fl., geliefert. 1619 „Churfürstlicher Durchlaucht zu Brandenburg seint Vff Be- fehl des Herrn Obristen von Adelibsen 12 Ctr. Schussfreie Harnisch- blech ausgefolgt“ etc. zu 129 fl. 12 Gr. Ausser weiteren Sendungen an die Kalenberger Müntze und das Zeughaus wurden geliefert „für das Pommerische Beilager nach Wolfenbüttel“ an Küchengerät für 250 fl. 2 Gr. Bemerkenswert ist auch folgender Eintrag: Als das Berggericht im Grund gehalten, ist laut Ufgangs Zettel daselbst von dhenen darin gesatzten persohnen vndt pferden Verzert vndt Ufgangen 51 fl. 4 Gr. 3 Pf. 1620 wurden ins Zeughaus geliefert: 100 niederländische gestählt Hämmer zu 1 fl. 7 Gr. 137 fl. — Gr. — Pf. 500 Cartetschen zu 5 Gr. 150 „ — „ — „ 525 Spaden 359 „ 7 „ 6 „ 6 neue Petarden 213 „ 10 „ — „ Eisern Kriegsgeräth 210 „ 18 „ — „ Der Harz im 17. Jahrhundert. An das Salzwerk zu Forst Bleche, à 10 fl. 16 Gr. 129 fl. 6 Gr. — Pf. An die Münze 24 Münzambosse 187 „ 4 „ — „ (Auf Befehl) 2 grosse Ketten nach Harzburg 32 „ 8 „ — „ für das Giesshaus in Wolfenbüttel dem Rothgiesser allerlei Instrument 415 „ 13 „ 3 „ 30 Ctr. an zweyer grossen Eisenofen 150 „ — „ — „ 1622 wurden zwei grössere Lieferungen von Küchengerät aus- geführt. 1622 Rechnung Crucis. ( Auf Befehl !) Zur Behuff Fürstl. Küchen Ist das nachgesagten Eisengeräth, so mit nach Regenspurg soll, gegen quittung geliefert: 6 grosse Bradspisse zu 4 fl. 24 fl. — Gr. 6 mittelmässige Bradspisse zu 3 fl. 18 „ — „ 2 grosse Bradtboecke zu 5 fl. 10 „ — „ 4 Mittelmässige Bradtboecke zu 4 fl. 16 „ — „ 12 grosse Bradt Pfannen 54 „ — „ 3 Rosten zu 1 fl. 16 Gr. 5 „ 8 „ 3 Rosten zu 18 Gr. 2 „ 14 „ 6 Flurschüsseln zu 1 fl. 4 Gr. 7 „ 4 „ 5 Dutzend Kellen zu 7 fl. 4 Gr. 36 „ — „ 6 Knochen-Beile zn 1 fl. 16 Gr. 10 „ 16 „ Summa 184 fl. 2 Gr. Vff Befehlig V. Gn. F. undt Herrn, Das Zur Behuff des Herrn Obristen Henning von Rohdes vnd inzo des Herrn Landrosten Bart- holdt von Rautenberg Behausung zu Wolffenbüttel Aller Nottürfftiger Eisenwergk gefolgert werden soll, Zunächst ein vollkommenen Eisen- küchengeräth verfertiget und geliefert Thut laut Verzeichnis unt quitunge 421 fl. 8 Gr. Nach dem Jahre 1622 erscheinen nur noch sehr wenige derartige Extrarechnungen „auf Befehl“. Nur in der Rechnung Reminiscere 1624 ist folgender etwas unklarer Eintrag: „Auf Befelig des Statthalter-Präsidenten etc. etliche Schlossbatterie (?). Dieser Schlosspatterie ist 16. Zu jeder 3 Ctr. 2 geschmolzen Eisen thut 48 Ctr. zu 5 fl. 5 Gr. 252 fl. — Gr. Dabei samt dem Zusammenschweissen verbrannt 36 Fuder Kohlen à 1 fl. 4 Gr. 48 „ — „ Den Blechschmieden um jeden zu verfertigen 3 fl. 12 Gr. 57 „ 12 „ 436 fl. 16 Gr.“ Auch aus den Einnahmerechnungen lernen wir mancherlei Einzel- heiten des Hüttenbetriebes kennen. Besondere Gegenstände wurden, wie wir bereits oben gesehen haben, nicht von den Hüttenarbeitern selb- ständig, sondern von geschickten Meistern oder Unternehmern, denen der ganze Apparat der Hütte zur Verfügung gestellt und wofür ein Zins erhoben wurde, angefertigt. So hatte Heinrich Repost von Der Harz im 17. Jahrhundert. Wolfenbüttel im Jahre 1614 die Hütte vier Tage auf Befehl, um eine Eisenpresse zu machen. Dafür entrichtete er pro Tag 2 fl. Zins, ferner wurden ihm 15 Ctr. Schmiedeeisen und 5½ Fuder Kohlen verrechnet. 1615 wurden auf der Oberhütte sieben Petarden geschmiedet und dafür 14½ Tage Hüttenzins zu 2 fl., 7¼ Ctr. 14 Pfd. zwei- geschmolzen Eisen und 17 Fuder Kohlen vergütet. 1616 wird ein Hammer für die Luttenberger Hütte hier geschmiedet gegen Ver- gütung von zwei Tagen Hüttenzins und 4½ Fuder Kohlen. 1620 wurden sechs neue Petarden geschmiedet und fünf Hüttentage mit 20 fl. Zins in Rechnung gestellt. Die Einnahmen geben uns durch die Strafgelder auch Aufschluss über die Faktorei- und Hüttenordnung. Stackls Gewerke, die mit ihrem Ofen (jedenfalls ein Stückofen) „Blaues Wunder“ lässig sind — also das bedungene Quantum nicht ablieferten — wurden 1614 mit 4 fl. gestraft. Hans Eschenbach und Bartold Lorezell auf dem Buxhofe haben 1625 das Eisen (ihres Zerennfeuers) nicht zur Factorey abgeliefert, sondern ungezeicht nach dem Harze verkauft, wofür sie mit 2 und 3 fl. gestraft worden. — 1616 werden die „Reidels Ge- wergken Unfleissigs vnd Ungehorsams halber in Straff genommen mit 6 Gulden“. 1617 fand man bei nächtlicher Visitation auf der Oberhütte und der Neuenhütte Eisen, das „zur Ungebühr“ (über das erlaubte Quantum) geschmiedet war „vnd verpartiret werden wollte“ (d. h. bei Seite gebracht und heimlich verkauft werden sollte). Das- selbe wurde konfisziert und in Einnahme gebracht. „Die Woche Johannis Baptista hatte sich im nachmessen be- funden, das der Kohler Henny Schindtell keine volle Masse auff die Hütte geschickt, Undt ist mein gn. F. und Herr um 4 Fuder be- trogen, desswegen den Kohler zur Straff vffgerufft und hierfür in Einnahme gesetzt 15 fl. J. O., der nachlässig im Fuhrwerk zum Nachteil der Clusingshütte befunden wurde, mit 3 fl. gestraft. 1618 werden die Köhler hart gestraft, weil sie Kohlen „gepar- tieret“, zugleich der Fuhrmann mit 10 fl. und der Hüttenvogt mit 6 fl. Im selben Jahre werden die Frischer auf der Ober- und Neuen Stahlhütte mit 6 fl. gestraft, „weil sie beim Abwiegen am Sonntag nach der Predigt nicht kamen (den Befehl verachtet)“. 1619 ist „der Hütten-Vogt vff der Teichhütten wegen viel ge- soffes vndt vnfleisses gestrafft mit 2 fl.“. Bei dem Krüger zu Willensen ist Eisen konfisziert worden, das nicht in die Faktorei kam. 1620 wird der Hüttenvogt auf der Teichhütte „wegen Vnfleisses und getriebenes gesoffs gestrafft mit 4 fl.“; Der Harz im 17. Jahrhundert. 1620 der Schmied der Neuenhütte, weil er Nachts Schienen ge- schmiedet, die er „Partieren“ wollte, mit 18 fl. Die Knechte werden mit in Strafe genommen. Die Strafen, „wegen Ungebühr geschmiedet“, wiederholen sich öfter in den folgenden Jahren. 1621 werden nächtlich fünf Müntze- Ambosse gefunden, welche Zacharias Keidel verpartieret. Strafe 31 fl. 16 Gr. Der Betrieb der Hütten war in der ganzen Periode ein lebhafter und der erzielte Gewinn dementsprechend. Dass die Nachfrage nach Eisen eine starke war, geht daraus hervor, dass man 1615 eine dritte und 1625 eine vierte Frischhütte in Betrieb setzte. Mit dem stärkeren Betriebe wuchsen aber auch die Betriebskosten und das alte „Verlagsgeld“ reichte dafür nicht mehr aus. Bis zum Jahre 1615 betrug dasselbe 1876 fl. 3 Gr. 4 Pf. Die „Sma. Vorrath sampt Schulden“, welche demselben gegenüber standen, waren aber be- trächtlich höher. Der Faktor musste häufig aus seiner Tasche Vor- schüsse leisten und die Ausstände nahmen zu. Diese waren 1614 auf 794 fl. 19½ Gr. angewachsen. Deshalb „verbesserte“ man 1615 die Hüttenvorlage auf 2694 fl. 14 Gr. 1 Pf., aber Vorrat samt Schulden be- liefen sich auf 3930 fl. 19 Gr. 2 Pf. und im letzten Quartal 1615 ergiebt die Rechnung, dass 1651 fl. 13 Gr. mehr ausgegeben, als eingenommen waren, welchen Betrag der Faktor zu fordern hatte. Im Jahre 1616 wuchsen diese Summen noch bedeutend an; besonders nahmen die Schulden, d. h. die ausstehenden Forderungen, in bedenklicher Weise zu. Im dritten Quartal betrug der Vorrat samt Schulden 4307 fl. 11 Gr. 6½ Pf., im vierten Quartal schon 6846 fl. 4½ Gr., gegenüber 2827 fl. 5 Gr. 10 Pf. Vorlagsgeld, und 1617 waren Vorrat und Schulden auf 7954 fl. 13 Gr. 10 Pf. gestiegen, davon betrugen die Ausstände 3301 fl. 8 Gr. Diese Ausstände waren auch dadurch unsicher und bedenklich, dass es vielfach Vorschüsse an die Hüttenmeister, Köhler, Fuhrleute u. s. w. waren. Die fürstliche Kammer sah sich unter diesen Umständen nicht veranlasst, das Verlagsgeld zu erhöhen. In den fol- genden Jahren gelang es der Faktorei, die Ausstände zu verringern. Im zweiten Quartal 1620 waren Vorrat und Schulden auf 4802 fl. 9 Gr. 11 Pf. zurückgegangen, aber Ende des Jahres betrug die Summe wieder 6923 fl. 16 Gr. 4 Pf. und musste der Faktor bedeutende Vor- schüsse leisten. Nun kam die ausserordentliche Preissteigerung im Jahre 1621, wodurch die Summe auf 9037 fl. 10 Gr. 2 Pf. anwuchs, und als man nach der Krisis umgekehrt eine sehr sparsame Wirt- Der Harz im 17. Jahrhundert. schaft anfing, hatte man 1623 9281 fl. 15 Gr. 11 Pf. Vorrat und Schulden, gegenüber der fürstlichen Vorlage von 2827 fl. 5 Gr. 10 Pf. In dieser Zeit waren viele Neubauten und Reparaturen nötig geworden, welche alle aus dem laufenden Betriebe gedeckt werden mussten. So musste 1620 die Blechhütte auf der Teichhütte von Grund auf neu gebaut werden für 1165 fl. 6 Gr. 2 Pf. In die Jahre 1620 bis 1621 fällt der obenerwähnte Umbau des Massenofens nebst Zubehör. Dann hatte die Faktorei regelmässig die der Äbtissin zu Gandersheim, Herzogin zu Braunschweig, vermachten „Leibgelder“ im Betrage von 450 fl. auszuzahlen. Dazu kam die grosse Teuerung im Jahre 1621, die sich auch auf Materialien und Löhne erstreckte. Beispielsweise hatte man vordem stets bei den Eisensteinfuhren 1 Gr. pro Centner bezahlt, also für die Fuhre etwa 1 fl., jetzt kostete jede Fuhre 3 Thaler Fuhrlohn. Auf die Schwindelzeit 1621 bis 1622 folgte aber ein geschäftlicher Rückschlag und der ausgebrochene Religionskrieg veranlasste häufige Stockungen. Die fürstlichen Bestellungen „auf Befehl“ werden weniger, Klagen und Vertröstungen häufiger. 1622, Rechnung Trinitatis, ergab nur 105 fl. 15 Gr. 10 Pf. Über- schuss. Dazu wird folgende Erläuterung gegeben: Die Ursachen, dass dass quartahl der Oberschoss so gering komht, seint diese: 1. Das die Materialien als Eisenstein undt Kollen per diesem hochgesteigert undt teuer bezahlt, dagegen aber dies quartall Blech von 36 bis auf 10, das Eisen von 24 biss auff 3 ab- gesetzt undt auch verkauft werden müssen. 2. Das man wegen mangell gutes geldes das Eisenberg: Kohl: undt Fuhrwerg nicht genugsam forttreiben können, daher man zurückgeblieben. 3. Weill zu Befürderung des Oberbergkwergkes Pucheisen ge- gossen undt das Blech undt Eisenschmieden eingestellt werden müssen, von welchem Pucheisen bey der Faktorey kein Ober- schoss berechnet wirdt, der sonsten, wan Eisen undt Blech darauf gemacht worden, davon kommen wehre. Der Rechnung Crucis 1623 ist ein Zettel beigeheftet, worauf geschrieben steht: „Auff der Blechschmiede instendigstes, flehent- liches anhalten Ist gewilliget, dass Ihnen vor Jedweder Petarde, so für S. F. Gn. den Herzog Christian zu Braunschweig sie verfertigen, auss der Factorei vier Daler bezahlt werden sollen. Urkunde dieses so gegeben Zellerfeld den 11. Juli 1623 (… Steinbergk).“ Der Harz im 17. Jahrhundert. Bei dem „Hüttenvorrat, als derselbe an jedem Ort augenblicklich zu befinden“ folgen nach dem Waren- und Vorratsverzeichnis „Nach- folgende Ittem … M. Gn. Fr. u. Hrn. Hütten-, Bergk- und Fuhrleuten hat man zu ihrer Unterhaltung in dieser drügen Zeit , teils auff Ihren Rest, denen sie bei dem gewesenen Faktorn noch Aussen stehen, ausshelffen vndt verleggen müssen, soll aber, sobald das wergk wiederumb gehett, Ihnen gekürzet und eingebracht werden“. „Summa Summarum Voradt sambt Schuldt“ thut aber in diesem Quartal nur 3976 fl. 11 Gr. 9 Pf. Die Ausgaben waren „auf Befehl“ sehr reduziert. Die Zahlungen an die Äbtissin von Gandersheim sind in diesem und den vorhergehenden, sowie den nächsten Quartalen nicht aufgeführt. 1624 steigt der Vorrat samt beweislicher Schuld auf 5107 fl. 11 Gr. und 1625 wächst diese Summe infolge der Erbauung der Neuenhütte, der Einführung der Holzbälge auf allen Hütten und anderer Bau- und Anschaffungskosten auf 10133 fl. 15 Gr. 6 Pf., welcher ein Inventar von 8897 fl. 11 Gr. 4 Pf. gegenübersteht. Aus einem Eintrag von 1625 geht hervor, dass in der Ausrüstung der Hütten seit Anfang des Jahrhunderts grosse Fortschritte gemacht worden waren. Aus einem Eintrag von 1625 folgt auch, dass die neue Hütte an Stelle einer alten gewerkschaftlichen Hütte, welche angekauft worden war, errichtet worden ist. Der Eintrag lautet: Den Hütten- gewerken zur Neuen Hütte am letzten uff Ostern Ao 1625 betagten Termin wegen der M. gn. Fürst u. Hrn. abgetretenen Vndt verkaufften Hütten vermöge Quittung erlegt und also gänzlich bezahlt 200 Thlr. thun 360 fl. Diese Periode schliesst, wie schon zuvor erwähnt, mit dem für die Geschichte des Eisenhüttenwesens wichtigen Ereignis der Ein- führung stärkerer Holzblasebälge an Stelle der alten Lederbälge ab. Dieselben wurden im Jahre 1625 als etwas Erprobtes und Be- währtes in allen fürstlichen Eisenhütten bei Gittelde eingeführt. Sie wurden sämtlich an Ort und Stelle auf der Oberhütte gebaut. Das Modell oder die Konstruktion waren also etwas Bekanntes, nur zu ihrer Inbetriebsetzung wird der alte Meister von Langesheimb, ob- gleich krank, im Wagen herbeigeholt. Dieser, dessen Name leider nicht genannt wird, muss also besondere Verdienste um die Kon- struktion, oder besondere Erfahrung in diesen Bälgen gehabt haben. Die bezüglichen Angaben in den Hüttenrechnungen sind von be- sonderem Interesse. Danach wurden in diesem Jahre (1625) auf Beck , Geschichte des Eisens. 72 Der Harz im 17. Jahrhundert. der Oberhütte, der Teichhütte und der Neuhütte Holzblasebälge nach gleichem Muster und zu gleichem Preise aufgestellt und in dem „quartall von Nicolai bis uff Invocavit sonsten genannt die Rechnung Reminiscere“ verrechnet. Bei dem Massenofen der Teichhütte scheint diese Anschaffung schon im vorhergehenden Quartal, von dem die Rechnung fehlt, statt- gehabt zu haben, denn es heisst bei den gemeinen Ausgaben: „Alss die Neuen Bälge fürgelegt werden sollten, hat man den Meister von Langesheimb Krank herführen lassen müssen vndt den Fuhrmann zu Lohne gebet 2 fl.“ Dass die neuen Bälge einen rascheren Gichtenwechsel, stärkeren Betrieb und damit vermehrte Arbeit veranlassten, geht aus dem folgenden Eintrag derselben Rechnung hervor: „Weil die Gichte geschwinder gangen, vndt die Knechte dem Pucher vndt Ufgeber nicht rathen können, ist denselben ein gehülfe zugeordnet, welchem zu lohne geben worden 7 fl.“ Die Herstellungskosten für ein Paar Bälge haben wir oben mit- geteilt. Dazu kamen noch verschiedene Nebenkosten, z. B. auf der Oberhütte: Für Holz zum Balggerüst der hölzernen Balge und daran zu machen 18 fl. „ Draht 9 „ Fuhrlohn von den Bälgen (die alle auf der Oberhütte gebaut worden waren) vff die Hütten zu führen 16 „ Die Faktoreirechnungen der Eisenhütte zu Gittelde von 1625 bis 1664 . Der nun folgende Zeitabschnitt von 1625 bis 1664 umfasst die Zeit des 30jährigen Krieges und seiner traurigen Folgen. Im Jahre 1626 wurden Gittel und Grund schwer heimgesucht. „Im Februar dieses Jahres haben die Kaiserlichen und Spanier unter den Generalen Tilly und Spinola die Bergstadt Grund ganz, wie auch Gittel zum Teil wegen der Schnapphähne abgebrannt, auch viele Leute daselbst mit todt geschossen und sind zum Grund im Feuer über 50 Blessirte und Kranke mit aufgebrannt“ (Ch. Bösen , Chronik general. Haushalt Principien 1753). Die Einwirkung des Krieges erscheint zunächst äusserlich in der Lückenhaftigkeit und der unsorgfältigen Führung der Rechnungen. Die zehn Jahre von 1625 bis 1635 fehlen überhaupt gänzlich, die Rechnungen von 1635 bis 1664 sind unvollständig. Der Harz im 17. Jahrhundert. Vom Jahre 1642 wird die Rechnung nicht mehr in Gulden, sondern in Thaler gestellt. 1 Thaler = 36 Groschen zu 12 Pfennigen, 1 Gulden = 20 Groschen. Bis dahin ist nicht viel Besonderes aus den Rechnungen zu ent- nehmen. Von 1635 liegen die zwei Quartale Crucis und Luciä vor. Der Massenofen ging gut, es wurden „in zweyen Blasswergken vndt selbe in 51 tagen“ 661 Centner Eisen für 1360 fl. 17 Gr. 4 Pf. produziert, wobei sich der Preis des Stahleisens, oder, wie es jetzt heisst, des „Gosseisens“ auf 1 fl. 4 Gr. 8 Pf. pro Centner stellte. In dem ganzen Zeitabschnitt ergaben sich aus den vorhandenen Rechnungen folgende Resultate: 1635 2. Quartal 51 Tage 661½ Ctr. 1360 fl. 17 Gr. 4 Pf. 1636 1. „ 33 „ 481 „ 809 „ 6 „ 2 „ 1638 1. „ 29 „ 490 „ 686 „ — „ — „ 1640 1. T. 33 „ 469 „ 791 „ 1 „ — „ 1640 1. R. ? „ 380¼ „ 660 „ 12 „ — „ In 146 Schichten wurden demnach 2101½ Centner Eisen erzeugt, auf die Schicht durchschnittlich 792 Kilo, also weniger als in der früheren Periode. Die Rechnung des Massenofens zur Deichhütte für das Quartal Luciä 1636 lautet wie folgt: „Einnahmen für Goss-Eisen und Gosswerk von Hohen Ofen.“ In 33 Blasetagen: 75 Ctr. Gosswerk Pucheisen auf das Ober- harz. Bergwerk zu 3 fl. 225 fl. — Gr. — Pf. 1 Tonne Gosswerk = 142 M. 65 Ctr. Gosswerk Unterlager auf das Ober- harz. Bergwerk zu 3 fl. 195 „ — „ — „ 1 Tonne Gosseisen = 57 M. 341 Ctr. Gosseisen auff die fürstl. Blech- und Eisenhütten verkauft, jeder Centner, woran das Kaufgeld für Pucheisen und Unterlagen abgezogen, 1 fl. 3 Gr. 10 Pf. 389 „ 6 „ 2 „ 481 Ctr Summa: 809 fl. 6 Gr. 2 Pf. Aufgang in 33 Tagen mit den Füll- und Anblasetagen: 136 Fuder Eisenstein (zu 2 fl. 10 Gr. 6 Pf. bis 2 fl. 13 Gr.) 342 fl. 8 Gr. — Pf. 210 „ Kohlen (zu 1 fl. 7 Gr. bis 1 fl. 13 Gr.) 326 „ 6 „ — „ Forstzins für 210 Fuder Kohlen aus den Stauffenberger Forsten 21 „ — „ — „ 7 Röste zu legen von jedem 1 fl. 15 Gr. 12 „ 5 „ — „ 9 Karren Sand von jedem 15 Gr. 6 „ — „ — „ 75 Ctr. Pucheisen zu formen zu 5 Gr. 4 Pf. 20 „ — „ — „ 65 „ Unterlager „ „ „ 2 „ — „ 6 „ 10 „ — „ 33 Tage Meister- und Knechtelohn zu 1 fl. 33 „ — „ — „ Gehörige Liebnuss und Zehrung dem Meister und seinen Knechten 5 „ 4 „ — „ Transport 772 fl. 13 Gr. — Pf. 72* Der Harz im 17. Jahrhundert. Transport 772 fl. 13 Gr. — Pf. Die Asche zu waschen und den kleinen Eisenstein aus- zuharken 3 „ 2 „ 8 „ 7 Personen vff 4 mahl Abzuwiegen je 14 Gr. 2 „ 14 „ — „ 10 Pfd. Vett zu 4 Gr. 6 Pf. 2 „ 5 „ — „ Dem Pastor zu Gittelde wegen des Gemeingebetes 1 „ 16 „ — „ Dem Hüttenvoigt wöchentlich 10 Gr. 6 „ 10 „ — „ Quartalige Liebnuss vff die Eisensteinfuhren 3 „ 15 „ — „ Für das Stell zu brechen, beizuführen, das alte ausszu- brechen und das neue wieder einzusetzen 4 „ 10 „ — „ Von der Brücke über den Hammerkasten zu bessern — „ 8 „ 6 „ Für ein Schock Latten zu Hauwen und fahren 1 „ 18 „ — „ Für 20 Schock Schindeln mit dem Fuhrlohn 4 „ 10 „ — „ Für 25 Schindeln und 2 Schock Lattennägel 2 „ 7 „ 6 „ Dem Zimmermann an dem Dache auszubessern 2 „ — „ — „ Von der Feueresse auszubessern — „ 14 „ 6 „ Summa: 809 fl. 6 Gr. 2 Pf. Eine Tonne kostete demnach im Durchschnitt = 79,56 M. Zu dem folgenden Quartal Reminiscere wird bemerkt: „Ob Man nun mitt dem hohen Offen wohl anblasen, Vndt in abgewichenem Quarthal mit Göttlicher huld ein guett Blasswerk thun können, Zumahlen weil Gott Lob ein guter Vorrath Eisenstein vndt Kohlen etc. vorhanden, Wir dann auch das Stell in den Ofen ge- setzet; So seindt doch die übermessigen Einquartierungen dieser Oerter so häuffig vorgangen, dass die Arbeiter bey der Arbeitt nicht bleiben können. Ueber das hat man sich Ueberfalls der Schwedischen Völker befürchtet Undt also das Blasswerk biss zur besseren Zeit einstellen müssen.“ Im folgenden Quartal Trinitatis ging aber der Hochofen wieder während 28 Tagen. Die Hüttenreisen waren auch nicht länger wie früher und betrugen nach obiger Auf- stellung nicht über 33 Tage. — Der Krieg führte mancherlei Störungen und Unterbrechungen des Betriebes herbei. So konnte auch in den beiden Quartalen Luciä (1641) und Trinitatis (1642) der Massenofen nicht betrieben werden, „der Grund ist Leyder genugsam am Tage“, seufzt der Rechnungssteller, „doch ist soviel Eisenstein und Kohle da, dass, mag der liebe Friede zuführen , der Anfang zur Stunde gemacht werden kann“. Dies konnte denn auch ohne diesen in dem folgenden Quartal Trinitatis ge- schehen und wurden in einer Kampagne von 47 Tagen 720 Centner Eisen zu 568 Thlr. 18 Gr. 8 Pf. — also der Ctr. zu 23 Gr. 4 Pf. — erblasen. Aber auch die nüchternen Rechnungsposten erzählen von dem Jammer des Krieges. Wegen der Unsicherheit bedurften die Eisenstein- und Kohlenfuhren besonderes „Confoy-Schutzes“ — macht 16 Thaler. Der Harz im 17. Jahrhundert. „Vm den Balgen, so von den Soldaten übereinander- geworfen , wieder zu machen, 1 Thlr. 18 Gr.“ — „Zur Puchmolden- vndt Pucheisen Modell anstadt derer so von Vorgedachten ge- sellen vffgebrannt , wider zu machen 1 Thlr. 18 Gr.“ — Ebenso zur „Beschlagung des hohen Ofens, so gleichfalls abgerissen vndt vff- gebrannt gewesen, 1 Thlr. 18 Gr.“. Also die Modelle und selbst die hölzernen Schlingen, die das Mauerwerk zusammenhielten, hatten die Soldaten benutzt, um Feuer damit anzuzünden. Von den Frischhütten wurden in dieser Zeit nur die obere Blech- hütte, die Neue Hütte und die Clusingshütte, wo man den Zerennherd in einen Frischherd umgebaut hatte, betrieben; und zwar erzeugten die oberen Blechhütten und die neue Frischhütte: 1636 40 Ctr. Blech, à 12 fl. 12 Gr. 486 fl. — Gr. 1638 63 „ „ à 12 „ 12 „ 757 „ 1 „ die obere Blechhütte: 1639 12½ Ctr. Blech 132 fl. 4 Gr. 6 Pf. 1640 (R.) 45 „ „ 482 „ 6 „ 6 „ 1640 (T.) 64¾ „ „ 657 „ 18 „ 9 „ die neue Frischhütte: 1639 110 Ctr. 2geschmolzen Eisen 577 fl. 10 Gr. 1640 (R.) 90 „ „ „ 472 „ 10 „ 1640 (T.) 90 „ „ „ 472 „ 10 „ die Clusingshütte: 1636 125 Ctr. 2geschmolzen Eisen zu 5 fl. 5 Gr. 656 fl. 5 Gr. 1638 120 „ „ „ „ 5 „ 5 „ 630 „ — „ 1639 105 „ „ „ „ 5 „ 5 „ 551 „ 5 „ 1640 (R.) 120 „ „ „ „ 5 „ 5 „ 630 „ — „ 1640 (T.) 100 „ „ „ „ 5 „ 5 „ 525 „ — „ Von den Blechen der Oberhütte waren etwa die Hälfte „Bruste“ oder Harnischblech, das zu 10 fl. 13 Gr. pr. Ctr. nach Braunschweig geliefert wurde, die andre Hälfte war Pfannenblech für die Salzwerke. Obgleich der Betrieb in den angeführten Jahren nicht ungünstig war und Gewinn abwarf, so erlitt die Faktorei doch grossen Schaden durch die traurigen Kriegszeiten. Ihre Ausstände, die viel zu hoch angewachsen waren, wurden grossenteils wertlos und so mussten im Quartal Reminiscere 1640 von den Vorlaggeldern von 3931 fl. 16 Gr. 6 Pf. die Summe von 2344 fl. 1 Gr. 4 Pf. als Verlust abgeschrieben Der Harz im 17. Jahrhundert. werden, weil „diese Gelder in dem langwierigen Kriegswesen umbkommt vndt verderbet“. — Die Vorräte an Kohlen, Blech und Eisen, die mit 3101 fl. 4 Gr. 5 Pf. aufgeführt werden, überstiegen das Vorlags- geld um 1513 fl. 9 Gr. 3 Pf., welche der Faktor hatte vorschiessen müssen. Den Betrieb der Frischhütten im Quartal Luciä 1636 erläutert nachstehende Aufstellung: I. Die obere Blech- und Neue Frischhütte lieferten in dem ganzen Quartal nur 40 Ctr. Blech zu 12 fl. 12 Gr., thut 486 fl. Hierzu wurden verbraucht: 58 Ctr. Gosseisen zu 1 fl. 2 Gr. 10 Pf. 66 fl. 4 Gr. 4 Pf. 27 „ „ „ — „ 11 „ 6 „ 15 „ 10 „ 6 „ 72 Fuder Kohlen zu 1 fl. 7 Gr. bis 1 fl. 13 Gr. 103 „ 4 „ — „ Forstzins 7 „ 4 „ — „ 57 Ctr. verfrischte Stücke zu 5 Gr. 14 „ 5 „ — „ 5½ „ davon umzufrischen zu 5 Gr. 1 „ 7 „ 6 „ 40 „ Blech zu schmieden, à 16 Gr. 32 „ — „ — „ Dem Hüttenvoigt zur Oberhütte 6 „ 10 „ — „ Für 9 Pfd. Vett zu 4 Gr. 6 Pf. 2 „ 1 „ — „ Für 40 Ctr. Blech von der Hütte in die Factorei zu fuhren, à 1 Gr. 2 „ — „ — „ Den Blechschmieden und Frischer Baugeld 3 „ — „ — „ Für die leddern Frischbälg wieder auszubessern 3 „ 12 „ — „ Vett, Leder, Hanf, Pech und Leim 7 „ 1 „ — „ Für das Grundwerk aufzugraben und die Säule wieder in vorigen Stand zu bringen 1 „ 17 „ 6 „ Für allerhand Reparaturkosten, Lohn und Material 7 „ 2 „ 3 „ Die hölzernen Bälge für dem Blechherde seindt in diesem Kriegswesen verdorben , dass fast kein Bessern daran mehr nütz gewesen, Vndt weil die alten Leddern Frischbälge Zur Clusingshütte abgeleget Undt dieser Behuff Zu ersparung Ein Pahr Neuwer Balge an diesem Orth zu gebrauchen für rathsam er- achtendt seindt dieselben wiederumb aufgebesserdt Und kosten in gesambt 6 „ — „ — „ Für Stahl zu Hammer und Amboss 3 „ 12 „ — „ Summa: 282 fl. 11 Gr. 1 Pf. Ueberschuss: 203 fl. 8 Gr. 11 Pf. Die Clusingshütte arbeitete damals nur auf zweigeschmolzenes Eisen. Wie wir eben gesehen haben, hatte sie neue Blasebälge bekommen. Die Rechnung beginnt mit folgender Bemerkung: „Im stehendes Quarthal Luciae hat man wegen der durchziehenden Undt der nähe gelegenen Völcker desswegen die Unterthanen aussgelauffen gewesen, in etzlichen wochen nicht schmieden lassen können.“ Die übrige Zeit aber ist an zweygeschmolzenem Eisen verfertiget 125 Ctr. zu 5 fl. 5 Gr. thutt 656 fl. 5 Gr. — Pf. Der Harz im 17. Jahrhundert. Hierzu wurde verbraucht: 195 Ctr. Gosseisen (zu 11 Gr. 6 Pf. bis 1 fl. 13 Gr.) 203 fl. 14 Gr. 4 Pf. 74½ Fuder Kohlen incl. Forstzins 1 fl. 11 Gr. 130 „ 13 „ 6 „ 125 Ctr. zweygeschmolzen Eisen aus dem Frischherd zu schmieden zu 7 Gr. 45 „ 15 „ — „ Dem Hüttenvoigt 6 „ 10 „ — „ Für 14 Pfd. Vett zu 4 Gr. 6 Pf. 3 „ 3 „ — „ Für 125 Ctr. Eisen in die Faktorey zu fahren à 1 Gr. 6 „ 5 „ — „ Für eine neue Frischform 4 „ 10 „ — „ „ 2 Füllfässer — „ 12 „ — „ „ Reparaturen, Arbeitslohn, Holz und Eisen 8 „ 17 „ — „ Den Frischern zu Baugeld geben 4 „ 10 „ — „ Summa: 414 fl. 10 Gr. 7 Pf. Ueberschuss: 241 fl. 14 Gr. 5 Pf. Zu 100 Ctr. Blech waren 212,5 Ctr. Gosseisen und 180 Fuder Kohlen nötig. Zu 100 Ctr. zweygeschmolzen Eisen 156 Ctr. Gosseisen und 57,6 Fuder Kohlen nötig. Die Herstellungskosten betrugen demnach 1636 von Aus der Rechnung Quartal Luciä 1636 bemerken wir noch, dass die Grubenbaukosten auf dem Iberg 70 fl. 1 Gr. 7 Pf. betrugen, also sehr hoch waren. Die „Factorey Notturft vor der Diener Besoldung“ belief sich auf 145 fl. 6 Gr. 6 Pf. Bei der Abrechnung über die Vorlagsgelder heisst es: Zur Fortsetzung des Eisenhandels vndt Ein- schaffungen des Factorey- vndt Hütten-Vor- radts ist dem Factor an Vorlagegeldern ver- ordnet 3877 fl. 18 Gr. 9 Pf. Vorräthe und Ausstände betrugen dagegen 5174 „ 2 „ 5 „ Summa von Summa hatt der Factor über die Vorlage vorschossen so demselben herauss gebühret 1296 fl. 3 Gr. 8 Pf. Zur Erläuterung der Einnahmen der Faktorey aus Stahl und Eisen, welches dieselbe von den privaten und gewerkschaftlichen Hütten bezog, diene folgende Abrechnung vom Quartal Trinitatis 1640: Der Harz im 17. Jahrhundert. Einnahme Gemein Eysen: 8 Ctr. Von Schrammen-Hütten eingenommen und in das Land verkaufft, von jedem Centner M. gn. F. und Herrn Gewinn 1 fl. 11 Gr. 12 fl. 8 Gr. Einnahme gedinget Eysen (Gedingeisen): = 0. Einnahme Wage Eysen: 54 Wage. Von Schrammen-Hütten. 177 „ Vom Glückshofe. — „ Von der Laubhütten. Sa. 231 Wage. Jede Wage den Hütten-Gewerken bezahlet zu 1 fl. Vndt wiederumb vff die Bergkwerker verkaufft zu 1 fl. 6 Gr. 8 Pf. Pleibet der Gnedigen Herrschaft gewinn 6 Gr. 8 Pf. 77 „ — „ Einnahme-Pflugherder: 50 Stücke. Von Schrammen-Hütten angenommen bekombt die gnedige Herrschaft von jedem Gewinn 6 Gr. 15 „ — „ Einnahme Kellenbletter: 225 Stücke. In Schrammen-Hütten verfertiget vndt auf die Oberharzi- schen Bergwerke Das Eisen für die Bergwerke ging an die Zellerfeldische Faktorei. verkauft. Von jedem Stück der gnedigen Herrschaft Gewinn 1 Gr. 4 Pf. 17 „ — „ Summarum Einnahme Factorey-Gewinn thut: 121 fl. 8 Gr. Davon die Ausgabe: Den Gewerken auf Schrammenhütte Baugeld 4 fl. Den Glückshöfischen Gewerken „ 2 „ Denen zu Laubhütten Die Laubhütte war in diesem Quartal ausser Betrieb, im Betriebe erhielt sie für Baukosten ebenfalls vierteljährlich zwei Gulden. „ — „ 6 fl. Summa von Summa bleibt Factorey-Gewinn: 115 fl. 8 Gr. Die Übersicht über den Betrieb der Gittelder Hütten von 1642 an, von wo ab die Thalerrechnung eingeführt ist, bis 1662 giebt die folgende Tabelle: Der Harz im 17. Jahrhundert. Betriebsübersicht von 1642 bis 1662. Der Harz im 17. Jahrhundert. Betriebsübersicht von 1642 bis 1662. Der Harz im 17. Jahrhundert. Bemerkungen zu vorstehender Übersicht . 1642. Tr. Die verstorbenen Gewerke vff der Oberhütten haben jährlich wegen des Wasserfanges an d. f. Amt Osterode zwei kleine Pflugeisen zum Erbzins geben, weil aber die Gewerkenhütte ganz desolat und der Wasserfang für die f. Blech- hütte gebraucht werden muss, so übernimmt diese den Zins mit abgesetztem Pflug- eisen 2 Thlr. 24 Gr. F. Vorlagen 1132 Thlr. 9 Gr. 3 Pf. Vorrath etc. 2174 Thlr. 14 Gr. 10 Pf. Vorlage des Factors 1042 Thlr. 5 Gr. 7 Pf. 1644. Von jetzt an steht in den Rechnungen statt zweigeschmolzenes Eisen meist Stabeisen. 1645. Es werden als durch Kriegsschulden etc. entstandene Verluste 511 Thlr. 24 Gr. von der F. Vorlage abgeschrieben; diese beträgt nur noch 805 Thlr. 31 Gr. 3 Pf., dagegen die Vorräte und Köhlervorlagen 1453 Thlr. 1 Gr. 5 Pf. 1646. F. Vorlaggeld 1110 Thlr. 3 Gr. 9 Pf. Vorrat und Vorlagen 1513 Thlr. 5 Gr. 8 Pf. Für Ibergs Gebäu 37 Thlr. 6 Gr. 2½ Pf. Besoldungen 784 Thlr. 17 Gr., an die Schule zu Gittelde 7 Thlr. 8 Gr. 1648. R. Der Massenofen konnte nicht blasen wegen der Schwedischen Marche und der vagierenden Völker und streifenden Parteien. Die obere Blech- hütte konnte nur das „Gansseisen“ vom Vorrat verarbeiten, die Clusingshütte ver- frischte 51 Ctr. altes Eisen zu 1 Thlr. 4 Gr. Die Neuhütte hatte besonders gelitten, namentlich hatten die Soldaten viel Kohlen verbrannt und verdorben, sie arbeitete deshalb mit Schaden. Es fehlen 1650 Quart. Trinit., Cruc., Luc., 1651 und 1652 ganz und von 1653 Quart. Remin. und Trinit. 1653. Die Vorlage beträgt 1210 Thlr. 3 Gr. 9 Pfg. Vorrat 2268 Thlr. 22 Gr. 9½ Pfg., also 1058 Thlr. 19 Gr. ½ Pfg. Kredit. Es fehlen 1654 Quart. Cruc. und Luc., 1655 und 1656 ganz und von 1657 die Quart. Remin. und Trinit. 1657. Auf der Neuen Hütte wird gefrischt, der Zerennherdbetrieb hat auf- gehört. Es fehlen 1658 die Quart. Cruc. und Luc., 1659 ganz und 1660 die Quart. Remin. und Trinit. Für 1662 bis 1664 giebt die veränderte Rechnungsstellung keinen Einblick mehr in den Betrieb der einzelnen Hütten. Zusammenstellung der Preise von 1636 bis 1662. Der Harz im 17. Jahrhundert. Um den Betrieb der Gittelder Hütten in dieser Periode genauer kennen zu lernen, lassen wir die Betriebsrechnungen von zwei Quar- talen, dem Quart. Crucis 1646 und dem Quart. Reminiscere 1654, folgen. I. Der Massenofen der Deichhütten . Der Harz im 17. Jahrhundert. Zusammenstellung : II. Obere Blechhütte . (Bis 1647 gemeinschaftlich mit der Neuen Hütte betrieben.) Der Harz im 17. Jahrhundert. Zusammenstellung : III. Clusingshütte . Der Harz im 17. Jahrhundert. Zusammenstellung der Ausgaben : Der grosse Unterschied in den Gestehungskosten und dem Gewinne liegt an dem ungewöhnlich niedrigen Roheisenpreise und in dem hohen Verkaufspreise des zweigeschmolzenen Eisens im Jahre 1654. IV. Zerennherd auf der Neuen Hütte . Der Harz im 17. Jahrhundert. Zusammenstellung : Aus den vorstehenden Tabellen ersehen wir, dass der Betrieb der Zerennhütte ein sehr ungünstiger war und weit hinter den Ergeb- nissen der Frischhütte zurückblieb. Auch gegen die früheren Renn- werksbetriebe stellt er sich sehr unvorteilhaft, wie aus folgender Zusammenstellung zu ersehen. Die Herstellung erforderte pro Tonne: Der Harz im 17. Jahrhundert. Dies ungünstige Ergebnis ist verursacht einerseits durch die hohen Nebenkosten, anderseits durch den grossen Kohlenverbrauch. Beides beweist einen schlechteren Betrieb. Die Rennschmiede von 1647 bis 1654 waren nicht mehr so geschickt, wie die von 1590. Wohl mag dazu beigetragen haben, dass man schlechtere Erze und geringe Kohlen verwendete, aber wenn dies der Fall war, so trifft ebenfalls den Meister die Schuld. Auch waren die Blasebälge mangelhaft. Das Alles hatte zur Folge, dass man fast immer mit Verlust arbeitete, und so ist es nicht zu verwundern, dass man den Rennwerksbetrieb nach acht Jahren wieder eingehen liess und den Zerennherd in einen Frischherd umbaute. Wir erwähnen noch, dass 1647 auch fünf Fuder Frischschlacke von der Clusingshütte mit dem Eisenstein verschmolzen wurden. Überblicken wir den Hüttenbetrieb dieser Periode im Ganzen, so lässt sich nicht verkennen, dass derselbe trotz der schweren Kriegs- zeiten mit Sorgfalt und Umsicht geführt wurde, so dass er trotz aller Schwierigkeiten und Störungen einen ganz hübschen Nutzen abwarf. So abnorme Preisschwankungen wie in den Jahren 1621 bis 1623 kamen während der späteren Kriegszeit nicht mehr vor. Eisen wurde auch im Kriege gefragt, und man hatte sich an den permanenten Kriegszustand gewöhnt und sich mit demselben abgefunden. Der Betrieb der vierziger Jahre verlief schon recht normal, dennoch übte der langersehnte Friede seine günstige Wirkung auf die Gittelder Eisenwerke. Diese trat sowohl in der Produktion, wie im Gewinn hervor, ganz besonders aber in dem niedrigen Preise des Roheisens, jetzt Gansseisen genannt, infolge des günstigen Betriebes des Massen- ofens. Der Roheisenpreis sank vom Jahre 1649 an von 28 Gr. 6 Pf. pro Centner auf 19 Gr. im Jahre 1650 und erreichte 1653 den ausser- ordentlich niedrigen Stand von 11 Gr. 6 Pf., um von da an wieder zu steigen, und zwar 1654 bis auf 21 Gr. 5 Pf. pro Centner. Vom Jahre 1658 an verschlechterte sich der Betrieb und im Quartal Crucis 1660 arbeitete die Obere Blechhütte sogar mit „Schuld“. Beck , Geschichte des Eisens. 73 Der Harz im 17. Jahrhundert. Betrachten wir die einzelnen Betriebe, so ist zunächst bei dem des Massenofens zu bemerken, dass die Hüttenreisen, oder wie es in den Rechnungen heisst, die Blasswerke, ebenso kurz sind, wie früher; doch erfolgen öfter zwei Blasswerke in einem Quartal. Im Quartal Reminiscere dauern zwei Blasswerke zusammen nur 30 Tage. Im Quartal Crucis 1647 geht der Massenofen 65 Tage in zwei Blasswerken und ist dies die längste Betriebsdauer in einem Quartal. Das längste Blasswerk dauerte Reminiscere 1661 53 Tage, in diesem kamen auf die Tonne Roheisen 6 Fuder Erz und 12 Fuder Kohlen. Der ausser- ordentlich günstige Roheisenpreis im Jahre 1653 ist zum Teil auch dadurch bedingt, dass viel Pucheisen gegossen wurde, so im Quartal Crucis 152¼ Ctr. zu dem stehenden Preise von 1 Thlr. 28 Gr. Im Quartal Trinitatis 1654 konnte der Ofen nicht blasen, weil der Schacht zu schadhaft war. Es zeigte sich, dass der Ofen ganz neu ausgemauert werden musste, was aber wegen des strengen Nach- winters nicht anging. Quartal Trinitatis 1658 war kein Betrieb, wegen kleinen, eingefrorenen Wassers. Bis zum Jahre 1661 hatte man die Rechnung des Massenofens immer so geführt, dass dieselbe ohne Gewinn oder Verlust abschloss, indem man den Gestehungspreis des Roheisens als Kaufpreis für die fürstlichen Hammerwerke einsetzte. Von 1661 tritt hierin eine Änderung ein. Der Preis des Gansseisens wird auf 1 Thlr. 8 Gr. pro Centner festgesetzt und Verlust und Gewinn berechnet. Klarer wird die Rechnung durch diese willkürliche Preisfixierung nicht. Der Massenofen arbeitete anfangs mit sehr kleinem Nutzen, Quartal Crucis 1662 bereits mit einem Defizit von 51 Thlr. 31 Gr. 10 Pf. Dies führt zu der ganz veränderten Rechnungsstellung vom Jahre 1663 an, aus der ein Einblick in den Betrieb nicht mehr zu erlangen ist. Nur das ist zu ersehen, dass die Geschäfte sehr schlecht gingen und mit Verlust gearbeitet wurde. Die Herrschaft schiesst deshalb Quartal Trinitatis 1663 200 Thlr. Vorlagsgeld zu, trotzdem beträgt die Schuld Quartal Crucis wieder 327 Thlr. 13 Gr. 7 Pf. Die Clusingshütte, die auf zweigeschmolzenes Eisen arbeitete, ging am besten und warf den grössten Gewinn ab. Die Neue Hütte arbeitete (von 1657 an) auch als Frischhütte mit nur geringem Nutzen. Verschiedene Störungen, welche der Krieg unmittelbar ver- ursachte, haben wir bereits bei der Tabelle S. 1146 angemerkt. Zum Quartal Reminiscere 1648 schreibt der Faktor: „dass in diesem Quar- thal der hohe Ofen nicht wiewoll geschehen sollen getrieben vnd zu gange gebracht, ursachet dieses, Weil nicht allein wegen der Schwedi- Der Harz im 17. Jahrhundert. schen Marche, sondern auch wegen der einlogierenden Völker vnd streifenden Parteien die Hütten Fuhrleute nebenst andern Einwohner des Ambtss Stauffenberg semplich ausgewichen vndt sich mit den Ihrigen an sicher Oerter begeben“. Die Fuhrleute hätten nur unter starkem Convoi fahren können. Dies konnte das Gitteldesche Hütten- werk, „so allbereits sehr geschwecht vndt in abgangk gerathen“ nicht ertragen. So konnten auch die Hämmer nur den Vorrat auf- arbeiten. Die Preise wurden seit 1642 in Thaler und Groschen aus- gedrückt. Ob der Thaler drei Mark wert war, wie wir bei der Um- rechnung angenommen haben, oder mehr, lässt sich schwer bestimmen. Es scheint aber, dass der Wert des Marienguldens in jener Zeit so gesunken war, dass ein Mariengroschen gleich einem Thalergroschen war, so dass die in Groschen ausgedrückten Preise dieselben blieben. So hatte beispielsweise der Tagelohn des Massenbläsers und seiner Knechte früher einen Mariengulden betragen, in der Thalerrechnung dagegen 20 Gr. Der Mariengulden hatte aber im 16. Jahrhundert einen Wert von 2,60 Mark. Die Hüttenarbeiter würden also durch die neue Rech- nung plötzlich um sechs Groschen täglich geschädigt worden sein. Dies ist nicht wohl anzunehmen. Die Schädigung der Lohnarbeiter ist im Laufe des 17. Jahrhunderts allerdings eingetreten, aber allmählich durch die Entwertung des Silberguldens, der von 2,60 auf 2 Mark, ja bis auf 1,70 Mark sank. Aus demselben Grunde bleiben alle Groschenpreise bestehen. Hätte der Mariengroschen noch seinen alten Wert von 13 Pfennig behalten, so müsste der Thaler statt 36 nur 24 Groschen haben, 1½ Thalergroschen = 1 Mariengroschen sein. Als eingebildete Münze bestand denn auch dieser schwere Groschen = 1½ Thalergroschen unter der Bezeichnung guter Groschen (ggr.), während der Mariengroschen (mgr.) gleichwertig mit dem Thaler- groschen (gr.) ist. In der Rechnung von 1664 wird berechnet 1 Säge- blatt, 15 Pfd., zu 1 ggr. = 22 Gr. 6 Pf. Indes führt diese doppelte Groschenrechnung öfters zu Unklarheiten. Die Preise von Roheisen, Gusseisen, Schmiedeeisen und Blech, sowie von Eisenstein und Kohle haben wir bereits oben in einer Tabelle mitgeteilt. Der Preis des Eisensteins setzt sich einfach zu- sammen aus dem Brecherlohn und dem Fuhrlohn. Letzterer betrug konstant 18 Gr. pro Fuder (1664: 16 Gr.), während der Brecherlohn von 30 Gr. bis 1 Thlr. 2 Gr. (1664: 15 Gr. bis 1 Thlr.) schwankte, wonach der Erzpreis 1 Thlr. 12 Gr. bis 1 Thlr. 20 Gr. (1664: 31 Gr. bis 1 Thlr. 16 Gr.) betrug. 73* Der Harz im 17. Jahrhundert. In ähnlicher Weise setzte sich der Kohlenpreis zusammen aus dem Köhlerlohn und dem Fuhrlohn. Hier war der Köhlerlohn kon- stant 15 Gr. pro Fuder oder Karren, der Fuhrlohn schwankte dagegen nach der Entfernung des Waldes von 8 Gr. bis 24 Gr. und dadurch der Kohlenpreis von 23 Gr. bis 1 Thlr. 3 Gr. Der Forstzins wurde besonders berechnet. Derselbe wurde im Laufe der Zeit erhöht. 1636 kostete der Zins vom Stauffenberger Forst 1 Mariengroschen pro Fuder, 1646: 2 Gr., 1654: 2½ Gr. Der Zins vom Ebtissinen Forst 1646: 4 Gr., vom Westerhöfischen Holz 1646: 4 Gr., 1654: 4 Gr. 6 Pf., vom Amte Wirreshausen 1664: 6 Gr. Preise von Materialien : Wageisen, die Wag (ca. ¼ Ctr.) 27 Gr. 11 Pf., der Ctr. 3 Thlr. 3 Gr. Schienen 3 Thlr. 10 Gr. Kellenblätter pro Stück 8 Marien- groschen, das Schock (60 Stück) 16 Thlr. Pflughärder pro Stück 18 Gr. Stahl pro Pfund 3 Gr. (100 kg = 60 Mk.). 40 grosse Nägel „in die Fluth“ pro Stück 1 Gr. 1 Schock Schindelnägel 1 Gr. 3 Pf. 1 Schock Schindeln 4 Gr. 6 Pf. 1 Schock Latten zu hauen 18 Gr. 20 Stang Dannenholz zu hauen und zu fahren 1 Thlr. 20 Gr. Fett das Pfund 3 Gr. und 3½ Gr. 1 Haut Ledder 3 Thlr. 1 Karren Leimen 1 Gr. 6 Pf. und 2 Gr. 1 Karren Sand 15 Gr. Preise von Werkzeugen : 1 Kupferform 3 Thlr. 1 Axt 12 Gr. 1 Füllfass 5 Gr. 8 Pf. 1 neuer Karren mit dem Beschläg 20 Gr. Kosten von Bauten und Reparaturen : Eine neue Welle zu hauen und einzuziehen (Neuhütte) 3 Thlr. 12 Gr. — Pf. „ „ Blaselade von 8 Schuh 4 „ 16 „ — „ Ein neuer Balg 6 „ — „ — „ Ein Balggerüst — „ 9 „ — „ Schmiedekost zu den Bälgen — „ 16 „ — „ Den Balgmachern ein Paar neue Bälge für die Clusings- hütte zu machen 30 „ — „ — „ Die Bälge von Assfelde zu fahren 3 „ — „ — „ Einen neuen Stempel für das Puchwerk zu hauen und auszuarbeiten und das Puchwerk anzurichten 3 „ 16 „ — „ Vor 4 Stang Eisen, Holtz zu den Schlingen vmb den hohen Ofen zu hauen und fahren 2 „ — „ — „ daran umblegen — „ 18 „ — „ Den Zerennherd zu mauern und zu machen 3 „ — „ — „ Einen neuen Frischherd 3 „ — „ — „ 5½ Centner Gosseisen zu einem Boden und Tacken in den Frischherd 4 „ 8 „ 2 „ ½ Centner Eisen für 2 Timpen 1 „ 16 „ 6 „ Der Harz im 17. Jahrhundert. (1664) Ausgabegeldt für Stellstein zu brechen: der Meister 18 Tage, der Knecht 16 Tage in den Stein- kuhlen gearbeitet. Soviel Steine gebrochen als zu 2 Seiten im Schacht und zu 2 Gestellen nötig, der Meister 7 Gr., der Knecht 6 Gr. pro Tag 11 Thlr. 18 Gr. — Pf. Fuhrlohn darauf 4 „ 18 „ — „ Den Maurern 2 neue Seiten im Schacht aufzuführen 7 „ 7 „ — „ Das Maurerwerkzeug zu stählen — „ 8 „ — „ Löhne und Gehalte : Eisen zu blasen im Zerennherd pro Centner — „ 3 „ — „ Schmiede- und Wageisen zu schmieden pro Centner — „ 4 „ 6 „ Kellenblätter zu schmieden pro Stück — „ 1 „ — „ Pflughärder zu schmieden pro Stück — „ 1 „ 6 „ 1 Centner Wageisen in Schienen zu machen — „ 3 „ — „ Krückenblätter von 45 Pfund zu schmieden, pro Pfund 1 guten Groschen — „ 1 „ 6 „ (1664: 5 Gr.) Sägeblätter von 15 Pfund zu schmieden, pro Pfund 1 guten Groschen — Thlr. 1 Gr. 6 Pf. Schmiedeeisen aus dem Frischherd zu schmieden — „ 8 „ — „ Stangen und Krücken etc. zu schmieden — „ 8 „ — „ Blech-Frischstücke zu schmieden — „ 7 „ — „ Blech zu schmieden — „ 16 „ — „ (1664: 18 Gr.) Dôhl (Deuel) umzuschmelzen — Thlr. 7 Gr. — Pf. Beim Massenofen: Tagelohn dem Massenbläser und Knechten — „ 20 „ — „ Liebnuss dem Massenbläser und Knechten pro Quartal 3 „ 30 „ — „ Pucheisen zu formen pro Centner — „ 5 „ 4 „ Unterlager „ „ „ „ — „ 2 „ — „ Stell zu brechen und einzusetzen 2 „ 18 „ — „ Dem Hüttenvogt pr. Woche 10 Gr. 3 „ 22 „ — „ „ „ der Oberhütte pr. Woche 20 Gr. 7 „ 8 „ — „ „ „ „ Neuen Hütte pr. Woche 15 Gr. 5 „ 15 „ — „ Liebnuss den Köhlern 3 „ 12 „ — „ Eisenstein zu scheiden pro Fuder — „ 5 „ — „ „ „ puchen „ „ — „ 2 „ — „ Schlacken zu Wascheisen zu puchen, 1 Centner Wasch- eisen — „ 5 „ — „ Gewöhnlicher Tagelohn — „ 6 „ — „ Tagelohn den Zimmerleuten — „ 8 „ 10 „ Harte und Dannenbohlen zu machen pro Fuder — „ 15 „ — „ Fuhrlohn Wageisen nach Zellerfeld, die Wag — „ 1 „ 6 „ „ Gosseisen nach den Hämmern pro Centner — „ 1 „ — „ Dienerbesoldung pro Quartal 80 „ 33 „ — „ Der Harz im 17. Jahrhundert. Die Faktoreirechnungen der Eisenhütten zu Gittelde von 1665 bis 1700 . Die Rechnungen dieser letzten Periode, welche mit einer Lücke von 1665 bis 1670 beginnen, sonst aber ziemlich vollständig vor- liegen, sind weitläufiger, verwickelter und geben keinen so guten Ein- blick in den Betrieb. Der Massenofen der Deichhütte war in regelmässigem Betriebe. Eine Zusammenstellung von 20 Quartalen aus der Zeit von 1674 bis 1695 ergiebt in 1249 Blasetagen eine Gesamtproduktion von 18359½ Ctr. Roheisen und Gusswaren. Hierzu wurden verbraucht 6272½ Fuder Eisenstein zu 7674 Thlr. 1 Gr., 8926½ Fuder Holzkohlen zu 7161 Thlr. 5 Gr., an Löhnen 1380 Thlr. 17 Gr. 3 Pf., für sonstige Ausgaben 1424 Thlr. 15 Gr. 2 Pf. Hiernach betrug die durchschnittliche Produktion pro Schicht 14,64 Ctr. oder 805 kg. Durchschnittlicher Gestehungspreis von 1 Ctr. Guss = 31 Gr. 5 Pf., oder die Tonne (1000 kg) 52,41 Mk. Aufwand pro Tonne: Eisenstein 6,22 Fuder 22,79 Mk. = 43,5 Proz. Kohle 8,6 Fuder 21,35 „ = 40,7 „ Arbeitslohn 4,05 „ = 7,7 „ Verschiedenes 4,22 „ = 8,1 „ 52,41 Mk. 100 Proz. In der Produktion von 18359½ Ctr. sind 2689 Ctr. Pucheisen und Unterlagen, welche für 1 Thlr. 32 Gr. der Centner verkauft wurden. Bringt man diese in Abrechnung, so verbleiben 15670½ Ctr. Ganseisen zu 12561 Thlr. 2 Gr. 8 Pf. Demnach stellt sich 1 Ctr. Ganseisen auf 28 Gr. 10 Pf., oder die Tonne auf 43,72 Mk. Es wurde zwei- bis dreimal in 24 Stunden abgestochen und das Eisen in Gänse laufen gelassen. In den Quartalsrechnungen werden die Anzahl der Abstiche und Gänse aufgeführt. 1672 wiegen 145 Gänse 763¾ Ctr., eine Gans demnach im Durchschnitt 5 Ctr. 29 Pfd. Das Gewicht einer Gans schwankte zwischen 4 bis 6 Ctr. Man unterschied Ganseisen, Kurzeisen, d. h. Gusstrichter und Gussbruch und Wasch- eisen; von Gusswaren wurden am meisten Pucheisen und Unrlagste- glaken gemacht. Der Harz im 17. Jahrhundert. Da für das erzeugte Ganseisen kein Wert in Rechnung gestellt wurde, so kam das widersinnige Resultat heraus, dass ein Quartal um so höheren Gewinn abwarf, je weniger der Hochofen betrieben, je weniger Roheisen erzeugt wurde. Die Kosten des Betriebes wurden nämlich alle in Rechnung gestellt und diese wurden grösser bei leb- hafterem Betrieb und so kommt es vor, dass in Quartalen, in denen der Hochofen besonders gut ging, die Rechnungen mit Fehlbeträgen abschlossen. In der Rechnung Reminiscere 1673 heisst es ganz naiv: „Dass in diesem Quartal so wenig und im vorigen Quartal gar kein Überschuss gewesen, rührt daher, weil in den beiden Quartalen Zwei grosse Blasswerk gewesen, darauf mehr Ausgabe gangen, als im ersten Quartal Crucis und weil im nächst künftigen Quartal Trinitatis kein Blasswerk verrichtet werden kann, wird der Überschuss desto höher kommen.“ Der Kohlenverbrauch des Massenofens war genau geregelt. Auf jede Gicht wurde ¼ Karren Kohlen aufgegeben. Zum Füllen des Ofens waren 8 Karren erforderlich, zu jedem Rost 2 Karren. Quartal Crucis: Für 11½ Röste Eisenstein zu rösten je 2 Karren 23 Karren. Den hohen Ofen zu füllen 8 „ 1140 Gichten zu ¼ Karren 292½ „ 323½ Karr. Kohlenaufgang. Die Zahl der Gichten pro Tag entsprach ungefähr der Zahl der Stunden. Die Hüttenreisen waren etwas länger als früher. Quartal Trinitatis 1684 war der Hochofenschacht eingestürzt; die Herstellung eines neuen kostete 48 Thlr. 19 Gr. Davon erhielt der Maurermeister 14 Thlr., die Tagelöhner ebenfalls 14 Thlr. und für 1 Thlr. „Schlossbier“. Die Zimmerleute mussten die Schlingen um die Öfen ziehen. Das Rauhgemäuer war demnach noch mit Holz- balken von aussen zusammengehalten. In demselben besonders harten Winter war auch das „Puchwerk eingefallen“. Das Puchwerk, welches, wie wir aus der Rechnung ersehen, unter einem besonderen Dach stand, musste neu aufgebaut werden und erhielt eine neue Puchwelle. Die ganzen Hütten- und Puchgräben, die zugeschlämmt waren, mussten gereinigt und neu in Stand gesetzt werden. Da alle diese Bau- und Reparaturkosten aus dem Betrieb bezahlt werden mussten, so verblieb nur ein sehr geringer Gewinn. Die Kosten des im Quartal Reminiscere 1685 neu aufgebauten Hochofens sind in folgender Rechnung erläutert: Der Harz im 17. Jahrhundert. Andress Breithausen 80 Tage Mauersteine dazu ge- brochen zu 7 Gr. 15 Thlr. 20 Gr. — Pf. Weitere 258 Tage an die Gehülfen 41 „ 27 „ — „ Das alte Gestell ausbrechen — „ 24 „ — „ 147 Karren Mauersteine zu fahren zu 9 Gr. 36 „ 27 „ — „ Das Abbrechen des alten Hochofens bis auf den Grund verdungen zu 10 „ — „ — „ Das Fundament in der Erde zu suchen 3 „ — „ — „ Den Schacht aufzumauern von dem fürstlichen Berg- amt verdungen zu 85 „ — „ — „ Dessen Gesellen Schlossbier 1 „ — „ — „ Dem Massenbläser für seine Hülfe und Aufsicht 1 „ — „ — „ Dem Schmied für Werkzeuge und Werkzeug schärfen 5 „ 6 „ — „ Für 89 Karren Gybs aus Osteroder Amtskalkkuhle, à 7 Gr. bezw. Fuhrlohn etc. 32 „ 11 „ — „ 145 Karren Leimen incl. 12 Tagen 9 „ 10 „ — „ Für 18 Ctr. Eisen für Bolzen durch das Mauerwerk, à 3 Thlr. 54 „ — „ — „ Eisen 13½ Ctr. und 20 kleine Klammern incl. Schmiede- lohn 38 „ 11 „ — „ Für Feueresse und Dach, dazu 8 Stamm Eichenholz, 12 Stamm Dannenholz, Feueresse auszukleimen, 30 Bund Stroh und den Leimen 35 „ 15 „ 3 „ Diverse andere Arbeiten und Unkosten 7 „ 31 „ — „ Summa was der neue Hochofen gekostet: 377 Thlr. 2 Gr. 3 Pf. Nachdem der Ofen im Quartal Trinitatis 1685 wieder angeblasen worden war, ging er 14 Wochen ununterbrochen. Im Jahre 1689 war aber der Hochofenschacht schon wieder zer- stört und musste von neuem eingebaut werden. Die Rechnung lautet: 132 Tage Mauersteine zu brechen, à 6 Gr. 22 Thlr. — Gr. — Pf. Die Bicken zu schärfen — „ 27 „ — „ Für 33 Karren Mauersteine herausgefahren 8 „ 9 „ — „ 3 neue Schubkarren incl. Beschlag 2 „ — „ — „ Dem Meister und 4 Gesellen 22 Tage Steine zu be- hauen (zu 12 und 10 Gr.) 33 „ 4 „ — „ Den Handlangern 7 „ — „ — „ 40 Karren Leimen zum Schacht 2 „ 8 „ — „ Vor 27 Wageisen von der Zerennhütte im Grund zu 27 Gr. 11 Pf. und 1 Thlr. 18 Gr. Trinkgeld, 9 Gr. Fuhrlohn zu Schlinken umb das Mauerwerk 22 „ 24 „ 9 „ Holzwerk und diverse Arbeiten und Unkosten 6 „ 16 „ — „ Summa: 104 Thlr. 16 Gr. 9 Pf. Bei diesem Umbau wurden also die hölzernen Schlingen, welche das Rauhmauerwerk zusammenhielten, durch eiserne ersetzt. Da alle Bau- und Reparaturkosten dem Betrieb aufgerechnet wurden, so waren die Nebenkosten in verschiedenen Quartalen sehr verschieden. Der Harz im 17. Jahrhundert. Das Inventar der Massenhütte war im Jahre 1681 noch ein sehr bescheidenes. Es umfasste: 1 Blasewelle mit 6 eisernen Bändern, 2 hölzerne Bälge, dazu 4 grosse Nägel für die Hebescheiben, 1 Blase- rad, 1 Vorhängschloss, 2 Brechstangen, 2 Formstecher, 1 Stein- haken mit eisernen Kralen, 2 Kratzen, 2 Keilhauen, 2 Kohlenharken, 1 hölzernes Kohlenmass, 3 Laufkarren, 3 Füllfässer, 3 grosse eiserne Tragstangen im hohen Ofen, ein grosser eiserner Wagebalken mit 8 Kettensträngen und 2 starken beschlagenen Schalen, 4 grosse Eisengewichte (à 1 Ctr.), 1 Wagebalken (à ½ Ctr.), 1 Pochwelle mit 2 Zapfen und 5 eisernen Bänken. 2 Schauffeln, 1 hölzerne Wasser- strentze (Spritze), eine alte messingene Wasserstrentze, 1 eisern Keil, 1 Bockhammer. Die Quartalsrechnungen der Hammerhütten dieser Periode leiden dadurch an einer gewissen Unklarheit, dass weder für das ver- schmolzene Roheisen, noch für das erzeugte Schmiedeeisen Werte eingesetzt sind. — Die folgende Zusammenstellung enthält die Be- triebsergebnisse derselben 20 Quartale wie oben bei dem Massenofen. 1. Die Clusingshütte wurde als Frischhütte betrieben und lieferte Stabeisen. Für eine Tonne Stabeisen wurden verbraucht: Gusseisen 1,550 Tonnen, à Mk. 52,41 81,23 Mk. Holzkohlen 13,62 Karren 10,28 „ Löhne 4,66 „ Verschiedenes 3,97 „ 100,14 Mk. Der Verkaufspreis für die Tonne betrug 163,46 Mk., die Tages- produktion 128 kg. 2. Die Neue Hütte war ebenfalls eine Frischhütte, die haupt- sächlich Frischstücke zur Blechfabrikation machte. Die Frischstücke (Luppeneisen) kosteten pro Tonne (1000 kg): für Gusseisen 1,524 Tonne 79,87 Mk. „ Holzkohlen 12,12 Karren 9,34 „ „ Löhne 4,76 „ „ Verschiedenes 3,25 „ 97,22 Mk. Die Tagesproduktion betrug 130 kg. 3. Die Obere Hütte war eine Frischhütte mit Blechhammer. Die Tonne Frischstücke kostete: Der Harz im 17. Jahrhundert. für Gusseisen 1,508 Tonne 79,03 Mk. „ Holzkohlen 14,76 Karren 12,08 „ „ Löhne 7,62 „ „ Verschiedenes 7,22 „ 105,95 Mk. In 18 Quartalen fielen 2875 Ctr. Frischstücke nebst „Doel und Schrötel“. Hiervon wurden 1492 Ctr. zu 964½ Ctr. Blech verarbeitet, es wurden demnach pro Tag 37,78 kg Blech und 54,18 kg Frischstücke dargestellt. 1 Tonne Blech berechnet sich auf 158,90 Mk., während der Verkaufspreis damals 326,92 Mk. pro Tonne betrug. Besondere Bemerkungen sind zu dem Betrieb der Frischhütten kaum zu machen. Mit dem Ganseisen wurde das Kurz- und Wasch- eisen, welches beim Massenofen fiel, mit aufgegeben, manchmal und namentlich dann, wenn es an Ganseisen fehlte, wurde Alteisen, welches aufgekauft wurde, mit verfrischt. Beispielsweise fielen im Quartal Crucis, ausser 529¼ Ctr. Ganseisen, 155 Ctr. Gusswaren und 16 Ctr. Kurzeisen. In demselben Quartal wurden verfrischt: Auf der Clusingshütte : 30 Gänse zu 143¾ Ctr., Kurzeisen 2 Ctr., Alteisen 27 Ctr., Summa 171½ Ctr. Auf der Neuen Hütte : 41 Gänse zu 192¾ Ctr., Kurzeisen 2 Ctr., Summa 194¾ Ctr. Auf der Oberhütte : 40 Gänse zu 194 Ctr., Kurzeisen 12 Ctr., Summa 206 Ctr. Das Inventar der drei Frischhütten vom Jahre 1681 ist hier zu- sammengestellt (siehe Tabelle auf folgender Seite). Von grösserem historischen Interesse ist es, dass man in dieser Periode noch einmal eine Zerennhütte in Gang setzte und die- selbe eine Reihe von Jahren mit Eifer betrieb. Es war, wie die Rechnung sagt, „der Zerennhärd im Grunde, welchen die Fürstl. Gnäd. Herrschaft von dem Richter Johann Bartolss erkauft hatt“ und welche 1678 in Betrieb gesetzt wurde. Da genauere Angaben über Einrichtung und Betrieb eines alten deutschen Luppen- oder Renn- feuers, am Harz Zerennhütte genannt, unseres Wissens nicht ver- öffentlicht sind, so wollen wir die Rechnungen über diesen Betrieb etwas eingehender betrachten. Eine gewerkschaftliche Zerennhütte im Grunde wird schon in früheren Rechnungen erwähnt: 1674 Quartal Crucis liefern die Ge- werken im Grunde an die Faktorei 128 Waage Eisen, jeder Waag Gewinn für die Herrschaft 4 Gr. 8 Pf., thut 16 Thlr. 21 Gr. 4 Pf. und Der Harz im 17. Jahrhundert. Inventarium der Hammerhütten 1681 . Hiernach hatten die Frischherde 3 eiserne Zacken und einen eisernen Boden, der Blechherd wie auch der Zerennherd aber nur einen eisernen Zacken und eisernen Boden, die übrigen Seiten waren gemauert. Der Harz im 17. Jahrhundert. Quartal Trinitatis 1675: 75 Waag Eisen, jeder Waag Gewinn für die Herrschaft 4 Gr. 8 Pf., thut 9 Thlr. 26 Gr. Im Quartal Crucis 1678 begann der neue herrschaftliche Be- trieb in der Zerennhütte mit dem alten Inventar und den alten Schmieden; der Erfolg entsprach aber den Erwartungen nicht. Es befand sich Alles in schlechtem Zustande. „Weil auf dieser Hütten eine geraume Zeit nicht geschmiedet vndt daher alles ruinos worden, so hat die Ausbesserung derselben verunkostet 53 Thlr. 25 Gr. 9 Pf.“ Zum Betrieb wurden zwei abgängige Holzbälge, die auf den Gitteldeschen Hütten standen, für den Zerennherd aber noch brauch- bar waren, neu in Stand gesetzt. Die Kosten ihrer Wiederherstellung betrugen: Fuhrlohn von Gittelde bis Grund 8 Thlr. — Gr. Die alten Bälge auszubessern so dem Balgen- macher von dem H. Zehntner und Ober-Bergk.- Meister verdungen umb 5 „ 12 „ Vor 2 Ellen Leinwandt zu 2 Gr. dazu — „ 4 „ Derobehuff 11 Pfd. unseldt vndt öhl zu 3 Gr. — „ 33 „ Vor 1 Metzen Mehl — „ 4 „ Vor Schmiedearbeit Behuffs der Bälge 1 „ 18 „ in Summa 15 Thlr. 35 Gr. Von den übrigen Anschaffungen und Reparaturen erwähnen wir eine neue Radwelle zu 2 Thlr., neues Gerinne, Balggerüst, Thüren, ein neuer Eisenkasten zum Verschliessen der Werkzeuge u. s. w. mit be- sonders starken Haspen beschlagen und 2 Vorhängschlössern; Wände und Dächer mussten ausgebessert werden u. s. w. Das Ausbringen war ungenügend. „Dass aus einem Fuder Eisenstein 5½ Wage Eisen kommen, da man wohl ein Mehres gehofft hatte, so wollen die Hütten- leute vorreden, dass solchs nicht anders arten wollen, weil die Hütte lange öhde gestanden vndt dahero der Blasshardt abgängig worden, welcher nicht sobald zu Stand zu bringen wäre.“ Andreas Kippenberg, der schon früher ein Hüttenmann bei diesem Zerennherd gewesen und dem die Aufsicht von dem fürstl. Bergamt übertragen worden war, verpflichtet sich für die Folge mehr zu machen und wird deshalb als Meister angenommen, „wass Er künfftiges Quartall Luciae 1678 wirdt prästieren können“. Kippenberg hatte für seine Aufsicht 30 Gr. im ersten Quartal erhalten, neben ihm war der „Faktor Fricken von Zellerfeld kommittiert bei denen geschmiedeten Eisensteinsproben auff- sicht zu haben, und hat derselbe bey dem alten Bergvogt Sporre im Der Harz im 17. Jahrhundert. Grunde 6 mahl Zeiten à 4 Gr. verzehrt — thut 24 Gr., dabey ver- trunken 8 Kannen Bier gleich 8 Gr.“. Der Betrieb vom Quartal Luciae an war ein regelmässiger und warf entsprechenden Nutzen ab. Quartal Luciae 1678 . Von Interesse ist auch das nachfolgende Inventar der Zerenn- hütte vom Jahre 1678. „ Inventarium bey dem Zerennherdt im Quartal Crucis 1678 vorgetragen : 1 Hammerwelle mit 19 eisernen Bändern, 2 Zapfen, 1 Hammer- radt, 2 Blassrädter, 1 Blasswelle mit 8 Bändern, 1 Schmiedewelle mit 6 Bändern, 2 Zapffen, 1 Paar hölzerne Balge, 1 Paar lederne Balge, 2 alte kupferne Formen, 1 alter Schmiedehammer, 1 alter Amboss. 1 Hammerstock mit 2 Eisern Bändern. — An Werkzeug : 2 Rennzangen, 1 Stückzange, 2 Setzeisen, 1 Brechstange, 1 Warmzange, 1 Steuerzange, 1 Schmiedezange, 1 Rennzange, 1 Handhammer, 1 Bockehammer, 1 Vorhammer, 1 Schröder, 1 Schaufel, 1 Stachel, 2 Bockedöel, 1 Folgeisen, 1 Stachel, 2 Syebe, 2 Füllfässer, 2 Vorhengschlösser.“ — Der Betrieb des Zerennherdes im Grunde nahm vom Quartal Luciae 1678 an einen regelmässigen Verlauf. Kippenberger hatte augenscheinlich ein Ausbringen von 7 Waage Eisen auf jedes Fuder Eisenstein in Aussicht gestellt, darauf bezieht sich folgende Bemer- kung in der Rechnung Reminiscere 1670: „Wenn dass jedem Fuder Eisenstein 7 Waage Eisen verfolgen solle, wollten an der Probe noch 5 Wagen fehlen (184 statt 189), weil Kellenblätter und anderes Eisen dazwischen geschmiedet wurde.“ Auf eine Waag Eisen rechnete man ⅓ Karre Holzkohlen. Folgende Tabelle giebt die Betriebsübersicht von 1678 bis 1689. Der Harz im 17. Jahrhundert. Zerennherd im Der Harz im 17. Jahrhundert. Grunde 1678 bis 1689 . Der Harz im 17. Jahrhundert. Beim Eisenerz unterschied man Lesestein (gewaschenen Stein) von gewöhnlichem Stein. Aus 1 Fuder Lesestein sollten 9 Waage Eisen erfolgen. Der Eisenstein kostete 24 Gr., der Lesestein 1 Thlr. 8 Gr. pro Fuder. Der Preis des Lesesteins setzte sich zusammen aus 28 Gr. Brecherlohn, 8 Gr. Wäscherlohn und 8 Gr. Fuhrlohn. Mit dem Eisenerz wurde auch Frischschlacke im Zerennherd zu gut ge- macht, welche 17 Gr. pro Fuder kostete. Das Wageisen wurde nach der Zellerfelder Faktorei getragen, und zwar für 1 Gr. die Waag; ebenso nach Wildermann, Braunschweig u. s. w. Eine Waag gleich 26½ Pfd. war also eine Traglast im Gebirge 1681 wird die Waag zu ⅓ Ctr. = 36⅔ Pfd. gesetzt. In dieser Rechnung wird angegeben, dass aus 1 Fuder Lesestein 12 Waag, aus 1 Karrn Schlacke 12 Waag oder 4 Ctr., aus 1 Fuder Eisenstein „Leopart“, weil nicht so gut, 9 Waag = 3 Ctr. Eisen gemacht werden. Dagegen wird in den Rechnungen 1684, 1686 und den nachfolgenden, wie oben angegeben, aus 1 Fuder Stein 7 Waag, dagegen aus 1 Fuder Schlacke 12 Waag Eisen. ; daher stammt diese Einteilung und deren Beibehaltung. Bei den Kohlen unter- schied man Gruben- und Meilerkohlen. Erstere, die dem Namen nach zu schliessen in Gruben gebrannt waren, standen höher im Preise, man bezahlte für den Karren 18 Gr. Köhlerlohn, während Meilerkohlen nur 14 Gr. Köhlerlohn kosteten. Die Holzkohlen wurden auf geringeren Entfernungen gleichfalls getragen, und zwar in Säcken: Die Grubkohlen vom Königsberge kosteten 4 Gr. Tragelohn. Andre, wie die Grubenkohlen aus dem Schmallenberg 14 Gr. Fuhrlohn, „Dannen-Meilerkohlen“ aus dem Schmallenberg nur 9 Gr. Fuhrlohn. Es wurden auch „Wandelkohlen“ (Quandelkohlen?) vom Hohen Ofen pro Fuder 12 Gr. mit vernutzt. Die Heilkosten verletzter Arbeiter hatte die Hütte aufzubringen, z. B. Reminiscere 1680 „dem Hammerschmied so schaden in der Hütten bekommen an Arztlohn gereichet, so ihm von fürstl. Bergamt verwilliget 1 Thlr. 24 Gr.“. Öfter begegnet uns der Eintrag: Zerenneisen für den Kirchenbau in Zellerfeld. Dieses wurde billiger, zu 2 Thlr. 10½ Gr. pro Centner berechnet. Zu den Ausgaben „Insgemein“ der Rechnung Crucis 1680 bemerkt der Faktor: „Dies schlechte Ergebnis rühre daher, dass wegen Wassermangel nicht geschmiedet werden konnte und dass neue „Äsekörbe“ und Schornsteine, sowohl in der Hütte als auch im Hüttenhaus wegen Feuersgefahr gebaut werden musste. Die Kosten dafür betrugen 28 Thlr. 14 Gr., und ersieht man aus der Rechnung, dass „ Äsekörbe “ und Schornsteine von Holz gezimmert wurden und nur mit einem Flechtwerk aus Zaunruten, das mit Lehm und eingehacktem Stroh bestrichen war, ausgekleidet wurde. Aussen waren Der Harz im 17. Jahrhundert. die Äsekörbe mit Hohlziegel gedeckt, wovon 30 Stück genügten. Der Schower, d. h. der Kohlenschuppen, hatte Lattenwände und war mit Schindeln gedeckt. Im Jahre 1682 wurde eine ganz neue Zerennhütte und ein neuer Kohlenschuppen erbaut, deren ausführliche Baurechnung wir folgen lassen. Quartal Crucis 1682. — Aussgabegeld betreff der neuen Zerennhütten . Beck , Geschichte des Eisens. 74 Der Harz im 17. Jahrhundert. Ausgabegeld für den neuen Kohlschuppen . 1687 wurden ganz neue Blasebälge eingelegt und in der Rechnung ist vermerkt, „wenn das Wasser besser gewesen wäre, hätte man mehr schmieden können, weil neue Bälge und das Gebläse jetzt kann doppelt gehen“. Eine wesentliche Besserung lässt sich aber aus den Rechnungen nicht entnehmen. Im Quartal Trinitatis 1697 wurde eine neue Hütte gebaut und es erscheint von da ab im Inventar eine alte Hütte und eine neue Hütte im Grunde. Quartal Crucis 1699 wurde der Betrieb der Zerennhütte ganz eingestellt. Ein Teil des Inventars wurde anderweit verwendet, das Übrige in den Rech- nungen bis 1716 nachgeführt als „bei dem eingestellten Zerennherd Der Harz im 17. Jahrhundert. wirklich noch vorhandenes Inventar“. Der alte Meister Kippenberg erhielt einen Gnadengehalt. In der Quartalsrechnung Trinitatis 1716 findet sich folgender Ein- trag: „Inventarium bei dem eingestellten Zerennherde im Grunde — Cessat, Weil solch Inventarium in diesem Quartal Trinitatis 1716 verschmiedet und das daraus erfolgte zweygeschmolzene Eysen pag. 18 zur Einnahme gebracht worden.“ Pag. 18 heisst es dann: „Auss dem auf Befehl des verschmiedeten Zerennherds Inventario des Eisenwerks ist an zweygeschmolzenem Eysen eingegangen 9 Ctr. 107½ Pfd.“ Hierzu kamen 8 alte Wellen- ringe zu 177 Pfd., welche auf die Factorey zu Zellerfeld geliefert wurden. Nach pag. 73 betrug das Inventarium nach der Aufnahme 11 Ctr. 55 Pfd. geschmiedetes und 5 Ctr. 82¾ Pfd. gegossenes Eisen. Von diesem Inventarium waren ausser den nach Zellerfeld abgegebenen 1½ Ctr. 12 Pfd. bereits früher 2½ Ctr. bei einer Reparatur auf der Neuen Hütte verwendet worden. Pag. 74: Obiges Eisen, nämlich 7¼ Ctr. 15½ Pfd. Schmiede- eisen und 5¾ Ctr. Gusseisen kostete zu verschmieden incl. aller Kosten bis zur Abholung in die Factorey 2 Thlr. 6 Gr. 2 Pf. Aus dem Schmiedeeisen 6 Ctr. 16½ Pfd. Stäbe und aus dem Gusseisen 3¾ Ctr. 7½ Pfd., zusammen 9 Ctr. 107½ Pfd. = 10 Ctr. zu 3 Thlr. = 30 Thlr. — 2 Thlr. 6 Gr. 2 Pf. = 27 Thlr. 29 Gr. 10 Pf. Dies war das Ende des Zerennhüttenbetriebes zu Gittelde und Grund. Dass man noch einmal zu diesem veralteten Betrieb zurück- gekehrt war, hatte seinen Grund sowohl in der Hoffnung auf einen rentabelen Betrieb, indem man von dem Gedanken, dass das ein- fachere direkte Verfahren der Schmiedeeisengewinnung auch das vor- teilhaftere sein müsse, nicht loskam, als auch in der traditionellen Vorliebe der Arbeiter für diesen Prozess der Grossväter. Für den Zerenner war die Arbeit leichter als beim Frischherd. Ein dritter Grund war, dass die Schmiede — namentlich die Bergschmiede das Zerenn- oder Wageisen bevorzugten, teils aus alter Gewohnheit, teils weil es härter und stahlartiger war. Im Ganzen arbeiteten die Gittelder Eisenwerke im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts regelmässig und mit Gewinn. Der Überschuss sämtlicher Hütten betrug an 1400 Thlr. im Jahresdurchschnitt. Der Gewinn wurde nach den Bestimmungen der Kommunion ge- teilt und erhielt die Wolfenbütteler Kammer 3/7, die Kahlenberger 4/7. Zum Schluss fügen wir noch eine Übersicht von Preisen und Löhnen während dieser Periode bei. 74* Der Harz im 17. Jahrhundert. 1. Materialien: Eisen . a) Gusseisen: Gans- u. Kurzeisen ( Roheisen ) pro Ctr. 1½ Thlr. Gusswaaren: Pucheisen und Unterlagen „ „ 1 „ 32 Gr. Alteisen „ „ 1 „ bis 1 Thlr. 4 Gr. b) Schmiedeeisen: Zerenneisen: die Waag = ¼ Ctr. 27 Gr. 6 Pf. bis 28 „ (1680 nach Zellerfeld für 27 Gr. 11 Pf.) Zerenneisen pro Ctr. 3 Thlr. bis 3 Thlr. 2 Gr. Frischeisen: Stabeisen und zwei- geschmolzenes Eisen „ „ 3 „ „ 3 „ 2 „ Modelleisen sehr verschieden „ „ 3 „ 10 Gr., 3 „ 18 „ „ „ 4 „ 10 „ 4 „ 21 „ Blech : Pfannen- u. Dünnblech „ „ 6 „ Eisenerz : Die Preise wechseln nach dem Brecherlohn, der von 28 Gr. bis 1 Thlr. pro Fuder schwankt, während der Fuhrlohn mit 16 Gr. konstant bleibt. 1679 sind die Eisensteine billiger: gewöhnlicher Stein kostet 24 Gr., Lesestein 1 Thlr. 8 Gr. pro Fuder. Bei dem Kohlenpreis ist hauptsächlich der Fuhrlohn von Einfluss, der von 8 Gr. bis 15 Gr. pro Karren schwankt; während der Köhlerlohn mit 14 Gr. für Meilerkohlen und 18 Gr. für Grubenkohlen konstant bleibt. Der Forstzins be- trägt meistens 2 Gr. pro Fuder. Der Preis der Meilerkohlen beträgt 22 Gr. bis 29 Gr. pro Fuder. Frischschlacken kosten 17 Gr. pro Fuder. 1686 aber wird das doppelte ge- rechnet, 10 Gr. für das Reinmachen und 24 Gr. für den Fuhrlohn. Thlr. Gr. Pf. 1 Karren Röstholz zu hauen und zu fahren — 9 — 1 „ Formsand — 15 — 1 „ Lehm 1 Gr. und 2 Gr. (mit Fuhrlohn) — 7 — 1 Pfd. Schmer (Vett) — 3 6 Unseldt und Oel das Pfd. — 3 — Leinwand 1 Elle — 2 — Mehl 1 Metzen — 4 — Hohlziegel pro Stück — — 4 Gewöhnliche Ziegel pro 100 Stück — 31 — Latten 1 Schock — 20 — Nägel 1 „ — 6 — Stroh 1 Bund — 1 — 2. Bau- und Reparaturkosten : Ein neuer Hochofenschacht 1684: 48 19 — „ „ „ 1689 (eingebaut) (s. Rechnung.) 104 16 9 1 neue Timpe (Tümpe = Tümpeleisen) 1½ Ctr. Eisen 1 Thlr. 18 Gr. und 4 Gr. Arbeitslohn; in Summa 1 22 — 1 neues Gestell — zu brechen 3 Thlr. — Gr. — Pf. Fuhrlohn 1 „ 24 „ — „ Das alte auszubrechen — „ 18 „ — „ Das neue einzusetzen 1 „ — „ — „ Dem Gehülfen 1 „ — „ — „ Für Lehm — „ 16 „ — „ Zusammen 7 Thlr. 22 Gr. — Pf. Der Harz im 17. Jahrhundert. Thlr. Gr. Pf. 1 neue Kupferform der Zerennhütte 11 Pfd. à 13 Gr. 4 — 6 1 neuer Hammerkasten, extra stark 10 25 6 1 Paar neue Bälge 1687 25 — — 1 Düse 1 18 — 1 neuer Schubkarren mit Beschlag — 24 — 3. Löhne beim Massenofen : Dem Massenbläser die Woche 1 6 — Dem Meisterknecht „ „ 1 13 — Den beiden Aufgebern je 1 10 — Dem Massenbläser selb vierte verordnete Hüttenzehrung (jedem 8 Gr.) pro Quartal — 32 — Dem Meisterknecht und bei den Aufgebern verordnete Liebnuss jedem 1 Thlr. 3 — — Dem Massenbläser Tagelohn in Steinbruch — 7 — Den Knechten Tagelohn in Steinbruch — 6 — Dem Massenbläser das alte Gestell auszubrechen — 18 — Dem Massenbläser das neue einzusetzen 1 — — 2 Gesellen dabei — 24 — Rostkosten: Einen Rost anzulegen — 20 — Den gerösteten Stein auszuhalten (auszuharken) pro Woche — 10 6 Ganseisen abzuwiegen pro Woche — 12 — Pucheisen, Unterlagen, Timpen zu formen pro Stück — 4 — Einen Herdboden zu formen pro Stück — 5 — Bei der Zerennhütte . 1 Waag Eisen zu blasen und zu schmieden — 3 10 von 1680 an — 3 3 1 Ctr. Zerenneisen zu machen — 10 1 1 Bund Radschienen zu machen — 1 — Kellen zu machen pro Stück — — 4 Döel und Schrötel zu machen pro Centner — 7 — Steine zu bocken pro Fuder — 3 — Beim Frischherd : Blech-Frischstücke, Frischeisen zu Kellen etc. pro Centner — 7 — Zweigeschmolzen Eisen, Stabeisen zu machen — 8 — Blech — 18 — Kellenblätter zu machen pro Stück — 1 — Tagelohn ein Mann — 6 — do. „ Junge — 5 — Dem Balgenmacher für Besichtigung der Bälge 1 18 — Dem Hüttenvogt der Massenhütte pro Woche — 20 (1 fl.) „ „ „ Oberhütte „ „ — 15 — „ „ „ Clusingshütte „ „ — 10 — „ „ „ Zerennhütte „ „ — 5 — Dagegen zahlte die Zerennhütte an Faktorbesoldung pro Woche — 20 — Der Hüttenvogt der Massenhütte erhielt während der Hüttenreisen von 1686 an für gute Aufsicht pro Woche 15 Gr. extra. Dienerbesoldung pro Quartal 88 7 — Dem Priester für das Gemeindegebet pro Quartal 1 — — Westfalen im 17. Jahrhundert. Thlr. Gr. Pf. Fuhrlöhne: 1 Fuder Erz vom Iberg — 16 — Röstholz pro Karren — 9 — Wageisen nach Zellerfeld pro Waag — 1 3 1697 wurden auf den Harzer Hütten zuerst eiserne Formen ein- geführt. Westfalen . Die Eisenindustrie Westfalens entwickelte sich auf der früher geschilderten Grundlage weiter. Die Drahtfabrikation der drei märkischen Städte Lüdenscheid, Altena und Iserlohn , die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ihr altes Bundesverhältnis vertragsmässig ordneten, nahm immer grösseren Umfang an und damit vermehrte sich zugleich die Zahl der Osmundhämmer. Besonders er- blühte das Gewerbe in Iserlohn durch Einführung der Kratzen- drahtfabrikation Vergl. Jacobi, Berg- und Hüttenwesen des Regierungsbezirks Arnsberg. . Hermann Schmöle gebührt das Verdienst, dieselbe von Aachen nach Iserlohn verpflanzt zu haben. Er war selbst ein Schmied und Drahtzieher und fuhr als solcher um 1615 einen Karren 3. oder 4. Schillingsdraht nach Aachen. Von da brachte er ausser Geld den Kratzendrahtzieher Johann Lindloh von Aachen mit den nötigen Werkzeugen von „Dörstlingen und Drahteisen“ mit in seine Heimat zurück. Dieser führte das Ziehen der feinen Draht- sorten ein. Man that dies anfangs mit der Hand; nach und nach wurden aber die „Winnen“ (Feinzüge) auf Wasserwerke gelegt Die Stahlordnung von 1678 erwähnt nicht die Wasserwinnen und Scheiben; der feine Kratzendraht wurde damals noch meistens auf Handwinnen gezogen. . Die Gewässer der Ihmert, Westig, Sundwig und Hemer, wo vorher gröberer Draht gezogen worden war, bedeckten sich mit Kratzendraht- rollen. Der Absatz stieg über Erwarten, besonders nachdem der 30 jährige Krieg beendet war. Ende des 17. Jahrhunderts zählte man 221 Wasserwinnen ohne die Handwinnen, auf denen 8000 Ctr. Draht gezogen wurde. Ein grosser Teil dieser Wasserwinnen befand sich ausserhalb der Stadt auf dem platten Land. Eine pestartige Seuche soll angeblich die Drahtzieher aus der Stadt vertrieben haben. Durch Verordnung vom 25. März 1622 erhielten die Hausleute ausser den Städten Iser- lohn und Altena das Recht zu bleiben, mussten aber in einer dieser Westfalen im 17. Jahrhundert. Städte Bürgerrecht erwerben. Seitdem standen Dahle und Ewingsen mit der Altenaischen, Ihmert, Westig, Sundwig und Hemer mit der Iserlohner Zunft in Verbindung. Altena und Iserlohn machten sich viel Konkurrenz. Iserlohn erhielt 1650 ein Privilegium für den Kratzendraht; obgleich Altena Einsprache dagegen erhob und es für erschlichen erklärte, kam doch die Iserlohner Kratzendrahtindustrie rasch zu grosser Blüte. Ähnliche Fabriken des Auslandes wurden bald überflügelt. Ein Iserlohner schreibt 1670: „Kein Ort unter der Sonne war zu finden, wohin nicht Iserlohnische Arbeit komme, weil Iserlohn den Kratzen- draht durch die ganze und vier Örter der Welt verschicket“. Kur- fürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg gab 1671 der Stadt Iser- lohn das ausschliessliche Recht Kratzendraht zu ziehen und be- stimmte erläuternd im Jahre 1685, nur solche Kratzendrahtzieher sollten auf dem Lande geduldet werden, welche dort schon zehn Jahre gearbeitet hätten. Hand in Hand mit der Fabrikation nahm der Handel einen grossen Aufschwung. Vordem waren die Draht- und Panzerwaren nicht weiter als nach Dortmund, Köln und Frank- furt a. M. gegangen. Dortmund namentlich hatte bis dahin den Handel mit märkischem Draht fast als ein Monopol besessen; nun nahm Iser- lohn, das von Jahr zu Jahr reicher wurde, selbst den Handel in die Hand. 1674 fanden die Iserlohner Reidemeister den Weg nach Holland. Die Erschliessung eines solchen Handelswegs wurde damals wie eine wichtige Entdeckung angesehen. Für Dortmund war dies ein grosser Schlag. Es sank nach dem Verlust des märkischen Drahthandels zu einer einfachen Provinzialstadt herab. Bald danach erschlossen sich die Iserlohner die Handelswege nach den Nordseehäfen und bereisten mit ihren Waren die grossen Messen. Anton Lecke wird als der erste Iserlohner Kaufmann ge- nannt, welcher um 1690 die Leipziger Messe besuchte. Vor Allem aber that sich das grosse Handelshaus Joh. Rumpe \& Co . hervor, welches den Drahthandel bis nach den entferntesten Gegenden Europas erweiterte und den ersten Grund des Iserlohner Handels nach Spanien und Portugal legte, indem es dorthin bereits eigene Reisenden sendete. Die wichtigsten Geschäftsverbindungen Iserlohns lassen sich auf diese Firma zurückführen. Von den Messen brachten die Kaufleute mancherlei Waren zurück, nicht nur für die eigene Heimat, sondern auch für die Mark, das Kölnische, Hessische, Nassau- ische u. s. w. Dadurch erwarben sich die Iserlohner Ansehen und Gewandtheit, wodurch sie sehr gegen die steifen Altenaer abstachen, Westfalen im 17. Jahrhundert. denen eine Reise nach Aachen damals fast wie ein Zug ins gelobte Land dünkte und welche die „hochmütigen“ Iserlohner, welche den ganzen Drahthandel beherrschten, scheel ansahen. — Aber auch in Altena blühte die Drahtindustrie im 17. Jahrhundert. Nicht nur be- zog Iserlohn viel grössere Mengen der mittleren Drahtsorten von dort, sondern es war auch ein neuer Industriezweig in Altena ent- standen, durch die Einführung der Stahldrahtbereitung . Dies geschah um das Jahr 1600 durch Johann Gerdes. Caspar Rumpe besingt dies in seiner Reimchronik mit folgenden Versen: „Die Alten habens nicht beschrieben, Wann Gott das (Draht-) Handwerk hat betrieben, Doch hat mans noch in Büchern klar, Dass mans gehabt einige hundert Jahr. Es ist beinah wohl hundert Jahr, Dar noch kein Stahl gezogen war, Jetzt ist es ein Handel durch Gottes Segen, Daran ist Altena viel gelegen. Ein Bürger so Johann Gerdes genanndt Der fing es an durch seinen Verstand, Er gebrauchte darzu Mittel und Rath, Dass Stahl in Draht gezogen ward. Die besten Nadeln so je erdacht, Die werden von dem Stahl gemacht, Man braucht ihn auf dem Instrument, Er kömpft auch sonst in viele Händt. Den Fischers ist er auch bekannt, Die ziehn die Fische damit zu Land. Er wird recht nach der Probe gemacht, Dass man davon hört keine Klagt.“ Caspar Rumpe , der Verfasser der Altenaer Reimchronik, in welcher das Drahthandwerk ausführlich geschildert wird, war selbst ein Reidemeister und Bürger von Altena. Er war geboren 1616, starb 1699 und schrieb sein Gedicht im 80. Lebensjahr. Wie aus den angeführten Versen hervorgeht, hatte die Herstellung des Stahl- drahts die Fabrikation von Nähnadeln und Fischangeln zur Folge. Die Nadelfabrikation wurde 1625 in Altena eingeführt, kam aber nicht zu besonderer Blüte. Ebenso schlossen sich an die Iserlohner Industrie verschiedene Kleineisengewerbe, deren Waren ebenfalls als Panzerwaren bezeichnet werden, weil sie von den Mitgliedern der Panzerschmiedegilde angefertigt wurden. Es waren dies besonders die eisernen Schnallen und Spangen, deren Fabrikation um 1690 von Westfalen im 17. Jahrhundert. Bernd von der Becke eingeführt wurde. Derselbe erbaute auch 1696 zu Sundwig die erste Fingerhutsmühle, wo zunächst nur eiserne Fingerhüte aus Blech gemacht wurden. Die Fingerhutfabrikation mit Handbetrieb war schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts durch einen Iserlohner Kaufmann Löbbecke mit Hülfe des Fabrikanten Conrad von der Becke aus Holland eingeführt worden. Die Fabri- kation der stählernen Schnallen wurde von einem gewissen Lohmann eingeführt, der sie den Engländern abgesehen haben soll. Der Ueber- lieferung nach entging er der Verfolgung derselben nur dadurch, dass er sich in einer Tonne verbarg und als Frachtstück den Kanal passierte. Die Drahtzieherzunft blieb ungeschlossen bis 1619, in welchem Jahre man vereinbarte, dass nur Bürger und Bürgerskinder aus den betreffenden Städten zum Drahthandwerk zugelassen werden sollten. Aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen die ersten ausführlichen Ordnungen für die Osmundschmieden und das Draht- gewerbe. Als nämlich anfangs der sechziger Jahre der Osmundhandel zu Altena, Plettenberg und Nienrade in Abnahme kam, hatten die Reidemeister zur Wiederherstellung desselben am 23. Februar 1662 zwar unter sich ein Reglement aufgerichtet, weil aber dasselbe schlecht beachtet wurde und deswegen der Handel fast ganz verfiel, haben die Interessenten im Jahre 1686 auf Befehl des Landesherrn sich zu- sammengethan, und die Drahtordnung erneuert. Wir teilen in Folgen- dem den Wortlaut der Altenaer Ordnung von 1662 nach v. Steinen, Westfälische Geschichte III, 3, mit: Freyheit Altena Draith-Ordnung . Ordenynge und Maneer den Drait to kloven un to besichtigen. Erstlich. Hefft die Ersame der Freyheytt Altena den tween ver- ordenten von den Smeden eynen Kloven gegeven, den soellen sie eyn Jair lanck hebn, und die Wecken, so vaken sey selvest luesten, van Husen to Husen gain und den gesmeden Drait kloven und besychtigen. Befynden sie dan den Drait oprechtig gesmedet, ist gudt, is hey aver nicht recht ge- smedet, alsdan soellen sie to dem genen sprecken, dair sie denselvigen Drait fynden, dat bey den den Smydt dair by late kohmen, dey ehn ge- smedet hefft, und seggen ehme, dey Klovenmeystere off Besichtiger hebn den Drait van ungewehrde gewyst, dat bey selvest ehn oick besey, ob dat hey sich hiernegst voer synen schaden wette to hoeden. Wehret aver, dat dey gene dair by soelck Drait befunden, den Smydt nycht dair to komen leyte, sall hey als den selvest die Broecke dairvan gelden, und die Smydt nycht. Und die Broecke soellen halff der Fryheit Westfalen im 17. Jahrhundert. und halff den Besychtigern erfallen syn. Und op watsteden die Knecht pendet, sall die genne, so gepandt werdt, vehr pennynge geven tho Pant- gelde. Item hierbeneven is verordent, dat eyn yder Reydemester synem Smede to yderm Stücke Draitz 14½ punt Yserns levern sall, dairvan sall die Smydt 12 punt guden gesmeden Draitz weder leveren. So aver die Smydt die 12 punt dair uth nycht maicken noch leveren konnde, sall ehm die Mester so vyll Yserns dair op langen, dat hey dey 12 punt dair uth gesmeden und geleveren koenne. Und blyvet dem smede wess oper, sall hey weder geven, dairvan mach hey to loine nehmen, wat hey krygen kan, des sall bey tangen und beitell vann dess Mesters ysern stainde halden. Wehrenn aver van den Mestern und Knechten, die sich tosamen verbunden, als nementlick, wannehr die Knecht 15 punt yserns entfenge, und leverde vick 12 punt gesmedet, und woelde doch was ehme verveverde selvest be- halden; ader so die Mester dem Knechte, so ehm an den 15 punden ge- breecke, nycht dair op geven woelde, und die Knecht woelde dannoch 12 punt gesmedett leveren, sall eyn yder, so Mester so Knecht, derdehalven schyllinck gebrocken heben. Item, eyn yder Smydt sall by synem Eede verpflychtet syn, synen Mester syn yseren so profytelick und woll to smeden, gelyck als wan hey syn eygen ysern smedede, und wess hey an den 15 punden yserns ver- oevert, sall hey vick by syneme Ede synem Mester weder ynbrengen. Wehr aver ymands, die anders befunden woerde, sall voer eynen Unman gehalden werden. Dair op hebn die Smede, nu tor tyt syndt Hanttastynge gedain, und die gennen hiernegst Mester Smede werden, soellen oick tor Hanttastynge veplychtet synn. Oick soellen die twee verordenten van den Bancktoegern, eyn yair lanck eynen klovenn hebn, und alle wecken, so vaken sie lüestet van Husen to Husen gain, unnd den Slepedrait kloven und besychtigen. Wann- ehr dan die Drait recht getogen, ist gudt, so hey aver nicht recht getogen is, soellen sie to dem gennen sprecken dair by sie den ungeschyckeden Drait fynden, dat hey den toeger, dey soelcken Drait getogen hefft, dairby kohmen late, und seggem ehme, die Klovemester off besychtigere, hebnn den Drait van ungewehrde gewyst, dat hey selvest ehn oick beseyhe, damyt hey sick hiernamails voer synem schaden to hoeden wette. Wehret aber, dat die genne by welckem soelcke Drait befunden, dairynne versuemelich woerde, und den Toeger nycht dairby khomen leyte alssdan sall hey selvest die Broecke derhalven geven, und die Toeger nycht. Und die broecke soellen halff der Freyheit, und halff den Besychtigern erfallen synn, und die genne, so gepant werdt sall dem Knecht vehr pennynge geven to pandt- gelde. Item. Oick sall eyn yder Bancktoeger by synem Ede verplychtet syn synem Mester synen Drait so profytelick und woll tho theyn, gelyck als wehre edt syn eygen Gudt. Wehret aver, dat eyn Bancktoeger etlicke Middeldroemme, off anders wess, in den Drait off Mutten stecke, welck man woll theyn und to ghude maicken koinde, und die Besychtiger dairby qwehmen, sall die genne so soelcks gedain hefft, derdehalven Schyllinck Westfalen im 17. Jahrhundert. gebrocken hebn, und dannoch gelycke woll soelcke Myddeldroemme off anders, dat ungeschickt is, to ghude maicken. Dair op hebn die Banck- toegere oick Hanttastynge gedain, wie von den Smeden obgeschreven steytt. Item. Wan oick eynich Bancktoeger vann synem Mester, off ymandt anders, eyigen gesmededen Drait entfange wairan ehn myssduechte nycht recht gesmedett wehre, sall hey bey denselvigen Drait allso gesmedet, den twee verordenten der Smede vorbrengen, den to besychtigen; Ist hey dan oprechtigt und in den Kloven gesmedet, ist gudt, so aver nycht, alsdan soellen die gemelten twee verordenten soelcks den Boergermestern andragen, und toe kennen geven, myt begherten, dat die genne, so denselvigen Drait gesmedet hefft, doerch der Fryheyt Knecht gepandt moege werden. Die Broecke sall syn derdehalff schyllinck, halff der Fryheyt und halff den Be- sychtigernn. Dessall dannoch die genne so gepant werdt deme knechte wehr pennynge geven tho pandtgelde. Item. Off oick yemandt ysern dat nycht gudt en wehre, umb des lychtern pennyngswyllen, kopen wolde, und dey Bancktoeger derhalven den Drait van soelkem ysern gesmedet nycht yn den Kloven getheyn koende, sall ebn die Mester ynsunderheit dair to wylligen, und so wyll dair voer doin, dat hey ehn in denn Kloven getheyn koenne. Item, off eyn Bancktoeger eynigen gesmeden Drait entfange, dey so loese wehre und so vyll Myddeldroemme dair uth fellen, dat die Bancktoeger to dem rechten gewychte nycht kohmen koende, alsdan sall die Mester ver- plychtet syn, ehm andern gesmeden Drait dair voer to leveren, dairmyt hey opt gewychte kohmen moege. Item. Na datum hier undergeschreven Das Datum stehet am Ende nicht, dass aber diese Ordnung im 15. oder 16. Jahrhundert gemacht worden, zeiget die Mundart. sall geyn Reydemester die syn eygene Füer und smede hefft, van buthen heryn eynigen gesmeden Drait koipen, oder koipen laten. Doch wehre eyn arme Schemelman dey geyn eygen Füer noch knechte hefft, dem sall man soelcks verginnen, doch by also, dat dieselvige Drait so kleyne gesmedet sy, als man hier smedet. Wehr aber soelck uthwendigh Draith groever gesmedet den man hier smedet, sall die genne, so den ge- kofft hefft, van yderm Stücke der Fryheyt 15 pennynge und den Be- sychtigern oick 15 pennynge gebrocken hebnn. Item, off oick eynich Banck- toeger einen Oeverpennynk nehme, und toege soelken uthwendigen Drait, dey nycht in den kloven gesmedet en wehre, sall dergelycken der Fryheyt van yderm Stücke myt 15 pennyngen und den Besychtigern van den Banck- toegern mit 15 pennyngen erfallen synn. Item. Edt soellen oick die twee verordenten van den Kleyntoegern eynen kloven hebn eyn Yair lanck, und wannehr sey kohmen dair sie kleynen Drait fynden, die reyde gemaicket is, denselven soellen sey wegen und kloven, is dan die Drait oprechtich, ist gudt, wan soelcks nycht, soellen sey to dem gennen sprecken dairby sey soelken Drait fynden, dat hey den Kleyntoeger die den getogen hefft, dairbykohmen late und segge ehm, die Klovemester off Besychtigers, habn den Drait van unwehrde gewyst, und Westfalen im 17. Jahrhundert. dat hey selvest ehn oick besey, damyt hey sick hiernegst voer syneme schaden wette to hoeden. Wehrt aver, dat die genne den Kleintoeger nycht dairby kohmen leyte, sall hey die Broecken dairvan gelden, und die Klein- toeger nycht. Und die Broecken soellen halff der Fryheyt, und halff den Besychtigern erfallen syn. Und diegenne so gepant werdt, sall dem knechte vehr pennynge geven to pandtgelde. Item. Oick sall eyn yder Kleyntoeger, by synen Eede verpflychtet syn, synem Mester synen Drait so profytelick und woll tho theyne, gelyck off edt syn eygen gudt wehre. So aver saicke wehre, dat eynich Kleyn- toeger synem Mester etlicken Draitt ynbrechte die nycht yn den kloven getogen wehre, demselvigen Draide soellen die Besychtiger einen Bande entwee brecken dan sall die genne, so den Drait getogen hefft, derdehalven schyllinck, in maten wie vorgemelt gebrocken hebn, und sall dannoch den- selven Drait weder nehmen und in den kloven theyn. Hierop hebn die Kleyntoegere oick Hanttastinge gedain, als van den Smeden und Banck- toegeren obgevoirt ist. Item. Off eyn Kleyntoeger oick van synem Mester, ader van eym andern, eynigen Slepedrait entfange, dairan ehm myssduechte, nycht op- rechtigt getogen wehre, sall bey denselvigen Drait also getogen, den tween verordenten van den Bancktoegern voerbrengen, to besychtigen ist hey dan recht getogen, is edt gudt, so des aver nycht, alsdann soellen die twee ver- ordenten vorgemeldt, soelckes den Boergermestern toekenen geven, und be- gehren der Fryheyt knecht, doerch welkern die genne sodann Drait ge- togen hefft, gepant moege werden. Die Broecke aver, soll syn derdehalff Schyllinck halff der Fryheyt, und halff den Besychtigern, und edt sall die gepannte dannoch deme knechte vehr pennynge geven tho pandtgelde. Item. Nyemandt sall eynigerley Drade Dyckern Bant gewen dan als die Drait yn syck selvest Dycke is. Item. Off eyn Bancktoeger ader Kleyntoeger van synem Mester, off van eym anderen, eynigen Drait entfange, dairvan hey geynen kloven Drait getheyn koende; sall hey dairvan maicken off theyn moegen wat hey kann. Und edt sall eyn yder Reydemester verplychtet syn, dey syne eyene knechte hefft, van denselvigen wess sey in soelckem valle van synem ghude gemaicken koennen, wyllichlick to entfangen. So aver die Mester sick des weygerde, dairvan alsdan klaghe qwehme, und die knecht soelckes bewysen koende, sall die Mester derdehalven Schyllinck gebrocken hebn, und dannoch denselven Drait entfangen. Item. Off die sess verordeten eynigem Drait befünden, dairan eynem stücke eyn ümbganck, eyn veerdeill pundtz ader eyn halff pundt unge- fehrlich erfunden woerde, welck nycht yn den kloven genge, edt wehre groff oder kleyndrait, yn deme dannoch soelck Drait yn den negsten kloven ruemlich genge, van dem ersten tom lesten, sall die knecht derhalven un- gefahrt syn und blyvenn. Item, dess soellen diese Sess verordenten, alle vullenkohmene Macht hebn, allerleye Drait to besychtigen und to wegen, ehr dat man ehn hyn- wech foert ader tregt, foeren ader dregen leth, und wan sie eynigen Draitt anders befynden, dan verordent is, so mannich Stücke des also befunden Westfalen im 17. Jahrhundert. werdt, so mannichmaill sall die genne, des die Drait is, derdehalven Schyllinck gebrocken hebn halff der Fryheyt und halff den Besychtigern und des soellen dannoch die Besychtigere van yderm Punt swairs drey pennynge to loine hebn, und van eynem halven pundt swairs sess veerynge, wat aver under eym halven pundt swairs is, sall man nycht van geven, und datselve loin, sall die genne des die Drait is uthgeven. Item. Off oick eynich Draith van buthen heryn gekofft woerde, edt wehre gesmedet ader getogen Drait, denselven gesmeden Drait, soellen die twee van den smeden verordent besychtigen, die twee van den Banck- toegern den Slepedraitt und Rynckendrait, und die twee van den Klein- toegern verordent, den kleynen Drait. Wannehr sie dan eynigen uth- wendigen Drait fynden, die anders gesmedet ader getogen is, dan man hier smedet, ader thuet, und nycht yn den kloven geyt, soellen sie den Boerger- mestern datselve anseggen, und begehrenn der Freyheit knecht, dat die genne, so denselvigen Drait gekofft hefft, gepant werde. Die Broecke aver, is derdehalff Schyllinck. Dairto sall noch die genne so gepant werdt, dem Knechte vehr pennynge geven to Pandtgelde. Oick soellen diese vyll- gemelten sess verordenten, by ehren Eeden verplychtet synn, wannehr sie yemandtz vernehmen, dey eynigen Drait ungeklovet und unbesychtiget uth der Fryheit Altena foerde ader droege, foeren ader dragen leythe, dat- selvige Boergermester- und Raide an to bringen, dat unsr Gnedige L. Here und die Fryheit ehrer Broecken nycht verlueslick en werden. Item. Off yemandt eynigen Drait hynwech foerde ader droege, foeren ader dragen leyte, hey en wörde dan ersten van eynem uth den sess, ver- ordenten besychtiget, sall der Fryheit myt eyner Marck erfallen syn. Doch so mannich Stüecke Draitz also hynnwech gefoirt ader getragen werdt, umbesychtiget, so mannige Mark sall die geven, soelks dede, oder doin leyte, gebrocken hebn, halff unsem Gnedigen L. Heren, und halff der Fryheit. Item. Wannehr eynich Boerger yrgenswair eynigen uthwendigen Drait koeffte, denselvigen sall hey hier binnen Altena brengen und na obgenannter Ordenyngen besychtigen laten; Woerde aver yemandt befunden, dy dair entegen Dede, sall gebrocken hebn van yderm pundt swairs twee Marck, eyne unsem Gnedigen L. Heren, und eyne der Fryheit. Item. Wannehr oick eynich Draitt hier ynwendisch gesmedet ader getogen befunden woerde, die nicht oprechtigt gesmedet ader getogen wehre, sall dieselve so soelcken Drait gesmedet ader getogen hefft, ess wehre dan eyn stüecke, twee, drey ader vehr, dannoch nycht mehr gebrocken hebn, dann derdehalven Schyllinck. Item. Off oick eynich Reydemester synenn knecht twyngen woelde, dat hey van Slepedrade kleynen Drait, kleyner und better theyn soelde, dan hey koende, sall die Knecht dairto nycht verbunden syn. Doch watterleye Drait hey dairvan getheyn kan, sall hey dannoch allet in den kloven theyn. Oick sall geyn Mester die syn eygen füer hefft, eynigen Drait laten umsmeden. Wey aber anders befunden werdt, sall, so Mester so knecht, derdehalven schyllinck gebrocken hebnn. Item, Oick sall eyn Reydemester, dey Dreyschyllings Drait und vehr schyllings Drait getogen wyll hebn, verplychtet syn, den Knechten 12 punt Westfalen im 17. Jahrhundert. myn eyn vehrteil to levern, dessall ehm dey knecht an ghudem reynen Drade II pundt wederumb leverenn. Item. Wehret oick saicke, dat sych dey nehrynge myt dem Drade, na verlope der tyt vermehrde, ader vermynnerde, sall man sick oick na ge- legenheit mit dem Loin geboerlick na halden und schycken. Item. Off der Fryheit knecht yemandt uth befelhe der Borgermester penden soelde, und dieselve schueldige alsdan pande wehrde, soelcks sall man deme Drosten in stadt unsers gnedigen L. Heren toekennen geven, denselvigen umb die Gewalt to straiffenn. Item. Off yemandt eynigen Drait van eynem uth den sess verordenten besychtigen leyte, und dieselve Besychtiger soelcken Drait unfrohm wysede, und die genne des die Drait is, alsden na eynem andern Besychtiger genge, und leyte denselvigenn Drait doerch den andersmails besychtigen, des Hoppens, die beste Besychtiger soelle soelcken Drait frohm wysen; Wey also befunden woerde, sall der Fryheit vehr schyllinge gebrocken hebnn. Item. Na diesem, sall nyemandt buten Altena eynigen Drait smeden ader theyn laten, wey dair entegen befunden woerde, sall der Fryheit van yderm stüecke, buthen der Fryheit gesmedet, ader getogen, derdehalven schyllinck gebrocken hebnn v. Steinen bemerkt dazu: Ich habe davon ein sauber geschriebenes Original in 4°. Darauf stehet: „Diess Boch ist von Hinderich Berndt Buden her- kommen 1662.“ . In einem mit der Stadt Lüdenscheid 1686 wegen der Draht- sorten abgeschlossenen Vergleich werden „Zwölf Rippen“ als feinste Sorte aufgeführt, während im folgenden Jahrhundert noch vier feinere Sorten dazu kamen. Die Drahtmühlen, d. h. die Ziehbänke mit Wasserbetrieb, hatten im 17. Jahrhundert in der Mark bereits allgemein Eingang gefunden. Es ist deshalb nicht recht verständlich, wie in manchen Büchern Jacob Momma und Daniel Demetrius im Jahre 1649 als Er- finder derselben angegeben werden. Es wird diese Nachricht wohl einen ähnlichen Grund haben, wie die englische, dass die Draht- mühlen 1663 von einem Holländer erfunden worden seien Siehe Anderson , a. a. O., V., 484. , weil ein Holländer damals einen verbesserten Drahtzug in England einführte. Auch den Drahtziehern war, wie sich aus der Ordnung ergiebt, streng verboten, ihre Kunst ausser Land zu tragen. An Verführung dazu fehlte es nicht; so hatten die Waldecker 1681 einen gewissen Johann Rademacher von Iserlohn durch Versprechungen gewonnen, zu ihnen zu kommen. Es gelang ihm, heimlich aus der Stadt zu entweichen. Aber die Unthat wurde rasch ruchbar, der Magistrat liess ihn verfolgen, bei Meschede wurde er ergriffen und „bono modo“, wie der Bericht sagt, zurückgeführt. Ein grosser Missstand war es, dass der Kaufmann fast Westfalen im 17. Jahrhundert. den ganzen Nutzen des Drahthandels hatte und den Fabrikanten, der von ihm abhängig war, drückte. Um dem zu steuern, schlug 1662 der Kanzler Diest vor, die Fabrikanten sollten nur mit einigen Gross- händlern kontrahieren. Da diese aber zur Bedingung machten, dass sie nicht eher zu beziehen brauchten, bis ihr Vorrat verkauft sei, wurde das Übel noch schlimmer. Die Altenaer nahmen nun den Handel selbst in die Hand und ver- kauften nach Köln und Wesel, aber die Iserlohner unterboten und so sank der Drahtpreis 1686 um 20 Prozent. Das Stück Zwölfer-Rippen, das bis dahin 40 Thlr. gekostet, wurde mit 32 Thlr. verkauft. Der Magistrat legte sich ins Mittel und bewog die Reidmeister, drei Monate keinen Draht auszuführen. Zugleich lieh man ein Kapital, von welchem man denjenigen Reidemeistern, welche den Verlag so lange nicht aus- halten konnten, den Draht zu einem festgesetzten mittleren Preis, nämlich das Stück „Zwölf Rippen“ zu 36 Thaler, bezahlte. Ferner wurde beschlossen, dass, wenn Iserlöhner oder solche, die mit ihren eigenen Pferden den Draht verschicken, nach Altena kommen würden, dort zu kaufen, diese das Stück einen Stüber teurer bezahlen sollten, als jeder andere Auswärtige. Auch wurde die Arbeitszeit täglich auf 9 Stunden nämlich von 8 Uhr morgens bis 5 Uhr nachmittags, eingeschränkt. Dieses hatte den Erfolg, dass, ehe noch 2000 Reichsthaler von dem aufgenommenen Kapital an die Reidemeister ausbezahlt waren, der Draht wieder auf seinen vorigen Preis stieg. Der grösste Teil des Osmunds wurde in und um Lüdenscheid zum Drahtziehen vorgeschmiedet und nach Altena gebracht. Ein Zufall veranlasste, dass dieser Gewerbszweig für Lüdenscheid verloren ging und die Altenaischen Fabrikanten den Osmund selbst schmiedeten. Im Jahre 1682 behauptete nämlich die Stadt Lüdenscheid ein aus- schliessliches Recht auf den Zug der gröberen Drahtsorten zu be- sitzen und erwirkte einen Regierungsbefehl, wodurch deren Ver- fertigung der Stadt Altena verboten wurde. Altena hielt sich dadurch schadlos, dass es keinen geschmiedeten Draht mehr kaufte, sondern das Eisen selbst verschmiedete. Dies war ein grosser Ausfall für Lüdenscheid und zwang es, 1686 einen förmlichen Vertrag mit Altena über die Drahtsorten zu schliessen. Schon im 16. Jahrhundert hatte sich die Osmundfabrik auch im nördlichen Teile des Altenaischen Kreises stark ausgebreitet Vergl. Magazin für Westfalen, S. 29. . Die Westfalen im 17. Jahrhundert. Stadt Altena beschwerte sich damals, dass wegen der Menge der in ihrer Nachbarschaft gebauten Osmundschmieden alles Holz verkohlt würde und Herzog Wilhelm von Cleve verbot durch eine Verordnung vom 2. November 1559 den ferneren Anbau derselben. 1608 wurde der Schmiedelohn von einem Altenaischen Karrn von 1352 Pfund Osmund für den Schmied auf 2 Thlr. 30 Stüber und für den Hammer- zieher oder Knecht auf 4 Kopfstücke festgesetzt, wobei es bis zum Jahre 1768 geblieben ist. Um die nämliche Zeit, zu Anfang des 17. Jahrhunderts, scheint auch ein fester Preis für die Holzkohlen be- stimmt worden zu sein. Die erste Vereinbarung der Osmundfabrik ist vom 23. Februar 1662 und enthält folgende Punkte: 1. Wird wegen der Überhäufung, gleich in den benachbarten Ländern ein Stillstand vom 1. April bis zum halben Mai und vom 1. August bis zum halben September beschlossen und festgesetzt, dass während dieser Stillstände auch kein Osmund aus dem Köllnischen (Sauerland) und Neustädtischen eingeführt werden solle. 2. Wird der damals gestiegene Schmiedelohn wieder auf den in der Verordnung von 1608 bestimmten Satz herabgesetzt. 3. Wird der Holzkohlenpreis um einen Blaumüser oder 7½ Stüber vermindert und der Preis des Fuders auf den Hammer geliefert in den Kirchspielen Lüdenscheid, Halver, Herschede, Hülschede und Wiblingwird zu sieben doppelten Blaumüsern oder 1 Thlr. 45 Stüber bestimmt, ein Preis, den die Kohlen bis zu Ende des siebenjährigen Krieges behalten haben. Der Eisenverlust beim Osmundschmieden war damals noch sehr hoch, er betrug 232 Pfund auf die Karre von 1352 Pfund. Man schmiedete den Osmund zu kleinen Stäben mit rohem Ende aus. Das kölnische Sauerland lieferte einen Teil des Rohmaterials der Drahtfabrikation durch seine Osmundschmieden, die aber ihre eigent- liche Heimat in der Mark hatten. Am 2. April 1682 richteten die sämtlichen Osmundschmiede einen Vergleich auf, wodurch dem Gewerbe eine Ordnung gegeben wurde. Vergleich der Interessenten, zur Wiederherstellung des in Abnahme gekommenen Osemund-Handels . I. Dass weil der Handel in gering bemittelter Leute Hände gefallen, welche aus Mangel des Verlags den Osemund zur Gewinnung des Um- schlags unter Kauf gegeben und bloshin mit dem Gewinn ihres Fuhr- und andern Arbeitlohns zufrieden gewesen, wodurch der Markt in und ausser Landes verdorben, also ist gut gefunden: Westfalen im 17. Jahrhundert. a) Dass kein Reidemeister die Karre Osemund unter 33 Rthlr. zu Altena, und 32 Rthlr. zu Lüdenscheid, verkauffen, vertauschen, oder durch einige Zugabe in Waar oder Gewichte diesen Preiss ersetzen, weniger per directum vel indirectum verringern solle, widrigenfalls er seiner Waaren, halb zu des Landesherrn, halb zu der Interessenten Disposition, verlustig, und auf ein Jahr des Schmidens entsetzet seyn solle. b) Dass keinem Fuhrmann, der nicht selbst einen Hammer hat, ver- stattet seyn solle, Reidung zu thun oder Schmiden zu pachten, und dabey seyn Fuhrwerk zugleich zu gebrauchen, gleichfals bey voriger Straffe, und dass der Erbherr, so in Verpachtung seines Werks handeln würde, gleich- fals auf ein Jahr seiner Reidung beraubt seyn solle. c) Dass keinem Drath Reidemeister, vielweniger dessen Schmieden oder Zögern, welche keine eigene Werke haben, dieselbe unter voriger Ver- warnung, verpachtet werden sollen. II. Weil durch Ueberhäufung der Waaren der Handel sehr zu Grunde gangen, so ist zwar in dem Reglement vom Jahr 1662 den 23. Februarius eine Frist zum Stillstand bedungen, es sol aber solche Frist, nach Befinden der Zeit und Gelegenheit, von der Obrigkeit und meist Interessirten erst regulirt werden; Auch sol ausser denjenigen Hämmern, welche jetzo zu Osemund angeleget, nicht gestattet werden, dass fortan jemand einige Stab- eisenwerke zu Osemund Schmieden zu andern verlegen, sondern, da sich jemand dessen unterfangen würde, den Osemund Interessenten erlaubet seyn, solche Neuerung abzuschaffen, auch die Osemund Schmiede, so darauf zu schmieden sich gelüsten lassen würden, ein Jahr ihres Handwerks ver- lustig machen. Auch sollen alle Osemund Schmiede, so sich angeben, dis Handwerk zu lernen, sich eidlich verbinden, nicht ausser Landes dis Hand- werk zu treiben, oder Auswärtigen zu lehren. III. Weil auch der Unterscheid des schlechten rauhen Eisens, den Preis des Eisens und Osemundes von gutem Grunde, in Abgang bracht, als bleibt zwar einem jeden frey, Sigisch oder schlecht Eisen, zu Ver- fertigung des groben Stangen- und Kesseldraths zu kauffen und zu ver- schmieden. Es sol aber der Reidemeister bey Verlust seiner Waaren und Reidung, gehalten seyn, nicht geringer denn von 31 Rthlr. zu Altena, und zu Lüdenscheid 30 Rthlr. zu verkauffen, und keinen Osemund von gutem Grunde D. h. aus Sayn-Altenkirchener Eisen. , unter Vorgeben, als sey er von schlechten Grunde geschmiedet, in diesem Preiss, bei gleicher Verwarnung, überlassen. IV. Sol niemand auf eine Karre Osemund mehr denn 5000, jedes Hundert nach von Altersgebräuchlichem Gewichte auf 26½ Pfund so nach advenant auf eine Karre liefern, sondern auf Betretungsfall, des gelieferten verlustig werden u. f. Dieser Kontrakt ist von den Interessenten unterschrieben und den 26. August 1686 vom Landesherrn bestätiget und darauf ferner von den Interessenten hinzugethan, dass keiner zur Reidung zugelassen werden solle, welcher sich nicht eidlich zu diesem Kontrakt verpflichtet. Beck , Geschichte des Eisens. 75 Westfalen im 17. Jahrhundert. Form des Eides der Osemund Reidemeister . Ich N. schwöre zu GOtt einen leiblichen Eid, dass ich den Osemund nicht unter den gesetzten Preiss, biszu näherer Vereinbahrung, als die Karre Bergisch Osemund, zu Altena nicht unter 31 Rthlr. und in Lüdenscheid 30 Rthlr. auch in dem gesetzten Gewicht in Lüdenscheid, als 27 Pfund auf jedes Hundert und 5000 auf eine Karre verkauffen, und sonst dem Ver- gleich vom 2. April 1682, in allen übrigen ohnveränderten Punkten und Clauseln, wie auch dem heut aufgerichteten Recess auch bis zu anderwärter Vereinbarung gebührend nachleben, darauf steif und fest halten, und der darinn verleibter Straff mich unterwerffen wil. So wahr mir GOtt hilft und sein heilig Evangelium. Nachdem man in Altena und Iserlohn mit der Herstellung von Stahldraht begonnen hatte, nahm auch die Stahlfrischerei einen grösseren Umfang an. Im Sauerland machte man meist Stahl und Eisen auf denselben Hämmern. Zur Eisendarstellung bediente man sich der deutschen Aufbrechschmiede oder Zweimalschmelzerei, zur Stahldarstellung der märkischen Stahlschmiede. Die Stahlfabrikation war im Sauerland nicht sehr alt, sondern wurde erst im letzten Viertel des 17. Jahr- hunderts von Ibach und Clemens Bertram aus dem Bergischen in das Land gebracht. Ebenso wurden Stahlreck- oder Raffinierhämmer erst um diese Zeit eingeführt. Aus dem „Bördenstahl“ wurde der Stahl- draht gemacht. In der Herrschaft Sayn-Altenkirchen war zu Anfang des 17. Jahrhunderts der Rennwerksbetrieb noch im Gebrauch. Der Hoch- ofenbetrieb hatte aber bereits die Herrschaft erlangt. Um der fort- schreitenden Entwaldung Einhalt zu thun, wurde in der Hütten- ordnung von 1603 (publiziert Oktober 1605) bestimmt: „es sollen nunmehr keine Blas- und Hammerhütten von Neuem erbaut werden, es sei denn, dass der eine niedergerissen und an ein ander Statt oder Ort gesetzt werde.“ „Keine Blashütte soll länger als das Jahr acht Wochen, jede Woche 6 Tag vor eine Wochen gerechnet, sind 48 Tag und Nächte gangbar sein, und soviel Tag die Hütten über Zeit im Gang gelassen werden, soviel Zehn Gulden sollen sie verwûrkt haben Siehe Cramer , Beschreibung des Berg-, Hütten- und Hammerwesens in den Nassau-Usingenschen Landen. Beilage II. .“ „It., die Hammerschmiede sollen zwölf Wochen im Jahr zu zweyen Zeiten müssige Zeit haben von Christtag an bis auf Maria Lichtmess und von St. Jacobi an bis auf Maria Geburt.“ Auch in den grösseren Rennhütten (Blauöfen) wurde auch „Gosseisen“ gemacht. Westfalen im 17. Jahrhundert. Ein solcher Rennofen lieferte in 24 Stunden aus 4 Wagen zu 40 Ctr. Eisenstein und 4 Wagen zu 176⅔ Kubikfuss Holzkohlen 1 Wagen = 16 Stallen = 2560 Pfund Gosseisen. Ein Schachtofen (Hochofen) dagegen aus 5 bis 6 Wagen Eisenstein und 3¾ Wagen Holzkohlen in 24 Gichten aufgegeben 40 bis 60 Stallen = 6000 bis 7000 Pfund Gosseisen. Die Öfen für Rohstahl (Spiegeleisen) lieferten 4000 bis 5000 Pfund Siehe A. Ribbentrop , die Beschreibung des Bergreviers Daaden-Kirchen. Bonn 1882. . Von grosser Bedeutung waren die Platten-, Breit- oder Blech- hämmer im alten Amte Olpe (aus den jetzigen Ämtern Olpe, Wenden und Drolshagen bestehend). Die 15 privilegierten Plattenhämmer bildeten eine Zunft, das sogenannte Schmiedeamt , welches den Lehrlingen die eidliche Verpflichtung abnahm, ihr Gewerbe nicht ausserhalb des Landes zu tragen. Die Zunftartikel der Breitwerks- schmiede waren am 25. April 1672 landesherrlich bestätigt Siehe Jacobi , Regierungsbezirk Arnsberg, S. 344. . In der That war damals die Blechfabrikation Westfalens fast nur auf das Amt Olpe beschränkt. Mit dieser Fabrikation war die Blechwaren- fabrikation, namentlich die Herstellung von Ofenröhren (Piepen) und Pfannen verbunden. Eine grosse Bedeutung erlangte in diesem Jahrhundert der Be- trieb der Reckhämmer , sowohl in der Mark als im Bergischen. Wie man bei dem Drahtziehen die Menschenkraft durch die Wasserkraft ersetzt hatte, so suchte man dies auch bei dem Schmieden zu thun, zunächst für die vorbereitende Formgebung in dem Ausschmieden der Luppen in Luppenstäbe; sodann für das Ausrecken des Luppen- eisens in Stäbe von verschiedenen Querschnitten und Längen. Diese Reckhämmer waren meist zugleich Gärb- und Raffinierhämmer. Ent- weder wurde durch die Reckhämmer nur Schmiedeeisen gegärbt und gereckt, oder es wurde Schmiedeeisen mit Stahl zusammenge- schweisst und ausgeschmiedet, oder es wurde nur Stahl in Packeten geschweisst und ausgereckt, letzteres war das eigentliche Raffinieren. Dass diese Reckhämmer bereits im 16. Jahrhundert bei der Solinger Klingenfabrikation eine grosse Bedeutung erlangt hatten, ist Seite 825 schon erwähnt worden. Im Jahre 1623 zählte man bei Lüttring- hausen und Burg 26 bis 28 solcher Reckhämmer, welche alle für Solingen arbeiteten. Aber auch im Solinger Bezirk entstanden im 17. Jahrhundert derartige Hämmer und es sind eine Reihe von Kon- zessionsgesuchen zur Anlage von Schmiede- und Schleifkotten an den 75* Westfalen im 17. Jahrhundert. Wasserläufen um Solingen herum vorhanden, gegen welche die Pächter der Fischereien in der Regel Protest erhoben. Dieser mechanische Be- trieb entzog den Schwertschmieden einen Teil ihrer Arbeit, sie sahen ihn deshalb mit feindlichen Augen an. Sie behaupteten, und wohl nicht ohne Grund, der Raffinierstahl der Wasserhämmer sei schlechter, als der von ihnen mit der Hand geschmiedete. Sie setzten es auch wirklich durch, dass 1687 der Bezug des Materials von den Hämmern für die Zunft verboten wurde Siehe Thun , Die Industrie vom Niederrhein II, 14. ; dasselbe sollte wieder wie früher vom Schwertschmied aus freier Hand in drei Hitzen geschmiedet werden und jeder neu aufzunehmende Meister Probe in der alten Kunst ablegen. Aber schon der 1687 erlassene „Sechsmannsbrief“ bezweifelt die Durchführbarkeit dieser Bestimmungen: Das alte Ver- fahren sei zu teuer und beanspruche zu viel Kohlen. — Die Ver- hältnisse für die Solinger Industrie hatten sich im Laufe des Jahr- hunderts sehr geändert. Im Anfang desselben stand die Solinger Schwertfabrik noch in grosser Blüte. Aber schon kam die alte Sitte, dass jeder Mann eine Klinge trug oder besass, ab. Bei den Sold- truppen wurde gleichförmige Bewaffnung eingeführt, wobei auf Billig- keit bei der Anschaffung gesehen wurde. Dadurch trat die Massen- produktion an Stelle der individuellen Erzeugung, in welcher Solingen sich besonders ausgezeichnet hatte, indem es die mannichfaltigsten Formen und Ausschmückungen zur Auswahl für jeden Geschmack erzeugt hatte. Dies Verhältnis gestaltete sich noch viel ungünstiger durch den 30 jährigen Krieg. Nach diesem hörte das Waffentragen der Bürger ganz auf. Die Trennung des Kriegerstandes von dem Bürgerstande wurde eine vollständige, nur der erstere ging in Waffen, diese aber wurden von den Landesregierungen in Massen bezogen. Auf Güte der Ware wurde weniger gesehen als auf den Preis. Die Sackhauer und andere ordinäre Klingen konnten auch andere machen. Es entstanden Klingenfabriken an anderen Orten, welche Solingen Konkurrenz machten und die Fürsten unterstützten die Anlagen solcher Waffenfabriken in ihren Landen. — Solinger Schmiede, durch Versprechungen verlockt, brachen den Verbleibungseid, flohen und gründeten im Auslande Konkurrenzwerkstätten. Dies geschah zuerst 1661, in welchem Jahre eine Anzahl Arbeiter nach Eilpe, Gevelsberg und Hagen flohen und dort grobe Klingen schmiedeten. Der Grosse Kurfürst von Brandenburg unterstützte sie eifrig und so entstand be- sonders zu Eilpe eine nicht unbedeutende Fabrikation von „Sackhauern“ Westfalen im 17. Jahrhundert. oder groben Militärklingen. Die Solinger Klingenschmiede, die sich in Eilpe ansiedelten, standen unter der Leitung eines Clemens Engels aus Solingen. Man räumte ihnen 8 Wohnungen, 1 Stahlhammer, 10 Schmieden und 3 Schleifkotten ein. Bald darauf wurde in ähn- licher Weise auch zu Wetter die Klingenschmiederei eingeführt. 1664 erhielten die Klingenschmiede zu Wetter ein Privilegium, welches ihnen allein im Amt Wetter das Recht zusprach, mit Klingen zu handeln und den Verkauf ausländischer Klingen verbietet. Diese Verhältnisse übten auf Solingen, wie auf die anderen vor- mals hochberühmten Waffenplätze, den schwersten Druck aus. Dazu hatte Solingen ebenfalls im 30jährigen Kriege schwer zu leiden gehabt. Spanische, brandenburgische, kaiserliche, hessische, schwedi- sche und oranische Kriegsvölker kämpften um seinen Besitz und am 3. Mai 1630 liessen die Kaiserlichen, welche die Stadt nach tapferer Gegenwehr erstürmt hatten, eine grosse Zahl der waffenfähigen Bürger über die Klinge springen. Solingens Wohlstand wurde durch den Krieg zerrüttet; während aber die Industrie der altberühmten Waffenplätze Toledo, Armata und Bergamo durch die Ungunst der Zeitverhältnisse gänzlich zu Grunde gingen, wusste der betriebsame energische Geist der Solinger Bürgerschaft der Not der Zeit Rech- nung zu tragen und sich aus dem Elend wieder emporzuarbeiten. Viel trug hierzu die genossenschaftliche Organisation bei. In ihr, so- wie in den alten strengen Verordnungen der Bruderschaften suchte man denn auch das Heil, indem man dieselben erneuerte und ver- schärfte. Wenn dies auch in gewisser Art ein Anachronismus war, so erhöhte er doch das Selbstvertrauen und das Standesbewusstsein, welches die Solinger Eisenarbeiter über alle Schwierigkeiten hinweg- half. Die Solinger jener Zeit werden geschildert als „fleissige Leute“, voll Selbstvertrauen, die stolz waren auf ihre Privilegien, deshalb an dem Alten und Hergebrachten hingen, sich aber auch durch An- hänglichkeit an ihre Heimat, ihre Familie und ihr Gemeinwesen aus- zeichneten. Ihren Abschluss fanden die Bestrebungen, die alte Zunft- ordnung wieder aufzurichten, in dem 1687 erlassenen Sechsmanns- brief . Darin wurde die alte Lehrlingsordnung erneuert, denn die Güte der Waren hatte dadurch gelitten, dass die Kaufleute solche von schlecht ausgebildeten Meistern anfertigen liessen. Die Bestimmungen über die Lehrzeit und das Meisterstück wurden deshalb von neuem ein- geschärft. Ebenso die strengen Vorschriften über die Kontrolle, wo- nach jede Ware doppelt gezeichnet werden musste, mit dem Erb- zeichen des Meisters und mit dem Schauzeichen der Stadt. Beim Westfalen im 17. Jahrhundert. Verkauf war grosse Unordnung eingerissen, dadurch, dass privilegierte Kaufleute mehr Klingen schmieden liessen, als ihnen zukam, dass manche Schmiede ihre Klingen selbst bereideten und zum Verkauf ausser Land trugen und dass Unprivilegierte mit schwarzen Klingen Handel trieben. Durch alles dieses wurden die Preise und die Löhne herabgedrückt. Man erneuerte daher das alte Verbot des gleich- zeitigen Arbeitens und Handeltreibens und gestattete den Unprivile- gierten nur den Handel mit fertigen in- und ausländischen Schwertern. — Die Konkurrenz der Kaufleute untereinander und die Überspekulation wurde dadurch eingeschränkt, dass bestimmt wurde, kein Kaufmann solle, ausser zu den gewöhnlichen Messen nach Frank- furt, Leipzig, Strassburg, Nürnberg und anderen bestimmten Orten, reisen oder Klingen und andere Solinger Ware verschicken. Die Güter nach Hamburg, Lübeck, den Ostseeländern, Polen, Dänemark, Schweden, sowie nach Köln, Amsterdam, den Niederlanden, Frank- reich, Spanien, Italien, England u. s. w. durften nur zweimal im Jahr, im März oder April und im September oder Oktober, je nach der Witterung versendet werden. Und zwar durften die Klingen, aus- genommen die gewöhnlichen Messerklingen, nur auf Bestellung oder wenn die Preise vorher festgesetzt waren, verschickt oder mitgenommen werden, weil durch das Ausbieten der Waren die Preise gedrückt wurden. Der Hauptzweck des Sechsmannsbriefs war der, jedem, namentlich auch dem Arbeiter, den ihm gebührenden Gewinnanteil zukommen zu lassen, während zuvor „die Kaufleute ihre Libertät benutzt hatten, um den geringen Bruder zu vernichten, so dass die Armen kaum das Brot verdienen konnten“. Schon 1673 hatte man deshalb eine Lohn- ordnung erlassen. Diese wurde dahin erweitert, dass die Sechsmänner im Verein mit den Vögten und Ratleuten, unter denen kein Kauf- mann sein durfte, mit Wissen des kurfürstlichen Obervogts alljähr- lich von neuem nach Gestalt, Güte, Tugend, Teuerheit des Materials, Zeitläuften, Ort der Auskunft, aufgehende Kosten, Gelegenheit des Abgangs u. s. w., sowohl den Lohn der lohnarbeitenden Schleifer, Härter, Schmiede, Reider u. a., als auch den Preis der Halbfabrikate, wie der schwarzen Klingen, der Scheiden und der fertigen Schwerter in billiger Weise festsetzen sollten. Unter diesen Sätzen durfte nicht gearbeitet, auch weder in- noch ausserhalb des Landes verkauft werden, widrigenfalls der Kaufmann auf drei Monate seine Handels- berechtigung verlor. — Damit die Taxen nicht umgangen würden, sollten die Materialien, wie Eisen, Stahl, Stein- und Holzkohlen u. s. w., Westfalen im 17. Jahrhundert. welche auf den Markt gebracht wurden, nicht von den Kaufleuten, sondern von den Meistern gekauft werden, und damit der geringere Bruder nicht übervorteilt werde, wurden die Preise festgesetzt. Die Zahlungen an die Handwerker mussten wie früher ohne Abzug und nicht anders als in barem Gelde oder in gutem Eisen und Stahl er- folgen, nie aber in Viktualien, Ellen- oder anderen Waren. Jeder Zwischenhandel war verboten. So lange die Kaufleute im Stande waren, die Arbeit und die Klingen mit Bargeld nach Inhalt der Ordnung zu bezahlen, erhielten sie den Vorzug vor Fremden. Gelang es einem Meister nicht, einen angemessenen Preis zu erhalten, so vermittelten zuerst der Vogt und Rat, dann die Sechsmänner den Verkauf; gelang es aber auch diesen nicht innerhalb 14 Tagen, so durfte der Handwerker mit Vorwissen von Vogt und Rat die Schwerter fertig machen lassen und auch an Fremde, die nicht zum Handwerk gehörten, verkaufen; hierüber musste aber ein Protokoll aufgenommen werden. Den ärmeren Genossen wurde das „Amunitionsgut“, wie gemeine Kunden, Platten, Pampen, Häuer, breite Dorfplatten, Pfannenstiele, Rappiere u. s. w. zum Schmieden, Schleifen und Härten allein über- lassen, ihnen aber die Freiheit vorbehalten, auch an feineren Waren zu arbeiten; dabei sollten sie sich alles Überfleisses enthalten und sich der billigen Ordnung unterwerfen. Auch den ausser dem Handwerk stehenden Vergoldern, Ätzern u. s. w. wurde ein Monopol erteilt. Dieser Sechsmannsbrief ist das letzte Denkmal für den streng handwerksmässigen Betrieb der Solinger Klingenindustrie, doch konnte er den Schritt der Zeit nicht aufhalten, die mehr und mehr der Fabrikarbeit und dem Freihandel zudrängte. Die Kunst der Klingenschmiede stand im 17. Jahrhundert immer noch in grossem Ansehen und sind die Namen vieler hervorragender Meister jener Zeit bekannt. Wir erwähnen: Peter Broch, Joh. Hart- kopf, Theil Köller, Adolf Kronenbergk, Joh. Meffert und Pet. Schimmel- busch (1600); Christof Pols (1603), Pet. Tesche (1604, 1610, 1618), Thomas Wolferts (1607), Johannes Berns, Meves Berns (1611, 1613), Pet. Weyersberg (1611 bis 1617), Heinrich Brabenter, Joh. Keindt (Kind bis 1620), Joh. Wilh. Kirschbaum (1620), Wilh. Tesche (1621), Peter Henkel (1624), Joh. Tesche (1624), Hans Moum, Pet. Knecht und Abr. Krebs (1630), Georg Steigentesch (1630), Pet. Clauberg (1632), Clemens Weyersberg (1636), Clemens Wolferts (1636 bis 1678), Jürgen Wolferts 1638, Hans Olig (1640), Pet. Münch (1649), Jacob Lohbach, Clemens Pater, Pet. Müller (1650), Peter Bras von Meigen, Westfalen im 17. Jahrhundert. Clemens Pöcter, Paulus Tesche (1650), Pet. Wilhelm (1650 bis 1688), Hermann Clauberg (1631), Pet. Hahn (1620 bis 1660), Cornelius Wundes (1637), Joh. Berg gestorben 1720 (101 Jahr alt und war viermal Bürgermeister von Solingen), Pet. Weyersberg (1658 bis 1670), Pet. Wundes (1683), Matthias Wundes (1684), Joh. Wundes (1693), Lutter Clauberg (1677), Heinrich Hartkopf (1655 bis 1665), Pet. Stamm (1685), Georg Wolferts (1683 bis 1695), Clemens Woller, Andr. Brabanter (1694). Viele der genannten waren Bürgermeister von Solingen, und zwar in den angegebenen Jahren. Verschiedene Solinger Meister arbeiteten in Spanien, z. B. Clemente Dinger, der signierte: Lig. Clemente Dinger espadero. Mi signal parajo — Anno 1677 und Enrico Gol: „Spada del Rey“ — „En alemania fecit“ und „Mi sinnal Santismo Crucificio“. Das Handwerk der Messermacher in Solingen hatte in Folge der Verordnung von 1596 einen ziemlichen Aufschwung genommen. Dies hatte aber alsbald eine Überproduktion zur Folge, gegen welche am 10. März 1603 eine neue Verordnung erlassen wurde Siehe Thun ., a. a. O., S. 26. . Durch diese wurden die „geprannten“ Messer, welche nicht mit Hauben und Platten bereidet waren, auf ein Jahr abgeschafft. Da vielfach Messer mit schlecht bereideten Elfenbeinschalen in den Handel gebracht worden waren, sollte diese Arbeit nur denen überlassen werden, welche sie verständen; der Unterschleif, Hefte aus Ochsenbein für elfenbeinene zu verkaufen, wurde streng verboten. Um überhaupt die Garantie für die Tüchtigkeit der Waren zu erhöhen, sollte keine dem Kaufmann geliefert und von diesem ausgeführt werden, bevor sie nicht von drei Beschauern aus den drei beschlossenen Handwerken der Schwertschmiede und zwei aus dem Messermacherhandwerk be- sichtigt worden waren. Jeder Beschauer erhielt für seine Mühe einen Gulden kölnisch; diese Belohnung wurde den Strafgeldern entnommen, welche von mangelhaften Waren erhoben wurden; sonst sollte jeder Handwerker seinen Beschauer bezahlen, damit der Kaufmann sich nicht beschwere. Da die alten Vorschriften vielfach wieder zum Nachteil des Handwerks übertreten wurden, so wurde in einer Bestätigung des Privilegiums von neuem eingeschärft, dass keiner Meister werden durfte ohne Lehrjahre und Meisterstück, sowie, dass die Meister der drei beschlossenen Zünfte sich der Messermacher-Ordnung unterwerfen mussten. Andererseits wurde die Arbeitsteilung verboten, indem Westfalen im 17. Jahrhundert. weder Meister noch Kaufleute schwarze und ungeschliffene Messer kaufen noch verkaufen durften; die Messer sollten vielmehr in der Werkstätte des Meisters ganz fertig gestellt werden, und es wurde demselben das Quantum vorgeschrieben, welches er samt Knecht und Jungen wöchentlich machen durfte. Je nach Gestalt, Güte und Waren- abgang wurden die Messer von Vogt und Rat auf einen billigen Preis gesetzt und dementsprechend am 28. Juli 1644 eine Satzordnung be- stätigt. Durch alle diese Verordnungen wurden jedoch noch immer nicht die verheerenden Einfälle der Schwertarbeiter beseitigt; dieselben lehrten sogar unprivilegierten Arbeitern das Messermachen. Wieder erhoben sich deshalb Streitigkeiten, welche am 21. Oktober 1653 zu dem Vergleiche führten, worin alle früheren Satzordnungen und Privi- legien bestätigt wurden und dem Schwertfegerhandwerk das Ver- sprechen auferlegt wurde, den von ihm aufgenommenen fremden Per- sonen nicht mehr das Messermachen zu lehren. Am 27. September 1658 wurden die Bedingungen des Meisterwerdens nochmals für alle Handwerke in Erinnerung gebracht. So hatte sich auch in dem Messermacher-Handwerk der streng handwerksmässige Betrieb siegreich bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts hinein behauptet. Noch war das Handwerk durch die selbständigen Kleinmeister repräsentiert. In dieser Zeit begann aber die Ausbildung der Hausindustrie, welche nach und nach die Lohnarbeit zum herrschenden System machte. An Stelle der Kämpfe der Meister untereinander beginnt jetzt der Kampf der Lohnarbeiter gegen die Arbeitgeber: diesem gegenüber einigen sich die Meister aller Handwerke. Die Ursache dieses Umschwungs war der Handel. Kaufleute, privilegierte und unprivilegierte, und reichgewordene Fertigmacher waren es, welche aus der Hausindustrie Nutzen zogen, indem sie die Herstellung einzelner Teile den zu Hause für Lohn arbeitenden Ge- werbetreibenden übergaben und diese Teile dann selbst zur fertigen Ware bereideten oder bereiden liessen. Der Meister war durch die „Leibgebühr“, d. h. durch das vorgeschriebene wöchentliche Pro- duktionsmaximum, sowie durch die gesetzliche Bestimmung, nur einen Knecht und einen Jungen halten zu dürfen, zum Kleinbetrieb ver- urteilt. Die Stellung des Meisters verlor dadurch an Ansehen gegen- über der des Fertigmachers und des Kaufmanns, und das Streben jedes tüchtigen Meisters ging dahin, selbst Fertigmacher zu werden. In guten Zeiten zogen die Meister mit ihren Waren nun auch selbst Westfalen im 17. Jahrhundert. auf die Messen und besonders nach Holland. Hatten sie an dem Hausierhandel einmal Geschmack gefunden, so liessen sie auch in schlechten Zeiten nicht leicht davon ab, wurden aber dann meistenteils durch die Not gezwungen, ihre Waren zu Schleuderpreisen loszu- schlagen, wodurch sie auch die Preise der Kaufleute drückten und das ganze Handwerk schädigten. Dazu kam noch, dass die holländischen Händler ihnen statt barem Geld meist Waren, Kaffee, Zucker, Öl u. s. w. in Zahlung gaben. Mit diesen Artikeln mussten sie, da sie kein bares Geld heimbrachten, wieder die Arbeiter bezahlen. Dadurch entstand ein verderbliches Trucksystem zum Nachteil der Arbeiter und nur zum Vorteil der Kaufleute, welche den armen Handwerkern die Waren mit grossem Gewinn abhandelten. Die Ar- beiter waren um so mehr dazu gezwungen, ihre Waren zum Kauf- mann zu tragen, weil sie durch diesen ihre Rohmaterialien, Eisen, Stahl, Holz u. s. w., beziehen mussten. So hatten die Kaufleute allen Nutzen, die Handwerker allen Schaden dieser neuen Einrichtung. Gegen diese verderblichen Neuerungen erhoben sich die selb- ständigen Handwerksmeister, setzten eine Kommission ein und er- langten am 18. November 1687 eine Revision ihres Privilegiums, welche zugleich mit dem Sechsmannsbrief publiziert wurde. Hierdurch wurde auch bei den Messermachern noch einmal der alte handwerks- mässige Betrieb formell vollständig wieder hergestellt. In erster Reihe stand die Sorge für tüchtige Arbeiter, Materialien und Waren. Um Meister zu werden, musste man eine Lehrzeit von sechs Jahren, in welcher sowohl das Schmieden als das Reiden ge- trieben wurde, ausgestanden haben, ein Meisterstück anfertigen, 24 Jahre alt sein, ein Eintrittsgeld von zwei Goldgulden zahlen und sich in die Handwerksrolle eintragen lassen. Alle diejenigen, welche im Laufe der Zeit sich widerrechtlich als Meister etabliert hatten, sollten suspendiert werden. Sowohl die von den Hammerschmieden gelieferten Stangen Stahl, wie die fertigen Messerklingen sollten mit den Erbzeichen der Meister versehen werden, welchen nach der Schau durch die Ratsleute das allgemeine Beizeichen hinzugefügt wurde, ohne welches kein Schleifer eine Klinge schleifen durfte. Um die Selbständigkeit der Handwerksmeister zu sichern, wurde gegen die Arbeitsteilung angekämpft; jeder Einzelne sollte zugleich schmieden, reiden und fertigmachen. Dadurch sollten die Hand- werker aus Lohnarbeitern wieder selbständige Meister werden. Die Preise der Rohmaterialien wurden festgesetzt. Der Kaufmann sollte Westfalen im 17. Jahrhundert. Stahl, Eisen, Knochen, Hölzer u. s. w. zu billigem Preise gegen Bar- zahlung ablassen, aber weder den Meister überfordern, noch viel weniger Messer gegen die Materialien eintauschen, damit durch diese Umgehung der Meister nicht wieder zum Lohnarbeiter würde. Das Sinken der Warenpreise hoffte man durch eine Einschränkung der Konkurrenz zu erreichen, indem nämlich jeder Meister erklären musste, ob er Handel treiben oder fabrizieren wollte. Die Meister durften nur nach einer festen Satzordnung an die Kaufleute verkaufen. Diese Ordnung sollte von jedem Kaufmann unterschrieben und alljährlich unter Zuziehung des Obervogts durch einige Kaufleute und Handwerksleute nach Ertrag und Abgang revi- diert und in ihrer Ausführung durch die gewöhnliche eidliche Um- frage kontrolliert werden. Unter den festgesetzten Preisen durfte Niemand verkaufen. Die Preise sollten bar in gangbarem Gelde be- zahlt werden. Es durfte keiner mit Messern handeln, der nicht vorher alle Ellen- und andere Waren abgethan hatte. Aller heimliche und verbotene Zwischenhandel, Schmuggel und Zollhinterziehung wurde mit 10 Goldgulden bestraft. Wenn fremde Kaufleute oder Krämer nach Solingen kamen, sollten sie die Messer direkt von den Meistern kaufen; vorher mussten sie sich beim Vogt und Rat melden, die Ordnung unterschreiben, und hatte nach altem Brauch der aus- wärtige Kaufmann oder Krämer einen halben Gulden zu entrichten. Um unter den Meistern die Arbeit und das Einkommen gleich zu verteilen, wurde vorgeschrieben, wieviel jeder Meister mit seinem Knecht und Jungen in der Werkstätte verfertigen durfte und die erste Übertretung dieser Vorschrift mit drei Goldgulden, die zweite mit der Strafe der Entsetzung vom Amt auf ein viertel Jahr be- droht. Um die Umgehung der ganzen Verordnung zu verhüten, wurden die Kaufleute aus der Vogts- und Ratsbedienung ausgeschlossen. Diese energische Verordnung kam aber wie der Sechsmannsbrief zu spät. Die Praxis war über die Voraussetzungen bereits zur Tages- ordnung übergegangen. Die Arbeitsteilung war schon zu einer That- sache geworden, welche sich auf dem Wege der Verordnung nicht mehr aus der Welt schaffen liess. Wir haben schon erwähnt, dass 1661 die Fabrikation ordinärer Klingen nach Eilpe übertragen wurde. Nicht nur die fürstliche Unterstützung, sondern mehr noch die billigeren Preise für Kohlen und Eisen brachten die Industrie daselbst zu rascher Blüte, wodurch Solingen empfindliche Konkurrenz erwuchs. Nach und nach bekamen Westfalen im 17. Jahrhundert. die märkischen Fabriken die Herstellung gewisser grober Klingen- sorten ganz in ihre Hände. Die Steinkohlen waren es, welche hauptsächlich diese Ver- schiebung bewirkten und schon damals die Veranlassung der Ent- stehung neuer Industriecentren wurde. Die Vermehrung der Reck- und Raffinierhämmer in der Mark hatte ebenfalls ihren Grund in dem billigeren Steinkohlenbezuge. Von Alters her war die Fabrikation der geschliffenen oder weissen Sensen , welche in Kronenberg ihren ältesten und wichtigsten Sitz hatte, mit der Solinger Industrie eng verbunden gewesen. Auch bei ihr herrschte der handwerksmässige Betrieb, und gerade das zähe Festhalten an demselben wurde die Veranlassung, dass ein grosser Teil der Meister in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in die Mark auswanderte, wodurch die Kronenberger Sensenindustrie nach und nach so zurückging, dass sie dem Erliegen nahe gebracht wurde. Neben der Sensenfabrikation blühte in Kronenberg die Hand- schmiederei, welche aber auch in Rückgang geriet und mit der Zeit fast ganz nach Remscheid auswanderte. Zu diesen Umwälzungen trugen die Einwanderungen betriebsamer Niederländer gegen Ende des 16. Jahrhunderts und Anfang des 17. Jahrhunderts, welche vor der Schreckensherrschaft und den Religionsverfolgungen der Spanier geflohen waren und welche im Bergischen und Märkischen eine neue Heimat fanden, viel bei; ebenso die zweite französische Einwanderung nach Aufhebung des Ediktes von Nantes 1685, welche von dem Grossen Kurfürsten in jeder Weise begünstigt wurde. Im Jahre 1600 war Kronenberg noch der anerkannte Vorort der bergischen Sensen- fabrikation. Vom 5. Juni dieses Jahres datiert das älteste erhaltene Privileg Siehe Thun , a. a. O., S. 109. . Dasselbe spricht von „Waren und Waffen“ und wurde erlassen für die in den Ämtern Elberfeld, Beynenburg, Burg und Bornefeld ansässigen Sensenschmiede, Sensen- und Stabschleifer. Der Hauptsitz der Industrie war Kronenberg, denn aus diesem Orte sollte der Vogt zwei Jahre nacheinander gewählt werden, das dritte Jahr aus Remscheid oder Lüttringhausen; von den sieben Ratsleuten stellte jenes drei, und daselbst war auch der Sitz des Gerichtes. Die Betriebsform der Industrie war die handwerksmässige und ihre Verfassung eine höchst einfache, da die Schmiede in eigenen Werkstätten das Material ohne Arbeitsteilung verarbeiteten; einzig die Schleifer standen zu ihnen im Verhältnis von Lohnarbeitern. Die Westfalen im 17. Jahrhundert. Zahl der Meister war beschränkt, keiner durfte auswandern. Zu den Meistern gehörten sieben Kaufleute zum Teil in Solingen, welche mit Sicheln, Sensen und Schneidemessern handelten. Das Meisterrecht erwarben nur Meistersöhne; kein Schmied durfte das Schleiferhand- werk und umgekehrt erlernen. — Umfang des Betriebes und die Warenpreise wurden jährlich geregelt. Zu diesem Zweck mussten alle Schmiede und Schleifer an einem bestimmten Tage vor Vogt und Rat erscheinen und demselben die ganze Lage und den Gang des Handels vorlegen und angeben, auf wie grossen Absatz wohl in den einzelnen Ländern gerechnet werden könnte. Nach einem Monat wurde dann mit Wissen der herzoglichen Beamten angeordnet, wieviel und welche Sorten ein jeder Meister fabrizieren durfte, und zwar sollte dem geringen Schmiede gerade soviel zugeteilt werden als dem reichen. Für alle Waren wurden dann die Preise festgesetzt, je nach der Konjunktur und den Preisen von Stahl, Eisen, Knechtslohn u. s. w. entsprechend. Einen Tag nach St. Ewald wurden die Marktreisen angeordnet, welche jeder Handwerker unternehmen musste; keiner durfte vor dem anderen verreisen oder Güter ausserhalb der Märkte verschicken. Wer seine erste Reise that, sollte 15 Thlr. zahlen; von diesem Betrage, welcher ermässigt werden konnte, fiel ein Drittel an die Armen, ein zweites an das Handwerk, das dritte an die Kompagnie der Reisenden. Die daheim bleibenden Brüder sollten ihre Ware innerhalb ihres Handwerks veräussern; fanden sich aber keine Käufer, so durfte ein jeder noch ausserhalb desselben sich solche suchen und so teuer als möglich, keinenfalls aber unter den festgesetzten Preisen verkaufen. War diese ganze Ordnung auf selbständige handel- treibende Handwerksmeister berechnet, so wollte man dieselben auch davor bewahren, zu Lohnarbeitern zu werden und verbot den Schmieden, aus ihren Werkstätten Stahl und Eisen an andere Orte fortzutragen oder verführen zu lassen: was sie in ihrer Schmiede ab- hauten, sollten sie auch verarbeiten und bei den Schleifern schleifen lassen. Die Güte der Waren war verbürgt durch die Geschicklichkeit der Schmiede, welche eine vier- und der Schleifer, die eine dreijährige Lehre zu bestehen und ein Meisterstück zu fertigen hatten; sodann durch die Beschauung der Waren auf den Schleifkotten und endlich durch das doppelte Zeichen des Meisters und der Beschauer. Die wider guten Willen und Wissen von ihren Meistern geschiedenen Knechte sollte keiner in Dienst nehmen, ehe er sich mit seinem früheren Herrn verglichen hatte. Westfalen im 17. Jahrhundert. Die Rechtsprechung über Gewerbs- und Handelsstreitigkeiten lag dem Vogt und den Ratsleuten, unter Berufung an den herzoglichen Obervogt, ob. Das Schmiedehandwerk war also eine geschlossene, erbliche Zunft, die voll Eifersucht über ihre Privilegien wachte. Die grossen Vorrechte der Kronenberger hätten bei dem Aufblühen Remscheids und der Werke an der Enneper Strasse allein genügt, den Zunftverband zu sprengen. Eine unmittelbare Veranlassung hierzu gab die Einwanderung zahlreicher Fremder nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes. Die alten Meister, namentlich zu Kronenberg, wollten die Fremdlinge nicht dulden. Hierüber entbrannte ein Zwist in der Zunft selbst, welche im Jahre 1687 eine Anzahl Schmiede veranlasste, in die Grafschaft Mark auszuwandern, wo sie mit offenen Armen aufgenommen wurden. Am Gevelsberge, an der Enneperstrasse, bei Hagen und Eilpe fanden sie billigere Kohlen und billigeres Eisen, treffliche Wassergefälle für Hammerwerke und Schleifkotten, wohl- feilere Lebensmittel und unter der kurfürstlich brandenburgischen Regierung Gewerbefreiheit. Arbeitslöhne und Warenpreise stellten sich vorteilhafter. Die nicht mehr durch die Zunft gebundenen Unternehmer konnten grosse Aufträge übernehmen und ausführen, die Kaufleute waren nicht mehr durch die Prätensionen der Hand- werksmeister beschränkt und so kam rasch die Eisenindustrie an den genannten Orten in Blüte, während Kronenberg seine alte Industrie nach und nach fast vollständig verlor. Schon bei der ersten Ein- wanderung der Niederländer hatte Kronenberg der Einwanderung der Fremden Widerstand entgegengesetzt, was die Veranlassung wurde, dass Remscheid Kronenberg bald überflügelte. Den Niederländern verdankt Remscheid die Anlage von Hammer- werken, welche bald die Handschmiederei des Renneisens in den „Iserschmitten“ verdrängten. Die niederländischen Gewerbetreibenden förderten den Handel mit ihrer alten Heimat und 1676 lässt sich be- reits umfangreicher Handel mit Remscheider Eisen- und Stahlwerk nach Holland und Brabant nachweisen. In Kronenberg wurden 1642 die ersten Wasserräder erbaut und 1700 gab es dort nur 11 Stück. — Nach dem Niedergang der Sensenschmiederei verlegten sich die Kronenberger auf das Nagel- schmieden. Durch die Einwanderung der Franzosen nach 1685 wurde haupt- sächlich die Schleiferei in Remscheid gefördert, die nach und nach fast ganz in die Hände eines thätigen Industriellen, Pickard aus der Pikardie, überging. Ausserdem führten aber die Franzosen noch viele Die Rheinprovinz im 17. Jahrhundert. andere neue Artikel und neue Modelle ein; besonders fing die Fabrikation der Werkzeuge, Schlösser und Hausgeräte damals in Remscheid an. Das Schmieden geschah im 17. Jahrhundert noch meistens mit der Hand. Der älteste Wasserhammer in Remscheid wurde 1642 angelegt. Im Burgthal bei Burg sollen Schweden, die im 30jährigen Kriege dorthin gekommen seien, ein Hammerwerk angelegt haben. In Remscheid entstanden weitere Eisenhämmer in den Jahren 1680, 1682 und 1687. Im Jahre 1676 bereiste bereits ein Remscheider Kaufmann Holland, Brabant u. s. w., um Handelsverbindungen an- zuknüpfen. — In Burg befand sich gegen Ende des Jahrhunderts eine Gewehrfabrik. Vielleicht war dies der von den Schweden an- gelegte Hammer. Die Nachrichten über die Eisenindustrie der Rheinprovinz im 17. Jahrhundert sind nur dürftig. In Aachen blühte die Nähnadelfabrikation. Dieselbe war im Anfang des 16. Jahrhunderts von einem spanischen Niederländer Namens Wolter Vollmar begründet worden, woher auch die Nadeln ihre Bezeichnung spanische Nadeln erhielten. Seit 1631 war auf Befehl des Senats der Name Aachener Nadeln eingeführt worden. Aus der Eifel erfahren wir, dass die Einkünfte der Herrschaft Kronenberg (Cronenburg), zumeist aus dem Eisen, auf 5000 Gulden veranschlagt wurden. 1620 wurde die Hütte bei Jünckerath neu auf- gebaut und einem Herrn de l’Eau verliehen. Die Eisenindustrie der Eifel hatte aber entsetzlich unter den Drangsalen des 30jährigen Krieges zu leiden und kam dem Unter- gang nahe. Die Grafen von Schleiden und Blankenheim, auf deren Gebiete sich der grösste Teil der „Reitwerke“ befanden, thaten Alles, um dieses Unglück abzuwenden. Sie liessen den Reitmeistern den Pacht nach und gaben ihnen wiederholt die Holzkohlen umsonst ab. Bei dieser Gelegenheit erfahren wir Näheres über die Höhe der Abgaben. Jedes Hammerwerk hatte 16 Goldgulden Hammerzins, 14 Rädermark an Empfanggeld, 8 Rädermark Recklohn, eine Liefe- rung von 22 Ctr. Eisen und dann noch 15 Heller Accisgeld von jedem Centner Eisen zu leisten. Diese Abgaben wurden nachgelassen in den Jahren 1610, 1618, 1657, 1673 und 1696, doch geschah dies immer unter der Einschränkung „bis auf bessere Zeiten“. Im Jahre 1698 kam zu jedem Werk eine „Schorrenmühle“, d. h. ein Schlackenpochwerk, gegen eine Jahresabgabe von einem Goldgulden hinzu. Die Rheinprovinz im 17. Jahrhundert. Am 3. Januar 1689 verkauften die Grafen Karl Ferdinand und Karl Kaspar von Manderscheid-Gerolstein ihr Hüttenwerk zu Mühlen- born an Joh. Carl Coels. Die Eisenwerke Eichelshütte und Hämmer- scheu bei Eisenschmitt wurden zwischen 1670 und 1690 von dem Kloster Hemmerath erbaut. Die Eisenhütte von Stromberg auf dem Hundsrücken erwarb 1649 der unternehmende Kaufmann Jean Mariot aus Lück (S. 1085) für 2000 Thlr. Die Erze mussten mit hohen Kosten von Daxweiler, Dohrsheim und Sprendlingen nach der Hütte gefahren werden. Wegen des weiten Transportes und der hohen Zölle und Wegegelder kam die Hütte 1664 zum Erliegen. Sie wurde auch von den Mariots nicht wieder in Betrieb gesetzt, sondern fiel ins Freie. Im Saargebiet wird das im 16. Jahrhundert erbaute Hüttenwerk zu Neunkirchen 1614 und 1634, zu welcher Zeit es in Bestand (Pacht) gegeben war, erwähnt Siehe A. Hasslacher , Das Industriegebiet an der Saar, S. 37. . 1635 kam das Neunkircher Werk in Folge des 30jährigen Krieges, welcher die ganze Gegend in eine Wüste verwandelte, zum Stillstand. 1653 wurde es durch Schmiede aus dem Schleidener Thale wieder aufgenommen, die aber eben so wenig wie ein späterer Pächter aus dem Birkenfeldischen bei der allgemeinen Entvölkerung und Verarmung des Landes den Betrieb fortzusetzen vermochten, so dass letzterer in den 1670er Jahren auf landesherr- liche Rechnung übernommen werden musste. Zu Geislauten war ausser der alten „Schmelze“ schon vor 1615 auch eine Hammerhütte vorhanden. Gegen 1680 wurde eine Eisen- schmelze beim Schmiedenborn (Jägerfreund) und etwas später eine solche zu Sulzbach angelegt. Die zum Saargebiet gehörige Dillinger Hütte, die schon 1628 be- standen haben soll, war lothringisch. 1685 erteilte Ludwig XIV. dem Marquis von Lenoncourt die Konzession, daselbst eine „forge de fer et d’acier“ zu errichten, von welcher Konzession auch sofort Gebrauch gemacht wurde, so dass die Hütte, mit welcher eine Schmelze in Ver- bindung stand, bereits 1690 der Besatzung von Saarlouis die nötigen Öfen und sonstigen Gusswaren liefern konnte. Von Interesse ist auch, dass als erster Direktor der Hütte ein Jesuitenpater Namens Renard auftritt. Im Kurfürstentum Sachsen hatte die Eisenindustrie ebenfalls schwer durch die Stürme des 30jährigen Krieges zu leiden. Doch erhielt sie gerade zum Beginn desselben einen neuen Impuls durch die Ein- Sachsen im 17. Jahrhundert. führung der Weissblechfabrikation angeblich um das Jahr 1620 durch einen aus Böhmen vertriebenen Geistlichen. Diese Industrie fand in Sachsen, welches zu Altenberg, Ehrenfriedersdorf, Eibenstock und Geyer Zinnbergwerke besass, bald Verbreitung und für viele Jahrzehnte hatte das Kurfürstentum Sachsen ein förmliches Monopol für diese neue Fabrikation, deren Produkte sich rasch einbürgerten. Ganz Europa wurde mit Weissblech aus Deutschland und hauptsächlich aus Sachsen versehen. Sächsisches Weissblech wurde jedem anderen vorgezogen. Das Schwarzblech dazu lieferten zahllose Hämmer im Erzgebirge, welche in den waldreichen Gegenden desselben angelegt waren und denen es deshalb nicht an Holz gebrach. Die Blechhämmer und Zinnhäuser lagen in den Ämtern Schwarzenberg, Wolkenstein und Lauenstein. Der Engländer Yarranton, welcher 1650 Sachsen be- reiste, schreibt Yarranton , Englands Improvement by Sea and Land, 1677, S. 114. : Die Eisen-, Zinn- und Kupferwerke liegen in dem Thal, welches von Saigerhütte („Segar-hutton“) an den Städten Anna- berg, Schneeberg und Marienberg vorbei bis herab nach Aue sich zieht: in den Hügeln und Bergen finden sich die Erze: in den Thälern sind die Flüsse, an welche die Werke gebaut sind. Die Hügel und Berge sind wenigstens zehn Meilen in der Runde voll von Wald zur Versorgung der Werke; nicht ein Acker Land liegt wüst: An dem Abhang der Hügel ist eine Unzahl von Sägemühlen, durch Wasser betrieben, welche alle Arten von Tannen und Eichen schneiden; diese werden zur Sommerzeit nach dem Elbefluss geschafft und von da nach Hamburg verschickt. Bei dieser Ordnung und Berücksichtigung aller Handelsvorteile ist die Gegend merkwürdig bevölkert und sehr reich und gewährt dem Herzog ein grosses Einkommen. Das ganze Eisenhüttenwesen unterstand einer Hammerinspektion. Die älteste Blech-Hammer-Ordnung ist aus dem Jahre 1647. 1660 er- liess Kurfürst Johann Georg II. eine neue Ordnung, in welcher auch genaue Vorschriften über das Verzinnen enthalten waren; sie hiess: „Hammer-Ordnung Churfürst Johann Georgen II. zu Sachsen vor die Blech-Hammer-Werke in den Aemtern Schwarzenberg, Wolken- und Lauenstein anno 1668 Siehe Codex Augusteus II, S. 326. Hertwig , Bergbuch, S. 85 u. 432. Otia metallica, Schneeberg 1748 I., S. 56. .“ Am 22. Mai 1686 erschien von demselben Fürsten eine verbesserte Blech-Hammer-Ordnung Codex Augusteus II, S. 335. . Den Hauptinhalt derselben haben wir bereits oben mitgeteilt (S. 985). Die beiden Blech-Hammer-Ordnungen wurden erlassen, weil Beck , Geschichte des Eisens. 76 Sachsen im 17. Jahrhundert. durch Überproduktion und Preisschleuderung der ganze Blechhandel in Rückgang gekommen war. Um dem abzuhelfen, wurden genaue Vorschriften über den Um- fang der Produktion gegeben. Ausserdem wurde in beiden Ordnungen bestimmt, dass innerhalb von 12 Jahren keine neuen Blechhämmer und Zinnhäuser errichtet werden dürften. Durch Befehl vom 3. März 1687 wurde noch festgesetzt, dass die hohen Öfen bei den Blech- und Stabhammerwerken jährlich nur 24 Wochen gehen sollten. Als Blechhammergewerke werden in der Ordnung von 1660 aufgeführt: Michael Gottschalk, die Uttenhofische Wittwe mit dem Zinnhaus, Heinrich Siegel zu Schönheyda, Matthes Gnasje, Abraham Siegel, Heinrich Siegel zu Unter-Plauenthal, Rosina Schnorr, Kaspar Wittich, Hiero- nimus Müller, Hans Rüdiger, August Roths Erben, Gottfried Rübner und Konsorten zu Rittersgrün. Unter diesen war Kaspar Wittich ein besonders grosser Hammerherr, der ausserdem Hammerwerke in Böhmen und im Herzogtum Sachsen besass; dennoch unterwirft er sich aus- drücklich dieser kurfürstlichen Ordnung. Gottfried Rübner soll seinen neu privilegierten Blechhammer nicht eher in Gang setzen, bis die Blechwaren wieder in bessere Aufnahme gekommen seien und Michael Gottschalk soll nach wie vor sein Holz aus Böhmen holen dürfen. Die niedrigen Preise bei dem sächsischen Blechhandel waren aber wohl nicht allein Folge der Überproduktion, sondern auch der ausländischen Konkurrenz. Dass sowohl in Böhmen als im Herzog- tum Sachsen 1660 Weissblechhämmer bestanden, sehen wir aus dem, was eben über Kaspar Wittich bemerkt wurde, als auch aus der „Gleits-Ordnung“ von 1660, in welcher auf ausländische verzinnte Bleche 4 Gr. pro Centner Zoll erhoben wurde. Diese Ordnung war ausdrücklich für die böhmische Grenze erlassen. In dem Kurfürstentum Sachsen war das Eisen und der Eisen- handel Regal. Die zwei fürstlichen Eisenkammern waren zu Pirna und Dresden. In diese mussten die Eisenhämmer ihre Waren ab- liefern. Dass die Gieshübeler Eisenwerke noch immer von Bedeutung waren, geht daraus hervor, dass 1614 und 1660 die Eisen- und Hammer- ordnung von Gieshübel erneuert wurde. In der von Kurfürst Johann Georg I. am 1. August 1614 erlassenen Ordnung wurde auch festgesetzt, welche Städte ihr Eisen von der Pirnaischen und welche von der Dresdener Eisenkammer zu beziehen hatten. Allen anderen Eisen- händlern wurde das Geschäft verboten und die Einfuhr fremden Eisens untersagt. Alle Händler, Schmiede und Fuhrleute mussten ihren Eisenbedarf von den inländischen Hütten beziehen. Das Eisen Sachsen im 17. Jahrhundert. für die Dresdener Kammer wurde von Pirna aus dorthin geliefert. Weitere auf die Eisenkammern bezügliche Verordnungen wurden im 17. Jahrhundert noch erlassen 1658, 1676 und 1686 Siehe von Hofmann , Histor. Nachricht von einer ehemaligen Eisen- kammer in Kursachsen, S. 83. . Dennoch machte die Eisenkammer zu Pirna 1686 so schlechte Geschäfte, dass sie aufgelöst wurde. Dafür wurde auf alles fremde, namentlich auf böhmisches Eisen ein Grenzzoll und Licenzgebühr ge- legt. Zum Schutz der Kupferhütten wurde den Eisenhammermeistern im Erzgebirge und im Pirnaischen Revier verboten, Brau- und Bier- pfannen, Kessel und Ofentöpfe zu giessen. Von dem Eisenwerk Erla bei Schwarzenberg bemerken wir noch, dass 1626 dem Franz Rüdiger auf Sachsenfeld, einem Schwager von Nikolaus Klinger, des früheren Inhabers, alle Freiheiten und Ge- rechtigkeiten von Johann Georg I. erneut privilegiert wurden. Den 7. August 1650 verkaufte Frau Rosina Rüdiger Wittib in Mosel das durch den 30jährigen Krieg ganz überschuldete Hammerwerk an Friedrich Röhling, Stadtrichter zu Schwarzenberg, und ihren Sohn Hans Rüdiger zu Behrfeld (Beyerfeld) für 3700 Gulden; Vorräte waren nicht vorhanden. — Nach dem 30jährigen Kriege verlieh 1653 der Kurfürst Johann Georg II. „dem bescheidenen ehrsamen Mann Herrn Ortband und Katharina, dess ehelichem Weibe, den Hof zu Schwarzenberg und den Hammer in der Erla. Aus den kurfürstlichen Eisen- und Hammerordnungen entnehmen wir weiter, dass von dem Eisenstein, wie von den übrigen Metallen, der Zehnte bezahlt werden musste, und zwar auf Verlangen der Herrschaft in Geld; ausserdem von jedem auf der Halde vermessenen Fuder 1 Gr. Ladegeld. Auch eingeführtes, ausländisches Erz hatte dieses zu entrichten. Die Wag Eisen war festgesetzt auf 40 Pfd. Nürnberger oder 44 Pfd. Leipziger Gewicht. Der Stabschmied sollte aus 1 Ctr. rohem Eisen von 7 Stein 1 Stein = 22 Pfd. Dresdener Gewicht. dritthalb Wag Eisen schmieden oder von 10 Ctr. soll der Frischer 1 Ctr. ausschmieden, d. h. in Abgang schmieden und 11 Ctr. zu 5 Steinen ausbringen, also im Verhältnis von 14:11 = 78,6 Proz. Auf die Wag Eisen bekam der Stabschmied einen Kübel Kohlen, der Frischer aber auf 1 Ctr. gefrischtes Eisen 1¼ Kübel Kohlen. Drei Stäbe sollten einen Stein austragen, jeder Stein sollte besonders gebunden werden (Ordnung von 1583). Bei den Blechen unterschied man nach der Stärke Kreuz-, Fuder- und Senklerblech, wovon letzteres das dünnste war. Die Bleche 76* Sachsen im 17. Jahrhundert. wurden verzeichnet und in Fässchen geschlagen. Gingen sie in das Reich, so wurden in ein Fässchen 300, nach Holland 450 und nach Italien auch wohl 600 Blatt eingeschlagen. Von 1 Ctr. gefrischtem Eisen musste der Blechmeister andert- halb Schock Dünneisen verfertigen. Ein Schock Dünneisen sollte 120 Blatt oder anderthalb Schock Bodeneisen haben und 48 Pfund wiegen. Alles Eisen hatte Waggeld zu bezahlen, und zwar: 1 Schock Bleche, 1 Wag Eisen und 1 Ctr. gegossenes Eisen je 1 Gr. 6 Pf. 1 Ctr. Sturzbleche 3 „ — „ An Zoll (Geleitsgeld) wurde nach der „Gleitsordnung“ vom 15. März 1660 entrichtet: Für 1 Ctr. inländische schwarze Bleche 1 Gr. — Pf. „ 1 „ „ weisse Bleche 2 „ — „ „ 1 „ ausländische schwarze Bleche 2 „ — „ „ 1 „ „ weisse Bleche 4 „ — „ „ 1 Wag ausländisches Eisen 6 „ — „ „ 1 „ inländisch Eisen, so ausser Land geführt wird — „ 3 „ „ 1 Ctr. gegossenes Eisen, wie Öfen, Kessel, Blasen und dergl. — „ 8 „ „ 1 „ Stahl — „ 8 „ „ 1 „ Draht — „ 8 „ und nach der „Vermehrten Gleits-Rolle von 1678“: Für 1 Ctr. Steyermärkisch geschmiedete Eisenwaren, als Beile, Meissel u. s. w. 1 „ — „ „ 1 „ Sensen, Sichel oder Futterklingen 1 „ — „ Ferner war Land- und Waren-Accis an die kurfürstliche Rent- kammer zu zahlen, worüber bereits am 1. Oktober 1615 eine Ordnung erlassen worden war. Hiernach war zu zahlen: Für 1 Ctr. inländisches Blech — Gr. 3 Pf. „ 1 „ ausländisches Blech — „ 6 „ „ 1 „ inländischen Stahl — „ 4 „ „ 1 „ ausländischen Stahl — „ 8 „ In einer neuen Accisordnung vom 18. Januar 1641 wurden statt der Gewichtszölle Wertzölle eingeführt, und zwar für Eisen, Draht, Blech von 1 Thlr. Wert 3 Pf. Diejenigen, welche schon den Zehnten zu entrichten hatten und das Eisen für ihren Gebrauch kaufen mussten, waren von Accis befreit. In der Taxordnung vom 31. Juli 1623 wurden folgende Preise festgesetzt Siehe Codex Augusteus , S. 783, 834 etc. : Sachsen im 17. Jahrhundert. 1 Korb Kohlen zu 7 bis 10 Gr. 1 Wage Kronen- oder Polnisch Eisen 1 fl. 6 „ 1 „ zwier geschmelzt Eisen je nach der Güte 22 bis 26 „ 1 „ Schien-Eisen 1 fl. 5 „ 1 „ Stab-Eisen ist dem zweigeschmolzenen gleich. Hierbei wird bestimmt, dass ohne besondere Zulassung kein Eisen ausser Landes verkauft werden darf. Über die Warenpreise der Schlosser und Kleinschmiede, der Plattner, Büchsenschmiede und Sporer, Messerschmiede, Feilenhauer, Zirkel- und Bohrerschmiede, Windenmacher, Grob- und Hufschmiede, Nagel- und Zweckenschmiede verweisen wir auf die angeführte Verordnung. Nur folgende Preise greifen wir heraus: 1 gemeines Stubenthürschloss 1 fl. 15 Gr. 1 Hausthürschloss 4 „ — „ 1 gemeinen Schlüssel — „ 1 „ 1 Hauptschlüssel 12 bis 15 „ 1 Panzer „ein Küriss, so forne Schussfrey“ 20 „ 30 fl. 1 gemein Küriss 14 „ 15 „ 1 Reuter-Rüstung 8 „ 9 „ 1 Soldaten-Rüstung 5 „ 6 „ 1 Degen mit schlagfreier Klinge 3 „ 4 „ u. s. w. 1 Bille (Pille) 12 Gr., Nagelbohrer 3 Pf., Feilen und Raspeln 3 bis 7 Gr., grösser nach dem Gewicht, — 1 Beisszange 2 bis 4 Gr., 1 Hammer 2 bis 5 Gr., 1 Zimmer-Säge 18 bis 21 Gr., 1 neues Huf- eisen 1 Gr. 6 Pf., 1 Hemmkette 6 Ellen lang und stark 2 fl. 6 Gr., 1 Schock starke Lattennägel 4 Gr., 1 Schock Hufnägel 18 Pf. (s. S. 977), 1 Zimmeraxt 12 bis 15 Gr., 1 Holzaxt 7 bis 9 Gr., 1 Schlichtbeil 12 bis 20 Gr., 1 Fleischbeil 4 bis 6 Gr., 1 Handbeil 3 bis 4 Gr., 1000 beste Nadeln 12 Gr., mittlere 10 Gr., gewöhnliche 8 Gr. Spanische Nähnadeln das 100 12 Gr. 1000 Stecknadeln 5 Gr. Die festbestimmte Schmelzzeit für die Eisenhütten, welche früher vom St. Georgentag bis Martini gedauert hatte, wurde ebenso wie die Verkohlungszeit von Mariä Verkündigung bis Gallitag durch Resolution vom 6. September 1675 aufgehoben und dafür bestimmt, dass jedem Hammerwerk, welches seinen ganzen Bedarf aus den kur- fürstlichen Waldungen beziehen musste, 800 Schragen Holz, denen aber, die Gelegenheit haben, Holz aus Privatwaldungen oder aus Böhmen zu beziehen, 400 bis 500 Schragen jährlich zugewiesen werden sollten. Die Hammermeister zu Giesshübel mussten jede Woche mit den Köhlern abrechnen. In Bezug auf die Löhne der Hüttenarbeiter wurde 1660 bestimmt, dass diese bei den hohen Öfen nicht einheitlich geregelt werden Brandenburg im 17. Jahrhundert. sollten, weil die Arbeit je nach der Beschaffenheit der Erze zu ver- schieden sei, es auch den hohen Ofenmeistern überlassen bleiben sollte, ihre Leute wöchentlich oder nach dem Centner zu lohnen. Die Schmiede, Frischer, Aufgiesser und Zerenner dagegen, welche halbjährlich gedinget werden sollten, und zwar von Weihnachten bis Joh. Baptista und von da wieder bis Weihnachten, sollten für das halbe Jahr erhalten: Ein Vorschmied: Gedinggeld 1 Thlr.; Geschenk 1 bis höchstens 2 Thlr. Ein Frischer: ebenso. Ein Aufgiesser: Ge- dinggeld 8 Gr., zum Geschenk höchstens 1 Thlr. Ferner erhält der Vorschmied von jeder Wag Eisen 9 Pf. bis 1 Gr., der Frischer eben- soviel, für das aber für die Blechschmieden Gefrischte 2 Gr. 6 Pf. für den Centner. Der Frischer zahlt dem Jungen oder Aufgiesser von der Wag 6 Pf., auch wohl je nachdem einen Wochenlohn von 21 bis 24 Gr. der Zerenner für jeden schweren Centner, wenn er den Pocherknecht lohnt, 4 Gr. Der gewöhnliche Tagelohn betrug damals in Sachsen 2 bis 3 Gr. ohne Kost und 18 Pf. mit Kost. Von jedem Pochwerk von 3 bis 4 Stempel hatten die Hammermeister jährlich 5 Gulden Zins zu entrichten. In Brandenburg hatte ebenfalls das Eisengewerbe schwer unter dem Elend des 30 jährigen Krieges zu leiden. Nach Be- endigung desselben bemühte sich der Grosse Kurfürst mit Eifer und Verständnis um die Hebung desselben. Den Eisenwerken bei Neu- stadt-Eberswalde wendete er sein besonderes Interesse zu. 1613 wurde schon bei Neustadt-Eberswalde ein Eisenschmelzofen und ein Hammerwerk betrieben Siehe Cramer , Beiträge zur Geschichte des Bergbaus in der Provinz Brandenburg III, S. 207. ; ebenso legte Kurfürst Johann Sigismund damals den kurfürstlichen Hammer zu Hegermühle an. 1676 wurde dieser erneuert und zwei Blechhämmer angelegt. Zu Gunsten der- selben verbot Kurfürst Friedrich Wilhelm 1688 die Einfuhr fremder Bleche Verordnung wegen erhöhten Imports auf fremdes Eisen und Blech 1. 8. 1688. . Dieses Verbot wurde von seinem Nachfolger 1691 erneuert, davon ausgenommen waren nur einige auf die Frankfurter Messe und auf die Jahrmärkte einiger Städte zum Verkauf gelieferte Sorten. 1685, nach Aufhebung des Ediktes von Nantes, kamen auf die Einladung des Grossen Kurfürsten hin viele französische Emigranten nach Branden- burg. Unter diesen befand sich ein gewisser Moise Aureillon, welcher sich in einer Vorstellung an den Kurfürsten erbot, eine Eisenspalterei bei Neustadt-Eberswalde anzulegen. Unter dem 8. September 1698 er- hielt er eine Konzession dafür, „seine vorhabende Eisenspalterei und Brandenburg im 17. Jahrhundert. Drahtzieherei“ zu erbauen. Im Jahre 1700 wurde der Bau des Eisen- schneidwerks, dessen weitere Geschichte in das 18. Jahrhundert fällt, vollendet. Zu Alt-Glünick im Kreise Arnswalde wurde 1666 ein Eisenhammer betrieben. Zu derselben Zeit bestand bei Fürstenow eine „Stahl- mühle“ und eine Gewehrfabrik. Das Eisen, welches die Schulenburgische Hütte bei Lieberose lieferte, war so geschätzt, dass es, wenn fremdes Eisen verboten wurde, was innerhalb der letzten Hälfte des 17. Jahrhunderts sechsmal ge- schah, mit dem schwedischen Osemund stets vom Verbote ausgenommen wurde. Das Peitzer Hüttenwerk hatte Kurfürst Georg Wilhelm unter seine besondere Obhut genommen. 1620 liess er ein zweites Luppen- feuer dort erbauen. Zu Gunsten der Peitzer Eisenhütte erliess der Kurfürst am 10. März 1640 aus Königsberg ein Mandat, wonach die Eisenhändler und Schmiede kein anderes als zu Peitz geschmiedetes Eisen verhandeln und kaufen sollten. 1641 wurde der Betrieb durch den Einbruch der Schweden gestört. Das Werk wurde an den Hammermeister Klisse verpachtet, der aber trotz aller Anstrengung nicht zurecht kam. 1643 brannte die Hütte ab. Sie wurde vom Kurfürsten wieder aufgebaut und in fürstliche Verwaltung genommen. Aus den Rechnungen von 1647 geht hervor, dass aus einer Luppe 1¼ Ctr. Eisen geschmiedet wurde, der Centner wurde mit 2 Thlr. 12 Gr. verkauft. Der Absatz von Ostern 1644 bis 1645 betrug 989½ Ctr. ausser vier Hakenplatten zu 3 Thlr. pro Centner. 1658 erliess der Kurfürst ein Reskript wegen des Neubaues eines Hochofens an den Rat und Hauptmann zu Kottbus und Peitz: „Wir (Churfürst Friedrich Wilhelm) haben verordnet, dass bei unsrer Veste Peitz ein hoher Ofen, worin Kugeln, Granaten und andere Sachen von Eisen gegossen werden sollen, erbawet werden soll. Wie wir dann die Hammerleute, die in bawen und ausarbeiten sollen, allbereit vom Harz anhero verschrieben.“ Der Hochofen wurde 1658 in Betrieb gesetzt. Bei den Kosten- berechnungen sind die Selbstkostenpreise der Gusswaren eingesetzt, und zwar 1 Ctr. Stückgut mit 3 Thlr. 10 Gr., 1 Ctr. Kugeln mit 1 Thlr. 12 Gr., 1 Ctr. Granaten mit 1 Thlr. 18 Gr., 1 Ctr. Grapen 3 Thlr., 1 Ctr. Sorten mit 1 Thlr. 12 Gr. Am 29. Mai wurde ein Edikt erlassen, welches, mit Ausnahme des schwedischen Eisens für immer und des Schulenburgischen zu Liebrose, bis zum Jahre 1668 die Einfuhr und Verarbeitung fremden Brandenburg im 17. Jahrhundert. Eisens zum Schutze der Peitzschen und Krossener Eisenwerke strenge verbot. Dieses Edikt wurde im Laufe des Jahrhunderts fünfmal er- neuert. 1667 wurden in Peitz die ersten drei- und sechspfündigen eisernen Kanonen in Brandenburg gegossen. 1668 wurden 7336 Ctr. Stückkugeln von allen Grössen aus dem Hochofen gegossen. Ende des 17. Jahrhunderts wurden die Werke verpachtet. Die Eisenhütte zu Zehdenik wurde 1620 in Folge der Kriegs- unruhen eingestellt und kam erst nach dem 30jährigen Kriege wieder in regelmässigen Betrieb. Die Akten darüber beginnen erst 1653 wieder; damals war das Werk verpachtet. 1664 wurde auf Ver- anlassung des Grossen Kurfürsten daselbst der erste Hochofen von Benjamin Bonnel und Peter Rochet erbaut, welcher hauptsächlich für Erzeugung von Munition bestimmt war. Von dem Eisenwerk von Tschirndorf, Kreis Sorau, erfahren wir nur, dass es 1622 im Besitz der Familie Kuhhasse war. Der alte Teuplitzer Hammer wurde 1668 betrieben. Der spätere Pleiske- hammer bestand in der Mitte des 17. Jahrhunderts als Döbbernitzer Hammer. Bereits 1616 wird der Kunnersdorfer Eisenhammer erwähnt, welcher damals dem Sigismund von Schlichting gehörte. Von Bedeutung war noch die Eisenhütte bei Neustadt an der Dosse im Kreise Ruppin Siehe Cramer , a. a. O. VIII, S. 27. . Die Herrschaft Neustadt a. d. Dosse war 1644 an den schwedischen General-Feldmarschall Graf Königsmark und 1662 an Landgraf Friedrich von Hessen-Homburg mit dem silbernen Bein übergegangen. Dieser verband sich 1663 mit seinem Vetter, dem Grossen Kurfürsten, zum gemeinschaftlichen Betrieb des Werkes. In einem weiteren Reskript von 1664 heisst es, dass die Anlage des hohen Ofens und Frischfeuers nach den Angaben des Peter Rochet erfolgen solle. 1667 übernahm der Landgraf den Be- trieb allein gegen eine jährliche Abgabe von 500 Thlr. Es wurden Stückkugeln und Gusswaren verfertigt, welche nach Amsterdam und Hamburg verkauft wurden. Am 20. Februar wurde mit den Kauf- leuten Louis und Liebert Wolters und Augustin Hinrichs ein Ab- kommen getroffen, wonach diesen auf fünf Jahre die ganze Pro- duktion verkauft wurde. Die Käufer forderten 380 Schiffspfund (à 300 Pfund hamburgisch, also etwa 57000 Kilo) pro Monat. Sie zahlten für das Schiffspfundgeschütz von verschiedenem Kaliber, und was sonst in Lehm geformt werden möchte, 6½ Reichsthaler (oder für die Tonne 140 Mk.), aber von allerhand Kaliber 3 Thlr. 9 Gr., Belgien im 17. Jahrhundert. resp. wenn mehr als ⅓ kleine Ware 4 Thlr., wobei die Käufer „die Figuren der platten und was sonsten gegossen zu werden begehret und desiderieret werden möchte“ schuldig sein sollten, d. h. für die Tonne 80 Mk. ohne Modellkosten. Später scheint sich der Landgraf von Hessen von dem Unternehmen zurückgezogen zu haben, denn 1698 verfügt der Kurfürst von Brandenburg allein über das Hütten- werk. Die Erze bei Neustadt a. d. Dosse hielten aber nicht an. Ebenso erging es dem Eisenwerke bei Rathenow. Durch die Erwerbung Pommerns und Stettins und die Er- leichterung des Handels fand das schwedische Eisen immer mehr Eingang in Preussen. Belgien . Das Lütticher Land erhielt sich seine blühende Eisenindustrie während des 17. Jahrhunderts und erwarb sich noch mehr wie früher den Weltmarkt. Die Verhältnisse begünstigten es in hervorragendster Weise, denn es besass ausser den Eisenerzen in nächster Nähe und den Holzkohlen der Ardennen, Überfluss an Steinkohlen, deren Flötze un- mittelbar bei der Stadt zu Tage ausgingen. Dadurch blieb Lüttich auch bei dem Übergange vom Holzkohlen- zum Steinkohlenbetriebe im Vorteil und seine Eisenindustrie erlitt keinen Rückgang, sondern breitete sich immer mehr aus. Die fortschreitende Entwaldung des Lütticher Landes hatte nur die Folge, dass die Arbeitsteilung sich schärfer in der Weise vollzog, dass das Grobeisen in den wald- und erzreicheren Gebieten von Namur, im Hennegau und in Luxemburg hergestellt wurde, während Lüttich dies weiter verarbeitete zu Façon- eisen, Feineisen, Blech, Nägeln, Waffen und sonstigen Handelswaren. Diese Verarbeitung geschah mittelst Steinkohlen. Die Hochöfen, die sich im Gebiete von Lüttich befanden, arbeiteten meistens auf Guss- waren, wofür das Land einen alten, begründeten Ruf hatte. Spinola liess 1624 eiserne Geschütze in Lüttich giessen. — Pietro Sardi lobt die eisernen Kanonen von Lüttich allerdings nicht L’Artigleria de Pietro Sardi Ven. 1621, p. 48. . Er sagt, das Eisen sei spröde und brüchig, was er der Verwendung der Steinkohle zuschreibt. Belgien im 17. Jahrhundert. Die zahlreichen Hochöfen in der Grafschaft Namur arbeiteten dagegen hauptsächlich für die Frischhütten. Aber auch im Gebiete von Lüttich wurden im Laufe des Jahrhunderts neue Hochöfen errichtet und neue Bergwerke auf Eisen- stein eröffnet, so 1611 im Walde von Franchimont und 1648 im Walde von Plomberie-lez-Huy. Für grössere Gruben wurden besondere Ord- nungen erlassen. In einer solchen Bergwerksordnung der Eisenstein- gruben in der Gemeinde Beaufays vom 14. September 1689 wird im wesentlichen folgendes bestimmt: 1. Keinem ist gestattet, Eisenerz zu graben und zu gewinnen ohne Anzeige bei dem zuständigen Bergbeamten. 2. Jeder, der eine Mutung erlangt hat, muss innerhalb sechs Wochen mit der Bergarbeit beginnen und dieselbe ohne Unterbrechung weiterführen. 3. Jedes Grubenfeld soll 12 Toisen lang sein, sechs nach der einen, sechs nach der anderen Seite des Schachtes; wer darüber hinausfährt, verfällt in 10 Goldgulden Strafe und Schadenersatz für den Nachbar. 4. Sie müssen die Grube abbauen bis auf das Grundwasser (vive eau). 5. Kein Fremder darf in Arbeit genommen werden. 6. Alle, die ein Bergwerk eröffnen wollen, müssen dies bei dem Rechnungshof eintragen lassen. 7. Findet er mit seinen Genossen (Nachbarn) einen neuen Gang, so kann er mit diesen einen gemeinsamen Bau be- ginnen. Eine grosse Stärke für die Lütticher Industrie bildete ihre ge- nossenschaftliche Organisation, die wir schon früher erwähnt haben Alle Eisenarbeiter, d. h. alle Arbeiter, welche von der Gewinnung und Verarbeitung des Eisens lebten, gehörten einer einzigen grossen Zunft an, der „corporation du bon Métier des Fèbvres“. Diese hatte grosse Vorrechte. — Nach dem Grundsatze der Korporation war das Recht der Arbeit ein Privilegium. Keiner durfte ein mit der Eisen- industrie in Verbindung stehendes Gewerbe betreiben, wenn er nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen war. Hierzu war aber erforderlich: 1. dass er Bürger der Stadt Lüttich war, und 2. dass er sein Meisterstück vor den Zunftmeistern abgelegt hatte. Die Zunftmeister wählten aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden (majeur). Le bon métier des Fèbvres bestand aus drei Arten von Genossen: Belgien im 17. Jahrhundert. 1. Aus den Kaufleuten, beziehungsweise Hüttenherren, welche auf ihre Kosten in den Grafschaften Namur ‘und Luxemburg das grobe Frischeisen beschafften und dasselbe den Schmiedemeistern lieferten. Diese letzteren bezahlten es nach festgesetzten Preisen und schmiedeten es zu Handelseisen aus, machten Nägel, Bleche u. s. w., kurz, Handels- eisen aller Art. Hier begann alsdann wieder die Thätigkeit des Kauf- mannes, der den auswärtigen Handel besorgte und die Eisenwaren nach Holland, Deutschland, Frankreich und nach England vertrieb. 2. Aus den Schmiedemeistern, von denen ein jeder seinen Spezial- artikel für den Handel verfertigte. 3. Aus den Arbeitern, welche die Meister in ihrer Arbeit unter- stützten und von diesen ihren Lohn erhielten. Die meisten Hammerwerke, welche durch Wasserräder getrieben wurden, verteilten sich gruppenweise entlang den Wasserläufen. Als hauptsächlichstes Brennmaterial diente die Steinkohle, welche zu billigen Preisen aus der Nachbarschaft von Lüttich bezogen wurde. Der billige Brennstoff, die billige Wasserkraft, die Ökonomie der Arbeit in Verbindung mit der überlieferten Geschicklichkeit der Lütti- cher Schmiede, der Wegfall der Generalkosten: Dies Alles trug dazu bei, die Hütten und Hämmer thätig und blühend zu erhalten. Die Benutzung der Gefälle verschiedener kleiner Flüsse bedingte die Teilung der Arbeit in zahlreichen einzelnen Werkstätten, da aber alle demselben Verbande angehörten, so bildeten sie doch gewissermassen eine grosse Fabrik. Dem Widerstreit der Interessen zwischen Kaufleuten, Meistern und Arbeitern ward durch landesherrliche Verordnungen vorgebeugt. Aufträge vom Auslande wurden von der Genossenschaft angenommen und unter den Genossen verteilt. Die Arbeiten wurden zu be- stimmten Taxen nach einem Tarif, der für alle Genossen verbindlich war, ausgeführt. Der Staat erhob einen Zoll auf das Eisen von 1/120 des Wertes (d’un demi-soiscantième), ausgenommen von dem für die Nagelfabrikation bestimmten, der armen Nagelschmiede und der Konkurrenz von Charleroi wegen. Das Verbot, dass kein Schmied oder Arbeiter die Arbeit ausser Land tragen durfte, wurde streng gehandhabt, wurde aber deshalb in schlechten Zeiten zuweilen auch zur Last. — In Bezug hierauf ist folgendes Bittgesuch der Schmiede an den Fürstbischof von Lüttich im Jahre 1700 charakteristisch: „Die Hüttenmeister (maitres des forges) befinden sich mit mehreren Millionen Potterieguss belastet, weil die Lütticher Schmiede im Auslande der Arbeit nachgehen . Die Gesuchsteller haben sich Belgien im 17. Jahrhundert. nun zu dem Zwecke verbündet, ihre Werke, in denen noch kein Fremder aufkommen konnte, zu vervollkommnen, um die Leute dem Lande zu erhalten, in dem sie geboren sind: deshalb suchen sie darum nach, dass keine neuen Hochöfen mehr errichtet werden möchten, da die Zahl der vorhandenen doppelt zu gross ist, um das erforderliche Quantum von Töpfen, Kesseln, Kasten, Platten und andere Artikel zu liefern; sie ersuchen, dass es nur den zwei Öfen zu Grivegné und den zwei Öfen bei dem Dorfe des Vennes gestattet sein solle, Potterie zu giessen, da diese von jeher diese Industrie getrieben haben und ihre ersten Meister die Erfinder (!) derselben gewesen sind Siehe Francquoy , Des progrès de la fabrication de fer dans le pays de Liège, p. 41. .“ Auf dieses Gesuch hin verbot die fürstbischöfliche Regierung die Einrichtung neuer Hochöfen für die folgenden 25 Jahre. Ebenso gewährt ein anderes Bittgesuch vom 22. Juni 1699 um Zollbefreiung für die aus den Gemeinden Clermont und de Nandrin zu beziehenden Eisenerze, Einblick in damalige Verhältnisse: „Jean Posson und Michel Rond, Kaufleute und Bürger der Stadt Lüttich, stellen ehrerbietigst Euer hochfürstl. Gnaden vor, wie seit einiger Zeit von ihrer Kathol. Majestät ein Verbot erlassen worden ist, aus der Grafschaft Namur keine Art von Eisenerz auszuführen, von welchen dieselben einen entsprechenden Teil förderten zur Gussmischung für Töpfe, Marmiten und Kessel, welche sie fabrizieren, augenscheinlich in der Absicht, dass solche allein in der dortigen Grafschaft gemacht und dadurch der Handel der ganzen Arbeiterbevölkerung des Lütticher Landes dorthin gezogen werde, zur Schädigung der Interessen Ihrer fürstl. Gn. armen Unterthanen, und da sie glauben, dass auch in diesem Lande und besonders in Schichten Eurer hochfürstl. Gn. Ge- meinden zu Clermont und Nandrin und Umgegend, sich Bergwerke auffinden liessen um die erwähnte Mischung zu liefern, haben sie es für ihre Pflicht gehalten, im Hinblick auf das öffentliche Wohl, sich an Ihro hochfürstl. Gnaden in geziemender Achtung mit dem Bitt- gesuch zu wenden, Ihnen Vollmacht und Erlaubnis zu erteilen, in genannten Gemeinden und Umgegend arbeiten zu dürfen mit Aus- schluss aller Anderen, gegen Erstattung des üblichen Zehnten (l’on- zième), wie dies von Andern geschieht. Hierdurch würden Euer fürstl. Gn. Unterthanen den Vorteil haben, sowohl durch den Besitz und die Arbeit der Gesuchsteller selbst, als durch das Fuhrwerk, die Arbeit und die Waren, die sie machen lassen, ohne dass sie genötigt wären, wegen dieser in das Ausland zu gehen.“ Belgien im 17. Jahrhundert. Hier handelt es sich um Erze für Giessereieisen, wozu einzelne Sorten vorzüglich geeignet waren. Im Allgemeinen sind die Erze des Maasgebietes nicht gerade von hervorragender Güte. Wenn des- halb das Lütticher Schmiedeeisen, wegen seiner Hämmerbarkeit und Zähigkeit, geschätzt und berühmt war, so lag dies mehr in dem Frisch- verfahren. Wie früher schon erwähnt, war dies die Wallonschmiede, welche hier heimisch war und in welcher kleine Luppen in einem Herd gefrischt und in einem zweiten Herd ausgeheizt wurden. Hierdurch wurde das Material gut durchgearbeitet. So streng geschlossen das Lütticher Eisengewerbe war, so ver- hielt es sich durchaus nicht ablehnend gegen Neuerungen. Dies geht auch daraus hervor, dass die deutschen Kaiser zahlreiche Privilegien (Patente) für neue technische Einrichtungen für Lüttich erteilten. So wurde z. B. 1627 von Kaiser Ferdinand II. einem Octavius de Strada ein Patent erteilt, Eisen im Hochofen mit Steinkohlen zu schmelzen Siehe Francquoy , a. a. O. S. 49. . Es ist dies zweifellos das älteste Patent für diesen Zweck auf dem Kontinent und trägt die Überschrift: Octroy, Permission et Privilege, pour faire usiner les fourneaux à fondre les minerais aves le Feu de Houille, donné à Octavius de Strada à l’exclusion de tous aultres qui s’en voudraient servier, pour un terme et espace de vingt-cinq ans. Der Text lautet: „Diese Erfindung ist vor Allem sehr nützlich in unserm Lütticher Lande, wo die Stein- kohlen im Üeberfluss vorhanden und soviele Bergwerke sind, dass ein grosser Teil davon gar nicht betrieben werden kann wegen Mangel an Holz. Von dem Wunsche erfüllt, unserm Lande die Wohlthat einer so vorteilhaften Erfindung zukommen zu lassen, hat er uns in Ehrfurcht gebeten, ihm ein Privilegium zu erteilen, dass Niemand sich des Verfahrens, die Steinkohlen vorzubereiten (façon d’accomoder les houilles) bedienen kann, um daraus Gewinn zu ziehen oder Waren herzustellen, ohne seinen Willen und Zustimmung für den Zeitraum von 25 Jahren. Ferdinand an Alle, die Gegenwärtiges lesen werden oder lesen — Gruss. Wir thun zu wissen, dass wir unter dem 18. Juni 1625 an Octavius de Strada , böhmischen Edelmann, das Recht und die Macht verliehen und übertragen haben, Eisenerze und alle anderen Metalle zu schmelzen, sie zu reinigen (raffiner) und herzurichten für den Gebrauch mit einem Feuer von Steinkohle für den Zeit- Belgien im 17. Jahrhundert. raum und die Frist von 25 Jahren, unter Ausschluss aller Anderen und haben wir ihm daraufhin unsere Patentbriefe (lettres de privilége) ausfertigen lassen, welche unser Rechnungshof aufzubewahren und in Bezug auf unsere königlichen Gebühren und Gewinne auf Grund dieses Privilegs darüber zu wachen hat. Nach Einsichtnahme in unserem Rechnungshof und nach verschiedenen Besprechungen und Erwägungen sind wir mit den genannten Erben von Strada — seinen Erben und deren Vertreter — übereingekommen, dass sie gehalten seien, zu entrichten oder entrichten zu lassen zum Vorteil unserer bischöflichen Tafel, den dreizehnten Pfennig frei und ausgenommen von jeder Auflage, sowie er falle u. s. w. … Zur Beglaubigung dessen haben wir befohlen, unser Siegel an Obiges zu befestigen im Jahre des Herrn 1627, des Monats April am 14. Tag.“ Der deutsche Edelmann Octavius de Strada , vermutlich ein Nachkomme des berühmten Mechanikers Jacobus Strada de Ross- berg , der 1588 zu Mantua verstorben war, hatte also die Absicht, die Steinkohle einem Vorbereitungsprozess zu unterziehen und sie dann zum Schmelzen und Reinigen des Eisens zu verwenden. Erfolge hat er wohl kaum erzielt, denn es existiert keinerlei Nachricht darüber. Dass man aber gerade für Lüttich ein solches Patent nach- suchte und erteilte, kann auch als Beweis für das Ansehen und die Bedeutung der dortigen Eisenindustrie angesehen werden. Die Hauptindustrie Lüttichs war die Verarbeitung des Frisch- eisens zu Handelswaren, die Eisenveredlung. Dazu dienten zahl- reiche Reck- und Zainhämmer, sodann für die blühende Waffen- fabrikation Rohr- und Waffenhämmer und für die Blechfabrikation Blechhämmer. Das Rohmaterial kam in Form von Grobeisen meist aus der Grafschaft Namur, aus l’Entre Sambre-et-Meuse und aus Luxem- burg. — Die Blechhämmer lagen an den Ufern der Ourthe, der Vesdre und Hoyoux. Sie wurden ebenso betrieben wie die Reck- und Zainhämmer, und bediente man sich in Lüttich schon früh der Wärme- öfen, fours dormantes, der backofenähnlichen Flammöfen, in welchen die auszuheizenden Bleche direkt auf der über der ebenen Sohle ausgebreiteten Brennmaterialschicht aufgelegt wurden (s. Fig. 210). Sehr früh wurde auch in Belgien die in Deutschland erfundene Weissblechfabrikation eingeführt. 1629 wurde bereits hierfür ein Patent erteilt, welches folgende Überschrift führt: „Octroye, Pour Faire Du Ferre Blanc, En La Ville De Dynand, Pour Un Terme De Vingt Ans, A L’Exclusion de Tous Aultres, Pour Everard Meybosch.“ Belgien im 17. Jahrhundert. Der Text lautet: „Ferdinand — allen denen, die dieses lesen werden oder lesen — Gruss. Wir haben das demütige Bittgesuch von Eberhard Meybosch und seinen Genossen empfangen, des Inhalts, dass das Weissblech (le fer blanc), aus welchem man die Blechbüchsen, Dachkändeln und ähn- liche Arbeiten mache, aus Deutschland nach unseren Städten und Ort- schaften käme, zu hohen Kosten und grosser Unbequemlichkeit für diejenigen, welche für ihr Handwerk desselben bedürften, wodurch sich die Preise der daraus gefertigten Arbeiten und Waren erhöhten, durchaus nicht im Interesse des öffentlichen Wohles; dazu komme, dass an mehreren Orten des besagten Deutschlands die Fabrikation des genannten Weissblechs bedeutend in Verfall (descheute) geraten sei durch die letzten Kriege, wodurch zweifellos eine noch grössere Teuerung und Schwierigkeit des Bezugs entstehen werde und da nun der Obengenannte vorstellig ist, dass er von dem Wunsche erfüllt sei, die genannte Fabrikation in unserer Stadt Dinand oder anderswo einzuführen und er und seine Genossen sehr inständig darum gebeten haben, so sei ihnen solches gewährt für einen Zeitraum und Frist von 20 Jahren.“ Die Fabrikation wurde daraufhin auch wohl eingeführt; zu be- sonderer Blüte gelangte sie aber nicht, weil die Lütticher Hammer- bleche nicht von der entsprechenden Güte waren. Das erzeugte Weissblech war nur für ordinäre Ware zu verwenden. Dass auch Eisenschneidwerke bereits im 17. Jahrhundert in Lüttich bestanden, haben wir bereits oben (S. 953) erwähnt. Francquoy geht aber etwas weit, wenn er aus einer einem Guillaume Traipont am 15. März 1617 erteilten Konzession zur Anlage eines Zainwerkes (fenderie) bei dem Dorfe Prayon schliesst, schon damals wären Eisenspaltereien mit Streck- und Messerwalzen im Lütticher Lande in Gebrauch gewesen. Es handelt sich hier, wie es scheint, nur um die Anlage eines Zainhammers. Wohl aber werden die neuen Werke, welche 1693 zu Henne bei Lüttich und 1698 bei Tieff gegründet wurden, wirkliche Eisenschneidwerke, wie wir sie Seite 955 beschrieben haben, gewesen sein. Auch bei diesen bediente man sich in Lüttich der fours dormantes mit Steinkohlen- feuerung. Für die Schneidwerke war in Lüttich ein besonderes Bedürfnis vorhanden durch die ausgebreitete Nagelfabrikation, welcher jene das Rohmaterial lieferten. Belgien im 17. Jahrhundert. Die Nagelfabrikation im Lütticher Lande war von Alters her sehr bedeutend und bildete einen Hauptzweig der Lütticher Eisen- industrie. Sie versorgte Belgien und Holland, lieferte nach Spanien und Deutschland, aber auch nach überseeischen Ländern, besonders Indien und Amerika. — Diese Fabrikation beschäftigte besonders im Winter zahlreiche Familien in den Dorfschaften der Umgegend von Lüttich. Die Nagelschmiede hatten hier eine Handfertigkeit erlangt, die jede Konkurrenz ausschloss. Die Lütticher Nägel waren gesucht, wegen ihrer Gleichmässigkeit und Sauberkeit. Die Landesregierung wendete von jeher diesem Betriebszweige besondere Fürsorge zu, weil es die wichtigste Hausindustrie der ärmeren Bewohner war. Die Nägel waren allein von allen Eisenwaren zollfrei. Es wurden besondere Verordnungen erlassen, um die Arbeiter vor der Ausbeutung durch die Meister zu schützen und um diese Industrie zu erhalten, deren Blüte für den allgemeinen Wohlstand des Landes unentbehrlich war. Den Nagelhändlern, welche eine besondere Genossenschaft bilde- ten, war nur der auswärtige Handel gestattet. Sie kauften das Grob- eisen in der Grafschaft Namur, lieferten es den Zainhämmern oder Schneidwerken, die es in Nageleisen verwandelten, das alsdann in die Hände der Nagelschmiede (marchotais) gelangte. Die Stahlbereitung spielte in Lüttich nur eine untergeordnete Rolle, da die Erze hierfür nicht geeignet waren. Man bezog seit alter Zeit her deutschen Schweissstahl. Es ist deshalb wohl nur eine von Francquoys patriotischen Phantasien, wenn er aus einem Privileg, welches bereits am 19. Januar 1613 von Ferdinand an einen Waffen- schmied Pier de Coutraye und an Jean van Beulhe verliehen wurde, Eisen in Stahl zu verwandeln, sofort den Schluss zieht, die Lütticher hätten schon damals die Cementstahlfabrikation gekannt und betrieben. Über das Verfahren der Genannten wissen wir gar nichts und es ist nicht einmal bekannt, ob sie ihr Privileg jemals ausgenutzt haben. Übrigens war ja die Einsatzhärtung damals schon längst bekannt. Die Anfänge der luxemburgischen Hochofenindustrie sollen in das Jahr 1612 fallen. Vordem wurde das Eisen in Rennwerken ge- wonnen, wie dies auch in Belgien noch vielfach der Fall war. Die Eisengewinnung aus den Erzen blühte besonders im Gebiete von Namur . Siehe Jars , Metallurgische Reisen, II, S. 784. Belgien im 17. Jahrhundert. Den Reidemeistern der Grafschaft Namur bestätigte am 24. Ok- tober 1635 König Philipp IV. von Spanien ihre alte Ordnung, welche sie von dem Grafen Wilhelm von Namur 1345 erhalten hatten Siehe Jars , Metallurgische Reisen, II, S. 784. . Es wird darin insbesondere bestimmt, dass Diebstähle an Erz, Kohlen, Eisen und Werkzeugen vor dem Berggericht abgeurteilt werden sollen. Diesem steht ein Bergmeister vor, welcher alle drei Jahre von sämtlichen Schmieden neugewählt werden soll. — Nur die ver- eidigten Schmiede, nicht aber die Tagelöhner sollten diese Freiheiten geniessen. Artikel V bestimmt: „Alle Schmiedemeister müssen, bei nam- hafter Strafe, alle Jahre am Tage vor Johannis dem Oberbergmeister eine Generalliste von allen Arbeitern, welche sie in dem vergangenen Jahre haben arbeiten lassen, überreichen und für jeden Arbeiter dem gedachten Bergmeister drei Kaisergroschen (patards) einhändigen, wovon er ⅓ für seine Mühewaltung behält und ⅔ zu den gemein- schaftlichen Bedürfnissen und Notwendigkeiten der Schmieden ver- wendet werden sollen.“ Jeder Arbeiter muss bei dem Gerichtsschreiber seinen Wohnplatz, Lehrbrief und Eid eintragen lassen. Kein Schenkwirt oder Soldat darf als Bergknappe oder Schmied arbeiten. Der Bergmeister soll wenigstens zweimal im Jahre alle Hüttenwerke und Eisenhämmer be- reisen und die Zahl der Arbeiter genau kontrollieren. Nur die wirk- lich Hämmer besitzen, dürfen Eisen schmieden lassen; Anderen, die sich oft für Faktores und Schreiber der Schmiedemeister ausgeben, ist dies streng verboten; desgleichen den Reidemeistern, solche Leute, die nicht wirklich in ihren Diensten stehen, in Arbeit zu nehmen; ebenso den Bergleuten, für sie zu arbeiten, bei Strafe der Dienst- entlassung. Um dem Missbrauch zu steuern, dass Bergknappen und Arbeiter, welche einen Hammer übernommen haben, Eisen an Matrosen und Schenkwirte verkaufen oder gegen Geld oder Waren verpfänden, wird solches bei hohen Strafen für alle Teile verboten, und verfallen gleichermassen die Hammermeister in Strafe, welche solches Eisen kaufen. Da neuerdings zum besonderen Nutzen des Eisengewerbes Reck- und Blechhämmer angelegt worden sind, so wird bestimmt, dass, im Sinne der früheren Gesetzgeber, die Meister dieser Hämmer die gleichen Rechte und Freiheiten geniessen sollen. Da der Gruben- betrieb dadurch, dass er mehr in die Teufe geht, schwieriger wird, Beck , Geschichte des Eisens. 77 Belgien im 17. Jahrhundert. soll die Zahl der Knappen, welche jeder Hammer halten darf, erhöht werden. Der Hüttenmeister, der mit seiner Familie von allem Frohn- dienst (droit de mortemain) befreit ist, soll statt der sieben Knappen für jeden Hochofen 10, so dass er für 20 Personen die Freiheit ver- langen kann und ausser dem einen Meister, einen Aufgeber, einen Schmelzer, drei Aufläufer, einen Pocher und einen Erzwascher halten dürfen. — Bei einer Schmiede, wo nur ein einfaches Frischfeuer ist, sollen sechs Personen, nämlich ein Meister, ein Kärner, die Vor- schmiede, die Aufgiesser und ein Drahtzieher, jeder mit einem Burschen sein. Wenn aber der Hammer Tag und Nacht geht, kann er drei Hammerschmiede und drei Drahtzieher mit ihren Burschen halten. In Werken, wo zwei Frischfeuer gehen, kann man neun freie Arbeiter halten: nämlich einen Stabhammermeister, einen Kärner, zwei Frischer, und bei jedem einen Burschen und drei Vorschmiede. Werke, die am Flusse liegen, dürfen noch einen Schiffer halten. In den Eisen- spaltereien (fenderies) sollen nur vier und in den Platinhämmern (platineries) nur drei Arbeiter eximiert sein. Die Schmiede dürfen aus den herrschaftlichen Holzungen sich Sand und Steine für Ofen- reparaturen holen, aber ohne den Wald zu schädigen; ebenso Bauholz, doch nur auf Anweisung des Försters. Kein Knappe darf sich einen Holzvorrat halten oder Holz anders als für die an- gegebenen Bauzwecke verwenden. Die Hammermeister sind für die Strafen ihrer Bergknappen haftbar. Bergknappen und Hammerarbeiter dürfen nicht eher angenommen werden, als bis der Meister ihren Lehrbrief und Eidesbescheinigung eingesehen hat. — Bei dem Erz- abbau soll man vier Lachter (toises) von den Grenzen entfernt bleiben. Die Bergknappen dürfen kein Bergwerk verheimlichen, noch sich eines andern bemächtigen, auch nicht für zwei Hammermeister gleichzeitig arbeiten. Sie müssen einen begonnenen Bau zu Ende führen und dürfen bei hohen Strafen die Arbeit nicht willkürlich verlassen. Auch soll die Grube dem Hammermeister durch solch böswilliges Verlassen der Arbeiter nicht ins Freie fallen. Dagegen kann der Hammer- meister die Grube der Bergleute, wenn sie sechs Wochen lang die Arbeit eingestellt haben, an sich nehmen. — Hammermeister dürfen nicht einseitig Grubenfelder an sich bringen und andere Meister an dem Schürfen hindern, vielmehr bleibt das alte Gesetz in Kraft, wonach es jedem Schmied freisteht, auf jedem Grund in einem Um- fange von vier Lachter breit und gegen Erlegung des üblichen Kanons, des Zehnten von dem Wert der Erze an den Eigentümer, zu schürfen. Doch dürfen Bergknappen nur im Auftrage ihrer Hammer- Belgien im 17. Jahrhundert. meister schürfen. Für allen Schaden an Ackern und Wegen sind die Meister haftbar. Gruben dürfen nicht näher als 25 Fuss von der Landstrasse angelegt werden. Die Schächte sind wieder aufzufüllen oder mit einem festen Zaun zu umgeben. Kein Meister darf Ar- beiter, Fuhrleute oder Schiffer in Dienst nehmen, ehe ihr früheres Geding beendigt ist; auch haftet der Meister für die Schulden der eingestellten Arbeiter. Alle Erze müssen richtig vermessen werden und nur nach dem von dem Oberschichtmeister eingerichteten Mass, welches ⅔ Namurschen Masses entspricht, und von dem 10 auf den Karren gehen. Ebenso werden Bestimmungen über das Kohlenmass getroffen, wobei vordem grosse Verwirrung herrschte (Art. 49 bis 52). Treffen die Bergknappen auf Blei- oder andere Erze, so müssen sie dies an- zeigen und dürfen es nicht gewinnen und verkaufen. Ausser Landes dürfen Erze nur mit Zustimmung des Oberhüttenmeisters und nach Entrichtung des Zehnten verführt werden. Der zehnte Teil des Zehnten gehört dem Oberhüttenmeister für seine Mühe. Von allen Strafen fliesst ⅓ in die fürstliche Kasse, ⅓ kommt dem Oberhütten- meister und den Geschworenen, und ⅓ den Denunzianten zu. Ausserdem erhält der Oberhüttenmeister, der die Strafgelder einzu- ziehen und jedes Jahr gegen Johannis abzuliefern hat, einen Gehalt von 100 Gulden, den das gesamte Schmiedewerk aufbringen muss. Alle Meister haben bei den Zunftversammlungen zu erscheinen. Nicht- erscheinen bei der Wahl des Oberhüttenmeisters und Geschworenen wird mit 12 Gulden, bei gewöhnlichen Versammlungen mit 4 Gulden bestraft. Dieses ist der Hauptinhalt der Namurschen Hüttenordnung. Ähn- licher Freiheiten, wie die Hammermeister, erfreuten sich die Gruben- gewerke der Steinkohlenbergwerke. Auch diese beruhten auf alter Gewohnheit und waren zum ersten Mal in Paragraphen gefasst in „dem Frieden von St. Jaques“ 1487. Dieses alte Gesetz bildete die Rechts- grundlage des Steinkohlenbergbaues im Lütticher Lande und in der Provinz Limburg. Es wurde durch Zusätze erweitert und wiederholt bestätigt. Eine solche Bestätigung ist das von König Karl II. von Spanien erlassene Generalreglement vom 1. März 1694 Siehe Jars , a. a. O., II, S. 769. . Der oberste Grundsatz blieb, dass die Kohlenlager dem Grundbesitzer gehörten. Dieser scheinbar einfache Grundsatz führte nach dem Übergang zum Tiefbau, da sich der oberirdische Betrieb nicht mit dem unterirdischen deckte, zu den grössten Verwickelungen. Ein 77* Belgien im 17. Jahrhundert. Grundbesitzer konnte den Oberflächenbesitz verkaufen und sich das Recht auf die Kohlenlager vorbehalten und dies geschah wiederholt namentlich von Klöstern und geistigen Stiften. Sodann gehörten alle Steinkohlen unter den Landstrassen oder öffentlichen Ländereien dem Landesherrn. Der Unternehmer musste die Grenze des Grundstücks einhalten oder von dem nächsten Grundbesitzer ebenfalls durch Ver- trag das Recht auf den Abbau erwerben. Die Übertragung des Rechtes des Grundbesitzers auf die Kohlenlager an einen Unternehmer konnte in sehr verschiedener Weise geschehen. Es lässt sich also wohl denken, wie sehr sich die Verhältnisse im Laufe der Zeit ver- wickeln mussten und wieviel Rechtsstreite entstanden. „Wenige Unternehmungen sind soviel Prozessen unterworfen, als die Kohlen- bergwerkssachen“, sagte Jars 1767. Der Gerichtshof, welcher in früherer Zeit die Streitigkeiten ent- schied, war „das Gericht der Kohlengeschworenen“ (le cour de voir juré du charbonage) zu Lüttich, anfangs aus vier, später aus sieben Geschworenen bestehend. Derselbe entschied nicht nur in den ihm zugewiesenen Streitfällen, sondern äusserte sich auch gutachtlich. Hierdurch erlangte er besonderes Ansehen und Einfluss über die Grenzen des Lütticher Landes hinaus und wurde öfter von Aachen und Limburg aus angerufen. Der Steinkohlenbergwerksunternehmer, der nicht selbst Grund- besitzer war, musste sich von dem Grundbesitzer das Feld, wo er seinen Betrieb errichten wollte, sichern. Dies geschah durch Kon- trakt, und zwar entweder durch Belehnung oder durch Erlaubnis. Im Falle der Belehnung konnte der Beliehene seine Ansprüche an dem Bergwerksbesitz nur durch richterliche Entscheidung auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes verlieren; im Falle der Erlaubnis verlor er seine Ansprüche ohne Weiteres, wenn er die Arbeit auf- gab, in welchem Falle dieselben mit den Bauten an den Grund- besitzer zurückfielen. Wenn der Grundbesitzer gegen die Anlage eines Bergbaues überhaupt Widerspruch erhob und die Zulassung ver- weigerte, konnte der Unternehmer die Belehnung durch Adjudikation erwerben. Im Falle der Weigerung wurde der Grundbesitzer auf Antrag des Unternehmers von der Bergbehörde aufgefordert, den Bergbau selbst zu beginnen. That er dies nicht in der bestimmten Frist, oder that er es nur zum Schein, indem er denselben begann, aber nicht fortführte, so wurde dem Unternehmer die Belehnung er- teilt. Eine dritte Art der Erwerbung der Mutung war durch Ver- säumnis. Wenn nämlich der Unternehmer eine Grube eröffnete und Italien und Spanien im 17. Jahrhundert. der Grundbesitzer hiervon Kenntnis hatte, innerhalb 40 Tagen aber keine Einsprache erhob, so galt dies als Zustimmung und der Unter- nehmer durfte weiter bauen. — In allen Fällen erhielt der Grund- besitzer von dem Unternehmer eine Vergütung, und zwar die 81. Tonne, welche gefördert wurde; ging ein Stollen, der das Wasser löste, durch das Feld, so erhielt dessen Eigentümer ebenfalls 1/81 der Förderung als Vergütung. Der Unternehmer musste drei Lachter von der Feldesgrenze entfernt bleiben; drei Lachter zu beiden Seiten derselben blieb also das Flötz stehen. Diese Bestimmung, sowie die Besitz- und Belehnungsverhältnisse waren für den Aufschwung des Steinkohlenbergbaus in Belgien wenig günstig. Bezüglich weiterer Einzelheiten verweisen wir auf den Aufsatz von Jars Jars , Metallurgische Reisen, II, S. 745. . Italien, Spanien und Portugal . Die Eisenindustrie Italiens hat im 17. Jahrhundert wesentliche Änderungen nicht erfahren, man fuhr fort, nach früherer Weise an den alten Plätzen das Eisen zu gewinnen. Wir haben schon früher Gelegenheit gehabt, von der bedeuten- den Waffenfabrikation der norditalienischen Städte, namentlich Brescias und Mailands, zu sprechen. Brescia lag in eisenreicher Gegend. Der Bezirk des Monte Prealba und Monte Conche bis Gardone und Caino hinauf waren reich an Eisenerz, und die wasserreichen Bäche Melle und Garza lieferten die nötige Triebkraft. Auch die Umgebung von Mailand war reich an ergiebigen Eisenbergwerken, so zu Valsassina, Brembana u. s. w. Brescia, die alte Waffenstadt, war im 17. Jahrhundert besonders berühmt durch seine Feuergewehre, die Büchsenmacherei war zum Teil an die Stelle der alten Klingenschmiede getreten. Ein wichtiger Platz für Flinten und Pistolen war auch Pistoja, welches den letzteren ihren Namen gegeben haben soll. In Spanien übten die traurigen politischen Zustände einen schweren Druck auf Handel und Gewerbe aus, worunter der all- Spanien im 17. Jahrhundert. gemeine Wohlstand und auch das Eisengewerbe litten. Das Jahr- hundert begann mit der Vertreibung der Maurisken aus Spanien. 800000 der fleissigsten Einwohner mussten als Opfer des religiösen Fanatismus das Land verlassen. Der 30jährige Krieg, an dem sich Spanien beteiligte, die Kriege mit den Niederlanden und England zerrütteten Spaniens Wohlstand und ruinierten seinen Handel. Hatte doch schon Philipp II. das Bei- spiel wahnsinniger Selbstverstümmelung gegeben, indem er 1580 den berühmten Welthafen zu Lissabon aus Hass gegen die Niederländer schloss. Dadurch zerstörte er nicht nur Lissabons grossen Handel, sondern er zwang die Holländer und Engländer, sich selbst Wege nach Indien und Amerika zu suchen, zur dauernden Schädigung Spaniens. Wohl hatte Spanien ein grosses Absatzgebiet für seine Eisen- waren in Amerika, aber auch dieses vorlor es mehr und mehr durch seine unsinnige Politik. Die Waffenfabrikation Spaniens bewahrte zwar ihren hohen Ruhm, litt aber auch unter dem allgemeinen Rückgang. Besonders ging das Gewerbe in Toledo zurück. Viele der vornehmsten Waffen- schmiede daselbst verliessen in Folge des Verfalls des Handels die Stadt und siedelten sich in anderen Gegenden des Reiches an, wo sie den Ruhm ihrer Kunst behaupteten John Talbot Dillons Reise durch Spanien 1780, I, S. 164. ; so in Bilbao : Pedro de Lazareta; Orgaz : Pedro Lopez; Lissabon : Melchior Sanez, Juan Martinez Machacha; Sevilla : † Sebastian Hernandez Die mit einem Kreuz bezeichneten werden bereits im 16. Jahrhundert genannt. , † Pedro de Lezama, † Juan Martinez el Mozo; Madrid : † Francisco Alcocer, Dionisio Corrientes, Antonio Ruiz; Cuenca : Julian Garcia, Andrea Herraez; Valladolid : † Juan Salcedo; Calatayad : Luis de Nieva, Andreas Munesten; Cordoba : † Alonso Rios; Saragossa : † Julien de Rey; San Clemente : † Lopez Aguado; Cuellar und Badajoz : Bartholomea de Nieva, Calcado, Campanero. Dagegen verblieben in Toledo : † Zamorano, Thomas de Ayala, Juan de la Hortes, Francisco Ruiz und Söhne, Juan de Vargas, Juan de Luizalde, Francisco Lardi, Andres Garcia, Herras Vater, Sohn und Enkel, Alonso de Sahagun und Söhne, Fernandez, Martinez. Ausserdem zeichnete sich Ramonde Hoces zu Sevilla durch Ver- fertigung vorzüglicher Dolche aus (Cervantes) und Montente war Spanien im 17. Jahrhundert. berühmt durch seine Zweihänder. Toledo blieb auch im 17. Jahr- hundert noch der ruhmreiche Mittelpunkt der spanischen Waffen- fabrikation. Berühmte Klingenschmiede arbeiteten daselbst besonders in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. An der Spitze nennen wir die Familie Marcuarte: Simon Marcuarte der Alte lebte um 1600, seine Söhne Simon der Junge, der eine Sichel im Schilde führte, Pedro und Felipe arbeiteten für Philipp III. und IV. Zu Anfang des Jahr- Fig. 231. hunderts arbeitete C. Alcado ausser in Toledo auch in Cuella und Badajoz, Pedro de Arechiga (Acheca), der neben dem toledanischen Stempel nebenstehende Marke führte (Fig. 231, 1) in Toledo, ebenso Domingo il maestro der Jüngere und Thomas Gaya (Ayala?), Jusepe Gomez, Sohn des Francisco, Juan Martinez aus der Familie Menchaca arbeiteten auch in Lissabon. Andreas Munesten, der zu Toledo und Catayal als Klingen- schmied thätig war, scheint kein anderer zu sein, als der früher ge- nannte Andreas Munsten von Solingen. Juan de Toro zu Toledo war ein Sohn des Pedro de Toro und führte die Marke (Fig. 231, 2). Spanien im 17. Jahrhundert. Die berühmte Schwertschmiedfamilie der Sahagun war durch folgende Glieder vertreten: Alonso Luis de Sahagun führte wie sein Vater Alonso der Ältere ein gekröntes S im Schilde, Luis de Saha- gun, Sohn des Alonso des Älteren, führte die Marken seines Vaters und Luis de Sahagun, Sohn des jüngeren Alonso, zeichnete wie Fig. 231, 3. Von der Familie Hernandez in Toledo nennen wir Pedro mit den Zeichen (Fig. 231, 4, 5, 6) und Sebastian den Jüngeren um 1630, welcher auch in Sevilla arbeitete und den wilden Mann (Fig. 231, 7) als Marke führte. Von der Familie del Velmonte führte der Ältere, Pedro, die Zeichen (Fig. 231, 8 bis 11) und Luis de Velmonte das letzte Zeichen seines Vaters (Fig. 231, 12). Simon Gonzalo, der um 1617 in Toledo arbeitete, zeichnete Fig. 231, 13. Thomas Ayala, der Verfertiger der hochberühmten „Thomasklingen“, der von 1615 bis 1625 in Toledo gearbeitet haben soll, führte folgende Zeichen (Fig. 231, 14 bis 16). Von der Familie Ruiz nennen wir Francesco den Älteren um 1617 mit der Marke Fig. 231, 17, und Francesco den Jüngeren ebenfalls in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit den Marken Fig. 231, 18 und 19. Hortuno de Nicolas Aguirre war Klingen- schmied in Toledo um 1630, während Lazonetta (Fig. 231, 20) auch in Bilbao arbeitete. Der Mittelpunkt der Eisengewinnung war in Biskaya und Bilbao. Hier gab es nach dem Berichte des Dom Pedro de Medine 1595 300 Ferrerias mit einer Eisenproduktion von 15000 Tonnen, wovon ungefähr der dritte Teil im eigenen Lande, besonders für den Schiffs- bau, verwendet wurde. Im 17. Jahrhundert nahm die Zahl der Eisen- hütten ab. Man zählte in Bilbao 107 Feuer für Eisenerzeugung und 70 für die Verarbeitung. In Portugal wurden im 17. Jahrhundert mehrere Eisenhütten gegründet Siehe W. v. Eschwege und Karstens Archiv 1885, Bd. 8, S. 188. ; eine östlich von Figueiro do Vinchos, welche den Namen Machuca führte, eine andere bei Thomar in der Provinz Estremadura, unter dem Namen Prado bekannt, und eine dritte bei Foz d’Alge, zwei Stunden westlich von Figueiro am Zezerfluss. Die beiden ersten erbaute ein Franzose Namens Dufour, der Leutnant der Artillerie war und den Titel Superintendent der Eisenhütten führte. Im Jahre 1654 erschien das erste Reglement für die Administration dieser An- stalten und von jener Zeit an arbeiteten dieselben bald für Rechnung Frankreich im 17. Jahrhundert. des Staates, bald für Rechnung von Privatpersonen, indem daselbst vorzugsweise Kanonen gegossen und Schiffsnägel verfertigt wurden. Im Jahre 1692 erschien unter der Regierung des Königs Don Pedro III. das zweite Reglement für die Eisenhütten, woraus hervor- geht, dass indessen die Hütte von Foz d’Alge erbaut worden war und den Namen „Neue Artilleriefabrik“ führte. Frankreich . In Frankreich suchte zu Anfang des 17. Jahrhunderts König Heinrich IV. durch den Erlass von berggesetzlichen Bestimmungen Ordnung in das Bergwesen zu bringen. Um den Eisensteinbergbau zu heben und um den Adel zu begünstigen, verzichtete er auf einen Teil seiner Regalrechte, indem er in einer Verordnung von 1601 be- stimmte, dass die Grundbesitzer, besonders der Adel, ein Vorrecht auf die Eisensteine in ihrem Gebiete haben sollten. Heinrich IV. liess ferner 1600 einen Hochofen, der nur für Geschütz- und Munitionsguss bestimmt war, erbauen. Seine Artillerie bestand aus 400 Ge- schützen. Frankreich hatte bis dahin keinen guten Stahl produziert, son- dern bezog denselben aus Piemont, Deutschland und Ungarn. 1604 soll Camus die Stahlfabrikation in Frankreich eingeführt haben. Derselbe erbaute auch eine Eisengiesserei zu Paris. Im südlichen Frankreich, am Südabhange der Pyrenäen, stand die Eisengewinnung in Luppenschmieden in hoher Blüte. Aus alten Forstakten vom Jahre 1667 S. Baron de Diedrich , Description des gîtes de minerai etc. des Pyrénées, p. 231. Paris 1786. erhellt, dass damals in der Grafschaft Foix 34, in Couserans 7 und in der Diöcese Mirepoix 3 Luppenfeuer, im ganzen 44 Luppenschmieden und 8 Reckschmieden im Betriebe standen. Ein Luppenfeuer (Katalanschmiede) lieferte, wenn es ihm nicht an Wasser und Kohlen mangelte, 10 Ztr. (quintaux) Eisen in 24 Stunden. Hierzu wurden 30 Ztr. Eisenerz verschmolzen. Auf eine Charge von 3 Ztr. Erz wurden acht Chargen von zwei Säcken zu je 5 Kubikfuss Holzkohlen verbrannt. Die Erze kamen alle aus dem Frankreich im 17. Jahrhundert. Thale von Vic-Dessos. An der Grube kostete 1 Ztr. 6 sols, der aber durch den Transport sehr verteuert wurde, so dass 1 Ztr. zu Saurat 10 sols, zu Alens 11 sols, zu Basquillière 14 sols kostete. Ähnlich verhielt es sich mit den Kohlen. Diese kosteten die Waldbesitzer 8 sols der Sack (10 Kubf.), nämlich 4 sols Schlagen und Brennen und 4 sols Fuhrlöhne. Sie verkauften den Sack zu 12 sols. Dazu kamen die sehr hohen Transportkosten auf die Hütte, so dass z. B. die Eisen- hütte zu Alens 40 bis 50 sols für den Sack Kohlen bezahlte. Gegen Ende des Jahrhunderts wurden die in Italien erfundenen Wasser- trommelgebläse bei den Luppenschmieden der französischen Pyrenäen eingeführt und verdrängten die früher gebräuchlichen Lederbälge. Auch in der Gegend von Bayonne hatte man dieselbe Art von Luppen- feuern (Katalanschmieden), in welchen man Erze aus den Gruben von Biriakou in der Landschaft Labour, nicht weit von der Bidassoa, verschmolz. Diese Gruben gingen aber um 1676 durch Ersaufen zu Grunde. Über das französische Stabeisen und seine Eigenschaften handelt Felibien in seinen Prinzipien der Baukunst (1676) in dem Kapitel von der Schlosserei eingehend. Die französischen Eisensorten charak- terisiert er folgendermassen: Die Bergwerke von Senonches liefern ein Eisen, welches sehr weich und biegsam ist; das von Vibray bei Montmirail ist noch von guter Qualität, aber fester; das von St. Dizier ist spröder (plus cassant), das Korn gröber; dasjenige von Nivernois ist ein zartes Eisen und eignet sich für Degenklingen und Flintenläufe, es enthält viel Stahl. Das Eisen von Burgund ist mittel- weich, das der Champagne spröder. Das Eisen von Roche ist stark, zart und fein. Es kommen mehrere Sorten Eisen aus der Normandie, die aber meistens sehr spröde (brüchig) sind. — Das Eisen, welches aus Schweden und Deutschland kommt, ist besser und biegsamer als das französische. Mit dem aus Spanien verhält es sich ebenso, aber es ist gewöhnlich rotbrüchig (rouverain), bricht in der Hitze und enthält Stahlkörner, welche die Feile angreifen. Das Eisen kommt nach Paris in Stäben von verschiedener Länge und Dicke. Flacheisen (fer plat) ist 9 bis 10 Fuss und mehr lang und etwa 2½ Zoll breit und 4 Linien dick; Quadrateisen (fer quarré) kommt in Stäben von verschiedener Länge und ungefähr 2 Zoll Dicke. Eine andere Sorte „quarré bastard“ ist 9 Fuss lang und 16 bis 18 Linien stark. „Fer cornette“ ist 8 bis 9 Fuss lang, 3 Zoll breit und 4 bis 5 Linien dick. Rundeisen ist 6 bis 7 Fuss lang und 9 Linien im Durchmesser. Zaineisen (Fer de Carillon) ist ein dünnes Frankreich im 17. Jahrhundert. Eisen von nur 8 bis 9 Linien im Quadrat. Eisen von Courçon, ein kurzes Grobeisen, ist 3 bis 4 Fuss lang und 2½ Zoll Quadrat. Blech kommt in Blättern von verschiedener Breite und Höhe vor. Dann giebt es noch le petit fer en botte, das für Fensterstangen und für sonstige Zwecke dient. Wenn man die Bergwerke kennt, aus denen das Eisen stammt, kann man daraus auf seine Qualität schliessen; oder wenn man einen Stab betrachtet, ob er kleine schwarze Adern der Länge nach zeigt; ob sich der Stab unter dem Hammer leicht biegen lässt, und nament- lich, ob er keine Kantenrisse (gersures) zeigt, denn dies ist ein Zeichen, dass das Eisen gut und biegsam ist; zeigt es aber Kanten- risse, so ist dies ein deutlicher Beweis, dass es rotbrüchig ist und sich nur schwer schmieden lässt. Man erkennt auch an der Farbe des Bruches, ob das Eisen weich ist. Ist es schwarz im Bruch, so ist es gut weich und lässt sich kalt hämmern und feilen, aber es kann dann schiefrig (cendreux) sein, d. h. es wird nicht hell beim Polieren, namentlich wenn einzelne graue Flecken darin sind, wie wenn Asche eingemengt wäre, und nimmt nur schwer Politur und Glanz an, was nicht bei allen, aber doch bei den meisten Stäben sich zeigt. Diese Eisensorte ist dem Rosten weniger unterworfen, weil sie schon etwas von der Natur des Bleies an sich hat. Andere Stäbe erscheinen im Bruch grau, schwarz in weiss über- gehend: dieses Eisen ist weit härter und steifer, wenn man es biegt, als das vorhergehende. Es ist sehr gut zu Huf- und Schmiedeeisen für Grobschmiede; dagegen ist es zum Feilen schlecht geeignet, weil es harte Körner enthält, die auch das Bohren erschweren. Dasjenige, welches im Bruch gemischt, teils weiss, teils grau, teils schwarz ist, und das groberes Korn zeigt als die oben be- schriebenen, ist oft das beste, sowohl zum Schmieden, als zum Feilen, als zum Polieren. Andere Stäbe zeigen im Bruch feines Korn, ähn- lich wie Stahl und lassen sich kalt leicht biegen. Solches lässt sich schlecht feilen und bekommt Kantenrisse beim Schweissen, und eignet sich weder zum Schmieden noch zum Feilen, da es sich schlecht schweisst und beim Feilen körnig ist. Es ist gut für grobes Ackergerät. Es giebt noch anderes, das grob und hell im Bruch ist, wie Zinn oder Talk. Solches Eisen taucht gar nichts, denn es bricht kalt und steht schlecht im Feuer, weil es keine grosse Hitze aushält, ohne zu verbrennen, denn es ist sehr porös, weshalb es auch rasch vom Rost verzehrt wird. Frankreich im 17. Jahrhundert. Rotbrüchiges Eisen zeigt Kantenrisse, lässt sich kalt meistens leicht biegen; beim Schmieden riecht man den Schwefel und beim Zerbrechen fliegen kleine Funken, wie Flämmchen oder Sternchen, ab. Kommt man an die gefährliche Hitze, die etwas über Kirschrotglut liegt, fliegt es unter dem Hammer in Stücke auseinander und ge- bogen wird es unganz. — Das spanische Eisen zeigt diese Unart oft. Nach einem Handelsbericht gab es 1601 drei Sorten von Stahl in Frankreich: 1. der von Piemont, welcher der teuerste war. Es kostete ein Bund (Callot) 30 Livres, und die Stange 5 Sols, 2. der von Carmes (? Kärnten), bei dem sich das Hundert auf 20 Livres, die Stange auf 2 S. 6 Den. stellte, und 3. der von Ungarn, 15 Livres das Hundert, wobei sich das Pfund auf einen Sous stellte. Die Zeug- und Messerschmiede (talendiers et cousteliers) bedienten sich nur des Stahls von Ungarn und von Carmes Delib. du conseil du comm. — Docum. inéd. Mel. Serie I—IV., p. 60. . Über den französischen Stahl und die Stahlfabrik in Paris giebt folgende Stelle von 1604 Aufschluss: „Stahl waren wir immer ge- zwungen aus Piemont, Deutschland und andern fremden Ländern zum Preise von 5 bis 6 Sols das Pfund zu beziehen, da man in Frankreich nur hartes Schmiedeeisen (fer fort) findet, das man namentlich unter dem Namen Halbstahl (petit acier) von Brie oder Saint-Dizier kennt, und der 2 bis 3 Sols billiger verkauft wird als der obige. Hiervon kann man eine Fabrik und die Schmelzöfen in der Vorstadt Saint-Victor, an der Mündung des Flusses des Gobe- lins sehen und deren Vortrefflichkeit bewundern Laffemas , Rec. de l’Assemblée du Comm. Docum. inéd. Mel. Serie I. T. 4, p. 287. — Gay , Glossaire d’Archéologie „acier“, p. 5. .“ Trotzdem scheint sich die Abhängigkeit Frankreichs in Bezug auf die Stahleinfuhr während des ganzen Jahrhunderts nicht wesentlich geändert zu haben, denn Felibien berichtet 1676 dasselbe Felibien, Princ. de l’architect. p. 194. Gay , a. a. O. „acier“. , was bereits Jousse in seiner Fidelle Ouverture de l’art du Serrurier, Kapitel 66, mitge- teilt hat. Jousse schreibt 1627, nachdem er auf die Wichtigkeit der Aus- wahl des Stahls hingewiesen hat: „Um die richtige Wahl unter dem geringen (inländischen) Stahl zu treffen, der unter dem Namen Soret, Clamesi oder Limousin meist in kleinen viereckigen Stücken von etwa 3 Zoll Länge verkauft wird und der billigste in Frankreich ist, muss man zusehen, ob die Stücke unganz oder verbrannt sind und ob man im Bruche schwarze Adern Frankreich im 17. Jahrhundert. oder Risse bemerkt: denn alle diese Zeichen deuten darauf hin, dass er nicht gut ist. Aber wenn die Vierecke sauber sind, ohne Hammer- schlag oder Brandflecken, und wenn der Bruch, den man am Ende macht, rein und das Korn weiss und fein (delié) ist, so sind dies Zeichen, dass der Stahl gut ist. Es kommen noch gröbere Stücke (quarreaux) vor, die um die Hälfte schwerer sind, aber denselben Erzen entstammen wie die kleinen: diese nennt man Clamesi und verfährt bei deren Auswahl wie oben. Dieser Stahl und der kleine Soret sind gut für Ackergeräte und grobes, schwarzes Geschirr. Der Stahl von Piemont ist etwas dicker wie Clamesi und kostet 3 Sous 6 Pfennige das Stück (trois sols six deniers le quarreau). Bei der Wahl sehe man, ob er sauber ist, ohne Schuppen und Flecken, und bemerkt man, dass er Knollen und Kantenrisse hat und sich rauh in der Hand anfühlt, so zeigt dies, dass er schwer zu behandeln und zu schweissen ist. Sieh auch zu, ob er auf der Bruchfläche keine gelblichen Flecken zeigt, diese Farbe beweist gleichfalls, dass er schwer schweisst und sich nur schwer mit Eisen oder anderem Stahl verbindet. Aber wenn er klar und sauber ist, von reinem, feinem, weissem Korn, ohne schwarze Adern, und wenn er leicht an dem gehärteten Ende bricht, wenn man ihn gegen ein Stück Eisen oder Stahl schlägt: so sind dies sichere Zeichen, dass der Stahl gut ist und geeignet, Werkzeuge daraus zu machen, um damit Brot, Fleisch, Horn, Holz, Papier und Ähnliches zu schneiden. Es kommen aber zwei Sorten Stahl von Piemont, ein künstlicher und ein natürlicher aus guten Erzen, anderer aber, der oft Flecken und verbrannte Stellen hat, grobes Korn von bleicher Farbe und sehr schwer zu schweissen ist. Dieser Stahl ist meistens künstlich be- reitet aus flachen Eisenstücken, die man mit frischem Holzkohlen- pulver lagenweise in einen grossen Tiegel, oder einen besonders dazu bereiteten thönernen Topf, der das Feuer aushält, einlegt, mit einem Deckel, den man so verschliesst, dass kein Rauch entweichen kann, bedeckt. Hierauf setzt man den erwähnten Topf in einen Kalkbrenn- ofen, oder einen Brennofen für Ziegel, Backsteine und Töpferwaren, oder am besten in einen eigens dafür gebauten Ofen, in dem nichts anderes gemacht wird. Dieser Stahl ist gut, vorausgesetzt, dass er zweimal gebrannt ist, und dass die Kohle, womit dies geschah, frisch bereitet war. Auch sind nicht alle Kohlenarten hierfür geeignet. Die Tiegel müssen Frankreich im 17. Jahrhundert. wenigstens zwei Tage und zwei Nächte einem heftigen Feuer aus- gesetzt werden u. s. w. (Siehe oben S. 1013.) Der deutsche Stahl kommt in dünnen, quadratischen Stangen von 7 bis 8 Fuss Länge vor. Er eignet sich besonders für Schlossfedern, Armbrustbogen, Degen u. s. w. und darf keine Flecken, Brandstellen, Adern und Risse zeigen, was man am Bruch erkennt. Der Stahl von Carmes oder Rosenstahl (à la rose), den man von Deutschland und Ungarn nach Frankreich einführt, ist sehr gut, um damit Meissel zu machen, die das Eisen in der Kälte zerhauen, Grabstichel, feine Meissel (cizelets), Sensen und Werkzeuge zur Be- arbeitung von Stein, Horn, Papier, Holz und sonstige Dinge. Dieser und der vorhergehende sind die besten, die wir in Frankreich ver- wenden. Man beurteilt ihn auch danach, ob die Stäbe sich ihrer ganzen Länge nach glatt in der Hand anfühlen, ohne Flecken und Brandstellen, und wenn er im Bruch in der Mitte einen fast schwarzen Flecken zeigt, der in Violett übergeht, dabei ein sehr zartes Korn ohne Flecken oder Eisenfunken und dass dieser Flecken den Stab nach allen Seiten durchsetzt (Blume), so ist dies ein Zeichen, dass der Stahl gut ist. Sind die Stäbe aber im Gegenteil fleckig, ver- brannt, mit Adern im Bruch, so ist er nicht gut. Stahl von Spanien bringt man zu uns in dicken, quadratischen Stäben, 5, 6 oder 7 Fuss lang und 18 bis 20 Linien im Quadrat: man muss ihn auswählen, wie den vorigen. Dieser Stahl ist ge- eignet zum Verstählen von Ambossen, Sperrhörnern, Vorschlag- hämmern und anderen groben Werkzeugen, wenn man ihn richtig ausgesucht hat. Wir haben aber noch andere Stahlsorten, die aus Spanien zu uns kommen, welche man „de Grain“ nennt, früher Stahl de la Motte oder von Mondragon. Dieser Stahl kommt in dicken Klum- pen, in der Form von grossen, flachen Kuchen (pains), oft 18 Zoll und mehr im Durchmesser, und 2, 3, 4 oder 5 Zoll dick, in den Handel. Die guten Sorten eignen sich für Kaltmeissel, Hammerbahnen und Werkzeuge, die hart sein müssen und mit denen man schwere Arbeit ausführt, wie Marmorsägen, Steinmeissel. Ist er gut, so zeigt er im Bruch loses Korn, nahezu gelbe Farbe ohne schwarze Adern oder Eisenfunken. Man muss die Mitte des Klumpens (la motte) ver- wenden und die Kruste so wenig wie möglich. Ist das Korn grob, glänzend, mit schwarzen Adern und nicht gelblich, so ist der Stahl von geringer Güte. Frankreich im 17. Jahrhundert. Um den Stab zu gärben (corroyor), kann man ihn in ein Feuer von Holzkohlen oder von Steinkohlen legen; das von Holzkohlen ist aber besser, weil die Steinkohle zu hitzig ist, wobei man wegen der ausschlagenden Flamme nicht deutlich erkennen kann, ob das Eisen oder der Stahl die richtige Hitze hat. — (Die Steinkohle giebt viel mehr Hitze als die Holzkohle, weshalb man weniger davon braucht. Die englische Steinkohle von Newcastle ist besser als die von Schottland, aber leichter, weshalb man beide Sorten mischt. Die Steinkohle von Frankreich ist ziemlich gut, aber man braucht viel mehr davon, weil sie die Hitze nicht so hält. Die beste kommt von St. Etienne. Die von Auvergne ist sehr gut und steht kaum der englischen nach; die von St. Dizier ist dagegen die geringste von allen Die eingeklammerte Stelle ist ein Zusatz von Felibien . . Nachdem man den Stahl in das Feuer gebracht und einige Zeit erhitzt hat, lässt man ihn ein wenig ruhen und in dem Feuer ver- kochen, indem man feinen Sand oder Lehm aufwirft, um ihn abzu- kühlen, und zu verhindern, dass er verbrennt. Alsdann nimmt man ihn aus dem Feuer und schmiedet ihn mit möglichst raschen, leichten Schlägen; dann breitet man ihn und reckt ihn zu kleinen, flachen Stäben, von etwa 2 Linien Dicke, die man dann kirschrot ins Wasser taucht. Man zerbricht diese Stäbe in kleine Stücke und legt diese eins über das andere auf einen Flachstab von Eisen von 3 Linien Dicke, das Ganze bedeckt man mit angefeuchtetem Lehm und nach- dem man vorsichtig angeheizt, bläst man rasch das Feuer auf, um es zu schweissen und nach Belieben auszurecken. In dieser Weise kann man den geringen Stahl: Soret, Clamesy und den von Piemont u. s. w. gärben, sie dabei sogar vermischen, wie dies die Messerschmiede und andere gute Stahlarbeiter öfter thun. Den spanischen und den deutschen in Stäben, ebenso wie den von Carme und den ungarischen Rosenstahl gärbt man seltener in dieser Weise als den in Stücken (carreaux), weil man ihn weniger für Schneidewerkzeuge verwendet als den piemontesischen und anderen, den man in Stücken bezieht. Ebenso wie es bei allen Stahlsorten wichtig ist, dass man ihn mit Sorgfalt auswählt, ebenso wichtig ist es, dass man das Feuer gut regiert und Acht giebt, dass man ihn weder verbrennt noch überhitzt. Und es ist nicht einmal das Wichtigste für den Schmied, seinen Stahl gut zu schmieden, es ist vielmehr nötig, dass er die Härtung Frankreich im 17. Jahrhundert. für jede Stahlsorte kennt und dabei die Arbeit in Betracht zieht, die er machen will, und verstehe, den geeignetsten Stahl dafür zu finden, denn es ist durchaus nicht jeder Stahl für jede Arbeit geeignet.“ Nun folgt das interessante Kapitel (67) über die Härtung des Stahls, welches wir bereits früher mitgeteilt haben. Im Eisenguss leisteten die Franzosen Hervorragendes. Ihnen gebührt das Verdienst der Erfindung des Röhrengusses, wenig- stens des Gusses eiserner Flanschenröhren, mit eingegossenen Schraubenlöchern Erwähnt muss indes werden, dass David Zeltner in Nürnberg (1638 bis 1713) zu derselben Zeit bewegliche Wasserleitungen mit Flanschenröhren kon- struiert hatte, siehe Doppelmeyer . . Die Veranlassung zu dieser Erfindung gab Ludwig XIV. durch die Anlage der grossartigen Wasserwerke bei Marly und der Wasserkünste in Versailles in den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts. Dieses grossartige Unternehmen stellte ganz ausserordentliche Anforderungen an die mechanischen Künste und be- schäftigte viele Hände und Köpfe. Wir haben schon früher erwähnt, dass Huyghens und Papin dabei beteiligt waren und die Pulver- maschine, die Vorgängerin der Dampfmaschine, erfanden, um das Wasser zu heben. Die Aufgabe war, grosse Massen von Wasser aus der Seine auf einen Berg bei Marly zu leiten, um sie von da unter Druck den Gärten von Versailles zuzuführen. Huyghens ’ Maschine kam nicht zur Anwendung, vielmehr konstruierte ein Ingenieur Rannequis aus Lüttich Desaguilier nennt dagegen Deville du pays de Liége als den Erbauer. ein grossartiges Wasserwerk, welches durch 14 grosse Schaufelräder getrieben wurde. Es wurde 1682 begonnen und soll 8 Millionen Franks gekostet haben. Eine ausführliche Schilderung der grossen Wasserkünste von Marly-Versailles gab zuerst Leonhard Christoph Sturm in seiner Civilbaukunst L. Chr. Sturm , der erneuerte Goldmann oder die ganze Civilbaukunst, letzter Teil: architektonische Reiseanmerkungen, Augsburg 1719, Brief XXII, S. 109. Eine ältere kurze Beschreibung, die aber auch von Sturm herrührt, findet sich in „Der eröffnete Ritterplatz“ II. Teil 1702, S. 37, eine spätere aus- führliche in Leupolds Theatrum mechan. hydraul. 1725, §. 79 u. s. w. Tabelle XXI und XXII giebt Grundriss und Prospekt der ganzen Anlage; Tabelle XX, XXIII, XXIV und XXV die Abbildung einzelner Teile. Eine weitere ausführliche Beschreibung findet sich in J. Fr. Weidleri Tractatus de Machinis Hydraulicis toto terrarum orbe maximis 1728 und weitere in Desaguiliers , Cours de phy- sique experimentale 1751. Trad. franç. p. 517, sowie in Belidor , Architecture Hydraulique, Cap. IV, p. 195. . „Es sind zu Lande von Paris nach Marly zwei gemeine deutsche Meilen, hingegen zu Wasser auf der Seine mehr als sieben. Diese Frankreich im 17. Jahrhundert. fliesset eine halbe viertel Stunde vor selbigem Flecken vorbei und da- selbst hat der König die kostbare Kunst anlegen lassen, dadurch das Wasser daraus in die Höhe getrieben und auf etliche Lusthäuser, sonderlich aber Marly und Versailles ausgeteilt wird. Es ist ein Damm quer durch die Seine gebaut, wodurch sie einen Fall bekommt, dadurch 15 nebeneinanderliegende Schaufelräder Leupold und Weidler geben nur 13 Wasserräder an. Desaguiliers und Belidor 14. Sturms Zahl ist unrichtig. 13 Räder trieben die Pumpen- gestänge, eins diente zu Hülfszwecken. getrieben werden, welche 30 Fuss im Durchmesser haben. Die Schutzbretter, welche vor den Rinnen stehen, wodurch das Wasser auf die Räder läuft, werden mit metallenen Schrauben aufgezogen. Durch diese Räder werden sieben solche Stangenzüge, wie wir allgemein in den Berg- werken gebrauchen und welche nebeneinander an einem bei die 600 Fuss hohen Berg hinanliegen, hin und wieder gezogen. Diese Stangenzüge aber sind alle besserer Dauerhaftigkeit wegen von eisernen Stangen gemacht, da wir sie nur von hölzernen auf den Bergwerken zu machen pflegen. Durch diese Stangenzüge werden nun an drei unterschiedlichen Orten sieben metallene Stiefel ge- trieben. Erstlich stehen sieben unten nahe bei dem Wasser, welche aus einem Wasserhalter, der seinen Zufluss aus der Seine hat, das Wasser schöpfen und durch 14 Röhren, jede bei 10 Zoll Dicke von gegossenem Eisen auf die Hälfte des Berges hinan treiben und da- selbst in kupferne Kessel ausgiessen. In diesen Reservoirs stehen wiederum sieben metallene Stiefel, welche gleicher Gestalt durch die beschriebenen Stangenzüge bewegt, durch gleichmässige eiserne Röhren den Berg fast gar hinauf das Wasser wiederum in solche Reservoirs ausgiessen. Aus diesen wird es endlich auf eben diese Art auf einen hohen steinernen Aquädukt gehoben, durch den es auf der völligen Höhe des Berges endlich in ein sehr grosses mit Stein an den Seiten herum besetztes und am Boden auch in Cement mit Steinen dicht ausgesetztes Reservoir gebracht wird. Wer nun überschlagen kann, was für grausame Kosten erfordert worden sind, diese ungeheuerliche Maschine zu bauen und wieviel noch jährlich zu ihrer Unterhaltung angewendet werden müsse, wird in Wahrheit erstaunen, dass ein König so unerhörte Kosten zu seinem blossen Divertissemenf ange- wendet. Und dennoch ist dieses bei weitem noch nicht alles. Denn da ist ferner das Wasser an unterschiedliche, ziemlich weit entlegene Örter alles durch gegossene eiserne Röhren geleitet worden und wo sich Thäler zwischen gar steilen Höhen gefunden, sind steinerne Beck , Geschichte des Eisens. 78 Frankreich im 17. Jahrhundert. Brücken oder Aquaeductus darüber geführt worden, da sich dann das Wasser wiederum in Reservoirs sammelt und von da durch die eisernen Röhren fortgeführt wird, dergleichen Aquädukte unweit von Versailles bei einem Dorf Montreil in die 120 Fuss hoch geführt ist, welcher aus einer unten zum wenigsten 24 Fuss dicken Mauer bestehet, welche zu oberst noch 8 Fuss Dicke behält. Die eisernen Röhren bestehen alle aus 5 Fuss langen Stücken, welche mit den Enden ineinander gesteckt sind, und also mit zwei Kränzen, welche ¾ Zoll dick und 5/4 Zoll hoch sind, zusammenstossen und dadurch, nachdem sie wohl verstrichen worden, mit Schrauben fest aneinander gezogen werden, wie es Fig. 232 deutlich zeigt. Die Aquädukte sind von Bruchsteinen aufgeführt und zu oberst mit drei Schichten in Cement gesetzter Quadersteine gedeckt, in welchen ein Kanal 5 Fuss weit eingehauen ist, welcher der Tiefe nach noch ein wenig in die unterste Schichte Steine eingreift. Dieser wird mit Blei ganz ausgekleidet und mit einem breiten oben rundlich zugehauenen Quaderstein bedeckt. Nach- dem solchergestalt das Wasser bis hart an die Stadt Versailles immer auf den Bergen fortgeleitet worden, fällt es wiederum in ein grosses mit Stein ausgesetztes Reservoir. Von da ab fällt es in den be- schriebenen eisernen Röhren den Berg hinunter und läuft bis unter den rechten Flügel des Schlosses an dem Garten, da es hinauf steiget und in die letzten Reservoirs fällt, welche längst aneinander auf dem Altan selbigen Flügels sind und alle von Kupfer gemacht worden. Davon fällt es zum letztenmal durch gleichmässige Röhren in den Garten und wird daselbst in lauter gewölbten Gängen, so über 2 Fuss weit und über 5 Fuss hoch sind, und hier und da verborgene Ausgänge in den Lustwäldern des Gartens haben, dadurch man hineinkommen und wo es nötig säubern und reparieren kann. Wenn die eisernen Röhren so nahe an den Springbrunnen kommen, dass sie sich müssen in allerley krumme Gänge schicken, sind an ihrerstatt bleierne an- gemacht, die sich hernach weiter in viele Äste verteilen und da haben manche Röhren 16 und mehr Zoll im Diametro und sind einen halben Zoll dick, ja dicker an Blei. Endlich, wo der Sprung geschehen soll, endigen sie in metallene Röhren. Wenn man nun ein wenig nach- rechnet, wieviel hundert Centner Metall zu Springröhren und Hähnen, wieviel hundert Centner Kupfer, wieviel tausend Centner gegossenes Eisen, wieviel Blei zu diesem ganzen Werk von Marly bis nach Ver- sailles erfordert habe, der kann ohne tiefe Verwunderung über des Königs Magnificenz nicht bleiben. Und so kann man der Franzosen Rodomontade nicht mehr vor sogar excessiv halten, wenn sie sprechen, Frankreich im 17. Jahrhundert. es habe den König allezeit 10000 Thaler gekostet, wenn er die Wasser zu Versailles habe springen lassen.“ Einen wichtigen Teil der ganzen Anlage bildeten die meist 9 Zoll weiten gusseisernen Röhren. Bis dahin hatte man zu Wasserleitungen fast ausschliesslich Holz-, seltener Thonröhren angewendet. Beide waren zu schwach, um den hier verlangten Druck auszuhalten. Metallröhren waren zu teuer; man verfiel also auf gusseiserne Röhren. Die Schwierigkeit lag aber in der Verbindung derselben. Man kannte bis dahin nur Muffen- röhren, welche man ineinander kittete, oder glatte Röhren, welche man mit den Enden aneinanderstiess und über deren Enden man hölzerne Muffen aufkeilte. Die ersteren konnte man nicht aus- wechseln, weil der Kitt der Art erhärtete, dass eher das Rohr als der Kitt sprang; die anderen konnten den Druck nicht aushalten. Man versuchte es mit aufgesetzten Scheiben, die man verkittete. Aber der Kitt hielt nicht. Aufgesetzte Bleischeiben, welche man verlötete, hielten zwar, erzeugten aber beinahe dieselben Schwierigkeiten beim Auswechseln, wie die Muffenröhren. Da kam man endlich auf den scheinbar so nahe liegenden Gedanken, die Scheiben an die Rohre an- zugiessen. Die Schraubenlöcher wurden in die Scheiben eingegossen, die Dichtung geschah durch einen Kupferring, was sich schon bei den Rohren mit aufgesetzten Ringen bei hohem Druck am besten bewährt hatte. So erfand man damals und bei jener Gelegenheit die Flanschenrohre. Man formte vielleicht zu jener Zeit die Muffenrohre über ein Modell in Sand, während man den Kern aus Lehm drehte. Die ganze Erfindung bei dem Guss der Flanschenröhren vom giessereitechnischen Standpunkte bestand in dem geteilten Modell und dem besonders geformten Kasten. Die älteste Beschreibung dieser Röhren hat Leonh. Christ. Sturm († 1709) in seiner „Vollständigen Anweisung für Wasser-Künste, Wasserleitungen, Brunnen und Cisternen etc.“ geliefert. Er sagt, die allerbesten Wasserleitungen seien die aus Eisen gegossenen. Er weist dabei auf die grosse Anlage bei Marly hin. Unter den Beispielen von gegossenen Röhren führen wir ein Krümmungsrohr mit zwei Knieen und einem Ventilsitz an, ferner ein Flanschenrohr (Fig. 232, a. f. S.), wobei die eine Flansche C nicht am Ende, sondern zurückgesetzt ist, so dass es eine Kombination von Muffen- und Flanschenrohr darstellt. Das abgebildete Rohr ist 5 Fuss lang und hat 1 Zoll Wandstärke. „Das Ende A der einen Röhre 78* Frankreich im 17. Jahrhundert. wird in das Ende B der anderen Röhre eingesteckt, nachdem es mit Werg umwickelt und mit etwas Fett bestrichen worden. Her- nach werden die Kränze C an der einen und D an der anderen Röhre, welche zusammenstossen und aufeinander zutreffende Nagel- oder Schraubenlöcher haben, mit Spillen oder mit Schrauben fest an- einander gemachet. Wer dergleichen Aquaeductus wirklich anzugeben bekommt, wird schon wissen, wie die Modelle zu den Röhren den Giessern einzurichten seyen; wo die Rinnen einen Winkel formieren müssen, wird ein Knie eingesetzt, welches man wegen des Wasser- stosses zweimal bricht.“ Deparcieux hat in der grossen Abhandlung von Courtivron und Bonchu über die Eisengiesserei eine besondere Beschreibung von „der Anfertigung der Röhren mit Flanschen oder durchstochenen Ringen“ gegeben, auf welche wir in der Geschichte Fig. 232. des 18. Jahrhunderts zurückkommen werden. Bezüglich der Wand- stärken macht er folgende Angaben: Da man noch keine Versuche über die Stärke des Gusseisens gemacht habe, so bestimme man am besten die richtige Wandstärke der Röhren von Fall zu Fall, indem man dünnere und dickere Rohre giesse und zusehe, bei welcher Wandstärke bei dem gegebenen Druck sie zerplatzen. Röhren von 6 bis 7 Zoll Weite gebe man eine Wandstärke von 6 bis 7 Linien, wenn sie aber einen Druck von 100 bis 120 Fuss Wasser auszuhalten hätten, von 8 bis 9 Linien. Die tieferliegenden Röhren müssten stärker sein, als die höheren. Die Flanschen mache man etwas dicker als die Rohrwände, und zwar bei Röhren von 2 bis 3 Zoll Weite 10 bis 11 Linien, bei 4 bis 5 Zoll Weite 11 bis 12 Linien, bei 6 bis 8 Zoll 14 bis 15 Linien. Die Schraubenlöcher sollten 8 bis 9 Linien vom Rande abstehen und mache man dieselben 1 bis 2 Linien Frankreich im 17. Jahrhundert. grösser als die Schraubendicke. Bei Röhren von 2 bis 3 Zoll Durch- messer mache man sie 10 Linien, bei 4 bis 5 Zoll Durchmesser 11 Linien, bei 6 bis 8 Zoll Durchmesser 13 Linien. Gewöhnlich nehme man drei Schrauben, bisweilen auch vier. — Man pflegte die Wandstärke nach den Flanschen zu etwas zu verdicken, und zwar um 2 bis 3 Linien, die sich aber schon 2 Zoll vom Rande verliefen. Diese von Deparcieux mitgeteilten Erfahrungen hatte man jedenfalls schon gemacht, als man die grossen Rohre für das Wasser- werk von Marly goss. Minister Colbert , der sich die grössten Verdienste um die Industrie seines Landes erworben hat, versuchte die Weissblech- fabrikation in Frankreich einzuführen. Zu diesem Zweck liess er deutsche Arbeiter kommen, welche sich teils zu Chenefay in der Franche-Comté, teils zu Beaumont la Ferrière im Nivernois ansiedelten. Da sie aber die erwartete Unterstützung nicht fanden, zogen sie wieder fort. Zu Ende des Jahrhunderts entstand eine Weissblechfabrik zu Strassburg. 1688 wurde die Gewehrfabrik in Charleville angelegt. Die fran- zösische Flotte hatte 1691 5136 Geschütze. Nach einer Ordonnanz des Königs sollten die Schiffe des ersten bis dritten Ranges ganz mit Bronzegeschützen armiert werden, die des vierten Ranges mit ⅓ von Bronze, ⅔ von Eisen, die des fünften Ranges ⅕ von Bronze, ⅘ von Eisen. Die Fregatten nur mit eisernen Geschützen. — Gegen Ende des Jahrhunderts wurden zu Perigueux viele eiserne Kanonen gegossen. St. Remy sagt 1693: „Man giesst auch Geschütze von Eisen, allein sie sind gefährlich, wegen der schlechten Beschaffenheit dieses Metalles; überdies frisst der Rost sie, macht das Kaliber grösser und verdirbt sie. Da aber diejenigen, die man zu St. Gervais in der Dauphiné giesst, für gut anerkannt worden sind, weil sie ein sehr weiches und geschmeidiges Metall haben, so hat man beschlossen, eine grosse Zahl für einige Berg- und Küstenplätze zu bestellen.“ Man machte des schlechten Gusseisens wegen die eisernen Geschütze damals sehr schwer: Den 30-Pfünder 7100 Pfund, auf das Pfund der Kugel 197 Pfund. „ 24 „ 5730 „ „ „ „ „ „ 238 „ „ 18 „ 4370 „ „ „ „ „ „ 243 „ „ 16 „ 4500 „ „ „ „ „ „ 290 „ „ 12 „ 3610 „ „ „ „ „ „ 300 „ „ 8 „ 2700 „ „ „ „ „ „ 288 „ „ 4 „ 1300 „ „ „ „ „ „ 322 „ Frankreich im 17. Jahrhundert. Man probierte von der erwähnten Bestellung 90 Stück wie die bronzenen Geschütze, und sie hielten; man liess darauf noch 300 12-Pfünder, 8-Pfünder und 4-Pfünder in Perigord giessen. Bald darauf hatten fast alle Festungen eiserne neben den Bronzegeschützen. Ludwig XIV. suchte der französischen Industrie durch hohe Schutzzölle aufzuhelfen. Besonders war man von jeher in Frankreich von dem Wunsche und dem Streben erfüllt, eine eigene nationale Stahlindustrie zu besitzen. Ludwig XIV. belegte 1687 den aus- ländischen Stahl mit einem enormen Zoll von 12,41 Frcs. für 100 Kilo. Unter diesem Schutzzoll entstanden zwei Stahlhütten in den westlichen Pyrenäen, aber sie nahmen keinen Aufschwung und lieferten nur ordinären Stahl; Frankreich musste seinen Schutz- zoll selbst bezahlen. Der Zolltarif Ludwigs XIV. vom Jahre 1664 blieb der Ausgangspunkt der französischen Zollgesetzgebung für das ganze 18. Jahrhundert. Auf fremdes Eisen war darin ein Zoll von 0,62 Frcs. pro 100 kg bestimmt. Über den Eisensteinbergbau bestimmte Ludwig XIV. im Juni 1680, dass jeder Grundbesitzer gebunden sein sollte, auf Aufforderung eines benachbarten Hüttenwerkes hin, Eisenstein in seinem Gebiet zu graben, widrigenfalls er dulden müsse, dass der betreffende Hütten- besitzer dies thue. Die Steuern, welche König Ludwig 1680 auf Eisen und Eisenerze legte, waren sehr hoch. Sie betrugen: 3 sols 6 Pf. für 1 Quintal Eisenerz 8 „ 9 „ „ 1 „ Gusseisen 13 „ 6 „ „ 1 „ Schmiedeisen. Dies war mehr als der in Deutschland übliche Zehnte. Übrigens war die Zollpolitik unter Ludwig XIV. eine sehr schwankende, wie aus den Zöllen auf Stahl und Stahlwerkzeuge her- vorgeht. Dieselben betrugen nach den Tarifen vom für Stahl für Stahlwerkzeuge 18. September 1664 2,90 Lire 4,14 Lire 25. November 1687 12,41 „ 4,14 „ 3. Juli 1692 10,41 „ 6,21 „ 2. April 1700 6,21 „ 6,21 „ Dass Ludwig XIV. durch die Aufhebung des Ediktes von Nantes und die Vertreibung der Protestanten die französische Industrie schwer geschädigt hat, haben wir schon zu erwähnen Gelegenheit gehabt. Lothringen im 17. Jahrhundert. Lothringen . Lothringen war im 17. Jahrhundert noch ein selbständiges Herzog- tum, wenn es auch in dem Zeitraume von 1670 bis 1697 von König Ludwig XIV. von Frankreich als erobertes Land behandelt wurde. Zu dem Herzogtume Lothringen gehörte das Gebiet von Dillingen, wo schon im 16. Jahrhundert Eisenerze gewonnen wurden. Bereits am 22. Juli 1581 erhielt Graf Philipp von Nassau-Saarbrücken von dem Herzog von Lothringen die Erlaubnis, Eisenerze von Dillingen zu beziehen und nach Saarbrücken auf seine Eisenhütte zu fahren. 1685 erhielt der Marquis von Lenoncourt von Ludwig XIV. die Kon- zession zur Anlage einer Eisen- und Stahlhütte zu Dillingen und wurde der Gründer der berühmten Dillinger Werke. Ebenso gehörte die Herrschaft Schomburg zu Lothringen. Die darin belegenen Eisen- steingruben bei Castel wurden am 26. August 1621 von dem Herzog einem Herrn von Lenoncourt überlassen. Bei Castel gab es auch eine Eisenhütte (forge). Die Hütte von Sexey im Meurthedepartement hatte urkundlich schon 1495 einen Hochofen und Frischfeuer. Von besonderem Interesse ist die Geschichte des Eisenbergbaues von Hayange , der urkundlich bis 1264 zurückreicht. Die eigent- liche Gründung der berühmten Eisenwerke Die Nachrichten darüber verdanke ich Herrn Robert de Wendel . von Hayange wird meist dem Rudolf Hullin, Herrn de la Roche, zugeschrieben, doch ist dies nicht ganz richtig, indem er nur die Werke wieder in Schwung brachte und einer der grössten Eisenproduzenten in Lothringen wurde. Im Anfange des 17. Jahrhunderts besass Joachim de Lenoncourt, Marquis von Marolles und Gouverneur von Thionville, einen Hochofen und Blechhammer bei Hayange. Die bereits mehrfach genannte Familie De Lenoncourt hatte schon im vorhergehenden Jahrhundert in der Eisenindustrie eine Rolle gespielt, indem Henry de Lenoncourt, Ritter des Königs von Frankreich, und Herr von Veranicourt (Veron- court) durch Patent vom August 1573 die Erlaubnis erhalten hatte, in dem königlichen Gebiete von Jonchery und la Hermand Eisenerze zu graben und Eisenhütten zu errichten für seinen Eisenhammer zu Veranicourt. Nach dem Tode des Marquis von Marolles kamen dessen Eisen- hütten in den Besitz seiner Witwe, welcher ihr von dem Grafen Jaques Rouxel, Gouverneur von Thionville, gegen eine jährliche Lothringen im 17. Jahrhundert. Zahlung von 400 Pistolen bestätigt wurde. Die Witwe de Marolles heiratete wieder einen Grafen de Bennuel, der dann mit seiner Frau am 1. Juni 1671 die Hüttenwerke von Hayange an Rudolf Hullin, Herrn de la Roche, für jährlich 400 Pfund Turnosen verpachtete. Rudolf Hullin hatte schon in den Jahren 1665 bis 1671 einen Eisen- hammer und einen Blechhammer daselbst betrieben. Dazu baute er 1699 ein Drahtwerk, das 1400 Lires kostete und einen Hochofen, den er Magdalenaofen benannte. 1697 begann zwischen den Erben des Herrn von Lenoncourt eine Reihe von Prozessen über ihre Besitzansprüche an die Eisenwerke von Hayange, deren weiteren Verlauf wir später kennen lernen werden. Noch interessanter ist die Geschichte der Eisenhütte von Moyeuvre . Ein gewisser Michel Fabert von Moulins nahm die Eisenwerke von Moyeuvre, drei Meilen von Metz, zwei von Diedenhofen, von dem Herzog von Lothringen um das Jahr 1630 in Pacht S. Les Anciens Mineralogistes du Royaume de France avec des notes par M. Gobet , II., p. 719, 1779. . Das Wasser der Orne war durch eine Schleuse gefasst und in einen Kanal ab- geleitet, um zwei Frischhämmer, zwei Hochöfen, zwei Blechhämmer und einen Zainhammer, kurz „die schönste Hütte im ganzen König- reich“ zu treiben. Als eine Überschwemmung die Schleuse wegriss, liess er sie wiederherstellen; dieses Unglück wiederholte sich noch dreimal, so dass er zuletzt allen Mut verlor und den Betrieb aufgab, obgleich er nach wie vor seine vertragsmässige Pacht von 30000 L. an den Herzog von Lothringen zahlen musste. In seiner Betrübnis schrieb er an seinen Sohn Abraham Fabert, den späteren Marschall von Frankreich, der damals ein junger Offizier war; aber dessen Antworten befriedigten ihn nicht. Nicht lange darauf erhielt der junge Fabert Urlaub, kam nach Metz und erfuhr hier näheres über die Geschichte der Eisenhütte von Moyeuvre. Er reiste hin und sein Urteil ging dahin, dass die Schleuse für den Druck des Wassers zu schwach ge- baut sei. Da sein Vater sich davon nicht überzeugen liess, machte er sich ein Gewicht von einem Kubikfuss Eisen, wog dieses für sich und im Wasser und ermittelte aus dem Gewichtsverluste das Gewicht von einem Kubikfuss Wasser des Flusses. Er mass und berechnete den Querschnitt des Flusses, multiplizierte ihn mit der Länge des in der Zeiteinheit durchströmenden Wassers und dem Gewicht und ermit- telte so den Druck, den die Schleuse auszuhalten hatte. Trotzdem England im 17. Jahrhundert. gab sein Vater nicht nach; infolgedessen übernahm der junge Fabert, der sich verheiratet hatte, die Eisenwerke auf seine Rechnung und liess die Schleuse nach seinen Plänen umbauen. In Metz spottete man anfangs über ihn und tadelte ihn; aber der Erfolg des Werkes rechtfertigte bald sein Unternehmen. Er verteilte die Arbeit unter seinen Arbeitern in so genauem Verhältnis, dass er, ob abwesend oder anwesend, aus dem Verdienste eines einzigen Arbeiters genau den Verdienst der übrigen beurteilen konnte. Wenn man ihm z. B. angab, was die Schmelzer in 14 Tagen verdient hatten, so wusste er genau die Verdienste der Schmiede, der Köhler und der Holzhauer, er kannte die Menge Eisen, die erzeugt worden war, und was ihm nach Abzug aller Kosten an Gewinn verblieb. Ein Teil der Arbeiter, denen diese strenge Ordnung nicht gefiel, lehnte sich auf. Fabert ersetzte sie durch andere; aber es dauerte nicht lange, so meldeten jene sich wieder und wurden, ausser den Hauptschuldigen, denen Fabert kein Gehör schenkte, wieder angenommen. Diese Eisenhütte, damals die schönste in Europa, bei der ein Pferd und eine Karre genügte, das Erz für zwei grosse Hochöfen herbeizuschaffen, welches man ungewaschen, so wie es kam, in die Gicht des Hochofens stürzte, erzeugte 1½ Million Pfund Eisen, welche für 40 Thaler die tausend Pfund verkauft wurde. Herzog Leopold von Lothringen suchte gegen Ende des Jahr- hunderts mit allen Mitteln den Bergbau und die Industrie seines Landes zu heben; dem Bergbau und Hüttenwesen galt seine be- sondere Sorge. Im Jahre 1696 erliess er eine Bergordnung und ernannte César François d’Hoffelize zum Oberintendanten der Berg- werke in Lothringen. England . In England herrschte zu Anfang des Jahrhunderts Wohlstand und ein angeregtes Leben und Streben. Handel und Industrie blühten und die englische Schiffahrt hatte sich unter der weisen und für- sorglichen Königin Elisabeth auf eine erstaunliche Höhe gehoben. Englands Seemacht war seit der Vernichtung der spanischen Armada zu hohem Ansehen gelangt und Englands Stolz und Selbstvertrauen war seit jenem glänzenden Seesiege gewaltig gewachsen. Elisabeth hatte Englands Kolonialpolitik geschaffen, indem sie dem kühnen England im 17. Jahrhundert. Walter Raleigh durch einen besonderen Akt alles Land schenkte, welches er in Amerika entdecken würde; worauf dieser das Küsten- land zwischen Florida und Arcadien auffand, es für England in Besitz nahm und es seiner jungfräulichen Königin zu Ehren Virginien nannte. Wie eifrig Elisabeth bemüht war, das Eisengewerbe zu heben und eine selbständige nationale Eisenindustrie zu schaffen, haben wir be- reits früher ausgeführt. Diesem Streben stand aber ein Hindernis im Wege, das von Jahr zu Jahr grösser wurde, die Entwaldung Eng- lands und der zunehmende Holzmangel. Noch war man nicht im Stande, Eisen mit Steinkohlen, an dem das Land so reich gesegnet war, zu schmelzen. Wohl war man längst gezwungen, in Folge der grossen Holznot, die Steinkohlen für den Hausbrand zu verwenden, und im Jahre 1615 waren bereits 400 englische Schiffe beschäftigt, Steinkohlen von New-Castle nach London zu bringen; dass man aber die Erze mit Steinkohlen schmelzen könne, schien unmöglich. Der Wunsch lag ja nahe und das Bedürfnis dafür war so gross, dass es der leitende Gedanke für die Verbesserung der englischen Eisenindustrie wurde. Viele Versuche wurden gemacht und der rechte Weg wurde auch gefunden, aber ohne dauernden Erfolg. Die Verwertung der Erfindung scheiterte an dem starrköpfigen Hängen am Hergebrachten und der Engherzigkeit der englischen Industriellen. Der Erfinder aber, Dud Dudley, der ein begeisterter Prophet für seine Idee war, wurde mit schnödem Undank belohnt und starb im Elend. Bevor wir aber in eine ausführliche Darstellung dieser für die Entwickelung der ganzen Eisenindustrie so wichtigen Episode ein- treten, wollen wir einen Blick auf die Eisenindustrie Irlands werfen, die in diesem einen Jahrhundert sich zu hoher Blüte entfaltete, um am Ende des Zeitabschnittes in ihre frühere Unbedeutendheit zurück- zusinken. Diese Blütezeit war allein bedingt durch die Ausnutzung des in den Waldungen vorhandenen Holzvorrats. Irland war vor- mals reich an ausgedehnten Wäldern. Nach der ersten Eroberung der Insel durch die Engländer unter König Heinrich II. rühmt Giraldus Cambrensis den Waldreichtum Irlands. Die Engländer fällten die Bäume auf ausgedehnten Strecken, teils um die räube- rischen Feinde ihrer Schlupfwinkel zu berauben, teils um Land zum Ackerbau zu gewinnen. Nach der Niederwerfung des grossen Auf- standes unter Königin Elisabeth wurden die Wälder aus ähnlichen Gründen und um wertvolles Bauholz zu gewinnen, noch weiter aus- gerottet. Dennoch blieben noch ausgedehnte Forsten in vielen Teilen Irlands bestehen. Die Insel war ferner reich an Eisenerzen. Man England im 17. Jahrhundert. unterschied drei Arten derselben: 1. Sumpferz (bog-mine), welches frisch gewonnen einem gelben Lehm glich, durch Liegen an der Luft aber eine schwärzliche Farbe annahm; 2. Bergerz (rock-mine), in den Provinzen Munster und Leinster, welches weder so reich noch so gut war, wie das Sumpferz und für sich geschmolzen brüchiges Eisen gab, das sich nur zu Pflugscharen verwenden liess. 3. Das weisse Erz (white mine, shell mine), ein sehr verbreiteter oolitischer Eisenstein, der ein gutes zähes Eisen gab und sich gut mit dem Bergerz zu- sammen verschmelzen liess. Das mächtigste Vorkommen war in der Grafschaft Roscommon am Ufer des Lough Allen, wo das Gebirge so voll Eisenerz war, dass die Eingeborenen sie Eisenberge — „Slew- Neren“ — nannten. Nach der Entdeckung dieser und anderer Erz- lager begannen die Engländer dieselben abzubauen und Eisenwerke zu errichten Siehe Scrivenor , History of the iron trade 1841, p. 61. . Die ausgedehntesten waren die des Grafen von Cork in Munster, die von Sir Charles Coote in den Grafschaften Ros- common und Leitrim in der Provinz Connaught und bei Mountrath in Queens County in Leinster, die des Grafen von Londonderry zu Ballonakill in derselben Grafschaft, die des Lordkanzlers A. Loftus und des Viscount Ely zu Mountmellick in Kings County, die des Sir John Dunbar in Fermanag in Ulster, und ein anderes in derselben Grafschaft am Ufer des Lough Erne von Sir Leonhard Blenerhasset, die von einigen Londoner Kaufleuten in der Grafschaft Thomond errichteten, ausser noch einigen an anderen Plätzen, deren erste Er- bauer unbekannt sind. Ähnliche Eisenwerke wurden an verschiedenen Stellen der Küste von Ulster und Munster von solchen Personen angelegt, die, da sie kein Erz in der Nähe hatten, ihren Eisenstein von England bezogen, was billiger war, als die Erze über Land aus dem Inneren zu beziehen, und ihn mit einheimischer Holzkohle verschmolzen. Alle die er- wähnten Werke waren auf Schmiedeisenerzeugung angelegt (Renn- werke), indessen gab es auch einige Giessereien, in denen Geschütze (ordnance), Töpfe, kleine, runde Öfen und andere Waren gegossen wurden; das einzige Werk, welches als solches ausdrücklich erwähnt wird, war das von Christof Windsford, Vizekanzler von Irland, welcher nach Lord Staffords Abberufung 1630 Statthalter wurde — er hatte eine ausgedehnte Eisengiesserei auf seinen Besitzungen bei Idough in der Grafschaft Carlow. Die Lage der Eisenwerke des Grafen von Cork war besonders England im 17. Jahrhundert. günstig für den Schiffstransport. Er übertraf alle anderen Gewerke durch seinen Versand und erwarb sich dadurch grossen Reichtum; Leute, die Einblick in die Sache hatten, versicherten, dass er über 100000 Pfund Sterling Reingewinn aus seinen Eisenwerken gezogen habe. Gerard Boate , der diese Mitteilungen in seiner „Natur- geschichte Irlands“ veröffentlichte, giebt eine ausführlichere Beschrei- bung der umfangreichen Eisenwerke von Sir Charles Coote, welcher 1641 beim Ausbruch der englischen Revolution zum Gouverneur von Dublin ernannt wurde. „Aber wenige“, schreibt er, „erzielten so grossen Gewinn wie Sir Charles Coote, weil sie keine so günstigen Transport- gelegenheiten hatten; und er selbst verdiente nicht so viel an seinen Eisenwerken in Connaught als in dem bei Mountrath, obgleich die Gruben dort reichere Erze lieferten, von denen ihm die Tonne am Ofen nur auf 3 Schilling zu stehen kam, weil der Lough Allen, an welchem die Gruben und die Hütten von Mountrath lagen, ihm Ge- legenheit gaben, sie zu Wasser vom Bergwerk zum Ofen zu bringen, und zwar in Böten von 40 Tonnen. Auf dem Werk bei Mountrath kam das Bergerz auf 5 Schilling 6 Pence und die Tonne Weisserz, welche zwei Meilen weiter gefahren werden musste, auf 7 Schilling; die beiden wurden in dem Verhältnis gemischt, dass ein Teil Bergerz auf zwei Teile Weisserz kamen — mehr Bergerz konnte man ohne Beeinträchtigung der Güte des Eisens nicht setzen — und dieses Ge- misch gab ein Drittel an Eisen, es lieferten also 2 Tonnen Weisserz und 1 Tonne Bergerz 1 Tonne gutes Eisen, sogenanntes Handelseisen, das nicht vom ersten, sondern vom zweiten Schmelzen fiel und in Stäbe ausgeschmiedet war, so dass man es für alle Zwecke gebrauchen konnte. Dieses Eisen schickte er stromabwärts dem Flusse Nore nach Ross und Waterford in der Art von irischen Boten, welche „Cots“ heissen und die aus einem Stück Holz gemacht sind (Einbäume); diese Art von ungestalteten Boten ist in Irland sehr gebräuchlich, sowohl um über den Fluss zu fahren, als um Güter von einem Platz zum anderen zu transportieren, und zwar nicht nur in flachem Wasser, wie es der obengenannte Fluss meist hat, sondern auch auf grossen Flüssen und Seeen. In Waterford wurde dann das Eisen in grosse Schiffe (board-ships) für London umgeladen, wo es für 16, oft für 17 und manchmal für 17½ Pfd. Strl. verkauft wurde, während es Sir Charles Coote nicht mehr als zwischen 10 und 11 Pfund, alle Kosten des Grabens, Schmelzens, Frischens, des Transportes, der Botsmiete und Fracht, sogar des Zolles eingerechnet, zu stehen kam. England im 17. Jahrhundert. Trotz des Überflusses an Holz, der Nähe der Bergwerke, der Bequemlichkeiten des Wassertransportes, sind die Kosten des Baues und Betriebes eines Eisenwerkes doch gross, wegen der grossen Zahl von Arbeitern, die dazu nötig sind: als Holzhacker, Säger, Zimmer- leute, Schmiede, Maurer, Balgmacher mit allen ihren Geräten zur Einrichtung und Erhaltung der Hütte; ferner von Wasserknechten, welche die Wassergräben in Ordnung halten, Korbmachern, um die Aufgabekörbe zu machen und zu unterhalten, Schiffsbauer und Schiffs- knechte, um die Bote zu machen und zu fahren, Bergleute (diggers) in den Gruben, Schlepper, die das Erz fahren, Köhler, um die Holz- kohle zu machen, Fuhrleute (Corders), um sie nach der Hütte zu bringen; Aufgeber, um die Gichten zu setzen, Ofenarbeiter, welche das Schmelzwerk beaufsichtigen, Asche und Schlacke ausbrechen und das flüssige Metall zur rechten Zeit abstechen. Frischer, Hammer- schmiede und verschiedene Arbeiter, die da und dort helfen müssen. Von all diesen verschiedenen Arten von Leuten unterhielt Sir Charles Coote der Ältere, jener eifrige, berühmte Krieger in dem letzten Krieg gegen die irischen Rebellen (in welchem er, nach manchen ruhmvollen Thaten im ersten Jahr desselben sein Leben verlor), immer 2500 bis 2600 auf seinen Eisenwerken, deren er drei besass, woraus leicht die Höhe des Anlagekapitals und der Unter- haltungskosten der Eisenwerke ermessen werden kann: aber bei alle- dem zogen die Besitzer grossen Gewinn daraus, in der Regel nicht weniger als 40 Proz. Bei der allgemeinen Zerstörung alles englischen Eigentums durch die Rebellen 1641 wurden beinahe alle Eisenwerke zerstört; nur in der Nähe des Long Conn in der Grafschaft Mayo blieben wertvolle Eisenwerke erhalten, die denn auch ihren Betrieb fortsetzten, solange sie Brennmaterial beziehen konnten. In einer späteren Periode, um das Jahr 1660, errichtete Sir William Petty grosse Eisenwerke bei dem Dorfe Blackstones in der Grafschaft Kerry; diese Werke waren bis gegen die Mitte des 18.Jahr- hunderts in Betrieb; nachdem aber alles Stammholz der Nachbar- schaft erschöpft war, kamen sie zum Erliegen. Es scheint etwas auf- fallend — bemerkt der englische Berichterstatter —, dass Sir William Petty nicht mehr darauf bedacht war, durch Hägung und Nachzucht von Unterholz seine Waldungen zu erhalten, wie es in Schweden und anderen Ländern, wo Eisenindustrie betrieben wird, geschieht, in denen für einen regelmässigen Nachwuchs von Unterholz gesorgt wird; aber da diese Wälder auf dem besten, trockensten Boden wuchsen, so England im 17. Jahrhundert. fanden die Ansiedler, die ihn zuerst ausgeholzt hatten, das frei- gewordene Land für vorzüglich geeignet für Weideland und dachten nicht an die Erhaltung des Waldes. Sir William Petty erwähnt in seiner „Politischen Anatomie von Irland“, dass 1672 in Irland 1000 Tonnen Eisen dargestellt wurden, welche 2000 Männern und Weibern Beschäftigung gewährten, und dass es 6600 Eisenschmieden oder, wie er meint, noch ein Fünftel mehr im Lande gäbe und dass die Zahl aller durch dieselben beschäftigten Männer und Weiber sich auf 22500 beliefe. Im achten Jahr Wilhelms III. (1697) wurden die Zölle auf Stab- und Zaineisen von Irland, wegen der bedrängten Lage der irländischen Industrie, aufgehoben. Diese Aufhebung des Zolls hatte eine grosse Nachfrage nach irländischem Stammholz zur Folge, welches nach den englischen Zollregistern (Book of Rates) zum Preise von 13 Sh. 4 Pf. die Tonne eingeführt und deshalb ebenfalls wohl kaum mehr einem Zoll unterworfen war. Die ungeordneten Zustände Irlands und die Zuflucht, welche die Waldungen Verbrechern, Räubern und allen denen, die der Regierung feindlich gesinnt waren, darboten, machten die Grund- besitzer ebenfalls gleichgültig gegen die Erhaltung der Wälder oder fast, wie es scheint, feindlich ihrem Bestehen, denn in vielen alten Pachtverträgen wurde den Pächtern ausdrücklich aufgegeben, kein anderes Brennmaterial als Stammholz zu verwenden. Dadurch nahm die Verwüstung der Wälder Irlands solche Dimensionen an, dass am Schluss des Jahrhunderts das englische Parlament einschreiten musste und ein Schutzgesetz erliess, um der gänzlichen Ausrottung der Wälder in Irland entgegenzutreten. So war durch ein unsinniges Raubsystem der Waldreichtum Irlands binnen einem Jahrhundert vernichtet worden. Die kurze Blüte einer irländischen Eisenindustrie war wie ein Traum vergangen. In England war schon längst der Holzmangel zu einem Not- stand geworden. Alle Gesetze der Königin Elisabeth hatten die fort- schreitende Entwaldung nicht aufhalten können. Der grösste Holz- verschlinger war die Eisenindustrie. Notschreie ertönten von allen Seiten; so wird z. B. in einer Abhandlung aus dem Jahre 1629 „ein Bericht über einige Missbräuche begangen gegen die bürgerliche Ge- sellschaft, insbesondere aufgesetzt für die Grafschaft Durham“, die Holzverschwendung als der grösste Missbrauch verurteilt. „Da ist ein Mann“, heisst es an einer Stelle, „dessen Wohnung innerhalb 20 Meilen von der Stadt Durham gelegen ist, welcher in seinem Leben über 30000 Eichen ohne Berücksichtigung des Unterholzes niedergeschlagen England im 17. Jahrhundert. hat und wenn er noch lange lebt, ist es zweifelhaft, ob er soviel Bau- holz im ganzen Lande übrig lassen wird, als zur Reparatur einer unserer Kirchen erforderlich wird, so schnell verschlingen seine Eisen- und Bleiwerke das Holz.“ Der Gedanke, Holzkohle durch Steinkohle zu ersetzen, lag deshalb nahe und beschäftigte schon im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts die Geister. Schon gegen Ende des vorhergehenden Jahrhunderts waren darauf bezügliche Projekte aufgetaucht. Hatte doch schon der berühmte Kardinal Wolsey 1528 Versuche gemacht, Bleierze mit Steinkohlen zu schmelzen. 1589 wurde von der Königin Elisabeth an Thomas Proctor und William Peterson ein Patent verliehen, Eisen und Stahl herzustellen und Blei zu schmelzen mit Steinkohlen und Torf Siehe Robert L. Galloway , a history of coal-mining in Great Britain 1882, pag. 39. In dem Patent heisst es: „with earth-coal, sea-coal, turf and peat.“ Steinkohlen bezeichnete man damals abwechselnd als earth-coal, sea-coal, pit-coal, stone-coal. . Aber das Unternehmen scheiterte. Es existiert noch ein Bericht über die Herstellung von 2 Tonnen Eisen nach diesem Verfahren auf einem Hüttenwerk zu Yorkshire, wonach die Kosten sich hierfür auf 66 £ 13 sh. 4 d. pro Tonne gestellt hätten. Das war, wie der Bericht sagt „deere iron“. Kurze Zeit danach 1590 erhielt auch der Dean of York ein Patent zum „Abschweflen“ der Kohle. Der Misserfolg von Proctor und Peterson schreckte für einige Zeit ab. Aber schon 1607 erhielt ein gewisser Robert Chantrell ein ähnliches Patent „to make and forge iron and steel with stone coal, sea coal, pit coal and peat coal“. Einen Erfolg kann dieses Patent nicht gehabt haben. Aber nicht nur die Eisengewerke, sondern auch der König und namentlich der voraussichtliche Thronerbe, König Jacobs I. ältester Sohn Heinrich, Prinz von Wales, interessierten sich lebhaft für die Frage. Als daher ein gewisser Simon Sturtevant , an- geblich ein Deutscher , ein Mann von vielerlei Kenntnissen, der sich schon früher durch Erfindungen auf mechanischem Gebiet bekannt gemacht hatte, auftrat und behauptete, ein Verfahren erfunden zu haben, um bei allen metallurgischen Prozessen Holz und Holzkohle durch Steinkohle zu ersetzen, fand er williges Gehör bei dem König und dem Prinzen und erhielt am 26. Februar 1611 ein umfassendes Patent sowohl für die Verwendung der Steinkohle für metallurgische und andere Zwecke, als auch für alle angeblich von ihm erfundenen Apparate, Maschinen und sonstigen Hülfsmittel, welche diesem Zweck dienen sollten. Obgleich Sturtevant keinen Erfolg hatte, da er, wie England im 17. Jahrhundert. es scheint, ein Abenteurer war, der eine wirkliche Erfindung gar nicht nachweisen konnte, das Patent also nur erwarb, um wirkliche Er- finder zu zwingen, sich mit ihm zu verbinden oder ihm sein Recht abzukaufen, so ist doch diese Patentbeschreibung, welche zuerst am 22. Mai 1612 von George Eld in London „cum privilegio“, und dann 1858 von dem Patentamt in London von Neuem gedruckt wurde, von grossem Interesse, sowohl für die Geschichte der Technik als für die Geschichte des Patentwesens. Sturtevant legt seinem Patentgesuch eine Gewinnberechnung zu Grunde, durch welche er den Wert und die Bedeutung seiner Er- findung in das rechte Licht stellen will. Er sagt, es gäbe in Gross- britannien und Irland 800 Eisenhütten (milnes for the making of Iron), hiervon seien 400 in Surrey, Kent und Sussex, 200 in Wales und 20 in Nottinghamshire, in den übrigen Grafschaften Englands, sowie in Schottland und Irland nimmt er 180 an. Eine Hütte ver- brauche jährlich im Durchschnitt 500 £ für Holzkohlen; für Stein- kohle würde sie dagegen bei gleicher Produktion nach seinem Ver- fahren höchstens 50 £ aufzuwenden haben. Rechnet man aber die Ersparnis für eine Hütte nur auf 400 £, so ergiebt sich für die 800 Hütten 320000 £, welche allein in der Eisenindustrie durch die Einführung der Steinkohle als Brennmaterial erspart werden würden. Für die anderen Metalle, als Blei, Zinn, Kupfer, Bronze für Glas und andere mineralische Stoffe nimmt er eine weitere Ersparung von mindestens 10000 £ an, so dass im Ganzen ein jährlicher Gewinn von 330000 £ erzielt würde. Das Patent (a Letter Patent) hat die Form eines Vertrags (in- denture) zwischen dem König und Sturtevant (our Soveraigne Lord of the one party, and Simon Sturtevant, Gentleman, of the other party). Es beginnt folgendermassen: „Da der genannte Simon Sturtevant, durch sein langes Studium und grosse Kosten verschie- dene neue exakte mechanische Künste, Mysterien, Wege und Ge- heimnisse seiner eigenen Erfindung erschlossen hat, durch welche alle Arten von Metallen, Produkten (works) und anderen Dingen und Materialien, alle Arten metallischer Flüsse (concoctions) als Sand- flüsse, Aschenflüsse, Emaile (Sand-mettles, Asch-mettles, Ammels) und dergleichen — drittens alle Arten gebrannte Erden, als Ziegel, Fliesen, Backsteine und dergleichen — viertens, alle Arten gepresster Waren, wie Pressziegel, Presssteine, gepresste Mauersteine und der- gleichen, sowie noch verschiedene andere Dinge und Materialien, welche jetzt nach dem gewöhnlichen Verfahren mit Holz und Holz- England im 17. Jahrhundert. kohlen hergestellt werden, wie genannter Simon Sturtevant ver- sichert, mit Seekohle, Schachtkohle, Erdkohle und Abfall-Brennstoff (Sea-coale, Pit-coal, Earth-coal and Brush fewell) hergestellt werden können, wodurch die Wälder, welche jetzt überall in den Hauptwald- bezirken des englischen Reiches durch Eisenhütten und andere Metall- schmelzöfen und Herde zerstört werden, vor der gänzlichen Erschöpfung bewahrt und von demselben Schicksal andere Gebiete ihrer Majestät gerettet werden können, was alles durch diese neue Erfindung, welche Simon Sturtevant unternommen hat, ebenso gut gemacht wird als die gleichen Materialien, welche jetzt mit der drückenden und über- mässigen Verschwendung von Holz und Holzkohle gewonnen und be- arbeitet werden; — und da fernerhin genannter Simon Sturtevant zur besseren Darstellung, Bearbeitung, Gewinnung, Zerklopfen, Brennen und Schmelzen der genannten Metalle, Produkte, Dinge und Mate- rialien mit See-, Schacht-, Erdkohle und Abfall-Brennstoff durch seine erwähnte Erfindung und Geschicklichkeit verschiedene Öfen, Herde, Teste, Werkzeuge, Maschinen, Wasserwerke (milnes) und andere In- strumente und Hülfsmittel neu und zuerst, indem sie nie zuvor von irgend jemand verwendet worden sind, erfunden hat; und da er fernerhin durch seine erwähnten Erfindungen und Geschicklichkeit Kenntnis erlangt hat, verschiedene andere gebräuchliche (common) Instrumente zur Darstellung, Bearbeitung und Gewinnung der ge- nannten Metalle, Produkte, Materialien und Dinge, welche gebräuch- liche Hilfsmittel werden und jetzt in anderen Künsten, Wissen- schaften und Handwerken benutzt werden, aber weder früher noch jetzt für diese Zwecke verwendet worden sind, zu verwenden, welche Erfindungen, Metalle, Produkte u. s. w. und welche Mittel und Werk- zeuge, mit denen sie bearbeitet werden sollen, in dem oder den Verzeichnissen (Schedule ore Schedules), welche Gegenwärtigem an- geheftet sind, vollständig, ausführlich und genau dargestellt, auf- geführt, beschrieben und in einer grossen Abhandlung, welche ge- nannter Simon Sturtevant bereits entworfen und die im Druck erscheinen und veröffentlicht werden soll vor dem letzten Tag der nächsten Ostermesse, welche zu druckende Abhandlung betitelt werden soll: a Treatise of Metallica, enthalten sein werden; welche erwähnte Erfindung des Simon sich für den Staat nützlich erweisen wird und soll, sowohl in Bezug auf die ausserordentliche Menge der erwähnten Dinge und Materialien, welche sie täglich erzeugen wird, als auch, weil sie Massen von Bauholz, Holzkohle und Brennholz und andere Dinge, welche jetzt in Massen verschwendet und verbraucht werden und Beck , Geschichte des Eisens. 79 England im 17. Jahrhundert. deren allgemeiner Mangel sich bereits fühlbar macht, rettet und er- hält u. s. w. .... deshalb hat der König für sich und seine Nach- folger dem genannten Simon Sturtevant, seinen Bevollmächtigten, Vollstreckern und Pflegern (his executors, administrators and assignes) sowie seinem und deren Stellvertreter die alleinige, volle, unumschränkte und freie Macht gewährt, die vorgenannten Me- talle u. s. w. mit Steinkohlen in allen Teilen und Plätzen seines Reiches zu machen, die Gebäude, Öfen und Werkzeuge, sowohl die von ihm erfundenen, als die in anderen Betrieben gebräuchlichen, zu errichten und herzustellen für die Dauer und Frist von 31 Jahren. Hierfür hat er von seinem Gewinn, der in 33 Teile geteilt wird (wohl in Folge des oben berechneten Reingewinns von 33 × 10000 £) 10 Teile an den König, 5 Teile an dessen ältesten Sohn Heinrich, Prinz von Wales, 2 Teile an dessen zweiten Sohn Karl, Herzog von York (den nachmaligen König Karl I.) und 1 Teil an Robert Viscount Rochester, Baron von Wainick, zu bezahlen. 1 Teil (1/33) soll dem Patentinhaber für seine Erfindung verbleiben, über die übrigen 14 Teile steht ihm die Verfügung zu, in der Weise, dass er sie unter allen denen, die ihm bei der Ausführung des Patentes helfen, sich mit ihm verbinden, ihn unterstützen, die Sache unternehmen, ver- teilen kann.“ Der Vertrag wurde doppelt ausgefertigt: Sturtevant erhielt das von dem König unterschriebene und mit dem königlichen Insiegel versehene Exemplar, während der König das von jenem in gleicher Weise ausgefertigte empfing. Sturtevant kam der in dem Patent ihm auferlegten Verpflich- tung, vor Ablauf der Osterfrist seine Abhandlung „Treatise of Metallica“ zu veröffentlichen, nach. Dieselbe ist in einer Ausgabe des Patentamtes von 1858 mit dem Patent abgedruckt. — Vergeblich aber suchen wir darin nach der eigentlichen Erfindung Sturtevants. Die Abhandlung ist in der Form eines Gespräches zwischen dem Leser und dem Erfinder gehalten. Der Erfinder hüllt sich jedoch in seinen Antworten in ein solches Dunkel von unverständlichen, selbsterfun- denen, gelehrtseinsollenden Worten, unklaren Definitionen und leeren Phrasen, dass der arme Leser sich sehr dumm vorkommt, von dem Wesen der grossen Erfindung oder von dem Wesentlichen irgend einer der vielen angeblichen Erfindungen aber nicht das mindeste erfährt. Man könnte annehmen, dass dieser leere Wortschwall beabsichtigt gewesen sei, um die Erfindung möglichst im Unklaren zu lassen, wie dies in englischen Patentbeschreibungen häufig vorkommt, das Schick- England im 17. Jahrhundert. sal von Sturtevants Patent lässt es aber wahrscheinlicher er- scheinen, dass er überhaupt nichts erfunden, also auch nichts zu erklären hatte. Es geht aus der weitläufigen Abhandlung nicht einmal hervor, in welcher Weise eigentlich die Steinkohlen für die an- geführten Zwecke verwendet werden sollten. Dass dies nicht ohne weiteres ausführbar war, bestätigt Sturtevant in folgendem Satz: „Zweifelsohne kann der Zweck erreicht werden, wenn der Erfinder im stande ist, zu bewirken, dass Steinkohle für metallurgische Operationen ebenso geeignet ist wie Holzkohle. Hierzu ist dreierlei nötig: erstens muss die Steinkohle den gleichen Hitzegrad erzeugen wie Holz oder Holzkohle, d. h. sie darf kein heisseres noch kälteres Feuer erzeugen als Holz oder Holzkohle; zweitens muss die Kohle so her- gerichtet und vorbereitet werden, dass alle der Natur der metallischen Substanzen feindlichen Eigenschaften ausgezogen oder wenigstens in ihr zerstört worden sind; drittens müssen die fehlenden Eigenschaften, welche in der Holzkohle enthalten sind, der Steinkohle zugefügt und eingeflösst werden.“ Dieses dreifache Geheimnis kann der Verfasser vollbringen. — Man könnte hierbei, namentlich bei dem zweiten Punkt, an eine Vor- bereitung durch Verkokung denken, allein dies wird durch den Inhalt der Abhandlung Metallica in keiner Weise bestätigt, in dieser wird viel- mehr das Hauptgewicht auf die neuentdeckten Öfen, Maschinen u. s. w. gelegt, so dass, wenn Sturtevant überhaupt ein bestimmtes Ver- fahren vorschwebte, es mehr auf die Verwendung der Flamme der Steinkohle hinausläuft. Aus der Einleitung erfahren wir, dass die Steinkohle an Stelle von Holz und Holzkohle zu seiner Zeit bereits angewendet wurde beim Ziegelbrennen, in der Brauerei, Färberei, beim Erzguss. „Ferner hatten die Schmiede vordem alles Eisen mit Holzkohle geschmiedet (wie es da, wo diese billig sind, noch geschieht), aber seit vielen Jahren verwendet man dafür kleine Seekohlen mit bestem Erfolg. Seit ganz kurzem macht man aber auch grünes Glas für Fenster zu Winchesterhouse in Southwark in einem Windofen mit Steinkohlen, wofür man früher unglaubliche Mengen von Wellen und anderem Holz verbrauchte.“ Sturtevant giebt an, dass er Versuche im Kleinen angestellt habe, und von seinen Maschinen und Apparaten — die er in seiner abstrusen Weise in lenische, phlegnische und kamminische (Lenicks, Phlegnicks und Camminicks, auch Caminicks geschrieben) einteilt — Modelle in seiner Werkstätte zu Highbury, Gemeinde Islington bei London, besässe. 79* England im 17. Jahrhundert. Wir wollen aus dem Hexenbrei von Sinn und Unsinn, der in Sturtevants Metallica zusammengebraut ist, nur noch einige Brocken herausfischen, die wenigstens einen Schimmer von Licht auf die metallurgischen Zustände jener Zeit werfen. Die kamminischen Werk- zeuge, welche bei der Eisenbereitung in Betracht kommen, sind: Das Brennmaterial, die Flüssigkeit (liquor) und der Ofen. Das Brennmaterial ist 1. Holz und Holzkohle, 2. Schacht- oder Erdkohle und 3. Abfallbrennstoff. Erdkohle ist die Art Brennmaterial, welche aus den Ein- geweiden der Erde gegraben wird und von der es mancherlei Arten giebt, die sich durch ihre Verschiedenheit beim Brennen unter- scheiden: Die Schottische ist die beste Flammkohle und verzehrt sich bis auf eine weisse Asche, sie hat mehr Fettiges als Schwefliges in sich. Die New-Castlekohle, welche gewöhnlich Seekohle genannt wird, hält länger an und ist dauernder als die Schottische, aufgestocht giebt sie ein zweites oder drittes Feuer, während sich die Schottische Kohle sofort verzehrt; deshalb ziehen alle Brauer und Handwerker Londons diese Seekohle vor. Trotzdem ist sie nicht so geeignet für manche metallurgische Zwecke, wegen der schweren schwefligen Sub- stanz, die in ihr zurückbleibt. Torf (turff and peat) ist die dritte Art Erdkohle, dessen Schwefel, wenn er welchen hat, nicht so schwer und fressend ist, wie der der See- und Steinkohle. Dieses Brennmaterial wird in den Niederlanden meist statt Holz und Steinkohle gebraucht. Unter brush-fewel versteht Sturtevant nicht nur Stoppeln, Stroh, Heidekraut u. s. w., sondern auch Pech, Theer, Harz u. s. w. — Die Beschreibung der Eisenarten, welche er in sowe of iron, ferrica substantia und could iron einteilt, beweist, dass er nur eine höchst mangelhafte Kenntnis vom Eisenhüttenprozess überhaupt hatte. Auf die Frage, wodurch sich denn die neuerfundenen „kammini- schen“ Öfen von den seither gebräuchlichen unterscheiden, giebt der Erfinder folgende Hauptvorzüge an, die darauf hinweisen, dass ihm ein Flammofen vorschwebte: 1. Unser kamminischer Ofen ist von so dauerhaftem Ofenmaterial gebaut und wird fortwährend mit so feuerfesten Mitteln erhalten, dass er unmöglich durch irgend eine Reverberirflamme oder Hitze zu- sammenschmelzen kann. 2. Unser kamminischer Ofen wird stets mit mehreren beweg- lichen Teilen konstruiert, nämlich Thüren, Feuerbett, Materialbett und Aschenbett, sowie andere Teile nach Belieben. England im 17. Jahrhundert. 3. Unser kamminischer Ofen ist konstruiert mit Glasfenstern für jede Abteilung(!), so dass der Ofenmeister fortwährend die Rohstoffe und die emporeutischen Stoffe (Schmelzprodukte) und wie das Feuer auf sie einwirkt, sehen kann. Dies ist ein besonderer Vorteil, der bei den gewöhnlichen Öfen fehlt. Diese erwähnten Besonderheiten und Vorzüge, nebst noch vielen anderen, sollen in mehreren Beispielen unserer kamminischen Öfen, welche in aller Kürze (mit Gottes Willen) zu Highbury und Islington aufgeführt und erbaut werden sollen, ge- zeigt und vorgeführt werden. Die „Lenischen“ Instrumente werden sehr geeignet verwendet, um See- oder Steinkohle zu zerkleinern, zu pochen und zu mischen, so dass man eine Substanz erhält wie ein Teig oder durchgearbeiteter Lehm; die Pressform kann dann diesen lehmartigen Stoff in hohle Kohlenröhren ähnlich wie Thonröhren pressen. Diese Röhrenkohle ist sehr geeignet zur Herstellung und Bearbeitung mancher Arten von Eisen und Stahl(!). Ebenso sollen die Erze zerstampft und in Röhrenform gepresst werden. Diese Erzröhren, die voller Höhlungen sind, schmelzen rascher in der Ofenglut und mit viel geringerem Kohlenaufwand, als die gewöhnlichen Erzstücke in Wallnussgrösse. Auf die Frage, welcher Unterschied zwischen den gewöhnlichen Blasebälgen und den „phlegnischen“ Bälgen sei? erwidert der Autor: Diese seien schöner und stärker und verbrauchten viel weniger Leder, weil dasselbe nicht aufgenagelt, sondern derart mit dem Holz ver- bunden und verwachsen sei, dass es mit diesem eine Substanz bilde. Die phlegnischen Bälge könnten aber nicht nur kalten Wind und Luft ausblasen, sondern auch Feuerflammen (!), Dämpfe und Staub, was Alles sehr nötig sei beim Erblasen metallischer Substanzen, wie dies ausführlich in der zweiten Auflage oder in einem Anhang „Phlegnica“ gezeigt werden solle. Drittens könnten die phlegnischen Bälge so gemacht werden, dass sie zehnmal mehr Wind lieferten, als die ge- wöhnlichen Bälge, entweder dadurch, dass man sie zehnmal so schnell gehen lässt oder dass man sie zehnmal so gross macht. Wenn man diese kühnen Versprechungen liest, könnte man sie für prophetisch für unsere moderne Eisenindustrie halten. Aber für die beschränkten Mittel jener Zeit war es nur Humbug. Sturtevants Patent wurde schon sehr bald, etwa im Jahre, nachdem es verliehen war, für nichtig erklärt, weil der Inhaber zur Zeit der Verleihung und auch für die Folge der bürgerlichen Ehrenrechte verlustig war und wegen Vernachlässigung und Nichterfüllung seiner Verpflichtungen (cancelled and made voyd, by reason of his standig out-lawed at the England im 17. Jahrhundert. time of the grant, and so still continuing, and his neglect and not performance of the work). Sturtevant war also nicht der Mann, als welcher er sich aus- gab, wahrscheinlich sogar ein Schwindler. Das wichtige Patent ging fast unverändert auf einen Genossen John Rovenzon Esq . über. Auch ihm wurde aufgegeben, vor Ablauf der Ostermesse ein Treatise of Metallica, in welcher er sein Patent erläutern sollte, zu verfassen. Er that es und liess es 1613 von Thomas Thorp drucken. Auch dieses 1612 erteilte Patent nebst der Abhandlung ist 1858 von dem Patentamt in London neu herausgegeben worden und bildet die zweite wichtige Quelle für die damalige Bewegung zur Einführung der Steinkohle an Stelle der Holzkohle bei der Eisengewinnung. Aus den Mitteilungen Rovenzons erfahren wir, dass inzwischen Heinrich, Prinz von Wales , der älteste Sohn König Jacobs I., der sich persönlich für die wichtige Frage interessiert hatte, gestorben war. Rovenzon war mit dem verstorbenen Prinzen und mit Sturtevant bekannt gewesen und war diesem zur Erlangung seines Patentes durch den Prinzen behülflich gewesen. Sturtevant hatte sich mit einem „Maister“ Ferrour von Graies Lane, vermutlich einem Rechts- anwalt, verbunden, und diesem den ganzen geschäftlichen Teil, den Abschluss und die Eintragung der Verträge, welche Unternehmer auf Grund des Patentes schliessen wollten, die Einnahme der Gelder, Auszahlung der Gewinne übertragen. Rovenzon, der von Sturtevant nichts mehr wissen will, dessen Patent aber auf sich übertragen lässt, bleibt unter den gleichen Bedingungen mit Master Ferrour in Ver- bindung. In dem Patent (Indenture of Priviledge) ist der Sachverhalt in folgender Weise dargestellt: „Auf die Versicherung des Simon Sturtevant, dass er die Sachen ausführen könne und dieselben bei Versuchen im Kleinen bereits erreicht hätte, machte obiger John Rovenzon ihn mit seiner Hoheit, dem verstorbenen Prinzen, bekannt, welcher dann, auf das ergebene Gesuch des genannten John Rovenzon hin, das Patent (Letters Patents of privilege) auf 31 Jahre für Maister Sturtevant erwirkte. Sturtevant versprach oft, die Sachen vor den Augen des Prinzen ausführen zu wollen, unterliess dies aber zur Hinderung des Ge- winnes Ihrer Majestät, welchen diese zu jener Zeit durch Versuche Anderer hätte erlangen können. Der verstorbene Prinz ermutigte nun den genannten John Rovenzon, dass er Versuche anstelle, ob er die Sachen ausführen England im 17. Jahrhundert. könne, welche auch nach vielen kostbaren Versuchen teils von ihm, teils von Freunden zu einem befriedigenden Erfolg gelangten. Der Prinz hatte geruht, ihn gnädig zu versichern, dass auf seine Ausführung hin Sturtevants Patent zurückgezogen und für nichtig erklärt werden sollte, entsprechend dem Erfolg seiner Erfindungen. Dies geschah und Rovenzon erhielt ein Patent für 31 Jahre. Der Inhalt des Privilegiums gewährte: 1. Alleinige Berechtigung, Eisen und andere Metalle, Aschenflüsse, Glasperlen (bugles), Ziegel, Töpferware u. s. w. mit Steinkohle etc. herzustellen. 2. Alleinige Berechtigung, alle Werkzeuge, Maschinen u. s. w., welche früher schon in anderen Künsten oder Geheimnissen an- gewendet waren, für obigen Zweck zu verwenden. 3. Alleinige Berechtigung, alle die neu erfundenen Öfen, Feue- rungen, Werkzeuge, Maschinen, Hülfsmittel und Erfindungen entweder für die Fabrikation mit genanntem Brennmaterial, oder für irgend sonstige Zwecke zu verwenden. Die Gewinnverteilung war wie in Sturtevants Patent, nur verän- dert durch das Ableben des Erbprinzen. Von den 33 Gewinnteilen sollte der König erhalten 12, Prinz Karl, der jetzige Erbprinz, 5 Teile, Viscount Rochester 1 Teil, 1 Teil war für den Erfinder reserviert und 14 Teile standen zu seiner Verfügung für die Aus- führung. Die Treatise of Metallica des Rovenzon, welche rechtzeitig vor Ablauf des Ostertermins 1613 erschien, ist nicht so weitläufig und nicht in der schwülstigen, dunklen Ausdrucksweise geschrieben wie die Abhandlung Sturtevants, aber sie enthält ebensoviel, und noch mehr Versprechungen neuer Erfindungen als diese. Wir erwähnen von ihnen nur einige, die sich auf das Eisenhüttenwesen beziehen. Darunter befinden sich neue Maschinen, um die Bälge und Hämmer, einzeln oder zusammen, zu bewegen; unter diesen solche, welche ein Mann bewegt, ohne Hülfe von Wasser und Wind. Fuhrwerke, welche sich für sich bewegen durch einen Mechanismus, welchen ein Mann oder ein Pferd dreht und die 30 Ctr. den ganzen Tag über fahren. Eiserne Öfen mit Rauchröhren zum Anwärmen und Trocknen. Ein geschlossenes Gefäss mit einem Ausblaserohr, mit Wasser gefüllt, das man auf das Feuer legt. Der Dampf soll das Feuer anfachen. Wichtiger ist seine Beschreibung der Öfen, die er in geteilte und ungeteilte, d. h. solche, bei denen der Feuerraum von dem Arbeits- raum getrennt ist und solche, bei denen Brennmaterial und das zu England im 17. Jahrhundert. verarbeitende Material in unmittelbarer Berührung sind, klassifiziert. Aus der Abhandlung geht hervor, dass es die Öfen mit getrennter Feuerung sind, in welchen er die Steinkohle verwenden will. Auch bei diesen geteilten Öfen, zu welchen auch die Windöfen gehören, können Blasebälge verwendet werden. Die Kohle liegt immer auf einem Rost. „Die Öfen können mit einem, zwei, drei oder mehr Be- hältern oder Herden, welche die Erze oder Metalle, die geschmolzen werden, enthalten sollen, gemacht werden, so dass eine, zwei, drei oder mehr Gänse von Eisen (sowes of Iron) oder anderem Metall gleichzeitig eingeschmolzen werden können, und zwar von grösseren Gewichten, als man sie jetzt gewöhnlich giesst. Man kann Frisch- und Schweissfeuer in einem Ofen vereinigen, so dass man von einer Feuerstätte aus die Metalle schmelzen, feinen und frischen kann. Man kann Wasserröhren in die Öfen einlegen, die dann ununter- brochen heisses Wasser liefern.“ „Die genannten Metalle, Eisen u. s. w. können mit demselben Brennmaterial auch in den gewöhnlichen Frisch-, Fein- und Schweiss- feuern gemacht werden, viel besser aber in geteilten Frisch-, Fein- und Schweissöfen, welches eine neue noch wenig be- nutzte Erfindung ist , in welcher das Metall, welches einge- schmolzen oder verarbeitet werden soll, von dem Brennstoff getrennt ist. Ferner will er eine Reihe neuer Flussmittel und Zuschläge er- funden haben. Ein besonderes Zusatzmittel zur Reinigung des Eisens befinde sich zugleich mit den Modellen der verschiedenen Maschinen, Werkzeuge und Erfindungen auf Pergament gezeichnet in der Ver- wahrung des oben genannten John Ferrour. Er will auch mit Stein- kohlen Eisen in Stahl und Kupfer (!) umwandeln. — Über seine Öfen sagt er zum Schluss: Der Ofen, mit dem man dieses Alles macht (und der ebensoviel oder mehr leistet als irgend ein mit Holzkohlen betriebener Ofen) kann auf dem Land, wenn die Steine nicht allzu weit zu holen sind, für weniger als 10 £ errichtet werden. Ist der Ofen im Feuerraum zerstört, so ist ein neuer feuerfester Herd einzusetzen und der Ofen wieder aufzubauen für 40 Schilling oder weniger. Da der Ofen ein Zugofen (wind furnace) ist, denn ein solcher ist am besten, — so werden die Kosten der Bälge und des Rades zur Bewegung gespart. Die Maschine, welche die Hämmer für die Frisch- und Heizfeuer mit Hülfe eines Mannes bewegt, spart den Wasserhammer, und stellt man diese Maschine mit dem Frisch- und Heizofen auf der Hütte auf, wo das Roheisen (Sow Iron) gemacht England im 17. Jahrhundert. wird, so erspart man unendliche Kosten für Fuhrwerk der Mate- rialien. Der Ofen kann so konstruiert werden, dass er gleichzeitig auch zum Frischen und Ausheizen dient, so dass das Roheisen in demselben Ofen gleichzeitig gefrischt wird, wo es dargestellt wird. Nachdem der Ofen seine volle Hitze erlangt hat, was 8 bis 9 Tage oder weniger dauert, indem man nach und nach anheizt, braucht man für eine Tonne Roheisen nicht mehr wie eine Tonne Steinkohle. Während nun bei dem jetzigen Verfahren ein Eisenwerk nicht unter 1000 bis 1500 £ errichtet werden kann, so genügt nach der neuen Erfindung und der Anwendung von Steinkohlen und dem neuen Ofen ein Kapital von 100 £, wenn man nur ein Haus hat, den Ofen hineinzustellen.“ Diese schönen Versprechungen verhalfen zwar Rovenzon zu seinem Patent, nicht aber zu einem Erfolg. Auch er konnte sein Patent nicht aufrecht erhalten. Dud Dudley schreibt darüber: Nachdem es John Rovenzon häufig mit seinen Erfindungen und grossen Unternehmungen fehlgeschlagen war, unternahm es Gambleton, ein Diener der Königin Anna, auf ein Patent hin, die Erfindung, Eisen mit Steinkohle zu machen, auszuführen. Er hatte ebensoviel Ver- trauen auf seine Erfindung als die Anderen, und baute seine Werke (welche Dudley gesehen hat) zu Lambeth. Da Gambletons Unter- nehmen fehlschlug, nahm der gelehrte, geistreiche Dr. Jorden von Bath (den Dudley kannte), mit mehreren Anderen ein Patent, Eisen mit Steinkohlen zu machen, aber trotz ernsthafter Bemühungen war er erfolglos. Da trat Dud Dudley auf, dem es zuerst wirklich ge- lang, grössere Mengen brauchbaren Eisens im Hochofen mit Stein- kohle zu schmelzen. Trotz seiner für die Eisenindustrie so wichtigen Erfindung starb er in Armut, als ein Märtyrer seiner Idee. Dud Dudley war im Jahre 1599 als natürlicher Sohn von Edward Lord Dudley von Dudley Castle in der Grafschaft Worcester geboren Siehe Smiles , Industrial Biographies, p. 46 und Percy , Iron and Steel, p. 883. . Er war das vierte von elf Kindern derselben Mutter, die in dem Stammbaum der Familie Dudley von William Tomlinson als Elisabeth, Konkubine von Edward Lord Dudley, aufgeführt wird. Lord Dudley sorgte väterlich für seine natürlichen Kinder, erzog sie gut und beschäftigte sie in Vertrauensstellungen bei der Verwaltung seiner ausgedehnten Besitzungen. Dud schrieb von sich selbst, dass er schon als Knabe grosse Freude an dem väterlichen Eisenwerke bei England im 17. Jahrhundert. Dudley gehabt habe, wo er sich früh beträchtliche Kenntnisse der Fabrikation aneignete. Die Stadt Dudley war schon damals der Mittelpunkt einer Eisen- industrie, obgleich meist nur Kleineisenzeug, wie Nägel, Hufeisen, Schlüssel, Schlösser und gewöhnliche landwirtschaftliche Werkzeuge daselbst gemacht wurden. Nach Dudleys Angabe lebten in einem Um- kreis von zehn englischen Meilen um die Stadt 20000 Schmiede und Eisenarbeiter. In Folge dessen war aber auch hier, wie im südlichen England, grosser Holzmangel eingetreten, und in dem vordem sehr holzreichen Lande waren viele Zweige des Eisengewerbes am Er- liegen. An Steinkohlen besass das Land Überfluss, die in glücklicher Verbindung mit Eisenerz- und Kalklagern vorkamen. Dieses Zu- sammenvorkommen schien, durch die Vorsehung dargeboten, „wie wenn Gott“, sagt Dudley, „die Zeit vorbestimmt hätte, wann und wie diese Schmiede, sowie das ganze Land sollten mit Eisen versorgt werden, und dass insbesondere diese Kohlen und Eisensteine bestimmt sein sollten, den ersten Anstoss zu geben für die Erfindung des Schmelzens des Eisens mit Steinkohle“. Dud war der besondere Liebling des Grafen, seines Vaters, der ihn in seinen Bemühungen zur Verbesserung der Eisenbereitung unterstützte und ihm eine Er- ziehung geben liess, die ihn in den Stand setzte, seine praktischen Fähigkeiten zu verwerten. Er war Student in Oxford, als der Graf im Jahre 1619 ihn kommen liess, um ihm die Leitung mehrerer Eisenwerke zu übertragen. Dudley schreibt darüber in seiner Ab- handlung Metallum Martis: „Da ich schon früher, als ich noch Jüngling war, Freude an den Eisenwerken meines Vaters hatte und mir Kenntnisse erworben hatte, so holte er mich später, als ich 20 Jahre alt war, anno 1619, von Oxford, wo ich mich damals im Bayliol-Collegium befand, um die Leitung von drei seiner Eisenwerke, 1 Hochofen und 2 Hammerwerke, in dem Jagdbezirk von Pensnet in Worcestershire zu übernehmen. Da aber Holz- und Holzkohle zu mangeln begann, dagegen grosse Mengen von Steinkohlen nahe bei der Hütte im Überfluss vorhanden waren, so sah ich mich veranlasst, meinen Hochofen abzuändern (to alter my furnace) und nach meiner neuen Erfindung zu ver- suchen, Eisen mit Steinkohlen zu schmelzen, indem ich im Vertrauen auf meine Erfindung mir sagte, dass ein etwaiger Verlust für mich nicht grösser, sondern eher geringer sein würde als für andere, wenn auch der Versuch erfolglos bleiben würde. Aber der Erfolg des ersten Versuches ermutigte mich, denn bei meinem Versuchsschmelzen blies England im 17. Jahrhundert. ich Eisen mit Steinkohle mit Gewinn und fand den Satz bestätigt: Facere est addere Inventioni. Nachdem ich einen zweiten Wind „a second blast“ bedeutet eine zweite Blaseform. angebracht hatte und durch ein zweites Versuchsschmelzen die Ausführbarkeit der Schmel- zung von Eisen mit Steinkohle erprobt hatte, fand ich das nach meiner neuen Erfindung erzeugte Eisen gut und vorteilhaft: aber die Menge, welche ich erhielt, überstieg nicht 3 Tonnen in der Woche. Nachdem ich aber meine Erfindung soweit vervollkommnet und ge- winnbringend gemacht hatte, zweifelte ich nicht, dass ich auch Massen erzeugen würde. Sofort nach meinem zweiten Versuch schrieb ich meinem Vater, was ich gethan hätte und bat ihn, ein Patent dafür bei König Jacob gesegneten Andenkens zu erwirken.“ Dieses Patent wurde dem Vater noch in demselben Jahre 1619 auf 31 Jahre er- teilt. Schon im folgenden Jahre konnte Dudley gutes Handelseisen nach dem Tower in London liefern, wohin es nach des Königs Befehl verbracht wurde, um von allen Arten von Handwerkern (Artists) probiert zu werden. Diese sprachen sich sehr günstig über das Eisen aus. Auch liess sich Dudleys Schwager eine Jagdflinte aus Stein- kohleneisen machen. Dudley führt die folgenden Gründe an, die ihn zu seiner Er- findung veranlasst hätten: 1. Befanden sich an 20000 Schmiede aller Art und viele Eisen- werke in einem Umkreis von zehn Meilen um Dudley Castle in grosser Bedrängnis in Folge des Holzmangels. 2. Lord Dudleys Waldungen und Eisenwerke gingen zu Grunde, während Steinkohlen und Eisenerze im Überfluss im Lande waren, aber unbenutzt. 3. Weil die meisten Kohlenlager in diesen Gegenden, wie auch in Lord Dudleys Besitzungen, 10, 11 bis 12 Ellen mächtig waren und zu Tage ausgingen, wo sie durch Tagebau abgebaut wurden. 4. Unter dieser dicken Kohlenschicht befinden sich viele Arten von Eisenstein, knollenförmig in Lehm, Thon oder Steinsand, 4 Ellen dick; auch unter diesem Eisenerz ist wieder Steinkohle mehrere Ellen dick. 5. Wenn die Kohlenbergleute Schächte abteufen müssen, um die zehn Ellen dicke Kohle abzubauen, so ist ein Drittel der Kohle, die sie gewinnen, Gries, welcher hier zu Lande wertlos ist und die Förder- kosten nicht lohnt, es sei denn, dass man ihn zur Eisengewinnung benutze, um Gusswerk oder Schmiedeisen darzustellen. England im 17. Jahrhundert. 6. Wüsste man eine Verwendung für diesen Gries, so würde man denselben fördern, während jetzt derselbe den Besitzern und den Werken selbst nur Schaden bringt; denn die Bergleute sind ge- zwungen, um die Stückkohle zu gewinnen, den Gries mitzufördern und ihn auf grosse Halden zu stürzen. Durch ihre schweflige Natur ge- raten diese aber häufig in Brand und setzen oft die ganzen Kohlen- bergwerke mit in Feuer, so dass die Flammen aus den Schächten schlagen, wie beim Ätna oder Hekla. Solchen Bergwerken entströmt dann oft heisses Wasser, welches Schwefel und Eisenvitriol enthält und das beste Heilbad giebt. Dudley machte nach Erteilung des ersten Patents sowohl Roheisen und Gusswaren, als auch auf zwei Eisenhämmern, Cradley Forges ge- nannt, Schmiedeeisen. Da entstand im folgenden Jahre eine grosse Über- schwemmung, die noch heutzutage (nach mehr als 40 Jahren) „die grosse Maiflut“ genannt wird, welche nicht nur Dudleys Eisenwerke und Er- findungen, sondern auch vieler anderer Besitzer Eisenhütten zerstörte. In Stourbridge standen damals die Häuser bis zu den Dächern unter Wasser. „So waren meine Eisenhütten und Erfindungen vernichtet zur Freude vieler Eisengewerke, deren Hütten der Flut entgangen waren und die oft meine Erfindungen verunglimpft hatten, weil ich mein Eisen billiger verkaufte, als sie es liefern konnten, was viele der Hüttenmeister ver- anlasste, bei Sr. Majestät klagbar zu werden, indem sie behaupteten, mein Eisen sei keine Kaufmannsware (not merchantable). Sobald ich meine Werke und Erfindungen zu nicht geringen Kosten repariert hatte, veranlassten diese den König, dass mir aufgegeben wurde, so rasch wie möglich alle Arten von Schmiedeisen zur Prüfung nach dem Tower zu schicken, aus denen Musketen, Karabiner und Eisen für die grossen Schiffsbolzen gemacht werden könnte. Diese von Hand- werkern und Schmieden vorgenommenen Proben machten die Eisen- gewerke und Eisenhändler verstummen bis zum Jahre 1624. In diesem Jahre wurden durch einen Parlamentsbeschluss alle Monopole auf- gehoben. Daraufhin versuchten es verschiedene Eisengewerke, meine Erfindung, Eisen mit Steinkohle und Torf zu machen, ebenfalls für ein Monopol zu erklären. Aber Lord Dudley und ich blieben sieg- reich, doch wurde das Patent auf 14 Jahre beschränkt. Nach diesem Erlass fuhr ich getrost fort, nach meiner Erfindung jährlich grosse Mengen von gutem Handelseisen zu machen und verkaufte an viele, die jetzt (1665) noch leben, zum Preise von 12 £ die Tonne. Ich machte auch alle Arten von Gusswaren, als Braukessel, Töpfe, Mörser, England im 17. Jahrhundert. und zwar besser und billiger, als sie je in England mit Holzkohlen gemacht worden sind und von denen noch einige bei mir in meinem Hause in Worcester von jedem, der sich für die Erfindung interessiert, eingesehen werden können. Später aber wurde ich doch durch die vorerwähnten Eisen- gewerke und andere aus meinen Werken und Erfindungen vertrieben (was outed of). Da ich aber nicht gewillt war, meine Erfindungen, an die ich soviel Geld und Mühe gehängt hatte, verkommen und mit mir begraben zu lassen, so brachte ich sie wieder in Anwendung bei einem Hochofen Himley-Furnace in Staffordshire, wo ich viel Eisen mit Steinkohle darstellte. Da ich aber kein Hammerwerk hatte, konnte ich kein Schmied- eisen machen und war aus Mangel an Kapital gezwungen, es als Roheisen an die Holzkohlen-Hammermeister zu verkaufen, die mir vielen Schaden bereiteten, nicht nur, dass sie mir mein Kapital vor- enthielten (Zahlung weigerten), sondern auch das Eisen schlecht machten, in Folge davon wurde Himley Furnace an Holzkohlen-Eisen- gewerke verpachtet.“ Dudley errichtete einen neuen grossen Schmelzofen, den ersten Hochofen, der als Kokshochofen erbaut wurde, 27 Fuss an der Basis im Quadrat ganz von Bruchsteinen nach seiner neuen Erfindung bei Hasco-(Ascew-)Bridge in der Gemeinde Sedgley in Staffordshire, mit grösseren Blasebälgen als gewöhnlich. In diesem Ofen produ- zierte er 7 Tonnen pro Woche, die grösste Menge Steinkohleneisen, welche bis dahin in England erzeugt worden war. In der Nähe dieses Ofens entdeckte er viele neue Kohlenlager von zehn Ellen Mächtig- keit, und Eisenerz darunter, wie bei den übrigen Kohlenwerken. Als er diese vollkommen aufgeschlossen hatte, wurde er mit Gewalt daraus vertrieben und die Blasebälge seines neuen Ofens von Aufrührern, die von den Holzkohlenhüttenbesitzern aufgehetzt waren, in Stücke geschnitten zu seinem grössten Schaden und Verlust seiner Erfindung des Eisenschmelzens mit Steinkohlen, denn, gehetzt durch Prozesse und Aufstände, war er ausser Stande, seine Erfindung bis zum Ablauf seines Patentes auszubeuten. Trotz seiner traurigen Leiden, und trotzdem er ungerechter Weise wegen einiger Tausend Pfund in das Schuldgefängnis zu London ge- worfen wurde, erhielt er doch von Carl I. am 2. Mai 1638 ein neues Patent nicht nur für das Schmelzen und Umwandeln des Eisens in Gussware und Schmiedeisen, sondern auch für das Schmelzen, Saigern, Feinen und Reduzieren aller Erze, Mineralien und Metalle England im 17. Jahrhundert. mit Steinkohle und Torf (Pit-cole, Sea-cole, Peat and Turf), zur Er- haltung der Wälder und Stämme dieser Insel. Zur besseren Aus- beutung seiner Erfindung nahm Dudley , dem zuvor soviel Widerstand am Hof, im Parlament und vor Gericht gemacht worden, David Ramsey, Sir George Horsey und Roger Foulke zu Teilhabern seines Patentes. Von den vier Teilhabern zahlte jeder 100 £ ein. Zuvor hatten aber zwei mächtige Eisengewerke, Sir „Philibeard Vernat“, ein Hollän- der (Dutch-Man), und Kapitän Witmore, durch grosse Versprechungen, die sie aber nicht erfüllten, ebenfalls ein Patent auf die Herstellung von Eisen mit Steinkohlen erwirkt Es waren dies zwei Patente: Das erste vom 22. April 1636 (Nr. 91) nur Sir Phillibert Vernatt erteilt „for making, melting or smelting, casting, founding, fineing, nealing, beating and workeing iron, steel and other kinds of oaremettle, casting ordnance etc. upon a hearth or furnace with sea-coale, pitt- coale, or stone-coale, without charking the same , or mixing charcoale there- with.“ Das zweite vom 12. Dezember 1637 (Nr. 113) on Vernatt und With- more „for making merchantable tough iron and Colshire iron with sea-cole, pitt- cole or peat; using also a little charcole“. . Es war ihnen darin aufge- geben, ihr grosses Unternehmen innerhalb von zwei Jahren in Betrieb zu setzen. Dies thaten sie nicht, bereiteten aber Dudley und seinen Gesellschaftern Es waren dies Sir George Horsey, David Ramsey und Roger Foulke , welche mit Dud Dudley zusammen am 2. Mai 1638 ein neues Patent erhalten hatten „for making iron with sea- or pitt-coale, peate or turfe etc. … making the iron into castworkes and also into barres or plateworkes; bellows or windeblast being also employed.“ grosse Schwierigkeiten, so dass diese, nachdem die Obengenannten auch im dritten Jahre noch kein Eisen gemacht hatten, sich mit einer Beschwerde an den König wendeten. Währenddessen brach der Bürgerkrieg aus. Dudley , ein eifriger Royalist, nahm Kriegs- dienst, indem er das Eisenwerk seinen Partnern überliess. Er begleitete den König bei dem Feldzug gegen Schottland und blieb bei der Armee bis zu ihrer Niederlage von Newbury bei New Castle. Auch später hielt er treu bei dem König aus. Er hatte hauptsächlich die Sorge für das Geschützwesen und die Bewaffnung und nahm an allen Ge- fechten und Schlachten teil. 1643 wurde er Kriegsingenieur und rüstete die Festung Worcester in Staffordshire mit Geschütz aus. In dem Treffen bei Lichfield wurde er zum Oberst der Dragoner be- fördert. Er war ein tapferer und gewandter Offizier. Später wurde er zum General der Artillerie des Prinzen Moritz ernannt. Er liess „Drachen“ schmieden, die sich sehr bewährten. Dazu gab er sein eigenes Haus in Worcester her. England im 17. Jahrhundert. Aber Worcester fiel 1646 in die Hände des Parlamentsheeres. Seine Eisenwerke, wie die aller königlich Gesinnten wurden sofort zerstört. Dudley trug alle Wechselfälle des Krieges als tapferer Soldat. 1648 fiel er im Bosco-Bello-Wald bei Madeley selbst in Gefangenschaft und wurde nach Worcester gebracht. Obgleich er sehr streng gehalten wurde, gelang es ihm doch, zu entfliehen. Er kam nach London, wurde aber ergriffen und vor das Insurrektionskomitee gestellt, das ihn zum Tode durch Erschiessen verurteilte. Nochmals gelang ihm die Flucht an einem Sonntag während der Predigt, dabei wurde er aber verwundet. An Krücken, in grösster Not, schleppte er sich durch England durch bis Bristol. Hier lebte er — der Alles verloren hatte — in grösster Bedrängnis. Erst allmählich trat er aus seiner Verborgenheit heraus. Er vertraute sich zwei Kaufleuten, Walter Stevens und John Ston, an, nachdem er schon zuvor für sich allein mit dem Bau eines neuen Hochofens begonnen hatte. Ihr gemein- schaftliches Geschäftskapital betrug 700 £. Die Teilhaber, seine Not- lage benutzend, handelten aber unredlich gegen ihn, verklagten ihn auf Bürgschaft hin, bemächtigten sich des Werkes, brachten grosse Warenforderungen gegen ihn vor und bedrängten ihn auf jede Art „weil er von des Königs Partei“ war. Dudley verlor sein Patent, dessen Zeit abgelaufen war und musste, um sein verlorenes Vermögen zu retten, bei dem court of Chancery Klage erheben. Inzwischen suchten andere sich des Patentes zu bemächtigen. Cromwell und das Parlament erteilten einem Kapitän Buck von Hampton Road ein Patent, Eisen mit Steinkohlen zu machen. Cromwell und viele seiner Offiziere, wie Major Wildman, verschiedene Doktoren der Physik und Kaufleute wurden Teilhaber und errichteten mehrere Werke und Hochöfen unter grossen Kosten in dem Forrest of Dean. Nachdem sie vergeblich viel Geld an die Erfindung und die Versuche, welche sie in grossen Windöfen und in Töpfen von Glasofenthon machten, gesteckt hatten, verbanden sie sich mit einem geschickten Glasbläser, Master Edward Dagney, einem Italiener, der in Bristow lebte, der, nachdem er erst viele Schmelz- tiegel dafür angefertigt hatte, mit diesen nach Forrest of Dean reiste, und dort für den vorgenannten Kapitän Buck und seine Teilhaber einen neuen Ofen erbaute, in dem er viele Versuche über das Schmelzen von Eisen mit Steinkohle anstellte. Da er aber keinen Erfolg hatte und alle seine Tiegel zerbrochen waren, kehrte er getäuscht in seinen Hoffnungen nach Bristow zurück. Um dieselbe Zeit war aber John Williams, Dagneys Gewerke und Herr der Glashütte, zur Beteiligung England im 17. Jahrhundert. mit herangezogen worden und hatte 300 £ eingezahlt, und nachdem dieselben grösstenteils verausgabt waren, kamen die beiden, Williams und Dagney, welche von Dudleys Kenntnissen, Eisen mit Steinkohle zu schmelzen, gehört hatten, im Auftrage des Kapitäns Buck und der anderen Gesellschafter zu diesem und drängten ihn, der damals als ein Oberst von des Königs Partei in grosser Gefahr durch das Parla- ment schwebte, mit ihnen nach Forrest of Dean zu gehen, was er damals nicht abschlagen durfte. „Als ich dahin kam“, schreibt Dudley , „und die Art ihres Be- triebes sah, erkannte ich die Unmöglichkeit, dass Edward Dagney nach seiner Erfindung Eisen und Stahl mit Steinkohlen mit Nutzen machen konnte. Ich blieb bei ihnen, bis alle ihre Tiegel und Er- findungen zu Ende waren. Bei jedem Mittag- und Abendessen drangen Kapitän Buck, Kapitän Robins, Dr. Irie, Dr. Fowler und andere in mich mit Fragen, warum ich so sicher sei, dass man grössere Mengen von Eisen nicht nach ihrer Erfindung machen könnte. Aber ich fand es eine schwere Aufgabe, ihnen von ihrem Wege ab- zuraten. Sie waren so vertrauensvoll, dass sie mit Vorteil auf diese Weise Eisen mit Steinkohle machen könnten, dass sie mich noch ein zweites Mal nach dem Forrest kommen liessen, um es mir anzusehen, aber auch an jenem Tage sah ich wiederum ihren Misserfolg. Trotz- dem bauten Kapitän Buck und seine Teilhaber neue Werke bei der Stadt Bristow, in denen sie ebensowenig Erfolg hatten als zuvor; aber Major Wildman, grausamer gegen mich als ein Wilder (a wild- man), obgleich Minister, kaufte mein Gut, das nahezu 200 £ das Jahr abwarf, um mir meine Erfindung, Eisen mit Steinkohlen darzustellen, abzuzwingen. Später liess er dann mein Gut in die Hände herzloser Wucherer (barbarous brokers) von London gelangen, welche meine beiden Herrschaftshäuser niederrissen und 500 Stämme verkauften; bis heute sind meine Häuser nicht wieder aufgebaut. Nachdem 1655 Kapitän Buck und seinen Genossen ihre Erfindung leid geworden war, standen sie davon ab. Hierauf erhielt 1656 Kapitän John Copley von Cromwell ein neues Patent, Eisen mit Steinkohlen zu machen. Er und seine Teilhaber erbauten ihre Werke auf den Kohlenwerken bei Bristow.“ Obgleich Dudley den Misserfolg voraussagte, half er Kapitän Copley, den er von früher kannte, doch seine Bälge, die ver- kehrt angelegt waren, in Ordnung zu bringen. Das Dankschreiben Copleys hat er veröffentlicht, und geht daraus hervor, dass Dudley auch in derartigen Anlagen einen richtigen Blick und bessere Kenntnisse besass als die Ingenieure, welche Copley England im 17. Jahrhundert. engagiert hatte. Mit seiner Erfindung hatte John Copley aber keinen Erfolg, so dass er sie 1657 aufgab und nach Irland ging. Seit jener Zeit wollte sich niemand mehr mit dem Schmelzen von Eisen mittelst Steinkohlen befassen. Im Jahre 1660 hatte die Republik ein Ende, Karl II. kehrte als König zurück. Jetzt glaubte Dudley , obgleich schon 61 Jahre alt, den Augenblick gekommen, seine Erfindung mit Erfolg ausbeuten zu können. „Von Mitleid bewegt, dass kein Mensch im Stande sei, das Meister- stück, Eisen mit Steinkohle zu schmelzen zu machen“, wandte er sich sofort am Tage der Landung des Königs mit einem Bittgesuch an diesen, ihn wieder in seinen Besitz einzusetzen und ihm sein Patent auf seine Erfindung zu erneuern. Aber der König nahm nur wenig Interesse an der Sache und seine Minister liessen dieselbe ganz liegen, erteilten vielmehr einem Colonel Proger und drei anderen ein Patent für dieselbe Sache, das sie aber nicht ausführten, da sie nichts davon verstanden. Dudleys Hoffnungen erlitten von Neuem Schiffbruch. In dieser Lage und in der entsprechenden Stimmung verfasste Dudley im Jahre 1665 seine Schrift Metallum Martis oder die Eisen- bereitung mit Steinkohlen „ Dud Dudleys Metallum Martis or Iron made with Pit-Coale, Sea-Coale etc. and with the same fuel to melt and fine imperfect metalls and refine perfect metalls. — London: printed by T. M. for the Author 1665“; auch diese wichtige Schrift wurde 1858 von dem königlichen Patentamt in London neu heraus- gegeben. . Die erste Abteilung, welche mehr historisch ist und aus der wir unsere obigen Mitteilungen geschöpft haben, enthält eine Rechtfertigung seines Handelns und eine Er- klärung seines Misserfolges, die zweite enthält einen Aufruf, unter Darlegung der grossen Wichtigkeit der Sache für das Gemeinwohl, an die Nation und an die Regierung. Aus diesem Schlussteil heben wir nur noch einiges technisch Wichtige hervor. Er beginnt damit, dass seine Erfindung die Dreiheit der Anforderungen: mehr, billiger und besser, erfülle. Dreierlei Roheisensorten gäbe es: Graues, halbiertes (motley iron) und weisses Eisen; von diesen sei das weisse das wenigst reine, erdigste, das halbierte etwas reiner, das graue das reinste und am geeignetsten, Schmiedeisen daraus zu machen und Geschütze damit zu giessen: Letzteres ist die Sorte, welche am meisten bei Steinkohle fällt. — Billigeres Eisen kann es nicht geben; der Ver- fasser konnte es 1623 mit Gewinn für 4 Pfd. die Tonne verkaufen, während Holzkohleneisen 6 bis 7 £ kostete. Eindringlich stellt Beck , Geschichte des Eisens. 80 England im 17. Jahrhundert. Dudley die Wichtigkeit der Erhaltung des Holzes der englischen Waldungen besonders für die nationale Kraft Englands, die Flotte, vor, welche durch seine Erfindung erreicht werde. Aber nicht allein das Holz werde gespart, sondern auch die ungeheuren Massen von Grieskohlen, welche jetzt in den Halden verstürzt würden oder unab- gebaut blieben — kurz verloren gingen. Wurden doch zehn Meilen um Dudley herum jährlich 4000 bis 5000 Tonnen auf diese Weise vergeudet. Klagend ruft er aus: Muss ich immer noch Widerstand finden und werde ich mich niemals meiner Erfindung, noch England des Nutzens davon erfreuen dürfen? Muss mein Patent im Frieden unterdrückt werden, wie es im Kriege unterdrückt war? Müssen meinem Patent, Eisen mit Stein- kohlen zu machen, immer neue Feinde erstehen? Wieviele Tausende Tonnen Eisens hätten schon seit meiner ersten Erfindung gemacht, wieviel Stammholz und Wald seitdem erhalten werden können? Eingehend führt Dudley den Nachweis, wie ungeheuer der Ver- lust sei, welcher durch die Vergeudung und den Nichtgebrauch des Kohlenkleins entstehe. Seine eingehende Darstellung der Flötzver- hältnisse der Kohlen- und Eisenablagerungen um Dudley ist von grossem Interesse. Die Eigenschaften einzelner Eisensteinsorten führt ihn zu einer ausführlichen Erörterung der wichtigsten Unarten des Eisens: des Rotbruchs und des Kaltbruchs. Redshare (rotbrüchig) nenne man das aus sehr schwefligen, erdigen Erzen erzeugte Eisen, welches, wenn man es zu einer Pflugschar (share) schmieden wolle, in der Rotglut unter dem Hammer zerbreche. Coldshare (kaltbrüchig) sei das aus Erzkörnern (grain Oare) erzeugte Eisen, welches in der Kälte spröde ist und unter dem Hammer bricht fast wie ein Antimon- könig. Beide Unarten will aber der Verfasser bessern können, und zwar hauptsächlich durch eine besondere Zustellung des Frischherdes. Doch müsse man auch im Hochofen schon diesen schlimmen Eigen- schaften entgegenarbeiten. Dudley will aber nicht nur, dass die Kleinkohle erhalten bleibe und verwertet werde, er will auch, dass die Ausfuhr der Steinkohle, welche bereits einen grossen Umfang an- genommen habe, verboten werde. „Viele Tausende von Tonnen Stein- kohlen gehen von England, Schottland und Wales aus, um Frankreich zu versorgen, ebenso die Schmieden von Spanien, Portugal und besonders von Flandern, ebenso von den Niederlanden; überdies holen die Hol- länder grosse Mengen unserer Kohlen nach fremden Gebieten, ohne welche diese gar nicht bestehen können. Deshalb wünscht der Verfasser, dass, im Hinblick auf den ausreichenden Vorrat von Eisenerzen im England im 17. Jahrhundert. eigenen Lande, keine Kohlen ausgeführt werden ohne besondere Er- laubnis des Königs. Kohle werde schon jetzt zu vielen Zwecken angewendet, wozu man früher Holz benutzte. Unter diesen nennt Dudley die Stahl- bereitung (Making of Steel). „Meine alleinige Erfindung ist es auch, dass die vier Schmieden, welche meinem Wohnsitz „Greens-Lodge“ am nächsten sind, Greens-forge, Swin-forge, Heath-forge und Cradley- forge, schon seit meiner ersten Erfindung im Jahre 1618 ihr Stab- eisen mit Steinkohlen ausrecken, was ausser diesen noch viele andere thun; doch hat der Verfasser nie den geringsten Vorteil für sich dafür gehabt. Und doch sind allein in diesen Reckschmieden 30000 Lasten Holz und mehr gespart und für das allgemeine Wohl er- halten worden.“ Indem er auf Sturtevants Berechnung und dessen Angabe, dass es zu seiner Zeit 800 Hütten in England gegeben habe, zurückkommt, vermutet er, dass von diesen etwa 300 Hochöfen, 500 aber Hammerhütten gewesen sein möchten. Er selbst stellt nun folgende Rechnung auf: jeder Hochofen produziere durchschnittlich mindestens 15 Tonnen die Woche und blase 40 Wochen im Jahr. Für jede Tonne Eisen werden zwei Wagen (loads) Holzkohlen ge- braucht, für jeden Wagen Holzkohlen zwei Klafter (cords) oder Wagen Holz. Rechnet man dies aus, so braucht jeder Hochofen 60 Wagen Holz pro Woche oder 2400 Wagen im Jahr. Ein Hammerwerk mache 3 Tonnen Schmiedeisen in der Woche, in 50 Wochen im Jahr, für jede Tonne Eisen gingen 3 Wagen Holz- kohlen auf. Das entspreche 18 Wagen Holz pro Tag und 900 Wagen im Jahr. Sturtevants Angabe mit Dudleys Einschränkung als richtig angenommen, verzehrten die englischen Eisenhütten allein jährlich 1170000 Wagen Holz. Dieser Aufwand wachse aber mit der Eisenindustrie jährlich. Früher sei er ja viel geringer gewesen. Da habe man zuerst die Tretöfen oder Luppenfeuer (foot blasts or bloomeries) gehabt, in denen man im Tage eine Luppe von noch nicht 100 Pfd. Gewicht erhalten habe. Diese war so roh, dass sie noch langen Ausheizens und Schmiedens bedurfte. Dabei ging das meiste Eisen in die Schlacken und diese waren so eisenreich, dass sie von unseren heutigen Schmelzen statt der besten Erze ver- schmolzen werden. Von diesen Schlacken liegen noch Millionen von Tonnen in vielen Grafschaften und uralte, hohle Eichen wachsen auf ihnen. Die nächste Erfindung war, dass man die Rennwerke an die Wasserläufe gelegt und diese zum Bewegen der Bälge benutzte. Man 80* England im 17. Jahrhundert. machte mehr Eisen und die Schlacken waren nicht mehr so mit Eisen überladen, dass sie sich mit Vorteil wieder hätten verhütten lassen. Dennoch habe man nur etwa 200 Pfd. ganz rohen Luppeneisens täglich erhalten. Dagegen machen manche unserer heutigen Hoch- öfen mit Holzkohlen 2 bis 3 Tonnen Roh- oder Gusseisen in 24 Stunden. Dementsprechend wuchs aber auch der Holzverbrauch der Eisenhütten. Die Produktion von 1 Tonne am Tage mit Stein- kohlen würde aber genügen, wenn man nur überall in England, Schottland und Wales, wo man Überfluss von Steinkohlen hat, Hoch- öfen bauen wollte. Aber so unbegreiflich es uns erscheint, Dudleys Mahnruf ver- hallte ungehört, sein Beispiel fand keine Nachahmung. England war noch nicht reif für die grossartige Industrie, die sich später auf dieser Grundlage entwickelte. Das Schicksal dieses Propheten in der Wüste muss uns aber mit Mitleid erfüllen und nicht ohne Bewegung lesen wir die einleitenden Worte zu seinem Metallum Martis: „Das Unrecht und das Vorurteil, unter denen ich und diese Insel, mein Vaterland, wegen der Darstellung des Eisens mit Stein- kohle zu leiden hatten, veranlasste mich, in Ermangelung grösserer Geister (better wits) und besserer Federn hierfür, in der folgenden Abhandlung eine Rechtfertigung zu veröffentlichen, und glaube mir, Leser, keine privaten oder politischen Interessen haben mich zu meiner Erfindung geführt, einzig und allein der Eifer, der einem red- lichen Manne ziemt, Patriae, parentibus et amicis, dass England zum allgemeinen Wohl, zum Nutzen von Arm und Reich, Jung und Alt seine Wälder und sein Holz erhalten bleiben möchten.“ Von Dudley hören wir danach nichts mehr, nur sein Grabstein berichtet, dass er am 25. Oktober 1684 in dem hohen Alter von 85 Jahren zu St. Helens in Worcestershire aus dem Leben schied. Seine Erfindung selbst hielt Dudley ängstlich geheim, auch in seiner Abhandlung vermeidet er jede Andeutung, die einen Schlüssel zu seinem Geheimnis geben könnte. Er sagt, er würde sie vor seinem Tode seinen Erben und nächsten Angehörigen mitteilen. Ob er es gethan hat, wissen wir nicht. Es ist niemals etwas darüber bekannt geworden. Aus dem Umstande aber, dass er das Erz in derselben Weise wie mit Holzkohlen in Hochöfen schmolz, die ähnlichen Blasebälge dazu verwendete, ferner, dass er für sein Brennmaterial nur Klein- kohle oder Gries verwendete, lässt uns mit Sicherheit schliessen, dass Dudleys Erfindung hauptsächlich darin bestand, die Steinkohle in England im 17. Jahrhundert. Koks umzuwandeln und diese in derselben Weise zu benutzen, wie es heutzutage geschieht. Die Entschweflung oder Verkokung der Steinkohle, wodurch die- selbe für viele technische Zwecke erst verwendbar wurde, war keines- wegs von Dudley zuerst versucht und erstrebt worden. Bereits in dem früher erwähnten Patent von Procter und Peterson vom Jahre 1589 geschieht einer vorbereitenden Behandlung der Steinkohlen, des cooking oder coking, für ihre Verwendung zum Metallschmelzen Er- wähnung. 1590 erhielt der Dekan von York eine Licenz: Steinkohle zu reinigen und sie von ihrem unangenehmen Geruche zu befreien. Doch blieb dieselbe ebenfalls ohne Folgen. 1620 bekam eine Gesell- schaft, bestehend aus den Rittern und Herren Sir William St. John, Sir Giles Mompesson, Sir George Ayloffe, Lewis Powell, Walter Vaughan, John Pruthers, Henry Vaughan, Henry Stubbs und einem gewissen Hugh Grundy, dem eigentlichen Gründer, eine Konzession (grant), Koks zu machen nach einer Erfindung Grundys. Aber trotz der mächtigen Unterstützung hatte das Unternehmen keinen Erfolg. Der Grund des Misslingens all dieser Projekte lag in der Anwendung von ungenügendem Wind bei der Verbrennung. Grundy und seine Gesellschaft durften nach ihrer Konzession nur gewöhnliche Öfen mit natürlichem Luftzug verwenden. Dudleys Erfolg erklärt sich aus seiner Verwendung kräftiger Blasebälge. 1627 wurde ein weiteres Patent an Sir John Hacket und Octavius de Strada, den deutschen Edelmann, der zwei Jahre früher im Lütticher Lande seine Schmelzversuche mit Steinkohle gemacht hatte, auf ein Verfahren, Steinkohlen so brauch- bar wie Holzkohlen für den Hausbrand zu machen (a method of rendering sea-coal and pit-coal as useful as charcoal, for burning in houses, without offence by the smell of smoke), erteilt. Wenige Jahre später — 1633 — wurde einer Gesellschaft, bestehend aus Sir Abraham Williams, John Gaspar van Wolfen, Edward Hanchett, Amadis van Wolfen, Walter Williams, Henry Regnolds, John Brown und Kaspar Friedrich van Wolfen ein Patent gewährt für ein neues Verfahren, Steinkohlen zu verkoken (a new way of „charking“ sea-coal and other earth-coal and for preparing, dressing and qualifying them so as to make them fit for the melting and making of iron and other metals and many other good uses). Während der nächsten vier Jahre wurden etwa acht weitere Patente für die Anwendung rauchlos gemachter Steinkohle genommen, und obgleich man mit dem Schmelzen von Metallen mit Koks keinen England im 17. Jahrhundert. Erfolg erzielte, verwendete man denselben zu anderen Feuerungs- zwecken, namentlich in der Bierbrauerei. Über eine Methode der Verkokung von Steinkohlen in Tiegeln giebt Evelyn in einem Tagebuch aus jener Zeit einen interessanten Bericht: „Ich reiste nach Hause über Greenwich Ferry, wo ich Sir John Winters neues Verfahren, Steinkohle zu verkoken, um den Schwefel aus- zubrennen und sie geruchlos zu machen, kennen lernte. Er that dies in Tiegeln, wie sie die Glasmacher zum Schmelzen brauchen, indem er sie glühte, ohne sie zu verbrennen. In den Kohlen in jedem Tiegel stak ein eiserner Harken, mittelst dessen man die geschmolzenen, halbaus- gebrannten Cinder heraushob.“ — Dies Produkt nannte er cooked coal. Aber auch dieses Unternehmen hatte keinen Erfolg. Trotzdem gab man die Hoffnung nicht auf, den richtigen Weg noch zu finden. In diesem Sinne schrieb Dr. Fuller 1662: „Es ist zu hoffen, dass man noch einmal den richtigen Weg findet, Steinkohle so zu verkohlen, dass man sie zur Eisenbereitung verwenden kann. Es sind nicht alle Dinge in einem Menschenalter gefunden worden, und dies mag der Zukunft vorbehalten sein, in der das vielleicht leicht erscheinen mag, was uns gegenwärtig unmöglich scheint.“ Die Erfüllung dieser Hoffnung liess aber noch geraume Zeit auf sich warten. Nachdem Dudley aufgehört hatte, das Ziel weiter zu verfolgen, hören wir nur noch von einem Deutschen, einem Mr. Blewstone, der Eisen mit Hülfe von Steinkohlen darzustellen versuchte. Dr. Plot berichtet darüber in seiner Geschichte von Stafford- shire The Natural History of Staffordshire by Robert Plot , L. L. D. Oxford 1686, p. 128. . Er erbaute einen Ofen zu Wednesbury in Staffordshire, „so geist- reich eingerichtet, dass nur die Flamme der Kohlen an das Erz ge- langen konnte Das Patent von Karl II. vom 25. Oktober 1677 war erteilt „auf ein neues und wirksames Verfahren des Ausschmelzens, Schmiedens, Extrahierens und Redu- zierens des Eisens und aller Materialien mit Steinkohlen, so gut und erfolgreich wie jemals mit Holzkohlen und mit weit geringeren Kosten“. .“ Es war also ein Flammofen und Blewstone wandelte auf derselben falschen Fährte wie alle die früheren Erfinder ausser Dud Dudley . Der Ausgang war denn auch ein Misserfolg. „Die schwefligen, vitriolischen Dämpfe, die von den Kiesen, welche die Kohlen meist, wenn nicht immer, begleiten, herrührten, entwichen mit der Flamme und vergifteten das Erz genügend, um es weit schlechter als Holzkohleneisen zu machen.“ England im 17. Jahrhundert. Dass man aber um jene Zeit das Verkoken der Steinkohlen be- reits kannte und betrieb, geht aus folgender Angabe in Dr. Plots Geschichte von Staffordshire von 1686 hervor: „Sie haben ein Verfahren, die Steinkohle zu köhlern (charring), welches in allen Einzelheiten ebenso ist wie bei dem Holz, wodurch die Kohlen von den schädlichen Dämpfen befreit werden, welche anderenfalls dem Malz einen Geruch geben würden. Die so vor- bereitete Kohle nennen sie Koks , welcher eine fast eben so grosse Hitze giebt wie Holzkohle und auch für die meisten Zwecke verwendet werden kann, ausser für das Schmelzen, Feinen und Frischen des Eisens, wozu man es nicht verwenden kann (which it cannot be brought to do), obgleich es die geschicktesten und berühmtesten Künstler versucht haben .“ Die erwähnten Patente waren aber nicht die einzigen, welche im Laufe des 17. Jahrhunderts für das Schmelzen des Eisens mit Steinkohle erteilt worden sind. Besonders in der Regierungszeit Karls I. traten noch verschiedene Erfinder auf. Am 20. März 1627 wurde unter Nr. 38 an Astell, Copley und Crofts ein Patent erteilt Vergl. Abridgments of the specifications relating to the manufacture of iron and steel published at the Great Seal Patent Office 1858, p. 2. „A peculiar, misterie, arte, way and means for melting of iron ore, and for making the same into cast workes, and barres with sea-coales and pit-coales; with prohibition to all others from doing the like.“ für eine geheimnisvolle Kunst, Eisenerz mit Steinkohlen zu schmelzen und zu Gusswaren und Schmiedeisen zu verarbeiten, wofür dieselben von 1629 ab 14 Jahre lang eine Jahresabgabe von 400 £ an den König zu zahlen sich verpflichteten. Am 13. August 1630 erhielten Ball, Lassells, Hampton und Anley ein Patent, Eisen zu schmelzen und zu machen mit eigens zugerichtetem Torf. Am 7. Dezember 1632 erhielt der früher schon erwähnte Edward Jorden, „Doctor in Phisicke“, ein Patent, Zinn, Eisen u. s. w. mit Steinkohle und Torf zu schmelzen, wofür ihm eine jährliche Abgabe von 6 Sh. 8 Pf. an den König auferlegt wurde. Am 25. Juni 1635 nahm Th. Franke ein Patent für „Öfen zum Eisenschmelzen etc., bei welchen die Belästigung durch Rauch ver- mieden würde“. Dafür hatte er den zehnten Teil des Gewinnes an den König zu entrichten. Die gleiche Abgabe war Ph. Vernatt für sein erwähntes Patent vom 22. April 1636, Eisen mit Steinkohlen zu schmelzen, auferlegt. Kapitän Bucks Patent vom 1. März 1651, welches durch besonderen Parlamentsbeschluss erteilt war, lautete England im 17. Jahrhundert. auf Herstellung von Eisen mit Steinkohlen ohne Verkokung (for making of iron with stone-coal, pit-coal or sea-coal without charking). Es war besonders geschützt, indem jede Verletzung des Patents mit 10 £ Strafe bedroht war. Aus dem Wortlaute des Patentes geht hervor, dass man schon damals das Verkoken kannte, und es lässt sich vermuthen, dass das „without charking“ gerade im Hinweis auf Dudleys Patent betont ist. Hieraus erklären sich auch die oben erwähnten Misserfolge. Trotz aller Patente und Anstrengungen Einzelner machte die Eisenindustrie Englands im 17. Jahrhundert keine Fortschritte, sondern Rückschritte. Ursachen waren die zunehmende Holznot und der Bürgerkrieg. Am blühendsten war sie zu Anfang des Jahrhunderts in den letzten Regierungsjahren der Königin Elisabeth. Jakob I. suchte ebenfalls die Eisenindustrie zu fördern, 1607 erwähnt John Norden in einem Dokument, dass es in Sussex 140 Eisenhütten und Hämmer gäbe. 1609 soll es, nach einem John Hawes, im Gebiet der Abtei von Robertsbridge in Sussex 8 Stahlöfen gegeben haben; dass dies Cementiröfen gewesen seien, wie Swank annimmt, ist aber höchst unwahrscheinlich. Von Sussex war bereits im 16. Jahrhundert die Eisenindustrie nach Süd-Wales getragen worden, indem in Folge des zunehmenden Holzmangels und der strengen Verordnungen der Königin Elisabeth zum Schutze der Waldungen, Eisenschmiede aus Sussex auswanderten und sich in Glamorganshire ansiedelten. Schon 1565 erbaute Capel Hanbury bei Pontypool in Monmouth an der welschen Grenze einen Hochofen, angeblich um die dort angehäuften römischen Schlacken zu verhütten. Die Familie Hanbury spielte eine wichtige Rolle in der Eisenindustrie Englands vor der Revolution. 1620 sollen die Hanbury’s Eisenwerke bei Llanelly erbaut haben. Im Jahre 1607 wurde auch in Schottland zu Letterewe in Ross- shire ein Hochofen mit Erfolg betrieben. Seine Fundamente am Flusse Burn sollen noch zu sehen sein. Er wurde von einem George Hay mit englischen Arbeitern gegründet, um Kanonen zu giessen, was fortgesetzt wurde, so lange der Holzvorrath vorhielt. 1612 zur Zeit Sturtevants , als die Holznot schon schwer auf die Industrie drückte, hätte England nach Dudleys Angaben in 300 Schmelzöfen 180000 Tons Roheisen gemacht; die 500 Frischherde hätten 75000 Tons Schmiedeisen geliefert. Diese berechneten Angaben sind indes jedenfalls viel zu hoch; die durchschnittliche Wochenproduktion von 15 Tons kann getrost England im 17. Jahrhundert. auf die Hälfte herabgesetzt werden. Nach Anderen betrug die Roh- eisenproduktion damals etwa 60000 Tons, die Schmiedeisenproduktion nicht ganz 40000 Tons. Auch 1630 wurden noch 40000 Tons Schmied- eisen erzeugt, wovon ein Teil sogar ausgeführt wurde, während 1700 die inländische Produktion so sehr gesunken war, dass sie nur noch an 20000 Tons betrug, während ebensoviel Eisen hauptsächlich von Schweden importiert wurde. Mit der Abnahme der eigenen Produktion stieg die Einfuhr. Karl I. erliess 1637 eine Proklamation, worin er die Ausfuhr von Eisen ohne besondere königliche Genehmigung (king’s licence) verbot. Gleichzeitig verordnete er, um den Verkauf von schlechtem Eisen zu hindern, dass alles Handelseisen, sei es Roh- oder Schmiedeisen, von einem königlichen Aufseher (by his surveyors) gestempelt werden musste. Auch sollten diese Aufseher jederzeit freien Zutritt zu allen Forsten haben, in denen Holz zum Brennen von Holzkohle für die Eisenwerke geschlagen wurde, um nachzusehen, ob dies in vorschrifts- mässiger Weise geschähe. Der Guss eiserner Kanonen blieb auch im 17. Jahrhundert eine wichtige Industrie für England. Schon 1595 goss John Johnson, ein Schüler von Peter Baude, Stücke von 3 Tonnen Gewicht. Schiffsbau und der Guss eiserner Kanonen waren nach Hume die einzigen Industriezweige, in denen sich England unter der Regierung Jakobs I. auszeichnete. 1629 befahl die Krone den Guss von 600 Kanonen für die Generalstaaten von Holland. Bischof Wilkins sagt 1648, dass ein ganzes Stück (a whole cannon) um 8000 Pfund, ein halbes Stück 5000 Pfund, eine Schlange 4500 Pfund, eine halbe Schlange 3000 Pfund wog. Ein ganzes Stück brauchte 40 Pfund Pulver und schoss 64 Pfund. Im Bürgerkriege wurden alle Eisenwerke der Royalisten zerstört. Eine Heeresabteilung unter Sir William Waller erhielt den besonderen Auftrag dazu. Auch die meisten Werke in Wales wurden damals niedergebrannt und nicht wieder aufgebaut. Nach der Restauration wurde die der Industrie feindliche Partei von Grundbesitzern, welche die Eisenhütten für einen Schaden für England erklärten, immer mächtiger. Diese gingen soweit, zu be- antragen, die Eisenfabrikation gänzlich zu verbieten. Die Regierung selbst wandelte auf dieser falschen Bahn. Sie liess 1674 alle königlichen Eisenwerke im Forrest of Dean zerstören, damit nicht die Eisenwerke den Bezug der Flotte an Bauholz für die Schiffe beeinträchtigten. Gegen diese kurzsichtige Politik protestierten einsichtigere Männer, wie Prinz Ruprecht England im 17. Jahrhundert. und besonders Andrew Yarranton, ein Mann, der ähnlich wie Dud Dudley einen prophetischen Blick für die zukünftige Entwickelung Englands als Industriestaat besass. Prinz Ruprecht von der Pfalz, Ruprecht der Kavalier genannt, in England bekannt und volkstümlich als Prince Ruppert, war der dritte Sohn des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz und der „Schneekönigin“ Elisabeth von England, also ein Enkel Jakobs I. Er kämpfte für die Sache seines Vaters im 30jährigen Kriege und dann als Reitergeneral und Feldherr der Royalisten unter Karl I. Später nach einem unstäten Flüchtlingsleben wurde er unter Karl II. Admiral der englischen Flotte im Kriege gegen Holland. Er war ein hoch- begabter, genialer Mensch, der bei seinem unstäten, kriegerischen Leben doch noch Zeit zu wissenschaftlichen Untersuchungen, grossen Handelsunternehmungen, Erfindungen und künstlerischen Beschäfti- gungen fand. Er gründete die Hudsonsbai-Gesellschaft. Zugleich war er ein hervorragender Chemiker und Physiker und stand als solcher im engen Verkehr mit Becher. Ausserdem war er ein vorzüglicher Zeichner, Maler und Kupferstecher. Er führte die damals in Deutsch- land erfundene Schabkunst in England ein und vollendete selbst 12 Blätter in dieser neuen Manier. Mit Vorliebe beschäftigte er sich mit den Metallen. Er erfand eine neue Komposition, welche nach ihm Prinzenmetall genannt wurde. Die Bedeutung des Eisens für England wusste er vollkommen zu würdigen und durch seine Stellung als Gross-Admiral wurde seine Aufmerksamkeit und sein Interesse noch besonders auf dieses Gebiet gelenkt. Er bemühte sich, Ver- besserungen einzuführen und scheint zuerst die Cementstahlfabrikation sowie die Darstellung des schmiedbaren Gusses erfunden, beziehungs- weise in England eingeführt zu haben. Er liess sich am 1. Dezember 1670 ein Verfahren patentieren Pat.-Nr. 161. Converting into steel all manner of edge tools and other instruments or any part thereof, after being forged and formed in soft iron; con- verting iron wire after it is drawn; softening cast iron, so that is may be filed and wrought like forged iron; and tincturing copper upon iron. : alle Arten von schneidenden Werk- zeugen und Instrumenten, nachdem dieselben zuvor aus weichem Eisen geschmiedet und geformt sind, in Stahl zu verwandeln; ebenso gezogenen Draht zu verwandeln; Gusseisen weich zu machen, dass es gefeilt und bearbeitet werden kann wie Schmiedeisen; sowie Eisen mit Kupfer zu überziehen. Am 8. Januar erfuhr dieses Patent eine ausserordentliche Er- weiterung dahin, dass dem Prinzen und seinen Vertretern, Lord Ashley England im 17. Jahrhundert. und Sir Thomas Chickley, das Recht zustehen sollte, alle Arbeiter, Handwerker und sonstige für ihre Kunst und Erfindung Beschäftigten in Eid zu nehmen, nichts darüber mitzuteilen oder bekannt zu machen, noch wie, oder mit welchen Werkzeugen und Materialien gearbeitet würde. Das erste Patent findet sich sonderbarer Weise fast in demselben Wortlaut noch zweimal kurz hintereinander eingetragen, das eine Mal unter Nr. 164 vom 6. Mai 1671, das andere Mal unter Nr. 165 vom 1. Dezember 1671, woraus wohl geschlossen werden darf, dass dem- selben vom Patentträger grosse Wichtigkeit beigemessen wurde. Ob Prinz Ruppert aber mit seiner Erfindung Erfolg erzielte, darüber sind wir ohne alle Nachricht. Thatsache ist nur, dass die Cementstahl- fabrikation zu Anfang des 18. Jahrhunderts, und als Reaumur 1722 seine berühmte Abhandlung über diesen Gegenstand veröffentlichte, in England bereits mit Erfolg betrieben wurde. Wenden wir uns nun zu Yarranton. Dove sagt in seinen Elementen der Politik: „Es hat niemals an Männern gefehlt, denen Englands Vervoll- kommnung zu Wasser und zu Lande einer der höchsten Gedanken ihres Lebens waren und denen Englands Wohl die wichtigste irdische Sorge war: Und so war es ganz besonders Andrew Yarranton , ein wahrer Patriot in des Wortes bestem Sinn.“ Wie schwer die Industrie unter dem Bürgerkriege in England litt, beweisen die Lebens- schicksale Andrew Yarrantons , ebenso wie die Dudleys . Auch er war aus Worcester, war Eisengewerke und Soldat, wenn auch auf der entgegengesetzten Seite wie Dudley . In noch höherem Grade wie jener war er ein Mann der Öffentlichkeit und der Unternehmung, ein erleuchteter volkswirtschaftlicher Politiker und in vieler Hinsicht ein nationaler Wohlthäter. Ein englischer Schriftsteller nennt ihn „den Gründer der englischen Nationalökonomie; den ersten Mann in England, der klar einsah und aussprach, dass Friede besser ist als Krieg, dass Handel besser ist als Raub, ehrliche Industrie besser als kriegerischer Ruhm, und dass die beste Beschäftigung einer Regierung darin besteht, das Glück zu Hause sicher zu stellen und andere Nationen in Ruhe zu lassen“. Geboren 1616 auf der Farm zu Sarford in der Gemeinde Ashley in Worcestershire, wurde er beim Ausbruch des Bürgerkrieges Soldat auf der Seite des Parlamentes, avancierte zum Kapitän, zeichnete sich aus und wurde vom Parlament öffentlich belobt und belohnt. Als Cromwell sich der Zügel der Regierung be- mächtigte, schied er aus dem Kriegsdienst und wandte sich indu- England im 17. Jahrhundert. striellen Unternehmungen zu. Er betrieb ein Eisenwerk zu Ashley bei Bewdley in Worcestershire, dann Leinenindustrie, beschäftigte sich mit Verbesserung der Wege zu Land und Wasser und mit der Fluss- schiffahrt. Nach der Restauration 1660 wurde er als verdächtig ins Gefängnis gesetzt. 1662 gelang es ihm, zu entfliehen; er wurde wieder ergriffen, dann aber freigelassen. Er entwarf nun verschiedene Kanalprojekte. Für seine grossartigen Entwürfe war aber die Zeit noch nicht gekommen, dieselben scheiterten deshalb. Mehr Erfolg hatte er mit seinen Plänen zur Hebung des Ackerbaues durch Wechselwirtschaft. Er gab die Anregung zur Erbauung der Docks in London. In Bezug auf die Eisenindustrie erstrebte er als besonders vorteilhaft die Einführung der Weissblechfabrikation in England. Diese Fabrikation hatte Sachsen damals förmlich monopolisiert. Eng- land war aber durch seinen Zinnreichtum für diesen Betriebszweig bevorzugt, kaufte doch Sachsen englisches Zinn, welches dann in Form von Weissblech wieder nach England eingeführt wurde. Frühere Versuche, es nachzumachen, waren fehlgeschlagen. Da nahm Yarranton 1665 die Sache selbst in die Hand, bewog zwei reiche Leute, die grosses Interesse an dem Unternehmen hatten, ihn nach dem Kontinent an die Plätze, wo Weissblech gemacht wurde, reisen zu lassen. Er nahm einen erfahrenen Feuerarbeiter und einen Dolmetscher mit, denn Yarranton verstand kein Wort Deutsch. Die Reise ging über Hamburg, Leipzig, Dresden nach den sächsischen Weissblechwerken zu Aue im Erzgebirge. Die religiösen Unruhen in Folge der Reformation hatten viele geschickte Arbeiter vom Kontinent nach England geführt, aber auch umgekehrt. So war es ein eng- lischer Arbeiter von Cornwall, der die Zinnbergwerke bei Aue ent- deckt hatte, und ein vertriebener böhmischer Priester, der die Weiss- blechfabrikation daselbst einführte. Diese Fabrikation stand damals in so hoher Blüte, dass sie 80000 Mann beschäftigt haben soll. Yarranton wurde sehr freundlich aufgenommen. Man hielt nichts vor ihm geheim, sondern unterstützte ihn in seinem Bestreben in jeder Weise, zeigte ihm die Zinnwerke, die Methode, wie die Bleche gewalzt wurden (die in England bis dahin nur gehämmert wurden) und das Verzinnen. Es wurde ihm sogar gestattet, eine Anzahl ge- schickter Arbeiter zu engagieren, die er mit nach England brachte, um daselbst Fabriken anzulegen. Ein Versuch wurde gemacht, und die von Yarranton herge- stellten verzinnten Platten wurden noch besser befunden als die sächsischen. „Viele tausend Platten“, sagt Yarranton , „wurden ge- England im 17. Jahrhundert. macht von Eisen vom Forrest of Dean und verzinnt mit cornischem Zinn, und die Tafeln erwiesen sich noch besser als die deutschen, wegen der Zähigkeit und Biegsamkeit unseres Eisens. Die Herren Dison, ein Verzinner von Worcester, Lydiate bei Fleet Bridge und Harrison bei Kings Bench haben viele gemacht und kennen ihre Güte.“ Als Yarrantons Erfolg bekannt wurde, nahm irgend ein hoher einflussreicher Herr, wie dies leider in England so häufig vorkam, ein Patent, wodurch Yarranton , der sein Verfahren nicht geschützt hatte, an der Fortsetzung seiner Versuche verhindert wurde. Wahrscheinlich war der Patentnehmer jener William Chamber- laine, der früher auch einmal Teilhaber von Dud Dudley gewesen war Es ist dies die Ansicht von Smiles . Es war dies jedenfalls ein früheres Patent, als das 1691 an William und Mary Edmond Hemming erteilte (Nr. 282) für „seine Kunst und Erfindung, verzinnte Eisenbleche ebensogut, wie sie von Deutschland bezogen und dort gemacht werden, welche Erfindung bis dahin noch unbekannt und unausgenutzt ist“. . Dadurch kam die ganze Weissblechfabrikation in England wieder ins Stocken, denn Yarranton und seine Genossen durften es nicht wagen, weiter zu fabrizieren; der Patentinhaber verstand aber nichts von der Sache und war nicht imstande, auch nur eine brauchbare verzinnte Platte herzustellen. — So war Yarrantons Arbeit für das eng- lische Publikum für längere Zeit verloren. Erst 16 Jahre später wurde von Kapitän Hanbury bei Pontypool in Monmouthshire eine Weissblechfabrik errichtet, die in Blüte kam und sich erhielt. Yarrantons Verdienst um die Einführung dieses für England so wichtigen Industriezweiges wird dadurch nicht geschmälert. Yarranton machte ferner Reisen durch Holland, um die hollän- dische Industrie, besonders die Binnenschiffahrt, zu studieren. Dabei kam er zu dem Schluss, den er als Grundsatz verkündigte, dass, wenn man die Holländer besiegen wolle, man sie auf dem Felde der Arbeit besiegen müsse. Zu diesem Zweck wirkte Yarranton für die Hebung der britischen Fischerei, der Binnenschiffahrt und die Einführung der Leinenmanufaktur in den mittleren Grafschaften. 1677 veröffent- lichte er den ersten Teil seines Werkes: Englands Verbesserung zu Wasser und zu Land Englands Improvement by Sea and Land to out-sa the Dutch without fighting etc. Printed by R. Everinghaus for the author 1677. , ein höchst merkwürdiges Buch voll prophe- tischer Erkenntnis der künftigen kommerziellen und industriellen Grösse Englands. Er zeigt darin England in klaren Zügen seinen zukünftigen Weg vor. Zur Hebung der Landwirtschaft wird die Ein- England im 17. Jahrhundert. führung einer Landesbank oder Hypothekenbank (Land-bank), deren Kredit auf dem Grundbesitz beruhe und die Einführung von Grund- oder Stockbüchern empfohlen. In Bezug auf die Eisenindustrie, welche er neben der Wollen- industrie für die wichtigste Englands erklärt, tritt er scharf den Pessimisten, welche damals das grosse Wort führten und deren Weis- heit darin gipfelte: es sei besser, wenn gar keine Eisenwerke in England beständen, und es sei besser in England gewesen, als man noch kein Eisen gemacht habe, da die Eisenwerke die Waldungen zerstörten, spanisches Eisen sei besser und halte länger, entgegen. Yarranton führte aus, die jetzige Eisenindustrie sei für England von derselben Bedeutung wie die Wollenindustrie, sie beschäftige nahezu ebensoviele Menschen und noch viel mehr Pferde und Ochsen zum Transport, und Grund und Boden als das Weideland der Schafe. In Monmouthshire, insbesondere im Forrest of Dean, würden ungeheure Mengen Roheisen gemacht und zu Stabeisen und Draht verarbeitet. Dort würde kein Wald erhalten bleiben, wenn die Eisenindustrie nicht wäre, weil für den Hausbrand die Steinkohle zu nahe und zu billig sei. Das Land erhielte erst seinen hohen Wert durch die In- dustrie, die Massen von Arbeitern, Pferden und Rindvieh beschäftige. Ohne diese würde das Land wenig mehr als eine traurige Wildnis (a howling wilderness) sein. Sir Baynom Frogmorton und Sir Duncomb Colchester — jedenfalls zwei Grossindustrielle jener Zeit — würden ihm sicherlich hierin zustimmen. Einen grossen Segen gewähre ferner das Eisen, welches man aus dem Erz und den römischen Schlacken im Forrest of Dean gewinne; da dieses Metall von der zartesten, biegsamsten, dehnbarsten Art sei und sich leicht zu jeder Kleinware verarbeiten lasse, wofür es das beste in der Welt sei. Der grösste Teil des hier erzeugten Roheisens ginge den Severn aufwärts zu den Schmieden in Worcestershire, Shropshire, Staffordshire, War- wickshire und Chestershire, wo es zu Stabeisen verarbeitet würde. Dieses würde dann seiner grossen Weichheit wegen zu Stourbridge, Dudley, Wolverhampton, Ledgley, Walsall und Birmingham zu kleinen Waren verarbeitet und über ganz England, ja über den grössten Teil der Welt verbreitet, indem damit ein ausgedehnter Handel getrieben werde. Im Umkreis des Forrest of Dean würden nicht weniger als 60 000 Menschen durch diese Industrie beschäftigt. Also sei es klar, dass die Eisenwerke von Nutzen sind und dass man ihr Gedeihen fördern müsse. Aus diesem Grunde wäre es am besten, dass durch Parlamentsbeschluss alle Gemeinden 6 Meilen im Umkreise des Forrest England im 17. Jahrhundert. of Dean zum Waldbau gezwungen würden. Dann würde es auch leicht sein, grosse Mengen von Bauholz und Schiffsholz zu ziehen. Der Forrest of Dean sei für das Eisen das, was die Rücken der Schafe für die Wolle. Beide bedürften der Pflege. Wenn aber für den Wald dort nicht gesorgt würde, dass er auch in Zukunft die Werke versorgen könne, so würde das Gewerbe zurück und für Eng- land zu Grunde gehen und in einem anderen Lande seinen Sitz auf- schlagen. — Ebenso seien in Worcestershire, Shropshire, Stafford- shire, Warwickshire und Derbyshire grosse Eisenlager und Eisenwerke, die ein Eisen von geringerer Güte lieferten. Es sei weich, aber kurz, man nenne es kaltbrüchig. Aus ihm würden Nägel und sonstige Kurzwaren gemacht. In diesen Werken seien wohl doppelt so viel Menschen beschäftigt als im Forrest of Dean. Dadurch ist immer bares Geld im Lande und der Grundbesitz hat den doppelten Wert, den er sonst haben würde. Auch hier giebt es Massen von Stein- kohlen, die nach allen Gegenden verschickt werden. Deshalb erhält auch hier nur die Eisenindustrie die Waldungen, denn als Hausbrand würde sich die Abfuhr des Holzes nicht bezahlt machen. Ähnlich verhält es sich in Nottingham, Yorkshire, Kent und Sussex. Da überall der Wald vernachlässigt wird wegen der Billigkeit der Steinkohlen, so sollte der Staat für seine Erhaltung sorgen und es wäre gut, wenn auch alle Gemeinden 12 Meilen um Stourbridge zum Waldbau gezwungen würden. Den anderen Einwand, dass es in England besser gewesen sei, als man noch kein Eisen gemacht habe, widerlegt Yarranton treffend, indem er sagt, Niemand könne sagen, wann je eine solche Zeit ge- wesen sei. Die ungeheuren Schlackenhaufen im Forrest of Dean stammten grösstenteils aus der Zeit der Römerherrschaft und seien Zeugen für das hohe Altertum der Eisenindustrie in England. Die Anhäufung solcher Schlackenmassen, welche die dortigen Eisenwerke noch Jahrhunderte lang erhalten könnten, müssten sehr lange Zeit in Anspruch genommen haben, da man damals nur Tretbälge gehabt habe, während man jetzt Bälge von 20 Fuss Länge, die durch Wasser- räder bewegt werden, hätte. Die Behauptung, dass die Eisenindustrie das Bauholz verschlinge, sei ebenfalls unwahr. Wie nachgewiesen, erhalte die Eisenindustrie den Bestand der Wälder, in welchen sich bei richtiger Bewirtschaf- tung genügende Mengen Stammholz ziehen lassen. An diesem vergreife sich die Eisenindustrie nicht, da es viel zu teuer sei zum Verkohlen. Zimmerholz kostete 30 Sh. die Tonne. Wie könnten England im 17. Jahrhundert. Eisengewerke Zimmerholz verkohlen, wovon sich der Karren (a coard) auf 50 Sh. stelle, während der Karren Kohlholz mit 7 Sh. bezahlt werde? „Die Hebung der Eisenindustrie ist ein wichtiges Mittel, um die Holländer zu besiegen, durch welche wir jetzt noch eine Menge von Eisenwaren von Lüttich, Solingen, Cöln u. s. w. beziehen. Wieviel Hände könnten beschäftigt werden, wenn diese Waren im Inlande er- zeugt würden! Seht nach Sachsen hin; in Folge der entwickelten Industrie giebt es dort keine Armen.“ Um aber der heimischen Eisenindustrie wirksam aufzuhelfen, müsste man auf alles fremde Schmiedeisen einen Zoll von 3 £ die Tonne und auf alle Eisenwaren einen Zoll von 6 £ die Tonne er- heben. Er schätzt den Nutzen, der durch den Schutzzoll auf Eisen- und Leinenwaren dem Lande direkt und indirekt erwachsen würde, auf mindestens 6 Millionen Pfund. Die etwaigen Klagen der acht Ankerschmiede in London, die fremdes Eisen verarbeiteten, kämen dabei nicht in Betracht. Schon der Sicherheit des Landes wegen müsste man die Eisenindustrie schützen, welche die Kanonen und die Munition für die Verteidigung liefert. Jetzt aber lägen die Werke in Sussex und Surrey bereits ganz, in Nord-England zum grossen Teil darnieder und nur die richtige Fürsorge für den Wald könne sie retten, denn der Wald sei der Eisenindustrie, was die Mutterbrust dem Kinde sei. In Christ-Church bei Hampshire besässe der Staat Eisenwerke; dort solle er für seine Rechnung Eisen für Schiffsanker und Kriegszwecke machen lassen und einen Vorrat für ausserordentliche Fälle anlegen. Für die Verarbeitung des Eisens käme England eben sein Reich- tum an billigen Kohlen zu gut, mit deren Hülfe man die Kleineisen- waren leicht und billig herstellen könne. In Folge dessen würde auch bereits ein bedeutender Handel hiermit über einen grossen Teil von Europa betrieben. 1681 erschien der zweite Band von Yarrantons Werken, worin er besonders auf die Hebung des Eisenhandels hinwies. Die Weiss- blechfabrikation mit Eisen vom Forrest of Dean und englischem Zinn und die Ausbeutung der ungeheuren Schlackenhalden empfiehlt er als hierzu geeignete Mittel. Er schildert seine eigenen Anstrengungen zur Einführung der Weissblechfabrikation und polemisiert dabei gegen die Art und Weise, wie die Patente damals verliehen wurden, wodurch die Industrie statt befördert, vielmehr aus dem Lande getrieben würde. England im 17. Jahrhundert. Aus einem höchst amüsanten Gespräch zwischen einem Zinnberg- mann von Cornwall und einem Eisenbergmann vom Forrest of Dean — dem Verfasser — scheint hervorzugehen, dass dieser sein Eisenwerk bei Ashley noch fortbetrieb. Der Eisenbergmann sagt nämlich: Vor ungefähr 28 Jahren fand Herr Yarranton eine grosse Masse römischer Schlacke, nahe den Stadtmauern von Worcester, wovon er und andere viele tausend Tonnen oder Ladungen aufwärts dem Flusse Severn weggefahren haben, um sie mit Zusatz von Eisenstein vom Forrest of Dean zu verschmelzen. Etwa 100 Ellen von der Stadtmauer von Worcester sei einer der alten Tretherde noch fest und gut erhalten, etwa 7 Fuss unter dem Boden ausgegraben worden. Zur Seite der Schmelzhütte (work) habe man einen Topf voll römischer Münzen ge- funden, die teils in den Besitz von Sir Deydall, teils in das könig- liche Cabinet (the kings Closet) gekommen seien. Nach 1681 veröffentlichte Yarranton nur noch eine Beschreibung der damals im Bau begriffenen Festung Dünkirchen, indem er die Engländer vor der ihnen dadurch erwachsenden Gefahr warnte und ihnen riet, das Werk zu zerstören, ehe es vollendet sei. Danach er- fahren wir nichts mehr von diesem erleuchteten Patrioten. Man weiss weder, wo er starb, noch wo er begraben wurde. Er suchte nicht Gewinn für sich, sondern nur für sein Vaterland; dafür predigte er bis an sein Lebensende, allein dazu getrieben, wie er selbst sagt, durch die heisse Liebe für sein Vaterland, „dessen zukünftige Blüte der einzige Lohn sein möge, den ich je für alle meine Mühe sehen werde“. Yarrantons Ratschläge für Einführung eines Einfuhrzolles auf Eisen hatten Erfolg. 1679 wurde ein Zoll von 10 Schilling für die Tonne auf alles fremde Eisen angeordnet. 1690 wurde der Zoll auf deutsches Eisen noch erhöht. Aus Yarrantons Bericht haben wir schon erfahren, dass die Fabrikation von Kleineisenwaren besonders in den Städten Mittel- englands in Blüte stand. Dieselbe erfuhr 1685 einen neuen Auf- schwung und Verbesserungen durch die Einwanderung französischer Refugiés. Die Messerfabrikation und die Fabrikation von Stahlwerk- zeugen hatte in Sheffield ihren Sitz aufgeschlagen. Um 1570 waren niederländische Messerschmiede und Stahlarbeiter eingewandert, welche zuerst die Fabrikation von Scheren und Sicheln eingeführt haben sollen. Um 1600 waren die Sheffielder Tabaksbüchsen und Maultrommeln (Jews harps) berühmt. Die Stadt war damals noch klein. 1615 zählte sie 2207 Einwohner, von denen aber ein Drittel oder 725 Beck , Geschichte des Eisens. 81 England im 17. Jahrhundert. nicht imstande waren, ohne die Mildthätigkeit ihrer Nachbarn zu leben, so arm war die geringere Bevölkerung. Die ganze Ausrüstung und Bewaffnung der Stadt bestand damals aus einigen Brustpanzern, Eisenhüten, Musketen und Schwertern (Hunter’s Hallamshire). 1624 wurde erst die Sheffielder Messerschmiedgilde privilegiert. In der Urkunde heisst es: dass die Personen dieses Gewerbes nicht nur grossen Ruf wegen ihrer Geschicklichkeit und ihrer Kenntnisse in dieser Branche erlangt hätten, sondern auch vielen Armen und deren Familien Nahrung gaben, indem sie ihnen Gelegenheit boten, in den Messerschmieden als Tagelöhner zu arbeiten, während sie sonst nur schwer Verdienst finden würden, und dass sie Messer mit den besten Schneiden gemacht hätten, mit denen sie den grössten Teil des Königreichs und auch fremde Länder versorgten. In demselben Jahre wurde eine Ordnung für Messer, Sicheln, Scheren (shears and scissors) und andere Messerwaren in Hallam- shire erlassen. 1638 soll erst mit der Fabrikation von Rasiermessern und Feilen in Sheffield begonnen worden sein. 1650 wurde die Fabrikation von Einschlagmessern (clasp- or spring-knives) von flandrischen Arbeitern eingeführt. Man nannte sie im Norden Jocteleg, eine Korruption von Jacques de Liège, einem berühmten Messerschmied, dessen Messer in ganz Europa berühmt waren, wie die von Rogers oder Mappin in unserem Jahrhundert. Auch die Fabrikation der Sensen und Sicheln war aus dem Flämi- schen gekommen; erstere hatte ihren Hauptsitz in Norton, letztere in Eckington aufgeschlagen. In London war 1683 Thomas Matthews ein berühmter Messerschmied. Die Nagelfabrikation blühte vornehmlich in Mittel-England. Wenn Dud Dudley angiebt, dass in einem Umkreise von 10 Meilen von Dud- ley-Castle 20000 Eisenschmiede wohnten, so erklärt sich diese grosse Zahl durch die vielen Nagelschmiede jener Gegend. Im 17. Jahr- hundert bediente man sich bereits der Walz- und Schneidmühlen zur Herstellung des Nageleisens in England. Die Nachrichten über die Einführung derselben sind widersprechend. Nach der einen sollen die ersten Eisenspaltereien Ende des 16. Jahrhunderts von dem Con- tinent eingeführt worden sein. Serivenor sagt, dass nach Gough’s Camden ein gewisser Godfrey Bochs von Lüttich zu Dartford 1590 die erste Eisenspalterei angelegt habe. Nach anderen habe der Gründer der Familie Toby in Stourbridge, der als Musikant in Schweden gereist sei, die erste Eisenspalterei nach England gebracht. Er war zuerst nur Nagelhändler, dann aber Schmiedemeister und starb 1657, England im 17. Jahrhundert. 80 Jahre alt. Birmingham war der Mittelpunkt der Nagelindustrie, bei der vielfach Kinder und Mädchen beschäftigt wurden. John Houghton gibt in seiner Husbandry and Trade von 1697 eine Schilde- rung der Eisenbereitung in Staffordshire. Er beschreibt die Frisch- feuer und die Bereitung des Nageleisens. „Von den Stäben werden diejenigen, welche in Ruten geschnitten werden sollen, in die Eisen- spalterei (slitting mill) gebracht, wo man sie erst kalt in kurze Stäbe bricht oder schneidet durch die Kraft der Wasserräder. Da- nach werden sie in einem Ofen zu guter Rotglut erhitzt und dann einzeln zwischen die Walzen gebracht, durch die sie glatt ausgestreckt und in die Länge gezogen werden. Hierauf nimmt sie ein anderer Arbeiter und steckt sie in die Messerscheiben (cutters), die von ver- schiedener Grösse sind und die man beliebig einsetzen kann. Die Ruten richtet dann ein anderer, so lange sie noch heiss sind, gerade und bindet sie nach dem Erkalten in Bündel, worauf sie zum Ver- kauf fertig sind.“ Die Drahtfabrikation war schon im 16. Jahrhundert in Eng- land eingeführt worden. In einem Aufruf Karls I. von 1630 heisst es: „Eisendraht wird längst in unserem Reiche gemacht und gewährt vielen Tausenden unserer Unterthanen Unterhalt, und dieser englische Draht wird aus dem zähesten und besten Osemundeisen , einem einheimischen Produkt des Königreiches (Osmond-iron, a native commodity of the kingdom) hergestellt und ist weit besser, als der aus fremden Ländern eingeführte, besonders für die Kratzen, ohne welche gutes Tuch nicht gemacht werden kann. Da sich nun die Drahtfabrikanten beschweren, dass jetzt viel fremder Draht eingeführt werde, so verbieten wir die Einfuhr von fremdem Draht sowohl, als von Wollkratzen, Krappen und Schlingen und anderen fremden Draht- fabrikaten.“ Für Krappen und Schlingen wurde damals schon massen- haft Eisendraht gebraucht. Die Fabrikation von Wollenkratzen blühte im 17. Jahrhundert besonders zu Barnsley in Yorkshire, wohin die ersten Drahtarbeiter von Wales gekommen waren. Diesen Thatsachen gegenüber, aus denen hervorgeht, dass die englische Drahtfabrikation bereits im Jahre 1630 imstande war, den ganzen einheimischen Bedarf zu decken, lautet Andersons Nachricht, dass 1613 ein Holländer zu Scheen bei Richmond den ersten Drahtzug in England angelegt habe, sehr be- fremdlich. Im Jahre 1685 reichten Londoner Gewerbetreibende eine Petition auf Aufhebung des Drahteinfuhrverbotes beim Parlament ein; wie es scheint, aber erfolglos. Im Jahre 1656 bildete sich in 81* England im 17. Jahrhundert. London die Innung der Needle-makers. Damit beginnt die englische Nadelfabrikation, die später so berühmt wurde. Vor der Zeit hatte man die Nadeln aus Deutschland, namentlich von Nürnberg, bezogen. Den englischen Nadelmachern wollte es anfangs auch gar nicht recht mit der Fabrikation geraten, bis sie sich einen deutschen Meister, Elias Krause, kommen liessen. Eine grosse Eisenlieferung und eine der letzten bedeutenden Ar- beiten, welche in Sussex ausgeführt wurden, war der Guss der Eisen- gitter, welche die St. Paulskirche einschliessen. Die Arbeit war zu gross für einen Unternehmer und wurde von mehreren gemeinschaft- lich übernommen. Der grösste Teil wurde zu Lamberhurst bei Turn- bridge Wells gemacht. Dieses war damals ein grosses Eisenwerk. Es verbrauchte jährlich 200000 Karren (coards) Holz, obgleich es nur 5 Tons die Woche produzierte. — Ein anderer bedeutender und geschickter Hüttenmann, William Chetwyord von Bugely, goss auf der Madelyhütte eiserne Gartenwalzen; dieselben waren hohl, wie die Walzen der Zuckerrohrmühlen, von 5, 6, 7 und 8 Ctr. Gewicht. Den Hohlraum füllte er mit Holz aus, das er festkeilte, und diese Walzen übertrafen alle anderen bei weitem an Gewicht und an Leistung. Doch war der Gusskranz so spröde, dass er bei einem kräftigen Hammerschlag in Stücke brach Plott’s Natural History of Staffordshire 1686. . Auch Kaminplatten mit bildlichen Darstellungen wurden im 17. Jahrhundert in England gegossen. Auf einer solchen, welche 1636 von Richard Leonhard zu Brede-Furnace gegossen wurde, ist der Giesser selbst dargestellt mit seinem Hund und Trinkhorn. Leonhard war auch Pächter des Sackvillefurnace bei Little Undimore Siehe Sussex Archaeol. Collection Vol. XII. . Im fünften Jahre von Wilhelm und Maria wurde ein Eisenaus- fuhrgesetz erlassen des Inhalts, dass, obgleich durch verschiedene Ge- setze, das eine vom 28. Jahre Eduards III., ein anderes vom 33. Jahre Heinrichs VIII., ein anderes vom zweiten Jahre Eduards VI., die Aus- fuhr von Eisen u. s. w. verboten sei bei den darin bestimmten Strafen: so solle nun bestimmt werden, dass vom 25. März 1694 ab jede Sorte Eisen verschifft und ausgeführt werden dürfe, ausser für den König von Frankreich, seine Unterthanen und Alle, die in seinem Reiche wohnen, für die Dauer des gegenwärtigen Krieges. Unter Wilhelm III. liess sich eine Kolonie deutscher Eisen- arbeiter zu Shotley-Bridge in Durham nieder, bauten und betrieben einen kleinen Hochofen, der im Kohlensack 5 bis 6 Fuss weit war. England im 17. Jahrhundert. Um die Fabrikation von Stahl und Stahlwerkzeugen in England erwarb sich Sir Ambrose Crowley Derselbe wurde 1707 Sheriff von London und starb 1711. , der im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts Stahlwerke zu Sunderland erbaute, grosse Verdienste. 1690 verlegte er dieselben von Sunderland nach Wislaton am Tyne. Er fabrizierte daselbst Holzbohrer, Holzschrauben, Muttern, Kellen, Schneidzeuge, Feilen, Hämmer, Charniere, Hauen für die Sklaven- plantagen, Schlösser, Ringe und andere Schmiedwaren. Zu König Wilhelms III. Zeit mussten die Engländer ihre Schiess- gewehre noch aus Holland und Deutschland beziehen. Der König bemühte sich um Einführung der Gewehrfabrikation. Der Vertreter von Birmingham, Richard Newdigate, machte sich anheischig, Gewehre nach deutscher Art zu liefern. Ein Mann in Dighbeth legte ein Muster vor, welches den Beifall des Königs fand. Es wurden Ge- wehrfabriken in Birmingham angelegt, deren Gewehre aber unter der Bezeichnung London guns gingen, weil sie in London zusammen- gesetzt wurden. Über den Betrieb der Eisenwerke im Forrest of Dean befindet sich ein Bericht von H. Powle in den Philosophical Transactions von 1677/78 Account of the Iron Works in the forrest of Dean by H. Powle . Philo- sophical Transactions of the Royal Society 1677/1678. February 10. for the month of January and February, p. 931. . Der Eisenstein Powle giebt an, der beste sei von bläulicher Farbe, sehr schwer und voll kleiner glänzender Flecken wie Silberkörner. Dieses Erz lieferte am meisten Eisen, aber für sich verschmolzen, gab es ein sehr brüchiges Metall, das nicht zum Gebrauch taugte. wurde mit den Schlacken von dem früheren, zum Teil römischen Rennwerksbetrieb verschmolzen. Das Erz wurde zuvor in Schachtöfen, die gewöhnlichen Kalköfen ähnlich waren, geröstet. Erz und Schlacken wurden lagenweise mit Holzkohlen aufgegichtet. Die aus Backsteinen erbauten Hochöfen waren unten 24 Fuss im Quadrat und 30 Fuss hoch. Sie waren also bereits beträchtlich höher, als die früher beschriebenen im Siegerland und im Harz. Der Ofenquerschnitt war oben und unten zusammengezogen (s. Fig. 212). Gicht und Gestell waren eng zugestellt, die Weite im Kohlensack betrug 8 bis 10 Fuss. Man hatte verschiedene Versuche gemacht mit Steinkohlen, welche im Überfluss in der Nähe vorhanden waren, statt mit Holzkohlen zu schmelzen, aber ohne Erfolg. Die Schmelzer machten die Erfahrung, „dass Steinkohlenfeuer, so heftig es auch sein möge, die festesten Teile des Erzes nicht durchdringen England im 17. Jahrhundert. konnte, und dadurch einen grossen Teil des Metalls ungeschmolzen zurückliess“. Die Blasebälge waren grosse Holzbälge, welche durch Daumen an einer Wasserradwelle abwechselnd niedergedrückt und, sobald diese ausliessen, von einem Gegengewicht wieder gehoben wurden. Die flüssige Schlacke wurde von Zeit zu Zeit abgestochen. Das Eisen floss in ein Sandbett, in welches man Furchen gemacht hatte von der Form, wie man die Eisenstücke haben wollte. Das Roheisen wurde auf die Hammerwerke gebracht und in einem Frischherd ge- frischt, und zwar, wie Powle angiebt, mit Steinkohlen (!). Man brachte 3 bis 4 Stücke Roheisen zugleich hinter das Feuer, so dass eins etwas vorstand. Indem es niederschmolz, rührten und arbeiteten sie mit langen Eisenstangen, bis sich die Masse zu einem Klumpen vereinigt hatte, den sie „half-bloom“ nannten. Die Luppe (half-bloom) wurde erst mit Handhämmern (sledges) abgeklopft, dann unter einem Wasserhammer zu einem parallel- epipedischen Blocke (into a thick short square) geschmiedet. Dieser kam in das Frischfeuer zurück, wurde ausgeheizt und in einem Doppel- kolben (ancony)  geschmiedet, der dann in einem besonderen Ausheizfeuer (chafery) in Stäbe ausgereckt wurde. Die Angabe Powles , dass das Frischen mit Steinkohlen geschah, ist sehr auffallend und dürfte auf einem Irrtum beruhen. Das Ausheizen in dem Heizfeuer (chafery) geschah gewiss mit Steinkohlen, das Frischen aber mit Holzkohlen. — Jedenfalls geht aus dem Bericht mit Bestimmtheit hervor, dass sich die Engländer schon damals beim Frischen zweier Herde bedienten, dass ihr Verfahren also der Wallonschmiede oder vielmehr der englischen Lancasterschmiede bereits entsprach und dass der Schweissherd mit Steinkohlen geheizt wurde. Gleichzeitig goss man aus dem Hochofen auch Kamin- und Herd- platten u. s. w., indem man das flüssige Eisen mit grossen Kellen aus dem Eisenkasten schöpfte und in Sandformen goss. Doch war der Guss meist sehr spröde. Von dem Eisenschmelzprozess zu Cuckfield in Essex giebt es eine Beschreibung von John Ray F. R. S. Lardner , Cabinet Cydopaedia, p. 29. John Harris , Lexicon Technicum „Iron“. vom Jahre 1674. Wir entnehmen derselben folgendes: Die Eisenerze liegen manchmal tiefer, manchmal flacher zwischen 4 bis 40 Fuss unter der Erde. Es giebt davon verschiedene Sorten, reiche und arme, harte und weiche. England im 17. Jahrhundert. Die Eisenschmelzmeister mischen immer verschiedene Sorten, damit die Schmelzung am vorteilhaftesten vor sich geht. Ist das Erz herbeigeschafft, so breiten sie eine Lage Holzkohlen- braschen (small-cole) aus, darüber eine Lage Erz und so wiederholt in gleicher Aufeinanderfolge, zünden die Kohlen an und brennen so das Erz. Der Zweck des Brennens ist, das Erz mürbe zu machen, um es in kleine Stücke zerschlagen zu können. Würde man die rohen Stücke aufgeben, so würden diese ungeschmolzen vor die Form kommen. Anderseits muss man acht geben, dass nicht zu scharf gebrannt wird, indem es sonst laufen, d. h. in eine geschmolzene Masse zusammenfliessen würde. Ist es gebrannt, so wird es mit einem eisernen Hammer zerschlagen und dann in den Ofen über die Kohlen eingesetzt. Es schmilzt und gelangt in den Herd des Hochofens innerhalb 12 Stunden, dann sticht man es ab zu einer Ganz (it is run into a sow). Der Herdboden des Ofens wird aus Sandstein her- gestellt, ebenso die Seitenwände, etwa eine Elle hoch, der übrige Ofen bis zur Gicht wird mit gebrannten Steinen (bricks) ausgekleidet. Wird ein Ofen neu angelassen, so feuert man einen bis zwei Tage, ehe man mit dem Blasen beginnt; dann wird sanft angeblasen und der Wind allmählich gesteigert, bis er in etwa 10 Wochen auf sein Maximum kommt. Die Periode von 6 Tagen wird ein foundday ge- nannt und in dieser Periode werden 8 Tonnen Eisen im Durchschnitt der ganzen Kampagne gemacht; anfangs wird weniger, später mehr erblasen. Der Herd erweitert sich durch die beständige Glut, so dass, während er anfangs nur einen Abstich von 600 bis 700 Pfd., er am Ende 2000 Pfd. fasst. Die kleineren Abstiche unter 1000 Pfd. nennen sie pigs. Von 24 Lasten Holzkohlen sollen 8 Tonnen Eisen fallen. Zu jeder Last Kohlen, die 11 Viertel (quarters) enthält, setzen sie eine Last (= 16 bushels) Erz. Ein gewöhnliches, aus guten Steinen hergestelltes Gestell pflegt 40 „founddays“, d. h. 40 Wochen auszuhalten, während welcher das Feuer nie erlischt. Man schmilzt nie zweimal in einem Gestell, wenn darin auch nicht mehr als 5 bis 6 Wochen geschmolzen wurde. Die Schlacke schwimmt wie ein Schaum über dem flüssigen Eisen und wird ein- oder zweimal abgestochen, ehe man die Sau giesst. Von dem Frischhammer (forge) zu Cuckfield giebt John Ray folgende Beschreibung: Bei jedem Hammer befinden sich wenigstens zwei Herde, ein Frischherd (finery) und ein Ausheizherd (chafery). Man macht das Eisen im Frischfeuer und unter dem Hammer auf folgende Weise zu England im 17. Jahrhundert. Luppen (blooms) oder Kolben (anconies): Das Roheisen (sow) wird in das Feuer geschoben und ein Stück im Gewicht von etwa ¾ Ctr. eingeschmolzen, welches, sobald es aufgebrochen wird, Luppe (loop) genannt wird. Diese Luppe wird mit der Luppenzange (chingling tong) herausgenommen und mit Schmiedhämmern auf einer Eisenplatte dicht bei dem Herd geschlagen, damit es nicht in Stücke zerfällt, sobald es unter den Hammer gebracht wird. Unter diesen bringen sie es alsdann, lassen wenig Wasser an und hämmern es ganz sanft, wodurch Schlacken und Schmutz ausgepresst wird; danach lassen sie mehr Wasser an, hämmern es stärker und kräftiger und verwandeln es in eine vierkantige Masse, bloom genannt, etwa 2 Fuss lang. Diese Operation heisst das Zängen (shingling the loop). Hierauf bringen sie es sofort in den Frischherd zurück und verwandeln es in zwei bis drei Hitzen und Ausschmieden in einen Kolben (ancony), dessen Gestalt in der Mitte ein Stab ist von der Form, wie sie das Ganze machen wollen, während an den beiden Enden quadratische Blöcke roh gelassen werden, um in dem Heizfeuer (chafery) weiter verarbeitet zu werden. Im Frischherd sind 3 Lasten der gröbsten Holzkohlen nötig, um eine Tonne Eisen zu machen. — In dem Ausheizherd werden dann die zwei Kolben ausgeschmiedet zu der Form, wie der Mittelstab bei der Luppe vorgeschmiedet war, und die Stäbe vollendet. Zum Ausheizen ist 1 Tonne kleiner Kohle auf 1 Tonne Eisen nötig. — Man verlangt, dass ein Mann und ein Junge am Frischherd 2 Tonnen Eisen in einer Woche machen, während 2 Männer am Ausheizherd 5 bis 6 Tonnen verarbeiten können. Einen Bericht über den Hochofenbetrieb zu Milthorpe forge in Lancastershire um dieselbe Zeit verdanken wir John Sturdie Siehe Philosophical Transactions of the Royal Society of London 1692, p. 695. Es sind Auszüge aus Briefen von John Sturdie von Lancaster über Eisenerze, insbesondere über die Hämatite, welche auf der Milthorpehütte ver- schmolzen wurden — mitgeteilt von Dr. Martin Lister S. R. S. . Er unterscheidet bereits — in einem Briefe vom 14. März 1674 — kalt- und rotbrüchiges Eisen (coldshire and redshire). Man erziele besseres Eisen durch mehrmaliges Umschmelzen und durch Zusatz von Torf , dagegen hätten Versuche mit Steinkohlen die schlechtesten Erfolge gehabt. Das Erz wird geröstet mit den Braschen der Holz- kohlen. Auf 17 Körbe geröstetes Erz wird ein Korb ungebrannter Kalk gesetzt, um den Fluss zu befördern und die Schlacken frei ab- fliessen zu lassen. Letztere werden vor dem Abstechen des Eisens abgelassen. Der Ofen war an der Seite eines Hügels gebaut und Schweden im 17. Jahrhundert. am Boden an zwei Quadratellen weit. In gleicher Weite erhob sich das Gestell eine Elle oder etwas darüber und war mit einer Aus- mauerung von besten feuerfesten Steinen ausgekleidet, um die Ge- walt des Feuers vom Rauhmauerwerk abzuhalten. Die Düsen der Bälge blasen in die Mitte des Fokus. Der übrige Ofen erhebt sich quadratisch 6 bis 7 Ellen hoch, aber zulaufend, so dass die Wände nach oben hin sich nähern und die obere Öffnung, in welche sie korb- weise das Erz und Brennmaterial einwerfen, nur ½ Elle im Quadrat hat. Sie messen mit einer Stange, wie tief die Beschickung von oben gesunken ist, bei 1½ Ellen geben sie von neuem auf. In einem anderen Brief vom 12. August 1675 beschreibt er die Erze, welche von Fourness 15 Meilen nach Milthorpe gebracht wurden: es war roter Hämatit. Sodann schildert er ein anderes Schmelzverfahren in einem Rennherd. „Der Ofen, in dem das Erz geschmolzen wird, ist nicht über 1½ Ellen weit und etwa ebenso hoch. Der Herd ist ganz von Roheisen (sow-iron) und hat die Form eines umgekehrten, breitkrämpigen Hutes. In der Mitte ist eine Vertiefung (tunnel), welche sie mit Holzkohle füllen, worauf sie, nachdem dieselben entzündet sind, das Erz, in Stücke von Taubenei-Grösse zerbrochen, eintragen, soviel als sie für eine Schmelzung haben wollen. Sie blasen dann etwa 12 Stunden, wobei sie nach Bedarf Holzkohlen nachfüllen. Alsdann stechen sie die Schlacke ab. Das Eisen bleibt in einem Klumpen in der Mitte in dem konischen Herd. Diesen nehmen sie mit grossen Zangen heraus und schmieden ihn in wiederholten Hitzen unter dem Hammer zu Stäben aus. Sie bekommen etwa 50 kg Eisen bei einer Schmelzung, wozu sie die dreifache Menge Erz brauchen. — In diesem Rennherd, der einem gewöhnlichen Schmiedherd sehr ähnlich war, brauchten sie keine Zuschläge als Fluss. Aus diesem Eisen wurden von zwei Deutschen, „unvergleichlichen Künstlern“, Theekannen gemacht, schöner als die chinesischen.“ Aus diesen verschiedenen Berichten bekommen wir bereits ein ziemlich klares Bild von dem englischen Eisenhüttenwesen im 17. Jahr- hundert. Schweden . Einen wirklich bedeutenden Aufschwung nahm im 17. Jahrhundert die Eisenindustrie Schwedens. Die weisen Massregeln der schwedischen Könige hatten daran grossen Anteil. Gustav I., welcher die Wichtig- Schweden im 17. Jahrhundert. keit der Eisenindustrie für Skandinavien zuerst in ihrem ganzen Umfange erkannte, hatte schon zu Lebzeiten seinen Sohn Karl zu seinem Vertrauten in Bergwerksangelegenheiten gemacht und in einem bedeutsamen Briefwechsel ihm seine Zukunftspläne enthüllt. Bei der Teilung seines Reiches übergab er Karl diejenigen Provinzen, in welchen die Eisenindustrie besonders im Aufblühen begriffen war, namentlich Wermeland, dazu die königlichen Hütten und alle noch zu erschliessenden Erzlager. Karl wirkte im Sinne seines Vaters und wendete auch als König der Eisenindustrie seine besondere Fürsorge zu. Er ordnete Mass und Gewicht, legte viele neue Gruben und Hütten an, z. B. den ganzen Karlskoga Bergslag und zog die durch General Flemming vertriebenen Finnländer zu seiner Förderung heran Siehe Dr. M. Meyer , Beiträge zur genaueren Kenntnis des Eisenhütten- wesens in Schweden, 1829, S. 10. . Er unterstützte die Einwanderung deutscher Arbeiter be- sonders durch die in den Beschlüssen von Norköping 1604 den Berg- und Hüttenleuten gewährten Freiheiten. Er begünstigte die eingewanderten niederländischen Protestanten. Das berühmte Eisenwerk zu Loefstad wurde 1606 von einer holländi- schen Familie Deger gegründet A nobili Batava Degeriana familia — E. Schepperus de ferri con- fectione 1725. . Chenon, ein geflüchteter fran- zösischer Hugenotte, rief auf des Königs Veranlassung viele seiner französischen Landsleute sowie Wallonen in das Land, die sich in Dannemora niederliessen und teils als Arbeiter beschäftigt wurden, teils selbst Hütten anlegten: Von ihnen stammen die vielen franzö- sischen Namen, die man dort bei den Familien der Eisenhütten- arbeiter findet, auch manche Ortsnamen sind durch sie entstanden, so heisst z. B. die Pardixhütte nach den zehn Aktionären (par dix), die sie anlegten u. s. w. In den Ausfuhrlisten jener Zeit macht sich ihre Thätigkeit be- merklich, indem von da ab grosse Mengen von Nägeln, Harnisch- blechen u. s. w. ausgeführt werden. Es befanden sich unter den Ein- gewanderten Geschützgiesser, Hochöfner, Former, Drahtzieher, Schmiede, die zum Teil ganz neue Gewerbe einrichteten und das Hüttenwesen bedeutend förderten. Karl IX. gewährte allen neuen Hütten sechs Freijahre, entband sie von der Werbung, befreite neue Gruben von Abgaben und erbot sich zum Vorkauf für die Erze. Trotz der Konkurrenz Englands, das unter der Königin Elisabeth die heimische Eisenindustrie in Schweden im 17. Jahrhundert. gleicher Weise förderte und auch geschickte Arbeiter aus dem Aus- lande heranzog, dagegen die Einfuhr erschwerte, vermehrte sich Schwedens Export an Stabeisen und an Eisenwaren von Jahr zu Jahr. Mit welchen grossen Schwierigkeiten aber trotz aller Begünstigung die Ansiedler in Schweden kämpften, ersieht man aus der Antwort, die jener Chenon dem Könige Gustav Adolf gab, als dieser ihm zur Belohnung die Hütte Stortorp zum Lohn überlassen wollte. Er lehnte ab mit den Worten: „der Hammer ist der Teufel und der Hochofen die Hölle“, und zog es vor, ärmlich auf dem Lande den Rest seiner Tage zu verbringen. Die Entwickelung der Eisenindustrie Schwedens nahm unter Karls Nachfolger, Gustav Adolf, ihren günstigen Fortgang. Dieser grosse König verfolgte mit allem Eifer und aller Kraft die weisen Pläne seiner Vorgänger und vergass mitten in den Stürmen einer wild bewegten Zeit und auf den blutigen Schlachtgefilden Deutsch- lands nicht die fernen stillen Schachte und die in den Wäldern hämmernden Hütten, die seinem Reiche die festeste Stütze werden sollten. — Schon 1619 zog er durch Vermittelung des Kammerherrn und späteren Reichsrats Conrad von Falkenberg tüchtige Berg- und Hüttenleute aus Deutschland nach Schweden, wie die Eisenhüttenleute Angerstein, Henzell, Schultze, Hülfers, und die Bergleute Silents, Marcus Kock (Koch), Hans Steffens, van der Nachen, von Noltineck, von Freden und andere. Der Grubenbau Schwedens stand noch weit hinter dem kunst- vollen Bau, wie er namentlich in Deutschland betrieben wurde, zurück. Um diesen zu heben, berief Gustav Adolf den deutschen Berghaupt- mann Grisback (Griesbach) als obersten Bergmeister in das Land. Als solcher richtete dieser kunstgerechten Grubenbau und die Förde- rung mit Wasserrädern an Stelle der alten Pferdegöpel ein, die dem Staat jährlich 3000 Tonnen Getreide, entsprechend 12000 Tagewerken Ackerland, gekostet hatten. Um dieselbe Zeit führte Hans Steffens die hölzernen Blasebälge aus Deutschland ein, die rasch allgemeine Verbreitung fanden. Diese erleichterten und verbesserten den Betrieb der Hochöfen und Frischfeuer. Damals war die deutsche Frisch- methode in Schweden allgemein gebräuchlich. Die Regierung erbaute neue Hütten, verpachtete sie aber, weil man annahm, dass sie dann besser betrieben würden. Den Bergbau von Taberg, welcher 1610 unter Karl IX. angefangen hatte, unter- stützte Gustav Adolf sehr. Er liess durch Wallonen Hochöfen da- selbst anlegen. Dagegen fand er es für besser, den Bergbau durch Schweden im 17. Jahrhundert. die Bewohner selbst betreiben zu lassen. Die Frischhütten mussten sich aus den Grubenrevieren — den Bergslagern — nach entfernteren Distrikten verziehen, damit die Wälder nur die Bergwerke und die Öfen zum Ausschmelzen der Erze mit Holz zu versorgen hatten — ein wichtiger Grundsatz, dem wir schon öfter begegnet sind und der in Schweden bis in die neuere Zeit festgehalten wurde. Überhaupt aber wendete man dem Waldbau grössere Aufmerksamkeit zu. Es wurde eine Art von Waldordnung erlassen und ein Oberjägermeister angestellt. Unter Gustav Adolfs Regierung trat ein Mann auf, der auf die Entwickelung der Eisenindustrie Schwedens einen besonders grossen Einfluss ausgeübt hat, der Niederländer Louis de Geer . In seiner Heimat (Lüttich?), seiner Religion wegen, verfolgt, war er, von Gustav Adolf eingeladen, mit seinem bedeutenden Vermögen nach Schweden ausgewandert. Dort streckte er dem damals sehr geldarmen Staate bedeutende Summen vor, ja er rüstete sogar später selbst eine Flotte aus. 1618 wurde ihm Finspång mit vielen anderen nahegelegenen Kirchspielen vom Staate an Zahlungsstatt abgetreten und in gleicher Weise erhielt er 1643 die Gegenden um Dannemora mit den königlichen Bergwerken und Hütten Gimo, Lenfeta u. s. w. für neue Zahlungen. In Finspång, wo bis dahin nur ein kleiner Ofen gewesen war, liess er zwei gekuppelte Hochöfen oder, wie man in Schweden sagt, einen Hochofen mit zwei Schächten bauen, be- stimmte sie zum Geschützguss und legte drei Bohrmaschinen an. Durch die Anlage dieser Hütte, die ausschliesslich dem Geschützguss dienen sollte und dafür die geeignetsten Erze und die vorteilhafteste Schmelzmethode aufsuchte, erwuchs Schweden ein neuer wichtiger Erwerbszweig. Die Güte des Produktes erwarb den eisernen Ge- schützen von Finspang den Weltmarkt und trug viel dazu bei, den Ruhm des schwedischen Eisens zu erhöhen. Louis de Geer brachte ferner nach dem verarmten Kirchspiel Godegard die um Lüttich verbreitete Handschmiedekunst zur Her- stellung von Nägeln, Hufeisen, Hufnägeln, Sensen u. s. w. Anfangs war man gegen dieses Gewerbe eingenommen, gewöhnte sich aber daran und lernte es schätzen, als es sich in Zeiten der Not als eine sichere Nahrungsquelle bewährt hatte. Auch die Kirchspiele Hammer und Lerbäck hatten ihm später viel zu danken. Meyer teilt folgenden alten naiven Vers in freier Übersetzung mit Meyer a. a. O., S. 16 (Anmerkung). : Schweden im 17. Jahrhundert. Der Grubenbau hat ganz aufgehört, Wovon wir sonst uns gut genährt; Wir schmieden neue Nägel und derlei Und kommen just nicht um dabei. An Käs und Butter thuts wohl nicht fehlen, Doch bekommen wir kein Geld zu zählen. (Die Schmiede wurden nämlich ganz in Lebensmitteln bezahlt.) Louis de Geer that ferner sehr viel für Dannemoras Aufblühen. Als er dort den ersten Grundbesitz erwarb, gab es nur Rennfeuer, und die ganze Jahresproduktion hatte 1552 nur 328 Ctr. Stabeisen betragen. Louis de Geer liess Eisenarbeiter aller Art aus den Pays des Vallons kommen. 1650 wanderten 63 Familien aus Lüttich und Namur ein Diese Wallonen erhielten sich bis in dieses Jahrhundert von den Schweden abgesondert und heirateten nur unter sich. Viele technische Ausdrücke aus der französischen Sprache haben sich in Dannemora eingebürgert, z. B. tour n ée für Schicht u. s. w. . Diese führten ihre heimische Frischmethode, die Wallonschmiede, welche sich mit einer Abart, der Halbwallon- schmiede, bis in die neuere Zeit bei den Dannemorawerken erhalten hatte, ein, wodurch ein grösseres Ausbringen als bei der deutschen Frischschmiede erzielt wurde. Die Geschicklichkeit der Arbeiter und die Trefflichkeit der Erze begründeten bald den dauernden Ruf des Dannemora-Eisens. Bei den Hochöfen führten die Wallonen eine längere Blasezeit ein und mit Hülfe grösserer Holzbälge wurde auch das tägliche Aus- bringen vermehrt, so dass man wohl schon 30 Wochen bliess statt der früheren 8, und statt 1300 kg den Tag deren 2000 bis 2200 kg er- zeugte. Zur weiteren Verarbeitung des Eisens waren schon 1626 die Gewehrfabrik in Norrtelge, später die Klingenschmiede in Vira, die Ankerschmiede in Söderforss und viele Fabriken angelegt worden, nachdem schon die ersten Anfänge von Manufakturschmieden z. B. bei Hennicke zur Bereitung von Wagebalken, Sägeblättern, Ankern u. s. w. in Hüttelf zur Stahlbereitung u. s. w. von Gustav Wasa angelegt worden waren. Mit diesen Anlagen vermehrte sich die Bevölkerung, welche durch die Pest im 15. Jahrhundert sehr zurückgegangen war. 1639 wurde die Ausfuhr von Osmund, die man bis dahin noch ge- duldet hatte, gänzlich verboten und von den Frischhüttenbesitzern verlangte man, dass jede Hütte 1600 bis 2000 kg Stabeisen wöchent- lich lieferte, bei einem Abbrand von höchstens 25 Proz. Schweden im 17. Jahrhundert. Unter Karl X. wurden durch einen Deutschen, Rademacher, die nach dem König benannte Karl-Gustavstadt bei Eskilstuna gegründet und viele Schwarz- und Feinschmieden angelegt. 1680 war die Eisenausfuhr schon auf 395000 Ctr. gestiegen. Es gab eine viel grössere Anzahl Hochöfen als heute, aber mit viel kleinerer Produktion. So zählte man 1687 in Nora Bergslag 44 Hoch- öfen, die aber nur 37000 Ctr. Roheisen im Jahre erzeugten. Der grosse Reichshaushalter Karl XI. vermehrte in 16 Jahren die Ausfuhr von 395000 Ctr. bis auf 600000 Ctr. Von hervorragendster Bedeutung für die Entwickelung der Eisen- industrie waren die weisen gesetzgeberischen Massregeln der schwedi- schen Könige. 1630 errichtete Gustav Adolf eine besondere Behörde für das Berg- und Hüttenwesen, das General-Bergamt, welches unter Königin Christine den Namen Bergs-Kollegium erhielt, den es noch heute führt. Diese Behörde hatte nur die eine Aufgabe, für die Wohlfahrt des Berg- und Hüttenwesens Sorge zu tragen. Sie hatte einerseits die Aufsicht über die Bergwerke der Krone, andererseits sollte sie die Bauern, welche den grössten Teil der Bergwerke und Schmelzhütten besassen, belehren und sie auf den besten Betrieb aufmerksam machen. Zu diesem Zwecke schickte sie junge unter- richtete Leute in die einzelnen Provinzen, ferner entsendete sie Reisende nach Deutschland und den Niederlanden, die noch immer die Vorbilder für das Berg- und Hüttenwesen waren, um die dortigen Betriebe zu studieren. Das Kollegium bestand aus einem Präsidenten und vier Assessoren, die alle Edelleute und ohne Anteil an irgend einem Bergwerksbetriebe sein mussten. Dieses Bergs-Kollegium arbeitete bald nach seiner Gründung vortreffliche Instruktionen für die Berg- meister, die Hochöfner- und Frischmeistergilde aus, welche die Grund- lage der technischen Einrichtungen bis in die neuere Zeit wurden. 1638 erliess Königin Christine eine Hüttenordnung. Die Bevormundung der Regierung war eine sehr weitgehende, allein sie hat sich bewährt und sehr segensreich für Schweden gewirkt. Die zunftmässige Organisation bildete die Voraussetzung, welche durch die Gesetzgebung unterstützt wurde. Dadurch erhielt die ganze schwedische Eisenindustrie eine einheitliche Gestaltung, sie bildete ein geschlossenes Ganzes. Dies beförderte bei der intelligenten Ober- leitung durch die Regierung den Fortschritt und das Gedeihen der- selben, ebenso die Güte und Gleichmässigkeit der Ware und den Handel. Schweden im 17. Jahrhundert. Das Bergs-Kollegium liess Grund- und Bergbücher anlegen, nahm alle Gruben und Wasserläufe, die als treibende Kraft benutzt wurden, auf, liess grosse Sammel- und Spannteiche erbauen, mass die Wälder und suchte Plätze für neue Anlagen aus; zugleich wurden Gesetze über das Verkohlen des Holzes, über den Handel mit Erzen, Roh- eisen und Kohle, über das Schürf- und Mutungsrecht, über die Kon- trolle und das Zurückweisen schlechten Eisens von der Ausfuhr u. s. w. entworfen oder neu zusammengestellt, so dass der Frischfeuerbesitzer vor Betrug der Roheisenverkäufer, und der Ausländer gegen Be- trügereien der Hammerwerksbesitzer geschützt war. Die Frischfeuer wurden sicher gestellt hinsichtlich ihres Bedarfs an Roheisen, und die Hochöfen hinsichtlich des Absatzes ihrer Erzeugnisse; aus kleinen Abgaben an die Gruben wurde ein Fond angesammelt, welcher plötz- liche Bauten und Reparaturen weniger drückend machte. Bei den Hochöfen, die von mehreren Gewerken betrieben wurden, war dafür gesorgt, dass der Eine sich nicht auf Unkosten seines Nachfolgers im Schmelzen bereicherte. Kurzum, das ganze Berg- und Hüttenwesen erhielt eine wohldurchdachte Verfassung, deren Trefflich- keit sich durch Jahrhunderte bewährt hat. Unter der Regierung der Königin Christine wurden noch einige wichtige Spezialgesetze erlassen. Es wurde festgesetzt, dass niemand Frischer bleiben durfte, der nicht in einer Wochenschicht wenigstens 28 Ctr. Roheisen oder 35 Ctr. Osmundeisen verfrischte. Von 384 bis 400 Pfund mussten bei Strafe mindestens 320 Pfund Stabeisen ge- wonnen werden. Wer dagegen mehr als das vorgeschriebene Quantum verfrischte, sollte belohnt werden. Es wurde befohlen, dass jede Hütte ihr Eisen mit besonderem Stempel zeichnen sollte, und dass es den öffentlichen Metallwagen zustehe, schlechtes Eisen zurückzuweisen und den durch den Stempel erkannten Verfertiger zur Bestrafung anzuzeigen. Zu dem Zwecke wurden besondere Eisenbeschauer bei den Wagen angestellt. Karl XI. erliess 1671 eine neue Berg- und Hüttenordnung Järnwräkare-Förordning de 1671 (s. Utrag utur publ. Handl. I, p. 449). . Der Zweck der Bergwerksverfassung war die Erhaltung und die Förderung des Berg- und Hüttenwesens. Für die Erhaltung desselben war von grösster Wichtigkeit der richtige Ausgleich zwischen Pro- duktion und Holzverbrauch, sodann die Erhaltung des Kredits der Ware durch strenge Kontrolle. Für die Förderung wurde gewirkt durch Verbesserung der Produktion, Erreichung der niedrigsten Schweden im 17. Jahrhundert. Produktionskosten und Schutz vor dem Wechsel der Handelsver- hältnisse. Ein sehr wichtiger Grundsatz, der schon unter der Königin Christine zur Durchführung kam, war der, dass die Krone keine eigenen Eisen- hütten besitzen dürfe. Die ihr von den früheren Königen über- kommenen wurden an de Geer und Andere abgetreten. Das Eisen- hüttenwesen sollte in den Händen des Volkes bleiben. Die alten „Bergslager“ bildeten von Alters her die Grundlage der Berg- und Hüttenindustrie. Besondere eisenreiche Gegenden waren von frühester Zeit her für die Gewinnung und Bereitung des Eisens bestimmt. In den Urkunden des Herzogs Karl (späteren Königs Karl IX.) ist von den erneuerten Privilegien des Wermländischen Bergslages die Rede. 1354 war bereits ein besonderes Gesetz für Norbergö Bergslag erlassen worden und Wermlands Bergslag hatte 1413 alle Freiheiten und Privilegien der übrigen Eisenwerksbesitzer in Schweden erhalten. Die Bergslager hatten eigene Gerichtsbarkeit, Befreiung vom Kriegs- dienst ausser zur Landesverteidigung, Befreiung vom Vorspann u. s. w., mussten dagegen den Zehnten (Tionde) bezahlen. Eine scharfe De- finition von Bergslag lässt sich nicht geben. Zunächst ist es ein an Eisenerzen reicher Distrikt, dessen Bewohner zur Verschmelzung der gewonnenen Erze verpflichtet sind, dafür aber auch gewisse Vor- rechte geniessen. Die Bergslager waren gewerbetreibende Bauern, die auf „Bergmannshemman“ (Gehöfte) sassen. Das Eisen, was sie erbliesen, war Roheisen zum Verkauf. Frischhütten durften sie nur so viele betreiben, als für ihren eigenen Bedarf erforderlich waren. Sie lebten also ähnlich, wie die Bauern an den Seeen Süd- schwedens, die das Seeerz gewannen und Osmund erbliesen. Die Bergslager besorgten alle berg- und hüttenmännische Arbeit ganz oder grösstenteils selbst. Dadurch unterschieden sie sich von der andern Klasse der Bergwerks- und Hüttenbesitzer, den adligen Grundbesitzern und „Bruckspatronen“ (Hüttenherren), welche bezahlte Arbeiter beschäftigten. Die Bergslager entrichteten ihre Abgaben in Eisen; auch auf ihren Märkten, auf denen sie den Vorkauf hatten, durften sie mit Eisen bezahlen. Schon unter Königin Christine wurde über die Bergslager ein Grundbuch (jordebok) aufgenommen, in dem die Flüsse, Wälder und alles das von alter Zeit dazu gehörige genau beschrieben und auf- geführt war. Wie der Bergslag die Provinz des Eisenstaates war, so war der Bergmannshemman das Bauerngut des Gewerken. Dieses Schweden im 17. Jahrhundert. gehörte entweder der Krone (Kronohemman) Schon unter Gustav I. findet man die Einrichtung von Kronohemman. oder den Bergleuten selbst (Skattehemman). So lange der Bergmann seine vorgeschriebene Pflicht in Bezug auf die Eisenproduktion erfüllte, sass er auf seinem Kronohemman sicher. Er konnte es in Eigentum erwerben, vererben, teilen, jedoch nicht mehr als in acht Teile. Zur Erhaltung des not- wendigen Waldbestandes durfte keine Frischhütte in einen Bergslag verlegt werden, wohl aber konnte eine Frischhütte aus dem Bergs- lag ins Land verlegt werden. Die Hüttenarbeiter teilten sich in die Hochöfnerzunft und die Frischerzunft. Diese bestanden schon zu Zeiten der Königin Christine, die nur das Althergebrachte gesetzlich regelte. Zu der Hochöfnerzunft (Masmästare Embetet) gehörten: Hoch- ofenmeister (Masmästare), Schachtaufsetzer oder Zusteller (Stegresare), Aufgeber, Pocher und Röster. Alle diese waren in jedem Bergrevier zu einer Innung verbunden, an deren Spitze ein aus der Zahl der Meister gewählter Altmeister (Åldermann) stand. Alljährlich nach der Blasezeit wurde eine Zunftversammlung (Möte) gehalten, in welcher ein Bericht über die abgelaufene Kampagne und der Betriebs- plan für die nächste vorgetragen wurden. Das Nähere hierüber, wie über das Lehrlings- und Gesellenwesen, auch bei der Hammerschmiede- zunft, werden wir später mitteilen, weil sich diese Verhältnisse, wie über- haupt die Organisation des ganzen Eisengewerbes erst im 18. Jahr- hundert in seiner ganzen Schärfe ausgebildet hat. An der Spitze der staatlichen Aufsichtsbehörde stand der Bergmeister. Solche werden schon in den ältesten Urkunden genannt. Die erste Instruktion für die Bergmeister in den Eisenbergslagen ist vom Bergskollegium 1669 ausgefertigt; dieselbe blieb die nächsten Jahrhunderte fast unver- ändert in Kraft. Der Bergmeister war der Vorsitzende der Berg- gerichte; er hatte die Aufsicht über das ganze Gruben- und Hütten- wesen. Hierüber musste er jährlich dem Bergskollegium ausführlichen Bericht erstatten. Er hatte die Aufsicht über die für den Hüttenbetrieb bestimmten Wälder, sowie über die Köhlerei. Er hielt die Gilden- versammlung ab und hatte die Kontrolle über das Eisen, so dass er einigermassen für dessen Güte verantwortlich war. Deshalb war ihm auch eine grosse Gewalt, besonders über die Bergmannshütten, denen er direkt Betriebsvorschriften machen konnte, eingeräumt. Auch sonst hatte er den Hütten auf deren Ansuchen mit Rat und That beizu- stehen, Lohnstreitigkeiten zu schlichten, die Löhne festzusetzen u. s. w. Beck , Geschichte des Eisens. 82 Schweden im 17. Jahrhundert. Seine Gehülfen waren der Berggeschworene und der Bergvogt. Alle das Berg- und Hüttenwesen betreffende Civil- und Kriminal- sachen wurden nicht von dem gewöhnlichen Gericht, sondern von einem besondern Berggericht abgeurteilt. Dies kam in jedem Distrikt einmal im Jahre, nach vorhergegangener zehnwöchentlicher Anzeige von allen Kanzeln , zusammen und hiess „Bergsting“. Es bestand aus 7 bis 12 Beisitzern und dem Bergmeister als Wortführer. Das Bergsting entschied aber nicht allein über Klagesachen, sondern besorgte auch die Einträge von Vorschüssen der Bergleute auf ihren Hemman, so wie die Eintragung aller neu eingestellter oder an- gemeldeter Arbeiter. Die vortreffliche Organisation des Berg- und Hüttenwesens in Schweden gab der Eisenindustrie eine Sicherheit und eine Stetigkeit der Entwickelung, wie wir sie in keinem andern Lande finden und dies trug wesentlich dazu bei, dass sich das schwedische Eisen den Weltmarkt eroberte. Die älteren schwedischen Hochöfen entsprachen nach Garneys Annahme den deutschen Stück- oder Flossöfen (Blauöfen) und hatten eine Höhe von 12 bis 14 höchstens 20 Fuss. Einen neuen Aufschwung erhielt die Hochofenindustrie durch Louis de Geer und den Berg- meister Steffens. Eine Hauptverbesserung der Deutschen scheint die Anlage von Spannteichen gewesen zu sein, wodurch man den Hoch- ofen zu jeder Jahreszeit und längere Zeit hindurch betreiben konnte. Während die alten Öfen 5 bis 12 bis 16 Wochen gingen, konnte in den neuen Öfen 20 bis 30 Wochen geblasen werden. Die Hochöfen erhielten von den Franzosen eine andere Kon- struktion. Bergmeister Steffens erwähnt in einer Relation von 1646, dass damals die Hochöfen „in kaufmännischer Art“ gebaut worden seien. Ferner führt Steffens im östlichen Bergrevier Hochöfen an, welche schon früher „in französischer Art“ gebaut worden seien Siehe Garney , Abhandlung von Bau und Betrieb der Hochöfen in Schweden, deutsch von Blumhof , Freiberg 1800 I, S. 14. , nämlich die Ulfshütte 1625, die Norshütte 1644, Nisshütte 1638, Norn 1637. Der Unterschied der wallonischen oder französischen Öfen von den deutschen bestand aber hauptsächlich darin, dass erstere durch- aus von Stein gebaut, während letztere zum Teil aus Lehm gestampft waren. Dazu war guter Grund und ein besseres Fundament nötig. Die Öfen hatten einen geräumigen, zirkelförmigen Schacht, die Rast begann ¾ Ellen unter Mittelhöhe. Der Ofen war nicht am Berg Russland im 17. Jahrhundert. angelehnt, sondern stand frei. Dadurch war viel mehr Platz um den Ofen, auch für das Gebläse; die Brust war mit eisernen Trachten gebaut. Durch die Abzüchte liess man fliessendes Wasser laufen. Der Raum unter der Form (Eisenkasten) war länger, schmäler und tiefer; die Rast war höher hinaufgezogen, der Timpel war von Stein. Die Schlacke floss frei über den Dammstein (Wall) ab. Man machte bei höherem Satz und schnellerem Gichtenwechsel ein vollkommneres Roheisen, wie es dem Bedürfnis der Wallonschmieden entsprach. Der runde Ofenquerschnitt, wie die Errichtung gekuppelter Öfen, welche für Schweden charakteristisch sind, haben sich wohl aus der Konstruktion der alten Bauernöfen entwickelt. Für die gedeihliche Entwickelung der Eisenindustrie Norwegens suchte die dänische Regierung durch eine Reihe von Verordnungen Förordning om Jern-Manufactur d. 19. Juny 1683 (s. Kongl. Danske För- ordninger af 1670 bis 1683, p. 953). K. M. Bref om gammelt Jerns Afhendelse den 5. Febr. 1684 (ebendaselbst II, p. 58). Förordning om Tou-Verk og Jern-Ankere d. 29. Jul. 1684 (ebendaselbst II, p. 120). Kongl. Privilegier ad interim for dennen, som Kobber-och Jern-Verker i Norge ville optage og fortsaette d. 25. Aug. 1687 (ebendaselbst II, p. 322). zu sorgen. Russland . Bis zu dem Regierungsantritt Peters des Grossen war der Fort- schritt auf dem Gebiete der Eisenindustrie in Russland nur un- bedeutend. Besseres Schmiedeisen und Stahl musste Russland ein- führen. Der geringe Exporthandel über Archangel hatte noch einen Rückgang erfahren, seitdem Zar Feodor I. am Ende des 16. Jahr- hunderts den englischen Monopolhandel aufgehoben hatte. Auch Boris Godunow war ein Feind des Monopols, wenn er auch gern die fremden Kaufleute durch Privilegien unterstützte. Unter seiner Re- gierung fingen die Holländer, denen er dieselben Vorrechte einräumte, wie sie die Engländer besassen, an, diese im Handel mit Archangel zu verdrängen. Alexei Michailowitsch widerrief endlich alle Privilegien der Engländer und verbannte sie sogar — angeblich aus Unwillen über die Hinrichtung Karls I. — aus allen seinen Staaten. Damit entledigte er sich der durch das Monopol geschaffenen Abhängigkeit von den Engländern, die nach und nach ebenso empfindlich geworden war, wie früher die von den Hanseaten. Auch war diese Massregel von grossem 82* Russland im 17. Jahrhundert. Vorteil für den Handel von Archangel, der sich von da ab durch den Wettbewerb aller schiffahrenden Nationen wesentlich hob. Die Ausschliessung der Engländer dauerte nur wenige Jahre; 1656 wurden sie im Hafen von Archangel wieder zugelassen, doch durften sie nur unter denselben Bedingungen wie die übrigen Nationen Handel treiben und mussten Zoll bezahlen. Erst 1663 wurden sie auch im übrigen Russland wieder zugelassen; ihr Handel war aber verhältnismässig zurückgegangen. 1669 schickten die Holländer 22 Schiffe nach Archangel, England nur eins. Einen bedeutenden Handel trieb um jene Zeit ein Hamburger Grosskaufmann, Hans Philipp Verpoorten, mit dem nordischen Hafen mit jährlich 9 bis 10 Schiffen. Aus einer Einfuhrliste Kilburgers Nachrichten vom russischen Handel im Jahre 1674 in Büschings Magazin III, S. 247. ersehen wir, dass damals viele Eisenwaren über Archangel nach Russland eingeführt wurden. Es werden aufgeführt 407 Fass Blech, 1957 Stangen schwedisches Eisen, 5 Fässer und 1 Kasten mit Scheeren und Messern, 683000 Nähnadeln und 54000 Stecknadeln. Obgleich Zar Boris Godunow 1603 der Hansa, d. h. Lübeck, die alten Handelsfreiheiten grösstenteils zurückgegeben hatte, so konnte der hanseatische Handel doch zu keiner gedeihlichen Entwickelung mehr kommen, woran die Zerwürfnisse in dem Bund selbst, die Kriegs- wirren in Russland und der Ausbruch des 30jährigen Krieges schuld waren. 1630 löste sich der Hansabund auf. Dagegen entwickelte sich ein bedeutender Handel zwischen Schweden und Russland; namentlich, seitdem durch Gustav Adolf fast der ganze Ostseehandel in die Hände Schwedens gekommen war. Nur Dänemark machte Schweden noch Konkurrenz, besonders durch die Beherrschung des Sundes. 1645 erkämpfte sich Schweden aber auch die Zollfreiheit im Sund. Die vier wichtigsten Ostseehäfen für den russischen Handel waren damals Riga, Rewal, Narwa und Nyenschantz, die rasch emporblühende Hafenstadt, in deren unmittelbaren Nachbarschaft später Peter der Grosse St. Petersburg erbaute. Nyenschantz versorgte hauptsächlich Nowgorod mit schwedischen Waren, namentlich mit rohem und ver- arbeitetem Eisen und mit Stahl, wogegen es russisches Getreide aus- führte. Sehr viel Eisen wurde aber auch von den Russen selbst an den schwedischen Grenzplätzen abgeholt und über den Ladogasee nach Nowgorod gefahren. Im ganzen blieb aber der Ostseehandel weit hinter dem Handel von Archangel zurück und er war gegen Ende des Jahrhunderts noch Russland im 17. Jahrhundert. mehr gedrückt, einerseits durch die von dem schwedischen Könige Karl XI. eingeführten hohen Hafenzölle, anderseits dadurch, dass die russischen Zaren allen Warenhandel als ein Regal an sich rissen, wodurch jede Konkurrenz unterdrückt wurde. Sibirien, das von der Natur mit Eisen so reich gesegnete Land, war damals so arm an diesem Metall, dass die zahlreichen Kolonisten, welche im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts dort einwanderten, ihr eisernes Geschirr und Geräte mitbringen mussten. Erst nach und nach lernte man asiatische Völkerschaften kennen, welche mit der Eisen- bereitung vertraut waren, wie die kosnazkischen Tataren (Schmiede- Tataren), welche ihren Namen deshalb bekamen. 1628 wurde am Flusse Niza das erste Eisenerz jenseits des Uralgebirges von den Russen entdeckt und eine Hütte zu Nidinsk im Distrikt von Irbit angelegt. 1631 (oder 1632) wurde diese vergrössert und der erste Hochofen jen- seits des Urals erbaut. Es wurden daselbst auch Gusswaren erzeugt. 1637 wurde die Hütte durch Feuer zerstört. Sie wurde neu aufgebaut, ging aber später ein. Das Werk lag nicht im eigentlichen Asien, sondern noch im permschen Gouvernement. Der erste grössere Hochofen in Russland war aber 1628 in der Nachbarschaft von Tula erbaut worden, und zwar sollen dort ansässige Deutsche von Anfang an dazu Beistand geleistet haben Siehe J. E. Norberg , Über die Produktion des Roheisens in Russland etc. Deutsch von Blumhof 1805, S. 2. . Er hatte die damals in Deutschland üblichen Dimensionen. In Ermangelung passender Steine führte man das Rauhgemäuer von Ziegelsteinen auf. Man machte es dafür um so stärker, so dass es oben auf der Gicht 18 bis 20 Ellen im Quadrat hatte, während der Ofen nur 2 Ellen im Kohlensack weit war. Aus dem Hochofen wurden neben andern Gusswaren eiserne Geschütze gegossen, die sogar seewärts nach andern Ländern ver- sendet wurden Siehe Karsten , a. a. O. I, S. 109. . Es ist nur sehr wenig über dieses für jene Zeit sehr bedeutende Eisenwerk, das später einging und verschwand, über- liefert; um so interessanter ist das, was Macarius , der Patriarch von Antiochien, der um jene Zeit Russland besucht hat, in seinem Reisebericht mitteilt Travels, transl. by Balfour . London 1833, T. IV und daraus im Journ. des Savants 1835, p. 384. . Unter der Regierung des Zaren Alexei, berichtet Macarius , seien zuerst die Eisenablagerungen in der Nähe von Tula, und zwar Russland im 17. Jahrhundert. von Deutschen entdeckt und abgebaut worden. Diese pachteten es vom Zaren unter der Bedingung, ihm 9/10 des Produktes zu geben und nur 1/10 für sich zu behalten. Sie wenden Öfen von bewunderns- würdiger Konstruktion an, in welche sie das Erz bringen so wie es aus der Grube kommt. Dann machen sie Feuer und bringen die Hitze bis zu dem Grade, dass das Metall vollkommen flüssig wird, sich nach allen Seiten hin verbreitet und wie Wasser in Rinnen fliesst, die in der Erde gemacht sind und welche das Eisen in hohle Formen in Gestalt von Kanonen, Rädern u. s. f. leiten. Auf beiden Seiten einer solchen Rinne sind 40 bis 50 Formen. Sobald das Eisen seine Gestalt erhalten hat, wird es mit grosser Leichtigkeit aus den Formen gehoben. Auf solche Weise wird täglich eine ausserordentliche Anzahl von verschiedenen Artikeln gemacht. Die grosse Menge von Kanonen, welche man auf diesem Hüttenwerk giesst, wird im Winter verladen und auf Schlitten transportiert, zum Teil 1700 Werst oder 40 Tagereisen weit. Dort werden sie an ver- schiedene Völkerschaften verkauft, die sie über das Meer in ihre Länder führen. Das Eisen ist von vorzüglicher Güte und wird sehr billig verkauft. Auch die Thüren der steinernen Häuser, der Paläste und der Kirchen, die Fensterrahmen in den Verkaufsmagazinen zu Moskau, sowie die Balustraden sind häufig von Eisen. Ja der Zar hat sogar die steinernen Fliesen, mit welchen die grosse Metropolitan- kirche zu Moskau gepflastert war, durch eiserne Platten ersetzen lassen, welche zu Tula gegossen sind und welche eine ganz gleich- förmige, silberartige Politur zeigen. Man muss erstaunen über solche Leistungen mitten in dem bar- barischen Russland, wenn man den Stand der Eisenindustrie im öst- lichen Deutschland zu jener Zeit bedenkt. Es muss ein Stock vortreff- licher Eisenarbeiter in Tula damals ansässig gewesen sein und dies erklärt auch das rasche Emporblühen und die vorzüglichen Leistungen der neugegründeten russischen Hütten im Anfang des vorigen Jahrhunderts. Die Eisenindustrie in der wald- und erzreichen Gegend von Tula war übrigens schon alt Siehe Storch , a. a. O. III, S. 306. . Die ersten Einwohner der Stadt Tula waren Schmiede, welche aus dem in der Nachbarschaft entdeckten Eisenerz auf kleinen Herden, die jeder in seinem Hause hatte, Eisen ausschmolzen und es zu allerlei Gerätschaften verarbeiteten. Seit der Zeit des Zars Feodor Iwanowitsch (1584 bis 1598), als man die Stadt schon mit Mauern umgeben hatte, war ein Teil derselben unter Russland im 17. Jahrhundert. dem Namen der Schmiedestadt (Kusnezkaja Sloboda) bekannt und ein Ukas dieses Monarchen verordnet, dass bloss Schmiede in demselben wohnen durften. Diese Schmiedestadt hatte besondere Vorrechte. 1619 wurde sie von allen Steuern und Frohndiensten befreit; auch sollten ihre Bewohner nicht unter der Gerichtsbarkeit des Wojwoden stehen, ausgenommen im Falle eines Diebstahls. Eine Urkunde von 1640 erlässt ihnen die Einquartierung und verstattet ihnen, in ihren Häusern Bier und Meth zu brauen. Ein Ukas von 1674 befiehlt sogar, alle und jede zur Schmiedarbeit geschickten Leute im ganzen Reiche aufzusuchen und sie der Kusnezkaja Sloboda einzuverleiben. So ward aus Tula der erste und vorzüglichste Sitz der Eisenindustrie Russlands. Um das Jahr 1674 gab es, von den Bauernschmieden abgesehen, nur vier grössere Eisenhütten. Von diesen gehörte nur die kleinste dem Zaren. Die wichtigste wurde von einem Dänen Marselis betrieben, eine andre gehörte einem Holländer Akema und die dritte war einem gewissen Rosenbusch überlassen, der dem Zaren dafür jährlich eine bestimmte Anzahl Kanonen und Kriegsgerätschaften liefern musste. Marselis verfertigte auf seiner Eisenhütte Stangen- eisen, grobes Geschütz, Säbelklingen, Gestelle zu Thüren und Fenstern, gegossene Eisenplatten und dergleichen. Seine Werke waren nicht nur von allen Auflagen befreit, sondern der Zar hatte ihm 400 Bauern als Arbeiter geschenkt. — Akema lieferte zwar keine Guss- waren, aber desto besseres geschmiedetes Eisen, daher er im Handel auf jedes Pud einen Griwen mehr erhielt als Marselis. Sein feines Stangeneisen besonders war so weich und zähe, dass man jede Stange ohne Mühe im Zirkel biegen konnte. Auch wurden hier Anker ver- fertigt. Er genoss die nämlichen Privilegien wie Marselis, und hatte ebenfalls 200 Bauern vom Zar geschenkt erhalten. Stahl wurde nur in den Bauernöfen erzeugt. Hermann giebt die russische Eisen- produktion im Jahre 1674 — abgesehen von den Bauernöfen — auf nur 150000 Pud (3000 Tonnen) an. Das meiste Eisen für den gewöhnlichen Bedarf wurde noch in den zahlreichen Bauernschmieden, welche in den Gouvernements Archangel, Olonez, Wologda, Wjätka, Kastroma, an der Wolga und in Sibirien verbreitet waren, angefertigt. Die russischen Bauern zeigten ein grosses Geschick in der Verarbeitung des Eisens, und es gab ganze Ortschaften, die nur von Schmied- und Schlosserarbeiten lebten. Ihre Kramwaren waren von vorzüglicher Güte und gingen bis nach Persien. Ebenso waren Spielwaren von Eisen sehr beliebt, Russland im 17. Jahrhundert. darunter besonders kleine künstliche Schlösser, welche die Grösse einer Erbse hatten. Ein Dutzend dieser Schlösser kostete zu Kil- burgers Zeit (1676) nur einen halben Rubel. Die Nagelschmiede waren besonders zahlreich an der Wolga. Erst Peter der Grosse erkannte die ungeheure Bedeutung des Berg- und Hüttenwesens für Russland und mit der ihm eigenen genialen Kraft schuf er die Grundlage zu der grossartigen Eisenindustrie Russ- lands. Um sich zu unterrichten und sich für die grosse Aufgabe, die er sich gestellt hatte, das gewaltige russische Reich zu einem Kultur- staat zu machen, unternahm er seine berühmte Reise nach den west- europäischen Staaten. Auf dieser schenkte er dem Berg- und Hütten- wesen besondere Aufmerksamkeit. Wie er vor dem Antritt seiner Reise den wichtigsten Seehafen seines Reiches, Archangel, besucht hatte, um die dortigen Verhältnisse kennen zu lernen, so besuchte er die moskauischen Bergwerke, d. h. die Berg- werke bei Tula. Dort wurden 1693 die Katschinskischen Werke angelegt. In Deutschland machte sich Zar Peter besonders mit dem Berg- und Hüttenwesen vertraut. Über seinen Besuch der Ilsenburgerhütte am Harz im Juli 1697 haben wir bereits oben berichtet. 1698 be- suchte er die sächsischen Bergwerke, namentlich Freiberg. 1699 nach Hause zurückgekehrt, leitete er sofort Massregeln zur Hebung des Berg- und Hüttenwesens in Russland ein. Er liess zwölf sächsische Bergleute und den Erzprobierer Blüher, die er auf seiner Reise engagiert hatte, kommen und schickte sie nach Kasan und Kaluga, um nach Erzen zu suchen und Bergbau einzuleiten. In dem- selben Jahre erteilte er dem Hammerschmied Nikita Demidoff aus Tula die Konzession auf die Eisenerze bei Newiansk im Distrikte Jekatarinen- burg mit dem Auftrage, ein Hüttenwerk mit Eisengiesserei daselbst anzulegen. Demidoff, der vermutlich einer der Reisegefährten des Zaren („Volontairs“) gewesen war, erbaute das erste regelrechte Eisen- hüttenwerk mit Giesserei in Sibirien, und zwar mit so viel Verständnis und Geschick, dass Peter der Grosse ihn adelte, ihn zum kaiserlichen Kommissar ernannte und ihm 1702 das ganze Eisenwerk schenkte. Nikita wurde der Gründer des Reichtums und der Macht der be- rühmten Familie Demidoff (Demidow), welcher Russland und besonders die russische Eisenindustrie so viel zu verdanken hat. Peter der Grosse aber legte mit diesem Hüttenwerk (Staroi Sawod) den Grund für die grossartige uralische Eisenindustrie. Der wichtigste Teil seines segens- reichen Wirkens für das russische Hüttenwesen fällt aber in das 18. Jahrhundert und wird in dem folgenden Bande geschildert werden. REGISTER. A. Aachen 101 , 516 , 592 , 831 , 850 , 976 , 977 , 1174 , 1176 , 1199 . Aachen (Achen), Joh. von 362 , 378 . Aachhütte 829 . Aalen 692 , 693 , 1065 . Aarau 416 . Abbrand 225 , 228 , 239 . Abbränder 1055 . Abgunst 1106 . Ablöschen 45 , 345 . Ablöschhärte 251 . Abrichten 502 , 982 . Abschäumen 984 . Abschwefeln 752 , 784 . Abstechen 268 . Abstich 180 , 182 , 191 . Abtsgemund 1066 . Abwässern 93 . Abzucht 159 , 160 , 200 . Accisordnung 1204 . Achen, van 347 . Achenbach, Ob.- Berghaupt- mann 801 . Acies 41 . Adam, Melchior 29 , 63 . Adelebsen, von 1132 . Admont 609 , 611 , 614 , 616 , 625 , 627 . Adner, Pet. 794 . Adorf 817 , 818 . Adörfer Eisenwerk 752 . Advidha 36 . Ägypten 40 . Äolypile 536 . Äsekorb 1168 . Äthalia 35 . Äthiopien 40 . Ätzen 265 , 345 , 368 . Ätzmalerei 367 . Ätzwasser 368 . Afrika 40 , 416 . Aggerthal 822 . Agiambi 251 . Agricola, Georgius 22 , 34 , 40 , 46 , 49 , 53 , 57 , 71 , 72 , 77 , 80 , 82 , 85 , 91 , 93 , 103 , 106 , 126 , 130 , 132 , 134 , 144 , 146 , 156 , 158 , 186 , 192 , 202 , 203 , 221 , 247 , 317 , 479 , 481 , 499 , 520 , 525 , 530 , 533 , 538 , 569 , 658 , 663 , 689 , 766 , 777 , 816 , 820 , 827 , 833 , 911 , 912 , 928 , 979 . Aguado, Lupus 403 . Aguirre, Nic. Hortuno de 403 . Ahlenschmiede 1026 . Ahler Hammer 1085 , 1087 . Ahrhütte 829 . Aickolting 686 . Aigener 1038 . Aisnern 655 . Akademie 1034 , 1035 . Akema 1303 . Albarcin 868 . Albbruck 1068 , 1070 . Alberghitto 329 . Albertus Magnus 11 , 41 , 71 . Albinus Petrus 68 , 202 , 689 , 831 , 833 . Albrecht I. 603 , 659 . Albrecht I. von Baiern 680 , 833 . Albrecht III. von Baiern 680 . Albrecht IV. von Baiern 682 , 692 . Albrecht der Grosse von Braunschweig 779 . Albrecht von Mecklenburg 576 , 749 . Albrecht von Meissen 55 . Albrecht von Nassau 741 . Albrecht von Sachsen 394 , 454 . Albret, Jeanne d’ 969 . Albufeda 874 . Alcazes, Franzisco de 403 . Alchemie 70 , 538 , 792 . Aldegrever, A. H. 356 , 367 , 377 . Alexandria 38 . Alexei, Zar 1299 , 1301 . Alf 829 . Alfons V. 352 . Algermann 781 , 787 — 793 . Algernon 449 . Alich 398 . Alivet 872 . Allenbach, auf der 193 , 1095 . Allerdorf 103 . Allmende 551 . Almainrivets 883 . Alman, J. u. G. de 402 . Almayne armourers 885 . Almeïra 868 . Almenshofen, Phil. v. 701 . Alpen 521 , 542 . Altena 294 , 300 , 483 , 510 , 512 , 513 , 745 , 818 , 821 , 822 , 831 , 977 , 1106 , 1107 , 1174 , 1186 . Altenbach 724 . Altenberg 531 . Altenbrack 1107 , 1108 . Altenhaina 746 , 1077 . Altenhofen 600 , 643 , 645 , 649 , 652 . Altenhohenburg 687 . Altenhundem 818 . Altenkirch 1080 . Altenrode 173 , 755 . Altenstadt 710 . Altenweyer 668 , 670 . Altertumsmuseum 294 . Register. Althofen 1044 , 1048 . Althütten 662 . Altmannshausen, von 1064 . Altorfer, Albrecht 356 , 367 . Altschmiede 829 . Altwasser 845 . Alyattes 42 . Ambacht 393 . Amberg 36 , 39 , 569 , 665 , 671 , 676 , 688 , 1060 , 1064 , 1065 . Amblève 850 , 852 . Amboss 43 , 480 . Ambraser Sammlung 363 . Amerika 355 , 416 , 424 , 580 , 862 , 1222 , 1242 . Amman, Jost 306 , 367 , 379 , 381 , 387 , 391 , 411 , 420 , 436 , 437 , 475 , 497 , 503 , 514 , 517 , 913 . Amsterdam 416 . Amunitionsgut 1191 . Ancon, Nicol. 24 . Anderson 573 , 890 . Andira 35 . Andreas von Ferrara 882 . Andreasberg 776 , 1106 , 1107 . Angel, Lorenz 844 . Anger, Hans 474 . Ångermanland 162 . Angers 875 . Angriffswaffen 392 . Anhalt, Fürst Christian von 1061 , 1063 . Anheizen 181 . Anker 587 ; -schmiede 1024 . Anköpfen 919 . Ankrünner 669 . Anlassen 366 . Anlauf 233 , 238 ; -farben 366 ; -nahme 235 ; -stab 235 ; -stange 250 . Anlaufen 1020 . Anna v. England 1034 , 1257 . Annaberg 55 , 549 , 836 , 839 , 842 , 895 , 1201 . Antanni, Martin 404 . Anthracit 40 . Antifrictionsrolle 524 . Antimon 287 . Antorff siehe Antwerpen. Antwerpen 8 , 460 , 570 , 580 , 585 , 826 , 855 . Aosta 860 . Aplerbeck 822 . Apoltzeller, Hans 324 . Appenzeller, H. 446 , 454 . Aquileja 860 . Araber 861 . Arabien 35 , 40 , 416 . Arago 536 . Aragonien 3 , 865 , 868 . Arbeit 3 . Arbeitsgebiet 561 ; -gewölbe 180 , 189 ; -maschine 524 , 527 ; -platte 237 ; -seite 236 . Arcanis, Arcanus de 887 . Archal, Richard 878 . Archangel 578 , 907 , 1300 , 1304 . Archiv 69 . Ardennen 869 . Aren 658 . Arendal 899 . Argentine 871 . Aristoteles 11 , 73 , 856 , 979 . Arkeley (Artillerie) 325 . Arlingblech 634 , 635 . Armada 869 , 897 . Armata, L’ 348 . Armbrust 524 ; -gevier 521 . Armeria, La-Real 347 , 355 . Armsfeld 744 , 748 , 1074 , 1076 . Arnim, Hans von 847 . Arnsberg 816 , 817 ; Gott- fried IV., Graf von 817 , 818 . Arnswalde 1207 . Arquebuse 430 . Arriège 967 , 968 . Arsenik 287 . Arsinoe 38 . Artillerie 3 , 321 , 861 ; -schule 335 ; -wissenschaft 324 . Artusbruderschaft 593 . Arzberg ‗ Erzberg 168 , 602 . Arztberg 685 ; Arzter Eisen 637 . Asamus 378 . Asbach 756 , 757 . Aschau 690 , 1062 , 1065 . Aschauer, v. K. 1060 . Aschborn, J. G. v. 942 . Aschenherd 110 ; -zacken 228 . Ashley 1276 . Assenkorb 226 . Astfeld 942 . Asturien 864 , 865 . Attemstätter 357 . Attendorn 816 , 818 . Au, Aue 691 , 1201 , 1276 . Audenschmiede 741 , 742 , 1083 . Audibert 859 . Aufbereitung 70 , 85 ; -brechen 221 ; -brechschmiede 221 , 234 ; -geben 158 ; -kochen 231 ; -lage 560 ; -richten d. Sauers 253 , 254 ; -stampf- brett 505 ; -treiben 565 ; -werfhammer 230 , 244 , 260 , 479 , 481 . Auge 182 . Augsburg 317 , 335 , 348 , 356 , 366 , 374 , 375 , 409 , 416 , 435 , 444 , 445 , 516 , 542 , 692 , 873 , 998 . August v. Braunschweig 1108 , Kurf. v. Sachsen 202 , 370 , 444 , 451 , 452 , 454 , 833 , 835 , 841 . Aureillon, Moise 1206 . Ausblasen 182 ; -bohren 286 ; -breiten 500 ; -bringen 179 ; -fuhrverbot 1108 , 1273 ; -heizen 148 ; -heizherd 244 ; -heizperiode 236 ; -laugen 93 ; -schweissen 244 . Aussee 604 , 621 . Auvergne 871 . Avicenna 72 . Axt 247 . Ayala, Thomas 1224 . Aynung 673 , 678 . Azzimina, Paolo 368 , 372 . B. Bach, Barthol. 23 , 56 . Bacherach 707 . Backen 126 . Backenrode 763 . Backensteine 191 . Bacon von Verulam 916 . Bad 250 . Baden 234 , 693 — 707 , 1066 bis 1071 . Badenweiler 1071 . Badevielle 872 . Badonn, Carl 1080 , 1083 . Bändemacher 414 . Bänkelzange 510 . Bärenklauen 353 . Bärn 664 . Baienfahrt 586 . Balconfüllung 1000 . Baldung, Hans (Grün) 377 . Balg 134 , 162 , 169 ; -arm 127 ; -backen 129 ; -deckel 127 ; -düsen 229 ; -gerüst 130 ; -haupt 126 — 129 ; -kopf 938 ; -leder 126 bis 128 ; -leib 126 ; -liese 129 ; -setzer 1052 ; -sterzel 127 , 131 , 135 . Balling 662 . Ballonakil 1243 . Balve 816 . Bamberg 469 , 912 . Bandeisen 1000 . Bann 605 . Banner, General 1102 . Barba, Alb. Alonso 915 . Barcelona 64 , 335 , 534 , 868 . Barelete 408 . Barnos, Lukas 1038 . Barnsley 1283 . Barometer 916 . Register. Barse 11 . Bartel, Hans Melchior 399 . Bartels (Bartolfs), Joh. 1107 , 1162 , 1169 . Basel 706 , 711 , 1071 . Baselerschmied 824 . Basilica 452 . Basken 862 , 865 . Bastite de Milan 874 . Battista 373 . Baude, Peter 333 , 887 , 888 . Bauer, Georg 22 . Bauernkrieg 27 . Bauernöfen 154 , 161 , 232 , 246 , 900 , 901 , 1303 . Baukosten 1122 . Bavarin 887 . Bayern 543 , 553 , 603 , 608 , 665 — 692 , 1060 — 1065 . Bayonett 990 , 991 . Bayonne (Bayana) 865 , 866 , 872 , 990 , 1226 . Beaumont-la-Ferrière 1237 . Becher, Joh. Joach. 195 , 197 , 712 , 720 , 921 , 962 , 966 , 1011 , 1015 ; Hans 377 . Bechius, Phil. 26 , 912 . Beck, Theodor 49 , 944 . Becke, van der, Bernd, Con- rad 1177 . Beckmann 11 , 46 , 528 , 529 . Beham, Sebald 367 . Beilstein 740 . Beizen 366 , 982 . Belgien 239 , 849 — 855 , 997 , 1209 — 1221 . Belgische Wallonschmiede 245 . Bellon Haroles u. Glandin 874 . Belluno 348 . Belz, Joh. 1068 , 1070 . Benedictbeuern 692 . Benneckenstein 762 . Benzingerode (Betsingerode) 763 , 769 . Beppinghorn, Wolf 376 . Beraun 661 , 662 . Berg (Bergisch) 105 , 393 , 424 , 489 , 816 , 822 , 823 , 1097 , 1187 , 1196 . — Her- zog von 413 . Berg, Abraham 395 . — Paulus 474 . Bergamo 252 , 653 , 858 , 859 . Bergamaskische Schmiede 224 , 859 . Bergbau 55 , 519 , 541 ; -buch 1295 . Bergen 574 , 576 , 582 , 1062 , 1065 ; -fahrer 591 . Bergerz 898 ; -freiheitspatent 771 ; -gericht 651 ; -geselle 647 . Bergishübel 317 , 832 , 837 . Bergmannsfreund 935 ; -hem- man-hütte 1296 , 1297 ; -gebrauch 541 . Bergmeister 57 , 1297 ; -ord- nung 57 , 541 — 545 , 649 , 657 , 685 , 709 , 835 , 855 , 878 , 1101 ; -ort 542 ; -parte 546 ; -postill 55 , 62 ; -pre- digt 55 , 62 , 548 ; -recht 60 , 546 ; -reigen 547 ; -regal 543 ; -schmiede 558 , 843 . Bergskollegium 1294 , 1295 . Bergslager 1292 , 1296 , 1297 . Bergstadt 56 ; -werk 56 , 519 ; -zirkel 648 . Bergsting 1298 . Beringer, G. 1002 . Berlin 787 , 788 , 847 , 992 , 1035 , 1068 . Bermann(us), L. 23 , 24 , 46 . Bern 321 . Bernhard (von Keutschach), Erzb. v. Salzburg 642 , 645 . — v. Weimar 1068 , 1102 , 1104 . Berns, Meves, Arnold 398 . Bernstein 202 . Berri 871 , 943 . Bertano 349 . Berthold, Nicol. 399 . Bertram, Clemens 1013 , 1186 . Beschau 611 ; Beschauer 1192 , 1197 . Beschickung 108 ; -sprobe 82 . Besenbach 692 . Bessemer 218 , 219 . Besson 69 , 484 , 533 . Bethe, Jac. Mart. 749 . Betriebsrechnung 1113 ; -über- sicht 1145 , 1148 , 1166 , 1167 . Bett 278 . Beuhle, Jean van 1021 , 1022 , 1216 . Bher, Hans 815 . Biancardi, Ant. Giov. 372 . Bickell, L. 300 , 307 , 1073 , 1076 , 1078 . Bidenhander 399 . Bieber 751 , 1073 . Biedenkopf 198 , 308 , 738 , 750 , 751 , 1078 , 1079 . Biela 837 . Biella, Barthol. 445 . Bielsa 868 , 967 . Bigge 818 . Bilbao 401 , 864 , 865 , 1224 . Bilbilis 41 , 868 . Bilstein 752 . Bingen 1085 . Bipsberg 899 . Biringuccio, Van. 33 , 34 , 46 , 49 , 50 , 53 , 72 , 77 , 84 , 91 , 93 , 94 , 98 , 100 , 106 , 114 , 120 , 122 , 126 , 135 , 137 , 144 , 145 , 149 , 154 , 158 , 186 , 192 , 205 , 221 , 247 , 248 , 270 , 286 , 288 , 324 , 330 , 343 , 347 , 355 , 366 , 367 , 379 , 499 , 505 , 509 , 512 , 521 , 523 , 655 , 856 , 859 . Birkenkohle 96 . Birmingham 416 , 880 , 895 , 1283 , 1285 . Biscaya (Biskaglia) 151 , 401 , 586 , 862 , 864 , 865 , 872 , 967 , 1224 . Bishopsgate 574 . Bisilicat 218 . Bitumen 103 , 104 . Blackstones 1245 . Blankenburg 760 — 767 . Blankschmiede 488 . Blasebalg 12 , 43 , 107 , 110 , 113 , 126 , 186 , 268 , 287 , 525 ; -reparatur 1052 . Blasehütte 226 , 725 , 1186 ; -rad 153 ; -seite 190 ; -werk 1154 ; -zeit 725 . Blattel 185 , 225 , 253 , 255 ; -braten 1053 ; -reissen 1053 . Blattschmiede 422 . Blaues Wunder 776 , 802 , 1130 , 1134 . Blauofen 144 , 154 , 161 , 176 , 178 , 193 — 196 , 212 , 753 , 757 , 859 , 870 , 1186 . Blech 41 , 701 ; -fabrikation 500 , 818 , 979 , 1022 ; -fass 987 ; -hammer 500 , 675 , 854 , 980 , 985 , 1187 ; -hammermeister 676 ; ham- merordnung 1201 ; -hütte 1106 , 1136 ; -schmiede 477 , 499 , 677 , 981 ; -stürze 500 . Bleha 662 . Blewberg 885 . Blewlin 699 . Blewstone 1270 . Blockmeisel 493 . Bloom-smithy-rent 897 . Bludenz 708 . Blueher 1304 . Blumbesuch 648 . Blumen 464 . Blumhof 819 . Blutstein 39 , 77 , 346 . Boabdil 355 , 402 , 862 . Boate, Gerhard 1244 . Bobinen 506 . Boccheggiano 48 , 141 , 155 , 858 . Bochs, Godfroy 1242 . Bock, am 759 . Register. Bockenrode 769 . Bode 1107 . Boden 128 , 271 , 275 , 281 ; -eisen 677 , 986 , 1204 ; -stein 174 , 180 , 191 ; -stück 276 , 285 ; -stürzt 678 . Bodenwöhr 553 , 685 , 686 , 1064 , 1065 . Bodfeld 761 . Bodinus, Joh. 31 . Boeckler, G. A. 918 . Boegel 398 . Boeheim 364 . Böhmen 39 , 465 , 543 — 545 , 603 , 609 , 661 — 663 , 840 , 845 , 979 , 992 , 1202 . Böhmische Braunkohle 103 . — Schwerter 873 . Boel, Augustin 398 . Boener 410 . Boenhasen 558 . Boerdenstahl 1186 . Boest der junger 398 . Boestel 983 . Bohren, Bohrer 49 , 331 . Bohrmesser 49 ; -mühle 441 ; -schwert 400 ; -werk 1131 . Bois-le-Duc 321 . Bol, Hans 374 . Bolfe (Bulff) 375 . Bolingbrock 883 . Bollato 379 . Bologna 23 . Bombarde 327 . Bombason 1103 . Bomben 19 , 341 . Bordeaux 373 , 874 . Borzeug 337 . Botak 661 , 662 . Botero 334 , 854 , 855 , 860 , 865 , 897 , 904 . Botti, Pet. 1059 . Bouguet en l’Huile 871 . Bouquoy 328 . Bourbon, Nicol. 13 , 192 , 205 , 269 , 870 . Bouys, du 318 . Boxberger, Joh. 362 , 378 . Boyle, Rob. 925 , 961 , 966 . Brabant 587 , 731 , 733 , 849 , 1198 , 1199 . Brabanter, Heinrich, Wilhelm 377 , 398 . Bracker 593 . Bradford 528 . Bramah 472 . Branca, Giov. 917 , 920 bis 922 , 943 — 946 . Brand, Andrew Ralph 379 , 884 , 885 . Brandani, St. Bruderschaft 587 . Brandenburg 553 , 846 , 993 , 1030 , 1206 — 1209 . — Friedrich Wilhelm, Kurf. v. 1175 , 1188 , 1196 . — Joachim v. 833 . — Johann v. 847 . — Joh. Georg v. 847 . Brandgeschoss 338 . Braten 225 , 1053 ; -reissen 1054 . Bratherd 1053 . Bratzkische Arbeit 368 . Braubach 1088 . Braunbeizen 367 ; -erz 754 . Braund, Rauffe 452 . Braunfels 1084 . Braunlage 769 , 1107 , 1108 . Braunschweig 386 , 416 , 553 , 568 , 575 , 788 , 790 ; -Gru- benhagen 762 ; -Lüneburg 1105 ; Herzog Julius von 545 , 911 . Brechstange 221 . Brede Furnace 1284 . Bredelar 818 . Breisgau 693 . Breitenbach 724 . Breithammer 980 , 981 . Brembana 858 . Brennmaterial 102 . Brennstahl 246 , 1021 . Brenz 692 . Brescia 251 , 252 , 348 , 386 , 392 , 445 , 653 , 858 — 861 , 888 , 995 , 1221 . Brescianschmiede 252 , 1056 , 1058 ; -stahl 246 , 262 . Breslau 592 , 1023 . Brieg 992 . Brilon 816 , 817 . Bristol 1264 . Britannien 35 . Brixew 658 . Brock, Joh. 399 . Brockberger 347 . Brocken, Otto 1076 , 1077 . Brockenschmiede 224 ; -stahl 617 . Brockwerk 225 . Brotterode 754 , 755 . Bruck a. d. Muhr 457 , 604 , 608 , 609 , 614 , 619 , 634 . Bruckspatron 1296 . Bruderbüchse 705 ; -groschen, -lade 648 , 1048 ; -schaft 393 , 406 , 825 , 826 . Brückmann 820 , 854 , 1038 . Brügge 574 , 582 , 583 , 587 , 588 , 592 , 855 , 865 . Brüssel 273 , 374 , 405 , 885 . Brugman Hughes 405 . Brulier, Ant. 528 , 529 . Brunieren 367 . Brust 110 , 157 , 178 , 180 , 188 , 970 ; -seite 165 , 184 , 189 ; -wehr 214 . Bruyère 318 . Bry, Theodor de 378 . Bucellini 656 . Buchbergsthal 663 . Buchdruckerkunst 7 , 8 . Buchholz 754 . Buchner, Paul 841 , 842 . Buck, Capt. 1263 , 1264 , 1271 . Büchse 52 , 321 , 369 , 428 . Büchsenmeister 321 ; -säule 485 ; -schäfter 438 , 565 ; -schmied 386 , 427 , 436 , 437 , 444 , 988 , 989 , 993 , 997 ; -steine 202 . Büdingen 743 . Bühler, Jakob 450 . Bürgerkrieg 1262 , 1273 . Bütow 544 , 593 , 848 . Bugely 1284 . Bugenhagen, J. 58 . Bulgarien 161 . Bulgenwerk 524 . Bullato 884 . Bullman, Hans 471 . — Jacob 441 , 557 , 597 . Bulmer, Sir Bevis 952 . Bulsink, Gert 467 . Bund 503 . Bunzlau 845 . Burbach 733 . Bureau, Gaspard 876 , 877 . Burg 489 , 825 , 1187 , 1199 . Burgkmeyer, Hans 350 , 356 , 365 , 378 , 379 , 400 . Burgos 335 . Burgsfelden 1105 . Burleigh, Lord 893 , 895 . Burgund 239 , 373 , 577 , 589 , 869 , 870 , 1226 . — Maria von 849 . Burgunderhelm 360 , 389 . Burkart 36 , 77 . Burwash 317 . Buschgödershütte 1095 . Buschmann 474 . Busti, Agostino 349 , 372 . Buttlar, v. 310 . Butzbach 751 . Buxhof 1134 . Buxtead 887 . Buzogan 426 . Byzanz 2 . C. Caemmerling, Heinr. 1083 . — Martin 1082 , 1083 . Caesalpinus 540 . Caino, Pietro 348 , 405 . Calais 889 . Calatayub 868 . Call 828 . Calvados, Dep. 870 . Calvör 785 , 942 , 955 , 1105 , 1106 . Register. Camden 896 . Camelio, Vittore 348 , 404 . Camminicks 1251 — 1253 . Camonica 858 , 860 . Campi, Bartol. 349 , 372 . Camus 1225 . Cantabrien 151 , 864 . Cantero, Miguel 403 . Cantoni, Bernardino 372 . — Pietro 349 . Caparra (s. Grosso) 465 . Capello, Carlo 888 . Capril 658 . Caradosso 349 . Caravaggio, Polydore de 372 . Cardanus, Hieron. 66 , 74 , 75 , 79 , 104 , 262 — 265 , 315 , 472 , 540 , 1008 . Carmanien 35 . Carme, Carmes 1018 , 1019 , 1028 , 1030 . Caron, Ambroise de 373 , 450 , 874 . Časlau 662 . Cassel 297 . Castagnère, de 871 . Castel 1239 . Castlefield 102 . Castle-Moor 102 . Catalanschmiede 148 , 866 , 872 . Caton, Heinr. u. Joh. 1080 bis 1083 . Caus, Salomon de 922 , 923 , 945 . Cellini, Benvenuto 365 , 369 , 370 . Celtes, Conrad 336 , 1035 . Cementstahlfabrikation 1011 , 1014 , 1216 , 1274 . Centnergut 636 . Cerwald 661 . Cesalpinus, A. 66 , 71 , 72 . Cesare 373 . Chalyber 34 , 35 . Chamberlaine 1277 . Champagne 871 . Chancellor 907 . Chantrell, Rob. 1247 . Charleville 1237 . Chaucer 881 . Chaucken 105 . Chavatte (Chavotte) 211 , 487 . Chemie 538 , 961 — 965 . Chemnitz 27 , 829 . Chenefey 1237 . Chenon 1290 , 1291 . Cher 871 . Chestershire 1278 , 1279 . Chetwyord, William 1284 . Chiesa, Pompeo della 372 . Choher 721 . Cholmagor 907 . Chormanischer Stahl 251 . Christ-church 1280 . Christian, Herzog v. Braun- schweig 1107 , 1136 . — III., König v. Dänemark 900 . — II., Kurfürst v. Sachsen 358 , 390 , 451 . Christianshütte 1089 . Christine, Königin v. Schwe- den 1295 — 1297 . Christof v. Baden 700 . — v. Stolberg 744 . — v. Wür- temberg 833 . Chronik 63 . Chrudim 997 . Chudolin 664 . Cimentirung 626 . Cinalti 405 . City of London 574 . Civo, Bernardo 372 . Clamade, Dom, Sanchez 403 . Clamer 992 . Clamesy 1016 , 1228 — 1231 . Clausthal 801 , 1105 , 1107 , 1110 . Clemens, Alexandrinus 12 , 383 . Clermont 1212 . Cleve, Herzog Johann v. 821 . — Herzog Wilhelm von 1184 . Cluny 294 . Clusingshütte 152 , 154 , 801 bis 805 , 1013 , 1014 , 1111 , 1113 , 1129 , 1141 , 1142 , 1146 , 1150 , 1154 , 1161 , 1162 . Cobham, Lord 455 , 886 . Coelln, Georg v. 294 . Cöln (Coellnisch) 386 , 1074 , 1096 , 1097 , 1280 . Cogni 860 . Colalto 1102 . Colap 657 . Colbert 927 , 1035 , 1235 . Collen, Pet. van 887 . Colonstre 852 . Columbus, Christoph 862 . Columella 32 . Cominazzo 445 , 995 . — Lo- renzo 889 . Comines 853 . Commenius 1034 . Commiss 791 . Como 41 , 320 , 858 . Compiègne 454 . Comtéherd 240 ; -schmiede 241 , 870 . Connaught 1243 , 1244 . Constable, Sir Robert 894 . Constanz 711 . Contarini, Giorgio 349 . Coote, Sir Charles 1243 bis 1245 . Coquille 287 , 322 . Cordinschmied 824 . Cork, Graf von 1243 . Cornet du, Baltasar, Valentin 373 . Corporation du bon métier des Fèbvres 1210 . Corrientes, Dominigo 403 . Corsika 92 . Corsy, Peter 453 . Corvey 817 . Coryate, Thomas 418 . Côte d’Or 320 . Côtes-du-Nord 870 . Cotta 253 , 255 , 599 , 1057 . Coudray, P. de 1021 , 1022 . Courçon 1227 . Coutraye, Pier de 1216 . Cradley Forges 1260 , 1267 . Cranach, Luc. 356 . Crema 335 . Cremona 269 , 472 , 861 . Cressy 883 . Croc (Crocus) 661 , 662 . Crochet 379 , 451 , 884 , 886 . Cromwell 1263 , 1264 , 1275 . Cronberg 823 . Cronenburg 1199 . Crowley, Sir Ambrose 1285 . Cuckfield 1286 , 1287 . Cyklopen 14 , 34 . Cynira 34 . D. Dachel 223 . Daehten, Heinr. 598 . Dämpfen (des Sauers) 254 . Dänemark 105 , 572 , 575 , 576 , 581 , 582 , 997 , 1030 . Dätschner, Hans 376 . Dagney, Edward 1263 , 1264 . Dahlbruch 724 . Dalarne 899 . Dalekarlien 161 , 162 , 247 , 898 , 899 , 901 . Damascenerstahl 246 . Damascirung 368 . Damaskus 346 , 404 . Damm 191 . Damme 583 , 588 . Dammgrube 337 . Dampfkraft 920 . Dampfmaschine 533 , 919 bis 938 ; -pumpe 929 ; -wagen 929 . Danewitz (Donawitz) 607 . Daniel 63 , 1076 . Danne siehe Tanne. Dannemora 899 , 1293 . Danner, Hans 473 , 994 . — Leonhard 316 , 473 . — Wolf 433 , 434 , 444 , 994 . Dante 1 . Danzig 232 , 575 585 — 594 , 818 , 826 , 848 , 880 , 902 . Darmstadt 1100 . Register. Darrell, Christof 893 . Dartford 1282 . Dauchenberger, Christof 619 . Daumen 131 , 135 , 136 , 479 , 486 . Daunhofer, Josef 473 , 474 . Dauphiné 872 , 943 . Daussonne, Etienne 874 . Daviler 999 , 1000 , 1010 . Dawbeny, Clement 952 . Deger 1290 . Deichhütte 152 , 199 , 1116 bis 1120 , 1123 — 1126 , 1128 , 1134 , 1136 — 1139 , 1148 , 1158 . Delaorta, Joh. 402 . Dellberg 758 . Delphi 42 . Demetrius, Daniel 1182 . Demidoff, Nikita 1304 . Denderlats 866 . Deparcieux 1236 . Derventfluss 892 . Desandri 405 . Destillieren 204 . Dethick 884 . Deuchel, Deuhel, Deul 174 , 201 , 206 , 215 , 253 , 672 , 674 , 679 , 1055 . Deulputzen 253 , 1057 . — Zennger 678 . Deute siehe Düse. Deutsche 19 , 901 , 902 , 991 . — Frischmethode 234 , 235 . Deutscher Stahl 1017 . Deutschhammer 165 , 169 , 628 , 630 — 648 , 650 . Deutschherrenorden 573 . Deutschland 4 , 35 , 107 , 221 , 232 , 286 , 305 , 335 , 349 , 354 , 355 , 368 , 374 , 392 , 418 , 435 , 481 , 510 , 519 , 550 , 577 , 581 , 872 , 873 , 880 , 883 , 884 , 906 , 909 , 910 , 941 , 953 , 955 , 969 , 977 , 989 , 994 , 997 , 1022 , 1025 , 1030 , 1228 , 1230 . Deyel ‗ Deuchel 66 . Diconson, John 379 , 885 . Dieffenbach, von der 1095 , 1097 . Diefstetter, Ulrich 399 . Diekirch 569 . Dielshenrichshütte, Dieln- hütte 1095 , 1097 . Diest, Kanzler 1183 . Dietz, Hans 839 . Dieuport 852 . Digester 926 . Dijon 320 , 322 , 870 . Diktaeer 34 . Dillenburg 198 , 711 , 713 , 718 , 735 — 739 , 1090 . Dillingen 1200 , 1239 . Dillon 882 . Dinand 1215 . Dinokrates 38 . Diodor 34 , 383 , 856 . Dioskorides 38 , 40 . Dippoldiswalde 531 . Directe Eisengewinnung 967 bis 969 . Dissipodius 471 . Dizier, St. 1226 , 1228 . Dodenhausen 744 , 748 , 1076 . Dölzig 848 . Dömitz 849 . Dörstling 1174 . Dolch 392 , 407 . Dolesme 1011 . Domingo 403 . Domstadl 663 . Doppelhaken 432 , 435 , 991 . Doppelmayer 513 , 918 , 1002 . Doppelrad 332 . Dorn 441 . Dorndorf, Hans 89 . Dornsen 579 . Dorp 823 . Dorpat 579 , 580 . Dort 582 . Dortmund 570 , 579 , 592 , 820 , 1175 . Douai 870 . Draht 279 ; -eisen 952 ; -fa- brikation 505 , 510 , 513 , 976 , 1174 , 1283 ; -fabrik 232 , 821 ; -mühle 510 , 513 , 895 , 976 , 977 , 1182 ; -müller 514 ; -ordnung 1022 , 1177 ; -rolle 506 ; -zain 488 ; -zange 509 ; -ziehen 52 , 505 , 514 , 654 , 892 , 977 , 1023 ; -zieher 1182 ; -zug 510 , 1067 . Drall 434 . Dram 484 ; -säule 485 . Drechsler, Chr. 445 , 988 , 994 . Drehbank 280 . Dreifuss 125 , 269 . Dreissigjähriger Krieg 65 , 305 , 582 , 909 , 989 , 993 , 997 , 1030 , 1043 , 1060 , 1069 , 1083 , 1099 , 1100 , 1102 , 1107 , 1138 , 1188 , 1189 , 1200 . Dresden 103 , 348 , 358 , 367 , 376 , 390 , 394 , 416 , 422 , 444 — 448 , 474 , 837 — 841 , 989 , 1202 , 1203 . Dringenstein 738 . Drommershausen 1084 , 1090 . Droskau 846 . Drücken 1056 . Dubassen 591 . Dud Dudley 965 , 970 , 1013 , 1033 , 1242 , 1257 — 1275 , 1282 . Dudley-Castle 1257 — 1259 , 1282 . Düdinghausen 745 . Dünnblech 677 ; -eisen 231 , 982 , 1204 . Dürer, Albrecht 69 , 306 , 324 , 329 , 347 , 356 , 367 , 377 . Düsen 120 , 287 . Dufour 1224 . Dufrènoy, A. 14 . Duisbach 193 . Durchführen 984 . Durham 892 , 1246 . Durlach 711 . Dwina 907 . Dyke, Henry 889 . Dynant 852 . E. Eau, de l’ 1199 . Ebener, Erasmus 781 , 782 . Ebenhöhe 619 . Eberdingen 700 . Eberhard III., Erzb. v. Salz- burg 601 . Eberhard, Jac. 445 . Ebersbach 736 — 738 , 1090 . Eberstein 186 , 650 , 1050 . Ebnat 1069 . Echternach 829 . Eck, Paul 75 , 540 . Ecker, Leonhard 322 , 336 . Ecklistuna 1294 . Edder 745 . Edeleisen 198 , 256 ; -stahl 260 . Eduard I. 102 , 574 . — III. 102 , 879 , 880 , 897 . — IV. 577 , 582 , 881 . — VI. 887 , 890 , 891 . Egeanus (Wildauer) 59 . Egenolf 54 . Egge (Hammerbahn) 485 . Eggstahl 786 , 790 , 814 . Ehemann, Hans 472 . Ehrenbreitenstein 1085 . Eibelshausen 1089 . Eibenstock 76 . Eichelshütte 1200 . Eichsfeld 39 . Eid 1186 . — eines Eisen- wiegers 696 . Eifel 35 , 202 , 241 , 816 , 827 , 1199 . Eifeler Wallonschmiede 242 . Eigenlöhner 543 , 772 . Eilhausen 817 . Eilpe 1188 , 1189 , 1195 , 1198 . Einbäume 1244 ; -brennen 984 ; -fuhrzoll 1281 . Einguss 283 — 286 ; -haltblech 983 ; -lagerecht 571 ; -lauf 287 ; -malschmelzerei 221 , 222 ; -pass 281 ; -satz- härtung 261 , 1011 , 1021 ; Register. -schlagen 984 ; -schlag- messer 413 , 415 ; -sturz 166 . Eisemrod 736 . Eisen (weiches) 217 ; -arbeiter 555 ; -bach 702 , 703 ; -be- schauer 611 , 618 ; -bühl 690 ; -bund 694 , 697 bis 699 , 1067 , 1069 ; -burg 664 ; -draht 505 ; -erz 36 , 42 , 51 , 70 , 75 , 168 , 171 , 599 , 603 , 610 , 613 , 625 bis 628 , 1037 — 1040 ; -faktorei 798 ; -fehde 643 ; -gehalt 85 ; -geschütz 447 ; -giesserei 205 , 267 , 288 , 887 , 971 ; -giesskunst 341 ; -giesswerk 839 ; -glanz 40 , 90 ; -glimmer 41 ; -guss 12 , 51 , 205 , 268 , 971 , 1000 , 1232 ; -hammer 482 , 840 , 841 , 892 , 893 ; -handel 568 , 572 , 583 , 642 , 713 , 729 , 1030 — 1032 ; -handlungscompagnie 641 , 1039 ; -haus 695 ; -herr 708 ; -hochofen 106 ; -hüttenordnung 445 , 1066 ; -industrie 910 ; -kammer 621 ; -kanzler, -kanzlei 775 , 785 , 813 ; -kasten 188 , 191 ; -kommission 620 ; -kunst 250 ; -markt 572 ; -mühle 969 ; -ofenmacher 317 ; -ordnung 601 , 616 , 626 ; -oxyduloxyd 618 ; -oxydulschlacke 177 ; -probe 83 ; -rahm 40 ; -rost 36 , 74 ; -satzung 627 ; -schmelze 336 , 828 ; -schmied 1200 ; -schmiede 52 , 104 , 343 , 556 ; -schmieden 853 ; -schneiden 347 , 371 , 1001 ; -schneidmühle 945 , 960 ; -schneidscheiben 956 ; -schuss 691 ; -spalterei 527 , 945 , 960 , 1206 , 1212 , 1215 ; -stadt (Amberg) 688 ; -steigerung 624 ; -steinbergordnung 771 , 796 ; -steinordnung 545 ; -strafse 568 , 640 , 689 ; -veredlung 477 ; -wage 695 ; -weg 763 ; -wieger 695 , 696 ; -wurzel 642 bis 647 . Eiserfeld 724 , 725 , 1097 ; -fey 827 . Eisnern 655 . Elba 35 , 48 , 145 , 856 — 858 . Elberfeld 415 . Elbingerode 760 — 765 , 769 , 771 , 772 . Elisabeth, Königin v. England 333 , 516 , 582 , 889 — 896 , 977 , 1032 , 1241 , 1242 , 1272 , 1290 . — Herzogin v. Braunschweig 774 . — Amalie E. v. Hessen 1103 . Ellbogen 36 . Ellwangen 305 , 1065 , 1066 . Elrich 774 . Elsass 710 , 711 . Elz Schloss 304 , 308 , 314 . Email 369 . Emmershausen 1089 . Emmoser, Gerhard 471 . Empedokles 38 . Ems 1086 , 1087 . Encelius 53 — 70 , 73 , 79 , 104 . Endorfer, Jörg 446 . Engel 1043 . Engels, Clemens 1189 . Engelsdorf 1065 . Engers 1085 . England 3 , 101 , 105 , 288 , 333 , 378 , 418 , 528 , 574 bis 577 , 582 , 585 , 586 , 864 , 867 , 869 , 879 — 899 , 907 , 910 , 952 , 953 , 960 , 965 , 969 , 977 , 980 , 985 , 990 bis 992 , 1013 , 1031 , 1032 , 1249 — 1289 . Engländer 576 . Enkielling 163 , 164 . Enneper Strasse 1198 . Enns 659 , 660 . Ensingen 1071 . Entenschnabel 353 . Entkohlung 221 ; -waldung 891 . Enzelius siehe Encelius. Eppstein 1089 . — Eberhard von 743 . — Stolberg 743 . Erasmus 24 . Erbach i. O. 294 , 312 , 743 . — Graf von 1071 . Erbendorf 685 . Erbstein D’ 358 . Erdkohle 1252 . Erfurt 435 , 569 , 758 . Erich, King 590 . Erikson, Gust. 439 . Erker, Lazarus 54 , 79 , 83 , 261 , 269 , 1011 . Erla 1203 ; -hammer 833 . Erlschmied 414 . Ernst H. v. Steiermark 600 , 601 , 610 . — M. v. Baden 702 . — L. v. Hessen 1057 . — Heinrich E. Gr. v. Stolberg 1109 . Ernzergemeinde 694 , 697 , 1068 . Erzberg 80 , 207 , 599 , 600 bis 606 , 609 — 627 , 647 , 649 , 665 , 666 , 1037 , 1039 . Erzgebirg 55 , 831 , 978 . Erz-niederlagstadt 644 ; -satz 160 . Esch 294 , 312 . Eschenbach, Heinr. 774 . Eschenstruth 752 . Eselshut 407 . Espadero 402 . Essbank 228 ; -eisen 222 , 229 , 1055 ; -eisenseite 165 . Esse 123 , 146 . Essen 822 . Essenseite 184 . Essex 1286 . Esskogel 226 . Esslingen 566 , 1027 . Este 355 . Estréez d’ 336 . Ettlingen 1007 . Ettore 445 , 446 . Euböa 35 . Eulen 664 . Eulogiuszunft, St. 556 , 567 . Eure 870 . Ewelyn 1270 . Expansion 929 . Eysern 1097 . Ezzamanaberg 692 . F. Fabert, Michel, Alrh. 1240 . Fabricius, Georg 30 , 54 , 73 . Fabrikmarken 394 , 826 ; -schloss 1000 . Façonwalzwerk 951 . Fächer 525 . Fäustel 86 , 90 ; -Fäustling 433 . Fahrstuhl 1004 . Faktorei 152 , 774 , 800 , 813 , 814 , 1130 , 1141 , 1171 ; -ordnung 796 ; -rechnung 800 , 803 , 1105 , 1110 , 1112 , 1138 , 1158 . Falkenberg, Conrad v. 1291 . Fallerau 1085 . Fallhammer 533 . Farben (d. Stahls) 344 . Farnese, P. H. 47 , 355 . Faumichan, Hervide 883 . Faunus 34 . Faust, Joh. 9 . Faustbücher 436 . Fava, Alex. de, Ludwig 453 , 883 , 889 . — Peter de 359 , 885 . Federstahl 492 . Feil, Hans 445 . Feilen 1019 ; -hauer 1025 ; -haumaschine 1005 ; -sorten 1025 . Feineisenfeuer 242 ; -process 234 . Feistritz 1058 , 1060 . Feldgeschütz 325 . Feldkirch 461 ; -schlange 787 . Register. Felibien 915 , 975 , 1007 , 1016 , 1226 , 1228 . Fellicano 445 . Fensterbleiwalze 1004 . Feodor I., Zar 1299 , 1302 . Ferdinand I., Kaiser 57 , 355 , 444 , 463 , 471 , 499 , 544 , 612 , 615 , 616 , 620 , 624 , 627 , 642 , 643 , 648 , 656 , 663 , 833 , 908 , 979 , 1022 . — II. 1061 , 1063 , 1213 , 1215 . — III. 1104 . — Erzherzog 444 , 1050 , 1104 . — der Katholische 3 , 355 , 402 , 861 — 863 , 868 . — Maria H. v. Bayern 1064 . — von Tirol 363 . Ferlach 444 . Ferrandus Imperatus 1014 . Ferrante, Bellino 372 . Ferrara 47 , 355 . — Andrea 404 . Ferreria 864 , 1224 . Ferrières 851 . Ferrugo 36 , 41 . Ferrum vivum 38 . Fertigmacher 415 . Feuchter Sand (Formerei) 292 . Feudingen 738 . Feuer -aufblasen 561 ; -bock 318 , 466 ; -gang 231 ; -ge- wehr 434 , 453 ; -grube 227 ; -kunst 50 ; -lohe 988 ; -setzen 81 ; -topf 338 ; -waffen 321 , 436 ; -werks- buch 47 . Fever, Peter 451 . Feyerabend, Sigmund 26 , 379 . Fichtelgebirg 36 , 690 , 1061 bis 1065 . Fick, Tilmann 193 . Fickenhütten 193 . Figge, Wilh. 1075 . Figino, Giov. Pietro 349 , 372 . Filigran 506 . Fingerhüter 503 , 504 . Fingerhutmühle 1177 . Finne 485 . Finnland 165 , 905 . Finspång 1292 . Fioraventi, Aristoteles 907 . Fischbach 307 , 723 , 745 bis 748 , 1073 — 1078 ; -hütte 735 . Fischbachau 680 . Fischer, Hans 781 . Fischerlohe 689 . Fitzfeile 516 . Flachat 317 . Flacheisen 1000 . Flachs, Modestin 55 . Flammberge 400 ; -ofen 48 , 95 , 106 , 107 , 112 , 114 , 286 , 1270 . Flandern 118 , 251 , 428 , 574 , 584 , 587 , 588 , 663 , 849 , 869 , 880 , 884 , Flandrischer Stahl 246 . Flanschenrohr 1235 . Flaschenzug 272 . Flaschner 1027 . Flêche, Jousse de la s. Jousse. Flemming, Oswald 833 . — General 1290 . Fletacher 1062 . Flinderschlager 951 . Flinte, Flintenrohr 988 , 991 . Florenz 49 , 349 , 355 , 371 . 465 , 529 , 1035 . Flossen, blumige 182 ; -luckige 183 ; -bett 268 ; -eisen 210 . Flossofen 170 , 184 , 652 , 859 , 970 , 1050 — 1052 . Flotner, Peter 367 . Flums 707 , 708 . Fluss 82 , 84 ; -mittel 146 ; -stahl 246 ; -stein 45 , 249 . Foersterweistum 553 . Foix, Grafschaft 872 , 1225 . Forcia, Francesco 373 . Forderblech 985 . Forest of Dean 891 , 892 , 970 , 1263 , 1273 , 1278 — 1281 , 1285 . Form 43 , 110 , 114 , 123 , 130 , 167 , 179 , 268 , 272 , 274 , 283 , 287 , 768 ; -brett 286 . Formen 1174 . Formerei 51 . Formerkunst 285 ; -lohn 199 . Formgewölbe 180 ; -höhe 184 ; -kasten 52 , 286 , 288 , 290 , 341 ; -maul 211 ; -pulver 289 ; -sand 51 , 52 , 288 , 290 ; -schneider 293 , 295 , 299 ; -seite 190 ; -stein 252 ; -zacken 228 , 236 , 256 . Forno aperto 92 . Forstgeld 1078 ; -ordnung 552 , 553 , 779 , 780 ; -recht 552 . Fournier, Anton 512 . Foz d’Alge 1224 . Franche-comté 239 , 870 , 943 . Franchimont 850 , 853 , 1210 . Francini 995 . Franke, Th, 1271 . Franken 543 , 689 ; -asser- Hütte 751 ; -berg 299 , 300 , 657 , 745 . Frankfurt 294 , 416 , 418 , 568 , 570 , 733 , 739 , 742 , 826 , 827 , 1084 , 1175 , 1206 . Frankreich 3 , 186 , 205 , 224 , 239 , 305 , 336 , 373 , 408 , 439 , 450 , 452 , 481 , 528 , 586 , 864 , 869 — 879 , 890 , 910 , 913 , 929 , 990 , 991 , 996 , 1004 , 1010 — 1012 , 1031 , 1225 — 1238 . Franquoy 851 , 853 , 1215 . Franz I. K. v. Frankreich 355 , 873 , 874 , 878 . — II. 879 . — Meister 371 . Franzosen 991 , 1196 , 1198 . Französische Meister 121 . — Schlösser 1004 . — Schmiede 239 . Frauenbreis (Frawenbrys ‗ Frauenpreis) M. 357 , 365 , 377 . Frauenkirche 470 . Freiberg 546 , 549 , 835 , 836 , 842 , 1304 . — Pangratz v. 690 , 691 . Freibrief (Charter) 576 . Freiengrund 733 . Freiesleben 323 , 324 . Freiheitsbrief 686 . Freistätte 709 . Freudenberg 193 , 198 , 724 , 1096 ; -stadt 692 ; -thal 848 . Freyberg v. 1062 , s. Freiberg. Freysing 670 . Friaul 861 . Frick 694 , 699 ; -thal 708 , 694 — 697 , 1067 , 1068 , 1070 . Friede von St. Jacques 1219 . Friedland 664 . Friedrich I. Deutsch. Kaiser 554 . 761 . — II. 573 , 754 . — III. 56 , 321 , 348 , 601 bis 603 , 642 — 644 , 660 , 906 . — I. Herzog 692 . — v. Dänemark 581 . — Pfalzgraf 681 . — IV. v. d. Pfalz 1061 . — V. 1060 bis 1063 , 1274 . — von Ortenberg 656 . — Erzb. v. Salzburg 644 , 645 . — Fr. Wilhelm, K. v. Branden- burg 1001 , 1206 , 1208 . Friedrichshütte 1072 . Friesach 643 . Friesland 165 . Frischarbeit 210 ; -boden 229 , 231 , 244 ; -esse 227 ; -feuer 208 ; -hammer 1287 ; -herd 44 , 222 , 244 ; -hütte 812 , 813 , 1123 , 1130 , 1142 , 1173 ; -methode 206 ; -process 54 , 176 , 971 ; -schlacke 90 , 1153 , 1172 ; -schmiede 1055 ; -verfahren 245 , 1052 ; -vogel 212 . Frischen 205 , 210 . Friscobald, Leonhard 883 . Frisleba, Christobal 446 . Fritsch, Paul 399 . Fritzlar 309 , 744 . Register. Fromont, Massin de 373 . Fronsperger, Leonhard 68 , 336 — 340 , 454 , 455 . Frosch 479 . Frundsberg 436 . Fuchs, Christ. von 756 . Fucine, Alle 657 . Fuegen 658 . Füllfass 174 . Fürdinger 643 . Fürstenberg, Fürst v. 701 bis 703 , 705 . Füser, Hans 542 . Fugger 657 ; — Anton 625 ; — Jacob 541 , 542 . Fulda 203 , 930 ; -er Chronik 754 . Fuller 895 ; D’ 1270 . Fulpmes 658 . Funk, Ludwig 743 . Furcifer 418 . Furness 896 , 1289 . G. Gabe Gottes 760 . Gabel 413 , 417 , 435 . Gabrilisch Eisen 609 . Gärbhammer 1187 . Gärbstahl 406 , 477 , 491 , 492 . Gaffelhaus 824 . Gagat 105 . Gal, de, Witwe 1086 , 1087 . Gale 896 . Galen 38 , 39 . Galilei, Galileo 915 , 916 . Galläpfeltinctur 84 . Gallen, St. 207 , 209 , 627 , 638 . Gallenstein 625 , 627 . Gallien 35 . Galten 902 . Gama, Vasco de 580 . Gambleton 1257 . Gammelsbach 709 . Gammeringberg 661 . Gandersheim 762 ; — Äbtissin von 815 , 1136 , 1137 . Gangart 90 . Gans, Ganz 182 , 185 , 230 , 233 , 242 , 243 , 902 . Garay, Blasco de 543 — 546 , 919 . Garbe (Gärben) 490 . Gardasee 858 . Gare, Garen 214 , 236 , 241 . Gar-auf brechen 235 ; -ein- schmelzen 235 ; -frischen 219 , 231 ; -schlacke 219 ; -span 259 . Garney 902 . Garzia, Martinez de 403 . Garzoni 66 , 67 , 100 , 348 , 382 , 386 , 412 , 476 , 514 , 516 , 528 , 859 , 912 . Gast 558 . Gattereisen 617 . Gattierung 181 . Gay 319 , 451 , 875 , 876 . Gebautsaufgang 812 . Geber 70 , 540 . Gebirgskanone 992 . Gebläse 745 , 746 , 938 — 944 ; -ofen 106 ; -schachtofen 288 . Gebundener Kohlenstoff 220 . Gedern 743 . Geer, Louis de 1292 , 1293 , 1298 . Geisbart, Hermann der 388 . Geisbrucker, Hans 661 . Geishirts Chronik 755 , 756 . Geislautern 831 , 1200 . Geissler, Georg 445 . Geisweid 1095 . Geländer 1000 . Geld 5 , 42 . Geleit 571 ; -sbrief 681 . Gellivara 899 . Gemlich, Ambros. 375 , 399 . Gemund 600 . Gendre 866 . Genossenschaft 6 ; -swesen 551 . Genua 338 , 861 . Georg II., Kurf. v. Sachsen 451 , 544 . — Ernst von Hessen -Darmstadt 1099 . — Wilhelm, Kurf. von Brandenburg 1207 . Georgsbrüderschaft, St. 593 . Gerbstahl ‗ Gärbstahl. Gerdes, Joh. 1176 . Gerlach 445 . Germania 572 . Germanisches Museum 294 , 311 , 368 , 465 . Gervais, St. 1207 . Geschichte des Eisens 63 . Geschlagenes Eisen 638 . Geschütz 52 , 319 , 323 , 446 , 453 ; -bohren 48 — 51 ; -form 270 , 274 , 277 , 283 ; -giesserei 886 ; -guss 991 , 992 ; -kugel 271 ; -kunst 7 ; -wesen 321 . Geselle 561 , 563 . Gesellenbruderschaft 565 ; -kreis 564 ; -stechen 381 . Gesellschaft, gelehrte 1034 . Gesenkhammer 488 . Gesner, Conrad 65 . — Jere- mias 30 , 66 , 148 , 315 , 540 , 843 . Gestell 188 , 190 , 197 . Gestübbe 160 . Getriebe 522 , 523 . Gevelsberg 1188 , 1198 . Gewehrfabrikation, -fabrik 179 , 439 , 444 , 758 , 759 , 989 , 1065 , 1199 , 1237 , 1293 ; -schloss 990 . Gewerkschaft 56 . Gewölbe 113 , 116 , 117 , 189 . Geyer 56 . Gezeug 675 . Gezwungener Anlauf 235 . Gheyn, Jacob de 374 . Ghipusca ‗ Guipuzcoa 865 . Ghisi, Giov. Battista (Man- tuano) 347 , 349 , 372 . Giamus, G. 446 . Gicht 157 , 159 , 190 , 201 ; -platte 181 , 229 ; -zacken 256 . Giesser, Giesserei 267 , 293 , 299 . Giesshaus 335 , 337 ; -hübel 36 , 202 , 569 , 839 , 1205 ; -löffel 122 ; -rahmen 52 , 290 ; -sand 269 . Giftberg 662 . Gildhalla 574 . Gilizstein 1050 . Gilligstein 186 . Giorgiutti, Giorgio 405 . Giraltus, Cambrensis 1242 . Girsdorf 844 . Gittelde 152 , 153 , 226 , 448 , 449 , 544 , 774 — 776 , 781 , 785 — 790 , 796 , 798 , 800 , 808 , 817 , 943 , 1105 , 1107 , 1110 — 12 , 1130 , 1137 , 1138 , 1144 , 1148 , 1155 , 1158 , 1164 , 1171 . Gitter, Gitterwerk 474 , 957 , 959 , 997 . Gladenbach 39 . Gladius Hispanicus 861 . Gläfe 425 . Glammorganshire 1272 . Glaser, Melchior 448 . — Christof 962 — 964 , 1012 . — Joh. 1061 . Glashütten 832 ; -kopf 39 , 40 , 76 , 77 ; -schmelzofen 928 . Glattbohren 442 ; -walzen 955 . Glatz 844 . Glauber, Rud. 94 . Glauchau 22 . Glaukos v. Chios 34 , 42 . Gleichen 961 . — Graf 61 . Gleicher 678 . Gleismüller 644 . Gleitsordnung 1202 , 1204 . Glocester 879 . Glocken 1076 , 1077 ; -don, Albert, Nicolaus 377 , 378 ; -gebläse 943 ; -giesser 118 . Glück, Kunz vom 542 . Glückshof 775 , 1144 . Beck , Geschichte des Eisens. 83 Register. Glühfrischen 223 , 1053 ; -ofen 955 ; -span 222 , 223 . Glünick, Alt- 1207 . Glufe, Glutner 516 . Glyptik 347 , 369 . God, Jehan 405 . Godl, Mich. Steph. 446 . Godunow, Boris 907 , 1299 , 1300 . Görsdorf 1087 . Göss 607 . Goldamalgam 345 . Goldenstein 665 . Goldkrone 39 . Gomez, Franzisko 403 . Gonzales, Thomas 534 . Gonzen 707 , 708 . Gosenbach 724 . Goslar 76 , 570 , 782 , 790 , 942 . Gotland 578 , 591 , 899 . Gottesgabe 1107 , 1162 . Gotthard, Veit 644 . Gottschalk, Mich. 657 , 1202 . Gowische, Hermann von der 519 . Grabfeld 754 ; -platte 317 , 318 ; -stichel 265 . Grabow 849 . Gradler 650 . Gräfrath 396 . Graglach 188 , 207 , 252 , 253 , 601 . Grametl 169 . Granada 2 . Granalien 224 . Granate 339 , 992 . Grandmont, von 1070 . Granson 320 . Graphit 220 . Gratz 185 , 615 , 634 , 1044 . Graues Eisen 220 , 222 , 234 . Grebenhütte 1097 . Greens-Forge 1267 . Greenwich 884 — 887 , 893 , 894 . Greifen 253 , 1057 . Griechische Künstler 355 . Griffensee, Pet. von 708 . Grill, Christof 1109 , 1110 . Grieslack 1291 . Grivegné 851 , 1212 . Grobeisen 230 , 478 , 1000 ; -schmied 595 ; -zögerbank 512 . Grommestetter, Paul 532 . Gronau 395 . Gross-Almerode 83 ; -handel 568 ; -industrie 834 . Grosso, Nicolo (Caparra) 465 , 466 . Grossschedel, Franz 357 , 361 , 375 . Grossrohrmacher 470 . Grube 98 , 285 . Grubenverkohlung 94 , 100 . Grubkohlen 804 ; -schaft 554 , 835 . Grün, Hans Baldung 356 , 307 . Grünau, Schloss 308 . Grünbüchel, Hofmann von 660 . Grünebach 197 . Grünhain 36 , 103 . Grüschenk, Sigmund 557 . Grund 545 , 773 , 776 , 785 , 786 , 796 , 1138 , 1162 , 1164 — 1167 , 1170 . Grundy, Hugh 1269 . Grunewald (Grünewald) 356 , 376 , 556 , 557 . Guericke, Otto von 916 . Guiano, Lorenzo 372 . Guildford, Edward 885 . Guipuzcoa 151 , 403 , 862 , 864 . Gumpelstadt 760 . Gune, William 379 . Gurlt 710 , 853 . Gurre, William 884 . Guss 175 , 179 , 212 ; -eisen 19 , 42 , 1000 ; -flasche 270 ; -form 199 ; -löcher 270 ; -stahl 246 ; -ware 199 , 268 ; -werk 203 , 317 , 731 . Gustav I., Wasa 581 , 582 , 898 — 906 , 1289 , 1293 . — Adolf 943 , 987 — 991 , 1289 bis 1294 , 1300 . Gustavshütte 762 , 1107 . Gutenberg 9 . Guter 445 . Gylma 906 . H. Haan 396 . Haarzüge 988 . Habrecht, Isaac Josias 471 . Habsburg 4 , 642 . Hachner, Barthol. 445 . Hacke, Hardanus 775 , 785 , 786 , 801 . Hackenstahl 617 . Hacker, Balzer 399 , 453 . Hälleflinta 899 . Hämatit 39 , 40 , 76 , 77 . Hämmerscheu 1200 . Härter 823 ; Härtung 1016 . Hagen 1188 , 1198 . — H. 388 . Hahn 430 , 432 . Hahne, Klaus 770 . Hahnenbrei 501 , 981 , 982 . Haifel 982 . Haiger 736 , 738 , 1090 . Hain 731 . Haina 301 , 310 , 744 , 751 , 1073 — 1078 . Hainz, Haubenschmied 388 . Hájek 662 . Haken 238 , 430 , 432 ; -büchse 322 , 988 . Halbflacheisen 1000 ; -massen 169 , 170 , 206 , 208 ; -stahl 1228 . Hall 460 , 528 , 529 , 621 . Hallamshire 1282 . Halle 589 . — Gebrüder von 769 . Hallenberg 755 — 758 , 1101 . Hallens 395 . Halseisen 275 . Halver 821 . Hamburg 105 , 573 , 575 , 580 , 582 , 590 , 592 , 900 , 1010 . Hamm 421 . Hammer 43 , 211 , 481 , 973 ; -blech 503 ; -einigung 665 , 670 , 671 , 679 , 1060 , 1064 ; -eisenbach 702 — 705 , 1067 ; -freiheit 336 ; -gerüst 480 , 484 ; -helm 480 , 488 ; -hütte 194 , 226 , 725 , 1095 , 1161 , 1163 , 1186 ; -legen 565 ; -meister 165 , 650 , 840 , 1218 ; -ordnung 545 , 735 , 985 ; -rad 153 ; -schlag 213 , 230 ; -schmied(e) 231 , 714 , 731 , 1090 , 1091 , 1095 ; -schmiedeordnung 694 ; -sinter 223 ; -stock 211 ; -welle 484 ; -werks- einigung 68 ; -zeit 226 . Hanbury, Cap. 1272 , 1277 . Handbalg 261 . Handel 1030 . Handfeuerwaffe 427 ; -kanone 428 ; -rohr 432 ; -scheidung 85 ; -walzwerk 914 . Handwerk 393 ; — geschenktes 563 ; — freies, gesperrtes 1023 . Handwerksordnung 57 ; -zeug 973 . Handziehbank 443 ; -zug 510 . Hanenberger Burgfriede 1088 1089 . Hannover 294 , 596 , 788 . Hans, Meister 377 . — der Weise 778 . Hansa 568 , 570 , 572 , 575 , 577 — 592 , 852 , 865 , 868 , 880 , 882 , 890 , 891 , 894 , 898 , 900 , 905 , 907 , 910 , 1300 . Hantpreyer 674 . Hardt, vor der 1097 . Härten 265 ; Härter 406 . Härtewasser 261 . Harnisch 352 , 791 ; -blech 634 , 636 ; -macher 64 ; -schmiede 658 . Harteisen 209 . Hartenstein, Grafschaft 545 . Register. Hartinghausen 1105 . Hartmachen 344 ; -mann 324 -zerennen 225 , 234 ; -ze- rennherd 224 . Harvey, Thomas 960 , 977 . Harz 35 , 39 , 80 , 192 , 200 , 532 543 , 544 , 553 , 554 , 955 992 , 1105 — 1174 ; -burg 76 ; -gerode 39 . Harzer Ofenprofil 202 . Hasco-Bridge 970 , 1261 . Hase, Martin 749 . Haselhütte 1107 . Hasler, Hans Leo 471 . Haspelwerk 185 . Hasselfeld 761 , 762 ; -hütte 762 . Hassenstein, Graf 61 . Hatzfeld 1078 , 1079 . Hatzstein 1089 . Haube 99 . Hauberge 726 ; -bergswirt- schaft 727 . Haubitze 339 . Hauer 675 . Haufenrüstung 91 ; -verkoh- lung 94 . Haufnitze 325 . Haug, Hans 610 . Haumesser 408 . Hauptstück 322 . Hausen 1071 . Hausirhandel 568 . Hausmann, Martin 752 . Hautefeuille, Abbée 926 . Haute-Garonne 872 . — Marne 870 . Hautsch, Gottfried Hans 918 , 919 , 1002 . Hay, George 1272 . Hayange-Hayingen 855 , 856 , 1239 . Haynau, Guérart de 373 . Haynault ‗ Hennegau. Hayward 453 . Hebedaumen 43 ; -krahnen 524 . Hedwig, Herzogin v. Braun- schweig 778 , 792 . Heer, stehendes 8 . Hefner-Alteneck, v. 312 , 371 , 467 , 476 . Heft 186 , 1050 . Heftemacher 414 . Hegermühle 1206 . Hegnein, Hans 668 , 670 . Heidelberg 709 . Heidenschmiede 693 . Heidler, Martin 542 . Heimarbeiter 557 . Heimhof 687 . Heinemann 809 . Heinlein, Peter Andreas 471 . Heinrich I., Kaiser 761 . — II. 326 , 336 , 528 . — III. 528 , 573 , 575 , 761 . — IV: 576 ; von Frankreich 1225 . — V. 102 , 881 . — VI. von England 577 . — VII. 4 , 884 . — VIII. 378 , 451 , 455 , 881 — 890 , 897 . — der Jüngere von Braun- schweig 28 , 776 — 779 . — der Löwe 519 , 593 . — Julius, Herzog von Braun- schweig 1105 . — Prinz von Wales 1250 , 1254 . — von Valois 904 . Heinrichs 757 . Heinzenkunst 769 , 777 . Heisse 257 . Hele, Peter 471 . Helfenstein 692 . Hellebarde 425 . Helmont, Joh. van 961 . Helmreich, Andr. 368 . Helmschmied (Hauben- schmied) 388 . — Kolman Desiderius 356 , 377 , 378 . — Lorenz Georg 377 , 378 . — Martin 388 . Helsingör 590 . Helwig 445 . Hemer 1174 , 1175 . Hemerbach 822 . Henne 1215 . Henneberg 161 , 173 , 210 , 440 , 569 , 753 , 754 , 1100 . — Ernst von 468 , 758 , 759 . — Poppo v. 754 . — Wilhelm v. 756 — 758 . Hennegau 241 , 849 , 854 , 855 , 869 , 1209 . Hennicke 1293 . Hensch, Klaus 1107 . Hera, Jusepe de la 403 , 864 . Heraclea, Heraclischer Stein 37 . Herberge 563 . Herborn 739 . Hercules II. von Este 47 . Herd 120 , 188 , 206 , 242 ; -boden 208 ; -frischen 219 ; -guss 269 , 305 ; -ofen 106 ; -schmied 674 ; -stellung 240 . Hermunduren 39 . Hernandez, Sebast. 430 . Herodot 12 , 34 . Herold, Chr. B. 995 . Herrenmühle 1086 . Herringlohe 670 . Hertel 469 . Herzberg 1105 . Herzhausen 1078 . Herznach 694 , 699 . Herzogenbusch 416 . Herzogenrath 101 . Hes 662 . Hessen 35 , 103 , 300 , 301 , 553 , 743 — 753 , 1071 bis 1079 . — Darmstadt 743 , 1087 . — Homburg, Land- graf Friedrich von 1208 . — Landgraf Karl von 930 , 931 , 937 . Hessenberg 606 . Hessische Pumpe 929 . Hessus, Eobanus 513 , 527 , 688 . Heuser 469 . Heuss, Georg 470 , 471 , 557 . Heyden, Hans von der 767 . Hickengrund 733 . Hieflau 627 , 628 . Hierro gelado 404 . Highbury 1251 . High-Furness 896 . Hilchenbach 1096 . Hildesheim 39 . Hilpolt 388 . Hilton, Jack of 538 . Himbercourt 850 . Himley Furnace 1261 . Hinter-pommern 848 ; -seite 190 ; -säule 485 ; -zacken 233 . Hirschberg 844 ; -er Draht 593 . Hirsvogel (Hirschvogel) Augustin 356 , 378 , 450 . Hirzenhain 743 . Hiscow 662 . Hitze 211 . Hochburgundisches Frischen 240 , 870 . Hochdruckdampfmaschine 929 , 930 . Hoche, G. 537 . Hochofen 54 , 89 , 144 , 186 , 755 , 767 , 769 , 900 , 969 ; -betrieb 176 , 184 , 200 , 267 ; -giesserei 288 . Hocholzer, J. 1061 . Hochstetter 542 ; -wald 665 . Hochzeitstanz 410 . Hoenscheid 828 . Hörde 822 . Hörl, Hans 445 . Hofer, Martin 375 . Hoffmann, Franz 620 . Hofheim 1089 . Hofkirchner, Pet. 619 , 624 , 625 . Hofmann, Hans 445 . — Paul Jacob 942 . — von 664 . Hogge, Ralph 888 . Hohenbüchen 783 , 784 ; -kir- chen 751 , 1075 ; -lohe 553 ; -rhein 1085 , 1087 ; -stadt 664 . Hohenzollern, Anton von 468 . Hohlform 281 ; -geschoss, -kugel 338 , 340 . 83* Register. Hohnstein-Bergfreiheitspatent 771 , 776 . Hoicke 429 , 469 . Holbein, Hans 378 . Holdinghausen 725 . — Joh. Friedr. v. 1099 . Holländer 907 . Holland 105 , 577 , 581 , 582 , 589 , 965 , 991 , 997 , 1030 , 1031 , 1175 , 1177 , 1182 , 1194 , 1198 , 1270 , 1280 , 1283 . Hollerter Zug 735 . Holoubkau 663 . Holstein 596 . Holz 96 . Holzapfel, Feldmarschall 1109 . Holzart 96 ; -blasebalg 126 , 938 , 941 , 971 , 1105 , 1137 ; -entnahme 552 ; -hammer 147 , 159 ; -kohlen 51 , 94 ; -mangel 1246 ; -minden 1105 ; -nutzung 552 , 1081 ; -ordnung 786 , 834 , 1094 ; -rechen 624 ; -rissen 1059 ; -sorten 95 ; -sparender Ofen 315 ; -sparkunst 1008 , 1011 ; -teuerung 879 ; -umkleidung 163 ; -verkoh- lung 94 . Hopfer, Daniel Georg 348 . Hoppe, Joh. 398 . Hoppert, B. 1002 . Horhausen 817 . Horizontalrad 133 . Horka 845 . Horn, Clemens 398 . Hornstein, Georg v. 702 , 703 . Horta, De la, Juan 869 . Horzowitz 661 . Hoyoux 850 , 854 . Hradisch 663 . Hubensack, Joh. 705 . Huditz 664 . Hückelsheim, Joh. v. 817 , 818 . Hüne, Kurt 764 . Hüsten 818 . Hüttelf 1293 . Hüttenbalg 132 ; -berg 185 , 545 , 604 , 643 — 652 , 1043 , 1046 — 1050 ; -berger Erz- berg 641 , 642 , 646 — 652 ; -gewerkschaft 834 ; -grund 297 ; -kunde 912 , 965 ; -ordnung 796 , 1186 , 1217 , 1295 ; -reise 192 , 717 , 1093 ; -rode 761 ; -steinack 690 , 760 ; -zeit 195 , 712 , 714 , 725 , 1091 ; -zehente 702 . Hufschmied 565 , 1026 . Hugget 887 , 888 . Humfrey, W. 528 . Hundsrücken 1200 . Hunter, Hans 378 . Hurdy, John 884 . Hurten 182 . Hussitenkrieg 435 , 614 . Hutman 649 . Hutten, U. von 10 . Huy 855 . Huygens 917 , 925 , 926 , 1232 . Hytta 902 . J. Jacob I. v. England 1032 , 1247 , 1254 , 1259 , 1272 , 1274 . —, Erzbischof 818 . St. von Compostella 585 . Jacobi 893 . Jacques de Liège 1282 . Jaegerbund 1200 . Jähns 428 . Jagello, Kasimir 904 . Jahhere, Gille de 405 . Jahn, Ulrich, Thomas 399 . Jamnitz 665 . Jamnitzer 356 . Janitscharen 439 . Janowitz 664 . Jaropkin 906 . Jaroslaw I. 578 . Jars, G. 168 , 207 , 210 , 1220 , 1221 . Jasenitz 848 . Jatrochemie 961 . Jauerburg 655 , 656 . Jaumenne 851 . Ibach 1186 . Iberg 199 , 773 — 776 , 801 , 813 . Ibernthal 736 . Ida 37 . Idough 1243 . Jenkison 907 . Jerningham, Richard 883 . Jesuiten 913 . Iglau 663 . Ihmert 1174 , 1175 . Iken, Berthold 598 . Ilefeld 39 . Ilfeld 764 , 766 , 1108 . Ilmenau 759 . Ilsenburg 200 , 294 , 310 , 763 , 766 — 768 , 772 , 1108 — 1110 ; -er Hütte 1304 . Incoctilia 979 . Indirekte Eisengewinnung 969 , 971 . Indischer Stahl 246 , 251 . Ingolstadt 686 . Innerberg 481 , 600 — 604 , 607 , 609 — 621 , 625 , 627 — 628 , 637 — 638 , 641 ; -er Hauptgewerkschaft 1039 — 1040 . Innsbruck 64 , 323 , 348 , 351 , 352 , 356 , 374 , 375 , 446 , 460 , 473 , 569 , 658 , 873 , 884 . Invalidenpension 1122 . Inventar 1161 , 1163 , 1165 , 1166 . Joachim II. v. Brandenburg 557 . Joachimsthal 23 , 36 , 39 , 55 , 57 , 58 , 76 , 533 , 542 , 544 ; -er Chronik 46 . Jocteleg 1282 . Jönköping 899 . Johann, König von England 102 , 906 . — H. v. Baiern 665 , 682 . — v. Cleve 483 . — von Dänemark 580 . — Markgraf 557 . — d. Ältere von Nassau 194 , 787 . — V. von Nassau 727 , 731 , 734 . — von Nassau-Siegen 1191 — 1196 . — Ludwig v. Nassau-Saarbrücken 296 . — d. Unbarmherzige 598 . — Friedrich von Braun- schweig 1108 . — Georg I. von Sachsen 1202 . — Georg II. v. Sachsen 1201 , 1203 . — Sigismund von Brandenburg 1206 . Johnson, Thomas 334 , 888 . — Cornelius 889 . Jolans, Graf 1102 , 1104 . Jonas, Justus 58 . Jordan (Jorden) D’ 966 , 1257 , 1271 . Josephus 12 , 383 . Jousse de la Flêche, Maturin 913 , 914 , 1004 , 1007 , 1012 , 1015 , 1016 , 1020 , 1021 , 1026 , 1028 . Ipphoff von, Kunz 542 . Irland 1242 — 1246 . Irrung 674 . Isabelle 3 , 355 , 862 . Isebroke-Stahl 884 , 885 . Isenschmid, Ant. 708 . Iseosee 858 . Isère d’ Dep. 872 . Iserlohn 510 , 512 , 513 , 570 , 818 , 821 , 822 , 976 . Isernschmitte 145 , 202 , 742 , 1198 ; -wech (weg) 763 . Islam 2 . Italien 2 , 4 , 23 , 205 , 286 , 335 , 348 , 354 , 355 , 371 , 392 , 404 , 417 , 418 , 428 , 445 , 601 , 607 , 609 , 616 , 856 — 861 , 873 , 883 , 910 , 944 , 995 , 1221 . Itter 310 , 1078 . Jubinal, Achille 347 , 357 , 365 , 401 , 863 . Judenfrischen 235 ; -pech 104 ; -burg 423 , 424 , 568 , 601 , 607 , 632 . Register. Jülich, Herzog v. 828 , 831 . Jünkerath 827 , 829 , 1199 . Julienthal 783 . Julius, Herzog v. Braunschweig 199 , 448 , 449 , 752 , 777 , 781 , 784 — 787 , 791 — 793 , 833 , 1105 , 1111 . — II. 338 . Junquyères, Guitarde 874 . Iwan der Grosse 905 , 907 , 908 . — der Schreckliche 439 . — Wassiljewitsch 578 , 579 , 906 . K. Kachelofen 269 , 294 . Kämme 131 . Kärnten 36 , 165 , 184 , 224 , 225 , 252 , 444 , 495 , 545 , 568 , 604 , 606 , 609 , 614 , 641 — 653 , 702 , 859 , 861 , 1042 — 1058 , 1228 . Kahlenberg 762 . Kain 63 . Kaisermacht 580 . Kalb 33 . Kalbshütte 1097 . Kaldenbaum 1073 , 1076 . Kalenberg 1132 . Kalk 43 , 94 , 176 . Kall ‗ Call. Kalmarische Union 4 , 576 . Kalo 225 . Kaltbläserarbeit 239 ; -bruch 1266 . Kalte Birke 39 ; — Eiche 196 . Kaltenbach 173 , 755 ; -born 749 ; -esse 769 , 1107 ; -ofen 832 ; -thale 762 , 770 . Kaltfrischen 182 , 239 . Kamin 314 ; -ständer 466 . Kammer 279 ; -büchse 429 ; -gefälle 608 ; -grafenamt 1041 ; -schloss 472 . Kammerstädt Dr. 27 . Kammerthal 614 , 631 . Kammrad 522 . Kampagne 199 . Kampschlacken 1106 . Kandern 693 , 700 , 1066 . Kanone 269 , 270 , 333 , 867 , 883 , 884 , 887 , 895 , 907 , 1209 . Kanonenbohrmaschine 992 ; -guss 1265 , 1273 ; metall 286 . Kantabrien 35 , 37 , 865 , 867 . Kaphan, Franz 399 . Kappenfuss, Elisabeth 660 . Kapselpumpe 929 . Karabiner 988 . Karl I. 952 , 1271 — 1274 , 1283 . — II. von England 925 , 960 , 1001 , 1035 , 1274 . — II. von Spanien 1219 . — III. von Lothringen 338 . — IV. Kaiser 410 , 469 , 662 , 689 , 692 , 846 . — V. 28 , 321 , 324 , 326 , 328 , 335 , 347 , 401 , 439 , 534 , 547 , 758 , 909 . — VI. 878 . — VII. 8 . — VIII. 3 , 186 , 321 , 432 , 873 . — IX. v. Frank- reich 336 . — IX. von Schweden 903 , 904 , 1290 , 1291 , 1294 — 1296 . — X. 1294 . — XI. 1295 . — der Kühne 3 , 320 , 321 , 373 , 545 , 627 , 652 , 852 , 853 , 869 . — Erzherzog 545 , 627 , 652 . — von Schweden 752 . — Herzog v. York 1250 , 1255 . Karl-Gustavstadt 1294 . Karlsbad 39 , 56 , 77 ; -berg 664 ; -hütte 662 ; -koga Bergslag 1290 ; -stadt 59 ; -stein 465 . Karsten 150 , 260 , 850 , 952 . Kartaunen 325 . Karthagena 868 . Karthager 519 . Karthago 868 . Kartitsch 225 . Kassel 931 , 1073 , 1074 . Kastenguss 305 ; -ofen 294 , 300 , 1009 . Kastilien 3 , 865 . — Alphons VI. von 861 . Kastilisches Eisen 584 . Katalanschmiede 152 , 401 , 481 . Katalonien 868 . Katelare, Jac. de 320 , 454 . Katschinski 1304 . Katten 39 ; -stein 786 , 816 . Katzenelnbogen 743 , 1085 . — 1087 . — Wilhelm, Gr. v. 1091 . Katzenstein, Unter dem 1123 . Kauen (Kowno) 591 . Kaufhof 574 ; -leute 1193 ; -mannsknechte 588 . Kausche 846 . Keck 1062 . Kegelrad 521 . Kehrrad 521 . Keil, Anton 399 . Keila 828 . Kellergewicht 702 . Kemnat 689 , 1065 . Kent 891 , 893 , 1248 . Kentmann 65 , 74 , 79 , 103 , 832 . Kepler, Joh. 916 . Kerman 251 . Kern 209 , 286 ; -marken 341 . -stahl 632 . Kerrstorffer, Purkart 686 ; -hammer 686 . Kerry 1245 . Kesseler 384 . Kesselhaube 389 . Kessler, Hans 750 . — Friedr. 1008 , 1009 . Kettenschmiede 1024 . Keule 146 . Keuller, Clemens 398 . Keyler Eisenschmitt 829 . Kiel 595 . Kieln 202 . Kierspe 821 . Kiew 578 . Kindtage 1044 . Kinig, Mathias 378 . Kinzigthal 701 , 702 . Kippenberg 1164 , 1171 . Kirchdorf 424 . Kircher, Athan. 1012 . Kirchhayn 1074 . Kirchmatter, Pet. 708 . Kirchner (Kirkener), Erasmus 378 . Kirigin, Fedor 906 . Kirkner, Asimus 885 . Kirkstall, E. W. 528 . Kirschbaum, Joh. 398 , 724 , 725 . Klappen 128 . Klappern 260 . Klappert 721 . Klein, Stephan Valt. 445 . — Wilhelm 398 . Kleineisenschmiede 232 ; -giesserei 52 ; -frischerei 235 ; -nagler 974 ; -schmied 595 ; -zögerbank 512 . Klerer, Nickel 532 . Klett, Steph. 440 . — Georg 440 , 759 . — H. u. S. 994 . — Valt. 440 , 1104 . Klingenfabrikation 825 , 1187 ; -handel 825 ; -industrie 393 ; -schmied -e 10 , 347 , 392 , 408 , 411 , 412 , 489 , 558 660 , 882 , 989 , 1189 , 1191 , 1223 . Klipstein 2 , 198 , 751 , 1073 . Kloetze 889 . Kloot 233 . Klosterhütte 818 . Klosterrat 101 . Klotz v. Kaisersberg, Conrad 856 . Kluft 493 . Knallbüchse 427 , 429 . Knappe 546 , 565 , 647 , 651 , 1042 , 1047 . Knecht 502 ; -slohn 557 , 717 , 718 . Kniekhagen 1075 , 1076 . Kniepe 415 . Knittelfeld 604 , 607 , 632 . Knopf, Heinrich 358 , 362 . Register. Knoppereisen 628 . Knopprussel 754 . Knüppel-deuchel 675 , 679 ; -eisen 234 . Kobalt 157 . Koblenz 565 . Koburg 295 , 394 . Koch 1087 , 1088 . Kochen 214 , 241 . Kocher 692 . Kochherd 316 , 1008 ; -topf 269 . Köker, Paulus 460 . Kölbchen, Kölberl 255 , 981 . Köhler 221 ; Köhlerei 100 , 552 , 553 . Köller, Joh. Theis 398 . Köln 306 , 381 , 392 , 569 , 573 , 575 , 592 , 706 , 730 , 733 , 745 , 873 , 1009 , 1175 , 1183 , 1184 . Kölnisches Schwert 873 ; -r- Stahl 246 . König 81 . Königsberg 1078 ; -bronn 692 , 693 ; -hof 766 ; -hütte 1108 ; -mark, Graf 1102 ; -stein 554 , 835 , 837 — 842 . Kohlabstrickung 652 . Kohlen 95 , 156 ; -Karren 624 , 627 ; -bezug 623 ; -Crennen 99 , 553 , 554 ; -geschworene 1220 ; -Kauf 713 ; -mass 195 , 553 , 715 , 716 , 1219 ; -messer 840 ; -ordnung 103 , 627 ; -oxyd 219 ; -platten 1067 ; -sack 179 , 184 , 190 ; -säure 90 ; -satz 160 ; -schiffe 102 ; stoff 217 , 219 ; -verbrauch 179 , 239 ; -taxe 1097 . Kohlungsstätte 604 . Koks 784 , 965 , 1269 , 1271 ; -Hochofen 1261 . Kolben 44 , 147 , 210 , 230 , 258 , 927 . Kolkulen 101 . Kollnau 700 , 1071 . Kolman, Desiderius 356 , 358 , 361 , 388 , 451 . Kolnitz 657 . Kolumbus 1 , 584 . Kommerau 665 . Kommune 645 . Kommunion-Eisenhütte 1108 . Kompass 38 . Konrad 454 . Konstantinopel 2 . Konsumverein 791 . Kontor 574 , 582 , 588 , 591 . Kopenhagen 575 , 577 , 581 . Kopernikus 1 . Korb 120 , 121 . Korbach 317 . Korbofen 121 , 122 . Korezin 904 . Kornmess 610 . Korseke 426 . Korsika 857 , 860 . Kosnatzki-Tataren 1301 . Kothlizhe 168 . Kottbus 847 . Kotter, August 434 , 994 . Kotz, Giltz 686 . Krabatischer Stahl 656 , 1059 . Krackau 458 , 592 . Kraemerhammer 1097 . Krafft, S. 1084 . Kraft-Solms 301 , 743 , 1082 — 1084 . Krain 166 , 495 , 609 , 614 , 616 , 653 — 657 , 859 , 861 , 977 , 1058 — 1060 . Krampen 602 . Krampstahl 416 . Kranich 524 . Kratzendraht 512 , 822 , 1174 , 1175 . Krause, Elias 1284 . Kreiselrad 521 . Kreisig, Georg 399 . Kreitz 424 . Krems 457 , 547 , 626 . Kressenberg 691 . Kreuzabzüchte 192 ; -blech 985 ; -kanal 180 ; und Knopfschmied 393 , 824 . Kriegshippe 425 ; -sense 425 ; -sichel 425 . Krombach 1096 . Kronenberg 202 , 396 , 420 , 828 , 1196 , 1199 . Kronshamman 1297 . Kropp 655 — 657 . Krossen 1208 . Krottendorf 835 , 838 . Krüke 200 . Krug, Simon 532 . Krummacher, Leonhard 626 . Krumme Hütte 775 . Krummofen 156 . Kübelrad 48 , 141 . Kühberg 684 . Kühr 721 . Külnhütte 1095 . Kündigung 673 . Künste 519 , 521 , 765 . Kürass 353 . Kugel, eiserne 52 ; -form 287 ; -gewicht 323 ; -guss 286 ; -hammer 839 ; -schmied 450 . Kuhfurt 762 , 1107 . Kuhfuss, Georg 433 . — Jo- hann 444 . Kuhlewald 735 . Kuler, Clemens 398 . Kunkel 961 . Kunnersdorf 1208 . Kunstofen 1009 ; -schloss 914 , 1004 ; -schmiederei 10 , 355 , 455 , 456 , 997 — 1008 . Kupfer 287 . Kupolofen 121 , 287 , 288 . Kurbrief 194 , 712 , 726 , 728 . Kur-Köln 816 ; -Sachsen 973 , 993 ; -Trier 544 . Kurzmesserschmied 409 . Kusnezkaja Soboda (Tula) 1303 . Kuttenberg 549 . Kutter, Aug. 988 . L. Laasphe 738 . Labarte 371 . Laber 687 . Lacedämonier 42 . Lacht 217 ; -hol 214 . Lade 564 ; -stock 432 . Ladengeschütz 434 . Ladislaus v. Böhmen 602 . Läuterung 204 , 242 . Lafettenrad 330 . Lafra, Adriano de 403 . Lafreri 349 . Lagerbock 277 . Lahnstein 1090 . Lahr, von der, Paulus 1084 . Laland 895 . Lambecius 573 . Lamberhurst 1284 . Lambert’s Chronik 101 . Lamberville, Ch. 966 . Lambeth 1257 . Lambrecht, St. 604 , 609 , 614 , 626 . Laming 610 . Lancashire 896 . Lancasterschmiede 1286 . Landeisen 234 , 587 , 588 , 593 . Landesfürst 581 . Landeshut 375 . Landfahrer 578 , 591 ; -handel 568 . Landwehr 8 ; -zwinger, -zwin- gung (Strike) 678 . Langaneser 516 , 861 . Lange-Ecke 196 . Langehecke 1084 . Langendorf, Ober- 664 . Langesheimb, Meister von 1137 . Langford-Castle 366 . Langmesserschmied 409 . Langres 416 . Lani, Adrianus 350 ; — Aluigi 372 . Lappland 37 . Lasszian 663 . Lastadie 593 . Register. Latacher, Urban 185 . Laterne 522 . Latour, Nicol. 853 . Laubach 743 , 1072 . Laubhütte 775 , 1144 . Laudenbach 754 . Lauenburg 848 . Lauenstein 36 , 202 , 1201 . Laufenberg 694 , 697 — 699 , 706 , 707 , 1067 , 1069 , 1070 . Lauffen 661 . Laufrad 133 . Lausnitz 847 . Lautenthal 776 . Lauterberg 1105 , 1108 . Lavora all’azzimina 368 . Layminzer, Peter 446 . Lazama, Petro de 403 . Lazarino, Angelo 445 . Lecco 653 , 860 . Lech 214 , 217 . Lecke, Anton 1175 . Lederblasebalg 126 , 230 , 939 ; -kanone 991 . Lee, Henry 893 , 894 . — John 894 . Lehm 269 , 277 , 289 ; -dreh- bank 341 ; -form 271 ; -kern 341 . Lehrbrief 560 ; -geld 560 ; -zeit 498 . Leibgebühr 1193 . Leibnitz 761 , 617 , 930 , 931 , 937 , 1035 . Leier 506 , 510 . Leighton, Sir Thomas 896 . Leikauf 1052 . Leipzig 22 , 416 , 568 , 569 , 638 , 978 . Leisten 182 ; -lade 318 . Leitner, Quirin 352 , 357 , 364 . Leitrim 1243 . Lelien (Lölling) 642 . Lemery, N. 539 , 964 . Lemoyne, Jehan 405 . Lendenstrich, Hans 447 . Lenicks 1251 — 1253 . Lenker, Christof 357 . Lenne 818 , 822 . Lennep 570 , 823 . Lenoncourt 1200 , 1239 . Leoben 601 — 604 , 608 — 610 , 613 — 616 , 619 — 621 , 626 — 627 , 630 , 639 . Leofante 49 . Leonhard, Rich. 1284 . Leonischer Draht 508 , 878 . Leonstein 424 . Leopold I. 1069 . — Herzog v. Österreich 708 . — Herz. v. Lothringen 1241 . Lerbach 786 . Lesestein 1168 . Lessa ‗ Lessau 36 , 39 , 77 , 663 . Letterewe 1272 . Lettner 998 . Leubs 680 . Leuchtenberg, Joh. v. 683 . Leupold 929 , 944 . Leutemann 1011 . Leygebe, Gottfr. 1001 . Libavius, Andr. 104 , 540 , 961 . Lichtenstein, Joh. v. 202 , 830 . Liebenwalde 847 . Liebrose 847 , 1207 . Liebung 668 . Lieger, Liger 588 , 593 . Lille 320 , 869 . Lima 162 . Limburg 1219 , 1220 . Limousin 1016 , 1228 . Linde 902 . Lindloh, Joh. 1174 . Lindner, Christ. 399 . Lindstein 846 . Linkehand 407 . Linthenast, Leb. 470 . Lippoldsberg 752 . Lissabon 577 , 587 , 588 . Littauen 591 . Litteratur 910 , 911 — 915 . Litton, Robert 884 . Lixfeld 1078 . Llanelly 1272 . Lobach, Pet. 398 . Lobenschrod, Konrad 399 . Lobsinger 445 , 941 . Locatelli 655 , 1060 . Lochner, Konrad 356 . — Kunz 376 , 378 . Lodenau 845 . Lodner, Konrad 469 . Loebbecke 1177 . Löffel 122 ; -rad 521 . Löffler, Georg 335 . — Hans 447 , 690 . Loefstadt 1290 . Löhnberg 742 , 1089 . Löhne 595 , 722 , 1079 , 1115 , 1129 , 1130 , 1155 — 1157 , 1173 , 1174 , 1205 . Löhneiss, G. J. v. 911 , 912 , 1105 , 1111 . Löhnung 454 . Lölling 185 , 646 , 650 , 1045 , 1046 . Löscharbeit 225 ; -feuer 211 , 217 ; -herd 165 , 182 , 207 , 208 , 252 ; -kranz 223 ; -stein 252 . Lössnitz 830 . Löten 344 , 385 . Löwenberg 546 , 549 . Lohborn 816 . Lohe 725 . Lohmann 1177 . Lohmen 842 . Lohnau 1108 . Lohnfestsetzung 57 . Loire 871 ; -inférieure Dep. 870 . Lombardei 224 , 859 . Lomnitz, H. v. 665 . London 102 , 105 , 573 , 582 , 586 , 880 — 883 , 887 , 892 — 895 , 977 , 1282 . Londonderry, Graf v. 1243 . London guns 1285 . Long, William 455 . — Conn 1245 . Lons St. (Loys) 556 . Lopez, Francisco 405 . Lorch a. Rh. 1089 . Lorsch 693 . Lothringen 855 , 869 , 870 , 973 , 1239 — 1241 . Lotz 308 . Lough-Allen 1243 . Louvre 999 . Lovekyn, Georg 885 . Lowenstin (Lauenstein) 832 , 833 . Loys, Melch. 1063 . Luckiger Floss 183 , 252 . Lucretius 37 . Ludolf, Abt 105 . Ludwig, Herzog v. Bayern 307 , 683 . — der Reiche 681 . — XI. 8 , 321 , 373 , 852 , 873 . — XII. 873 , 878 . — XIV. 910 , 992 , 996 , 999 , 1002 , 1004 , 1010 , 1200 , 1232 , 1238 , 1239 . — Landgr. v. Hessen 1086 . — V. v. Hessen 1100 . — d. Jüngere v. Hessen 1072 . — II. v. Nassau- Saarbr. 1079 , 1080 . Ludwigshütte 198 , 751 . Lübeck 232 , 294 , 312 , 317 , 567 , 570 , 573 — 585 , 590 , 592 , 598 , 818 , 908 . Lübke 313 . Lüdenscheid 510 — 513 , 818 , 820 , 1174 , 1182 , 1183 , 1185 . Lüdershof 765 , 766 , 1107 . Lüneburg 849 . Lüttich 101 , 241 , 416 , 427 , 444 , 831 , 849 — 855 , 952 — 954 , 985 , 1021 , 1085 , 1209 — 1216 , 1219 , 1220 , 1232 , 1280 , 1282 , 1292 — 1293 . Lüttringhausen 415 , 489 , 825 , 1187 , 1196 . Luftbüchse 995 ; -heizung 1011 ; -loch 270 ; -ofen 124 ; -pfeife 285 ; -rohr 988 . Luna sylva 35 . Luntenschloss 431 . Luppen 12 , 45 , 159 , 210 , 248 , 980 ; -feuer 42 , 149 , Register. 173 , 246 , 844 , 863 , 866 , 904 , 967 , 1364 ; -herd 145 ; -machen 235 , 238 , 241 ; -schmiede 144 , 145 , 151 , 1225 . Lusitanier 126 . Luther 27 , 54 , 58 , 60 , 61 , 1034 . Lux v. Nassau 202 . Luxemburg 855 , 869 , 1209 , 1211 , 1214 , 1216 . Lynar v., Rochus 338 , 838 , 847 . Lyon 373 , 512 , 878 . Lytton, Robert 379 . M. Maas 847 , 850 , 854 , 869 , 1213 ; -mündung 589 . Macarius 1301 . Machuca 1224 . Macolini 1065 . Macrel, Wolfg. 46 . Madeley 1263 ; -hütte 1284 . Madrid 390 , 863 . Mähren 543 , 663 — 665 . Männleinlaufen 470 . Märker 551 ; -ding 551 . Märkische Osemundschmiede 232 ; -s Museum 294 . Maffia 445 . Magnes, Magnesia 37 . Magnet 42 , 51 , 83 , 90 . Magnus, König 576 . Mahlschloss 472 . Mailand 316 , 335 , 348 — 351 , 355 , 371 , 373 , 386 , 392 , 860 , 861 , 873 , 874 , 883 , 885 , 1221 . Mainz 9 ; Wolfgang Erzb. v. 1088 . Maisse 717 . Malaga 335 . Malberg 829 . Mallet 333 , 472 . Malmö 581 . Maltitz, Sigismund v. 531 . Mammitzsch, Hans 399 . Man, M. 1002 . Manderscheid 35 , 202 , 315 , 827 , 828 , 1200 . — Graf Diedrich v. 828 . — Graf Hans Gerhard v. 829 . Mangan 220 . Mangelholz (Mandelholz) 1107 . Mannsen 424 . Mansfeld, Graf 339 . Mappin 1202 . Marburg 294 , 300 , 306 , 1076 , 1100 . Marche les Dames 851 . Marchetti, Filippo 445 . Marckwart, Barthol. 445 . Margarete, Königin 4 , 576 . Marhold, Dr. 757 . Maria-Saal 458 . Marie, Königin v. England 582 , 891 . Marienberg 39 , 55 , 836 , 1201 . Marienborn 731 , 1097 . Mariot, Joh. 1085 , 1086 , 1200 . — Franz 1086 , 1088 . — Anton 1086 . Mariotte 916 , 925 . Mark 424 , 483 , 510 , 511 , 816 , 818 , 820 , 822 , 976 , 1186 , 1187 , 1196 — 1198 . Markenschutz 673 . Markgemeinde 551 ; -genossen- schaft 553 . Markthandel, -ordnung 638 . Marly 1232 — 1235 . Marmor 249 , 263 . Marolles, Marquis de 1239 . Marquart 357 , 377 ; -stein 691 . Marryn 452 . Marsberg 817 . Marselis 1303 . Marshall, J. 1013 . Martenberg 817 . Martin V. 601 . Martinez, Juan 402 — 405 , 864 . Martini, Antonio 404 . Maschen ‗ Massen. Maschine 142 , 519 , 917 . Maschinenanlage 48 ; -bau 48 ; -wesen 519 . Maschinerie 141 . Mascopien 579 . Masmästare 902 , 1297 . Mason, John 886 . Mass 154 . — Masse 43 , 170 . Massenbläser 194 , 712 , 731 , 768 , 773 , 1090 , 1096 ; -zunft 558 . Masseneisen 676 , 679 ; -hütte 813 ; -ofen 122 , 153 , 199 , 202 , 786 , 800 , 801 , 808 , 812 , 815 , 836 , 1116 , 1121 , 1122 , 1130 , 1139 , 1145 , 1147 , 1148 , 1152 — 1154 , 1157 , 1161 , 1173 ; -zu- stellung 191 . Materialeisen 236 , 500 . Mathesius 46 , 54 , 55 , 58 , 60 , 61 , 536 , 540 , 549 , 663 , 689 , 832 . Mathews, Thomas 895 . Mathias v. Ungarn 642 . — Corvinus 906 . Matsys 460 . Mauerbrecher 325 ; -krone 276 , 284 . Mauren 2 , 355 , 404 , 868 . Maurisken 868 . Maut 605 ; -buch 622 ; -gebühr 643 ; -erz 682 . Mautner 605 , 609 , 610 , 611 — 614 . Maxikon, Franz 1050 . Maximilian I. 321 — 324 , 335 , 347 , 348 , 350 , 352 — 356 , 374 , 399 , 460 , 470 , 473 , 543 , 544 , 604 , 605 , 609 , 612 , 615 , 616 , 621 , 642 , 645 , 647 , 657 , 658 , 695 , 697 , 849 , 885 , 906 . — II. 55 , 463 , 471 , 553 , 637 , 639 , 663 , 833 . — I. Kur- fürst v. Baiern 1061 — 1064 . — II. v. Baiern 1065 . — Erzherzog 1069 . Mayenne, Dep. 870 . Maystetter, Hans 377 . Mazuchelli 47 . Mechanik 519 , 915 — 919 . Mechanische Kunstwerke 470 . Mecheln 884 , 886 . Mecklenburg 848 . — Ulrich, Herzog v. 789 . Medicäer 355 . Medici, Cosmos di 261 . — Jul. d. 371 . — Leopold d. 1035 . — Lorenzo d. 466 . Medine, Don Pedro de 1229 . Medizin 105 . Mehrschatz 696 . Meigen, Clemens 398 . Meiler 94 , 98 , 99 , 601 ; -verkohlung 97 . Meinhardt 1095 , 1097 . Meissen 36 , 46 , 55 , 831 , 832 , 977 , 993 . Meissner 103 , 752 ; -hütte 1095 . Meissnische Chronik 68 . Meister vom langen Schwert 399 . Meisterprüfung 498 ; -recht 1197 ; -stück 409 , 418 , 498 , 565 , 566 , 594 , 595 , 978 , 1025 , 1027 ; -zeichen 394 . Melanchthon, Phil. 53 . Melcher 448 . Melles 657 . Memmeler 36 . Memmendörfer, G. 1002 , 1004 . Menden 1001 . Menschenkraft 137 . Merate, Gabriel Francesco 373 . Merbelshausen 829 . Merchant adventurers 577 , 895 . Mercke 593 . Mercurius 963 . Mergel 785 . Merian, M. 67 , 1071 . Merkantilsystem 1031 . Merndorfer, Henricus 409 . Meroe 35 . Register. Merseburg 429 . Merville, Jaques 374 , 451 , 873 . Messe 1190 , 1194 . Messen 416 , 568 . Messer 417 . Messerer 392 , 408 , 756 . Messerfabrikation 877 , 880 ; -fabrik 414 , 826 ; -gewerbe 881 ; -gut 416 ; -klingen 416 ; -macher 1192 — 1194 ; -masse 466 ; -reider 408 ; -schmied 408 , 412 , 418 , 594 , 595 , 824 , 825 ; -schmie- de 895 , 994 , 1026 — 1028 , 1282 ; -schmiedehandwerk 414 ; -stahl 416 ; -walzen 954 ; -waren 416 ; -zeche 660 . Messina 335 . Messinghütte 768 . Messola 860 . Metallform 288 ; -giesserei 267 . Metallica, de re 33 . Metallum Martis 1158 , 1165 , 1168 . Metallurgie 46 , 539 . Meteoreisen 73 . Metz, Eduard 294 , 305 , 312 , 855 . Metzger, Hans 460 , 473 . Meybosch, Eberhard 1215 . Meyer 1292 . Meynhart, Bartel 767 . Mezzerer 409 . Micerguilla 446 . Michael, St. 607 . Michelagnolo, Viviani 371 . Michelangelo 347 . Micheldorf 424 ; -stadt 743 . Mila 655 . Milan, Thomas de 373 . Milanesen 516 , 861 . Milich, Hans 347 , 357 , 362 , 365 , 378 . Miller, Anton 375 . Millin-coat 886 . Milthorpe-forge 1288 . Mineralkohlen 965 . Minette 855 . Minich, Petro de 453 . Minierkunst 47 . Minutoli 322 . Misaglia di, Petrolo, Tomaso, Antonio 348 — 349 , 391 . Misenus, Andreas 58 . Misericordia 707 . Mittelkür 260 , 278 . Mizaldus 265 . Mock 260 , 631 — 635 . — Joh. 740 . Modell 52 , 269 , 270 , 273 , 281 , 286 , 290 , 306 , 341 , 877 , 1076 , 1077 ; -eisen 500 , 1131 ; -schneider 299 . Modrone, Caremolo di 372 . Mödau 742 . Möller 82 , 108 , 174 , 183 , 751 . Mörser 289 , 326 , 339 , 992 . Moja 253 . Molina d’Aragon 868 . Mollkaut 735 . Moltererz 80 , 735 . Momma, Jacob 1182 . Monardo, Nicol. 65 , 70 , 72 , 74 , 148 , 152 , 262 , 315 , 518 , 865 , 866 . Moncelese 50 . Mondragon 403 , 404 , 863 , 882 , 1230 . Mondsee 661 . Mone 297 , 597 . Monopol 1032 , 1260 . Montabauer 1085 , 1086 . Montafun 657 , 658 , 705 , 708 . Montagsordnung 728 . Montecuculi 992 . Morales, Jacob de 378 . Morau 663 , 664 . Morbihan 870 . Moresinus 65 . Moreskos 868 . Morgenroth, Hans 445 . Morgensprache 560 ; -stern 426 . Morian 390 . Morienus Romanus 65 . Moritz v. Hessen 537 , 1075 , 1089 , 1099 , 1100 . — F. v. Nassau 1098 . — v. Ora- nien 436 , 987 . — v. Sach- sen 25 , 27 , 833 , 834 . — Prinz 1262 . Mosch 547 . Mosel 202 , 869 . Mosellanus, Petrus 22 . Mosinz (Mossnitz) 185 , 642 , 643 , 646 , 650 , 1045 . Moskau 907 . Motta, Giovanni 405 . Mouli de fer 969 . Mountrath 1243 , 1244 . Moyeuvre 856 , 1240 . Muckshol (Muxholl) 35 . Müglaarbeit 224 , 225 , 254 . Mühle 193 . Mühlenborn 1200 . — Müllen- born 829 . Müller, Andr. 468 . — Chris- tian 451 . — Jac. 697 . — Joh. Friedr. 955 . Münch, Arnold 698 , 1067 . München 294 , 308 , 375 , 390 , 445 , 690 , 692 . Münchhausen v., Statius 769 — 1107 . Münckershütte 1095 , 1097 . Münden 930 . Mündung 271 . Münichsdorfer 184 , 664 , 653 . Münne 667 , 668 . Münster, Pet. 407 . — Sel. 57 , 440 , 592 , 688 , 698 , 759 , 828 . — Thomas 422 . Münze 529 . Münzer, Thomas 59 , 542 . Münzrecht 57 ; -stahl 491 . Mürzzuschlag 602 , 619 , 624 , 625 , 636 , 640 . Müsen 39 , 40 , 724 , 725 , 729 . Müsener Hütte 1097 ; -Stahl- berg 256 , 1098 . Mum, Mumm, Joh. 398 . — Peter 395 . Munesten, Munster, Peter 398 . — Andr. 864 , 1223 . Munnich, Pet. 398 . Mur 600 , 603 , 607 . Murau 607 , 633 . Murcia 868 . Murg 423 , 699 . Murten 320 . Museum 444 . Muskau 845 . Muskete 435 , 758 , 863 , 988 . Musketir 435 , 436 . Mussler, Pet. 700 . Mutelo, Juan 403 . Mutjahr 565 . Muxholl 765 , 766 , 1107 . Mynne 674 . Myrjern 161 . N. Nachtschmieden 714 . Nadel 515 — 518 ; -fabrikation 505 , 515 , 516 , 831 , 977 , 1176 , 1284 ; -macher ‗ Nadler. Nadler 516 , 517 , 861 , 978 , 1023 . Nähnadel 978 ; -fabrik 1199 . Nävius, Joh. 24 . Nagel 495 , 594 , 596 ; -eisen 493 ; -fabrikation 973 , 1216 , 1282 ; -hammer 493 ; -kluft 494 ; -schmied, -schmiede 477 , 493 , 497 , 564 , 854 , 973 , 1027 , 1198 , 1282 , 1304 ; -schmiedewerkzeug 494 ; -schmittsinter 167 ; -sorte 973 , 975 . Nagler 496 , 497 . Naideck 664 . Namenkaufen 566 . Namisl, Herzog 662 . Namur 241 , 416 , 849 — 855 , 1209 — 1217 , 1293 . — Wilhelm v. 851 . Nancy 294 , 338 . Nandrin 1212 . Register. Nantes, Edict von 1190 , 1196 , 1206 , 1338 . Nanzenbach 737 . Napoleon III. 326 . Narwa 907 . Nassau 299 — 301 , 310 , 494 , 711 — 743 , 816 , 1079 — 1099 . — Joh. Ludwig v. 296 . — Lux v. 830 . — Saarbrücken 830 . — Philipp v. 1239 . — Siegen 193 , 544 . Nasspochwerk 530 , 532 . Nationalmuseum, Baier. 294 , 310 . Nau 204 . Naugard ‗ Nowgorod. Navarra 151 , 866 , 867 , 872 , 874 , 967 . Navarette, M. F. de 534 . Navo 50 . Neapel 286 , 335 , 338 , 861 , 1035 . Nebeneisen 256 , 802 . Nebukadnezar 63 . Neheim 818 . Neidthardt, Wolfg. 335 . Neilla 689 . Neron, Damianus de 372 . Netscher, J. J. 1070 . Netterhammer 829 . Neuburg 308 , 609 , 614 . Neudörfer 376 , 444 , 450 , 473 , 918 . Neuenbruch 1097 ; -hammer 687 ; -haus 670 ; -hütte 1121 , 1134 , 1135 , 1137 , 1141 , 1146 , 1151 , 1154 , 1156 , 1161 , 1162 ; -werk 1108 . Neuhofen 73 ; -hütte 762 , 766 , 1080 — 1084 , 1107 . Neumark 557 , 848 , 1107 . Neumühle 847 . Neunkirchen 831 , 1200 . Neuss 322 . Neustadt 608 , 640 , 701 , 849 ; — an der Dosse 1208 ; -Eberswalde 179 , 1206 . Neuville, La 321 . Neuwerk 761 , 762 , 770 . Neville, Sir Henry 896 . New-Castle on Tyne 102 , 105 , 1292 . — undes Lyne 101 . Newdigate, Richard 1285 . Newton 917 . Nidinsk 1301 . Niederlage 571 ; -freiheit 1046 . Niederlande 305 , 335 , 349 , 416 , 434 , 570 , 572 , 573 , 577 , 890 , 976 , 977 , 990 ; -länder 1196 , 1198 . Niederndorf 193 . Niederschlesien 149 . Niello 369 . Nienrade 1177 . Nievern 1085 , 1088 . Nièvre 871 . Nigrolo, Filippo, Petrolo 347 . — Tomaso 348 . — Fran- zesko 368 . — Giacomo 371 . Nikander 37 . Nikolaus V. 2 . Nischbor 662 . Nivernais 871 , 943 , 1226 . Noli, Jehan 405 . Noqueral, Francisco 874 . Nora 899 , 902 ; -Beyslag 1294 . Norberg 899 . Norddeutschland 849 ; -gau 685 , 688 ; -italien 858 ; -kap 907 . Noricum 35 , 39 , 832 . Norköping 1290 . Normandie 1226 . — Normanne 865 . Nortelge 1393 . Norton 1282 . Norwegen 36 , 591 , 880 , 883 , 898 , 899 , 1299 . Norwich, Thomas 883 . Nostradamus 264 . Nottingham 1248 . Nowgorod 574 , 578 — 580 , 582 , 591 , 905 — 908 , 1300 . Nürnberg 85 , 295 , 297 , 322 , 335 , 336 , 356 , 368 , 374 , 381 , 386 , 408 , 409 , 416 , 420 , 432 , 434 , 444 , 445 , 449 , 465 , 469 , 470 , 473 , 510 , 512 — 514 , 528 , 557 , 566 , 569 , 592 , 596 , 610 , 669 , 688 , 689 , 692 , 826 , 885 , 888 , 919 , 941 , 951 , 952 , 975 , 977 — 979 , 989 , 992 — 995 , 997 , 999 , 1002 , 1011 , 1023 , 1025 , 1028 ; -er Eier 471 ; -er Tand 472 . Nussbaum, Peter 316 . Nyenschantz 1300 . Nymwegen 339 . O. Obdach 609 , 614 , 633 . Oberacker, Nic. 335 , 447 . Obere Blechhütte 1142 , 1145 , 1149 , 1153 . Obergestell 190 ; -hammers- bach 690 ; -harz 773 — 816 , 942 , 1105 ; -hessen 743 , 1072 ; -hütte 152 , 199 , 775 , 801 , 810 , 813 , 1121 — 1127 , 1134 , 1137 , 1141 , 1147 , 1161 , 1162 , 1168 ; -Kail 829 ; -kasten 938 , 939 ; -kirchen 818 . Oberländer, J. 995 . Obermöllrich 1077 ; -Öster- reich 423 ; -Pfalz 685 , 688 , 1060 , 1062 ; -rhein 597 ; -ried 700 ; -Schlesien 150 , 845 ; -Schmitten 1072 ; -Steinach 690 ; -weiler 1071 . Obresch, Heinrich 375 . Ochsen, Hans 1072 . Ocker 40 , 51 . Odenwald 1071 . Odereisenhütte 1105 . Ödtmühl 687 . Ölsnitz 839 . Öser 56 . Österreich 185 , 446 , 457 , 478 , 529 , 544 , 600 , 602 , 609 , 637 , 640 , 659 — 661 , 694 ; -ische Alpenländer 598 . Öttingen, Fürst 1065 . Ofen 35 , 36 , 41 , 106 — 108 , 202 , 269 , 297 , 1008 , 1010 , 1252 , 1256 ; -brust 166 , 175 ; -futter 192 ; -platte 269 , 293 ; -zustellung 201 . Ohe 717 . Oker 1106 , 1107 . Olaus 820 . Oldendorf 762 . Oliva 845 . Olivier 528 . Olmütz 663 , 664 . Olpe 818 , 1096 , 1187 . Ordnung 703 , 705 , 713 . Orebro 899 . O’Reilly 881 . Orekrog 590 . Orengo, Juan 402 . Orgelgeschütz 434 , 989 . Orientalisch 404 . Ornament 271 . Orne, Dep. 890 . Orozco, Pedro de 403 . Orsana 658 . Osemund (Osmund) 36 , 210 , 232 , 247 , 483 , 570 , 585 — 591 , 593 — 596 , 818 bis 822 , 848 , 900 — 903 , 1177 , 1183 — 1186 ; -eisen 1283 , 1293 — 1296 ; -frischen 487 ; -hammer 483 , 485 , 558 ; -handel 1184 . Oskau 664 . Osnabrück 570 , 849 . Osterby 904 . Osterode 774 , 781 , 786 , 816 , 1106 , 1108 . Osterwaiher 683 . Osthelden 193 ; -indien 416 ; -see 582 , 585 , 589 ; -see- länder 572 . Ottange 856 . Ott-Heinrich, Pfalzgraf 308 . Ottokar 659 , 663 . Ottweiler 202 , 269 , 830 . Ourthe 850 , 854 . Ovid 35 . Register. Owen, John 333 , 888 . Oxford 1258 . Oxydation 218 , 539 . P. Paaler-Schmiede 252 ; -Stahl- arbeit 1058 . Pack 502 . Packet 490 ; Packetieren, Pack- schmieden 491 . Padua 23 . Page, Ralph 333 . Pah, Peter 445 . Pahlen, Wolf 376 . Paisx de St. Jaques 854 . Palästina 35 . Palermo 121 . Pallacios, Pedro 446 . Pandaleon 66 . Pandolfo, Pandulphus 32 , 48 , 858 . Pangretzer 594 . Panzerbrecher 407 ; -schmied 347 , 381 , 822 , 831 . Papin, Dyonis 536 , 925 — 931 , 936 — 938 , 1232 ; -ischer Topf 926 . Paracelsus Theophrast Hohen- heim 84 , 539 , 540 , 546 . Paras, Albregh 405 . Parigino 446 . Paris 373 , 416 , 877 , 999 , 1001 , 1226 , 1228 . — Ma- thäus 106 . Parlament 1033 . Partisane 425 . Pascal 925 . Passau 392 , 394 , 610 , 692 , 813 . Patent 1033 , 1248 , 1250 bis 1254 , 1259 , 1261 — 1264 , 1269 , 1271 , 1274 ; -be- schreibung 931 ; -wesen 1032 — 1034 . Pater, Heinrich 398 . Paternosterwerk 524 . Pather, Peter 398 . Patini, Ch. 966 . Patrolaus 404 . Paul, Meister 370 . — III. 47 . Paulskirche 1284 . Paumgartner. Sigmund 605 , 606 , 610 . Pech, Peter 445 . Pechkohle 104 . Pedro III. v. Portugal 1225 . Peertz 595 , 596 . Pegnitz 336 , 688 , 689 . Peitz 847 , 1207 , 1208 . Pela 36 , 76 . Pelland 379 , 452 , 884 , 885 . Pendel 553 . Perchtoldsdorf 459 . Perckhammer, Hans 364 . Perez, Alonso, Franc. 864 . Perigord 35 . Perigueux 992 , 1237 . Perm 906 , 1301 . Pernstein 664 , 665 . Persen 657 . Persien 907 . Pessina 665 . Petarde 1131 , 1132 , 1134 , 1136 . Peter der Grosse 1110 , 1299 , 1304 ; -hof 578 , 580 . Petersburg, St. 1300 ; -hütte 816 . Peterson, William 1247 . Petrarka 852 . Petrinal 428 . Petrini 445 . Petro de Napoli 405 . Petschora 906 . Pettau 616 . Petty, Sir William 1245 , 1246 . Petzler, G. 1065 . Pfahlgeld 593 . Pfalz 975 , 1007 . Pfanneisen 986 . Pfannenschmidt, Ludwig 942 . Pfeffenhäuser, Ant. 357 , 358 , 362 , 377 , 451 . Pfeffer, Hermann 791 . Pfeifen 354 ; -rüstung 351 . Pfeil, Hans 388 . Pfendter 671 , 677 . Pfennwerth 645 . Pferdegöpel 134 , 533 . Pflinz 599 , 600 . Pflug, Julius v. 30 ; -eisen 44 , 148 ; -stahl 786 , 790 . Pförtner, Hans 532 . Pfuel, General 1103 . Pfuscher 558 . Philipp II. v. Spanien 348 , 356 , 375 , 401 , 445 , 451 , 456 , 868 , 1222 . — III. 868 . — IV. 1217 . — IV. von Frankreich 577 . — d. Gross- müthige 744 , 749 — 752 , 756 , 1099 . — d. Gute 373 , 388 . — der Schöne 106 . — III., Gr. v. Nassau 740 . — von Österreich 874 . — Pfalzgraf 709 . Philipp, Peter 532 . Philipps, J. 888 ; -burg 789 . Phlegnicks 1251 , 1253 . Phlogiston 961 . Phönizien 519 . Phosphor 177 , 207 , 219 . Phryge 516 . Physik 915 , 919 . Piccinino 349 , 368 . — Lucio 372 . — Ant. Federigo 404 . Piccolomini 404 , 1102 , 1103 . Piemont 860 , 872 , 1012 , 1016 , 1021 , 1228 , 1229 , 1231 . Pierus 404 . Pietti, Barthol. 372 . Pifano (‗ Piripe) 373 . Pig 903 ; -iron 217 . Pike 992 . Pillenhofen 687 . Pillersee 658 , 1060 . Pillizone, Francesco 372 . Pilon, Germain 373 . Pilsen 661 . Pinkaute 664 . Piripe, Pifano 350 , 372 , 373 . Pirna 36 , 569 , 831 , 832 , 835 — 842 , 1202 , 1203 . Pisa 452 . Pistoja 445 , 1221 . Pistole 428 , 433 , 988 . Plaahaus 187 , 613 , 624 , 644 ; -hausleute 650 ; -hütte 165 ; -ofen 154 , 178 . Plätschhammer 480 . Plaien 617 . Planitz, von der 103 . Platinus, Petrus 24 . Platine, Platinenhammer 439 , 441 , 488 . Platten 294 , 663 ; -hammer 1187 ; -öfen 316 . Plattieren 345 . Plattner 10 , 347 , 381 , 383 , 575 , 993 , 1132 . — Lorenz 352 , 377 ; -gewerbe, -kunst 348 , 352 , 355 , 374 , 658 , 993 ; -schule 356 . Platzer 1050 . Plauen 839 . Plausch (‗ Pleyofen) 656 . Play, Le 1013 . Player 650 . Plech ‗ Blech. Plechen 683 , 684 . Plechhammer 666 . Plettenberg 424 , 818 , 1177 . Pleyofen 655 , 656 . Pliesten 406 . Plinius 11 , 34 , 37 , 58 , 74 , 77 , 84 , 100 , 105 , 106 , 369 , 383 , 864 , 979 . Plott, Dr. 538 , 1271 . Pocheisenstempel 530 ; -werk 44 , 90 , 530 . Poegl, Peter 602 . — Sebald 619 . Pörschwert 400 . Pohle, Wolf 382 . Poille, Charles 451 , 874 . Polen 591 , 592 , 904 . Polence 853 . Polhammer, Hans 378 . Polieren 345 . Polierstein 40 . Register. Pols, O. 398 . Poltenthal 631 . Polydorus Vergilius 11 . Polzin 848 . Pommer, Wolfgang 316 . Pommern 848 . — Ernst Lud- wig von 848 . Pontow, Ralph de 378 , 884 . Pontypool 893 , 1272 , 1277 . Popenruyter, Hans 884 — 886 . Populonia 35 . Porosität 249 . Porta, Giambatisto della 919 , 920 , 923 , 944 , 1035 . Portenary, Guy de 583 . Portugal 585 , 1224 . Possekel 480 . Potschappel 103 . Pottenwöhr ‗ Bodenwöhr. Powle, Henry 970 , 1285 , 1286 . Pozhage 168 . Prachtrüstung 358 . Prado 1224 . Prag 463 . Prebach 680 . Prebüchl 168 , 606 . Predazzo 658 . Preise 450 , 595 , 711 , 751 , 886 , 993 , 1007 , 1079 , 1095 , 1115 , 1126 , 1128 — 1133 , 1147 , 1155 — 1157 , 1160 , 1172 — 1173 , 1205 , 1207 ; -ordnung 638 . Prellhammer 484 . Presa 253 , 255 , 1057 . Preuss, Jacob 324 , 325 , 329 , 336 . Preussen 589 , 591 , 592 , 848 , 880 , 991 . Preysing, Graf 1060 , 1062 . Priebus 844 . Primör 224 . Pritschen, Pritschhammer 503 . Privilegium 823 , 1032 , 1045 , 1194 , 1196 . Probe, Probieren 70 , 81 , 84 . Probieraina 168 . Probieranstalt 85 ; -kunst 42 , 54 , 538 ; -ofen 82 . Proetor, Thomas 1247 . Pröbus, J. 1002 . Protestant, Protestantismus 619 , 652 , 890 , 892 . Proviant 637 , 639 , 640 . Pruel, Hans 474 . Prüm, Hans v. Messene 399 . Prunkrüstung 348 , 363 . Prunn 1062 . Ptolemäus 35 . Pubitschka 661 . Pucheisen 199 , 809 , 815 . Puddeln 319 . Püster, Püsterich 536 , 537 , 921 . Pullmann ‗ Bullmann. Pulvermaschine 926 ; -mühle 816 . Pumpe 524 . Punder 593 . Puttrich 295 . Putzen 253 . Pyrenäen 151 , 521 , 872 , 967 , 1325 ; -schmiede 866 . Pyr (Pyhrn) 609 , 610 . Q. Quadrateisen 1000 . Quandel 99 ; -schacht 98 . Quantz 174 , 180 , 210 , 942 . Quartierstadt 575 , 880 . Quecksilber 70 . Querfurter Hütte 1108 . Quinque 453 . R. Rackersburg 635 . Radbohrer 49 . Rade 357 , 358 . Rademacher, Joh. 1182 , 1294 . Radgebläse 525 ; -getriebe 522 ; -gewerke 185 . Radlo, Reinhard 829 . Radmannsdorf 656 ; -meister 165 , 602 , 603 , 613 , 616 , 644 , 650 ; -schiene 44 ; -schloss 432 , 433 ; -sporen 392 ; -werke 619 , 625 , 1045 . Rafael 372 . Raffinirhammer 478 , 825 , 971 , 1187 ; -stahl 491 . Raffjö 992 . Rahmen 286 . Raidwerk 203 . Raitmeister 712 , 1094 . Raleigh, Sir Walter 334 , 1242 . Ramelli 69 , 142 , 484 , 520 , 522 , 917 , 918 , 929 . Raming 660 . Rammelsberg 519 , 547 , 554 , 773 , 781 , 782 . Rancié 872 . Rannequis 1232 . Rapperswyl 313 . Rappier 400 . Rascha 36 . Rasenerz 80 . Rast 190 . Raucheisen ‗ Rauheisen 638 . Raudenstein 846 . Rauhbohren 442 ; -gemäuer 189 , 192 ; -schleifer 1026 ; -stahl 209 . Rauscher 1046 . Rautenkranz, Hans 790 . Ravengiersbach 308 . Ray, John 1286 , 1287 . Reaumur 34 , 121 , 866 , 1014 . Recht 5 . Reckeisen 1097 ; -eisenfeuer 232 ; -hammer 406 , 439 , 478 , 489 , 822 , 971 , 1187 . Recknagel, Kasp. 433 . — E. 988 , 994 . Reden, von 1108 , 1130 . Reduan 402 . Reduktion 539 . Reformation 641 , 658 . Refudi 1058 . Regal 101 , 834 , 904 ; -ität 670 . Regensburg 392 , 409 , 569 , 688 , 692 , 1011 , 1062 . Regenstein, Graf von 761 . Regimentsstück 991 . Regiomontanus 470 . Regnier 472 . Regulator 129 . Regulus 81 . Reibebank 983 . Reibenschuh, Kaspar 626 . Reichenau 661 . Reichshofen 711 . Reichstagsabschied 557 . Reichwein, Dr. S. 828 . Reidel’s Gewerke 1134 . Reidemeister 817 , 1186 , 1217 . Reider 393 , 406 , 558 , 824 . Reifeisen 1000 . Reiffenberg 494 . Reifling 624 . Reimchronik 1177 . Reinerus 901 . Reise 194 , 198 . Reitau, von 659 . Reitel 479 . Reitwerk 1199 . Reitz, Claus 440 . — Stephan 759 . Remscheid 415 , 825 , 1196 , 1199 . Remy, St. 877 , 992 , 1237 . Renard 1200 . Renn 224 . Renné II. v. Lothringen 855 . Rennarbeit 149 , 151 , 176 . Renner 43 . Rennfeuer 89 , 146 , 220 , 967 ; -herd 92 , 144 , 148 , 246 ; -hütte 755 ; -schmiede 1153 ; -werk 145 , 149 , 477 , 736 , 742 , 802 , 853 , 858 , 1186 , 1187 , 1243 ; -werks- betrieb 13 , 187 , 1090 . Repa 350 , 372 . Restauration 1273 , 1276 . Retz 605 , 606 . Reval 579 . Reverberirofen 95 , 112 . Register. Rey, Julian del 402 , 864 . Reyher, Samuel 941 , 942 . Rhamede 821 . Rhein 105 , 239 , 592 , 706 , 880 ; -felden 1068 ; -gau 1088 ; -gebiet 186 ; -land 816 ; -pfalz 709 — 711 ; -provinz 1199 ; -schiffahrt 706 ; -zoll 707 . Rheinisches Frischen 239 . Rhenanus, Johannes 103 , 752 , 783 , 848 , 854 . Rhoden 817 . Rhodos 339 . Riastein 252 , 1056 . Ribben 491 . Richard 151 . — II. v. Eng- land 102 , 833 . — III. 3 . — Erzbischof 829 . Richelieu 1035 . Richius, Theophil. 1061 , 1063 . Richmond 1283 . Richteisen 981 ; -maschine 329 . Richter, Konrad 377 . Riechberg 833 . Riede 310 . Riederer, Kaspar 350 . Riefensbeck 1105 . Riestonne 983 . Riewel 476 . Riga 578 . Ringler, Hans 377 . Ring- u. Kettenschmied 1027 . Ring-Zuschicken 559 . Rinnblech 215 . Rinne 287 . Rinzenau 198 . Rio-marina 857 . Rios de los, Alonso 403 . Ritter 7 . Rives 872 . Rivius 69 , 269 , 338 . Rivolta 405 . Rizzo, Paolo 368 , 372 . Robertsbridge 1272 . Roche 1226 . — de la Hullin 1239 , 1240 . Rochefoucault, von, Karl 339 . Rochlitz 58 . Rockenberger, Sigmund 376 . Rockenbruck 668 , 670 . Roc-noire 872 . Rodenstein 312 . Roe, Kapt. 888 . Röhrenguss 1232 . Römer 653 , 654 , 693 ; -stadt 665 . Römisches Recht 3 . Rösten 83 , 89 , 200 . Rösthaufen 169 ; -ofen, -stadel 91 , 92 . Röstler 650 . Rogers 1282 . Rohaufbrechen 235 , 236 ; -ein- schmelzen 234 . Roheisen 12 , 179 , 217 , 809 , 902 ; -frischen 219 , 221 . Rohr, von 912 . Rohrfabrik 1106 ; -hammer 1080 ; -schmiede 441 , 989 . Rohrschmelzen 223 ; -stahl 209 ; -stahlwerk 260 . Roll, Georg 471 . Rolle 506 , 507 , 510 , 513 . Rolshausen, Peter von 301 , 309 , 745 . Rolstein 252 . Rom 2 , 529 , 861 , 868 , 945 . Romero, A. 368 , 372 . Rommershausen 1073 — 1077 . Ronow, Konek von 664 . Rootsgebläse 929 . Roscommon 1243 . Rosenberger, Hans 357 , 376 ; -busch 1303 ; -egg 1060 ; -stahl 1018 , 1231 . Rossi 349 . Rost 41 , 125 , 266 , 269 , 1008 ; -feuerung 106 . Rotenberg 1106 ; -bruch 785 ; -hütte 767 . Roth 357 ; -bruch 1266 . Rothenburg o. d. Tauber 409 , 537 ; -fels 689 . Rotschmied 377 . Rottemann 423 , 424 , 623 , 631 . Rouen 416 , 877 , 999 . Rouxel, Graf J. 1239 . Rovenzon, John 1254 — 1257 . Royal Society of London 926 , 1035 . Rubigo 36 , 41 . Ruda 664 . Rudolf 513 . — von Habs- burg 693 . — II. Kaiser 363 , 366 , 582 , 660 , 759 , 895 , 993 . — II. v. Steyermark 603 . — August v. Braun- schweig 1108 . Rübeland 761 , 762 , 770 , 1107 , 1108 . Rübsamen 770 . Rücker, Thomas 366 , 378 , 399 . — Joh. 474 . Rückseite 190 . Ründeroth 822 . Rüstung 354 . Ruhla 416 , 760 . Ruiz, Ant. Seb. Juan 401 , 402 , 1224 . Rumpe, Kaspar 1177 . Rumpelzange 510 . Rumseye, David 925 . Rundeisen 960 , 1000 . Ruphin, Ambroise 373 . Ruprecht, Kaiser 755 . — Prinz v.d. Pfalz 1013 , 1273 . Russ 1019 . Russland 165 , 578 , 580 , 891 , 905 — 908 , 991 , 1031 , 1299 — 1304 . Rutter, John 887 . Rycker, Martin de 405 . S. Saar 664 ; -brücken 202 , 269 , 556 , 567 , 830 , 831 , 1239 ; -gebiet 830 , 1200 . Sachal 611 . Sachs, Hans 379 , 388 , 392 , 411 , 421 , 436 , 437 , 459 , 474 , 497 , 505 , 514 , 517 . Sachse, Stephan 901 . Sachsen 39 , 102 , 296 , 317 , 543 — 545 , 554 , 558 , 574 , 596 , 758 , 831 — 843 , 979 , 980 , 985 , 1200 — 1206 , 1276 , 1280 . — August v. 911 . — Georg v. 776 . Sackfeld, Richard 889 ; -hauer 1188 ; -villefurnace 1284 . Säckingen 693 — 699 , 1067 . Säma 640 . Sänitz 845 . Saft 1055 . Sagan 36 , 844 , 845 . — Hans von 844 . Sahagun de Alonso 401 , 403 , 863 , 864 , 1224 . Saiten 506 . Sakramentshäuschen 458 , 461 . Salado, Juan 446 . Salcedo, Juan de 403 . Salisbury 881 . Salmasius 971 . Salvaguardia 1075 , 1083 . Salvator, St. 184 . Salz 964 . Salzburg 544 , 600 , 623 , 642 — 646 , 670 , 1042 , 1043 . — Wolf Diedrich, Erz- bischof von 1050 . Salzburgische Sinterarbeit 222 . Salzlauge 289 . Sam 691 . Samb 633 , 652 . Sambre, Entre et Meuse 1214 . Samitsch, Daniel 445 . Sander, Christof 794 . Sandformerei 288 . Sandy, Christ. 897 . Sangershausen 839 . Saragossa 863 . Sardi, Pietro 1209 . Sarepta 55 , 59 , 536 , 549 . Sargans 707 , 708 . Sarravalle 386 . Sars 445 . Sarsach- (S harsach-) stahl 617 . Register. Sarthe, Dep. 870 . Sarwochte, Sarworchte 10 , 381 . Sassira 858 . Sattelrad 521 . Satzordnung 1185 . Saueisen 217 . Sauer 45 , 252 , 253 , 1056 ; -bildung 1057 . Sauerland 36 , 317 , 421 , 482 , 510 , 511 , 745 , 816 — 818 , 1184 — 1186 . Sausenberg 766 . Sava ‗ Sawa. Savery 929 — 931 , 935 — 938 . Savoyen 121 , 860 , 871 , 872 , 874 . Sawa 655 , 656 , 1058 , 1059 . Sawry, William 897 . Sax, M. 59 . Saxholm, Petr. 819 . Saxon, Thomas 886 . Sayn 1096 . — Altenkirchen 79 , 232 , 487 , 730 , 734 , 735 , 820 , 1186 . — Se- bastian, Graf zu 735 . — Wittgenstein, Graf v. 928 . Scaperia 861 . Scappi, Bart. 417 . Scerer, Richard 889 . Schabeisen 346 ; -messer 291 . Schablone 273 , 291 , 341 . Schacht 179 , 190 , 201 ; -ofen 48 , 106 — 109 , 111 — 114 , 159 . Schäffer, Pet. 9 . Schale 287 . Schaller 352 . — Paulus 375 . Schalona 579 . Schanternell 357 . Schanzkorb 120 . Scharfdündel 432 . Scharff, Kurt 300 , 309 , 745 . Scharsachstahl 491 , 629 . Schauamt 567 ; -zeichen 1189 . Scheen 1283 . Scheere, Schere 1003 . Scheffield 880 , 881 , 895 , 1281 . Scheibbs, Scheibbserisch Eisen 637 — 639 . Scheibe 282 , 506 , 510 ; -neisen 175 , 182 , 212 , 213 ; -nzug 513 . Scheiden 86 . Scheifling 607 , 633 . Schelde 736 . Schelder Hütte 1090 . Schellhorn, Martin Nicol. 941 , 942 . Schellnhausen 1072 , 1073 . Schenbub, Hans 846 . Schenk, Martin 339 . Schenkehalten 563 . Schere 419 , 827 , 877 , 1003 . Scherenberg 816 ; -schmied 419 . Schichtlohn 1042 . Schida 36 . Schiebebank 977 . Schieber 127 , 977 . Schiefe Ecke 256 . Schiene 140 . Schierke 1109 . Schiesspulver 7 . Schiffskohle 102 . Schildzapfen 271 , 275 . Schillink 307 . Schimmelbusch, Pet. 398 . Schindel, Mich. 847 . Schinhammer 666 . Schirbel 980 . Schirmgeld 709 . Schistos 39 , 40 , 77 . Schlachter 483 . Schlachtmesser 415 . Schlacken 41 , 146 , 151 , 204 , 208 ; -römische 1278 , 1279 , 1281 , 1285 ; -abstich 116 ; -auge 167 ; -loch 43 , 235 ; -kugel 789 ; -werth 56 ; -walde 532 ; -zacken 228 . Schladming 621 . Schlange 324 , 337 . Schleiden 202 , 828 , 829 , 1199 ; -er Thal 241 , 242 ; -er Thal-Arbeit 203 . Schleifer 406 , 424 , 558 , 823 , 1026 ; -handwerk 1197 . Schleifkotte 1187 , 1197 ; -rad 343 . Schleinitz, Hans v. 842 . Schlemma 833 . Schleppzange 514 ; -zug 510 , 977 . Schlepzig 846 . Schlesien 148 , 543 , 592 , 663 , 664 , 843 — 846 . Schleusingen 757 . Schlick, Graf 56 , 57 , 60 , 61 , 544 . — Albert 847 . Schlitte 908 . Schloesser 837 . Schloss 468 , 521 , 1000 . Schlosser 10 , 565 , 594 , 1027 ; -ei 455 , 468 ; -kunst 913 , 1002 , 1004 ; -werkzeug 1007 ; -zunft 468 . Schlotheim, Hans 470 . Schlüssel 474 . Schlüter 942 . Schmalkalden 161 , 173 , 178 , 180 , 210 , 310 , 468 , 753 — 757 , 766 , 942 , 1099 , 1100 — 1103 ; -ischer Krieg 61 . Schmelze 1067 . Schmelzherd 43 ; -hütte 193 , 853 ; -ofen 287 ; -probe 42 , 82 ; -verfahren 144 ; -würdigkeit 85 ; -zeit 1205 . Schmid, Wolf 615 . Schmiedbarer Guss 1274 . Schmiedeamt 1187 ; -arbeit 456 ; -berg 148 , 844 ; -esse 120 ; -feld 753 ; -gerecht- same 566 ; -gesellenguss 562 ; -handwerk 594 , 1198 ; -kunst 342 . Schmiedeborn 1200 . Schmiedestadt (Tula) 1303 ; -tag 1094 ; -taxe 559 , 1029 ; -zunft 556 , 850 . Schmiedhammer, Georg 473 . Schmiedhof 755 ; -mensch 666 , 672 — 674 . Schmitten 494 . Schmöle, Hermann 1174 . Schnabel 469 ; -schuhe 353 . Schnapphahnschloss 433 , 434 . Schneeberg 55 , 543 , 549 , 833 , 839 , 1201 . Schneidekunst 369 ; -walzen 951 ; -werk 527 , 945 — 960 , 973 . Schneidzeug 1002 . Schneppenkanten 1097 . Schockenzange 510 . Schönau 699 , 710 ; -berg 545 , 835 , 836 . — J. A. v. 375 ; -born, Ehewein von, Erzbischof 1089 ; -eck 202 , 839 . Schöneberg 725 . Schönhofen 687 ; -leben, Mich. 839 . Schörkopf, Hans 790 . Schonen 576 , 590 . Schookius 966 . Schopperus, Hartmann 379 , 380 , 382 , 388 , 391 , 411 , 420 , 437 , 475 , 503 , 514 , 517 . Schorrenmühle 1199 . Schott, Kaspar 918 . — E. 307 , 310 , 772 . — P. 944 . Schotten 35 . Schottland 882 , 1248 , 1272 . Schramberg 692 . Schrammenhütte 775 , 801 , 1144 . Schraubstock 760 . Schrei 258 . Schreiber, A. 766 . Schreiner, Sebald 471 . Schreitmann, Cyriac. 55 . Schrewsbury, Graf von 895 . Schroeter, Bened. 1078 . Schrot 983 ; -meissel 43 , 159 . Schrothacke 480 . Schuch, Ant. Israel 399 . Schüssel 120 . Register. Schütz 528 . Schütze 480 . Schützenfest 439 , 988 ; -gilde 8 ; -verein 439 . Schulenburg 786 , 1207 . Schultz, Christof 892 , 895 . Schumback 510 . Schupbach 1089 . Schuppius, J. B. 1010 . Schutzzoll 1238 , 1280 . Schwabach 977 . Schwaben 608 ; -thal 848 ; -schmiede 234 . Schwalefeld 745 , 1076 . Schwallbrocken 230 , 243 . Schwanz 250 ; -hammer 225 , 481 — 484 ; -schraube 430 ; -stück 271 . Schwarz, Christof 347 , 357 , 362 , 363 , 378 . — Georg 55 . — Hans 836 , 839 . Schwarzblech 500 , 626 ; -burg 760 ; -burg, Graf Günther von 537 . Schwarzenberg 76 , 690 , 833 , 835 , 839 , 843 , 1001 , 1002 . — Graf Pred. 1038 . Schwarzenberger, Friedr. 1063 . Schwarzenfels 690 ; -hütte 816 . Schwarze Rüstung 367 . — Schluft 1105 , 1107 . Schwarznagelschmied 497 . Schwarzwald 692 , 695 , 699 , 700 , 1069 ; -mischkasten 984 . Schwatz 532 , 543 , 547 , 621 , 657 , 658 ; -er Erfindung 544 . Schweden 36 , 80 , 161 , 205 , 232 , 241 , 246 , 333 , 334 , 582 , 590 , 752 , 755 , 819 , 820 , 848 , 896 , 898 — 904 , 910 , 916 , 943 , 953 , 991 , 992 , 997 , 1140 , 1147 , 1154 , 1199 , 1289 — 1299 . Schwefel 70 , 217 , 220 , 222 , 963 ; -kies 432 . Schweinichen, Hans v. 782 . Schweinsberg, Schenk v. 310 . Schweissstahl 246 . Schweiz 688 , 706 — 709 . Schwert 392 ; -brüder 414 , 415 . Schwerte 791 . Schwertfabrik 414 , 822 , 823 , 826 , 1188 ; -feger 370 , 393 , 406 , 412 , 566 , 824 , 1193 ; -former 399 ; -griff 406 ; -kaufleute 415 ; -marke 394 ; -schleifen 1026 ; -schmied 393 , 406 , 408 , 760 , 824 , 1188 ; -tanz 410 , 547 , 548 , 1028 . Schwickershof 775 , 801 . Schynnschmied 674 , 677 ; -hammermeister 671 . Scorer, Robert 889 . Scrivener 891 , 1282 . Scroo, Franz 373 . Sea-coals 102 . Sebastian, St. 335 , 464 . Sechsmannsbrief 825 , 1188 — 1190 , 1194 , 1195 . Sedgeley 1261 . Seeerz 80 , 898 , 905 ; -gut 416 ; -handel 568 ; -macht 575 . Seele (des Geschützes) 52 , 271 , 275 , 277 , 282 , 283 , 286 . Seelgrund 733 . Seelos, Jörg 446 . Seifarth 846 . Seil 278 . Seisenberg 1058 . Sommering 608 , 624 . Semper 354 . Senklerblech 984 , 985 . Senonches 1226 . Sensen 247 , 818 , 1018 , 1196 ; -eisen 840 ; -hammer 422 , 488 ; -schmied 420 , 1198 ; -schmiedeordnung 738 . Sensi 347 . Serabaglia, Giov. 349 , 372 , 405 . Serafino 404 . Seraing 853 . Seravalle 348 , 860 , 861 . Serisna 858 . Serenitz, Georg 626 . Sesia 860 . Setzeisen 147 . Seusenhofer, Wilhelm 350 , 356 , 377 . — Konrad 375 . — Jörg, Hans, Matthäus 352 , 363 , 364 , 375 . Severn 891 . Sevilla 392 , 863 , 868 . Sexey 1239 . Seyfried, Babert 399 . Sforza 355 . Sheffield ‗ Scheffield 416 . Shotley-bridge 1284 . Shropshire 893 , 1278 , 1279 . Sibirien 1301 , 1304 . Sichel 424 . Siderit 37 . Siebenbürgen 161 . Siebenbürger, Val. 356 , 376 . Siechsdorf 690 , 691 . Siegen 36 , 232 , 256 , 558 , 711 , 713 , 720 — 733 , 1010 , 1072 , 1090 , 1091 , 1097 , 1098 . Siegensche Einmalschmelzerei 229 . — Rohstahlarbeit 255 . Siegerland 79 , 193 , 196 , 205 , 226 , 261 , 317 , 448 , 482 , 570 , 773 , 816 , 823 , 941 . Sien, Hans 200 , 768 . — Chris- tof 201 . Siena 48 , 79 , 155 . Sierra Almagrera 868 . Sigismund, Kaiser 601 . — Erzbischof 643 . — Pfalz- graf 670 , 685 . — v. Tirol 374 , 709 . Silbach 1074 . Silicium 217 , 219 . Simanca 524 . Simmersbach 196 . Singer, Georg 626 . Singerinkugel 625 . Singulosilicat 151 , 218 . Sinopische Erde 40 . Sinter 222 , 224 ; -arbeit 222 ; -blech 228 . Sirrico, Pietro 404 . Sizilien 857 . Skaja 1057 . Skaliger 74 , 75 . Skaliot, Marcus 474 . Skandinavien 4 , 247 , 572 , 576 , 589 , 590 , 880 , 898 , 1290 . Skias 42 . Skinskatteberg 902 . Slawen 753 . Sleida 828 . Slew-Neren 1243 . Slowakenofen 161 , 166 . Smäland 899 . Smyth, John 379 , 884 . Söderforss 1293 . Söldner, Jac. 842 . Sömmering, Phil. (Thero- cyklus) 792 . Söse 1107 . Soest 579 , 592 . Sötenik 828 . Soldan, Phil. 300 , 303 , 306 , 307 , 309 , 744 — 746 , 848 . Soling 393 , 396 , 406 , 413 , 415 , 416 , 419 , 424 , 489 , 570 , 822 — 826 , 1187 bis 1189 , 1191 , 1192 , 1197 , 1280 . Solis, Virgil. 306 , 356 , 378 . Solling 1105 . Solms 300 , 743 . — Reinhard, Graf v. 68 . — Laubach 1072 . Sommerset, E., s. Worcester. Sommorostro 862 , 864 . Sondershausen 536 , 537 . Sondrio 858 . Sonnay, Pierre de 874 . Sonneberg 297 . Sophie v. Braunschweig 786 . Sorau 846 . Soret 1229 , 1231 . Sorg, Jörg 357 , 378 , 742 . Sorge, Peters 301 , 306 , 314 , 1084 . — Christof 1082 Register. — 1084 . — Philipp 314 , 1084 . — Heinrich 1085 . Sortierer 93 . Sotacus 40 . Southwark 885 . Sovere 860 . Spa 852 . Spacini, Hieron. 372 . Spalatin 59 . Spangenberg 309 , 752 . Spanien 2 , 34 , 40 , 262 , 328 , 335 , 354 , 355 , 392 , 401 , 433 — 444 , 452 , 481 , 519 , 529 , 585 , 588 , 593 , 860 , 861 , 865 — 869 , 880 , 896 , 977 , 996 , 1221 — 1224 , 1230 . Spanische Nadeln 516 , 1199 . Spanischer Erbfolgekrieg 929 . — Hut 863 . — Stahl 1019 . Spanisches Eisen 892 . Spatheisenstein 90 , 198 . Specht, Hans 846 . Spergler 1027 . Sperriges Eisen 183 . Spessart 553 . Speyer, Peter und Wolf von 357 , 376 . Spiegelberg 775 . Spiegeleisenflossen 182 , 183 , 259 . Spiessglanzbutter 367 . Spiessschaalen 214 ; -vogel 241 , 259 . Spindel 272 , 274 , 277 . Spinelli, Nicolo 373 . Spinola 1138 , 1209 . Spital 423 , 624 . Spitzbalg 126 . Sporn 390 , 594 , 993 . Sprenggeschoss 339 . Springiersbach 829 . Spruchbrief 708 . Stabbio 858 . Stabeisen 222 , 1000 ; -hammer 478 . Stackl 1134 . Stadel 106 . Staffordshire 101 , 538 , 1261 , 1270 , 1271 , 1278 , 1279 , 1283 . Stahl 41 , 44 , 156 , 217 , 222 , 246 , 573 , 755 , 914 , 926 , 1228 ; -arbeit 1056 ; -berei- tung 51 , 246 , 1216 , 1267 ; -berg 80 , 173 , 183 , 724 , 725 , 754 — 756 , 760 , 1104 ; -draht 505 , 1176 , 1186 ; -eisen 199 , 256 , 720 ; -erz 248 ; -fabrikation 839 , 892 , 1011 — 1022 ; -frischen 255 , 258 ; -frischherd 1014 ; gärben 490 ; -guss 1004 ; -härtung 262 ; -hammer 202 , 261 , 723 , 839 ; -handel 721 ; -herd 256 ; -hof 573 , 576 — 578 , 582 , 586 , 849 , 852 , 881 , 890 , 891 , 894 , 895 ; -hütte 829 , 1123 bis 1126 , 1129 ; -luppe 258 ; -massenbläser 720 ; -ofen 1272 ; -reite 763 , 764 ; -schmiede 720 , 763 , 1096 ; -gewerbe 723 ; -schmiede- lohn 721 ; -schmiedezunft 729 , 757 , 1100 ; -stein 83 ; -veredlung 478 ; -waffen 348 ; -weichen 214 . Stalln 717 . Stamm, Clemens 398 . Stangeneisen 44 ; -lanze 426 . Stapelplatz 574 ; -recht 571 ; -stadt 572 . Starboro, Sir Lawrence 885 . Stark, Leonhard 743 . Starkenburg 473 . Statue 42 . Staubsand 52 . Stauffenberg 770 , 774 , 796 , 798 , 1155 . Stavenhagen 849 . Stechen (des Windes) 221 , 229 . Stechzeug 357 . Stecknadel 515 , 919 , 977 . Steffens, Hans 943 , 1291 . Stegresare 1297 . Steiermark 35 , 161 , 168 , 171 , 178 , 207 , 422 , 423 , 477 , 495 , 545 , 568 , 569 , 598 , 609 — 641 , 861 , 979 , 1037 — 1041 . Stein, J. G. vom 1080 , 1083 . Steinachthal 297 . Steinbach 173 , 660 , 736 , 755 , 1028 , 1101 . Steinberg, Burchard v. 781 . Steinbrücken 736 — 738 , 1090 . Steinbüchel 655 — 657 . Stein der Weisen 539 . Steine (Zacken) 228 , 252 . Steinfeld 829 . Steinkohlen 45 , 94 , 100 , 101 , 104 , 752 , 780 , 785 , 822 , 845 , 854 , 971 , 1009 , 1196 , 1213 , 1231 , 1242 , 1247 , 1258 , 1268 , 1179 , 1286 , 1288 ; -bergbau 101 ; -berg- werke 783 , 1219 ; -eisen 1259 , 1265 ; -grube 101 . Steinmetz, Friedr. 703 . Steinzustellung 191 . Steierisches Eisen 593 ; -e Löscharbeit 222 ; -e Schmiede 753 ; -er Stahl 209 , 246 . Steitz, A. — Steitzische Ge- werkschaft 757 . Stellmeister 197 . Stengel 260 . Stephan Bathori 904 . Sternberg, Steph. v. 664 . Sternrad 521 ; -züge 988 . Sterzingen 658 . Stetten, Franz v. 615 . Steyr 416 , 447 , 458 , 569 , 603 , 610 , 611 , 616 , 618 , 626 , 627 , 637 , 641 , 659 , 660 , 1039 , 1040 . Stichloch 191 , 268 ; -öffnung 180 ; -seite 189 . Stocken (d. Wolfs) 167 . Stocker, Thomas 1070 . Stockholm 989 . Stocklech 211 , 213 . Stockmann, Hans 445 . Stockweich 230 . Stolberg 760 , 773 , 774 , 1108 ; -Wernigerode 762 . Graf von, Albrecht 773 , 774 . — Bernhard 762 . — Botho 766 , 768 , 771 , 774 . — Christian Ernst 785 . — Ernst 767 . — Heinrich 762 , 764 , 769 , 773 . — Kaspar 771 , 774 . — Lud- wig 773 . — Martin 770 . — Otto 760 . — Siegfried 760 . — Ulrich 770 . — Wolfgang 766 , 768 , 773 . Stolle 419 . Stomoma 41 . Storc, Limon 440 . Stortorp 1291 . Stossdegen 400 ; -rad 521 . Stourbridge 1282 . Strabo 11 , 34 , 383 . Strada 339 . — Octavius de 1213 , 1214 , 1269 . — Jac. de Rosbey 917 , 918 . Strafen 1134 . Strameyer, Hans 378 . Strassen 608 ; -zwang 1048 . Strecknitzkanal 592 . Streckwalzen 954 ; -werk 527 , 528 . Streichspan 746 . Streitaxt 426 ; -hammer 427 ; -kolben 426 . Strelitzen 439 , 907 . Stricker, Tidemann 585 . Strike 678 . Stritzelflossen 253 , 1057 . Stromberg 1080 , 1085 , 1200 . Strozzi 465 . Strutz, Jakob 660 . Stuckhütte 648 . Stübbesohle 212 . Stück 44 , 154 , 175 ; -ofen 89 , 144 , 154 , 161 , 165 , 168 , 174 , 187 , 477 , 783 , 967 ; -ofenbetrieb 176 ; -ofeneisen 210 , 252 ; -werker 557 . Stümpel 500 . Register. Stürze 500 , 981 . Stützer 493 . Stumpfeld, Daniel 785 . Sturdie, John 1288 . Sture, Sten 581 , 900 , 901 . Sturm 1010 . — L. Chr. 1232 , 1235 . Sturtevant, Simon 966 , 1247 — 1255 , 1267 , 1272 . Sturz 701 ; -blech 986 . Stuttgart 294 , 305 , 312 . Suatris, Friedrich 362 . Subsilicat 151 . Süderland 816 ; -ländisches Museum 300 . Südtirol 224 . — Wales 893 , 1272 . Suhl 173 , 179 , 440 , 444 , 445 , 753 , 756 , 757 , 759 , 988 , 1099 , 1101 , 1104 . Sulkowski’sche Sammlung 368 . Sully 987 . Sulpice, St. de Fougerés 452 . Sulzbach 36 , 39 , 68 , 80 , 569 , 665 , 671 , 677 — 685 , 688 , 832 , 1060 , 1064 , 1065 , 1200 .— Amberger Hammer- einigung 689 . Sumpf 159 ; -eisen 161 ; -erz 161 , 898 , 905 ; -ofen 112 , 188 . Sund 589 , 590 . Sunderland 1285 . Sundwig 822 , 1174 , 1175 , 1177 . Sundzoll 575 . Surrey 891 , 893 , 1248 . Sussex 317 , 334 , 879 , 891 — 896 , 1248 , 1272 , 1284 . Swata 661 . Swedenborg 34 , 161 , 163 , 168 , 171 , 174 , 227 , 247 , 952 — 955 . Sylvius, Aeneas 435 . Synderthal 830 . T. Taberg 899 , 1291 . Tacitus 35 . Tacken 199 , 315 , 902 . Tackjern 903 . Tadda, Franciscus 261 . Tätzel, Christian 542 . Tagebau 105 . Tagelohn 557 . Taggen 153 . Tajoli 1059 . Taken ‗ Tacken. Tallard, Bernh. 606 . Tanne 761 , 1106 — 1108 . Tanza-Arbeit 346 . Tarnowitz 150 , 544 . Tartaglia 69 , 324 , 327 , 328 . Taschenmesser 415 ; -werk 528 , 529 . Tau 1017 . Tauschierung 363 , 366 . Taxordnung 1209 . Tazoli 655 . Tegen 408 . Teichel 423 . Teicheneck 606 , 623 , 624 . Teichhütte 776 , 786 , 788 , 800 , 801 , 805 , 808 , 811 , 813 , 1121 . Teichmann, H. Valt. 201 , 768 . Telchinen 34 . Telgerode, v. 537 . Tell (Gestell) 199 . Teller 281 . Tesse, Joh. Clem. 398 . Tettau, G. W. v. 833 . Tettelbach, Joh. 29 . Teuffen 424 . Teuplitzer Hammer 1208 . Teyerndorf 685 . Thaler 57 . Thalhofer 408 . Thamer, Florian 604 . Tharandt 835 . Theamedes 39 . Themse 891 , 893 . Theodoros v. Samos 34 . Theophilus Presbyter 11 , 369 . Theophrast 11 , 39 , 100 . Therocyklus 792 , 793 . Thierry, Chastel 373 . Thiers 871 , 877 . Thionville 1239 , 1240 . Thönges, St. 736 . Thomas, Andr. 770 . Thomas-Gilchrist 218 . Thomasklinge 1224 . Thorn 592 , 594 . Thuanus 31 . Thürbeschlag 458 , 459 . Thüringen 173 , 178 , 210 , 753 — 760 , 942 , 993 , 1099 — 1104 . — Balthasar v. 762 . Thüringerwald 36 , 440 . Thürklopfer 459 . Tiefblau 80 , 863 . Tieff 1215 . Tiegel 44 , 106 , 120 , 123 , 124 , 249 . — hessische 83 ; -ofen 188 ; -probe 81 . Tiesen (Düsen) 229 . Tigerero, el 403 . Tillemarchia 36 . Tilly 1082 , 1102 , 1107 , 1138 . Tingualla 36 . Tintern-Abbey 862 . Tirol 528 , 541 , 547 , 569 , 623 , 657 — 659 , 861 , 1060 . Tischmesser 413 , 415 . Tivoli 944 . Toby 1282 . Todtnau 700 . Tölle (u. Gärtner, Eisenmaga- zin) 192 , 942 , 1108 . Toledano, il 446 . Toledo 392 , 401 , 826 , 861 — 863 , 1222 — 1224 ; -klinge 401 , 404 , 882 . Topf 319 . Torf 94 , 104 , 105 , 785 , 965 , 966 , 1247 , 1252 , 1271 , 1288 ; -kohle 966 ; -moor 105 . Torgau 370 , 832 . — Franz u. Paul v. 432 ; -er Erz 79 . Toricelli 916 , 925 . Torl (Törl) 615 . Torlein 602 . Toro, de, Juan 1223 . — Pedro 403 . Toskana 857 , 858 , 925 . Toul 294 . Touraine, Herzog v. 873 . Tours 416 , 873 , 874 , 877 . Tower 882 , 887 , 889 . Trachaniotes, Georg 906 . Tragkorb 125 . Transactions 1035 , 1036 . Transmission 522 . Traube 271 , 275 , 280 . Traunstein 690 , 691 . Trausnitz 307 . Trautenstein 762 , 1107 . Traversella 860 . Traysa 752 . Treatise of Metallica 1249 , 1250 , 1254 , 1255 . Treibach 186 , 1049 . Treibarbeit 366 ; -kunst 355 , 365 . Treiben 264 , 265 , 345 , 347 , 386 . Treitz s. Treytz. Treitzsauerwein (Treizsaur- leyn) 350 . Tremouille, La Louis de 451 , 452 , 873 . Treppenpfosten 1000 . Tretbalg 261 ; -hütte 145 ; -ofen 168 ; -rad, -werk 132 , 133 , 140 . Treytz, Konrad, Jörg, Christi- an, Andreas 351 , 374 . Triebstockverzahnung 522 . Trient 546 , 658 . — Erzb. v. 1082 , 1085 . Trilling 522 . Trockenpochwerk 530 . Trogfurt 766 , 1109 . Trombio 858 . Trutzwaffen 392 . Tschirna 844 . Tschirndorf 846 , 1208 . Tubalkain 383 . Tucher, Anton 596 . Tümpel 191 , 192 . Beck , Geschichte des Eisens. 84 Register. Türken 2 , 142 , 339 , 447 , 625 , 627 , 1049 . Tula 906 , 1301 — 1304 . Tuna 36 . Tunner, P. v. 235 , 260 . Turassio 41 . Turbine 521 . Turcone, Pompe 372 . Turin 452 , 873 . Turnierrüstung 358 . Turrianus, Jamellus 472 . Tute 82 . Tutellar, Vincent 379 , 884 . Tuttlingen 692 . Twekielling 163 . U. Ubach 193 . Udo, Nicol. 741 . Uebermaul 229 . Uebersetzung 591 , 592 . Uembst 658 . Uhr 470 , 471 . Ulm 335 . Ulrich, Helmschmied 388 . Umbereuter 607 . Umblase 1051 . Umfrage 560 . Unart 71 . Undeutsch, Hans 376 . Unechte Bressianarbeit 1058 . Ungarn 161 , 166 , 591 , 608 , 624 , 640 , 663 , 906 , 1018 , 1228 , 1230 , 1231 ; -isches Eisen 593 . Ungnad, Hans v. 499 , 979 . Untergestell 180 , 190 ; -harz 760 — 773 , 942 , 1007 ; -kasten 938 , 939 ; -kochen 692 , 1065 , 1066 ; -lind 1064 ; -maul 229 . Unterm Hain 193 . Unterösterreich 423 ; -schnei- dung 274 ; -schönau 1101 ; -wind 928 ; -wirde 615 , 617 . Upland 36 , Ural 906 , 1301 . Urbanowitz 1103 . Urbarreuter 606 . Ureland, van 379 , 884 . Urgitz, 694 , 698 . Urlaubbrief 673 . Urtl 184 , 225 , 1050 , 1052 ; -er Flossofen 653 . — Hütte 184 . Urwellen 501 . Urwellhammer 980 , 981 ; -stürze 501 , 981 . Usingen 740 , 742 , 1084 . Uslar 1105 . Usseln 745 . Uthmann, H. 839 . Utrecht 105 , 335 , 592 ; -er Friede 587 . V. Vaake 750 , 1075 . Valencia 868 . Valentinus, Basilius 71 , 539 , 540 , 962 . Vallenbach 701 . Valmonico 251 . Valparola 658 . Valvassor 654 — 656 , 1058 , 1059 . Vandeuvre 13 , 192 , 870 . Varro 35 . Vasari 466 . Vaudemont 855 , 870 . Vauxhall 925 . Veckerhagen 1076 . Veit, St. 184 , 495 , 568 , 644 bis 646 , 652 , 1045 — 1048 . Veldner, Karl 1049 . Vellner, Karl 186 . Velmonte, de 1224 . Veltheim, Math. von 770 . Venasole, Antonio 446 . Venedig 47 , 50 , 335 , 355 , 368 , 467 , 569 , 653 , 654 , 860 , 861 . Venediger, Heinrich 410 . — Ware 592 . Venetianer 1059 . — Gebiet 609 . Venlo 339 . Vennes 850 . — Des 1212 . Ventil 128 . Ventilator 525 , 928 ; -flügel 527 . Verantius, Faustinus gen. Li- cenus 918 . Verbleibungseid 824 . Verbrennen des Eisens 344 . Ver-edlung 971 — 976 ; -golden 345 ; -balkung 539 ; -lag 775 , 841 , 1111 , 1135 ; -leger 636 , 652 , 1045 . Verlorener Kopf 270 , 282 . Vermalterung 174 . Vernat, Philibeard 1262 . Versailles 999 , 1232 — 1234 . Verwittern 93 ; -zinnen 45 , 385 , 499 , 626 , 979 , 982 , 983 . Vesdre 850 , 854 . Vesser (Vezzonum) 753 , 754 , 758 . Vestall, Lanzelot de 373 . Vézelay 459 . Vianden 723 . Vibray 1226 . Vic-dessos 1226 . Victor 906 . — St. 1228 . Vidal 708 . Viechtwang 424 . Viereichen 845 . Vigne, Philipp de 378 , 884 . Villen 590 . Vils 569 , 685 ; -eck 668 , 689 . Vincent, Jaques 50 . Vinci, Leonardo da 118 , 520 bis 522 , 527 , 528 , 534 , 538 , 915 , 920 . Vingerlein 388 . Violet-le-Duc 371 , 476 , 878 . Vira 1293 . Virginien 1242 . Vischer, J. Bapt. 1043 . — Daniel 839 . Visconti 355 . Viset 855 . Vitalienbrüder 576 , 590 . Vizedom-Amt 643 . Völkermarkt 1048 . Vogel 742 . Vogesen 855 . Voigtland 768 . — Reussisches 760 . Volksschule 1034 . Vollmar, Wolter 516 , 1199 . Vollmergrube 80 . Volme 821 . Volsana 657 . Vorarlberg 708 . Vorbereitung der Erze 85 ; -swalzen 954 . Vordernberg 36 , 168 , 169 , 600 — 604 , 607 , 610 , 613 bis 615 , 619 , 625 — 627 , 630 , 640 , 1037 , 1041 . Vorderzacken 228 . Vorfrischen 204 , 224 ; -herd 188 , 191 ; -kaufsreg 571 ; -lage (Vorlacht) 769 , 814 ; -legemesser 415 , 416 . Vorm Berg 1095 . Vorpommern 848 ; -sage 562 ; -wärmen 928 . Vreden 467 . Vulcan 14 , 34 , 383 . W. Wachtendonk 339 . Wällisch Feuer 607 . Wälsche Hämmer 611 . Wärmfeuer 203 ; -ofen 953 . Wässerungskasten 93 . Waffen 450 , 594 , 993 . Waffenfabrikation 987 — 992 ; -fabrik 874 , 1188 ; -hammer 488 ; -sammlung 348 ; -schmiede 347 , 348 , 386 , 401 , 860 — 862 , 876 , 884 , 1026 , 1222 ; -schmiedekunst 342 ; -schmiedezeichen 370 . Wag 195 . Wage 1046 , 1047 . Wageisen 801 , 814 . Wagner 612 . Wagpfennig 618 . Wahl, Graf von der 1065 . Register. Wahlstadt 546 . Waidhofen 659 , 660 . Walachei 161 . Walch 708 . Wald 396 , 823 ; -au, Hans von 847 ; -bau 1279 ; -boten 551 ; -eck 300 , 307 , 310 , 745 , 817 , 1074 , 1075 , 1077 , 1182 ; -eisen 604 , 607 , 614 , 616 , 619 ; -eisen- gewerke 647 , 1046 . Waldemar IV., Atterdag 575 . Waldhoven 423 ; -land 891 ; -leute 779 ; -march 621 ; -mark 551 ; -meister 605 , 609 , 613 , 614 ; -michelbach 1071 , 1080 ; -ordnung 68 , 553 , 554 , 623 , 726 — 728 ; -recht 779 ; -sassen 690 ; -schmiede 145 , 552 , 739 , 742 , 743 , 830 . Waldhut 1069 . Waldstein, von 460 , 616 ; -werke (worchte) 779 ; -wirtschaft 550 , 736 . Waldungen 35 . Wales 1248 . Walkenried 761 , 763 , 1108 . Wallache 639 . Wallas 1055 . Wallaschhammer 607 , 619 . Wallenstein (s. Waldstein) 626 , 1107 . Wallisch ‗ Wallasch. Wallonen 100 , 241 , 1291 , 1293 . Wallonische Öfen 1298 . Wallonschmiede 221 , 241 , 870 , 971 , 1293 . Wallstein 191 . Walrat, Michel 685 . Waltenstein 499 , 609 , 979 . Waltershof 690 . Walzen 948 , 950 , 954 , 957 , 1002 ; -werk 527 — 529 , 947 , 951 , 960 ; — und Schneidewerke 945 , 960 ; -werksindustrie 529 . Wambaix Peter 373 . Wappen 410 . Warin 529 . Warmfrischen 239 . Warschau 992 . Warstein 817 , 818 . Wartburg 311 . Warwickshire 1278 , 1279 . Wasa, Gustav 232 , 334 . Wascheisen 168 , 198 , 809 ; -werk 168 . Wasgau 710 . Wasseralfingen 1065 ; -dampf 532 ; -fahrer 578 , 591 ; -geber 239 ; -hammer 147 , 159 , 458 , 477 , 479 , 527 ; -kraft 12 , 136 , 519 , 774 ; -maschine 923 , 928 ; -rad 108 , 520 ; -radwelle 131 ; -seite 165 , 184 ; -trommel- gebläse 658 , 943 , 944 . Wasungen 758 . Wats de 379 . Watt 536 . — James 919 . — Jacob de 441 , 885 , 886 . — Jehan 373 . Weber, Paul 988 . Webster, J. 820 . Wecker 263 . Wedding, Herm. 310 , 789 , 871 . Wednesbury 1270 . Wegezoll 571 . Wehr 697 , 699 , 1068 — 1070 ; -holz 551 . Weich 1056 . Weichsel 591 ; -brunn 635 . Weidenau 193 . Weiditz, Christof 399 . Weier (Weyer) 611 , 616 , 627 . Weigel, Christof 912 , 972 , 975 , 976 , 978 , 988 , 1025 . Weigelsdorf 665 . — Haupt- stände 951 . Weil 739 — 742 ; -burg 740 ; -münster 301 , 740 , 742 , 1080 , 1082 — 1084 ; -nau 740 . Weinähr 1086 , 1088 . Weissblech 499 , 626 ; -fabri- kation 979 — 987 , 1201 , 1237 , 1276 , 1277 , 1283 . Weissenburg 710 . Weisses Meer 907 . — Roh- eisen 222 . Weisskunig 324 , 350 ; -nagel- schmied 497 ; -wischkasten 984 . Weistum 193 , 543 , 712 . Welfring, Basil. 46 . Wellbaum 143 . Wellen (Schweissen) 492 . Wellenberg, Lang von, Kar- dinal 642 . Wellfuss 131 ; -herd 675 , 679 . Wels 660 . Welscher Stahl 262 . Welschland 269 . Welz 633 . Wendefurt 767 . Wendel 758 , 759 . Wenzeslaus 555 . Werchgaden 644 . Werdenberg, Hans von 708 . Werk 45 ; -gaden 1047 ; -schün 687 ; -zeug 514 , 1007 . Werlich’s Chronik 317 . Wermedorff 664 ; -land 899 , 1290 , 1296 . Werner, Kaspar 470 . — Mel- chior 399 . Wernigerode 771 , 1108 . — Ulrich Albrecht von 762 . Wesel 1183 . Westfalen (Westphalen) 102 , 232 , 393 , 467 , 478 , 569 , 592 , 816 , 1174 — 1198 . Westig 822 , 1174 , 1175 . Westindien 416 ; -manland 899 . Westminster 887 ; -Abtey 460 . Wette, Othmann (Wetter, Othmar) 378 , 398 , 399 . Wetter 1189 ; -maschine 525 . Wettin 103 . Weyer 659 . Weyersberg, Theis Wilhelm 398 . Weyersberger, Peter 397 ; —, Kirschbaum \& Comp. 397 . Whitechapel 977 . Widder 272 . Widmung 636 , 637 , 1039 . Wiebelskirchen 202 , 269 , 830 . Wieda 200 , 1108 . Wiederkommer der Heisse 259 ; -täufer 59 . Wied-Runkel 1089 . Wieland, Wilhelm 688 . Wielinge 588 . Wien 348 , 389 , 416 , 447 , 450 , 468 , 495 , 640 . Wiesbaden 294 . Wiladingen 693 . Wildemann 776 , 777 , 787 , 788 . — Max 445 . Wildembergk 730 . Wildman 1263 , 1264 ; -sachsen 1089 . Wildungen 1074 . Wilhelm, Herzog von Berg 393 . — der Jüngere, Her- zog von Braunschweig 774 . — Herzog von Cleve 483 . — Landgraf von Hessen 749 , 750 , 753 , 783 , 833 . — II., Landgraf 297 . — III. 1246 , 1284 , 1285 . — IV., von Hessen 103 , 1099 . — IV., Herzog 690 . — Gr. von Namur 1217 . — Gr. von Nassau 195 , 714 , 715 , 722 , 723 , 725 , 731 , 735 — 738 . — von Sachsen 435 . — Joh. von Sachsen 731 . — der Eroberer 101 . — von Worms 356 , 376 . Wilhelmi 1090 . Wilhelmsburg 757 . Wilking, Wilh. 741 , 742 . Willerstahl 511 . Williams, John 1263 . Wilms, Johannes 398 . Wimpfen 318 . 84* Register. Windbüchse 445 , 988 . Winden 740 ; -macher 473 , 1024 . Windfang 128 ; -flügelgebläse 525 ; -geschütz 608 . Windisch 608 ; -land, e Mark 609 , 616 . Windofen 120 , 124 , 337 , 1010 ; -pfeifen 286 , 290 ; -sammler 129 ; -seite 165 , 184 , 190 ; -zacken 228 , 229 , 235 . Windsford, Chr. 1243 . Winkelmann 754 . Winnen 512 , 976 , 1174 . Winnweiler 707 . Winschgarten 423 . Winter, Chr. 845 . Winterthur 711 . Wippe 919 . Wisby 573 , 578 , 579 . Wischerad 662 . Wislaton 1285 . Wissenbach 736 , 738 . Wisseron, Jehan 273 . Witmore, Kapt. 1262 . Witschegda 907 . Wittenberg 60 , 842 . Wittgenstein 712 , 730 . Wittig, Kaspar 1202 . Wittnau 694 , 699 . Wladislaus, Markgraf 663 . Wochein 166 , 654 , 1058 , 1060 . Wölfliswyle 694 , 699 . Wohlgemuth 347 . Wolf 167 , 394 , 655 . — an der Mosel 316 . — von Speyer 451 . Wolfach 297 . Wolfbett 166 . Wolfen, van 1269 . Wolfenbüttel 449 , 788 , 793 . Wolff 154 , 179 . Wolfsklinge 394 ; -mauer 222 , 228 ; -ofen 154 , 166 , 654 ; -zeichen 394 . Wolga 1309 . Wolkenstein 1201 . Wollenkratze 1283 . Wolsey, Kardinal 883 , 1247 . Wommelskirchen 1073 . Woodstock 881 . Worcester 1262 , 1263 , 1281 . — E. Sommerset, Marquis of 922 — 925 ; -shire 1278 , 1279 . Worms 570 , 733 . Würdinger 431 . Würtemberg 234 , 553 , 692 , 1065 . Wundes, Joh. 395 , 397 , 398 . — Theis 398 . Wunn und Weid 681 , 685 . Wunsiedel 36 , 689 . Wunst, Heinrich 605 . Wurmberg 761 . Wurmbrand 991 . Wurmrevier 101 . Y. Yarranton, Andr. 979 , 980 , 1201 , 1275 — 1281 . York, Dekan von 1269 . Yssenbach 701 , 704 , 705 . Yuste, San 348 . Yvorin, Jehan 874 . Z. Zabala 403 . Zabel, Heinr. 764 . Zabern, Hans v. 446 . Zach, Baron 534 . Zacken 224 , 228 . Zahnrad 520 , 524 , 529 ; -stange 140 . Zain 980 . Zainen 195 ; Zainer 1024 . Zainhammer 439 , 478 , 487 , 489 , 971 , 973 ; -schmiede 471 . Zamora, Franzisko de 403 . Zange 43 , 213 , 502 , 981 . Zangenbiss 510 . Zankeisen 472 . Zbirow 663 . Zdechowitz 661 . Zeche 502 , 981 . Zehdenik 847 , 1208 . Zeheneisen 802 , 814 . Zehente 1212 , 1296 . Zeichen 673 ; -meister 394 ; -rollen 394 . Zein ‗ Zain. Zeising 918 . Zeitfuchs, Chronik 764 . Zeitschrift 1036 . Zeitz 30 . Zell 609 , 614 . — Christof 399 . Zellenrad 521 . Zellerfeld 153 , 776 , 786 . Zementfabrikation 261 . Zentrifugalpumpe, -ventilator 928 . Zepfer, J. 1075 . Zerenner 666 , 667 , 674 . Zerennarbeit 226 ; -eisen 153 ; -feuer 132 , 145 ; -herd 187 , 1113 , 1121 , 1129 , 1130 , 1151 , 1153 , 1157 , 1165 , 1169 — 1173 ; -hütte 152 ; -process 223 , 1058 ; -werk 801 . Zerkleinern der Erze 85 . Zeugbuch 323 , 335 — 337 , 449 , 787 , 788 , 887 , 1131 , 1132 . Ziegenhain 1074 . Ziehbank 513 ; -eisen 506 , 507 , 510 . Ziehen 434 , 443 . Ziehhammer 1058 ; -loch 511 , 512 ; -werk 960 . Zimmermann, Georg 450 . Zimmerofen 1008 , 1011 . Zinn 41 , 983 . Zinner 979 , 986 , 1024 . Zinnhaus 985 ; -ofen 983 ; -pfanne 983 . Zinzendorf 928 . Zips 409 . Zirkelschmied 472 , 1029 . Zirnfeld, L. Anreiter von 1041 . Zögersbank 513 . Zöllner 434 , 988 . Zoldo, Bellunense 859 . Zoll 102 , 1096 ; -bereiter 710 ; -liste 583 . Zollner, Veit 620 . Zollregister 707 ; -rolle 569 ; -tarif 1238 . Zonka, V. 69 , 917 , 945 , 947 , 948 . Zorge 761 , 762 , 767 , 770 . Züge 119 . Zürich 434 , 699 , 707 . Zugofen 123 , 124 , 1256 . Zundt, Mathias 378 . Zunft 408 , 555 , 756 , 1022 bis 1030 , 1198 , 1210 ; -meister 558 , 567 ; -ord- nung 556 ; -privilegium 720 ; -recht 881 ; -wesen 557 , 1022 . Zuschlag 44 , 94 , 181 , 254 . Zwecken 495 ; -schmiede 974 . Zweibrücken 710 . Zweigeschmolzenes Eisen 153 , 812 . Zwickau 22 , 103 , 842 . Zwin 588 . Zwizach 617 , 629 , 631 — 635 . Zwölfrippen 1182 , 1183 . Druckfehlerverzeichnis. Seite 86 , Zeile 3 von oben lies dem statt den. „ 240 , „ 1 „ „ „ Comtoise statt Comptoise. „ 286 , „ 7 „ „ „ Geschütze statt Gesahütze. „ 316 , „ 15 „ unten „ Danner statt Denner. „ 347 , „ 7 „ „ „ Armeria statt Armoria. „ 365 , „ 8 „ oben „ Frawen-Brys statt Trawen-Brys. „ 397 , „ 4 „ unten „ Weyersberg statt Weyershäuser. „ 445 , „ 15 „ „ „ Klett statt Klein. „ 508 , Seitenzahl „ 508 statt 08 . „ 536 , Zeile 8 von unten „ Äolipile statt Aeolipile. „ 571 , „ 8 „ „ „ Vorkaufsrecht statt Verkaufsrecht. „ 631 , „ 9 „ oben „ Camer — statt Camer,. „ 638 , „ 23 „ „ „ Scheibbserisch statt Scheibbherisch. „ 680 , „ 17 „ „ „ Pottenstein statt Pollenstein. „ 701 , „ 16 „ „ „ Vorkaufsrecht statt Verkaufsrecht. „ 743 , „ 4 „ „ „ Kattenelben statt Kattenellen. „ 818 , „ 16 „ „ „ Attendorn statt Altendorn. „ 824 , „ 8 „ „ „ Härter statt Härder. „ 829 , „ 3 „ unten „ Schleidener statt Schleiderer. „ 855 , „ 16 „ „ „ Eich bei Luxemburg statt Esch. „ 917 , „ 2 „ oben „ Leibnitz statt Leibniz. „ 919 , „ 7 „ unten „ Giambattista statt Giambettista. „ 925 , „ 13 „ „ „ Dionysius statt Dyonisius. „ 937 , „ 6 „ „ „ Leibnitz statt Leibniz „ 943 , „ 7 „ oben „ Comté statt Compté. „ 953 , „ 2 „ unten „ Eisenschneidwerkes statt Eisenwerkes. „ 990 , „ 5 „ „ „ Bayonne statt Bajonne. „ 1010 , „ 20 „ oben „ Vignole statt Vignote. „ 1022 , „ 16 „ unten „ Altenaer statt Altonaer. „ 1034 , „ 9 „ „ „ Comenius statt Commenius. „ 1071 , „ 3 „ „ „ bei Michelstadt im Odenwald statt im Odenwald. „ 1107 , „ 19 „ oben „ Neuwerk statt Neumark. „ 1212 , „ 14 „ „ „ Nandrin statt de Nandrin. „ 1249 , „ 12 „ unten „ or statt ore.