Buch der Lieder von H. Heine . Hamburg bei Hoffmann und Campe . 1827 . Druck und Papier der Campeschen Officin in Nürnberg. Junge Leiden . 1817 — 1821. Traumbilder . I. M ir träumte einst von wildem Liebesglühen, Von hübschen Locken, Myrthen und Resede, Von süßen Lippen und von bittrer Rede, Von düstrer Lieder düstern Melodien. Verblichen und verweht sind längst die Träume, Verweht ist gar mein liebstes Traumgebild! Geblieben ist mir nur, was glutherfüllt Ich einst gegossen hab' in weiche Reime. Du bleibst, verwaistes Lied! Verweh' jetzt auch, Und such' das Traumbild, das mir längst entschwunden, Und grüß' es mir, wenn du es aufgefunden — Dem luft'gen Schatten send' ich luft'gen Hauch. II. Ein Traum, gar seltsam schauerlich, Ergötzte und erschreckte mich. Noch schwebt mir vor manch grausig Bild, Und in dem Herzen wogt's mir wild. Da war ein Garten, wunderschön, Da wollt' ich lustig mich ergehn; Viel schöne Blumen sahn mich an, Ich hatte meine Freude dran. Es zwitscherten die Vögelein Viel muntre Liebesmelodei'n; Die Sonne war von Gold umstrahlt, Die Blumen lustig bunt bemalt. Viel Balsamduft aus Kräutern rinnt, Die Lüfte wehen lieb und lind; Und Alles schimmert, Alles lacht, Und zeigt mir freundlich seine Pracht. Inmitten in dem Blumenland Ein klarer Marmorbrunnen stand; Da schaut' ich eine schöne Maid, Die emsig wusch ein weißes Kleid. Die Wänglein süß, die Aeuglein mild, Ein blondgelocktes Heil'genbild; Und wie ich schau, die Maid ich fand So fremd und doch so wohl bekannt. Die schöne Maid, die sputet sich, Sie summt ein Lied gar wunderlich: „Rinne, rinne, Wässerlein, „Wasche, wasche Hemde rein.“ Ich ging und nahete mich ihr, Und flüsterte: O sage mir, Du wunderschöne, süße Maid! Für wen ist dieses weiße Kleid? Da sprach sie schnell: Sey bald bereit, Ich wasche dir dein Todtenkleid! Und als sie dieß gesprochen kaum, Zerfloß das ganze Bild, wie Schaum. — Schnell fortgezaubert stand ich bald In einem düstern, wilden Wald. Die Bäume ragten himmelan; Ich stand erstaunt und sann und sann. Und horch! welch dumpfer Wiederhall! Wie ferner Aextenschläge Schall; Ich eil' durch Busch und Wildniß fort, Und komm' an einen freien Ort. Inmitten in dem grünen Raum, Da stand ein großer Eichenbaum; Und sieh! mein Mägdlein wundersam Haut mit dem Beil den Eichenstamm. Und Schlag auf Schlag, und sonder Weil', Summt sie ein Lied und schwingt das Beil: „Eisen blink, Eisen blank, „Zimmre hurtig Eichenschrank.“ Ich ging und nahete mich ihr, Und flüsterte: O sage mir, Du wundersüßes Mägdelein, Wem zimmerst du den Eichenschrein? Da sprach sie schnell: Die Zeit ist karg, Ich zimmre deinen Todtensarg! Und als sie dieß gesprochen kaum, Zerfloß das ganze Bild, wie Schaum. — Es lag so bleich, es lag so weit Ringsum nur kahle, kahle Heid; Ich wußte nicht wie mir geschah, Und heimlich schauernd stand ich da. Und nun ich eben fürder schweif', Gewahr' ich einen weißen Streif; Ich eilt' drauf zu, und eilt' und stand, Und sieh! die schöne Maid ich fand. Auf weiter Heid stand weiße Maid, Grub tief die Erd' mit Grabescheit. Kaum wagt ich noch sie anzuschau'n, Sie war so schön und doch ein Grau'n. Die schöne Maid, die sputet sich, Sie summt ein Lied gar wunderlich: „Spaten, Spaten, scharf und breit, „Schaufle Grube tief und weit.“ 1 * Ich ging und nahete mich ihr Und flüsterte: O sage mir, Du wunderschöne, süße Maid, Was diese Grube hier bedeut't? Da sprach sie schnell: Sey still, mein Knab', Ich schaufle dir ein kühles Grab. Und als so sprach die schöne Maid, Da öffnet sich die Grube weit; Und als ich in die Grube schaut', Ein kalter Schauer mich durchgraut; Und in die dunkle Grabesnacht Stürzt' ich hinein, — und bin erwacht. III. Im nächt'gen Traum hab' ich mich selbst geschaut, Im schwarzen Gallafrack und seidner Weste, Manschetten an der Hand, als ging's zum Feste, Und vor mir stand mein Liebchen, süß und traut. Ich beugte mich und sagte: „Sind Sie Braut? Ei! ei! so gratulir' ich, meine Beste!“ Doch fast die Kehle mir zusammenpreste Der langgezog'ne, vornehm kalte Laut. Und bitt're Thränen plötzlich sich ergossen Aus Liebchens Augen, und in Thränenwogen Ist mir das holde Bildniß fast zerflossen. O süße Augen, fromme Liebessterne, Obschon ihr mir im Wachen oft gelogen, Und auch im Traum, glaub' ich euch dennoch gerne! IV. Im Traum sah ich ein Männchen klein und putzig, Das ging auf Stelzen, Schritte ellenweit, Trug weiße Wäsche und ein feines Kleid, Inwendig aber war es grob und schmutzig. Inwendig war es jämmerlich, nichtsnutzig, Jedoch von außen voller Würdigkeit; Von der Courage sprach es lang und breit, Und that sogar recht trotzig und recht stutzig. „Und weißt du, wer das ist? Komm her und schau'!“ So sprach der Traumgott, und er zeigt mir schlau Die Bilderfluth in eines Spiegels Rahmen. Vor einem Altar stand das Männchen da, Mein Lieb daneben, Beide sprachen: Ja! Und tausend Teufel riefen lachend: Amen! V. Was treibt und tobt mein tolles Blut? Was flammt mein Herz in wilder Gluth? Es kocht mein Blut und zischt und gährt, Und grimme Gluth mein Herz verzehrt. Das Blut ist toll, die Flamme wild, Weil zu mir kam ein Traumgebild; Es kam der finstre Sohn der Nacht, Und hat mich keuchend fortgebracht. Er bracht' mich in ein helles Haus, Wo Harfenklang und Saus und Braus, Und Fackelglanz und Kerzenschein; Ich kam zum Saal, ich trat hinein. Das war ein lustig Hochzeitfest; Zu Tafel saßen froh die Gäst'. Und wie ich nach dem Brautpaar schaut', — O weh! mein Liebchen war die Braut. Das war mein Liebchen wunnesam, Ein fremder Mann war Bräutigam; Dicht hinter'm Ehrenstuhl der Braut, Da blieb ich stehn, gab keinen Laut. Es rauscht Musik, — gar still stand ich; Der Freudenlärm betrübte mich. Der Bräutgam oft gar zärtlich blickt, Die Braut erwiedert's hold und nickt. Der Bräutgam füllt den Becher sein, Und trinkt daraus, und reicht gar fein Der Braut ihn hin; sie lächelt Dank, — O Weh! mein rothes Blut sie trank. Die Braut ein hübsches Aepflein nahm, Und reicht es hin dem Bräutigam. Der nahm sein Messer, schnitt hinein, — O Weh! das war das Herze mein. Sie äugeln süß, sie äugeln lang, Der Bräut'gam kühn die Braut umschlang, Und küßt sie auf die Wangen roth, — O Weh! mich küßt der kalte Tod. Wie Blei lag meine Zung' im Mund', Daß ich kein Wörtlein sprechen kunt. Da rauscht es auf, der Tanz begann; Das schmucke Brautpaar tanzt voran. Und wie ich stand so leichenstumm, Die Tänzer schweben flink herum; — Ein leises Wort der Bräut'gam spricht, Die Braut wird roth, doch zürnt sie nicht. — — VI. Im süßen Traum bei stiller Nacht, Da kam zu mir, mit Zauberpracht, Die lang ersehnte Liebste mein, Und goß mir Gluth in's Herz hinein. Und wie ich schau', erglüh ich wild Und wie ich schau, sie lächelt mild, Und lächelt bis das Herz mir schwoll, Und stürmisch kühn das Wort entquoll: „Nimm hin, nimm alles was da mein, Mein Liebstes will ich gern dir weih'n, Dürft' ich dafür dein Buhle seyn, Von Mitternacht bis Hahnenschrei'n.“ Da staunt' mich an gar seltsamlich, So lieb, so weh, und inniglich, Und sprach zu mir die schöne Maid: So gieb mir deine Seligkeit. „Mein Leben süß, mein junges Blut, Gäb' ich, mit Freud und wohlgemuth, Für dich, o Mädchen, engelgleich, — Doch nimmermehr das Himmelreich.“ Wohl braust hervor mein rasches Wort, Doch blühet schöner immerfort, Und immer spricht die schöne Maid: O gieb mir deine Seligkeit! Dumpf dröhnt dieß Wort mir in's Gehör, Und schleudert mir ein Gluthenmeer Wohl in den tiefsten Seelenraum; Ich athme schwer, ich athme kaum. — Da waren weiße Engelein, Die glänzten hell im Rosenschein; Nun aber stürmte wild herauf Ein gräulich schwarzer Koboldhauf'. Die rangen mit den Engelein, Und drängten fort die Engelein; Und endlich auch die schwarze Schaar In Nebelduft zerronnen war. — 2 Ich aber wollt' in Lust vergehn, Ich hielt im Arm mein Liebchen schön; Wie'n Rehlein süß umschmiegt sie mich, Doch weint sie auch recht bitterlich. Feins Liebchen weint; ich weiß warum, Und küß' ihr Rosenmündlein stumm. — „O still', feins Lieb, die Thränenfluth, Gieb her, feins Lieb, nur Minnegluth.“ „Ergieb dich meiner Minnegluth — “ Da plötzlich starr't zu Eis mein Blut; Laut bebet auf der Erde Grund, Und öffnet gähnend seinen Schlund. Und aus dem Abgrund schwarz und graus Stieg wild die schwarze Schaar heraus. Aus meinen Armen schwand feins Lieb; Ich ganz alleine stehen blieb. Da tanzt im Kreise wunderbar, Um mich herum, die schwarze Schaar, Und drängt heran, erfaßt mich bald, Und gellend Hohngelächter schallt. Und immer enger wird der Kreis, Und immer summt die Schauerweis': Du gabest hin die Seligkeit, Gehörst uns nun in Ewigkeit! * VII. Nun hast du das Kaufgeld, nun zögerst du doch? Blutfinstrer Gesell, was zögerst du noch? Schon sitze ich harrend im Kämmerlein traut, Und Mitternacht nah't schon, — es fehlt nur die Braut. Viel schauernde Lüftchen vom Kirchhofe wehn; Ihr Lüftchen! habt ihr mein Bräutchen gesehn? Viel blasse Larven gestalten sich da, Umknixen mich grinsend, und nicken: O ja! Pack' aus, was bringst du für Bothschafterei, Du schwarzer Schlingel in Feuerlivrei? „Die gnädige Herrschaft meldet sich an, Gleich kommt sie gefahren im Drachengespann.“ Du lieb grau Männchen, was ist dein Begehr? Mein todter Magister, was treibt dich her? Er schaut mich mit schweigend trübseligem Blick, Und schüttelt das Haupt, und wandelt zurück. Was winselt und wedelt mein zott'ger Gesell? Was glimmert schwarz Katers Auge so hell? Was heulen die Weiber mit fliegendem Haar? Was lullt mir Frau Amme mein Wiegenlied gar? Frau Amme bleib heut mit dem Singsang zu Haus, Das Eiapopeia ist lange schon aus; Ich fey're gar heute mein Hochzeitfest, — Da schau' mal, dort kommen schon zierliche Gäst'. Da schau' mal! Ihr Herren, das nenn' ich galant! Ihr tragt, statt der Hüte, die Köpf' in der Hand! Ihr Zappelbein-Leutchen im Galgen-Ornat, Der Wind ist still, was kommt Ihr so spat? Da kommt auch alt Besenstielmütterchen schon, Ach segne mich, Mütterchen, bin ja dein Sohn; Da zittert der Mund im weißen Gesicht: „In Ewigkeit Amen!“ alt Mütterchen spricht. Zwölf winddürre Musiker schlendern herein; Blind Fidelweib holpert wohl hintendrein. Da schleppt der Hanswurst, in buntscheckiger Jack', Den Todtengräber huckepack. Da tanzen zwölf Klosterjungfrauen herein; Die schielende Kupplerin führet den Reih’n. Da folgen zwölf lüsterne Pfäffelein schon, Und pfeifen ein Schandlied im Kirchenton’. Herr Trödler, o schrei dir nicht blau das Gesicht. Im Fegfeuer nützt mir dein Pelzröckel nicht; Dort heizet man gratis jahraus, jahrein, Statt mit Holz, mit Fürsten- und Bettlergebein. Die Blumenmädchen sind bucklicht und krumm, Und purzeln kopfüber im Zimmer herum. Ihr Eulengesichter mit Heuschreckenbein, Hei! laßt mir das Rippengeklapper nur seyn! Die sämmtliche Höll' ist los fürwahr! Und lärmet und schwärmet in wachsender Schaar; Sogar der Verdammniß-Walzer erschallt, — Still, still! nun kommt mein feins Liebchen auch bald. Gesindel sey still, oder trolle dich fort! Ich höre kaum selber mein leibliches Wort, — Ei, rasselt nicht eben ein Wagen vor? Frau Köchin! wo bist du? schnell öffne das Thor. Willkommen, feins Liebchen, wie geht's dir, mein Schatz? Willkommen Herr Pastor, ach nehmen Sie Platz! Herr Pastor mit Pferdefuß und Schwanz, Ich bin Eu'r Hochwürden Diensteigener ganz! Lieb Bräutchen, was stehst du so stumm und bleich? Der Herr Pastor schreitet zur Trauung sogleich; Wohl zahl ich ihm theure, bluttheure Gebühr, Doch dich zu besitzen gilt's Kinderspiel mir. Knie' nieder, süß Bräutchen, knie' hin mir zur Seit'! — Da kniet sie, da sinkt sie, — o selige Freud! — Sie sinkt mir an's Herz, an die schwellende Brust, Ich halt' sie umschlungen mit schauernder Lust. Die Goldlockenwellen umspielen uns beid'; An mein Herze pocht das Herze der Maid. Sie pochen wohl beide vor Lust und vor Weh, Und schweben hinauf in die Himmelshöh'. Die Herzlein schwammen im Freudensee, Dort oben in Gottes heil'ger Höh'; Doch über den Häuptern viel Grausen sich regt, Da hat die Hölle die Hand gelegt, Das ist der finstre Sohn der Nacht, Der hier den segnenden Priester macht; Er murmelt die Formel aus blutigem Buch, Sein Beten ist Lästern, sein Segnen ist Fluch. Und es krächzet und zischet und heulet toll, Wie Wogengebrause, wie Donnergeroll; Da blitzet auf einmal ein bläuliches Licht, — „In Ewigkeit Amen!“ alt Mütterchen spricht. VIII. Ich kam von meiner Herrin Haus, Und wandelt' in Wahnsinn und Mitternachtgraus. Und wie ich am Kirchhof vorüber gehn will, Da winken die Gräber ernst und still. Da winkt's von des Spielmanns Leichenstein; Das war der flimmernde Mondesschein. Da lispelt's: Lieb Bruder, ich komme gleich! Da steigt's aus dem Grabe nebelbleich. Der Spielmann war's, der entstiegen jetzt, Und hoch auf den Leichenstein sich setzt. In die Saiten der Zither greift er schnell, Und singt dabei recht hohl und grell: Ei! kennt Ihr noch das alte Lied, Das einst so wild die Brust durchglüht, Ihr Saiten dumpf und trübe? Die Engel, die nennen es Himmelsfreud, 2 * Die Teufel, die nennen es Höllenleid, Die Menschen, die nennen es: Liebe! Kaum tönte des letzten Wortes Schall, Da thaten sich auf die Gräber all'; Viel Luftgestalten dringen hervor, Und umschweben den Spielmann und schrillen im Chor: Liebe! Liebe! deine Macht Hat uns hier zu Bett gebracht, Und die Augen zugemacht, — Ei, was rufst du in der Nacht? So heult es verworren, und ächzet und girrt, Und brauset und sauset, und krächzet und klirrt; Und der tolle Schwarm den Spielmann umschweift, Und der Spielmann wild in die Saiten greift: Bravo! bravo! immer toll! Seyd willkommen! Habt vernommen Daß mein Zauberwort erscholl, Liegt man doch jahraus, jahrein, Mäuschenstill im Kämmerlein; Laßt uns heute lustig seyn! Mit Vergunst, — Seht erst zu, sind wir allein? — Narren waren wir im Leben, Und mit toller Wuth ergeben Einer tollen Liebesbrunst. Kurzweil soll uns heut nicht fehlen, Jeder soll hier treu erzählen, Was ihn weiland hergebracht, Wie gehetzt, Wie zerfetzt Ihn die tolle Liebesjagd. Da hüpft aus dem Kreise, so leicht, wie der Wind, Ein mageres Wesen, das summend beginnt: Ich war ein Schneidergeselle, Mit Nadel und mit Scheer'; Ich war so flink und schnelle Mit Nadel und mit Scheer'. Da kam die Meisterstochter Mit Nadel und mit Scheer'; Und hat mir in's Herz gestochen Mit Nadel und mit Scheer'. Da lachten die Geister im lustigen Chor; Ein Zweiter trat still und ernst hervor: Den Rinaldo Rinaldini, Schinderhanno, Orlandini, Und besonders Carlo Moor Nahm ich mir als Muster vor. Auch verliebt — mit Ehr' zu melden — Hab' ich mich, wie jene Helden, Und das schönste Frauenbild Spukte mir im Kopfe wild. Und ich seufzte auch und girrte; Und wenn Liebe mich verwirrte, Steckt' ich meine Finger rasch In des Herren Nachbars Tasch'. Doch der Gassenvogt mir grollte, Daß ich Sehnsuchtsthränen wollte Trocknen mit dem Taschentuch, Das mein Nachbar bei sich trug. Und nach frommer Häschersitte Nahm man still mich in die Mitte, Und das Zuchthaus, heilig groß, Schloß mir auf den Mutterschooß. Schwelgend süß in Liebessinnen, Saß ich dort beim Wollespinnen, Bis Rinaldos Schatten kam, Und die Seele mit sich nahm. Da lachten die Geister im lustigen Chor; Geschminkt und geputzt trat ein Dritter hervor: Ich war ein König der Bretter, Und spielte das Liebhaberfach, Ich brüllte manch wildes: Ihr Götter! Ich seufzte manch zärtliches: Ach! Den Mortimer spielt' ich am besten, Maria war immer so schön! Doch trotz der natürlichsten Gesten Sie wollte mich nimmer versteh'n. — Einst als ich verzweifelnd am Ende „Maria, du Heilige!“ rief, Da nahm ich den Dolch behende — Und stach mich ein bischen zu tief. Da lachten die Geister im lustigen Chor; Im weißen Flausch trat ein Vierter hervor: Vom Katheder schwatzte herab der Professor, Er schwatzt', und ich schlief oft gut dabei ein; Doch hätt' mir's behagt noch tausendmal besser Bei seinem holdseligen Töchterlein. Sie hatt' mir oft zärtlich am Fenster genicket, Die Blume der Blumen, mein Lebenslicht! Doch die Blume der Blumen ward endlich gepflücket Vom dürren Philister, dem reichen Wicht. Da flucht ich den Weibern und reichen Halunken, Und mischte mir Teufelskraut in den Wein, — Und hab' mit dem Tode Smollis getrunken, Der sprach: Fiduzit, ich heiße Freund Hein! Da lachten die Geister im lustigen Chor, Einen Strick um den Hals trat ein Fünfter hervor: Es prunkte und prahlte der Graf beim Wein Mit dem Töchterchen sein und dem Edelgestein. Was scheert mich, du Gräflein, dein Edelgestein, Mir mundet weit besser dein Töchterlein. Sie lagen wohl beid' unter Riegel und Schloß, Und der Graf besold'te viel Dienergetroß. Was scheeren mich Diener und Riegel und Schloß, — Ich stieg getrost auf die Leitersproß. An Liebchens Fensterlein klettr' ich getrost, Da hör' ich es unten fluchen erbost: „Fein sachte, mein Bübchen, muß auch dabei seyn, Ich liebe ja auch die Edelgestein.“ So spöttelt der Graf und erfaßt mich gar, Und jauchzend umringt mich die Dienerschaar. „Zum Teufel, Gesindel! Ich bin ja kein Dieb; Ich wollte nur stehlen mein trautes Lieb!“ Da half kein Gerede, da half kein Rath, Da machte man hurtig die Stricke parat; Wie die Sonne kam, da wundert sie sich, Am hellen Galgen fand sie mich. Da lachten die Geister im lustigen Chor; Den Kopf in der Hand trat ein Sechster hervor. Zum Waidwerk trieb mich Liebesharm; Ich schlich umher, die Büchs' im Arm. Da schnarret's hohl vom Baum herab, Der Rabe rief: Kopf — ab! Kopf — ab! O, spürt' ich doch ein Täubchen aus, Ich brächt' es meinem Lieb nach Haus! So dacht' ich, und in Busch und Strauch Späh't rings umher mein Jägeraug'. Was koset dort? was schnäbelt fein? Zwei Turteltäubchen mögen's seyn. Ich schleich herbei, — den Hahn gespannt, — Sieh' da! mein eignes Lieb ich fand. Das war mein Täubchen, meine Braut, Ein fremder Mann umarmt sie traut, — Nun, alter Schütze, treffe gut! Da lag der fremde Mann im Blut'. Bald drauf ein Zug mit Henkersfrohn — Ich selbst dabei als Hauptperson — Den Wald durchzog. Vom Baum herab Der Rabe rief: Kopf — ab! Kopf — ab! Da lachten die Geister im lustigen Chor; Da trat der Spielmann selber hervor: Ich hab' mal ein Liedchen gesungen, Das schöne Lied ist aus; Wenn das Herz im Leibe zersprungen, Dann gehen die Lieder nach Haus! Und das tolle Gelächter sich doppelt erhebt, Und die bleiche Schaar im Kreise schwebt. Da scholl vom Kirchthurm' „Eins“ herab, Da stürzten die Geister sich heulend in's Grab. IX. Ich lag und schlief, und schlief recht mild, Verscheucht war Gram und Leid; Da kam zu mir ein Traumgebild, Die allerschönste Maid. Sie war wie Marmelstein so bleich, Und heimlich wunderbar; Im Auge schwamm es perlengleich, Gar seltsam wallt' ihr Haar. Und leise, leise sich bewegt Die marmorblasse Maid, Und an mein Herz sich niederlegt Die marmorblasse Maid. Wie bebt und pocht vor Weh und Lust, Mein Herz, und brennet heiß! Nicht bebt, nicht pocht der Schönen Brust, Die ist so kalt wie Eis. „Nicht bebt, nicht pocht wohl meine Brust, Die ist wie Eis so kalt; Doch kenn' auch ich der Liebe Lust, Der Liebe Allgewalt. Mir blüht kein Roth auf Mund und Wang, Mein Herz durchströmt kein Blut; Doch sträube dich nicht schauernd bang, Ich bin dir hold und gut.“ Und wilder noch umschlang sie mich, Und that mir bald ein Leid; Da kräht der Hahn — und stumm entwich Die marmorblasse Maid. * X. Da hab' ich viel blasse Leichen Beschworen mit Wortesmacht; Die wollen nun nicht mehr weichen Zurück in die alte Nacht. Das zähmende Sprüchlein vom Meister Vergaß ich vor Schauer und Graus, Nun zieh'n die eig'nen Geister Mich selber in's neblichte Haus. Laßt ab, ihr finstren Dämonen! Laßt ab, und drängt mich nicht! Noch manche Freude mag wohnen Hier oben im Rosenlicht. Ich muß ja immer streben Nach der Blume wunderhold; Was bedeutet' mein ganzes Leben, Wenn ich Sie nicht lieben gesollt? Ich möcht sie nur einmal umfangen, Und pressen an's glühende Herz! Nur einmal die Lippen und Wangen Küssen mit sel'gem Schmerz. Nur einmal aus ihrem Munde Möcht' ich hören ein liebendes Wort, — Alsdann wollt' ich folgen zur Stunde Euch, Geister, zum finstern Ort. Die Geister haben's vernommen, Und nicken grausiglich. Feins Liebchen, nun bin ich gekommen; Feins Liebchen, liebst du mich? Lieder . I. Morgens steh ich auf und frage: Kommt feins Liebchen heut? Abends sink' ich hin und klage: Ausblieb sie auch heut. In der Nacht mit meinem Kummer Lieg ich schlaflos, wach; Träumend, wie im halben Schlummer, Wandle ich bei Tag. II. Es treibt mich hin, es treibt mich her! Nach wenigen Stunden dann soll ich sie schauen Sie selber die Schönste der schönen Jungfrauen; Du treues Herz, was pochst du schwer! Die Stunden sind aber ein faules Volk! Schleppen sich behaglich träge, Schleichen gähnend ihre Wege; Tummle dich, du faules Volk! Tobende Eile mich treibend erfaß't! Aber wohl niemals liebten die Horen; Heimlich im grausamen Bunde verschworen, Spotten sie tückisch der Liebenden Hast. III. Ich wandelte unter den Bäumen Mit meinem Gram allein; Da kam das alte Träumen, Und schlich mir in's Herz hinein. Wer hat Euch dieß Wörtlein gelehret, Ihr Vöglein in luftiger Höh? Schweigt still, wenn mein Herz es höret, Dann thut es noch einmal so weh. „Es kam ein Jungfräulein gegangen, Die sang es immerfort, Da haben wir Vöglein gefangen Das hübsche, goldne Wort.“ Das sollt Ihr mir nicht mehr erzählen, Ihr Vöglein wunderschlau; Ihr wollt meinen Kummer mir stehlen, Ich aber Niemanden trau'. IV. Lieb Liebchen, leg's Händchen auf's Herze mein; Ach, hörst du, wie's pochet im Kämmerlein? Da hauset ein Zimmermann schlimm und arg, Der zimmert mir einen Todtensarg. Es hämmert und klopfet bei Tag und bei Nacht; Es hat mich schon längst um den Schlaf gebracht. Ach! sputet Euch, Meister Zimmermann, Damit ich balde schlafen kann. 3 * V. Schöne Wiege meiner Leiden, Schönes Grabmal meiner Ruh, Schöne Stadt, wir müssen scheiden, — Lebe wohl! ruf' ich dir zu. Lebe wohl, du heilge Schwelle, Wo da wandelt Liebchen traut: Lebe wohl! du heilge Stelle, Wo ich sie zuerst geschaut. Hätt' ich dich doch nie gesehen, Schöne Herzenskönigin! Nimmer wär es dann geschehen, Daß ich jetzt so elend bin. Nie wollt' ich dein Herze rühren, Liebe hab' ich nie erfleht; Nur ein stilles Leben führen Wollt' ich, wo dein Odem weht. Doch du drängst mich selbst von hinnen, Bittre Worte spricht dein Mund; Wahnsinn wühlt in meinen Sinnen, Und mein Herz ist krank und wund. Und die Glieder matt und träge Schlepp' ich fort am Wanderstab, Bis mein müdes Haupt ich lege Ferne in ein kühles Grab. VI. Warte, warte, wilder Schiffmann, Gleich folg' ich zum Hafen dir; Von zwei Jungfraun nehm' ich Abschied, Von Europa und von Ihr. Blutquell, rinn' aus meinen Augen, Blutquell, brich aus meinem Leib, Daß ich mit dem heißen Blute Meine Schmerzen niederschreib'. Ei, mein Lieb, warum just heute Schauderst du, mein Blut zu sehn? Sahst mich bleich und herzeblutend Lange Jahre vor dir stehn! Kennst du noch das alte Liedchen Von der Schlang im Paradies, Die durch schlimme Apfelgabe Unsern Ahn in's Elend stieß? Alles Unheil brachten Aepfel! Eva bracht' damit den Tod, Eris brachte Trojas Flammen, Du bracht'st beides, Flamm' und Tod. VII. Berg' und Burgen schau'n herunter In den spiegelhellen Rhein, Und mein Schiffchen segelt munter, Rings umglänzt von Sonnenschein. Ruhig seh' ich zu dem Spiele Goldner Wellen, kraus bewegt; Still erwachen die Gefühle, Die ich tief im Busen hegt'. Freundlich grüßend und verheißend Lockt hinab des Stromes Pracht; Doch ich kenn' ihn, oben gleißend, Bringt sein Inn'res Tod und Nacht. Oben Lust, im Busen Tücken, Strom, du bist der Liebsten Bild! Die kann auch so freundlich nicken, Lächelt auch so fromm und mild. VIII. Anfangs wollt ich fast verzagen, Und ich glaubt' ich trüg' es nie, Und ich hab' es doch getragen, — Aber fragt mich nur nicht, wie? IX. Mit Myrthen und Rosen, lieblich und hold, Mit duft'gen Zypressen und Flittergold, Möcht' ich zieren dieß Buch wie 'nen Todtenschrein, Und sargen meine Lieder hinein. O könnt' ich die Liebe sargen hinzu! Auf dem Grabe der Liebe wächst Blümlein der Ruh, Da blüht es hervor, da pflückt man es ab, — Doch mir blüht's nur, wenn ich selber im Grab. Hier sind nun die Lieder, die einst so wild, Wie ein Lavastrom, der dem Aetna entquillt, Hervorgestürzt aus dem tiefsten Gemüth, Und rings viel blitzende Funken versprüh't! Nun liegen sie stumm und todtengleich, Nun starren sie kalt und nebelbleich. Doch auf's neu' die alte Gluth sie belebt, Wenn der Liebe Geist einst über sie schwebt. Und es wird mir im Herzen viel Ahnung laut: Der Liebe Geist einst über sie thaut; Einst kommt dieß Buch in deine Hand, Du süßes Lieb im fernen Land. Dann löst sich des Liedes Zauberbann, Die blassen Buchstaben schaun dich an, Sie schauen dir flehend in's schöne Aug', Und flüstern mit Wehmuth und Liebeshauch. 4 Romanzen. I. Der Traurige. Allen thut es weh im Herzen, Die den bleichen Knaben sehn, Dem die Leiden, dem die Schmerzen Auf's Gesicht geschrieben stehn. Mitleidvolle Lüfte fächeln Kühlung seiner heißen Stirn; Labung möcht' ins Herz ihm lächeln Manche sonst so spröde Dirn'. Aus dem wilden Lärm der Städter Flüchtet er sich nach dem Wald. Lustig rauschen dort die Blätter, Lust'ger Vogelsang erschallt. Doch der Sang verstummet balde, Traurig rauschet Baum und Blatt, Wenn der Traurige dem Walde Langsam sich genähert hat. Il. Die Bergstimme. Ein Reiter durch das Bergthal zieht, Im traurig stillen Trab': Ach! zieh' ich jetzt wohl in Liebchens Arm, Oder zieh' ich in's dunkle Grab? Die Bergstimm Antwort gab: In's dunkle Grab! Und weiter reitet der Reitersmann, Und seufzet schwer dazu: So zieh' ich denn hin in's Grab so früh, — Wohlan im Grab ist Ruh. Die Stimme sprach dazu: Im Grab ist Ruh! Dem Reitersmann eine Thräne rollt Von der Wange bleich und kummervoll: Und ist nur im Grabe die Ruhe für mich, — So ist mir im Grabe wohl. Die Stimm' erwiedert hohl: Im Grabe wohl! * III. Zwei Brüder . Oben auf der Bergesspitze Liegt das Schloß in Nacht gehüllt; Doch im Thale leuchten Blitze, Helle Schwerter klirren wild. Das sind Brüder, die dort fechten Grimmen Zweikampf, wuthentbrannt. Sprich, warum die Brüder rechten Mit dem Schwerte in der Hand? Gräfin Laura's Augenfunken Zündeten den Brüderstreit; Beide glühen liebestrunken Für die adlig holde Maid. Welchem aber von den beiden Wendet sich ihr Herze zu? Kein Ergrübeln kann's entscheiden, — Schwert heraus, entscheide du! Und sie fechten kühn verwegen, Hieb auf Hiebe niederkracht's. Hütet euch, Ihr wilden Degen, Grausig Blendwerk schleichet Nachts. Wehe! Wehe! blut'ge Brüder! Wehe! Wehe! blut'ges Thal! Beide Kämpfer stürzen nieder, Einer in des andern Stahl. — Viel Jahrhunderte verwehen‚ Viel Geschlechter deckt das Grab; Traurig von des Berges Höhen Schaut das öde Schloß herab. Aber Nachts, im Thalesgrunde, Wandelt's heimlich, wunderbar‚ Wenn da kommt die zwölfte Stunde, Kämpfet dort das Brüderpaar. IV. Der arme Peter. 1. Der Hans und die Grete tanzen herum, Und jauchzen vor lauter Freude. Der Peter steht so still und stumm, Und ist so blaß wie Kreide. Der Hans und die Grete sind Bräut'gam und Braut, Und blitzen im Hochzeitgeschmeide. Der arme Peter die Nägel kau't Und geht im Werkeltagskleide. Der Peter spricht leise vor sich her, Und schaut betrübet auf beide: Ach! wenn ich nicht gar zu vernünftig wär', Ich thät' mir was zu leide. 2. „In meiner Brust, da sitzt ein Weh, Das will die Brust zersprengen; Und wo ich steh' und wo ich geh', Will's mich von hinnen drängen. Es treibt mich nach der Liebsten Näh', Als könnt's die Grete heilen; Doch wenn ich der in's Auge seh', Muß ich von hinnen eilen. Ich steig' hinauf des Berges Höh', Dort ist man doch alleine; Und wenn ich still dort oben steh', Dann steh' ich still und weine.“ 3. Der arme Peter wankt vorbei, Gar langsam, leichenblaß und scheu. Es bleiben fast, wenn sie ihn sehn, Die Leute auf der Straße stehn. Die Mädchen flüstern sich in's Ohr: „Der stieg wohl aus dem Grab' hervor.“ Ach nein, Ihr lieben Jungfräulein, Der legt sich erst in's Grab hinein. Er hat verloren seinen Schatz, Drum ist das Grab der beste Platz Wo er am besten liegen mag, Und schlafen bis zum jüngsten Tag. V. Lied des Gefangenen . Als meine Großmutter die Lise behext, Da wollten die Leut sie verbrennen. Schon hatte der Amtmann viel Dinte verklext, Doch wollte sie nicht bekennen. Und als man sie in den Kessel schob, Da schrie sie Mord und Wehe; Und als sich der schwarze Qualm erhob, Da flog sie als Rab' in die Höhe. Mein schwarzes, gefiedertes Großmütterlein! O komm' mich im Thurme besuchen, Komm'! fliege geschwinde durch's Gitter herein, Und bringe mir Käse und Kuchen. Mein schwarzes, gefiedertes Großmütterlein! O möchtest du nur sorgen, Daß die Muhme nicht auspickt die Augen mein, Wenn ich luftig schwebe morgen. 4 * VI. Die Grenadiere . Nach Frankreich zogen zwei Grenadier', Die waren in Rußland gefangen. Und als sie kamen in's deutsche Quartier, Sie ließen die Köpfe hangen. Da hörten sie beide die traurige Mähr: Daß Frankreich verloren gegangen, Besiegt und zerschlagen das tapfere Heer, — Und der Kaiser, der Kaiser gefangen. Da weinten zusammen die Grenadier' Wohl ob der kläglichen Kunde. Der Eine sprach: Wie weh wird mir, Wie brennt meine alte Wunde. Der Andre sprach: das Lied ist aus, Auch ich möcht mit dir sterben, Doch hab' ich Weib und Kind zu Haus, Die ohne mich verderben. Was scheert mich Weib, was scheert mich Kind, Ich trage weit bess'res Verlangen; Laß sie betteln gehn, wenn sie hungrig sind, — Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen! Gewähr' mir Bruder eine Bitt': Wenn ich jetzt sterben werde, So nimm meine Leiche nach Frankreich mit, Begrab' mich in Frankreichs Erde. Das Ehrenkreuz am rothen Band Sollst du auf's Herz mir legen; Die Flinte gieb mir in die Hand, Und gürt' mir um den Degen. So will ich liegen und horchen still, Wie eine Schildwach, im Grabe, Bis einst ich höre Kanonengebrüll, Und wiehernder Rosse Getrabe. Dann reitet mein Kaiser wohl über mein Grab, Viel Schwerter klirren und blitzen; Dann steig' ich gewaffnet hervor aus dem Grab', — Den Kaiser, den Kaiser zu schützen. VII. Die Botschaft . Mein Knecht! steh auf und sattle schnell, Und wirf dich auf dein Roß, Und jage rasch, durch Wald und Feld, Nach König Dunkans Schloß. Dort schleiche in den Stall, und wart', Bis dich der Stallbub schaut. Den forsch' mir aus: Sprich, welche ist Von Dunkans Töchtern Braut? Und spricht der Bub: „Die Braune ist's“, So bring mir schnell die Mähr. Doch spricht der Bub: „Die Blonde ist's“, So eile nicht so sehr. Dann geh' zum Meister Seiler hin, Und kauf' mir einen Strick, Und reite langsam, sprich kein Wort, Und bring mir den zurück. VIII. Die Heimführung . Ich geh' nicht allein, mein feines Lieb, Du mußt mit mir wandern Nach der lieben, alten, schaurigen Klause, In dem trüben, kalten, traurigen Hause, Wo meine Mutter am Eingang kau'rt, Und auf des Sohnes Heimkehr lau'rt. „Laß ab von mir, du finstrer Mann! Wer hat dich gerufen? Dein Odem glüht, deine Hand ist Eis, Dein Auge sprüht, deine Wang' ist weiß; Ich aber will mich lustig freu'n An Rosenduft und Sonnenschein.“ Laß duften die Rosen, laß scheinen die Sonn', Mein süßes Liebchen! Hüll' ein dich im weiten, weißwallenden Schleier, Spiel fein auf den Saiten der schallenden Leyer, Und singe ein Hochzeitlied dabei; Der Nachtwind pfeift die Melodei. IX. Don Ramiro. „Donna Clara! Donna Clara! Heißgeliebte langer Jahre, Hast beschlossen mein Verderben, Hast beschlossen ohn' Erbarmen. Donna Clara! Donna Clara! Ist doch süß die Lebensgabe! Aber unten ist es grausig, In dem dunkeln, kalten Grabe. Donna Clara! Freu' dich, morgen Wird Fernando, am Altare, Dich als Ehgemahl begrüßen. Wirst du mich zur Hochzeit laden?“ „Don Ramiro! Don Ramiro! Deine Worte treffen bitter, Bitt'rer als der Spruch der Sterne, Die da spotten meines Willens. Don Ramiro! Don Ramiro! Rüttle ab den dumpfen Trübsinn; Mädchen giebt es viel auf Erden, Aber uns hat Gott geschieden. Don Ramiro! Ueberwinder Vieler tausend Mohrenritter! Ueberwinde nun dich selber, — Komm' auf meine Hochzeit, Lieber.“ „Donna Clara! Donna Clara! Ja, ich schwör' es, ja ich komme! Will mit dir den Reihen tanzen; Gute Nacht, ich komme morgen.“ „Gute Nacht!“ — Das Fenster klirrte. Seufzend stand Ramiro unten, Stand noch lange wie versteinert; Endlich schwand er fort im Dunkeln. — Endlich auch nach langem Ringen, Muß die Nacht dem Tage weichen; Wie ein bunter Blumengarten Liegt Toledo ausgebreitet. Prachtgebäude und Paläste Schimmern hell im Glanz der Sonne; Und der Kirchen hohe Kuppeln Leuchten stattlich wie vergoldet. Dumpfig und wie Bienensummen Klingt der Glocken Festgeläute, Lieblich steigen Betgesänge Aus den frommen Gotteshäusern. Aber dorten, siehe! siehe! Dorten aus der Marktkapelle Strömt die bunte Volkesmenge, Im Gewimmel und Gedränge. Blanke Ritter, schmucke Frauen, Hofgesinde festlich blinkend, Und die hellen Glocken läuten, Und die Orgel rauscht dazwischen. Doch mit Ehrfurcht ausgewichen Schreitet stolz das junge Ehpaar; Donna Clara schwarz verschleiert, Don Fernando, waffenglänzend. Tausend Augen schaun nach ihnen, Tausend frohe Stimmen rufen: Heil Kastiliens Mädchensonne! Heil Kastiliens Ritterblume! Bis an Bräutigams Palastthor Wälzet sich das Volksgewühle; Dort beginnt die Hochzeitfeier, Prunkhaft und nach alter Sitte. Ritterspiel und frohe Tafel Wechseln unter lautem Jubel; Rauschend schnell entfliehn die Stunden Bis die Nacht herabgesunken. Und zum Tanze sich versammeln Dort im Saal die Hochzeitgäste; Alle funkeln buntbeleuchtet Von dem Lichterheer der Kerzen. Don Fernando stralt wie'n König In dem güldnen Purpurmantel; Clara wie die junge Rose, Blüht im weißen Brautgewande. 5 Auf erhobne Ehrensitze Rings von Dienerschaft umwoget, Ließen sich die beiden nieder, Und sie tauschten süße Worte. Und im Saale braust es dumpfig, Wie ein Meer von Sturm beweget! Und die lauten Pauken wirbeln, Und es schmettern die Trommeten. „Doch warum, o schöne Herrin, Sind gerichtet deine Blicke Dorthin nach der Saalesecke?“ So verwundert sprach der Ritter. „Siehst du denn nicht, Don Fernando, Dort den Mann im schwarzen Mantel?“ Und der Ritter lächelt freundlich: „Ach! das ist ja nur ein Schatten.“ Doch es nähert sich der Schatten, Und es war ein Mann im Mantel; Und Ramiro schnell erkennend, Grüßt ihn Clara, gluthbefangen. Und der Tanz hat schon begonnen, Munter drehen sich die Tänzer; Und der Boden dröhnt und zittert Von dem rauschenden Getöse. „Wahrlich gerne, Don Ramiro, Will ich dir zum Tanze folgen, Doch im nächtlich schwarzen Mantel Hättest du nicht kommen sollen.“ Mit durchbohrend stieren Augen Schaut Ramiro auf die Holde, Sie umschlingend spricht er düster: „Sprachest ja ich sollte kommen!“ Und in's wilde Tanzgetümmel Drängen sich die beiden Tänzer; Und die lauten Pauken wirbeln, Und es schmettern die Trommeten. „Sind ja schneeweiß deine Wangen!“ Flüstert Clara heimlich schauernd. „Sprachest ja ich sollte kommen!“ Schallet dumpf Ramiros Stimme. * Und im Saal die Kerzen blinzeln Durch das flutende Gedränge; Und die lauten Pauken wirbeln, Und es schmettern die Trommeten. „Sind ja eiskalt deine Hände!“ Flüstert Clara, schauerzuckend. „Sprachest ja ich sollte kommen!“ Und sie treiben fort im Strudel. „Laß mich, laß mich! Don Ramiro! Leichenduft ist ja dein Odem!“ Wie als Echo schallen heiser Don Ramiros grause Worte. Und der Boden raucht und glühet, Lustig fiedelen die Geiger; Wie ein tolles Zauberweben, Schwindelt alles im Gekreisel. „Laß mich, laß mich! Don Ramiro!“ Wimmert's immer im Gewoge. Immer schnarret hohl die Antwort: „Sprachest ja ich sollte kommmen !“ „Nun so geh in Gottes Namen!“ Clara rief's mit fester Stimme, Und dies Wort war kaum entfahren, Und verschwunden war Ramiro. Clara starret, Tod im Antlitz, Kaltumflirret, nachtumwoben; Ohnmacht hat das lichte Bildniß In ihr dunkles Reich gezogen. Endlich weicht der Nebelschlummer, Endlich schlägt sie auf die Wimper; Aber Staunen will auf's neue Ihre holden Augen schließen. Denn derweil der Tanz begonnen War sie nicht vom Sitz gewichen, Und sie sitzt noch bei dem Bräut'gam; Und der Ritter sorgsam bittet: „Sprich, was bleichen deine Wangen? Sprich, was wird dein Aug so dunkel? — “ „Und Ramiro? — — —“ schaudert Clara, Und Entsetzen lähmt die Zunge. Doch mit tiefen, ernsten Falten Furch't sich jetzt des Bräut'gams Stirne: „Herrin, forsch' nicht blut'ge Kunde, — Heute Mittag starb Ramiro.“ X. Belsatzar . Die Mitternacht zog näher schon; In stummer Ruh lag Babylon. Nur oben, in des Königs Schloß, Da flackert's, da lärmt des Königs Troß, Dort oben, in dem Königssaal, Belsatzar hielt sein Königsmahl. Die Knechte saßen in schimmernden Reih'n, Und leerten die Becher mit funkelndem Wein. Es klirrten die Becher, es jauchzten die Knecht'; So klang es dem störrigen Könige recht. Des Königs Wangen leuchten Glut; Im Wein erwuchs ihm kecker Muth. Und blindlings reißt der Muth ihn fort; Und er lästert die Gottheit mit sündigem Wort. Und er brüstet sich frech, und lästert wild; Die Knechtenschaar ihm Beifall brüllt. Der König rief mit stolzem Blick; Der Diener eilt und kehrt zurück. Er trug viel gülden Geräth auf dem Haupt; Das war aus dem Tempel Jehovas geraubt. Und der König ergriff mit frevler Hand Einen heiligen Becher, gefüllt bis am Rand'. Und er leert ihn hastig bis auf den Grund, Und rufet laut mit schäumendem Mund: Jehovah! dir künd' ich auf ewig Hohn, — Ich bin der König von Babylon! Doch kaum das grause Wort verklang, Dem König ward's heimlich im Busen bang. Das gellende Lachen verstummte zumal; Es wurde leichenstill im Saal. Und sieh! und sieh! an weißer Wand Da kam's hervor wie Menschenhand; Und schrieb, und schrieb an weißer Wand Buchstaben von Feuer, und schrieb und schwand. Der König stieren Blicks da saß, Mit schlotternden Knien und todtenblaß. Die Knechtenschaar saß kalt durchgraut, Und saß gar still, gab keinen Laut. Die Magier kamen, doch keiner verstand Zu deuten die Flammenschrift an der Wand. Belsatzar ward aber in selbiger Nacht Von seinen Knechten umgebracht. 5 * XI. Die Minnesänger. Zu dem Wettgesange schreiten Minnesänger jetzt herbei; Ei, das giebt ein seltsam Streiten, Ein gar seltsames Turnei! Phantasie, die schäumend wilde, Ist des Minnesängers Pferd, Und die Kunst dient ihm zum Schilde, Und das Wort, das ist sein Schwert. Hübsche Damen schauen munter Vom beteppichten Balkon', Doch die rechte ist nicht drunter Mit des Sieges Myrthenkron'. Andre Leute, wenn sie springen In die Schranken, sind gesund; Aber Minnesänger bringen Dort schon mit die Todeswund'. Und wem dort am besten dringen Liedes Blutström' aus der Brust, Der wird's beste Lob erringen, Und sein Weh giebt Andern Lust. XII. Die Fensterschau . Der bleiche Heinrich ging vorbei, Schön Hedwig lag am Fenster. Sie sprach halblaut: Gott steh mir bei, Der unten schaut bleich wie Gespenster! Der unten erhub sein Aug in die Höh', Hinschmachtend nach Hedewigs Fenster. Schön Hedwig ergriff es wie Liebesweh, Auch sie ward bleich wie Gespenster. Schön Hedwig stand nun mit Liebesharm Alltäglich lauernd am Fenster. Bald aber lag sie in Heinrichs Arm, Allnächtlich zur Zeit der Gespenster. XIII. Der wunde Ritter. Ich weiß eine alte Kunde, Die hallet dumpf und trüb'; Ein Ritter lag liebeswunde, Doch treulos ist sein Lieb. Als treulos muß er verachten Die eigne Herzliebste sein, Als schimpflich muß er betrachten Die eigne Liebespein. Er möcht' in die Schranken reiten, Und rufen die Ritter zum Streit: Der mag sich zum Kampfe bereiten, Wer mein Lieb eines Makels zeih't! Da würden wohl Alle schweigen, Nur nicht sein eigener Schmerz; Da müßt' er die Lanze neigen Wider's eigne klagende Herz. XIV. Wasserfahrt . Ich stand gelehnet an den Mast, Und zählte jede Welle. Ade! mein schönes Vaterland Mein Schiff, das segelt schnelle! Ich kam schön Liebchens Haus vorbei, Die Fensterscheiben blinken; Ich guck' mir fast die Augen aus, Doch will mir niemand winken. Ihr Thränen, bleibt mir aus dem Aug', Daß ich nicht dunkel sehe. Mein krankes Herze, brich mir nicht Vor allzugroßem Wehe. XV. Das Liedchen von der Reue . Herr Ulrich reitet im grünen Wald, Die Blätter lustig rauschen. Er sieht eine holde Mädchengestalt Durch Baumeszweige lauschen. Der Junker spricht: Wohl kenne ich Dies blühende, glühende Bildniß, Verlockend stets umschwebt es mich In Volksgewühl und Wildniß. Zwei Röslein sind die Lippen dort, Die lieblichen, die frischen; Doch manches häßlich bitt're Wort Schleicht tückisch oft dazwischen. Drum gleicht dies Mündlein gar genau Den hübschen Rosenbüschen, Wo gift'ge Schlangen wunderschlau Im dunkeln Laube zischen. Dort jenes Grübchen wunderlieb In wunderlieben Wangen, Das ist die Grube, worein mich trieb Wahnsinniges Verlangen. Dort seh' ich ein schönes Lockenhaar Vom schönsten Köpfchen hangen; Das sind die Netze wunderbar, Womit mich der Böse gefangen. Und jenes blaue Auge dort, So klar, wie stille Welle, Das hielt ich für des Himmels Pfort', Doch war's die Pforte der Hölle. — Herr Ulrich reitet weiter im Wald, Die Blätter rauschen schaurig. Da sieht er von fern eine zweite Gestalt, Die ist so bleich, so traurig. Der Junker spricht: O Mutter dort, Die mich so mütterlich liebte, Der ich mit bösem Thun und Wort Das Leben bitterlich trübte! O, könnt ich dir trocknen die Augen naß, Mit der Gluth von meinen Schmerzen! O, könnt ich dir röthen die Wangen blaß Mit dem Blut aus meinem Herzen! Und weiter reitet Herr Ulerich, Im Wald beginnt es zu düstern, Viel seltsame Stimmen regen sich, Die Abendwinde flüstern. Der Junker hört die Worte sein Gar vielfach wiederklingen. Das thaten die spöttischen Waldvöglein, Die zwitschern laut und singen: Herr Ulrich singt ein hübsches Lied, Das Liedchen von der Reue, Und hat er zu Ende gesungen das Lied, So singt er es wieder auf's Neue. 6 XVI. An eine Sängerin. Als sie eine alte Romanze sang. Ich denke noch der Zaubervollen, Wie sie zuerst mein Auge sah! Wie ihre Töne lieblich klangen, Und heimlich süß in's Herze drangen, Entrollten Thränen meinen Wangen, — Ich wußte nicht wie mir geschah. Ein Traum war über mich gekommen: Als sey ich noch ein frommes Kind, Und säße still, beim Lämpchenscheine, In Mutters warmem Kämmerleine, Und läse Mährchen wunderfeine, Derweilen draußen Nacht und Wind. Die Mährchen fangen an zu leben, Die Ritter steigen aus der Gruft; Bei Ronzisvall da giebt's ein Streiten, Da kommt Herr Roland herzureiten, Viel kühne Degen ihn begleiten, Auch leider Ganelon, der Schuft. Durch den wird Roland schlimm gebettet; Er schwimmt in Blut, und athmet kaum; Kaum mochte fern sein Jagdhornzeichen Das Ohr des großen Carls erreichen, — Da muß der Ritter schon erbleichen, — Und mit ihm stirbt zugleich mein Traum. Das war ein laut verworr'nes Schallen, Das mich aus meinem Träumen rief. Verklungen war jetzt die Legende, Die Leute schlugen in die Hände, Und riefen „Bravo“ ohne Ende; Die Sängerin verneigt sich tief. XVII. Das Lied von den Dukaten. Meine güldenen Dukaten, Sagt wo seyd Ihr hingerathen? Seyd Ihr bei den güldnen Fischlein, Die im Bache froh und munter Tauchen auf und tauchen unter? Seyd Ihr bei den güldnen Blümlein, Die auf lieblich grüner Aue Funkeln hell vom Morgenthaue? Seyd Ihr bei den güldnen Vöglein, Die da schweifen glanzumwoben In den blauen Lüften oben? Seyd Ihr bei den güldnen Sternlein, Die im leuchtenden Gewimmel Lächeln jede Nacht am Himmel? Ach! Ihr güldenen Dukaten Schwimmt nicht in des Baches Well', Funkelt nicht auf grüner Au', Schwebet nicht in Lüften blau, Lächelt nicht am Himmel hell, — Meine Manichäer, traun! Halten Euch in ihren Klau'n. XVIII. Gespräch auf der Paderborner Haide. Hörst du nicht die fernen Töne, Wie von Brummbaß und von Geigen? Dorten tanzt wohl manche Schöne Den geflügelt leichten Reigen. „Ei, mein Freund, das nenn' ich irren, Von den Geigen hör' ich keine, Nur die Ferklein hör' ich quirren, Grunzen nur hör' ich die Schweine.“ Hörst du nicht das Waldhorn blasen? Jäger sich des Waidwerks freuen; Fromme Lämmer seh ich grasen, Schäfer spielen auf Schallmeien. „Ei, mein Freund, was du vernommen Ist kein Waldhorn, noch Schallmeie; Nur den Sauhirt seh' ich kommen, Heimwärts treibt er seine Säue.“ Hörst du nicht das ferne Singen, Wie von süßen Wettgesängen? Englein schlagen mit den Schwingen Lauten Beifall solchen Klängen. „Ei, was dort so hübsch geklungen, Ist kein Wettgesang, mein Lieber! Singend treiben Gänsejungen Ihre Gänselein vorüber.“ Hörst du nicht die Glocken läuten, Wunderlieblich, wunderhelle? Fromme Kirchengänger schreiten Andachtsvoll zur Dorfkapelle. „Ei, mein Freund, das sind die Schellen Von den Ochsen, von den Kühen, Die nach ihren dunkeln Ställen Mit gesenktem Kopfe ziehen.“ Siehst du nicht den Schleier wehen? Siehst du nicht das leise Nicken? Dort seh' ich die Liebste stehen, Feuchte Wehmuth in den Blicken. „Ei! mein Freund, dort seh' ich nicken Nur das Waldweib, nur die Lise; Blaß und hager an den Krücken Hinkt sie weiter nach der Wiese.“ Nun, mein Freund, so magst du lachen Ueber des Phantasten Frage; Kannst doch nicht zur Täuschung machen, Was ich fest im Busen trage. XIX. Lebensgruß . (Stammbuchblatt.) Eine große Landstraß' ist unsre Erd', Wir Menschen sind Passagiere; Man rennet und jaget, zu Fuß und zu Pferd, Wie Läufer oder Couriere. Man fährt sich vorüber, man nicket, man grüßt Mit dem Taschentuch' aus der Carosse; Man hätte sich gerne geherzt und geküßt, — Doch jagen von hinnen die Rosse. Kaum trafen wir uns auf derselben Station, Herzliebster Prinz Alexander, Da bläst schon zur Abfahrt der Postillon Und bläst uns schon auseinander. 6 * XX. Wahrhaftig . Wenn der Frühling kommt mit dem Sonnenschein, Dann knospen und blühen die Blümlein auf; Wenn der Mond beginnt seinen Stralenlauf, Dann schwimmen die Sternlein hintendrein; Wenn der Sänger zwei süße Aeuglein sieht, Dann quellen ihm Lieder aus tiefem Gemüth; — Doch Lieder und Sterne und Blümelein, Und Aeuglein und Mondglanz und Sonnenschein, Wie sehr das Zeug auch gefällt, So macht's doch noch lang keine Welt. Sonette . An A. W. v. Schlegel . Im Reifrockputz, mit Blumen reich verzieret, Schönpflästerchen auf den geschminkten Wangen, Mit Schnabelschuh'n, mit Stickerei'n behangen, Mit Thurmfrisur, und wespengleich geschnüret; So war die Aftermuse ausstaffiret, Als sie einst kam, dich liebend zu umfangen. Du bist ihr aber aus dem Weg gegangen, Und irrtest fort von dunkelm Trieb geführet. Da fandest du ein Schloß in alter Wildniß, Und drinnen lag, wie'n holdes Marmorbildniß, Die schönste Maid in Zauberschlaf versunken. Doch wich der Zauber bald, bei deinem Gruße Aufwachte lächelnd Deutschlands ächte Muse, Und sank in deine Arme liebestrunken. An meine Mutter, B. Heine , geborne v. Geldern. I. Ich bin's gewohnt den Kopf recht hoch zu tragen, Mein Sinn ist auch ein bischen starr und zähe; Wenn selbst der König mir in's Antlitz sähe, Ich würde nicht die Augen niederschlagen. Doch, liebe Mutter, offen will ich's sagen: Wie mächtig auch mein stolzer Muth sich blähe, In deiner selig süßen, trauten Nähe Ergreift mich oft ein demuthvolles Zagen. Ist es dein Geist, der heimlich mich bezwinget, Dein hoher Geist, der Alles kühn durchdringet, Und blitzend sich zum Himmelslichte schwinget? Quält mich Erinnerung, daß ich verübet So manche That, die dir das Herz betrübet, Das schöne Herz, das mich so sehr geliebet? II. Im tollen Wahn hatt' ich dich einst verlassen, Ich wollte gehn die ganze Welt zu Ende, Und wollte sehn ob ich die Liebe fände, Um liebevoll die Liebe zu umfassen. Die Liebe suchte ich auf allen Gassen, Vor jeder Thüre streckt' ich aus die Hände, Und bettelte um gringe Liebesspende, — Doch lachend gab man mir nur kaltes Hassen. Und immer irrte ich nach Liebe, immer Nach Liebe, doch die Liebe fand ich nimmer, Und kehrte um nach Hause, krank und trübe. Doch da bist du entgegen mir gekommen, Und ach! was da in deinem Aug' geschwommen, Das war die süße, langgesuchte Liebe. An H. S. Wie ich dein Büchlein hastig aufgeschlagen, Da grüßen mir entgegen viel vertraute, Viel goldne Bilder, die ich weiland schaute Im Knabentraum und in den Kindertagen. Ich sehe wieder stolz gen Himmel ragen Den frommen Dom, den deutscher Glaube baute, Ich hör' der Glocken und der Orgel Laute, Dazwischen klingt's wie süße Liebesklagen. Wohl seh' ich auch wie sie den Dom umklettern, Die flinken Zwerglein, die sich dort erfrechen Das hübsche Blum- und Schnitzwerk abzubrechen. Doch mag man immerhin die Eich' entblättern. Und sie des grünen Schmuckes rings berauben, — Kommt neuer Lenz, wird sie sich neu belauben. Fresko-Sonette an Christian S. I. Ich tanz' nicht mit, ich räuchre nicht den Klötzen, Die außen goldig sind, inwendig Sand, Ich schlag' nicht ein, reicht mir ein Bub die Hand, Der heimlich mir den Namen will zerfetzen. Ich beug' mich nicht vor jenen hübschen Metzen, Die schamlos prunken mit der eignen Schand, Ich zieh' nicht mit, wenn sich der Pöbel spannt Vor'n Siegeswagen seiner eiteln Götzen. Ich weiß es wohl, die Eiche muß erliegen, Derweil das Rohr am Bach, durch schwankes Biegen, In Wind und Wetter stehn bleibt, nach wie vor. Doch sprich, wie weit bringt's wohl am End' solch Rohr? Welch Glück! als ein Spazierstock dient's dem Stutzer, Als Kleiderklopfer dient's dem Stiefelputzer. II. Gieb her die Larv', ich will mich jetzt maskieren In einen Lumpenkerl, damit Halunken, Die prächtig in Charaktermasken prunken, Nicht wähnen Ich sey einer von den Ihren. Gieb her gemeine Worte und Manieren, Ich zeige mich in Pöbelart versunken, Verläugne all die schönen Geistesfunken, Womit jetzt fade Schlingel kokettiren. So tanz' ich auf dem großen Maskenballe, Umschwärmt von deutschen Rittern, Mönchen, Kön'gen, Von Harlekin gegrüßt, erkannt von wen'gen. Mit ihrem Holzschwert prügeln sie mich alle. Das ist der Spaß. Denn wollt' ich mich entmummen, So müßte all das Galgenpack verstummen. III. Ich lache ob den abgeschmackten Laffen, Die mich anglotzen mit den Bocksgesichtern; Ich lache ob den Füchsen, die so nüchtern Und hämisch mich beschnüffeln und begaffen. Ich lache ob den hochgelahrten Affen, Die sich aufblähn zu stolzen Geistesrichtern; Ich lache ob den feigen Bösewichtern, Die mich umdrohn mit giftgetränkten Waffen. Denn wenn des Glückes hübsche sieben Sachen Uns von des Schicksals Händen sind zerbrochen, Und so zu unsern Füßen hingeschmissen; Und wenn das Herz im Leibe ist zerrissen, Zerrissen, und zerschnitten, und zerstochen, — Dann bleibt uns doch das schöne gelle Lachen. 7 IV. Im Hirn spukt mir ein Mährchen wunderfein, Und in dem Mährchen klingt ein feines Lied, Und in dem Liede lebt und webt und blüht Ein wunderschönes, zartes Mägdelein. Und in dem Mägdlein wohnt ein Herzchen klein, Doch in dem Herzchen keine Liebe glüht; In dieses lieblos frostige Gemüth Kam Hochmuth nur und Uebermuth hinein. Hörst du wie mir im Kopf' das Mährchen klinget? Und wie das Liedchen summet ernst und schaurig? Und wie das Mägdlein kichert leise, leise? Ich fürchte nur, daß mir der Kopf zerspringet: Und, ach! da wär's doch gar entsetzlich traurig, Käm' der Verstand mir aus dem alten Gleise. V. In stiller, wehmuthweicher Abendstunde, Umklingen mich die längst verscholl'nen Lieder, Und Thränen rollen von der Wange nieder, Und Blut entquillt der alten Herzenswunde. Und wie in eines Zauberspiegels Grunde Seh' ich das Bildniß meiner Liebsten wieder; Sie sitzt am Arbeitstisch', im rothen Mieder, Und Stille herrscht in ihrer heilgen Runde. Doch plötzlich springt sie auf vom Stuhl und schneidet Von ihrem Haupt die schönste aller Locken, Und gibt sie mir, — vor Freud bin ich erschrocken Mephisto hat die Freude mir verleidet. Er spann ein festes Seil von jenen Haaren, Und schleift mich dran herum seit vielen Jahren. * VI. „Du gabst, als ich vor'm Jahr dich wiederblickte, Mir keinen Kuß in jener Willkommstund'.“ So sprach ich, und der Liebsten rother Mund Den schönsten Kuß auf meine Lippen drückte. Und lächelnd süß ein Myrthenreis sie pflückte Vom Myrthenstrauche, der am Fenster stund: „Nimm hin, und pflanz' dies Reis in frischen Grund, Und stell' ein Glas darauf,“ sprach sie und nickte. — Schon lang ist's her. Es starb das Reis im Topf'. Sie selbst hab' ich seit Jahren nicht gesehn; Doch brennt der Kuß mir immer noch im Kopf'. Und aus der Ferne trieb's mich jüngst zum Ort, Wo Liebchen wohnt. Vor'm Hause blieb ich stehn Die ganze Nacht, ging erst am Morgen fort. VII. Hüt' dich, mein Freund, vor grimmen Teufelsfratzen, Doch schlimmer sind die sanften Engelsfrätzchen. Ein solches bot mir einst ein süßes Schmätzchen, Doch wie ich kam, da fühlt' ich scharfe Tatzen. Hüt' dich, mein Freund, vor schwarzen, alten Katzen, Doch schlimmer sind die weißen, jungen Kätzchen. Ein solches macht' ich einst zu meinem Schätzchen, Doch thät mein Schätzchen mir das Herz zerkratzen. O süßes Frätzchen, wundersüßes Mädchen! Wie konnte mich dein klares Aeuglein täuschen? Wie konnt' dein Pfötchen mir das Herz zerfleischen? O meines Kätzchens wunderzartes Pfötchen! Könnt' ich dich an die glüh'nden Lippen pressen, Und könnt' mein Herz verbluten unterdessen! VIII. Du sah'st mich oft im Kampf mit jenen Schlingeln, Geschminkten Katzen und gebrillten Pudeln, Die mir den blanken Namen gern besudeln, Und mich so gerne in's Verderben züngeln. Du sahest oft, wie mich Pedanten hudeln, Wie Schellenkappenträger mich umklingeln, Wie gift'ge Schlangen um mein Herz sich ringeln; Du sahst mein Blut aus tausend Wunden sprudeln. Du aber standest fest gleich einem Thurme; Ein Leuchtthurm war dein Kopf mir in dem Sturme, Dein treues Herz war mir ein guter Hafen. Wohl wogt um jenen Hafen wilde Brandung, Nur wen'ge Schiff' erringen dort die Landung, Doch ist man dort, so kann man sicher schlafen. IX. Ich möchte weinen, doch ich kann es nicht; Ich möcht' mich rüstig in die Höhe heben, Doch kann ich's nicht; am Boden muß ich kleben, Umkrächzt, umzischt von ekelm Wurmgezücht. Ich möchte gern mein heitres Lebenslicht, Mein schönes Lieb, allüberall umschweben, In ihrem selig süßen Hauche leben, — Doch kann ich's nicht, mein krankes Herze bricht. Aus dem gebrochnen Herzen fühl' ich fließen Mein heißes Blut, ich fühle mich ermatten, Und vor den Augen wird's mir trüb und trüber. Und heimlich schauernd sehn' ich mich hinüber Nach jenem Nebelreich, wo stille Schatten Mit weichen Armen liebend mich umschließen. Lyrisches Intermezzo . 1822 — 1823. 7 * Salomon Heine empfange diese Blätter auf's neue als ein Zeichen der Verehrung und Zuneigung des Verfassers. Prolog . E s war mal ein Ritter, trübselig und stumm, Mit hohlen, schneeweißen Wangen; Er schwankte und schlenderte schlotternd herum, In dumpfen Träumen befangen. Er war so hölzern, so täppisch, so links, Die Blümlein und Mägdlein, die kicherten rings, Wenn er stolpernd vorbeigegangen. Oft saß er im finstersten Winkel zu Haus; Er hatt' sich vor Menschen verkrochen. Da streckte er sehnend die Arme aus, Doch hat er kein Wörtlein gesprochen. Kam aber die Mitternachtstunde heran, Ein seltsames Singen und Klingen begann. An die Thüre da hört er es pochen. Da kommt seine Liebste geschlichen herein, Im rauschenden Wellenschaumkleide. Sie blüht und glüht, wie ein Röselein, Ihr Schleier ist eitel Geschmeide. Goldlocken umspielen die schlanke Gestalt, Die Aeugelein grüßen mit süßer Gewalt — In die Arme sinken sich beide. Der Ritter umschlingt sie mit Liebesmacht, Der Hölzerne steht jetzt in Feuer, Der Blasse erröthet, der Träumer erwacht, Der Blöde wird freier und freier. Sie aber, sie hat ihn gar schalkhaft geneckt, Sie hat ihm ganz leise den Kopf bedeckt Mit dem weißen, demantenen Schleier. In einen kristallenen Wasserpalast Ist plötzlich gezaubert der Ritter. Er staunt, und die Augen erblinden ihm fast, Vor alle dem Glanz und Geflitter. Doch hält ihn die Nixe umarmet gar traut, Der Ritter ist Bräut'gam, die Nixe ist Braut, Ihre Jungfraun spielen die Zither. Sie spielen und singen; es tanzen herein Viel winzige Mädchen und Bübchen. Der Ritter, der will sich zu Tode freu'n, Und fester umschlingt er sein Liebchen — Da löschen auf einmal die Lichter aus, Der Ritter sitzt wieder ganz einsam zu Haus, In dem dustern Poetenstübchen. l. Im wunderschönen Monat Mai, Als alle Knospen sprangen, Da ist in meinem Herzen Die Liebe aufgegangen. Im wunderschönen Monat Mai, Als alle Vögel sangen, Da hab ich ihr gestanden Mein Sehnen und Verlangen. II. Aus meinen Thränen sprießen Viel blühende Blumen hervor, Und meine Seufzer werden Ein Nachtigallenchor. Und wenn du mich lieb hast, Kindchen, Schenk' ich dir die Blumen all', Und vor deinem Fenster soll klingen Das Lied der Nachtigall. III. Die Rose, die Lilie, die Taube, die Sonne, Die liebt' ich einst alle in Liebeswonne. Ich lieb' sie nicht mehr, ich liebe alleine Die Kleine, die Feine, die Reine, die Eine; Sie selber, aller Liebe Bronne, Ist Rose und Lilie und Taube und Sonne. 8 IV. Wenn ich in deine Augen seh', So schwindet all mein Leid und Weh; Doch wenn ich küsse deinen Mund, So werd' ich ganz und gar gesund. Wenn ich mich lehn' an deine Brust, Kommt's über mich wie Himmelslust; Doch wenn du sprichst: ich liebe dich! So muß ich weinen bitterlich. V. Dein Angesicht so lieb und schön, Das hab' ich jüngst im Traum gesehn; Es ist so mild und engelgleich, Und doch so bleich, so schmerzenbleich. Und nur die Lippen, die sind roth; Bald aber küßt sie bleich der Tod. Erlöschen wird das Himmelslicht, Das aus den frommen Augen bricht. VI. Lehn' deine Wang' an meine Wang', Dann fließen die Thränen zusammen; Und an mein Herz drück' fest dein Herz, Dann schlagen zusammen die Flammen! Und wenn in die große Flamme fließt Der Strom von unsern Thränen, Und wenn dich mein Arm gewaltig umschließt — Sterb' ich vor Liebessehnen! VIl. Ich will meine Seele tauchen In den Kelch der Lilie hinein; Die Lilie soll klingend hauchen Ein Lied von der Liebsten mein. Das Lied soll schauern und beben, Wie der Kuß von ihrem Mund', Den sie mir einst gegeben In wunderbar süßer Stund'. * VIII. Es stehen unbeweglich Die Sterne in der Höh', Viel tausend Jahr', und schauen Sich an mit Liebesweh. Sie sprechen eine Sprache, Die ist so reich, so schön; Doch keiner der Philologen Kann diese Sprache verstehn. Ich aber hab' sie gelernet, Und ich vergesse sie nicht; Mir diente als Grammatik Der Herzallerliebsten Gesicht. IX. Auf Flügeln des Gesanges, Herzliebchen trag' ich dich fort, Fort nach den Fluren des Ganges, Dort weiß ich den schönsten Ort. Dort liegt ein rothblühender Garten Im stillen Mondenschein; Die Lotosblumen erwarten Ihr trautes Schwesterlein. Die Veilchen kichern und kosen, Und schau'n nach den Sternen empor; Heimlich erzählen die Rosen Sich duftende Mährchen in's Ohr. Es hüpfen herbei und lauschen Die frommen, klugen Gazell'n; Und in der Ferne rauschen Des heiligen Stromes Well'n. Dort wollen wir niedersinken Unter dem Palmenbaum, Und Liebe und Ruhe trinken, Und träumen seligen Traum. X. Die Lotosblume ängstigt Sich vor der Sonne Pracht, Und mit gesenktem Haupte Erwartet sie träumend die Nacht. Der Mond, der ist ihr Buhle. Er weckt sie mit seinem Licht', Und ihm entschleiert sie freundlich Ihr frommes Blumengesicht. Sie blüht und glüht und leuchtet, Und starret stumm in die Höh'; Sie duftet und weinet und zittert Vor Liebe und Liebesweh'. XI. Im Rhein, im heiligen Strome, Da spiegelt sich in den Well'n, Mit seinem großen Dome, Das große, heilige Cöln. Im Dom da steht ein Bildniß, Auf goldenem Leder gemalt; In meines Lebens Wildniß Hat's freundlich hineingestrahlt. Es schweben Blumen und Englein Um unsre liebe Frau; Die Augen, die Lippen, die Wänglein, Die gleichen der Liebsten genau. XII. Du liebst mich nicht, du liebst mich nicht, Das kümmert mich gar wenig; Schau' ich dir nur in's Angesicht, So bin ich froh wie'n König. Du hassest, hassest mich sogar, So spricht dein rothes Mündchen; Reich' mir es nur zum Küssen dar, So tröst' ich mich, mein Kindchen. 8 * XIII. O schwöre nicht und küsse nur, Ich glaube keinem Weiberschwur! Dein Wort ist süß, doch süßer ist Der Kuß, den ich dir abgeküßt; Den hab' ich, und dran glaub' ich auch, Das Wort ist eitel Dunst und Hauch. O schwöre, Liebchen, immerfort, Ich glaube dir auf's bloße Wort! An deinen Busen sink' ich hin, Und glaube, daß ich selig bin; Ich glaube, Liebchen, ewiglich, Und noch viel länger, liebst du mich. XIV. Auf meiner Herzliebsten Aeugelein Mach' ich die schönsten Canzonen. Auf meiner Herzliebsten Mündchen klein Mach' ich die besten Terzinen. Auf meiner Herzliebsten Wängelein Mach' ich die herrlichsten Stanzen. Und wenn meine Liebste ein Herzchen hätt', So wollt' ich drauf machen ein hübsches Sonett. XV. Die Welt ist dumm, die Welt ist blind, Wird täglich abgeschmackter; Sie spricht von dir, mein schönes Kind, Du hast keinen guten Charakter. Die Welt ist dumm, die Welt ist blind, Und dich wird sie immer verkennen; Sie weiß nicht wie weich deine Arme sind, Und wie deine Küsse brennen. XVI. Liebste, sollst mir heute sagen: Bist du nicht ein Traumgebild', Wie's in schwülen Sommertagen Aus dem Hirn des Dichters quillt? Aber nein, ein solches Mündchen, Solcher Augen Zauberlicht, Solch ein liebes, süßes Kindchen, Das erschafft der Dichter nicht. Basilisken und Vampyre, Lindenwürm' und Ungeheu'r, Solche schlimme Fabelthiere, Die erschafft des Dichters Feu'r. Aber dich und deine Tücke, Und dein süßes Angesicht, Und die falschen, frommen Blicke — Das erschafft der Dichter nicht. XVII. Wie die Wellenschaumgeborene Stralt mein Lieb in Schönheitsglanz, Denn sie ist das auserkorene Bräutchen eines fremden Manns. Herz, mein Herz, du vielgeduldiges, Grolle nicht ob dem Verrath; Trag es, trag es, und entschuldig' es, Was die holde Thörin that. XVIII. Ich grolle nicht, und wenn das Herz auch bricht, Ewig verlor'nes Lieb! ich grolle nicht. Wie du auch strahlst in Diamantenpracht, Es fällt kein Strahl in deines Herzens Nacht. Das weiß ich längst. Ich sah dich ja im Traume, Und sah die Nacht in deines Herzens Raume, Und sah die Schlang', die dir am Herzen frißt, Ich sah mein Lieb, wie sehr du elend bist. XIX. Ja, du bist elend, und ich grolle nicht; Mein Lieb, wir sollen beide elend seyn! Bis uns der Tod das kranke Herze bricht, Mein Lieb, wir sollen beide elend seyn. Wohl seh ich Spott, der deinen Mund umschwebt, Und seh dein Auge blitzen trotziglich, Und seh den Stolz, der deinen Busen hebt, — Und elend bist du doch, elend wie ich. Unsichtbar zuckt auch Schmerz um deinen Mund, Verborgne Thräne trübt des Auges Schein, Der stolze Busen hegt geheime Wund', — Mein Lieb, wir sollen beide elend seyn. XX. Das ist ein Flöten und Geigen, Trompeten schmettern drein; Da tanzt den Hochzeitreigen Die Herzallerliebste mein. Das ist ein Klingen und Dröhnen Von Pauken und Schallmei'n; Dazwischen schluchzen und stöhnen Die guten Engelein. XXI. So hast du ganz und gar vergessen, Daß ich so lang dein Herz besessen, Dein Herzchen so süß und so falsch und so klein, 's kann nirgend was süß'res und falscheres seyn. So hast du die Lieb' und das Leid vergessen, Die's Herz mir thäten zusammen pressen. Ich weiß nicht war Liebe größer als Leid? Ich weiß nur sie waren groß allebeid'! XXII. Und wüßten's die Blumen, die kleinen, Wie tief verwundet mein Herz, Sie würden mit mir weinen, Zu heilen meinen Schmerz. Und wüßten's die Nachtigallen Wie ich so traurig und krank, Sie ließen fröhlich erschallen Erquickenden Gesang. Und wüßten sie mein Wehe, Die goldnen Sternelein, Sie kämen aus ihrer Höhe, Und sprächen Trost mir ein. Die alle können's nicht wissen, Nur Eine kennt meinen Schmerz; Sie hat ja selbst zerrissen, Zerrissen mir das Herz. XXIII. Warum sind denn die Rosen so blaß, O sprich, mein Lieb, warum? Warum sind denn im grünen Gras Die blauen Veilchen so stumm? Warum singt denn mit so kläglichem Laut Die Lerche in der Luft? Warum steigt denn aus dem Balsamkraut Hervor ein Leichenduft? Warum scheint denn die Sonn' auf die Au' So kalt und verdrießlich herab? Warum ist denn die Erde so grau Und öde wie ein Grab? Warum bin ich selbst so krank und so trüb', Mein liebes Liebchen, sprich? O sprich, mein herzallerliebstes Lieb, Warum verließest du mich? 9 XXIV. Sie haben dir viel erzählet, Und haben viel geklagt; Doch was meine Seele gequälet, Das haben sie nicht gesagt. Sie machten ein großes Wesen, Und schüttelten kläglich das Haupt; Sie nannten mich den Bösen, Und du hast alles geglaubt. Jedoch das Allerschlimmste, Das haben sie nicht gewußt; Das Schlimmste und das Dümmste, Das trug ich geheim in der Brust. XXV. Die Linde blühte, die Nachtigall sang, Die Sonne lachte mit freundlicher Lust; Da küßtest du mich, und dein Arm mich umschlang, Da preßtest du mich an die schwellende Brust. Die Blätter fielen, der Rabe schrie hohl, Die Sonne grüßte verdrießlichen Blicks; Da sagten wir frostig einander: „Lebwohl!“ Da knixtest du höflichst den höflichsten Knix. XXVI. Wir haben viel für einander gefühlt, Und dennoch uns gar vortrefflich vertragen. Wir haben oft „Mann und Frau“ gespielt Und dennoch uns nicht gerauft und geschlagen. Wir haben zusammen gejauchzt und gescherzt, Und zärtlich uns geküßt und geherzt. Wir haben am Ende, aus kindischer Lust, „Verstecken“ gespielt in Wäldern und Gründen, Und haben uns so zu verstecken gewußt, Daß wir uns nimmermehr wiederfinden. * XXVII. Du bliebest mir treu am längsten, Und hast dich für mich verwendet, Und hast mir Trost gespendet In meinen Nöthen und Aengsten. Du gabest mir Trank und Speise, Und hast mir Geld geborget, Und hast mich mit Wäsche versorget, Und mit dem Paß für die Reise. Mein Liebchen! daß Gott dich behüte, Noch lange, vor Hitz' und vor Kälte, Und daß er dir nimmer vergelte Die mir erwiesene Güte. XXVIII. Die Erde war so lange geizig, Da kam der Mai, und sie ward spendabel, Und alles lacht, und jauchzt, und freut sich, Ich aber bin nicht zu lachen kapabel. Die Blumen sprießen, die Glöcklein schallen, Die Vögel sprechen wie in der Fabel; Mir aber will das Gespräch nicht gefallen, Ich finde Alles miserabel. Das Menschenvolk mich ennuyiret, Sogar der Freund, der sonst passabel; — Das kömmt, weil man Madame tituliret Mein süßes Liebchen, so süß und aimabel. XXIX. Und als ich so lange, so lange gesäumt, In fremden Landen geschwärmt und geträumt; Da ward meiner Liebsten zu lang die Zeit, Und sie nähete sich ein Hochzeitkleid, Und hat mit zärtlichen Armen umschlungen, Als Bräut'gam, den dümmsten der dummen Jungen. Mein Liebchen ist so schön und mild, Noch schwebt mir vor ihr süßes Bild; Die Veilchenaugen, die Rosenwänglein, Die glühen und blühen, jahraus jahrein. Daß ich von solchem Lieb konnt weichen, War der dümmste von meinen dummen Streichen. XXX. Die blauen Veilchen der Aeugelein, Die rothen Rosen der Wängelein, Die weißen Lilien der Händchen klein, Die blühen und blühen noch immerfort, Und nur das Herzchen ist verdorrt. XXXI. Die Welt ist so schön und der Himmel so blau, Und die Lüfte die wehen so lind und so lau, Und die Blumen winken auf blühender Au', Und funkeln und glitzern im Morgenthau, Und die Menschen jubeln, wohin ich schau', — Und doch möcht' ich im Grabe liegen, Und mich an ein todtes Liebchen schmiegen. XXXII. Mein süßes Lieb, wenn du im Grab, Im dunkeln Grab wirst liegen, Dann steig' ich langsam zu dir hinab, Und will mich an dich schmiegen. Ich kuss', ich umschlinge, ich presse dich wild, Du Stille, du Kalte, du Bleiche! Ich jauchze, ich zitt're, ich weine mild, Ich werde selber zur Leiche. Die Todten stehn auf, die Mitternacht ruft, Sie tanzen im luftigen Schwarme; Wir beide bleiben in der Gruft, Ich liege in deinem Arme. Die Todten stehn auf, der Tag des Gerichts Ruft sie zu Qual und Vergnügen; Wir beide bekümmern uns um nichts, Und bleiben umschlungen liegen. XXXIII. Ein Fichtenbaum steht einsam Im Norden auf kahler Höh'. Ihn schläfert; mit weißer Decke Umhüllen ihn Eis und Schnee. Er träumt von einer Palme, Die, fern im Morgenland, Einsam und schweigend trauert Auf brennender Felsenwand. 9 * XXXIV. (Der Kopf spricht:) Ach, wenn ich nur der Schemel wär', Worauf der Liebsten Füße ruhn! Und stampfte sie mich noch so sehr, Ich wollte doch nicht klagen thun. (Das Herz spricht:) Ach, wenn ich nur das Kißchen wär', Wo sie die Nadeln steckt hinein! Und stäche sie mich noch so sehr, Ich wollte mich der Stiche freu'n. (Das Lied spricht:) Ach, wär' ich nur das Stück Papier, Das sie als Papillote braucht! Ich wollte heimlich flüstern ihr In's Ohr, was in mir lebt und haucht. XXXV. Seit die Liebste war entfernt, Hatt' ich's Lachen ganz verlernt. Schlechten Witz riß mancher Wicht, Aber lachen konnt' ich nicht. Seit ich sie verloren hab', Schafft' ich auch das Weinen ab, Fast vor Weh' das Herz mir bricht, Aber weinen kann ich nicht. XXXVI. Aus meinen großen Schmerzen Mach' ich die kleinen Lieder; Die heben ihr klingend Gefieder Und flattern nach ihrem Herzen. Sie fanden den Weg zur Trauten, Doch kommen sie wieder und klagen, Und klagen, und wollen nicht sagen, Was sie im Herzen schauten. XXXVII. Ich kann es nicht vergessen, Geliebtes, holdes Weib, Daß ich dich einst besessen, Die Seele und den Leib. Den Leib möcht' ich noch haben, Den Leib so zart und jung; Die Seele könnt Ihr begraben, Hab' selber Seele genung. Ich will meine Seele zerschneiden, Und hauchen die Hälfte dir ein, Und will dich umschlingen, wir müssen Ganz Leib und Seele seyn. XXXVIII. Philister in Sonntagsröcklein Spazieren durch Wald und Flur; Sie jauchzen, sie hüpfen wie Böcklein, Begrüßen die schöne Natur. Betrachten mit blinzelnden Augen, Wie Alles romantisch blüht; Mit langen Ohren saugen Sie ein der Spatzen Lied. Ich aber verhänge die Fenster Des Zimmmers mit schwarzem Tuch; Es machen mir meine Gespenster Sogar einen Tagesbesuch. Die alte Liebe erscheinet, Sie stieg aus dem Todtenreich, Sie setzt sich zu mir und weinet, Und macht das Herz mir weich. XXXIX. Manch Bild vergessener Zeiten Steigt auf aus seinem Grab, Und zeigt wie in deiner Nähe Ich einst gelebet hab'. Am Tage schwankte ich träumend Durch alle Straßen herum; Die Leute verwundert mich ansah'n, Ich war so traurig und stumm. Des Nachts da war es besser, Da waren die Straßen leer; Ich und mein Schatten selbander, Wir wandelten schweigend einher. Mit wiederhallendem Fußtritt Wandelt ich über die Brück'; Der Mond brach aus den Wolken, Und grüßte mit ernstem Blick'. Steh'n blieb ich vor deinem Hause Und starrte in die Höh', Und starrte nach deinem Fenster, — Das Herz that mir so weh'. Ich weiß du hast aus dem Fenster Gar oft herab geseh'n, Und sah'st mich im Mondenlichte Wie eine Säule steh'n. XL. Ein Jüngling liebt ein Mädchen, Die hat einen Andern erwählt; Der Andre liebt eine Andre, Und hat sich mit dieser vermählt. Das Mädchen heurathet aus Aerger Den ersten besten Mann, Der ihr in den Weg gelaufen; Der Jüngling ist übel dran. Es ist eine alte Geschichte, Doch bleibt sie immer neu; Und wem sie just passiret, Dem bricht das Herz entzwei. XLI. Hör' ich das Liedchen klingen, Das einst die Liebste sang, So will mir die Brust zerspringen, Vor wildem Schmerzendrang. Es treibt mich ein dunkles Sehnen Hinauf zur Waldeshöh', Dort lös't sich auf in Thränen Mein übergroßes Weh'. 10 XLII. Mir träumte von einem Königskind', Mit nassen, blassen Wangen; Wir saßen unter der grünen Lind', Und hielten uns liebumfangen. „Ich will nicht deines Vaters Thron, Ich will nicht sein Scepter von Golde, Ich will nicht seine demantene Kron', Ich will dich selber, du Holde!“ Das kann nicht seyn, sprach sie zu mir, Ich liege ja im Grabe, Und nur des Nachts komm' ich zu dir, Weil ich so lieb dich habe. XLIIl. Mein Liebchen, wir saßen beisammen, Traulich im leichten Kahn. Die Nacht war still, und wir schwammen Auf weiter Wasserbahn. Die Geisterinsel, die schöne, Lag dämm'rig im Mondenglanz; Dort klangen liebe Töne, Und wogte der Nebeltanz. Dort klang es lieb und lieber, Und wogt' es hin und her; Wir aber schwammen vorüber, Trostlos auf weitem Meer. * XLIV. Aus alten Mährchen winkt es Hervor mit weißer Hand, Da singt es und da klingt es Von einem Zauberland'; Wo bunte Blumen blühen Im goldnen Abendlicht', Und lieblich duftend glühen, Mit bräutlichem Gesicht; Und grüne Bäume singen Uralte Melodein, Die Lüfte heimlich klingen, Und Vögel schmettern drein; Und Nebelbilder steigen Wohl aus der Erd' hervor, Und tanzen luft'gen Reigen, Im wunderlichen Chor; Und blaue Funken brennen An jedem Blatt und Reis, Und rothe Lichter rennen Im irren, wirren Kreis; Und laute Quellen brechen Aus wildem Marmorstein, Und seltsam in den Bächen Strahlt fort der Wiederschein. Ach! könnt' ich dorthin kommen, Und dort mein Herz erfreu'n, Und aller Qual entnommen, Und frei und selig seyn! Ach! jenes Land der Wonne, Das seh' ich oft im Traum, Doch kommt die Morgensonne, Zerfließt's wie eitel Schaum. XLV. Ich hab' dich geliebet und liebe dich noch! Und fiele die Welt zusammen, Aus ihren Trümmern stiegen doch Hervor meiner Liebe Flammen. Und wenn ich dich geliebet hab', Bis in meiner Todesstunde, So nehm' ich mit in's ew'ge Grab Die große Liebeswunde. XLVI. Am leuchtenden Sommermorgen Geh' ich im Garten herum. Es flüstern und sprechen die Blumen, Ich aber wandle stumm. Es flüstern und sprechen die Blumen, Und schau'n mitleidig mich an: Sey unserer Schwester nicht böse, Du trauriger, blasser Mann. XLVII. Es leuchtet meine Liebe, In ihrer dunkeln Pracht, Wie'n Mährchen traurig und trübe, Erzählt in der Sommernacht. Im Zaubergarten wallen Zwei Buhlen, stumm und allein; Es singen die Nachtigallen, Es flimmert der Mondenschein. Die Jungfrau steht still wie ein Bildniß, Der Ritter vor ihr kniet. Da kommt der Riese der Wildniß, Die bange Jungfrau flieht. Der Ritter sinkt blutend zur Erde, Es stolpert der Riese nach Haus; Wenn ich begraben werde, Dann ist das Mährchen aus. XLVIII. Sie haben mich gequälet, Geärgert blau und blaß, Die Einen mit ihrer Liebe, Die Andern mit ihrem Haß. Sie haben das Brod mir vergiftet, Sie gossen mir Gift in's Glas, Die Einen mit ihrer Liebe, Die Andern mit ihrem Haß. Doch die mich am meisten gequälet, Geärgert und betrübt, Die hat mich nie gehasset, Und hat mich nie geliebt. XLIX. Es liegt der heiße Sommer Auf deinen Wängelein; Es liegt der Winter, der kalte, In deinem Herzchen klein. Das wird sich bei dir ändern, Du Vielgeliebte mein! Der Winter wird auf den Wangen, Der Sommer im Herzen seyn. L. Wenn zwei von einander scheiden, So geben sie sich die Händ', Und fangen an zu weinen, Und seufzen ohne End'. Wir haben nicht geweinet, Wir seufzten nicht Weh und Ach! Die Thränen und die Seufzer, Die kamen hintennach. 10 * LI. Sie saßen und tranken am Theetisch, Und sprachen von Liebe viel. Die Herren, die waren ästhetisch, Die Damen von zartem Gefühl. Die Liebe muß seyn platonisch, Der dürre Hofrath sprach. Die Hofräthin lächelt ironisch, Und dennoch seufzet sie: Ach! Der Domherr öffnet den Mund weit: Die Liebe sey nicht zu roh, Sie schadet sonst der Gesundheit. Das Fräulein lispelt: wie so? Die Gräfin spricht wehmüthig: Die Liebe ist eine Passion! Und präsentiret gütig Die Tasse dem Herren Baron. Am Tische war noch ein Plätzchen; Mein Liebchen, da hast du gefehlt. Du hättest so hübsch, mein Schätzchen, Von deiner Liebe erzählt. LII. Vergiftet sind meine Lieder; Wie könnt' es anders seyn? Du hast mir ja Gift gegossen In's blühende Leben hinein. Vergiftet sind meine Lieder; Wie könnt' es anders seyn? Ich trage im Herzen viel Schlangen, Und dich, Geliebte mein. LIII. Mir träumte wieder der alte Traum: Es war eine Nacht im Maie, Wir saßen unter dem Lindenbaum, Und schwuren uns ewige Treue. Das war ein Schwören und Schwören auf's Neu', Ein Kichern, ein Kosen, ein Küssen; Daß ich gedenk des Schwures sey, Hast du in die Hand mich gebissen. O Liebchen mit den Aeuglein klar! O Liebchen schön und bissig! Das Schwören in der Ordnung war. Das Beißen war überflüssig. LIV. Ich steh' auf des Berges Spitze, Und werde sentimental. „Wenn ich ein Vöglein wäre!“ Seufz' ich viel tausendmal. Wenn ich eine Schwalbe wäre, So flög' ich zu dir, mein Kind, Und baute mir mein Nestchen Wo deine Fenster sind. Wenn ich eine Nachtigall wäre, So flög' ich zu dir, mein Kind, Und sänge dir Nachts meine Lieder Herab von der grünen Lind'. Wenn ich ein Gimpel wäre, So flög' ich gleich an dein Herz; Du bist ja hold den Gimpeln, Und heilest Gimpelschmerz. LV. Mein Wagen rollet langsam Durch lustiges Waldesgrün, Durch blumige Thäler, die zaubrisch Im Sonnenglanze blüh'n. Ich sitze und sinne und träume, Und denk' an die Liebste mein; Da grüßen drei Schattengestalten Kopfnickend zum Wagen herein. Sie hüpfen und schneiden Gesichter, So spöttisch und doch so scheu, Und quirlen wie Nebel zusammen, Und kichern und huschen vorbei. LVI. Ich hab' im Traum' geweinet, Mir träumte du lägest im Grab'. Ich wachte auf und die Thräne Floß noch von der Wange herab. Ich hab' im Traum' geweinet, Mir träumt' du verließest mich. Ich wachte auf, und ich weinte Noch lange bitterlich. Ich hab' im Traum' geweinet, Mir träumte du wärst mir noch gut. Ich wachte auf, und noch immer Strömt meine Thränenfluth. LVII. Allnächtlich im Traume seh' ich dich, Und sehe dich freundlich grüßen, Und lautaufweinend stürz' ich mich Zu deinen süßen Füßen. Du siehst mich an wehmüthiglich, Und schüttelst das blonde Köpfchen; Aus deinen Augen schleichen sich Die Perlenthränentröpfchen. Du sagst mir heimlich ein leises Wort, Und giebst mir den Strauß von Zypressen. Ich wache auf, und der Strauß ist fort, Und's Wort hab' ich vergessen. LVIII. Das ist ein Brausen und Heulen, Herbstnacht und Regen und Wind; Wo mag wohl jetzo weilen Mein armes, banges Kind? Ich seh' sie am Fenster lehnen, Im einsamen Kämmerlein; Das Auge gefüllt mit Thränen Starrt sie in die Nacht hinein. LIX. Der Herbstwind rüttelt die Bäume, Die Nacht ist feucht und kalt; Gehüllt im grauen Mantel, Reite ich einsam im Wald! Und wie ich reite, so reiten Mir die Gedanken voraus; Sie tragen mich leicht und luftig Nach meiner Liebsten Haus. 11 Die Hunde bellen, die Diener Erscheinen mit Kerzengeflirr; Die Wendeltreppe stürm' ich Hinauf mit Sporengeklirr. Im leuchtenden Teppichgemache, Da ist es so duftig und warm, Da harret meiner die Holde — Ich fliege in ihren Arm. Es säuselt der Wind in den Blättern, Es spricht der Eichenbaum: Was willst du, thörichter Reiter, Mit deinem thörichten Traum? LX. Es fällt ein Stern herunter Aus seiner funkelnden Höh'; Das ist der Stern der Liebe, Den ich dort fallen seh'. Es fallen vom Apfelbaume Der weißen Blätter viel; Es kommen die neckenden Lüfte, Und treiben damit ihr Spiel. Es singt der Schwan im Weiher, Und rudert auf und ab, Und immer leiser singend, Taucht er in's Fluthengrab. Es ist so still und so dunkel! Verweht ist Blatt und Blüth', Der Stern ist knisternd zerstoben, Verklungen das Schwanenlied. * LXI. Der Traumgott bracht' mich in ein Riesenschloß, Wo schwüler Zauberduft und Lichterschimmer, Und bunte Menschenwoge sich ergoß Durch labyrinthisch vielverschlungne Zimmer. Die Ausgangspforte sucht der bleiche Troß, Mit Händeringen und mit Angstgewimmer. Jungfrau'n und Ritter ragen aus der Menge, Ich selbst bin fortgezogen im Gedränge. Doch plötzlich steh' ich ganz allein, und seh', Und staun', wie schnell die Menge konnt' verschwinden, Und wandre fort allein, und eil', und geh' Durch die Gemächer, die sich seltsam winden. Mein Fuß wird Blei, im Herzen Angst und Weh, Verzweifl' ich fast den Ausgang je zu finden. Da komm' ich endlich an das letzte Thor; Ich will hinaus — o Gott, wer steht davor! Es war die Liebste, die am Thore stand, Schmerz um die Lippen, Sorge auf der Stirne. Ich soll zurückgehn, winkt sie mit der Hand; Ich weiß nicht ob sie warne oder zürne. Doch aus den Augen bricht ein süßer Brand, Der mir durchzuckt das Herz und das Gehirne. Wie sie mich ansah, streng und wunderlich, Und doch so liebevoll, erwachte ich. LXII. Die Mitternacht war kalt und stumm; Ich irrte klagend im Wald herum. Ich habe die Bäum' aus dem Schlaf' gerüttelt; Sie haben mitleidig die Köpfe geschüttelt. LXIII. Am Kreuzweg wird begraben Wer selber sich brachte um; Dort wächst eine blaue Blume, Die Armesünderblum'. Am Kreuzweg stand ich und seufzte; Die Nacht war kalt und stumm. Im Mondschein bewegte sich langsam Die Armesünderblum'. LXIV. Wo ich bin, mich rings umdunkelt Finsterniß, so dumpf und dicht, Seit mir nicht mehr leuchtend funkelt, Liebste, deiner Augen Licht. Mir erloschen ist der süßen Liebessterne goldne Pracht, Abgrund gähnt zu meinen Füßen — Nimm mich auf, uralte Nacht! LXV. Nacht lag auf meinen Augen, Blei lag auf meinem Mund, Mit starrem Hirn und Herzen Lag ich in Grabesgrund. Wie lang kann ich nicht sagen, Daß ich geschlafen hab'; Ich wachte auf und hörte Wie's pochte an mein Grab. „Willst du nicht aufstehn, Heinrich? Der ew'ge Tag bricht an, Die Todten sind erstanden, Die ew'ge Lust begann.“ Mein Lieb, ich kann nicht aufstehn, Bin ja noch immer blind; Durch Weinen meine Augen Gänzlich erloschen sind. „Ich will dir küssen, Heinrich, Vom Auge fort die Nacht; Die Engel sollst du schauen, Und auch des Himmels Pracht.“ Mein Lieb ich kann nicht aufstehn, Noch blutet's immerfort, Wo du in's Herz mir stachest Mit einem spitz'gen Wort'. „Ganz leise leg' ich, Heinrich, Dir meine Hand auf's Herz; Dann wird es nicht mehr bluten, Geheilt ist all sein Schmerz.“ Mein Lieb, ich kann nicht aufstehn, Es blutet auch mein Haupt; Hab' ja hinein geschossen, Als du mir wurdest geraubt. „Mit meinen Locken, Heinrich, Stopf' ich des Hauptes Wund', Und dräng' zurück den Blutstrom, Und mache dein Haupt gesund.“ Es bat so sanft, so lieblich, Ich konnt' nicht widerstehn; Ich wollte mich erheben, Und zu der Liebsten gehn. Da brachen auf die Wunden, Da stürzt' mit wilder Macht Aus Kopf und Brust der Blutstrom, Und sieh! — ich bin erwacht. 11 * LXVI. Die alten, bösen Lieder, Die Träume schlimm und arg, Die laßt uns jetzt begraben, Holt einen großen Sarg. Hinein leg' ich gar manches, Doch sag' ich noch nicht was; Der Sarg muß seyn noch größer Wie's Heidelberger Faß. Und holt eine Todtenbahre, Von Brettern fest und dick; Auch muß sie seyn noch länger Als wie zu Mainz die Brück'. Und holt mir auch zwölf Riesen, Die müssen noch stärker seyn Als wie der starke Christoph Im Dom zu Cöln am Rhein. Die sollen den Sarg forttragen, Und senken in's Meer hinab; Denn solchem großen Sarge Gebührt ein großes Grab. Wißt Ihr warum der Sarg wohl So groß und schwer mag seyn? Ich legt' auch meine Liebe Und meinen Schmerz hinein. Die Heimkehr . 1823 – 1824. Friedrike Varnhagen von Ense werden die Lieder der Heimkehr, als eine heitere Huldigung, gewidmet vom Verfasser. I . I n mein gar zu dunkles Leben Strahlte einst ein süßes Bild; Nun das süße Bild erblichen, Bin ich gänzlich nachtumhüllt. Wenn die Kinder sind im Dunkeln, Wird beklommen ihr Gemüth, Und um ihre Angst zu bannen, Singen sie ein lautes Lied. Ich, ein tolles Kind, ich singe Jetzo in der Dunkelheit; Ist das Lied auch nicht ergötzlich, Hat's mich doch von Angst befreit. 12 II. Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, Daß ich so traurig bin; Ein Mährchen aus alten Zeiten, Das kommt mir nicht aus dem Sinn. Die Luft ist kühl und es dunkelt, Und ruhig fließt der Rhein; Der Gipfel des Berges funkelt Im Abendsonnenschein. Die schönste Jungfrau sitzet Dort oben wunderbar Ihr gold'nes Geschmeide blitzet, Sie kämmt ihr gold'nes Haar. Sie kämmt es mit gold'nem Kamme, Und singt ein Lied dabei; Das hat eine wundersame, Gewaltige Melodei. Den Schiffer im kleinen Schiffe Ergreift es mit wildem Weh; Er schaut nicht die Felsenriffe, Er schaut nur hinauf in die Höh'. Ich glaube, die Wellen verschlingen Am Ende Schiffer und Kahn; Und das hat mit ihrem Singen Die Lore-Ley gethan. III. Mein Herz, mein Herz ist traurig, Doch lustig leuchtet der Mai; Ich stehe, gelehnt an der Linde, Hoch auf der alten Bastei. Da drunten fließt der blaue Stadtgraben in stiller Ruh'; Ein Knabe fährt im Kahne, Und angelt und pfeift dazu. * Jenseits erheben sich freundlich, In winziger, bunter Gestalt, Lusthäuser, und Gärten, und Menschen, Und Ochsen, und Wiesen, und Wald. Die Mädchen bleichen Wäsche, Und springen im Gras' herum; Das Mühlrad stäubt Diamanten, Ich höre sein fernes Gesumm'. Am alten grauen Thurme Ein Schilderhäuschen steht; Ein rothgeröckter Bursche Dort auf und nieder geht. Er spielt mit seiner Flinte, Die funkelt im Sonnenroth, Er präsentirt und schultert — Ich wollt', er schösse mich todt. IV. Im Walde wandl' ich und weine, Die Drossel sitzt in der Höh'; Sie springt und singt gar feine: Warum ist dir so weh? „Die Schwalben, deine Schwestern, Die können's dir sagen, mein Kind; Sie wohnten in klugen Nestern, Wo Liebchens Fenster sind.“ V. Die Nacht ist feucht und stürmisch, Der Himmel sternenleer; Im Wald, unter rauschenden Bäumen, Wandle ich schweigend einher. Es flimmert fern ein Lichtchen Aus dem einsamen Jägerhaus'; Es soll mich nicht hin verlocken, Dort sieht es verdrießlich aus. Die blinde Großmutter sitzt ja Im ledernen Lehnstuhl dort, Unheimlich und starr, wie ein Steinbild, Und spricht kein einziges Wort. Fluchend geht auf und nieder Des Försters rothköpfiger Sohn, Und wirft an die Wand die Büchse, Und lacht vor Wuth und Hohn. Die schöne Spinnerin weinet, Und feuchtet mit Thränen den Flachs; Wimmernd zu ihren Füßen Schmiegt sich des Vaters Dachs. VI. Als ich, auf der Reise, zufällig Meines Liebchens Familie fand, Schwesterchen, Vater und Mutter, Sie haben mich freudig erkannt. Sie fragten nach meinem Befinden, Und sagten selber sogleich: Ich hätte mich gar nicht verändert, Nur mein Gesicht sey bleich. Ich fragte nach Muhmen und Basen, Nach manchem langweil'gen Gesell'n, Und nach dem kleinen Hündchen, Mit seinem sanften Bell'n. Auch nach der vermählten Geliebten Fragte ich nebenbei; Und freundlich gab man zur Antwort: Daß sie in den Wochen sey. Und freundlich gratulirt' ich, Und lispelte liebevoll: Daß man sie von mir recht herzlich Viel tausendmal grüßen soll. Schwesterchen rief dazwischen: Das Hündchen, sanft und klein, Ist groß und toll geworden, Und ward ertränkt, im Rhein. Die Kleine gleicht der Geliebten, Besonders, wenn sie lacht; Sie hat dieselben Augen, Die mich so elend gemacht. VII. Wir saßen am Fischerhause, Und schauten nach der See; Die Abendnebel kamen, Und stiegen in die Höh'. Im Leuchtthurm wurden die Lichter Allmählig angesteckt, Und in der weiten Ferne Ward noch ein Schiff entdeckt. Wir sprachen von Sturm und Schiffbruch, Vom Seemann, und wie er lebt, Und zwischen Himmel und Wasser, Und Angst und Freude schwebt. Wir sprachen von fernen Küsten, Vom Süden und vom Nord, Und von den seltsamen Menschen, Und seltsamen Sitten dort. Am Ganges duftet's und leuchtet's Und Riesenbäume blüh'n. Und schöne, stille Menschen Vor Lotosblumen knie'n. In Lappland sind schmutzige Leute, Plattköpfig, breitmäulig und klein; Sie kauern um's Feuer, und backen Sich Fische, und quäken und schrei'n. Die Mädchen horchten ernsthaft, Und endlich sprach Niemand mehr; Das Schiff war nicht mehr sichtbar, Es dunkelte gar zu sehr. 12 * VIII. Du schönes Fischermädchen, Treibe den Kahn an's Land; Komm zu mir und setze dich nieder, Wir kosen Hand in Hand. Leg' an mein Herz dein Köpfchen. Und fürchte dich nicht zu sehr, Vertrau'st du dich doch sorglos Täglich dem wilden Meer. Mein Herz gleicht ganz dem Meere, Hat Sturm und Ebb' und Fluth, Und manche schöne Perle In seiner Tiefe ruht. IX. Der Mond ist aufgegangen Und überstrahlt die Well'n; Ich halte mein Liebchen umfangen, Und unsre Herzen schwell'n. Im Arm des holden Kindes Ruh' ich allein am Strand; Was horchst du bei'm Rauschen des Windes? Was zuckt deine weiße Hand? „Das ist kein Rauschen des Windes, Das ist der Seejungfern Gesang, Und meine Schwestern sind es, Die einst das Meer verschlang.“ X. Der Wind zieht seine Hosen an, Die weißen Wasserhosen; Er peitscht die Wellen so stark er kann, Die heulen und brausen und tosen. Aus dunkler Höh', mit wilder Macht, Die Regengüsse träufen; Es ist als wollt' die alte Nacht Das alte Meer ersäufen. An den Mastbaum klammert die Möve sich, Mit heiserem Schrillen und Schreien; Sie flattert und will gar ängstiglich Ein Unglück prophezeien. XI. Der Sturm spielt auf zum Tanze, Er pfeift und saust und brüllt; Heisa, wie springt das Schifflein! Die Nacht ist lustig und wild. Ein lebendes Wassergebirge Bildet die tosende See; Hier gähnt ein schwarzer Abgrund, Dort thürmt es sich weit in die Höh'. Ein Fluchen, Erbrechen und Beten, Schallt aus der Kajüte heraus; Ich halte mich fest am Mastbaum, Und wünsche: wär ich zu Haus. XII. Der Abend kommt gezogen, Der Nebel bedeckt die See; Geheimnißvoll rauschen die Wogen, Da steigt es weiß in die Höh'. Die Meerfrau steigt aus den Wellen, Und setzt sich zu mir, am Strand; Die weißen Brüste quellen Hervor aus dem Schleiergewand. Sie drückt mich und sie preßt mich Und thut mir fast ein Weh'; Du drückst ja viel zu fest mich, Du schöne Wasserfee! „Ich presse dich, in meinen Armen, Und drücke dich mit Gewalt; Ich will bei dir erwarmen, Der Abend ist gar zu kalt.“ Der Mond schaut immer blasser Aus dämmriger Wolkenhöh'; Dein Auge wird trüber und nasser, Du schöne Wasserfee! „Es wird nicht trüber und nasser, Mein Aug' ist naß und trüb', Weil, als ich stieg aus dem Wasser, Ein Tropfen im Auge blieb.“ Die Möven schrillen kläglich, Es grollt und brandet die See; Dein Herz pocht wild beweglich, Du schöne Wasserfee! „Mein Herz pocht wild beweglich, Es pocht beweglich wild; Weil ich dich liebe unsäglich, Du liebes Menschenbild!“ XIII. Wenn ich an deinem Hause Des Morgens vorüber geh', So freut's mich, du liebe Kleine, Wenn ich dich am Fenster seh'. Mit deinen schwarzbraunen Augen Siehst du mich forschend an: Wer bist du, und was fehlt dir, Du fremder, kranker Mann? „Ich bin ein deutscher Dichter, Bekannt im deutschen Land; Nennt man die besten Namen, So wird auch der meine genannt. Und was mir fehlt, du Kleine, Fehlt Manchem im deutschen Land; Nennt man die schlimmsten Schmerzen, So wird auch der meine genannt.“ XIV. Das Meer erglänzte weit hinaus, Im letzten Abendscheine; Wir saßen am einsamen Fischerhaus, Wir saßen stumm und alleine. Der Nebel stieg, das Wasser schwoll, Die Möve flog hin und wieder; Aus deinen Augen, liebevoll, Fielen die Thränen nieder. Ich sah sie fallen auf deine Hand, Und bin auf's Knie gesunken; Ich hab' von deiner weißen Hand Die Thränen fortgetrunken. Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib, Die Seele stirbt vor Sehnen; — Mich hat das unglückseel'ge Weib Vergiftet mit ihren Thränen. 13 XV. Da droben auf jenem Berge, Da steht ein feines Schloß, Da wohnen drei schöne Fräulein, Von denen ich Liebe genoß. Sonnabend küßte mich Jette, Und Sonntag die Julia, Und Montag die Kunigunde, Die hat mich erdrückt beinah. Doch Diensttag war eine Fete Bei meinen drei Fräulein im Schloß; Die Nachbarschafts-Herren und Damen, Die kamen zu Wagen und Roß. Ich aber war nicht geladen, Und das habt ihr dumm gemacht! Die zischelnden Muhmen und Basen, Die merkten's und haben gelacht. XVI. Am fernen Horizonte Erscheint, wie ein Nebelbild, Die Stadt mit ihren Thürmen, In Abenddämmrung gehüllt. Ein feuchter Windzug kräuselt Die graue Wasserbahn; Mit traurigem Tacte rudert Der Schiffer in meinem Kahn. Die Sonne hebt sich noch einmal Leuchtend vom Boden empor, Und zeigt mir jene Stelle, Wo ich das Liebste verlor. * XVII. Sey mir gegrüßt, du große, Geheimnißvolle Stadt, Die einst in ihrem Schooße Mein Liebchen umschlossen hat. Sagt an, ihr Thürme und Thore, Wo ist die Liebste mein? Euch hab' ich sie anvertrauet, Ihr solltet mir Bürge seyn. Unschuldig sind die Thürme, Sie konnten nicht von der Stell', Als sie mit Koffern und Schachteln Die Stadt verlassen so schnell. Die Thore jedoch, die ließen Mein Liebchen entwischen gar still; Ein Thor ist immer willig, Wenn eine Thörin will. XVIII. So wandl' ich wieder den alten Weg, Die wohlbekannten Gassen; Ich komme von meiner Liebsten Haus, Das steht so leer und verlassen. Die Straßen sind doch gar zu eng'! Das Pflaster ist unerträglich! Die Häuser fallen mir auf den Kopf! Ich eile so viel als möglich! XIX. Ich trat in jene Hallen, Wo sie mir Treue versprochen; Wo einst ihre Thränen gefallen, Sind Schlangen hervor gekrochen. XX. Still ist die Nacht, es ruhen die Gassen, In diesem Hause wohnte mein Schatz; Sie hat schon längst die Stadt verlassen, Doch steht noch das Haus auf demselben Platz. Da steht auch ein Mensch und starrt in die Höhe, Und ringt die Hände, vor Schmerzensgewalt; Mir graust es, wenn ich sein Antlitz sehe, — Der Mond zeigt mir meine eigne Gestalt. Du Doppeltgänger! du bleicher Geselle! Was äffst du nach mein Liebesleid, Das mich gequält auf dieser Stelle, So manche Nacht, in alter Zeit? XXI. Wie kannst du ruhig schlafen, Und weißt, ich lebe noch? Der alte Zorn kommt wieder, Und dann zerbrech' ich mein Joch. Kennst du das alte Liedchen: Wie einst ein todter Knab' Um Mitternacht die Geliebte Zu sich geholt in's Grab? Glaub' mir, du wunderschönes, Du wunderholdes Kind, Ich lebe und bin noch stärker Als alle Todten sind! XXII. „Die Jungfrau schläft in der Kammer, Der Mond schaut zitternd hinein; Da draußen singt es und klingt es, Wie Walzermelodein. Ich will mal schaun aus dem Fenster, Wer drunten stört meine Ruh'. Da steht ein Todtengerippe, Und fidelt und singt dazu: Hast einst mir den Tanz versprochen, Und hast gebrochen dein Wort, Und heut ist Ball auf dem Kirchhof, Komm mit, wir tanzen dort. Die Jungfrau ergreift es gewaltig, Es lockt sie hervor aus dem Haus; Sie folgt dem Gerippe, das singend Und fidelnd schreitet voraus. Es fidelt und tänzelt und hüpfet, Und klappert mit seinem Gebein, Und nickt und nickt mit dem Schädel Unheimlich im Mondenschein.“ XXIII. Ich stand in dunkeln Träumen Und starrte ihr Bildniß an, Und das geliebte Antlitz Heimlich zu leben begann. Um ihre Lippen zog sich Ein Lächeln wunderbar, Und wie von Wehmuthsthränen Erglänzte ihr Augenpaar. Auch meine Thränen flossen Mir von den Wangen herab — Und ach, ich kann es nicht glauben, Daß ich Dich verloren hab'! 13 * XXIV. Ich unglücksel'ger Atlas! eine Welt, Die ganze Welt der Schmerzen muß ich tragen, Ich trage Unerträgliches, und brechen Will mir das Herz im Leibe. Du stolzes Herz! du hast es ja gewollt, Du wolltest glücklich seyn, unendlich glücklich Oder unendlich elend, stolzes Herz, Und jetzo bist du elend. XXV. Die Jahre kommen und gehen, Geschlechter steigen in's Grab, Doch nimmer vergeht die Liebe, Die ich im Herzen hab'. Nur einmal noch möcht' ich dich sehen, Und sinken vor dir auf's Knie, Und sterbend zu dir sprechen: Madame, ich liebe Sie! XXVI. Mir träumte: traurig schaute der Mond, Und traurig schienen die Sterne; Es trug mich zur Stadt, wo Liebchen wohnt, Viel hundert Meilen ferne. Es hat mich zu ihrem Hause geführt, Ich küßte die Steine der Treppe, Die oft ihr kleiner Fuß berührt, Und ihres Kleides Schleppe. Die Nacht war lang, die Nacht war kalt, Es waren so kalt die Steine; Es lugt' aus dem Fenster die blasse Gestalt, Beleuchtet vom Mondenscheine. XXVII. Was will die einsame Thräne? Sie trübt mir ja den Blick. Sie blieb aus alten Zeiten In meinem Auge zurück. Sie hatte viel leuchtende Schwestern, Die alle zerflossen sind, Mit meinen Qualen und Freuden, Zerflossen in Nacht und Wind. Wie Nebel sind auch zerflossen Die blauen Sternelein, Die mir jene Freuden und Qualen Gelächelt in's Herz hinein. Ach, meine Liebe selber Zerfloß wie eitel Hauch! Du alte, einsame Thräne, Zerfließe jetzunde r auch. XXVIII. Der bleiche, herbstliche Halbmond Lugt aus den Wolken heraus; Ganz einsam liegt auf dem Kirchhof' Das stille Pfarrerhaus. Die Mutter liest in der Bibel, Der Sohn, der starret in's Licht, Schlaftrunken dehnt sich die ält're, Die jüngere Tochter spricht: Ach Gott! wie Einem die Tage Langweilig hier vergeh'n; Nur wenn sie Einen begraben, Bekommen wir etwas zu sehn. Die Mutter spricht zwischen dem Lesen: Du irrst, es starben nur Vier, Seit man deinen Vater begraben, Dort an der Kirchhofsthür'. Die ält're Tochter gähnet: Ich will nicht verhungern bei Euch, Ich gehe morgen zum Grafen, Und der ist verliebt und reich. Der Sohn bricht aus in Lachen: Drei Jäger zechen im Stern, Die machen Gold und lehren Mir das Geheimniß gern. Die Mutter wirft ihm die Bibel In's mag're Gesicht hinein: So willst du, Gottverfluchter, Ein Straßenräuber seyn! Sie hören pochen an's Fenster, Und sehn eine winkende Hand; Der todte Vater steht draußen Im schwarzen Pred'gergewand. XXIX. Das ist ein schlechtes Wetter, Es regnet und stürmt und schnei't; Ich sitze am Fenster und schaue Hinaus in die Dunkelheit. Da schimmert ein einsames Lichtchen, Das wandelt langsam fort; Ein Mütterchen mit dem Laternchen Wankt über die Straße dort. Ich glaube, Mehl und Eier Und Butter kaufte sie ein; Sie will einen Kuchen backen Für's große Töchterlein. Die liegt zu Haus im Lehnstuhl, Und blinzelt schläfrig in's Licht; Die goldnen Locken wallen Ueber das süße Gesicht. XXX. Man glaubt, daß ich mich gräme In bitter'm Liebesleid, Und endlich glaub' ich es selber, So gut wie andre Leut'. Du Kleine mit großen Augen, Ich hab' es dir immer gesagt, Daß ich dich unsäglich liebe, Daß Liebe mein Herz zernagt. Doch nur in einsamer Kammer Sprach ich auf solche Art, Und ach! ich hab' immer geschwiegen In deiner Gegenwart. Da gab es böse Engel, Die hielten mir zu den Mund; Und ach! durch böse Engel Bin ich so elend jetzund. XXXI. Deine weichen Lilienfinger, Könnt' ich sie noch einmal küssen, Und sie drücken an mein Herz, Und vergehn in stillem Weinen! Deine klaren Veilchenaugen Schweben vor mir Tag und Nacht, Und mich quält es: was bedeuten Diese süßen, blauen Räthsel? XXXII. „Hat sie sich denn nie geäußert Ueber dein verliebtes Wesen? Konntest du in ihren Augen Niemals Gegenliebe lesen? Konntest du in ihren Augen Niemals bis zur Seele dringen? Und du bist ja sonst kein Esel, Theurer Freund, in solchen Dingen.“ 14 XXXIII. Sie liebten sich beide, doch keiner Wollt' es dem andern gestehn; Sie sahen sich an so feindlich, Und wollten vor Liebe vergehn. Sie trennten sich endlich und sah'n sich Nur noch zuweilen im Traum; Sie waren längst gestorben, Und wußten es selber kaum. XXXIV. Und als ich Euch meine Schmerzen geklagt, Da habt Ihr gegähnt und nichts gesagt; Doch als ich sie zierlich in Verse gebracht, Da habt Ihr mir große Elogen gemacht. XXXV. Ich rief den Teufel und er kam, Und ich sah ihn mit Verwund'rung an. Er ist nicht häßlich, und ist nicht lahm, Er ist ein lieber, scharmanter Mann, Ein Mann in seinen besten Jahren, Verbindlich und höflich und welterfahren. Er ist ein gescheuter Diplomat, Und spricht recht schön über Kirch' und Staat. Blaß ist er etwas, doch ist es kein Wunder, Sanskritt und Hegel studiert er jetzunder. Sein Lieblingspoet ist noch immer Fouqu é . Doch will er nicht mehr mit Kritik sich befassen, Die hat er jetzt gänzlich überlassen Der theuren Großmutter Hekate. Er lobte mein juristisches Streben, Hat früher sich auch damit abgegeben. Er sagte, meine Freundschaft sey Ihm nicht zu theuer, und nickte dabei, Und frug: ob wir uns früher nicht Schon einmal gesehn bei'm span'schen Gesandten? Und als ich recht besah sein Gesicht, Fand ich in ihm einen alten Bekannten. * XXXVI. Mensch, verspotte nicht den Teufel, Kurz ist ja die Lebensbahn, Und die ewige Verdammniß Ist kein bloßer Pöbelwahn. Mensch, bezahle deine Schulden, Lang ist ja die Lebensbahn, Und du mußt noch manchmal borgen, Wie du es so oft gethan. XXXVII. Die heil'gen drei Könige aus Morgenland, Sie frugen in jedem Städtchen: Wo geht der Weg nach Bethlehem, Ihr lieben Buben und Mädchen? Die Jungen und Alten, sie wußten es nicht, Die Könige zogen weiter; Sie folgten einem goldenen Stern, Der leuchtete lieblich und heiter. Der Stern blieb stehn über Josehs Haus, Da sind sie hineingegangen; Das Oechslein brüllte, das Kindlein schrie, Die heil'gen drei Könige sangen. XXXVIII. Mein Kind, wir waren Kinder, Zwei Kinder, klein und froh; Wir krochen in's Hühnerhäuschen Und steckten uns unter das Stroh. Wir krähten wie die Hähne, Und kamen Leute vorbei — Kikereküh! sie glaubten, Es wäre Hahnengeschrei. Die Kisten auf unserem Hofe, Die tapezirten wir aus, Und wohnten drin beisammen, Und machten ein vornehmes Haus. Des Nachbars alte Katze Kam öfters zum Besuch; Wir machten ihr Bückling' und Knixe, Und Complimente genug. Wir haben nach ihrem Befinden Besorglich und freundlich gefragt; Wir haben seitdem dasselbe Mancher alten Katze gesagt. Wir saßen auch oft und sprachen Vernünftig, wie alte Leut', Und klagten, wie Alles besser Gewesen zu unserer Zeit; Wie Lieb' und Treu' und Glauben Verschwunden aus der Welt, Und wie so theuer der Kaffee, Und wie so rar das Geld! — — — Vorbei sind die Kinderspiele Und Alles rollt vorbei, — Das Geld und die Welt und die Zeiten, Und Glauben und Lieb' und Treu'. XXXIX. Das Herz ist mir bedrückt, und sehnlich Gedenke ich der alten Zeit; Die Welt war damals noch so wöhnlich, Und ruhig lebten hin die Leut'. Doch jetzt ist alles wie verschoben, Das ist ein Drängen! eine Noth! Gestorben ist der Herrgott oben, Und unten ist der Teufel todt. Und Alles schaut so grämlich trübe, Und krausverwirrt und morsch und kalt, Und wäre nicht das bischen Liebe, So gäb' es nirgends einen Halt. XL. Wie der Mond sich leuchtend dränget Durch den dunkeln Wolkenflor, Also taucht aus dunkeln Zeiten Mir ein lichtes Bild hervor. Saßen all auf dem Verdecke, Fuhren stolz hinab den Rhein, Und die sommergrünen Ufer Glühn im Abendsonnenschein. Sinnend saß ich zu den Fußen Einer Dame, schön und hold; In ihr liebes, bleiches Antlitz Spielt' das rothe Sonnengold. Lauten klangen, Buben sangen, Wunderbare Fröhlichkeit! Und der Himmel wurde blauer, Und die Seele wurde weit. 14 * Mährchenhaft vorüberzogen Berg und Burgen, Wald und Au'; Und das Alles sah ich glänzen In dem Aug' der schönen Frau. XLI. Im Traum sah ich die Geliebte, Ein banges, bekümmertes Weib, Verwelkt und abgefallen Der sonst so blühende Leib. Ein Kind trug sie auf dem Arme, Ein andres führt sie an der Hand, Und sichtbar ist Armuth und Trübsal Am Gang und Blick und Gewand. Sie schwankte über den Marktplatz, Und da begegnet sie mir, Und sieht mich an, und ruhig Und schmerzlich sag' ich zu ihr: Komm mit nach meinem Hause, Denn du bist blaß und krank; Ich will durch Fleiß und Arbeit Dir schaffen Speis' und Trank. Ich will auch pflegen und warten Die Kinder, die bei dir sind, Vor Allem aber dich selber, Du armes, unglückliches Kind. Ich will dir nie erzählen, Daß ich dich geliebet hab', Und wenn du stirbst, so will ich Weinen auf deinem Grab. XLII. „Theurer Freund! Was soll es nützen, Stets das alte Lied zu leiern? Willst du ewig brütend sitzen Auf den alten Liebes-Eiern! Ach! das ist ein ewig Gattern, Aus den Schaalen kriechen Küchlein, Und sie piepsen und sie flattern, Und du sperrst sie in ein Büchlein!“ XLIII. Werdet nur nicht ungeduldig, Wenn von alten Schmerzensklängen Manche noch vernehmlich klingen In den neuesten Gesängen. Wartet nur, es wird verhallen Dieses Echo meiner Schmerzen, Und ein neuer Liederfrühling Sprießt aus dem geheilten Herzen. XLIV. Nun ist es Zeit, daß ich mit Verstand Mich aller Thorheit entled'ge; Ich hab' so lang als ein Comödiant Mit dir gespielt die Comödie. Die prächt'gen Coulissen, sie waren bemalt Im hochromantischen Style, Mein Rittermantel hat goldig gestrahlt, Ich fühlte die feinsten Gefühle. Und nun ich mich gar säuberlich Des tollen Tands entled'ge. Noch immer elend fühl' ich mich, Als spielt' ich noch immer Comödie. Ach Gott! im Scherz und unbewußt Sprach ich was ich gefühlet; Ich hab' mit dem eignen Tod in der Brust Den sterbenden Fechter gespielet. XLV. Den König Wiswamitra, Den treibt's ohne Rast und Ruh', Er will durch Kampf und Büßung Erwerben Wasischtas Kuh. O, König Wiswamitra, O, welch ein Ochs bist du, Daß du so viel kämpfest und büßest, Und Alles für eine Kuh! XLVI. Herz, mein Herz, sey nicht beklommen, Und ertrage dein Geschick, Neuer Frühling giebt zurück, Was der Winter dir genommen. Und wie viel ist dir geblieben! Und wie schön ist noch die Welt; Und, mein Herz, was dir gefällt, Alles, Alles darfst du lieben! XLVII. Du bist wie eine Blume, So hold und schön und rein; Ich schau' dich an, und Wehmuth Schleicht mir in's Herz hinein. Mir ist, als ob ich die Hände Auf's Haupt dir legen sollt', Betend, daß Gott dich erhalte So rein und schön und hold. XLVIII. Kind! Es wäre dein Verderben, Und ich geb' mir selber Mühe, Daß dein liebes Herz in Liebe Nimmermehr für mich erglühe. Nur daß mir's so leicht gelinget, Will mich dennoch fast betrüben, Und ich denke manchmal dennoch: Möchtest du mich dennoch lieben! XLIX. Wenn ich auf dem Lager liege, In Nacht und Kissen gehüllt, So schwebt mir vor ein süßes, Anmuthig liebes Bild. Wenn mir der stille Schlummer Geschlossen die Augen kaum, So schleicht das Bild sich leise Hinein in meinen Traum. Doch mit dem Traum des Morgens Zerrinnt es nimmermehr; Dann trag' ich es im Herzen Den ganzen Tag umher. L. Mädchen mit dem rothen Mündchen, Mit den Aeuglein süß und klar, Du mein liebes, kleines Mädchen, Deiner denk' ich immerdar. Lang ist heut der Winterabend, Und ich möchte bei dir seyn, Bei dir sitzen, mit dir schwatzen, Im vertrauten Kämmerlein. An die Lippen wollt' ich pressen Deine kleine, weiße Hand, Und mit Thränen sie benetzen, Deine kleine, weiße Hand. 15 LI. Mag da draußen Schnee sich thürmen Mag es hageln, mag es stürmen, Klirrend mir an's Fenster schlagen, Nimmer will ich mich beklagen, Denn ich trage in der Brust Liebchens Bild und Frühlingslust. LII. Andre beten zur Madonne, Andre auch zu Paul und Peter; Ich jedoch, ich will nur beten, Nur zu dir, du schöne Sonne. Gieb mir Küsse, gieb mir Wonne, Sey mir gütig, sey mir gnädig, Schönste Sonne unter den Mädchen, Schönstes Mädchen unter der Sonne! LIII. Verrieth mein blasses Angesicht Dir nicht mein Liebeswehe? Und willst du, daß der stolze Mund Das Bettelwort gestehe? O, dieser Mund ist gar zu stolz, Und kann nur küssen und scherzen; Er spräche vielleicht ein höhnisch Wort, Während ich sterbe vor Schmerzen. LIV. Theurer Freund, du bist verliebt, Und dich quälen neue Schmerzen; Dunkler wird es dir im Kopf', Heller wird es dir im Herzen. Theurer Freund, du bist verliebt, Und du willst es nicht bekennen, Und ich seh' des Herzens Gluth Schon durch deine Weste brennen. * LV. Ich wollte bei dir weilen, Und an deiner Seite ruhn; Du mußtest von mir eilen, Du hattest viel zu thun. Ich sagte, daß meine Seele Dir gänzlich ergeben sey; Du lachtest aus voller Kehle, Und machtest 'nen Knix dabei. Du hast noch mehr gesteigert Mir meinen Liebesverdruß, Und hast mir sogar verweigert Am Ende den Abschiedskuß. Glaub' nicht, daß ich mich erschieße, Wie schlimm auch die Sachen stehn! Das Alles, meine Süße, Ist mir schon einmal geschehn. LVI. Saphire sind die Augen dein, Die lieblichen, die süßen. O, dreimal glücklich ist der Mann, Den sie mit Liebe grüßen. Dein Herz, es ist ein Diamant, Der edle Lichter sprühet. O, dreimal glücklich ist der Mann, Für den es liebend glühet. Rubinen sind die Lippen dein, Man kann nicht schön're sehen. O, dreimal glücklich ist der Mann, Dem sie die Liebe gestehen. O, kennt' ich nur den glücklichen Mann, O, daß ich ihn nur fände, So recht allein im grünen Wald, Sein Glück hätt' bald ein Ende. LVII. Habe mich mit Liebesreden Festgelogen an dein Herz, Und, verstrickt in eignen Fäden, Wird zum Ernste mir mein Scherz. Wenn du dich, mit vollem Rechte, Scherzend nun von mir entfernst, Nah'n sich mir die Höllenmächte, Und ich schieß' mich todt im Ernst. LVIII. Zu fragmentisch ist Welt und Leben, Ich will mich zum deutschen Professor begeben, Der weiß das Leben zusammen zu setzen, Und er macht ein verständlich System daraus; Mit seinen Nachtmützen nnd Schlafrockfetzen Stopft er die Lücken des Weltenbau's. LIX. Ich hab' mir lang den Kopf zerbrochen Mit Denken und Sinnen, Tag und Nacht, Doch deine liebenswürdigen Augen Sie haben mich zum Entschluß gebracht. Jetzt bleib' ich, wo deine Augen leuchten, In ihrer süßen, klugen Pracht — Daß ich noch einmal würde lieben, Ich hätt' es nimmermehr gedacht. LX. Sie haben heut Abend Gesellschaft, Und das Haus ist lichterfüllt. Dort oben am hellen Fenster Bewegt sich ein Schattenbild. Du schaust mich nicht, im Dunkeln Steh' ich hier unten allein; Noch wen'ger kannst du schauen In mein dunkles Herz hinein. Mein dunkles Herze liebt dich, Es liebt dich und es bricht, Und bricht und zuckt und verblutet, Aber du siehst es nicht. LXI. Ich wollt', meine Schmerzen ergössen Sich all' in ein einziges Wort, Das gäb' ich den lustigen Winden, Die trügen es lustig fort. Sie tragen zu dir, Geliebte, Das schmerzerfüllte Wort; Du hörst es zu jeder Stunde, Du hörst es an jedem Ort. Und hast du zum nächtlichen Schlummer Geschlossen die Augen kaum, So wird dich mein Auge verfolgen Bis in den tiefsten Traum. 15 * LXII. Du hast Diamanten und Perlen, Hast alles, was Menschenbegehr, Und hast die schönsten Augen — Mein Liebchen, was willst du mehr? Auf deine schönen Augen Hab' ich ein ganzes Heer Von ewigen Liedern gedichtet — Mein Liebchen, was willst du mehr? Mit deinen schönen Augen Hast du mich gequält so sehr, Und hast mich zu Grunde gerichtet — Mein Liebchen, was willst du mehr? LXIII. Wer zum erstenmale liebt, Sey's auch glücklos, ist ein Gott; Aber wer zum zweitenmale Glücklos liebt, der ist ein Narr. Ich, ein solcher Narr, ich liebe Wieder ohne Gegenliebe! Sonne, Mond und Sterne lachen, Und ich lache mit — und sterbe. LXIV. Gaben mir Rath und gute Lehren, Ueberschütteten mich mit Ehren, Sagten, daß ich nur warten sollt', Haben mich protegiren gewollt. Aber bei all ihrem Protegiren, Hätte ich können vor Hunger krepiren, Wär' nicht gekommen ein braver Mann, Wacker nahm er sich meiner an. Braver Mann! Er schafft mir zu essen! Will es ihm nie und nimmer vergessen! Schade, daß ich ihn nicht küssen kann! Denn ich bin selbst dieser brave Mann. LXV. Diesen liebenswürd'gen Jüngling Kann man nicht genug verehren; Oft traktirt er mich mit Austern, Und mit Rheinwein und Liquören. Zierlich sitzt ihm Rock und Höschen, Doch noch zierlicher die Binde, Und so kommt er jeden Morgen; Fragt, ob ich mich wohlbefinde; Spricht von meinem weiten Ruhme, Meiner Anmuth, meinen Witzen; Eifrig und geschäftig ist er Mir zu dienen, mir zu nützen. Und des Abends, in Gesellschaft, Mit begeistertem Gesichte, Deklamirt er vor den Damen Meine göttlichen Gedichte. O, wie ist es hoch erfreulich, Solchen Jüngling noch zu finden, Jetzt in unsrer Zeit, wo täglich Mehr und mehr die Bessern schwinden. LXVI. Mir träumt': ich bin der liebe Gott, Und sitz' im Himmel droben, Und Englein sitzen um mich her, Die meine Verse loben. Und Kuchen ess' ich und Confekt Für manchen lieben Gulden, Und Kardinal trink' ich dabei, Und habe keine Schulden. Doch Langeweile plagt mich sehr, Ich wollt', ich wär' auf Erden, Und wär' ich nicht der liebe Gott, Ich könnt' des Teufels werden. Du langer Engel Gabriel, Geh', mach' dich auf die Sohlen, Und meinen theuren Freund Eugen Sollst du herauf mir holen. Such' ihn nicht im Collegium, Such' ihn beim Glas Tokaier; Such' ihn nicht in der Hedwigskirch, Such' ihn bei Mamsell Meyer. Da breitet aus sein Flügelpaar Und fliegt herab der Engel, Und packt ihn auf, und bringt herauf Den Freund, den lieben Bengel. Ja, Jung', ich bin der liebe Gott, Und ich regier' die Erde! Ich hab's ja immer dir gesagt, Daß ich was Rechts noch werde. Und Wunder thu' ich alle Tag, Die sollen dich entzücken, Und dir zum Spaße will ich heut Die Stadt Ix-Ix beglücken. Die Pflastersteine auf der Straß', Die sollen jetzt sich spalten, Und eine Auster, frisch und klar, Soll jeder Stein enthalten. Ein Regen von Zitronensaft Soll thauig sie begiessen, Und in den Straßengössen soll Der beste Rheinwein fließen. Wie freuen die Ix-Ixer sich, Sie gehen schon an's Fressen; Die Herren von dem Landgericht, Die saufen aus den Gössen. Wie freuen die Poeten sich Bei solchem Götterfraße! Die Leutnants und die Fähnderichs, Die lecken ab die Straße. Die Leutnants und die Fähnderichs, Das sind die klügsten Leute, Sie denken, alle Tag' geschieht Kein Wunder so wie heute. LXVII Ich hab' Euch im besten Juli verlassen, Und find' Euch wieder im Januar; Ihr saßet damals so recht in der Hitze. Jetzt seyd ihr gekühlt und kalt sogar. Bald scheid' ich nochmals und komm' ich einst wieder, Dann seyd ihr weder warm noch kalt, Und über Eure Gräber schreit' ich, Und das eigne Herz ist arm und alt. 16 LXVIII. Von schonen Lippen fortgedrängt, getrieben Aus schönen Armen, die uns fest umschlossen! Ich wäre gern noch einen Tag geblieben. Doch kam der Schwager schon mit seinen Rossen. Das ist das Leben, Kind, ein ewig Jammern, Ein ewig Abschiednehmen, ew'ges Trennen! Konnt' denn dein Herz das mein'ge nicht umklammern? Hat selbst dein Auge mich nicht halten können? LXIX. Wir fuhren allein im dunkeln Postwagen die ganze Nacht; Wir ruhten einander am Herzen, Wir haben gescherzt und gelacht. Doch als es Morgens tagte, Mein Kind, wie staunten wir! Denn zwischen uns saß Amor, Der blinde Passagier. LXX. Das weiß Gott, wo sich die tolle Dirne einquartieret hat; Fluchend, in dem Regenwetter, Lauf' ich durch die ganze Stadt. Bin ich doch von einem Gasthof Nach dem andern hingerannt, Und an jeden groben Kellner Hab' ich mich umsonst gewandt. Da erblick’ ich sie am Fenster, Und sie winkt und kichert hell. Konnt' ich wissen, du bewohntest, Mädchen, solches Pracht-Hotel! * LXXI. Wie dunkle Träume stehen Die Häuser in langer Reih'; Tief eingehüllt im Mantel Schreite ich schweigend vorbei. Der Thurm der Cathedrale Verkündet die zwölfte Stund'; Mit ihren Reizen und Küssen Erwartet mich Liebchen jetzund. Der Mond ist mein Begleiter, Er leuchtet mir freundlich vor; Da bin ich an ihrem Hause, Und freudig ruf' ich empor: Ich danke dir, alter Vertrauter, Daß du meinen Weg erhellt; Jetzt will ich dich entlassen, Jetzt leuchte der übrigen Welt! Und findest du einen Verliebten, Der einsam klagt sein Leid, So tröst' ihn, wie du mich selber Getröstet in alter Zeit. LXXII. Und bist du erst mein eh'lich Weib, Dann bist du zu beneiden, Dann lebst du in lauter Zeitvertreib, In lauter Plaisir und Freuden. Und wenn du schiltst und wenn du tobst, Ich werd' es geduldig leiden; Doch wenn du meine Verse nicht lobst, Laß ich mich von dir scheiden. LXXIII. Auf deinen schneeweißen Busen Hab' ich mein Haupt gelegt, Und heimlich kann ich behorchen, Was dir dein Herz bewegt. Es blasen die blauen Husaren, Und reiten zum Thor herein, Und morgen will mich verlassen Die Herzallerliebste mein. Und willst du mich morgen verlassen So bist du doch heute noch mein, Und in deinen schönen Armen Will ich doppelt selig seyn. LXXIV. Es blasen die blauen Husaren, Und reiten zum Thor hinaus; Da komm' ich, Geliebte, und bringe Dir einen Rosenstrauß. Das war eine wilde Wirthschaft, Viel Volk und Kriegesplag'! Sogar in deinem Herzchen Viel Einquartierung lag. LXXV. Habe auch, in jungen Jahren, Manches bitt're Leid erfahren Von der Liebe Gluth. Doch das Holz ist gar zu theuer, Und erlöschen will das Feuer, Ma foi! und das ist gut. Das bedenke, junge Schöne, Schicke fort die dumme Thräne, Und den dummen Liebesharm. Ist das Leben dir geblieben, So vergiß das alte Lieben, Ma foi! in meinem Arm. LXXVI. Bist du wirklich mir so feindlich, Bist du wirklich ganz verwandelt? Aller Welt will ich es klagen, Daß du mich so schlecht behandelt. O Ihr undankbaren Lippen, Sagt, wie könnt Ihr Schlimmes sagen Von dem Manne, der so liebend Euch geküßt, in schönen Tagen? LXXVII. Ach, die Augen sind es wieder, Die mich einst so lieblich grüßten, Und es sind die Lippen wieder, Die mir's Leben einst versüßten; Auch die Stimme ist es wieder, Die ich einst so gern gehöret, Nur ich selber bin's nicht wieder, Bin verändert heimgekehret. Von den weißen, schönen Armen Fest und liebevoll umschlossen, Lieg ich jetzt an ihrem Herzen, Dumpfen Sinnes und verdrossen. 16 * LXXVIII. Selten habt Ihr mich verstanden, Selten auch verstand ich Euch, Nur wenn wir im Koth uns fanden So verstanden wir uns gleich. LXXIX. Doch die Kastraten klagten Als ich meine Stimm' erhob; Sie klagten und sie sagten: Ich sänge viel zu grob. Und lieblich erhoben sie alle Die kleinen Stimmelein, Die Trillerchen, wie Kristalle, Sie klangen so fein und rein. Sie sangen von Liebessehnen, Von Lieb' und Liebeserguß; Die Damen schwammen in Thränen, Bei solchem Kunstgenuß. LXXX. Auf den Wällen Salamankas Sind die Lüfte lind und labend; Dort, mit meiner holden Donna, Wandle ich am Sommerabend. Um den schlanken Leib der Schönen Hab' ich meinen Arm gebogen, Und mit sel'gem Finger fühl' ich Ihres Busens stolzes Wogen. Doch ein ängstliches Geflüster Zieht sich durch die Lindenbäume, Und der dunkle Mühlbach unten Murmelt böse, bange Träume. „Ach, Sennora, Ahnung sagt mir: Einst wird man mich relegiren, Und auf Salamankas Wällen Geh'n wir nimmermehr spazieren.“ LXXXI. Neben mir wohnt Don Henriques, Den man auch den Schönen nennet; Nachbarlich sind unsre Zimmer Nur von dünner Wand getrennet. Salamanka's Damen glühen, Wenn er durch die Straßen schreitet, Sporenklirrend, schnurrbartkräuselnd, Und von Hunden stets begleitet. Doch in stiller Abendstunde Sitzt er ganz allein daheime, In den Händen die Guitarre, In der Seele süße Träume. In die Saiten greift er bebend Und beginnt zu phantasiren, Ach! wie Katzenjammer quält mich Sein Geschnarr und Quinquiliren. LXXXII. Kaum sahen wir uns, und an Augen und Stimme Merkt' ich, daß du mir gewogen bist; Und stand nicht dabei die Mutter, die schlimme, Ich glaube, wir hätten uns gleich geküßt. Und morgen verlasse ich wieder das Städtchen, Und eile fort im alten Lauf; Dann lauert am Fenster mein blondes Mädchen, Und freundliche Grüße werf' ich hinauf. LXXXIII. Ueber die Berge steigt schon die Sonne, Die Lämmerheerde läutet fern; Mein Liebchen, mein Lamm, meine Sonne und Wonne, Noch einmal säh' ich dich gar zu gern! Ich schaue hinauf, mit spähender Miene — Leb' wohl, mein Kind, ich wandre von hier! Vergebens! Es regt sich keine Gardine; — Sie liegt noch und schläft, und träumt von mir. LXXXIV. Zu Halle auf dem Markt, Da stehn zwei große Löwen. Ei, du hallischer Löwentrotz, Wie hat man dich gezähmet! Zu Halle auf dem Markt, Da steht ein großer Riese. Er hat ein Schwert und regt sich nicht, Er ist vor Schreck versteinert. Zu Halle auf dem Markt, Da steht eine große Kirche. Die Burschenschaft und die Landsmannschaft, Die haben dort Platz zum Beten. LXXXV. Dämmernd liegt der Sommerabend Ueber Wald und grünen Wiesen; Goldner Mond, am blauen Himmel, Strahlt herunter, duftig labend. An dem Bache zirpt die Grille, Und es regt sich in dem Wasser, Und der Wandrer hört ein Plätschern, Und ein Athmen in der Stille. Dorten, an dem Bach alleine, Badet sich die schöne Elfe; Arm und Nacken, weiß und lieblich, Schimmern in dem Mondenscheine. LXXXVI. Nacht liegt auf den fremden Wegen, — Krankes Herz und müde Glieder; — Ach, da fließt, wie stiller Segen, Süßer Mond, dein Licht hernieder. Süßer Mond, mit deinen Strahlen Scheuchest du das nächt'ge Grauen; Es zerrinnen meine Qualen, Und die Augen überthauen. LXXXVII. Der Tod das ist die kühle Nacht, Das Leben ist der schwüle Tag. Es dunkelt schon, mich schläfert, Der Tag hat mich müd' gemacht. Ueber mein Bett erhebt sich ein Baum, Drin singt die junge Nachtigall; Sie singt von lauter Liebe, Ich hör' es sogar im Traum. LXXXVIII. „Sag', wo ist dein schönes Liebchen, Das du einst so schön besungen, Als die zaubermächt'gen Flammen Wunderbar dein Herz durchdrungen?“ Jene Flammen sind erloschen, Und mein Herz ist kalt und trübe, Und dies Büchlein ist die Urne Mit der Asche meiner Liebe. 17 Götterdämmerung. Der May ist da mit seinen goldnen Lichtern, Und seidnen Lüften und gewürzten Düften, Und freundlich lockt er mit den weißen Blüthen, Und grüßt aus tausend blauen Veilchenaugen, Und breitet aus den blumreich grünen Teppich, Durchwebt mit Sonnenschein und Morgenthau, Und ruft herbei die lieben Menschenkinder. Das blöde Volk gehorcht dem ersten Ruf; Die Männer ziehn die Nankinhosen an, Und Sonntagsröck' mit goldnen Spiegelknöpfen; Die Frauen kleiden sich in Unschuldweiß, Jünglinge kräuseln sich den Frühlingsschnurrbart, Jungfrauen lassen ihre Busen wallen, Die Stadtpoeten stecken in die Tasche Papier und Bleistift und Lorgnett'; und jubelnd Zieht nach dem Thor die krausbewegte Schaar, Und lagert draußen sich auf grünem Rasen, Bewundert, wie die Bäume fleißig wachsen, Spielt mit den bunten, zarten Blümelein, Horcht auf den Sang der lust'gen Vögelein, Und jauchzt hinauf zum blauen Himmelszelt. Zu mir kam auch der Mai. Er klopfte dreimal An meine Thür', und rief: Ich bin der Mai, Du bleicher Träumer, komm, ich will dich küssen! Ich hielt verriegelt meine Thür', und rief: Vergebens lockst du mich, du schlimmer Gast; Ich habe dich durchschaut, ich hab' durchschaut Den Bau der Welt, und hab' zu viel geschaut, Und viel zu tief, und hin ist alle Freude, Und ew'ge Qualen zogen in mein Herz. Ich schaue durch die steinern harten Rinden Der Menschenhäuser und der Menschenherzen, Und schau' in beiden Lug und Trug und Elend. Auf den Gesichtern les' ich die Gedanken, Viel schlimme. In der Jungfrau Scham-Erröthen Seh' ich geheime Lust begehrlich zittern; Auf dem begeistert stolzen Jünglingshaupt' Seh' ich die bunte Schellenkappe sitzen; Und Fratzenbilder nur und sieche Schatten Seh' ich auf dieser Erde, und ich weiß nicht, Ist sie ein Tollhaus oder Krankenhaus. Ich sehe durch den Grund der alten Erde, * Als sey sie von Kristall, und seh' das Grausen, Das mit dem freud'gen Grüne zu bedecken Der Mai vergeblich strebt. Ich seh' die Todten, Sie liegen unten in den schmalen Särgen, Die Händ' gefaltet und die Augen offen, Weiß das Gewand und weiß das Angesicht, Und durch die gelben Lippen kriechen Würmer. Ich seh', der Sohn setzt sich mit seiner Buhle Zur Kurzweil nieder auf des Vaters Grab; Spottlieder singen rings die Nachtigallen; Die sanften Wiesenblümchen lachen hämisch, Der todte Vater regt sich in dem Grab', Und schmerzhaft zuckt die alte Mutter Erde. Du arme Erde, deine Schmerzen kenn' ich! Ich seh' die Gluth in deinem Busen wühlen, Und deine tausend Adern seh' ich bluten, Und seh', wie deine Wunde klaffend aufreißt, Und wild hervorströmt Flamm' und Rauch und Blut. Ich seh' die Riesensöhn' der alten Nacht, Sie steigen aus der Erde off'nem Schlund, Und schwingen rothe Fackeln in den Händen, Und legen ihre Eisenleiter an, Und stürmen wild hinauf zur Himmelsveste; Und schwarze Zwerge klettern nach; und knisternd Zerstieben droben alle goldnen Sterne. Mit frecher Hand reißt man den goldnen Vorhang Vom Zelte Gottes, heulend stürzen nieder, Auf's Angesicht, die frommen Engelschaaren. Auf seinem Throne sitzt der bleiche Gott, Reißt sich vom Haupt die Kron', zerrauft sein Haar — Und näher drängt heran die wilde Rotte; Die Riesen werfen ihre rothen Fackeln In's Reich der Ewigkeit, die Zwerge schlagen Mit Flammengeißeln auf der Englein Rücken; Die winden sich und krümmen sich vor Qualen, Und werden bei den Haaren fortgeschleudert. Und meinen eignen Engel seh' ich dort, Mit seinen blonden Locken, süßen Zügen, Und mit der ew'gen Liebe um den Mund, Und mit der Seligkeit im blauen Auge — Und ein entsetzlich häßlich schwarzer Kobold Reißt ihn vom Boden, meinen bleichen Engel, Beäugelt grinsend seine edlen Glieder, Umschlingt ihn fest mit zärtlicher Umschlingung — Und gellend dröhnt ein Schrei durch's ganze Weltall, Die Säulen brechen, Erd' und Himmel stürzen Zusammen, und es herrscht die alte Nacht. Ratcliff. Der Traumgott brachte mich in eine Landschaft, Wo Trauerweiden mir „Willkommen“ winkten, Mit ihren langen, grünen Armen, wo die Blumen Mit klugen Schwesteraugen still mich ansah'n, Wo mir vertraulich klang der Vögel Zwitschern, Wo gar der Hunde Bellen mir bekannt schien, Und Stimmen und Gestalten mich begrüßten, Wie einen alten Freund, und wo doch Alles So fremd mir schien, so wunderseltsam fremd. Vor einem ländlich schmucken Hause stand ich, In meiner Brust bewegte sich's, im Kopfe War's ruhig, ruhig schüttelte ich ab Den Staub von meinen Reisekleidern, Dumpf klang die Klingel, und die Thür ging auf. Da waren Männer, Frauen, viel bekannte Gesichter. Stiller Kummer lag auf allen Und heimlich scheue Angst. Seltsam verstört, Mit Beileidsmienen fast, sah'n sie mich an, Daß es mir selber durch die Seele schauert', Wie Ahnung eines unbekannten Unheils. Die alte Marg'reth hab' ich gleich erkannt; Ich sah sie forschend an, jedoch sie sprach nicht. „Wo ist Maria?“ fragt' ich, doch sie sprach nicht, Griff leise meine Hand, und führte mich Durch viele lange, leuchtende Gemächer, Wo Prunk und Pracht und Todtenstille herrschte, Und führt' mich endlich in ein dämmernd Zimmer, Und zeigt' mit abgewandtem Angesicht', Nach der Gestalt, die auf dem Sopha saß. „Sind Sie Maria?“ fragt' ich. Innerlich Erstaunt' ich selber ob der Festigkeit, Womit ich sprach. Und steinern und metalllos Scholl eine Stimm': „So nennen mich die Leute.“ Ein schneidend Weh durchfröstelte mich da, Denn jener hohle, kalte Ton war doch — Die einst so süße Stimme von Maria! Und jenes Weib im fahlen Lillakleid, Nachlässig angezogen, Busen schlotternd, Die Augen gläsern starr, die Wangenmuskeln Des weißen Angesichtes lederschlaff — Ach, jenes Weib war doch die einst so schöne, Die blühend holde, liebliche Maria! „Sie waren lang auf Reisen!“ sprach sie laut, Mit kalt unheimlicher Vertraulichkeit, „Sie schaun nicht mehr so schmachtend, liebster Freund, Sie sind gesund, und pralle Lend' und Wade Bezeugt Solidität.“ Ein süßlich Lächeln Umzitterte den gelblich blassen Mund. In der Verwirrung sprach's aus mir hervor: „Man sagte mir, Sie haben sich vermählt?“ „Ach ja!“ sprach sie gleichgültig laut und lachend, „Hab' einen Stock von Holz, der überzogen Mit Leder ist, Gemahl sich nennt; doch Holz Ist Holz!“ Und klanglos widrig lachte sie, Daß kalte Angst durch meine Seele rann, Und Zweifel mich ergriff: — sind das die keuschen, Die blumenzarten Lippen von Maria? Sie aber hob sich in die Höh', nahm rasch Vom Stuhl den Türken-Shwal, warf ihn Um ihren Hals, hing sich an meinen Arm, Zog mich von hinnen, durch die offne Hausthür, Und zog mich fort durch Feld und Busch und Au'. Die glühend rothe Sonnenscheibe schwebte Schon niedrig, und ihr Purpur überstrahlte Die Bäume und die Blumen und den Strom, Der in der Ferne majestätisch floß. „Sehn Sie das große, goldne Auge schwimmen Im blauen Wasser?“ rief Maria hastig. „Still, armes Wesen!“ sprach ich, und ich schaute Im Dämmerlicht' ein mährchenhaftes Weben. Es stiegen Nebelbilder aus den Feldern, Umschlangen sich mit weißen, weichen Armen; Die Veilchen sahn sich zärtlich an, sehnsüchtig Zusammenbeugten sich die Lilienkelche; Aus allen Rosen glühten Wollustgluthen! Die Nelken wollten sich im Hauch entzünden; In sel'gen Düften schwelgten alle Blumen, Und alle weinten stille Wonnethränen, Und alle jauchzten: Liebe! Liebe! Liebe! Die Schmetterlinge flatterten, die hellen Goldkäfer summten Lieblingsliedchen, Die Abendwinde flüsterten, es rauschten Die Eichen, schmelzend sang die Nachtigall — Und zwischen all dem Flüstern, Rauschen, Singen, Schwatzte mit blechern klanglos kalter Stimme Das welke Weib, das mir am Arme hing. „Ich kenn' Ihr nächtlich Treiben auf dem Schloß; Der lange Schatten ist ein guter Tropf, Er nickt und winkt zu allem was man will; Der Blaurock ist ein Engel; doch der Rothe, Mit blankem Schwert, ist Ihnen spinnefeind.“ Und noch viel bunt're, wunderliche Reden Schwatzt sie in einem fort, und setzte sich, Ermüdet, mit mir nieder auf die Moosbank, Die unterm alten Eichenbaume steht. Da saßen wir beisammen, still und traurig, Und sahn uns an, und wurden immer traur'ger. Die Eiche säuselte wie Sterbeseufzer, Tiefschmerzlich sang die Nachtigall herab. 17 * Doch rothe Lichter drangen durch die Blätter, Umflimmerten Maria's weißes Antlitz, Und lockten Gluth aus ihren starren Augen, Und mit der alten, süßen Stimme sprach sie: „Wie wußtest Du, daß ich so elend bin, Ich las es jüngst in deinen wilden Liedern?“ Eiskalt durchzog's mir da die Brust, mir grauste Ob meinem eig'nen Wahnsinn, der die Zukunft Geschaut, es zuckte dunkel durch mein Hirn, Und vor Entsetzen bin ich aufgewacht. Donna Clara. In dem abendlichen Garten Wandelt des Alkaden Tochter; Pauken- und Trommetenjubel Klingt herunter von dem Schlosse. „Lästig werden mir die Tänze Und die süßen Schmeichelworte, Und die Ritter, die so zierlich Mich vergleichen mit der Sonne. „Ueberlästig wird mir Alles, Seit ich sah, bei'm Strahl des Mondes, Jenen Ritter, dessen Laute Nächtens mich an's Fenster lockte. „Wie er stand so schlank und muthig, Und die Augen leuchtend schossen Aus dem edelblassen Antlitz, Glich er wahrlich Sanct Georgen.“ Also dachte Donna Clara, Und sie schaute auf den Boden; Wie sie aufblickt, steht der schöne, Unbekannte Ritter vor ihr. Händedrückend, liebeflüsternd, Wandeln sie umher im Mondschein, Und der Zephyr schmeichelt freundlich, Mährchenartig grüßen Rosen. Mährchenartig grüßen Rosen, Und sie glüh'n wie Liebesboten. Aber sage mir, Geliebte, Warum du so plötzlich roth wirst? „Mücken stachen mich, Geliebter, Und die Mücken sind, im Sommer, Mir so tief verhaßt, als wären's Langenas'ge Judenrotten.“ Laß die Mücken und die Juden, Spricht der Ritter, freundlich kosend. Von den Mandelbäumen fallen Tausend weiße Blüthenflocken. Tausend weiße Blüthenflocken Haben ihren Duft ergossen. Aber sage mir, Geliebte, Ist dein Herz mir ganz gewogen? „Ja, ich liebe dich, Geliebter, Bei dem Heiland sey's geschworen, Den die gottverfluchten Juden Boshaft tückisch einst ermordet.“ Laß den Heiland und die Juden, Spricht der Ritter, freundlich kosend. In der Ferne schwanken traumhaft Weiße Liljen, lichtumflossen. Weiße Liljen, lichtumflossen, Blicken nach den Sternen droben. Aber sage mir, Geliebte, Hast du auch nicht falsch geschworen. „Falsch ist nicht in mir, Geliebter, Wie in meiner Brust kein Tropfen Blut ist von dem Blut der Mohren Und des schmutz'gen Judenvolkes.“ Laß die Mohren und die Juden Spricht der Ritter, freundlich kosend; Und nach einer Myrthenlaube Führt er die Alkadentochter. Wie mit weichen Liebesnetzen Hat er heimlich sie umflochten; Kurze Worte, lange Küsse, Und die Herzen überflossen. Und ein schmelzend süßes Brautlied Singt im Laub' ein Zaubervogel; Wie zum Fackeltanze hüpfen Feuerwürmchen auf dem Boden. In der Laube wird es stiller, Und es schweigen die Verborgnen; Nur die heimlich klugen Myrthen Hört man flüstern, wie verstohlen. Aber Pauken und Trommeten Schallen plötzlich aus dem Schlosse, Und erwachend hat sich Clara Aus des Ritters Arm gezogen. „Horch! da ruft es mich, Geliebter, Doch, bevor wir scheiden, sollst du Nennen deinen lieben Namen, Den du mir so lang verborgen.“ Und der Ritter, heiter lächelnd, Küßt die Finger seiner Holden, Küßt die Lippen und die Stirne, Und er spricht die langen Worte: „Ich, Sennora, Eu'r Geliebter, Bin der Sohn des vielbelobten, Großen, schriftgelehrten Rabbi Israel von Saragossa.“ Almansor. I. In dem Dome zu Corduva Stehen Säulen, dreizehnhundert, Dreizehnhundert Riesensäulen Tragen die gewalt'ge Kuppel. Und auf Säulen, Kuppel, Wänden, Ziehn von oben sich bis unten Des Corans arab'sche Sprüche, Klug und blumenhaft verschlungen. Mohrenkön'ge bauten weiland Dieses Haus zu Allahs Ruhme, Doch hat Alles sich verwandelt In der Zeiten dunkelm Strudel. Auf dem Thurme, wo der Thürmer Zum Gebete aufgerufen, Hebt sich jetzt der Christenglocken Melancholisches Gesumme. Auf den Stufen, wo die Gläub'gen Das Prophetenwort gesungen, Zeigen jetzt die Glatzenpfäfflein Ihrer Messe fades Wunder. Und das ist ein Drehn und Winden Vor den buntbemalten Puppen, Und das blöckt und dampft und klingelt, Und die dummen Kerzen funkeln. In dem Dome zu Corduva Steht Almansor ben Abdullah, All die Säulen still betrachtend, Und die stillen Worte murmelnd: „O, ihr Säulen, stark und riesig, Einst geschmückt zu Allahs Ruhme, Jetzo müßt Ihr dienend huld'gen Dem verhaßten Christenthume! „Ihr bequemt Euch in die Zeiten, Und Ihr tragt die Last geduldig; — Ei, da muß ja wohl der Schwäch're Noch viel leichter sich beruh'gen.“ 18 Und sein Haupt, mit heiterm Antlitz, Beugt Almansor ben Abdullah Ueber den gezierten Taufstein, In dem Dome zu Corduva. II. Hastig schritt er aus dem Dome, Jagte fort auf seinem Rappen, Daß im Wind die feuchten Locken Und des Hutes Federn wallen. Auf dem Weg' nach Alkolea, Dem Guadalquivir entlange, Wo die weißen Mandeln blühen, Und die duft'gen Gold-Orangen; Dorten jagt der lust'ge Ritter, Pfeift und singt, und lacht behaglich. Und es stimmen ein die Vögel, Und des Stromes laute Wasser. In dem Schloß zu Alkolea Wohnet Clara de Alvares, In Navarra kämpft ihr Vater Und sie freut sich mindern Zwanges. Und Allmansor hört schon ferne Pauken und Trommeten schallen, Und er sieht des Schlosses Lichter Blitzen durch der Bäume Schatten. In dem Schloß zu Alkolea Tanzen zwölf geschmückte Damen, Tanzen zwölf geschmückte Ritter, Doch am schönsten tanzt Almansor. Wie beschwingt von muntrer Laune Flattert er herum im Saale, Und er weiß den Damen allen Süße Schmeichelein zu sagen. Isabellens schöne Hände Küßt er rasch, und springt von dannen; Und er setzt sich vor Elviren Und er schaut ihr froh in's Antlitz. * Lachend fragt er Leonoren: Ob er heute ihr gefalle? Und er zeigt die goldnen Kreuze Eingestickt in seinen Mantel. Und zu jeder Dame spricht er: Daß er sie im Herzen trage; Und „so wahr ich Christ bin“ schwört er Dreißig Mal an jenem Abend. III. In dem Schloß zu Alkolea Ist verschollen Lust und Klingen, Herr'n und Damen sind verschwunden, Und erloschen sind die Lichter. Donna Clara und Almansor Sind allein im Saal geblieben; Einsam streut die letzte Lampe Ueber beide ihren Schimmer. Auf dem Sessel sitzt die Dame, Auf dem Schemel sitzt der Ritter, Und sein Haupt, das schlummermüde, Ruht auf den geliebten Knieen. Rosenöhl, aus gold'nen Fläschchen, Gießt die Dame, sorgsam sinnend, Auf Almansors braune Locken — Und er seufzt aus Herzenstiefe. Süßen Kuß, mit sanftem Munde, Drückt die Dame, sorgsam sinnend, Auf Almansors braune Locken — Und es wölkt sich seine Stirne. Thränenfluth, aus lichten Augen, Weint die Dame, sorgsam sinnend, Auf Almansors braune Locken — Und es zuckt um seine Lippen. Und er träumt: er stehe wieder, Tief das Haupt gebeugt und triefend, In dem Dom zu Corduva, Und er hört' viel dunkle Stimmen. All die hohen Riesensäulen Hört er murmeln unmuthgrimmig, Länger wollen sie's nicht tragen, Und sie wanken und sie zittern; Und sie brechen wild zusammen, Es erbleichen Volk und Priester, Krachend stürzt herab die Kuppel, Und die Christengötter wimmern. Die Wallfahrt nach Kevlaar. I. Am Fenster stand die Mutter, Im Bette lag der Sohn. „Willst du nicht aufstehn, Wilhelm, Zu schau'n die Prozession?“ — „Ich bin so krank, o Mutter, Daß ich nicht hör' und seh'; Ich denk' an das todte Gretchen, Da thut das Herz mir weh.“ — „Steh' auf, wir wollen nach Kevlaar, Nimm Buch und Rosenkranz; Die Mutter Gottes heilt dir Dein krankes Herze ganz.“ Es flattern die Kirchenfahnen, Es singt im Kirchenton; Das ist zu Cölln am Rheine, Da geht die Prozession. Die Mutter folgt der Menge, Den Sohn, den führet sie, Sie singen beide im Chore: Gelobt sey'st du Marie! II. Die Mutter Gottes zu Kevlaar Trägt heut' ihr bestes Kleid; Heut' hat sie viel zu schaffen, Es kommen viel' kranke Leut'. Die kranken Leute bringen Ihr dar, als Opferspend', Aus Wachs gebildete Glieder, Viel wächserne Füß' und Händ'. Und wer eine Wachshand opfert, Dem heilt an der Hand die Wund'; Und wer einen Wachsfuß opfert, Dem wird der Fuß gesund. Nach Kevlaar ging Mancher auf Krücken, Der jetzo tanzt auf dem Seil', Gar Mancher spielt jetzt die Bratsche, Dem dort kein Finger war heil. Die Mutter nahm ein Wachslicht, Und bildete d'raus ein Herz. „Bring das der Mutter Gottes, Dann heilt sie deinen Schmerz.“ Der Sohn nahm seufzend das Wachsherz Ging seufzend zum Heiligenbild; Die Thräne quillt aus dem Auge, Das Wort aus dem Herzen quillt: „Du Hochgebenedeite, Du reine Gottesmagd, Du Königin des Himmels, Dir sey mein Leid geklagt! „Ich wohnte mit meiner Mutter Zu Cöllen in der Stadt, Der Stadt, die viele hundert Kapellen und Kirchen hat. 18 * „Und neben uns wohnte Gretchen, Doch die ist todt jetzund — Marie, dir bring' ich ein Wachsherz, Heil' du meine Herzenswund'. „Heil' Du mein krankes Herze, Ich will auch spät und früh' Inbrünstiglich beten und singen: Gelobt seyst du, Marie!“ III. Der kranke Sohn und die Mutter, Die schliefen im Kämmerlein; Da kam die Mutter Gottes Ganz leise geschritten herein. Sie beugte sich über den Kranken, Und legte ihre Hand Ganz leise auf sein Herze, Und lächelte mild und schwand. Die Mutter schaut Alles im Traume, Und hat noch mehr geschaut; Sie erwachte aus dem Schlummer, Die Hunde bellten zu laut. Da lag dahingestrecket Ihr Sohn, und der war todt; Es spielt auf den bleichen Wangen Das lichte Morgenroth. Die Mutter faltet die Hände, Ihr war, sie wußte nicht wie; Andächtig sang sie leise: Gelobt sey'st du, Marie! Aus der Harzreise . 1824 . Prolog. Schwarze Röcke, seid'ne Strümpfe, Weiße, höfliche Manschetten, Sanfte Reden, Embrassiren — Ach, wenn sie nur Herzen hätten! Herzen in der Brust, und Liebe, Warme Liebe in dem Herzen — Ach, mich tödtet ihr Gesinge Von erlog'nen Liebesschmerzen. Auf die Berge will ich steigen, Wo die frommen Hütten stehen, Wo die Brust sich frei erschließet, Und die freien Lüfte wehen. Auf die Berge will ich steigen, Wo die dunkeln Tannen ragen, Bäche rauschen, Vögel singen, Und die stolzen Wolken jagen. Lebet wohl, ihr glatten Säle! Glatte Herren! glatte Frauen! Auf die Berge will ich steigen, Lachend auf Euch niederschauen. Bergidylle . I. Auf dem Berge steht die Hütte, Wo der alte Bergmann wohnt; Dorten rauscht die grüne Tanne, Und erglänzt der gold'ne Mond. In der Hütte steht ein Lehnstuhl, Reich geschnitzt und wunderlich, Der darauf sitzt, der ist glücklich, Und der Glückliche bin Ich! Auf dem Schemel sitzt die Kleine, Stützt den Arm auf meinen Schooß; Aeuglein wie zwei blaue Sterne, Mündlein wie die Purpurros'. Und die lieben, blauen Sterne Schau'n mich an so himmelgroß, Und sie legt den Lilienfinger Schalkhaft auf die Purpurros'. 19 Nein, es sieht uns nicht die Mutter, Denn sie spinnt mit großem Fleiß, Und der Vater spielt die Zitter, Und er singt die alte Weis'. Und die Kleine flüstert leise, Leise, mit gedämpftem Laut; Manches wichtige Geheimniß Hat sie mir schon anvertaut . „Aber seit die Muhme todt ist, Können wir ja nicht mehr geh'n Nach dem Schützenhof zu Goslar, Und dort ist es gar zu schön. „Hier dagegen ist es einsam, Auf der kalten Bergeshöh', Und des Winters sind wir gänzlich Wie vergraben in dem Schnee. „Und ich bin ein banges Mädchen, Und ich fürcht' mich wie ein Kind Vor den bösen Bergesgeistern, Die des Nachts geschäftig sind.“ Plötzlich schweigt die liebe Kleine, Wie vom eignen Wort erschreckt, Und sie hat mit beiden Händchen Ihre Aeugelein bedeckt. Lauter rauscht die Tanne draußen, Und das Spinnrad schnarrt und brummt, Und die Zither klingt dazwischen, Und die alte Weise summt: Fürcht' dich nicht, du liebes Kindchen, Vor der bösen Geister Macht; Tag und Nacht, du liebes Kindchen, Halten Englein bei dir Wacht!“ II. Tannenbaum, mit grünen Fingern, Pocht an's nied're Fensterlein, Und der Mond, der gelbe Lauscher, Wirft sein süßes Licht herein. * Vater, Mutter schnarchen leise In dem nahen Schlafgemach, Doch wir beide, selig schwatzend, Halten uns einander wach. „Daß du gar zu oft gebetet, Das zu glauben wird mir schwer, Jenes Zucken deiner Lippen Kommt wohl nicht vom Beten her. „Jenes böse, kalte Zucken, Das erschreckt mich jedesmal, Doch die dunkle Angst beschwichtigt Deiner Augen frommer Strahl. „Auch bezweifl' ich, daß du glaubest, Was so rechter Glauben heißt, Glaubst wohl nicht an Gott den Vater, An den Sohn und heil'gen Geist?“ — Ach, mein Kindchen, schon als Knabe, Als ich saß auf Mutters Schooß, Glaubte ich an Gott den Vater, Der da waltet gut und groß; Der die schöne Erd' erschaffen, Und die schönen Menschen d'rauf, Der den Sonnen, Monden, Sternen Vorgezeichnet ihren Lauf. Als ich größer wurde, Kindchen, Noch viel mehr begriff ich schon, Und begriff, und ward vernünftig, Und ich glaub' auch an den Sohn; An den lieben Sohn, der liebend Uns die Liebe offenbart, Und zum Lohne, wie gebräuchlich, Von dem Volk gekreuzigt ward. Jetzo, da ich ausgewachsen, Viel gelesen, viel gereist, Schwillt mein Herz, und ganz von Herzen Glaub' ich an den heil'gen Geist. Dieser that die größten Wunder, Und viel größ're thut er noch; Er zerbrach die Zwingherrnburgen, Und zerbrach des Knechtes Joch. Alte Todeswunden heilt er, Und erneut das alte Recht: Alle Menschen, gleichgeboren, Sind ein adliges Geschlecht. Er verscheucht die bösen Nebel, Und das dunkle Hirngespinst, Das uns Lieb' und Lust verleidet, Tag und Nacht uns angegrinzt. Tausend Ritter, wohlgewappnet, Hat der heil'ge Geist erwählt, Seinen Willen zu erfüllen, Und er hat sie muthbeseelt. Ihre theuern Schwerdter blitzen, Ihre guten Banner weh'n! Ei, du möchtest wohl, mein Kindchen, Solche stolze Ritter seh'n? Nun, so schau' mich an, mein Kindchen, Küsse mich und schaue dreist; Denn ich selber bin ein solcher Ritter von dem heil'gen Geist. III. Still versteckt der Mond sich draußen Hinter'm grünen Tannenbaum, Und im Zimmer unsre Lampe Flackert matt und leuchtet kaum. Aber meine blauen Sterne Strahlen auf in heller'm Licht, Und es glühn die Purpurröslein, Und das liebe Mädchen spricht: „Kleines Völkchen, Wichtelmännchen, Stehlen unser Brod und Speck, Abends liegt es noch im Kasten, Und des Morgens ist es weg. „Kleines Völkchen, unsre Sahne Nascht es von der Milch, und läßt Unbedeckt die Schüssel stehen, Und die Katze säuft den Rest. „Und die Katz' ist eine Hexe, Denn sie schleicht, bei Nacht und Sturm, Drüben nach dem Geisterberge, Nach dem altverfall'nen Thurm. „Dort hat einst ein Schloß gestanden, Voller Lust und Waffenglanz; Blanke Ritter, Frau'n und Knappen Schwangen sich im Fackeltanz. „Da verwünschte Schloß und Leute Eine böse Zauberin, Nur die Trümmer blieben stehen, Und die Eulen nisten d'rin. „Doch die sel'ge Muhme sagte: Wenn man spricht das rechte Wort, Nächtlich zu der rechten Stunde, Drüben an dem rechten Ort: „So verwandeln sich die Trümmer Wieder in ein helles Schloß, Und es tanzen wieder lustig Ritter, Frau'n und Knappentroß; „Und wer jenes Wort gesprochen, Dem gehören Schloß und Leut', Pauken und Trompeten huld'gen Seiner jungen Herrlichkeit.“ Also blühen Mährchenbilder Aus des Mundes Röselein, Und die Augen gießen drüber Ihren blauen Sternenschein. Ihre gold'nen Haare wickelt Mir die Kleine um die Händ', Giebt den Fingern hübsche Namen, Lacht und küßt, und schweigt am End'. Und im stillen Zimmer Alles Blickt mich an so wohlvertraut; Tisch und Schrank, mir ist als hätt' ich Sie schon früher mal geschaut. Freundlich ernsthaft schwatzt die Wanduhr, Und die Zither, hörbar kaum, Fängt von selber an zu klingen, Und ich sitze wie im Traum. 19 * Jetzo ist die rechte Stunde, Und es ist der rechte Ort; Staunen würdest du, mein Kindchen, Spräch' ich aus das rechte Wort. Sprech' ich jenes Wort, so dämmert Und erbebt die Mitternacht, Bach und Tannen brausen lauter, Und der alte Berg erwacht. Zitherklang und Zwergenlieder Tönen aus des Berges Spalt, Und es sprießt, wie'n toller Frühling, D'raus hervor ein Blumenwald; Blumen, kühne Wunderblumen, Blätter, breit und fabelhaft, Duftig bunt und hastig regsam. Wie gedrängt von Leidenschaft. Rosen, wild wie rothe Flammen, Sprüh'n aus dem Gewühl hervor; Lilien, wie krystall'ne Pfeiler, Schießen himmelhoch empor. Und die Sterne, groß wie Sonnen, Schau'n herab mit Sehnsuchtgluth; In der Lilien Riesenkelche Strömet ihre Strahlenfluth. Doch wir selber, süßes Kindchen, Sind verwandelt noch viel mehr; Fackelglanz und Gold und Seide Schimmern lustig um uns her. Du, du wurdest zur Prinzessiin , Diese Hütte ward zum Schloß, Und da jubeln und da tanzen Ritter, Frau'n und Knappentroß. Aber Ich, ich hab' erworben Dich und Alles, Schloß und Leut'; Pauken und Trompeten huld'gen Meiner jungen Herrlichkeit! Der Hirtenknabe. König ist der Hirtenknabe, Grüner Hügel ist sein Thron, Ueber seinem Haupt die Sonne Ist die große, goldne Kron'. Ihm zu Füßen liegen Schafe, Weiche Schmeichler, rothbekreuzt; Kavaliere sind die Kälber, Und sie wandeln stolzgespreizt. Hofschauspieler sind die Böcklein, Und die Vögel nnd die Küh', Mit den Flöten, mit den Glöcklein, Sind die Kammermusizi. Und das klingt und singt so lieblich, Und so lieblich rauschen drein Wasserfall und Tannenbäume, Und der König schlummert ein. Unterdessen muß regieren Der Minister, jener Hund, Dessen knurriges Gebelle Wiederhallet in der Rund'. Schläfrig lallt der junge König: „Das Regieren ist so schwer, Ach, ich wollt', daß ich zu Hause Schon bei meiner Kön'gin wär'! „In den Armen meiner Kön'gin Ruht mein Königshaupt so weich, Und in ihren lieben Augen Liegt mein unermeßlich Reich!“ Auf dem Brocken . Heller wird es schon im Osten Durch der Sonne kleines Glimmen, Weit und breit die Bergesgipfel In dem Nebelmeere schwimmen. Hätt' ich Siebenmeilenstiefel, Lief ich mit der Hast des Windes, Ueber jene Bergesgipfel, Nach dem Haus des lieben Kindes. Von dem Bettchen, wo sie schlummert, Zög' ich leise die Gardinen, Leise küßt' ich ihre Stirne, Leise ihres Munds Rubinen. Und noch leiser wollt' ich flüstern In die kleinen Lilien-Ohren: Denk' im Traum, daß wir uns lieben, Und daß wir uns nie verloren. Die Ilse . Ich bin die Prinzessin Ilse, Und wohne im Ilsenstein; Komm mit nach meinem Schlosse, Wir wollen selig seyn. Dein Haupt will ich benetzen Mit meiner klaren Well', Du sollst deine Schmerzen vergessen, Du sorgenkranker Gesell! In meinen weißen Armen, An meiner weißen Brust, Da sollst du liegen und träumen Von alter Mährchenlust. Ich will dich küssen und herzen Wie ich geherzt und geküßt Den lieben Kaiser Heinrich, Der nun gestorben ist. Es bleiben todt die Todten, Und nur der Lebendige liebt; Und ich bin schön und blühend, Mein lachendes Herze bebt. Und bebt mein Herz dort unten, So klingt mein kristallenes Schloß, Es tanzen die Fräulein und Ritter, Es jubelt der Knappentroß. Es rauschen die seidenen Schleppen, Es klirren die Eisenspor'n, Die Zwerge trompeten und pauken, Und fiedeln und blasen das Horn. Doch dich soll mein Arm umschlingen Wie er Kaiser Heinrich umschlang; Ich hielt ihm zu die Ohren, Wenn die Trompet' erklang. Die Nordsee . 1825 – 1826. 20 Friedrich Merkel sind die Bilder der Nordsee freundschaftlichst zugeeignet vom Verfasser . * Erster Cyklus. I. Krönung. I hr Lieder! Ihr meine guten Lieder! Auf, auf! und wappnet Euch! Laßt die Trompeten klingen, Und hebt mir auf den Schild Dies junge Mädchen, Das jetzt mein ganzes Herz Beherrschen soll, als Königin. Heil dir! du junge Königin! Von der Sonne droben Reiß' ich das strahlend rothe Gold, Und webe d'raus ein Diadem Für dein geweihtes Haupt, Von der flatternd blauseid'nen Himmelsdecke, Worin die Nachtdiamanten blitzen, Schneid' ich ein kostbar Stück, Und häng' es dir, als Krönungsmantel, Um deine königliche Schulter. Ich gebe dir einen Hofstaat Von steifgeputzten Sonetten, Stolzen Terzinen und höflichen Stanzen; Als Läufer diene dir mein Witz, Als Hofnarr meine Phantasie, Als Herold die lachende Thräne im Wappen, Diene dir mein Humor. Aber ich selber, Königin, Ich kniee vor dir nieder, Und huld'gend, auf rothem Sammetkissen, Ueberreiche ich Dir Das bischen Verstand, Das mir aus Mitleid noch gelassen hat Deine Vorgängerin im Reich. II. Abenddämmerung. Am blassen Meeresstrande Saß ich gedankenbekümmert und einsam. Die Sonne neigte sich tiefer, und warf Glührothe Streifen auf das Wasser, Und die weißen, weiten Wellen, Von der Fluth gedrängt, Schäumten und rauschten näher und näher — Ein seltsam Geräusch, ein Flüstern und Pfeifen, Ein Lachen und Murmeln, Seufzen und Sausen, Dazwischen ein wiegenliedheimliches Singen — Mir war als hört' ich verscholl'ne Sagen, Uralte, liebliche Mährchen, Die ich einst, als Knabe, Von Nachbarskindern vernahm, Wenn wir am Sommerabend, Auf den Treppensteinen der Hausthür, Zum stillen Erzählen niederkauerten, Mit kleinen, horchenden Herzen Und neugierklugen Augen; — Während die großen Mädchen, Neben duftenden Blumentöpfen, Gegenüber am Fenster saßen, Rosengesichter, Lächelnd und mondbeglänzt. III. Sonnenuntergang . Die glühend rothe Sonne steigt Hinab in's weitaufschauernde, Silbergraue Weltmeer; Luftgebilde, rosig angehaucht, Wallen ihr nach, und gegenüber, Aus herbstlich dämmernden Wolkenschleiern, Ein traurig todtblasses Antlitz, Bricht hervor der Mond, Und hinter ihm, Lichtfünkchen, Nebelweit, schimmern die Sterne. Einst am Himmel glänzten, Ehlich vereint, Luna, die Göttin, und Sol, der Gott, Und es wimmelten um sie her die Sterne, Die kleinen, unschuldigen Kinder. 20 * Doch böse Zungen zischelten Zwiespalt, Und es trennte sich feindlich Das hohe, leuchtende Eh'paar. Jetzt am Tage, in einsamer Pracht, Ergeht sich dort oben der Sonnengott, Ob seiner Herrlichkeit Angebetet und vielbesungen Von stolzen, glückgehärteten Menschen. Aber des Nachts Am Himmel wandelt Luna, Die arme Mutter Mit ihren verwaisten Sternenkindern, Und sie glänzt in stummer Wehmuth, Und liebende Mädchen und sanfte Dichter Weihen ihr Thränen und Lieder. Die weiche Luna! Weiblich gesinnt Liebt sie noch immer den schönen Gemahl. Gegen Abend, zitternd und bleich, Lauscht sie hervor aus leichtem Gewölk, Und schaut nach dem Scheidenden, schmerzlich, Und möchte ihm ängstlich rufen: „Komm! Komm! die Kinder verlangen nach Dir — “ Aber der trotzige Sonnengott, Bei dem Anblick der Gattin erglüht' er In doppeltem Purpur, Vor Zorn und Schmerz, Und unerbittlich eilt er hinab In sein fluthenkaltes Wittwerbett. Böse, zischelnde Zungen Brachten also Schmerz und Verderben Selbst über ewige Götter. Und die armen Götter, oben am Himmel Wandeln sie, qualvoll, Trostlos unendliche Bahnen, Und können nicht sterben, Und schleppen mit sich Ihr strahlendes Elend. Ich aber, der Mensch, Der niedriggepflanzte, der Tod-beglückte. Ich klage nicht länger. IV. Die Nacht am Strande. Sternlos und kalt ist die Nacht, Es gährt das Meer; Und über dem Meer', platt auf dem Bauch, Liegt der ungestaltete Nordwind, Und heimlich, mit ächzend gedämpfter Stimme, Wie'n störriger Griesgram, der gutgelaunt wird, Schwatzt er in's Wasser hinein, Und erzählt viel tolle Geschichten, Riesenmährchen, todtschlaglaunig, Uralte Sagen aus Norweg, Und dazwischen, weitschallend, lacht er und heult er Beschwörungslieder der Edda, Graue Runensprüche, So dunkeltrotzig und zaubergewaltig, Daß die weißen Meerkinder Hochaufspringen und jauchzen, Uebermuth-berauscht. Derweilen, am flachen Gestade, Ueber den fluthbefeuchteten Sand, Schreitet ein Fremdling, mit einem Herzen, Das wilder noch als Wind und Wellen; Wo es hintritt, Sprühen Funken und knistern die Muscheln, Und er hüllt sich fest in den grauen Mantel, Und schreitet rasch durch die wehende Nacht; Sicher geleitet vom kleinen Lichte, Das lockend und lieblich schimmert Aus einsamer Fischerhütte. Vater und Bruder sind auf der See, Und mutterseelallein blieb dort In der Hütte die Fischertochter, Die wunderschöne Fischertochter. Am Heerde sitzt sie Und horcht auf des Wasserkessels Ahnungssüßes, heimliches Summen, Und schüttet knisterndes Reisig in's Feuer, Und bläßt hinein, Daß die flackernd rothen Lichter Zauberlieblich wiederstrahlen Auf das blühende Antlitz, Auf die zarte, weiße Schulter, Die rührend hervorlauscht Aus dem groben, grauen Hemde, Und auf die kleine, sorgsame Hand, Die das Unterröckchen fester bindet Um die feine Hüfte. Aber plötzlich, die Thür springt auf, Und es tritt herein der nächtige Fremdling; Liebesicher ruht sein Auge Auf dem weißen, schlanken Mädchen, Das schauernd vor ihm steht, Gleich einer erschrockenen Lilie; Und er wirft den Mantel zur Erde, Und lacht und spricht: Siehst du, mein Kind, ich halte Wort, Und ich komme, und mit mir kommt Die alte Zeit, wo die Götter des Himmels Niederstiegen zu Töchtern der Menschen, Und die Töchter der Menschen umarmten, Und mit ihnen zeugten Zeptertragende Königsgeschlechter Und Helden, Wunder der Welt. Doch staune, mein Kind, nicht länger Ob meiner Göttlichkeit, Und ich bitte dich, koche mir Thee mit Rum, Denn draußen war's kalt, Und bei solcher Nachtluft Frieren auch wir, wir ewigen Götter, Und kriegen wir leicht den göttlichsten Schnupfen, Und einen unsterblichen Husten. V. Poseidon . Die Sonnenlichter spielten Ueber das weithinrollende Meer; Fern' auf der Rhede glänzte das Schiff, Das mich zur Heimath tragen sollte; Aber es fehlte an gutem Fahrwind, Und ich saß noch ruhig auf weißer Dühne, Am einsamen Strand, Und ich las das Lied vom Odysseus, Das alte, das ewig junge Lied, Aus dessen meerdurchrauschten Blättern Mir freudig entgegenstieg Der Athem der Götter, Und der leuchtende Menschenfrühling, Und der blühende Himmel von Hellas. Mein edles Herz begleitete treulich Den Sohn des Laertes, in Irrfahrt und Drangsal, Setzte sich mit ihm, seelenbekümmert, An gastliche Heerde, Wo Königinnen Purpur spinnen, Und half ihm lügen und glücklich entrinnen Aus Riesenhöhlen und Nymphenarmen, Folgte ihm nach in kimmerische Nacht, Und in Sturm und Schiffbruch, Und duldete mit ihm unsägliches Elend. Seufzend sprach ich: Du böser Poseidon, Dein Zorn ist furchtbar, Und mir selber bangt Ob der eignen Heimkehr. Kaum sprach ich die Worte, Da schäumte das Meer, Und aus den weißen Wellen stieg Das schilfbekränzte Haupt des Meergotts, Und höhnisch rief er: Fürchte dich nicht, Poetlein! Ich will nicht im g'ringsten gefährden Dein armes Schiffchen, Und nicht dein liebes Leben beängst'gen 21 Mit allzubedenklichem Schaukeln. Denn Du, Poetlein, hast nie mich erzürnt, Du hast kein einziges Thürmchen verletzt An Priamos heiliger Veste, Kein einziges Härchen hast du versengt Am Aug' meines Sohns Polyphemos, Und dich hat niemals rathend beschützt Die Göttin der Klugheit, Pallas Athene. Also rief Poseidon Und tauchte zurück in's Meer; Und über den groben Seemannswitz Lachten unter dem Wasser Amphitrite, das plumpe Fischweib, Und die dummen Töchter des Nereus. VI. Erklaͤrung . Herangedämmert kam der Abend, Wilder tos'te die Fluth, Und ich saß am Strand, und schaute zu Dem weißen Tanz der Wellen, Und meine Brust schwoll auf wie das Meer, Und sehnend ergriff mich ein tiefes Heimweh Nach dir, du holdes Bild, Das überall mich umschwebt, Und überall mich ruft, Ueberall, überall, Im Sausen des Windes, im Brausen des Meers, Und im Seufzen der eigenen Brust. Mit leichtem Rohr schrieb ich in den Sand: „Agnes, ich liebe Dich!“ Doch böse Wellen ergossen sich Ueber das süße Bekenntniß, Und löschten es aus. * Zerbrechliches Rohr, zerstiebender Sand, Zerfließende Wellen, Euch trau' ich nicht mehr! Der Himmel wird dunkler, mein Herz wird wilder, Und mit starker Hand, aus Norwegs Wäldern Reiß ich die höchste Tanne, Und tauche sie ein In des Aetnas glühenden Schlund, und mit solcher Feuergetränkten Riesenfeder Schreib' ich an die dunkle Himmelsdecke: „Agnes, ich liebe Dich!“ Jedwede Nacht lodert alsdann Dort oben die ewige Flammenschrift, Und alle nachwachsende Enkelgeschlechter Lesen jauchzend die Himmelsworte: „Agnes, ich liebe Dich!“ VII. Nachts in der Cajüte . Das Meer hat seine Perlen, Der Himmel hat seine Sterne, Aber mein Herz, mein Herz, Mein Herz hat seine Liebe. Groß ist das Meer und der Himmel, Doch größer ist mein Herz, Und schöner als Perlen und Sterne Leuchtet und strahlt meine Liebe. Du kleines, junges Mädchen, Komm an mein großes Herz; Mein Herz und das Meer und der Himmel Vergehn vor lauter Liebe. An die blaue Himmelsdecke, Wo die schönen Sterne blinken, Möcht' ich pressen meine Lippen, Pressen wild und stürmisch weinen. Jene Sterne sind die Augen Meiner Liebsten, tausendfältig Schimmern sie und grüßen freundlich, Aus der blauen Himmelsdecke. Nach der blauen Himmelsdecke, Nach den Augen der Geliebten, Heb' ich andachtsvoll die Arme, Und ich bete und ich flehe: Holde Augen, Gnadenlichter, O, beseligt meine Seele, Laßt mich sterben und erwerben Euch und Euren ganzen Himmel! Aus den Himmelsaugen droben Fallen zitternd lichte Funken Durch die Nacht, und meine Seele Dehnt sich liebeweit und weiter. O, Ihr Himmelsaugen droben! Weint Euch aus in meine Seele, Daß von lieben Sternenthränen Ueberfließet meine Seele. Eingewiegt von Meereswellen, Und von träumenden Gedanken, Lieg' ich still in der Kajüte, In dem dunkeln Winkelbette. Durch die off'ne Luke schau' ich Droben hoch die hellen Sterne, Die geliebten, süßen Augen Meiner süßen Vielgeliebten. Die geliebten, süßen Augen, Wachen über meinem Haupte, Und sie klingen und sie winken Aus der blauen Himmelsdecke. Nach der blauen Himmelsdecke Schau' ich selig lange Stunden, Bis ein weißer Nebelschleier Mir verhüllt die lieben Augen. An die bretterne Schiffswand, Wo mein träumendes Haupt liegt, Branden die Wellen, die wilden Wellen. Sie rauschen und murmeln Mir heimlich in's Ohr: „Bethörter Geselle! Dein Arm ist kurz, und der Himmel ist weit Und die Sterne droben sind festgenagelt, Vergebliches Sehnen, vergebliches Seufzen, Das Beste wäre, du schliefest ein.“ Es träumte mir von einer weiten Haide, Weit überdeckt von weißem, weißem Schnee, Und unter'm weißen Schnee lag ich begraben Und schlief den einsam kalten Todesschlaf. Doch droben aus dem dunkeln Himmel schauten Herunter auf mein Grab die Sternenaugen, Die süßen Augen! und sie glänzten sieghaft Und ruhig heiter, aber voller Liebe. 21 * VIII. Sturm . Es wüthet der Sturm, Und er peitscht die Well'n, Und die Wellen, wuthschäumend und bäumend, Thürmen sich auf, und es wogen lebendig Die weißen Wasserberge, Und das Schifflein erklimmt sie Hastig mühsam, Und plötzlich stürzt es hinab In schwarze, weitgähnende Fluthabgründe — O Meer! Mutter der Schönheit, der Schaumentstiegenen! Großmutter der Liebe! schone meiner! Schon flattert, leichenwitternd, Die weiße, gespenstische Möve, Und wetzt an dem Mastbaum den Schnabel Und lechzt, voll Fraßbegier, nach dem Mund, Der vom Ruhm deiner Tochter ertönt, Und lechzt nach dem Herzen, Das dein Enkel, der kleine Schalk, Zum Spielzeug erwählt. Vergebens mein Bitten und Flehn! Mein Rufen verhallt im tosenden Sturm, Im Schlachtlärm der Winde; Es braußt und pfeift und prasselt und heult, Wie ein Tollhaus von Tönen! Und zwischendurch hör' ich vernehmbar Lockende Harfenlaute, Sehnsuchtwilden Gesang, Seelenschmelzend und seelenzerreißend, Und ich erkenne die Stimme. Fern an schottischer Felsenküste, Wo das graue Schlößlein hinausragt Ueber die brandende See, Dort am hochgewölbten Fenster, Steht eine schöne, kranke Frau, Zartdurchsichtig und marmorblaß, Und sie spielt die Harfe und singt, Und der Wind durchwühlt ihre langen Locken, Und trägt ihr dunkles Lied Ueber das weite, stürmende Meer. IX. Meeresstille . Meeresstille! Ihre Strahlen Wirft die Sonne auf das Wasser, Und im wogenden Geschmeide Zieht das Schiff die grünen Furchen. Bei dem Steuer liegt der Bootsmann Auf dem Bauch, und schnarchet leise. Bei dem Mastbaum, seegelflickend, Kauert der betheerte Schiffsjung. Hinter'm Schmutze seiner Wangen Sprüht es roth, wehmüthig zuckt es Um das breite Maul, und schmerzlich Schau'n die großen, schönen Augen. Denn der Capitän steht vor ihm, Tobt und flucht und schilt ihn: Spitzbub. „Spitzbub! einen Hering hast du Aus der Tonne mir gestohlen!“ Meeresstille! Aus den Wellen Taucht hervor ein kluges Fischlein, Wärmt das Köpfchen in der Sonne, Plätschert lustig mit dem Schwänzchen. Doch die Möve, aus den Lüften, Schießt herunter auf das Fischlein, Und den raschen Raub im Schnabel Schwingt sie sich hinauf in's Blaue. X. Seegespenst. Ich aber lag am Rande des Schiffes, Und schaute, träumenden Auges, Hinab in das spiegelklare Wasser, Und schaute tiefer und tiefer — Bis tief, im Meeresgrunde, Anfangs wie dämmernde Nebel, Jedoch allmählig farbenbestimmter, Kirchenkuppel und Thürme sich zeigten Und endlich, sonnenklar, eine ganze Stadt, Alterthümlich niederländisch, Und menschenbelebt. Bedächtige Männer, schwarzbemäntelt, Mit weißen Halskrausen und Ehrenketten Und langen Degen und langen Gesichtern, Schreiten über den wimmelnden Marktplatz Nach dem treppenhohen Rathhaus', Wo steinerne Kaiserbilder Wacht halten mit Zepter und Schwerdt. Unferne, vor langen Häuser-Reih'n Mit spiegelblanken Fenstern, Stehn pyramidisch beschnittene Linden, Und wandeln seidenrauschende Jungfrau'n, Ein gülden Band um den schlanken Leib, Die Blumengesichter sittsam umschlossen Von schwarzen, sammtnen Mützchen, Woraus die Lockenfülle hervordringt. Bunte Gesellen, in spanischer Tracht, Stolziren vorüber und nicken. Bejahrte Frauen, In braunen, verschollnen Gewändern, Gesangbuch und Rosenkranz in der Hand, Eilen, trippelnden Schritts, Nach dem großen Dome, Getrieben von Glockengeläute Und rauschendem Orgelton. Mich selbst ergreift des fernen Klangs Geheimnißvoller Schauer, Unendliches Sehnen, tiefe Wehmuth Beschleicht mein Herz, Mein kaum geheiltes Herz; Mir ist als würden seine Wunden Von lieben Lippen aufgeküßt, Und thäten wieder bluten, Heiße, rothe Tropfen, Die lang und langsam niederfall'n Auf ein altes Haus dort unten In der tiefen Meerstadt, Auf ein altes, hochgegiebeltes Haus, Das melancholisch menschenleer ist, Nur daß am untern Fenster Ein Mädchen sitzt, Den Kopf auf den Arm gestützt, Wie ein armes, vergessenes Kind — Und ich kenne dich armes, vergessenes Kind! So tief, so tief also Verstecktest du dich vor mir, Aus kindischer Laune, Und konntest nicht mehr herauf, Und saßest fremd unter fremden Leuten, Fünfhundert Jahre lang, Derweilen ich, die Seele voll Gram, Auf der ganzen Erde dich suchte, Und immer dich suchte, Du Immergeliebte, Du Längstverlorene, Du Endlichgefundene, — Ich hab' dich gefunden und schaue wieder Dein süßes Gesicht, Die klugen, treuen Augen, Das liebe Lächeln — Und nimmer will ich dich wieder verlassen, Und ich komme hinab zu dir, Und mit ausgebreiteten Armen Stürz' ich hinab an dein Herz — Aber zur rechten Zeit noch Ergriff mich beim Fuß der Capitän, Und zog mich vom Schiffsrand, Und rief, ärgerlich lachend: Doktor, sind Sie des Teufels? 22 XI. Reinigung . Bleib' du in deiner Meerestiefe, Wahnsinniger Traum, Der du einst so manche Nacht Mein Herz mit falschem Glück gequält hast Und jetzt, als See-Gespenst, Sogar am hellen Tag' mich bedrohest — Bleib' Du dort unten, in Ewigkeit, Und ich werfe noch zu dir hinab All meine Schmerzen und Sünden Und die Schellenkappe der Thorheit, Die so lange mein Haupt umklingelt, Und die kalte, gleißende Schlangenhaut Der Heuchelei, Die mir so lang' die Seele umwunden, Die kranke Seele, Die gottverleugnende, engelverleugnende, Unselige Seele — Hoiho! hoiho! Da kommt der Wind! Die Segel auf! Sie flattern und schwell'n; Ueber die stillverderbliche Fläche Eilet das Schiff, Und es jauchzt die befreite Seele. * XII. Frieden . Hoch am Himmel stand die Sonne, Von weißen Wolken umwogt, Das Meer war still, Und sinnend lag ich am Steuer des Schiffes, Träumerisch sinnend, — und halb im Wachen Und halb im Schlummer, schaute ich Christus, Den Heiland der Welt. Im wallend weißen Gewande Wandelt' er riesengroß Ueber Land und Meer; Es ragte sein Haupt in den Himmel, Die Hände streckte er segnend Ueber Land und Meer; Und als ein Herz in der Brust Trug er die Sonne, Die rothe, flammende Sonne, Und das rothe, flammende Sonnenherz Goß seine Gnadenstrahlen Und sein holdes, liebseliges Licht, Erleuchtend und wärmend, Ueber Land und Meer. Glockenklänge zogen feierlich Hin und her, zogen wie Schwäne, Am Rosenbande, das gleitende Schiff, Und zogen es spielend an's grüne Ufer, Wo Menschen wohnen, in hochgethürmter, Ragender Stadt. O Friedenswunder! Wie still die Stadt! Es ruhte das dumpfe Geräusch Der schwatzenden, schwülen Gewerbe, Und durch die reinen, hallenden Straßen Zogen Menschen, weißgekleidete, Palmzweig-tragende, Und wo sich Zwei begegneten, Sahn sie sich an, verständnißinnig, Und schauernd, in Liebe und süßer Entsagung, Küßten sie sich auf die Stirne, Und schauten hinauf Nach des Heilands Sonnenherzen, Das freudig versöhnend sein rothes Blut Hinunterstrahlte, Und dreimalselig sprachen sie: Gelobt sey Jesu Christ! Zweiter Cyklus. I. Meergruß. T halatta! Thalatta! Sey mir gegrüßt, du ewiges Meer! Sey mir gegrüßt zehntausendmal Aus jauchzendem Herzen Wie einst dich begrüßten Zehntausend Griechenherzen, Unglückbekämpfende, heimathverlangende, Weltberühmte Griechenherzen. Es wogten die Fluthen, Sie wogten und brausten, Die Sonne goß eilig herunter Die spielenden Rosenlichter, Die aufgescheuchten Mövenzüge Flatterten fort, lautschreiend, Es stampften die Rosse, es klirrten die Schilde, Und weithin erscholl es, wie Siegesruf: Thalatta! Thalatta! Sey mir gegrüßt, du ewiges Meer, Wie Sprache der Heimath rauscht mir dein Wasser, Wie Träume der Kindheit seh' ich es flimmern Auf deinem wogenden Wellengebiet, Und alte Erinn'rung erzählt mir auf's neue, Von all dem lieben, herrlichen Spielzeug, Von all den blinkenden Weihnachtsgaben, Von all den rothen Corallenbäumen, Goldfischchen, Perlen und bunten Muscheln, Die du geheimnißvoll bewahrest Dort unten im klaren Kristallhaus. O! wie hab' ich geschmachtet in öder Fremde! Gleich einer welken Blume In des Botanikers blecherner Kapsel, Lag mir das Herz in der Brust; Mir ist, als saß ich winterlange, Ein Kranker, in dunkler Krankenstube, Und nun verlaß ich sie plötzlich, Und blendend strahlt mir entgegen Der schmaragdne Frühling, der sonnengeweckte, Und es rauschen die weißen Blüthenbäume, Und die jungen Blumen schauen mich an, Mit bunten, duftenden Augen, Und es duftet und summt, und athmet und lacht, Und im blauen Himmel singen die Vöglein — Thalatta! Thalatta! Du tapferes Rückzugherz! Wie oft, wie bitteroft Bedrängten dich des Nordens Barbarinnen! Aus großen, siegenden Augen Schossen sie brennende Pfeile; Mit krummgeschliffenen Worten Drohten sie mir die Brust zu spalten, Mit Keilschriftbillets zerschlugen sie mir Das arme, betäubte Gehirn — Vergebens hielt ich den Schild entgegen, Die Pfeile zischten, die Hiebe krachten, Und von des Nordens Barbarinnen Ward ich gedrängt bis an's Meer, Und freiaufathmend begrüß' ich das Meer, Das liebe, rettende Meer, Thalatta! Thalatta! 22 * II. Gewitter. Dumpf liegt auf dem Meer' das Gewitter, Und durch die schwarze Wolkenwand Zuckt der zackige Wetterstrahl, Rasch aufleuchtend und rasch verschwindend, Wie'n Witz aus dem Haupte Kronions. Ueber das wüste, wogende Wasser Weithin rollen die Donner Und springen die weißen Wellenrosse, Die Boreas selber gezeugt Mit des Erichthons reizenden Stuten, Und es flattert ängstlich das Seegevögel, Wie Schattenleichen am Styx, Die Charon abwies vom nächtlichen Kahn. Armes, lustiges Schifflein, Das dort dahintanzt den schlimmsten Tanz! Aeolus schickt ihm die flinksten Gesellen, Die wild aufspielen zum fröhlichen Reigen; Der Eine pfeift, der Andre bläst, Der Dritte streicht den dumpfen Brummbaß — Und der schwankende Seemann steht, am Steuer, Und schaut beständig nach der Bussole, Der zitternden Seele des Schiffes, Und hebt die Hände flehend zum Himmel: O rette mich, Kastor, reisiger Held, Und Du, Kämpfer der Faust, Polydeukes! III. Der Schiffbrüchige . Hoffnung und Liebe! Alles zertrümmert! Und ich selber, gleich einer Leiche, Die grollend ausgeworfen das Meer, Lieg' ich am Strande, Am öden, kahlen Strande. Vor mir woget die Wasserwüste, Hinter mir liegt nur Kummer und Elend, Und über mich hin ziehen die Wolken, Die formlos grauen Töchter der Luft, Die aus dem Meer', in Nebeleimern, Das Wasser schöpfen, Und es mühsam schleppen und schleppen, Und es wieder verschütten in's Meer, Ein trübes, langweil'ges Geschäft, Und nutzlos, wie mein eignes Leben. Die Wogen murmeln, die Möven schrillen, Alte Erinn'rungen wehen mich an, Vergessene Träume, erloschene Bilder, Qualvoll süße, tauchen hervor! Es lebt ein Weib im Norden, Ein schönes Weib, königlich schön. Die schlanke Zypressengestalt Umschließt ein lüstern weißes Gewand; Die dunkle Lockenfülle, Wie eine selige Nacht, ergießt sich Von dem hohen, flechtengekrönten Haupte, Sie ringelt sich träumerisch süß Um das süße, blasse Antlitz; Und aus dem süßen, blassen Antlitz, Groß und gewaltig, strahlt ein Auge, Wie eine schwarze Sonne. O, du schwarze Sonne, wie oft, Entzückend oft, trank ich aus dir Die wilden Begeist'rungsflammen, Und stand und taumelte, feuerberauscht — Dann schwebte ein taubenmildes Lächeln Um die hochgeschürzten, stolzen Lippen, Und die hochgeschürzten, stolzen Lippen Hauchten Worte, süß wie Mondlicht, Und zart wie der Duft der Rose — Und meine Seele erhob sich Und flog, wie ein Aar, hinauf in den Himmel! Schweigt, ihr Wogen und Möven! Vorüber ist Alles, Glück und Hoffnung, Hoffnung und Liebe! Ich liege am Boden, Ein öder, schiffbrüchiger Mann, Und drücke mein glühendes Antlitz In den feuchten Sand. IV. Untergang der Sonne . Die schöne Sonne Ist ruhig hinabgestiegen in's Meer; Die wogenden Wasser sind schon gefärbt Von der dunkeln Nacht, Nur noch die Abendröthe Ueberstreut sie mit goldnen Lichtern, Und die rauschende Fluthgewalt Drängt an's Ufer die weißen Wellen, Die lustig und hastig hüpfen, Wie wollige Lämmerheerden, Die Abends der singende Hirtenjunge Nach Hause treibt. Wie schön ist die Sonne! So sprach nach langem Schweigen der Freund, Der mit mir am Strande wandelte, Und scherzend halb und halb wehmüthig, Versichert' er mir: die Sonne sey Eine schöne Frau, die den alten Meergott Aus Convenienz geheurathet; Des Tages über wandle sie freudig Am hohen Himmel, purpurgeputzt, Und diamantenblitzend, Und allgeliebt und allbewundert Von allen Weltkreaturen, Und alle Weltkreaturen erfreuend Mit ihres Blickes Licht und Wärme; Aber des Abends, trostlos gezwungen, Kehre sie wieder zurück In das nasse Haus, in die öden Arme Des greisen Gemahls. Glaub mir's — setzte hinzu der Freund, Und lachte und seufzte und lachte wieder — Die führen dort unten die zärtlichste Ehe! Entweder sie schlafen oder sie zanken sich, Daß hochaufbraust hier oben das Meer, Und der Schiffer im Wellengeräusch es hört Wie der Alte sein Weib ausschilt: „Runde Metze des Weltalls! Strahlenbuhlende! Den ganzen Tag glühst du für Andre, Und Nachts, für Mich, bist du frostig und müde!“ Nach solcher Gardinenpredigt, Versteht sich! bricht dann aus in Thränen Die stolze Sonne und klagt ihr Elend, Und klagt so jammerlang, daß der Meergott Plötzlich verzweiflungsvoll aus dem Bett springt, Und schnell nach der Meeresfläche heraufschwimmt, Um Luft und Besinnung zu schöpfen. So sah ich ihn selbst, verflossene Nacht, Bis an die Brust dem Meer' enttauchen. Er trug eine Jacke von gelbem Flanell, Und eine lilienweiße Schlafmütz, Und ein abgewelktes Gesicht. 23 V. Der Gesang der Okeaniden . Abendlich blasser wird es am Meere, Und einsam, mit seiner einsamen Seele, Sitzt dort ein Mann auf dem kahlen Strand, Und schaut, todtkalten Blickes, hinauf Nach der weiten, todtkalten Himmelswölbung, Und schaut auf das weite, wogende Meer, Und über das weite, wogende Meer, Wie Lüftesegler, ziehn seine Seufzer, Und kehren wieder, trübselig, Und hatten verschlossen gefunden das Herz, Worin sie ankern wollten — Und er stöhnt so laut, daß die weißen Möven, Aufgescheucht aus den sandigen Nestern, Ihn heerdenweis' umflattern, Und er spricht zu ihnen die lachenden Worte: Schwarzbeinigte Vögel, Mit weißen Flügeln Meer-überflatternde, Mit krummen Schnäbeln Seewasser-saufende‚ Und thranigtes Robbenfleisch-fressende, Eu'r Leben ist bitter wie Eure Nahrung! Ich aber, der Glückliche, koste nur Süßes! Ich koste den süßen Duft der Rose, Der Mondschein-gefütterten Nachtigallbraut; Ich koste noch süßere Josty-Baisers, Mit weißer Seligkeit gefüllte; Und das Allersüßeste kost' ich: Süße Liebe und süßes Geliebtseyn. Sie liebt mich! Sie liebt mich! die holde Jungfrau! Jetzt steht sie daheim, am Erker des Hauses, Und schaut in die Dämm'rung hinaus, auf die Landstraß', Und horcht, und sehnt sich nach mir — wahrhaftig! Vergebens späht sie umher und sie seufzet, Und seufzend steigt sie hinab in den Garten, Und wandelt in Duft und Mondschein, Und spricht mit den Blumen, erzählet ihnen: Wie ich, der Geliebte, so lieblich bin Und so liebenswürdig — wahrhaftig! Nachher im Bette, im Schlafe, im Traum, Umgaukelt sie selig mein theures Bild, Sogar des Morgens, beim Frühstück, * Auf dem glänzenden Butterbrodte, Sieht sie mein lächelndes Antlitz, Und sie frißt es auf vor Liebe — wahrhaftig! Also prahlt er und prahlt er, Und zwischendrein schrillen die Möven, Wie kaltes, ironisches Kichern; Die Dämm'rungsnebel steigen herauf; Aus violettem Gewölk, unheimlich, Schaut hervor der grasgelbe Mond; Hochauf rauschen die Meereswogen, Und tief aus Hochauf rauschendem Meer, Wehmüthig wie flüsternder Windzug, Tönt der Gesang der Okeaniden, Der schönen, mitleidigen Wasserfrau'n, Vor allen vernehmbar die liebliche Stimme Der silberfüßigen Peleus-Gattin, Und sie seufzen und singen: O Thor, du Thor! du prahlender Thor! Du kummergequälter! Dahingemordet sind all deine Hoffnungen, Die tändelnden Kinder des Herzens, Und ach! dein Herz, dein Niobe-Herz Versteinert vor Gram! In deinem Haupte wird's Nacht, Und es zucken hindurch die Blitze des Wahnsinns, Und du prahlst vor Schmerzen! O Thor, du Thor! du prahlender Thor! Halsstarrig bist du wie dein Ahnherr, Der hohe Titane, der himmlisches Feuer Den Göttern stahl und den Menschen gab, Und Geier-gequälet, Felsen-gefesselt, Olympauftrotzte und trotzte und stöhnte, Daß wir es hörten im tiefen Meer, Und zu ihm kamen mit Trostgesang. O Thor, du Thor! du prahlender Thor! Du aber bist ohnmächtiger noch, Und es wäre vernünftig, du ehrtest die Götter, Und trügest geduldig die Last des Elends, Und trügest geduldig so lange, so lange, Bis Atlas selbst die Geduld verliert, Und die schwere Welt von den Schultern abwirft In die ewige Nacht. So scholl der Gesang der Okeaniden, Der schönen, mitleidigen Wasserfrau'n, Bis lautere Wogen ihn überrauschten — Hinter die Wolken zog sich der Mond, Es gähnte die Nacht, Und ich saß noch lange im Dunkeln und weinte. VI. Die Götter Griechenlands . Vollblühender Mond! In deinem Licht, Wie fließendes Gold, erglänzt das Meer; Wie Tagesklarheit, doch dämm'rig verzaubert, Liegt's über der weiten Strandesfläche; Und am hellblau'n sternlosen Himmel Schweben die weißen Wolken, Wie kolossale Götterbilder Von leuchtendem Marmor. Nein, nimmermehr, das sind keine Wolken! Das sind sie selber, die Götter von Hellas, Die einst so freudig die Welt beherrschten, Doch jetzt, verdrängt und verstorben, Als ungeheure Gespenster dahinziehn Am mitternächtlichen Himmel Staunend, und seltsam geblendet, betracht' ich Das luftige Pantheon, Die feierlich stummen, grau'nhaft bewegten Riesengestalten. Der dort ist Kronion, der Himmelskönig, Schneeweiß sind die Locken des Haupts, Die berühmten, olymposerschütternden Locken. Er hält in der Hand den erloschenen Blitz, In seinem Gesichte liegt Unglück und Gram, Und doch noch immer der alte Stolz. Das waren bessere Zeiten, o Zeus, Als du dich himmlisch ergötztest An Knaben und Nymphen und Hekatomben! Doch auch die Götter regieren nicht ewig, Die jungen verdrängen die alten, Wie du einst selber den greisen Vater Und deine Titanen-Oehme verdrängt, Jupiter Parricida! Auch dich erkenn' ich, stolze Here! Trotz all deiner eifersüchtigen Angst, Hat doch eine andre das Zepter gewonnen, Und du bist nicht mehr die Himmelskön'gin, Und dein großes Aug' ist erstarrt, Und deine Lilienarme sind kraftlos, Und nimmermehr trifft deine Rache Die gottbefruchtete Jungfrau Und den wunderthätigen Gottessohn. Auch dich erkenn' ich, Pallas Athene! Mit Schild und Weisheit konntest du nicht Abwehren das Götterverderben? Auch dich erkenn' ich, auch dich, Aphrodite, Einst die goldene! jetzt die silberne! Zwar schmückt dich noch immer des Gürtels Liebreiz; Doch graut mir heimlich vor deiner Schönheit, Und wollt' mich beglücken dein gütiger Leib, Wie andre Helden, ich stürbe vor Angst; Als Leichengöttin erscheinst du mir, Venus Libitina! Nicht mehr mit Liebe schaut nach dir, Dort, der schreckliche Ares. Es schaut so traurig Phöbos Apollo, Der Jüngling. Es schweigt seine Lei'r, Die so freudig erklungen beim Göttermahl. Noch trauriger schaut Hephaistos, Und wahrlich, der Hinkende! nimmermehr Fällt er Hebe'n in's Amt, Und schenkt geschäftig, in der Versammlung, Den lieblichen Nektar — Und längst ist erloschen Das unauslöschliche Göttergelächter. Ich hab' Euch niemals geliebt, Ihr Götter! Denn widerwärtig sind mir die Griechen, Und gar die Römer sind mir verhaßt. Doch heil'ges Erbarmen und schauriges Mitleid Durchströmt mein Herz, Wenn ich Euch jetzt da droben schaue, Verlassene Götter, Todte, nachtwandelnde Schatten, Nebelschwache, die der Wind verscheucht — Und wenn ich bedenke, wie feig und windig Die Götter sind, die Euch besiegten, Die neuen, herrschenden, tristen Götter. Die Schadenfrohen im Schafspelz der Demuth — O da faßt mich ein düsterer Groll, Und brechen möcht' ich die neuen Tempel, Und kämpfen für Euch, Ihr alten Götter, Für Euch und Eu'r gutes, ambrosisches Recht, Und vor Euren hohen Altären, Den wiedergebauten, den opferdampfenden Möcht' ich selber knien und beten, Und flehend die Arme erheben — Denn, immerhin, Ihr alten Götter, Habt Ihr's auch eh'mals, in Kämpfen der Menschen, Stets mit der Parthei der Sieger gehalten, So ist doch der Mensch großmüth'ger als Ihr, Und in Götterkämpfen halt' ich es jetzt Mit der Parthei der besiegten Götter. 23 * Also sprach ich, und sichtbar errötheten Droben die blassen Wolkengestalten, Und schauten mich an wie Sterbende, Schmerzenverklärt, und schwanden plötzlich. Der Mond verbarg sich eben Hinter Gewölk, das dunkler heranzog; Hochauf rauschte das Meer, Und siegreich traten hervor am Himmel Die ewigen Sterne. VII. Fragen . Am Meer, am wüsten, nächtlichen Meer Steht ein Jüngling-Mann, Die Brust voll Wehmuth, das Haupt voll Zweifel, Und mit düstern Lippen fragt er die Wogen: „O lös't mir das Räthsel des Lebens, Das qualvoll uralte Räthsel, Worüber schon manche Häupter gegrübelt, Häupter in Hieroglyphenmützen, Häupter in Turban und schwarzem Barett, Perückenhäupter und tausend andre Arme, schwitzende Menschenhäupter — Sagt mir, was bedeutet der Mensch? Woher ist er kommen? Wo geht er hin? Wer wohnt dort oben auf goldenen Sternen? Es murmeln die Wogen ihr ew'ges Gemurmel, Es wehet der Wind, es fliehen die Wolken, Es blinken die Sterne, gleichgültig und kalt, Und ein Narr wartet auf Antwort. VIII. Der Phönix. Es kommt ein Vogel geflogen aus Westen, Er fliegt gen Osten, Nach der östlichen Gartenheimath, Wo Spezereien duften und wachsen, Und Palmen rauschen und Brunnen kühlen — Und fliegend singt der Wundervogel: „Sie liebt ihn! sie liebt ihn! Sie trägt sein Bildniß im kleinen Herzen, Und trägt es süß und heimlich verborgen, Und weiß es selbst nicht! Aber im Traume steht er vor ihr, Sie bittet und weint und küßt seine Hände, Und ruft seinen Namen Und rufend erwacht sie und liegt erschrocken, Und reibt sich verwundert die schönen Augen — Sie liebt ihn! Sie liebt ihn!“ Am Mastbaum gelehnt, auf dem hohen Verdeck, Stand ich und hört' ich des Vogels Gesang. Wie schwarzgrüne Rosse mit silbernen Mähnen, Sprangen die weißgekräuselten Wellen, Wie Schwänenzüge schifften vorüber, Mit schimmernden Segeln, die Helgolander, Die kecken Nomaden der Nordsee; Ueber mein Haupt, im ewigen Blau, Hinflatterte weißes Gewölk Und prangte die ewige Sonne, Die Rose des Himmels, die feuerblühende, Die freudvoll sich im Meer bespiegelte; Und Himmel und Meer und mein eignes Herz Ertönten im Nachhall: Sie liebt ihn! sie liebt ihn! IX. Im Hafen . Glücklich der Mann, der den Hafen erreicht hat, Und hinter sich ließ das Meer und die Stürme, Und jetzo warm und ruhig sitzt Im guten Rathskeller zu Bremen. Wie doch die Welt so traulich und lieblich Im Römerglas sich wiederspiegelt, Und wie der wogende Mikrokosmus Sonnig hinabfließt in's durstige Herz! Alles erblick' ich im Glas, Alte und neue Völkergeschichte, Türken und Griechen, Hegel und Gans, Zitronenwälder und Wachtparaden, Berlin und Schilda und Tunis und Hamburg, Vor allem aber das Bild der Geliebten, Das Engelköpfchen auf Rheinweingoldgrund. O, wie schön! wie schön bist du, Geliebte! Du bist wie eine Rose! Nicht wie die Rose von Schiras, Die hafisbesungene Nachtigallbraut; Nicht wie die Rose von Saron, Die heiligrothe, prophetengefeierte; Du bist wie die Ros' im Rathskeller zu Bremen! Das ist die Rose der Rosen, Je älter sie wird, je lieblicher blüht sie, Und ihr himmlischer Duft, er hat mich beseligt, Er hat mich begeistert, er hat mich berauscht, Und hielt mich nicht fest, am Schopfe fest, Der Rathskellermeister von Bremen, Ich wäre gepurzelt! Der brave Mann! wir saßen beisammen Und tranken wie Brüder, Wir sprachen von hohen, heimlichen Dingen, Wir seufzten und sanken uns in die Arme, Und er hat mich bekehrt zum Glauben der Liebe, Ich trank auf das Wohl meiner bittersten Feinde, Und allen schlechten Poeten vergab ich, Wie einst mir selber vergeben soll werden; Ich weinte vor Andacht, und Erschlossen sich mir die Pforten des Heils, Wo die zwölf Apostel, die heil'gen Stückfässer, Schweigend pred'gen, und doch so verständlich Für alle Völker. Das sind Männer! Unscheinbar von außen, in hölzernen Röcklein, Sind sie von innen schöner und leuchtender Denn all die stolzen Leviten des Tempels, Und des Herodes Trabanten und Höflinge, Die goldgeschmückten, die purpurgekleideten — Hab' ich doch immer gesagt Nicht unter ganz gemeinen Leuten, Nein, in der allerbesten Gesellschaft, Lebte beständig der König des Himmels. Hallelujah! Wie lieblich umwehen mich Die Palmen von Beth El! Wie duften die Myrrhen von Hebron! Wie rauscht der Jordan und taumelt vor Freude! — Auch meine unsterbliche Seele taumelt, Und ich taum'le mit ihr und taumelnd Bringt mich die Treppe hinauf, an's Tagslicht, Der brave Rathskellermeister von Bremen. Du braver Rathskellermeister von Bremen! Siehst du, auf den Dächern der Häuser sitzen Die Engel und sind betrunken und singen; 24 Die glühende Sonne dort oben Ist nur eine rothe, betrunkene Nase, Und um die rothe Weltgeist-Nase Dreht sich die ganze, betrunkene Welt. X. Epilog. Wie auf dem Felde die Weizenhalmen, So wachsen und wogen im Menschengeist Die Gedanken. Aber die zarten Gedanken der Liebe Sind wie lustig dazwischenblühende, Roth' und blaue Blumen. Roth' und blaue Blumen! Der mürrische Schnitter verwirft Euch als nutzlos, Hölzerne Flegel zerdröschen Euch höhnend, Sogar der hablose Wanderer, Den Eu'r Anblick ergötzt und erquickt, Schüttelt das Haupt, Und nennt Euch schönes Unkraut. Aber die ländliche Jungfrau, Die Kränzewinderin, * Verehrt Euch und pflückt Euch Und schmückt mit Euch die schönen Locken, Und also geziert, eilt sie zum Tanzplatz, Wo Pfeifen und Geigen lieblich ertönen, Oder zur stillen Buche, Wo die Stimme des Liebsten noch lieblicher tönt Als Pfeifen und Geigen.