D. Nic. Hier. G undlings, Weyl. Koͤnigl. Preußl. Geh. und Consistorial-Raths/ auch PROF. PVBL. zu Halle Ausfuͤhrlicher und mit Illustr en Exempeln aus der Historie und Staaten Notiz erlaͤuterter DISCOVRS uͤber Weyl. Herrn D. IO. FRANC. BVDDEI, SS.Th. Prof., PHILOSOPHIÆ PRACTICÆ Part. III. Die POLITIC, Ehemals aus des Hochberuͤhmten Herrn Geh. Rath Gundlings ei- genem Munde von fleißigen Zuhoͤrern in die Feder gefasset; Und nunmehro, wegen seiner Vortrefflichkeit, dem Publico mitgetheilet. Samt doppelten Register Der angefuͤhrten Autorum und abgehandelten Materien; Nebst einer Vorrede Herrn D. Jacob August Franckensteins/ Hochfuͤrstl. Anhalt-Zerbstischen Hof- und Regierungs-Raths ꝛc. Mit Koͤnigl. Pohlnischen und Churfuͤrstl. Saͤchsischen Allergnaͤd. PRIVILEGIO. Franckfurt und Leipzig 1733. Vorrede. Geneigter Leser. D Ie Politic ist eine von denjenigen Wissenschafften/ welche die alten und neuen Welt-Weisen zum Theil gar langsam in Ordnung gebracht/ zum Theil zu deren Verbesserung noch zur Zeit schlechte Bemuͤhung angewendet. Denen Peripateti- schen Philosoph en muß Cicero den Ruhm zugestehen/ daß sie sich we- gen ihrer grossen Erfahrenheit/ um die Politic bekuͤmmert, und daher von andern die Philosophi Politici genennet worden. Der erste/ so was tuͤchtiges von Einrichtung des Staats geschrieben, war der kluge Plato, dessen Buͤcher noch bis auf unsere Zeiten sind erhalten worden. Jedoch es hatte dieser gelehrte Mann viele Sachen in sein Werck gesetzet/ welche sich in der Welt schwehrlich practici ren lassen/ dessentwegen man dergleichen Vorschlaͤge/ so niemand leicht ins Werck setzen a 2 kann/ Vorrede. kann, ideas Platonicas genennet. Einige haben aus dieser Ursache vermeinet/ es muͤssen erst Menschen gebohren wer- den/ die sich nach Platonis Kopffe einrichteten/ und haben die- sen Sinnreichen Mann allzusehr herunter gemacht/ andere hergegen erheben ihn bis in den dritten Himmel/ worinnen beyderseits sehr fehlen. Denn es stehen sehr gute Sachen in dem Platone, welche man noch jetzo wohl gebrauchen kann/ es sind aber auch darin gewisse Puncte vorgetragen/ welche wohl zu wuͤnschen/ aber nicht zu hoffen seyn/ wobey der ehrliche Mann in die Moral zum oͤfftern ausgeschweiffet/ da doch jede Wissen- schafft von der andern bestmoͤglichst zu unterscheiden. Wer ein mehrers davon zu wissen verlanget/ kan des Antonii Monteca- tini, Sebast. Foxii, Marsilii, Gangliani Commentarios uͤber den Platonem nachschlagen. Aus Platonis Lehre kam der ge- lehrte Aristoteles, welcher seinen Lehrmeister in denen Libris Politicis sehr uͤbertroffen/ indem er nicht allein bessere Reguln gegeben/ welche noch jetzo grossen Theils gar wohl statt finden/ sondern auch exempel aus der Historie zum richtigen Beweiß- thum beygefuͤget/ und uͤberhaupt eine bessere Ordnung/ als Plato/ gezeiget. Der grosse Alexander soll ihm hierzu grossen Vorschub gethan haben/ und ich getraue mich ohne Scheu zu sagen/ daß/ da man in andern philosophi schen Wissenschafften heut zu Tage von dem Aristotele sehr abgegangen/ und auf weit bessere Wege gerathen/ dennoch in der Politic alle das Haupt- Werck aus dem Aristotele abgeborbet werde/ ohngeachtet die Pralerey solches vielen verschweigen machet. Nach der Zeit sind wenige Griechische Philosophen bemuͤhet gewesen/ die Po- litic in ein besser Licht zu setzen/ indem Plutarchus in seinen Præ- ceptis Politicis allzukurtz ist. Hæraclidæ Pontii Tractatus de Politicis, welchen Nicolaus Cragius mit einer Lateinischen Ue- bersetzung herausgegeben/ noch schlechter zu achten/ und Theo- phrasti, Demetrii Phalerei und Antisthenis Schrifften vor- laͤng- Vorrede. laͤngsten verlohren gegangen. In Rom/ welches sonsten die gelehrtesten Scribent en hervorgebracht/ wurde die Politic gantz unter die Banck gesteckt/ Cicero soll zwar ein Buch de Repu- blica geschrieben haben/ welches aber nicht bis auf unsere Zei- ten erhalten worden; ja es scheinet/ daß die Roͤmer nicht gerne gesehen/ wenn man von den Staats-Sachen allzufrey urthei- len wolte; inzwischen vermercket man gar wohl/ daß die Roͤ- mer in der Politic keine unwissenden Leute gewesen/ weil ihre Geschicht-Schreiber hier und da die schoͤnsten Gedancken von der Politic einmengen/ daher manche in denen Gedancken stehen/ daß aus selbigen die wahre Politic vollkommen moͤge erlernet werden. Vor andern wird in diesem Fall der Tacitus geprie- sen/ dahero so viele Commentatores ihre Arbeit uͤber denselbi- gen verfertiget/ wiewohl ich der sichern Meinung bin/ daß aus dem Tacito mehr geschlossen werde/ als Tacitus selbst vielleicht in seinen Gedancken gehabt. Nachdem die Christliche Religi- on durch des Hoͤchsten Gnade auch an der Roͤmischen Kayser Hofe ausgebreitet worden/ und die Geistlichkeit nach und nach mehrere Gewalt an sich zog/ auch sonderlich den saubern Unter- scheid zwischen dem Staat und deꝛ Kirche aufbrachten/ untersuch- ten sie mit Fleiß die politischen Kuͤnste/ ihre Autoritæt dadurch ste- tig mehr zu erheben. In unserm werthen Teutschland mag wohl zu Caroli M. Zeiten ein ziemlicher Begriff von der Staats- Klugheit gewesen seyn/ wie dieses grossen Kaysers unvergleich- liche Thaten einiger massen an den Tag geben/ allein unter sei- nem Sohne/ Ludwig dem Frommen/ bis fast auf die Zeiten Maximil. I. ist die Politic schrecklich aus denen Augen gesetzet worden/ indem die Geistlichen sich allein dahin bestrebten/ ihr Ansehen zu erhoͤhen/ und denen weltlichen Herren einen Dunst vor die Augen zu machen; Der Nahme der Politic war denen Leuten so unbekant/ als der Kuh ein neues Thor; sieben philo- sophi sche Wissenschafften wurden auf denen Universitaͤten ge- a 3 leh- Vorrede. lehret/ darunter aber die Ethica und Politica nicht waren/ da- mit ja die Weltlichen nicht zu klug werden solten. Hernach kam des Aristotelis Philosophie ziemlich in Gebrauch/ sonderlich auf der Pariser Academie im 12ten Seculo, dagegen Augustini Schrifften/ derer man sich bishero bedienet hatte/ bey Seite geleget wurden. Die Geistl. wiedersetzten sich zwar der Ari- stoteli schen Welt-Weisheit so gar/ daß Ao. 1209 Aristotelis aus der Griechischen ins Lateinische uͤbersetzten Buͤcher ver- brandt/ und deren Lesung bey Strafe des Kirchenbannes verbothen wurde. Wenige Zeit darnach nahm die Peripa- theti sche Lehre dermassen uͤberhand/ daß man lieber Aristote- lis Schrifften/ als untruͤgliche Buͤcher ausgeben wolte/ darwi- der kein vernuͤnftiger Mensch etwas sagen duͤrfte/ weil bey de- nen Philosophis ein Text aus dem Aristotele, so viel als bey de- nen Juristen ein Lex aus dem Codice gelten muͤsse/ deswegen der gute Petrus Ramus einen toͤdtlichen Haß von denen andern Gelehrten sich auf den Halß weltzte/ weil er die heil. Aristoteli- sche Philosophie verachtet hatte. Indessen scheinet die Politica Aristotelis spaͤter/ als die andern Disciplin en in das Lateinische uͤbersetzet/ und auf den Universitæt en eingefuͤhret zu seyn/ wie Conring in der Meynung stehet; welches auch daraus zu erse- hen/ weil uͤber die andern Buͤcher des Aristotelis fast unzehlige Commentarii geschmieret worden/ da hergegen uͤber seine Po- liticam sich wenige gemacht haben. Als das Roͤmische Recht auf denen Universitæt en eingefuͤhret wurde/ so ersahen die Rechts-Gelehrten/ daß sie in Erklaͤhrung derer Roͤmischen Ge- setze ohne die Politic schwehrlich fortkommen koͤnnten; sie ver- spuͤreten/ daß die Geistl. Zeithero diese noͤthige Wissenschafft betruͤglich vor ihren Augen verborgen; die Kayser merckten/ daß die Civilist en/ wie man sie damahls zu nennen pflegte/ wi- der die angemaste Gewalt des Paͤbstlichen Stuhls ihnen gute Rathschlaͤge ertheilen koͤnnten; doch darmit war das Haupt- Werck Vorrede. Werck zur Besserung der Politic noch nicht gethan; Das Roͤ- mische Recht enthalt nicht allemahl die richtigsten Gruͤnde von der Politic/ die Schluͤsse wollen nicht allemahl genau aneinan- der hangen/ und es finden sich viele Puncte/ welche bey denen meisten Staaten heutiger Zeiten schwehrlich statt finden wuͤr- den. Nach den Zeiten der heilsamen Reformation wurden zwar die Universitæt en in vielen gebessert/ und vor andern in theologi schen Sachen eine weit tuͤchtigere Lehr-Art eingefuͤh- ret/ welches aber bey der Rechts-Gelahrheit und der Welt- Weißheit groͤsten Theils unterbliebe. Aristoteles bliebe noch das grosse Oracul, ja es wurden auf manchen Universitæt en Befehle gegeben/ daß die Leute sich in der Philosophie nach dem Aristotele richten muͤsten. Jedoch scheinet es nicht gar zu ge- wiß/ daß man Aristotelis Politic also fort gelehret/ da wir dar- gegen ersehen muͤssen/ daß die theoreti schen Wissenschafften/ als die Logica, Metaphysica, und dergleichen/ uͤberall mit grossem Fleiß erklaͤhret worden. Man setzte etwan einen Professorem Ethices, der die gantze practi sche Philosophie vortragen solte/ aus welcher Ursache es nachgehends mag geschehen seyn/ daß auf denen meisten Universitæt en dem Professori Moralium die Po- litic zugleich anvertrauet wurde. Im verwichenen Seculo wur- de die Moral und das Recht der Natur durch die gelehrtesten Männer Grotium, Seldenum, Hobbes, Pufendorf, Tho- masium und Titium in ein heller Licht versetzet/ wodurch auch die Politic/ welche mit jenen Wissenschafften gar genau verknuͤp- fet ist/ ungemein erlaͤutert wurde. Inzwischen wolte sich doch niemand recht uͤber die Politic machen/ und dieselbige in eine tuͤchtige Ordnung und Geschicke bringen. Die Theologi ver- meinten/ sie brauchten diesen Theil der Philosophie eben so noͤ- thig nicht/ ohngeachtet sie darinnen sich gewaltig vergangen. Die Juristen sahen/ daß ihnen die Politie hoͤchstnoͤthig waͤre/ allein sie griffen es an dem unrechten Orte an/ und wolten aus dem Roͤ- Vorrede. Roͤmischen Rechte diese Lehre erklaͤhren/ worinn man gerade die Pferde hinter den Wagen spannte; deßwegen beklagt sich noch der beruͤhmte Morhof in seinem Polyhistore, Tomo 3. lib. 2. par, 11. daß man noch zur Zeit kein vollkommen politisches Systema aufweisen koͤnne. Es giebt zwar Politiquen genug/ doch sind die meisten so beschaffen, daß sie solchen Nahmen nicht verdienen. Denn einige sind dem Aristoteli blindlings gefol- get/ welcher doch vornehmlich die Griechischen Republiqu en vor Augen gehabt/ oder sonsten viele zu seiner Zeit gebraͤuchliche Puncte vorgetragen/ da man das zehnte mahl dieselbigen Sa- chen auf unsere heutigen Staaten nicht applici ren kann. An- dere haben wollen kluͤger thun/ haben ihren Affect en allzusehr nachgehangen/ und entweder hoher Potentaten Gewalt gar zu hoch erhoben/ wie der beruͤhmte Machiavellus, oder haben dem Volcke allzuviele Freyheit zugeschrieben/ wie der bekannte Bu- chananus de jure Regni apud Scotos sich in diesem Falle ver- gangen. Wiederum andere haben es darinne versehen/ daß sie nicht aus sichern Haupt-Gruͤnden die gantze Politic hergeleitet/ sondern auf einige nuͤtzliche Specialia gefallen/ und daher den groͤsten Theil ihrer Wercke mit juristischen Fragen/ Gedancken aus dem Staats-Rechte/ und besondern Particularitæt en von diesem oder jenem Staate angefuͤllet/ dabey aber die Politic/ deren doch ihre Wercke eigentlich solten gewidmet seyn/ bey nahe gantz vergessen. Ferner haben fich einige nur daruͤber gemacht/ daß sie nicht den Zustand derer heutigen Staaten vor Augen ge- legt/ sondern eine Politic hingeschrieben/ nach der Art/ wie sie sich die Einbildung gemacht/ daß die Staaten besser einzurich- ten waͤren/ wohin des Mori Utopia, Baconis, de Verulamio novus Atlas, und die bekannte Histoire des Severambes zu rech- nen/ wiewohl dieser guten Leute ihre Erfindungen theils fabel- hafft herauskommen/ theils mehr zu wuͤnschen/ als in wuͤrck- lichen Gebrauch zu bringen. Uber dieses sind einige gewesen/ wel- Vorrede. welche aus der alten Lateinischen und Griechischen Scribent en Schriff- ten und Worten ihre Politiquen zusammen gefuͤget/ wohin Justus Lipsius mit seiner Politica billig zu rechnen. Allein es kommet ja wol auf einerley hinaus/ ob ich eine Sache mit meinen oder eines alten Autoris Worten sage/ wenn ich nur die Wahrheit vorbringe/ ja es scheinet offt prahlerisch/ wenn man ohne Ursache nur eine Menge al- ter Autorum anfuͤhret/ und was das schlimmste/ so hat man oͤffters aus Liebe zu denen Alten die Wahrheit selber verfehlet. Die meisten haben nur gewisse Observationes und Axiomata Politica verfertiget/ oder nur einige politische Fragen untersuchet/ dergleichen Beccmann gethan/ oder habẽ uͤber etl. Autores Classicos politische Gedancken ent- worffen/ wie etwan Macchiavelli sopra la prima Decade di Livio und Trajano Boccalini uͤber den Tacitum aufgesetzt. Einzeler Di- sputationum zu geschweigen/ so haben auch andere die Politic unter allzu speciell en Titeln vortragen wollen/ als wie Varillas de L’Edu- cation des Princes und Wagenseil unternommen/ dabey aber mancher Punct aussen blieben/ der darein gehoͤret haͤtte/ und her- gegen andere Sachen eingemischet worden/ welche mit guten Fug haͤtten wegbleiben koͤnnen. Viele haben sich gar einbilden wollen/ daß man nimmermehr eine tuͤchtige Politic zu Stande bringen wuͤr- de/ weil uͤberhaupt die practi schen Disciplin en in der Philosophie kei- nen gewissen Grund haͤtten; welchen Fehler aber der nnvergleichliche Pufendorf de jure Nat. \& Gentium Lib. 1. cap. 2. laͤngstens wieder- leget. Die gröste Schwuͤrigkeit scheinet nur darinne beruhet zu ha- ben/ daß diejenigen/ so von der Politic sonsten schreiben wollen/ in der Historie und Staats Recht derer unterschiedenen Reiche und Lande gar nicht/ oder wenigstens schlecht erfahren gewesen/ dahero sie fast ohnmoͤglich in der wahren Politic recht fortkommen/ sondern meistlich nur Hirn-Geburthen aushecken koͤnnen. Wir wollen dan- nenhero die wichtigsten Scribent en kuͤrtzlich ansehen/ welche Systema- ta Politica geschrieben/ sie moͤgen groß oder klein seyn/ wobey ich mei- ne wenige Beurtheilung beyfuͤgen will/ jedoch ohne jemand zu nahe zu treten/ oder meine Meynung jemand aufzudringen. Johannis b Al- Vorrede. Althusii Politicam zu Herborn. 1655 in 8vo gedruckt/ wolten eini- ge sonsten æstimi ren/ doch kann ich die grosse Herrlichkeit darinn nicht ersehen. Besser ist Balthasaris Cellarii Politica succincta zu Jena 1653 in 8./ welcher beyzufuͤgen Ioannis Christophori Beccmanni Meditationes Politicæ zu Franckfurth an der Oder 1679 in 8./ weil sich dieselben mehr nach unsern teutschen Zustand richten. Iohannis Friderici Hornii Architectonica Politica, vormahls zu Utrecht 1663 in 12, und nachgehends zu Franckfurth 1672 gedruckt/ ist un- vollkommen und gar nicht accurat, will auch viele Neuerungen ma- chen/ wozu sich der gute Mann schlecht schickte. Daniel Clasenii Po- litica zu Magdeburg 1655 in 8. ist sehr deutlich/ und mit gar leidlichen Historifchen Exempeln abgefaßt/ daher es unter denen Alten noch vor eine von den besten zu nennen. Georgii Schoenborneri Politicam wollen einige wegen derer aus dem Staats-Recht eingewischten Ma- terien loben/ wenn nur erst der liebe Mann das Staats-Recht selber recht verstanden haͤtte. Christiani Matthiæ Systema politicum 1678 in 4. dienet mehr zum disputi ren als sonsten/ und hat mir schlech- ten Trost gegeben. Henningii Arnisæi relectiones politicæ zu Straß- burg 1648. in 4. sind unvollkommen/ und wollen vieles aus der Antiquitæt beweisen/ welches sich aber oͤffters reimet/ als wie die Faust auf ein Auge. Christophorus Besoldus in opere politico zu Franckfurth 1617 in 4. und zu Straßburg 1641. in 4. hat mehr auf gewisse speciel -Puncte in seinen Dissertationibus daselbsten ge- sehen/ als daß er ein rechtes Systema hätte aufsetzen sollen: Er ist zwar in einigen Sachen ziemlich zu gebrauchen/ allein er hat sich all- zusehr an einige vorausgesetzte Reguln gebunden/ da man die Po- litic vielmehr aus tuͤchtigen rationibus und Historischen Exempeln herleiten muß. Marcus Zuerius Boxhornius in institutionibus po- liticis zu Amsterdam 1663 in 12./ woruͤber auch Georgius Hornius zu Leipzig 1657 in 12. Noten heraus gegeben/ desgleichen Adrianus Houtyn in politica contracta generali in Grafenhag 1681 in 8. ha- ben etwas allzufrey und theils bey unsern Teutschen gefaͤhrliche Meynungen/ u. werden bey nahe unter diejenigen gezehlet/ welche die Mo- Vorrede. Monarchische Regierung allzusehr anfechten. Iohannis Henrici Boe- cleri Institutiones politicæ zu Straßburg 1674 und 1688 in 8. geben wohl Gelegenheit der Sache weiter nachzudencken/ doch ermangeln darinne verschiedene zur Politic gehoͤrige Puncte/ und scheinen zu mehrerer Erlaͤuterung in privat Collegiis geschrieben zu seyn. hri- stiani Weisii compendium politicum 1682 und 1691 in 8. kan jungen Leuten ziemlich dienen/ scheint aber nicht vor Universitaͤten recht ein- gerichtet zu seyn/ und zeiget sonderlich eine schwache Erkaͤntniß in der dazu unentbehrlichen Historie. Iusti Lipsii Politicorum seu doctri- næ civilis libri VI. Leiden 1590 in 8. verdienen billig eine besondere Hochachtung; Es wird indessen Iohannis Freinshemii Edition zu Straßburg 1648 in 8. vor besser gehalten/ worbey auch des letztern Monita \& Exempla politica mit angefuͤget/ doch gehen solche nur auf die beyden ersten Buͤcher/ und die Exempel sind nur aus der alten Historie hergenommen/ welche sich nicht allzuwohl schicken. Iohan- nis Chokier Thesaurus Aphorismorum politicorum, welcher erst zu Rom 1610 in 4., hernach zu Luͤttig 1642 in fol. gedruckt worden/ giebt einen leidlichen Commentarium uͤber den Lipsium ab/ worinn aber eben der Mangel der neuern Historie und der Fehler in rationi- bus, so nicht allemahl die gruͤndlichsten/ sehr zu desideri ren. Es hat auch Iohann Henricus Boeclerus ad Lipsii politicam prælectiones aufgesetzt/ welche Iohann Henricus Molenbeccius unter Boecleri tra- ctatibus posthumis zu Franckfurth 1709 in 8. herausgehen lassen/ je- doch sind meistens die opera posthuma von mittelmaͤßiger Wichtig- keit. Ioh. Philipp. Slevogt schrieb eine Dissertation de Iusto Lipsio, deque libris ejusdem politicis, welcher er aber seinen Nahmen nicht vorgesetzt/ indeß verdienet sie wohl gelesen zu werden. Das fchoͤnste Werck uͤber den Lipsium ist allerdings zu nennen Iohann Friedrich Reinhardi Theatrum prudentiæ elegantioris ex Iusti Lipsii libris politicorum erectum, cum Præfatione Conradi Samuelis Schurtz- fleischii, zu Wittenberg 1702 in 4. worinne er dasjenige/ was Lipsius gar zu kurtz gefaßt/ weitlänfftiger erklaͤrt/ solches offte mit guten Ex- b 2 empeln Vorrede. empeln erlaͤutert/ wiewohl zu bedauren/ daß er dieselben meistens nur aus der alten Historie gebraucht; jedoch sind sonsten schoͤne Sachen darinnen znsammen gesammlet. An Lipsio ist dieses uͤberhaupt zu tadeln/ daß er die Monarchie nur erhebet/ da doch die Leute auch von der Aristocratie und Democratie zu wissen noͤthig haben. Der be- ruͤhmte Hermannus Conring gab des Macchiavelli Principem in der Lateinischen Uebersetzung Telii mit einigen Noten heraus/ hat auch Propolitica geschrieben/ welche der Hr. Prosessor Boehmer, Abt zu Luckum edi ret/ in welchen schoͤne Sachen stehen/ jedoch keine vollkom- mene Politic zeigen. Rudolphi Godofredi Knichenii Opus politi- cum, Franckfurth/ 1682 in 4., und Wolfgangii Heideri Philosophiæ politicæ systema zu Jena 1728 in 4. sind beyderseits nicht sonderlich geachtet. Iohannis Nicolai Hertii Elementa prudentiæ civilis zu Franckfurth 1703 in 8. wuͤrden vor andern den besten Werth verdie- nen/ indem alles Noͤthige darinn zu sehen/ und aus der neuern Hi- storie schoͤne Exempel und Beweißthuͤmer angefuͤhret/ daher ihn auch etliche zum Grunde ihrer Collegiorum geleget; Allein er ist offt zu weitlaͤufftig/ und bindet sich gar zu sehr an den Aristotelem, daher auch seine Gruͤnde manchen nicht anstehen werden. Ephraim Ger- hardi Einleitung zur Staats-Lehre/ zu Jena 1713 in 8. Iohannis Iacobi Lehmanni kurtze doch gruͤndliche Anleitung/ die allgemeine und Staats-Klugheit gruͤndlich zu erlernen und leicht zu practici ren/ Jena 1714. 8. ist gar leidlich abgefaßt, jedoch allzu Theoreti sch/ wo- hin auch Andreæ Rüdigeri Klugheit zu leben und zu herrschen, Leip- zig 1722 8 gehoͤret/ welcher sonst nach dem Sinn und Lehr-Art des Buddei seine Gedancken eingerichtet/ und hier und dar artige Sachen eingemischt/ dagegen die Historische Application mangelt/ und sich dabey mancher Punct zeigt/ welcher gar nicht angeht. Iulii Bern- hardi von Rohr Einleitung zur Staats-Klugheit/ Leipzig 1718 8. hat in vielen Stuͤcken des Seckendorfs Fuͤrsten-Staat vermehret und ergaͤntzet/ kann aber vor keine voͤllige Politic passi ren. Chri- stiani Wolfii vernuͤnfftige Gedancken von dem Gesellschafftlichen Leben der Menschen/ Halle 1721. 8. hat zwar sehr ausgesonnene Gruͤn- Vorrede. Gruͤnde vorgestellet/ welche aber wegen Mangel der Historie wie- derum nicht allemahl statt finden wuͤrden. Iohannis Adolphi Hoff- manni Observationum politicarum, sive de Republica Libri X. zu Utrecht/ 1719 8. werden wegen ihrer natuͤrlichen Ordnung/ net- ten Schreib-Art und auserlesenen Exempeln geruͤhmet; nun habe ich zwar das Werck nicht gesehen/ habe aber von einigen vernom- men/ daß es etwas allzufrey seyn soll. Meinen Gedancken nach/ da fast alle durchgehends uͤber den Mangel einer guten Politic klagen/ so scheinet es mir/ es muͤsse ein solches Buch so aufgesetzet werden/ daß man darinnen tuͤchtige Gruͤnde faͤnde; unpartheyische/ jedoch keine gefaͤhrliche Vorschlaͤge darinnen erblickte/ das Utile von dem Decoro uud Iusto deutlich unterschiede/ bey allen Sachen so fort die Histori- sche praxin sonderlich aus der neuen Historie/ so viel als moͤglich/ zei- gete/ woraus man gleich erkennen wuͤrde/ ob die Saͤtze pur in Theo- reti schen Grillen beruheten/ oder ob es sich auch in der That also er- weisen liesse. Dannenhero gehoͤrete zu einem solchen Werck ein gruͤndlicher Philosophus, der zugleich einen belesenen Historicum und guten JureConsultum abgaͤbe; nicht zwar/ daß ich dadurch Medicos und Theologos verachte/ sondern weil hierbey das Iustum allzugenau mit dem Utile muß zusammen gehalten werden/ da doch die Herren Theologi und Medici das lus offt gantz negligi ret. Aus dieser Ur- sache machte man sich grosse Hoffnung/ daß der Seel. Hr. Geheimde Rath Gundling/ welcher in vielen andern Stuͤcken die Gelehrsamkeit in ein heller Licht gesetzet/ durch die von ihm versprochene Politic auch was vollkommneres an den Tag stellen wuͤrde/ als wir bis anhero gesehen/ weil er alle nur beruͤhrte Qualitæt en besaß/ welche gleich vor- her angezeigt worden. Es kamen auch einige Bogen davon zum Vorschein, welche aber nur ein Project zu einem vollkommenen Wer- cke schienen/ und die gantze Sache ward durch den fruͤhzeitigen Todt dieses grossen Gelehrten unterbrochen. Es hatte aber der sel. Mann in Ermangelung seiner eigenen Arbeit/ zu dem Nutzen seines zahlrei- chen Auditorii aus des beruͤhuten Buddei dritten Theil derer Ele- mentorum Philosophiæ die Politic vorgetragen/ weil darinnen die Lehre von denen Pflichten der Obrigkeit und Unterthanen deutlich b 3 von Vorrede. von einander unterschieden/ und die Regeln der Klugheit von denen Gruͤnden der Gerechtigkeit und Erbarkeit mit ziemlichen Fleiß ab- gesondert/ deswegen diese Saͤtze auch dem Hn. Gundling gefielen/ solche mit mehrerm deutlich zu erleutern/ die etwan ermangelten Materien an gehoͤrigem Orte beyzufuͤgen/ und alles durchgaͤngig mit denen schoͤnsten neuern historischen Exempeln zu erweisen; wel- ches verschiedene fleissige Zuhoͤrer bewogen/ selches auf das genaue- ste nachzuschreiben/ ihre Manuscripta hernach gegen einander zu hal- ten/ und in zweifelhaften Sachen sich von dem seel. Mann die Eroͤr- terung auszubitten/ so daß man von diesem Wercke sich dasjenige ziemlich versprechen kann/ was der seel. Hr. Geheimde Rath etwa davon selbst wuͤrde aufgesetzet haben. Aus sothanen tuͤchtigen Ma- nustriptis ist gegenwaͤrtige Auflage zum Druck befoͤrdert worden/ damit sich die Gelehrten derer nuͤtzlichen Gundlingischen Gedancken in der Politic bedienen koͤnnten. Es handelt das Werck nach einigen kurtzen Prolegominis von dem Nutzen der Politic/ in dem Capite I. de Natura et Indole prudentiæ civilis, in capite II. de variis homi- num statibus, in capite III. de incommodis quæ homines in omni- bus statibus premunt, in capite IV. de vera cuiuslibet status felicita- te, in capite V. de mediis statum conservandi, und zwar in der se- ctionel. de Mediis cuiuscunque statum conservandi, seu prudentiæ status regulis generatim, sect. II. de prudentia status oeconomici, sect. III. de prudentia statum reipublicæ conservandi in genere, sect. IV. de prudentia status circa leges et iudicia, sectione V. de prudentia sta- tus circa poenas et præmia, sectione VI. de prudentia status circa ministros et magistratus inferiores, sectione VII. de prudentia sta- tus circa ærarium, tributa et vectigalia, sectione VIII. de pruden- tia circa commercia et rem monetariam, sectione IX. de prudentia status circa religionem, sectione X. de prudentia status circa foe- dera et legatos, sectione XI. de prudentia status circa bellum et pa- cem, sectione XII. de prudentia statum civitatis monarchicæ et in ea statum imperantium couservandi, Sectione XIII. de prudentia statum civitatis Aristocraticæ et Democraticæ, et in iis statum impe- rantium conservandi, sectione XIV. de Prudentia aulica; In wel- chem Vorrede. chem allen der seel. Mann dasjenige/ was zur vollkommenen Er- kaͤntniß der Politic nach obbesagtem noͤthig schiene/ bestmoͤglich ange- bracht/ so viel als in einem freymuͤthihen Discours hat koͤnneu vor- gestellet werden/ wobey man den muntern Geist des seel. Hn. Gund- lings uͤberall gewahr wird. Den Nutzen von dieser Arbeit werden diejenigen gar leicht ersehen/ welche einer so wichtigen Disciplin wei- ter nachzudencken belieben wollen; und obgleich hier und dar einige Fehler in diesen Abdruck moͤchten eingeschlichen seyn/ so wird doch der Geneigte Leser hoffentlich solche mit leichter Muͤhe aus denen am En- de angehaͤngten erratis, wobey man auch minutissima bemercket/ corrigiren koͤnnen/ und solches desto guͤtiger auszulegen belieben/ weil das Buch nicht an dem Orte gedruckt/ wo sich der Editor befin- det/ zumahl da man oft erfahren muß/ daß Buͤcher/ so mit aller Sorgfalt von denen heraußgebenden bey Dero Anwesenheit durch- gegangen worden/ in den Druckereyen dennoch aus Ubersehung ziemlich falsch aus der Presse gekommen. Hienaͤchst hoffe die Bil- ligkeit zu geniessen/ daß man mir die freymuͤthigen Gedancken des seel. Hn. Geheimden Raths/ nicht aufbuͤrden werde/ indem das Werck im Druck fertig ware/ als es mir zur Verfertigung einer Vorrede dargereichet ward/ und sonst das Ketzermachen und der- gleichen gar zu bekant ist. Ich habe keinen Zweifel/ daß gegenwaͤr- tiger politischer Discours des seel. geheimden Rath Gundlings von dem Leser mit eben dem Vergnuͤgen/ als der vor einiger Zeit her- aus gekommene Discours uͤber die Reichs-Historie werde anfgenom- men werden/ indem der haͤuffige Abgang besagter Gundlingischen Reichs-Historie solches gnugfam verspricht. Diesem sollen mit naͤhesten folgende Collegia des seel. Hn. Gundlings, als 1) dessen Discurse uͤber den Westphaͤlischen und Badischen Frieden, welche gleichsam den andern Theil der bereits herausgegebenen Reichs-Historie ausmachen. 2) Die Discurse uͤber die Europaͤischen Staaten. 3) Uber die Historiam litterariam, und 4) uͤber Ioh. Schilteri Ius feudale im Drucke folgen, so auch zum Theil schon wuͤrck- lich unter die Presse gegeben, und mit allen moͤglichsten Fleiß und accuratesse an das Licht sollen gestellet werden. Hiernaͤchst hat man uͤber jetzt bemeldte Col- legia insgesamt sowohl als uͤber die bereits edir te Reichs-Historie ein Koͤnigl. Polnisches und Churfuͤrstlich Saͤchsisches allergnaͤdigstes privilegium aus- Vorrede. ausgebracht, und solches bereits an verwichener Oster-Messe 1732 gehoͤrig insi- nuiret. Indessen hat ein gewisser Autor in denen Gelehrten Zeitungen im 59ten Stuͤck kund gethan, daß er sich entschlossen habe, verschiedene von dem Seel. Hn. Geheimden Rath Gundling ehemals gehaltene Collegia nach und nach herauszugeben, daher man sich gemuͤßiget befunden, jederman auch hiemit fuͤr Schaden und Verdruß zum voraus zu warnen. Haͤtte der vermeinte fleißi- ge Zuhoͤrer des seel. Hn. Gundlings dergleichen Arbeit unternehmen wollen, ehe ein anderer den Verlag gewaget, so waͤre es ihm unverwehret gewesen; wie ihm denn freygelassen wird, andere im vorgedachten allergnaͤdigsten privilegio nicht specificirte Gundlingische Collegia nach Gefallen heraus zu geben; dage- gen aber soll er versichert seyn, daß nach dem an mich uͤberschriebenen Vermel- den, man das disfalls erlangte Recht wider alle Eingriffe nachdruͤcklich prosequi- ren werde. Was uͤbrigens der obgedachte unbekannte Autor wider die schon herausgebene Reichs-Historie vorbringen wollen, scheinet mit sich selbst zu strei- ten, wenn er vorhero bekannt, daß solche Arbeit ihre Liebhaber gefunden, derer und anderer unpartheischer Gelehrter Urtheil man hierunter mehr trauen kan, als dem paßionirten Vorgeben eines eintzigen gewinnsuͤchtigen Mannes. Zwar will er fuͤrwenden, daß die von ihm als einem fleißigen Zuhoͤrer nachgeschriebe- nen Collegia von dem seel. Hn. Gnndling selbst revidiret worden; allein man kan die Moͤglichkeit dieser vorgegebenen Revision sich unmoͤglich uͤberreden las- sen, indem die uͤberhaͤuften Geschaͤfte des seel. Mannes ihm nicht einmal so viel Zeit gegoͤnnet, daß er seine selbst edirte Schriften jehmals voͤllig elaboriret, sondern nur allezeit Bogenweiß in die Druckerey geliefert. Dagegen kan man versichert seyn, daß die diesseitigen E- ditionen der Gundlingischen Discourse mit Vorwissen des seel. Mannes von mehrern Personen nachgeschrieben, dieselben nachmals gegen einauder collationiret, und die zweiffelhaften Puncte auf Befragen von dem seel. Hn. Geh Rath selbst eroͤrtert worden. Aus welcher Ursache gegenwaͤrtige Discourse wol vollkommener, als des unbenannten Autoris seine seyn muͤssen, weil doch nach dem alten Sprichwort mehrere Augen mehr sehen, als ein Auge. Wolte aber bemeldeter fleißiger Au- ditor etwan seine Vermehrung unter die Gundlingischen Discourse mischen, so wuͤrden es keine Gundlingische Gedancken sondern, eines andern Mandes werden, welche man bey Anschaffung der Gundlingischen Schriften eben nicht verlangen duͤrfte. Dieses alles habe ich auf Verlangen hier beyfuͤgen sollen, damit sich jeder versichern koͤnne, daß man durch das neidische Vorgeben widriggesin- neter Leute in den besagten Vorhaben sich nicht das minderste werde lassen irre machen. Solten in- zwischen vernuͤnftige und unitereßirete Gelehrten bey diesen und kuͤnftig zu hoffenden Gundlingi- schen Discoursen etwas Gutes zu deren Besserung anzugeben belieben, so wird man solches mit ge- buͤhrenden Danck erkennen, und moͤglichst zu beobachten bemuͤhet leben. Ich werde um desto mehr davor verbunden seyn, weil ich meine Collegia uͤber verschiedene Theses des seel. Gundlings einge- richtet, und daher in der Historischen Wahrheit durch rechtschaffener Leute Erinnerung taͤglich ein mehrers zu wissen verlange. Der geneigte Leser kann sich die baldige Ausgabe derer oben gemel- deten Gundlingischen Discourse versprechen, womit ich mich desselben guͤtigen Wohlwollen be- stens empfehle. Leipzig den 11. Septembr. 1732. D. Jacob August Frankenstein. J. N. J. Prolegomena. I Ch habe des Buddei Politic erwaͤhlet, daruͤber zu Nutzen des studii Politici. lesen, weil ich selbst daruͤber noch nichts geschrieben habe, ehestens aber selbst etwas verfertigen werde. Indessen ist kein ander Buch vorhanden, welches sich zu unsern Zweck besser geschickt, als dieses. Denn er hat die besten Schrifften, so man in Po- liticis hat, excerpi rt, sonderlich hat er den Con- ring wohl gebrauchet: Hermannus Conrin- gius aber war ein Mann, der in omni scibili versi rt; er war ein Medicus, Jurisconsultus, Philosophus, Criticus und Histori- cus. Seine groͤste force bestund in der Politic, welches man son- derlich sehen kan aus seinem Buch, welches er an. 1648. sub no- mine Irenæi Eubuli edi ret. Die Ordnung ist auch noch ziem- lich, welche Buddeus haͤlt, und kan ein Doctor leicht dasjenige, was noch an der connexion fehlet, suppli ren. Das studium Politicum aber hat einen solchen Nutzen, daß man es allezeit, man mag so alt seyn, als man will, gebrauchen kan. Vornehmlich muß man sich einen rechten Concept von der Was die Po- litica sey? Politic machen. Daher ist en general zu mercken: Die Politic ist keine Kunst die Leute zu betruͤgen, oder daß man die Leute wollte raffi- ni rt machen: Denn calliditas ist keine sapientia, keine prudentia; au contraire, man wird sehen, daß die Leute, welche List brauchen, A In- PROLEGOMENA. Intriqu en machen, keinen Verstand haben. Mir hat wohl gefal- len von dem Mr. des Callieres, de la Fortune des gens de Cour, (welcher als Gesandter von Franckreich auf dem Frieden zu Ryswick gewesen) daß er ebenfalls saget: Derjenige habe keinen Verstand, welcher Intriqu en mache. Von seinem Buche kan man einen Ex- tract finden in meinen Gundlingianis. Und weil derselbe wohl schoͤne Einfaͤlle hat, solche aber, wie alle Franzosen thun, nicht wohl connecti ret, so habe ich nicht allein in dem Extracte die Capita connecti ret, sondern auch dasjenige corrigi ret, wo ich gemeynet, daß er die Graͤntzen uͤberschritten. Die Intriqu en dauren auch nur eine Zeitlang, und gehet derjenige, so Intriques macht, gar bald zu Grunde. Sie taugen nichts in der Republic; auch nicht in vita familiari, und conversatione hominum. Daß sie allen und jeden noͤ- thig sey: Ein anders aber ist prudentiam cavendi haben, i.e. ne quis me decipiat. Diese muß ein jeder haben, und gehoͤret sol- che mit zur politischen Klugheit. Die Politic ist nun nichts anders als eine Kunst, wodurch man lernet nicht allein kluͤglich zu regieren, sondern auch in andern Stuͤcken gluͤcklich, weislich und ordentlich zu leben. Denn wir haben unterschiedene Staͤnde. Regieren koͤn- nen ist das groͤste Stuͤck, weil aller Wohlfahrt darauf beruhet. Regenten, Diejenigen Unterthanen sind ungluͤcklich, wenn solche Leute am Regiments-Ruder sitzen, die nicht wohl regieren koͤnnen; wenn es sol- che sind, wie der Phaëton, der die Welt wollte anbrennen lassen. Regenten lachet man aus, so den Wagen nicht zu regieren wissen. Diejenigen, so von ferne gestanden, da der Koͤnig in Schweden, Carolus XII. regieret, haben alle gesagt: Er sey zwar rex fortis, aber nicht prudens. Mir hat Buddeus selbst gesagt, der Koͤnig in Schweden habe gar nicht nach der Politic regiert. Er konnte sich nicht conservi ren, er war zu jurist isch, und meynete, er haͤtte Recht, das wollte er par force ausfuͤhren. Allein so wenig ein privat- Mensch gleich obtini ren kan, ob er schon eine gute Sache vor sich hat, so wenig kan es auch ein Princeps thun. Haͤtte der Koͤnig in Schweden lavi ren, sich gute Freunde machen, zu rechter Zeit abgehen koͤnnen, so wuͤrde er viel besser reussi ret haben. Alle PROLEGOMENA. Alle Menschen koͤnnen freylich nicht zum Regieren kommen, Ministres. doch braucht ein Fuͤrst viele Subaltern en, welche alle mit ad regi- men concurri ren. Offte thut der Ministre das meiste. Der Princeps ist bisweilen die Marionette, der redet, was der Mini- stre redet, und der Ministre spricht offt was sein Secretaire d’Etat saget. Die haben alle noͤthig, die Kunst regieren zu lernen. Quær. Wie ist das moͤglich, daß man in der Schule kan ler- Ob die Poli- tica auf Aca- demien koͤnne erlernet wer- den. nen, wie man soll weislich regieren? Vor diesen hat man die Poli- tic, wie alle andere philosophische disciplin en, nur tractiret wie ein Lexicon, da man die terminos explici ret, und dabey haben sie noch so einige Fragen mit untergemischet, von denen societatibus, woraus die regna bestehen ꝛc. Dahin gehoͤren die societates zwischen Mann und Weib, zwischen Eltern und Kindern, Herren und Knech- ten, hernach haben sie gezeiget, wie aus diesen dreyen societatibus, societas civilis entstanden. Sie haben gefraget: woher das Im- perium in civili societate komme? wobey sie die Woͤrter: Ari- stocratia, Monarchia, Democratia \&c. erklaͤret; drauf sind sie auf die virtutes kommen, und endlich zeigten sie, wie die Republic koͤnne dissolv iret werden. Das Hauptwerck aber, wie eine Re- public solle regieret werden, wie man die regalia exerci ren solle, haben sie weggelassen. Was ad illud totum universale gehoͤre, wird in Jure Naturæ gewiesen; aber wie man alles dieses gescheut employ ren muͤsse. e.g. wie vectigalia muͤssen angeleget werden, davon muß in der Politic gehandelt werden. Weil es aber negli- gi ret worden, so haben alle Leute, die auf pragmati sche Dinge ge- sehen, gesagt, die Politic haͤtte keinen Nutzen: hergegen, tracti ret man die Politic, wie es seyn soll, gehet man ad specialia, und be- weiset diese immer mit principiis rectæ rationis, nimmt auch in gewisser Maaß dazu die cognition der Menschen, so kan man dieselbe allerdings in praxi gebrauchen. Es ist viel, was man hier lernet, sed omnibus prodest, ex Was die Er- fahrung hier- bey wuͤrcke? usu rerum aliquid addi. Nicht anders, als wenn man das Jus in Schulen noch so gut gelernet, kan doch in praxi noch vieles dazu gethan werden. Die experientia thut also viel, aber nicht alles. A 2 Es PROLEGOMENA. Es kommt in der Politic theils an auf demonstrationes, theils auf futura; in futuris muß man callidissime koͤnnen conjecturi ren. Nun habe ich wohl nicht selbst regieret, aber wer einen bon sens hat, die Welt zu kennen, und die Historie weiß, der kan schon die Politic doci ren. Was die Hi- storie dabey nuͤtze? Die Historie ist ein Cabinet, darinnen man alles sehen kan, was passi ret; alle revolutiones, eventus rerum kan man da sehen. Man findet die Historiam sapientiæ \& stultitiæ, da siehet man, wer weislich und nicht weislich regieret. In Politicis kan man unter allen Buͤchern, des Hertii seine Politic am besten gebrauchen, welcher erst Politicam generalem, und hernach specialem tracti- ret. Die Spanier haben auch taͤgliche Politicos gehabt, worun- ter sonderlich der Antonius Perez gewesen, der dem Philippo in Spanien in vielen gerathen. Eine Politic wird freylich sehr mager, wo man keine Historie weiß: denn da kan man nicht so geschwind den Nutzen sehen. Puffendorff in seinem Tractat de Officio Ho- minis \& Civis hat auch generalia principia von der Politic; diese sind aber keinesweges hinlaͤnglich: denn ich muß da auch sehen, wie ich die Jura kluͤglich gebrauchen kan. Aristoteles hat schon die Frage aufgeworffen: ob junge Leute die Politic studi ren sollten? Er beantwortet solches mit Ja, und ist auch Cicero Lib. VI. Epist. 18. ad Famil. gleicher Meynung. Cicero recommendi ret sie dem Leptæ, einem noch jungen Menschen. Eben diesem gebe ich auch Beyfall: denn wer bald aufaͤngt dieses studium zu treiben, wird desto geschwinder abgefuͤhret von denen ineptiis, und præjudiciis. Er lernet den Enthusiastnum politicum vermeiden, welcher hoͤchst schaͤdlich und gefaͤhrlich ist. Hat einer aber die regulas prudentiæ begriffen, so thut er wohl, daß er dieselben sucht zu applici ren, und das complementum, nehmlich den usum, beobachte. Durch den usum wird alles polirt, lebendig: Der usus uͤberzeuget mir nur, was ich jetzo, in dieser station, gebrauche, nicht aber, was ich ins kuͤnfftige noͤthig habe. e.g. Es ist einer in Franckreich in gewissen negotiis gebrauchet worden, so kan er daselbst rool sein Amt fuͤhren; her- PROLEGOMENA. hergegen kommt er in die Schweitz, oder an einen andern Orth, da wird eine gantz andere Art connoisance erfordert, und wenn er da will reussi ren, so muß er sich die Sachen bekannt machen. Haͤtte der vorige Koͤnig in Schweden den Tuͤrckischen Hof gekannt, und ge- wust, daß der Groß- Vezier und Muffti Frippons von profession, so wuͤrde er gantz andere messures genommen haben. Denn bey den Tuͤrcken regieret der Geitz, wer da am meisten biethet, der gewin- net. Es sind daselbst auch allerhand changements; der wird heute stranguli ret, morgen ein anderer. Der Sultan ist selbst nicht sicher, und hat das Reich nur bisher durch Tyranney und Geschwindigkeit bestanden. Man lernet aber nicht allein in der Politic regieren, sondern Politica pri- vata. wie man sich conduisi ren soll, in allen societatibus. Ein jeder Mensch hat ja seine Politic, daher hat eben Weise in Zittau, den Politischen Feuer-Maͤuer-Kehrer, die Politische Troͤdel-Frau und anders mehr geschrieben. Er hat es aber dicis gratia gethan. Um dieses alles kan man sich hier nicht bekuͤmmern. Man nimmt nur die noͤthigen societates, worinnen alle stehen, oder wenigstens Hoffnung haben darein zu kommen. Das Hauptwerck aber wird gehen auf rempublicam. In der Politic consideri ret man die Menschen tanquam in morali loco consistentes. Ein jeder Mensch hat seinen locum moralem, daher muß er diesen locum suchen zu mainteni ren, und alle impedimenta aus dem Wege raͤumen; er muß in allen seinen Sachen suchen Ordnung zu halten. Ex illo ordine demum resultat felicitas. Ein Kauffmann mainteni ret seinen locum nicht, wenn er banguerout spielet. Ein Hauß-Vater gleichfalls nicht, wenn er seine œconomie ruini ret. Non tuetur locum ein Ministre, wenn er abgesetzt wird. Deß- wegen sagt man eben: Politica est ars tuendi \& conservandi sta- tum suum. Man haͤlt denjenigen nicht vor gescheut, welcher zum Thore hinaus gehen, der sein Handwerck verlassen muß. Alle klei- nen societates concurri ren mit ad felicitatem reipublicæ. Da- her muͤssen die kleinen societates ebenfalls so eingerichtet werden, daß ein jeder kan seinen Zweck erhalten. Magna civitas kan nicht A 3 be- PROLEGOMENA. bestehen, es muͤssen parvæ civitates \& societates da seyn; welche aber alle harmoni ren muͤssen mit der grossen societæt. Deßwe- gen sagt auch Hieronymus Osorius in einer oration an die Koͤ- nigin Elisabeth in Engeland: Es sey zu verwundern, daß sie so weißlich regieret, und alles so in guter Ordnung erhalten. Weil er aber Catholisch war, und ein Pfaffe, so sagte er, es fehlte ihr nichts mehr, als daß sie Catholisch wuͤrde. Was der ha- zard thue? Es koͤnnte aber einer sagen: mundus regitur opinionibus, es sey parva sapientia genug, und brauche man keine Politic. Das ist wohl wahr, denn es kan einer hincken, und doch wohl fort kommen; er kan dabey noch essen und trincken. Einer, der einen Buckel hat, kan sich noch kleiden, man machet das Kleid so, daß es etwas verdeckt wird, aber er machet doch keine sonderliche figure. Wir sehen auch, daß unordentliche Leute noch koͤnnen forthutschen, kommt aber ein Wind, so fallen sie uͤbern Hauffen, wie ein Charten- Haͤußgen. Man siehet also, daß es nur eine Zeitlang dauret. Wenn einer etwas in die Welt jucket, so wird er finden, daß Leute, welche vor 20. Jahren in gutem Stande gewesen, nachgehends in desordres kommen, sind abgesetzt, und invali den worden. Wenn man aber einen andern fragt, was er von einem solchen Kerl halte? so antwortet er: Es ist ein Tummrian, kein politicus, non con- servat statum suum, er hat seinen Posten nicht koͤnnen mainteni- ren. Wie wunderlich laͤst es nicht, wenn ein Koͤnig seinen Posten nicht kan mainteni ren, er wird ins Gefaͤngniß gesetzet wie Charles Sot in Franckreich. Das kommt alles von ihren Unverstand. Wenn mir also gleich einer was saget vom hazard, so antworte ich: Er dauret nicht. Und wenn gleich sich ein Exempel finden sol- te, daß er eine Zeitlang gedauret, da etwan der Mensch bald ge- storben; so sind es doch nur exceptiones. Wer will sein Leben nach denen exceptionibus einrichten, und alles auf einen hazard ankommen lassen? Wir sind ja nicht in die Welt gesetzt, daß wir sollen leben par hazard? Wenn einer gleich felix ist, deßwegen ist er noch nicht prudens. Bisweilen koͤnnen Umstaͤnde kommen, daß sich einer par hazard conservi ret, deswegen haͤlt aber nie- mand PROLEGOMENA. mand etwas von solchen Leuten; sondern man sagt: Es sind avan- turieurs. Solche Leute haͤtten muͤssen zu Grunde gehen, wenn nicht die Umstaͤnde von ohngefehr dazu kommen, nisi Deus ex machina venisset. Von uns Teutschen wird aber niemand was kluges reden, wenn wir sagen: Die Tuͤrcken haben bis vor Wien gestreifft, ja fast nach Regenspurg, und wir haben dieselben nicht weg geschlagen; denn in Teutschland war grosse confusion, und kamen die Pohlen noch per hazard zu Huͤlffe. Bayle in seinen Penseés diverses sur la Comete saget: Teutschland sey wie ein Schiff, welches kein gouvernement habe, und lieffe bisweilen in einen Hafen ein. Die Teutschen verlassen sich bestaͤndig auf einen hazard. Puffendorff saget in seiner Einleitung zur Historie gar wohl, man muͤsse nicht dencken, daß allezeit werde ein Gustav Adolph vom Himmel fallen. Der Kayser Ferdinand wollte alle Vortraͤge umschmeissen, da kam der Gustav Adolph aus Schwe- den und halff denen Teutschen. Es kan aber dieser hazard biswei- len aussen bleiben. Wie Franckreich Schweden nicht mehr konnte helffen, der alte Koͤnig starb und der Regent regierte so hat Schwe- den gar bald darnieder gelegen, und es wird um eine Zeitlang zu thun haben, ehe es sich wird wieder koͤnnen hervor bringen. Dicis: Es kommt doch vieles auf GOttes Vorsehung an. Respond. Es ist wahr, und was andere hazard nennen, glaube ich, daß es per providentiam divinam komme, denn hazard, fortun, sind leere Woͤrter, wie Clerc in seiner arte critica gewiesen. Was nun aber providentiam divinam betrifft, so ist zu Was Provi- dentia divina? mercken: daß GOtt nicht haben wolle, man soll die Haͤnde im Schooß legen. GOtt dirigi ret freylich alles, er ist allwissend; er hat seine Absichten, die wir nicht allezeit penetri ren koͤnnen; aber er will doch auch nicht haben, ut homines dormiant; sondern sie sollen ihre Vernunfft gebrauchen. GOtt ist auch nicht Urheber vom Regiment, daß es imperium necessario seyn muͤsse, au con- traire, Imperium ein malum; aber minus malum als confu- sio, welche seyn wuͤrde, wenn wir kein imperium haͤtten. Besser waͤre es, daß wir das imperium nicht haͤtten, sed postquam affe- ctus PROLEGOMENA. ctus nostri inceperunt tumultuari; ein jeder suchte nach seinen affect en zu leben, so ist am besten gewesen, daß man das imperium eingefuͤhret, damit nicht ein bellum omnium contra omnes ent- stehen moͤchte. Denn alsdenn ist keine Ordnung, kein metier, kein commercium, sondern barbaries, und wer die meiste force hat, unterdrucket die andern. Der Hecht verschlingt die kleinen pisculos. Also ist ein miserabler Zustand bey denen Menschen gewesen, da man kein imperium hatte. Wir wissen aber doch, daß kein imperium gewesen, und wie solches nachgehends entstan- den. Es ist bekannt, wie der Nimrod in Babel, woselbst das gan- tze Menschliche Geschlecht beysammen gewesen, procedi ret, wie er immer einen nach den andern unter sich gebracht, und daß endlich ein grosses regnum daraus entstanden. Weil wir aber das im- perium einmahl haben, so muͤssen wir auch wissen, es weißlich ein- zurichten: denn es ist wider der Menschen Natur, die Menschen wollen gerne ad naturalem libertatem, sie sind wie ein gespanne- ter Bogen, wenn man diesen hinstellet, und nach etlichen Tagen dar- nach siehet, so findet man, daß er sehr nachgelassen. Daher findet man auch, wenn gleich anfangs ein Regiment gut angeleget, man siehet aber nach etlichen Jahren wieder darnach, so ist hier eine con- fusio, dort eine. Es ist wie mit der Religion, wenn man gleich Leute findet, welche sehr fromm leben, so wird man doch nach etli- chen Jahren sehen, daß die compagnie sehr corrumpi rt, denn die Menschen kommen immer wieder ad naturalem instinctum, sie fallen immer auf das, was ihnen schaͤdlich ist. Gleichwie die Kin- der immer nach dem Licht oder Messer greiffen, und man sie schla- gen muß, wenn sie sollen davon ablassen; also muß man auch die Menschen zwingen, wenn sie sollen von etwas ablassen: doch muß es mit Verstand geschehen, sonst machen sie es wie die wilden Pfer- de, welche den Kopf zwischen die Beine nehmen, und den Reuther herunter werffen. Aristoteles Uber dessen Politic Michael Piccartus, Professor in Altorff treffliche Noten geschrie- ben, und solche mit exemplis hodiernis aus der Historie illustri ret. stellet eine artige comparaison an, und fraget, warum die Menschen nicht so waͤren, wie die Amei- sen, PROLEGOMENA. sen, Seneca hat eben die Frage, er hat aber nicht so gut daruͤber reflecti ret, als A- ristoteles: denn Aristoteles war ein penetrant er Mann. Hertius und Con- ringius allegi ren ihn auf allen Blaͤttern. Er hatte Erfahrung, weil er an Alexandri Magni Hofe war. In Griechenland waren vielerley Republiqu en, so er alle kennen lernen. und sagt: die Ameisen laborant in unum; sie haben com- munionem; keine nimmt mehr, als sie gebrauchet. Die Bienen sind eben so geartet. Die Ameisen haben keine affect en; es ist kei- ne ambitio; keine avaritia; keine voluptas; kein dominium da. Hergegen wenn wir Menschen wollten in communione leben, da ist einer ein Waͤscher, der andere ein Faullentzer, der dritte frißt drey mahl so viel, als die andern; also gehet es bey uns nicht an. Wir sind neidisch; wir wollen raisoni ren; wir wollen regieren. Diese artige observation des Aristotelis habe ich auch gebrauchet, da ich vor diesen uͤber den Hobbesium de Cive gelesen. Puffen- dorff hat ebenfalls die comparaison admiri ret. Es ist nicht gnug, daß man mercke, es gehoͤre hieher die Kunst zu regieren, son- dern es wird sapientia, prudentia (welche Woͤrter hier popula- riter promiscue genommen werden, sonst aber unterschieden sind,) erfordert. Also muß man auch wissen, was sapientia sey. Denn GOtt handelt nicht per miracula, das sind exceptiones: nach denen exceptionibus muß man nicht sein Leben einrichten, sonst ar- gumenti ret man a particulari ad universale. Estrarissimum, quod multi non credunt! Viele Leute glauben keine miracula, wiewohl ich das Gegentheil in der Politic gewiesen. Unterdessen ist doch gewiß, daß GOtt miracula nur thut ex specialissima ra- tione. GOtt hat ja eine Ordnung gemacht, darnach man leben soll. Prudentiam muß man als ein donum divinum ansehen, daher saget Conringius in seiner Prudentia civili: Prudentia est radius æternæ providentiæ, ein Strahl ewiger Weißheit, daraus man GOttes Weisheit erkennet, vid. Mons. le Clerc sur le bonheur \& malheur dans les lotteries. Wenn man auch den Salomon lieset, so findet man, daß er nicht gebethen um Gluͤck, sondern um Weisheit. GOtt hat freylich nicht gesagt: ihr sollt auf eure Vernunfft bauen, und mich aus den Augen setzen; sondern B weil PROLEGOMENA. weil sapientia ein radius æternæ providentiæ, so muß ich alle- zeit reflexion machen auf denjenigen, von dem der radius kommt. Weil nun aber ein GOtt uͤber uns, der allmaͤchtig, so behaͤlt er sich allezeit exceptiones fuͤr, und wenn wir es auch noch so kluͤglich eingerichtet haben, werden aber hochmuͤthig, setzen GOtt aus den Augen, so hat er Mittel uns zu stuͤrtzen. Prideaux ein Engelaͤn- der, welcher eine Historie de Juifs in Englischer Sprache, so aber auch ins Frantzoͤsische und Teutsche uͤbersetzet, geschrieben, und dar- innen sonderlich von allen Sachen handelt, saget, er habe mit Fleiß reflecti ret uͤber die Juͤdischen Sachen, und gefunden, man habe anfangs nicht geglaubet, daß die Juͤdische Republic koͤnnte uͤber den Hauffen gehen; aber es sey ein regnum Syriacum entstanden, welches erst klein gewesen, nachgehends aber viele uͤber den Hauffen geworffen, und groß worden, das habe denen Juͤden einen grossen Stoß gegeben; endlich aber waͤren die Roͤmer dazu gekommen, welche ihnen vollends den Rest gegeben haͤtten. Also siehet man, daß GOtt allezeit hundert Mittel hat, und ist es was natuͤrliches, wenn man sagt: Hoffart kommt vor den Fall. Denn GOTT widerstehet denen Hoffaͤrtigen. Ad hoc donum divinum ex- citamur in Politica: denn da kommt es nicht alles bloß auf eine weltliche Ordnung und Vorsehung an: vigilanz gehoͤret freylich dazu. Die Posten, so der Mensch hat, nimmt ihm der Baͤr, der Loͤwe, der Fuchs nicht, wir sind schlauer. Das Elend ist ein groß Thier; giebt man ihm aber einen Espen-Baum, den er kan abschee- len, so kan es ein Jaͤger mit leichter Muͤhe schiessen. Aber die Men- schen hindern uns, homo homini lupus. Hominum insidias muß man eviti ren, und da gehoͤret Weisheit dazu. Das ist gantz gewiß, homines callidi, versuti koͤnnen dem Menschen viel Scha- den thun, ob sie gleich nicht sapientes. Es ist kein Mensch ca- pabl er einen eher zu stuͤrtzen, als ein Narr, der langet die Castanien heraus, daher, wenn man am Hofe Leute stuͤrtzen will, so braucht man tumme Leute, welche angehetzet werden von denen gescheueten Leuten. Vor denen aller raffinir testen Leuten fuͤrchte ich mich auch nicht so sehr als vor denen Unklugen. Was PROLEGOMENA . Was nun die Buͤcher anlanget, welche man in Politicis ge- Subsidia an Buͤchern zum studio politi- co. brauchen kan, so ist obgedachter Hertius vor allen noͤthig, die Con- ringiana, nemlich die Prudentiam Civilem oder Politicam kan man auch wohl gebrauchen, denn Conring war gelehrter in der Politic, als in der Historie. Bœckler hingegen in der Historie gelehrter als Conring . Der stylus ist bey dem Bœckler so weit- laͤufftig, und macht er so viel Aufnehmens. Die propolitica des Conrings hat Herr Professor Bœhmer, Abt zu Luckum, von neuen edi ret. Hinten ist auch eine connoissence von denen neuesten Politischen Buͤchern dran, und auch von Pragmatischen Scriptoribus historicis. Ad Monarchiam kan man des Lipsii Politic gut gebrauchen, woruͤber auch sonst Bernegger und Bœck- ler Collegia gelesen. Io. Fridr. Reinhard, Cammer-Rath in Dreßden, hat einen trefflichen Commentarium daruͤber geschrie- ben, und schoͤne Sachen colligi ret. Ich habe offt auch Willens gehabt, uͤber den Lipsium zu lesen, weil er aber nur auf Monar- chiam gehet, und man Leute vor sich hat, welche auch ex Aristo- cratia, Democratia \& Statu irregulari sind, so habe ich solches unterlassen. B 2 Cap. Cap. I. De Natura Cap. I. de Natura \& Indole prudentiæ civilis. §. 1. Eintheilung der menschli- chen Handlun- gen. U Nser Autor zeiget in diesem §. daß unterschiedliche actio- nes hominum sind. Denn die Politic ist revera nichts anders, als ein Stuͤck von der Philosophia practica acti- va. Man nennet die philosophiam practicam nicht um deßwillen so, als wenn eine philosophia waͤre, die nicht activa, i. e. die man nicht sollte brauchen koͤnnen in vita humana, theils zu unserer Erbauung, theils auch zu Vermehrung derje- nigen Erkaͤnntniß, welche wir bereits haben. Es ist keine Mathematic, keine Physic, keine Metaphysic, welche man nicht sollte koͤnnen gebrauchen. Unnuͤtze Dinge lernen wir nicht. In dem Verstande kan man auch die Metaphysic, Philosophiam practicam nennen. Denn ratione finis bestehen solche nicht allein in einer blossen Theorie, sondern auch in einer praxi. Hier aber, wenn wir Philosophiam practicam davon unterschei- den, so sehen wir auf das objectum. In der Philosophia practica haben wir zu thun mit actionibus humanis, und ist die Philosophia practica uͤber- haupt eine connoissance von den menschlichen Handlungen, da ich hinge- gen bey der Mathematic, Physic \&c. keine actiones hominum zu consideri ren habe. Mit denen actionibus hat die Moral, Iurisprudentia naturalis, und Pru- dentia Civilis zu thun. Denn wir haben dreyerley actiones und auch drey partes, nemlich Ethicam, Ius Nat. und Politicam. Die Oeconomie schaltet man mit ein in die Politic, und ist eben nicht noͤthig, daß man dieselbe a part tracti ret; Doch ist sie sehr noͤthig, und hat der gelehrte Schottlaͤnder Donald- sonus in seinem Tractat sub tit. synopsis Oeconomica treffliche Sachen bey- gebracht. Bey denen Financen wird eine Oeconomie erfordert: deßwe- gen hat der Hertzog von Bethune seine Memoires l’Oeconomie royale genennet, worinnen er gewiesen, daß ein grosser Herr muͤsse ein Oeco- nomus seyn, sonst kan er sein Lebtage keine grosse Thaten thun. Das hat auch Cominæus observi ret, und sagt er, er habe zu seiner Zeit keinen grossen Herrn gesehen, der etwas ausgerichtet, woferne er nicht etwas geitzig gewesen. Man hat also actiones justas, honestas \& prudentes. Alle \& Indole prudentiæ civilis. Alle actiones, welche vorkommen, kan ich auf diese Art consideri ren. Einige brauchen hier das Wort decorum, welches ich aber nicht thue, weil solches diversas significationes hat, und muͤste man daher eine neue definition machen. Das Wort Prudenz ist bekannter, und machet einem keine solche dubia. Unser Autor distingui ret aber die actiones von ein- ander. Quær. Was ist actio justa, honesta prudens? Quando juste ago, so sehe ich nur: an aliquid legibus sit conforme, conveniens, und kan man denjenigen allezeit justum nennen, qui secundum literas \& sensum Legis actiones suas instituit, es sey auch, wer es wolle. Die actiones justæ sind also actiones legales. Es darff aber keiner dencken, daß der- jenige, welcher legaliter handele, vollkommen sey; Ein solcher ist der Un- vollkommenste. Der Schalcks-Knecht ist im Evangelio, welcher seinen debitorem nicht loß lassen wollte, bis er auch den letzten Heller bezahlete, war homo justus, er hat raisoni ret wie der beste Jurist. Die besten Juristen sagen: wer schuldig ist, der muß bezahlen, und wenn einer von hundert Thalern noch einen Heller schuldig ist, nondum liberantur fide- jussores, nondum liberantur pignora, bis daß alles bezahlet worden. Ob gleich also der Schalcks-Knecht justus gewesen, so wird keiner sagen, war er honette, tugendhafft, erbar. Daher ist was gantz anders actio ho- nesta, worinnen virtus steckt. Virtus aber ist eine vernuͤnfftige abundan- tia amoris; Denn virtus exerci ret sich alleine in amore. Der Schalcks- Knecht war nicht barmhertzig, er haͤtte sollen bedencken, daß die Men- schen bisweilen in decadence kommen, und man gegen solche muͤsse eine Liebe beweisen, ihnen was nachlassen. Wer also juristisch lebet, der ist eben noch nicht vernuͤnfftig. Iustitia ist der Anfang, aber mehr ist ho- nestum esse, talem prudentiam habere, daß man bisweilen kan seinem Recht renunci ren, und sanfftmuͤthig seyn gegen seinen Naͤchsten. Man muß nicht nur aͤusserlich juste, sondern auch vor sich caste, sobrie, temperanter leben. Das wird wohl nicht gestrafft, wenn man zu Hause nicht so- brie, temperanter lebet; unterdessen reden doch die Leute von einem sol- chen. Lebt einer nur aͤusserlich juste, der gehet allein nach dem Iure stri- cto, und ist nicht æquus, das Wort æquitas exprimi ret die Sache am be- sten, welches ich auch in meiner Moral gebrauchet. Die æquitas beste- het darinnen, daß sich einer muß abmessen gegen andere. Derjenige wird vollkommen, welcher æquitatis studiosus, er ist castus, temperans. Denn wie kan ein solcher andern Menschen dienen, welcher fruͤh Mor- gens sich schon vollsaͤufft, der im Bette Taback rauchet, oder der so ge- sinnet ist, wie der Graf von Goͤritz, welcher allen seinen Kindern feind gewesen, weil sie des Nachts nicht wollen mit sauffen: wovon man Nach- B 3 richt Cap. I. De Natura richt finden kan, in des Siegism. von Bircken Ehren-Spiegel des Hau- ses Oestreich. Wer temperans ist, dem gehen alle actiones besser von statten. Die temperantia aber gehet nur auf mich, nicht auf andere Leute. Hingegen æquitas zeiget an, daß ich mir nicht mehr tribui ren soll- te, als andern Leuten: deßwegen distingui ret sich die gantze Ethic, in Tem- perantiam \& æquitatem. Die æquitas war bey dem Schalcks-Knecht nicht, er haͤtte sollen dencken, was du willt, daß dir die Leute thun sollen, das thue ihnen auch. Auch bey einem thoͤrichten Menschen muß man æquitatem gebrauchen, denn ein jeder Mensch hat was weises, und was thoͤrichtes an sich, wie Boͤckler in einem Tractat von der Weißheit und Thorheit gewiesen. Also, wenn ich einen Menschen vor mir habe, der banquerout worden, soll ich da gegen denselben crudelis seyn? Sagt ei- ner, ich will ihn lassen zu Tode hungern. Da siehet man eben, daß keine Vernunfft in seinem Hertzen ist. Wenn ich nun aber auch justus, honestus, haͤtte abundantiam amoris bey mir, welche sich diffundi rte ad alios, ich waͤre auch temperans, so bin ich doch noch nicht vollkommen; auch nur vernuͤnfftiger Weise davon zu reden. Es wird noch etwas mehreres erfordert. Das nennet der Herr Thomasius, und andere, die seinen principiis folgen, decorum, weil aber das Wort decorum vielen æquivocationibus unterworffen, so nennen wir es prudentiam. Prudentia also erfordert was mehreres. Der Diogenes und alle Philosophi, Cyni- ci, qui alias erant rigidissimi virtutis custodes, haben sich wohl wenig æsti- me erworben. Publice enim concumbebant cum uxoribus, \& ventrem in publico exonerabant. vid. Mr. de la Motte le Vayer de la Vertu des Payens, welches ein unvergleichliches Buch, daraus man die Historie derer alten Philosophorum accurat lernen kan. Dieser schreibet von denen Cynicis, daß sie so raisoni ret: was einmahl erlaubet sey, das sey erlau- bet. Aber woher kommt es, daß man von dieser Philosophie so ver- aͤchtlich gesprochen? Gewiß von nichts anders, als weil sie nicht pruden- tes gewesen. Hingegen die Stoici ohnerachtet sie keine anderen Regeln der Tugend gehabt, als jene, werden doch geruͤhmt, weil sie prudentes wa- ren. Sie wusten sich durch ihre Tugend angenehm zu machen, und den contemtum abzulehnen. Hieraus kan man sehen, was prudentia thun kan. Man findet viel Leute, welche fromm leben; aber sie wissen die Kunst nicht, sich vor ihren Feinden zu huͤten, sie wissen ihr aͤusserlich Gluͤck nicht in der Welt zu machen, es fehlet ihnen an Klugheit, daher lamenti ren sie. Dicis: Wenn ich nur mein Gluͤck im Himmel mache? Ja, wenn ich schon droben waͤre, so aber muß ich in der Welt viertzig, funfftzig Jahr herum wandern; Daher wenn mir einer vorkommt ein Passa- \& Indole prudentiæ civilis. Passagier von fortune, ein Bettler, von dem kan ich ohnmoͤglich dencken, daß er prudens, die Bettel-Leute bethen freylich so, haben eine grosse Compagnie, aber sie sind nicht prudentes, sie wissen nicht den Weg zu finden, ut commode vivant. David hat nicht gesagt, man solle arm seyn, er sagt auch nicht, man solle nach Reichthum streben, aber im Mit- tel solle man bleiben. Medium tenuere beati! Wenn einer viel Guͤther gehabt, ist aber herunter kommen, hat niemanden etwas gethan, ja noch wohl vielen Leuten Gutes erwiesen, nichts desto weniger kan man von einem solchen Menschen nicht sagen, daß er prudens gewesen, er hat nicht gewust, seinen Posten zu mainteni ren. §. 2. Conservatio sui und conservatio status sui bestehet darinnen, Was Con- servatio sui heisse? daß einer seinen Posten mainteni ret, deßwegen saget eben Christian Weise in seinem Politischen Feuer-Maͤuer-Kehrer, wenn ein Feuer- Maͤuer-Kehrer zum Thore hinausgehen muß, der ist kein Politicus. Quær. Was heist conservare? Es ist kein Standt in der gantzen Welt, kein homo physice consideratus, keine composita mystica persona, welche nicht Feinde haͤtte, und da sich nicht impedimenta finden. Es sind viele im- pedimenta vorhanden von Natur, und viele werden auch gemacht von andern boͤsen Leuten. Von Natur: Denn die Erde traͤget nicht alles vor sich hervor; Das Graß waͤchset hervor, aber man brauchet doch fast noch eine culturam. Was wir am noͤthigsten gebrauchen, waͤch- set nicht vor sich, wir muͤssen saͤen. Es sind wenig Laͤnder, da der Wei- tzen vor sich waͤchset, doch giebet es dergleichen, wie der Baron Busbe- quius, welcher als Kayserlicher Ambassadeur nach Constantinopel gegan- gen, an einigen Orten in Ungarn gefunden. (Das ist auch wohl wahr- scheinlich, gleichwie man an vielen Orten findet, daß die Lilien auf dem Felde wachsen.) Ich muß also koͤnnen die impedimenta von Natur aus dem Wege raͤumen. Prima pars prudentiæ ist, tolle impedimen- ta, quæ circumstant. Das kan man nicht eher sehen, als wenn man will stabilem vitæ conditionem erhalten. Wenn wir auf Universit aͤten sind, so sind wir alle Bruͤder, und giebet es auch da schon manchmahl Krieg; man schlaͤget sich auch wohl einmahl herum, wo es Mode ist; aber es macht nichts, man vertraͤgt sich wieder. Hergegen wenn man Dinge suchet, man will heyrathen, so gehen erst die impedimenta an. Es sind wohl funfftzig Competent en, welche dir es nicht goͤnnen, einer sucht dich zu blami ren durch ein Maͤdgen, der andere durch seinen Patron. Ja, wenn du auf einen Posten bist, so suchen sie dich wieder herunter zu stuͤrtzen. Mit der Republic ist es eben so, je mehr sie steiget, je mehr beneidet man sie. Der Czaar hat ungemeine Progress en gemacht, aber man Cap. I. De Natura man gebe acht, wie andere wegen ihn vigili ren. Daher siehet man, daß die Prudentia eine grosse Vorsichtigkeit erfordert: Keine Vorsichtigkeit aber ist sine vigilantia. Deßwegen saget man eben beym Muͤßiggang, bey der Wollust ist keine vigilantia. Der Koͤnig Friedrich tantzte noch eine courante, wie die Schlacht beym weissen Berge geschahe, hernach muste er aber uͤber Halß und Kopff fortgehen. Die geringsten Handwercks- Leute muͤssen auf ihre Post acht geben. Namfigulus figulum odit. Es gehoͤ- ret aber noch etwas ad prudentiam. Denn bisher ist nur gezeiget wor- den, wie einer negative muͤsse acht geben, daß mir keiner ein Hinderniß in Weg lege. Ich muß aber auch noch etwas thun. Freunde muß ich mir machen. Das thut auch ein Pseudo-Politicus, nur, daß bey ihm die Freundschafft auf keinem festen Grunde stehet. Man siehet, daß ein solcher Pseudo-Politicus imiti rt den verum Politicum. Denn alle Men- schen wollen nicht als Scelerati und Boͤse angesehen werden. Hiero- nymus Osorius raisoni ret in seinen Schrifften gar artig hievon, und saget: Die Tugend muͤsse doch was sonderliches seyn, weil revera die- jenigen, so nur astuti waͤren, die Tugend doch zu imiti ren suchten. Sie gehen einher in Schaafs-Kleidern, inwendig aber sind sie reissende Woͤlf- fe. Callidi itaque non solum cavent sibi, sed etiam quærunt amicos. Nur halten sie so laͤnger Freundschafft, als es noͤthig, hernach negligi- ren sie solche wieder. Sie machen sich nichts daraus, wenn gleich ihre Freunde sollten zu Grunde gehen. Wer gluͤcklich leben will im Regi- mente, der muß es eben so machen, quærat amicos. Daher haben wir an dem Koͤnig in Franckreich Louis XIV. gesehen, daß wohl alle auf ihn loß gefallen: Denn er hat keine pacta gehalten, wie der Tuͤrcke. Und weil man bey solchen Leuten am besten thut, wenn man den Krieg con- tinui ret, so hat man es auch bey dem Koͤnige in Franckreich gethan, wel- cher dadurch endlich uͤbern Hauffen geworffen worden; indem er nicht Zeit gehabt sich zu aggrandi ren. Anfangs regierete der Koͤnig in Franckreich, da er gescheute Ministres hatte, aber wie er hernach einen naͤrrischen Ministre bekam, so war es aus; und sind alle froh gewesen, daß er ge- storben. Ich bin ja nicht alleine in der Welt, sondern viele tausend andere sind noch da. Das ist die Ursache, warum ich muß auf andere sehen, das ist das complementum philosophiæ practicæ, auch Iurispru- dentiæ, wie schon Modestinus ICtus gemeynet, welcher sagt: Der sey der beste Jurist, der cautel en machen koͤnnte. Man muß seinen Stand suchen zu conservi ren. Non minor est virtus, quam quærere, parta tue- ri. Will einer Freunde haben, so muß er dasjenige von sich ablehnen, was andern verhaßt und verdrießlich ist; was Freunde abschrecken kan. Daher \& Indole prudentiæ civilis. Daher wird ins kuͤnfftige gewiesen werden, wie die Hoͤflichkeit, oder die complaisance erfordert werde, daß ich mir Freunde mache. Die Freun- de werden durch die complaisance gewonnen, daß sie sich artig und ge- nauer mit mir conjungi ren. Daher muß man wissen, wie man sich in Geberden, Reden, Kleider-tragen in acht nehmen muͤsse; damit man nicht etwan sich durch solche nicht nur keine Freunde, sondern vielmehr Feinde zu wege bringe. Weil nun einige Doctores gesehen, daß dieses in Politicis muß gezeiget werden, so haben sie gemeynet, es bestehe die Politic eintzig und allein darinnen. Allein ob wohl nicht zu laͤugnen, daß solches davon ein Stuͤck mit ist, so kan man es doch eben nicht vor das Hauptwerck ansehen: Vielmehr ist es nur eine Suite. Alle Men- schen kan man freylich nicht zu Freunden haben; aber der gar keine Freunde hat, ist unverstaͤndig, und wird bey ihm statt finden, was Pli- nius sagt: inopia amicorum ipsum perdit. Damit man aber nur ein Exempel sehe: so ist zu mercken: Derjenige wird sich keine Freunde ma- chen, welcher ein homo sordidus, dem die Lichter zur Nase heraus han- gen, denn die Leute haben einen Eckel, wenn sie ihn sehen, sie lauffen vor ihm, als wie die Holtzschreyer vor den Eulen wegfliehen. Deßwegen muß man die Leute von Jugend auf darzu gewoͤhnen, daß sie dasjenige vornehmen, was andern Leuten gefaͤllt, weil ihnen dran gelegen, daß sie Freunde bekommen. Das sind lauter differente Sachen, so man bey der Hoͤflichkeit saget und nichts boͤses, daher kan sie ein jeder thun. Wenn ich alleine bin, kan ich thun, was ich will; bin ich aber in compagnie, so muß ich dasjenige dissimuli ren, was ich sonst thue, wenn ich alleine bin. Wer will wohl uͤberlaut lachen in compagnie. Es ist tœdiös. Wenn man auch einen Kerl nicht leiden kan, so wird man allezeit einen Indicem seiner Fehler anzeigen koͤnnen. Das ist eben ein Anzeigen, daß der Kerl unverstaͤndig. Sagt einer: was scheere ich mich drum, ob al- les so accurat ist, das ist ein homo indecorus, der keinen Verstand hat. Man muß aber auch wissen, den Unterscheid inter prudentiam \& sapien- tiam, daher ist zu mercken, prudens cavet, und also supponi ren wir ein malum, quod cavemus seu removere gestimus. Das geschiehet nicht sine intelligentia mali: Denn dum impedimenta perspicio, cognosco ma- lum, welches ich suche zu removi ren, \& tunc consequor bonum. Da- her thun die ambitiosi, welche in diesem Stuͤck die veros prudentes imi- ti ren wollen, obgleich sonst ihr Scopus nichts tauget, recht, daß sie im- pedimenta removi ren. Ein Ehrgeitziger ist wie die Mutter der Kinder Zebedaͤi, welche haben wollte, es sollten ihre Kinder zur Rechten sitzen, und sahe nicht auf das, was im Wege stunde. GOtt ist allein perfe- C cte Cap. I. De Natura cte sapiens, der braucht auch keine cautiones, malum ipsum non attin- git. Sagt man aber in der Welt von einem Menschen, daß er sapiens, so verstehet man nur so viel, daß er diejenige Vollkommenheit habe, welche ein Mensch haben kan. Er ist wie derjenige, den man fromm nennet, und von Boͤsen nichts weiß. Sapiens bonum sectatur. Daher hat sich Herr Thomasius in seiner Iurisprudentia Consultatoria angelegen seyn lassen, die Sachen alle auseinander zu setzen, was sapiens, prudens, astutus sey. Sapientem hat er eben so beschrieben, daß er bonum in ab- stracto consideri re; Prudentes aber wissen die Mittel zu finden, ut ne malum ipsis obstet. Simplex ist nicht prudens, weil er nicht kan die im- pedimenta removi ren, und ob er gleich kein boͤser vor sich ist, so kan er sich doch nicht huͤten vor der Boͤsen insidiis. Alle Menschen aber sind umgeben mit boͤsen Leuten: Semper mala circumstant. Et sic perit sim- plex, weil er die impedimenta nicht removi ren kan. Deßwegen siehet man, daß mancher Mensch wohl fromm ist, er weiß sich aber nicht zu huͤten; daher hat er immer Schaden, welchen er doch eviti ren koͤnnte, per media licita. Dieses letztere sage ich mit Fleiß; Denn derjenige, so illicita media gebrauchet, ist nicht simplex; er ist aber auch nicht pru- dens. Bey einem solchen heist es: si jus violandum est, regnandi causa violandam; ceteris pietatem colas. Er suchet die impedimenta zu remo- vi ren per violentiam, per fraudes; er ist homo astutus: Die Mittel aber taugen nicht. Daher wird sein Wesen nicht lange bestehen; er conser- vi ret sich nur auf eine Zeitlang, wie der ungerechte Haußhalter, zuletzt gehet er zu Grunde. Die Welt erkennet endlich seine media illicita, und werden ihm alle Menschen feind: deßwegen findet man nicht leicht, daß ein homo versutus ein gut Ende genommen. Von Natur hat frey- lich ein solcher Mensch Verstand gnug, er verstehet auch, daß man die impedimenta aus dem Wege raͤumen muͤsse; aber er gebrauchet keine rechte Mittel, er ist ein frippon; ein fourbe: Indem er Boͤses thut, so kommt endlich sein Boͤses an den Tag. Lebet er in statu naturali, tan- to facilius perit: Denn in statu civili kan man seine Mittel und An- schlaͤge eher heraus bringen. Ein callidus kommt also einem prudenti sehr nahe. Beyde suchen Freunde, aber ratione mediorum ist ein gros- ser Unterscheid: prudens hat media licita, welche nicht contra pietatem, \& contra honestum sind. Daher wenn man pragmati sche Historien liesset, so muß man allezeit acht geben auf schlaue, listige Leute, da wird man finden, daß dieselben allezeit ein schlecht Ende genommen. An- fangs siehet es gluͤcklich aus, wie mit dem Hamann; aber zuletzt wur- de er gehangen. Was ist das aber fuͤr ein Gluͤck, wenn ich alt werde, und \& Indole prudentiæ civilis. und fructum laborum meorum sehen soll, da gehe ich zu Grunde. Das ultimum refugium solcher Leute, die ungluͤcklich werden, ist, daß sie sa- gen: wir muͤssen gedultig seyn, und es unserm HErr GOtt uͤberlassen. So machte es der Johann Friedrich in Sachsen, welcher keine pruden- tiam hatte, er haͤtte sollen rechte Mittel gebrauchen, vigilare, Prudentes muͤssen das bonum in abstracto verstehen, aber auch zugleich das malum, damit sie es koͤnnen removi ren. Prudentiam defini rt kein Mensch also, wie gedacht worden. Aber daß alle Autores Sapientiam und pruden- tiam so unterscheiden sollten, findet man nicht. Unterdessen siehet man doch, daß man es artig auf diese Art separi ren kan. Daher lese ich auch die Buͤcher gerne, wie Thomas Morus seine Utopiam und Companella seine Rempublicam Solis geschrieben: Thomas Morus war ein gelehrter Mann, der unter Henrico VIII. in Engeland auf dem Echaffaut sterben muͤssen, aber es ist ihm hoͤchst unrecht gethan, wie Levireus in seiner Historie d’Angle terre gewiesen. Diese setzen, wie der Mensch leben solle, und was ein homo summe perfectus sey, alsdenn kan man sehen, wie weit wir von der perfection abgegangen sind. Wir muͤssen freylich sehen, daß wir per media licita zu einem vollkommenen Grad ge- langen, aber zur hoͤchsten perfection koͤnnen wir nicht gelangen. Wer solche Leute, wie sie Morus und Campanella beschrieben, haben will, muß in Himmel ziehen, in der Sonne, in denen Planeten moͤgen auch viel- leicht solche vollkommene Leute seyn, aber bey uns sind sie nicht. Non nascimur regeniti; sondern wir werden es erst, es gehoͤret Kunst dazu. §. 3. 4. 5. Man koͤnnte specifice auf alle Staͤnde gehen, aber Daß die Poli- tica sich auf alle Staͤnde extendi re. wir consideri ren hier nichts, als statum civilem. Unser Autor sagt auch, daß einige bloß auf rempublicam gegangen; aber er meynet, man muͤs- se auch auf die andern status sehen, denn in Republica kommen allerhand status vor, domini, servi, liberi, \&c. allerhand Professiones. Dieses nimmt man en passant mit, keines weges aber, daß man von jedem Stande wollte eine besondere tractation machen. Man siehet aber hieraus, daß die Politic auf alle Staͤnde gehet. Hauptsaͤchlich gehen wir ad Rempu- blicam, und consideri ren, wie die Respublica zu conservi ren. Handeln aber zugleich de removendis hostibus externis \& internis. Weil nun sonderlich auf Rempublicam gesehen wird, so nennet man auch Politi- cam Prudentiam Civilem, wie Hertius sein Buch tituli ret, welcher hier am besten zu gebrauchen: Denn es ist fast keine Memoire, die er nicht excerpi ret hat. §. 6. Hier zeiget nun der Autor, daß das vocabulum Politices Unterschiedene Bedeutung des Worts Politica. vielen significatibus und æquivocationibus unterworffen. Die æquivo- C 2 catio Cap. I. De Natura catio hujus vocabuli verursachet, daß nicht alle die Beschaffenheit der Disciplin eingesehen, und eben deßwegen haben sie dieselbe nicht viel geachtet. Denn quotus quisque est, qui illam definitionem, quam po- fuimus, ita consideraverit, da wir gesagt: Die Politica sey eine Kunst, seinen Stand zu conservi ren, kluͤglich zu regieren, alle impedimenta zu removi ren, und sich Freunde zu erwerben. Viele meynen, die Juristen waͤren nur Politici: quasi vero politica esset Iuris peritia. Allein ein an- ders ist juris peritum esse, ein anders Iuris prudentia civili conspicuum esse. Es ist wahr: Wenn einer consideri ret Ius, quatenus ex regulis prudentiæ profluxit, so gehoͤret auch Iurisprudentia Legislatoria dahin; aber wie wir heut zu Tage das Ius tracti ren, so haben wir nur Iurispru- dentiam judicialem; wir interpreti ren die Leges. In dieser considera- tion ist die Juristerey kein Stuͤck von der Politic. Derjenige, welcher kan sagen, dieses stecket im lege, der ist deßwegen nicht prudens; au con- traire, er ist offt sehr ungeschickt ad Leges ferendas. Daher hat auch Puffendorff nicht unrecht, wenn er sagt: Sachsen hat etliche secula durch gute Juristen, aber in hundert Jahren wenig rechte Politicos gehabt: da- hingegen Brandenburg bessere Politicos habe, welche die kluge admini- stration derer Regalium gar wohl verstanden, und durch derselben Rath ist auch das Land in kurtzer Zeit sehr aggrandi ret worden. Viele ha- ben gemeynet, Politica waͤre, quando quis loco, tempori, \& personæ servire possit, wenn einer sich in die Zeit schicken koͤnnte. Das ist frey- lich gut, und muͤssen es auch Theologi observi ren. Daher handelt Bud- deus auch in seiner Theologia morali mit von der Prudentia Ecclesiastica, wie die Clerici sich gegen einander sollen verhalten. Aber das ist nicht gnug; Ein Clericus muß auch von der Politic wissen, wie wir sie hier tracti ren: Denn er gehet auch mit andern Leuten um, und nicht mit lau- ter Clericis. Ein Politicus muß koͤnnen simuli ren, und dissimuli ren, wel- ches auch der Theologus thun kan. Beym Suͤnder darff freylich der Geistliche nicht simuli ren, und dissimuli ren, wenn es darauf ankommt, daß er ihn will convinci ren; und doch muß er es auch da wissen klug anzufangen, wenn er will etwas ausrichten. Ja, wenn wir mit lauter frommen und erbaren Leuten zu thun haͤtten, so wuͤrde derjenige ein ar- tifex omnis doli seyn, welcher sagen wollte, esse simulandum \& dissimu- landum. Aber da die Menschen nicht so beschaffen, sondern wenn auch nur zwey oder drey beysammen, so ist schon ein hostis dabey; so zwin- get uns allerdings die Noth, ut simulemus \& dissimulemus, und kan einer nicht sogleich mit der Wahrheit heraus platzen. Diejenigen auch, wel- che in Theoria sagen: man solle nicht simuli ren und dissimuli ren, zeigen in \& Indole prudentiæ civilis. in praxi das contrarium: Denn sie sehen, daß es nicht zu eviti ren ist. Wenn ein Fuͤrst auf etwas absurdes faͤllt, so wird man nicht gleich so heraus sagen: Er muͤsse solches nicht thun; wer es so frey heraus saget, wuͤrde sich vielmehr Tort thun, und nichts ausrichten. Sondern er muß sehen auf die Gelegenheit und Zeit, und es mit Maniere beybringen. Wer das nicht thut, ist ein Enthusiast: Denn das ist ein Enthusiasmus Politicus, wenn man nicht will simuli ren und dissimuli ren, sondern alles gleich heraus sagen, da kommt einer in einen Zelum, welcher ihm und andern Menschen nichts nutzet; sondern vielmehr schaͤdlich ist. Man kan nicht alles nach seinem Kopffe machen. Wir wissen freylich wohl, was recht und unrecht ist; aber wir haben homines potentes vor uns, bey welchen man nicht kan so heraus eyfern, es muß par addresse geschehen, sonst lachen sie uns aus. Wenn man sich also lernet in die Personen, und in die Zeit schicken, so ist das keine ars fallendi; aber Intrigu en muß ei- ner nicht suchen dabey zu machen. Derjenige, der das tempo ab- passet, muß freylich auch morum elegantiam haben, und ist mo- rum elegantia eine conclusion, welche aus der Politic kommt, aber sie absolvi ret nicht prudentiam civilem. Mancher hat ein Exterieur, daß die Leute von ihm eine gute opinion bekommen; aber es fehlet ihm noch an der Secunda Petri. Derjenige, welcher nur das blosse exterieur hat, kan nicht besser als mit einem Buche verglichen werden, welches schoͤn eingebunden ist, aber inwendig ist der Eulenspiegel. Die Kleider, die gestus koͤnnen einen andern choqui ren, daß er einen Eckel vor mir bekommt, alsdenn werde ich keine æstim, und keine Freundschafft erhal- ten. Omne ridiculum, omne tædiosum removendum. Darum heist es: Si tu eris Romæ, Romano vivito more. CHristus hat sich selbst geklei- det, wie die Juden gegangen. Derjenige ist ein stultus, welcher suchet neue Moden aufzubringen; der es aber nachmachet, wenn es andere thun, ist kein homo vanus. Separ ire ich mich in der Kleidung von andern Leuten, und will die Mode nicht mitmachen, so bleiben alle Leute stehen, und sehen mich an, ja zuletzt lauffen gar die Jungen hinter mich drein. Hertius hat in seinen Elementis prudentiæ civilis noch mehrere æquivo- cationes. Er hat gewiesen, daß man bey denen Griechen die Huren poli- ticas genennet, von dem Griechischen Wort πολύς: denn die Huren sind von einer Stadt zur andern gereiset, ut corpore quæstum facerent. In Corinth war eine schoͤne Hure, welche sich aber theuer bezahlen ließ, daher das Sprichwort entstanden: non cuivis licet adire Corinthum. Viele Theologi brauchen diese Redens-Art, wenn sie aber den Ursprung wuͤsten, wuͤrden sie es nicht mehr thun. Zu C 3 Zei- Cap. I. De Natura Zeiten des Mazarini waren in Franckreich die Schleuderer oder Fundito- res, welche wider den Mazarin waren, und ihn zu stuͤrtzen suchten, andere waren auf Seiten des Mazarini; Diejenigen aber, welche indifferent waren, und es mit keinem von beyden hielten, hat man Politicos genennet, das sind aber alles abusivæ significationes. Eintheilung der Politicæ. §. 7. 8. 9. Die Politica wird eingetheilet in architectonicam \& administratoriam. Bey der administratoria werden auch wieder zweyer- ley respectus vorkommen. Was Politicam architectonicam betrifft, so ist zu mercken, daß Joh. Fried. Hornius, welcher in Wittenberg doci ret, eine artige Politicam Architectonicam geschrieben, woruͤber Achilles Ep- stein, Prof. Giess. schoͤne Noten geschrieben, man hat auch Noten daruͤber von einem, Nahmens Simon Kuchenbecker, welche aber nichts taugen. Architectus wird genennet, der etwas bauet, oder verfertiget, daher nen- net man Politicam Architectonicam, welche zu thun hat mit der exstruenda civitate, quomodo exstrui debet. Ingleichen kan man Politicam Archi- tectonicam nennen, was andere ein Jus Publicum universale nennen, oder wie es Huber nennet, Jus Civitatis, worinnen sie gewiesen, was ad sta- biliendam rem publicam gehoͤret. Dergleichen Politicam Architectoni- cam haben wir auch bey dem Puffendorff de Officlo hominis \& civis. Ein Student muß freylich auch dahin sehen, daß er wisse: quomodo impe- rium ortum? in quo subjecto inveniatur? wie viel subjecta seyn koͤnnen? Hievon hat auch Grotius in seinem Jure Belli \& Pacis abgehandelt. Hier bey der Politic sehen wir mehr auf administrationem Politices, wie man die Jura Majestatica soll wohl administri ren, auf Seiten des Principis. Ingleichen weil man in der Politica Architectonica tractiret von denen Officiis parentium \& subditorum, so zeiget man auch, wie Subditi pru- denter sich sollen verhalten. In der Politica Architectonica zeiget man nur das Jus; das Jus aber muͤssen wir nicht bloß suchen in acht zu nehmen. Denn in der Welt koͤnnen wir nicht allemahl nach dem Jure Stoico leben: Denn die Richterliche Conduite und Advocaten-Conduite ist sehr schlecht. Daher kan man auch solche Leute selten in Staats-Sachen gebrauchen. Ein anders ist Recht sprechen, ein anders aber salutem publicam con- servare, hostes declinare. Man kan diese Politicam Architectonicam zu- gleich mit der Administratoria tractiren, wie Hertius in seiner Prudentia Civili gethan. Denn in parte generali handelt er de politica Archite- ctonica, in parte speciali, de Politica Administratoria. Er hat auch hin- ten einen Extract gemacht, aus dem ersten Theil, woruͤber man lesen koͤnte. Es waͤre gut gewesen, wenn er auch von dem Parte II. ein solch Compendiolum gemacht, alsdenn haͤtte man koͤnnen daruͤber lesen. Un- ser \& Indole prudentiæ civilis. ser Autor aber meynet, es sey besser, wenn man nur regulas prudentiæ tractire, und so hat er es auch ausgefuͤhret. Wenn wir ein Jus maje- staticum werden betrachten, so werden wir allezeit sehen, was Juris. Da also Politica Architectonica, auch wird kuͤrtzlich abgehandelt werden, hernach kan man leicht regulas prudentiæ geben. Das ist viel nuͤtzlicher in der Politic, und sind da die schoͤnsten considerationes, wovon im Puffen- dorff nichts gedacht wird. Daher irren sich diejenigen, welche meynen, man koͤnne das alles aus dem Puffendorff lernen; denn er hat gar nichts davon, es muͤste denn solches einer, wenn er druͤber laͤse, einschalten, als- denn waͤre es aber ein allotrium. Man kan freylich alles in ein Buch drucken, aber es ist besser, wenn man es separi ret, damit man sich nicht confundi ret. Wollte einer die Politicam weitlaͤufftig machen, so koͤnte er alle Staͤnde tractiren, die werden aber nur hier attingi ret. Wir wer- den also hier nur Doctores, Mercatores beruͤhren, weil sie eine connexion haben mit der Republic. §. 10. Man muß sehen: Ob man in politicis demonstrationes Ob man in der Politic de- monstrationes habe? habe? Es wird supponi rt, daß einer weiß, was demonstratio sey. Man nennet demonstrare, rem per causam cognoscere, daß es nicht anders seyn kan, ich bin alsdenn certissimus. (welches weitlaͤufftig in der Logic ausgefuͤhret wird) Ich muß einen per causas koͤnnen uͤberfuͤhren, daß er mir Beyfall giebet. Denn es ist der Mensch so beschaffen, daß, wenn er von einer Sache uͤberzeuget ist, so muß er Beyfall geben, und wenn er auch gleich aͤusserlich saget, er verstehe es nicht, so ist er doch in seinem intellectu uͤberfuͤhret. Man nennet demonstrare auch scientiam, denn scire heist per causas cognoscere. Die muͤßigen Doctores haben disputi ren wollen, ob es in Politicis demonstrationes gebe? Ich sage: ja, und hat auch Conringius in seiner Prudentia Civili gewiesen, quod dentur demonstrationes in politicis. Silhon, welcher Secretaire bey dem Mazarin gewesen, und sonst einen Tractat le Ministre d’Etat geschrieben, hat auch eine Dissertation gemacht, de la Demonstration morale, worinnen er eben- falls gewiesen, daß man allerdings in politicis demonstri ren koͤnne. Man kan freylich in der application der Politic leicht fehlen, gleichwie man auch in der Mathesi findet, daß ratione applicationis viele Fehler vorge- hen koͤnnen: unterdessen wird niemand sagen, daß man in Mathematicis keine demonstrationes habe. Diejenigen, welche keine demonstratio- nes in moralibus admitt iren wollen, fuͤhren auch die raison an, weil man in moralibus keine lineas, numeros und unitates connexas faͤnde. Grotius selbst hat gemeynet, man koͤnne da nicht so demonstri ren, wie bey den Ma- thematicis, weßwegen er auch von vielen reprehendi ret worden, daß er sich durch Cap. I. De Natura durch die Aristotelicos lassen einnehmen, und gesagt, es waͤren hier con- tingentia, und wo contingentia waͤren, koͤnte man nicht demonstri ren. Wenn man aber consideri ret, was Lock in seinem Tract. de Intellectu humano von der demonstratione morali beygebracht, so kan man leicht fertig werden. Es ist wahr, in der Moral hat man keine Ziffern, keine Linien ꝛc. daher ist gewiß, daß demonstrationes mathematicæ leichter sind, als mo- rales. Denn in mathematicis demonstrationibus habe ich alles vor mir, ich kan alles leicht uͤbersehen, und ist keine difficultas, keine obscuritas vorhanden; das ist aber nicht in moralibus. Da sagt eben Lock, was in Mathematicis sind Linien, numeri, Ziffern, das ist nur in der Moral, das Wort und die definition des Worts. Wenn ich das Wort allezeit in dem significatu gebrauche, so ist es nur so viel als eine Ziffer. Aber freylich ist dieses schwer; denn mit denen Worten verbinden wir unsere Ideas, e. g. das Wort Luxus kan ich nicht so leicht erkennen, als 1. 2. 3. 4. So bald ich weiß, was 1. ist, so kan ich die andern Ziffern leicht per additionem heraus bekommen: aber der conceptus von dem Worte Luxus ist schwerer heraus zu bringen. Habe ich es aber einmahl verstanden, so muß ich hernach die Ideam aufbehalten, da ist es einerley, ob ich die Ziffern 2. aufbehalten, oder das Wort Luxus. Aber solches zu erui ren, dazu gehoͤret eine grosse etenduë des Verstandes. Deßwegen sind eben die mathemat ischen disciplin en die leichtesten, und faͤnget man auch am ersten an, die Mathematic zu tractiren, in welche sich auch alle mathe- mat ische disciplin en resolv iren. Man saget von dem Vauban, daß der- selbe nur ein guter Rechen-Meister gewesen, wie er ein Soldat worden, das uͤbrige habe er alles vor sich gelernet, da er doch ein trefflicher Geo- metra gewesen, auch vieles in der Theorie præsti ret. Von einer in Mo- ralibus einmahl gefaßten Idee, muß man nicht abgehen, sonst ist es eben so viel, als wenn ich vor 2. 3. setzen wollte, alsdenn wuͤrde ich sehlen. Wenn ich nun die proposition habe: Luxu perduntur civitates, da ist das Subjectum civitas, perduntur luxu ist das Prædicatum. Will ich solches verstehen, so muß ich wissen, was civitas sey? Civitas ist eine multitudo hominum, welche ein Imperium agnosci ren, einen finem haben, nemlich daß sie wollen tute agere, sie thun das, was der Imperans saget, voluntas Principis ist auch subditorum voluntas. Ich muß auch verstehen, was heist luxu perdere, i. e. non amplius consistere, sie gehen wieder aus ein- ander, sie koͤnnen nicht in dem vinculo bleiben, und den statum nicht con- serv iren. Luxus ist idea ad modum composita, das macht uns eben Muͤhe solche zu erui ren. Da muß man sehen, was die Leute darunter verstehen. Luxus supponi ret mir, daß einer mehr isset, als er braucht, mehr \& Indole prudentiæ civilis. mehr trinckt, als er vonnoͤthen hat, mehr operi rt, ratione generationis, als noͤthig ist. Fleisches-Lust, Augen-Lust, hoffaͤrtiges Leben ist darun- ter begriffen. Nun ist die Frage: Ob es wahr sey, daß eine civitas, welche einen scopum hat, sich zu conserviren, nicht bestehen koͤnne, si irruat luxus, wenn jederman frißt, saͤufft, huret. Also muß ich beweisen, daß sie nicht koͤnne bestehen, ich muß auf causam sehen: denn demonstrare heist per causas cognoscere. Die causa ist, wer frißt, saͤufft, huret, schlaͤfft, der ist liederlich, er ist securus, und lebet freylich, als wenn kein Mensch da waͤre, so ihm schaden koͤnte, also wird er imbellis, unordentlich, er bekuͤmmert sich nicht, wie er sich conservi ren will, es ist nihil masculi bey ihm: denn masculus fortis ist vigilantissimus. Bey jenen aber heist es, wie Virgilius saget: Vino somnoque sepulta est civitas, die andern civi- tates aber, so neben uns sind, sind das unsere guten Freunde? Ist der Tuͤrcke, der Frantzose, unser guter Freund? Nein, sondern sie sehen nur auf alle Gelegenheit, wie sie sich koͤnnen aggrand iren, und ihre Nachbarn verschlucken; sie fuͤrchten sich aber nicht fuͤr uns, wenn wir in desordre sind, vielmehr sind sie vigilant, haben munition, proviant, sind exerci- ret; wir aber haben keine Waffen, keinen proviant, sind nicht bellicosi, da kan es nicht anders kommen, als daß wir muͤssen uͤber den Hauffen gehen. Wie Roderich in Spanien regieret, da die Mohren heruͤber kommen, so hatten die Spanier noch in Africa die Vestung Ceuta, wo- selbst sie einen Gouverneur touchi ret, indem er seine Tochter stupri ret, daher uͤbergab derselbe Ceuta an die Mohren, und sagte: in Spanien sind sie se- curi, da giengen die Mohren heruͤber, und brachten Spanien unter sich, weil daselbst homines inexercitati waren. Wollten die Spanier keine Saracenen werden, so musten sie alle davon lauffen. Diejenigen, welche noch tapffer gewesen sind, haben sich nach Asturien, Arragonien und Na- varra reteri ret; das uͤbrige hatten alles die Mohren. Dieses hat al- les luxuria in curia verursachet. Wie Philippus II. Portugall einbekom- men, ist eben luxuria, dran schuld gewesen, das ist die demonstration, welche aus dem luxu fließt. Der Tuͤrcke passet auch nur auf, wenn Lermen in Europa ist, siehet er nun, daß Unordnung ist, so kommt er herein, durch welche Gelegenheit er vieles an sich gebracht. Sind wir aber en bon ordre, so thut uns niemand etwas. Die Nachbarn ste- cken in affect en, sie suchen sich nur zu aggrandi ren, und sehen nicht zu, ob es recht, oder unrecht ist. Ob es also gleich contingens, populum esse luxuriosum, so thut uns doch die contingentia nichts. Wir supponi ren, daß civitas colligi ret, die pacta sind da, Luxus ist auch vorhanden, als- denn ist der effectus perdi, und habe ich nichts mehr uͤbrig, als daß ich D die Cap. I. De Natura die caussas suche, warum die Republic uͤbern Hauffen gehet. Ich ma- che ein axioma, und sage: Wer hurt, frist ꝛc. kan der bellicosus seyn? Nein. Ich nehme als ein postulatum an: Die neben uns sind, sind unsere Feinde, welches man gar leicht beweisen kan. Denn warum haben wir Vestungen auf denen Graͤntzen, warum nehmen wir die Pas- sagiers in arrest, welche keinen Paß haben? Eben darum, weil wir ih- nen nicht trauen. Also kan keine andere conclusion folgen, als diese, luxu perduntur civitates. Wenn einer daran zweiffelt, es ist ihm zu ab- stract, so giebet man ihm Exempel, und sagt: Sic periit Carthago; sic periit Hispania; sic periit Roma; sic periit respublica Iudæorum. Wenn eine revolution soll werden, so kommt allemahl einer, der vigilant ist, dieser supprimi ret erst kleine Staaten, wodurch er sich aggrandi ret, die andern Nachbarn aber sind unordentlich, damit wirfft er solche uͤber den Hauffen. Daher findet man, daß bisweilen ein kleines Reich gros- se uͤbern Hauffen geworffen, als wie der Basilowiz in Moscau gethan. Man koͤnnte hier auch ein Exempel geben de vectigalibus imponendis, welches ebenfalls kan demonstri ret werden; Dergleichen Exempla aber werden viel in progressu gegeben werden: denn dadurch wird die politi- sche Wissenschafft angenehmer. Obgedachter Silhon erinnert in seinen Ministre d’Etaat gar wohl, daß einige aus dieser Ursachen auf die Mey- nung gefallen, man koͤnne keine demonstrationes in moralibus haben, weil sie gesehen, daß sich viele Sachen in einander verwickeln. Allein man muß einen Punct nach dem andern nehmen, so kan man gar wohl de- monstri ren. Er saget auch: Die wenigsten Leute wissen etwas von Regierungs-Sachen, und haben auch gehoͤret: Mundus regitur opinio- nibus; mundus regitur parva sapientia, deßwegen koͤnnen sie sich keine demonstrationes concipi ren. Aber wenn man alles resolvi ret, kan man es deutlich zeigen. Gleichwie du eine Gewißheit hast, daß 3. mahl 3. so viel als 9. so hast du eben eine solche Gewißheit, wenn einer sagt: lu- xus \&c. und die definition ist dir vorher bekannt. Das hat Lock admirable gewiesen in seinem Buch, de intellectu humano, wel- ches excellent, und wuͤrde solches noch mehr ingrefs gefunden haben, wenn er lauter exempla popularia gegeben. Denn da begreifft man die Sache am Besten. Es waͤre zu wuͤnschen, daß einer diß Buch mit solchen Exem- plis illustri rte. Lock hat freylich unterschiedliche Fehler, deßwegen aber kan man ihn nicht gaͤntzlich verwerffen, an allen ist was auszusetzen, pauci sun- sapientes. Dicis: Es ist wohl wahr, daß man in politicis demonstrationes machen kan, aber es kommt doch hernach auf die Application an? Respond. Es ist da eben so, wie in der Ju- \& Indole prudentiæ civilis. Juristerey, im Fechten und andern Dingen, ich kan dir sagen, wie man es machen muß, wenn die quarta soll gestossen werden; wenn es aber auf die application ankommt, so heist es, da siehe du zu. Der usus giebt es schon nach und nach. In Iure giebt man einem ebenfalls gewisse Regulas, wornach er sich richten muß, und sind die principia alle gewiß, aber die application wird eines jeden arbitrio uͤberlassen. So ist es also auch in der Politic, wenn ich da ei- nem noch so schoͤne Sachen sage, und er weiß das tempo nicht zu treffen, so hilfft es ihm alles zusammen nichts. Daß man bey denen veritatibus moralibus mehr zanckt, als bey denen veritatibus mathematicis, davon hat Hobbesius in seiner Leviathan eine artige raison angefuͤhret, er sagt, daß die Mathematici nicht so zanckten, kaͤme daher, weil sich in ihr Me- tier nicht leicht ein Interesse mische: Denn wenn man sagt, 3. mahl 3. ist 9., wer hat da ein Interesse dabey. Hingegen in Moralibus kommt es auf inclinationes nostras an, wir muͤssen unsere affect en supprimi ren; also ist ein Interesse da, und weil ein Interesse da ist, so braucht einer auch das Sentiment, welches seinem Interesse gemaͤß ist. Einer sagt, man koͤnne in Commœdi en gehen, der andere sagt, man koͤnne nicht hin- ein gehen. Die Mathematici zancken nicht, als wenn etwan ein præ- mium gesetzt ist, e. g. jetzo bey der altitudine maris. Bey dem perpe- tuo mobili haben sie sehr disputi ret, indem sie lange daran gezweiffelt. Daher als der Orphyreus ein Specimen ablegte, von einem perpetuo mobili, so kam es vielen unglaublich vor, auch dem Herrn Wolff, wel- cher es in seinen Schrifften negi rte, wie aber der Land-Graf von Hes- sen-Cassel die Machine in einem Zimmer lassen verwahren, daß niemand dazu gekommen, und man es nach sechs Wochen noch in Bewegung angetroffen, so haben sie angefangen, die Augen aufzuthun, und Herr Wolff hat dasjenige vor einen Druckfehler ausgegeben, was er dar- wider geschrieben. Ob nun also gleich bey denen Mathematicis manch- mahl Streitigkeiten sind, so sind doch derer nicht so viel, als wie bey de- nen Moralist en. Es hat doch aber ein jeder seinen Verstand, daß er alles kan examini ren, und sehen, in was vor præjudiciis und affect en er stecke: Denn wenn man in affect en steckt, kan man nicht recht judici- ren. §. 11. 12. Wenn du die Politic nimmst pro conservatione unius Was der End- zweck der Poli- tices sey? cujusque status, in quo ego, tu versor, so ist ein jeder status objectum Po- litices. Es ist also wahr, was schon oben gewiesen worden, daß kein Mensch in der Welt ist, der nicht regulas prudentiæ gebrauche; aber wenn man die Politic etwas strictius nimmt, daß man redet de prudentia civili, quomodo sit respublica administranda, da haben wir kein ander D 2 obje- Cap. I. De Natura \& Indole prudentiæ civilis. objectum als civitatem, rempublicam, da ist der finis offenbahr conser- vatio reipublicæ. Finis remotus aber ist felicitas totius generis humani, quoad in nobis est, daß wir acht geben, ut nemo impediatur; wir remo- vi ren die impedimenta, daß er gluͤcklich sey, und in aller Gottseligkeit und Erbarkeit sein Leben fuͤhren koͤnne. Die felicitas ist vollkommener, je vollkommener die Menschen sind, und muß man sich nicht nur huͤten a malis externis; sondern es ist gut, ut homines sint justi, honesti, \& vir- tute præditi. Endlich ist remotissimus finis: Ut sic gloria Dei promo- veatur. Dieses verstehen viele nicht, denn GOtt ist nicht ambitiös, son- dern die Menschen sind so inclini ret, daß wann sie summam sapientiam, summum ordinem erkannt haben, laudant Deum, a quo omnia proveniunt, laudant lumen illud sapientiæ, a quo radii ad nos perveniunt. Methode die Politic abzu- handeln. Was den methodum betrifft, so hat der Autor in seinem gantzen Werck gezeiget, man koͤnne es nicht besser erkennen, sonderlich in politi- cis, als wenn man es methodo medica tracti re. Denn die Politic sup- poni rt imperfectiones, incommoda, impedimenta, quæ homines circum- stant, (und wenn ich die Politic auf civitatem restringi re) quæ omnes ci- vitates circumstant. Gleichwie nun ein Medicus nicht kan remedia ge- brauchen, er muß zuvor wissen, was seinem Patient en fehlet, als consi- deri ren wir hier auch, was homines per se, hernach homines in certo sta- tu existentes sind, wir consideri ren auch die mala, quæ illos circumstant. Wir halten auch die Gesundheit gegen die Kranckheit, deinde de reme- diis cogitamus. Die media aber sind vel salutaria vel non salutaria; Daher werden wir nicht allein consideri ren, die richtigen Mittel, wo- durch man felicitatem erhaͤlt, sondern auch die pseudo-media. Bey de- nen letzteren ist der Autor am meisten beschaͤfftiget. Es kan auch nicht anders seyn: denn ein Pseudo-Politicus affecti ret klug zu seyn, aber er ist es nicht, und muß man also solches zeigen. Die Methode des Autoris kan man sich auch leicht gefallen lassen, denn methodus ist arbitraria, suf- ficit daß wir alle Materi en koͤnnen da consideri ren, und unsern scopum erhalten. Es mag also einer von Exemplis auf die Principia gehen; oder die Principia zu erst tracti ren, und dann die Exempla anzeigen, das ist uns alles eins. Cap. II. Cap. II. De Variis hominum Statibus. Cap. II. de Variis hominum Statibus. §. 1. D Er Autor hat hier zwar keine Unordnung, aber es haͤngt doch Warum hier von den unter- schiedenen Staͤnden der Menschen ge- handelt wer- de? nicht so zusammen, daß ein jeder die connexion gleich siehet; al- so muß es besser connecti ret und illustri ret werden. Ich in- r endi re hier, daß ich den Ursprung aller Staͤnde in der Welt will en suite vorstellen, denn wir sehen, daß wir in variis Statibus leben, und der hunderste weiß nicht, wie er hinein kommen. Je laͤnger die Welt ste- het, je mehr Status kommen auch hervor, die Menschen fallen immer auf etwas neues, und wir koͤnnen nicht leicht zuruͤcke kommen, es sey denn, daß ein Krieg kommt, welcher ein bisgen auskehret; hoͤret aber solcher auf, so kommt alles wieder hervor, alle die affect en, welche vordem ge- wesen. Und wenn jetzt eine Suͤndfluth entstuͤnde, und wir kaͤmen nach hundert Jahren wieder, wir waͤren gantz fromm, haͤtten aber eben noch die Seele, und die affect en, so wir vordem gehabt, so wuͤrden wir eben- falls auf solche Dinge fallen. Man darff nicht dencken, daß die Welt schlimmer wird, denn sie kan nicht schlimmer werden, als sie vordem gewesen, nur kommen jetzo viele Dinge unter einer andern masque her- vor, als vorher. §. 2. Weil oben gedacht worden, daß uns das Wort Status sehr Was Status sey? incommodi ret, so muß solches hier erklaͤret werden: Denn die Spra- chen incommodi ren uns am meisten. Haͤtten die Gelehrten die Spra- chen gemacht, so wuͤrden wir besser koͤnnen fortkommen; So aber sind sie von dem gemeinen Volck gemacht worden, welches ein Wort erst proprie genommen, und hernach viele metaphori sche Bedeutungen mit angehaͤnget. Deßwegen sind auch einige darauf bedacht gewesen, ob man nicht eine Sprache finden koͤnne vor die Gelehrten? Leibniz hat lange gearbeitet, und viel Zeit damit verdorben; aber er ist daruͤber ge- storben. Die wenigsten Sprachen schicken sich ad philosophandum, weil sie so viele metaphoras haben; dahin gehoͤret auch die Hebraͤische Sprache. Zu wuͤnschen waͤre es, daß wir ditiores linguas haͤtten, und da ist keine bessere, als die Griechische, daher auch die Engelaͤnder, Hol- laͤnder, und andere gentes viel Woͤrter aus dem Griechischen in ihre D 3 Spra- Cap. II. Sprache genommen, und solche anglisi ret, hollaͤndisiret; nicht anders, als wie wir offt Lateinische Woͤrter in unserer Sprache nehmen, wenn wir eine Sache in der Teutschen Sprache nicht gut koͤnnen vorstellen. Status a stando venit. Qui stat, locum occupat; er muß einen Raum einnehmen, und also, wenn ich das Wort etymologice consideri re, so supponi ret ein jeder Status locum. Dieser Locus ist vel physicus, vel moralis. Auf solche Art kan ich von allen rebus sublunaribus sagen, quod occupent certum locum, sie moͤgen seyn animatæ, oder inanima- tæ, Statum naturalem quendam habent. Daher hat Puffendorff in seinem Iure Nat. \& Gent. Cap. I. woselbst er von denen entibus moralibus han- delt, gewiesen, daß auch in der Moral und Juristerey ein Locus vor- komme. Was man sonst in denen prædicamentis von denen rebus cor- poralibus vorbringet, das hat Puffendorff auch de moralibus gewiesen. Deßwegen muß man Anfangs Achtung geben, auf Locum physicum; das ist aber noch nichts morali sches. Unter denen rebus animatis sind animalia, worunter auch der Mensch mit ist. Res animatæ werden sie eben genennet, weil in denen rebus ein vita ist, agunt, operantur, agit, aber wie? Animalia agunt, an cum ratione, cum fine? haben sie einen scopum? Nein, weil sie also keine Vernunfft haben, agunt ex instinctu naturali, und ihre actiones gehen nicht weiter, als es ihnen die Natur vorschreibet. Agunt quidem secundum finem Dei, aber sie sind vor sich, nullum finem habent præfixum, der instinctus naturalis mag auch her- kommen, wo er her will; und sehen wir freylich, daß er ex sapientia di- vina kommt. Der Mensch aber hat einen finem, und wird derselbe eben durch seinen finem, durch seine entia intentionalia von denen brutis un- terschieden, sive solus sit, sive inter plures agat. Es ist wahr, wenn der Mensch alleine ist, so scheinet es, wie Mr. Crusoe saget, (aus welchem Buch ich viel profiti ret, vieles hat mir auch darinnen mißfallen) daß der Mensch vieles thue, was sonst die Thiere thun. Denn er muß es- sen und trincken; er will auch solche esculenta und potulenta eligi ren, welche ihm nicht schaͤdlich seyn; er will auch sine dolore seyn, so viel als moͤglich ist. Weil er will essen und trincken, so muß er arbeiten, und wenn er auch nur Wurtzeln isset, so muß er sich doch solche zusammen lesen. Ist er gleich auf einer Insul alleine, so sind doch varia incommo- da vorhanden, es sind viele Thiere da, venenatæ bestiæ. Wir haben veraͤnderte Jahrs-Zeiten, Herbst, Winter, Fruͤhling, Sommer. Da muß er sich vor der Hitze und Kaͤlte verwahren, alias perit, er muß sich kleiden. Hieraus siehet man, daß wenn der Mensch alleine waͤre, der- selbe fast nichts anders thun wuͤrde, als die Thiere. Ich sage aber: fast. De variis hominum Statibus. fast. Denn dieser Unterscheid ist vorhanden: daß der Mensch allezeit einen finem, scopum vor sich hat, welchen er erwehlet. Er hat die Wahl auf diese oder jene Art etwas zu thun. Hergegen verstehe ich die inclination eines Thieres, so verstehe ich die inclination aller andern Thiere von dieser Art. Kan ich einen Fuchs fangen, so kan ich alle Fuͤchse fangen. Die Thuͤre sehen nur auf die Erde, ad præsentia, sein Tage aber nicht in die Hoͤhe. Bey denen Thieren ist keine Religion, quicquid sentiunt, ist alles nur etwas weniges. Der Mensch hergegen, wenn er gleich alleine ist, hat einen grossen Vorzug propter rationem; er weiß, warum er sich kleidet. Wenn er in die Hoͤhe siehet, und be- trachtet die Sterne am Himmel, und andere Dinge, er findet eine schoͤne harmonie, so wird er bald auch eine Religion kriegen: Denn er siehet endlich, daß ein ens muß seyn, welches dieses alles gemacht. Al- so kan er per contemplationem auf ein ens summum kommen, alles ver- mittelst des raisonni rens. Endlich wird er auch sich selbst betrachten, wenn er seine Vernunfft brauchet, und da wird er sehen, wie er von denen brutis unterschieden. §. 3--7. Wenn wir aber dieses nun alles ansehen, so finden wir Was Status absolutus \& compositus sey? nichts, als einen einigen statum moralem, daß wenn der Mensch gantz alleine, so thut er alles cum fine; habet certum scopum, dadurch er sich conservi ret, potest cognoscere Deum. vid. Thomas. in Jurisprud. Divina. Wenn der Mensch alleine, so sind nicht viel status, er ist kein Mann, denn einen maritum kan man nicht concipi ren, wenn keine Frau da ist; er ist kein Vater, denn es sind keine Kinder vorhanden. Wer alleine ist, der ist auch kein Herr und Knecht, wenn einer alleine ist, da ist kein dominium, kein imperium, keine souverainité vorhanden. Das ist was wunderliches von dem Crusoe, daß er sich eingebildet, er waͤre souve- rain. Also sind alle andere status, welche wir haben, ex conjunctione entstanden. Deßwegen nennet man dieses statum compositum, weil man da nicht alleine se tantum respicit, sed etiam alios, sine quibus esse non possumus, sine quibus durare non possumus. Koͤnte aber nun einer ein argumentum cogens bringen, daß er gar keinen andern Menschen brauchte, so koͤnte man auch gar nicht sagen, daß er einem andern Men- sehen verbunden waͤre, aber so da kein Mensch ohne den andern leben kan, es muß einer mit andern Menschen umgehen, und zu thun haben; daher folget: Posito alio homine ponitur obligatio. Denn wenn wir keme obligationes gegen einander haͤtten, so koͤnte der andere mich lædere, læsio ist eine distinction cum hostibus non conjungimur; hier aber soll eine conjunctio seyn, deßwegen sagt eben Grotius in seinen Prologeminis : posi- Cap. II. posito homine alio, ponitur obligatio. Gesetzt nun: es waͤre ein Mensch in der Welt, wie Adam Anfangs gewesen, welches man aus der Historie, aus der Bibel (denn hier sehen wir die Bibel als eine Historie an, welche uns den Ursprung des menschlichen Geschlechts zeiget) sehen kan. Dieser Adam haͤtte allein nicht koͤnnen dauren, denn ein Mensch vermehret sich nicht. Wir wissen daher aus der Bibel, daß die Frau entstanden. So bald die fœmina da war, so war auch eine conjunction vorhanden, sie lebten als Mann und Frau mit einander. Nimmt man nun dazu, was in der Schrifft stehet, so heist es daselbst: Es ist nicht gut, daß der Mensch alleine sey, ich will ihm eine Gehuͤlffin schaffen; dadurch kan man es noch deutlicher erkennen. Diese conjunctio muste alleine da seyn, und wenn auch unser HErr GOtt dem Menschen einen Engel zugefuͤhret, so waͤre es nichts gewesen, denn inter angelum \& hominem kan keine conjunctio seyn, der Mensch aber sollte sich multiplici ren. Es konte auch nicht ein ander animal seyn, obgleich sonst die andern animalia eben so generi ren, aͤusserlich, als die Menschen. Denn es sollte dem aͤhnlich seyn. Gleichwie sie nun einander die corpora communici ret, so ist aus dem commercio corporis, proles, soboles entstanden. Da es heist: posito alio homine, ponitur obligatio. So ist hier die erste obligatio zu finden inter maritum \& uxorem. Dieses ist der aͤlteste Stand. Darum sagt man auch, der Hauß-Stand sey der Haupt-Stand. So bald nun aber ex commercio corporis soboles entstanden, so kam ein neuer status hervor, worinnen war pater, mater, filius, filia. Die Kinder musten sie erziehen, servare. Wenn ich die Kinder nicht wollte erziehen, so haͤtte ich keine vernuͤnfftige intention gehabt, mich zu multiplic iren. Denn wenn ich Kinder gezeu- get, schlage sie aber wieder todt, so ist es eben so viel, als wenn keine multiplicatio geschehen. Ich muß genus humanum suchen zu conservi- ren, ut duret, so lange als GOtt will. Darum ist auch bey dem homine solo schon etwas von der Religion gedacht worden, daß derselbe koͤnne durch seine Vernunfft auf GOtt kommen, und sehen, daß ein ens sum- mum alles muͤsse gemacht haben, und nichts ex fortuito atomorum con- cursu entstanden, wie Epicurus gemeynet. Diese Societas zwischen dem Mann und Frau hat durabilis seyn muͤssen; weil sie muͤssen acht geben, ut id, quod generant, conservetur. Mann und Weib muͤssen harmo- ni ren, es muste mutuum adjutorium vorhanden seyn, sie musten mit ein- ander arbeiten Educare heist nicht allein ernehren, nutri ren, daß man denen Kindern Teincken und Essen giebet, sondern man muß auch davor sorgen, daß die Kinder Menschen werden. Das Kind hat wohl figuram humanam, aber es raisonni ret noch nicht, es redet auch nicht. Man siehet De variis hominum Statibus. siehet wohl eine facultatem bey Kindern, aber es exeri ret sich dieselbe nicht eher, als bis wir mit denenselben reden, ihnen Woͤrter lernen. Educare begreifft also in sich, daß man die Kinder instrui ret, doci ret, sie muͤssen erzogen werden, en bon ordre, daher muß eine ordinata Societas vorhanden seyn. Wird nun das Kind recht educi ret, so kan es hernach distincte dencken, denn wenn man will distincte dencken so muß man Woͤrter im Kopffe haben. Daher siehet man eben, daß bey denenjenigen, welche die memorie verlaͤsset, die Gedancken gantz dissipi rt sind. Soll nun aber das Kind erzogen werden, so muß ich ein Jus haben, alle impedimenta zu removi ren. Will das Kind nicht ablassen von etwas, das ihm schaͤdlich ist, so schlaͤgt man es: Denn das Kind, wenn es nach seinen natuͤrlichen Begierden gehet, thut lauter solche Dinge, welche ihm schaͤdlich sind. Ja man wird finden, daß ein Kind weit mehr Muͤhe braucht, als ein junges Thier, das macht, ani- malia instinctu naturali ducuntur, der exeri rt sich gleich bey ihnen: homi- nes vero ratione ducuntur, die rationem aber haben sie nicht gleich, sie ist wohl da, potentia, aber nicht actu. Also haben wir einen statum, ubi pater, mater, filius, filia. Es wird in Jure Nat. \& Gent. gewiesen, daß das imperium paternum naturale: Weil man nothwendig eine force gebrauchen muß, wenn das Kind nicht pariret, das hoͤret aber alles auf, wenn einer aͤlter wird, tunc cessat imperium naturale; da braucht man keine force mehr, sondern es kan mit Worten geschehen. Aber nichts absurd ers ist, als wenn Eltern denen Præceptoribus befehlen, sie sollen ihre Kinder mit Worten ziehen: denn wenn ein Kind wie ein brutum lebt, so sind die Worte nicht hinlaͤnglich, sondern man muß force gebrau- chen, sonst wird es ein Mensch, der nur in der Welt Ungluͤck anrichtet, und nach seinem instinctu naturali lebet. Das kommt alles von der schlechten education. Daher siehet man auch, daß diejenigen, welche eine gute education haben, eher klug werden: denn die ratio exer irt sich immer mehr und mehr. Hier sehen nun die Kinder, daß sie alles von dem Vater haben, das Leben, die Auferziehung, alimenta; der Vater muß ja vor sie arbeiten: Denn terra debet coli, es waͤchset nichts von sich hervor, und ist der labor gleich mit dem menschlichen Geschlecht entstanden. In statu integritatis mag es wohl anders gewesen seyn, davon wir aber nichts wissen, als dasjenige, was in der Biebel hievon vorkommt. Hier- auf sehen wir aber jetzo nicht, sondern wie die Welt anjetzo ist, da muß man arbeiten, vigilare. Wie die Thiere ex instinctu naturali vor ihre Jungen sorgen, so thun es die Menschen ex ratione, wovon Lock in sei- nem Tractat de l’education des Enfans artige Sachen hat. Der Vater ist staͤrcker als das Kind; daher fuͤrchten sich die Kinder fuͤr denen Eltern; E daraus Cap. II. daraus entstehet timor, und weil der timor mit einer bonitate conjung irt ist, so entstehet reverentia, daher kommt ein timor reverentalis. Es ist eine Idea amoris mit bey dem timore, und ist also ein gantz anderer timor, als derjenige, welchen ein Knecht fuͤr seinem Herrn hat. Das Kind muß also denen Eltern gehorchen, nicht ex pacto, hier braucht man kein pa- ctum, sondern es ist eine naturalis consecutio vorhanden. Bey einem Kinde, das educi rt werden soll, muß man ein imperium haben; Das imperium naturale hoͤret aber hernach auf. Hergegen ein imperium ex pacto hoͤrt nicht auf, e. g. wenn ich mich pacto unter ein imperium bege- ben, so hoͤret dasselbe nicht auf, ob ich gleich gescheuter bin, als der im- perans. Daher habe ich mich gewundert uͤber den Puffendorff und Jac. Thomasium, welche nicht gewust haben, wo das imperium herkommen. Es kommt von nichts anders, als ex educatione. Da haben wir also einen statum conjugalem \& filialem, s. paternum. Man zeuget aber nicht ein Kind, die generatio gehet immer weiter fort, die Kinder, wenn sie erwachsen, und starck werden, sehen freylich was ihre Eltern thun. Und da sie nun selbst starck sind, so werden sie nicht ferner prætendi ren, daß ihre Eltern ihnen sollen vorarbeiten, sie sehen, daß die Erde vor sich nichts produci ret, als erkennen sie auch, daß sie muͤssen arbeiten; sie werden auch immer aͤlter, daß sie endlich selbst eine Lust bekommen, sich zu mul- tiplici ren. Denn das ist was natuͤrliches, und wenn es unser status zu- liesse, so waͤre viel besser, wir heyratheten bald, so wuͤrde man nicht von solchen excess en, von Huren hoͤren ꝛc. Die Juden verhuͤten solches, weil sie bald heyrathen. Die Kinder haͤtten alle koͤnnen bey dem Vater blei- ben, bey dem Seniore, da sie denn haͤtten koͤnnen zusammen arbeiten. Aber da kan man schon sehen, daß das menschliche Geschlechte ein vitium hat, und ist wohl nicht zu glauben, daß solches von GOtt komme, sondern vor- her muͤsse ein anderer status gewesen seyn. Aber die Menschen sind nicht sages geblieben. So bald der Mensch nichts taugete, und eine boͤse Wur- tzel in ihn gekommen, so ist viel uͤbels entstanden; und ist die consideration des Aristotelis von denen Ameisen, welche oben angefuͤhret worden, hier wohl zu gebrauchen. Der Menschen Affecten sind wohl gut, wenn sie mit der Vernunfft temperi ret werden, so bald aber der instinctus natu- ralis prædomini ret, stultitia, insipientia adest. Daß sie also nicht bey einander in communione geblieben, daran ist invidia schuld. Die El- tern haben auch zu einem Kinde mehr affection, als zu dem andern, und wenn ein Kind vernuͤnfftig waͤre, so sollte es dencken: Es thut nichts, ob ich gleich nicht so viel Liebe bey den Eltern habe; wenn ich Kinder be- komme, kan ich es eben so machen. Man kan leicht gedencken, daß da das De variis hominum Statibus. das gantze menschliche Geschlecht von 7. Personen herkoͤmmt; anfaͤnglich die Geschwister haben muͤssen einander heyrathen. Sind nun 3. Schwe- stern da gewesen, Maria, Catharina, Sophia, einem hat die Sophia besser angestanden, als die andern beyden, so haben ihn die andern ge- neidet. Dann mit der Sophia will ich mich conjungere arctissime, das verdrießt die andern. Es sind auch offt differente Gesichter: Denn nichts in der Welt ist einander gleich, und hat Leibniz gewiesen, daß so gar kein Blat auf einem Baum dem andern gleich. Weil also die Menschen different sind, so ist eine invidia entstanden. Im Arbeiten war auch ein grosser Unterscheid; einer ist faul, der andere fleißig; sie haben weiter geheyrathet, dadurch haben sie sich segreg irt, und sind im- mer neue Familien entstanden, neue patres, filii, \&c. Eo ipso aber, cum segreges agere incipiebant, haben sie dominia etabli ret. So ist das dominium in die Welt kommen. Denn wer sein eigen Feuer und Herd hat, sein eigen Feld und Vieh, der will dominus seyn. Darinnen aber bestehet das dominium, ut cæteros excludam. Wie es nun bey denen ersten Familien gegangen ist, so ist es auch mit denen andern beschaffen gewesen: Denn unsere Affecten continui ren immer. Meum \& tuum pa- rit omne bellum. Es koͤnte aber einer sagen, da ein jeder was eigenes gehabt, dum segregarunt sese, wie es muͤglich gewesen, daß sie nicht ru- hig koͤnnen leben. Resp. Die segregatio familiarum ist zwar geschehen, und dadurch ist die Welt erfuͤllet worden. Nun ist die Welt zwar groß, aber wir gehen nicht gerne aus einander. Es muß einer eine grosse re- solution fassen, wenn er will weit weggehen; die meisten aber bleiben gerne in der Naͤhe. Daher ob sie sich gantz segregi ret, so ist hernach, da die Familien vermehret worden, wieder eine vicinitas entstanden, wenn aber eine vicinitas da ist, so zancken sie, und wenn einer ruhig, so sind doch viele andere da, welche unruhig sind. Der eine hat etwa ein besser Land, bessere Fruͤchte, so neidet ihn der andere, und will es gerne haben, dazu ist das otium gekommen, daß viele Menschen nicht gerne etwas thun wollen, welche hernach denen andern dasjenige was sie er- worben, weggenommen. Wenn aber die Menschen einander delogiren wollen, so dencken sie auf Gewalt, force. Denn so ist die Natur des Menschen beschaffen, und hat Spinoza nicht unrecht, wenn er sagt, das sey des Menschen Natur. Darinnen aber irret er sich, wenn er meynet, das sey das Jus Nat. Der Mensch ag irt nach seinem instinctu, als wie ein Kind, welches nicht verstehet, was meum und tuum, sondern alles haben will. Wenn ich aber force brauchen will, so siehet ein jeder Mensch, daß was ich nicht alleine kan thun, suche ich durch andere Men- E 2 schen Cap. II. schen zu verrichten. Daher sind ex statu segregi conjunctiones kommen. Die Boͤsen sind alle Ursache an diesen conjunctionibus, weil sie solche ge- macht, die Frommen zu unterdruͤcken. In Babel war das gantze mensch- liche Geschlecht beysammen, wie Perizonius in seinen Originibus Baby- lonicis gewiesen, da wollten sie erst nicht von einander, sondern einen hohen Thurm bauen; damit wenn einer etwan weggekommen, er sich wieder dahin finden koͤnte. Aber es entstund bald Zanck, tunc secede- bant. Die Sprachen sind auch nicht veraͤndert worden per miraculum, welches Vitringa in einer dissertat. gewiesen; sondern da sie von einander giengen, so haben sie sich nach und nach geaͤndert. Das Clima ist auch Schuld dran, daß die Sprachen geaͤndert worden. Also giengen viele von Babylon weg, und unser HErr GOtt wollte auch haben, daß die uͤbrige Welt sollte peupl iret werden. Da sich nun die Boͤsen conjungi ret, so haben sich die Frommen, welche mitioris ingenii waren, lassen delogi- ren. Unter denen Frommen ist auch wohl ein ferox ingenium gewesen, welches die andern encouragi ret, sie sollten sich mit ihm conjungi ren wi- der die Boͤsen. Hieraus sind entstanden societates, cœtus. Weil nun mancher gescheut regieret, so kan es auch geschehen seyn, daß viele Familien von freyen Stuͤcken sich unter einen solchen begeben: wie man von denen Sinesern saget, daß es da offt geschehen, daraus ist aber nicht probi rt, wie Bülfinger in seiner Philosophia Morali Sinensium saget: Wir phi- losophi rten so abstract, daß wir meyneten, es waͤren die civitates ex metu entstanden, weil man bey denen Sinesern finde, daß sich viele unter eins sein imperium begeben, weil er klug regieret. Allein 1.) kan man denen Sinesern nicht so absolut trauen, denn sie koͤnnen admirable luͤgen. 2.) Wenn es auch waͤre, so ist solches doch unsern principiis nicht zuwi- der, denn wir negi ren nicht, daß ex post facto sich koͤnnen Leute unter ei- nen angeben, weil er weislich regieret. Finden wir doch, daß die Bayern sich freywillig unter das Fraͤnckische Reich begeben. Aber das ist nicht der erste Ursprung des Imperii. Also bleibet wahr, daß alle civitates ex metu \& invidia entstanden. Die Frommen haben sich gefuͤrchtet vor denen Boͤsen, und die Boͤsen hernach vor denen Frommen; ob sich gleich die Boͤsen nicht haͤtten duͤrffen fuͤrchten, wenn sie es nicht erst angefan- gen haͤtten. Wenn einer victor worden, so musten die andern fortge- hen oder Knechte werden: daher bekommen wir servitutes. Keine ci- vitas kan sine ordine gewesen seyn, ohne commando, ex natura aber hat keiner ein imperium gehabt, daher haben sie muͤssen pacisci ren; ob wir gleich den modum nicht wissen wie es geschehen, so haben doch pacta vorher gehen muͤssen. Denn man kan sich doch nicht einbilden, daß sie muti De variis hominum Statibus. muti gewesen, da sie sich conjungi ret; sie haben ja die Sprache gehabt. Also ist ein neuer status heraus kommen, nemlich imperantes \& parentes. Und da sie angefangen zu kriegen, sich mit einander zu schlagen, so sind servi und domini entstanden. Es ist freylich dominium und servitus eine grosse imperfectio, aber wir koͤnnen es nicht anders machen. So wenig die Lahmen ohne Kricken gehen koͤnnen, so wenig koͤnnen wir auch dieses aͤndern, und so lange wir in dem statu sind, muͤssen wir suchen solchen utcunque zu conservi ren. Die potenz machet viel aus, daher haben sie sich suchen zu aggrandi ren, und haben sie allerhand Kuͤnste, eloquenz und andere Dinge gebrauchet, noch mehrere auf ihre Seite zu bekommen, da ist ein Lob worden, wenn einer bravoure, courage hatte, und den andern konte todt machen. Wie nun civitas entstanden ist, haben nicht alle koͤnnen ihre alimenta vom Ackerbau haben, daher haben sie pro ali- mentis gedienet, und kan man freylich nicht sagen, daß omnis servitus ex bellis entstanden. Die Menschen sind hernach weiter gegangen, als in Græciam \&c. da ist es eben so gewesen, sie haben sich separi ret; aber wenn die Familien vermehret wurden, und sie wurden vicini, so entstun- den bella. So kan man sehen, wie in dem orbe habitante nach und nach immer neue civitates entstanden. Das haben wir ebenfals in America gefunden, daß wo viele Familien beysammen gewesen, da ha- ben sie Staͤdte gebauet. Aber auf denen Gebuͤrgen sind viele familiæ segreges, welche durch heimliche Wege an die Oerter kommen koͤnnen; diese rauben aber doch, wenn sie was kriegen koͤnnen. Wie nun die civitates groͤsser worden, auch viele hundert und tausend Menschen bey- sammen gewesen, so haben daselbst viele andere Staͤnde entstehen muͤs- sen. Denn alle konten ohnmoͤglich vom Ackerbau leben, daher haben sie sich auf andere Dinge legen muͤssen. Die Juden hatten wenig ma- nufactur en, sondern sie machten sich das nothwendigste selbst; daher als David ein Schwerd haben wollte, so muste er es von denen Philistern kauffen. Fleury hat einen Tractat geschrieben, les Moeurs des Israelites, worinnen er artige Sachen hievon beybringet, es ist auch aus dem Frantzoͤsi- schen ins Teutsche uͤbersetzet, aber nicht sonderlich. Das gelobte Land war sehr fruchtbar, und haben sie auch die Felsen angebauet, indem sie Erde hinauf geschaffet, solche fruchtbar zu machen. Nach der Zeit haben die Juͤden selbst nicht einmahl koͤnnen alle vom Ackerbau leben, sondern sie haben sich auch auf Kauffmannschafft und manufactur en gelegt, und sagt Prideaux in seiner Histoire de Juifs, daß sie mit wollenen Zeugen von Cameel-Haaren gehandelt. Das macht die multitudo: Denn je mehr Leute sind, je groͤsser wird der Mangel; und wenn in zwey E 3 hun- Cap. II. hundert Jahren niemand sterben sollte, so wuͤrde man nicht subsisti- ren koͤnnen. Da also die Leute nicht alle den Ackerbau koͤnnen trei- ben, und sie doch wollen alimenta haben, so sind opificia entstanden. Ars naturam imitatur. Wenn ich einen Vogel koͤnnte machen, der eben so aussaͤhe wie eine Mauß, und so zitschern koͤnnte, man koͤnnte fast gar keinen Unterscheid mercken zwischen diesen Vogel, und einem lebendigen, so wuͤrde ein jeder gerne diesen Vogel haben wollen; Deß- wegen dachten die Leute auf Kuͤnste. Sie wollten alimenta haben von Fremden. Daher entstunden Commercia; oder sie wollten ihre alimenta haben von Einheimischen, da legten sie sich auf Kuͤnste. De- rer opificum wurden viel, und wenn ihrer gar zu viel sind so koͤnnen sie nicht viel verdienen, die Leute wollten aber nicht gerne aus dem Lande weggehen, daher haben sie immer nur Kuͤnste ausgedacht, welche noch nicht waren. Die opificia aber haben verursachet, daß die Welt im- mer naͤrrischer worden: Denn die Menschen brauchen es nicht, sondern sie haben das mehreste zu ihrer delectation. Es ist Gold und Silber in die Welt kommen, wodurch auch mehr vanit aͤten entstanden. Da- her muß man sehen, woher die vielen opificia entstanden. Von dem Gold, Silber, und Geld, kan man eine Dissertation finden in Gundlin- gianis in dem 31ten Stuͤck. Es ist also infinitus numerus opificiorum entstanden. Einige inventa haben utilitatem veram; einige aber nur utilitatem imaginariam: Denn mancher denckt, es sey eine Sache noth- wendig, und man kan sie doch entbehren. Wir brauchen keine Peru- qu en, und koͤnnten alle in unsern Haaren gehen, denn wenn es kalt, so koͤnnte man eine dicke Muͤtze aufsetzen. Dergleichen inventa sind noch mehrere. Eben so ist es auch mit vielen mercibus peregrinis beschaffen, da man mit Fremden angefangen zu handeln, so hat man viele merces eingefuͤhrt, welche nicht necessariæ. Was thun wir heutiges Tages an- ders, als daß wir wollen einen emtorem finden, welchem unsere Sa- che gefaͤllt, die wir fabrici ret. Oder, wenn wir etwas permuti ren wol- len, so suchen wir einen, dem unsere Sache besser anstehet, als seine. Also sind die Commercia mehrentheils entstanden, durch vanitatem. Das sind aber Enthusiasten, welche deßwegen meynen: man muͤsse die Com- mercia abschaffen. Conring hat auch in einer Dissert. de Commerciis maritimis, welche Werlhoff unter ihm gehalten, gewiesen, was das vor Narren, welche davor halten, man solle keine Commercia mehr treiben. Wir sehen freylich, daß viele imperfectiones vorhanden sind; aber ad primam perfectionem koͤnnen wir nicht gelangen. Wir lernen daraus, daß wir keine Engel sind, sondern vielen imperfectionibus unterworffen. Da De variis hominum Statibus. Da muß man nur suchen, es zu verbessern, damit nur die Menschen er- halten werden, und nicht gar zu Grunde gehen. Viele Enthusiasten sind nach Pensylvanien gelauffen, daß sie wollen daselbst segregem vitam agere, und ein rechtes frommes Leben fuͤhren; aber sie haben gerne wie- der heraus gewollt: Denn sie haben daselbst muͤssen wilde Thiere schies- sen, und Baͤume ausrotten. Ja es funden sich daselbst auch schon Un- ordnungen, daß viele nicht allzu fromm lebten. Titius in seinen Notis ad Puffendorffium hat auch gemeynet, die Menschen haͤtten sollen segre- ges bleiben, und haͤtten sich sollen die Frommen auf GOTT verlassen. Allein unser HErr GOtt hilfft uns wohl, aber nicht immediate. Wir bauen Vestungen; haben wir aber keine, und die Feinde kommen, so machen sie uns zu Sclaven. Da nun aber so viele Menschen beysam- men waren, so hat ein jeder gedacht, sich zu ernaͤhren: Denn das ist noch bestaͤndig die groͤste Sorge, welche wir haben. Da nun aber ei- ner bestaͤndig auf Nahrung gedacht, so hat er seine Kinder nicht koͤnnen unterrichten. Es waͤre gut, wenn ein jeder Vater seine Kinder unter- richtet, aber die multitudo operarum hat es verhindert. Ich will ei- nen casum setzen, daß ein Bauer den Catechismum recht verstuͤnde, und seine Kinder nebst einer Ausfuͤhrung koͤnnte unterrichten; so siehet man doch, daß er nicht Zeit hat, und bestaͤndig auf dem Felde arbeiten muß. Also hat man muͤssen auf Lehrer bedacht seyn. Sind nun Lehrer da, so sind auch discentes entstanden. Es ist auch viel Unordnung entstanden; daher hat man die Lehrer gebraucht, die Leute zu disponi ren ratione in- tellectus \& voluntatis, damit sie sich besser regieren lassen: Denn das gemeine Volck macht die meiste Unruhe in der Republic. Man hat ihm muͤssen eine Religion beybringen, daß sie desto eher pari ret. Zu erst waren keine Doctores, und findet man nicht, daß Abraham einen Hauß- Præceptorem gehabt, sondern er hat es selbsten gethan. Es sind zweyer- ley Doctores enstanden, veri, welche denen Leuten suchten die Wahrheit beyzubringen, und falsi, welche entweder auf ihr interesse gesehen, oder auf das interesse derer imperantium; Dadurch ist der Error in die Welt gekommen. Da wir nun Doctores haben, so kan man leicht be- greiffen, warum die Theologi, und Philosophi gesagt: wenn wir alle Menschen ansehen, so koͤnnte man sagen es waͤren drey Haupt-Staͤnde, Lehr- Wehr- und Nehr-Stand. Daher kan ich mir nicht einbilden, wenn vie- le diese 3. Staͤnde railli ren. Der Wehr-Stand sind die Imperantes, welche alle defendi ren, der Lehr-Stand sind die Geistlichen; und ohne Lehrer koͤn- nen wir nicht seyn. Deßwegen muß ein Imperans wohl acht geben, was er vor Lehrer hat, ob sie auch geschickt sind, das Amt eines Lehrers zu fuͤhren; was Cap. II. was sie vor ein Leben fuͤhren; ob sie denen Leuten mit einem guten Exem- pel vorgehen: Denn das Exempel verdirbt mehr, als Lehrer koͤnnen ver- derben. Allzuviel Lehrer muß man auch nicht haben. Daher hat auch Richelieu in Franckreich darauf gedacht, wie man den numerum verrin- gern koͤnne. Ist er ein Hurer, ein Saͤuffer, was kan er da die Leute erbauen. Der Nehr-Stand sind nun die opifices, artifices, und andere Leute, dahin auch die Knechte gehoͤren. Der numerus servorum ist auch sehr vermehret worden, durch die tummen Leute; weil sich dieselben zu nichts anders schicken, welche Aristoteles recht servos naturæ nennet; Aber darinne ist Aristoteles zu refuti ren, wenn er meynet, ein jeder von dem gemeinen Volck waͤre servus naturæ, das kan man nicht sagen, wir ha- ben auch nobiles, und ignobiles, Was einer vor einen Stand weh- len solle? §. 8-10. Hier wird nun die Frage decidi rt, was einer vor ei- ne Profession erwehlen solle? Nachdem wir einmahl eine Republic ha- ben, und ein jeder darauf dencken muß, wie er sich ernaͤhren soll, so ist gewiß, daß ein jeder Mensch, so bald er ad annos discretionis kommt, darauf dencken muß, was er vor eine Profession erwehlen soll. Ein je- der muß wissen, daß er in der Republic sey, non ut otietur, sed ut labo- ret: Denn diejenige Republic tauget nichts, wo lauter Faullentzer sind, solche Leute sterben bald. Muͤßiggang ist aller Laster Anfang. Sie wissen sich die Zeit nicht zu vertreiben; daher fallen sie auf allerhand La- ster, sie essen, trincken, schlaffen, courtoisi ren; dadurch fallen sie in Kranck- heiten, \& se ipsos perdunt; daher siehet man, daß die Leute, welche eine bestaͤndige motion haben, lange leben, aber die motio muß freylich æ- qualis seyn, sonst thut man sich Schaden. Die Faullentzer muͤssen bet- teln gehen, oder, wenn sie ja Mittel haben, so werden sie luxuriös, und gehen zu Grunde. Der Autor, welcher die Historie des Severambes ge- macht, sagt sehr artig: In seiner Republic waͤre ein Gesetz gewesen, daß derjenige, welcher nicht wuͤrde arbeiten, sollte des Todes sterben. Nicht nur derjenige muß arbeiten, welcher in communione lebt, sondern wenn man ansiehet die distincta dominia, so kan man diese theils nicht erlangen, theils auch nicht conservi ren, wenn man faul ist. Man siehet, daß Leute, welche reich gewesen, und nichts mehr gethan, nachgehends zu Grunde gegangen. Denn wenn einer gleich reich ist, er arbeitet aber nicht mehr, seine Familie wird vermehret, so kan es nicht anders gehen, als daß er am Bettelstab kommt. Ein Bettler aber ist nicht nur ein Schand-Fleck der Republic, sondern die andern muͤssen ihn auch er- nehren. Daher hat man in wohlbestallten Republiquen besondere Bet- tel-Ordnungen, da die Leute in gewisse Haͤuser muͤssen gebracht werden, da De variis hominum Statibus. da sie muͤssen arbeiten, damit sie nicht duͤrffen betteln gehen. Also ist der erste Satz: laborandum est, damit einer sich erhalten kan. Denn wenn er gleich auch denckt: Er habe gnug vor sich, so wird doch seine Familie groͤsser, da er mehr braucht, daß also keiner meynen darff, er habe gnug, und doͤrffe nicht mehr arbeiten, sonst verfaͤllt er auf Thorhei- ten, wie es dem David ergangen: Denn cum otiaretur, so sahe er die Bathsebam. Ein Fuͤrst, wenn er nicht ungluͤcklich regieren will, muß ebenfalls arbeiten, er muß eine Wissenschafft haben, sonst muß er sich auf andere Leute verlassen, da geschiehet es denn, daß man miserrime re- gieret wird, und da trifft ein, was man sonst saget: mundus regitur stul- titia; alsdenn sind wir eben in einem elenden Zustande. Derjenige ist ein Thor, welcher denckt, grosse Herren duͤrffen nichts thun. Sie fin- den vielmehr allezeit was zu prospici ren: Denn sie muͤssen darauf sehen, daß ihre Republic beschaffen ist, wie ein gutes wohl-eingerichtetes Hauß, wie eine ordentliche Familie. Ein jeder Regent soll seyn wie ein Vater, denn das ist imago omnis imperii, und der Origo, wodurch man die Menschen persuadi ret, sich unter eines sein imperium zu begeben. Es heist allhier. Im Schweiß deines Angesichts sollt du dein Brodt essen, son- derlich in civitate. Da entstehet nun die quæstio, was man solle arbei- ten? Respond. Es sind allerhand Professiones, man hat necessarias, wo- hin allerdings der Ackerbau und Vieh-Zucht zu referi ren, welche niemahls muͤssen negligi ret werden. Daher wird man auch keine Republic fin- den, wo man sich nicht auf den Ackerbau gelegt. Colbert in seinem Testament Politique hat einen trefflichen Discours hievon, worinnen er zeiget, daß Franckreich einen grossen Fehler habe, weil durch die vielen Kriege die Laͤnder nicht cultivi ret worden, wovon doch, wenn es geschaͤ- he, viele tausend Menschen sich besser erhalten koͤnnten. Er hat auch dem Koͤnige ein Mittel vorgeschlagen, wie alles in guten Stand koͤnne gesetzet werden. Hat man nun aber den Ackerbau nicht in abondance, so muß man sehen, wo man anderwaͤrts was herbekoͤmmt, davon man leben kan. In Holland muͤsten die Leute crepi ren, wenn sie nicht von andern Orten Korn bekaͤmen. Daher hat man wahrgenommen, daß wenn alle Potentzen zusammen thaͤten, und machten, daß niemand denen Hollaͤndern mehr etwas zukommen liesse, so muͤsten sie alle auseinander lauffen, denn der 10te Theil kan daselbst nicht vom Ackerbau leben, da- her ist die profession des Ackerbaues nicht eben eigen denen Bauren, son- dern die milites agrarii haben bey uns alle auf dem Lande gewohnet. Bey denen Roͤmern finden wir auch, daß die vornehmsten Roͤmer meh- rentheils sich auf dem Lande aufgehalten, deßwegen war tribus rustica F der Cap. II. der Vornehmste. In denen Staͤdten aber, waren nur gemeine Leu- te. Die vornehmsten Leute bey denen Roͤmern haben auch von dem Land-Leben geschrieben, als wie der Cato einen Tractat geschrieben, de Re Rustica. Sie haben sich recht darauf geleget: Denn es mag ein Land so fruchtbar seyn, als es will, so kan es doch durch die Cultur noch fruchtbarer gemachet werden. Bey necessariis finden also die Menschen etwas zu thun, aber nicht alle, denn alle Menschen koͤnnen nicht Acker- bau treiben, sonderlich in Staͤdten, deswegen sind sie auf opificia ge- fallen, und zwar erst auf solche, welche die necessarias artes promovi ren, und utiliores machen. Die opificia sind nicht auf einmahl entstanden, sondern nach und nach; viele sind auch wieder abkommen, wenn man andere erdacht, welche commod er gewesen. Es sind auch opificia, wel- che was criminelles bey sich haben, da man die Leute strafft, deswegen subsisti ret hier der Autor, und untersucht, was man eigentlich erwehlen solle. Wenn einer durch seine opificia denen Leuten commodité verur- sachet, daß sie in ihrer Arbeit etwas soulagi ret werden, so ist solches recht gut. Doch kan die decisio nicht plene hieraus erfolgen: Es sollte einer bloß opificia necessaria und utilia ergreiffen. Denn dantur etiam opificia jucunda. Viele Leute meynen, man sollte gar keine jucunda er- greiffen; aber sie sind Enthusiast en: denn man kan sie nicht entbehren. Gewiß ist es, daß man necessaria und utilia haben muͤsse, aber die ju- cunda sind auch nicht verbothen. Der Mensch mag seyn, wie er will, so muß er zwar eine inclinationem haben, ad laborandum; aber er muß doch auch eine recreation, ein soulagement haben, er kan nicht immer arbeiten, und wird man keine nation finden, so gar auch nicht bey de- nen Juden, welche gemeynet, man solle bestaͤndig arbeiten. Also kan man auch wohl drauf dencken, wie man koͤnne jucundus seyn. Es heißt hier interpone tuis interdum gaudia curis \&c. deswegen sind viele artes ad jucunditatem erfunden worden. Dahin gehoͤret die Music, die Poë- sie \&c. Die Music ist natura imitatrix, und die Poësie ist eine Music, sie hat ein mensur, cadence. Es ist kein Volck, welches nicht auf die Music gefallen, die Juden selbst haben in ihrem Tempel Music gehabt; nur daß dieselbe anders beschaffen gewesen, als unsere. Man kan also die artes oblectantes ohnmoͤglich in totum verwerffen. Daher wird man leicht sehen, daß die Enthusiast en einen wunderlichen afflatum und zelum haben, welche das alles verwerffen. Wenn man solchen folgen wollte, so muͤste man wieder in deserta gehen. Ich habe allezeit gelacht uͤber diejenigen, welche gemeynet, man sollte so leben, wie die Alten. Wir wuͤrden greuliche Thoren seyn, wenn wir wollten in die Wildniß gehen, und De variis hominum Statibus. und Wurtzeln essen. Wir koͤnnen gar wohl in dem Stande bleiben, da wir sind, wenn wir nur arbeiten, und thun dasjenige, was dem menschlichen Geschlecht nuͤtzlich und jucundè ist; daher kan man auch die Wirthe nicht gantz verwerffen. Das negi re ich nicht, daß die agricultura eines von den aller innocent esten; aber wenn man auf die andern Kuͤnste und Arbeiter gehet, so ist keines darunter, welches einem nicht koͤnnte irriti ren, daß man eitel wird. Mons. Bayle in seinem Di- ction. Historique Critique sub voce: Alea hat artige Gedancken hievon, und sagt: es ist gut, daß manche Leute luxuriös sind, und sich vor ihr Geld allerhand Sachen anschaffen, denn sie erhalten, und ernehren vie- le Leute dadurch. Der Luxus muß in der Republic seyn, da hat einer einen Gefallen an diesem, der andere an jenem, und kaufft es. Wer wollte sagen, daß die Frantzosen alle in einem verdammlichen Zustand stuͤrtzten, welche uns allerhand Stoffe zuschicken, bald einen mit grossen, bald einen mit kleinen Blumen, bald mit Wuͤrffeln, bald mit einem Brettspiel. Du kanst sie kauffen, und es auch bleiben lassen. Wir haben auch diversos status, da man sich nothwendig distingui ren muß; die inæqualit aͤt ist einmahl, und derjenige, welcher denckt, es werde wie- der ad pristinam æqualitatem kommen, betrieget sich sehr; Im Himmel werden wir alle wieder gleich seyn, da brauchen wir keine Kleider, und auch keine Stoffe. Man kan freylich alles mißbrauchen. Ein Bra- ten kan dich irriti ren, der auf dem Tische stehet, e. g. du hast dir vor- gesetzt nicht viel zu essen, wie aber der Braten auf den Tisch kommt, so ist er schoͤn gebraten, daß du immer mehr nimmst, und dir einen di- cken Wanst frißt. Wer wollte deswegen sagen, der Koch ist schuld daran; das ist eine suͤndliche Profession, welche man nicht leiden darff. Aber einige professiones leuchten in die Augen, daß sie naͤrrisch sind. e. g. Es will einer ein Seil-Taͤntzer, ein Gauckler werden, item ein Katzen- Ritter, oder Katzen-Beisser, der sich vor Geld mit Hunden, Katzen und andern Thieren herum beisset. Das sind Baͤrenhaͤuter, Leute, welche man vor infam haͤlt, welche koͤnnten was Bessers lernen. Eben wenn einer ein Corsar oder Larron wird, worauf sich die Leute, welche unter der Republic Algier, Tunis, und Tripoli stehen, legen. Man kan also denen meisten professionibus jucundis noch einen Strich geben, daß sie koͤnnen toleri ret werden; viele kan man auch gar nicht missen, e. g. die Wirthschafft. Einen solchen Wirth kan man auf dieser Welt nicht suchen, welcher sagen wird, wenn ein Gast gnug getruncken, er gaͤbe ihm nichts mehr, sonderlich wenn sie das Getraͤncke in die Haͤuser hohlen las- sen: denn wenn ihnen dieser Wirth nichts mehr geben will, so gehen F 2 sie Cap. II. sie bey einen andern, und holen es daselbst. Wenn Leute bey ihm sind, und trincken, so gehet es endlich noch eher an, daß er sagen kan: Er wolle nichts mehr hergeben. Ein Kauffmann, der schoͤn Tuch verkaufft, kan ebenfals andere irriti ren, aber er kan nicht erst die Leute fragen: ob sie auch Geld haͤtten, es zu bezahlen, und ob sie sich nicht wuͤrden da- durch ruini ren? Aber dieses ist zu observi ren, daß obgleich ein Imperans alle diese Dinge in der Republic toleri ret, so muß er doch acht geben, daß sei- ne Leute das wenigste davon nehmen, und dieselben also von denen excessi- bus abgehalten werden, e. g. In Holland werden vor viele hundert tausend Thaler Waaren fabrici ret, aber die Hollaͤnder brauchen das wenigste da- von; sie sind sparsam, und wenden wenig Pracht an Kleider, das meiste wird verfuͤhret. Ich weiß mich zu entsinnen, daß man hier einen Charten- macher nicht wollte zum Abendmahl lassen, weil derselbe ein suͤndlich Handwerck triebe. Da kommt es nun darauf an, ob das Spielen nicht erlaubt? Der Chartenmacher sagte, ich spiele nicht, und wenn man solche Leute nicht wollte dulten, so wuͤrden dem Herrn viele tausend Rthlr. aus dem Lande gehen. In Franckreich zu Rouen hat man sonst die schoͤnsten Charten gemacht, da aber die Hollaͤnder, und andere na- tiones solche selbst gemacht, so hat man angemerckt, daß der Koͤnig in Franckreich eine Million dadurch verlohren. Es ist eben, als wenn ich frage, ob einer koͤnne Flitter-Gold machen, welches in Nuͤrnberg haͤuf- fig verfertiget wird, denn mit diesem Flitter-Golde, weil es sehr rauschet, haben die Spanier die Indianer betrogen, welchen es gefallen, und ha- ben sie denen Spaniern ihr bestes Gold und Silber davor gegeben. Durch die Charten kan freylich ein grosser abusus entstehen, und will ich eben einem nicht rathen, ein Chartenmacher zu werden, unterdessen kan ich doch dem hiesigen Priester nicht Beyfall geben, welcher den Char- tenmacher nicht wollen zum Abendmahle lassen: Denn auf diese Weise duͤrfften gar viele opifices nicht darzu gelassen werden. Man muß also die Sache cum grano salis betrachten, und muß ein Princeps dieses in acht nehmen, ut necessarias promoveat, utiles foveat, jucundas tollat. Wenn wir nun aber eine profession ergreiffen, so muͤssen wir auch se- hen, daß sie sich vor unsern Stand schickt. Also wuͤrde es nicht ange- hen, wenn ein Edelmann wollte ein Kleber, ein Schmidt, ein Schuster ꝛc. werden. Mons. Barbeyrac hat einen schoͤnen Tract. du Jeu geschrieben, worinnen er artige Sachen hievon beygebracht. Er fragt auch darin- nen, ob man sich koͤnte auf die Music legen, und spielen duͤrffte? Was die Music betrifft, sagt er, daͤchten viele, es sey nur ein plaisir, allein es erfordere bey dem Menschen sehr viel, wenn er es lernen wollte; es er- fordere De variis hominum Statibus. fordere eine grosse application. Die Music hat auch einen grossen Nutzen, excitat Melancholicos. Wir finden, daß Saul gescheut worden, wenn er hoͤren auf der Harffe spielen. Man braucht sie auch respectu des Got- tesdienstes; daher sagt Barbeyrac, man koͤnte noch allerhand raisons finden, dieselbe zu defendi ren. Sie ist gegruͤndet in der Mathematic, und hat viele effectus utiles, daß man sich also wohl darauf legen kan. Deß- wegen meynt Barbeyrac, man muͤsse bey denen perfectionibus keine Ent- husiasten hoͤren, welche sagten: man koͤnne es mißbrauchen. Denn man kan alles mißbrauchen, und wenn man es so genau nehmen wollte, muͤste man alle Handwercker abschaffen; die Leute muͤsten in Wald ge- hen, und daselbst Wurtzeln essen, und Wasser trincken, wie die Alten ge- than; Das verlanget aber unser HErr GOtt nicht von uns. Wir se- hen, daß CHristus und die Apostel nicht in Wald gelauffen, sondern sie haben sich bey andern Menschen aufgehalten. Paulus war selbst ein Teppichmacher, einen Teppich koͤnnen wir auch noch entbehren, und brauchen ihn eben so nothwendig nicht. Man muß also nicht alle Pro- fessiones verwerffen, als die per se illicitæ, oder welche eine insignem va- nitatem bey sich fuͤhren, wie die Profession der Gauckler. Man kan nicht alles so abschaffen, wie man es sich in seinem cerebello vorstellet. Da- her wird aber eben die quæstio schwer, was man sich vor eine Profession erwehlen solle? Alsdenn aber ist sie leicht, wenn etliche schon in einem statu leben. e. g. ein nobilis homo, was soll der werden? Resp. Ein homo no- bilis will helffen ad regendum, und dahin trachten, ut defendat rempu- blicam, daher sagt Callieres, ist kein ander Mittel, als daß homines no- biles sich legen, auf polit ische und moral ische Sachen; auf Historie; Denn die Historie giebt mir Erfahrung, weil ich nicht allenthalben selbst hinkommen kan. Also ist absurd, wenn ein homo nobilis auf was anders faͤllt. e. g. Er will ein perfect er Musicus werden, das schickt sich wohl vor einen andern, und hat sich mancher sehr viel dadurch zuwege gebracht, aber einem Edelmann stehet das nicht an. Eben so ist es auch beschaffen, wenn ein nobilis sich wollte bloß auf mathesin legen, da sagt auch Osorius, er habe sein Lebtage nicht gehoͤret, daß ein Mathematicus, welcher gut punctiren und messen koͤnnen, sich zum Regieren geschickt. Hauptsaͤchlich hat ein nobilis zwey Stuͤcke vor sich, la Guerre oder togam; daß er muͤsse in Krieg ziehen, oder studi ren, auf was anders darff er sich nicht legen. Man wird sehen, daß diejenigen, welche in einen grossen Stand kom- men sind, ein groß Mißvergnuͤgen bezeugen, wenn der Sohn sich mit Madame Trampel verlobet, und wieder unter das Pack kommt. Also kan ein jeder leicht sehen, was er vor eine Profession erwehlen kan. Quær. F 3 Wie Cap. II. Wie kan er es thun? Mir gefaͤllt wohl, was die Chineser vor dem gehabt, und noch haben, daß sie nur suchen ihren Kindern Weisheit, Klugheit und Tugend beyzubringen. Hat er nun dieses, so sagen sie hernach: Er solle eine Profession erwehlen. Ein Fuͤrst muß freylich seinen Untertha- nen Freyheit lassen, eine profession zu erwehlen, was sie vor eine wollen; aber wenn er saͤhe, daß alle Leute sich wollten auf eine profession legen, e.g. alle wollten studi ren, da sagt Richelieu in seinem Testament Politique, welches ein trefflich Buch, und allhier wohl zu gebrauchen, Richelieu hat es nicht selbst gemacht, aber es ist nach seiner intention eingerich- tet. Es sollte einer Noten daruͤber schreiben, und zeigen wo er abgewichen, denn der Richelieu, war nachmahls gar zu weltlich. gar wohl: Alsdenn koͤnnte ein Herr setzen, es sollten nur solche studi ren, die Mittel darzu oder einen extraordinair en Kopff haͤtten. Denn wenn alle Leute studi ren wollen, so wird nur das Publicum incommodi ret, indem das Publicum alle die Gelehrten erhalten muß; daher kommt es, daß, wenn sie sich nichts koͤnnen acquiriren, so legen sie sich auf intrigu en, und kommt alle Rabulist erey von denen Ignorant en her. Pour le Reste aber muß ein Fuͤrst einem die Freyheit lassen: Denn es kommt auf eines sein genie an, wozu einer inclini ret; wo aber keine inclination ist, da reussi ret man auch nicht. Hierdurch bekommen auch die Eltern eine lection, daß sie ihre Kinder nicht sollen hindern, wozu sie eine inclination haben; aber da koͤnnen sie dieselben abhalten, wenn sie auf eine profession fallen, welche nichts tauget. Suchte man erst die Kinder weise zu machen, so wuͤrden sie alsdenn auch auf keine wunderliche profession fallen. Wenn sich aber gleich ein Edelmann auf Krieges-Sachen leget, so muß er doch da- bey studi ren: denn je kluͤger er ist, je mehr kan er avanci ren. Sie koͤn- nen darneben auch die Mathematic tracti ren, und nur darauf sehen, ut nunquam otiosi sint. Dem reinen ist alles rein, es moͤgen abusus bey einer Sache seyn oder nicht. Hier wird gewiesen, wie ein Pseudo-Po- liticus sich auffuͤhret, das kan man nicht verschweigen, damit man ihn von einem vero Politico unterscheidet. Deßwegen ist die Politic nicht zu verwerffen, weil sich Leute finden koͤnnen, die die principia pseudo-po- litica suchen zu applic iren. Es ist eben nicht noͤthig, daß sich ein nobi- lis so sehr vertieffe in die Sachen, wie ein Doctor; daher als der Koͤnig in Schweden Carl Gustav zu dem Grotio sagte: Er moͤchte gerne auch so was rechtes thun, so antwortete ihm Grotius: Ein Printz muͤsse freylich was wissen, sonst sey er wie eine Marionette, die sich nur von denen Leu- ten muͤsse regieren lassen; aber nur das Hauptwerck muͤsse er lernen, die uͤbri- Cap. II. De Variis hominum Statibus. uͤbrigen Zierrathen aber, welche die Gelehrten haͤtten, koͤnte er negligi- ren: denn wenn hernach dubia vorkaͤmen, in diesem oder jenen Fall, so muͤste er gute Leute haben, welche solche koͤnten heben; Dasjenige aber, was ein Princeps solide gelernet haͤtte, muͤste er hernach suchen ad praxin, ad agendum zu bringen, alsdenn wuͤrde das solidum alle Tage lebendiger. Grotius war ein vornehmer Mann, welcher von allen admiri ret wird, der als ein honette homme es dem Herrn also hersagte; Carl Gustav hat es auch gar wohl begriffen: denn es war ein Herr, der einen grossen Verstand hatte; nur war er zu ambitieux, welches ihn auch ruini ret; Denn er ist aus chagrin gestorben. §. 11. 12. Unser Autor gehet nun weiter, da er zuvor gewiesen, in civitate Von der So- cietate conju- gali. esse varios Status, varias professiones, welche man alle kan reduci ren auf den Lehr-Wehr- und Nehr-Stand. So sind auch in civitate viele Socie- tates, worunter sonderlich die Societas conjugalis ist, ohne welche die Republic nicht bestehen kan. Denn wir muͤssen suchen unser Geschlecht zu vermehren, sonst kan die Welt nicht bestehen. Daher sind die ein- faͤltig, welche sich nicht vermehren wollen. Paulus hat auch wider solche Leute sehr geeyfert. Man kan in einer Dissertation uͤber einen Lo- cum Senecæ in meinen Otiis artige Sachen hievon finden. Der Tho- mas Brownes, welcher de religione Medici geschrieben, hat gemeynet, es waͤre besser: wenn sich die Menschen auf eine andere Art vermehre- ten, nicht wie die Thiere. Daher haben sich auch viele nicht wollen ver- heyrathen, als wie die Koͤnigin Christina, denn sie haben gemeynet, es muͤste die Frau seyn, wie des Mannes Acker. Wenn man nun fragt, wie die Menschen sich sollten vermehren, so sagen sie, wie die Baͤume, allein was wuͤrde es vor eine wunderliche Gestalt geben, wenn die Kin- der einem zum Ellnbogen heraus wuͤchsen. Diese Leute wollen es besser machen wie die Epicurer, welche gemeynet, es waͤre besser, wenn die Menschen von Stein waͤren, aber wie wollten sie sich da bewegen koͤn- nen. Richard Bentley, welcher Stultitiam Atheorum geschrieben, hat das gewiesen, und sagt, wenn man das betrachte, was die Menschen besser wollten machen, so koͤnnte man allezeit zeigen, daß es GOtt am besten gemacht, und derer Menschen ihre Meynung koͤnnte man en ridicule tourni ren. Man darff nicht dencken, daß die Menschen sich anders wuͤr- den vermehret haben, in Statu integritatis, wenn sie darinnen geblieben, sondern es wuͤrde eben so geschehen seyn, nur die hbidinem, so wir ha- ben, wuͤrden sie nicht gehabt haben. Wenn man will sotis en lesen, was die Leute hier vorgebracht haben, so kan man nachschlagen des Bayle Dictionaire Historique Critique sub voce Sateur. Denn dieser Sateur hat allerhand wunderliche Meynungen, worunter auch ist, daß er gemey- net, Cap. II. net, Adam waͤre ein Hermaphrodit gewesen. Die Madame Bourrignon ist eben so eine Fanatica und Enthusiastin gewesen. Es sind Traͤume, welche keiner refutation gebrauchen: Denn einen Traum refuti ret man nicht. Lock in seinem Tract. de l’entendement humain hat auch unver- gleichlich hievon raisoni ret. §. 13. Wie wir uns sollen verhalten in der Societate conjugali, Vom Statu Societatis pa- ternæ. davon wird nicht allein gehandelt werden Cap. seq. sondern auch Cap. IV. Jetzo ist bloß de necessitate die Frage? Wo ein Status conjugalis, da folgt auch Societas paterna: Denn nascuntur liberi, und also hat dieser Status eben so eine necessitatem, wie conjugalis. In conjugali Statu aber wird ordinata societas voraus gesetzet, inordinata conjunctio kan den finem nicht erhalten. Denn es muͤssen nicht alleine Kinder gezeuget werden, sondern die Kinder muß man auch zu Menschen machen, homines vir- tute præditi non nascuntur, sed fiunt, hinc educatione opus est. Ist der Vater und Mutter tugendhafft und weise, so werden die Kinder auch tugendhafft, ist aber der Vater ein fripon, so werden auch die Kinder fripons, nam quo semel est imbuta recens, servabit odorem testa diu. Das Imperium, welches die Eltern haben, ist naturale, es kan auch nicht anders seyn: denn wenn die Kinder sollen erzeuget werden, und alsdenn erzogen werden, so muͤssen sie pari ren, so kan man sie zwingen, weil sie noch keinen Verstand haben. Bey denenjenigen aber, welche Verstand haben, braucht man rationes, und raisonni ret. Denen Kindern aber muß man von Jugend auf das Imperium beybringen, sonderlich da wir das imperium proprie sic dictum haben. Man muß ihnen obedientiam bey- bringen, sonderlich da wir civitates proprie sic dictas haben. Hier ist allezeit zu recommendi ren, was die Chineser thun, welche denen Kindern suchen ei- nen rechten respect gegen die Eltern beyzubringen; und wenn der respect gegen die Eltern bleibet, so werden sie dadurch angewoͤhnet, ut co facilius sese voluntati principis submittant. Wer nicht lernet seinen Eltern pa- ri ren, der wird auch nicht dem Fuͤrsten pari ren. Mir hat gefallen, was der Frantzoͤsische General Turenne einsmahls gesagt. Denn als drey unter ihn gehoͤrende Schweden sollten gehangen werden, weil sie nicht pari ret, so riß einer von diesen dreyen Schweden sich auf, und wiese die blessur en, so er empfangen, und sollte doch jetzo sterben. Da sagte der Turenne: Ich will allen dreyen pardon geben. Aber die blessur en zei- gen nur an, daß man sich wacker herum geschlagen, lernet aber auch noch pari ren. Paolo Paruta, ein Venetiani scher Nobile, hat politi sche Discourse, Discorsi Politici, geschrieben, welche auch ins Teutsche uͤber- setzet sind, da redet er auch von der patria potestate derer Roͤmer, und sagt: De variis hominum Statibus. sagt: Dionysius Halicarn: erzehle, daß Romulus denen Eltern ungemes- sene Gewalt uͤber die Kinder gegeben. Denn Romulus wuste, daß wenn die Kinder ihren Eltern wuͤrden pari ren, so wuͤrden sie ihm und seinen Nachfolgern des Reichs auch desto eher pari ren. Der Paruta zeiget auch, wie das Roͤmische Reich beschaffen gewesen und hernach aus der balance kommen. §. 14. Diese servilis und certo respectu herilis societas scheinet Status herilis \& servilis. wunderlich zu seyn. Und wenn man solche in abstracto consideri ret, so haͤtte man dieselbe freylich nicht gebrauchet. Denn die Leute haͤtten al- les selbst koͤnnen verrichten, oder durch ihre Kinder solches thun koͤnnen. Aber da die Kinder nicht geblieben sind, sondern sie gingen von denen Eltern weg, die Eltern sind alt worden, so hat man auf Leute gedacht, welche einem adsisti ren koͤnnten. Von Zeiten des Noaͤ an bis auf den Nimrod lieset man nichts von Knechten. Aber wie die civitates entstun- den, und sie anfingen, einander zu attaqui ren, so sind servi entstanden. Daher haben auch die Roͤmer, und Griechen gemeynet, bellum sey die Ursache der Knechtschafft; aber sie ist nicht allein die Ursache, denn in civitatibus muß man darauf sehen, daß eine Ordnung ist, und jeder sich ernehren kan. Nun ist mancher stupid, er kan nichts lernen, er kan sich aber sonst nicht erhalten, daher muß er ein Knecht werden, und dem andern dienen. Zu Zeiten Abrahams finden wir schon Knechte, der hat sich Knechte gedungen: denn er hatte Gold und Silber, er ist auch reich gewesen an Heerden. Selbst sein Eleasar war ein Syrer; Abraham aber hat ihn gescheuet, und fromm gemacht. Das ist was surprenan- tes, wenn man lieset, daß Noa noch gelebet, und mit angesehen, wie seine posteri gottlos gewesen, und einander attaqui ret. Sonderlich ist die posteritè des Chams sehr gottlos gewesen: weil der Cham nichts ge- tauget. Was aber der Cham eigentlich vor ein crimen begangen, dar- uͤber disputi ret man. Hardt. Profess. Helmstad. welcher ein guter Philo- logus, hat in seinem Ephemiridibus vieles beygebracht, dadurch er zu zeigen sucht, er habe einen incestum mit seiner Stieff-Mutter begangen. Von dem Cham kommen auch die Egyptier, welche die groͤste Abgoͤtte- rey getrieben. Chemia soll auch vom Cham herkommen, wie Olaus Borrichius gemeynet. Man muß also nicht dencken, daß die Knechte ab- zuschaffen, sondern die Knechtschafft ist nun nothwendig: denn sonst muͤ- sten wir hinter den Pflug hergehen, und selbst unsere Schuhe putzen. Es sey nun, daß man die Knechte so tracti ret, wie wir thun, oder sie als Leibeigene hanthieret, wie die Roͤmer gethan, und auch noch in West- phalen geschiehet, beydes ist zu toleri ren. Es haben auch die ersten Chri- G sten Cap. II. sten gar nicht gewollt, daß man die Knechtschafft sollte abschaffen. Paulus in seiner Epistola ad Philemonem hat auch gewiesen, daß man sie beybehalten koͤnne. vid. Scipionis Gentilis. Prof. Altorff. longe ce- leberrimi Commentar. in Epist. Philemon. welcher vortrefflich gemacht. Man hat ihn a part, er stehet auch in dem grossen Criti schen Werck. Was die Theologi hieruͤber geschrieben, ist nichts gegen dieses. Die Christen haben auf oͤffentlichen Conciliis declari ret, daß man nicht den- cken sollte, als wenn sie wider die Knechtschafft waͤren; sie wuͤrden sich auch dadurch ein grosses odium gemacht haben. Denn wenn sie denen Roͤmern die Knechte genommen haͤtten, so haͤtten sie denenselben ihren Reichthum benommen: Denn ihr Reichthum bestund in Knechten und Maͤgden, welche ihre Land-Guͤter musten cultivi ren; daher kan ich nicht leiden, daß man so geschmelt auf die Knechtschafft, und mag es immer bleiben, wie es ist. Georg Beyer, welcher in Wittenberg gewesen, hat noch in Leipzig eine Dissertation gehalten, in welcher er gewiesen, es waͤre fast besser, daß man Leibeigene, als conductitios haͤtte, das bestaͤ- tiget also unsere Meynung noch mehr, quod Servitus sit toleranda. Das- jenige aber, was denen Enthusiastischen Politicis die Knechtschafft so ver- hast gemacht, ist, daß sie gesehen, der Herr siehet nur auf seinen Nutzen, und der Knecht auf seinen Nutzen, welches aber ein falscher Concept ist. De la Casa, welcher Bischoff zu Benevento gewesen, dessen opera ich lassen drucken, hat eine Dissert. de Servitute lateinisch geschrieben, welche mit bey seinen Sachen stehet, darinnen hat er auch gewiesen, daß dieses ein falscher Concept sey. Es kan ein Herr und ein Knecht auch suam utilitatem vor sich haben, alsdenn ist eine harmonie, denn ich kan meinem Knecht Gutes thun, und mein Knecht mir wieder. Status Civilis und dessen ver- schiedene Ar- ten. §. 15. 16. 17. Ein jeder siehet, daß civitas nicht eben nothwen- dig, und haͤtten die Menschen koͤnnen agere segreges, wenn sie fromm gewesen waͤren; aber so bald durch den Teufel der Neid in die Welt kommen, und die Affecten regieret, so hat es sich geaͤndert, und entstun- den civitates. Auf miracula kunte sich da keiner verlassen, daß ihn GOtt wuͤrde durch ein Wunderwerck geholffen haben, wenn er nicht waͤre in civitatem gegangen. Wenn man die Bibel ansiehet, so findet man, daß Nimrod gesucht ein Imperium anzulegen, er war ein gewaltiger Jaͤ- ger, und die Jaͤgerey hat denen Leuten wohlgefallen: Denn es waren damahls mehr Thiere als Menschen, da wuste er die Thiere geschickt zu fangen; Daher hat er allerhand Leute an sich gezogen. Da nun die Leute weggiengen, so hat er sich zu Babel etabli ret; er hat sich auch nach und nach aggrandi ret, und die herum liegenden unter sich gebracht. Der Assur, De variis hominum Statibus. Assur, (welches nicht ein Land, sondern ein Nahme einer Person, ob- gleich Clerc in seinem Comment. ad Pentatevchum das contrarium de- fendi ret, dessen rationes aber nicht sufficient.) Sems Sohn war von der frommen Compagnie, der hat auch suchen Leute an sich zu bringen, und sich dem Nimrod opponi ret. Es ist auch wahrscheinlich, daß dieser Nim- rod nachgehends den Assur unter sich gebracht. Die mitiores unter de- nen Frommen sind weiter gegangen, und haben sich anderswo etabli ret, vid. Perizonius in Originibus Babylonicis, welcher auch gewiesen, daß Babel auf Lateinisch so viel heisse als confusio, wovon es auch so benen- net worden. Nun meynet der Autor, koͤnnte man sehen, daß die civi- tates ex consecutione hypothetica entstanden, weil die Menschen boͤse ge- wesen; daher muͤsse man ein Imperium toleri ren, da sey aber das schlimm- ste die Monarchia, und kommt er fast auf die Gedancken des Algernon Sidney in seinem Tract. du Gouvernement Civile, welches A. Samson aus dem Englischen ins Frantzoͤsische uͤbersetzet. Sidney war ein Engelaͤnder, ein starcker Monarchomachus, und war bey dem Cronwell wohl gelitten. Dieser meynt: Mo- narchia sey der corrupte ste Status, und wuͤrden die Leute nicht leicht dar- auf fallen. Allein wenn wir das factum ansehen, wie der Nimrod als ein Monarch regieret, so muß man gantz anders raisonni ren. In abstra- cto ist wahrscheinlich, daß einer sich nicht werde eines seinem imperio ab- solut unterwerffen; sondern vielmehr ad statum Democraticum, oder aufs hoͤchste ad statum Aristocraticum inclini ren: wir sehen aber, daß das rai- sonnement nicht eintrifft. Es nimmt mich Wunder, daß der Autor, nicht auf das Exempel von dem Nimrod und Assur gesehen. Mir hat wohlgefallen, was Noodt in seinem Tract. de Lege Regia saget: Es waͤ- re gut, daß man abstractiones machte, aber wenn solches geschehen, so muͤste man auch darauf sehen, ob es sich in facto so verhielte. Der Autor mag wohl auf rempublicam Romanam gesehen, woselbst man nur in turbulentissimis temporibus einen Dictatorem gewehlet, welcher eine souveraine Gewalt gehabt. Nach der Zeit, da die Leute Zeit bekommen, und angefangen zu raisonni ren, da sind sie freylich auf Democrati en und Aristocrati en gefallen. Also wissen wir, wie bey denen Roͤmern der Status regius abgeschaffet worden, und eine libera respublica entstanden. Denn in einer Democratie ist mehr artificium noͤthig, als in einer Mo- narchia; man hat viele pacta, deßwegen kan solche nicht so leicht zu Stande kommen, als Monarchia. Das ist wahr, daß unser HERR GOTT nicht sonderlich die regna angesehen, au contraire wir finden G 2 ex Cap. II. ex post facto, daß wie die Kinder Israel aus Egypten ins Land Canaan kommen, so hat GOTT nicht wollen haben, daß sie sollten Koͤnige ha- ben, sondern es waren siebentzig Nichter gesetzt. Man siehet auch, daß die Juͤdische Republic wohl regieret worden, so lange keine Koͤnige wa- ren: Denn es war eine Theocratia, da GOTT selbst regierete; Sie wollten aber nachgehends durchaus einen Koͤnig haben, und da ihnen Samuel alle incommoda vorstellete, welche bey einem Koͤnige waͤren, so kehreten sie sich doch nicht dran, sie bekamen den Saul zum Koͤnige, wel- cher sie auch recht vexi ret. Und so ist es ihnen mit andern Koͤnigen er- gangen, wie man solches aus denen Buͤchern Samuelis und Chron. se- hen kan. Daß ein Mensch ver- schiedene Sta- tus haben koͤn- ne. §. 18. Es sey nun wie es wolle; es mag eine Republic einen Ur- sprung haben, was sie vor einen will, wir haben einmahl civitates und bey diesen civitatibus innumeros Status, innumeras professiones, ohne zu rechnen, was wir vor simplices Status haben, wohin der paternus, herilis und conjugalis gehoͤret. Daher ist es eine grosse Kunst so zu regieren, daß die divers en Status alle mit einander harmoni ren, und die Status nicht Zerruͤttungen machen. Hieronymus Osorius de Principis Institutione hat auch gewiesen, was vor eine grosse Kunst vom principe erfordert werde, wenn er wolle kluͤglich regieren. Er lobet in einer besondern Ora- tion die Koͤnigin Elisabeth, daß sie die artes regnandi so gut verstanden. Wenn eine Republic soll gut regieret werden, so muß sie seyn wie eine wohl-eingerichtete Uhr, daher nennet auch Hobbesius die rempublicam artificialem. Je confuser ein Status, je weniger Weißheit ist vorhanden. Mancher hat mehr als einen Statum auf sich, da braucht er auch mehr prudentiam e. g. Er ist ein Kauffmann und ein maritus, vid. Hertius in Dissert. de uno homine plures personas sustinente, welche in Tom. II. Part. III. Opuscul. stehet. Es ist nicht allein eine Kunst einen Statum recht zu defendi ren, sondern es muß einer sich suchen bey allen denen Sta- tibus recht zu conservi ren, so er auf sich hat. Der Printz Wilhelm von Oranien, ille libertatis Batavæ vindex, war ein trefflicher General, aber er war kein Mann, i. e. ratione uxorum war er infelicissimus. So ge- het es noch mehrern, auch mit denen Kindern. Wer also seine Per- son recht zu spielen weiß, der ist prudens, hat einer viel Personen auf sich, und er weiß alle recht zu spielen, so ist er prudentissimus. Dieses hat man in der Politic rationem Status genennet. Was Ratio Status sey? 1) uͤberhaupt. §. 19. Der Autor sagt: mir ist ratio Status so viel als Politica. Ratio ist das medium, wodurch man seinen Stand conservi ret; es sey nun ein Imperans, oder auch ein anderer. Sine ratione, sine prudentia wird De variis hominum Statibus. wird sich einer nicht conservi ren. Diese significationem kan man also nicht allein auf rempublicam imperantem, sondern auch ad hunc, ad il- lum applici ren. Dicis. Man verstehet doch sub ratione Status die welt- liche Regierung. Respond. Es gehet ebenfalls an, denn civitas ist ja auch ein Status, und ist viel schwerer eine Republic zu conservi ren, als einen Statum. Man kan hier nachlesen, was Mons. Crousaz in seinem Frantzoͤsischen Traité du beau , seu de eo, quod pulchrum est, geschrieben. Man siehet, daß es in der That schon was grosses, wenn viele Regimenter beysammen stehen, und alle nach dem Winck des Generals sich richten. Noch viel groͤsser aber ist es, wenn eine gantze Republic gut harmoni ret. Man muß nicht dencken, daß Imperantes und Consiliarii wachsen, wie Champignons, man muß ihnen was beybringen, sonst gehet es confus zu. Gleichwie ich nun von einem jeden Menschen, der politisch insinuant ist, sagen kan, er habe rationem Status sich zu conservi ren, so braucht man dieses κα ꝛ ἐξοχὴν von einer Republic; es mag seyn eine Monar- chie, Aristocratie, oder Democratie; man kan also das Wort generali- ter, und specialiter gebrauchen. §. 20. Daher kommet es, daß die Italiaͤner ihre Politiqu en Ra- 2) in Ansehung auf die Repu- blic. tionem Status genennet, als wie der Scipio Claramontius, von welchen Conring etliche piecen drucken lassen. Ingleichen der Ludovicus Septa- lius. Die Frantzosen haben auch viel edi rt sub tit. Raison d’Etat. Hie- von kan man nachlesen den Hertium in seiner Prudentia Civili p. 3. \& 4. welcher alle specifici rt. Bey denen Scriptoribus Italicis ist zu mercken, daß einer Rationem Status weitlaͤufftiger nimmt als der andere. Septa- lius meynet, ratio Status begreiffe nicht so viel in sich als Politica; her- gegen Claramontius, welcher zu Padua gewesen, hat gemeynet, ratio Status begreiffe viel mehrers in sich, als Politica. Es ist aber hierunter kein sonderliches arcanum, denn wenn Claramontius meynet, ratio Status sey weitlaͤufftiger, so hat er in mente: Die Prudentia Civilis s. Politica gehe nicht nur auf den modum gubernandi \& conservandi rempublicam, sondern auch, wie ein jeder ins besondere seinen Statum conservi ren solle; Das referi ret er alles ad rationem Status. Septalius aber, welcher mey- net, ratio Status sey angustior, hat davor gehalten: Ratio Status zeige nur modum gubernandi \& conservandi rempublicam. Hergegen in der Politic wird auch abgehandelt, wie ein jeder ins besondere seinen Statum con- servi ren solle. Unser Autor aber nimmt hier das Wort Ratio Status weit- laͤufftig. §. 21. Hier wird nun untersuchet, woher es kommt, daß viele Ob Ratio Sta- tus was Boͤses sey? rationem Status vor was Boͤses halten. Daher es auch kommt, daß G 3 die Cap. II. die Geistlichen auf die verfluchte rationem Status schmaͤlen. Man- che nehmen bisweilen das Wort ratio Status so, daß sie darunter verste- hen boͤse Kuͤnste, artes Macchiavellisticas, oder wie es Aristoteles genen- net, vitia dominationis. Weil man eine Pseudo-Politicam hat, so hat man auch eine Pseudo-rationem Status. (de quibus pluribus infra agen- dum.) Es ist bekannt, daß Gabriel Naudæus Naudæus war erst bey dem Cardinal Barberini in Rom Bibliothecarius, nachgehends bey dem Cardinal Mazarini in Franckreich in gleicher Bedienung; Er war ein gelehrter Mann, und waͤre zu wuͤnschen, daß man seine Schrifften liesse zu- sammen drucken. Sein Tract. de re militari in Rom gedruckt, ist auch ein vortrefflich Buch. einen Tractat geschrieben, les Coups d’Etat, In Leipzig ist er auch ins Teutsche uͤbersetzet worden, aber sehr schlecht, der Ubersetzer ist blind gewesen, und hat es sich lassen vorlesen, da kan es wohl seyn, daß ihm vieles nicht recht vorgelesen worden. darinnen er gewiesen, wie bisweilen extraordina- ria ratione eine Republic muͤsse erhalten werden, und also auch extraordi- naria media muͤssen gebrauchet werden. Diese extraordinaria media frappi ren die sensus, und machen eine ausserordentliche impression: denn sie sind rariora. Man wird leicht begreiffen, daß man auch ausseror- dentliche Mittel nehmen koͤnne; aber ordinarium præsumitur, ordinarium quæritur, rarum vero non præsumitur. Diese extraordinaria media nen- nen auch einige Raisons d’ Etat, und meynen, es waͤre eine Pseudo-Poli- tica, wie Feller eine solche Politicam sceleratam edi rt. Diese Staats- Streiche aber oder extraordinaria media gehoͤren keinesweges ad Politi- cam sceleratam. Ein Exempel zu geben, wie man diese Staats-Streiche anbringen koͤnne, so ist zu mercken, wenn einer wegen eines criminis an- geklaget wird, so formi rt man einen rechten proceß, und laͤßt alles or- dentlich zugehen, ehe er condemni ret wird; nun ist die Frage, wenn periculum in mora; der Princeps waͤre in aͤusserster Gefahr, wenn er einen ordentlichen proceß formiren wollte, ob er nicht ohne proceß extra ordi- nem bey einem Menschen, welcher ein crimen perduellionis begangen, koͤnne verfahren, welches wir finden, bey dem General VVallenstein, wel- chen Ferdinandus II. zu Eger lassen umbringen. Diese extraordinaria re- media nennet aber Naudæus Staats-Streiche, die Leute, so es nicht ver- stehen, und nicht im Cabinet gewesen, halten das vor eine Gottlosigkeit, und schmaͤlen auf die Rationem Status, da man einen unverhoͤrter Sa- che liesse ums Leben bringen. Der Koͤnig Johannes von Portugall brach- te auf diese Weise auch des Emanuelis von Portugall Vater um. Osorius sagt, wer das Ding siehet in vita Emanuelis, der denckt, es sey was boͤses gewesen, aber es war recht. Haͤtte der Johannes laͤnger gewartet, so waͤ- De variis hominum Statibus. waͤre ein Tumult entstanden, da er aber gewiß wuste, daß des Emanuels Vater Georg des Hochverraths schuldig war, so konte er gar wohl so ver- fahren. Haͤtte der Kayser Leopold dem Lobcowiz gefolgt, und dem Car- dinal von Fuͤrstenberg lassen den Kopff abreissen, so wuͤrde er sehr wohl gethan haben; Da er es aber nicht gleich thate, so kamen hernach aller- hand intercessiones, daß es unterblieb. Und dieser Cardinal hat hernach dem Kayser grossen Tort gethan, indem er an dem Pfaͤltzischen Kriege Ur- sach gewesen. So hat man auch dem Kayser verdacht, daß er den Ra- gozky so lange sitzen lassen, da doch so viele documenta da waren, daß er wider ihn conspiri ret, da er ihn aber lange sitzen lassen, so ist er endlich echappi ret, und hat dem Kayser viele Ungelegenheiten gemacht. Es ist wahr, was Richelieu in seinem Testam. Polit. sagt: die Leute verstuͤnden es nicht, man muͤste allerdings in solchen Faͤllen so verfahren. Er ver- gleicht die seditiones mit einer Mine, welche erst verborgen ist, aber wenn sie ausbricht, so thut sie grossen Schaden; also meynet er, muͤste man su- chen, die molimina bald aus dem Wege zu raͤumen. Weil Gabriel Nau- dæus nur auf Exempla gegangen, und uͤber dieselben raisonni ret, so hat Puffendorff in seiner Præfation ad Jus Nat. \& Gent. gemeynet, es meri- ti rte, daß einer die Materie noch einmahl ausfuͤhrete, und alles auf principia reduci rte. Doch ist das Buch des Naudæi sehr beliebt gewe- sen: denn es ist plaisant zu lesen. Bisweilen aber rechnet er etwas zu denen Staats-Streichen, welches andere ad Pseudo-Politicam referi ren, e. g. er rechnet dahin die unter Carolo IX. angerichtete Parisische Blut- Hochzeit, da so viele Huguenott en massacr iret worden, und der Koͤnig Heinrich von Navarra selbst in Lebens-Gefahr gewesen, welches doch alle vor eine grausame That angesehen; wiewohl doch auch M. Ant. Muretus sich unterstanden, solche vor dem Pabst zu defendi ren. In denen mei- sten aber hat der Naudæus doch recht, als wie bey dem gegebenen Exem- pel vom crimine perduellionis: denn der hostis reipublicæ muß sterben, und kommt es nur darauf an, ob er en ceremonie, oder in der Geschwin- digkeit solle sterben. Thue ich es nicht, so lauffe ich Gefahr. Es kan freylich manchmahls kommen, daß einer auf diese Art unschuldiger Weise ums Leben kommt, aber davon reden wir nicht. Wir supponi ren hier einen solchen casum, da der Princeps documenta vor sich hat, daß er das crimen begangen, da ist es kein medium inhonestum, weil er ohne dem sterben muß. Es kan der Herr im Cabinet certissimas probationes ha- ben, die aber andern nicht bekannt sind; daher raisonni ret einer dieses, der andere jenes, aber man thut am besten, wenn man in solchen Faͤllen sein judicium suspendi ret. Man disputi rt auch, ob eine alliance mit dem Cap. III. De Incommodis, dem Tuͤrcken zu machen, und wollen es viele Doctores nicht approbi ren, allein man kan es eben so legitimi ren: Denn ich will meinen Feind todt machen, da gilt mir es nun gleich viel, ob ihn der Tuͤrcke todt schlaͤgt, oder ein anderer. Unterschiedene Bedeutungen des Worts Ra- tio Status. §. 22. Das vocabulum Ratio Status hat allerhand significatus bekommen, daher es auch einige Chameleontem nennen. Fuͤrsten ha- ben ihre eigene maxim en, wodurch sie sich suchen zu conservi ren, und wenn es eine Aristocratie ist, so haben die Aristi wiederum besondere ma- xim en, wie wir bey Venedig und andern Republiquen sehen. Die arcana, wodurch sich Imperantes suchen zu conservi ren, nennen einige raison d’ etat. Thun sie es mediis licitis, so ist diese raison d’ etat zu ap- probi ren: denn ein Imperans hat mit boͤsen Unterthanen zu thun. Die boͤsen Unterthanen nenne ich diejenigen, welche nach dem Regiment greif- fen, da muͤssen freylich die Imperantes auf Kuͤnste dencken, sich zu erhal- ten. Viele Herren aber mainteni ren sich auch durch boͤse Kuͤnste, als wie der Caligula gethan, welches man auch rationem Status genennet. Daher kommt es eben, daß Ratio Status von einigen gelobet, von andern getadelt wird, nicht anders, als wie es auch bey der Politic geschiehet. Cap. III. de Incommodis, quæ homines in omnibus Statibus premunt. Connexio. W Eil nun unser Autor methodo medica gehet, welcher methodus auch andern gefallen, e. g. dem gelehrten Mathematico, Herrn von Tschirnhaus, der Medicinam mentis geschrieben, item dem Vincentio Placcio in Hamburg; so ist kein Wunder, wenn er zuerst die incommoda ansiehet. Denn wer will felicitatem in der Politic erhal- ten, muß auch erst wissen, worinnen die infelicitas bestehe. Daher hat der Autor hier die Klage-Lieder proponi ret, welche theils wahr, theils aber sind es auch fictiones. In vielen Stuͤcken hat er recht, aber man muß es doch alles cum grano salis ansehen. Des Men- schen Zustand ist natuͤrlicher Weise elend. §. 1. Der Mensch ist zwar, wenn man ihn betrachtet, eine solche Creatur, dergleichen er nicht mehr neben sich hat. Wir sehen wohl, daß die Thiere auch eine connoisance haben, aber ihre connoisance ist sehr obscur. Der Hund kennet freylich seinen Herrn, und das Pferd seinen quæ homines in omnibus statibus premunt. seinen Fuͤtterer, aber die Menschen haben vielmehr. Daher hat Leib- niz gemeynet, der Mensch habe eine Wissenschafft von der gantzen Welt, aber die Thiere cognosci rten wenig, sie sehen nur nach ihren instinctu. Der Mensch hat finem, scopum in ratione confectum, in futurum pro- spicit. Auf diese Weise kan man des Leibnitzens Meynung wohl defen- di ren, und noch besser embelli ren, als Herr Wolff gethan. Derjenige aber, so keine amplam cognitionem hat, ist nicht viel besser, als ein Thier. Wenn du deinen Knecht ansiehest, so ist er ein Tumrian, der kennet nichts mehr, als seine Wagen-Schmiere, und seine lederne Hosen. A- ber man siehet, daß wenn der Mensch will eine connoisance haben, so kan er sie erhalten, und kan auch dieselbe vermehren. Deo fit proprior, quo plus cognoscit. Daher nennet man einen solchen Menschen divi- num, nicht, als wenn er Deus wuͤrde, sondern er wird Deo similis, quia multa agnoscit, quia est sapientissimus. Obgleich nun der Mensch rai- sonni ret, und cognitionem amplissimam kan bekommen; so kan er doch auch dieselbe mißbrauchen, er kan in allerhand affect en fallen, und wenn er das thut, so macht er sich nicht alleine ungluͤcklich mit seiner connoi- sance, sondern er macht auch andere Menschen ungluͤcklich, daher nen- net man ihn animal miserrimum; seine affect en beunruhigen ihn. Daß man aber der Meynung des Boileau eines Satyrici seyn sollte, welcher in einem carmine den Esel, und den Menschen mit einander verglichen, und untersuchet, welcher am besten stehe, zuletzt aber den Esel obtini ren laͤs- set, das waͤre absurd. Barbeyrac sagt gar artig vom Boileau, hier ha- be nicht der Mensch, sondern der Esel geredet, vid. Gundlingii Otia. Die comparaison laͤsst man passi ren, aber daß der Esel solle gluͤcklicher seyn, als der Mensch, kan man nicht sagen. Wenn es die Menschen recht einrichteten, so koͤnnten sie in der Welt vielmehr Gluͤck geniessen, als ihnen Boͤses widerfaͤhret. Man kan freylich allerhand naͤrrische comparaisons machen. Ich kan mir eben so wohl als der Boileau vor- nehmen zu zeigen, daß der Mensch weit ungluͤcklicher sey, als der Krebs; aber daß man wuͤrcklich glauben sollte, es sey der Mensch so ungluͤcklich, gehet nicht an. Es sind hier diversi respectus; man muß vielmehr auf eines jeden Dinges naturam sehen. Einige unter denen heutigen Phi- losoph en haben sich nicht vorgesehen, und haben gemeynet, es waͤre in der That so, daß der Esel weit gluͤcklicher, als der Mensch, Msr. Crou- saz hat in seiner Logic eine treffliche consideration von denen compara- tionibus, darinnen er weiset, daß, wenn man wolle comparationes ma- chen, so muͤsse man nicht diversas res nehmen, sondern zwey Dinge von einem Ort muͤsse man mit einander compari ren. e.g. hominem cum ho- H mi- Cap. III. De Incommodis, mine, militem cum milite. Sonst aber, wenn ich diversas res nehme, so ist es nur ein inventum oratorium. Der Pater Rapin hat auch eine comparaison gemacht, zwischen einen Poët en, und einen General, darin- nen er ebenfals zeiget, daß ein Poët weit besser als ein General, da muß man aber nicht dencken, Rapin haͤtte sein Thema trefflich ausgefuͤhret, wie die Journal isten raisonni ren. Denn man koͤnnte auch zeigen, daß ein Schmied besser, als ein General. Hat doch Heinsius auch laudem pediculi geschrieben. Es ist eben als wenn einer disputi ren wollte, ob die Axt besser als der Hammer. Man braucht beydes, und kan man der Axt so wohl als den Hammer eine eloge machen. Diese materie wird sonst in der Logic ausgefuͤhret. Hier kan man solche in der ap- plication sehen. Der Mensch ist also nobilissima creatura, wenn er sei- ne affect en temperi ret, thut er aber dieses nicht, tunc insanit cum ratio- ne, wie Terentius sagt, daher hat Leibniz nicht unrecht, wenn er sagt, man disputi re, ob der Mensch kein plaissir habe in der Welt, und mey- net er, der Mensch koͤnne vielmehr plaissir haben, als mala, si rationem in consilium adhibeat. Wenn er nicht nach der Ver- nunfft agi ret. §. 2. Wenn also der Mensch nicht secundum rationem handelt, wird er ungluͤcklich, denn die societates sind darum entstanden, daß wir sollen vernuͤnfftig leben; hergegen wenn die Menschen unvernuͤnfftig wer- den, sie geben nicht achtung, sind nicht vigilant, so thun sie sich Tort; daher saget man auch in der Moral, die attentio sey der erste gradus zur Vernunfft, daß man zur Untugend gelangen kan. Ist einer attent, so compari ret er mala \& bona; agi ren wir aber nach unserm instinctu naturali, so sind wir wie die Kinder, welche alles haben wollen. Daher sagt man auch von Leuten, sie schaͤmen sich nicht, die Thiere schaͤmen sich auch nicht; hoͤret man aber: crubuit, tum salva res est. Denn da hat einer nachgedacht, und gesehen, daß es contra dignitatem. Betrachtung solches Elen- des, 1.) in dem Statu hominis absoluto. §. 3. Es kan nicht anders seyn, daß wenn wir unsere Vernunfft nicht gebrauchen, so negligi ren wir unsere Gesundheit. Ein Thier agi- ret nach seinem instinctu naturali, und wenn man es allein laͤsset, non excedit modum, es isset und trincket nicht mehr, als quantum sat est. Daher leben auch die Thiere laͤnger, als die Menschen: wie alt werden nicht die Raben, und die Hirsche, wenn sie nicht per violentiam derer Menschen ums Leben gebracht werden. Man hat An. 1497. bey Kay- serslautern einen Hecht gefangen, welcher 19. Schuh lang gewesen, und unter den Floß-Federn einen silbernen Ring gehabt, und zu Zeiten Fride- rici II. a. 1230. hinein gesetzet worden, das sind 267. Jahre. Es ist gantz gewiß, und findet man viele documenta, vid. Marqu. Freher. in Ori- ginibus quæ homines in omnibus statibus premunt. ginibus Palatinis, aus welchen es Töllner genommen. conf. quoque Leh- manni Chron. Spir. \& Sigism. von Bircken im Oesterreichischen Ehren- Spiegel. Hergegen die Thiere, welche sie unter denen Menschen sind, werden ruini ret, welches wir an den Hunden und Pferden sehen: Denn der Mensch ist so wunderlich, daß er denckt, was er esse, muͤsse der Hund auch haben, der Hund bekommt sein Brod, seine Suppe, und auch sein Stuͤck Braten. Manche Narren lassen gar dem Hund einen Tisch decken. Endlich wird der Hund so dicke, wie sein Herr; er will kein Brod mehr fressen; kan auch nicht mehr bellen, und nach etlichen Jahren ist er todt. Manche geben auch ihren Hunden und Pferden Wein zu tꝛincken, es ist ihnen aber schaͤdlich, weil es wider ihre Natur. Unser HErr GOtt hat die Thie- re circumscribi ret, und braucht es nicht, daß du sie tractirest wie dich. Ob nun gleich die Menschen nichts pretioͤsers haben, als die Gesundheit, so nehmen doch die wenigsten solche in acht, und brauchen keine Vernunfft. Wenn es dem Menschen wohl schmeckt, so frißt und saͤufft er drauf loß; consideri ret aber nicht seinen Magen, wie viel derselbe vertragen kan, da doch das viele Essen einem so wohl schaden kan, als ein Rausch. Ein junger Mensch kan freylich alles vertragen, wenn er wacker arbeitet, unterdessen thut es ihm doch schaden. Also leben solche Leute unver- nuͤnfftig, wie das Vieh, und noch viel schlimmer, denn das Vieh thut dergleichen nicht einmahl, wenn es nicht von Menschen irritiret wird. Man muß auf seinen Magen und Leibes-Constitution sehen, wenn man wissen will, wie viel man vertragen kan. Mr. Perefix hat in seinem Le- ben des Henry le Grand artig hievon raisonni ret, daß er eine comparaison angestellet, zwischen den Hertzog von Maine, und Henrico IV. Er sagt: Henricus IV. habe eine grosse avantage gehabt, weil er von Jugend auf wohl erzogen worden, und in Krieges-Sachen sey instrui ret worden; er sey auch klein und dabey vigilant gewesen; Hergegen der Hertzog von Maine waͤre eine grosse machine gewesen, der haͤtte mehr muͤssen essen und trincken, das habe mehr Zeit erfordert. Wer viel isset und trincket, muß laͤnger schlaffen, ex consequenti stehet er spaͤter auf, er legt sich eher nieder, er kan nicht so geschwinde gehen und reiten, als einer der klein ist, er wird auch eher muͤde. Daher hat auch zuletzt Henricus die Oberhand behalten. Dieses ist eine admirable consideration, und fin- det man hier eine rechte comparaison: Denn hier wird Dux \& Dux compari ret. Man kan also nicht anders urtheilen von der Gesundheit des Menschen, als daß man auf seine machine siehet. Mancher ist von Natur schlecht beschaffen, er bringet eine elende Leibes-Constitution mit auf die Welt, daran Vater und Mutter schuld sind. Mancher be- H 2 kommt Cap. III. De Incommodis, kommt den Stein und das Podagra schon im neunten oder zwoͤlfften Jahre, da muß einer freylich drauf sehen. Daher hat Sturm in einer besondern dissertation, welche bey seiner Philosophia eclectica stehet, gewiesen, daß die meisten Menschen avtochires und Ursach an ihrem Verderben. Und wenn man es beym Licht besiehet, so ist es wahr: Denn alle Menschen stuͤrmen auf ihre Natur loß. Die schlechten Leute, welche cibum \& potum æquabilem haben, nicht in Venere excedi ren, leben am laͤngsten. Die Affecten ruiniren auch die meisten Menschen: man siehet, wie viel Leute am Zorn sterben. Denn wenn einer sich erzuͤrnet hat, und er kan sich nicht gleich helffen, so ist er in kurtzer Zeit todt, er naget an Knochen, und wird vor der Zeit grau. Daß die Venus viel ruiniret, ist bekannt, die Exempel sind am Tage; die Frantzosen werden bey uns noch angese- hen werden, wie eine Kranckheit, die man sonst hat; denn das Ding communiciret sich. Vor diesem waren keine Pocken in Europa, und hat Mr. Richard Mead, ein Englischer Medicus, in einem besondern Tractat gewiesen, wie sie nach Engelland kommen. Die Pocken sind aus Africa kommen, und wissen wir noch die Zeit, wenn es geschehen. Wenn man die Portraits der alten Roͤmer ansiehet, so wird man finden, daß keiner pocken-gruͤbig. Die Frantzosen sind auch aus Africa kommen. Erasmus hat schon angemercket, daß fast alles Ungluͤck aus Africa kommen; alle idololatrie kommt daher. Das pretiosissimum also, was der Mensch haben kan, ist sanitas, und doch ist der Mensch so tumm, daß er sie nicht in acht nimmt. Mors ist freylich ein naturale quidpiam, und muß man hier des Pfaffs dissertation de morte naturali lesen, welches eine schoͤne piece: unterdessen kan man doch laͤnger und commod er leben, wenn man sucht seine Gesundheit zu conservi ren. Ich bin noch nicht alt worden, und ist doch der Rath zu Nuͤrnberg schon in der Zeit uͤber anderthalb- mahl ausgestorben, worinnen mehrentheils Leute von meinem Alter ge- wesen. Das macht, sie sauffen dort den Francken-Wein zu starck, und haben ein dickes Bier, dadurch entstehet ein dickes Gebluͤth, das kan nicht circuliren, daher sterben sie bald. Die wenigsten bringen ihr Leben uͤber 40. Jahr, im 30sten Jahr bekommen sie schon Kupffer im Gesichte, wird einer 60. 70. Jahr alt, so ist es ein grosses Wunder, der hat etwa eine rechte Diaͤt gehalten; sie sauffen sich alle einen dicken Wanst. Die alten Gaulois und auch schon die Roͤmer haben nicht wollen leiden, daß die Leute sollten so dicke seyn. Sie haben ein cingulum, ein gewisses Maaß gehabt: Wenn ein Eques bey denen Roͤmern das uͤbertroffen, so haben sie gesagt: er koͤnne nicht mehr Eques seyn, und hat ihm der Censor sein Pferd genommen: denn der Censor muste darauf acht geben. vide disser- quæ homines in omnibus statibus premunt. dissertat. meam in Gundling. de Censoribus. In Franckreich haͤlt man noch auf eine schoͤne taille; daher sind eben die Frantzosen gute Reuter: Denn die Reut-Kunst ist kommen aus Spanien und Franckreich. Aber was die Geschwindigkeit anlanget, so uͤbertreffen doch die Frantzosen die Spa- nier, sonderlich ist die Reut-Kunst unter Ludovico XI. sehr excoli ret wor- den. Unsere Teutschen sind vor diesem nicht allein aͤlter worden, son- dern auch gesuͤnder gewesen. Man findet, daß Leute von 70. Jahren noch haben koͤnnen auf ihr Pferd springen, und mit zu Felde gehen. Otto M. welcher uͤber 70. Jahr alt worden, ist sein Tage nicht kranck gewesen, als wenn er etwan auf der Jagd gewesen, und sich Schaden gethan. Endlich starb er am Schlag. Das thut sehr viel zur Gesundheit, wenn man immer einerley Speise hat. Mr. Ricaut und auch Lauardin, in seiner Persischen Reise-Beschreibung erzehlet von denen Tuͤrcken, daß die- selben eben deßwegen so alt werden, weil sie bestaͤndig Reiß essen. Es sind Janitscharen, welche uͤber 70. Jahr alt sind, und doch noch mit zu Felde gehen; ob gleich die Tuͤrcken in Venere excedi ren, weil sie viel Weiber ha- ben; so haben doch viele angemercket, daß wenn man es beym Lichte besaͤhe, so thaͤten die Tuͤrcken nicht mehr als ein anderer, der nur eine Frau habe. Stahl, welcher sonst Professor allhier gewesen, jetzo aber Leib- Medicus in Ber- lin ist, hat eine Dissertation geschrieben, de diæta in cibo \& potu æquabi- li, darinnen sagt er, es kaͤme nicht drauf an, daß einer wenig esse und trincke, sondern es muͤsse einer cibum \& potum æquabilem haben. Was thun wir aber? Heute haben wir einen Fisch, eine fricassée, morgen wie- der was anders, das wird so in den Menschen hinein gepfropfft. Man trinckt zu einer Zeit etliche Weine, und da ist kein Wunder, daß unsere Natur abnimmt, und wir nicht alt werden. Wuͤsten wir, warum die Alt-Vaͤter so alt worden, so wuͤrde man gar leicht koͤnnen daraus eine Ursache entdecken, warum es heut zu Tage nicht nicht geschiehet. Ein Medicus, Nahmens Ramazzini, hat dem Hertzog von Modena zu Ehren auch ein schoͤn Buch geschrieben de Tuenda Valetudine, in einem schoͤnen Lateinischen Stilo, worinnen er fast auf einem jeden Blat eine besondere observation hievon gemacht. Es hat St. Euremont einem Englischen Gesandten, welcher in Holland gewesen, zu Gefallen einen Dialogue ge- schrieben de la Santé, welcher bey seinen uͤbrigen operibus zu finden, dar- innen hat er auch vieles vom Ruin der Gesundheit. Der Dialogue war erst sehr rar, er ist aber in Holland wieder aufgeleget worden, und nunmehr zu bekommen. Dieser St. Euremont war ein bel Esprit, der von allen æstimi ret wird, er wuͤrde noch mehr hervor geleuchtet haben, wenn er H 3 §. 4. 5. Cap. III. De Incommodis, 2.) in dem Sta- tu adventitio, und insonder- heit zwischen Ehe-Leuten. §. 4. 5. Es ist nicht gut, daß der Mensch alleine sey, welches wir nicht allein in der Bibel finden, sondern es kan auch ein jeder gar leicht solches mit seiner Vernunfft assequi ren. Daher sagt der Autor, da der Mensch siehet, daß vita Solitaria sich nicht vor ihm schicke; so soll er in Societate leben cum aliis. Und wenn ich den Menschen ansehe, als tu- gendhafft, so nutzt es ihm freylich nicht so viel, si solus sit, sondern es wird sein Leben versuͤsset, si plures sint, quibus una esse possit. Es wuͤr- de auch das menschliche Geschlecht gar nicht bestehen koͤnnen, wenn ein jeder wollte vor sich leben. Weil nun die societas eine neue obligation wircket gegen andere, ohne welche ich wenigstens nicht commode seyn kan; so entstehet daher eine obligatio composita, die eine obligatio gehet auf mich, ut caste, sobrie, temperanter vivam; die andere aber gehet ge- gen andere Menschen. Da aber die Menschen von der obligatione ab- gehen, und andere Menschen nicht so respici ren, als sich selbsten; so negligi ren sie æquitatem. Dadurch ist es geschehen, daß man denen Menschen wollen per Societates ein remedium schaffen, besser zu leben, und daß auch gloria Dei eher soll promovi ret werden, so sind ihnen die Societates zur Lust worden. Daher hat Pere Lamy in seiner Theologia Morali Sie ist Frantzoͤsisch per Dialogos geschrieben. Es ist Schade, daß es nicht ein recht Systema; aber er hat es mit Fleiß gethan, um sich nicht in der Reli- gion verdaͤchtig zu machen. Dieser Bernhard Lamy war ein Pater Oratorii in Franckreich, und muß man ihm unterscheiden von dem Francisco Lamy, einen Benedictiner Moͤnch. Er war ein Moralist, ein Theologus, Chrono- logus. Dieser hat auch l’art de parler geschrieben. gesagt: Hobesius waͤre sonst ein Mann, welcher paradoxe prin- cipia habe; aber hier habe er gantz recht, wenn er meyne, der Mensch habe eine natuͤrliche inclination ad Societates, und wuͤrde nicht froh seyn, wenn er alleine waͤre, und von Engeln bedienet wuͤrde. Auch die Laster- hafften Menschen inclini ren ad Societates. Ein homo avarus will gerne andere Menschen um sich haben: Denn er will gerne schachern, und an- dere betriegen. Einen Wolluͤstigen ist es der Tod, wenn er soll alleine seyn. In abstracto hat es also gar wohl seine Richtigkeit, daß die Men- schen er recht haͤtte studi rt, so aber war er nur ein Soldat; durch sein boͤses Maul aber hat er verursachet, daß er aus Franckreich heraus muͤssen gehen. Denn er hat den Koͤnig in Franckreich und den Mazarin satyrisi ret in seinem Buch, welches er von dem Pyrænæi schen Frieden geschrieben Sub tit. la paix ridule. Sie haben ihn auch in Franckreich nicht wollen pardoni ren, daher ist er nur herum vagi rt, und bald in Holland, bald in Engeland gewesen. Auf die letzte hat ihm Koͤnig William in Engeland eine pension gegeben, daß er die Enten vor seinen Palais gefuͤttert, er ist uͤber 90. Jahr alt worden quæ homines in omnibus statibus premunt. schen Societates gebrauchen; aber viele sind nicht geschickt ad Societates, sie verderben nur die Societates, alsdenn waͤre es ihnen besser gewesen, wenn sie alleine geblieben. Bey einer Societ aͤt ist nicht gnug, wenn einer sein devoir in acht nimmt, sondern es muͤssen solches alle thun. Pere Lamy hat hier eine artige observation, welche aber ad Catholicismum faͤllt, wenn er daraus schliessen will, daß die Menschen obligi rt waͤren ad vitam solitariam. Darin- nen hat er unrecht. Er raisonni ret erst admirable, wenn er saget: nicht alle Menschen schicken sich ad Societatem, sie haben differente Absichten, dif- ferente inclinationes, und machen einander nur das Leben sauer, und da lasse ich vitam solitariam, als ein remedium passi ren, welches auch unser Autor concedi rt, aber deßwegen kan man nicht die conclusion machen: Ergo ist das Moͤnchs-Leben, und Eremitische Wesen hoͤchst nothwendig. Man raͤth freylich einem Menschen, der in boͤser Gesellschafft lebet, daß er sich separi ren soll, und solus agere cum solo. Es gehoͤret eine Kunst darzu in Societate zu leben. Darzu contribui ret viel eine gute Education, daß man die Leute von Jugend auf instrui rt, wie sie in einer Societate sollen leben, sonst werden es in utilia reipublicæ pondera. Die Societas conjugalis ist eine unvergleichliche Societas. Sie ist ein Paradieß; Wenn du dich mit deinem Ehe-Gatten conjungi rest, und sie dir folget, du must freylich gescheut seyn, wenn sie dir folgen soll. Denn wie will ein Blinder dem andern den Weg weisen. Weil nun aber mehrentheils keines sein devoir nicht in acht nimmt, so kommt es daher, daß die meisten Ehen ungluͤcklich. Die Ehen werden auch nicht recht choisi ret. Die Menschen koͤnnen freylich heyrathen, wenn sie tuͤchtig sind ad generandum, denn waͤre er impotens, so kan er nicht heyrathen. Mancher ist potens von Natur, per vagas libidines aber verursachet er, daß er impotens wird, und hernach kein tuͤchtig Kind zeugen kan. Carolus VIII. hielt sich viel Maitressen; Da er hernach bey seiner Gemahlin war, und sein genus sollte immor- tale machen, so war er nicht mehr in dem Stande, und endlich kam noch ein elender Printz auf die Welt. Man kan hier nachlesen, was Bayle in seinem Dictionaire Historique Critique sub voce Luis XI. hat. Wer also sich recht einrichtet, dem kan die Societas conjugalis nuͤtzlich seyn. Er kan auch plaissir haben; man hat auch an denen Kindern seine Lust. Und ist kein Zweiffel, daß wenn es einem ungluͤcklich gehet, ih- nen ein grosses soulagement ist, wenn er Sociam fortunæ, daß aber die meisten Ehen ungluͤcklich sind, kommt ex instinctu naturali: Non ineun- tur cum ratione. Einer nimmt ein Mensch wegen ihres Reichthums, der andere wegen ihrer Schoͤnheit, und siehet gar nicht auf Tugend. Wenn nun aber ein Mensch gleich huͤbsch und reich ist, sie hat keine Auf- Cap. III. De Incommodis, Auferziehung, keine Tugend, keine Religion, so ist es nichts. Hiob war ein frommer Mann, wurde aber von der Frau geplagt. Socrates hatte auch eine Frau, welche ihm manche materiam mordacem auf den Kopff gegossen. Wiewohl ein Magister in Leipzig die Xantippe defendi ren wol- len, daß sie nicht so arg gewesen, als man sie sonst beschreibet. Die Tu- gend alleine macht, daß wir unser devoir in acht nehmen, und wenn du gleich tugendhafft bist, der andere aber ist es nicht, so ist es auch nichts. Es ist manchmahl ein Ehe-Gatte so schlimm nicht, aber er hat eine gantz andere Meynung, als der andere, ein gantz ander Temperament, da schi- cken sie sich auch nicht zusammen. Die Germana de Foix, welche den Ferdinandum Catholicum heyrathete, war gantz anders, als er. Ferdi- nandus war ein Melancholicus, sie aber tantzte und sprang immer, wenn er mit ihr von Staats-Sachen reden wollte, so sprang sie herum, und konnt ihn nicht leiden. Daher wenn man dir Sache in abstracto an- siehet, so waͤre gut, daß man allezeit saͤhe, ob auch conjunctio animorum da, ob sie solche temperamenta haben, die bey einander stehen koͤnnen. Sind sie einander contrair, und sie kommen doch zusammen, so entste- het nichts als Haß und Feindschafft. Wir heyrathen aber mehren- theils par hazard: Denn wir haben keine conversation; und wenn wir erst wollen mit einander conversi ren, so bekaͤmen diejenigen, mit welchen wir conversi rten eine blame. Das macht unsere verderbte Lebens-Art. Die grossen Herren lassen es vollends auf Portraits ankommen; da ge- schiehet es denn, daß die Ehe selten gut ausschlaͤgt. Daher findet man von Henrico VIII. Koͤnig in Engeland, daß er seinem Gesandten lassen den Kopff abschlagen, weil er ihm ein Portrait geschickt, welches hernach gar nicht mit dem Original uͤberein kommen. Wenn man auch gleich conversi rt, so kan es doch nicht durch eine eintzige conversation gesche- hen: Denn die Leute zwingen sich, und hernach, wenn sie zusammen kom- men, so zeigen sich erst die Laster. Hergegen wenn man eine Zeitlang mit einander umgehet, da kan man erst sehen, was an einem zu thun: Denn die simulation kan nicht bestaͤndig dauren; Da laͤßt man die Af- fecten blicken, und kan einer leicht sehen, was er vor einen Engel bekom- men wird. Herr Thomasius hat eine Dissertation gehalten vom Ja-Wort, worinnen er unschuldiger Weise gesagt, es waͤre gut, daß man vorher mit einander conversi rte, damit man eines jeden inclination sehen koͤnn- te, und hat er eben die Gedancken, welche hier proponi ret werden, da hat man in Wittenberg eine Dissertation dargegen gehalten, und gemeynet, was das waͤre, wenn man da wollte conversi ren, man braͤchte eine in bla- me, das waͤre also was inpracticables, Furettiere, der das vortreffliche Di- quæ homines in omnibus Statibus premunt. Dictionaire de l’Academie Françoise gemacht, hat einen Roman Bourgeois geschrieben, den man in Holland nachgedruckt, in welchen curiö se Sa- chen zu finden sind: Da sagt er gar artig: Die Buͤrger haͤtten keine gute opiniones von der conversation, und ehe man sichs versaͤhe, so hies- sen sie Braut und Braͤutigam, hergegen vornehme Leute conversi rten erst eine Zeitlang mit einander, daß sie erst einander kenneten, ehe sie sich wollten zusammen begeben. Er hat auch unter andern einen Cavallier eingefuͤhret, welcher ein Buͤrgers-Maͤdgen wollen heyrathen. Dieser klinget in einem Hause an, indeß kommt das Maͤdgen herunter, und machet auf, sie fragt, was er wollte haben? er antwortet: er habe ge- hoͤret, daß sie eine vernuͤnfftige Demoiselle seyn sollte, daher wollte er gerne, in Beyseyn ihrer Eltern, mit ihr conversi ren. Das Maͤdgen fragt, ob er wolle heyrathen? er erschrickt daruͤber, und sagt, er wolle nur erst die Ehre haben, sie kennen zu lernen. Da antwortete das Maͤdgen, wenn er nicht wollte heyrathen, so sollte er sich nur fortscheeren, und ihr keine blame machen. Mancher Mensch ist freylich subçonnant, als wie die Spanier, mancher ist luxuriös, und daß wir Teutschen nicht besser sind, siehet wan leicht. Wiewohl Furettiere erinnert, daß obgleich die Frantzosen luxuriös, so conversi ret man doch unter denen Vornehmsten starck, und koͤnnen viele darzu gelangen, welche Geld koͤnnen dran wen- den. Wenn gleich manchmahl sottis en mit unter lauffen, deswegen kan man es nicht aufheben. En general ist also gar nicht unrecht, was Herr Thomasius gesagt, sonst meynen auch einige, weil man bey einigen vor- nehmen Leuten wenig Tugend antraͤffe, so muͤsse man ein schlecht Mensch nehmen. Dieser Meynung ist auch Aventinus gewesen. Allein man kan hier nachlesen, was Bayle in seinen Diction. Histoir. Crit. sub voce Aventinus sagt, welches man ohne Lachen nicht lesen kan, dieser erzehlet, daß Aventinus von derselben sehr gequaͤlet worden. Man kan also auch hierauf nicht sehen. Alles kommt darauf an, ob sie tugendhafft ist. §. 6. Da wir von unsern Kindern sollten Ehre und Freude ha- Zwischen El- tern und Kin- dern. ben, auch ein adjutorium, wenn sie groß, und wir alt werden, so geschie- het solches nicht; wir haben Verdruß, dum male eos educamus, daher wird Cap. seqq. gewiesen werden, was bey der education zu observi ren, und wie man es machen solle, daß einem die Kinder Freude erwecken. Bisweilen kan ein Kind gute Auferziehung haben, und doch verfuͤhret werden, also ist keine regula sine exceptione, aber mehrentheils kommt das Ungluͤck von der education her, wenn die Kinder nicht wohl gerathen. Wer bekuͤmmert sich sonderlich um die Auferziehung seiner Kinder. Cicero, welcher ein gelehrter und judiciö ser Mann zu seiner Zeit gewesen, J hatte Cap. III. De Incommodis, hatte doch einen Sohn, der gar nichts gethan; es war ein alberer und wilder Mensch. Da muß freylich in der Jugend seyn was versehen wor- den. Selten haben Leute, die von Meriten sind, wohlerzogene Kinder. Man hat einen Frantzoͤsischen Staats- Minister deßwegen vor sehr gluͤck- selig geschaͤtzet, daß seine Kinder alle in die Hoͤhe kommen, und kein ein- tziges davon umgeschlagen. Er hat sie examini ret, damit er sehen moͤchte, wozu sie inclini ret, daher hat er etliche bey Geistlichen, etliche bey Staats- und etliche bey Krieges-Sachen angebracht. Wenn es nun denen Eltern ungluͤcklich mit denen Kindern gehet; so wuͤnschen viele, daß sie gar keine Kinder haͤtten: denn die Kinder machen gar grosse Muͤhe, wenn sie so jung sind, so weinen sie immer, und meynet Lock in seinem Tractat de l’ education des Enfans, man sollte sie lassen schreyen, denn dadurch wuͤr- den die pulmones aufgeblasen, und bekaͤmen sie eine gute Stimme. Er sagt auch, man muͤsse die Kinder sich lassen mit einander zancken, nur duͤrfften sie sich nicht schlagen. Es koͤnnen auch die Eltern nicht sine ira- cundia seyn, und wenn alles vorbey ist, daß wir dencken, wir haben sie in die Hoͤhe gebracht, so kommen noch die Bengel-Jahre, und die Toͤch- ter haͤngen sich an Galans, bisweilen gar an Knechte. Eher nun die Soͤhne die Bengel-Jahre durchbringen, gehet mancher zu Grunde. Wenn einer nur seine guten Freunde nach einiger Zeit ansiehet, die er auf Univer- sitaͤten gehabt, so wird er sehen, wie viele zu Grunde gegangen: da hat einer dieses, der andere jenes Ungluͤck gehabt. Das macht alles unsere schlechte disciplin, und daß wir die Leute nicht bald verheyrathen, da kommt es denn, daß sie offt ein pudeat einlegen, und ein Kind extra ma- trimonium erzeugen, dadurch verschertzen sie ihre fortune; denn man verfolgt solche Leute aufs aͤusserste. Wir koͤnnen vor dem 30sten Jahre zu keiner consistenz kommen, und wer seine Kinder eher etabli ren kan, der thut sehr wohl: Denn sie entgehen vielen lasterhafften Beginnen, und naͤrrischen Haͤndeln; sie koͤnnen alsdenn nicht mehr so petulant leben, schaͤmen sich, und wuͤrden von ihren Kindern ausgelacht werden, wenn sie noch so albern wollten leben. Wenn wir auch alle unsere Kinder etabli ret, so sehen wir doch den Vater gerne sterben, und wenn sie nichts gelernet, so soll sie der Vater ernehren, und ihnen dasjenige geben, was er erworben. Msr. Bayle hat in seinen Diction. Hist. Crit. unter dem Wort Musquet, eine artige digression gemacht, und weiset, was die El- tern vor Elend haben mit ihren Kindern. Aber es dependi ret meist von der Eltern education. Bißweilen kommt freylich ein Cham, ein Abso- lon mit unter, welcher seinen Eltern Ungluͤck macht, ob sie gleich alle Muͤhe angewendet, dergleichen man in allen Historien findet, auch in der quæ homines in omnibus Statibus premunt. der Bibel, und ist von Anfang der Welt so gewesen. In denen alten Sinesischen Gesetzen hat man sehr die Auferziehung und severam disci- plinam recommendiret: Denn die Sineser kommen von dem Japhet, und haben gute traditiones. Sie haben auch parentem Deum genennet, welches Spanheim in notis ad Callimachum gewiesen. Guilielmus For- nerius in seinen Select. Juris hat auch eine schoͤne observation hievon. Hier ist der Muͤhe werth, daß man den Bülfinger lieset, da man sehen kan, daß die Leute auf einem rechten Wege gewesen. Jetzo aber sind auch die Chineser in vielen Stuͤcken abgegangen, sie huren starck. So lange die Roͤmer severam disciplinam gehabt, hat es in ihrer Republic wohl gestanden; so bald sie puberes waren, hatten sie keine curatores noͤthig. Unter dem Kayser Antonio Philos. haben sie erst muͤssen curatores haben, da sie aber doch dieselben duͤrffen wehlen. Mir hat ein Mann, der eben kein groß iudicium hat, eine observation gemacht, und meynete, er koͤnte sich dieses nicht einbilden. Allein er sahe auf unsern heutigen Zu- stand, da wir gar eine lache Auferziehung haben, deßwegen freylich noͤ- thig ist, daß wir ihnen curatores setzen. Unsere alte Teutschen sind alle auch muͤndig worden im 18ten Jahre, nur die Sachsen und Angli haben 21. Jahr gehabt. Wenn sich da ein Sohn nach dieser Zeit nicht wohl in acht nahm, den hielt man vor einen liederlichen Kerl, und meidete ihn jederman. Wie Kinder recht sollen erzogen werden, hat Lock in seinem Traité de l’ education des Enfans wohl gewiesen. Der Abt Fe- nelon, welcher nachgehends Ertz-Bischoff in Cambray worden, und we- gen seines Telemaque beruͤhmt, hat auch einen Tractat von Erziehung der Toͤchter geschrieben, welchen Franck ins Teutsche uͤbersetzet. Mons. Crousaz, Prof. zu Lausanne, hat auch einen Traité de l’ education des En- fans geschrieben, worinnen lauter naͤrrische Sachen, welches er mit Fleiß gethan; es ist ein Buch wie des Machiavelli Princeps. Man findet darinnen lauter principia, wie es hodie zu gehen pfleget. Er hat auch Verdruß gehabt von denen Priestern. Zuletzt aber wurde ein Gelaͤchter daraus, denn sie sahen, daß er es vor sich nicht so practici rete. Das Buch ist sehr plaissant zu lesen, und kan man es mit dem Lock lassen zu- sammen binden. §. 7. Ein jeder wird leicht sehen, daß man die Knechte deßwegen Zwischen Her- ren und Knech ten. choisi ret hat, daß sie uns succurri ren sollen, damit wir bey denen vielen andern officiis, so wir verwalten, moͤgen ein soulagement haben. Denn wenn wir wollten alle knechtische Dienste selbst verrichten, so koͤnten wir unsere opificia, officia nicht abwarten. Gesetzt, es ist einer ein Soldat, wo will der koͤnnen aufsitzen, und sich equippi ren, wenn derselbige Knechts- J 2 Dienste Cap. III. De Incommodis, Dienste thun sollte. Daher hat man Tummrians erwehlet, welche dergleichen Dinge thun muͤssen. Diese sind sonst zu nichts faͤhig, und wollen doch leben; daher begeben sie sich zu einem, ut habeant vestitum, cibum \& potum. Und eben weil sie Tummrians sind, sollte der Herr drauf dencken, wie er sie koͤnte kluͤger machen; aber es geschiehet nicht; Thaͤten aber solches die Herren, so wuͤrden sie auch besser Gesinde haben. Da fehlet aber dem Gesinde eine connoissance; sie haben keine Tugend; keine Erbarkeit, non secundum rationem vivunt. Waͤre das Gesinde klug, so wuͤrde es auch erbar seyn. Es ist bekannt, daß der Eleasar, Abrahams Knecht von Damascus war, da suchte ihn Abraham, wel- cher die wahre Religion hatte, erst einen cultum, eine religion beyzu- bringen. Hernach haͤtte sich dieser Knecht, wie man heute zu Tage zu sagen pflegt, bey dem Abraham lassen todt schlagen; Cromwell hat in diesem Stuͤcke recht kluge principia gehabt, welcher noch kurtz vor seinem Tode gesaget: Wenn er wuͤste, daß einige unter seinen Bedienten waͤren, die nicht tugendhafft, so wolle er solche abschaffen, oder ins Gefaͤngniß legen. Ein jeder klaget uͤber sein Gesinde; das kommt eben daher, daß man solches nicht unterrichtet. Die Herren taugen selbst nichts; daher ist sehr gut, daß man Waysenhaͤuser hat, und die Leute gescheut auferziehet, damit sie wissen, was sie glauben sollen, und warum sie es glauben: Denn es ist doch gar eine grosse Kunst, Leute zu instrui ren. Wenn einer eine Frau nimmt, so kriegt man alsdenn Knechte und Maͤgde, die ma- chen alles Ungluͤck, die stehlen; da ist es eine Kunst Commando in sei- nem Hause zu halten, damit alles sapienter zugehe. Daher hat Bayer, so erst in Leipzig gewesen, und hernach nach Wittenberg kommen, nicht unrecht in einer oͤffentlichen dissertation defendi ret, daß es besser sey, wenn wir servos auf Roͤmische Art haͤtten. Denn unsere Knechte sind wie das Vieh; sie wissen offt nicht, ob ein GOtt oder etliche sind. Bey denen Roͤmern aber ist das die Commoditaͤt gewesen, daß sie koͤnnten ihre Knechte castigare, ad obedientiam anfuͤhren, auch nach ihren prin- cipiis zur aͤusserlichen Erbarkeit. Nun ist wahr, daß zwar die orphano- trophea koͤnnen helffen, daß man besser Gesinde bekommt; aber sie thun solche so bald heraus, man sollte sie drinne lassen, usque ad annos dis- cretionis. Was kan nun wohl bey uns gutes werden, da das Gesinde blos auf seinen Nutzen siehet, und das nennen sie Nutzen, wenn sie den Herrn koͤnnen betriegen. An etlichen Orten haben sie gar Gesinde-Ord- nungen, die helffen aber alle nichts, die Knechte und Maͤgde haben kei- nen fond von der Pietaͤt, die force kan da nicht alles ausmachen, so wenig als ein Princeps bey seinen Unterthanen alles par force zuwege bringen kan: quæ homines in omnibus statibus premunt. kan: denn darum hat man eben die Lehrer in civitate. Der Herr ist am meisten daran schuld, daß das Gesinde nichts taugt. Man sparet bey dem Gesinde, und giebt ihnen nicht viel, daher muͤssen sie sich auf eine andere Art suchen zu helffen, und stehlen. e.g. Hier giebt man einer Magd 8. bis 12. Rthlr. das gantze Jahr uͤber, und laͤßt sie noch dabey hungern, deßwegen hat man kein tuͤchtig Gesinde, sie sehen bey dem Herrn einen Ehrgeitz, daher suchen sie sich zu revangiren, und wenn sie koͤnnten einen Schaden wehren, so lassen sie es gehen, lachen heim- lich druͤber, wenn dem Herrn was zu Grunde gehet. In Holland sind sie weit kluͤger, da geben sie denen Maͤgden vielmehr, und kan eine Magd sich so viel erwerben, daß hernach ein Handwercks-Mann kommt, und sie heyrathet. §. 8. Wir supponi ren, daß die Hauß-Vaͤter in civitate sub im- Daß die in- commoda des privat- Stan- des durch den statum civilem noch vermeh- ret werden. perio sind, und sollte man meynen, wer einem Haußhalt angeleget, der stuͤnde in complemento felicitatis; allein sie haben eben vieles auszuste- hen. Man promovi rt nicht so wohl die Handthierungen, welche die Hauß-Vaͤter anfangen, sondern man verhindert sie vielmehr. Ihre intention ist, daß sie wollten etwas erwerben; sie wollten ihre Kinder ernehren, da werden sie aber greulich geschoren, und wenn sie auch was profiti ren, so geniessen sie nicht fructus ihrer Arbeit. Man findet keine justiz, consequenter wird man nicht defendi ret. Einer aber der soll Hand- thierungen treiben, muß defendi ret werden, wenn es soll von statten ge- hen. Es giebt wohl Gerichte, aber wenn einer 6. Rthlr. erhalten will, so kostet es ihm 30. Rthlr. Daher ist es so viel, als wenn gar keine justiz da waͤre. Weil nun eine inæqualitas in civitate, so supprimi ret auch der potentior den schwaͤchern. In Franckreich, Holland und En- geland flori ren die Commercia, aber man findet auch daselbst, daß die Leute geehret werden. Wenn man aber mancher Orten in Teutschland einen Kauffmann ansiehet, so findet man, daß er vor veraͤchtlich gehalten wird; Daher waͤre einer absurd, der sich an einem solchen Orte setzte, wo er verachtet wird. Man sollte freylich die Leute ein wenig tondere, daß sie nicht so viele Wolle haͤtten, so aber legt man ihnen so viel vecti- galia auf, daß sie kaum koͤnnen Athen hohlen. Das disponi ret denn die Leute zu einem mecontentement. Denn alles Ungluͤck kommt von der inæqualitate. Wenn wir auch die ersten Unruhen ansehen, welche in ipsis familiis entstanden, so finden wir, daß die inæqualitas daran Ur- sach, daher haben sie sich separi ret. Multo magis cum jam imperium adest, querimoniis replentur omnes domus. J 3 §. 9. Cap. III. De Incommodis, Daß aber die Unterthanen daran meist selbst Schuld. §. 9. Sie sind aber selbst Schuld dran, quia otio \& luxui dediti sunt. Luxus machet paupertatem; die paupertas aber verursachet, daß sie nichts zu nagen, und zu beissen haben. Non removeo culpam ab im- perantibus; aber wir muͤssen auch der andern ihre defectus beobachten. Das hat Hobbesius de Cive schoͤn gewiesen, der sagt auch: es waͤren wohl die imperantes viel Schuld dran, aber die patres familiæ selbst ver- ursachten auch vieles. Er giebt das schoͤne Gleichniß, und saget: Wenn die Menschen zuviel gegessen und getruncken, so sagen sie, der Alp habe sie des Nachts gedruckt. Da sagt Hobbes: es thut solches die Hexe nicht, sondern der Magen, daß sie so viel gegessen und getruncken haben. Al- so sagten sie auch, der imperans druckte sie, da sie doch luxuriosi, und wenn sie arm werden, so schieben sie es auf den imperantem. Dazu kommen hernach auch noch die otiosi, welche die Leute encouragi ren zu boͤsen Anschlaͤgen, zu Aufruhr, von welchen bisweilen auch die Geistlich- keit nicht auszunehmen, ut infra clarius dicam. Ein eintziges Exempel zu geben fingam: daß ein Koͤnig wollte eine Kopff-Steuer haben, so wuͤrde ein jeder heulen und Zaͤhnklappen, und sagen, er habe nichts. Wenn man nun aber fragt: Warum habt ihr nichts? so sagen sie, sie koͤnnten nichts erwerben, und alles, was sie erworben, gienge wieder drauf. Fragt man aber: wovor das Geld hingehe, so findet man, daß die Buͤrger jetzt alle Tage ihren Coffée trincken, und jaͤhrlich in man- chem Hause 100. Rthl. vor Coffèe depensi ret wird. Thaͤten sie das nicht, so koͤnnten sie dem Koͤnige viel Kopff-Steuer geben. Es muß einer den Coffèe- Magen zuschliessen, hat doch dein Vater und Groß-Vater auch keinen getruncken. Daher ist gut, daß man denen Leuten die Instrumen- ta luxuriæ nimmt, damit sie ihr Geld nicht so liederlich depensi ren. Denn wenn man acht giebet, was nur in kleinen Provintzen vor Geld wegen des Coffées depensi ret wird, so wird man finden, daß es eine ziemliche Summa. Man nennet es klein Staͤdtisch, wo das nicht geschiehet, aber es waͤre zu wuͤnschen, daß wir alle in diesen Stuͤcke klein Staͤdtisch waͤ- ren. Die Hollaͤnder sind hierinne viel kluͤger, welche vor viele 1000. Rthlr. Waaren in ihr Land fuͤhren, aber sie brauchen solche nicht, son- dern verkauffen sie an andere. Medium muß man tenere. Was regentes vor incommo- da haben? §. 10. Dicis: Ein Fuͤrst, ein Regent, ein Buͤrgermeister ist doch was gluͤckliches. Respond. Es siehet so aus, und es ist wahr, wenn sie vigilant, attent, und Sapientes, so werden sie auch gluͤcklich seyn, und ist alsdenn keine bessere profession, als im Regiment zu seyn. Denn die andern muͤssen alles thun, was man saget: Aber die Regenten sind theils nicht so beschaffen; daher verliehret der peuple die Liebe gegen sie, wo aber keine quæ homines in omnibus statibus premunt. keine Liebe ist, da ist Haß, und wo Haß ist, da entstehen pericula . Al- so kan man nicht anders sagen, als daß der princeps schuld dran, biswei- len aber nicht. Wenn man die Auferziehung derer Printzen ansiehet, nil minus discunt, quam artem regnandi; au contraire sie fuͤrchten sich vor aller Weißheit, und dencken, es sey ihnen nichts nuͤtze, das bringen ihnen die Leute bey, welche einmahl selbst gerne regieren wollen. Ich will nichts sagen von der Griechischen und Lateinischen Weißheit, daß sie die sollten lernen, wiewohl es ihnen nichts schaden wuͤrde, wenn sie was davon wuͤsten. Denn sonst koͤnnen sie die memoriale nicht verste- hen, aber sie lernen auch nichts. Jagen lernen sie, als wenn Regieren Jagen waͤre. Auf den Krieg legen sie sich auch, daher, so bald sie in die Hoͤhe kommen, suchen sie sich zu aggrandi ren, und fangen einen Krieg an, indeß re- gieren sie nicht, sondern uͤberlassen das Regiment denen Ministern. Und wenn es nicht gut in Kriege ablaͤufft, so kan er nolens die Ministres nicht ent- behren. Dahero auch die Ministres nur suchen den Herrn in einen Krieg zu verwickeln, damit man sie nicht abschaffe. Mazarin hat bloß um deßwillen den Krieg wider Spanien continui ret, weil er gesehen, daß man ihn ab- gesetzet haͤtte, wenn Friede gewesen. Keine andere intention hatte vor kurtzen auch der Hertzog von Bourbon; denn er dachte: wenn gleich der Koͤnig erwachsen, so muͤsse er ihn doch behalten. Zumahlen der jetzige Koͤnig in Franckreich, so sich auch aufs Jagen leget, und dencket, wie er einen Auerhahn koͤnne wegputzen. Bey einem solchen Herrn ist es noch ein Gluͤck, wenn er einen guten Ministre bekommt; bekommt er a- ber einen Lerchen-Faͤnger, wie der Connêtable Luynes bey dem Louis XIII. gewesen, so siehet es elend aus. Es ist kein Zweiffel, daß die Ministres nur auf ihr Interesse sehen; der Princeps nimmt sich seiner Unterthanen nicht an, daher entstehen factiones. Es finden sich boͤse Unterthanen, welche dem Principi nach dem Leben stehen, deswegen sie Guarde haben. Sie sind Sclaven von ihren Ministr en. Bißweilen ist ein Herr gut, und hat doch boͤse Unterthanen: Denn kein Princeps kan es allen recht machen, und sind einige wider ihn, einige sind auf seiner Seite, meh- rentheils aber wird man sehen, daß der Princeps selbst an seinem Ungluͤck schuld, das mortifici ret sie: Denn es sind nicht alle Fuͤrsten so beschaffen, wie Carolus IX: welcher mit einen sang froid koͤnnen die Pasquille anse- hen, so auf ihn gemacht worden. Ludovicus XII. war auch ein Herr, der alles vertragen konnte. Es waͤr gut, wenn alle Fuͤrsten so waͤren, Louis XIV. war schon nicht so. Der St. Evremont hat nicht wieder nach Franckreich duͤrffen kommen, weil er la paix ridicule geschrieben, der Ra- butin de Bussy hat muͤssen in die Bastille gehen, weil er den Koͤnig passi- qui - Cap. III. De Incommodis, quini ret. Seine Familie ist auch bestaͤndig supprimi ret worden; daß es also dem Louis XIV. sehr mortifici ret, wenn einer was auf ihn gemacht. Nachgehends kam auch ein Buch heraus von seinen amours, da Carl Patin, welcher hernach Prof. zu Padua worden, die Commission gehabt, alle Exemplaria in Holland aufzukauffen. Dieser hat es auch gethan, aber ein Exemplar einen von seinen guten Freunden gegeben, welches her- aus gekommen, dafuͤr er nicht wieder nach Franckreich kommen duͤrffen. Und also mag man einen Fuͤrsten ansehen, wie man will, so wird man allezeit finden, daß er mecontent, wenn er auch victorisi ret, so finden sich doch dabey allerhand Verdrießlichkeiten ein. Carolus V, wie er zu Bruͤssel abdanckte, hat gesagt: Er habe sein Lebtage keine angenehme Zeitung bekominen, da nicht zugleich sich auch was widriges gezeiget. Das hat leicht koͤnnen geschehen, weil er ein grosses Reich gehabt; da haben sich anderwerts viele Dinge koͤnnen ereignen, so ihn affici ret. In einem grossen Reich sind viele Sorgen, daher ist Carolus V. nimmer her- um gereiset, eben wie es ehemahls der Czaar machte. Denn bald ist hie, bald da eine Unordnung; daher sagte auch Carolus V: Es sey ihm sein Gehirn gantz ausgetrocknet, und verließ ihm seine memorie. Er hatte Jugement noch genug, wie man aus seiner Abdanckungs- Oration, welche Simon Schardius in seinen Script. Rer. Germ. publici ret, sehen kan; aber wenn einer keine memorie hat, so hilfft das Jugement nicht viel: Denn die memorie bringet nur die Dinge hervor, daß ich von rebus præteritis \& præsentibus, kan auf futuras callidissime conjecturi ren. Lu- ther sagt auch von unsern Teutschen Fuͤrsten: So bald sie etwas erwach- sen, kaͤmen sie aufs Pferd, damit renneten sie Sporen-streichs nach der Hoͤl- le zu. Wenn sie alt werden, verachtet man sie, da bethet ein jedweder die neu-aufgehende Sonne an. Das schmertzet die Regenten. Ludo- vicus XI. hat deßwegen seinen Sohn Carolo VIII. nichts lassen lernen, da- mit nicht die Leute, wenn er alt wuͤrde, eine affection auf Carolum VIII. werffen, und derselbige mehr Ansehen haͤtte, als er. Wie nun der Printz in die Hoͤhe wuchs, hat er ihn sehr lassen verpallisadiren. Ja er wollte auf die Letzt nicht mehr essen und trincken, weil er meynete, er moͤchte Gifft bekommen, er hat sich auch endlich ausgehungert, daß er gestorben. Bayle hat in seinen Diction. Hist. Crit. eine artige Remarque unter dem Louis XIII. von Louis XIV. welcher eben auf dem Bette lag, der fragte ihn, wie er sich nennete? Louis antwortete: je me nomme Louis XIV. Das chagrini rte dem Louis XIII. sehr. Einige Fuͤrsten, ob sie gleich Lan- des-Vaͤter genennet werden, so sorgen sie doch vor nichts weniger, als vor das Land, sie sind gewaltige Jaͤger, pour le reste, imperium negligunt. Wir quæ homines in omnibus statibus premunt. Wir finden in der Historie mehr reges Stultos, als Sapientes. Wo kan hernach eine felicitas entspringen, da eine insipientia und keine virtus an- getroffen wird. Mons. Crousaz hat in seinem Tractat von dem, was schoͤn ist, hievon gehandelt. §. 11. Man sollte meynen, die Lehrer waͤren deßwegen entstan- Von denen in- commodis der uͤbrigen Staͤn- de der Gelehr- ten. den, ut alios ad virtutem \& sapientiam perducerent. Und gewiß ihre Profession ist so beschaffen, daß sie nicht schoͤner seyn kan, aber sie kom- men ihren Scopo nicht nach. Es ist in der Welt nichts schoͤners, als wenn man kan die Menschen ad veritatem \& virtutem bringen, damit sie nicht secundum instinctum naturalem leben, sondern vernuͤnfftig. Wenn man nun aber die Gelehrten ansiehet, ihrer Person nach, so ma- chen sie auf dem Theatro der Welt eine schlechte figure: Das macht, sie haben nur den Nahmen der Lehrer, in der That aber sind sie abge- wichen, loco veritatis auf inanem gloriæ cupiditatem. Ja ex ipsa scien- tia haben sie quæstum, mercaturam gemacht, und da sie in otio gewesen, so hat es nicht anders seyn koͤnnen, als daß sie ihren Affecten indulgi- ret, und auf allotria gefallen. Da sie die Leute sollten fuͤhren ad vir- tutem, instruunt ad ambitionem, dadurch aber ist nichts als Lermen und Feindseligkeit entstanden, und sind sie nicht anders anzusehen, als irrai- sonnable Handwercks-Leute, von denen man auch in Spruͤchwort zu sa- gen pfleget: figulus figulum odit. Dahero kommts, daß man gantze Buͤ- cher de infelicitate litteratorum geschrieben, als der Alcyonius, homo Italus, Herr Professor Mencke in Leipzig hat es cum præfat. edi rt; es ist sehr zu recom- mendi ren ob styli elegantiam, denn er hat so schoͤn Latein geschrieben, daß etliche auf die Gedancken gefallen, als wenn er einige Buͤcher noch von dem Cicerone gefunden, und solche unter seinem Nahmen publici ret. Er ist einer von denen ersten, welcher die litteras humaniores in Italien wieder in Auf- nahme gebracht. Theophilus Spicelius hat auch Infelicem literatum edi ret, worinnen er ge- wiesen, daß die infelicitas aus einem perverso Scopo kommt. Denn die Gelehrten fallen theils auf allotria, theils auf arcana; sie suchen alles dif- ficil zu machen; Daher hat man sich heut zu Tage angelegen seyn lassen, die alten Huͤlsen wegzuwerffen, und die wahre erudition hervor zu brin- gen. Man wird sehen, daß in einem Seculo her alle unsere Weisheit auf einen andern Fuß gesetzet worden. Man hat die impedimenta re- movi ret, ut veritas pateat: Denn schafft man die impedimenta weg, so kan man veritatem bald heraus bringen. Sonst waren die Gelehrten nur verborum aucupes, quid mirum! daß sie die Wahrheit verfehlet ha- ben? Wenn man nur bedencket, was vor eine elende moral man sonst K ge- Cap. III. De Incommodis, gehabt, aber nunmehro kan durch unsere moral der Catechismus perfect er werden, und ist wunderlich, daß viele Theologi Philosophiam moralem negligi ren: Denn GOtt hat ja nichts ohne raison gethan. Der ge- dachte Spizelius hat auch Felicem litteratum geschrieben, er ist einer von denen Gelehrtesten in Germania gewesen, seine arcana Bibliothecarum detecta zeigen auch an, daß er eine treffliche connoisance in historia lit- teraria gehabt, und denn wird noch eine consideration uͤber die Scholas vorkommen, woselbst noch mehr hievon wird gedacht werden: Denn auf denen Academi en ist auch viel Barbarisches und Pfaffisches gewesen. Es ist ein abusus da, und mehr stultitia als sapientia; daher ist auch nicht zu verwundern, daß man die Gelehrten offt verachtet, denn die Ge- lehrten sehen offt riduculer aus, als andere gemeine Leute. Das gemei- ne Volck regardi ret man nicht so, wenn das gleich was naͤrrisches an sich hat, aber auf die Gelehrten siehet jedermann: weil diese wollen was sonderliches seyn. Osorius de Instit. Principis giebt ein artiges Gleich- niß hievon, und saget: Wenn man einen geringen Kerl ein Fuͤrstliches Kleid anzoͤge, so lachte jedermann uͤber ihn, denn seine gestus und mores schicken sich gar nicht dazu. So sey es auch mit einem Gelehrten, der Pseu- do-Sapiens, der habe wohl ein huͤbsches Kleid an, aber er habe allerhand naͤrrisches Zeug an sich, dadurch er sich ridicule machet. Man haͤlt ihn pro Sapiente, aber er ist es nicht, er ist nur ein Doctor und Magister dem Nahmen nach. Der Kuͤnstler, Handwer- cker ꝛc. §. 12. Unser Autor hat schon gewiesen, wie es denen Hauß-Vaͤ- tern ergehe, was sie vor Klagen haben, welches er auch hier auf opifices und mercatores applici ret; proponi ret also in der That crambem bis co- ctam. Hierbey ist nun noch dieses zu mercken: Opificia, mercaturæ sind heut zu Tage unentbehrlich, wovon die ratio schon oben demonstri ret wor- den. Denn in civitate, da viele Menschen beysammen sind, gehet es ohnmoͤglich an, daß sie koͤnnen alle von Ackerbau leben; daher arbeiten sie sonst, theils mit den Kopffe, theils mit der Hand. Wenn sie wollen in otio leben, da werden sie arm, ein armer opifex , Kauffmann taugt nicht. Daher wenn man will die Commercia etabli ret wissen, muß man eben solchen Leuten unter die Arme greiffen. Man kan die materie wohl aus den Hobbesio illustri ren, welcher auch die imperantes nicht gescheuet, aber doch gieng er mehrentheils dahin ut Carolo II. majorem autorita- tem conciliaret. Die Leute verhindern sich unter einander selbst, und suchet einer den andern zu ruini ren. Ex consequenti, da sie in Societa- te leben, worinnen alles soll ad unionem gehen; sie aber sind uneins, \& illam unionem rumpunt, so kan es nicht anders seyn, als daß eine dis- har - quæ homines in omnibus statibus premunt. harmonia entstehet; sie leben wohl, und conservi ren sich, aber miserrime. Lock hat hier eine artige consideration, und saget, es waͤren sonderlich drey Stuͤcke, welche den Menschen hinderlich: Essen, Trincken, und Venus. Was die opifices betrifft, die muͤssen heyrathen, und koͤnnen nicht so bleiben. So bald sie nun geheyrathet, da kommen Kinder, die wollen Brodt haben, da incommodi rt sie das Essen; Kleidung wollen sie auch haben: Man machet ihnen auch das Heyrathen sauer. Was machet man denen Leuten nicht in denen Zuͤnfften vor impedimenta, da muß einer so viel Jahre gelernet haben, ehe er kan vor einen Gesellen passi- ren, und wenn er Geselle ist, so machet man ihn allerhand difficult aͤten, wenn er will Meister werden. Damit nun manche zu solchen Dingen gelangen, brauchen sie artes, boͤse Kuͤnste. Im ewigen Leben aber wird dieses alles cessi ren, da essen und trincken wir nicht, wir freyen nicht, und kleiden uns auch nicht. Dahero wird das ewige Leben gluͤcklich seyn, dahergegen unser Leben ungluͤcklich. Der Menschen sind viel, und muß ein jeder sich suchen zu ernehren. Dahero wuͤnscht auch mancher, daß die Pest kommen moͤchte, damit er commod er leben koͤnne. Die Leute sind auch so beschaffen, daß sie immer sorgen vor den andern Morgen, und wenn man ihnen gleich eingepraͤget, sie sollten GOtt lassen sor- gen, so thun sie es doch nicht. Ein jeder siehet zu, wie er seinen Naͤch- sten vervortheilen kan. Es ist wie bey einen Naufragio, da ein jeder su- chet ein Bret zu erhaschen, sich zu salvi ren, und wohl gar einen andern, der auf einen Bret sitzet, herunter stoͤsset. Die multitudo hominum ver- ursacht freylich, daß die Leute violentas cupiditates bekommen, und den- cken immer, sie muͤssen zum Thore hinaus lauffen, wenn sie nicht diese oder jene Mittel ergreiffen. §. 13. 14. 15. 16. Bisher haben wir nun consideri ret die Men- Von denen in- commodis, so gantze Socie- taͤten betreffen. schen, wie sie in societate leben, und zwar sigillatim, speciatim. Da sie nun in keinen gluͤckseligen Zustand leben, so kommen diejenigen, welche die Sache nicht verstehen, und schmaͤlen auf die societates. Es ist nichts anders, als wenn gemeine Leute kranck sind, so attribui ren sie bald die- sen bald jenen ihre Kranckheit, und es ist alles nicht wahr. Da man siehet ridiculos litteratos, so schmaͤlen auch viele Leute auf die litteras und erudition, und meynen, die erudition sey schaͤdlich. Aber es ist nicht wahr, sie fallen auf anarchiam, tumultuantur, seditiones concitant, und dencken, da wollen sie gluͤcklich seyn. Sie sind, wie die Leute, welche kranck sind, und sich selber curiren wollen, machen es aber schlimmer. Hier hat Hobbesius gantz recht, welcher von denen Engelaͤndern saget, sie haͤtten thoͤricht gethan, daß sie wollten eine democratie einfuͤhren: Denn K 2 da- Cap. III. De Incommodis, dadurch waͤren sie nahe ad anarchiam gekommen, daß ein jeder haͤtte wollen regieren. Da entstehen nur confusiones. Die meisten sind tumm, welche immer wollen bey dem alten bleiben, daß doch nicht an- gehet, indem sich alles changi ret. Die Nachbarn, welche klein gewe- fen, werden groß. Ich habe auch keine democratie gesehen, worinnen nicht tumultus gewesen. Wer das nicht glauben will, lese nur den Thucididem, welcher die Griechischen Republiquen beschreibet. Die Leute, wollen immer ad statum integritatis, welches doch nicht angehet. Man muß nun mit diesem statu zufrieden seyn, und sehen, daß man sich darinnen conservi rt. Wer da klug ist, der weiß es endlich so zu machen, daß eine harmonie ist. Und wenn zu weilen eine Saͤyte springet, daß eine disharmonia heraus kommt, so kan man doch sol- che bald wieder haben. Illa est perfectissima respublica, ubi mini- mæ sunt imperfectiones. Alle imperfectiones koͤnnen wir nicht eviti ren. Wir schmaͤlen auf die Societatem conjugalem, welche wir doch nicht missen koͤnnen, und wenn wir sie missen wollten, so waͤre in funffzig Jah- ren kein Mensch mehr in der Welt. Daher ist es eine Teufels-Lehre, welche den Ehestand verbiethet. Bayle hat in seinem Dictionaire Hist. Crit. unter dem Wort Bion, eine passage von einem Frantzosen, welcher gesagt: Es waͤre eine grosse sottise, daß die Menschen stuͤrben, und hey- ratheten. Es ist solches eine negligente Rede; Denn haͤtte sein Vater selbst nicht geheyrathet, so waͤre der Narr selbst nicht gewesen. Die Menschen wachsen ja nicht wie die Champignons aus der Erden; daher muͤssen wir heyrathen. Die libido vexi ret uns, daß wir heyrathen: Denn alle Menschen, die heyrathen, sind libidinös, welches auch Cicero schon gesagt: wuͤrden aber die Menschen alle leben bleiben, welche ge- bohren werden, und es occupi rte nur einer ein spatium auf der Erde, so lang als er waͤre, so wuͤrde anjetzo die gantze Welt erfuͤllet seyn. Die focietates sind also nicht so wohl an dem Ungluͤck Ursach, als die Men- schen selbst, so darinnen leben. Der lapsus ist Ursach. Durch Adams Fall ist alles verderbet, daher saget Hobbes: Ich bin ein Philosoph und ein Christ. Aus der Bibel weiß ich, woher der Fall entstanden, und gleichwie sich per varias conclusiones gute raisonnements exeri ren, so koͤn- nen auch per varias conclusiones boͤse heraus kommen. Deßwegen sa- gen einige: Mundus sit pejor. Aber Hobbes sagt ferner: Wenn ich die Bibel wegthue, so kommt es mir vor, als wenn die Menschen aus der Erde heraus gewachsen waͤren, wie man von denen Cadmeis fratribus saget, und wie man siehet bey denen Menschen stultitiam, so scheinet es, als wenn sie nicht von GOtt kommen. Einige haben deßwegen den Hob quæ homines in omnibus statibus premunt. Hobbes als einen Epicurer ausgeben wollen, aber ohne raison: Denn er hat es nicht statui rt, sondern nur so fingi ret. Gleichwie nun die incom- moda ex stultitia kommen, so kommen auch die media, welche die Men- schen suchen, ex stultitia. Sie sind wie die Medici, welche aus einer Kranckheit eine andere fabrici ren, sie wollen die Leute curi ren an der Wassersucht, und bringen ihm hernach die Schwindsucht am Hals. Mutatur quidem morbus, sed non tollitur radix, non tollitur fundamentum mali. Unsere affect en sind freylich auch schuld dran, daß wir so verder- bet werden; die muͤssen wir supprimi ren; Das thun wir aber nicht, hinc infelicitas non cessat. §. 17. 18. Alle diejenigen, qui incommoda \& mala sentiunt , die Worinnen die Ursachen sol- cher incom- modorum zu suchen? sehen die calamitates, und suchen sich zu conservi ren. Die conservatio sui ist naturalis. Es mag der Mensch seyn wie er will, so suchet er sich zu conservi ren. Ist er auf einem rechten Wege, so conservi ret er sich mediis licitis; Ist er aber auf einem unrechten Wege, so thut er es me- diis illicitis. Der ungerechte Haushalter sahe freylich, daß er am letz- ten Gesetz sang, daher suchte er media, sich zu conservi ren, aber lauter illicita media, und wenn man das Evangelium vom ungerechten Haus- halter wollte recht explici ren, so koͤnte man artige Gedancken hiebey ha- ben, daß jederman daraus erbauet wuͤrde. Hier siehet man aber den Unterscheid der veræ conservationis sui, welche das Fundament angreifft. Denn die greiffen das Fundament nicht an, welche andere media suchen, und per hanc confusionem kommen sie in insipientiam: Denn die illicitæ artes dauren nicht. Sie haben wohl eine politicam, eine raison d’Etat, aber diese ratio status ist spuria. Die stulti haben freylich einen finem ultimum, ein systema. Daher kan man auch ein solches Buch mit Nu- tzen lesen, worinnen Betruͤgereyen stehen, damit man siehet, wie die Menschen sich suchen zu conservi ren, aber auf die letzte ist es aus, wie man bey dem ungerechten Haushalter siehet; auf die letzte sahe jederman, daß er ein fourbe war. Der stultus hat eben freylich die generalia prin- cipia, welche der sapiens hat; er removi ret eben so wohl die impedimen- ta, sapiens vero se conservat vere: hergegen stultus thut es illicitis mediis, und gehet allemahl contra. Wenn einer Unterthanen hat, welche er am allervernuͤnfftigsten regieren will, so kan er solches nicht anders thun, als durch disciplin, er muß ihnen alle Untugenden abgewoͤhnen. Es ist eben wie bey einem Pferd, bin ich da vigilant, attent, und zwinge es, so kan ich dasselbige so zurichten, daß es hernach alles dasjenige, was ich ihm gelernet, freywillig thut. Man muß aber bald dieses bald jenes inven- tum gebrauchen, wenn man ihm was will beybringen, e. g. wenn es K 3 Leder Cap. III. De Incommodis, Leder frist, so schmiere ich das Leder mit bittern Tropfen, damit es da- von ablaͤsset. Remotio impedimentorum verursachet also, ut faciat id, quod volo; So bald ich aber nicht mehr sorgfaͤltig bin, so gehet es wie- der ad instinctum naturalem. So ist es mit denen Menschen, sie gehen auch immer ad situm naturalem. Daher bestehet eben die Weisheit darinnen, daß man etwas durabl es suchet, da hingegen nur die stulti auf das præsens, nicht aber auf das futurum sehen; sie suchen nur impe- dimenta zu removi ren, welche sie jetzo drucken, an die andern aber, wel- che kommen, haben sie nicht gedacht. Die kommen ihnen hernach so haͤuffig uͤber den Halß, daß sie sich nicht retten koͤnnen, e. g. Ein Kauff- mann, welcher banquerout werden will, braucht allerhand media, sich zu conservi ren, endlich aber muß er doch in Schuld-Thurm, und ru- fen: Arme Leute sind gefangen, Leute, legt ein, um GOttes Willen! Das macht, weil er keine rechten Mittel gebraucht hat. Sie muti ren nur die affect en. Es ist wie bey einem Maͤdgen, welche ambitiös gewe- sen, und voluptueux wird, ist sie voluptueux, so hurt sie, ist sie ambi- tiös, so ist sie doch vitiosa, und auf die letzt gehet sie durch dieses oder jenes Laster zu Grunde. Daher wird in Cap. V. gewiesen werden, daß kein besser Mittel ist, gluͤcklich in der Welt zu werden, als veritas, vir- tus, justitia, æqualitas, concordia, das andere sind alles pseudo-media. Deßwegen ist nicht zu leugnen, daß man einen grossen Vortheil hat, wenn man diejenigen lieset, welche respublicas perfectas beschreiben, nicht, als wenn dergleichen in der Welt waͤre, sondern man kan draus sehen, wie es die Leute muͤssen machen, wenn sie sollen perfecter werden. Wir sind zufrieden, wenn wir nahe ad perfectionem kommen, und minima vitia haben. Das ist der beste Vater, der beste Sohn, welcher minima vi- tia hat. Und wie sie sich uͤber alle Staͤnde erstre- cken? §. 19. Man kan gar geschwind ad specialia gehen, und zeigen, was dieser oder jener vor eine Pseudo-Politic hat: Denn es ist kein Mensch fast in der Welt, welcher nicht eine Pseudo-Politic hat. Die Kauff-Leute haben ihre Politic, ihre besondere maxim en, aber mehren- theils sind sie falsch. Wenn man die Politicam Mazarinianam ansiehet, so findet man auch darinnen, daß ein primum principium gesetzet wor- den, dahin gehen alle conclusiones, und sind da infinitæ conclusiones, aber auf die letzt kommt finis. Aller Menschen ihre Pseudo-Politic kan man hier nicht beschreiben, sonst muͤste man auch auf die Buchbinder gehen, und zeigen, wie sie ihren Kleister machen, daß die Wuͤrmer in die Buͤcher kommen, item, wie sie die Buͤcher bestechen, daß sie nicht lange halten. Sufficit, daß man hier generalia principia hat. §. 20. quæ homines in omnibus statibus premunt. §. 20. Es ist auch eine confusio inter imperantes \& parentes, beyde Was der Machiavellis- mus sey? wollen sich helffen, die imperantes fallen auf Monarchiam, und parentes auf Anarchiam. Civitas ist ein compositum quidpiam. Bey diesem composito sind varii, infiniti homines und variæ professiones. Die im- perantes sehen, daß die subditi nicht gerne pari ren, und leicht dahin koͤn- nen gebracht werden, ut imperium excutiant, daher suchen sie sich zu conservi ren, und fallen auf boͤse Kuͤnste, sie brauchen Arglistigkeit, su- chen nur ihren, nicht des Volckes Nutzen, sie machen den peuple aller- hand glaucomata vor, ne videant, quid agant, das nennet man Mac- chiavellismum. Sie haben sehr viele Coups ausgedacht: Denn sie haben Erfahrung und Ministres, welche ihnen an die Hand gehen, und sie in ihrem boͤsen propos suchen zu schuͤtzen. Es sind immer Subaltern en da, welche allerhand neue Erfindungen suppediti ren. Sie machen dem peuple weiß, daß sie salutem populi suchten, und wenn sie es so dumm machen, daß es ungluͤcklich gehet, so ziehen sie alles Ungluͤck dem Volck auf den Halß. Da sind hernach die Suͤnden des Volcks schuld dran. Es werden wohl Buß- und Beth-Tage angestellet, da die Priester muͤssen auftreten, und sagen, daß das Volck solches verursache. Der Macchiavellismus braucht also auch die Religion, seine Schande zu verdecken: damit man die four- beri en, die malas artes nicht sehe. Ich habe einmahls willens gehabt, uͤber des Macchiavelli Principem, ein Collegium zu lesen, that es aber nicht, weil viele Leute hernach dencken, man wolle es alles so defendi- ren. Conring aber hat druͤber gelesen, seine remarqu en sind auch ge- druckt, welche admirable sind. Seine præfation von dem Macchiavel- lismo ist sehr schoͤn, welche auch die Frantzosen, als Bayle, Amelot, und andere loben. Dieser Macchiavellus hat gelebet in seculo XVI. zu Lutheri Zeiten, er war ein Florentiner, der sehr gescheut war, ein Satyricus da- bey, dergestalt daß er auch eine Comoͤdie gemacht, welche vor dem Pabst Leone X. gehalten worden, dadurch er grosse Ehre bey dem Pabst einge- legt. Er hat solche gemacht nach Art des Aristophanis, und eben wie der Aristophanes in seinen Comoͤdien die Leute zu seiner Zeit durchgezo- gen. Durch diese Comoͤdie hat ihn der Pabst kennen lernen, welcher auch ein Florentiner war, aus dem Hause Medices. Macchiavellus hat auch eine Hist. Florentinam geschrieben. Wer will was Kluges lesen, der lese seine Discourse uͤber den Livium, darinnen hat er uͤber die Roͤ- mische Republic raisonni ret, und der Roͤmer ihre Schwaͤche und force gewiesen. Sie sind eigentlich Italiaͤnisch geschrieben, man hat sie aber auch ins Lateinische und Frantzoͤsische uͤbersetzet. Wenn man will eine gute edition von Macchiavello haben, so kan man die Florentiner edition kauf- Cap. III. De Incommodis, kauffen, da sein Bildniß in Holtzschnitt vorstehet. Scribebat elegantissi- me zu seiner Zeit: Denn Florentz ist bis auf diese Stunde noch beruͤhmt, daß man das beste Italiaͤnisch da spricht: Latein konte Macchiavellus nicht viel, aber er konte doch alles verstehen. Vor sich schrieb er nur nicht viel Lateinisch. Conring sagt: Ehe ich habe den Macchiavellum gelesen, so habe ich gemeynet, es muͤsse ein Teuffels-Buch seyn; wie ich ihn aber angesehen, so habe ich freylich viel boͤses darinnen gefunden, aber es kommt solches nicht vom Macchiavello, sondern er hat die principes be- schrieben, wie sie seyn, und ihre artes entdecket, wie er sie gefunden. Die artes selbst stehen aber alle im Aristotele. Cardanus, dessen opera man in 20. Folianten hat, hat auch arcana Dominationis geschrieben, wie der Crousaz von Auferziehung der Kinder. Er hat auch veram viam mit einfliessen lassen, in denen objectionibus. Innoc. Gentilletus, ein Italiaͤ- ner, welcher drey Buͤcher wider den Macchiavellum geschrieben, gestehet endlich selbst, er wollte wetten, es sollte kein flagitium dominationis in dem Macchiavello vorkommen, welches er nicht wollte schon in dem Ju- risten Bartolo finden. Dieses hat sonderlich den Macchiavellum ver- daͤchtig gemacht, daß er es so setzet, als wenn es der princeps thun sollte; ob er es aber bey der vera opinione allezeit getroffen, hat Conring fleißig untersuchet. Quær. Warum hat Macchiavellus nicht das voraus gesetzet, wie es seyn sollte, und hernach gewiesen, wie man von der Wahrheit abgienge. Resp. Damahls waren viele gottlose Fuͤrsten, daher hat er es mit Fleiß so geschrieben, damit es die Fuͤrsten desto eher lesen moͤchten, in denen objectionibus giebt er ihnen viam veram zu verstehen. Metho- dus est arbitria. Er hat also nur die Ordnung geaͤndert. Amelot in seiner gelehrten Præfation vor den Macchiavellum hat auch gemeynet: An- fangs habe er den Macchiavellum vor sehr schlimm gehalten, da er ihn aber recht consideri ret, sey er auf andere Gedancken kommen. Der Jesuit Possevinus, welcher den Macchiavellum nicht gelesen, und nur von ihm gehoͤret, hat doch verursachet, daß das Buch die Inquisition lassen von dem Hencker verbrennen. Gentilletus hat denen meisten Leuten eine wunderliche Meynung von ihm in Kopff gesetzet, welchen auch der Posse- vinus gelesen, und weil er gesehen, daß derselbe 3. Buͤcher geschrieben wider den Macchiavellum, so hat er gemeynet, Macchiavellus habe auch 3. Buͤcher geschrieben, da es doch nur unus libellus. Dieser Possevinus war ein Staats-Mann, deßwegen seine Buͤcher zu lesen sind. Er lebte zu Zeiten des Fuͤrsten Stephani Bathori, welcher Koͤnig in Pohlen ward, und weil die Pohlen die Moscowiter wacker gepeitschet, so schickte der Czaar nach Rom, und wollte Catholisch werden, deßwegen ist dieser Jesuit quæ homines in omnibus statibus premunt. Jesuit Possevinus nach Moscau geschicket worden. Man hat sein Leben Frantzoͤsisch in Paris edi rt, da der Autor zugleich alle seine Buͤcher ex- cerpi ret, daß man also solche entbehren kan, wenn man dieses Leben hat. Macchiavellus hat vielmehr in seinem Principe nichts irraisonnabl es. Hertius hat auch in seiner Politic einen locum aus des Macchiavelli prin- cipe angefuͤhret, worinnen er gar schoͤn von der providentia divina rai- sonni ret. Denn er haͤlt nicht viel von der Catholischen superstition, deß- wegen machten sie ihm zum Atheisten; gleichwie man auch diejenigen, welche mit der Lutherana oder Reformata religione nicht zufrieden sind, sucht zu Atheisten zu machen. Conring hat ihn aber recht defendi ret, und gezeiget, daß niemand von denen mutationibus rerum publicarum, davon unten in einem Capitel vorkommen wird, besser raisonni ret, als eben Macchiavellus; daher werde ich ihn unten offt allegi ren, aber alle- zeit cum animadversionibus Conringii. Denn obgleich ein jeder den Macchiavellum selbst lesen kan, so koͤnnen doch junge Leute manchmahl einen Anstoß finden; daher thut man wohl, daß man ihnen eine Anlei- tung zeiget, dadurch sie koͤnnen zu rechte kommen, damit sie nicht dasje- nige vor Wahrheiten des Macchiavelli ausgeben, quæ tantum simulat. Der Amelot, welcher wegen seiner erudition sehr zu recommendi ren, der auch des Tiberii Vitam edi ret, imgleichen den Tacitum ins Frantzoͤsische uͤbersetzet, sagt gar wohl: Diejenige, so auf den Macchiavellum schmaͤ- len, verstehen die artes regnandi nicht. Sie haben ihn nicht gelesen, ist das nicht elend Wesen; so pfaffisch ist der Macchiavellus nicht gewesen, daß er gemeynt, man koͤnne mit dem Pater noster regieren, das kan auch einer sehen, wenn er zur Regierung kommt. Und wenn auch ein Theo- logus noch so viel abstractiones hat, so wird er doch finden, daß wenn er zur Regierung kommt, in vielen muͤsse von denen abstractionibus abge- gangen werden. Amelot erzehlet auch in seiner Præfation von einem Kay- serlichen Beicht-Vater, welcher, so lange er Beicht-Vater gewesen, sehr auf die Politicos geschmaͤlet, wie er aber Bischoff zu Wien worden, der zugleich geheimder Rath mit ist, so hat er selbst gestanden, er sehe nun- mehro wohl, daß man mit dem Pater noster nicht fortkommen koͤnnte. Der Macchiavellus hat ein judicium, das siehet man auch aus seinem Tract. de arte militari, welcher vielen vornehmen Herren wohlgefallen, daß sie gemeynet, Macchiavellus waͤre capable einen General zu agi ren. Ja es hat ihn der beruͤhmte General, der Hertzog von Urbino, ein Regi- ment zu commandi ren angebothen, aber er wollte nicht. Denn es kan einer vom Kriege viel schreiben, aber wenn er soll commandi ren, so ge- hoͤret mehr dazu. Es muß einer experience haben, und des Landes kun- L dig Cap. III. De Incommodis, dig seyn, sonst kan er nicht fortkommen. Man weiß keinen, der gleich so fort kommen als den Wallenstein, den man gleich zum Obersten ge- nommen, aber er hatte einen trefflichen Verstand. Was man aber sonst wider den Macchiavellum herum traͤget, das sind lauter Weiber-Maͤhr- gen. Er war auch ein trefflicher Poet. Indessen aber kan man doch das Wort Macchiavellismus toleri ren, und die flagitia dominationis dar- unter begreiffen, doch nicht, als wenn Macchiavellus dieselben recom- mendi ret, sondern er hat solche vielmehr improbi rt. Bayle in seinen Di- ction. Hist. Crit. hat auch artig von Macchiavello raisonni rt, und gewie- sen, was er vor einen scopum bey einem jeden Buche gehabt. Es ist also spuria ratio status, welche unter dem Macchiavellismo verstanden wird. Was Monar- chomachis- mus sey? §. 21. Gleichwie der Imperans auf flagitia dominationis gefallen, davon unten specialiter wird gehandelt werden; also hat auch der peuple seine incommoda, so ihn drucken gesehen. Daher hat er gerne wollen in indolentia seyn, weil die indolentia wenigstens initium felicitatis: denn die dolores maceri ren den Menschen. Sie haben aber nicht ge- wust, die dolores recht wegzuschaffen, daher sind sie auf allerhand ex- trema gefallen; sie sind Monarchomachi worden. Μάχομα ς heist pugno, pugnant contra Monarchiam. Alles imperium wollen sie abschaffen, und die Imperantes todt machen. Da kommt denn ein Æolus, ein Tri- bunus plebis dazu, und sagt: Laßt uns den Tarquinium superbum weg- jagen, daß wir koͤnnen von doloribus frey seyn. In der That aber helf- fen sie sich nicht, denn die Menschen utpote in civitate viventes, koͤnnen nicht sine imperio seyn. Weil sie nun kein imperium wollen haben, da fallen sie darauf, ad minimum tollantur Monarchiæ. Ob ich nun gleich davor halte, daß die Monarchie sehr gefaͤhrlich, wenn der Imperans ab- weichet von seinem principio, \& artes regnandi veras non sectatur. Da- her hat auch GOtt zu denen Juden gesaget: Er wolle ihnen keinen Koͤ- nig geben, sondern er hat sie durch Richter regieren lassen, und wie sie einen Koͤnig haben wollten, stellete ihnen Samuel alle incommoda vor, deßwegen haben aber doch auch die uͤbrigen species, als Aristocratia und Democratia ihre incommoda. Es ist uͤberall so beschaffen, si deflectunt a scopo Aristi, so tauget es nichts, und saget Aristoteles: alsdenn wuͤrde eine Oligarchia draus. Pauci exerci ren da Tyrannidem. Diese haben ebenfalls nicht die intention, daß sie die civitatem wollen regieren, wie ein Vater seine Familie. Endlich wollen sie gar kein imperium mehr leiden, sie dencken, sie waͤren selbst tuͤchtig zu regieren, wollen keine incommoda pro republica ausstehen, und sagen; Pereat Monarcha, per- eant quæ homines in omnibus statibus premunt. eant Aristi, pereant omnes, qui imperium affectant. Da entstehet eine Anarchie, und sagt Hobbes, hier sey ein bellum omnium adversus omnes; sie machen factiones; dividitur civitas, und ist mors moralis da. Denn die civitas haͤnget pacto zusammen, wo kein pactum da ist, ist Anarchia, und also ist mors moralis da. Das corpus wird dissolvi ret, gleichwie in morte physica corpus physicum dissolvi ret wird; also wird das corpus morale morte morali dissolvi ret. Ein solcher Zustand ist in Africa, wo die Mohren verkaufft werden, da ist so zu sagen eine Familie gegen die an- dere, und wer den andern gefangen bekommt, verkaufft ihn, daher jaͤhr- lich wohl 4000. Mohren verkaufft werden, die man nach America bringet. Bellum omnium adversus omnes, ist nicht das principium Juris Nat. Hobbesii, wie sich einige eingebildet, sondern er sagt nur: Es gehe so in der Welt. Es koͤnte nun aber einer sagen, man habe sich doch nicht absolut einem imperio untergeben? Resp. Es ist nicht allein in Mo- narchia, sondern auch in Aristocratia, daß wenn einer einmahl da ist, so darff er nicht reden. In der Republic Genua, wo eine Aristocratie, haben sie vor einiger Zeit einen Kerl arreti ret, welcher etwas wider sie geschrieben, dem werden sie einen kurtzen proceß machen. Bœckler hat eine notam characteristicam Monarchomachismi angegeben und gesagt: Die Monarchomachi geben vor, wer wohl glauben wollte, daß sie alles weggegeben, sie haͤtten vielmehr imperium cumulative. Darauf ant- wortet Bœckler: Es ist nicht wahr, sondern so muͤsse man es concipi- ren: Wer sagt: du sollt imperans seyn, der sagt: du solus negas, sive sit unus, sive plures, sive populus in tribus \& curias divisus. Sie haben omne imperium privative transferi ret. Es sind freylich pseudo-media, wenn der populus auf solche Dinge faͤllt, unterdessen muß auch der prin- ceps nicht verursachen, daß sie dergleichen ergreiffen. Ein princeps muß gescheut regieren, sonst geht es ihm wie einem ungeschickten Reuter, mit dem das Pferd durchgehet, und wirfft ihn herunter. Die von ferne ste- hen, lachen uͤber einen solchen Regenten. Ich lache allezeit, wenn ich lese, daß ein populus rebelliret, und den imperantem herunter geschmissen hat, einem solchen Regenten mag man wohl auf sein Grab schreiben, er habe nicht koͤnnen regieren. Der peuple ist ein wildes Pferd, der will severitatem und auch gute Worte haben. Wenn man ansiehet die Republic Holland, welche unter Spanien gestanden, so meynten die Spanier, daß sie nicht koͤnten herunter geworffen werden. Endlich ka- men die Geusen, sehr geringe Leute, welche denen Spaniern ein clystier gaben, daß sie viele Provintzen von sich gespien. Wenn man an den vorigen Koͤnig in Schweden gedencket, so findet man auch, daß er sein L 2 Volck Cap. III. De Incommodis, Volck irriti ret; Deßwegen hat man es auch nach seinem Tode geaͤndert. Der Koͤnig hat nun nicht mehr so viel zu sagen; Die Bauren sind wi- der die noblesse; und diese wider jene, das verursachet factiones, daher siehet es elend aus. Da in Franckreich die massacre de St. Barthelmy vorgegangen, fielen viele auf Monarchomachi sche principia. Franciscus Hottomannus schrieb deßwegen sein Franco Galliam. Stephanus Junius Brutus schrieb Vindicias contra Tyrannos. Dieses ist das Haupt-Buch, welches man in Franckreich sehr gefuͤrchtet, weil man auch viele Vor- nehme in Verdacht gehabt, daß sie diesen principiis folgeten. Man hat in Franckreich ein grosses præmium darauf gesetzet, wenn jemand den Autorem von diesem Buch entdecken koͤnte. Henricus III. hat gar nicht von diesem Buche hoͤren koͤnnen. Einige haben den Bezam, einen Hugenotten, vor den Autorem gehalten, andere aber den Mornæum; allein beyde sind es nicht, sondern der wahre Autor ist Hubertus Lan- guettus, der beym Churfuͤrsten in Sachsen, Augusto, Conseiller gewesen, und als Gesandter in Paris gewesen, eben da die massacre vorgegangen. Es ist in dem Buche in guter connexion raisonni ret, und hat er aus der Schrifft gewiesen, daß Monarchie sein Lebtage GOtt nicht gefallen. Zugleich hat er auch Tyrannorum artes \& scelera entdecket. Brutum hat er sich genennet, quia notum est, Brutum Tarquinium Superbum e ci- vitate Romana ejecisse. Man laͤst dieses Buch mehrentheils bey den Mac- chiavellum binden, ut contraria juxta se posita magis elucescant. Die mei- sten Reformirten Prediger in Franckreich sind Monarchomachi gewesen; daher als unter dem Louis XIV. das Edict zu Nantes removi ret wurde, und alle Hugonotten aus Franckreich gejaget wurden, so hat man in En- geland keinen angenommen, er hat erst muͤssen die monarchomachi schen principia abschwoͤren. Hector Gottfried Masius hat dieses auch als ein argument in seinem interesse religionum gebrauchet wider die Hugenot- ten; Weil der Koͤnig in Daͤnnemarck willens hatte, solche aufzunch- men, welches aber verursachet, daß es nicht geschehen. Masius hat zwar einiger massen recht, aber man kan doch remedia gebrauchen, deßwegen ist er auch von dem Beckmann in Franckfurt refuti ret worden, welcher gewiesen, daß man zu weit gienge, wenn man alle Reformatos uͤber ei- nen Kamm scheeren wollte. Die Pfaͤltzischen Prediger sind meistens monarchomachi sch gewesen. Lambertus Danæus hat deßwegen aus Hol- land muͤssen gehen, quia edidit sylvam aphorismorum politicorum, wor- innen viele monarchomachi sche principia. Hugo Donellus, ein Hugo- nott, welcher Professor zu Bourges, aber auch weg muste, und in Holland Professor zu Leyden wurde, muste ebenfalls von Leyden wieder weggehen, weil quæ homines in omnibus statibus premunt. weil er Parænesin ad Polonos geschrieben, darinnen er denen Pohlen ab- rathet, Henricum III. nicht zu ihrem Koͤnige zu nehmen, weil er sehr ad despotismum inclini re. Sonst ist das Buch vortrefflich geschrieben, denn es war Donellus einer der gelehrtesten Juristen. Wie er aus Hol- land weg muste, so wurde er in Altorff Professor. Die Hollaͤndischen Gelehrten haben auch sehr ad Monarchomachismum inclini ret, und ist unter andern ein Buch in Holland heraus kommen, sub Tit. Bilanx Po- litica, davon Puffendorff saget: Es sey kein gefaͤhrlicher Buch in der Welt, als dieses. Was in Engeland die Monarchomachi verursachet, davon wird hernach gedacht werden, und hat sonderlich daselbst der Mil- ton pro populo geschrieben. Thomasius hat in Observationib. Hallens. von denen Scriptoribus Monarchomachicis Nachricht gegeben; aber man koͤnnte den Catalogum sehr vermehren: denn nach der Zeit sind noch viele dazu kommen, welche sehr wichtig sind. Unter allen Scriptoribus Monarchomachicis ist mir keiner vorkommen, der mir so gefallen, und der auch nach dem heutigen gusto ist, als der Sitney, welchen Cronwell als Envoyé an den Koͤnig Carl Gustav geschicket, dieser hat drey Buͤcher in Englischer Sprache du Gouvernement civile geschrieben, welche man auch ins Frantzoͤsische uͤbersetzet. Solche Monarchiomachi haben frey- lich recht, daß Monarchæ leicht koͤnnen extra oleas vagi ren. Daher sollte der peuple fein davor sorgen, daß ihre principes recht auferzogen wuͤrden; werden sie nicht recht auferzogen, tunc a scopo declinant. Wenn sie gleich Raͤthe haben, so haben doch die principes das Ungluͤck, daß die- selbe sich nach ihren inclinationibus richten; sie staͤrcken den principem in demjenigen, was er thut, das gefaͤllt ihm wohl, wenn man ihn in sei- ner antiqua consuetudine staͤrcket. Daher geschiehet es eben, daß bis- weilen ein Cammer-Diener oder schlechter Schuhputzer in grossen credit kommt, weil er sonst seines Herrn foiblesse abmercket, und darnach flat- ti ret. Es begegnet bisweilen einem Fuͤrsten, der qualit aͤten hat, aber sich bloß giebet, daß die Leute, so um ihn sind, seine Schwachheiten er- kennen. Wo nun aber einmahl Monarchomachica principia statt fin- den, so kommt es endlich gar ad Anarchiam. Denn warum solche Leu- te keine Monarchen wollen leiden, ist die Ursache, weil excesse da sind. Nun sind bey der Aristocratie und Democratie ebenfalls defectus, da sie aber das principium haben, man soll die Monarchen todt schmeissen, welche excedi ren, so folget, daß sie es hier auch so machen werden, als- denn ist mors civitatis da, und es haͤnget nicht mehr zusammen. §. 22. Indessen kan der Monarchomachismus und Macchiavellismus Daß beyde Macchiavel- lismus u. Mo- narchoma- noch vielmehr gestaͤrcket werden, wenn die religio darzu kommt. Eine L 3 wahre Cap. III. De Incommodis, chismus die Religkon zum Deck-Mantel nehmen. wahre Religion thut es nicht. Dergleichen velamentum religionis brau- chen sie quotidie. Solches hat auch der Cronwell gebraucht. Daher sind die Enthusiasten verhast. Wenn einer sagt, er habe ein Gesicht ge- sehen, das schadet nicht, und kan man es wohl vertragen. Man muß doch leiden, wenn ein Catholick kommt, und saget, es sey ihm die Jung- frau Maria, der heilige Antonius erschienen. Aber bey denen Enthusia- sten ist mehr zu besorgen, dieser hat nicht allein eine Offenbahrung, son- dern die Offenbahrung resolvi ret sich endlich dahin, daß er spricht: per- datur civitas. Denn da ihm CHristus oder ein Engel erschienen, so mey- net er, sey er in summa perfectione, wer aber in summa perfectione ist, braucht kein imperium, keine majestatem mehr. Sie raisonni ren so: Deßwegen haben wir Magistratum politicum noͤthig, weil wir hominer imperfecti, da muß der Magistratus sie anfuͤhren ad perfectionem; wir brauchen es aber nicht, weil wir in perfectione sind. Wollen wir ja ei- nen Koͤnig haben, so muß es einer seyn, der uns gelinde tracti rt, nicht befiehlet, sondern mit einem exemplo spirituali vorgehet. Imo in Magi- stratum politicum insurgunt. Buddeus hat de Concordia religionis Chri- stianæ statusque civilis geschrieben, worinnen er meynet, die Quacker lit- ten zwar keinen Magistratum, aber die secta sey nicht seditiosa, dieser- wegen ist er auch von einigen Theologis angefochten worden. Ich bin auch nicht seiner Meynung. Denn der Enthusiasmus ist ein furor. So lange der Kerl extra furorem ist, so thut er freylich niemand Schaden, aber er weiß selbst nicht, wenn der furor wird kommen, es ist eine Kranck- heit; eine stultitia, und zugleich eine malitia. Kommt nun der furor, so ravagi rt der Kerl, wie wir an dem Knipper Dolling und Johann von Leiden gesehen. Diese Leute haben die Magistratus herunter geschmissen, sich selbst zu Koͤnigen gemacht, und grosse extravaganti en vorgenommen. Dieses geschahe zu Zeiten der Reformation, und hat auch der Reforma- tion einen grossen Stoß gegeben. Wer will einen rechten concept hier- von haben, der muß den Perizonium lesen in seiner Historia Sec. XVI. da er recht uͤber den Baͤrenhaͤuter reflecti ret, und saget: In Holland waͤren eben dergleichen Leute, so denen Quackern favorisi rten. Nun wollte er zwar eben nicht sagen, daß man sie sollte fortjagen, aber man sollte nur anse- hen, was die Leute vor Lerm gemacht haͤtten, sie haben gar auf niemand gesehen, ja wie Carolus I. sollte enthauptet werden, und der Koͤnig in Franckreich ließ Vorstellung thun, man sollte ihn nicht enthaupten, so antwortete Cronwell, er truͤge selbst des Koͤniges Sache GOtt im Gebeth fuͤr, aber ein innerlicher Geist stritte durch die Krafft GOttes darwider, GOtt wollte keinen Koͤnig haben, aber das Volck muͤsse einen Protectorem liber - quæ homines in omnibus statibus premunt. libertatis haben, daher ließ er dem Koͤnige den Kopff herunter reissen, und wurde der fourbe Protector. Wie auch das Todes-Urtheil gefaͤllet worden, so haben die Enthusiast en geweinet, und sich gewundert uͤber die gerechte Gerichte GOttes. Man kan hierbey nachlesen des Arnolds Kir- chen- und Ketzer-Historie. Simon Schardius in Script. Rer. Germ. hat auch Nachricht davon gegeben. Perizonius aber hat es am besten vorstellig gemacht, der saget auch, es sey besser, einen Athei sten zu toleri ren, als ei- nen Quacker; ich glaube es auch, denn ein Atheist hat keinen furorem, der raisonni rt noch, aber ein Enthusiast hat einen furorem, deswegen muß man solche nicht leiden, will man sie nicht todt machen, oder fort- jagen, thue man sie ins Gefaͤngniß, ins Zucht-Haus, da gehet das Ge- bluͤth fein unter einander, wenn sie arbeiten, und wenn eine extasis kommt, sey man mit der Geissel hinter her, da wird sie sich bald verliehren. Es ist keiner ein Enthusiast, der nicht etwas vom temperamento melancho- lico hat, und ein solcher hat kein judicium; daher faͤllet er auf solche Dinge. Wer die Historie gelesen hat, haͤlt nichts von Quackern; das hat auch der Autor erkannt: nur hat er gemeynet, wenn sie so bey ihren Meyungen blieben, so waͤre es nichts gefaͤhrliches. Er hat sich auch durch den Barclajum verfuͤhren lassen, welcher die Enthusia stischen princi- pia in ein systema gebracht. Man muß auch nicht gleich die Leute fuͤr Quacker halten. Weil gedacht worden, daß Perizonius gemeynet, es waͤre besser Atheos in der Republica zu dulden, als Quacker, so entstehet die Frage, was von der Republica Atheorum zu halten? Clerc, Bernard, und Bayle haben hieruͤber gestritten, das ist eben die Ursach, warum auch so viele Tomi in des Bayle Responfes faites aux questions d’un Provinçal gefolget; Bayle hat in seinen Diction. Hist. Crit. behauptet: Respublica Atheorum wuͤrde ruhiger seyn, als Respublica superstitiosorum. Die superstitiosos hat er angesehen, wie wir hier die Quacker consideri ren. Er sagt, man sehe dieses bey denen Catholiqu en. So bald ein Herr uͤ- berwieget, aus der balance tritt, so hetzt der Pabst ihn an, andere zu un- terdrucken. In Republica Atheorum meynet er, gienge es nicht so her. Es fraget sich aber: an unquam fuerit Respublica Atheorum, und an pos- sit consistere talis respublica? Was die erste Frage anlanget, so hat Bay- le solche mit vielen Exempeln bewiesen, denn es gibt gantze Koͤnigreiche, die von GOtt nichts wissen. Das haben auch seine adversarii zugege- ben. Die im Reich von Siam sind alle Atheisten, so ist es auch in Chi- na. Gewiß ist also, quod dentur respublicæ Atheorum, aber die Frage ist: ob eine solche respublica koͤnne gluͤcklich leben. Der Clerc, Bernard und Bayle waren in Affecten: Denn Clerc hat dem Bayle noch zum Athei- sten Cap. III. De Incommodis, sten gemacht, cum jam esset mortuus. Daher haben diese die Sachen nicht recht ausgemacht. Mir gefaͤllet wohl, was ein Prediger zu Delft Elies Benoist, in einem Tract. von dieser materie geschrieben, daraus ich einen Extract in die N. B. gemacht. Dieser sagt: Es sind lauter Pos- sen, was man in abstracto vorbeinget, wenn man von einer republica Atheorum redet, so supponi ret man, daß die Atheisten gantz raisonable, als wie der Atheist Julianus Apostata alles mit Uberlegung gethan, denn daß ein Atheist kan raisonni ren, ist kein Zweiffel. Es kan ja einer die gantze Mathematic lernen, ohne daß er einen GOtt glaubet, er kan auch eine Moral lernen, wenn er die menschlichen Affect en so ansiehet, aber er sagt, man solle bedencken, wenn solche Leute boßhafft wuͤrden, da wuͤrde es werden, wie bey denen Tartarn, die halten alles vor erlau- bet, wo sie einen schaden koͤnnen, thun sie es. Ein solcher Atheus fuͤrch- tet sich vor niemanden, er ist ein Esprit fort. Daher meynet Benoist nun, tauge sowohl Respublica Enthusiastica als Atheistica nichts, denn vom ewigen Leben wissen Athei nichts, verlangen auch nichts zu wissen, was soll man da disputi ren, welche schlimmer? Es sind hier zwey diffe- ren te Narren, da kan man nicht accurat ausmachen, welche schlimmer, und braucht man die Zeit nicht zu verderben. Man kan in einer Epistel an den M. Elswig in Gundlingianis mehrers hievon lesen. Cap. IV. de Vera cujuslibet status felicitate. §. 1. 2. Was wahre Gluͤckseligkeit sey? B Isher ist more Medicorum gewiesen worden, quod desit nobis, was vor eine infelicitas in singulis statibus sey, und in was vor einer infelicitate singuli homines stehen. Wir haben auch bey der societate civili wahrgenommen, daß, da sie dolores empfunden, so haben sie sich gesucht zu helffen, fielen aber auf Betruͤgereyen, welches nicht anders als ruinam zuwege bringet. Ab infelicitate tendunt ho- mines ad felicitatem; daher muß man sich vornehmlich einen general en concept machen, was felicitas sey, welches auch sonst schon in der Mo- ral gewiesen wird. Es sind hier viel præjudicia: Denn der vulgus, und auch Leute, welche sich vom vulgo distinguir en wollen, haben keinen rech- ten concept hievon. Das gibt grosse Hindernisse in der cognitione mo- rali. De vera cujuslibet status felicitate. rali. Sie beschreiben felicitatem, daß sie so beschaffen seyn muͤssen, ut plura ad- sint bona positive, wie bey der sanitate. Gleichwie die sanitas nur negative darinnen bestehet, daß mir nichts fehlet, ich erhalte den Coͤrper, wie ich ihn aus der Hand des Schoͤpffers empfangen habe; so bestehet auch die felicitas mehr in einer privatione mali als oppositione boni. Dieses hat Herr Tho- masius schon lange gewiesen in seiner Philosophia morali. Es ist zwar sententia Epicuri, aber man darff nicht meynen, daß Epicurus in allen zu verwerffen sey: indem er auch sehr vieles hat, welches gut ist. Seneca, ob er gleich ein Stoicus, und die Stoica philosophia der Epicureæ sehr zu- wider, sagt selbst sæpe recte docet Epicurus. Dieser Epicurus hat felici- tatem in indolentia gesetzet. Lock de intellectu humano sagt auch, wo dolor cessi re, sey wenigstens initium felicitatis. Si dolorem averto, so entstehet ein bonum privativum, daraus habe ich keine incommoda, son- dern lebe commode. Ich habe eine eigene reflexion gemacht, uͤber die sententiam Epicuri de indolentia, welche in Parte I. Gundling. stehet. Der hunderste kan es sich nicht einbilden; ich habe es aber recht demon- strative gewiesen. Es hat diese materie einen Einfluß in ipsam praxin. Wir haben keinen andern Zweck, und sollen auch keinen andern haben, als daß wir dasjenige zu erhalten suchen, was uns GOtt gegoͤnnet, und gegeben hat, wenn wir was anders haben sollten, dedisset Deus. Nun subsumi re ich: Wenn wir nur das conservi ren sollen, was wir aus seinen Haͤnden empfangen haben, so muͤssen wir nur dasjenige removi ren, was es destrui ret und ruini ret, nicht anders, als wenn ich aus GOttes Hand sanus gekommen, so brauche ich nicht, ut aliquid apponam, sondern ich suche nur solches zu erhalten, und removi re nur id, quod illa bona pessun- dat. Dolor me perdit; daher ist kein Zweiffel omnes homines fugiunt dolores fugiunt ad indolentiam, und wenn sie indolentiam erhalten, wer- den sie felices. Ich habe in obbesagter reflexion Theologos und Philo- sophos provoci ret, sie moͤchten mir einen andern concept zeigen de felici- tate, zugleich habe auch alle dubia beantwortet. Unsere conditio ist aber eine remotio impedimentorum, wenn die errores, præjudicia weggeschaf- fet werden, tunc veritas adest. Derjenige ist sapientissimus, ubi stultitia abest. Leibniz hat es eben so in seiner Theodicée gewiesen. Wenn man nun aber darauf nicht acht giebet, sondern machet sich einen concept, als wenn was apponi ret wuͤrde, so gehen wir von der mediocrit aͤt ab, und fehlen. Wir suchen abundantiam und apponi ren etwas inepte, als wie ein Baumeister, der die Bau-Kunst nicht recht verstehet, und an einem Hauß etwas apponi ret, welches das Haus gantz verstellet. Oder wie die Gelehrten, welche alsdenn von Sachen disputi ren, so nichts nuͤtze, M e. g. Cap. IV. e. g. Was nuͤtzt es mir, wenn ich weiß, wo der Nagel hinkommen, da Aristoteles seine Muͤtze dran haͤnget. Da wir nun abundantiam suchen, so suchen wir uns nicht allein zu conservi ren, sondern wir suchen auch andere zu verschlucken. Fallen wir auf paupertatem, auf extremam ne- cessitatem, so fehlen wir auch. Medius status ist also der beste, quia nos indolentes præstat. In praxi thut also die andere Meynung auch grossen Schaden; Denn da fallen die Menschen auf appendices und negligi ren dasjenige, was sie billig thun sollten. Diejenigen also, welche gluͤcklich seyn wollen, muͤssen sich suchen zu conservi ren. Das sehen wir an de- nen Schweitzern, die leben vor sich, und affecti ren keine potentiam; So bald wir aber potentiam affecti ren, so fallen wir auf Neben-Dinge, auf luxuriam, und gehen zu Grunde. Man muß nicht darauf sehen, welcher Meynung die meisten zugethan: Denn die meisten sind stulti, præsumtio ist vielmehr pro paucioribus, daher auch Herr Thomasius sehr gearbeitet hat, daß er die gemeinen præjudicia uͤber den Hauffen geschmissen, wenn man meynet, quod plures dicunt sey wahr. Mons. Crousaz handelt in seiner Logic auch hiervon. Der Autor hat die Sachen gantz gut vor- stellig gemacht, aber von der indolentia Epicuri hat er es nicht recht ge- wust, sonsten wuͤrde er das Capitel viel besser haben connecti ren koͤnnen. Wie solche in statu absoluto zu erlangen sey? §. 3. Was der Mensch noͤthig habe, si solus esset, und er lebt, wie der Roman von Crusoe geschrieben, davon ist oben gehandelt worden. Er siehet dahin, ut mens sana sit in corpore fano. Er muß arbeiten, sei- nen potum \& cibum so temperi ren, ne stimuletur ad libidinem; muß sich motion machen. Diese consideration aber nutzet uns nichts. Denn wir haben keine Leute, die so allein leben, es waͤre denn, daß einer auf eine Insul geschmissen wuͤrde, da ist freylich wahr, was der Apostel sagt: Alsdenn brauche man nur Nahrung und Kleider. Wie in statu composito und zwar im Hausstand e ? §. 4. Wenn nun aber der Mensch in statu composito lebet, da hat er vornehmlich darauf zu sehen, ut commode vivat, \& necessaria non deficiant. Quær. Was heist necessaria non deficiant? dieses hat der Autor nicht defini rt, und defideri re ich hauptsaͤchlich in allen Schrifften des Autoris, non accurate definit. Daher auch derjenige, welcher uͤber seine Philosophie gehoͤret, und keinen guten Præceptorem ge- habt, nicht viel behalten wird. Das kommt eben daher, weil er nicht viel vocabula accurat defini rt, welche er gebraucht. Es ist das voca- bulum necessarium ein vocabulum relativum. Denn homines luxuriosi brau- Man hat noch meh r ere Theile von Crusoe edi rt, weil der erste Theil so sehr ab- gegangen, die andern aber taugen nicht viel. De vera cujuslibet status felicitate. brauchen vieles nothwendig, was andere nicht gebrauchen. Der Seneca hat in seiner Epist. ad Lucinium eine schoͤne Pensée, welche uns Gelegen- heit giebet, die Sache recht zu verstehen. Man muß nicht uͤber den Bauch so ansehen, quid sit necessarium, utile, commodum, sondern man muß den Menschen selbst, seine Natur und Zustand relative betrach- ten, in welchen er lebet. Seneca sagt: qui tantum detrahit cupiditati- bus suis, quantum sibi deest, der habe necessarium, denn quod tibi de- est, non cupis. Wir verlangen aber vieles, quod deest. Daher ent- stehet eine naͤrrische concupiscenz, und schaden wir uns auch dadurch, e. g. Wir haben hier keine Austern, und doch wollen wir bisweilen Austern essen, daher lassen wir solche anders woher hohlen. Hier sind keine Fo- rellen, die lassen wir uͤber zehn Meilweges herhohlen, daher kommt es, daß wir sein Tage nicht vergnuͤgt leben, sondern bestaͤndig in Unruhe sind, und dasjenige verlangen, was sie an andern Orten haben. Alle con- fusion kommt daher. Ein Bauer will haben, quod deest, und leben, wie ein Buͤrger, er will in Schlaffrock gehen; wenn die Kutscher Thée und Coffée trincken, da siehet es gewiß auch naͤrrisch aus. Pessundant sese, sie werden arm, und wenn sie es nicht mehr haben, sterben sie. Es ist eben, wie mit einem Kerl, der sich an Brantewein und Schnupff- Toback gewoͤhnet, der kan auch nicht leicht davon abgehen, und thut sich damit Schaden. Wenn ich das principium mercke, so faͤllet vieles weg, was andere pro necessario halten; und also kan man den Autorem bes- ser verstehen, wenn man sagt: Die Gluͤckseligkeit in statu composito sey, daß man commode lebe, und alles dasjenige thue, so ad necessitatem, und auch ad jucunditatem etwas beytrage. Denn bestaͤndig kan man nicht arbeiten, man muß bisweilen sich eine recreation machen, und ad indifferentia dencken, non semper anima potest operari seria. Das necessarium aber muß man einschraͤncken, nemlich ich muß keine cupidi- tatem haben nach demjenigen, quod mihi deest. Langet man aber im- mer mehr solche Sachen von fremden her, so denckt man hernach, es sey necessarium, und machet eine Gewohnheit draus. Als wir machen je- tzo ein necessarium draus, daß man muß Coffée trincken. Wer Kinder hat, gewoͤhne sie ja nicht dazu, denn unsere Vorfahren haben ja auch keinen getruncken, wenn sie ja haben wollen des Morgens was essen, ha- ben sie sich lassen eine Kuͤmmel-Suppe machen. Ein Mensch, der sich nicht angewoͤhnt Coffée zu trincken, machet sich nichts draus, und kan seine Sache eben sowohl verrichten. Die abundantia machet uns mor- bos, sie machet uns luxuriös, sie bringet uns in Unordnung, wo aber Unordnung ist, da ist keine sapientia. Wir koͤnnen also sagen, daß der- M 2 jenige Cap. IV. jenige in seinem Stand recht gluͤcklich, qui desideria sua conformiter re- stringit; dahin trachtet, ut intentionem consequatur \& mala averruncet. Wie im Ehe- Stande? §. 5. Ohne Weib kan man nicht seyn, es ist ein necessarium bo- num, bey stultis aber ist es auch ein necessarium malum. Der Mensch muß eine Gehuͤlffin haben. Also kan man leicht sehen, was der scopus seyn muͤsse, wenn man will felix seyn. Der scopus ist, socia commoda est eligenda. Wo eine electio ist, muß man vor allen Dingen auf das essentiale regardi ren. Accidentale kan weg seyn; Ist es aber da? bien! hergegen das essentiale ist das hauptsaͤchlichste. Die Leute aber fallen auf accidentalia, und da siehet man, daß sie keine rechte cognitionem status sui haben. Callieres hat auch eine distinction gemacht unter in- terius \& exterius. Dasjenige, was wir essentiale nennen, nennet er in- terius. Weil aber diese Redens-Art obscur, so brauche ich lieber essen- tiale. Der Haupt-Zweck ist, daß wir wollen Kinder mit einander zeu- gen, und machen, daß das menschliche Geschlecht unsterblich werde. Wir wollen auch einander helffen in der Auferziehung und Haushaltung. Das essentiale bestehet darinnen, daß du eine Person bekommest, welche la- boriös, und also auch virtute prædita. Denn die ist nicht virtute præ- dita, welche den scopum nicht in acht nimmt. Wenn die Frau labo- rieux ist, so ist sie auch nicht fordida, sie kaͤmmet sich, waͤschet sich ꝛc. Hergegen eine Frau, welche faul ist, ist eine Schlampampe, in ihrem Hause siehet es aus, wie in einem Schweinstall, und wenn sie auch von extraction ist, daß sie Leute hat, welche alles thun muͤssen, so giebet sie doch nicht auf solche acht, und das Gesinde thut, was es will. Ist la- boriositas da, so declini ren sie nicht ad luxum: denn da haben sie viel zu thun, und gedencken nicht an solche Eitelkeiten. Valckenier, welcher eine Beschreibung von der Schweitz edi ret, die wohl zu lesen, saget, da- her komme es, daß es in der Schweitz so ordentlich zugehet: Denn weil die Weiber alle arbeiten, so daͤchte niemand an amours und andere Dinge. Vor dem haben auch die vornehmsten Weibes-Personen gear- beitet. Eine Frau, die bestaͤndig zu thun hat, putzt sich auch nicht, sie sucht sich freylich reinlich zu kleiden, pour le reste aber schminckt sie sich nicht, putzt sie sich nicht, so ziehet sie keine propre Kleider an; denn eine solche, die sich propre kleidet, tritt vor den Spiegel, und denckt, sie sey eine Princeßin. Wenn sie auf der Strasse gehet, alliciuntur alii homi- nes, daß sie stille stehen und fragen, wer sie sey? hergegen bey Leuten, die da simple hergehen, bleibet man nicht stille stehen: denn es ist nihil micans da. Unsere Weiber aber sind nicht so beschaffen, daß sie nichts thun, sie sitzen nimmer stille, trincken Coffée, spielen ꝛc. daher kan es nicht anders De vera cujuslibet status felicitate. anders seyn, als daß sie kranck werden, wenn nur ein Luͤfftgen gehet, sie wer- den fett und dicke, und wenn sie dicke werden, brauchen sie allerhand remedia, dadurch ruini ren sie ihre Natur. Weil sie nichts zu thun haben, bleiben sie nicht zu Hause; dahergegen die Juden gescheuter gewesen, und haben die Frauen muͤssen seyn domisedæ. Hadrianus, Reland Prof. Linguar. Oriental. der einen bon sens hat, einen schoͤnen stylum schreibt, und in der Historie ver- si rt, hat eine Dissertation geschrieben: de Uxore domiseda, welche mit in die fasciculos Bremens. eingedruckt, darinnen er gewiesen, warum die Juden das gesagt? denn eine Frau, welche immer ausschwaͤntzet, und Visit en giebet, die thut im Hause nichts, non est adjutrix, sie ruini ret vielmehr alles, sie kan wohl conversi ren, aber nicht alle Tage, daher kommt es eben, daß die Land- Juncker meist caput gehen. Denn sie nehmen mehrentheils Hof- Da- mes, wenn nun diese aufs Dorff kommen, so wollen sie ein schoͤn Hauß haben, sie wollen in Assembléen gehen, fressen und sauffen Tag und Nacht. Quær. Ob ich bey der electione auf nichts weiter sehen muß? Resp. Man muß auch sehen auf die similitudinem morum, und auf die similitudinem der profession: Denn fehlet dieses, so hilfft sie dir nichts. Daher ha- ben die Teutschen gesagt: Man solle nicht uͤber seinen Mist freyen. Sie muß das mit verrichten koͤnnen, quod ad laborem tibi proficuum per- tinet. Wenn ein Kauffmann eine adeliche Dame heyrathet, die schicket sich nicht vor ihm, und sie wird ihm bey seiner profession nicht viel helf- fen. Es ist sehr schoͤn, wenn Ehe-Leute gleiche temperamenta, gleiche inclinationes haben, und ist sehr verdrießlich, wenn der Mann lustig, und hat eine melancholische Frau, oder wenn die Frau lustig und der Mann melancholisch: Aber daß die inclinationes accurat uͤberein treffen, wird eben nicht erfordert. Ja es ist bisweilen gut, wenn der Mann melancholisch ist, daß er eine Frau hat, so etwas aufgeweckt ist. Feh- len nun aber die requisita bey Eheleuten, so waͤre es besser, daß sie cœli- bes geblieben. Reichthum ist eine accidentale. Wenn die Frau sonst keinen Fehler hat, und dabey was in Vermoͤgen hat, so ist es gut, und lebt man commoder: Denn was man schon hat, darff man nicht erst erwerben. Du must aber doch nicht stille sitzen, sondern arbeiten, sonst hilfft dir der Reichthum nichts. Denn gesetzt, du hast eine bekommen mit 20000. Rthlr, sind es Land-Guͤter, so kanst du sie jaͤhrlich uͤber tau- send Thaler nicht nutzen, arbeitet nun die Frau nicht, so must du vor sie etliche Maͤgde haben, auch wohl gar einen Laquayen, du must ihr alle Jahr propre Kleider machen, sie will in Assembleén gehen, trincket wohl alle Tage etliche Kannen Wein, sie bringet dir nichts ein, nam non se- det domi, ja weil sie propre lebet, verleitet sie dich auch zu allerhand Ver- M 3 schwen- Cap. IV. schwendungen. Daher, wenn man alles zusammen rechnet, so kostet die Frau jaͤhrlich mehr, als sie einbringet, und haͤtte ein solcher besser gethan, wenn er eine genommen, die kein Geld gehabt, vornehmlich, wenn einer nicht in egestare gewesen; Ein Accidentale ist auch formositas, diese kan nicht definir et werden, man kan freylich einem nicht rathen, daß er soll ei- ne monstrosam, die hinten und vorne einen Buckel hat, heyrathen, daher muß einer drauf sehen, daß er sanam bekommt. Die Leute haben dif- ferente concepte von der formosité. In einem Lande wird etwas vor schoͤn gehalten, was man an einem andern Orte nicht achtet. Die Si- neser wollten haben, daß ihre Weiber sollten kleine Dachs-Fuͤsse haben, und dicke seyn, dahero fressen sie viele junge gemaͤstete Hunde; Die meisten Voͤlcker aber sind so beschaffen, daß sie auf eine proportionir te statur sehen, und auch auf eine couleur, es sey blond, schwartz ꝛc. das ist aber nur ein accidentale; Wenn kein irregulare, kein monstrosum quid da ist; wenn man kan eine tugendsame, arbeitsame, und extraordinaire schoͤne bekommen, so ist es gut. Denn wenn sie alle diese requisita hat, so wird sie auch keine meretrix seyn. Man wird freylich keine in der hoͤchsten perfection bekommen, unterdessen muß man doch wissen, was ei- gentlich ad scopum gehoͤret. Bey dem Manne koͤnnen freylich auch vie- le excessus vorgehen; Unterdessen geschiehet es doch mehr bey Weibes- Personen, weil sie schwache Werckzeuge sind. Der Mann muß ver- dienen, die Frau ernehren, aber die Frau muß collaborare, dispensare, daher ist in Italien corruptissimus status gewesen und auch noch, daß man die Weiber so eingeschlossen, und sie nichts thun. Man kan auch hier lesen den Cornelium Nepotem, welcher im Anfange eine comparai- son machet unter denen Roͤmischen, Griechischen moribus. Hier ist zu recommendir en des Monsr. de Bosc Honette Femme, welches Buch schon lange geschrieben, weil aber das Frantzoͤsische darinnen alt, so hat man es von neuen aufgeleget, und es nach dem heutigen stylo accommo- dir et. Er giebet darinnen denen Weibern erschreckliche lectiones, deßwe- gen lesen es die wenigsten Weiber. Die Mad. Scudery hat auch la fau- se Clelie geschrieben, sie schreibet sehr gut, hat keine grosse consideration vor die Weibes-Personen, und erkennet gar wohl, daß dieselben muͤssen regieret werden, und dem Mann folgen. Eine Frau muß freylich regie- ret und gezogen werden, weil sie inclini ret ad vanitatem. Endlich wird sie gescheut und kommt ad scopum. Warum hat Paulus gesagt, daß die jungen Wittben wieder sollten heyrathen, nicht allein propter libidi- nem, sondern auch propter vanitatem. Daher haben die Roͤmer gemey- net, die Frauen sollten in perpetua tutela seyn, die Teutschen sind aber der De vera cujuslibet status felicitate. der Meynung, wie Otto Prof. Ultraj. noch in Duisburg in einer Disser- tation de perpetua sœminarum tutela gewiesen. Daraus folget aber nicht, ergo muß einer die Frau peinigen; sondern er muß mit ihr raison- nir en, argumenta brauchen. Wenn man lieset, was Severus Cato bey dem Plutarcho saget, so findet man, daß er gemeynet, es sey sacrilegium, wenn einer seine Frau schluͤge, aber sub disciplina, meynet er, muͤsse sie doch seyn. Grotius de Jure Belli \& Pacis hat auch gewiesen, daß die Frau muͤsse im Hause bleiben; welches auch die Roͤmer gethan, aber darinnen haben sie excedi ret, daß sie nichts gethan, denn dadurch sind sie in luxum gerathen, sonderlich unter denen Imperatoribus, wie Seneca gewiesen. §. 6. Wie wir nun thoͤricht seyn bey dem Ehestand, daß wir auf Und wie bey der Kinder- Zucht? accidentalia fallen, so gehet es auch bey denen Kindern. Wenn das Kind schoͤn ist, es hat einen guten natuͤrlichen Verstand, und kan was memori ren, so denckt man, es sey schon gnug, und gehen wohl dem Va- ter die Augen uͤber, wenn er das siehet, da es doch nur ein accidentale. Das fundament ist die Tugend, ist es tugendhafft, so ist es auch hoͤfflich, denn die Hoͤfflichkeit ist ein Ausfluß der Tugend. Scientia muß auch da seyn. Die ist diversa: Denn eine andere wird erfordert, wenn einer will ein Kauffmann werden, eine andere, wenn er will studi ren. Hier ist eben zu recommendi ren, des Msr. Crousaz Tract de l’education des enfans, da er derer Eltern ihre alberne Gedancken bey Erziehung der Kinder abbildet, und railli ret. Die education soll freylich einen fructum zuwege bringen; deswegen sich die Eltern viel Muͤhe geben. Gleichwie aber einer, der vor der Zeit erndten will, auszulachen ist, indem er fru- ctus immaturos nicht nutzen kan; also sind auch die Eltern zu improbi- ren, welche von ihren Kindern ante maturitatem annorum grosse Fruͤchte suchen. Quod cito fit, cito perit. Die instrumenta, organa, quibus humanum corpus utitur, sind renera, und wenn sie also zu starck ange- griffen werden, so verderben sie. Die Kinder, so bald klug werden, sterben balde; Es ist zwar exceptio a regula, aber es geschiehet doch regulariter. Man hat viele Dinge de præcocibus ingeniis, die da reuͤssi- ret sind, v. g. Grotius machte schon im neundten Jahr seinem Vater ein Carmen, darinnen viele realia, kluge Gedancken, und ein schoͤner stylus anzutreffen, aber sein Vater wendete auch viele Muͤhe an ihn, welches bey andern selten geschiehet. Der beruͤhmte Bochartus, ein Theologus, hat schon Griechische Verse gemacht, antequam pubes existeret, conf. Msr. Baillet in Jugements des Sçavans, wobey er einen gantzen Tom. hat des Enfens celebres. Insgemein vergehen sich die Eltern bey ihren Kin- dern, Cap. IV. dern, sie suchen, daß die Kinder ohne lange studi ren moͤgen in Bedie- nung kommen, sie gelangen auch wohl dazu; aber postea ascendere ne- queunt: Denn was sie gelernet haben, sind nur superficiaria. Daher siehet man, daß die Eltern die meiste Schuld haben, daß so wenig solide Leute sind; die Kinder aber sind auch nicht auszuschliessen, denn sie wol- len offt gerne bald ein Amt und eine Braut haben. Heut zu Tage sind zwar die Studiosi gluͤcklich, daß ihnen die Wissenschafften per synopsin beygebracht werden, aber es gehoͤret doch auch Zeit dazu. Grosse Her- ren haben eben nicht noͤthig, daß sie viel Zeit an studia wenden: Denn wenn sie auf praxin kommen, sie gelangen zur administration, so koͤnnen sie die cautel en leicht lernen, doch schadet ihnen nichts, wenn sie nebst Sprachen und andern Wissenschafften auch die Moral und Politic er- lernen. Inter privatos kriegt ein halb Gelehrter nur einen kleinen Dienst, und bleibt dabey sitzen; hingegen einer, der mehr Zeit angewendet, der etwas rechts gelernet, springet uͤber die kleinen Lichter weg, und wird immer weiter befoͤrdert. Trifft ja das Gluͤck einen Idiot en, daß er Pre- mier-Ministre wird, so muß er doch immer andere dabey haben, die ihm mit Rath an die Hand gehen. Concini, ein Italiaͤner, kam bey der Maria de Medices so hoch ans Bret, daß er Premier-Ministre wurde, er war aber ein unerfahrner Mann, und muste dem Petro Putaneo immer in die Hand sehen. Endlich ließ er den Concini fallen, und bey den fau- ten schob er alles auf den Concini, damit ward Concini, oder, welches einerley ist, der Marechal d’Ancre massacri ret, und Puteanus blieb am Leben. Auf Universit aͤten kan man auch schon in drey Jahren etwas lernen, wenn man fleißig ist, vid. Clapmarii Triennium nobile, it. Gro- tii Instruction, in einer Epistel, die er an Benjamin Aubery geschrieben, wie er in drey Jahren seine studia einrichten sollte, daß er reuͤssi ren koͤnn- te. Wegen der Kosten wollen sie auch die Eltern nicht lange auf Uni- versit aͤten lassen; daher thun die Soͤhne wohl, daß sie menagi ren, und dabey was lernen. Wie die Gluͤck- seligkeit in an- dern buͤrgerli- chen Staͤnden verlanget wer- de? §. 9. Die abundantia ist ein onus, und doch suchen alle Men- schen solche; Dahero auch die mercatores und opifices solches als ihren scopum ansehen, welches doch alles nichts ist. Dieses kan man daher demonstri ren; Derjenige opifex, welcher mehr hat als ein opifex haben soll, der bleibet kein opifex, ingleichen, derjenige Kauffmann, welcher mehr hat, als ein Kauffmann haben soll, und zu seiner subsistenz noͤthig hat, hoͤrt auf ein Kauffmann zu seyn, er will eine Charge, eine Ehren-Stelle haben, ein gentil-homme werden, da wird der numerus opificum und mercatorum geringer. Das ist eben ein grosser Fehler, welchen man von En- De vera cujuslibet status felicitate. Engeland und Schweden observi ret, denn es fraget sich, warum die opi- fices und mercatores mehr in Holland, als in Engeland und Schweden flori ren? Resp. Wenn gleich in Engeland was kluges intendi ret wird, so findet man doch, daß die Kauffleute und opifices, so bald sie reich wer- den, anfangen Land-Guͤther zu kauffen, werden usurarii, sie wollen einen gradum in nobilitate erhalten, wodurch sie der Republic nur Schaden thun. In Holland aber gibt es nicht viel Land-Guͤther, da muͤssen sie opifices bleiben. Man quaͤlet auch daselbst die usurarios, die Grand Seigneurs, und leget ihnen grosse impost en auf, damit sich nicht so viele sollen hierunter begeben. Die abundantia macht also, daß die Leute nicht wollen sua sorte contenti seyn. Puffendorff hat eine histoire anec- dote von Schweden geschrieben, Sie ist erst nach seinem Tode in Ulm heraus kommen, nachgehends aber hat man sie in Holland wieder aufgeleget, in den stylum accurat er gemacht, daß sie also nunmehr plaissant zu lesen. darinnen hat er die grossen Fehler gewiesen, warum die Commercia in Schweden nicht koͤnnten flori ren? nemlich um deß willen, weil sie gleich suchten Edelleute zu werden, so bald sie nur abundantiam haͤtten; da einer sonst Adler geheissen, nennet er sich hernach Herr von Adlerschild, dadurch kommen die mercatores unter die Noblesse, diese wollen denn groß thun, verthun ihr Geld, und werden Bettler. Das ist das Decrementum der Republic: Denn man braucht nunmehr opifices und mercatores nothwendig. §. 7. 8. 9. 10. 11. \& 12. Wann eine Republic bliebe in medio; Worinnen die Gluͤckseligkeit eines Staats bestehe? sie fienge nichts an, bliebe in der Meynung, sich nur zu defendi ren, ande- re aber nicht zu attaqui ren, so stuͤnde es gut, und bliebe nur bellum de- fensivum, nicht offensivum. So bald sie aber suchet zu acquiri ren, und andere populos zu subjungi ren, das ruini ret sie. Daher wird man sehen, daß alle die Republiquen, welche potentiam pro scopo haben, zu Grunde gehen: Denn die andern Republiquen lassen sich nicht unterdrucken, und ob sie gleich vor sich nicht soviel vermoͤgen, so machen sie doch allianc en, was einer nicht thun kan, koͤnnen mehrere ausrichten. Daher muß der finis reipublicæ nicht in divitiis und potentia bestehen, da ist keine Gluͤck- seligkeit, wo man bestaͤndig Krieg fuͤhret, da die Leute etliche hundert Meilen muͤssen hinein lauffen, und Laͤnder completi ren, wie bey dem Alexandro M. geschehen, der aus Macedonien nach Persien und Indien gelauffen, woruͤber so viel tausend Menschen todt geschlagen worden. Unsere alten Teutschen sind eben solche vagabundi gewesen. Es ist was naͤrrisches; Daher hat auch Seneca gesagt: Alexander M. waͤre ein latro N gentium Cap. IV. gentium gewesen. Und wenn er die gantze Welt unter sich gebracht haͤtte, so wuͤrde er nachgehends auf eine machine gedacht haben, in den Mond zu kommen, und die Leute im Mond auch unter sich zu bringen. Hertius hat auch in seinen Element. Prud. Civ. pag. 271. Part. I. gewiesen, daß abundantia gar nicht der rechte und wahre scopus rerum publicarum so wenig als bey andern societatibus sey. Polybius (welcher eigentlich Griechisch geschrieben, aber von Isaaco Casaubono uͤbersetzet worden, der eine treffliche præfation vorgemacht,) hat lib. 6. cap. 14. wohl hievon raisonni ret, und gesagt: Man muͤsse koͤnnen cives defendere, daß sie in- violables waͤren. Sollen nun aber cives inviolables seyn, so muͤssen sie casti, fabrii \&c. seyn, es muͤssen leges da seyn, welche sie zuruͤck halten, und sollen solche so beschaffen seyn, ut puniatur malum, damit man nicht minus castos, minus sobrios habe. Dieser Polybius hat mit einen grossen Jugement geschrieben, und hat ihn der be- ruͤhmte Scipio Africanus bey sich gehabt, mit welchen er in campagne ge- wesen. Unter Scipiano Africano stund die Roͤmische Republic am besten; und wenn sie haͤtten so continui ret, wuͤr- de dieselbige nicht seyn zu Grunde gegangen, wie Cicero de Legibus an- gemercket hat. Da aber die Roͤmer anfiengen grosse Laͤnder zu acqui- ri ren, in Asien, sie brachten die Gaulois unter sich, da gieng es schon auf den Untergang loß, die magnitudo hat totam rempublicam everti ret. Man kan durch alle Secula zeigen, daß wenn die potenz am hoͤchsten ge- stiegen, res publica periit. Und also koͤnnen stusti wahrnehmen, daß an der potenz nichts gelegen. Etwas Reichthum muß man freylich haben; aber man muß solchen abmessen nach der potenz der vicinorum; Denn meine Nachbarn sehen auch darauf, daß sie mich wollen subjugi ren; da- her muß ich suchen die balance zu halten; man verhindert andere, daß sie nicht so maͤchtig werden, und andere suchen moͤgen uͤber den Hauffen zu werffen; Eine Universal-Monarchie ist eine chimære, und wird man sehen, daß diejenigen, welche darauf gedacht, sich den groͤsten Tort ge- than. Die Franzosen und Spanier sind dadurch herunter kommen, vid. Bœckler in Dissert. de Imperio intra modum coercendo. Amelot, der sonst sehr weltlich ist, sagt: Wenn wir potentiam affecti ren, und rui- ni ren wir uns, so bald wir nur potentiam affecti ren, wie wir bey dem Louis XIV. gesehen, da alle Leute gerne gesehen, daß er gestorben. Man wuͤrde den Duc d’Orleans bis in Himmel erhoben haben, wenn er nur was besser regieret, so hat er dem Louis XIV. gefolget, daher ist er in dem Buch, welches von seiner Regierung heraus kommen, und in Leipzig nach- De vera cujuslibet status felicitate. nachgedrucket ist, uͤbel beschrieben. Es kan also einer ein gluͤcklicher Herr seyn, wenn er nicht abundantiam affecti ret. Die Herren aber werden nicht recht instrui ret, und haben offt nicht gute Ministros; neh- men mehrentheils solche, die mit ihnen aufgewachsen, die sich aber nicht dazu schicken, weil sie keine experience haben. Es sind solches homines audaces, die man besser brauchen kan, zur execution, nicht aber zur deli- beration ins Cabinet. Man wird finden, daß so lange eine res publica libera bleibet, affecti ret sie keine grosse potenz, sondern bleibet in medio. So lange hat es auch um die Roͤmische Republic wohl gestanden; Da aber Sylla, Marius, Pompejus, Cæsar kommen, und wollten Reges, Principes, Imperatores seyn, so gieng sie uͤber den Hauffen. Wie ein Monarchisch Regiment entstund, so war zwar auf einer Seite ein Zu- wachs, aber auf der andern Seite wurde ein grosses Loch, und konnten sie die Conquetten nicht erhalten. Man hat ehemahls in Franckreich die Frage aufgeworffen: Ob nicht der Koͤnig in Franckreich koͤnnte die Schweitzer uͤbern Hauffen werffen? da man denn gefunden, daß es bey einigen Cantons wuͤrde angehen, aber man sahe, die Leute waren des Mo- narchischen Regiments nicht gewohnt, und wuͤrden sie bald gesuchet ha- ben zu revolti ren. Daher hat man es unterlassen, weil es nicht hat koͤn- nen unterhalten werden. Es solte einer gedencken, es muͤste der Kayser jetzt grosse ombrage schoͤpfen, da der Tuͤrcke so grosse conquet ten in Per- sien machet, allein er fraget nichts darnach: denn der Tuͤrcke hat gnug hernach zu thun, die Persier in Zaum zu halten, und wenn er seine Troup- pen hier aussen stehen hat, so revolti ren sie in Persien. Der Tuͤrcke aber ist kein kluger Regent, sein Land ist alles inwendig ruini ret, man findet offt in dreyßig, viertzig Meilen keine Stadt, als etwan hin und wieder Rudera. Auf denen Grentzen ist es formidable, aber das medium negli- gi ret er. Der Parder, Loͤwe, die Schlangen und Spinnen sehen es gerne, die haben Raum, alle potenz ist also schaͤdlich, welche den modum excedi ret. So viel potenz muͤssen wir freylich haben, daß wir koͤnnen unsern Nachbar widerstehen, daher muͤssen wir immer in Bereitschafft stehen, und masculos homines haben. Man muß darauf sehen, daß man das Seinige conservi ret. Es sind nicht alle Leute so capable ihr Reich zu erhalten, wie Carolus M. der war vigilant, und reisete immer von ei- nem Ende des Reichs zum andern. Nachgehends aber kam der Saͤn- ger Ludovicus Pius, da gieng es schon nicht so, und ward das Reich inner- halb achtzig Jahren, in fuͤnff bis sechs Theile zergliedert. Das Tuͤr- ckische Reich waͤre auch laͤngst zu Grunde gegangen, wenn nicht die Po- tentaten in Europa verhindert, daß der Kayser keine weitere progress en N 2 machen Cap. IV. machen koͤnnen. Hertius sagt auch Part. I. Man sollte nur den Carl Gustav ansehen, welcher nach Abdanckung der Koͤnigin Christina auf den Schwedischen Thron gestiegen. Dieser hat Verstand und bravour gnug gehabt, aber er fiel auf Abwege, daß er dachte, es muͤsse immer Krieg gefuͤhret werden, als wenn die Unterthanen sonst nichts zu thun haͤtten, und nur conquett en muͤßten machen. Da sagt auch Puffen- dorff: Carl sey schuld an der decadence von Schweden. Sein scopus taugte also nichts, daß er nur wollte Laͤnder acquiri ren. Er ist auch vor Chagrin gestorben, weil alles auf ihn loß gefallen, und nicht wollte zuge- ben, daß er so viel conqueti ren sollte. Wenn er auch alles haͤtte erlan- get, so haͤtte er nachgehends drauf dencken muͤssen solches zu erhalten. Man kan auch ein Exempel nehmen an dem Koͤnigreich Portugall, da dasselbe einen guten Koͤnig an dem Emanuel gehabt, so hat es in kurtzer Zeit die grossen conquett en gemacht, da sie das commercium aromatum, Gold und Silber in ihre Haͤnde gebracht. So bald aber dieser Koͤnig schlaffen gieng, so ist es geschehen, daß sie in media abundantia schwaͤcher und aͤrmer werden, als sie vorher gewesen. Dieses kan kein Mensch glauben, als der die Historie von Portugall felbst mit Politischen Augen ansiehet. Man kan alsdenn wahrnehmen, wo alles hergekommen, denn sie bekamen alle Tage mehr Feinde, und entstunden Kriege, der Krieg aber frißt alles auf, und koͤnnen die Leute nicht die fructus laborum ge- niessen. Absurd aber ists, wenn ich die gantze Welt gewoͤnne, und kan ich die Oerter, welche ich ruini ret, nicht wieder aufbauen, lieber bleibe ich in meinem Lande, und conservi re dasselbe. Wie nun der Emanuel die Augen zugethan, so kam sein Sohn Johannes III. auf den Thron, der ließ die Jesuiten ins Land kommen, die fuͤhrten die Regierung, indeß wurde ein grosser Luxus. Wie nun Johannes gestorben war, und sie eine Ar- mee nur von dreyßig tausend Mann wollten aufbringen, so war doch kein Geld da, ob sie gleich die Africanischen Kuͤsten bis an das Caput bo- næ spei inne hatten, und halff ihnen also die abundantia nichts. Es ist gewiß, wenn einer gleich abundantiam hat, er sucht aber nichts zu spa- ren, leget keine Magazins an, sucht seine Leute nicht in Disciplin zu er- halten; so hilfft ihm seine abundantia nichts. Denn da sie vorhero me- nagi ret, und einen Thaler gebrauchet, wo sie jetzt zwantzig Thaler gebrau- chen, so wird alles durch die Depens en theuer. Der tolle Sebastian, wel- cher unter denen Pfaffen erzogen worden, erkannte wohl, daß es an Di- sciplin fehlete. Das Volck fraß, soff und spielete, und war es eben so viel als wenn sie in der veteri paupertate subsisti ret. Wenn sie in der veteri paupertate subsisti ret, waͤren sie noch tauerhafft geblieben, so aber durch De vera cujuslibet status felicitate. durch die Wolluͤste waren sie zu feigen Maͤnnern worden. Also kan man sehen: Non esse Enthusiasticum vel nimis Scholasticum, quod dixi: Denn die experience zeiget es. Wer es negi ret, dessen stultitia leuchtet in die Augen. Medium ist also das beste, und abundantia tauget nichts. Opes relativæ und potentia relativa muß freylich da seyn, weil wir lauter boͤse Nachbarn um uns haben, und wenn gleich einmahl ein guter Nachbar da ist, so lebet doch derselbe nicht bestaͤndig, nach ihn kommt vielleicht ein anderer, der wieder groß Lermen macht. Man findet freylich keine felicem rempublicam omni ex parte, si excipias rem publicam Judaicam, welche gluͤcklich gewesen, so lange sie unsern HErr GOtt regieren lassen. Warum man aber keine gluͤcklichen Republiquen sonst findet, davon ist die Ursache leicht zu errathen: Die Republiquen entstehen mehrentheils per hazard. In denen Schulen koͤnnen wir wohl weisen, wie eine Re- public koͤnne gebauet werden, und hat es auch einen Nutzen, wenn Po- litica Architectonica dieses zeiget. Manche zeigen es nun recht, aber manche schiessen auch nicht recht zum Ziel. Aber das ist wahr, was Polybius lib. 4. sagt: Es waͤren die meisten Republiquen in der Welt sine arte, naturæ impetu, ex affectibus entstanden. Die causa remota also ist unser Fall, unsere affecten. Daher siehet man, daß die Repu- bliquen nicht entstanden ratione temperante. Man kan auch hieraus abnehmen, daß es nicht geschehen, wie die Menschen sich eingebildet, nemlich, daß man gradatim gegangen, und erst ein solches imperium con- cedi ret, da der populus per plura suffragia, per plures curias regieret/ denn da supponi ret man einen populum ratiocinantem, wo die meisten Leute gescheuet seyn. Allein nulla vel paucissima ars intervenit; es war confusio, daher ist es kommen, daß sie auf einen gefallen, die erste de- nominationes sind alle Monarchicæ gewesen, nachgehends aber sind sie auf andere gefallen, da plures regieret, und denen Principibus haben sie die Haͤlse gebrochen. Sine sapientia kan man freylich nicht ad felicitatem kom- men; sondern es ist alsdenn nur confusio, wenn solche mangelt, wie man in Pohlen siehet, das flori ret in turbis, aber miserrime. Consideri ret man also eine Republic, wie die seyn soll, so wird man finden, daß sie gantz aussiehet, als wie man sie in der Welt antrifft. In denen Schulen kan man den scopum betrachten, und die remedia ansehen, wodurch man ad finem \& scopum gelanget. Man kan alles demonstri ren, und sagen, so sollte es seyn, aber wer kan denen Regenten befehlen, daß sie es so machen. Es ist nicht anders, als wenn wir einen guten Catechismum machen, da kan man alles demonstri ren, aber wer thut darnach? Die Menschen leben nach ihren passion en, nicht nach denen rechten principiis. N 3 Wir Cap. IV. Wir finden keine Republic die vollkommen ist, aber wir machen es wie der beruͤhmte Mahler Zeuxes, dieser machte auch ein Bild, welches in der gantzen Welt nicht anzutreffen war. Von einen Frauenzimmer nahm er die Augen, von der andern die Augen-Braunen, von der dritten die Nase. Es ist wie in Iure Nat. wenn man den Grotium und Puffendorff lieset, so findet man, daß sie bald aus diesen, bald aus jenen auctore passag en genommen, wo sie was Gutes gefunden. Wir setzen auch bey der Republic alles zusammen, was wir hier und dar Gutes finden. Ob aber ein Regiment dieses thue? Ist eine andere Frage. Man siehet ja wohl, daß unter tausenden nicht einer, der die artes regnandi verstehet. Daß viele Fuͤrsten des Cronwells Tochter verlanget zu heyrathen, so hat er dieselbe keinen wollen geben, und gesagt, einige Fuͤrsten haͤtten wohl schoͤn Land, aber sie verstuͤnden die artes regnandi nicht; Cronwell verstund sie wohl, nur er hatte kein Ius, die Fuͤrsten aber sind es nicht alleine, welche die artes regnandi nicht verstehen, sondern man findet auch, daß sich von andern Leuten niemand darauf applici ret, sondern wenn sie zu einer Char- ge employ ret werden, alsdenn legen sie sich erst darauf. Bey solchen Sachen aber, die man in der Geschwindigkeit gelernet, ist nichts als confusion. Hat einer ja etwas gelernet, so ist es das lus, und der Pro- ceß, welches man wohl muß wissen; aber da kan einer noch nicht die artes regnandi, Man muß die Leute kennen; Moral wissen; man muß wissen Leges zu geben; Denn der Legislator hoͤret sein Tage nicht auf, bald wird dieses bald jenes changi rt, deßwegen muß man sich nicht wun- dern, wenn die Leges immer geaͤndert werden. Man gehe auch alle klei- ne Republiquen durch, so wird man finden, daß unter sechs und dreyßig Raths-Herren kaum drey halb-kluge. Alles gehet nach dem impetu. Daher ist in praxi wahr: mundus regitur parva sapientia; magna stul- titia. Es ist aber auch ein schlecht regimen. Der Autor hat die Sache wohl proponi ret, und es applici ret auf rempublicam ludaicam. Hertius hat einen schoͤnen Einfall, wenn er saget, GOtt habe die rempublicam judaicam regieret, daher es auch Conring Theogratiam genennet. Con- ring hat es genommen aus dem Juͤdischen Scribenten Josepho, welches ein kluger Kerl gewesen und meriti rt, daß man ihn lieset. Es ist nur zu bedauren, daß man so schlechte editiones von ihm gehabt, die nicht gut emendi ret gewesen. Daher hat man immer bessere Codices gesucht, ihn zu verbessern. Er war ein Jude, und hat die Juͤdischen Sachen per- fect inne gehabt, und hat auch die revolutiones des Alten Testaments. Er kam unter die Roͤmer, da ist er gereiset, und hat die Heydnischen Sa- chen mit den Juͤdischen compari ret. Wie die Juͤden Monarchen beka- men, De vera cujuslibet status felicitate. men, so hat es GOtt gehen lassen, denn er wollte nicht, daß sie sollten Monarchen haben. Was GOtt sonst gethan immediate, das wollten sie hernach thun lassen per sacerdotes, die taugten hernach nichts, und die Koͤnige wusten auch nicht viel, damit gieng die Republic uͤbern Hauf- fen. Hievon hat Prideaux in seiner Historie des Juifs unvergleichlich rai- sonni ret. Hertius sagt auch, die respublica Iudaica koͤnnte nicht genug betrachtet werden, weßwegen er selbst einen Tractat de Republ. Iud. schrei- ben wollen, und waͤre gut gewesen, wenn er es gethan: Denn er ist eine Zeitlang Professor Polit. in Giesen gewesen, und hat die politi schen Sa- chen gut verstanden. Wir haben sonst schon viele Buͤcher von dieser materie. Mir hat keiner besser gefallen, als der Fleury in seinen Tractat des Moeurs des Israelits, welches ein Buch ist, das von Studenten gar geschwind kan durchgelesen werden. Petrus Cunæus hat auch davon ge- schrieben. Ingleichen Carolus Sigonius, welchen ich sehr æstimi re, in- dem derselbe uͤber die Leges forenses artige reflexiones gemacht. §. 13. 14. Der structuræ reipublicæ, soll nullum insigne vitium Durch was vor Mittel die Gluͤckseligkeit eines Staats erhalten wer- de? inhærere, welches der Autor haͤtte sollen erklaͤren. Wir haben drey for- mas Rerumpublicarum: Aut unus imperat; aut optimates; aut populus in varias curias distrubutus. Da ist ohnmoͤglich, daß gar keine irregula- ritas solle vorhanden seyn. Ja wir finden in ipsa Republica Iudaica, daß Seniores da gewesen, und auch der populus was zu sagen gehabt; wer das wollte eine irregularité nennen, wo das Volck etwas zu sagen gehabt, wuͤrde nicht recht thun; oder wenn er es ja so nennen wollte, so wuͤrde es non insigne vitium seyn. Man kan es in der Welt nicht so hoch bringen, daß alles sollte vollkommen seyn. Koͤnnte man unum finden, der gar nicht declini rte a via recta, so waͤre es freylich besser, als daß ein gantzes Collegium es dirigi ret: Denn derjenige, so sapiens, kan alles gut regieren, aber labi possunt, sunt homines. Ergo ist eine gute Vorsorge, daß man ihnen noch andere adjungi ret, damit man sicherer gehe. Wir haben gesehen, quod ipse Salomo declinaverit, und einen weisern Mann hat man doch nicht unter der Sonnen gesunden, als die- sen; wie man auch aus seinen Sachen sehen kan. Die Menschen sind nicht einerley; sie haben nicht einerley temperamenta; nicht einerley in- clinationes; nicht einerley Laster. Wer einen Fuchs kennet, der kennet alle Fuͤchse, daher ist kein Thier, man mag es angeben, wie man will, wir sind maitres: Das kommt daher, weil wir sie koͤnnen auf einerley Art fangen; sie haben einen instinctum. Hergegen wenn du gleich hast kennen lernen funffzig bis hundert Menschen, so werden dir doch tausend andere subjecta vorkommen, welche, wenn du sie consideri ren wirst, alle so Cap. IV. so beschaffen sind, daß keines mit dem andern vollkommen uͤberein kommt; sondern gleichwie die Gesichter different sind, so findet man auch vielfaͤl- tige diversitates ratione inclinationum. Ich bin der Meynung, daß un- ter denen Menschen keiner dem andern gaͤntzlich gleich, generaliter tref- fen sie wohl zusammen; Drum sagt man, die meisten Frantzosen sind wolluͤstig, aber von allen kan man es nicht sagen. Da nun die inclina- tiones different sind, so kan man auch die Menschen nicht auf einerley Art tracti ren; Wenn du nun drey Kinder hast, so kanst du sie nicht auf einerley Art tracti ren, das eine muß auf diese, das andere auf jene Art erzogen werden. Wer die Menschen alle will uͤber einen Kamm scheeren, verstehet die menschliche Natur, und die moral nicht. Lassen sie sich nun nicht auf einerley Art tracti ren, so wirst du leicht begreiffen, daß man nicht einerley Leges haben koͤnne. Der Lex naturæ ist allen menschlichen Naturen accommodi rt; aber die Leges positivæ arbitrariæ schicken sich nicht vor alle Menschen, und auf alle respublicas, sondern man muß auf den genium populi sehen. Die orientales und meridio- nales koͤnnen auf eine gantz andere Art tracti ret werden, als die septen- trionales. Tracti rst du die Engelaͤnder, Schweden, und andere septen- trionali sche Voͤlcker so, wie der Tuͤrcke seine Unterthanen, oder wie die Mohren tracti ret werden, so werden sie bald den Kopff zwischen die Bei- ne nehmen, und dich herunter schmeissen. Die meridionales sind me- lancholisch, und thun alles, was man haben will; sie lassen sich tracti- ren wie die Esel. Das Clima ist different, das machet diversa corpora, und die diversa corpora machen diversas inclinationes. Wer das nicht glaubt, der hat keine Erfahrung: Denn man kan solches leicht wissen. Gesetzt, du bist ein Europaͤer, du setzest dich aber nach Bavia, oder in ein ander Indianisch Land, so wirst du schon nach und nach eine gelbli- che Farbe uͤberkommen. Das Kind, so du zeugest, bekommt schon solche wol- ligte Haare, wie die Mohren; Es bekommt auch eine gantz andere massam sanguinis. Daher kanst du dir leicht einbilden, daß die inclina- tiones changi ren: Denn die Seele richtet sich nach dem Coͤrper. So viel diversitates in dem Gebluͤt sind, darnach wird auch der Coͤrper ein- gerichtet. Das Gebluͤt richtet sich aber nach dem Climate, zum clima rechnet man Sonnen-Hitze, alimenta \&c. Es wird keiner in diesem punct recht gescheuet, wenn er nicht nach denen Orientalischen Laͤndern reiset; Oder, wenn er dieses nicht thun will, so kan er nur veritable Reise-Beschreibungen lesen, da wird er seine Zeit gut anwenden, und daraus erkennen, wie die Leute dort so Selavisch seyn. Der genius po- puli ist auch so beschaffen ratione vitiorum, daß sie differi ren. Ein po- pulus De vera cujuslibet status felicitate. pulus ist wolluͤstig, wie die Juͤden beschaffen gewesen, sie inclini rten ad otium, ad voluptatem; daher wird man auch finden, daß die Juͤdischen Gesetze sonderlich dahin gehen, sie ad laborem anzuhalten, damit sie kein otium haben moͤchten: Denn das ist ein rechter Legislator, so die irri- tamenta aus dem Wege raͤumet. Es sind e. g. Huren-Haͤuser, Spiel- Haͤuser, Coffée- Haͤuser, wenn ich da tausend Leges gaͤbe, daß die Leute nicht solten hinein gehen, so ist es eine Thorheit, und hilfft nichts. Denn wenn man vor so einem Hause vorbey gehet, wird man allici rt. Die Leges sind mehr als zu scharff, welche man giebet, in tanta luxuria, aber die irritamenta sind nicht præscindi ret, und siehet man, daß es eine schlech- te Legislation. Man findet auch in Juͤdischen Gesetzen, es solle keine Hure seyn, unter den Kindern Israel; aber man siehet auch, was vor Anstalten deßwegen gemacht worden. Und also wenn ich sehe, daß ein Volck wolluͤstig, so muß ich die occasiones præscindi ren, sonst helffen die Leges nichts. Diejenige Republic aber ist albern, welche die Leges von andern herhohlet: Denn die leges schicken sich nicht ad genium hujus populi, weil ein jeder populus andere inclinationes und andere vitia hat. Manche vitia sind nicht unter dem Volcke, da thut man absurd, wenn man leges deßwegen giebet: Denn da giebt man nur denen Leuten Ge- legenheit, daran zu gedencken; Daher ists gut, daß von manchen vitiis gar nichts in legibus stehet. Cicero saget, man koͤnnte sich wundern, daß der Lex Pompeia erst gegeben worden, da die Republic schon lan- ge Zeit vorher gestanden; Allein er saget: Vorher habe keiner ein sol- ches Scelus begangen; Daher habe man den legem nicht noͤthig gehabt. Tacitus sagt gar artig von denen Teutschen: plus ibi valent boni mores, quam alibi bonæ leges i. e. Sie haben vor sich gut gelebt, daß sie keine leges gebraucht. Wenn aber der Princeps inclinationes bey seinen Un- terthanen antrifft, welche koͤnnen turbas machen, alsdenn muß er leges ferre. Man kan hieraus leicht abnehmen, daß, wenn man die Roͤmer in abstracto ansiehet, und nicht ihren Zustand betrachtet, sie alberne Leu- te gewesen, daß sie nach Griechen-Land gegangen, und da leges gehohlet, welche doch nicht accommodi ret waren, ad genium ihres Volcks. Nicht anders, als wie wir Teutschen auch wunderlich gewesen, daß wir fremde leges angenommen. Simler sagt gar artig in seiner Beschreibung von der Schweitz, man koͤnnte sich wundern, warum die Schweitzer nicht auch das Roͤmische Recht angenommen; allein die Schweitzer waren simple Leute, und moͤchte sich das lus Rom. wohl vor die Roͤmer geschickt haben, vor die Schweitzer waͤre es zu subtil. Weil die Teutschen alle aus einer race, ex una tribu, so kommt es eben daher, daß sie alle einer- O ley Cap. IV. ley mores gehabt, und wenn man die alten Gothischen, Schwedischen und andere Teutsche leges ansiehet, so wird man finden, daß sie in ge- neralibus mit einander uͤbereintreffen. Augustus hatte was Gutes im Sinne, daß er wollte haben, man sollte nicht so viel Knechte manumiti- ren, damit nicht so viel servili sch Blut sich moͤchte unter die Buͤrger mi- schen: Denn die Knechte waͤren alle Fremde, und schickten sich da die Roͤmi- schen Gesetze nicht. Finden sich in einer Republie fremde ein, so leiden die alten Gesetze noth; daher hat auch GOtt haben wollen, die Juͤden soll- ten in einem Lande wohnen, da sie uͤberall eingeschlossen, damit kein po- pulus koͤnne zu ihnen kommen. Alle ihre Staͤdte sind von der See ent- fernet gewesen; Er hat auch haben wollen, daß sie alle populos, welche sie faͤnden, sollten todt machen, damit sie auf keine Abgoͤtterey moͤchten fallen, \& ut semper lex eadem maneat. Das haben sie nicht gethan, welches ihnen nachgehends sehr geschadet. Amelot hat auch von denen Venetianern observi ret, daß ein Fremder sich zwar daselbst koͤnne auf- halten, aber wenn er sich recht niedersetzen wollte, so wuͤrde es ihm recht schwer gemacht. Ich habe auch in vielen Reichs-Staͤdten wahr genom- men, daß sie nicht gerne wollen Fremde haben; Denn sie fuͤhren daselbst ein sehr stilles Leben, wenn sie nur wollen die Fremden intra limites coër- cere, so appelli ren sie, lauffen weg, und machen allerhand Verdrießlich- keiten. Ja ich halte das vor einen Verfall, wenn man alle Fremde auf- nimmt, und fragt man offt nicht einmahl, wo die Leute herkommen. Also ist gut, daß man die peregrinos, so viel moͤglich ist, separi ret: Denn dadurch, daß man sie indistincte aufnimmt, geschiehet es aber, daß man die leges muß aͤndern, und die alten guten leges zu Grunde gehen lassen. Wenn man aber immer an den legibus bessert, so sehen sie aus, wie ein Hauß, daran man immer was bauet, da kommt endlich eine irregula- rit aͤt heraus. Die beste harmonie ist, wenn die leges so eingerichtet werden, daß sie die cupiditates der Menschen in Zaum halten, und muß man freylich auch darauf sehen, daß die Gesetze gehalten werden; Deß- wegen muͤssen judicia seyn. Ein Legislator, wenn er gescheuet ist, muß justos viros setzen, welche die leges exequi ren, und daruͤber halten, sonst gehet der lex per contrarium usum zu Grunde, und ist eine Anzeige, daß der Herr nicht gewachet, wenn man saget, da ist der lex; aber er ist nicht in usum kommen. Wenn man die Roͤmische Republic betrachtet, so sind gleich anfangs daselbst viele vitia gewesen, welches der Venetia- nische Nobilis Paruta vortrefflich gewiesen, und schoͤne observationes da- bey gemacht. Denn es war ein Asylum latronum; einer kam daher, der andere dort her, und ist zu verwundern, daß noch so eine harmonie gewe- De vera cujuslibet status felicitate. gewesen. Die Respublica Iudaica aber war von einer race, sie kommen alle von Jacob. Wenn wir auch nichts aus der Bibel zu lernen haͤt- ten, so sind doch die leges forenses eine causa impulsiva, dieselbe fleißig zu lesen; nicht zu gedencken, daß wir viam ad salutem darinnen finden. In der hoͤchsten perfection findet man keine Republic, als die rempublicam Iudaicam: Denn das war eine race; daher konnte man ihnen leges uni- formes geben, und weil es eine race, so hat GOtt gesuchet, eine Gleich- heit unter ihnen zu erhalten. Es muste ein jeder was haben, und konn- te einer nicht reicher und nicht aͤrmer werden, wenn er sich nicht durch seinen Fleiß etwas zu wege gebracht. Es war kein Edler und kein Un- edler in der Juͤdischen Republic; Sie hatten einerley profession, und waren Acker-Leute; hatten nur solche Handwercker, welche hoͤchst noth- wendig waren; alle andere artes, so contra scopum, haben sie nicht ge- habt. Es war eine Republic, welche nicht suchte conquett en zu machen, sondern suchten sich nur zu conservi ren. Weil das Juͤdische Volck in Egypten gewesen, und die Egyptier grosse Abgoͤtter waren, so war es auch sehr zur Abgoͤtterey geneigt. Das braucht keines Beweises, wir sehen in der Bibel, daß sie das guͤldene Kalb angebethet. GOtt hat nun gesucht, alle Gelegenheit der Abgoͤtterey abzuschneiden; daher weil sie doch denen Ceremonien sehr ergeben waren, und ein populus imita- tor omnium vanitatum war, so hat er ihnen viele Ceremonien gelassen; aber dieselben von aller Abgoͤtterey gereiniget. Weil das Volck sehr wolluͤstig gewesen, so hat er sie mit so vielen Ceremonien uͤberhaͤuffet, daß sie immer in Arbeit erhalten worden, ne forte traducerentur ad id, quod viderant in Ægypto. Das ist wohl die Haupt-Absicht gewesen, bey denen vielen Ceremonien. Man siehet auch noch, daß ein Jude viel zu thun hat, wenn er alles thun will, was in denen Gesetzen vorgeschrieben. Da sie nun wolluͤstig, und auch Liebhaber der Music waren, so siehet man, daß der cultus mit vielen Pomp und Music angestellet worden, wie Fleury gar artig angefuͤhret. Denn da sonst die Leute sich suchen extra ecclesiam lustig zu machen, so ist hier die Music bey geistlichen Dingen ge- brauchet worden. Nun ist aber kein Zweiffel, daß GOtt bey den cere- monieus en Cultu auch noch andere Absichten gehabt, und daß solcher mit sollte ein Fuͤrbild auf CHristum seyn, unterdessen ist doch der ande- re scopus nicht zu negi ren: Denn unius rei plures possunt esse causæ. Hier kan man den Spener de ritibus Hebræorum lesen, welcher mit einem grossen Verstand geschrieben, darinnen aber fehlet Spener, daß er negi- ret, die Ceremonien waͤren bloß deßwegen gegeben worden, um den po- pulum abzuhalten, daß er nicht auf die Egyptische Abgoͤtterey fallen moͤch- O 2 te, Cap. IV. te, sondern sie sind vielmehr nur eine concausa gewesen. Welche Mey- nung mir sehr plausible vorkommt, die auch der Fleury angenommen. Carolus Siginius hat in seinem Buch de republica Ebræorum auch diese Sachen sehr politi sch consideri ret, ob er gleich kein Hebraͤisch konn- te; (Man hat sein Buch in Bremen wieder auflegen lassen.) Da nun GOtt gesehen, daß es ein wolluͤstiges Volck, welches auf allerhand Speisen und Getraͤncke fallen wuͤrde, so hat er ihnen vieles verbothen, daß sie sollten essen und trincken. Auch ratione der Kleider hat er eine solche disposition gemacht, daß sie nicht sollten ad luxuriam gerathen. Man thut wohl, wenn man singulas leges forenses durchgehet, da kan man dieses am besten sehen. Bisweilen machet man typos dabey, da nichts darinnen stecket, und es sind auch gute morali sche reflexiones, daß es aber Dei intentio allemahl gewesen, glaube ich nicht: Etwas lasse ich davon zu; da gehet einer nicht zu weit, und wirfft auch derer Theo- logorum Meynung nicht gantz weg. Auch alle Theologi haben nicht einerley Gedancken, und machet einer diese reflexion, der andere jene; in wenigsten Stuͤcken kommen sie mit einander uͤberein. GOtt hat auch treffliche Anstalten gemacht, daß sie nicht sollten ad scortationes fallen; Und eben deßwegen hat er sie auch so logi ret, daß sie nicht sollten an der See liegen; damit nicht vitia Gentium zu ihnen kommen, und sie ad luxuriam declini rten: Denn der luxus bestehet aber in cibo \& potu, daß man mit dem Seinigen nicht zufrieden ist; man will bald diese bald je- ne fremde Speise haben. Die Speise auch, welche er ihnen verbothen, daß sie dieselbe nicht sollten essen, sind entweder solche, die der Gesund- heit zu wider, und nicht zu verdauen, oder sie stimuli ren ad libidinem. Es hat mir ein gewisser Medicus in Leipzig gesaget, daß er einen Tractat unter den Haͤnden habe, worinnen er eben zeigen wolle, daß alle Spei- sen, so unser HErr GOtt verbothen, denen Menschen schaͤdlich, und wo dieselben die Verdauung nicht hinderten, so wolle er doch zeigen, quod ad libidinem stimulent; Ich habe ihn encouragi ret, daß er es bald edi- ren sollte, denn er verstehet Hebraͤisch, und wird es ein trefflicher Tractat werden: Denn daraus wird man recht begreiffen koͤnnen, daß denen Juͤden GOtt alle itritamenta abgeschnitten. Nichts desto weniger aber/ ob gleich GOtt alles dieses gethan, so hat er doch auch in seinen legi- bus humanitatis rationem nicht vergessen. Es sind freylich sehr scharffe leges, die leges Forenses und Leviticæ: doch hat er ihm ob infirmitatem vieles zugelassen, das ist aber ein Anzeigen eines legislatoris sapientis. Die Leges Draconis waren scharffe Leges, aber Cicero zeiget, daß sie nicht gedauret: Denn man hat die irritamenta nicht weggeschafft, wie bey De vera cujuslibet status felicitate. bey denen Juͤden doch geschehen. Da also GOtt auch auf die infirmi- tatem gesehen, so findet man, daß er ihnen divortia polygamiam zugelas- sen, nicht, daß ich meynete, es haͤtte nothwendig so seyn muͤssen, aber GOtt hat gesehen, wenn er das nicht thaͤte, es waͤre ein boͤses Volck, so haͤt- te er das Volck muͤssen ausrotten. Denn vitia erunt, donec erunt ho- mines. Es ist impossible daß nicht bisweilen Leute sollten seyn, so ihren affect en nachhaͤngen, welche eine imperans doch duldet. CHristus saget selbst: Um eures Hertzens Haͤrtigkeit willen hat man vieles nachgelas- sen: GOtt haͤtte sie freylich alle koͤnnen ausrotten, er haͤtte nur duͤrffen lassen wieder eine Suͤndfluth kommen, aber toleravit; Daher auch, wenn einer vor einen Weinberg vorbey gegangen, es hat ihn geluͤstet, er ist hinein gegangen, und hat gegessen so hat GOtt gesagt, das sollte erlaubt seyn, bey nns ist man schon nicht so raisonnable. Uber die Leges forenses hat Constant. l’Empereur einen guten Commentarium geschrieben, es sollte sich ein Juriste druͤber machen, der Hebraͤisch verstuͤnde. Weil die inæqualitas alles Ungluͤck zu wege bringet, so ist zwar nicht eine durchgaͤngige æqualitas in der Juͤdischen Republic gewesen, doch waren sie alle frey; keine Noblesse war da, son- dern wenn einer mehr war als der andere, so geschahe es durch seine charge, oder durch sein Alter. Das war was grosses: denn wo No- biles und ignobiles gegen einander, da giebt es Verdrießlichkeiten. Die Nobiles sind maͤchtiger, und suchen die Schwaͤchern zu unterdruͤcken, dadurch ist eben die Roͤmische Republic zu Grunde gegangen, vid. Sal- lust. de Bello Catilia. Die Juden kamen alle von Abraham, und hatten gleiche nobilitatem, und wenn ja einer so liederlich gewesen, daß er nichts mehr hatte, und ein Knecht werden muͤssen, so kam er doch beym Jubilæo wieder loß; hatte einer was versetzt, so bekam ers da wieder; war einer fleißig, so hatte er zwar mehr als der andere, und dieser war deßwegen nicht arm. Die Guͤter kamen nicht eher auf die Toͤchter, als wenn keine Soͤhne mehr da waren, die Toͤchter bekamen entweder gar nichts, oder wenig, sie hatten keinen dotem, man heyrathe- te nicht nach Reichthum, sondern nach affection. Weiln nun die Wei- ber wunderliche Koͤpfe, und nicht allemahl klug, so musten sie in tutela perpetua seyn, und hat deßwegen Otto in seiner Dissertation de perpetua fœminarum tutela gezeiget, daß die perpetua tutela, welche die Teutschen, Longobarden, Griechen, und auch vordem die Roͤmer gehabt, schon bey den Juden gewesen, so gar war die Mutter in tutela filiorum, die kleinen Bruͤder waren in tutela der erwachsenen Bruͤder, es war bey ihnen keine mercatura, die erst zu Salomonis Zeiten aufkommen, und da taugte schon die Republic und Salomo selbst nichts mehr. Ihre Kleider und Schuh O 3 haben Cap. IV. haben sie sich selbst gemacht. Sie waren also liberi homines, und wenn sie jemand braucheten zu Knechten, so nahmen sie solche von Fremden, etwa von denen Arabern, da nun eine æqualitas bey ihnen war, und man brauchte die Leute nicht zu expeditionibus, sondern suchte nur das Land zu conservi ren, so kan keine felicior respublica ausgedacht werden. Ja es ist nicht noͤthig eine Rempublicam idealem zu fingi ren, sondern man darff sich nur diese Republic recht vorstellen, da kein extreme pauper seyn koͤnnen. Damit auch kein extreme pauper seyn sollte, so haben sie nicht alles aus denen Weinbergen und von den Aeckern duͤrffen wegnehmen; sondern sie haben ein Specilegium gehabt: Denn es konnte seyn, daß ei- ner viel Kinder hatte, da es kleine portiones setzte, daher konnten sie sich hierdurch noch helffen. Der Diebstahl wurde bey ihnen nicht mit dem Tode gestrafft, sondern mit dem duplo vel quadruplo: Denn diejenigen, welche gestohlen, hatten es nur ex avaritia gethan; Dieses aber kan man bey uns nicht applici ren: Denn unsere Diebe sind mehrentheils arm; deßwegen muͤssen wir eben auf die Todes-Straffe gehen. De republ. Ebræorum hat auch Melchior Leidekker 2. Folian ten geschrieben, worin- nen er den l’Empereur ziemlich excerpi ret. Die Lacedemonier haben in ihrer Republic auch vieles gehabt, so mit denen Juͤdischen Gesetzen uͤber- ein trifft, wie Nicolaus Cragius gewiesen, auch Jo. Adolph. Hoffmann in seiner Politica. Sein Buch ist in Holland gedruckt, er ist gereist, und in Engeland gewesen; die Politic hat er dem jungen Vitriario gewiesen, welcher gemeynet, er sollte sie lassen drucken, und findet man auch treffliche Penséen darinnen, die man sehr wohl gebrauchen kan. Daß man aber den perfectiosissimum statum, welcher bey denen Juden gewesen, nicht bey uns applici ren kan, laͤsset sich leicht aus folgendem simili begreiffen: Wir sind beschaffen, wie die Leute, so bucklicht sind, diesen Leuten muß man solche Kleider machen, welche sich nach ihren Buckel schicken. Wenn nun einer kaͤme und sagte: Hier waͤren vortreffliche Kleider, die nach einer guten taille gemacht, man soll- te diese dem Buccolomini lassen anziehen, so schicken sich die beyden Stuͤck-Kugeln, welche er hinten und forne hat, nicht in das Kleid; ja wenn man ihm solches anziehet, so will er darinnen ersticken. Eben al- so kan man die perfectissimas Leges bey uns gebrauchen, da wir einen so corrup ten Zustand haben. Es waͤre freylich schoͤn, daß wir in einem sol- chem Zustand waͤren, daß sie bey uns applicable, gleichwie es bey einem, der an Kruͤcken gehet, auch besser waͤre, wenn er die Kruͤcken koͤnne weg- werffen. Ob nun gleich gewiesen worden, daß die respublica Judaica sehr De vera cujuslibet status felicitate. sehr perfect gewesen. Denn es war darinnen keine inæqualitas; kein luxus; sie hatten Deum præsentem; die religio war aͤcht; keine ambition war da, so ist doch die Republic nachgehends uͤbern Hauffen gegangen. Denn sie wollten einen Koͤnig haben, wie sie nun einen Koͤnig hatten, bekamen sie uͤbele Herren, die Geistlichkeit hatte viel zu sprechen, und nahm sich so viel heraus, sie fielen auf Abgoͤttereyen, was der Koͤnig that, thaten sie auch, da giengen sie zu Grunde. Es entstund daneben das Reich der Syrer und Babylonier, und hat Prideaux gewiesen, wie sich diese aggrandi ret. Da sie maͤchtig waren, unterdruckten sie auch die Juden. Die Juden musten in die Babylonische Gefaͤngniß, sie kamen wieder heraus, verfielen aber auf Thorheiten, da denn endlich die Roͤmer kamen, und ihrem Reich gantz ein Ende gemacht. Prideaux kan hier wohl gelesen werden, denn er postilli ret nichts, sondern hat die Antiqui- tæ ten gut studi ret, und gehet bis auf die Zeiten CHristi, wo er aufgehoͤ- ret hat, faͤnget der Basnage an. Der Vitringa in seiner Introduction ad Histor. Eccles. hat auch vieles hievon beygebracht. §. 15. 16. Die Gelehrten acquiesci ren nicht. Sie haben gese- De rebuspu- blicis ideali- bus. hen, daß die res publicæ impetu entstanden, und dieselben in summa im- perfectione stehen; die rem publicam Judaicam haben sie nicht ange- schauet, sondern dieselbe vorbey gehen lassen. Daher sind sie auf ideales respublicas gefallen, dergleichen Plato fingi ret hat. Plato war ein durch- triebener Kopf, wer ihn verachtet, der hat ihn entweder nicht gelesen, oder aber dasjenige, was er von ihm gelesen, nicht reflecti ret. Die We- nigsten reflecti ren uͤber seine Sachen, weil er per dialogos geschi ieben, die bisweilen subtil, und schwer zu verstehen sind. Da muß man sol- che Leute lesen, die fast ihre gantze Lebens-Zeit mit des Platonis princi- piis, um dieselben zu uͤberlegen zugebracht; Dergleichen der Marsilius Fi- cinus und Bessarion sind. Man muß auch in der historia Philosophia versi ret seyn, wenn man ihn will verstehen. Bayle sagt auch, er glaube nicht, daß ein Mensch, der kein Christ gewesen, vor sich so weit in rebus divinis avanci ret, als eben dieser Plato. Er hat freylich viele Wahrhei- ten; wenn er aber auf das Hauptwerck kommt, so schnappet er doch uͤber, wie es allen andern ergangen, die keine revelation gehabt: denn sola re- volatio weiset uns in divinis etwas, das eine rechte consistenz hat. Plato war in Griechenland, und sahe die confusion bey denen Griechen, daher schrieb er ein Buch de republica. Er hat wahr genommen, meum \& tuum parit omne bellum; daher hat er gemeynet, es muͤsse eine commu- nion seyn, ja er ist so weit gegangen, daß er gemeynet, uxores muͤsten auch commun seyn. Das ist was naͤrrisches. Deßwegen ist er auch uͤberall Cap. IV. uͤberall gestriegelt worden, und haben etliche, welche sich so sehr in den Platonem verliebt, gemeynet, Plato habe solches nicht defendi ret, sondern nur als ein problema gesetzet; allein er hat alles als problemata hinge- setzet, indem er per dialogos geschrieben, und mag es wohl seine Mey- nung gewesen seyn. In Summa, sein Buch de republica hat keinen Men- schen gefallen, nicht, als wenn es nichts taugte, sondern man findet schoͤ- ne ideas darinnen. Man hat in Engeland auch eine schoͤne edition von diesem Buch de republica, da es aus vielen MScriptis emendi ret worden. Mons. Dacier hat es auch ins Frantzoͤsische uͤbersetzet. Er hat auch schoͤ- ne Concepte de veritate in diesem Buch de republica; aber es ist ohn- moͤglich, daß man kan eine solche Republic anlegen, wie Plato sich ein- gebildet. Plato hat auch noch einen Tractat de Legibus geschrieben, da hat Hertius gemeynet, daß dieser eher ad usum verum applicable, er ist aber doch auch sehr philosophi sch, und nicht wohl zu applici ren, ja man erzehlt von Plotino, welcher ein grosser Anhaͤnger vom Platone gewesen, daß derselbe wollen eine Platonische Republic anlegen, und der Kayser auch alle huͤlffliche Hand dazu geleistet, wie aber die Stadt gebauet ge- wesen, und die Haͤuser alle fertig, so hat er keine Leute koͤnnen bekommen, welche sich in diese Republic begeben: Denn wir haben lauter homines vi- tiis deditos, welche bald auf dieses bald auf jenes Laster gefallen, vid. Bayle sub voce Plotin. Also ist Plato mit seiner Republic ausgelachet worden, und sagt man von Dingen, die nicht koͤnnen applici ret werden: hæc optinent in republica Platonica. Andere haben es wollen besser ma- chen, und andere Republiquen fingi rt, so des Platonis seine sollten uͤber- treffen, ego vero non credo, si excipias binos libellos, 1) des Thomæ Mori sein Buch, welches er Utopiam nennet. Thomas Morus war Cantzler bey dem Koͤnig in Engeland, dem Wuͤterich Henri- co VIII. welcher ihn lassen den Kopf abschlagen. Er war sonst der alten Re- ligion zugethan, aber ein sehr weiser Mann. Der Koͤnig wollte haben, er sollte seine Religion annchmen; nun erkannte Morus wohl, daß des Pabsts seine Religion nichts taugte, aber er wollte auch Henrici Religion nicht ha- ben, denn die war nicht Catholisch, nicht Reformirt, nicht Lutherisch, sondern Henriciana religio, welche Henricus VIII. selbst ausgedacht; Weiln nun Morus solche nicht annehmen wollte, so setzte er ihn erst ab, woraus sich aber Morus nichts machte, sondern sich auf seine Land-Guͤter begab, und daselbst in aller Stille lebte. Der Koͤnig, wie er sahe, daß sich Morus nichts draus machte, so ließ er ihn von seinen Land-Guͤtern wegnehmen, und den Kopf ab- schlagen, vid. Laney in seiner hist. d’Angle terre. Mori Utopia ist plaissant zu lesen. Herr Thomasius hat auch gesagt, daß unter denen vielen Buͤ- chern, welche von den rebuspublicis fanaticis geschrieben werden, ihm kei- nes De vera cujuslibet status felicitate. nes besser als dieses gefallen; Es ist alles raisonnable, was er gesagt, und wenn man es compari ret mit unsern moribus, so siehet man, daß unsere mores naͤrrisch sind. Dieses Buch nuͤtzet vortrefflich dazu, daß wir un- sere felicitatem nicht bis an den Himmel erheben; sondern erkennen, es sey eine immaginaria felicitas, und gehet es uns wie denenjenigen, welche meynen, sie waͤren gesund, die doch das Fieber in hoͤchsten Grad haben. Man hat das Buch ins Frantzoͤsische uͤbersetzet, und vor kurtzer Zeit auch Lateinisch wieder auflegen lassen. 2) Hat Thomas Campanella ein Buch geschrieben, welches er Rempublicam Solis nennet. Dieser Tho- mas Campanella war ein Dominicaner-Moͤnch, ein Kerl, welcher was ausserordentliches an sich gehabt. Von diesem Campanella hat der Kirchen-Rath zu Gotha Cyprianus, als er noch Professor zu Helmstaͤdt gewesen, eine Dissertation geschrieben, welche man auch in Engeland wieder auflegen lassen, die Dissertation ist wohl geschrieben: Denn Cyprianus ist ein Mann, welcher eine grosse Wissenschafft hat, auch multum judicii. Nur bedaure, daß er in den Streit gemenget worden, wegen der Vereinigung der Lutherisch- und Reformirten Religion, indem er meyne- te, es gehe nicht an, das hat ihn so verhaßt gemacht, daß man ihn auf den Reichs- Tag auf Seiten des Evangelischen corporis schuld gegeben, er sey der Stoͤhrer, so die union hindere. Dieserwegen hat er auch eine apologie heraus ge- geben. Pour le reste bleibet er doch ein geschickter Mann. Er hat auch ein Buch geschrieben de republica Hispania, darinnen er denen Spaniern sehr viel Fehler ge- wiesen. Sie haben es deßwegen auch so weit gebracht, daß man ihn in Napoli gefangen genommen, und vor die Inquisition gebracht, da sie ihn auch so starck gefoltert, daß ihn die Adern aufgesprungen, doch ha- ben sie ihn nicht ums Leben gebracht, sondern er muste sich im Gefaͤngniß aufhalten. Der beruͤhmte Christoph. Fœrstner, als er in Neapolis gewesen, hat den Cam- panella im Gefaͤngniß gesprochen, welcher seinen Nahmen gewust, und ihm viel prophezeyet, wie er wuͤrde avanci ren. Es ist auch der Fœrstner hoch gestiegen, denn er war in Mumpelgard das fac totum, und wollte ihn auch Hertzog August von Braunschweig haben, aber sein Herr wollte ihn nicht weglassen. Die Frantzosen haben es endlich dahin gebracht, daß der Campanella aus der Inquisition weg kommen; Er kam hernach nach Franckreich, woselbst auch seine meisten Schrifften in der Koͤniglichen Buchdruckerey heraus kommen. Seine Respublica Solis ist auch so eine Respublica fanatica, welche aber nicht allen wohl gefallen, sonderlich um deßwillen, weil er gemeynet, der Koͤnig in seiner Republic muͤsse ein Me- taphysicus seyn, aber wenn man betrachtet, was er unter dem Wort Me- taphysicus verstehet, so kommt es gantz anders heraus, nemlich er will haben, daß der Koͤnig soll koͤnnen demonstrare, und nach seiner Meynung P resol- Cap. IV. resolvi ren sich alle demonstrationes in die metaphysic, wie auch Herr VVolfius und andere dafuͤr halten. Also ist es eben nicht naͤrrisch, was Campanella gesagt, und bekommt seine Meynung eine gantz andere Ge- stalt; daher ist einen jeden zu recommendi ren, daß er dieses Buch lieset. Das aller geschickteste und ingenieus este Buch aber ist die Histoire des Severambes, welches zwey Theile sind, und Frantzoͤsisch geschrieben. Der Autor hat sich gestellet, als wenn er ein Frantzose, der sich aber lange in Engeland aufgehalten, und vornehme Herren informi ret in der Frantzoͤ- sischen Sprache, sein Nahme ist Allais, und hat ihn Herr Thomasius in seiner monathlichen Unterredung am ersten entdecket, da er einen Extract von diesem Buch gemacht. Er hat es erfahren von seinem Herrn Bru- der, der in Nuͤrnberg ist, und in Engeland gewesen, woselbst er solches erfahren. Clerc in Holland hat erst gemeynet, es waͤre Allais nicht Au- tor; nachgehends aber hat er sich corrigi ret, und gesetzt, er wuͤste nun gewiß, daß es Allais waͤre. Er war aus Languedoc buͤrtig, und hat man von ihm auch eine Grammaire Me- thodique, welche wohl gemacht. Man muß das Buch freylich cum grano salis lesen, im uͤbrigen ist es aber sehr ingenicux geschrieben, und admi- rable fingi rt, welches man daraus sehen kan: Er fingi rt, daß ein Land in der terra Magellonica entdecket worden, welche sich die Severamber nen- neten, welches er so wahrscheinlich gemacht, daß der Lie. Joach. Feller, ein gelehrter Mann, welcher sonst artige Noten uͤber des Hornii Orbem Imperantem geschrieben, gemeynet, es waͤre in der That ein solches Land, zuletzt hat er doch gemeynet, es muͤste fingi rt seyn, weil die Leute allzu- tugendhafft. Es ist auch gut Frantzoͤsisch geschrieben, nur muß man die Frantzoͤsische Sprache recht verstehen, weil viel termini artificiales dar- innen vorkommen. Er erzehlet, daß das Land von seinem Legislatore Severias waͤre benennet worden. In diesem Buche hat er zwey Haupt- Meynungen: 1) die Religion mache turbas, 2) auch die different en status. Da hat er nun erzehlet, was die Leute vor eine Religion haͤtten, und meynet er, der Severias muͤsse ein Persianer gewesen seyn. Er hat gewiesen, daß das Christenthum zwar viel vor sich habe, aber es waͤren da so viele Secten, weßwegen so viele Kriege entstuͤnden, daher scheinet es, daß er gemeynet, es waͤre am besten, wenn sich die Menschen der na- tuͤrlichen Religion bedieneten: Denn es waͤren die alten Patriarchen ebenfalls bey dieser Religion geblieben, daß er aber ein Atheist seyn soll- te, wie Morhoff gemeynet, ist nicht wahr, und hat auch Herr Thoma- fius gemeynet, daß Morhoff ihn nicht recht muͤsse gelesen haben. Man kan De vera cujuslibet status felicitate. kan nicht sagen, quod Christianismum exsibilet. Er hat endlich auch to- lerance admitti ret, und gemeynet, die Severamber waͤren solche raisonna- ble Leute, daß sie auch andern verstatteten sich bey ihnen aufzuhalten, ob sie gleich nicht von ihrer Religion waͤren, er zeiget aber doch allezeit seinen dissensum. Daß man ihn aber Beyfall geben sollte, die Christ- liche Religion zu abandoni ren, weil da viele Secten, gehet nicht an. Denn obgleich dieses ein abusus ist, so kan man doch deßwegen die Sa- che nicht gaͤntzlich verwerffen. Das andere aber hat er gescheuet fingi- ret, da er gesehen, meum \& tuum parit omne bellum, und daß die dif- ferenz inter potentiores \& minus potentiores sehr schaͤdlich, so hat er ge- wiesen, es gienge ohnmoͤglich an, daß nicht differente status seyn sollten, aber er hat es so eingerichtet, daß keine charge erblich, sondern diejenigen werden nur employ ret, welche tuͤchtig, und werden auch versorget, nach ihrer capacité. Sie leben in communione, aber die communio ist gantz anders beschaffen, als man sich sonsten einbildet. Er hat gesehen, die communio ist nicht hinlaͤnglich, wenn wir alle opes wollen zusammen bringen, denn wenn auch alles zusammen gebracht ist, einige arbeiten, einige arbeiten aber nicht, wer will lassen einen ignavum mit zehren, al- so hat er gemeynet: Die communio, so obenhin vorstellig gemacht, sine ordine, daure nicht. Er saget, es sey ein lex in der Republic, wer nicht arbeite, der solle des Todes sterben. Sie haben alle ihr distinct es Me- tier, aber alle werden versorget ex communione; da ist ein Schaffner, welcher sapiens ist, und alles austheilet, einem jeden nach seiner propor- tion, und nach seiner Arbeit; da ist ein jeder content. Da sie nun alle arbeiten, so wird keiner von seinem scopo entfernet. Er hat auch gewie- sen, wie die Heyrathen beschaffen sind, wie die Weiber nicht bloß choi- si ret wuͤrden nach affection, sondern nach Gutachten des dispositoris, und derer seniorum in illo regno. Dergleichen Republic, wo eine sol- che Ordnung seyn soll, ist in der gantzen Welt nicht anzutreffen. Alle Politici haben darauf gedacht, ob sie nicht koͤnnten optimam rempublicam depingere. Aristoteles hat auch ein Buch hievon geschrieben, welches aber verlohren gegangen. Er beziehet sich in seinen Schrifften hin und wieder darauf. Cyriacus Strozza hat den Aristotelem suppli ren wollen, sed non omnibus satis fecit. Conring hat noch kurtz vor seinem Tode eine Dissertation gehalten, de recta in republica optima educatione \& vita. Hertius hat auch in seiner Politic ein eigen Cap. de republica opti- ma. Er hat auch Part. II. pag. 31. \& 32. eine recension von allen denen Buͤchern, so hieher gehoͤren, unter andern referi ret er hieher auch mit ein Buch, welches gar nicht dahin gehoͤret, nemlich des Francisci Baconis de P 2 Veru- Cap. IV. De vera cujuslibet status felicitate. Verulamio seine Atlanti dem. Er war Cantzler in Engeland. Man hat seine opera zu Franckfurt zusammen ge- druckt in fol. Er hat aber noch einige opuscula in Englischer Sprache ge- schrieben, welche da nicht mit beygedruckt sind. Sonst hat er das Leben Henrici VII. beschrieben, welches Ezechiel Spanheim vor ein pragmati sches und politi sches Buch gehalten, das wenig seines gleichen habe. Denn was aber seine Atlanditem betrifft, so gehet solche dahin: Er hat gesehen, daß unter denen Gelehrten viele Zaͤnckereyen und Wort-Streite, daher hat er in diesem Buche gewiesen, wie man das aͤndern koͤnne, und wie eine societas litteraria anzulegen. Hertius muß das Buch nicht gelesen haben, sonst wuͤrde er ihn nicht da- hin referi ret haben. Der Baco de Verulamio hat auch einen Tractat de augmentis scientiarum geschrieben, welchen die Engelaͤnder gefolget, und hernach grosse progress en in mathematicis und physicis gemacht. Man hat auch noch des Octavii Pisani Lycurgum Italiaͤnisch geschrieben, wel- chen einer in Sultzbach, Nahmens Hoffmann, ins Teutsche uͤbersetzet. Es ist liber ineptissimus, und hat Hertius schon gewiesen, daß wenig Trost daraus zu nehmen. Er gehet sonderlich darauf, wie die processe zu ver- kuͤrtzen. Da nun Herr Thomasius unterschiedliche Dissert. geschrieben, de abbreviandis processibus, so hat er diesen Lycurgum sehr gestriegelt. Einige Dinge sind freylich auch darinnen, welche gut sind, aber bey de- nen meisten bekommt man einen Eckel. Von denenje- nigen welche gar keine Re- publiguen lei- den wollen. §. 17. 18. Einige haben nun gemeynet, sie wollten ad Platonis perfectionem kommen; andere aber haben das Kind mit dem Bad hin- aus geworffen, und sagen: Wir koͤnnen keine respublicas felices erhal- ten; Wo ein imperium ist, ist es nichts; laßt uns fromm seyn; wir brauchen kein imperium. Es ist aber eine mera abstractio, wenn man sagt, wir brauchen kein imperium, wenn wir fromm sind; und ist es eben so argumenti ret, als wenn ich sage: Si asinus volat, habet pennas, oder wenn eine Kugel ins æquilibrium gebracht wird, so kan sie auf ei- ner Nadel-Spitze ruhen, wo ist das æquilibrium? Wo sind die Christia- ni veri? Und wenn auch einige Menschen da, welche perfect sind, so blei- bet es doch nicht so. Wir sehen zugleich beym Anfang der Welt einen Cain, beym Noah war ein Cham; und wenn die Enthusiasten sagen, sie waͤren wahre Christen, so sind sie die gefaͤhrlichsten Christen, abson- derlich wenn sie einen raptum bekommen, unter zwantzig naͤrrischen Ge- dancken haben sie bisweilen einen guten Gedancken, gleichwie man kein naͤrrisch Buch findet, darinnen nicht auch etwas Gutes angetroffen wird. Es ist freylich keine Secte, die nicht auch was Gutes sollte an sich ha- ben, das Gute behalten wir, aber die naͤrrischen Sachen nehmen wir nicht Cap. V. De Mediis statum conservandi. nicht an. Daher muß man wohl acht geben, daß man die Enthusia- sten nicht einreissen laͤßt. Man kan hierbey noch dieses mercken. Mons. Samuel Sorbiere Er war ein nepos Samuelis Petiti, den der Mazarini reisen lassen, damit er ihm alles moͤchte zuschreiben, was er hin und wieder observi rete. Er hatte ein trefflich jugement, war ein Gassendist, halff auch des Gassendi opera zum Druck befoͤrdern. Puffendorff hat vieles in seiner Einleitung zur Hi- storie aus des Sorbiere Lettres \& discours sur diverses matieres curieuses fast von Wort zu Wort uͤbersetzet. erzehlet in einem Brief an den Mazarini, daß als er in Engeland sich aufgehalten, und bey einem zu Gaste gewesen, so waͤre ein Kerl von der compagnie ehe man sichs versehen, auf den Tisch ge- sprungen, habe sich in die Schuͤssel gesetzt, geprediget, und alle, die um den Tisch gesessen, verdammt. Da sagt er eben, vorhero habe er noch was von diesen Leuten gehalten, und nicht gemeynet, daß sie so schlimm waͤren, aber nunmehro habe er einen rechten Eckel vor ihnen. Er bittet auch den Mazarini, daß er ihn moͤchte nach Hause beruffen, indem es ihm nicht mehr da anstuͤnde, da siehet man, daß die Leute dencken, sie waͤren alleine fromm, und die andern stuͤnden alle in einem verdammlichen Zu- stande. Cap. V. de Mediis statum conservandi. Sectio I. de Mediis cujuscunque statum conservandi seu Pru- dentiæ status regulis generatim. §. 1-7. B Isher ist gewiesen worden, was vor eine felicitas, und was vor Daß man zu- foͤrderst auf den Endzweck eines jeden Standes sehen muͤsse. eine infelicitas vorhanden; Viele haben media gesucht, sich her- aus zu helffen, aber die rechten nicht angetroffen; daher muß man nun betrachten die media, wodurch eines jeden status conservi ret werden kan: denn derjenige ist infelix, qui statum suum non conservat, derjenige, welcher will finem cognoscere, den scopum verum in unoquo- P 3 que Cap. V. que statu, thut wohl, aber die Erkaͤnntniß alleine langet nicht zu, sie blei- bet todt, sie muß erst lebhafft, practi sch gemacht werden, und muß man auf Mittel dencken, den finem zu obtini ren. Derjenige, so die rechte Mittel finden kan, ist sapientissimus; simplex aber ist, der keine gute Mit- tel findet, und revera aus einem Ungluͤck ins andere kommt. Derjeni- ge aber, welcher revera aus einem Ungluͤck heraus kommt, ist ein pragma- ti scher, politischer Mann, ein homo sapientissimus, der andere ist nur homo callidus, welcher wohl Mittel findet, aber sie langen nicht zu. Die calliditas ist imitatrix prudentiæ, und machen zwar homines callidi eine Zeitlang eine figure, aber sie erhalten ihren scopum nicht, und machen de- nen Leuten nur einen blauen Dunst vor die Augen; Sie sind wie der unge- rechte Haußhalter, welcher ein Loch zugemacht, und das andere auf. Man nennet es voluntatem efficacem, wenn einer nicht allein optat, son- dern er sucht auch, ut felicitatem obtineat. Soll voluntas efficax wer- den, so muß ich prudenter wissen Mittel zu choisi ren, welche etwas con- tribui ren, ut felicitatem obtineam. Man will nicht haben, daß die Menschen eben Engel werden sollen, dahin kan es nicht gebracht werden, unterdessen aber koͤnnen sie doch sonst gluͤcklich werden, wozu drey Stuͤcke erfordert werden, nemlich: vivat juste, honeste, tranquille. In Summa muß ein Mensch die obligationes connatas wohl in acht nehmen: denn wenn auch gar kein pactum da ist, so bin ich doch obligi rt, dich nicht zu lædi ren. Das waͤre was schoͤnes, wenn einer einem wollte uͤber die Nasen hauen, und wenn man ihn zur Rede setzte, warum er es thaͤte? antwortete er: Er habe kein pactam mit ihm gemacht, daß er ihm nichts wolle thun. Du bringest die obligatio mit auf die Welt. Die Ver- nunfft sagt dir, daß du dieses nicht thun kanst, und must du ein brutum, ein barbar seyn, wenn du denckest, du duͤrffest alles thun, wie wuͤrdest du dencken, wenn es ein anderer dir eben so machen wollte? daher sind wir gezwungen pacaté zu leben, so wohl in statu naturali als civili. In statu naturali muß es eben so beobachtet werden, und wenn einer ist, wel- cher es nicht observi ret, so sind die andern befugt ihm todt zu machen. Und wenn mir einer eine Maulschelle geben will, so kan ich es thun: denn ich weiß ja nicht, ob er bey der Maulschelle subsisti ren wird. Es lautet freylich graͤßlich, aber es gehet doch an. Auch wenn ich in statu civili lebe, und es kaͤme einer, und wollte mir einen circumflex ins Ge- sichte hauen, so bin ich nicht schuldig, solches zu leiden, sondern ich kan ihn, wenn er nicht zuruͤcke gehen will, uͤbern Hauffen stossen, weil ich nicht weiß, ob es bey dem circumflex bleiben werde? Der erste Grund ist also, daß wir muͤssen pacaté leben, und die obligationes inquisitas in acht De Mediis statum conservandi. acht nehmen, e. g. von Natur bin ich dir nicht schuldig, dieses oder jenes zu thun, aber per pactum kan ich mich dazu obligi ren; dadurch bekommt der andere ein jus quæsitum. Aber dieses ist noch wenig, und werden wir dadurch nicht vollkommen. Es ist so zu sagen eine causa sine qua non pervenitur ad felicitatem. Daher kan man sehen, daß die Menschen falsch raisonni ren, welche meynen, wenn sie niemand nichts thaͤten/ auch endlich ihre pacta aͤusserlich hielten, so waͤre es gut, wiewohl auch die meisten dieses negligi ren, und lassen sich par force dazu zwingen. Sind sie in statu naturali, so ruini ren sie dadurch ihre Unterthanen, werden Infames und Larrons genennet; man capistri ret sie, ne amplius nocere possint. Der andere Grund der veræ felicitatis ist: non tantum illas obligationes externas in actum deducas, sondern es muß dieses ferner da- durch poli ret werden, daß einer seine affect en daͤmpfet und unterdrucket: Denn man zwinget wohl die Leute, tam in statu naturali, quam civili, aber die meisten sind doch so beschaffen, daß sie in affect en stecken, und wenn sie sich nicht fuͤrchten muͤsten, so wuͤrden sie keine obligationes beob- achten, die Furcht haͤlt sie nur ab, daß sie nicht in ein aͤusserliches ma- lum fallen. Da ist noch kein principium consultativum, deliberativum, keine potentia rationis. Es ist nur eine Furcht da, daß er denckt, es ist besser, daß ich mein Leben und meine bona conservi re, als daß ich die obligationes negligi re. Die affect en præponderi ren noch. Die Regul also ist: ut inclinationes naturales ratione temperentur, und wir nicht al- lein leben nach dem instinctu naturali. Derjenige ist tugendhafft, qui ita potens est, ut vivat sobrie, temperanter, \& nunquam avertat animum a scopo; dieses aber ist nicht gnug. Du hast auch mit andern Men- schen zu thun, also ist nothwendig, ut ne alias lædas. Deßwegen must du doch nicht necessarie agere, sed sponte, sine ulla coactione, ohne daß einer sich dergleichen metum vor Augen stellet. Denn es kan einer auch directe erkennen, was er zu thun schuldig sey, nicht anders, als wie der- jenige kein honette homme ist, welcher ex metu zahlet, weil er befuͤrchtet, er moͤchte in Arrest genommen werden. Amor virtutis muß da seyn. Ein Tugendhaffter siehet, daß unser HErr GOtt ihn dazu verbunden; er weiß, daß allezeit die Vernunfft soll prævali ren, nicht der instinctus naturalis. Wenn die anima nicht nur das sal von dem Coͤrper seyn soll, so muß der Mensch raisonni ren, raisonni ret er nicht, so agi ret er nur nach seinem instinctu naturali; da ist er kein homo rationalis, sondern wie ein ander brutum. Daher pflegen wir auch von einem solchen Menschen zu sagen, er lebe wie ein brutum, er hat keine connoissance was er thun soll. Hievon wird weitlaͤufftig in der moral gehandelt. §. 8. Cap. V. Daß es nicht genug sey ju- ste, honeste a- gere; sondern es muß auch das aͤusserliche decorum dar- zu kommen? §. 8. Aeusserlich aber ist noch etwas in acht zu nehmen: Denn wenn du gleich grosse Tugend hast, es fehlt dir aber das decens, deco- rum, so ist es doch nichts. Virtus thut freylich viel, aber sie hat noch kein Kleid, damit die virtus wohl aussehe. Damit man nun dieses sen- sibiliter erkennen moͤge, so ist folgendes Exempel zu mercken: die Cynici waren Leute, denen man nichts reprochi ren koͤnnen in ihrem Leben, sie thaten nichts boͤses, neminem lædebant, suum cuique tribuebant, sie nah- men die obligationes connatas in acht, lebten frugaliter, caste, aber sie wurden Cynici deßwegen genennet, weil man sagte, sie haͤtten hundische mores. Sie waren zwar tugendhafft, wie man damahls die Tugend unter denen Heyden abgemahlet, aber sie hatten keine prudentiam; kein decorum; waren nulli utiles; konnten sich auch keine amicos concili ren. Alle hasseten dieselben, sie concumbi rten in publico, alvum exonerabunt in publico, emittebant urinam in publico. Mons. de la Mathe le Vayer hat einen artigen Tractat de la Vertu des Payens geschrieben. Er war erst bey dem Louis XIV. Præceptor, man nahm ihn aber weg, und that ihn bey des Hertzogs von Orleans des Regenten Vater. Er hatte ein treff- lich jugement, man hat seine opera zusammen gedruckt in Folio, sonst aber hat man auch in Paris eine kleine edition in 15. Baͤnden edi rt; Es ist keine materie, davon man nicht Nachricht darinnen findet, denn er hat eine grosse Belesenheit gehabt. Es ist mein Handbuch, weil ich darinne eine seriem von alten und nenen Dingen finden kan, und kan es einem statt einer kleinen Bi- bliothec dienen. Darin- nen hat er gewiesen, was sie vor ein principium gehabt, sie sagten: quic- quid semel licet, semper licet, omni loco, omni tempore licet. Nun ists erlaubt, concumbere cum conjuge. Ergo kan ich es allezeit thun, semper alvum ex onerare. Das ist aber das decorum, es giebt einen Eckel, ein scandalum. Die Tugend ist wohl Tugend, aber sie muß sich auch wohl præsenti ren, ut alii alliciantur, hinc necesse est, ut omne tæ- dium abstergas; damit man sich keine Feinde mache. Das ist die façon in der Welt, daß man solche Sachen nicht publiquement verrichtet. Qui coit, der ist libidinös, das laͤßt er nicht gerne sehen, und schließt sich in sein Kaͤmmerlein, wenn er solches thun will. Alvum exoneri rt man nicht publice, weil es fastidiös, man thut es heimlich, daher hat man die Oerter auch heimliche Gemaͤcher genennet. Wer nun sagt: Was frage ich darnach. Der ist ein Cynicus, und sagt so viel, licet me omnes ho- mines odio prosequantur. Wer unter Menschen ist, und will nicht so leben wie Menschen, der muß unter die Thiere gehen. Mit denen im- perfectionibus sind auch andere incommoditæ ten verknuͤpfft, wodurch an- dere De Mediis statum conservandi. dere Leute geaͤrgert wuͤrden, wenn man es oͤffentlich thun wollte. Man wuͤrde einen solchen Menschen nicht unter andere lassen, und muͤste das Schwein zu Hause bleiben. Dein Hund thut alles publice, wenn du ihn nicht pritschest; es aͤrgert dich, wenn dein Hund dergleichen Dinge thut, du schlaͤgest ihn deßwegen, wie odiös wuͤrde es nicht seyn, wenn Menschen wollten dergleichen thun. Ich muß einen regard haben auf andere Menschen, und sind diejenigen, welche kein decorum observi ren, nicht einmahl recht tugendhafft. Das ist eine Sache, welche schon die Aristotelici gesehen. Jacob. Thomasius in seinen tabulis moralibus saget, wer die virtutes homileticas nicht habe, scheine wohl tugendhafft zu seyn, aber er sey es in der That nicht: denn es fehle das complementum. Es gehoͤret also das decorum mit ad virtutem, und wenn man es so propo- ni ret, so ist es eine doctrina necessaria, welche ein Student nothwendig regardi ren muß, wenn er anders seine fortun in der Welt machen will, zumahlen er mit Leuten umgehen will, die sich von der Canaille distingui- ren. Ein Lehrer muß auch sonderlich das decorum in acht nehmen: denn wenn er gleich tugendhafft ist, und man ihn kein oͤffentliches Laster schuld geben kan, er siehet aber saͤuisch aus, so will niemand etwas mit ihm zu schaffen haben, seine wahren Qualit aͤten siehet man alsdenn nicht, weil etwas odiös es da ist, er bleibet ein Licht, das unter dem Scheffel stehet, und nutzet der Welt nichts. Wir leben in rebus publicis, wo eine inæqualitas ist, und ist ohnmoͤglich, daß dieselbe kan aufgehoben werden, da muß ich auf allerhand Personen acht haben, dieselben suchen zu gewinnen; haben sie nun einen guten Concept von mir; sie sehen mei- ne guten Qualit aͤten, daß ich ein Licht sey, welches leuchte, so werden sie alsdenn auch gerne meine emendationes annehmen. Deßwegen sind die Stoici weit angenehmer gewesen, als die Cynici, denn sie hielten davor, daß ein Mensch in der Welt nichts bessers thun koͤnnte, als ut regat, imperet, leges ferat, \& alios homines alliciat ad leges observandas. Die Cynici und Stoici haben einerley Philosophie, nemlich principia, aber die Stoici waren kluͤger, illud odiosum, illam inverecundiam, rusticitatem tollebant. Es waren Leute, so man brauchen konnte in rebus gerendis, daher ist kein Wunder, daß unter grossen Herren und JCtis die Stoica Philosophia angenommen worden. Unsere gantze jurisprudentia ist mit principiis Stoicis angefuͤllet, und waͤre zu wuͤnschen, daß einer einen Tra- ctat schriebe, und per singulos titulos unsers Corporis Juris wiese, was ex principiis Stoicis herkaͤme. Professor Otto hat eine Dissertation de Stoica JCtorum Philosophia gehalten, und darinnen versprochen einen Tractat zu schreiben, allein es ist leicht eine Oration davon zu halten, aber Q ein Cap. V. ein Buch zu schreiben ist schwer. Merillius hat in seinen Observationi- bus 2. Cap. von dieser materie. Die Stoici sagten: sie haͤtten Philoso- phiam non astutum, sed germanam, welche mit praxibus, mit hominibus zu thun hat. Non in hortis philosophabantor ut Epicuri, deßwegen nen- neten sie auch Philosophiam Epicuream simulatam, sie sagten, in der That sey es keine Philosophie, weil sich die Epicurei von denen Menschen sepa- ri rten. Joh. Sam. Stryck hat eine Dissertation gehalten de Jure liciti, sed non honesti, darinnen er gemeynet, die Stoici waͤren Ursache, daß das decorum entstanden sey, weßwegen er aber von allen, auch von dem Barbeyrac resuti ret worden. Das decorum ist sein Tage gewesen, daß ich solches gebrauchen muͤsse, wenn ich mit dir wolle umgehen, oder dich sonst noͤthig gehabt. Wir sehen, was Jacob vor Complimente gemacht, da er seinen Bruder Esau gesucht zu gewinnen; Hoc est verum, daß sich die Stoici dadurch sehr recommendi ret und avantage zu wege gebracht, da man hingegen die Cynicos verachtet. vid. Prof. Siebers in Leipzig Dis- sertatio de Cynicis. Was Deco- rum sey? §. 9. 10. 11. Was nun die definitionem decori betrifft, so ist kein Zweiffel, daß man hier nicht uniformes definitiones hat, und defi- ni rt es einer so, der andere wieder anders; sehen wir aber auf rem ipsam, so koͤnnen wir bald die definition heraus bringen. Wo ein decorum ist, da siehet man nicht allein auf sich. Denn wenn man allein ist, so machet man keine ceremoniel, man waͤschet sich wohl, und reiniget sich, weil es einem incommodi ret, wenn man nicht rein ist, und uͤberlaͤst man es da eines jeden seinem arbitrio. Ist man allein, so thut man vieles, welches sich nicht schicket, wenn man in conversation ist. Hier aber ent- stehet die Frage: Wenn einer unter andern Menschen ist, es sind homi- nes inæquales, oder wenigstens solche, die du brauchest, wie man sich ver- halten soll? Respond. Du must dich nach ihnen richten, und aller der Freyheit, welche du sonst gebrauchen kanst, entsagen. Das ist der erste paß, daß ich reflecti re auf andere Menschen, die neben mir sind. Man braucht das decorum sowohl, wenn man mit inæqualibus zu thun hat, als auch bey æqualibus, wenn ich solche brauche, e. g. Grosse Herren sind unter einander æquales, aber wenn sie einander brauchen, so brau- chen sie die groͤste Hoͤflichkeit, alles nehmen sie genau in acht. Wenn sie auch bisweilen uneinig gewesen, sie brauchen aber einander, so wer- den sie durch die Complaisance wieder einig. Wir leben sub imperio; sub imperio ist eine inæqualitas, und wenn wir auch alle egal waͤren, so wollen wir doch des andern Freundschafft erwerben, oder wenigstens ihn nicht zum Feinde haben, also muß ich mich accommodi ren. Ich habe De Mediis statum conservandi. habe auch obligation solches zu thun: denn ich bin ja nicht allein in der Welt, daß ich soll pacate leben, sondern ich muß auch amice leben, und ist eine grosse Gluͤckseligkeit, wenn ich viele kan gewinnen. Deßwegen hat niemand mehr auf das decorum zu sehen, als ein Lehrer, weil der suchen muß andere zu gewinnen. Die Freyheit, welche ich mir sonsten nehme, wenn ich alleine bin, ist nicht allen Leuten angenehm. Es ist kein Zweifel, daß das decorum schwer, weil man seiner Freyheit entsagen muß. Daher wird man sehen, ein Kerl, der ein rusticus ist, ist commod, und will nicht gerne in compagnie gehen, wo vornehme Leute sind, er ist gerne unter seines gleichen, weil er sich da kan auskleiden bis aufs Hemde: Wenn er auch soll in compagnie vornehmer Leute seyn, so laͤst es ihm, als wenn er auf Nadeln saͤsse; weil er sich muß zwingen. Der natuͤrlichen Freyheit sind wir gewohnt, das thun wir gerne, und wenn wir uns muͤssen zuruͤck halten, so macht es uns dolores; daher ist gut, daß man die Leute angewoͤhnet, fruͤh morgens sich recht anzukleiden, und den gantzen Tag in Kleidern zu gehen, denn wer fruͤh morgens so im Schlaffrock herum gehet, und nicht einmahl Hosen anziehet, dem ver- drießts, wenn er sich soll anziehen, dadurch aber kan einer sich allerhand Verdrießlichkeiten zu ziehen; dieses muß also in die definitionem decori mit gerucket werden: tollatur tædium. Aber quær. Wie kan man die- ses affirmative, positive deutlich machen? Respond. Eben dasjenige er- wecket ein fastidium, was andere Leute nicht thun, als einer der sehr commode ist, wie die Hollaͤnder; deßwegen auch dieselben nicht ange- nehm sind. Man muß imitari alios, und thun was andere thun, aber was? Respond. Man muß imiti ren actus indifferentes, und weil das de- corum ein supplementum prudentiæ, so muß auch einer dasjenige thun, was andere Menschen in indifferen ten actibus thun, aber doch, was sol- che Menschen thun, die mir egal, denn wenn ich wollte Koͤnige imiti ren, das wuͤrde sich nicht schicken. Ich muß auch darauf reflecti ren, wen ich vor mir habe. Denn es changi ret das decorum; aliter me gero er- ga rusticum, aliter erga regem. Durch das decorum kan man erkennen, wer was vollkommenes hat: denn es sind Leute, welche juste leben, aber non placent omnibus, sie haben was tædiös es an sich. So wunderlich wird einer nicht seyn, daß er meyne alle actus, welche die Menschen thaͤ- ten, waͤren necessarii. Man hat also auch actus indifferentes. Viele haben davon geschrieben, aber die Sache nicht eingesehen. Mittel-Din- ge sind eigentlich, die man nicht eben thun muß, e. g. Ein Mittel-Ding ist, daß ich meinen Huth abziehe, einen reverence mache, oder wenn ich in der Tuͤrckey bin, den Bund nicht abziehe, sondern denselben nur mit Q 2 der Cap. V. der Hand beruͤhre. Es verdrießt einen sehr, wenn der andere den Huth sitzen laͤßt. Je tiefer einer den Huth abziehet, je angenehmer ist es dem andern; daher sagt man auch: pileo parantur amici. Das bleibt aber doch eine indifferen te Sache. Gesetzt nun, ich waͤre ein Teutscher, kaͤ- me aus Constantinopel zuruͤck, und wollte mich so auffuͤhren, wie es die Tuͤrcken thun, wenn die Leute daͤchten, ich naͤhme den Huth ab, so griffe ich nur dran, setzte man mich zur Rede, warum ich den Huth nicht gantz abzoͤge, so antwortete ich, ich machte es Tuͤrckisch, da wuͤrde mich ein je- der auslachen. Also wird keiner sagen non dari indifferentes actus. Sie bleiben indifferent; wenn ich aber solche brauche, so habe ich einen guten Endzweck darunter, nemlich, damit die Leute nicht einen schlechten concept von mir bekommen, wie wuͤrde es nicht lassen, wenn ich ange- zogen kaͤme mit einer grossen Muͤtze, mit einem grossen Saͤbel, mit al- bernen Struͤmpfen, einen Mausefarbenen Rock und Zeißig-gruͤnen Fut- ter; ein jeder wuͤrde mich ansehen und auslachen. Daher ist es auch was albernes, wenn Cavalliers aus Franckreich kommen, alles wollen nachmachen, wie sie es dort gesehen. In Franckreich, wenn man bey Dames ist, setzet man den Huth auf; Hingegen wenn es einer in Teutsch- land thun wollte, wuͤrden sie ihn alle ansehen, und wohl fragen: Ob es ihm nicht wohl waͤre? Sagte er: Er lebte nach der Frantzoͤsischen mode, so wuͤrden sie dencken, der Kerl sey nicht klug. Man kan also viel tæ- diosa an sich haben, welche an andern Orten auch tædiös. Alles resol- vi ret sich dahin, wer will decens seyn, muß tædiosa removi ren; daher sagt man offt von einem: Bey Hofe koͤnne er seine fortun nicht machen, weil er das decens nicht habe, er stolpert, kan nicht recht gehen, hat einen Ka- tzen-Buckel, kan keine reverence machen, er ist nicht so erzogen. De- corum malum ist in der That kein decorum: denn vitium ist nicht de- cens. Wenn einer gleich was gutes an sich hat, er ist aber grob, so has- set man ihn, und das Gute, das er hat, ist verborgen. Die Tugend ist freylich decens, und virtus indecens ist keine Tugend; nur muß man die mores inconditas weglassen, ut virtus in oculos incurrat; ich muß mich nach andern accommodi ren, e. g. es ist indifferent, ob ich an meiner paruque eine grosse oder keine fronte trage, aber wenn alle kleine fron- ten tragen, so muß ich mich accommodi ren; damit ich mich nicht ridi- cule mache. Man gehet fast lieber in der Welt mit einem Menschen um der lasterhafft ist, wenn er nur noch einiges exterieur hat, als mit ei- nem, der sich ridicule machet, welchen die Jungen nachlauffen. Ich habe einen Professorem in Altorff gekennet, welcher in Spanien gewe- sen, und sich in ihre moden so verliebt, daß er bestaͤndig ein Spanisch Kleid De Mediis statum conservandi. Kleid getragen, und in Winter setzte er eine grosse Muͤtze auf die peru- que; daher, wenn er nach Nuͤrnberg kam, so lieffen alle Jungen hinter ihm drein. Wer klug ist, machet sich eben nicht viel hieraus, aber la canaille raisonni ret hier nicht. Weil nun die prudentia nicht sine judi- cio, so wird man sehen, daß man bey der prudenz acht geben muß auf den Stand, Alter, locum, sexum. Uberall habe ich darnach mein de- cens einzurichten, wer redet als wie ein ministre, und ist keiner, der koͤmmt in ein ander Fach, und machet sich ridicule; Es ist nicht anders, als wenn ein Bauer sich will auffuͤhren, wie ein Doctor, oder wie ein Edelmann. Dieses decens ist also ein affectus prudentiæ, quo abstergimus tædium, ut alios possimus lucrifacere, wenn wir imiti ren actus indifferentes. Da- bey siehet man am meisten auf dignitatem ætatem. Wenn ein junger Mensch thut, wie ein alter, so sagt man zum Spott, er thut, als wenn er schon alt waͤre, und wenn einer schon alt ist, und er ist verliebt, so lachet man ihm aus. Wenn ein junger Mensch einmahl ein Liebes- Finckgen bekommt, den wird es nicht so verdacht, als wenn ein alter Ziegenbock Lust dazu bekommt. Man muß es so einrichten ut appateat virtus. Virtus erscheinet, wenn man siehet, es thut einer alles das, ut alios lucri faciat. Paulus hat selbst das decorum in acht genommen, er hat nihil peregrini affecti ret. Ich muß solche Dinge imiti ren, welche nicht vitu perabiles. Daher wenn e. g. das Vollsauffen mode, so sauf- fe ich mich nicht mit voll, wollen Leute einem forci ren zum Sauffen, so kan man wohl etwas mit trincken; hernach aber muß man simuli ren, daß es etwa seiner Gesundheit schaͤdlich. Aber keine naͤrrische raisons muß einer allegi ren, wenn er nicht trincken will, als wie einer seines Koͤ- niges Gesundheit nicht trincken wollen, weil es wider die Reichs-Abschie- de, weßwegen man ihn sehr railli ret, und auch Verse darauf gemacht. Und also wenn man exterieur recommendi ret, so supponi ret man auch ein interieur, sonst kommt kein recht decorum heraus. Bisweilen ist man necessiti ret, einen actum mit zu machen, der einen selbst mißfaͤllet, e. g. es ist eine masquerade, da schadet es nicht, wenn ich es gleich mit thue. Es ist eben, als wenn ein grosser Herr spielte, er stuͤnde auf, und sagte, ich sollte eine Zeitlang vor ihm spielen, wer wollte deßwegen sagen, ich waͤre ein Spieler, und haͤtte eine grosse inclination zum Spiele, da ich doch froh bin, wenn ich abgeloͤset werde. Daher ist kein Zweiffel, daß ein Hofmann, der a la Cour leben muß, doch das decens observi- ren kan, \& a vitiis immunis erit, wenn er klug ist. Wenn ich einen actum vitiosum sehe, kan ich ja sehen, daß ich Uhrlaub bekomme, und kan sagen, ich waͤre unpaͤßlich. Ich thue dieses ex necessitate. Deßwe- Q 3 gen Cap. V. gen werde ich nicht unpaͤßlich. Es ist dieses keine Luͤgen, sondern nur ein falsum. Mendacium nocet, falsum non, sed interdum juvat \& me conservat a multis malis alioquin peragendis. Ja wenn lauter gescheu- te Leute da waͤren, die unsere Freunde waͤren, so haͤtten wir mein Ta- ge nicht noͤthig zu simuli ren, oder dissimuli ren, aber da wir einen Hauf- fen Feinde haben, und es saget einer alles heraus, wenn er auch noch so tugendhafft, peribit. Veritas simulanda \& dissimulanda est. Diejeni- gen, welche wider diese Meynung sind, thun es doch actu, \& tamen, dum in cathedra stant, donnern sie auf diese doctrin sehr loß. Herr Buddæus sagt auch in seiner Theologia morali, man habe sonst sehr viele dubia dawider gemacht, aber man koͤnnte simpliciter sagen, falsi loquium est licitum. Erasmus hat defendi ret, falsiloquium sey nicht erlaubt, aber er hat allerhand exceptiones suchen zu machen, denn als ein Fraͤnckischer von Adel, Ulrich von Hutten, von ihm Geld borgen wollte, so sagte er, er habe kein Geld, deßwegen reprochi rte ihn einer in einen Brief, und sagte: Erasmus statui rte, man sollte kein falsiloquium begehen, und doch habe er eines begangen, weil er Geld hatte, und dem Hutten keines ge- geben, worauf er geantwortet, er habe wohl Geld, aber nicht vor den Ulrich von Hutten. Grotius aber sagt in seinem Jure B. \& P. das sey nur eine chicane, welche der Erasmus hieruͤber gemacht. Also kan gar wohl auch bey dem decoro eine simulatio und dissimulatio angehen: Denn dadurch werden die affect en supprimi ret. Hochstetter in seinen Collegio Puffendorffiano hat auch die masque abgezogen, und gestehet: Daß, wenn man nicht admitti ren wollte, daß man simuli ren und dissi- muli ren koͤnnte, so muͤste man ein hauffen exceptiones machen; Wo es nicht nothwendig ist, da waͤre es albern, wenn man ein falsoloquium brauchen wollte, ja es ist alsdenn ein incedens, die Leute werden es ge- wahr. Manche connecti ren schlecht in ihren falsis, sie fragen nach etli- chen Tagen wieder darnach, und wenn einer etwa alsdenn saget, er wuͤ- ste es sich nicht mehr zu erinnern, so sichet man, daß er ein homo vanus, stultus, die Leute sind ihm nicht gut, und sagen: es ist wohl ein huͤbscher Mensch, aber es gehet nichts wahres aus seinem Munde. Sonst aber ist eben keine obligation da, daß ich einen alles sagen muß, und geschie- het ihm kein Tort, wenn ich nicht alles so frey heraus sage. Vom Wohl- stand im Re- den. §. 12. Sermo gehoͤret vornemlich zum Exterieur, denn wir koͤn- nen nicht immer zu Hause seyn, wir muͤssen auch mit andern conversi ren. Es sind pauci vitam contemplativam habentes. Ja es ist nicht einmahl gut, ut homines operam dent vitæ contemplativæ. Das ist eben der Fehler bey denen Catholiquen, mit dem Moͤnchs-Wesen, daß so viele muͤssen De Mediis statum conservandi. muͤssen ins Closter gehen, daher nennet man es auch vitam contempla- tivam, und wenn man von denen Alten lieset, daß sie ad vitam contem- plativam condemni ret worden, wie es dem Thassiloni, Hertzogen in Bayern, ergangen, so ist es nicht anders, als daß sie ins Closter gehen muͤssen. Es ist besser, daß wir homines pragmatici sind, und mit einander con- versi ren. Die Absonderung ist nur ein remedium, wenn alles corrum- pi rt. Der Petre Lamy in seiner Theologie Morale sagt auch, es sey kein ordinarium, allein zu seyn, sondern extraordinarium. Extra ordinem geschiehet es, daß es heist solus agas cum solo donec transcat corruptio. Man muß in der Welt nur in conversation seyn. Also ist einem jeden Menschen gesagt: loquere ut te videam: Denn wenn einer in conversa- tion ist, und nicht redet, den reprochi ret man. Ich habe eine Person gesehen, welche sieben Stunden in compagnic gesessen, und konnte nie- mand sagen, daß er ein Wort von ihm gehoͤret, als wenn eine Gesund- heit getruncken worden, so hat sie ein wenig gemurmelt; Jederman nahm das uͤbel auf, man urtheilete, es waͤre ein spion: Denn man glaubet nicht, daß er anderwaͤrts auch nicht redete. Man muß also keinen Stummen agi ren, sonst wird man einem solchen feind, und ist es sehr indecens, wenn einer gar nichts redet. Dicis: Er kan nichts reden? Respond. Da ist es bey der Auferziehung versehen worden. Cato, so seveur er auch gewesen, so war er doch kein tummer Kerl, und hat er sei- ne Kinder allezeit lassen mit speisen, wenn er gleich jemanden bey sich ge- habt. Sie waren in infima parte lecti: Denn die Roͤmer haben lie- gend gespeiset, wie die orientales. Man muß die Kinder lassen alle zwey bis drey Tage etwas erzehlen, damit sie reden lernen: Denn die Bau- ren koͤnnen nicht reden, wenn sie was erzehlen sollen, und muß man ih- nen immer drein helffen; Daher muß man die Kinder bald dazu ge- woͤhnen. Wenn man nun aber redet, so muß man doch einen Unter- scheid machen, und muß man nicht das Maul alleine haben wollen: Denn der alleine das Wort hat, docere videtur, in conservation laͤßt man sich gar nicht gerne doci ren. Es ist alsdenn aliquid indecens, wenn einer zuviel redet, und ist pedanti sch, denn ein pedant, welcher die Kinder informi ret, redet immer gantz allein, ceteri tacent, filent. In conversa- tion aber wollen andere auch reden. Nicht zu gedencken, daß wenn ei- ner gantz alleine redet, bey ihm das alte Spruͤchwort eintrifft: ubi mul- tum loquentiæ ibi parum sapientiæ; Denn wer viel redet, der uͤberlegt we- nig, und bringet also viele sottis en mit drunter vor, woraus das Spruͤch- wort leicht demonstri ret werden kan; Deßwegen ist eine grosse pru- dentia noͤthig ratione sermonis, und ratione quantitatis in sermone. Wer teden Cap. V. reden will in conversation, der muß de rebus reden, raro de personis. Cato hat nicht leiden wollen, daß uͤber seiner Tafel von einem andern gespro- chen worden, welches eine grosse generosité von ihm gewesen ist. Wer diesem Catonem recht kennen will, der muß den Plutarchum lesen. Er sagt: Man wuͤrde von andern Leuten selten was Gutes sprechen, daher sagt Hobbesius, man thaͤte am kluͤgsten, wenn man am spaͤtesten aus ei- ner compagnie heraus gienge: Denn es waͤre die naͤrrische façon unter den Menschen, daß wenn einer fortgienge, so redeten die andern von ihm. Wenn einer von andern Leuten uͤbel schwatzet, und ein ander hoͤret es, so mißfaͤllt es entweder ihm, oder wenn es ihm auch gefaͤllt, so trauet er dir doch nicht mehr, odio de prosequitur, fugit, te, sonderlich wenn man wahrnimmt, daß er ohne viele raison, von andern Leuten schwatzet. Die Schwatzereyen von andern Leuten sind auch mehrentheils so beschaffen, daß man was dazu saget, denn in compagnie will man nicht vulgaria sagen, das hoͤren die andern nicht gerne, sondern es sollen singularia, pa- radoxa seyn; Da setzt denn einer was dazu, ut calumniatur audaciter. Hieraus siehet man, daß noch viel absurder ist, wenn einer von sich selbst redet, und machet sich eine eloge, als wie man von Salmasio sa- get, daß wenn er von sich geredet, habe er allezeit den Huth abgenom- men, dieses erzehlet Menage in seinen Menagianis. Homines jactabundi habentur pro hominibus vanis. Man siehet, daß solche Leute sind ange- schwaͤngert mit einer Liebe gegen sich selbst. Das begegnet offt Leuten, von denen man sonst in alio capite einen guten concept hat. Und ob- gleich Salmasius zu seiner Zeit ein hochgelahrter Mann gewesen, der eine lecture und jugement gehabt, so hatte er doch in diesem Stuͤcke einen grossen Fehler. Salustius sagt von einem solchen Menschen: Sanior an stultior. Und wenn einer auch sonst merit en hat, weßwegen er kan ge- liebet werden, so muß er es doch nicht selbst sagen, gleichwie auch keiner den andern ins Gesicht loben muß: Denn den haͤlt man fuͤr einen Schmeich- ler, Luͤgner. Da ein honette homme nicht gerne von sich was redet, so laͤst er sich auch nicht gerne loben; und wer ein bißgen gescheuet ist, der bittet vor, ihm zu verschonen, wenn ein anderer kommt, und ihn lo- ben will. Was ein rechtschaffener Mann ist, der hat einen herrorem davor. Eben so ist es auch beschaffen, wenn einer ein Carmen ma- chet, und einen gar zu sehr lobet. Dem Friderico Wilhelmo machten einsmahls die Studenten in Francksurth an der Oder ein Carmen, und uͤberreichten es ihm auf den Fecht-Boden, worinnen stunde: Du mehr als halber GOtt; daruͤber war Fridericus VVilhelmus so boͤse, daß er auf die Erde stampffte, und sagte: Du mehr als gantzer Narr. Man sichet De Mediis statum conservandi. siehet solche Lob-Spruͤche vor einfaͤltig an. Wenn einer von einem gut reden will, so mag er es in absentia thun, und præsenter kan er doch auf eine andere Art zeigen, daß er einen æstim vor ihm habe. So ist es auch beschaffen, wenn einer schreibt, und prahlet immer von sich, da sichet man, daß er ins Hasen-Fett getreten, und alle Gelehrten sind ei- nem solchen feind; Wenn man auch einen solchen Feind railli ret, so kan man ihm nur zeigen, wie er von sich angeschwaͤngert, was er vor ein lacta- bundus. Wollte man einem Menschen was Boͤses wuͤnschen, so koͤnn- te man ihn nur wuͤnschen, ut perpetuo in hac via maneat, damit die gan- tze Welt erfahre, daß er nicht eine Linse von Weißheit besitze. Viel- mehr muß einer, wenn er von sich selbst redet, alles suchen zu cachi ren, bis es noͤthig ist, von sich selbst zu reden, e. g. ich soll meine Unschuld ret- ten, da kan ich wohl von mir selbst reden, aber in compagnie habe ich das nicht noͤthig. Msr. Callieres in seiner manier zu leben, hat eine Dame ein- gefuͤhret, zu welcher eine andere sagt, sie wollte gerne einmahl einen Gelehr- ten in conversation haben, die Dame aber antwortet: sie haͤtte kein plaisir an Gelehrten, weil dieselbe immer doci rten, und disputi rten, daher wird man leicht sehen, daß, gleichwie man nicht allein muß reden, also muß man auch in compagnie nicht disputi ren: Denn es gehoͤret nicht dahin. Wenn man acht giebet, und betrachtet diejenigen, welche in conversation disputi ren, so wird man sehen, daß sie nicht die intention haben, die Wahrheit heraus zu bringen, sondern nur, daß die andern dencken sollen, was sie vor Helden waͤ- ren, wie sie koͤnnten der Sache ins Maul greiffen, und wenn die Haasen al- le beyde wollen recht haben, so gerathen sie einander endlich in die Haa- re, und bekommt die compagnie was zu lachen. Es heist vielmehr: Seria in crastinum. Inter pocula non est disputandum. Will einer serieux seyn, so kan er zu Hause bleiben, oder er kan auf die Cantzel, oder den Catheder gehen. Kommt aber einer in conversation, so verlanget man nicht Leute welche serieux, sondern man will sich da ein wenig soulagi- ren, damit man nicht in bestaͤndiger Arbeit ist. Man redet da allerhand nuͤtzliche Sachen, aber es lauffen auch viel Dinge mit unter, welche nicht den Strich einer ausserordentlichen Gelehrsamkeit koͤnnen bekommen. Ich habe einen grossen Mann gekannt, wenn er ins Reden kam, so konnte er nicht wieder aufhoͤren, und auf die Letzte sieng er gar an Lateinisch zu reden, welches freylich nicht zu approbi ren. Poiret, ob er gleich ein Qua- cker gewesen, welche sonst nicht viel auf conversation halten, sagt doch in seinem Tractat de eruditione solida, es sey nichts absurd ers, als inter pocula zu disputi ren, und waͤre es contra decens finem \& scopum. Quær. Ob man auch railli ren und Schertz in compagnie treiben koͤnnte? Resp. Wenn ich einen Krancken besuche, so muß ich mein Gesicht in gantz an- R dere Cap. V. dere Falten ziehen, ich muß mich traurig stellen, weil derjenige, welchen ich besuche, sich zum Tode præpari ret, ich muß lauter severa reden, und suche ich ihn entweder zu troͤsten, oder ich will Abschied von ihm nehmen. Hergegen ist einer unter Gesunden, wer wird prætendi ren, daß man al- lezeit solle seria reden. Daher ist kein Zweiffel, daß Schertzen erlaubet, wenn man unter guten Freunden ist. Wer allen Schertz will aus der Welt hinausjagen, der ist nicht anders als der, so kein Saltz will auf dem Tische leiden. Der Schertz bestehet in ingenieus en Ausdruͤckun- gen, welche sich alle in similia resolvi ren, ein solcher Mensch ist geschickt, prompt, wie man denn findet, daß alle ingenieus e Leute prompt sind, welche wissen alles dasjenige, was sie gelernet, und gelesen, geschickt zu- sammen zu hengen. Was kan also wohl der Schertz vor Unfug an- richten, wenn man was ingenieux imprimi ret, und zugleich galant, daß keine Sau- faute mit unterlaͤufft. Viele koͤnnen den Schertz nicht lei- den, das sind homines tristes, Melancholici, welche kein ingenium ha- ben, und alles so frey heraus sagen; aber sie muͤssen sich offt selbst wun- dern, uͤber die artigen Einfaͤlle, so andere haben, und doch sind sie allen Schertz feind, Man muß auch nicht allezeit schertzen vor Leuten, wel- che ambitieux sind: Denn sie meynen ihr respect werde lædi ret, wenn die andern sich so lustig auffuͤhren, daher muß sich einer der lustig ist, bey vornehmen Leuten wohl in acht nehmen, sonst wird er sich durch seinen aufgemunterten Geist mehr disrecommendi ren, als recommendi ren; Es waͤre denn, daß die vornehmen Leute sich ein wenig relachi rten, alsdenn gienge es eher an. Bey dem Schertz findet sich auch eine raillerie, eine raillerie attaqui ret, die ist nicht angenehm. Ja wenn ich inferiores vor mir habe, die koͤnnen etwas vertragen, und machen eine reverence, wenn sie railli ret werden. Daher pflegen offt grosse Herren solche zu railli ren/ und haben ihr plaisir daran, damit sie hoͤren, was solche antworten; aber wer die Grossen attaqui ret, der macht sich ungluͤcklich, denn es sind wenige, welche solches vertragen koͤnnen, und dem Louis XI. und Caro- lo IX. in Franckreich gleich kommen. Denn Carolus IX. hat leiden koͤn- nen, daß ihn der Poet, Pierre Ronsard, oͤffentlich in compagnie railli ret, hundert findet man, welche nicht so gesinnet sind, und hat mancher Mensch seine fortun dadurch ruini ret. Wenn einer gleich Fehler an seinen Herrn siehet, so muß er thun, als wenn er tumm, taub, und blind waͤre. Noch naͤrrischer ist, wenn einer einen oͤffentlich in Schrifften railli ret, als wie es der Rabutin de Bussy dem Louis XIV. gemacht, weßwegen ihn der Koͤnig zu sich ruffen ließ, zeigte ihn eine passage, und fragte: ob er nicht damit auf ihn geziehlt? wie er nun solches mit Ja beantwortet, so ver- lohr De Mediis statum conservandi. lohr er seine General-Lieutenants- Stelle, und muste in die Bastille gehen, er kam zwar aus der Bastille heraus, wurde aber an einem Ort nach Bearn gebracht, und durffte nicht wieder nach Pariß kommen, welches ihm sehr chagrini rte. Sein Buch des adversités, welches er an seine Kinder geschrieben, ist wohl zu lesen, und findet man es bey seinen uͤbri- gen operibus . Wenn auch gleich grosse Herren erlauben, daß man sie kan railli ren, so verdrießt es sie doch heimlich, das hat eben des Patkuls seinen Fall verursachet. Eine Satyre muß man nicht anders gebrauchen, als ein remedium contra stultissimos, qui nocere possunt, und doch in der præsumtion stehen, als wenn sie dem Staat grossen Nutzen schafften, da muß man solche ridicul machen, ut omnes cum odio prosequantur . In dem Leben des Boileau, welches ein Prediger in Engeland edi ret, findet man eine artige passage hievon. Dieser sagt: Obgleich der Boileau ein grosser Satyricus gewesen, so habe er doch keinen angefallen, sondern er habe nur die Satyre gebraucht, als ein remedium, und habe die stultissi- mos, qui nocere possunt, ridicul gemacht. Also findet man, daß eins- mahls die Jesuiten durch den Beicht-Vater, dem Pater Tellier, und die Madame Maintenon es bey Koͤnig Louis XIV. so weit gebracht, daß er einen arrest darauf geleget, und verbothen, im gantzen Reich keine andere Philosophie zu doci ren, als die Aristoteli sche, weil die Cartesiani schen und Gassendi schen principia im Reich grossen Schaden thaͤten. Der Boileau machte dieserwegen eine Satyre, und zeigte darinnen, was vor incommo- dit aͤten daraus entstehen wuͤrden, wenn man nur die Aristoteli sche Phi- losophie doci ren wollte. Er communici rte solche etlichen guten Freun- den, welche machten, daß sie der Koͤnig in die Haͤnde bekam, dem sie so wohl gefiel, daß er den arrest aufgehoben. Die Jesuiten meldeten sich gleich bey dem Koͤnige, und bathen den Koͤnig, daß er wenigstens befehlen moͤchte, man sollte die Satyre supprimi ren, weil sie so starck dar- innen durchgezogen waͤren. Der Koͤnig ließ den Boileau in sein Cabinet kommen, pardonni rte ihn, aber er muste versprechen, daß er sie in keines Menschen Haͤnde wollte weiter kommen lassen, daher ist auch die Satyre lange nicht bekannt gewesen, als nur en general . Wie nun aber der der Boileau todt, und man des Boileau opera in Holland auflegen lassen, so hat man auch die Satyre denen Jesuiten zur ewigen Schand mit bey- drucken lassen. Es zeiget der Schertz gar keinen contemtum erga Deum an, denn Deo quoque sua consecratur hora . Man muß aber nicht im- mer bethen, und wenn man solche Leute betrachtet, die immer bethen, so wird man sehen, daß viele Tavtologi en heraus kommen. Man kan einem durch Schertz solche Dinge zu verstehen geben, welche ihm nicht R 2 wohl Cap . V. wohl anstehen, oder man kan auch von Dingen, die einem wohl anste- hen per allagorias, per similia, oder auch metaphoras reden, und wer sol- che wohl anbringen kan, ist ingenieux . Alle absurda, falsa koͤnnen ri- dicule vorstellig gemacht werden, daher kan man nicht absolute sagen, alles dasjenige was ridicule vorstellig gemachet wird, ist boͤse. Bey ei- nem falso setzet einer was, das nicht zu einem Dinge gehoͤret. Das ri- diculum ist, und ist es ein Anzeigen, das einer eine force von der Logic hat, welcher das, was absurdum ist, kein ridicule vorstellig machen. Wer dieses nicht glauben will, der kan nur erst eine Wahrheit directe hinse- tzen, und solche beweisen, da wird er sehen, daß alsdenn das falsum gleich wird ridiculum seyn; Alles was ich per directum demonstri ren kan, kan ich auch per absurdum demonstri ren, da brauchet man nun etliche phraseologi en, etliche ingenieuse Redens-Arten, so wird es satyri sch. Niemand aber will ger- ne ridicule seyn, daher muß man davon abstrahi ren, und wenn ich unter guten Freunden bin, die ich etwa will doci ren, so muß ich omne ridicu- lum removi ren. Man muß dergleichen saty ren gebrauchen zur defension, wie einen Degen. Wer schertzen will, muß nicht von solchen Dingen schertzen, die einer sagen kan, dem gleich gilt verum dicere. Obscœna muß man auch nicht sagen. Man kan freylich zeigen daß an dem gan- tzen Menschen keine obscœna membra, sondern alle muͤssen nothwendig so seyn, daher man auch nicht noͤthig hat, mit der Madame Bourignon und dem Mons. Sateur zu sagen, in statu integritatis waͤre an dem Ort eine Nase gewesen, wo die genitalia sind. Alle membra haben ihren scopum, und ist derjenige vielmehr impotens, si ipsi natura aliquid nega- vit . Aber weil das opus generationis mit vielen imperfectionibus ver- gesellschafftet, mit der libidine, und wie die Menschen Essen und Trincken mißbrauchen, so thun sie solches auch ratione veneris . Eigentlich soll es auch bey dem opere generationis ordentlich zu gehen, und bekommt die- jenige Republic eine affreuse Gestalt, wo alles hurt, denn wo keine Aus- erziehung ist, bekommt man Diebe, Spitzbuben. Also ist das keine respublica bene ordinata, wo zugelassen ist, vagas libidines zu exerci ren. Was die Lacedaͤmonier hierinnen vor Ordnung gehalten, davon kan Nachricht geben Thomas Cragius, ein Daͤne, in seinem Tractat de Re- publica Lacedemon. Ubbo Emmicus hat auch von denen Griechischen Republiquen geschrieben; Er war ein Rector zu Emden, aber viele grosse Herren haben ihn in ihren affai- ren gebraucht; Bayle sagt auch, er habe keinen Schulmann gleich gesehen, als nur dem Habit nach. Er war pour la liberté, weßwegen Brenneysen in seinen Schrifften viel wider ihn beygebracht. Die res publicas græcas hat er recht politisch be- De Mediis statum conservandi. beschrieben. Man hat sonst dem Bayle beygemessen, als wenn er vieles haͤtte, welches nach denen Reguln einer strengen moral nicht koͤnte legitimi ret wer- den. Aber was diesen punct betrifft, so sagt er ebenfalls, daß es eine affreuse Gestalt, wenn keine Ordnung da waͤre. Es ist kein Mittel, die Republic zu emendi ren, als daß man die scandala wegnimmt, die irritamenta, alsdenn wird schon eine Ordnung entstehen. Wer redet nun wohl gerne von solchen imperfectionibus in conversation, und wer billiget, daß man ei- nen in conversation sollte exciti ren? Derjenige wird wohl fuͤr einen Sot passi ren, wer erzehlen will, was er vor einen Grind-Kopf in seiner Ju- gend gehabt. Also ist auch derjenige ein Thor, welcher das gantze opus generationis her erzehlet. Es sey nun solches licitum oder illicitum, so hat es doch aliquid imperfectionis wegen unserer affecten , und will einer, der davon erzehlet, entweder zeigen, was er vor Thaten darinnen ge- than, oder er will andere irriti ren. Wenn auch Leute zuhoͤren, welche nicht fromm sind, so verdrießt es doch solchen Leuten, daß er so heraus platzt. Eben so ist es auch beschaffen, wenn einer durch Umschweiffe solche Dinge vorbringet. Besser hat viele Gedichte geschrieben, welche in Leipzig zusammen gedruckt worden, worinnen freylich viele sind, die man loben muß. Unter andern beschreibet er auch ein Fraucnzimmer, welches er nackend gesehen, da sagt derjenige, so die præfation gemacht, er habe dasselbe so beschrieben, daß es auch von denen allerkeuschesten Ohren kan angehoͤret werden. Als ich das Buch in der Neuen Bi- bliothec recensi ret, so habe ich dazu gesetzt, ich glaubte nicht, daß es der Besser gemacht, und wenn es auch wahr, daß es mit grosser Behutsam- keit geschrieben, so koͤnnte ich mir doch nicht einbilden, daß es nicht Schaden thun sollte. Denn grobe Zoten thun keinen solchen Schaden, wenn Frauenzimmer da ist, und hoͤret solches, so gehen sie weg. Aber wenn ein Pastor Fido redet, der hat delica te expressiones, das thut weit mehr Schaden, weil er ingeniös redet, da denckt man nach, und wird irriti ret. Ich glaube, daß mehr Leute sind verfuͤhret worden durch den Pastor Fido, als durch einen Harlequin, der ein Flegel ist. Ich habe da- bey ein paar Passa gen aus einem Italiaͤner allegi ret, welcher auch saget, es haͤtten viel Leute durch den Pastor Fido Schiffbruch gelitten, weil lau- ter Liebes-Sachen darinnen, so einen irriti ren. Man siehet also, daß ein solcher keinen Verstand hat, und ist es eben so, als wenn einer woll- te per metaphoram de stercore reden. Es ruini ret einer dadurch bey ge- scheueten Leuten seine Fortun . Deßwegen ist es auch eine injurie, wenn einer so grobe Zoten bey einem Frauenzimmer redet, denn will er sie da- durch irriti ren, so haͤlt er sie vor eine Hure, will er sie vor eine Hure R 3 hal- Cap . V. halten, so kan sie ihm injuriarum belangen. Es giebt auch Leute, wel- che Schertz machen, und die Bibel mißbrauchen, welches auch nicht ge- schehen soll, sonderlich wenn man es bey objectis illicitis thut. Kein Mensch hat einen guten Concept von einem solchen, der das thut. Deß- wegen kan man nicht sagen, daß ein solcher ein Atheist, sondern es kommt davon her, weil er es von Jugend auf sich so angewoͤhnet. Die disci- plina Christiana kommt uͤberein mit der disciplina rationali, sie saget eben, was die Vernunfft saget. Hier wird die Theoria gezeiget und die praxis. In Theoria aber aus der revelation lernen wir, wie wir es sollen ausuͤ- ben, was wir vor media ergreiffen sollen. Man kan auch aus der Bi- bel zeigen daß die Alt-Vaͤter selbst geschertzet; aber alles hat seine Zeit, man muß es temperi ren, ein Weiser laͤchelt ein wenig, ein Narr aber uͤberlaut. Man muß sich auch im Reden angewoͤhnen, daß man nicht so geschwinde redet. Das gehet gar wohl an. Demosthenes hatte eine schwere Rede, hat aber dieselbe doch geaͤndert. Unsere Teutsche Spra- che schickt sich gut langsam zu reden, wie auch die Lateinische, aber die Frantzoͤsische wird geschwinde gesprochen, und laͤst es sehr affecti ret, wenn man dieselbe will langsam sprechen, und hat Campejus Vitringa angemercket, daß ihr Clima so beschaffen; da hergegen es wunderlich wuͤrde lassen, wenn die Spanische Sprache geschwind gesprochen wuͤrde. Vom Wohl- stand in Ge- berden und im Gange. §. 13. Es kan ein Mensch nicht bestaͤndig stehen, auch nicht ste- hen wie eine Statue oder Saxum immobile . Sein Leib ist so gemacht, und alle Gliedmassen sind so eingerichtet, daß sie sich bewegen, und wenn die Bewegungen des Leibes mit denen ideis, so wir in unserer See- le haben, correspondi ren, so nennet man solches gestus . Man kan also nicht prætendi ren, daß man gar keine Bewegung des Leibes soll vorneh- men in compagnie . Wir koͤnnen vielmehr offt mit denen gestibus eben das exprimi ren, was man sonst mit verbis thun kan. Die Roͤmer hat- ten auch eloquentiam gesticulariam. Hortensius war so beredet gestibus, wie Cicero verbis . Man kan ja durch die Augen mit einander reden, welches die Verliebten am besten verstehen. Also kan man nicht leug- nen, daß wir unsern Willen durch reverence und per obsequium an den Tag legen. Da muß ich sehen, was an dem Orte façon ist. Ein grenadier ziehet die Muͤtze nicht ab, sondern greifft nur daran, wollte das ein anderer nachmachen, so waͤre es ein indecens, und das indecens wuͤrde ihn ridicule machen. Es wird eine grosse Kunst erfordert, sich in gestibus recht aufzufuͤhren, e. g. Wenn einer einen reverence machet, daß er nicht hinten hinaus schlaͤgt, sondern machet, wie es ordentlich seyn De Mediis statum conservandi. seyn soll; Er muß es nicht eben machen wie auf dem Tantzboden, son- dern mit distinction . Wenn einer mit vornehmen Herren redet, so muß er nicht stehen, als wenn ihm ein Scheid im Ruͤcken, das laͤßt nicht, der Kopf muß herunter. Wenn man bey seines gleichen ist, so kan man wohl gerade zugehen; aber wenn es ein Vornehmer ist, den ich noͤthig brauche, durch welchen ich meine Fortune machen will, da muß es an- ders seyn. Daher ist allen Leuten zu rathen, daß, wenn sie auch nicht springen wollen, doch nur um deßwillen auf den Tantzboden gehen, daß sie lernen einen rechten reverence machen. Hernach muͤssen sie freylich selbst reflecti ren wie tieff sie es bey einem jeden machen muͤssen; observi- ret es aber einer nicht, so halten sie ihn vor stoltz, vor hoffaͤrtig, denen Hoffaͤrtigen aber widerstehet man. Mancher ist noch stoͤltzer, hat aber potenz dabey, und thut hernach dem andern Tort. Ich weiß einen Mann, der gute qualit aͤten hatte, man hatte aber die opinion von ihm, daß er stoltz waͤre, daher er unterdrucket worden. Mancher meynet es nicht boͤse, ist aber nur so ein Pengel, daß er steiff gehet, dem ist jeder- mann nicht gut: doch muß es einer auch nicht machen wie ein Hund, und nicht zeigen, daß er schmeichele, denn es kommet auf das medium, auf eine prudenz an. Wenn einer wollte bey uns einen Spanischen reverence machen, das wuͤrde sich nicht schicken; Hergegen am Kayser- lichen Hof muß einer einen Spanischen reverence machen; drum heißt es: Si fueris Romæ \&c . Den Fecht-Meister muß einer auch nicht neg- ligi ren, denn das Fechten hilfft dazu, daß der Leib eine rechte taille be- kommt, und man geschwind wird. Wenn einer Fuͤsse hat, welche keine rechte Form haben, so werden sie durch das Fechten gantz anders, und deßwegen muß man das Fechten nicht negligi ren, und wenn auch das Fechten zur defension nichts nutzte, so macht es doch den Leib geschickt. Daher wenn ein solcher in Krieg gehet, so kan er sich dreymahl umwen- den, ehe sich ein anderer einmahl umwendet, man lernet es auch, daß man kan recht zuhauen, und nicht hauet wie ein Maͤdgen. Das Reiten thut auch viel, und siehet es sehr elend aus, wenn einer nicht gut zu Pfer- de sitzet. Leute, so von condition sind, muͤssen bisweilen tantzen, und wird einer deßwegen nicht gleich verliebt, wenn er einmahl mit einem Frauenzimmer herum springet. Die saltatio giebt auch spiritus, und machet einen allard . Man muß also auf Universitaͤten die exercitia nicht negligi ren, und wenn man sie treibet, so kan man doch darneben was studi ren. Die sie negligi ren, wollen solche hernach in Franckreich ler- nen, da es ihnen aber dreymahl soviel kostet, und stehet noch dahin, ob sie einen guten Maitre bekommen. Es hat freylich ein Mensch auf sehr vieles Cap . V. vieles acht zu geben, und wer die Historie mit Verstand lieset, der wird finden, daß es sein Tage so gewesen. In denen VVittekindo Corbejensi, welcher ein Moͤnch in dem Closter Corbey gewesen, findet man ein por- trait von Ottone M. und seinem Bruder Henrico . Da sagt VVittekin- dus Corbejensis: Otto M. waͤre ein majestaͤtischer und geschwinder Herr gewesen; wenn Geschwindigkeit von noͤthen gewesen, so waͤre er gelauffen wie ein junger Mensch: Hergegen, wenn er in Pomp und Herrlichkeit sollen erscheinen, so habe er sich koͤnnen ein Ansehen und gravitæt geben. Aber Henricus waͤre nicht so angenehm gewesen, der habe immer aus- gesehen, als wenn er boͤse waͤre. Auf den vultum koͤmmt viel an, wer sein Gesicht in Runtzeln ziehet, wie der Elephant seine Haut, wenn er damit will Fliegen fangen, der hat keine Liebe bey andern Leuten. Man kan vieles an sich bessern, und sich alle die Dinge abgewoͤhnen. Man- cher machet ein wunderliches Maul, da ist er gluͤcklich, wenn es ihm je- mand saget, daß er es aͤndert. Mancher, wenn er gehet, schlenckert mit der Hand, wie der Saͤemann im Evangelio, das giebet gleich ein uͤbeles Ansehen, daß man sich einen schlechten concept von ihm macht. Man kan nicht sine gestu seyn, aber man muß auch nicht extravagi ren. Manche Leute drehen einem wohl gar einen Knopf vom Kleide, wenn man mit ihnen speiset, oder klopffen einem auf die Achseln, welche uͤbele Gewohnheiten sich einer alle abgewoͤhnen muß. Vom Wohl- stand in Klei- dern. §. 14. 15. 16. Ohne Kleidung kan man nicht alleine nicht seyn, son- dern auch nicht ohne Kleidung, die ein wenig kuͤnstlich ist. Einige sagen, man koͤnnte sich mit Schaaf- und Ziegen-Fell kleiden, wie Isaacs Frau den Jacob gekleidet. Allein man findet auch schon bey denen Juͤden, daß, da dieselben kuͤnstlicher worden, so haben sie allerhand Zeuge verfer- tiget, und sich Kleider daraus gemacht, vid. Ioh. Braunius in Tractat de vestitu Ebræorum . Dieses ist also deßwegen zu mercken, weil wir biß- weilen mit Leuten zu thun haben, welche nach der ersten façon leben wol- len; aber es ist nicht noͤthig, warum sollten wir nicht andere Kleider tra- gen, dadurch wir es uns commod er machen koͤnnen? Man siehet frey- lich, daß das einen Stoltz und luxum anzeiget, wenn einer eine neue mo- de anfaͤngt, aber das kan ein jeder thun, daß, wenn alle sich darnach richten, er auch solche mode annehme, und wuͤrde er absurd handeln, wenn er solches nicht thaͤte. Die Apostel sind hergegangen wie die Ju- den, und hat Braunius gewiesen, daß tunica Christi eben so beschaffen gewesen. Die Propheten haben besondere Kleidung getragen, welches aber seine besondere Ursachen gehabt: denn wenn einer was paradoxes an hat, so sehen die Leute auf ihn; sie wollten aber haben, daß die Leute auf De Mediis statum conservandi. auf sie sehen sollten, deßwegen hat Johannes Præcursor eine besondere Kleidung angehabt, damit die Leute auf ihn sehen moͤchten, was er vor Wunder thaͤte. Wir sind keine Propheten, hierinnen duͤrffen wir also denen Propheten nicht nachahmen. Wenn alle Leute kleine Huͤte tra- gen, und ich trage einen grossen, so mache ich mich ridicule. Dicis : Manche Moden sind doch suͤndlich, die kan ich nicht nachthun? Wie man vordem die grossen fantangen getragen, so sagen sie, habe man Exempel, daß Kinder mit fantangen gebohren worden, welches ein An- zeigen, daß diese mode GOtt nicht gefallen. Allein hoch und niedrig ist eine indifferen te Sache; Wenn alle hohe front en auf denen peruquen tragen, so darff ich keine kleine tragen, und wenn grosse Herren was an- fangen, so sind gleich andere, die solche imiti ren. Bey denenjenigen aber, welche Tag und Nacht drauf dencken neue mod en aufzubringen, ist es nicht indifferent, hoch und niedrig; daher ist wohl wahr, daß derje- nige, so neue mod en aufbringet, kan pecci ren, er ist inconstans homo, aber diejenigen, welche es nachmachen, pecci ren nicht. Wie die Mada- me la Fantage bey dem Koͤnig in Franckreich in grossen credit stund, so fiel sie eben darauf grosse fantangen zu tragen, aus Franckreich kam es nachgehends bald in andere Laͤnder, da denn die Prediger anfiengen er- schrecklich drauf zu schmaͤhlen. Bayle aber sagt in seinem Diction. Hist. Crit. sub voce Habit und Fantange ; das alles habe nicht geholffen. Denn da alle zusammen grosse fantangen getragen, und eine haͤtte wol- len alleine kleine tragen, so wuͤrde sie seyn ausgelachet worden. Man kan aber eben nicht sagen, daß es GOtt mißfallen, denn es werden ja auch andere Kinder mit allerhand Zeichen gebohren. Bayle sagt: Wenn sie haͤtten wollen haben, daß die Leute solche nicht mehr tragen sollen, so haͤtten sie die Fuͤrsten-Kinder dahin bringen sollen, daß sie solche nicht mehr getragen, alsdenn wuͤrden ihnen die andern gefolget seyn; Jetzo haben die Prediger, was sie laͤngst verlanget, da sie nunmehro kleine fantangen tragen, welche nur als ein Nacht-Zeug aussehen, deßwegen findet man aber nicht, daß die Leute ein besseres Leben fuͤhren als vorher. Es ist nicht auf ihr Predigen ankommen, und wenn sie jetzo die Predi- ger wollten hoch haben, so wuͤrden sie lange predigen muͤssen ehe es ge- schehe. Bayle hat cit. l. gewiesen, wie sie sich prostitui ret. Mons. de la Mathe le Vayer erzehlet von Carolo V. daß, als er einsmahls von ei- ner Kugel in Nacken geschrammet worden, so habe er das Haar gantz kurtz lassen abschneiden, weil er keines an den Ort leiden koͤnnen, da ha- ben ihm alle im gantzen Reich gefolget. Hergegen in Franckreich haͤtten sie das nicht gethan, sondern lange Haaͤre getragen. Es kan seyn, daß S von Cap . V. von beyden Seiten Leute in Himmel kommen. Man weiß manch- mahl nicht, wo eine mode herkommt. Die Schneider und Kaufleute sind offt daran Ursache: denn wenn die mode geaͤndert wird, so lassen sich die Leute neue Kleider machen, dadurch verdienen sie Geld. Es kommt dabey auf die phantasie der Leute an, e. g. In Preußischen traͤgt man kleine Aufschlaͤge, welche aber denen Sachsen nicht gefallen, die grosse tragen. Wer in dieser materie gut reussi ren will, und viele con- clusiones sehen, der muß des Bellegard opuscula lesen, worinnen schoͤne Sachen enthalten, vor Frauenziminer sind die opera der Mad. Scudery zu recommendi ren, welche sehr elcquent geschrieben sind. Sie hat bey der Academie Françoise etliche mahl den hoͤchsten Preiß davon getragen. Der Koͤnig konnte sie wohl leyden, und ist sie auch bey vielen vornehmen Leuten gelitten gewesen. Wenn man alles will zusammen kauffen, was sie geschrieben, so kan man ein klein Fach damit anfuͤllen. Sie ist uͤber 90. Jahr alt worden, und vor kurtzem gestorben. Der Mons. Courtin, welcher den Curtium uͤbersetzet, den der Koͤnig in Franckreich als Am- bassadeur an den Koͤnig Carl Gustav geschickt, hat einen Traité la Civi- lité Françoise geschrieben, welcher deßwegen zu recommendi ren, weil er die raisons zeiget, warum die Franzosen dieses oder jenes haben. Sonst hat man von ihm auch einen Traité du veritable point d’honneur. En general kan man auch brauchen den de la Cafa, und den Guazzium, de civili conversatione, welches beydes Italiaͤner sind, und Italiaͤnisch geschrie- ben, man hat sie aber ins Lateinische uͤbersetzet: die meisten aber von de- nen Frantzosen sind hierinnen am wenigsten zu æstimi ren. Das decorum koͤmmt also ex charitate, ich habe da abundantiam charitatis, indem ich da nichts boͤses thun darff, sondern ich muß indifferentia imiti ren; da- mit ich andere Menschen nicht von mir removi re, so accommodi re ich mich; omne tædiosum \& sordidum abstergo . Man wird auch sehen, daß die civilité, welche man so sehr urgi ret, eine raison hat, und alles das andere, was ihr contrair ist, tædiosum ist; Einer, der lachet, daß man es uͤber drey Haͤuser hoͤren kan, ist allen Leuten incommode . Es exeri- ret sich das decorum par tout in allen Staͤnden, bey Kaufleuten, Hand- wercks-Leuten ꝛc. jede haben ihr besonderes decorum . Von denen Hindernissen der Gluͤckse- ligkeit. §. 17. 18. 19. Wenn ich gleich sage, derjenige, welcher gluͤck- lich werden will, muß wissen, quid sit felicitas, er muß de fine scopo in- strui ret seyn, media haben, welche sind virtus, justum \& decens; so giebt es doch noch viele obstacula, wenn ich will honestus, justus seyn. Man- cher wollte gerne sein fortune machen, wenn nur eine Gelegenheit da waͤ- re, da finden sich aber offt grosse obstacula . Die obstacula kommen offt De Mediis statum conservandi. offt ex ipsa re : denn manches negotium ist arduum, und hat eine grosse etendüe ; daher muß ein homo sapiens suchen solche zu removi ren, wor- innen ihn keiner imiti rt, als der homo ambitiosus . Hier sind die media generalia nicht hinlaͤnglich, sondern man muß ad specialia gehen. Der Autor haͤtte erst sollen handeln, de obstaculis ex rebus oriundis, und ist das die Pferde hinter den Wagen gespannet, wenn man de hominibus anfaͤnget: denn wenn ich erst die obstacula von denen rebus aus dem Wege geraͤumet, alsdenn finden sich erst Menschen, inimici, und kan ich diese nicht eher erkennen, bis jenes erst gewiesen worden. Ein jeder will freylich sein fortune machen, aber er muß vorher wissen, wo? in was vor einer Sache? in was vor einem metier? ubi? quo in loco possit ascendere ? Es will einer in der Welt nicht a bove ad asinos gehen, und ist es was natuͤrliches, daß einer will conditionem suam meliorem face- re, ut commodius vivat, er will ascendere . Nicht alle Menschen koͤn- nen auf einerley Weise gluͤcklich werden, sondern einer auf diese, der andere auf jene Art. Die negotia sind bisweilen difficillima, sie sind mit vielen circumstantiis vergesellschafftet, es sind affai ren, da keiner ad- spiri ren kan, nisi habeat ea, quæ ad talem spartam necessaria sunt . Man- cher will seine fortune im Kriege machen, mancher durch Wissenschaff- ten, will einer in Krieg gehen, so kan gleich ein obstaculum seyn, daß er nicht recht gesund, er hat kein Hertz, ist ein Poltron . Also ist einem sol- chen vielmehr zu rathen, ut cedat . Es sind auch viele Menschen, welche gar keine fortune wollen machen, multi humi repunt . Von solchen Leu- ten also, welche wollen unten bleiben, die den gantzen Tag wollen mit dem pater noster zu thun haben, ins Closter gehen, oder auch Moͤnche sind, Kleiber, vor die haben wir keine Philosophie, und schreiben ihnen keine politic vor. Wer ein devot es Leben fuͤhren will, hat Mosen und die Propheten, und wird der Welt nicht schaden, aber ihr auch keinen grossen Nutzen schaffen. Sondern wir schreiben solchen Leuten eine Politic vor, welche wollen ascendere, dem gemeinen Wesen dienen, und sich distingui ren ab aliis hominibus . Es ist kein Zweiffel, daß das na- turell viel contribui ret. Wer ein gutes naturell hat, macher die Augen auf, und ist vigilant, da muͤste es schlimm seyn, wenn er nicht seinen Zweck erhalten sollte; wenn aber einer von Natur nicht geschickt ist, er ist ein Kruͤpel, da muß er sehen, wie er sich in der Welt durchbringet. Wer aber seine fortun machen will, der hat in der Welt auf zweyerley zu sehen, nemlich auf das gegenwaͤrtige und zukuͤnfftige Leben; Es kan auch nicht anders seyn, als daß einige muͤssen ascendero . Wenn alle Leute solche sentimens haͤtten, wie die Moͤnche Kruͤpel, Kleber, Haͤscher, S 2 welche Cap . V. welche letztern stercoream animam haben, so wuͤrde es miserable ausse- hen. Wir consideri ren hier solche, welche sich bemuͤhen, etwas zu wer- den, zum Nutzen der Republic, und des menschlichen Geschlechts. Hie- von kan man vieles finden bey dem Callieres de la Fortune, (er ist ein Officier in Franckreich gewesen, schreibt aber vortrefflich;) Er sagt: Es sey nicht gut, wenn ein Kruͤpel wolle avanci ren a la Cour, sondern es sey ihm vielmehr zu rathen, daß er zu Hause bleibe, und auf Gemuͤths-Ru- he dencke. Es muß einer fortunam statui suo convenientem suchen. Wer hoͤhere Gedancken hat, der ist sioltz und naͤrrisch; sollte es ja par hazard kommen, daß ein solcher hoch hinauf kaͤme, so wird er auch wie- der hoch fallen. Es kan einer eine Ehr-Begierde haben, und doch ein honette homme seyn. Die Ehr-Begierde bestehet darinnen, daß er der Republic und seinen Naͤchsten dienen will. Also findet man difficul- taͤten in ipsis rebus, und sagt Gracian in seinen l’Homme de Cour gar wohl: messurez ses forces. Cicero hat schon gesagt, wer eclati ren wolle, muͤsse aliquid excellens haben; das excellens aber zu erhalten, ist blut- schwer. Es promovi ret kein Mensch den andern, er sagt, es sey aliquid excellens an ihm, und wenn gleich nichts da ist, so sagen sie es doch. Bisweilen wird einer vor excellent gehalten, und ist es doch nicht; es ist kein anderer da, und machet er also seine fortune, weil keine bessern sind. Drum fagt man auch: Er war ein homo sui temporis, welcher, wenn er zu einer andern Zeit gewesen waͤre, nicht wuͤrde so æstimi ret worden seyn. In dem Leben des Boileau findet man, daß vor ihm ein Poët Lingiere in Franckreich sehr beruͤhmt gewesen, welchen alle heraus gestrichen; aber es war ein seculum corruptum, ein gustus corruptus, es zog einer den andern ins præjudicium, daraus sie sich nicht konnten wickeln; wie aber der Boileau kam, so fiel er herunter. Vordem in se- culo Barbaro hat man bey uns die Knittel-Verse alle æstimi rt, woraus man heut zu Tage nichts machet. Es ist nicht anders, als wenn ich einem einen Diamanten zeige, der nicht starck brilli ret, nachgehends ge- be ich ihm einen, welcher starck glaͤntzet, so wird er bald den andern zuruͤck geben. Indessen ist doch schwer, sonderlich in unsern Seculo, welches ein wenig eclairsi rter ist, sich eine excellentiam zu Wege zu brin- gen. Denn es erfordert ein naturell, und einen unermuͤdeten Fleiß. Cicero saget, ein perfect er Orator, ein perfect er Princeps, ein perfect er artifex ist nicht in der Welt gewesen; aber man siehet doch, daß, wenn einer will vorgezogen werden, so muß er aliquid excellens haben, und der es nicht hat, ille frustra adspirat . Wenn ich will ein Secretaire werden, und kan nicht recht schreiben, so werde ich meine fortune nicht machen. De Mediis statum conservandi. machen. Ja es kan fast einer eher seine fortune in einem andern me- tier machen als da. Man fiehet hier insgemein, daß man was verlan- get, und weiß nicht, ob man die dona besitzet, welche dazu erfordert werden. Man will den finem haben, und giebt nicht acht, ob auch die capacitè vorhanden, daher muͤssen diese difficult aͤten am ersten uͤberstan- den werden. Wenn einer ein Kauffmann werden will, so muß er erst die Wissenschafft haben, alsdenn muß er auf media gehen, und Leute suchen, welche ihm was fourni ren, daß er sein metier exerci ren kan. Es wird auch probitas erfordert, und wenn einer auch dieses alles hat, so finden sich doch noch obstacula . Wenn nun einer ein Cavallier ist, oder auch ein illustrior, er will sein fortun à la Cour machen, wo will er das thun? Bey einem Herrn, der ein miles ? er machet es nicht. Er hat etwann einen uͤblen Geruch aus dem Halse, oder schleppet den Fuß hin- ter sich drein, dieses kan der Herr nicht leiden. Es muß einer sehen, ob der Herr, bey dem er ascendi ren will, alt oder jung, darnach muß er sich accommodi ren. Ein Fuͤrst brauchet freylich allerhand Personen, junge und alte, aber sie sind nicht allczeit klug, und judici ren, wie sie waͤ- ren, so muͤssen auch ihre Bedienten seyn. Man wird auch sehen, daß derjenige absurd handelt, welcher einen Printzen, der ein Liebhaber vom Krieg und vom Jagen ist, will den Salustium cum notis Variorum de- dici ren lassen, oder eine piece ad Legem Cinciam . Ja wenn der Pre- mier-Ministre noch ein Liebhaber davon ist, so gehet es noch an. Will einer in Krieg gehen, so muß er auch sehen, ob er dauerhafftig ist, oder courage hat? Uberlegte dieses ein jeder, so wuͤrde er seinen Fehler fin- den, und hernach nicht klagen duͤrffen, daß er nicht gluͤcklich seye; sonst gehet es ihm eben wie einem Kerl, der studi ren will, und hat keine memorie, kein judicium, ingenium, der sollte es lieber bleiben lassen. Ist einer von extraction, und doch nicht geschickt zum studi ren, so appli- ci re er sich auf was anders, auf die Haußwirthschafft, da braucht er keinen grossen Verstand, und kan er leicht lernen den Weitzen von Ro- cken unterscheiden. Der keinen guten Kopff hat, ist capable, mit dem Leibe zu arbeiten, und wird da besser reussi ren, als wenn er mit seinen Seelen arbeiten will; au contraire, er wird ridicule unter denen Leuten; wenn er studi ren will, nicht anders, als wie einer sich ridicule machet, welcher bey Hofe suchet seine fortune zu machen, und doch das talent nicht hat. Die Eltern waͤren sehr gescheuet, wenn sie drauf saͤhen, wo- zu die Kinder sich schicken. Mehrentheils haben sie die façon, daß sie das metier muͤssen ergreiffen, was der Vater hat. Ist der Vater ein Priester, so soll der Sohn auch ein Priester werden, da er sich doch offt S 3 nicht Cap . V. nicht dazu schickt. Wenn der Vater ein Soldat ist, so soll der Sohn auch ein Soldat werden, da er doch, wenn er eine Buͤchse loß schiessen soll, das Gesicht davon weg thut. Man machet es hierinnen denen gemeinen Leuten nach, da der Sohn, wenn der Vater ein Fleischer ist, auch einer werden muß. Wenn ich nun eine excellenz habe, mache ich gleich mei- ne fortune? minime omnium . Da findet einer noch erst die obstacula von Menschen und Feinden. Und wenn einer auch keine Feinde hat, so muß er doch occasion suchen. So lange einer auf Universit aͤten ist, weiß er das nicht, man siehet eine foiblesse bey diesen und jenen, aber doch keine rechte Feindseligkeit. Hergegen, wenn einer in der Welt ecla- ti ren will, da thut er keinem oͤffentlichen was, man zancket nicht, man re- det nicht, aber heimlich hindert einer den andern. Denn wenn einer ascen- di ren will, so ist ein anderer, der eben das munus ambi ret, der sucht ihn zu hindern, er hat das Geld, alsdenn ist es Kunst, die obstacula zu uͤber- winden. Es ist auch ein excellens artifex, ein excellens opifex, welcher dieses thun kan: Denn bald suchet ihn der princeps, bald seine Mit- Meister zu hindern. Man wird kein metier in der gantzen Welt finden, da nicht obstacula sind. Ich muß also suchen, diejenigen zu gewinnen, welche mir zuwider sind, oder wenigstens verhindern, daß sie mir nicht schaden koͤnnen, ingleichen muß ich mir amicos machen, die ich vordem Reguln, wie diese Hinder- nisse zu remo- vi ren. nicht gehabt: Darinnen bestehet hauptsaͤchlich die Politic . Hier sind nun gewisse Reguln zu mercken, welche §. 20. vorkommen. §. 20. 21. 22. Viele Leute, so kein Nachdencken haben, und ein- faͤltig sind, sagen unter dem prætext einer devotion : Alles dasjenige, was man vorbraͤchte, wie einer seine fortune machen solle, scheine laͤcher- lich zu seyn, und muͤsse man vielmehr bloß auf providentiam divinam se- hen; Sie verwerffen die Buͤcher, welche hiervon geschrieben, als wie den Callieres, it. den Bessel, welcher einen politischen Gluͤcks, Schmidt geschrieben, darinnen artige Sachen anzutreffen, it . des Gracians l’hom- me de Cour, Gracian war ein pensiv er Kerl gewesen, und ist alles zu æstimi ren, was er ge- geschrieben, von seinen Buͤchern kan man in des Nicolai Antonii Biblioth. Hispanica Nachricht finden. Er ist ein Spanier, und hat Spanisch geschrie- ben. Doct. Fridr. August. Müller in Leipzig hat ihn am besten ins Teutsche uͤbersetzet, und admirable discourse hinzu gesetzet. allein auf die providentiam divinam kan man es nicht bloß ankommen lassen: Denn GOTT operi ret nicht immediate, son- dern mediate . Warte du nur, bis einer kommen wird, und dich ruffen; Das ist enthusiastisch, wenn man es bloß auf eine immediatam provi- dentiam divinam will ankommen lassen, und haben wir hier an dem Herrn Buddæo einen Theologum zum Vorgaͤnger: Denn unser Autor ist eben der De Mediis statum conservandi. der Meynung. Die weisen Leute, so in der Welt sind, werden dir nichts thun; aber man findet nicht allemahl weise Leute, wir haben homines nequam in der Welt, die thun uns den meisten Schaden: Denn diese werden von raffini rten Leuten angehetzt; vergehet man sich nun, alsdenn druͤcken einen die raffini rten Leute unter. Vor stultis muß man sich wohl in acht nehmen, und auch vor raffini rten Leuten, weil diese keine Weiß- heit haben, und ebenfalls stulti sind. Dicis : Stultus und callidus ist ei- ne contradictio? Respond. Arglistigkeit ist keine Klugheit. Denn wer gescheuet ist, wird sich nicht auf List und Betruͤgereyen legen; thut er es aber, so fehlet er den rechten Weg, deßwegen ist er ein stultus . Wenn man nun fragt, wie man sich vor dergleichen Dingen huͤten solle, so mey- nen einige, man thaͤte am besten, wenn man sich retiri rte von der Welt. Allein wenn einer sich will von der Welt retiri ren, da er noch in dem Stande ist, der Welt zu dienen, so thut er nicht wohl: Denn er ist nicht dazu in der Welt, daß er soll ein Eremit seyn. Die alten Teutschen haben solche Hagestoltzen genannt, welche so stoltz gewesen, daß sie nim- mer wollen in ihrer Hecken bleiben, und sich um niemanden bekuͤmmern. Ein Moͤnch, ein Eremit braucht keine politic . Wer will aber wohl sa- gen, daß man sich vor der Welt separi ren solle, das ist nur ein extraor- dinarium remedium ; Daher, wenn ich mit einem Catholicken disputi- ren sollte, so wollte ich nicht gleich die dogmata refuti ren, sondern nur sagen, was er wohl meynete, daß GOtt vor ein Dienst geschaͤhe, wenn eine million Menschen, wie in Spanien, in Cloͤstern sitzen, welches alles homines otiosi, und damit sie nicht faul, und stinckend werden, so schreyen sie den gantzen Tag. Der Welt muß man sich freylich nicht gleich stel- len, aber auch nicht separi ren. Man muß klug seyn, wie die Schlan- gen, und einfaͤltig, wie die Tauben. Die providentiam divinam darff man nicht aus den Augen setzen: Denn generalis providentia ist bey allen. Ohne GOttes providenz kan kein Sperling vom Dach herunter fallen. Es ist auch nicht zu leugnen, daß GOtt einem manchmahl spe- cialiter hilfft, wie wir bey dem Mose, Aaron, Saul, David, und an- dern sehen, aber das sind exceptiones, wer will aber sein Leben nach de- nen exceptionibus einrichten? Derjenige, wer seine fortune machen will, wie Moses, Aaron, David, Samuel, Saul, ist eben so absurd, als la fausse Clelie, welche die Mad. Scudery beschrieben. Sie zeiget, daß vie- les Frauenzimmer auch auf extraordinaire Dinge falle, denn manche, wenn sie in der Bibel lesen, daß die Esther so hoch gestiegen, so meynen sie, es muͤste ihnen auch so gehen; Vielmehr muß ein jedweder Mittel brauchen, so seinem Stande gemaͤß, und sich dadurch zu wege bringen ut ne infimo gradu subsistat : Deßwegen setzet man GOtt nicht auf die Seite, Cap . V. Seite, als welcher eben haben will, daß wir arbeiten sollen, daß wir andern Menschen dienen. Die meisten Menschen meynen, es bestehe die Liebe gegen GOtt darinne, wenn man bestaͤndig zu Hause bleibe, und den gantzen Tag singe; welches aber ein otium, und in diesen otio ist ein Enthusiasmus . Vor GOtt muß man freylich reverentiam haben: denn er ist summus, maximus, omnipotens, er kan mir helffen, und auch schaden; aber er will doch auch haben, daß man seinen Naͤchsten dienen soll. Es ist kein Mensch in der Welt, welcher nicht Feinde hat, welche einen suchen zu verhindern; daher muß man suchen die impedimenta aus dem Wege zu raͤumen, damit man seinen scopum erhalte, oder den Po- sten, so man hat, mainteni re. Unsere impedimenta, welche von Men- schen geschehen, koͤnnen auch von andern Menschen removi ret werden; Denn wir haben Freunde und Feinde unter denen Menschen. Weil wir nun aber sollen Menschen durch Menschen uͤberwinden, so ist zu mer- cken, daß dreyerley Sorten sind, 1) etliche sind so beschaffen, qui nec possunt, nec volunt, 2) qui volunt, sed non possunt, 3) qui possunt, sed non volunt ; Der ersten Sorten muß man nicht trauen, und weil solches manche nicht in acht nehmen, so leiden sie an ihrem Gluͤcke Schiff- bruch. An solche, die einem nicht koͤnnen, und nicht wollen helffen, muß man sich nicht addressi ren. Man siehet, daß diejenigen, welche sich an solche addressi ren, kein jugement haben, und nicht urtheilen koͤnnen, von wem diese oder jene charge dependi re. Bisweilen kan einer auch durch einen avanci ren, der nicht groß ist, aber doch potens, und muß man kei- nen verachten, aber doch sehen, ob er mir will helffen? Es giebt viele Leute, so einem gerne wollten helffen, sie koͤnnen aber nicht, die muß man caressi ren, loben, ihnen Danck sagen vor die affection, und bitten, sol- che ferner zu continui ren, aber der wuͤrde wunderlich handeln, welcher sich auf sie verlassen wollte. Auf diejenigen kommt es also hauptsaͤch- lich an, qui possunt, sed nolunt . Was muß man da thun? Respond . Ein Enthusiast wird sagen, man solle sich nur passive verhalten, und fleißig bethen, daß ihn GOtt regieren moͤchte, mich darzu zu nehmen. Gesetzt nun, er hat kein gut Hertz, ist ein homo scelestus, da meynen sie, koͤnne man seine fortune nicht machen; allein es gehet gar wohl an, wenn man sich nur nicht als ein instrumentum luxuriæ gebrauchen laͤßt. Derjenige ist klug, der seine fortune machen kan, es mag der Fuͤrst be- schaffen seyn, wie er will, siehet einer, daß er nicht avanci ren kan, so muß er es lassen. Indessen ist einem nicht zu verdencken, daß er alle machi- nas und labores braucht, so erlaubet sind, e. g. Es ist kein Mensch in der Welt, der nicht ein interesse und gewisse passiones hat, da muß ich mich De prudentia status œconomici. mich darnach richten, und accommodi ren, nicht eben, daß ich dieselben annehme. Ich brauche auch die Leute, welche bey ihm in credit stehen; daher kan ich aber nicht sagen, daß der Printz von Condé wohl raison- ni ret, wenn er von einem, der durch die Mad, de Montespan gestiegen, immer veraͤchtlich gesprochen. Es kan einer bona conscientia Leute ge- brauchen, so nichts taugen, von einer Maitresse haͤlt man nicht viel, quæ se substernit libidinis gratia . Indeß, wenn man siehet, wie dieselbe oben an sitzet, und von ihr alle charg en dependi ren, als wie in Franckreich von der Mad. de Montespan, und Mad. de Maintenon alles dependi ret; Denn es war Rex uxorius, so ist kein Zweiffel, daß man auch durch sol- che seine fortune machen kan. Der Koͤnig Sigismund in Pohlen, wur- de von einer alten Frau und ihrer Tochter regieret, bey welchen sich vie- le vornehme Polacken melden musten, wenn sie wollten avanci ren. Man muß sich also an solche addressi ren, so was gelten. Dicis : Es ist nicht zu erhalten, als durchs Geld, wie in Franckreich? Respond . Es ist die- ses ein grosser Verfall, weil es aber nicht anders ist, so muß man es ge- ben: Denn wo man den Pumpernickel in der Kirche singet, singet man ihn mit, das ist aber doch in Franckreich, daß, wenn vier sind, welche um eine charge anhalten, so muͤssen auch alle vier habile dazu seyn, und alsdenn obtini ret derjenige, so am meisten giebet. Will ich aber nun kein Geld geben, so muß ich in der Wuͤsten leben, oder hinter den Pflug hergehen, man kan hierbey nachlesen, was der Mad, Scudery ihr Bruder George Scudery geschrieben hat. Sectio II. de Prudentia status œconomici. B Isher ist gehandelt worden von denen mediis diejenigen zu gewin- Ratio con e - xionis. nen, welche mehr sind als ich. Wir haben aber auch Leute, welche weniger als wir, sie sind uns aber doch auxilio : Derglei- chen finden sich eben in re familiari . Man wird sehen, daß wenn einer in re familiari will gut reussi ren, so muß er gutes Gesinde haben: Denn aus der choix seines Gesindes kan man einen guten Hauß-Vater er- kennen. Dieses ist nicht allein in re familiari so, sondern wir werden unten finden, daß kein besserer character eines guten Regenten, als wenn er gute Ministres hat. Mons. Perefix, welcher das Leben Henrici IV. T sehr Cap . V. sehr politisch beschrieben, und es deßwegen gethan, damit Louis XIV. sich darnach richten moͤge, hat darinnen gewiesen, was Henricus IV. vor Be- diente gehabt in œconomi schen Sachen, in Cammer-Sachen, in Mili- tair- Sachen. Er hat Leute gehabt, so die Handlung verstanden, da sagt Perefix, hieraus koͤnne man sehen, daß er ein kluger Koͤnig gewesen. Denn hat ein Fuͤrst einen prodigum zu seinen Camerali sten, einen sot zu seinen General, so ist es elend mit ihm beschaffen, und siehet man, daß er kein jugement hat. Den Cardinal Richelieu hat man vor einen gu- ten Mann gehalten, weil er aber keine rechte Leute choisi ret, denn in Cammer-Sachen brauchte er lauter Pfaffen: Der Cardinal le Vallette war sein General, so konnte er nicht reussi ren. Jetzt wird nicht gefragt werden, was inspecie ein guter Ministre, ein guter Knecht, ein guter Hand- wercks-Mann ꝛc. doch wird von jeden etwas gedacht werden. Von dem End- zweck, Mitteln, Hindernissen ꝛc. des haͤußli- chen Standes. §. 1. Dieser §. zeiget die connexion mit dem §. præced . Es sagt der Autor, daß bisher en general gewiesen worden, was einer zu obser- vi ren habe, ratione felicitatis consequendæ \& conservandæ ; nun aber ge- het er ad specialia . Weil nun societas domestica das meiste ausmachet bey der Republic, so ist fast kein eintziger Scriptor Politicus, der nicht et- was von der societate domestica sollte beruͤhret haben: Denn es kan ohnmoͤglich seyn, ut res publica salva permaneat, und ihren scopum erhal- ten koͤnnen, wenn nicht in dem corpore magno reipublicæ die kleinen so- cietates en bon ordre . Was ist das vor eine Republic, wo keine œco- nomie, kein agricola sapiens, kein pater familias sapiens ? Wo das fun- dament mangelt, da faͤllt endlich der gantze Bau uͤbern Hauffen. Es muß unaquæque societas parva mit der Republic conspiri ren; Ein jeder Hauß-Vater muß suchen, daß in seiner societate parva eine harmonie ; sonst wird dasjenige, was man sich von der Gluͤckseligkeit eines grossen Staats verspricht, zu Wasser gemacht. Daher ist kein Regent, wel- cher sich nicht um den Hauß-Stand bekuͤmmert, und da gute Regeln giebt. Ist nun aber dieses, daß grosse Herren es selbst thun, wer will die Gelehrten verdencken, daß, da sie auf Universit aͤten lehren, von der Kunst zu regieren, sie auch etwas von der œconomie vorstellig machen. Ja, es waͤre zu wuͤnschen, daß man ein Collegium Oeconomicum hiel- te, und nicht in generalibus stehen bliebe, sondern zeigte, was bey denen Haußhaltungen in Staͤdten und auf dem Lande zu observi ren; hernach koͤnnte man auch von einer jeden profession etwas sagen. Man hat heut zu Tage von Handwercks-Sachen viele schoͤne Buͤcher, wir haben Buͤcher von Goldschmieden, Seiffensiedern, vom Wollen-Handel, Bier- brauen ꝛc. Man kan auch Buͤcher lesen, worinnen der Betrug, welcher bey De prudentia status œconomici. bey allen Dingen gemacht wird, gezeiget wird, und habe ich aus solchen Buͤchern viel profiti ret. Hauptsaͤchlich habe ich mich beflissen, zu erfah- ren, wie man die Leute betrieget, damit ich wissen kan, wie guter Coffée, Thée, gutes Tuch, und gute Struͤmpffe zu erkennen. Man hat von al- len Handwercken die Betruͤgereyen drucken lassen, und sind viele schoͤne Buͤcher hievon geschrieben. Man muß sich nicht allein auf Theoreti- sche, sondern auch auf practi sche Sachen legen: Denn mancher gehet zu Grunde, weil er kein guter Haußwirth ist. Quær . Woher kommt es, daß man die œconomie so negligi ret? Respond . Die Ursachen sind folgende: 1) Hat die œconomie mit Haußhaltungs-Sachen zu thun, da sagen sie, solche gehoͤreten vor die Weiber, und diese sind, so zu sagen, in possessione . 2) Was Land-Sachen sind, so haͤlt man sich zu gut, daß man wollte wissen, wie man mit Schaͤffereyen, mit Mist ꝛc. umge- hen solle, da doch hoͤchst-noͤthig in der œconomie ein gantz Cap. de ster- core zu verfertigen; die vornehmsten Leute haben Land-Guͤther, und brau- chen also die œconomie, und ist nothwendig. Des Herrn seine Cam- mer muß bestehen in einer œconomia, und wer solche nicht verste- het, wie will er dieselbe gut einrichten. 3) Haben sie gemeynet/ es waͤre dieses eine disciplin, welche mehr empiri sch, man lernet mehr aus der Erfahrung, und waͤre es sehr leichte. Allein generalia kan man bald lernen, kommt man aber ad specialia, so finden sich viele difficult aͤten. Aristoteles hat etwas gesehen, und deßwegen libros œconomicos bey sei- ner Politic mit angehaͤnget, woruͤber viele gelesen. Jo. Paul. Felwinger hat auch einen tractat daruͤber geschrieben; aber Aristoteles ist nur in generalibus stehen blieben. Der beruͤhmte Schottlaͤnder, Danaldsonus, hat auch artem œconomicam geschrieben, weil er aber ein Aristotelicus, so ist er auch nicht ad specialia gegangen. Henricus VIII. in Engeland, welcher selbst studi ret, hat auch wahrgenommen, daß seine Cammer-Sa- chen und œconomie nicht taugten: denn er hatte den Cardinal Wolsey zum Premier-Ministre, welcher diese Dinge nicht verstunde, so wenig als der Richelien und Mazarin in Franckreich, daher sagte Henricus VIII. ich habe ein hauffen Leute, einer ist ein Poët, einer ist ein Orator, einer ein Jurist, einer ein Scholasticus, ich moͤchte aber auch Leute haben, wel- che man brauchen koͤnnte in Cameral- Sachen. Es berichtet der Baron Edoard Herbert von Cherbury, daß er auf die Gedancken gefallen, die Leute auf Guͤther zu thun, wo grosse Haußhaltungen waͤren, ut scien- tiam cum praxi conjungere possent . Dieses war eben nichts naͤrrisches, aber man haͤtte es nicht einmahl noͤthig, sondern man koͤnnte nur Profes- sores setzen, welche nicht allein regulas generales, sondern auch speciales T 2 gaͤben. Cap . V. gaͤben. Man hat auch bey unserm Hof einmahl Willens gehabt, einen Professorem Politicæ von Policey-Sachen zu setzen, welches gut gewesen waͤre, aber man hat keinen finden koͤnnen, der sich darzu geschickt, denn niemand legt sich sonderlich hierauf. Beckmann in Franckfurth an der Oder hat auch eingesehen, daß man das studium œconomicum nicht sollte negi ren. Wenn nur erst ein Professor da waͤre, welcher diese disciplin doci rte, so wuͤrden sich alsdenn auch schon Leute finden, welche solche hoͤrten, und wuͤrde ein Herr dadurch in seinen Landen grossen Nutzen haben. Man siehet, daß so viele Pachter herunter kommen, und so vie- le von der Noblesse zu Grunde gehen, eben deßwegen, weil sie die œco- nomie nicht verstehen. Vor diesem bestund die groͤste force eines Caval- liers darinnen, daß er ein guter Haußwirth war, und den Krieg verstund. Denn im Winter war er zu Hause, und im Fruͤhlinge, wenn es was gabe, setzte er sich zu Pferde. Man hat wahr genommen, daß einer, Nahmens Benno, aus dem Billingischen Geschlechte, zu seiner Zeit ein so grosses Ansehen erhalten, weil er seine Laͤnder so cultivi ret, daß sie die uͤbrigen alle uͤbertroffen. Das ist der groͤste Fehler der Tuͤrcken, daß sie die grossen Laͤnder, welche sie acquiri ren, nicht cultivi ren. Warum follte man nicht auch die œconomie in 24. oder 30. Cap . vorstellen koͤn- nen, da koͤnnte man alles vorstellen, was zum Land-Leben, Stadt-Le- ben, Waldungen ꝛc. gehoͤret. Aber es gehoͤret freylich eine grosse appli- cation dazu, wenn einer solches verrichten will. Ein grosser Herr sollte einen lassen reisen, der sich recht auf solche Dinge legen muͤste. Alsdenn wuͤrde ein grosser Herr auch eher Leute finden koͤnnen, welche er koͤnn- te gebrauchen in seiner Haußhaltung. Es wuͤrde auch solches andern viel helffen. Denn was ist es, wenn ich was erworben, und meine Kinder kommen durch uͤbele Haußhaltung herunter. Es darff keiner dencken, wenn er die Iurisprudenz verstuͤnde, brauchte er dieses nicht: Denn er wird finden, daß ihm noch vieles fehlete. Wir haben auch viel dissertat. peculares von dieser materie, und hat der Herr von Rohr, welcher in Merseburg ist, einen tractat edi ret, von œconomi schen Rech- ten, worinnen er nichts gethan, als unterschiedene curieuse dissertat . ins Teutsche uͤbersetzet. Ich habe das Buch wohl gebrauchen koͤnnen, man hat hier sehr viel Buͤcher, und koͤnnte ich viel recommendi ren; aber man kan hier des Rohrs Haußhaltungs Bibliothec gebrauchen, welches sehr gut ist, und eine gute cognitionem librariam giebt. Denn in dem ersten Capitel handelt er von dem studio œconomico uͤberhaupt; her- nach hat er ein Capitel von Cameral- Wesen, von privat . Wirthschaff- ten, Ackerbau, Weinbau, Koch-Kunst, von Waͤldern, von der Jaͤge- rey ꝛc. De prudentia status œconomici. rey ꝛc. Bey jedem hat er besondere Buͤcher angefuͤhret. Im letzten Capitel hat er auch unterschiedene miscellanea. Man darff hier nur sonderlich die Buͤcher lesen, welche die Teutschen und Frantzosen geschrie- ben: Denn die Frantzosen haben treffliche Sachen entdeckt. Der Herr von Rohr hat auch das Roͤmische Wesen nicht negligi ret. Die Roͤmer haben auch scriptores rei rusticæ, als den Columellam, und Varronem, von welchen man wenig gute editiones hat. Denn die Gelehrten ha- ben diese Sachen nicht verstanden. Scaliger hat sie edi rt, welche edition aber sehr rar. Bey dem Columella sind sonderlich viel curieuse Sachen zu finden. Man muß aber nicht dencken, daß die Roͤmer alles zum Nutzen angeleget, denn sie waren reiche Leute, der luxus war bey ihnen, und haben sie also vieles gethan, zu ihren plaisir. De Villicatio- ne Romanorum hat Thom. Crenius einen artigen tractat geschrieben, da er gewiesen, was die Roͤmer vor Liebhaber von der re rustica gewesen. Die vornehmsten Roͤmer wohnten auf dem Lande, und waren tribus rusticæ weit splendidiores, als urbanæ. Jo. VVeizius hat auch eine arti- ge diatribam de Laudibus Vitæ rusticæ Romanorum geschrieben in schoͤnen Latein. Des Heresbachii Buch de re rustica ist hier auch wohl zu ge- brauchen. Es ist der gesunden Vernunfft gemaͤß, daß man auf rem familiarem sonderlich sehen muß: Denn vor diesem hat man mit hundert Thalern so viel ausrichten koͤnnen, als heut zu Tage kaum mit tausend Thalern, daher muß man die Dinge wohl uͤberlegen, damit man nicht herunter kommt. Wenn auch nur einmahl ein Prof. œconomie etabli- tet waͤre, so wuͤrde es hernach gehen, wie mit dem Prof. Iuris Nat. \& Gent . dergleichen man auch vor diesem nicht gehabt. Da aber einmahl der Carl Ludewig, den Puffendorff dazu machte, so ist man hernach auf anderen Universit aͤten bald nachgesolget. Wir wundern uns, daß die Frantzosen bessere Fruͤchte haben, als wir, aber wir koͤnnten es eben so zu wege bringen, wenn wir solchen Fleiß gebrauchen wollten; Wir se- hen ja, daß die Leipziger eine bessere Garten- Cultur haben, als andere. Hier brauchet man den Puff, und meynet, es sey das Wasser Schuld daran, daß die Biere nicht koͤnnten besser gebrauet werden; Wir sehen aber daß der Manheimer viel besser, und doch eben von dem Wasser gebrauet ist. Vor diesem hat man hier kein Obst gehabt, als kleine Birn, nach- gehends aber hat man auch ander Obst sich angeschafft. Lucullus hat die Kirschen aus klein Asien nach Italien gebracht. Die mala persica kommen aus Persien, und koͤnnte man zeigen, wie viele Fruͤchte sonst in Europa nicht gewesen, die Aepffel de Sina sind aus China kommen, und jetzo hat man gantze Waͤlder davon in Portugall. In Franckreich wa- T 3 ren Cap . V. ren sonst keine Maulbeer-Baͤume, und hat sie Henricus IV. erst da etabli- ret. In Spanien und Italien waren auch sonst keine. Unter Justinia- no ist erst das Sericum nach Italien kommen, Sericum heist es, weil es aus China kommt, denn die Chineser haben sonst Seres geheissen. Da nun alle nationes suchen sich in solchen Sachen zu aggrandi ren, so wuͤr- den wir thoͤricht thun, wenn wir wollten unten liegen, und leben, wie vor- dem die Scythen. Des Baron von Hochbergs Schrifften sind auch hier wohl zu gebrauchen. Unser Autor hat hier nur generalia proponi ret. Vor allen Dingen muß man arbeiten mit Verstand, scientia muß dabey seyn. Die Juden wuͤrden in ihrem Lande nicht haben subsisti ren koͤnnen, wenn sie nicht die agriculturam verstanden. Dassovius de ratione semi- nandi apud Judæos hat dieses artig untersuchet. Sie haben muͤssen auf die Felsen Erde bringen, darauf haben sie gepflantzet, weil so viele Thaͤ- ler im gelobten Lande, so hatten sie starcke Vieh-Zucht. Wer sich also will zur oeconomie geschickt machen, muß arbeiten; verstehet aber einer nicht, was zur Haußhaltung gehoͤret, so wird er auch nicht reussi ren koͤnnen. Etliche Mittel, welche man brauchet, sind ordinaria, etliche extraordinaria . Unser HErr GOtt hat nicht verbothen auch extraordinaire Mittel zu ge- brauchen. Wir finden ja solche beym Jacob, da er durch seine Staͤbe bundschaͤckigte Schaafe heraus gebracht, wovon Vockerodt, Rector zu Gotha, eine dissertation in seinen opusculis hat. Man hat dieses Mittel auch hernach bey Pferden gebrauchet. Wir erdencken immer neue Mit- tel, und sagt Leibniz gar artig in seiner Theodicée, alle secula werde was neues erdacht, das paradox . Wer solche media extraordinaria gebraucht, reussi ret vor andern. Daß aber in der œconomie nicht viel entdecket worden, kommt daher, weil die Leute es verbergen, wenn sie einen profit entdecket. Deßwegen braucht man eben zur Haußhaltung einen gros- sen Zusatz. Der Autor hat auch in §. 5. gesehen, daß eine scientia er- fordert werde bey der œconomie, aber darinnen bin ich nicht mit ihm ei- nig, daß man die scientiam schlechterdings sich per experientiam acquiri- ren koͤnne. Was an einer guten Hauß- Wirthin gele- gen? §. 6. Weil ich nicht allein domum meam ausmache, sondern ein Haußwirth hat mehrentheils eine Frau, so hat unser Autor auch hieruͤ- ber reflecti ret. Es heist quærat uxorem callentem rei familiaris . Die Schweitzer lassen ihre Frauens selbst arbeiten, und wird man deßwegen auch bey ihnen selten eine Frau finden, wo nicht der luxus eingerissen, die zarte Haͤnde hat, Dieses verlanget man bey unsern Weibern nicht, weil einmahl die delicatesse eingefuͤhret, und wuͤrde sich einer schlecht bey denenselben recommendi ren, wenn er wollte sagen, sie sollten arbeiten, und De prudentia status œconomici. und selbst Hand anlegen. Der Herr von Stanian erzehlet oben in sei- ner Beschreibung, von der Schweitz, daß die Weiber daselbst so arbeitsam waͤren, welches ihm sehr wohl gefallen, und sagt er, daher kaͤme es, daß man wenig von amours bey ihnen hoͤrete, weil die Weiber immer ar- beiteten. Daß aber unsere vornehmen Weiber immer kranck werden, kommt eben daher, weil sie nicht arbeiten, sondern nur spielen, essen und trin- cken. Ihre groͤste motion ist, daß sie manchmahl tantzen. Wenn sie ja nichts selbst wollten arbeiten, so koͤnnten sie doch wenigstens nachge- hen, und commandi ren, nicht anders, als wie ein Officiet nicht selbst brau- chet Hand anzulegen, und doch durch einen Winck verursachen kan, daß alles geschehen muß. Die Alten aber haben selbst gearbeitet und gespon- nen. Fleury erzehlet von denen Juͤdischen Weibern, daß sie gesponnen und gewebet, und was sie gewebet, das haben sie hernach an die benachbar- ten Voͤlcker verkaufft. Weil nun die œconomie varii ret, auch im Land- Leben, denn eine andere wird erfordert in der Schweitz, eine andere in Franckreich ꝛc. so hat man auch eigene Hauß-Buͤcher. Des Coleri Hauß-Buch gehet auf Sachsen, und hat Fritsch vor einiger Zeit eine edi- tion sehr vermehret davon heraus gegeben. Man hat eigene Schriff- ten von Schlesischer Haußhaltung, daher haben unsere alten Teutschen das Sprichwort gehabt: Man sollte nicht uͤber seinen Mist freyen: denn wenn du eine fremde Frau in dein Land bekoͤmmst, die will alles machen, wie es in ihrem Lande zugehet, welches sich doch nicht thun laͤst. Das Stadt-Leben varii ret auch, anders haͤlt man Hauß in Dreßden, anders in Leipzig, anders in Halle. Daher wird keine gute Ehe werden, wenn ein Land-Edelmann eine vom Hof heyrathet, denn die will alles auf das propre ste eingerichtet haben, und ruini rt dadurch den Edelmann; Daher ist die Frage leicht zu entscheiden, welche Callieres in seinem Tractat la fortune des gens de Cour aufgeworffen hat: Ob es nehmlich besser sey eine Vornehme, oder eine von seinem Stande zu heyrathen. Denn wenn man auch eine Vornehme bekomme, welche schoͤnes Vermoͤgen habe, so werde man dadurch nicht groͤsser, sondern sie verthue alles, was sie habe, und des Mannes Vermoͤgen auch mit; ja man habe auch bey einer solchen keinen grossen Respect . Die Koͤnigin Elisabeth hat daher nicht gerne gesehen, daß ein Lord eine andere Frau geheyrathet, so nicht eine Engelaͤnderin gewesen; Sie hat auch verlanget, daß keiner ohne ihr Wissen sollte eine Fremde heyrathen. Man rechnet unter die Sottisen von Portugall, daß sie Frantzoͤsische Weiber geheyrathet, und da sie vor- hero sobriè gelebet, so sind sie dadurch in einen luxum gerathen, wodurch die vornehmsten Familien in Portugall ruiniret worden. Also muß man Cap . V. man sich vor fremden Weibern in acht nehmen, es waͤre denn, daß man eine Abigail bekaͤme, welche sich in alles sollte schicken; aber bey diesen Weibern ist dieses nicht zu præsumi ren, weil man unter tausenden keine Abigail findet. Wie vieles auf gutes Gesinde ankomme? §. 7. Wer will sein Hauß wohl in acht nehmen muß ein choix unter seinen Knechten halten, und kan einer nicht alle Knechte gebrau- chen. Die Kinder ziehen wir, Knechte aber wehlen wir, also muß man eine rechte Wahl halten. Hat einer keine treue arbeitsame Knechte, so gehet das gantze Hauß zu Grunde. Die gemeinen Leute haben selten eine gute Auferziehung; daher muß man unter denenselben solche weh- len, so ein Christenthum haben, und nach denen Zehen Gebothen leben. Deßwegen ist es gut, wenn man oͤffentliche Haͤuser hat, in welchen die Waysen-Kinder erzogen werden zur Religion, Erbarkeit und Redlich- keit, damit man gut Gesinde bekommt, welches die Herren nicht betrie- get und bestiehlet. Man wundert sich, wenn man lieset, daß Abraham zu seiner Zeit so ein reicher Mann gewesen; wenn man aber auch pro- videntiam divinam bey Seite setzet, und nur sein Gesinde consideri ret, so findet man, daß Eleaser ein treuer Knecht war, welcher mehr auf des Herrn, als auf seinen eigenen Nutzen sahe. Hat ein Herr gut Gesind, so wird er sehr erleichtert werden wegen der Aufsicht, hat er aber boͤses Gesind, so werden hundert Augen nicht gnug vigili ren koͤnnen. Dicis : Man muß gute Gesinde-Ordnungen machen? Respond . Diese werden nicht viel helffen; Wenn aber erst die Leute gute Auferziehung haben, so werden sie hernach schon gut dienen, und findet man keine Republic, wo nicht Waͤysen-Haͤuser sind, daraus man die Leute zu Knechten, Maͤgden, und auch wohl zu Handwercks-Leuten braucht. Allein, wenn wir wollen haben, daß die Knechte und Maͤgde sollen auf unsern Nutzen sehen, und getreu seyn, so muͤssen wir auch dahin sehen, daß die- selben recht versorget werden, man muß ihnen rechte Kost geben, sonst thun sie uns dreymahl mehr Schaden, als wir suchen zu erspahren. Vor diesem hat man hier vor funffzehen Pfennige eine gute Mahlzeit halten koͤnnen, daher hat man dem Gesinde wenig gegeben, nunmehro aber, da der luxus eingerissen, und alles theuer ist, kan das Gesinde nicht mehr auskommen, daher rauben sie, stehlen, huren ꝛc. Derjenige, welcher kein gut Gesinde hat, ist sehr ungluͤcklich in seiner familie : Hergegen, wenn einer was auf gut Gesinde spendi ret, der wird nicht den achten Theil so viel Verlust haben, als ein anderer, dem solches mangelt. Wir halten unser Gesinde hart, deßwegen wird es uns feind. Wenn auch ein Herr eine Magd oder einen Knecht annimmt, so fragt er nur: wo sie her De prudentia status œconomici. her waͤren, aber nicht, ob sie Christen, ob sie die Zehen Geboth verstuͤn- den, ob sie wuͤsten, daß sie nicht stehlen sollten. Quær . Wie kan man gutes Gesinde erkennen? Resp . Einige meynen, man muͤste nur auf die Physiognomie acht geben, aber wer bloß dieses thun will, der wird sich betriegen, wie Pabst Sixtus V. welcher auch nur schwartze Leute in seine Dienste nehmen wollte, und meynete, das waͤren die besten, da er aber manchen filou mit unter seinen Bedienten bekommen. Dieses muß man in acht nehmen: Gloriæ cupidum ne eligas . Einen Knecht muß man nicht in Dienste nehmen, der ambitiosus, sonst will derselbe einen immer commandi ren. Das sind die besten Knechte, welche vor sich sparsam. So bald man hoͤret, der Knecht gehet in compagnie, frißt, saͤufft ꝛc. so muß man ihn abschaffen; denn der Kerl ist nichts nutze, so wenig als ein voluptuosus sich zum Handwercksmann schickt, welcher bald zum Thore hinaus muß. Eben deßwegen, weil so ein sparsamer Knecht will was vor sich bringen, so wird er nicht leicht seinen Herrn bestehlen, denn er dencket, er wuͤrde alsdenn alles verliehren, was er er- worben habe. Ein Mensch, der parcus, frugalis ist, bleibt zu Hause, attachi ret sich auf seine Sachen, er ist etwas melancholi sch. Hernach ist er auch gut, wenn er aliquid choleræ bey sich hat, wenn sie nur nicht oben an stehet, alsdenn bekoͤmmt er das Ansehen alicujus hominis ho- nesti . Man muß dieselben eine Zeitlang probi ren, denn es mag ein Kerl seyn, was es nur vor einer will, so wird er sich erst auf der schoͤ- nen Seite zeigen, und affecti ren. Aber das geschiehet par force, relu- ctante carne . Was gezwungen ist, dauret nicht lange, in drey oder vier Wochen kan ich Fehler und Untugenden wahrnehmen. Richelieu hat keinen zu seinen Bedienten angenommen, wenn er ihn nicht vorhero ein Viertel Jahr probi ret, welches man in seinen Testament politique sehen kan. Er sagte: Der Kerl, so zu mir kommt, will seine fortune bey mir machen, daher sucht er seine Tugenden alle auf einmahl zu zeigen, ist er aber ein Viertel Jahr bey mir, so lerne ich ihn kennen: denn so lange kan sich einer nicht verstellen. Wir nehmen aber alles auf den Plotz weg; daher kommt es eben, daß unter sechs Dienern, sechs Maͤgden manchmahl keine einige, so was taugt. Man hat auch noch andere Dinge zu observi ren. Als wenn man ein Buch von Land-Leben lie- set, so wird daselbst allezeit gewiesen, wie Knechte, Maͤgde Hirten, muͤs- sen beschaffen seyn; Keine kluͤgere Gesinde-Ordnung habe ich gefunden, als die in Gotha obtini ret, welche man in Gotha Diplomatica finden kan. Es gehoͤret viel dazu eine rechte Gesinde-Ordnung auszusetzen, und thut man wohl, wenn man bey politischen studiis auch die Policey- U Ordnun- Cap . V. Ordnungen fleißig lieset; Zu wuͤnschen waͤre, daß einer alles zusammen drucken ließ, was man hin und wieder davon hat, welches einer brau- chen koͤnnte, der etwa eine Gesinde-Ordnung soll aufsetzen, inventis enim facile potest aliquid addi . Ich habe lassen eine artige piece von dem de la Casa drucken, welche hieher gehoͤret. Er war Ertz-Bischoff zu Benevento, und hat man ihn beschuldiget, daß, wenn er die Sodo- miterey defendi ret, weßwegen ich ihn defendi ret, und das gantze Car- men, worinnen es stehen soll, drucken lassen, woraus man sehen kan, daß er es sein Tage nicht defendi ret, es ist freylich ein unzuͤchtiges Car- meu, wie man bey uns auf Hochzeiten eben dergleichen machet, unter andern aber hat er de potentioribus \& servis geschrieben, welches zu re- commendi ren, weil es annehmlich geschrieben, und ob es gleich nicht all- zu pragmati sch, so wird man doch viel daraus profiti ren koͤnnen. Was auf gute und getreue Nachbarn an- komme? §. 8. Wer gluͤcklich seyn will in seinem Hause, der muß auch se- hen, was er vor Concives und vor Conopifices hat. Es heisset: Figu- lus figulum odit, es sucht einer den andern zu betriegen; hinc fallaces fuge . Die Juden muß man sonderlich meyden, es sucht einer den an- dern zu betriegen, und hat Lobcowiz gesagt: Die Juden haͤtten das Hauß Oesterreich ruini ret; Italien die Juden und die Jesuiten. Vor denen Juden aber muß man sich vornehmlich in acht nehmen. Ich ha- be selbst einen Process in Haͤnden gehabt, da ein Doctor Medicinæ mit einem Juden einen Kauff- Contract geschlossen, welches in der That ein Contractus pignora titius gewesen, und wenn die Sache nicht waͤre in meine Haͤnde gekommen, wuͤrde der Jude ohnfehlbar obtini ret haben. Es sind auch andere boͤse Leute, welche uns suchen zu betriegen, ratione Contractuum . Daher ist gut, daß man cautelas laͤst drucken. Man hat zwar des Strycks seine Cautelas Contractuum, welche auch in Teut- scher Sprache gedruckt seyn, aber man koͤnnte es noch deutlicher machen. Der Herr von Rohr in Merseburg hat gemeynet, man haͤtte noch nicht recht gedacht an solche Cautelen ; nur ist des Strycks sein Buch noch zu hoch vor die Leute. Cautelen braucht man nicht, als wenn man boͤse Leute vor sich hat, welche gerne Processe fuͤhren; bey guten Freunden und erbaren Leuten braucht man keine Cautelen, sonst dencken sie, du hieltest sie vor Betruͤger, und wenn du auch gleich sagest, du wolltest es nur eventualiter thun, so gehet es doch nicht an. Seneca hat dieses schon erkannt, und sagt: aliter muß man amicos tracti ren, aliter homines, de quibus suspicor aliquid malitiæ. Cautelas kan man nicht wissen: denn mancher ist durch Betruͤgereyen ruini ret worden: Cautelis utatur im Handel und Wandel. Juristen koͤnnen sich wohl helffen, aber gemeine Leute De prudentia status œconomici. Leute brauchen ein recht deutliches Buch; denn wenn sie allezeit erst sollen den Advoca ten fragen, so kostet es ihnen Geld. §. 9. Wer sein Hauß will conservi ren, muß noch auf varia se- Was bey der Wirthschafft auf die Um- staͤnde des Orths, der Zeit ꝛc. an- komme? hen, auf tempus und auf locum muß einer wohl acht geben. Man- cher will sich ernehren, legt eine Handlung an, aber an einem solchen Ort, da die Handlung nicht flori ren kan, und kan er auch alsdenn nicht reussi ren. Wer will doch wohl eine grosse Kauffmannschafft anrichten zu Loͤbegin oder Wettin, da sind andere loca, wo man sich hinwenden muß. Es kan einer freylich an einem solchen Orte wohnen und negotii- ren, aber er hat daselbst keinen offenen Laden, sondern er laͤst die Waa- ren an solche Oerter gehen, wo Maͤrckte sind, und siehet man an dem Ort, wo sie wohnen, nicht, daß es grosse Handwercks-Leute sind. Der wuͤrde also sehr absurd handeln, wenn er an einem solchen Orte wollte ein grosses Gewoͤlbe haben. Es ist eben, als wenn einer einen schoͤnen Gast-Hoff bauen wollte an einem solchen Orte, wo keine passage waͤre. Tempus ist auch eines von denen groͤsten Sachen, wenn einer seine for- tun will machen im Krieg, oder auf eine andere Weise, da heist es: post hæc occasio calva . Also ist absurd, wenn ich will einen Dienst haben, und ist keiner offen, oder ich bin nicht vigilant, wenn ein Dienst offen ist; so ist es eben auch beschaffen, wenn alles uͤberhaͤufft ist von Handel und Gewerbe, und es will sich doch einer da setzen. Er muß das tempus recht in acht nehmen. e. g. Es ist etwann eine Pest gewesen, da viele weg gestorben, oder es ist Krieg gewesen, oder es ist eine neue Stadt ge- wesen, alsdenn ist Gelegenheit da, daß einer kan einrucken. Hergegen ist schon alles besetzt, und ich will mich da setzen, so werde ich beneidet von andern, und suchen sie mich zu ruini ren. Ein Haußwirth, der ein Landmann ist, muß auch da die Zeit wohl in acht nehmen, wenn man pflegt die Baͤume zu beschneiden ꝛc. Es ist sehr gut, wenn man sich darinnen recht informi ret. Auch bey dem loco muß man sich einen Un- terscheid machen, daß man siehet, was dahin kan gesaͤet werden ꝛc. e. g. Hier hat man das Weitzen-Brod, im Reich aber hat man Duͤnckel, welches grosse Koͤrner, und schickt sich nicht zu dem Lande allhier, weil dieses sehr leimigt, ausser an einigen Orten gehet es an, wo es abhaͤngig und allezeit feucht ist. Wenn einer ein schoͤn Guth hat, und ein anderer ein mittelmaͤßig Guth, dieser hat Verstand, so wird er sein Guth besser nu- tzen koͤnnen, als der andere sein schoͤn Guth. Mit einem Garten ist es eben so, wenn einer einen grossen Garten hat, nimmt aber die Zeit nicht in acht, so wird er nicht soviel ausrichten, als einer, der einen kleinen Garten hat, und alles genau observi ret. U 2 §. 10. 11. 12. Cap . V. De prudentia Ubrige caute- l en in Anse- hung anderer Staͤnde; §. 10. 11. 12. Wo eine domestica societas, da sind auch andere societates mit dabey, und wir finden da allerhand respectus, es ist da einer ein pater familias, ein dominus, es sind liberi vorhanden, und wenn man gleich in einem reussi rt so reussi rt man doch nicht gleich mit dem andern ; daher muß man darauf dencken, wie alles kan harmoni ren. Mancher ist ein guter Haußwirth, kan aber mit seiner Frau nicht zu rechte kommen/ oder er hat abgeschmackte Kinder. Es waͤre am besten, wenn wir die Weiber frey wehleten, wir wehlen uns wohl Weiber, sehen aber nur auf die Familie, oder aufs Geld, nicht, was vor eine Melusine in den Kleidern stecke; dahero findet man auch viele abgeschmackte Weiber, und ist eine Kunst, daß man eine stultam fœminam, eine Xantippe ertragen kan. Herr Thomasius hat in seiner Juris prudentia Consultatoria weitlaͤufftig hievon gehandelt. Eine Familie ist wie eine parva civitas, und ist gewiß, daß, wer da kan eine harmonie erhalten, der ist auch aptus eine civitatem zu re- gieren. Es gehoͤret freylich etwas mehrers dazu, wie in seq. Sect. wird gewiesen werden. und in Anse- hung der Re- public selbsten. §. 13. Ob man zwar freylich auf rem familiarem sehen muß, so saget unser Autor, muͤsse einer doch sehen auf salutem publicam, biswei- len ist mir etwas nuͤtzlich, aber der Republic ist es schaͤdlich, alsdenn muß man die Republic vorziehen. Denn es ist wahr: Cadente felicitate pri- vatorum, cadit res publica, aber cadente felicitate unius, non statim ca- dit felicitas totius reipublicæ . Sect. III. de Prudentia statum reipublicæ conservandi in genere. M An muß hierbey vornehmlich des Lipsii Politicam lesen. Er ge- het zwar auf Monarchiam, wir haben aber hier von dem Exer- citio jurium majestaticorum zu handeln, welches uͤberall vor- kommt. Deßwegen hat auch Lipsius etwas hievon, er hat alles durch exempla aus denen alten Autoribus ausgefuͤhret, deßwegen ist er vortreff- lich zu gebrauchen. Der VVerlhoff hat auch offt uͤber des Lipsii Poli- tic gelesen, und habe ich zwey Programmata davon, da er die Studiosos in- viti ret zu einem solchen Collegio . Man darff nicht meynen, als wenn Lipsius ein Schul-Fuchs gewesen. Er war zwar Professor zu Loͤwen, hat sich aber mehrentheils zu Bruͤssel aufgehalten, woselbst ihn der Ertz- Hertzog statum reipublicæ conservandi in genere. Hertzog von Oesterreich gebrauchet, und hat derselbe fast nichts vorge- nommen, bevor er nicht den Lipsium befragt. Lipsius war ein Criticus, ein Antiquarius, und hat ein groß jugement gehabt, seine Exempla politica sind auch uͤberaus wohl zu gebrauchen. Es hat Ioh. Fridr. Reinhard, welcher in Dreßden Rath gewesen, des Lipsii Politic mit Noten edi ret in quarto . In diesem Buche findet man vortreffliche Collectanea. Schurtzfleisch hat eine Præfation davor gemacht, da er gewiesen, worzu das Buch koͤnne gebrauchet werden. Es ist ein Collectane en-Buch, welches in Staats-Sachen ungemein zu gebrauchen. In Staats-Sa- chen kan man auch des Amelots seine notas ad Tacitum gebrauchen, wel- cher die Spanier gelesen, und findet man bey ihm penetran te Expressio- nes . Sein Tiberius ist auch vortrefflich, welcher jetzo von neuen aufgele- get. In des Richelieu Testament Politique sind auch vortreffliche Sachen. §. 1-4. Gleichwie der finis societatis domesticæ nicht darinnen Von dem sco- po und End- zweck eines Staats. bestehet, ut sit potens, nimium dives, so ist auch ein pseudo-finis, wenn man meynet, daß eine respublica gluͤcklich, welche maͤchtig, militari sch. Das sind lauter excessus, mala disponentia ad exitum . Es muß nimium und exiguum eviti ret werden: denn alle extrema taugen nichts; daher zeiget der Autor erst en general, was zu eviti ren. Man hat nicht allein aus der experientia, sondern man kan es auch demonstri ren, daß nimia potentia, nimiæ divitiæ, bella nimia der Republic schaͤdlich. Aus der experientia hat man wahrgenommen, daß keine respublica, die militaris gewesen, gedauret; ingleichen, daß niemahls nimia paupertas einen Staat florisant gemacht. Und also, wenn man auch nur auf die expe- rientiam gehen wollte, so koͤnnte man es bloß daraus zeigen: wie denn auch die meisten Leute empirica ratione nicht allein von natuͤrlichen, son- dern auch von morali schen Dingen urtheilen. Wer sich aber distingui- ren will, inquiri ret in causas, quare hoc in experientia deprehendatur ? Man hat von denen Seythen, und von denen Einwohnern in Arabia De- serta einen schlechten concept, daß sie in extrema paupertate gelebet, und die letztern noch leben, da sie doch vielmehr das extremum meiden soll- ten. In vita humana ist jedermann einem solchen feind, qui nimium atrox, und auf die letzte schlagen alle auf ihn zu. Hinc deprehensum est omnes respublicas periisse, welche pro fine gehabt militarem gloriam . Alle, die eine Universal-Monarchie intendi ret, haben nicht allein solche nicht er- halten, sondern sind auch daruͤber zu Grunde gegangen; eben aus der rai- son, weil keiner sich wider seinen Willen will den andern unterwerffen, und sich das Joch uͤber den Halß werffen lassen. Man findet in dem Alterthum, daß wenn einer eine Universal-Monarchie wollen anrichten, U 3 so Cap . V. De prudentia so haben die andern alle ihre Kraͤffte zusammen gethan, und den Brand gesucht zu loͤschen. Daher ist kein Wunder, daß die respublicæ milita- res auf die letzte so ein miserables Ende nehmen. Denn wenn gleich ei- ner potentissimus in Ansehung hujus, illius, so kan er doch nicht potens seyn, wenn alle ihre Kraͤffte wider ihn conjungi ren. Wir sehen, daß, als Louis XIV. aus der balance kommen, alle auf ihn loß geschlagen. Rom ist mole sua uͤber den Hauffen gegangen, daher hat auch Augustus gesagt: Se hoc suadere, ut potentia Romana intra modum coërceatur, und daß sie nicht andern nationibus einen Schein gaͤbe, als wenn sie ih- nen das Joch uͤbern Halß werffen wollte, sonst wuͤrden sie alle auf sie loß fallen. So ist es auch nachgehends geschehen. In abstracto scheinet es am besten, wenn gar kein bellum waͤre. Aber manchmahl kan man oh- ne Krieg nicht seyn, wenn auch einer will wider meinen Willen sich un- terwerffen. Offt findet man, daß Leute sich freywillig unter eines sein imperium sich begeben, aber eine solche conspiratio voluntatum ist nicht vorhanden, wenn man einen zwingen will; Suchet nun einer mit Gewalt andere Leute unter sich zu bringen, so sind in der Ferne auch Leute, welche Hertz und courage haben, und den andern su- chen uͤbern Hauffen zu werffen. Regino, Abt zu Pruim, sagt auch, daß das Carolingische Reich durch seine Schwere uͤbern Hauffen gegangen. Also kan man gar leicht demonstri ren, wo es herkommen, Derer similium zugeschweigen, welche man hier gebrauchen koͤnnte. Denn man koͤnnte sagen, ein Coͤrper, der zu groß ist, ist vielen imbecillitatibus unterworffen, und kan also eher zu Grunde gehen, als ein mittelmaͤßiger. Unter allen grossen Republiquen ist das principium: Potentiæ crescenti te opponas, wovon man in Parte V. Gundl . eine dissertation finden kan. Die Christen sind bey denen Chinesern und Jappanern sehr verhaßt, und werden fast vor infam gehalten, weil sie wahr genommen, daß, wo man die Christen aufgenommen, so sind sie erst sehr gut gewesen, aber nach- gehends haben sie gesucht, die Voͤlcker unter das Joch zu bringen, wie Ludovicus XIV. so groß wurde, fiel gantz Europa auf ihn loß. Der Pabft ruhete in solchem Fall nicht einmahl. Grotius in seiner Historia Belgica, da er vorne herein erzehlet, wie die Spanische Republic sich an- gefangen zu erheben, saget: Es habe der Pabst selbst gerne gesehen, daß die Hollaͤnder revolti rt, weil die Spanier so sehr hochmuͤthig worden. Es finden sich unter grossen Herren immer solche, welche eine Universal- Monarchie affecti ren, und dencken sie, wenn gleich dieser und jener nicht reussi ret habe, so wollten sie doch durchbrechen, sie sind wie die Fliegen, welche neben dem Fleische sehen die Leichen liegen, und doch auch hinflie- gen statum reipublicæ conservandi in genere. gen. Man wird also finden, daß immer welche sind, so es dem Alexan- dro Magno nachthun wollen, semper eadem est stultitia . Den Krieg muß man brauchen, als ein Messer, da man das, was einem incommo- di ret, wegschneidet, aber als ein ordinatium medium muß man ihn nicht brauchen. Impotens soll man nicht seyn, sondern es muß da seyn tem- perata potentia, welche hinlaͤnglich ist, mich zu defendi ren. Denn wenn ich eine groͤssere potenz habe, und behalte eben die affect en, welche ich zuvor gehabt, so suche ich andere zu supprimi ren. Ja wenn wir die po- tenz nicht mißbrauchten, so koͤnnten wir sie so haben, wie wir sehen, daß GOtt potentiam irresistibilem hat. Monsr. de Priezac, welcher eine Po- litic in Frantzoͤsischer Sprache geschrieben hat, saget, daß viele die obje- ction gemacht, und gemeynet, GOtt sey ja omnipotens, also koͤnnten die Menschen auch eine grosse Gewalt haben. Allein GOTT ist sapientis- simus, der wird sich derselben nicht mißbrauchen, und kan man von ihm auch nicht sagen: tel est mon plaisir . Er hat allezeit raisons, warum er dieses oder jenes thut, ob wir gleich solche nicht allezeit koͤnnen erforschen, aber denen Menschen ist nimia potentia nichts nuͤtze. So ist es auch mit denen divitiis. Divitiæ sind gut, nimia paupertas machet sordidam rempublicam . Man attaqui ret die Araber nicht leicht, weil sie nichts haben, aber sie leben auch miserable, und findet man einen schlechten Un- terscheid zwischen ihnen, und den Thieren. Wenn man die Reise-Be- schreibungen lieset, so kan man kaum glauben, daß sie so leben, und fin- det man auf solche Art zwischen ihnen und denen Thieren keinen Unter- scheid, als daß sie noch malitieus er als die Thiere. Es betriegen sich auch solche Leute in ihren raisonnements, wenn sie meynen, paupertas wuͤrde verursachen, daß niemand sie attaqui rte. Denn wenn gleich jetzo eine paupertas vorhanden, so kan doch der Nachbar dencken, ich will sie schon capistri ren; Die Narren verstehen nicht, was sie vor ein Land ha- ben. Die Schweitzer wuͤrden sich sehr betruͤgen, wenn sie meynen woll- ten, daß der Koͤnig in Franckreich sie niemahls wuͤrde suchen, unter sich zu bringen, weil sie nicht reich waͤren. Denn der Koͤnig in Franckreich wuͤrde dencken, er koͤnnte daselbst wenigstens Leute ziehen, die er hernach im Kriege andere zu subjugi ren gebrauchen koͤnnte. Die Leute in Ameri- ca und Ost-Indien, welche die Europaͤer subjugi ret, sind nicht so gescheuet gewesen, daß sie gewust haͤtten, wozu sie dieses oder jenes gebrauchet, welches hernach die Europaͤer gut gebrauchet. Also ist es falsch raison- ni ret: pauperes sumus, ergo nemo nos appetet . Dieses aber bleibt da- bey: Wenn eine civitas nimias divitias uͤberkommt, so faͤllet sie in lu- xum, luxuria perdit civitates, wovon exempla gnug vorhanden. Rom hat Cap . V. De prudentia hat erst eine harte disciplin gehabt; daher es viele Voͤlcker subjugi ret, wie aber diese subjugi ret waren, so brachten sie die divitias ex Asia nach Rom, wodurch ein luxus entstanden, die arrogantia wuchs, sie selbst wur- den unter einander uneinig, es kamen ambitieuse Leute, der Marius Sylla, Pompejus, Cæsar, da giengen sie uͤber den Hauffen: Denn hernach ent- stund eine Monarchie . Alle Imperantes aber sind nicht gescheuet. Au- gustus war klug, nach ihm kam Tiberius, welcher nichts taugte, darauf folgte noch ein naͤrrischer Kerl, der Caligula, und hat Bayle in seinem Diction. Histor. Crit . gemeynet, er waͤre gar naͤrrisch gewesen, indem er sein Pferd zum Buͤrgermeister gemacht. Die Menschen wissen die divitias nicht zu gebrauchen, sondern sind wie die Kinder, jemehr man denen giebt, je aͤrger verderben sie sich. Cicero erzehlet in seinem Tractat de Legibus von dem Scipione Africano, daß derselbe gesagt: Die Republic wuͤrde untergehen, wenn man nicht veterem illam disciplinam, castitatem \& so- brietatem wollte vor die Hand nehmen. Findet sichs gleich, daß einer kan die divitias gebrauchen, so kan es doch der andere nicht thun. Caro- lus Magnus konnte alles zusammen halten, was er acquiri ret, aber seine Kinder konnten es nicht. Wenn man gleich den ruin nicht auf einmahl siehet, so kommt es doch nach und nach. Man darff nicht weit gehen, sondern nur unser Teutsches Reich ansehen, so wird man solches finden. Daher sagen die Doctores Politici, proportio sey das fundamentum die Republic zu conservi ren. Janus Dousa hat es auch in seinen Annal. Hol- landiæ denen Hollaͤndern ins Gesicht geschrieben, und sagt, mitten im Kriege haͤtten sie am besten flori ret, aber nachgehends legten sie sich auf Handel und Wandel, wurden reich, das publicum war exhauri ret, da waͤren sie 1672. bald von dem Koͤnige in Franckreich verschlungen worden. Ianus Dousa ist von denen Hollaͤndern nach Fetz und Marocco geschickt worden, von dar er in Africa herum gereiset, bis an das Capo bonæ spei, und ist sei- ne Beschreibung von Africa vortrefflich zu gebrauchen. Bey denen ersten 4. §. §. kan man nachlesen den Hertium in seiner Poli- tic. Part. I. pag. 87. und 207. Wie der End- zweck des Staats erhal- ten werde 1) in Ansehung des genie s der Einwohner. §. 5. Man muß also auf den finem sehen, daß man denselben recht erhaͤlt. Wer aber den finem erhalten will, muß sich conservi ren, und sich suchen zu aggrandi ren, so wie die vicinitas aliarum gentium er- fordert, welche neben uns sind. Denn hier haben wir lauter vocabula relativa, und kan man nicht absolute sagen, was vor divitiæ erfordert werden. Wer aber den finem will erhalten, muß alles wohl uͤberlegen, damit er nicht einen falschen Endzweck ergreiffe, sonst ist die Wahl ab- surd . statum reipublicæ conservandi in genere. surd. Erwehlet man einen falschen finem, so folgen plura alia falsa. Hernach muß man auch consideri ren ipsam naturam rei, denn wir koͤn- nen nicht pro arbitrio thun, was wir wollen, sondern muͤssen allezeit rai- son haben, und die raison accommodi ren ad rem. Wirff doch einen Muͤhlstein so geschwind weg, als ein Schnell-Kaͤulchen. Also siehet man, daß in der Welt nichts ist, ich muß meine force nach der Beschaffen- heit der Sache einrichten. Dieses ist aber noch etwas obscur. Also saget der Autor: Consideranda est materia. Quid hoc est? Respond. materia sunt homines, wer will regieren, der regieret Menschen, und keine Pferde. Populi sunt diversi, hinc ante omnia genius populi consi- derandus est. Es lassen sich nicht einmahl die Pferde auf einerley Art tracti ren; auf eines schlaͤgst du, das gehet fort, hergegen ein anders ge- het durch, wenn du es schlaͤgest. Kinder lassen sich nicht auf einerley Art tracti ren und ziehen, geschweige gantze Voͤlcker. Daher haben auch schon Tacitus, Cicero, Aristoteles, und andere erkannt, considerandum esse genium populi. Es ist also was gemeines, und wird doch nicht ob- servi ret. Die Regenten wollen offt auf einerley Art regieren. Caro- lus V. hat von seinem Sohn Philippo II. dem melancholi schen Gesichte ge- saget: Ich fuͤrchte, mein Sohn Philipp wird die Niederlaͤnder verliehren/ und mehr Laͤnder einbuͤssen, als er gewinnen wird: Denn Carolus V. sahe, daß er differente nationes hatte. Die Italiaͤner sind nicht wie die Teutschen; Das clima machet sehr viel, davon hernach wird gedacht werden. Philippus II. wollte alle nationes auf einerley Weise, i. e. hispa- nice regieren, und waren ihm die Hollaͤnder schon feind, da sie ihm in einen Spanischen Kleide gesehen. Er that alles mit der groͤsten gravi- taͤt, und konnte man ihn nur sprechen zu gewissen Zeiten. Er konnte nur Spanisch und Lateinisch reden, aber nicht Niederlaͤndisch. Hergegen Carolus V. hat das Lob, daß er ein kluger und gescheuter Herr gewesen, welches ihm auch alle Scriptores geben. Wenn er in Teutschland war, so war er wie ein Teutscher; in Niederlanden war er lustig: Denn die Niederlaͤnder wollen gerne populair tracti ret seyn. Printz Wilhelm von Oranien gieng in die Haͤuser, und wenn er sahe, daß Mann und Frau mit einander zanckten, so suchte er sie mit einander wieder zu vertragen, so machte es auch Carolus V. weil die Niederlaͤnder kein hartes Spanisches Regiment vertragen konnten. Wenn er nach Italien kam, so redete er Italiaͤnisch: Denn er konnte Italiaͤnisch, Spanisch, Lateinisch, Nieder- laͤndisch und Teutsch sprechen: indem er einen guten Hofmeister gehabt, und man hat gewust, daß dieser Carl von Luxenburg wuͤrde viele Laͤnder bekommen, deßwegen hat man gesucht, ihm viel zu lernen. War er in X Spa- Cap. V. De prudentia Spanien, so war er gravit aͤtsch, zog kein schlecht Kleid an, und hieng ei- nen Mandel um. Das kan nicht anders seyn, man muß sich accommo- di ren. Wie der Odoazer, der Herculer Koͤnig, nach Rom kam, ruffte ihm das Volck zu, er sollt seinen Peltz auszichen, oder sie wollten ihm nicht pari ren, er zog ihn auch aus, und trug ein Roͤmisches Kleid, wie Cassiodorus gedencket. Waͤre er opiniatre gewesen, so haͤtte er solches nicht gethan; aber es sind Kleinigkeiten, warum soll man deßwegen ei- nen Krieg anfangen, da muß man sich lieber accommodi ren. Wenn ein Spanier einen in einem bunten Kleid siehet, der stehet ihnen nicht an; Wie die Isabella dem Philipp von Oesterreich in propr en Kleidern gese- hen, so hat sie gesagt: Er wuͤrde sich nicht zu regieren schicken. Der Ferdinand hat ihn auch gesucht zu railli ren, und zog einen alten Rock an. Er machte ihn ein compliment, aber alles sever und schlecht. Ich habe willens, von dem Philipp von Oesterreich eine dissertation zu schreiben. Alle nationes haben differente inclinationes, denn es ist in der Welt ei- ne diversitas, ita placuit Deo. Daher bestehet darinnen die Kunst, daß man sie in eine harmonie bringet, gleichwie in der Music eine Kunst ist, die divers en Thone angenehm zu machen. Drum muß sich einer nach dem andern accommodi ren, darinnen bestehet eben die conduite, wer sich nicht recht kan accommodi ren, der ist ungluͤcklich. Wenn auch einer eine Frau hat, er kan sich nicht mir derselben vertragen, der ist ungluͤck- lich. Diese inæqualitas kommt hauptsaͤchlich mit von den terrain, von der Sonne, Essen, und Trincken, und Lufft. Warum reden die Fran- tzosen geschwind, die Teutschen langsam, und die Spanier noch langsa- mer, die Italiaͤner aber in medio? Das macht alles die Lufft. Vitrin- ga in seinen Observat. Sacris, (da man es nicht suchet) wenn er handelt von denen populis in Orient, zeiget auch, warum die Frantzosen so ge- schwinde reden. Deßwegen wird es einen Teutschen sauer, die Frantzoͤ- sische Sprache recht zu lernen. Also sind diejenigen einfaͤltig, welche meynen, daß das clima nichts thue. Denn wenn ich frage: Warum sind die Leute in Africa schwartz, warum haben sie Haare wie Wolle? Warum sind die Leute, so bey dem æquatore wohnen, kleine Leute, ha- ben noch kleine Fuͤßgen, wenn sie 13. Jahr alt sind, und sterben auch bald? So weiß man keine andere raison zu geben, als daß das clima solches verursachet. Bey gewissen nationibus sind Kranckheiten, welche bey andern nicht sind. Das clima verursachet, daß die Schweden weiß sind, und starcke Knochen haben. Schefferus sagt in seiner Beschreibung von Lappland: Daher kaͤme es eben, daß man meynete, die Lapplaͤn- der waͤren feste, weil sie so starcke Knochen haͤtten, daß, wenn man sie in statum reipublicæ conservandi in genere. in der Ferne mit einer Kugel trifft, dieselbe keinen effect hat. Das cli- ma machet, daß die Engelaͤnder melancholici, und hengen sich leicht. Warum ist ein Ungar so hitzig? das machet sein clima, der Wein ꝛc. Will einer sie anders machen, so muß er sie in ein ander clima bringen. Thucidides erzehlet von seinen Atheniensern, daß in Athen dreyerley Ar- ten von Leuten gewesen, die unten in der Stadt gewohnet, sind douce gewesen, ingemeux, arbeitsam, und haben sich auf Kuͤnste geleget; die hoͤher wohneten, sind gewesen homines libertatem spirantes: Denn man wird sehen, die Leute, so hoch wohnen, haben courage. Paruta saget in seinen politischen discours en, daß die Roͤmer am feroce sten gewesen, wenn sie auf dem Berge Aventinus waren, denn da hat man koͤnnen die gan- tze Stadt uͤbersehen, die in Athen am Wasser gewohnet, sind Waͤscher, Klaͤtscher gewesen, und haben durch ihre Klaͤtschereyen viel Ungluͤck ver- ursachet. Da man nun dieselben in einer eintzigen Stadt angetroffen, wer will glauben, daß gantze populi koͤnnten auf einerley Art regieret werden. Des Theophrasti Characteres kan man auch wohl gebrauchen, welchen alle Athenienser nach ihren Stand und profession characterisi ret, und gewiesen, was sie vor diverse inclinationes gehabt. Diejenigen sind absurd, welche den Theophrastum verachten. Ich habe einen ex- tract aus demselben in die neue Bibliothec gemachet, und gewiesen, wo- zu man ihn gebrauchen koͤnne. Es ist freylich ein special Werck, wel- ches man nicht en general in moralibus gebrauchen kan, und ist es eben so- viel, als wenn ich wollte Characteres Hallenses schreiben, und darinnen alle characterisi ren. Man sagt sonst: Virtus ex confragroso venit: Denn die Leute, so auf denen Bergen, und in denen Waͤldern wohnen, sind hart. Die Sachsen haben in meris sylvis gewohnet, wie man noch hin und wieder viele Waͤlder in Teutschland findet; daher haben sie alle einen spiritum. Je weiter man nach Norden gehet, je schlimmer sind sie: Denn wo es kalt ist, da ziehet sich die Hitze nach dem Hertzen zu. Die Natur hilfft sich selbst, weil sie von Jugend auf dazu gewoͤhnet sind. Wenn aber das Hertze Hitze hat, so hat man courage, denn bey der courage ebuli rt sanguis. Betrachtet man die septentrionali schen Voͤl- cker, so findet man, daß sie grossen Lermen verursachet. Sie haben den Roͤmischen Reich ein Ende gemachet, sie sind nicht mit Europa zufrieden gewesen, sondern sie sind nach Asia und Africa gelauffen. Der Bremius ist nichts anders, als ein Teutscher gewesen, welcher in Griechenland so gepluͤndert. Vitringa hat gemeynet, daß die Teutschen eine razza von denen Parthern, welches bellicosissimus populus gewesen. Die Leute haben sich in montibus aufgehalten, und weil sie nichts zu leben gehabt, X 2 so Cap. V. De prudentia so haben sie sich aufs Rauben gelegt, und gesucht, conquet en zu machen. Wenn sie nun in ein Land gekommen, welches commode, so sind sie da geblieben. Als wie Cæsar von dem Ariovisto erzehlet, daß derselbe nach Gallien gegangen, weil daselbst mollius solum. Sie haben gerne wol- len erndten, wo sie nichts gesaͤet. Carolus Magnus hat deßwegen die Sachsen weg transporti ret, weil er sie wollen cultivi ren: Denn das ist das beste Mittel. Die Leute, welche jetzo da sind, wo Genua liegt, ha- ben die Roͤmer aus Dauphiné dahin transporti ret, weil sie daselbst auf Bergen gewohnet, und hartnaͤckige Koͤpffe gewesen. Pompejus, da er die Cilicier uͤberwunden, welche am Meer gewohnet, zwischen Klippen, und sich aufs Rauben geleget, so hat er gesehen, daß sie bald wieder wuͤr- den revolti ren; daher transporti rte er sie, gabe ihnen molle solum, da wurden sie gantz gut; daher muß man eben nicht gleich sagen, daß ein Herr eine boͤse intention habe, wenn er seine Unterthanen transporti ret. Der Czaar macht es eben so: wie er alt Neugard erobert, so hat er ge- sehen, die Leuthe wuͤrden hundert mahl revolti ren, daher brachte er sie dahin, wo jetzo Novogrod stehet. Constantinus Magnus hat seinen Soͤh- nen alle seine Lande aufgezeichnet, und alle populos beschrieben, und hat man diese instruction noch. Carolus V. hat eben eine solche instruction seinem Sohn Philippo gegeben; sie hat aber nicht viel geholffen. Die anima accommodi ret sich bey solchen inclinationibus nach dem Leibe. Ob man gleich saget, daß die Seele kan alio sese flectere, welches in der mo- ral gewiesen wird, deßwegen kan man die nationes doch nicht darnach einrichten. Wie sie nun sich nach denen motibus corporeis richtet, so muß man sich auch im Regieren darnach accommodi ren. Si contra fa- cias, infeliciter cedet totum imperandi negotium. Man nimmt klaͤrlich wahr, daß die orientali schen Voͤlcker sich von einem gerne regieren las- sen. Ja es kommt denen in China, Japan, Siam, und in gantz Asia paradox vor, wenn man ihnen erzehlet, dari in Europa respublicas liberas, wo keine Imperantes: denn sie halten ihre Regenten fast fuͤr Goͤtter. Daher wuͤrde einer wunderlich thun, wenn er die orientali schen Voͤlcker wollte laxius regieren, indem sie des Iugi Monarchici gewohnet. Als die Hollaͤnder ihre Handlung in Siam etabli ret, und der Koͤnig von Siam eine Gesandtschafft nach Holland geschickt, so haben die Hollaͤnder fin- gi ret, als wenn der Printz Moritz ihr Souverain, er muste sich als einen Koͤnig auffuͤhren, und gab denen Gesandten, auf einen Thron sitzend, audience, weil die Gesandten sonst einen schlechten concept sich von der Republic in Holland wuͤrden gemacht haben. Die Russen und Mo- scowitter sind capable gewesen, ein hartes Regiment zu erdulden, und muͤssen statum reipublicæ conservandi in genere. muͤssen auch nicht anders tracti ret werden. Hergegen die Athenienser haben gezittert, cum audirent de regio nomine. Alle Monarchen haben sie consideri ret als Tyrannen, Tytannis und Monarchia war bey ihnen einerley. Es war ein crimen perduellionis, wenn einer immaginem Mo- narchæ in seinem Zimmer hatte, weil sie meyneten es wollte ein solcher sich auch darzu aufwerffen. Daher haͤtten die Athenienser auch sein Lebtage nicht gut gethan, si sub regio imperio vivere debuissent. Sol- chem nach ist Sonnen-klar, daß nicht eine jede Form sich vor ein Volck schicke, und wenn sie sich auch sub una forma comporti ren, so muß man doch reflecti ren auf den genium populi, und die leges darnach einrichten. In der Tuͤrckischen Religion ist ein Haupt-Punct mit: Was der Sul- tan sage, sey anzusehen als vox Dei, und die auf ordre des Sultans stuͤr- ben, fuͤhren mit geraden Fuͤssen in Himmel, das hat Mons. Ricout in seiner Beschreibung von der Ottomannischen Pforte gewiesen. §. 6. Absolute kan man nicht sagen, welche forma reipublicæ am 2) in Anse- hung der for- mæ reipubl. selbsten. besten. Forma bestehet darinnen, daß man consideri ret das subjectum, und den modum exercendi imperium. In allen Republiquen ist eine potestas irresistibilis, aber nicht bey allen ist sie in uno subjecto: Denn sie kan auch bey mehrern seyn, wie in Aristocratia und Democratia. Hob- bes hat schon angemercket, daß die Leute einfaͤltig, welche meynen, in Monarchia waͤre nur summa potestas, sondern sie ist vielmehr in allen drey formis, bey denen freyen Republiquen ist die libertas an denen Tho- ren angeschrieben, aber die Leute sind in der That subject, das exercitium summæ potestatis actu ist auch nicht unterschieden. Wenn der Koͤnig in Franckreich den Degen ausziehet, so ziehen solchen auch alle, wenn in Venedig die Obersten Krieg wollen, so wollen solchen alle Unterthanen, nur ist der Unterscheid, wenn der Koͤnig zu Versailles so ist das gantze Reich da, in andern formis muͤssen sie erst zusammen kommen; es ha- ben mehrere zu sprechen, es ist ein Unterscheid ratione suffragiorum, und dieser verursachet die formas diversas. In Democratia haben nicht alle summam potestatem, sondern es ist auf certas curias restringi ret, was diese sagen/ ist voluntas totius populi, wir haben nur drey formas regu- lares. Monarchiam, Aristocratiam und Democratiam Struv hargemey- net: Er wuͤste nicht, warum man Teutschland irregularem rempublicam nennete; allein man meynet regulare wo man gleich siehet, cui paren- dum, wie man in Monarchia, Aristocratia und Democratia siehet. In Aristocratia waͤhret es zwar lange, ehe das Collegium zusammen kommt; aber wenn sie beysammen, eadem est ratio, in Democratia sind zwar auch viele tribus, curiæ \&c. Hingegen in irregulai ren Republiquen weiß man X 3 gar Cap. V. De prudentia gar nicht, wer das summum imperium hat. Man disputi rt, und unterdessen leidet der Unschuldige; da ist es eben, als wenn die Republic der Schlag ge- ruͤhret, die machine stehet stille, e. g. Man disputi rt in Teutschland, wer die execut i on in denen Craͤysen thun soll, der Kayser saget: Ja, die Fuͤrsten sa- gen, Nein, in Europa giebt es meistens res publicas irregulares. Derglei- chen ist Engeland, dergleichen Pohlen. Aristoteles ist schuld, daß man auf mixtas respublicas gefallen, und hat gemeynet, das waͤren die schoͤn- sten, hat aber nicht gesehen, daß sie irregulares. Es wuͤrde kein Mensch disputi ren, ob eine respublica irregularis zu souteni ren, wenn die impe- rantes nicht durch ihr uͤbeles Regiment die Leute dahin gebracht, daß sie von der Monarchica forma deflecti ret. Denn wenn die principes re- gierten, als warhaffte Vaͤter, so wuͤrde kein Mensch ein ander imperium verlangen, als Monarchiam Ein Vater haͤlt das Mittel, belohnt das Gute, strafft das Boͤse, die ersten Republiquen sind auch alle monar- chi sch gewesen. Relative kan man Monarchiam, Aristocratiam und De- mocratiam defendi ren. Aristoteles, ob er gleich an Philippi und Alexan- dri M. Hofe gewesen, so hat er doch an dem Macedonischen Reich viele irregularit aͤten wahr genommen. Dieses regnum Macedoniæ haben viele beschrieben, und kan man auch aus denen Commentatoribus uͤber den Curtium vieles davon finden. Der de la Croze in Berlin hat auch einen eigenen Tractat wollen davon schreiben. In dem uͤbrigen Griechenland wa- ren lauter kleine respublicæ, wozu der Aristoteles sehr inclini rete. Er sagte: Zu einem Regiment gehoͤret Weißheit. Ein weiser Vater regie- ret seine Kinder wohl, daß ihm ein jeder pari ret. Nun, sagt er ferner, ist wohl probable, daß ein Auge mehr siehet, als das andere, plures plus vident oculi, quam oculus. Er saget ferner: Gesetzt, daß optimi, sapien- tissimi erwehlet worden, so muß es gut zugehen. Ein Fuͤrst muß con- siliarios haben, die muß er wehlen, ist er einfaͤltig, so wird er auch keine gescheute Leute wehlen; Wir sehen, wie es in der Welt zugehet. Auf neuere braucht man nicht zu sehen, denn man hat antiqua und media ge- nug. Hier aber, wo plures regieren, sagt Aristoteles, wehlet das gantze Volck die optimates, sie sehen auf solche, die Proben ihres Verstandes abgeleget. Wie Tarquinius aus Rom gejaget war, so sagte Brutus: Wir wollen nur consules seyn, consulemus vestræ utilitati, da vorher ein Despotismus gewesen, so wollten sie nunmehro auf des Volcks Nu- tzen sehen. Es hat also in abstracto etwas in recessu, was Aristoteles gesagt. Weil nun Aristoteles gesehen, die Aristi koͤnnen in kleine impe- rantes denegi ren, welches er oligarchiam nennet, ubi quidem pauci regnant, statum reipublicæ conservandi in genere. regnant, sed non personæ, quæ sunt optimæ. Also meynet er, es sey am besten, ut mixtio fiat. Allein alle diese sind abgeschmackt; wenn etwas da ist von allen drey formis, so ist eine irregularitas, aber keine mixtur. Denn wenn es eine Aristocratie, so ist es keine Monarchie, ist es eine Monarchie, so ist es keine Democratie. In concreto finden sich viele difficult aͤten, ebenfals bey dem irregulari statu. Ja wenn alle thaͤten, wie ihnen vorgeschrieben, und es waͤre kein metus, keine suspicio unter denen, so regieren, so waͤre es gut; aber dieses bleibet nicht weg. Es ist eine suͤsse abstraction. Ein sapiens disputi ret auch nicht von compa- raisons, es sind hier nur diversi respectus, welches auch der Autor obser- vi ret. In comparationibus kan man in utramque partem disputi ren. Disparatæ koͤnnen gar nicht mit einander compari ret werden, e. g. Wenn ich wollte untersuchen, ob ein Engel besser als ein Mensch, oder wie ich bey denen formis frage, welche besser, so laͤßt sich solches wohl hoͤren, unterdessen so disputi ret doch kein Weiser nicht davon, weil doch diversæ relationes vorhanden sind, man compari ret die formas mit einander. In diversis relationibus aber disputi ret man nicht gerne. Ich kan sagen, der Rector zu L. waͤre ein gelehrter Mann, wenn ich ihn halte gegen an- dere Rectores, so geringer sind, als er, hergegen halte ich ihn gegen einen gelehrten Professor, so ist er nur ein Schneider-Lichtgen. Man koͤmmt mit solchen comparationibus nicht zu Ende. Es ist ein Spielwerck in Schulen, daß man die jungen Leute exerci ret, damit sie ihr ingenium sehen lassen, aber philosophice solche heraus zu bringen, ist ohnmoͤglich. Es ist dieses auch eine Sache vor Postillan ten, wenn sie von der Hure- rey predigen, so ist dieses das schlimmste Laster. Monsr. Crausaz hat in seiner Logic wohl hiervon raisonni ret, welche man vor allen lesen muß. Der Autor zeiget in diesem paragropho ein recht gemeines judicium. Er sagt, die commercia flori ren mehr in libera republica als Monarchia. Also hat er nur diversos respectus compari ret. Allein, daß die commer- cia mehr flori ren in libera republica als Monarchia, kommt nicht von der Monarchia, das ist fallacia non causæ ut causæ. Eigentlich ist eine jede Republic gesch ickt ad commercia, wenn sie den situm, die passage und Fluͤsse hat. Der Verstand des Herrn aber ist in Monarchia daran schuld, wenn die commercia nicht flori ren, weil der Herr offt nicht klug ist, so geschiehet es, daß in Aristocratia und Democratia die commercia besser flori ren. In Aristocratia und Democratia wird nicht so leicht eine Aenderung vorgenommen, als in Monarchia. In Monarchia ruini ret man alle commerci en durch impost en, da gehet der Kauffmann ander- werts hin. Ingleichen ist man da nicht recht sicher, da fliehet der Kauff- mann Cap. V. De prudentia mann die violenz. Wie die Spanischen Soldaten Antwerpen ausge- pluͤndert, so fiel alles weg, da sonst Antwerpen weit considerabler gewe- sen als Amsterdam. Stultitia ist also daran Ursach, daß in Monarchia die commercia nicht so koͤnnen flori ren. Da koͤmmt ein Narr, und bringet dem Herrn bey, grosse impost en aufzulegen. Wir haben keinen Korn-Handel jetzo mehr, wie ehedessen, auf der Elbe, weil man einmahl auf den Wispel sechs Thaler gesetzt, da giengen die Hollaͤnder nach Moscau, woselbst der Czaar die Waͤlder ließ abbrennen, und Korn hin- saͤen, von dar sie nunmehro Korn gnug bekommen. Hergegen, wenn man gleich in Aristocratia und Democratia was aͤndern will, so sind gleich Leute da, so contradici ren, deßwegen kan es nicht leicht angehen. Eben so ist es auch beschaffen, wenn man fraget, warum gehet es nicht an, daß man in Monarchia eine Religions-Freyheit hat, wie in Hol- land ist? da meynet der Autor, Monarchia sey Schuld daran, allein stultitia hominum ist daran Schuld. Der Fuͤrst will allein herrschen, was er thut, thun andere auch, und ist also hier eine fallacia. Sind nun aber wohl die Menschen um deßwillen unter eines sein imperium getreten, daß sie eben das dencken wollen, was er dencke, so muͤste auch keine Religions-Freyheit seyn, wir wollen einander helffen. Also ist das eine Schwachheit, wenn man einen Herrn weiß machet, was er glaube, muͤssen auch andere glauben. Es koͤnnte der Herr glauben, daß der Teufel ein Eichhoͤrngen, sollte ich deßwegen dieses auch glauben; und was gehoͤret dieses wohl zum Gehorsam. Der casus kan seyn, ich und du wollen einander helffen, allein du glaubest Gespenster, ich glaube keine/ du glaubest, der Heil. Wolffgang habe eine grosse Macht auf Er- den, ich glaube es nicht. Das thut uns gar nichts, wir koͤnnen deßwe- gen doch einander beystehen. Aber den Fuͤrsten flatti ren alle; traͤgt der Fuͤrst kurtze Haare; gleich thun sie es alle; wenn ein Fuͤrst in Indien ein blaues Federgen durch die Nase ziehet, so kommen den Tag drauf schon etliche, welche es nachthun, traͤgt er eine peruque bis auf die Ab- saͤtze, so thun es ihm andere nach. Wenn man also sucht den Fuͤrsten zu flatti ren, so thut man es durchgehends, und also auch in der Religion, und wenn er glaubt, daß der Teufel ein Eichhoͤrngen, so glauben sie es auch. Allein hier ist eine ratiocinatio, da kan es nicht von einem allein dependi ren, sondern ein jeder raisonni ret da. Pactum de veritate est nul- lum. Man hat Luthero objici rt, daß er einen Eyd gethan habe als Doctor Theologiæ, nur die Catholische Religion zu doci ren, aber er hat geantwortet, er sey daran nicht gebunden. Es kan ja kommen, daß ich in einen Irrthum gesteckt, soll ich denn dabey bleiben. Habe ich also die statum reipublicæ conservandi in genere. die Wahrheit besser eingesehen, und ich finde Gelegenheit solches zu sa- gen so kan ich es thun. Dicis: Sie zancken nur, wenn mehrere Reli- gionen in einem Orthe sind? Respond. Sie zancken, wenn auch nur una religio da ist. Es waͤre freylich gut, wenn wir unam religionem haͤtten, aber wir haben sie nicht. Lipsius hat ein Buch de religione una Catholica geschrieben, worinnen er denen Catholiquen favorisi ret, und taxi ret man eben dieses auch an seiner Politic, daß er auf unam religio- nem so sehr inclini ret. Wenn etliche Religionen da sind, kan man nur den Legem geben: Wer zancken wuͤrde, und den andern nicht leiden wollte, sollte des Todes sterben, vid. Lock de la tolerance, wir sehen ja tota die, daß Catholische, Reformirte und Lutheraner koͤnnen beysam- men wohnen. Also wollte ich das gar nicht gesetzt haben, was der Au- tor als ein Theologus hier setzet: denn es koͤnnte ein grosser Herr hier kommen und sagen, ich bin der Religion zugethan, wollt ihr es nicht auch so thun, so marchi ret. Man kan also absolutement nicht sagen, welches die beste forma reipublicæ, weil man von dem ersten fine impe- riorum abgegangen, und faͤllet mir auch Hertius in gewisser Maaß bey. Haͤtten sich die Imperantes und Reges aufgefuͤhret als Vaͤter, wie erst ge- schehen, unter denen populis piis, so wuͤrde man kein ander imperium verlanget haben, als Monarchiam, und alsdenn haͤtte man alle die illu- strationes, so man sonst in abstracto macht, gebrauchen koͤnnen, daß man sagt: dieses imperium waͤre Deo simile. Denn GOtt ist benignissimus, er siehet auf den Nutzen der Menschen, und hat alles weißlich geordnet, aber sie sind nicht so geblieben, haben extravagi rt, und da thut man wohl, daß man die Bibel lieset, wo das imperium beschrieben worden, da fin- det man bisweilen einen albernen Koͤnig. Daher sind die Leute nach und nach abgegangen, und finden wir Aristocrat ien und Democrat ien. Bernegger hat einen schoͤnen Tractat geschrieben de republica Argentorat. da er die Democrat ien beschrieben. Hierauf kommt alles an: Einmahl ist gewiß, wer nur ein wenig raisonni ret, und halb vernuͤnfftig ist, der wird fassen, daß man in einem Regiment sucht, ut populo melius sir, quam si vagetur \& unusquisque separatim, seorsim vivat. Auch bey ei- nem jeden homine singulari, der unter einem Regiment leben muß, ist diese intention, daß er will haben, es soll ihm besser seyn; der ihn regie- ret, soll ihn lieben, er will einen regard haben. Arithmeticam proportio- nem kan freylich ein Princeps ohnmoͤglich observi ren, aber, wenn er nur eine proportionem Geometricam observi ret, und alle æqualité liebt, so ist es sehr gut. Man regard ret freylich einen tapfern Mann mehr, als einen gemeinen Kerl; aber einen geringen Menschen muß man doch auch Y regardi- Cap. V. De prudentia regardi ren, alsdenn kommt eine optima idea heraus. Hergegen alle, die malcontent seyn, sagen, es werde nicht nur keine arithmetica proportio observi ret, denn das kan nicht seyn, sondern auch nicht einmahl Geome- trica. Sie sagen, es soll doch einen jeden nach seinem Stande, und nach seiner Classe wohl gehen, non debemus odio haberi, und klagen sie alle, odio se haberi. Wenn man die Leute, so unter einer Monarchie stehen, klagen hoͤret, so sagen sie: Er ist ein Feind von seinen Unterthanen, sucht sie zu ruini ren, ist homo avarus, es ist ein Stoltz in ihm, se ipsum tantum respicit, alles, was er thue, das noch einen Schein sollte von sich geben, als wenn er seine Unterthanen regardi re, waͤren nur simulationes. Wer will sich lassen odio habere und ruini ren. Bey denen optimatibus finden wir auch, daß sie sagen: Wir haben gedacht, es sollten die besten seyn, und am kluͤgsten regieren, aber odio nos habent. Man will also gerne a malo ad bonum, damit giebt es revolutiones; daher siehet man die revolutiones entstehen in der Geschwindigkeit, alsdenn ist mors civitatis da, welches unten besser wird gewiesen werden. Die ersten Imperantes haben gefagt: amabimus tanquam patres, die andern haben es nicht ge- than, daher sind revolutiones entstanden. Unter dem Cronwell waren auch einige Enthusiast en, welche wollten eine Democratie haben, und fagt Hobbes: Ihr wisset nicht, was das vor ein imperium; la Canaille re- gieret da, welches grosse turbas machet. Er uͤbersetzte selbst den Thuci- didem aus dem Griechischen ins Englische, damit sie sollten sehen, was vor ein status in einer Democratie, und hat solches auch viel effectui ret: denn das Buch haben viele gelesen. Die Reformirten haben sich sehr dadurch verhaßt gemacht, daß sie auf Democrati en gefallen, und haben sie auch in ihren Kirchen, Kirchen-Vaͤter, welches auch eine abstraction. Daß aber die Reformirten hierauf gefallen, kommt daher, weil sie in Franckreich so sehr verfolget worden. In Holland haben sie auch wol- len eine Democratie anfangen, weßwegen viele muͤssen fortgehen. Vid. Bayle sub voce Lambertus Danæus. Deßwegen hat man sie in Daͤnne- marck nicht aufnehmen wollen, und giebt ihnen solches Masius schuld in seinem Interesse religionum, welchen Beckmann in Franckfurth an der Oder in einem Tractat de Interesse religionum refuti rt, und sagt er: Es sey freylich nicht zu leugnen, daß sie auf das principium gefallen, aber sie waͤren auch wieder davon abgegangen. Von denen Hindernissen der Gluͤckselig- keit eines Staats 1) so durch die §. 7. Wer gluͤcklich seyn will, der muß auch sehen auf die impedi- menta, also wird solches im folgenden ausgefuͤhret. §. 8. Kein homo externus, kein Princeps externus, keine Republie ist der andern gut. Alle externi sind unsere Feinde. Dicis: Es ist doch schreck- statum reipublicæ conservandi in genere. schrecklich von allen zu sagen, sie waͤren unsere Feinde, und wir leben benachbarten Staaten ver- anlasset wer- den. mit einander als Bruͤder. Allein, warum haͤlt man Soldaten, die be- staͤndig muͤssen wachen? daher entstehet die Frage: wie ich mich vor de- nen vicinis kan in acht nehmen, und wie kan ich mich vor denenselben schuͤtzen? dieses ist ein generale, welches man wissen muß in Monarchia. Aristocratia, Democratia und in statu irregulari. Mein principium, wel- ches auch schon im Tacito stehet, ist: Obviandum est metui crescentis potentiæ. Der Autor gestehet auch selbst, man haͤtte potentiam crescen- tem zu fuͤrchten. Darum habe ich eine Dissertation in Gundlingianis gemacht, ob man wegen anwachsender Macht derer Nachbarn koͤnne den Degen ziehen? da ich die Dissertation de statu Hobbesiano ex jure Civ. defenso geschrieben, so habe ich schon hinten einen paragraphum hievon mit angehaͤngt, und den Grotium refuti rt, welcher gemeynet: metus crescentis potentiæ sey nicht causa belli. Gribner aber hat in seinem Jure Nat. gemeynet, er dissenti re doch noch von mir, daher habe ich es in einer eigenen Dissertation ausgefuͤhret. Man siehet es auch in praxi so. Denn als der Koͤnig in Franckreich Spanien verschlingen wollte, so declari rten ihm die Hollaͤnder den Krieg, liessen ein manifest drucken, und setzten darinnen: daß metus crescentis potentiæ sie veranlasset, denn er haͤtte sie hernach auch gefressen, da braucht man keine Umschweiffe zu machen, und zu sagen, man sollte nur suchen die potentiam zu schwaͤ- chen, daß man offensiv- und defensiv-Alliancen mache, oder andere ihm auf den Hals hetze. Das ist meine intention nicht, daß einer koͤnnte ob quam cunque causam einen Krieg anfangen. Es wird keine propor- tio arithmetica in der Welt seyn, aber man siehet doch, die schwaͤcher sind, werden von andern souteni rt, man sucht eine balance zu erhalten. Der Koͤnig in Daͤnnemarck ist nicht so starck als der Czaar, aber man laͤst ihn doch nicht unterdrucken. Unser Teutschland waͤre laͤngstens verlohren gegangen, wenn nicht andere Potenzen gewesen/ welche gese- hen, daß wenn Teutschland verlohren gienge, wuͤrden sie auch dran muͤs- sen. Aber dieses ist meine Sache, wenn man sagt: Es ist ohnedem ein unruhig Reich, und es bekommt einem grossen Anwachs, da muß man nicht stille sitzen, und wenn einer einem rathet, er solle nichts anfangen, das ist ein elender Politicus. Wird hier ein Fehler gemacht, so ist es aus, ich bin ein Sclav, und kan es nicht redressi ret werden. Also kan man nicht das tempo vorbey lassen; Man kan nicht geschehen lassen, daß Daͤnnemarck uͤbern Hauffen gehet. Wie Carl Gustav vor Cop- penhagen stund, so hat der Churfuͤrst Friedrich VVilhelm denen Hollaͤn- dern sehr angelegen auf die Schweden los zu gehen, welches sie auch ge- Y 2 than: Cap. V. De prudentia than: denn sonst haͤtte er Daͤnnemarck unter sich gebracht. Meine Dissertation hat einer refuti rt, welcher von einer nation ist, so jetzo waͤch- set, denn die maͤchtig sind, wollen das principium nicht leiden, indem sie suchen andere zu supprimi ren. Ich habe aber den Herrn Schmauß uͤber ihn geschickt, welcher ihn wacker refuti rt, und gezeiget, wie er sollen den statum controversiæ formi ren. Wenn die potentiores lebten nach Ge- wissen, so waͤre mein Satz nichts nutze; aber kan wohl jemand glauben, daß die Maͤchtigen dieser Welt werden nach der Wiedergebuhrt und Er- neuerung leben? Dicis: Du beschuldigest die grossen Herren, daß sie nicht fromm lebten? Respond. In ihren Cabinet und Capelle moͤgen sie wohl sehr fromm und andaͤchtig seyn, davon reden wir aber nicht, sondern wir sehen, wie ein grosser Herr gegen die Nachbarn lebe, da haben sie keine Wiedergebuhrt, sondern man siehet lauter interesse und affect en. Bayle in seinem Diction. Histor. Critic. sub voce Agesiläus saget: Man koͤnne auch ein Buch schreiben de religione principum, welches eben so gut abgehen wuͤrde, wie der Tractat de religione medici. Er sagt, wenn sie auch sonst gute Herren, so taugen sie doch nicht in Ansehung der Nach- barn, und in ihrem Regiment, wenn auch einer so waͤre wie Jacobus I. in Engeland, welcher kein Blut und keinen blossen Degen sehen koͤnnen, und deßwegen auch, als er auf den Thron gestiegen, das principium ge- setzet: Se nunquam bellum gesturum, welches sehr absurd, daher er auch von allen Leuten angetastet worden. Waͤre auch gleich ein Herr jetzo gut, so kan man doch deßwegen nicht sagen, ob auch sein Sohn so seyn wird, oder ob die Ministres so werden gesinnet seyn. Louis XIII. war eine unruhige Seele, der sich mit Lerchenfangen delecti rte, hernach be- kam er den Richelieu, der war ein Soldaten-Geist, welcher nichts als conque ten wollen machen, und Franckreich in die Hoͤhe bringen wollte. Alsdenn ist es zu spaͤt, wenn man sich da erst helffen will. Es gehet also bey grossen Herren alles nach dem interesse, und das interesse ist so beschaffen, daß sie die Kleinen suchen zu unterdruͤcken. Lebten sie nach der Vernunfft, so wuͤrde derjenige, so potentissimus, niemanden etwas thun; aber das sind sie nicht, der potentior ist wie ein Loͤwe, der die an- dern alle frißt, er ist wie ein Wallfisch, vor dem sich kein Hering darff blicken lassen. Die Menschen leben nur nach der Natur. Der Koͤnig in Franckreich Louis XIV. hat dem vorigen Hertzog von Savoyen, da er Friede wollen machen, lassen sagen, er traue ihm nicht recht, was er ihm vor Versicherung wollte geben, daß er den Frieden wollte halten? dar- auf hat der Hertzog von Savoyen geantwortet, er wolle es versprechen als ein simpler gentil-homme, als ein ehrlicher Mann, damit er sehen sollte, statum reipublicæ conservandi in genere. sollte, daß es sein wahrer Ernst. Es ist eine Memoire hievon haussen, daraus man solches sehen kan. Die grossen Herren trauen also einan- der selbst nicht viel. Sie geben nur acht, wenn eine Gelegenheit kommt, daß sie den andern koͤnnen unterdruͤcken. Wie der Tuͤrcke vor Wien stunde, so gieng der Koͤnig in Franckreich vor Straßburg. Also habe ich in der Dissertation nichts boͤses defendi ret, sondern gesagt, wie es wuͤrcklich ist, wenn man alle revolutiones ansiehet, welche in der Welt geschehen, so wird man finden, daß keine einige gewesen, wo nicht ein Kleinerer gewesen, der sich aggrandi ret, und andere uͤbern Hauffen ge- worffen. Das hat Mons. Prideaux in seiner Historie de Juifs von de- nen Juden gewiesen. Joh. Basilides in Moscau schmiß auch immer eine Provinz nach der andern uͤbern Hauffen, wodurch er eben so groß wor- den. Der Richelieu hat in seinem Testamento Politico schoͤne Sachen, und saget: In solchen Dingen muͤsse man keinen Fehler machen, son- dern muͤsse sehen, was geschehen ist? geschehen kan? und geschehen wird? man koͤnne da die Abstractioni sten nicht hoͤren. Joh. a Felden, ein Mathematicus in Helmstaͤdt, in seinen notis ad Grotium, hat auch den Grotium refuti rt, dessen Noten eben nicht zu verwerffen, und hat auch Leibniz was drauf gehalten. Mathematice kan man freylich nicht sagen: diesen moment wird dieses oder jenes ausbrechen, aber moraliter kan man es doch determini ren. Man muß hier des Baron de Lisolæ Schrifft unter dem Titul Bouclier d’Etat \& de Iustice lesen. Er ist aus Besançon gebuͤrtig gewesen, und hat mit grossem Verstand geschrieben. Er war von geringer extraction, ist Kayserlicher Ambassadeur gewesen, und hat ihn der Kayser sehr bedauret, als er gestorben. Mons. Temple saget von diesem Lisola in seinen Staats-Briefen, wenn er mit ihm in conversation gewesen, so haͤtte ihn der Lisola bestaͤndig uͤbertroffen im raisonni ren. Er hat in einem besondern Tractat die Hollaͤnder, Enge- laͤnder und andere encouragi ret wider Franckreich den Degen auszuzie- hen, und er hat dem Koͤnige in Franckreich mit dem Buche mehr Scha- den gethan, als viele tausend Soldaten: denn dieses effectui rte, daß er muste Frieden machen zu Aix le Chapelle, vid. Bayle sub voce Lisola. Also kan man in solchen Faͤllen gar wohl den Degen ausziehen: denn grosse Herren suchen offt geringe Ursachen von Zaun zu brechen, und uͤberfallen einen andern mit Krieg. Wie die Pohlen Haͤndel hatten mit denen Cosacken, so kam des Czaarn sein Vater, Alexius Michalo- wiz, und fieng mit denen Pohlen einen Lerm an, da er auch sehr gerin- ge Ursachen beybrachte. Grotius supponi rt einen potentem, qui quiescit, aber ein potens thut das nicht. Zu Hause sind sie andaͤchtig, sie singen, Y 3 lassen Cap. V. De prudentia lassen orgeln, Lichter anstecken, aber deßwegen darff man nicht dencken, daß sie so gut lebten, respectu derer Nachbarn. Man koͤnnte nun sa- gen, es koͤnnte doch unser HErr GOtt einen mitten unter denen poten- tibus erhalten; Allein, das ist extraordinarium, wer will nach denen ex- ceptionibus leben. Diejenigen also, welche meynen, man koͤnne es nicht thun, haben keine experientiam neque propriam, neque alienam; sie ha- ben keine Historie gelesen. 2) Durch die Regenten selbst. §. 9. \& 10. Wer in einem Staat will gluͤcklich leben, der muß auch acht geben auf die Imperantes, was von diesen vor impedimenta vorkommen koͤnnen: Denn bisher ist gewiesen worden, wie man muͤsse acht geben auf auswaͤrtige, aber ab imperantibus sæpissime quoque ma- gnum malum creatur. Und solche Fehler findet man auch in Aristocra- tia und Democratia, daß sie nicht auf salutem populi sehen. Die Impe- rantes negligi ren das Volck, und meynen, sie koͤnnten solches gebrau- chen, wie ihren Pflug; sie bilden sich ein, der peuple waͤre wegen sie. Es ist nicht anders, als wenn der Hirte sich wollte einbilden, die Schaafe waͤren wegen ihn, da doch der Hirte wegen der Schaafe ist. Die ignoranz verursachet bey denen meisten Regenten, daß sie nicht wissen, wie sie re- gieren sollen. Denn weiß einer nicht, was imperium ist, wie will er imperare? Kommt nun eine malitia dazu, so ist es nicht aͤrger: Daher ist es geschehen, daß man gemeynet, man sollte wehlen. Man muß nicht dencken, tantum successionem observari Monarchia: Denn es sind auch etliche Aristocrati en, und also sind sie uͤberall auf die Wahl gefallen. Dicis: Es ist doch sehr gut, wenn man wehlet: Denn man kan da den Tapffersten, Froͤmmsten, und Kluͤgsten wehlen? Respond. In abstracto laͤßt sich es eben so gut hoͤren, als des Henrici Cardinalis in Portugall principium: Rex esse debet optimus. Ja, wenn lauter weise Leute waͤ- ren, so die Wahl haͤtten. Wenn das Veni Sancte Spiritus operi rte, daß sie uͤberschattet wuͤrden mit dem Heiligen Geist, und haͤtten den spiritum sapientiæ, so waͤre es gut. Allein einer hat interesse ambitionis, der an- dere interesse voluptatis, der dritte avaritiæ, da suchet ein jeder seinen Candidat en auf das Beste zu embelli ren. Man kan hier lesen ein Buch sub tit. Candidati Poloniæ, welches in Holland heraus kommen, um eben die Zeit, da der Casimir abgedanckt. Es ist ein curieus es Buch, und hat es Schurzfleisch sehr æstimi ret. Es erzehlet der Autor desselben, daß, als Casimir abgedanckt, haͤtten sich unterschiedene Candidati gefunden, unter andern ist auch der Tartar-Cham kommen, und hat wollen Koͤnig in Pohlen werden, weil er nun gesehen, daß so viele Religionen in Poh- len, so hat er gesagt: Tuus Lutherus est meus Lutherus, tuus Papa est meus Papa status circa leges \& judicia. Papa. Die Pohlen nahmen endlich den Michel Wisnowizky, der war kaum auf den Thron, so wuͤnschten sie, daß er wieder moͤchte weg seyn, und wenn er auch nicht bald gestorben, wuͤrden sie ihn ohnfehlbar abge- setzet haben. Also kan man die quæstion nicht entscheiden. Welches regnum besser, electivum an successivum? Es sind hier diversæ relationes, und kan man also nicht genau determini ren, welches besser, jedes hat sei- ne commoda und incommoda, und wer ein ingenium hat, der wird im- mer bey der einen Regierungs-Form koͤnnen was bessers beybringen, das bey der andern nicht ist; und kommt man also nicht zu Ende. Das ist bey der succession schlimm, daß man sie muß nehmen, wie sie kom- men: Drum haben wir Carolos Calvos, Ludovicos Balbos \&c. Aber man trifft es auch nicht allezeit bey der election, wie man in Pohlen ge- sehen. Bey der succession ist dieses grosse commodum, daß keine in- terregna sind, man kan sich da Fuͤrsten aufziehen, welche sich den genium des Volcks, und das Land bekannt machen, hat er einen klugen Vater, so kan er bey demselben die artes regnandi lernen. Man siehet aber frey- lich nicht darauf, und laͤßt die Printzen nichts lernen, welches ihr groͤster Schade. Sie duͤrfften eben nicht so studi ren, wie Professores, und Buͤ- cher schreiben, wie Henricus VIII. in Engeland de VII. Sacramentis ge- schrieben hat, welches er wohl haͤtte koͤnnen unterwegens lassen: Denn sie haben andere Sachen zu thun. Wenn einer nicht geschickt waͤre zum Regiment, sollte man ihn nicht nehmen, sondern einen andern von eben den Stamm der geschickter. Johannes Alchymi- sta speculi rte immer, und lag nur uͤber den Buͤchern, da fagte der Chur- Fuͤrst: Er schicke sich nicht zu einem Chur-Fuͤrsten von Brandenburg, und wurde er auch nicht Chur-Fuͤrst. Was vor impedimenta bey Mi- nistris koͤnnen vorkommen, das wird alles unten specialiter ausgefuͤhret werden. Sectio IV. de Prudentia status circa Ieges \& judicia. §. 1. B Isher ist gewiesen worden, was in genere finis felicis Imperii, Was Jura Majestatica sind? was der scopus bey einer jeden civitate nicht sey, und auch affir- mative worinnen er bestehe, item was vor media und obstacula vor- Cap. V. De prudentia vorkommen. In omni republica aber ist auch eine summa potestas; il- la summa potestas est exercenda, sonst waͤre dieselbe nicht nuͤtzlich, und wuͤrde zu consideri ren seyn, als wenn sie todt waͤre, da doch diese summa potestas, wie Seneca sagt, ein spiritus vitalis, qui tot millia hominum re- git. Diese summa potestas ist nun so zu gebrauchen, damit alles nach einer proportione Geometrica in toto corpore zusammen hange, und be- stehet der gantze Theil der Politic in recto usu summæ potestatis \& jurium majestaticorum. Die summa potestas kan consideri ret werden als ein totum morale. Titius hat in seinem grossen Werck von der jurisprudenz gewiesen, daß viele Doctores in denen Gedancken stuͤnden, als wenn die summa potestas ein totum physicum, welches nicht getheilct werden koͤnn- te, und antwortete er: physice koͤnnte freylich summa potestas nicht ge- theilet werden, aber es sey auch kein ens physicum, sondern ein ens mo- rale, intelligibile, welches allerhand partes hat. Die diversæ partes aber sind nur diversæ relationes, welches man aus der Logic lernet, und ist ein Ungluͤck, daß die Leute das Caput de relationibus nicht recht lernen. Es ist una summa potestas, welche sich aber diversimodé consideri ren laͤßt, e. g. consideri re ich summam potestatem, daß sie exerci rt wird in Legibus ferendis, so bekommen wir einen besondern respectum und denominatio- nem, das nennen wir potestatem legislatoriam. Exerci rt sie sich circa bellum, pacem fœdera, so heißt sie jus belli, pacis, fœderum, so ferne sie exerci rt wird in vectigalibus, heißt sie jus vectigalium; jus collectandi, und ist indeß immer summa potestas. Man hat in der Schulen die ju- ra majestatica eingetheilet in jura majestatica æquiparantiæ und disquipa- rantiæ. Disquiparantiæ sind, da man consideri ret den principem ad suos subditos, denn hier ist eine dissimilitudo. Ad jura majestatica gehoͤret jus legislatorium, constituendi judicia, imponendi vectigalia: Denn da ist der princeps dissimilis von andern, hergegen bey denen juribus maje- staticis æquiparantiæ hat er mit sui similibus zu thun, e. g. das jus belli, pacis, fœderum ist inter principes \& respublicas, welche unter einander æquales. Einige nennen auch die jura majestatica æquiparantiæ, homo- genea, und disquiparantiæ, heterogenea. Jus Legislato- rium. und wie es zu exerci- ren? §. 2. 3. 4. Unter denen juribus majestaticis ist hauptsaͤchlich zu con- sideri ren, die facultas legislatoria. Es ist eine grosse Kunst und Weiß- heit leges ferre, und ist also nichts dagegen. Denn die leges muͤssen eine proportionem Geometricam halten, und zu wege bringen, ut omnia con- spirent. Da muß man sich accommodi ren ad omnes, und es so ein- richten, damit ein jeder nach dem scopo civitatis lebe, tunc est tranquilli- tas, est sufficientia. Wo alles so in acht genommen wird, daß nichts aus status circa leges \& judicia. aus seiner Ordnung kommt, da ist pax, felicitas, und eine rechte harmo- nie, wie Plato es nennet. Dieses muß in allen Republiquen observi ret werden, und muß ratione legum eine differentia gehalten werden in Mo- narchia, Aristocratia, Democratia \&c. Davon hernach. Es ist bekannt in omni civitate ist eine summa potestas; es ist ein subjectum da, welches summam potestatem hat, sive unus, sive pauciores, sive plures regnent. Dieses subjectum muß sich koͤnnen erklaͤren, denn auch GOtt hat seinen Willen declari rt, was man thun muß. Ein princeps muß also seinen Willen erklaͤren, quid fieri cupiat ab hominibus sibi subjectis. Die Er- klaͤrung seines Willens ist die ordre, lex, oder Gesetz, wie es die Teut- schen genennet. Gesetze haben sie es genennet von dem Absatz, weil sie Abtheilungen gemacht, di- versa capitula, dahero auch die Capitularia ihre Benennung haben. Sie haben lauter Briefe gehabt, wie Conrad. Ursperg. sagt, diese haben sie zu- sammen gepackt, wovon kommt das Wort pactus legis. Es kommt hier drauf nicht an, an princeps leges ferre possit. Denn dieses wird in lur. Nat. weitlaͤufftig gewiesen, sondern hier ist die Rede de prudentia: wie kluͤglich und weißlich die leges sollen eingerichtet werden. Ob man aber hernach die requisita bey denen le- gibus humanis wird antreffen, davon wird ein jeder leicht urtheilen koͤn- nen; und kan er wenigstens hieraus erkennen, was die leges humanæ vor Fehler haben. Daher wird man keine bessere leges finden, als die Juͤdischen: Denn GOtt hat sie ihnen selbst gegeben, welcher den ge- nium populi recht erkennet; Alle die von der Juͤdischen Republic was entlehnet, als wie die gantz alten Athenienser und Lacedemonier, die ha- ben auch gute Sachen gehabt. So werden wir also keine Republic antreffen, wie die Juͤdische beschaffen gewesen; aber man kan doch hier- aus die Fehler anderer beurtheilen. Daher, wenn man reiset, so muß man nicht die Opern und Bordells besuchen, sondern man muß eine jede Republic ansehen, was sie vor Gesetze hat, und aus denen Gesetzen kan man die perfectiones und imperfectiones einer Republic erkennen. Man kan freylich nicht alle Republiquen sehen, daher muß man sich per expe- rientiam alienam helffen. Wer will eine gute Policey sehen, der reise nach Italien, denn in Genua, Venedig, und andern Orten findet man die besten Policeyen, von welchen die Reichs-Staͤdte in Francken, Schwaben vieles entlehnet. Es sind auch jetzt viele gelehrte Leute in Italien, daß man also auch dieserwegen daselbst Nutzen haben kan. Herr Thomasius hat sonst ein eigen Collegium uͤber die prudentiam Le- gislatoriam gehalten. Non male: Denn wenn man ad specialia gehen Z will, Cap. V. De prudentia will, so kan man erst die alten und neuen Republiquen ansehen, und her- nach viele practica beybringen. Das Haupt- fundament wird auch hier proponi ret werden. Da man die summam potestatem nicht erkennet, nisi cum voluntatem declarat princeps, so ist lex re vera nichts anders, als vox principis. Es ist nicht noͤthig daß ein Hauß-Vater ordre gie- bet, wenn er siehet, daß ohne seine ordre schon alles in acht genommen wird; au contraire es ist absurd, wenn er ihnen will vorschreiben, daß sie alle ihre devoir in acht nehmen; es ist ein Prahler, der zeigen will, was er vor Macht habe. So ist auch absurd, si princeps loquatur \& leges ferat; wenn boni mores plus valent quam alibi bonæ leges. Die Teutschen haben ehedessen wenig leges gehabt. Die leges koͤnnen bonæ seyn, und die Menschen leben doch nicht darnach; Hergegen sind es Leute so bonos mores haben, was soll man da grosse Gesetze geben? Denn wenn ein Volck keine inclination hat ad Sodomiam, ad adulterium \&c. wie die Teutschen castissimi gewesen, was braucht man legem Iuliam de adulteriis welchen die Roͤmer gehabt. Wer leges giebet, muß auf spe- cialia gehen, und vieles sagen, da dencken die Leute nach. Es ist eben, als wenn man Kindern, die nicht einmahl noch diversitatem sexus wissen, viel vorsaget von Hurerey, die werden dadurch curieux, dencken nach, und fallen hernach auf solche Sachen, daran sie sonst nicht gedacht haͤt- ten. Wer will harte leges geben von der Hexerey? wo man gar keine inclination dazu hat, als wie in Holland. Bayle sagt auch, es waͤre gut, wenn man gar keine Hexerey geglaubet haͤtte: Denn da wuͤrden die Leute nicht darauf gedacht haben, wie sie moͤchten lernen hexen. Das menschliche Hertz ist boͤse von Jugend auf, und dencket immer nach. Cicero sagt in seiner Oration pro Sexto Roscio Amerino: Die Leute haͤt- ten nicht gemeynet, daß jemand wuͤrde so gottloß seyn, und seine Eltern umbringen, daher habe man keinen legem de parricidis gehabt, und hat Pompejus M. erst den legem parricidis gegeben. Vorher war es nicht noͤthig, hergegen wenn die Leute verfuͤhret werden, daß sie von ihren gu- ten Sitten abgehen, da muß man mit denen legibus druͤber her, und ih- nen malum opponere, damit sie lieber von dem boͤsen Leben ablassen ꝛc. als den Staup-Besen nehmen, oder sich haͤngen lassen ꝛc. Die Diebe sind in Teutschland bestaͤndig mit dem Tode gestrafft worden, weil man gesehen, daß die Teutschen zu nichts mehr inclini ret, als zum Stehlen. Wer leges will geben, muß reden, daß man ihn verstehet, soll man aber die leges verstehen, so muͤssen dieselbe claræ, distinctæ, und evidentes seyn. Obscuræ leges werden ridiculæ; obscura lex non est lex, obscura vox, non est vox juridice, es muß derselbe evident gemachet werden, und wenn der status circa leges \& judicia. der Herr saget, so will ich ihn verstanden haben, da ist es in der That nova lex. Drum hat Herr Thomasius und andere defendi rt, Interpre- catio Authentica waͤre in der That nova lex. Dergleichen legem wird man nicht finden, in welchem alle casus speciales sollten begriffen seyn, aber deßwegen sind die judices da, qui restringunt \& extendunt, und zei- gen, wie auch dieser oder jener casus speciales darunter begriffen, e. g. Der lex ist: Es soll keiner Getrayde aus dem Lande fuͤhren, es fuͤhret einer Mehl aus, der kan eben so gestrafft werden: Denn da soll kein Getrayde aus dem Lande gefuͤhret werden, ist diese raison, damit es nicht theuer werde, wuͤrde aber Mehl weggefuͤhret, so koͤnnte auch eine Theu- rung entstehen. Also ist auch dieses verbothen, und kan ein jeder leicht sehen, daß es mit unter dem lege begriffen. Viele Sachen stecken also in lege, und muß man auf rationem sehen: Denn ratio est anima legis. Weiß man rationem, so kan man alle leges verstehen; daher wenn wir die Pandect en ordentlich doci ren, so setzen wir nur ein fundamentum ge- nerale, und formi ren hernach casus. Wer leges will geben, muß sie pu- blici ren, ut omnes eas audire, cognoscere \& intelligere possint. Wer dieses nicht thut, der hat was Boͤses im Sinn. Caligula hat lassen sei- ne leges gantz klein schreiben, und hoch hengen, daß sie keiner erkennen koͤnnte, und hernach hat er die Leute gestrafft, wenn sie nicht darnach gethan. Das ist eine Tyranney, da man nur sucht, die Unterthanen zu ruini ren. Lex itaque sit clara \& evidens ratione fundamenti. Der Wichmann und Ansfried werden von allen Historicis gelobet, daß Otto M. sie gebrauchet in interpretandis moribus \& legibus, indem sie kluge Leute gewesen, welche alle casus speciales aus dem generali lege koͤnnen doci ren. Lex ist eine ordre, Princeps qui legem facit jubeat. Es ist zwar kein lex in der Welt, quæ non simul aliquid doceat: Denn auch die leges naturales halten in sich aliquid jussionis, aber auch aliquid do- ctrinæ, und diejenigen, welche statui ren, leges naturales waͤren mere do- ctrinales, haben in dem Stuͤcke recht, daß aliquid doctrinæ dabey, aber es ist auch aliquid jussionis: Denn die sanctio pœnalis ist allezeit dar- unter zu verstehen: Si contra, so strafft GOtt; wiewohl auch der Mensch sich selbst strafft: denn wenn er saͤufft, huret ꝛc. so ruini ret er sich. Auch die leges humanæ koͤnnen nicht so beschaffen seyn, daß nicht aliquid do- ctrinæ sollte da seyn/ aber jubent quoque, es ist eine sanctio pœnalis vor- handen. Die doctrina ist kurtz. e. g. Wenn ich sage: Du sollt des Nachts nicht ohne Laterne gehen, doceo, quid faciendum, simul jubeo; si contra, so sollt du gestrafft werden. Das ist aber nicht noͤthig, einen prologum zu machen, und ist nihil ineptius, als lex cum prologo. Also Z 2 ist Cap. V. De prudentia ist eine alberne Weise vom Justiniano, und thut einem der Bauch wehe, wenn man seine Novell en lieset, da er allezeit einen prologum vorgemacht, und gezeiget, warum er dieses oder jenes gesetzet. Ein imperans hat gar nicht noͤthig, mit seinem Volck zu raisonni ren. Wenn etwan das Volck dencket, der Imperans wolle sie nur vexi ren, da kan er wohl was raison- ni ren, aber nicht weitlaͤufftig. Das ist eben ein Fehler vom Jacobo I. in Engeland, dem auch deßwegen das Parlament uͤber den Kopff gewach- sen: Denn in der Historie Henrici VIII. und andern lieset man nicht, daß sich das Parlament so viel heraus genommen, als unter Jacobo. Wie Jacobus auf den Thron stieg, so hielt er Orationes ad populum, und an das Parlament. Er hatte beym Cicerone gelesen/ daß man in libera republica, wenn man einen legem geben wollen, Orationes ad po- pulum gehalten, und gewiesen, was der lex wuͤrde vor einen Nutzen ha- ben, daher hielt auch Jacobus Orationes, und brauchte allerhand persua- siones, wenn er einen legem geben wollte, dadurch ist das Parlament groß worden, und wie sein Sohn, Carolus I. es nicht so machen woll- te, wie sein Vater, so muste er sterben. Jubeat potius princeps, was soll er suadere? Ein princeps muß also nicht jubere cum prologo, nicht cum multis ratiociniis. Deßwegen aber ist meine Meynung nicht, daß er konnte befehlen pro arbitria inepto \& stulto, und sagen: tel est mon plaisir. Man supponi rt, daß alle leges weißlich eingerichtet, und dem genio populi accommodi ret. Man sagt nur, daß ein princeps nicht Ur- sach habe, mit seinem Volck zu raisonni ren. Denn die Unterthanen hal- ten ihn pro anima, mente civitatis, und da sie ihn alle davor halten, so ist absurd, wenn er raisonni ret, doci ret; das gehoͤret auf die Catheder vor die ICtos. Ein anders ist, wenn er was extraordinaires aufleget. e. g. Wenn extra ordinem maxima tributa aufgeleget werden, alsdenn kan er eine kleine ratiunculam mit einfliessen lassen; das gehoͤret aber ad exce- ptiones, und also ist dieses keine definition, welche man ab exceptione nimmt. Die leges sind offt rationabilissimæ; aber denen Boͤsen sind sie nicht anstaͤndig, weil sie wider ihre Begierden gehen. Daher ist nicht wahr, was der Autor §. 5. sagt, die subditi wuͤrden facilius parere; Wenn der princeps raisonni rte, wuͤrden hernach die Boͤsen Buͤcher darwider schreiben. Vor die Juristen gehoͤret es, daß sie causas und rationes le- gum untersuchen, welches der Jac. Gothofredus bey dem Codice Theodo- siano gethan, und waͤre zu wuͤnschen, daß es bey unserm Corpore Iuris auch geschaͤhe, aber es ist maximus labor. Man muß bey denen Gese- tzen occasionibus obicem ponere, ne lex violetur, und also siehet man hieraus utilitatem legum civilium, davon unten mehr wird gedacht werden. Pour status circa leges \& judicia. Pour le reste aber ist wahr, daß man autoritatem summæ potestatis nicht wuͤrde empfinden, nisi legislatione sese exereret. Die civitas wuͤrde todt seyn, nisi princeps Ioqueretur. Principis lex ist vox principis in unaqua- que republica. Also muß er eine ordre geben. Er muß eine ordre ge- ben, wo eine desordre ist. Er muß leges geben, die nicht contradictori sch; Denn contradictoria lex stulta est. Daher kan mich nichts mehr aͤrgern, als wenn man saget, man solle die process e abkuͤrtzen, da doch so viele leges und Ordnungen nach, welchen man nicht kurtz gehen kan. Wenn auch die proceß- Ordnungen geaͤndert wuͤrden, so sind doch noch so viele præsidia legum vorhanden, welche alle erst muͤssen geaͤndert werden/ wenn man die process e abkuͤrtzen wollte; sonst ist es impossible: ad impossi- bile vero nemo obligatur, \& neminem obligibis. Wer ordre geben will, der giebt solche in futurum; Daher muß ein princeps keine leges machen, so in præteritum gehen: denn præteritum est factum, factum vero infectum fieri nequit. Dicis: Wir haben eine exception, da auch in præteritum kan ein lex gegeben werden? Respond. Dieses gehoͤret nicht ad regulam, revera ist es auch keine exceptio. Denn wer einen legem giebt in præteritum, da ist schon ein alter lex, der wird nur geschaͤrfft, daß er soll desto besser in acht genommen werden. Wenn ein Fuͤrst sa- get, das alte Wechsel-Recht soll accurat observi ret werden, so ist ja schon ein alter lex da, oder es ist so beschaffen, daß es ein Mensch schon vor- her hat koͤnnen wissen, ehe der princeps seinen legem gegeben. Wenn nun aber auch wahr, daß hier eine exceptio a regula, so supponi ret er doch nur particulare quid piam. Es werden besondere Umstaͤnde erfor- dert. Jubeat princeps quoque paucis. Dieses gehoͤret quadantenus ad leges cum prologo. Allein meine intention gehet hier sonderlich dahin, daß er nicht immer neue leges geben soll. Ein Knecht ist boͤse uͤber seinen Herrn, wenn er sagt, gehe hin, und thue das, indem ers thun will, rufft er ihn zuruͤck, er soll es nicht thun, da denckt der Knecht, sein Herr ist nicht wohl gescheuet; Also ist absurd, wenn man immer neue leges giebt, sonderlich wenn man von den alten was laͤßt, und immer was neues dazu flickt, dadurch eine multitudo legum entstehet. So haben sie es in der Republica Romana gemacht, da sie immer neue leges gegeben, und auch von denen alten was stehen lassen; daher ist ein immensus legum numerus entstanden. Cicero hat schon zu seiner Zeit einen extract aus denen vielen legibus civilibus machen wollen. Cæsar hat sie wollen ab- brevi ren, und Pompejus hat es auch gesehen. Viele haben es wahr ge- nommen, und endlich haben es Theodosius und Justinianus vorgenommen, aber mit was vor succeß, wird in Iure Civili gewiesen. Das ist auch Z 3 ein Cap. V. De prudentia ein Fehler von Justiniano, daß er so viel altes stehen lassen, und nur im- mer was dazu geflickt. Wenn man was aͤndern will, thut man am besten, man hebet es gantz auf, und machet ein neu Buch, als wie die Athenienser und Lacedemonier nicht leicht gelitten, daß eine Aenderung vorgenommen worden, wenn aber ja etwas muͤssen geaͤndert werden, so muti rten sie den gantzen indicem legum, und publici rten ihn von neuen. Gleichwie der Mensch seine statur, visage, und Kleidung nach denen Stuffen der Jahre offt aͤndert, also ist auch nicht moͤglich, daß man im- mer einerley leges behalten kan, sondern es giebt immer observationes, dadurch man einen Fehler an diesen oder jenem lege wahrnimmt. Deß- wegen gehoͤret eine grosse sapientia ad leges ferendas quotus quisque vero est, qui sapientissimus, und der alles uͤbersehen kan? GOtt hat selbst die Leges Iudaicas nur relative auf rempublicam Iudaicam gegeben. Die mu- tatio aber muß doch rara seyn, man muß lieber interpretari rationabiliter, damit man nicht immer neue leges geben muß. Hier kan man lesen, was Tacitus Lib. III. Annal. hat, und was Amelot in seinen notis ad Tacitum angemercket. Beym Thuano kan man auch eine schoͤne oration finden, welche der Frantzoͤsische Cantzler Mich. l’Hospital Er war ein gelehrter Mann, ein grosser Jurist, Philosophus, homo politicus, vid. vita Hugonis Donelli in der neuen Bibliothec. gehalten, dar- innen zeiget er, daß Franckreich labori re multis legibus. Er hat Fran- cisco I. sehr angelegen, einen neuen codicem machen zu lassen, aber Fran- ciscus I. hatte immer mit Carolo V. zu thun, und hieng auch sehr am Frauenzimmer, daher es nicht geschehen. Wenn grosse Herren leges bonas certas geben, so werden sie immortales; man allegi rt sie immer. Die Athenienser haben gesagt: Solonem esse immortalem, weil seine leges viele secula gedauret; Hergegen Draconis leges erant sanguine scri- ptæ, sie waren zu scharff, und daureten nicht lange. Man kan auch bey denen legibus sagen; ubi multum loquentiæ, ibi parum sapientiæ. Die multitudo entstehet daher, daß man nicht alles envisagi rt, da muß man hernach neue leges geben, oder will man dieses nicht thun, und die leges gantz aͤndern, so machet man ein Hornwerck davon. Aus denen legibus kan man sehen, ob der legislator gescheuet. Die Venetianer sind von allen populis bis an den Himmel erhoben worden, auch von denen Leu- ten, welche ihnen sonst feind, als wie den Amelot, der in seinem l’Etaat de venisse sie sonst sehr durchgezogen, und auch deßwegen muͤssen in die Bastille gehen. In diesem punct lobet doch Amelot dieselben, daß sie be- staͤndig einerley leges gehabt. Ihre leges sind verfasset in der antiqua lin- status circa leges \& judicia. lingua, welche sie gesprochen, da sie sich etabli ret haben. Es changi ren bey ihnen alle Magistratus, aber der Cantzler und Secretaires d’Etaat sind bey ihnen perpetui, weil dieselben eine lange experience wegen der alten Sprache haben muͤssen. Das muß also sapiens respublica seyn, und ist sie auch bestaͤndig in florenti statu gewesen, nur sind sie durch die Hollaͤn- der, Etrgelaͤnder, und Portugiesen von ihrem Reichthum etwas herun- ter kommen, weil sonst das gantze commercium bey ihnen gewesen; sie machen aber doch noch eine ziemliche figur. Ludovicus XIV. in Franck- reich hat sich einen grossen Ruhm erworben, daß, da man so viele leges hat, und fast in jeder Stadt besondere leges waren, er den Codicem Lu- dovicianum verfertigen lassen. Denen Staͤdten hat er noch einige cou- tum en confirmi rt: Denn alles hat nicht auf einmahl koͤnnen aufgehoben werden, pour le reste aber richten sie sich alle nach dem Codice Ludovi- ciano. Daher ist in Franckreich auch schnelle justiz. In Daͤnnemarck haben sie ein kluges Recht, welchen Codicem der Koͤnig Christian V. ver- fertigen lassen, der nicht groß, da doch die Daͤnen so viele See-Rechte haben. Man darff da kein Ius Civ. Rom. allegi ren. Die Wahrheit zu sagen, so findet man keine Leute, welche faͤhig waͤren, einen Codicem zu machen: Denn die wenigsten applici ren sich auf dergleichen Dinge, und doch schicken sich die wenigsten Leges Rom. vor uns, deßwegen kommt fast kein einiger Tit. iu Pand. vor, bey welchen man nicht saget, usu mo- ribus aliter obtinet. Bey uns in Teutschland ist nicht zu vermuthen, daß es wird geaͤndert werden, ja es wird alle Tage noch mehr hinzu gesetzet; denn es sind derer Herren zu viel. Hievon habe ich auch etwas gedacht in meiner præfation bey denen pandect en. Mancher Fuͤrst koͤnn- te was thun, aber es fehlet ihn an Leuten, welche dergleichen bewerck- stelligen koͤnnten. Waͤre in Franckreich der Colbert nicht gewesen, so waͤre der Codex Ludovicianus mein Tage nicht zu Stande kommen. §. 5. 6. Die ordre, so ein princeps in civitate giebt, muß so be- Von Privile- giis und Aen- derung der Gesetze. schaffen seyn, ut omnes constringat, jubeat universos. Denn wenn man nicht uͤber die Gesetze haͤlt, dergestalt, ut nullus eximatur, ut privilegia evitentur, so haben sie keinen grossen effect. Der Senatus sagt beym Tacito dem Neroni: tribuendum telum, quod sperni nequeat. Was ist das vor ein Lex, da diese oder jene privilegia bekommen, wodurch nur eine inæqualitas entstehet. Und obgleich ein Jurist erkennet, daß ein princeps es de jure thun koͤnne; quid ad te, wenn ein Princeps einem ein privilegium giebt? aber was hilfft hier das jus, da wir de prudentia reden, quid in republica contingat? Es mag recht seyn oder nicht, die Leute beschweren sich, und so lange einer force hat, pari ren die Leute, so bald Cap. V. De prudentia bald er aber eine Bataille verliehret, schmeissen sie ihn herunter, welches man bey vielen Reichen sehen kan. Wenn der Princeps Gesetze giebt, so hat er die intention, daß die Gesetze sollen einen effect haben; dispen- si ret er aber diesen oder jenen, so haben sie keinen effect. Wenn man es beym Lichte besiehet, so ist es auch nicht recht, daß man durch die Finger siehet, und andere abstrafft. Man wird sehen, daß in rebus publicis li- beris scharff uͤber die Gesetze gehalten wird, und fast keine privilegia ge- geben worden. Dahero haben einige Juristen defendi ren wollen, es waͤren in libera republica Romana gar keine privilegia gegeben worden, welches falsch ist, aber man hatte wenig privilegia. Wie aber Principes kamen, so entstunden viele privilegia. Der Princeps sagt: Tel est mon plaisir, ich habe Macht alles zu thun, da kommen die Hof-Schran- tzen, maitress en, \&c. und bitten sich bald dieses bald jenes aus. Dahe- ro handelt man auch in Jure civili de privilegiis, bey dem Tit. de Const. Principum. Es ist der Principatus nicht schuld daran an denen privi- legiis, aber er giebt Gelegenheit dazu. Man hat schon vor dem Louis XIV. Duell-Edicta gehabt, aber nicht daruͤber gehalten, sondern wenn einer darwider pecci rt, so ist er echappi rt, nachgehends hat man gesucht ihn wieder auszusoͤhnen. Da ist es so viel, als wenn kein lex da waͤre, au contrair, es ist viel schlimmer, wo Gesetze sind, und man haͤlt nicht daruͤber. Louis XIV. aber sagte, ich will keinen Menschen dispensi ren, und nahm das Abendmahl hieruͤber; er ließ auch etliche, so sich duelli rten, um eine Spanne kuͤrtzer machen, daher wird man nicht hoͤren, daß man in Franckreich duelli ret. Hergegen, wo dispensi ret wird, da glauben die Leute nicht, daß es dem Herrn ein Ernst sey. Wie der Hoͤchstseel. Koͤnig in Preussen die duella verbothen, und keinen par- don gab, so war es auch gantz stille. Jubeat Princeps ita, daß man sie- het, ob es ihm ein Ernst. Derjenige, der ein interesse zeiget, bey dem siehet man, daß es ihm kein Ernst. Man sagt, er thut es propter utile, und schmaͤhlen alle auf ihn, wollte er es nicht leiden, so muͤste er allen lassen die Koͤpffe herunter reissen. Sie sagen, seine Leges sind nur als Retia, damit er uns fangen will, und uns aussaugen. Man lieset beym Thuano, daß der Koͤnig in Franckreich einsmahls ein Gesetz publici ret, welches nur auf das interesse des Hofs und eines gewissen Ertz-Bi- schoffs gegangen, darwider hat sich das Parlament erst gesperret, und solches nicht annehmen wollen, wie aber der Koͤnig solches par force ein- gefuͤhret, so hat jedermann gesagt, der Lex gehe nur auf das interesse des Hofs und des Ertz-Bischoffs. De jure muß man freylich einen legem annehmen, es mag ein interesse da seyn, was vor eines will, man thut aber status circa leges \& judicia. aber contra prudentiam. Die meisten revolutiones in der Welt sind entstan- den propter leges ineptas, sonderlich propter leges, da man des Herrn seinen Geitz und interesse wahrgenommen. Das ist keine seria volun- tas, wo avara utilitas ex illa lege hervor leuchtet. Der Herr muß sich selbst auch nach denen Legibus accommodi ren. Nach der Jurispruden- tia heißt es: Principes legibus sunt soluti, nemo sibi ipsi obligationem imponit. Aber der peuple glaubt nicht, daß es dem Herrn ein Ernst sey, wenn der Herr sich nicht selbst darnach richtet. Wenn der Herr sagt: Man soll nicht Ehebrechen; da sagen sie nos multis pœnis fatigat, und er thut selbst nicht darnach. Waͤre es ihm ein Ernst, so wuͤrde er sich accommodi ren: denn wenn er meynet, daß der Ehebruch der Re- public so schaͤdlich, quare ipse est adulter: Es giebt ein scandalum, die Unterthanen glauben nicht, daß es unrecht, weil es der Princeps selbst thut. Man haͤlt ihn vor interessi rt, gleichwie ein Zuhoͤrer einen Predi- ger vor einen fourbe haͤlt, wenn er siehet, daß der Prediger saget, man soll nicht stehlen, und er ist selbst ein Dieb. Wenn der Fuͤrst saget, es soll kein luxus in der Republic seyn, so muß er selbst nicht luxurieux le- ben. Wie der Koͤnig in Franckreich Frieden machte, und sahe, daß durch den luxum sein Land sehr herunter kommen, so fuhr er selbst in einer Kutschen, da kein Strich Gold daran war, wie es der Koͤnig ein- mahl that, so folgten sie ihm alle bald nach. Die Koͤnigin in Franck- reich Maria Theresia hat auch eine probe davon abgelegt. Denn wie der Koͤnig in Franckreich haben wollen, es sollten die Franzosen Zeuge tragen, welche in Franckreich fabrici ret worden, so konnten sie nicht da- zu gebracht werden, ob man gleich pœnas satzte. Endlich ließ sich die Koͤnigin ein Kleid machen aus Zeuge, da ihr bald andere Dames folg- ten, und trugen hernach alle solche Zeuge. Wenn man auch die grossen fantangen abbringen will, so muß man nicht lassen die Prediger auf der Cantzel darauf schmaͤhlen, sondern es darff die Fuͤrstin eine kleine duo- dez fantange tragen, alsdenn werden bald andere nachfolgen. Setzet aber die Fuͤrstin eine grosse fantange auf, so ist alles babylonisch. Exem- plum ist eines von denen besten legibus, welches man beym Tacito und andern historicis sehen kan. Amelot hat in seinem Tiberio gewiesen, daß derselbe anfangs wohl regieret, so, daß auch einige gemeynet, er regiere besser als Augustus, weil unter Augusto so ein grosser luxus gewesen, und derselbe sich so an die Weiber gehaͤnget. Dieser Tiberius hat allen Staat eingezogen, und seinen Hof retranchi ret, daß es ihm alle nach- gethan. Man hat observi ret, daß vor Francisco I. in Franckreich eine harte disciplin gewesen, wie aber Franciscus I. regieret, so sind die Dames A a a la Cap. V. De prudentia a la Cour kommen, wodurch ein grosser luxus entstanden, vid. Bayle sub voce Francisci I. Der Kayser Leopoldus ist ein solcher sobrius Princeps gewesen, dergleichen man wenig finden wird, aber seine Bedienten ha- ben doch einen Staat gemacht, den man an keinem Hofe antreffen wird, nach denen Hof-Leuten richten sich die buͤrgerlichen Leute, und bleibt der luxus. Von der har- monie der Gefetze. §. 7. Wer ordre geben will, muß sie so einrichten, daß sie ein- ander succurri ren, und harmoni sch sind. Das ist der Fehler bey allen legibus, daß man die occasiones nicht wegnimmt. Wenn gleich der luxus an sich gut, so muͤssen doch auch leges seyn, welche die occasiones weg- nehmen, sonst ist lex telum inefficax, und ist impossible, daß er kan ge- halten werden. Wir lesen, daß keine Hure soll seyn unter denen Kin- dern Israel, daher wollen wir es eben so machen, und ist die intention gut, aber die irritamenta sollten sie auch wegschaffen. Es ist freylich miserable, wo eine solche corruptio in generatione. Denn solche Kin- der werden nicht auferzogen, und werden es nur Spitzbuben und Hu- ren. Es soll kein luxus seyn da Leute sollen arbeiten, und wo man hin- siehet, da sind Spiel-Haͤuser. Wo keine irritamenta sind, da werden die Leute auch nicht suͤndigen. Hergegen bleiben die irritamenta, so sa- gen sie, wir sind doch nicht insensible, und sie haben auch recht. Crom- well, ob er gleich sonst ein fourbe gewesen, so hat er doch gesucht die bo- nos imperantes zu imiti ren, und hat wohl regieret, indem er alle occasio- nes peccandi gesucht aus dem Wege zu raͤumen. Er sahe, daß die Ca- naille, wenn sie Zeit haͤtte, wuͤrde zusammen lauffen, daher ordnete er, des Sonnabends, Sonntags und Montags sollte Kirche gehalten wer- den, den Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freytag musten die Leute arbeiten, und haben sie also keine Gelegenheit gehabt zu con- spiri ren. Daß ein Le- gislator auf die Umstaͤnde der Zeit des Orths ꝛc. Acht zu geben habe. §. 8. Jubeat etiam Princeps ita, ut circumstantias attendat loci, temporis. Alle leges lassen sich nicht zu einer Zeit publici ren, und muß also die Legislatio tempestiva seyn, ita, ut ferat populus. Geschiehet es præcipiti cursu, und nimis severe, so wird nichts draus. Ein Land, das in einem grossen luxu stecket, kan nicht auf einmahl davon abgebracht werden. Wie Tiberius erinnert wurde, er sollte den luxum auf heben, so sagte er, es waͤre noch nicht Zeit. Von einem extremo kan man ohnmoͤglich auf das andere fallen. Gleichwie kein Mensch, der ruchloß gelebet hat, sich auf einmahl bessern kan, so gehet es noch vielweniger bey einer gantzen Republic an, vid. Oratio mea de reformatione rerum- publicarum, welche in Gundlingianis stehet, darinnen viele curieuse Sa- chen status circa leges \& judicia. chen und Exempel angefuͤhret. Viele Leute haben einen widrigen con- cept von der reformatione rerumpublicarum, und meynen, es kan gleich geschehen, alleine, man muß die Zeit erwarten, convenire donec melius appareat tempus. Amelot in seinem Tibere observi ret, daß am besten koͤnnten Gesetze gegeben werden wider den luxum, wenn die Leute an- fiengen, arm zu werden, wenn ein Ungluͤck uͤber sie kaͤme, daß sie gantz ausgesogen wuͤrden, alsdenn koͤnne man leges geben, welche auch in fu- turum observi ret wuͤrden, wenn sie gleich wieder in guten Stand kaͤmen: dahingegen wenn alles voll auf ist, die Leute haben Geld, so kan man den luxum nicht auf einmahl aufheben, und wuͤrden alle murren, wenn man es thun wollte: denn sie sagen: wir haben Geld, und sollen doch uns dessen nicht bedienen. Tempus itaque est attendendum \& expectan- dum, man muß pedetentim kommen. Einen Menschen, der hundert Pfeiffen Toback raucht, kan man solches nicht auf einmahl abgewoͤh- nen, sondern man laͤst ihm erst eine halbe Pfeiffe weniger rauchen, denn eine gantze, endlich kan er sichs nach und nach abgewoͤhnen; will man es aber auf einmahl thun, so stirbt er, und kan es nicht aushalten; Man muß aber wohl mercken, daß, wenn es einmahl gebessert ist, so siehet es unvergleichlich aus: denn es ist alles en bon ordre. Aber man muß alsdenn vigili ren, custodes legum setzen, denn die leges sind ein Zwang, nitimur in contrarium, wir lassen immer nach, es finden sich auch immer neue corruptiones. Man darff also nicht dencken, daß es immer so bleiben wird. Es ist, wie mit der Neligion, da brauchen wir auch immer wieder eine reformation. Das menschliche Hertz ist boͤse von Jugend auf, und gewoͤhnt man sich immer was naͤrrisches an. Wenn man von einem lege saget, daß es nicht in usum kommen; so ist es ein Anzeigen, daß man nicht recht acht gegeben, und sind die Leute wieder von dem rechten Weg abgewichen. Daher kommen aber die consuetudines in contrarium. Barbeyrac in seiner Dissertation des Loix civiles sagt auch: Wo man das nicht consuetudines nennete, was denen legibus Romanis entgegen, (als wie man die Teutschen Gesetze in dieser relation alle consuetudines genennet,) sondern man faͤnde andere con- suetudines, so waͤre es ein Anzeigen, daß eine corruptio vorhanden, und daß der Legislator entweder nicht vigili rt, oder solche leges gegeben, so nicht in usum koͤnnen gebracht werden. Der Herr kan nicht allezeit Acht geben, daher hat er seine subaltern en, welche aber mehrentheils nichts taugen, und haben ein interesse ambitionis, voluptatis \&c. Ein Herr sollte auch gar nicht zulassen, daß seine Unter-Nichter dispensi rten, die muͤsten nicht legibus mitiores, und auch nicht duriores seyn. Die A a 2 Athe- Cap. V. De prudentia Athenienser und Lacedaͤmonier haben einen custodem legum gehabt. Wenn man auch die Tribunos plebis bey denen Roͤmern ansiehet, so hat der peuple sonderlich diesen scopum bey denenselben gehabt, ut de- fenderent leges, damit alles moͤchte genau in acht genommen werden; deßwegen sie auch defensores legum genennet worden. Wo man solche custodes legum hat, da wird keine observantia in contrarium entstehen. Ein Princeps soll auch nicht gestatten, daß viel appelli ret wird, davon hernach wird gedacht werden. Dieses hat der Cantzler Hugo in seinem Tractat de usu \& abusu appellationum gewiesen. Dieser Hugo war ein grosser Politicus, und capable ein Professor zu werden, er hatte kein sonderliches exterieur, daher, als er in Weimar ein Secretaire werden wollte, wollten sie ihn nicht einmahl annehmen, er gieng nach Wolf- fenbuͤttel, woselbst er auch keine Dienste bekommen konnte, von dar gieng er nach Hannover, woselbst sie ihn angenommen, welchem Hause er unsaͤgliche Dienste gethan, sonderlich in Erlangung der Chur-Wuͤrde. Er hat kein Geld gesucht zu behalten, sondern dem Chur-Fuͤrsten alles wieder vermacht, damit er sehen sollte, daß er kein interesse habe. Er war ein trefflicher Ju- rist, ein Historicus, ein Philosophus, alles, was er geschrieben, ist vortreff- lich, und hat er auch einen schoͤnen stylum. Die Juristen, so das Buch de Appellationibus kauffen, dencken den Schlendrian drinnen zu finden, aber sie betriegen sich; denn es sind daselbst nur lauter politische Anmerckungen. Wer leges geben will, muß jubere necessaria, possibilia und utilia. Ad apicem kan man nicht gelangen. Alles, was perfect genennet wird, treffen wir nicht an. Ein perfect er Princeps, Philosophus, Orator, ist eine chimære. So ist es auch beschaffen mit einer perfecta republica, und consideri ret man nur dieselbe, damit man weiß, wie weit man davon entfernet. Cicero de Oratore hat eine treffliche passage hievon, der auch sagt, er zeige wohl, was ein perfect er Orator, man wuͤrde aber denselben nicht antreffen. Ob nun zwar einer sagt: tendendum est ad optimum, so kan man doch solches nicht erhalten. Die respublica Judaica war in certa relatione perfectissima, aber doch nicht absolute. Hat nicht unser HErr GOtt vieles muͤssen toleri ren? Saget nicht CHristus wegen eures Hertzens Haͤrtigkeit, hat man euch muͤssen die divortia zulassen. Wenn unser HErr GOtt gewollt, so haͤtte er freylich alles koͤnnen aͤndern, aber er haͤtte alles muͤssen in nihilum redigi ren, da waͤre die respublica nicht ge- blieben. Wir haben ja keine Engel, man trifft unter hunderten kaum einen an, der Weisheit hat. Das sind Enthusiast en, welche meynen, man koͤnne ratione legum ad summam potestatem gelangen. Multa to- leranda sunt. Bayle hat in seinem Diction. sub voce Arles, (welcher Martinus de Arles, ein Scholasticus, gewesen,) auch Gelegenheit ge- nom- status circa leges \& judicia. nommen hiervon zu reden, und sagt: Wenn ein Geistlicher predigt, es sollen keine Hurer, keine Diebe seyn, so gehoͤret das ad doctrinas, aber absolut koͤnne es nicht ad praxin gebracht werden, sonst muͤste man allen die Koͤpffe herunter reissen, und duͤrfften die Lehrer nicht in das Amt der Obrigkeit fallen. Denn wenn alle Menschen fromm waͤren, so brauch- te man keine Lehrer, also waͤre es wider das interesse derer Geistlichen, wenn sie meyneten, per magistratum koͤnne man alles thun. Der Prin- ceps bekuͤmmert sich nichts drum, ob es einer gerne thut oder nicht, dummodo quiete vivas, aber er siehet doch, daß es besser, wenn sie es ex consideratione mali \& boni thun, als ex consideratione pœnæ. Da- her braucht man die Geistlichen, daß sie die Leute emendi ren, sie muͤssen hortari, monere. Wo acerbæ pœnæ, da wird nichts erhalten. Da- her hat Gellius in Noct. Attic. observi ret, daß des Draconis Leges san- guinæ scriptæ, welche auch gleich aufgehoͤret, und hat ihn die posterité vor einen Thoren gehalten. Man muß die sanctiones pœnales so ein- richten, daß man actiones injustas exterius turbantes scharff strafft, ent- weder mit dem Tode oder mit andern Leibes-Straffen, damit die Leute davon ablassen. Denn das suͤndigen ist ihnen eine grosse Lust, aber die Lust ihr Leben zu erhalten, ist noch groͤsser. Wenn auch keine Lebens- Straffe da ist, so wollen sie doch gerne integram vitam behalten, sie wollen sich nicht gerne lassen einen Finger abhauen: denn der waͤchset nicht wieder, sie wollen sich nicht gerne lassen Brandmarcken, den Staupbesen geben. Hergegen actiones inhonestas muß man punire in- famia und actiones indecoras ignominia. e. g. Wenn einer grob ist, so braucht man ihn nicht groß zu straffen, sondern es ist ignominia genug. Also gehoͤret eine grosse Weisheit darzu, daß man nicht alleine leges giebet, sondern auch ein judicium observi ret, ratione pœnarum; denn kein lex ist sine pœna. So viel als es moͤglich ist, muß man pœnas cer- tas machen, sonst giebt es arbitraria, Ansehen der Person ꝛc. man findet alsdenn eine inæqualitatem. Die Roͤmer haben Haupt- pœnas gehabt, welche muͤssen observi ret werden, hernach aber hatten sie auch crimina extraordinaria, da der judex arbitri ren konnte. §. 9-13. Es wird applicatio juris ad factum erfordert, und wo Von denen ju- diciis und Process en. dieses nicht bey einem lege geschiehet, so ist lex campana sine pistillo. Man wird leicht begreiffen, daß derjenige, so die leges giebt, der sollte von Rechtswegen auch judex seyn: denn dieser verstehet die leges am besten, und weil er die leges verstehet, so kan er am besten wissen, an hoc factum pertineat ad legem annon? Ein Koͤnig, der nicht judex ist, A a 3 ist Cap. V. De prudentia ist kein Koͤnig, ein imperans, der nicht judex ist, ist kein imperans. Es ist auch keine geringe Sache, indem derer Unterthanen Gluͤckseligkeit, divitiæ, paubertas, vita, mors, alles von dergleichen judice dependi ret. Drum ist ein corruptissimus status, wo dem Principi die Haͤnde gebun- den, daß er nicht kan applicare leges ad factum; wo der Princeps nicht judex seyn kan. Es ist eine grosse corruptio in der republica Polonica, da sie den Koͤnig so zu sagen ausgeschlossen. Sonst konnte der Koͤ- nig selbst judici ren in wichtigen affai ren, und konnte keiner, ohne seinen consens, zum Tode verurtheilet werden, wenn er sagte: mihi videtur hanc decisionem applicari non posse, so konnte die execution nicht vor sich gehen, wenn gleich sonst alle das contrarium gewollt, aber jetzo ha- ben sie zum hoͤchsten provocationem ad ipsius clementiam, und ist vie- les von der autorit aͤt zu Grunde gegangen, welches die Scriptores recen- tissimi anmercken. Die Pohlen haben freylich etwas raison, weil die Koͤnige ehemahls bisweilen so beschaffen gewesen sind, daß sie alles pro arbitrio vorgenommen; aber abusus unius alteriusve regiæ personæ kan nicht verursachen, ut penitus adimatur illi gladius, sonst brauchten sie gar kei- nen Koͤnig. Dicis: Es ist ja impossible, daß ein Koͤnig uͤberall judex kan seyn? Respond. Es ist wohl wahr, und deßwegen muͤssen sie subaltern en haben, aber daß sie gar nichts thun, ist ein grosses Ungluͤck. Es ist auch wun- derlich, wenn man meynet, der Koͤnig habe nur mit Staats-Sachen zu thun, als wenn der Koͤnig nur propter entraneos da waͤre. Dieses ist wohl ein finis mit, aber nicht alleine, sondern das internum soll richtig seyn. Wo kan ich mich contra extraneos defendi ren, wenn keine justiz im Lande administri ret wird, vel minimum, si illa justitia non appareat, non esse vero \& non apparere in moralibus sunt unum idemque. Vor- dem ist es gantz anders gewesen. Wir finden, daß Salomo selbst ge- richtet, oder wenn er es nicht gethan, so hat er solches denen senioribus uͤbergeben. Die Roͤmer hatten auch einen Senatum, worinnen lauter seniores sassen. Wir sind abgegangen, und haben einen juvenatum. In denen meisten judiciis sitzen Leute, die noch keine Baͤrte haben. Caro- lus Molinæus, ein beruͤhmter Frantzoͤsischer Jurist, sagt in seinem con- suetudinibus Parisiensis, auch von Franckreich, daß man den Senatum auch daselbst juvenatum nennen koͤnnte. Es ist eine grosse Schwachheit, wenn man meynet, der Koͤnig doͤrffte gar nicht judex seyn. Eginhardus erzehlet von Carolo Magno, daß, wenn er sich ankleiden lassen, so habe er Leute vor sich kommen lassen, und haͤtte da unzaͤhlige process e ausge- macht. Der actor muste seine Sache kurtz vorbringen, und der reus antwortete, darauf decidi rte der Kayser. Er hatte seinen Comitem Pa- latinum status circa leges \& judicia. latinum bey sich, mit dem er deliberi rte, wenn es eine wichtige Sache war, und musten die Partheyen indeß abtreten. Monsr. Ioinville, wel- cher mit Ludovico IX. im gelobten Lande gewesen, und sein Leben beschrie- ben, erzehlet auch von demselben, daß er alles kurtz abgethan. Aber zu Caroli Magni Zeiten waren auch die leges Teutsch; man brauchte keine Wissenschafft, Nachdencken, und erudition, sondern nur eine Erfahrung. Weil wenig leges waren, so konnte der princeps auch leicht eine decision finden. Man siehet hieraus einen grossen Verfall, wenn die leges in ei- ner fremden Sprache verfasset sind. VVilhelmus Conquestor, ein Nor- mann, hat denen Engelaͤndern leges in der Normannischen Sprache vor- geschrieben, daher man noch viele Normannische Worte in denen ju- diciis daselbst antrifft, aber sie haben auch den VVilhelmum als einen Tyrannen angesehen, gemuerunt sub ipsius jugo . Es ist ein grosses Un- gluͤck, wenn man fremde Gesetze hat, weil man die Sprache erst studi- ren muß. Wir haben auch Lateinische Gesetze, daher kommen alle laͤ- cherliche interpretationes, weil die Leute kein Latein verstehen, und diejeni- gen, so in elegantioribus litteris etwas gethan, uͤbertreffen hernach alle interpretes . Wenn aber die leges in der Sprache gegeben sind, welche das Volck redet, so kan ein jeder von dem Volck sich selbst Rechts er- hohlen. Wir sehen dieses an unsern Policey-Ordnungen, die ein jeder verstehen kan, wenn man nur die fremden terminos weg laͤßt; wenn der princeps selbst judex ist, so nehmen sich auch die Advocat en mehr in acht, man hat mehr respect, und trauet sich nicht so viel quint en, chiquan en und sophismata zu machen. Wenn sonst der Kayser an einem Ort in Teutschland kommen, so cessi rten alle Gerichte, und wurde es dem Kay- ser allein uͤberlassen. Da in dem interregno kein Gericht gehalten wor- den, und Rudolphus Habspurgicus zum ersten mahle wieder Gerichte hielt, so ist ein solcher Zulauff vom Volck gewesen, daß viele erdruckt worden, weil alle froh waren. Denn der Koͤnig hat kein interesse, dem gilt gleich, ob dieser oder jener gewinnet. Ein jeder Graf, Fuͤrst in Teutschland, der ein Richter-Amt gehabt, hat alle Jahr drey oder auch vier mahl Gerich- te gehalten, wovon auch noch die Quartal- Gerichte herkommen. Es wa- ren derer processe nicht viel, weil sie bald abgethan wurden. Konnte ei- ner seine Nothdurfft nicht selbst vorbringen, so war ihm erlaubt, einen Sprecher anzunehmen. Man fragte ihn aber, ob er auch alles das ap- probire, was der causidicus sage. Sie haben das Urtheil muͤndlich ge- sprochen, weil aber ein und andere Umstaͤnde koͤnnen vergessen werden, so haben sie solches hernach in ein Buch geschrieben, und daraus abgelesen. Man gab ein Lumpen-Geld davor, einen Schreibe-Pfennig. Da hat sich kein Cap. V. De prudentia kein Mensch gefuͤrchtet, einen proceß zu fuͤhren, wie jetzo. Also ist das ein gros- ser Fehler, daß grosse Herren nicht selbst in die Gerichte kommen. Man laͤsset ihre portraits hinein setzen, und stehet auch ein alter Lehn-Stuhl vor sie in denen Gerichten, aber sie kommen niemahls hinein. Grosse Herren koͤnnten denen Maͤngeln am besten abhelffen, wenn sie selbst in die ju- dicia kaͤmen. Man thut wohl, wenn man es ihnen suchet beyzubringen, sonderlich unsern Teutschen Fuͤrsten, die manchmahl kein allzu grosses Land haben, die koͤnnten alles selbst abthun; Davor aber gehen sie in Opern, und jagen. Jagen muß man zu gewissen Zeiten, denn da lernet man sein Land kennen. Ein Land-Graf in Hessen hat gar im Testament befohlen, daß seine Printzen jagen sollten, aber modice . Bey der Jagd siehet man die Grentzen seines Landes, weil die Jaͤger von der andern Seite nicht leiden, ut fines transiliantur . Sie verthun sonst auch sonst ihr Geld, lassen die Unterthanen indessen schmauchen, und braten von den subaltern en. Man findet, daß Carolus Magnus sehr gluͤcklich regieret, und wuͤrde man keinen Fehler bey ihm antreffen, wenn er nicht so viele Lande gehabt, da er nicht alles auf einmahl aͤndern koͤnnen. Aus seinen capitularibus kan man eine grosse Weisheit sehen, und sagt Leh- mann in seinem Chronico Spirensi, daß die meisten Reichs-Staͤdte am Rhein-Strohm ihre leges davon genommen. Man muß sie nicht an- sehen in der corrupt en Lateinischen Sprache, sondern wie sie ins Teutsche uͤbersetzet sind: Denn sie haben alles auch Teutsch gehabt, auch den legem Salicam . Die grossen Herren sehen also, daß man ihnen was aus den Haͤnden gewunden, wenn man ihnen weiß gemachet, sie duͤrff- ten die justiz nicht selbst administri ren, und muͤsten nur mit Staats-Sa- chen umgehen, da doch solches die Haupt-Sache ist. Denn wenn wir keine justiz haͤtten wollen haben, so waͤren wir in statu naturali blieben. Der Zweck ist ja nicht, daß wir wollen conquet en machen, sondern das kommt nur per accidens, wenn mich einer will supprimi ren, so supprimi- re ich ihm. Wenn ein princeps recht instrui ret ist von seinem imperio, so kan er auch nicht leiden, daß seine Leute sich selbst Recht schaffen, duelli ren ꝛc. leidet es einer, so ist es ein Anzeigen, daß er uͤber den finem civitatis sein Lebtage nicht reflecti ret. Der status naturalis ist ja weg, und sub statu civili, und wenn ja einer zu viel courage hat, so kan er ja vor eine Festung gehen, und da seinen Kopff einrennen. Die justiz er- haͤlt eine æquitatem, suum cuique tribuit rapaces manus removet, beloh- net das Gute, und bestrafft das Boͤse. Daraus kommt eine harmo- nie, und eine æqualitas geometrica . Eine gantze Gleichheit kan man nicht haben, aber die proportion kan er doch observi ren, daß der potens den status circa leges \& judicia. den inferiorem nicht supprimi ret, \& ne inferior ascendat, \& potentiores supprimat, sonst wird ein Bauer-Krieg draus. Er muß sehen, daß ein jedes in seiner classe bleibet, und nicht aus der balance kommt. Die Theologi explici ren auch den locum theologicum de Magistratu politico, und waͤre gut, wenn sie ihn nicht recht explici rten, aber mehrentheils schmelen sie auf den principem, oder attribui ren alles dem Volck, da muͤssen hernach die Suͤnden derer Unterthanen an allen Schuld seyn. Wenn ein grosser Herr geduldig waͤre, so koͤnnte er auch nach und nach alles aͤndern. Weil nun aber ein Fuͤrst nicht alles thun kan, so muß er sich nach subaltern en umsehen, welche seine Person repræsenti ren, soll ei- ner seine Person repræsenti ren, die man als sanctam ansiehet, so muß es ein rechter Mann seyn. Wer laͤßt sich gerne durch einen Fribon repræ- senti ren? Wer schickt gerne einen Bettler cum charactere repræsentatitio, da er sich sonst von Bettlern distingui ret. Der ein sapiens ist, wird sich nicht gerne einen Bouffon repræsenti ren lassen. Dieses negligi ret man uͤberall, man verkaufft die justiz, man verpachtet sie, O he! und soll doch eine sapientia da seyn, nam propterea nos submissimus principi, weil er sapiens . Vor dem sind die meisten Personen lauter seniores gewesen. Das Wort Seigneur kommt auch vom senior . Sie haben gemeynet, daß die seniores am geschicktesten, weil sie Erfahrung haben ex conse- quenti Wissenschafft, denn die Erfahrung ist eine perpetua memoria . Wenn mir einer sagt: Dieser ist ein experimenti rter Mann, so ist sol- ches ein grosses eloge in meinen Ohren, man siehet ihn an, als einen hominem pragmaticum, wenn er gleich nicht alle subtilit aͤten weiß, das gehoͤret vor einen Professor . Die subtilit aͤten machen mich nicht allezeit klug, fuͤhren einen offt ab. Das jus ist an sich selbst leicht, dasjenige, was es schwer machet, ist das factum, wissen wir das factum, so kan alsdenn leicht eine decision gemachet werden. In judicio wird das fa- ctum dunckel gemacht von denen Partheyen, Advocat en und Procurato- ribus, da ist also eine Kunst, das factum zu developpi ren, und muß ein princeps geschickte judices haben. Es muß also hier gehandelt werden von Advocat en, weil die das factum offt dunckel machen, ingleichen von Procuratoribus, und endlich von denen Partheyen selbst, weil diese offt auch nichts nutze, reorum enim est fingere . Es sind auch noch uͤber dieses allerhand circumstantiæ zu beobachten. Man koͤnnte uͤber die re- formation der justiz ein gantzes collegium halten, und wuͤrde solches sehr nuͤtzlich seyn, aber es muͤste von un interessi rten Leuten geschehen, denn wer ein interesse davon hat, wird sein Tage nichts Gutes sagen. Man verliehret dadurch in Schoͤppen-Stuͤhlen und facult aͤten, indem ihnen B b als- Cap. V. De prudentia alsdenn viel Sporteln wuͤrden abgehen. Leute aber, die Verstand ha- ben, fragen nichts darnach, wenn gleich nicht viel act en kommen, weil sie doch noch anderswo zu thun finden. Es sind viel grosse Herren und auch andere Leute, welche ihnen sonst koͤnnen zu thun geben. Die trans- missio actorum ist auch ein grosser Mißbrauch. Man sagt zwar: Es geschehe solches wegen Partheylichkeit der Richter, aber wenn man rechte Richter setzte, so wuͤrde keine Partheylichkeit zu vermuthen seyn. Es werden auch nur die processe ausgehalten, wenn die act en verschickt werden. Der ju- dex muß also suchen das factum zu developpi ren, und da gehoͤret hodie eine peritia dazu. Vor dem muste man auch wohl peritiam haben, und die leges patrias \& consuetudines wohl verstehen, es wurde auch derjenige hochge- halten, welcher eine experientiam hatte, und die leges patrum wohl ver- standen. Die alten Richter haben auch die Teutschen Gesetze gut ver- standen, und darff man deßwegen die Spiegler nicht verachten, wenn sie wie Roß und Maͤuler von dem Jure Rom. raisonni ren, denn dieses haben sie nicht verstanden, aber ihre leges wusten sie gut. Carolus M. hat in seinen capitularibus (ehe man noch von dem Jure Rom . etwas ge- wust,) Lib. V. Cap. 62. verordnet, daß alle, die im Gerichte waͤren, soll- ten Leute seyn, qui didicissent leges a sapientibus populi; sie sollten die leges und consuetudines in promtu haben, das kam nicht auf einen na- tuͤrlichen Verstand an. Wir sehen ja jetzo noch, daß nicht alle casus in Iure Rom . und Legibus patriis enthalten, sondern vieles muß man noch nach der Vernunfft, und aus dem Zusammenhang ex hypothesi decidi ren, und wenn gar nichts da ist, so decidi rt man ex æquitate . Man hat vordem uͤber dreyßig viertzig leges nicht gehabt, welches man bey denen Speyerischen Gesetzen sehen kan. Jetzo aber haben wir das Ius Rom. Can. Feudale, und statuta patria, da hier und dar was weggenom- men. Also ist kein Zweiffel, daß ein judex viel wissen muß; Daher ent- stehen eben Klagen, daß man junge Leute in die judicia setzet, welche nichts verstehen. Man erschrickt zu weilen, wenn man siehet, was die Leute vor resolutiones und Urtheil geben, aberant a via juris, und wissen den statum controversiæ nicht zu formi ren. Wer Theoriam eines jeden Titels weiß, der thut wohl, daß er sich laͤßt act en geben, und refe- ri ret, damit er siehet ob er speciem facti recht kan vorstellig machen, und wie es koͤnne decidi rt werden. Ist es eine geistliche Sache, so hat man vornemlich auf das Ius Can. zu sehen, ist es aber eine weltliche Sache, so gehet man auf das Ius civile . Man machet die praxin so schwer, wie die Theologi das Predigen, und gleichwie derjenige absurd handelt, wel- cher gleich anfaͤngt zu predigen, also ist auch der absurd, so sich auf pra- xin status circa leges \& judicia. xin leget, und die Theorie negligi ret, alsdenn lernet er nur chican en zu machen, und den proceß aufzuhalten; Die meisten Advocat en sind auch solche Idiot en ut nihil supra . Der beste ICtus ist, der speciem facti recht kan vorstellig machen. Man kan ohnmoͤglich Leute haben, qui sunt pe- titi rerum, welche nicht eine Zeitlang experientiam gehabt. Das ist gut, wenn man Beysitzer hat, welche stille schweigen, und nur zu hoͤren muͤs- sen. Es ist nicht gut, wenn man allezeit so viel Richter hat, denn sie disputi ren nur unter einander. Die Alten haben die Gerichte mit sieben Personen besetzet, und wenn sie viel zu thun gehabt, so haben sie den numerum verdoppelt. Man hat Quartal Gerichte gehabt, wie denn das Ober-Hof-Gerichte in Leipzig, und das Ober- Appellations- Gerichte in Dreßden noch alle Quartal gehalten wird. Kam aber etwas extra or- dinem, so hat der Cantzler indeß eine Verordnung gemacht; Vordem waͤhreten auch die Gerichte nicht uͤber acht Tage, jetzo aber dauren sie wohl sechs Wochen, und haben sie gar Willens, das Ober- Appellations- Gerichte bestaͤndig zu halten, weil der Sachen zu viel werden, das ma- chet der corrupte status, welcher jetzo ist. Quær . Wo findet man homi- nes bene meritos? Respond . Die Alten haben gewaͤhlet, das halte ich vor gut. Sie haben den Richter nicht bestaͤndig lassen Richter seyn, denn so bald ein Amt erblich wird, so dencket er alles aus, was zu sei- ner avantage was beytragen kan, dahingegen derjenige, welcher nur auf eine Zeitlang gesetzet, muß acht geben, ut cum bona fama decedat, er bleibet in der Furcht, und suchet seine Sportuln nicht zu vermehren. Es hat ein Frantzoß, Nahmens Franc. Gravelle, der unter Henrico III. in Franckreich gelebet, anno 1596. eine Politique Royale geschrieben, dar- innen er schoͤne Sachen hat. Er hat gewiesen, wie denen Vulturibus to- gatis ein Riegel vorzuschieben. Unter Henrico III. war eben ein grosser abusus in Gerichten, deßwegen hat er Gelegenheit genommen, davon zu schreiben. Naudæus in seiner Bibliographia politica lobet dieses Buch sehr, und meriti rt es, daß mans ins Teutsche uͤbersetzte. Alle Scabini, Schoͤppen sind vordem gewehlet worden; Drum heissen sie eben Schoͤp- pen von Schaafen, creare, man hat keine schlechte Leute darzu genommen, sondern lauter homines nobiles . Ein jeder Graf war homo senex, und wenn er nicht da seyn konnte, und etwan kranck war, so verrichtete sein Amt indeß ein scultetus, und in criminalibus ein Gau-Graf. Sie ha- ben muͤssen schwoͤren, nicht allein wenn sie ihr Amt angetreten, sondern bey einer jeden causa, denn das menschliche Hertz ist betrieglich, und wenn nicht taͤglich timor vor Augen geleget wird, obligationem suam negligit, und haͤlt vor besser, was es unrechtmaͤßiger Weise acquiri ren kan. Es B b 2 ist Cap. V. De prudentia ist nichts anders, als wenn die justiz nicht administri ret wird, denn da kommt man wieder in statum naturalem . Wie Stephanus Bathori auf den Pohlnischen Thron gestiegen, so hat der Groß-Cantzler zu ihm gesagt: er sollte die justiz administri ren, so wuͤrde er regardi ret werden, und allen respect haben, wuͤrde er aber dieses nicht thun, so wuͤrde er nicht so viel gelten, als er; So offt man lieset von Koͤnigen, welche ums Leben ge- bracht worden, wird man finden, daß es ex denegata justitia geschehen. Wenn man nach der moral es betrachtet, so haben die Leute freylich nicht recht, aber sie thun nicht darnach. Wie Philippus Macedo von Pau- sania massacri ret worden, so ist es eben propter denegatam justitiam ge- schehen. Kein Historicus ist, der nicht Philippum deßwegen blami rt, ob sie gleich nicht sagen, daß Pausanias recht gethan habe. Septimius Se- verus ist gewiß in vielen Stuͤcken ein gescheuter Kayser gewesen, dieser hat sich alle Richter lassen præsenti ren, und bey jeden lassen eine raison sagen, warum sie ihn erwaͤhlet. Etliche hat er selbst gekannt. Da hat er uͤberlegt, ob sie dazu tuͤchtig. Man wird sehen, daß in Venedig und andern Republiquen die justiz wohl administri ret wird, weil da die Magistratus ambulatorii sind. Daß man aber in Teutschland von der alten Gewohnheit abgegangen, ist diese Ursache: Unsere processe waͤh- reten lange, und wenn da die Richter haͤtten sollen abgehen, so haͤtten die neuen erst muͤssen wieder so viele volumina durchlesen, und sich da- von instrui ren, da ist denn eine corruptio aus der andern kommen. Es ist auch nichts abgeschmackters von der gantzen Welt, als wenn man die justiz verpachtet, da einer muß sehen, daß er das Geld wieder heraus be- koͤmmt. Das menschliche Hertz aber ist so beschaffen, daß es keinen Schaden haben will. Grosse Herren sollten diejenigen, welche die justiz pachten wollen, einstecken, und straffen. Denn weil die justiz das Haupt- werck, weßwegen man sich unter ein imperium begeben, so muß solche am besten in acht genommen werden; Gesetzt aber, es muß einer sechs hundert Thaler Pacht geben, so sucht er solche wieder heraus zu bringen, und wenn keine processe sind, so macht er welche. Wir haben einen casum gehabt, da zwey mit einander Streitigkeiten gehabt, der Richter ließ sie aber gleich citi ren, und sagte: Sie moͤchten ihre Sache rechtlich ausmachen. Wir haben den Richter eine Straffe zu erkannt, und ge- setzt, daß er gar verdiente, abgesetzt zu werden. Der Richter hat vor dem nichts als Sportuln gehabt: Denn er muste denen Sabinis Essen und Trincken und Reise-Kosten geben. Es ist nicht gnug, daß einer pe- ritus, sondern er muß auch animum haben, er muß ein ehrlicher Mann seyn, deßwegen haben die Teutschen keine schlechte Leute genommen, son- dern status circa leges \& judicia. dern lauter nobiles, die selbst gehabt unde viverent, und nicht von dem officio wollen leben. Es war mehr eine dignitas als ein officium lucra- tivum . Drum sagt Gravelle in seiner politic, man wollte alle officia re- formi ren, und lasse doch immer das officium lucrativum . Wo kan ein guter status da seyn, wo in einer Stadt mehr als zwey hundert Advoca- ten sind, welche alle von process en leben wollen, und processe machen, wenn keine da sind. Man muß denen Richtern nicht allein verbiethen, kein Geld zu nehmen, sondern auch nicht andere Sachen. Es ist absurd, daß, da einige gesehen, der Præses Provinciæ, wenn er in die provinz kom- men, hat koͤnnen kein Geld, aber doch esculenta und præsente nehmen, so haben sie solches auf unsere judices applici ret, und meynen, die koͤnn- ten auch esculenta und potulenta, einen Consistorial- Vogel, ein Faß Wein ꝛc. nehmen, da doch der præses Provinciæ rarissime gerichtet, son- dern er hat seinen Lieutenant gehalten, welcher solches gethan. Der Præses Provinciæ hat auch um deßwillen kein Geld duͤrffen nehmen, da- mit er nicht gesucht sich zu befestigen in der provinz, und von denen Roͤ- mern abzufallen. Ein Stuͤck-Faß Wein kostet manchen zwey bis drey hundert Thaler, soll das nicht verblenden. Die Teutschen haben in ihre Gerichte die Hoͤlle mahlen lassen, worinnen die boͤsen Richter gesessen. Der judex muß ein homo peritus und sobrius seyn. Daher haben die Teutschen fruͤh mit anbrechenden Tage Gerichte gehalten, Nachmittages inter pocula, haben sie die Staats-Sachen tracti ret, wie Tacitus sagt, wie aber die processe uͤberhand genommen, so hat man auch Mittages Ge- richte gehalten. Man darff nur die judicia so einrichten, wie sie vordem in Teutschland gewesen, das ist nicht abstract, sondern man koͤnnte es in concreto so haben, und koͤnnten sie so seyn, vid. Dissertat. Brummeri de Scabinis, welche unter seinen Schrifften, die man zusammen edi rt, sub Tit. Brummeriana stehet. Will man aber lesen, was beym processe sonderlich zu observi ren, so kan man lesen den Ziegler in seiner Dicastice, welches ein gescheuetes Buch, ingleichen seine Rabulisticam, darinnen er die Advocat en abgemahlet. Das letzte ist Lateinisch geschrieben, man hat es aber auch ins Teutsche uͤbersetzet. Was nun die Advoca ten be- trifft, so werden dieselben benennet ab advocando . Die Teutschen haben dieselben Sprechers, causidicos genennet, qui causam dicunt, und die Partheyen haben sie auch Sachers genennet, welches Wort im Reich noch gebraͤuchlich. Beym Lehmann in seiner Speyerischen Chronica kan man sehen, was vor eine gute Verfassung daselbst ist, welches noch von dem Fraͤnckischen Reich herkommt. Vor diesem sind in Rom keine Advoca ten gewesen, woraus man sehen kan, daß es nicht eben par tout B b 3 noͤthig Cap. V. De prudentia noͤthig Advoca ten zu halten. Weil wir sie aber jetzt nicht entrathen koͤn- nen, so muß man dieselbe suchen zu temperi ren. Ehe man bey denen Roͤmern Advocat en hatte, so gieng man zu denen vornehmen Leuten, wenn einer ein dubium hatte. Die patres nobiles haben sichs vor eine Ehre gehalten, wenn sie viele zu ihren Client en gehabt. Und wenn sich keine maliz, kein interesse bey denen patriciis eingefunden, so wuͤrde es auch so geblieben seyn, aber so verursachte das interesse, daß der peuple anfieng zu tumultui ren. Ein jeder wird ja selbst seine animi sensa koͤnnen vorbringen, was braucht man eben Advoca ten. Kan einer nicht alles so accurat sagen, so kan ihm ja der Richter fragen. Wenn ich absolute Gewalt haben sollte, einen proceß zu dirigi ren wie ich wollte, so wollte ich alle processe bald ausmachen: denn man koͤnnte nur die Leute fragen, wenn sie sich nicht gleich helffen koͤnnten; da sind aber so viele præsidia juris, welche die Partheyen haben. Man muß nicht dencken, daß die Pro- ceß-Ordnung allein daran schuld, und hilfft es nicht alleine, wenn man die Proceß-Ordnung aͤndert, die leges muͤssen geaͤndert werden, die vie- len effugia. e. g. Es soll ein Kerl dem andern Geld leihen, er trauet ihm nicht, da stellt er ihm einen Buͤrgen, er denckt, nun sey er sicher; wie er das Geld von dem Buͤrgeu haben will, so opponi ret derselbe ex- ceptionem excussionis . Die Teutschen sagten, den Buͤrgen muß man wuͤrgen, aber die Roͤmer haben das beneficium excussionis erst recen- tiori ætate sub Imperatoribus eingefuͤhret, und sagten, der Buͤrge waͤre nur in subsidium obligi ret. Das waͤhret nun zehn, zwantzig Jahr, und sagen sie: excutile debitorem usque ad peram \& saccum, kan der nicht bezahlen, alsdenn sollte erst der Buͤrge koͤnnen belanget werden. Das sind contradictoriæ leges, wenn man sagt, der Proceß solle abgekuͤrtzet werden, und man verpachtet die justiz, verkaufft die Aemter, und der Kerl hat so viele exceptiones . Wenn man alle Handschrifften ließ gel- ten wie Wechsel, so wuͤrde man viele processe abkuͤrtzen, da wuͤrden sie schon Anstalt machen eher zu bezahlen; denn es will keiner gerne ins Gefaͤngniß gehen, oder sein Vaterland verlassen. Dicis : Mancher kan nicht reden, er muß einen Advoca ten haben? Respond . Es sind wenig Leute in der Welt, so nicht koͤnnen reden, warum soll man andere im- mer lassen reden, welche nur Geld schneiden? Kan nicht der Richter fra- gen? Das thut man im Reich, da nicht der zwantzigste Theil soviel Processe als hier zu Lande. Es ist da ein Schimpf, wenn einer verkla- get wird. Wo man eine Republic anfaͤngt, da ist gut, daß man keine Advoca ten laͤst dahin kommen. Daher, als die Spanier Americam unter sich gebracht, so haben sie auch keine Advoca ten dahin gelassen, und status circa leges \& judicia. und sind noch bis dato keine daselbst. Mons. Varillas hat la Politique de Ferdinand geschrieben, darinnen er den Ferdinand, als einen politischen Herrn vorstellet, und gewiesen, daß es gut, daß er die Advoca ten nicht nach Americam gelassen. Das Daͤhnische Recht ist auch vortrefflich, denn da der Koͤnig in Daͤnnemarck gesehen, daß die Advoca ten nicht koͤnnten abgeschaffet werden, so hat er eine gewisse Summe gesetzet, da man einen Advoca ten koͤnne gebrauchen. Es ist der Muͤhe werth, daß man das Daͤhnische Recht kaufft, welches man auch Lateinisch hat. Es ist keine bessere justiz als in Daͤnnemarck. Wenn wir es mit un- sern Advoca ten so weit haͤtten, wuͤrde man nicht so bey uns extravagi- ren. Die Roͤmer sind auch wider die Advoca ten gewesen, welches man aus des Horatii Satyre sehen kan, daraus ich eine passage allegi ret in meiner Dissertation in actionibus b. f. \& str. Juris. Carolus Bretti in seinem Tractat de Judiciis . Welcher erst Lateinisch heraus kommen, nachgehends aber ins Italiaͤnische uͤber- setzet worden, und kan man solchen finden in denen neuen Tomis Antiquis Ro- manis, welche der Salengre edi ret. Zeiget auch, wie die Advoca ten aufkom- men. Der peuple bey denen Roͤmern ist denen Advoca ten sehr feind gewesen, weil sie gesehen, daß sie von ihrem Leder gezehret, und von ih- ren loculis sich bereichert. Die leges wider die Advoca ten sind auch alle von dem Tribunis plebis gegeben worden; Mir hat wohl gefallen, was Lehmann von Speyer saget, daß daselbst allezeit zwey mit in Ge- richten gesessen, die man als Advoca ten gebrauchen koͤnnen. Wenn nun unter denen Partheyen einer gewesen, der nicht selbst reden koͤnnen, so hat der Richter gesagt, er solle von diesen beyden einen wehlen, wel- cher hernach hinaus gegangen, sich von der Sache informi ren lassen, und solche hernach vorgetragen, davor er zwey albus bekommen. Die gantze Proceß-Ordnung in Speyer ist auf zwey waͤchserne Tafeln ge- schrieben gewesen, und hat Lehmann lassen drucken was darauf gestan- den. Die Tafeln sind aber hernach bey der Zerstoͤhrung der Stadt Speyer weggekommen, welches Fuchs, der auch Syndicus in Speyer ge- wesen, in seinen Addit. ad Lehmanni Chron. Spir. angemercket. Man hat gemuthmasset, daß die Bischoͤffe sie muͤssen weggebracht haben, weß- wegen sie auch mit denen Bischoͤffen processi ret, und editionem tabularum cerearum verlanget. Das institutum in Speyer ist gut gewesen: denn sonst suchen sie die lites zu dissemini ren, und suchen sich die Advoca ten nur zu erhalten. Also ist gut, wenn man denen Advoca ten das lucrum nimmt, worauf auch in lege Cincina gesehen worden, welchen legem der Tribunus Plebis Cincius gegeben. Uber diesem legem hat Brummer einen Tractat Cap. V. De prudentia Tractat geschrieben, den er dem Colbert dedici rt. Das gantze Werck in dem lege Cincia gieng da hinaus, daß die Advoca ten nichts sollten be- kommen, sondern alles gratis thun. Es gieng freylich nicht lange an. Es ist ein Fehler, daß man sie nicht publice constitui ret, und ihnen eine Besoldung gesetzt, waͤre dieses, so wuͤrden sie die lites nicht verlaͤngern: denn da verlaͤngert sich die Arbeit, und sie profiti ren doch nichts davon, sie wuͤrden vielmehr die Leute abrathen, nicht viel processe zu fuͤhren. Dicis : Wer soll ihnen die Besoldung geben? da sind nun einige Hasen, welche gesagt: daß man da solle den Fuͤrsten belaͤstigen wegen des Nu- tzens der Privat- Leute? Alleine der Fuͤrst besoldet ja die judices, also kan er auch wohl etliche Advoca ten bezahlen. Sechs Advoca ten koͤnnten bey einer Regierung alles ausmachen. Nun koͤnnte man sagen, es wuͤrden die Leute brav processi ren. Alleine, da koͤnnte man diejenigen, so teme- re litem movi rt, zuͤchtigen: denn es wird nirgends aͤrger gelogen, als in judiciis, reorum est fugere, mentiri . Wenn man also denen Advoca ten ein salarium gaͤbe, ihnen die Sporteln wegnaͤhme, so koͤnnte man vieles aͤndern. Weil nun so ein grosser numerus derer Advoca ten, so haben ei- nige gemeynet, man koͤnnte den numerum verringern, wenn man sie ver- aͤchtlich hielte, als wie man in hiesigen Landen gesetzet, daß sie einen Mantel tragen muͤssen, wodurch viele abgehalten werden, allein dieses Mittel macht zwar den numerum kleiner, man braucht es aber nicht, daß man sie beschimpfft: denn in der That ist ein Advocat nichts schimpf- liches, es ist ein Advocat ein homo desertus, der animi sensa wohl verste- hen kan. Bey denen Roͤmern hat man anfangs vornehme Leute zu Advoca ten genommen. Die Advoca ten im Parlament zu Paris sind auch lauter vornehme Leute, da einer manchmahl hundert tausend Tha- ler im Vermoͤgen hat. Es ist ja offt causa ardua, es sind bisweilen schwere Rechts-Fragen, da man die Leute braucht, man sollte nur rechtschaffene Lente dazu setzen. Wenn auch ein Fuͤrst die Advoca ten nicht besolden koͤnnte, woran es doch keinen Fuͤrsten fehlt, wer wollte nicht gerne contribui ren zu einem Salario vor die Advoca ten. Gesetzt auch, es sollte eine gantz neue Anlage deßwegen gemacht werden, so wuͤr- de es doch sehr nuͤtzlich seyn. Ehe verstehet einer nicht, was er thut, wenn er nicht selbst einen proceß gehabt hat. Du bist unmuͤndig ge- wesen, hast mit deinem Tutore wegen Rechnung zu thun, da kan der proceß wohl dreyßig Jahr waͤhren. Wenn aber in vier Wochen was kan ausgemachet werden, so ist es ja besser. Daß aber dem Staat durch die langwierigen Processe grosser Schaden geschiehet, hat Olden- dorp in seiner præfatione Classium Actionum gewiesen, welche passage Hertius status circa leges \& judicia. Hertius in seiner Politic Part. II. pag . 13. hat. So bald die Leute einen process haben, werden sie einander feind, und gruͤsset keiner den andern mehr. Man sagt, das Geld rouilli re doch, wenn es die Advoca ten be- kaͤmen, allein es faͤllt dadurch der credit, wo kein credit ist, da ist kein commercium . Wenn man einem Geld lehnet, der ein schoͤn Guth hat, da man primam oder wenigstens secundam hypothecam haben kan, so wird man es doch nicht gerne thun: denn man sagt, wenn man das Ca- pital wolle wieder haben, und es kaͤme zum concurs, so wuͤrde in zwoͤlff Jahren kaum der process aus. Wo keine Lehnungen sind, ist kein com- mercium, hingegen, wo prompte justiz, lehnet man gerne, denn da kan ich mein Geld bald wieder haben. Sie haben an einem gewissen Orte auch den process wollen abkuͤrtzen, und doch das contradictorium gelas- sen, es sollte keiner koͤnnen erscheinen ohne Advoca ten. Eben so ist es auch mit denen Procuratoribus beschaffen. An vielen Orten sind die Advoca ten zugleich auch Procuratores, male secundum accursium, denn es sind differen te Aemter, der Advocat arbeitet mit dem Kopfe, aber der Procurator mit dem Leibe, er besorget die fatalia, suchet dilation \&c . Ist es beysammen, so hindert einer als Advocat den process, und auch als Procurator . Man hat sie an vielen Orten separi ret, als wie in Leipzig, damit es aber nicht ausgemacht ist: denn es muß da ein jeder termin denen Procuratoribus von denen Leuten bezahlet werden, und giebt es noch allerhand Sporteln. Wer es will recht machen, der muß es machen wie bey denen Roͤmern, da sind keine eigene Procurato- res gewesen, sondern man hat gute Freunde dazu genommen. Quem- admodum aliquis gratis mea negotia gerit extra judicialiter, so kan es auch judicialiter geschehen. Man darff nicht dencken, daß ein Freund wird den process aufhalten; au contraire, er wird sich bemuͤhen, daß er bald wieder von der Last los koͤmmt. Diese reformation wuͤrde sehr nuͤtzlich seyn. Das andere ist alles nichts. Wenn andere Leute wollen eine reformation anfangen, so muͤssen sie das jus perfect verstehen, aber nicht darein verliebt seyn, sonst bessern sie nichts. Sie muͤssen eine Ehr- lichkeit und Liebe zum bono politico haben. Man braucht in judiciis auch scribas, wenn der scriba ein fourbe, so kan derselbe fast mehr Scha- den thun, als die Advoca ten, er kan nicht recht protocolli ren. Es ist hier mehr an einer Ehrlichkeit als peritia gelegen: denn es kan einer leicht ein protocoll, eine registratur machen. Wie offt kommt es nicht, daß man alle præcautiones muß machen, wenn die act en verschicket wer- den, damit keine Betruͤgerey vorgehet. Die Blaͤtter, so darinnen leer sind, werden durch gestrichen, damit nichts kan darauf geschrieben wer- C c den. Cap. V. De prudentia den. Offt kommen act en, die sich hernach nach einiger Zeit wieder fin- den. Also ist noͤthig, daß man Straffen setzt. Es ist gut, daß, wenn ein Secretarius eine registratur machet, ein Regierungs-Rath sich sol- chen allezeit zeigen lasse, damit er sehe, ob es recht zugegangen, und al- les recht geschrieben. Scribarum munus ist auch bey denen Roͤmern sanctum gewesen, und hat man viros honestissimos dazu genommen, welches man in dem Cicerone sehen kan. Eschenbach, ein Nuͤrnberger, hat eine Dissertation de Scribis geschrieben, welche in Holland nachge- drucket worden, und findet man schoͤne Sachen darinnen. Die Teutschen haben vor diesem gar nichts aufgeschrieben. Lehmann sagt in seinem Chronico Spirensi, daß kaum seit drey oder vierhundert Jahren man es aufgeschrieben, und protocolle habe. Der Secretarius hat nun die cita- tiones ausgefertiget, davor hat er was weniges bekommen. Alle Ur- thel sind muͤndlich hergesaget worden, hernach aber hat man gesehen, daß die Leute viel negi ret, und gesagt, es sey nicht decidi ret worden, daher hat man die Urthel aufgeschrieben, welches gut gewesen, weil die malitia groß worden. Es gehet freylich geschwinde zu, wo alles muͤndlich her- gehet. Bey denen scribis ist zu beobachten, daß sie auch keine Sporteln haben muͤssen. Die Secretarii machen die meisten Sporteln. Gleich- wie nun die Sporteln alle nichts heissen, sondern man muß salaria con- stitui ren; also ist dieses auch zu observi ren. Alsdenn wuͤrden sie alles abkuͤrtzen, so viel als ihnen nur moͤglich. Ein jeder Buͤrger, wenn es ihm vorstellig gemacht wuͤrde, wuͤrde gerne eine Anlage geben. Wer aber so ein Werck will angreiffen, der muß alles attaqui ren, nicht an- ders, als wie ein Mensch, der sich bessern will, alles attaqui ren muß, sonst changi ret er eine Kranckheit in die andere. Also muß man nicht beym Advoca ten, bey denen Secretariis allein es thun, die partes taugen auch nichts, reorum est fugere, exceptiones proponere . Daher muß man durch alle Titel gehen, und sehen, was zu Weitlaͤufftigkeiten Ge- legenheit giebet, das muß man abschaffen, und accommodi ren ad nostra tempora, alsdenn wird unsere jurisprudenz kuͤrtzer. Hat es der Koͤnig in Daͤnnemarck gethan, warum sollten wir es nicht auch koͤnnen zum Stande bringen? Aber auf den Reichs-Tag wird es nicht koͤnnen ausgema- chet werden, au contraire, wenn sie was haben wollen verbessern, so ha- ben sie entweder was aus dem jure canonico oder civili eingefuͤhret, oder wenn sie was aus denen Teutschen Rechten genommen, so haben sie es unter einander gemenget; daher kommen die schlecht zu rechte, welche das jus patrium aus dem jure Romano lernen wollen, wie Grass in Tuͤ- bingen solches daher fuͤhren wollen. Bisweilen ist das jus Romanum nur status circa leges \& judicia. nur uͤbersetzet. Bey allen Titeln muͤssen die effugia abgeschaffet werden; dergleichen sind das beneficium divisionis \& excussionis . Man consi- deri re nur die actionem Publicanam und rei Vindicatoriam, wenn ich sa- ge: ego hanc domum esse meam ajo, weil ich es erkaufft, und da ich verreißt gewesen, ist es mir von Haͤnden kommen, was habe ich da noͤ- thig dominium zu probi ren, und zu zeigen, daß der andere, von dem ich es gekaufft, auch dominus gewesen, wenn man nachdencket, so ist es re- vera exceptio de jure tertii, sufficit, daß ich es gekaufft. Daher auch der Prætor Publicus kommen, und eine fiction gemacht, rem esse usu captam, denn das sind lauter Quin ten. In der neuen Proceß-Ordnung ist viel abgeschafft, aber sie ist nicht sufficiens . Unser Autor, der ein Theologus, hat eine gute intention, wenn er saget, es waͤre gut, wenn man viel instanzen haͤtte, welches sich wohl in abstracto hoͤren laͤßt, haͤtte er aber in judicio gesessen, so wuͤrde er das nicht probi ret haben. Er meynet auch, es sey am besten, wenn der Fuͤrst oder judex nicht selber spraͤchen, sondern man compromitti rte auf impartiales judices, und ver- schickte die act en. Nun ist die transmissio actorum wohl gut, welche man auch in einigen Reichs-Staͤdten observi ret, da es nichts desto we- niger schnell zugehet: denn so bald einer durch ein Urthel gravi ret, kan er ein remedium suspensivum einwenden, und begehret transmissionem Actorum . Da haben die Partheyen nur einen Satz. Hier zu Lande aber ist es nichts, da hat man siebenerley Sachen, ehe einmahl appelli- ret wird. Was hat man noͤthig act en zu verschicken, als wenn der ju- dex partialis, deßwegen setzet man ja einen virum honestum, der nicht soll partialis seyn. Selten wird auch das Urthel reformi ret, und wenn es ja reformirt ist, so wird es reformirt in deterius . Wenn auch ein Fehler sollte bey dem judice a quo vorgehen, so wird derselbe doch nicht so arg seyn, als wenn die act en verschicket werden, da kan oͤffters noch ein absurde res Mittel vorkommen. Wir koͤnnen auswaͤrtige judices alle jura statutaria verstehen? Sie haben offt fremde terminos, die wir hier nicht haben? wie kan man die alle verstehen? Die transmissio Acto- rum kostet auch denen Leuten Geld, der judex bekommt Geld, der Secre- tarius, der Bothe ꝛc. und kan es unter acht Thalern nicht geschehen. Es ist auch weitlaͤufftig, denn wenn e. g. aus dem Hollsteinischen act en nach Tuͤbingen geschickt werden, wie lange waͤhret es nicht, ehe die act en zuruͤck kommen. Waͤre der Fuͤrst oder judex implici ret, alsdenn koͤnnte man wohl die act en verschicken. Man muß aber denen Partheyen nicht gleich glauben, wenn sie sagen, der Richter ist partialis : denn das Ur- thel, so gefaͤllet wird, ist einem allezeit angenehm, und dem andern ver- C c 2 drieß- Cap. V. De prudentia drießlich. Daß die vielen instanz en nichts nutzen, hat Hugo de abusu appellationum gewiesen, der auch gezeiget hat, wo die vielen instanz en herkommen. Der Cammer-Gerichts- Assessor Ludolph, welcher sonst in Eisenach in Diensten gewesen, saget, daß nirgends so viele instanz en waͤren, als in Sachsen. Es sind da erst die Leuterungen in denen Un- ter-Gerichten, hernach kommt man an das Hof-Gerichte, und denn an die Regierungen. Es ist gnug, wenn man eine instanz hat, zum hoͤch- sten zwey, was soll man da so viele instanz en geben. Rennemann, Pro- fessor Erffurthensis hat auch eine Dissertation de Transmissione Actorum geschrieben, worinnen er gewiesen, wo sie herkommen, und was gutes dran sey, item was sie vor eine Verhinderung machen. Wenn einer ein Narr, so kan man propter duritiem cordis wohl transmissionem Actorum zu lassen. Wenn man bey einem Urthel nur die act en ver- schicket, so waͤre es noch gut, so aber thun sie es bey allen interlocu ten, welches ein grosser Fehler. Sect. V. de Prudentia status circa pœnas \& præmia. §. 1-2. Caute len, so bey Bestraffun- gen inacht zu nehmen. S I homines legibus parerent \& voluntatem principis pro sapientissima haberent, so wuͤrden die leges nicht uͤberschritten werden, ubi vero nulla legis transgressio, ibi nullum delictum, ubi nullum delictum, ibi nulla pœna . Aber violant leges; dum violant voluntatem principis, nihil faciunt, daß es soviel ist als nichts, sie gehen nur nach ihren Trieb der Natur, und setzen den legem expressam auf die Seite, daher auch ein Princeps veritatis in vitiis sie bestraffen, und metum, quod non sit vanus, zu erkennen geben muß. Dieses ist sein officium : denn er hat nicht nur muͤssen versprechen, daß er wolle leges geben, sondern, daß er auch wolle severus legum custos seyn: Lex enim sine sanctione pœnali non est lex . Das ist sein munus . Er ist schuldig solches zu thun, und stehet nicht in seinem arbitrio bloß sine ratione zu dispensi ren. Es wird zwar in der Welt nicht bestrafft, sondern soli Deo respondet, wenn er sine ulla causa denen legibus Krafft giebet, und dispensi ret, er macht aber doch, daß die Unterthanen murren, und bekommen einen Haß gegen ihn. Vieles thun freylich die Unterthanen nicht mit Recht, aber es geschiehet doch; daß aber der Princeps schuldig ist auf die pœnas zu sehen, kommt daher: Er status circa pœnas \& præmia. Er hat denen Unterthanen Sicherheit versprochen, sie haben aber keine Sicherheit, wenn pœnæ cessi ren. Man sollte in aller Regenten Zimmer schreiben, daß sie wegen des Volcks, und nicht das Volck ihrentwegen. Man kan aber nicht de pœnis \& prudentia circa pœnas discurri ren, als wenn man den finem pœnarum humanarum ansiehet, der ist nichts an- ders als emendatio, und wenn es unmoͤglich, ut emendetur peccans, er will voluntatem Principis nicht inacht nehmen, so heißt es: pereat . Wir koͤnnen freylich nicht die Menschen alle mit Strumpf und Stiehl aus- rotten, sie sind keine Engel, haben aliquid rationis, audiunt, sie koͤnnen emendi ret werden, auch per castigationem mediocrem, levem etiam sæ- pius . Wenn es aber nicht anders seyn kan, es ist keine Hoffnung, daß er wird voluntatem Principis observi ren, so gehet man auf Todes-Stra- fen. Deßwegen bleibet doch finis, emendatio . Also muß der Princeps darauf sehen, ut ille terror ante oculos constituatur . Hier ist denenje- nigen nicht zu verdencken, welche bey denen pœnis allerhand similia me- dica gebrauchen. Gregorius Thosolanus, welcher sonst ein grosser Jurist gewesen, aus Thoulose gebuͤrtig, hat eine Politic geschrieben, darinnen sagt er: Man sollte ihn nicht verdencken, daß er bisweilen den Hyppo- cratem allegi re, sonderlich bey denen pœnis, weil ein Imperans gehen muß wie ein Medicus, indem emendatio der scopus ist. Gefallen einem die similia nicht, so kan er sie weglassen: denn die similia braucht man nur, damit man die Sache desto eher fasset. Alle, die de pœnis gehan- delt, haben in Lectionibus I. N. \& G. talibus similibus sunt usi, als Puffendorff, Thomasius, \&c. sonderlich hat Herr Thomasius die similia immer weiter poussi ret. Wenn der Mensch soll emendi ret werden, so thut es der Princeps securitatis publicæ gratia, ratione subditorum . Denn qui sibi ipsi satisfacere cupit, der ist iratus in furore . Rachgier hat in civitate nicht statt. Die Worte: vos ego, welche der Neptunus beym Virgilio ausgesprochen, kan ein Princeps nicht gebrauchen, sed præstat motos componere fluctus. Invitus ad pœnas accedit, sed ex officio . Thut er es nicht, so haben die Leute keine Gedancken von ihm, daß er der Princeps justus sey, sondern alles thue suæ utilitatis gratia, da wird ihn der peuple feind, welches aber keinen Fuͤrsten was nutze. Sagt er gleich: oderint, dum metuant, so kan doch eine Zeit kommen, da er sich auf die Liebe seiner Unterthanen verlassen muß, alsdenn lassen sie ihn un- tergehen, \& alium Imperantem quærunt . Es darff keiner dencken, daß dieses was rares, alle Historien sind davon voll, und hat der eine mise- rable experience, welcher dieses nicht glaubt. Nicht zu gedencken, daß ein Herr wider seine Pflicht handelt, denn er ist nicht deßwegen da, ut C c 3 irasca- Cap. V. De prudentia irascatur, sibi satisfaciat . Daher entstehet die Frage, was in infligen- dis pœnis zu observi ren, wenn man kluͤglich handeln, und den modum in acht nehmen will? Auf den modum kommt alles an, und wenn man in dem modo fehlet, so erhaͤlt man den Zweck nicht. Sie haben hier ein general-exempel, und sagen: Der modus sey, daß man eine pro- portion muͤste in acht nehmen inter delictum \& pœnam, aber es ist doch noch obscur, was heisset eine proportion in acht nehmen; da- her ist allen zu rathen, daß sie sich deutlich applici ren, sonst ha- ben sie nur ein leeres Wort. Andere haben dieses gar uͤbern Hauffen geschmissen, und meynen, es kaͤme nicht auf die proportion an, sondern auf voluntatem principis, daß der sagte: sic volo, si contra fa- cies, sollst du gestrafft werden. Denn sie meynen, man koͤnnte sonst nicht sagen, wie von einem Apffel-Biß der Fall des gantzen menschlichen Geschlechts kommen koͤnnen. In dem Tit. de furtis meynen die Juristen, sey auch ein casus, da es nicht auf eine proportion ankomme. Man thut aber am besten, wenn man saget, utilitas reipublicæ waͤre der scopus: quo magis repugnat utilitate publicæ, eo severius est puniendum, quo minus, eo mitius est puniendum . Wenn aber utilitas reipublicæ nicht vorhanden, plane non est puniendus, man muß dissimuli ren, und darff man nicht dencken, daß es eine Suͤnde, bisweilen kan eine Zeit kommen, daß er es nicht darff wagen zu straffen; Ein Enthusiast und ein Stoi- cus spricht: omnia peccata sunt æqualia . Er ist ein Abstractionist . Es ist wahr, certo respectu sind die peccata æqualia, weil sie alle a lege reci- di ren, aber das brauchen wir nicht in politicis, in usu rerum. Chrysip- pus hat gesagt, es sey eben so boͤse, eine alte Frau zu kuͤssen, als seine Mutter zu stupri ren: Denn wenn ich eine alte Frau ex libidine kuͤsse, so sey es eben so wohl recessio a lege, als wenn ich meine Mutter stuprir- te, aber es kommt nicht allein auf recessionem a lege an, daher kan man nicht alle peccata æqualiter straffen, sondern es kommt darauf an, wel- ches peccatum der utilitate publicæ den groͤsten Schaden thut, nicht, ob es vor unsern HErr GOtt einerley. Wenn ich von der Hurerey pre- dige, so will ich dieselbe eben so scheußlich abmahlen, als den Mord. Welches man auch denen Menschen ratione salutis futuræ muß vorstel- lig machen. Aber in der Welt thut peccatum libidinis nicht so einen grossen Schaden als Mord. Man muß also allezeit die normam ab utilitate publica nehmen. Diese section hat der Autor wohl gemachet, weil er den Conring excerpi ret, der eine schoͤne Dissertation de pœnis ge- schrieben. §. 3. status circa pœnas \& præmia. §. 3. Bisweilen laͤßt utilitas reipublicæ nicht zu, ut punias, wie Cautel en, weñ die Straffen ohne Gefahr nicht exequi ret werden koͤn- nen. wenn ein tumult, seditio, du bist impar viribus ? Als Carolus V. erfuhr, daß in Neapolis ein Aufruhr entstanden, so gieng er zwar nach Neapo- lis, und sahe an, was passi ret. Als er nun gesehen, daß das Volck ei- niger massen raison gehabt, einen solchen Lerm anzufangen, so hat er die- jenigen belohnet, welche revolti ret, und die andern, so es mit ihnen ge- halten, tristi vulti aspexit . Das war eine grosse politic, denn er sahe, daß er mit Gewalt nichts wuͤrde ausrichten, weil er keine Trouppen bey sich hatte. Nach und nach kan man solche Leute doch schon capistri ren, sie pecci ren wohl einmahl wieder, da kan man sie loß werden, deßwegen darff man sie doch nicht unschuldig straffen. Wenn einer sagt: fiat ju- stitia, pereat mundus, das ist enthusiasti sch, quid enim si pereat ? So hast du ja kein Volck. Was ist aber ein princeps ohne Volck? Ein princeps muß regieren, wie ein guter Capitain, der commandi ret mit ei- nem fang froid, welcher mitten unter denen fluctibus fortseegelt. Deß- wegen giebt man bisweilen general-pardon, nicht, als wenn man es approbi rte, sondern weil es jetzo sich nicht schicket, daß man sie strafft, offt kan man also pœnam nicht sine majori malo exequi ren, tunc inuti- lis est pœna . Da muß man sich keinen fumum in Kopff setzen, es sey gleichwohl unrecht, wenn man die Leute nicht straffen wollte, GOTT wuͤrde schon beystehen. Allein unser HErr GOtt regieret nicht imme- diate, sondern mediate, also muß man auch die Mittel nicht negligi ren. Furchtsam darff einer freylich nicht seyn, wenn er force hat, da kan er wohl straffen. Es ist auch ferner zu mercken, daß, wenn manchmahl vornehme Leute implici ret sind, man wohl thut, wenn sie heimlich abge- than werden. Philippus II. hat absurd gehandelt, daß er den Graf Egmond und Horn die Koͤpffe abschlagen ließ, da wurde das Volck boͤse. Haͤtte er wollen was kluges thun, so haͤtte er sollen die Grafen sub specie ho- noris aus denen Niederlanden wegschaffen. Dem Hertzog von Braganza, welcher auch Koͤnig in Portugall worden, wurde das commando in Ca- talonien, nebst andern schoͤnen conditionibus offeri ret, damit man ihn aus Portugall wegbringen wollte; aber er merckte, warum sie es haben wollten, und that es nicht, sonst aber waͤre der Anschlag sehr gut gewe- sen. Ich muß auch sehen, ob ich alles per pœnas kan rectifici ren: denn bisweilen ist ein malum inveteratum . Wie nun dieses nicht auf ein- mahl kommen, sondern pedetentim, so wuͤrde einer absurd handeln, der es auf einmahl abschaffen wollte. Er wuͤrde eben so absurd handeln, als wie derjenige, so gesehen, daß der Wein nach und nach in das Faß hinein gefuͤllet worden, und er wollte haben, daß er auf einmahl wieder heraus Cap. V. De prudentia heraus lauffen sollte, da muß er dem Fasse den Boden ausschlagen, als- denn ist es kein Faß mehr. Der luxus und die Hurerey sind ein grosser Verfall, und geben der Republic eine affreuse Gestalt, die Leute werden luxuriosi, in belles, negligi ren ihre officia, aber der princeps wuͤrde ver- rathen seyn, wenn er auf einmahl allen luxum und Hurerey abschaffen wollte. Der Koͤnig Christianus III. in Daͤnnemarck wollte in Coppen- hagen die grossen Hosen mit denen vielen Falten, wozu man so viel ge- braucht, als heut zu Tage zu einem gantzen Kleide, abschaffen, die Leu- te wollten sich nicht dazu bequemen, deßwegen ließ er denen Leuten par force die Hosen abreissen, wodurch aber ein tumult entstund, und er sei- nes Lebens nicht sicher war, und viele Menschen todt geschlagen worden. Haͤtte er vor sich eine mode angefangen, so wuͤrden ihm bald andere nachgefolget seyn, und wuͤrde es keine solche Verdrießlichkeit gegeben ha- ben. Ein Exempel von dem Hexen- proceß zu geben, fingam, als wenn alles wahr, was von denen Hexen gesagt wird, fingam, es sey was ge- schehen durch Hexerey, quær . Ob sich ein Herr dadurch solle zum He- xen- proceß verleiten lassen? Respond . Es ist am besten, er strafft die Leute, quia damnum fecere, um das andere aber, ob es wuͤrcklich Hexe- rey sey, braucht er sich nicht zu bekuͤmmern: Denn es wird ein proble- ma bleiben, so lange die Welt stehet, ob wuͤrckliche Hexerey sey. So offt man es hat wollen untersuchen, so haben sie auf andere bekennet, daß man nicht koͤnnen zu Ende kommen, und hat man endlich solche pro- cesse muͤssen cassi ren. Dissimulare heist hier so viel, daß man thut, als wenn man nichts wuͤste. Wir finden bey dem Joab, welcher den Ab- ner umgebracht, daß David ihn gerne gestrafft, aber er konnte es nicht thun, befahl aber doch dem Salomo, daß er ihn nicht sollte lassen mit seinen grauen Haaren in die Grube fahren. Man darff auch nicht dencken, daß ein scandalum in solchen Fall gegeben wuͤrde: Denn das heist scandalum, wenn die Leute dencken, es sey ein lex vorhanden, \& princeps impune tulit, daß einer den legem uͤbertritt. Hobbesius hat einen schoͤnen concept de scandalo gegeben. Hieraus kan man sehen, wie wunderlich diejenigen sind, welche meynen, man duͤrffe nicht dissimuli ren. Unser Autor aber, ob er gleich ein Theologus, meynet doch, daß man koͤn- ne dissimuli ren. Wir haben viel Feinde um uns, da muß man dissimu- li ren, hergegen sind wir unter guten Freunden, so haben wir es nicht noͤthig. Zevecotius in Observationibus Politicis ad Florum, hat artige remarqu en, was heisse tempestive punire, er zeiget, daß man es viel schlim- mer mache, wenn man das tempo nicht in acht nehme. Man hat mit Leuten zu thun, welche nach ihren natuͤrlichen Begierden leben, daher muß man status circa pœnas \& præmia. man denenselben vorbauen. Es ist freylich sehr suͤsse, wenn man thun kan, was man will, natuͤrlicher Weise davon zu reden, aber ob man gleich sucht nach seinen Willen zu leben, so ist doch dem Menschen sein Leben lieb, und kan man ihn erschrecken, daß er nicht stiehlt, wenn man sagt: er solle des Todes sterben. Wenn auch einem das Leben nicht genom- men wird, sondern nur ein Ohr, Finger ꝛc. so will einer doch gerne cor- pus integrum behalten. Manchmahl kan man einen zuruͤck halten in- famia, manchmahl per multum peccuniariam . §. 4. 5. Es ist in anteced . gedacht worden, daß es nicht allezeit De modo pu- niendi. nuͤtzlich, die Leute publiquement hinzurichten, sondern man kan sie per speciem honoris aus dem Lande schaffen, wodurch sie sehr gezuͤchtiget werden. Mancher bleibt gerne in der Residenz, da kan man ihn com- mandi ren an das Ende der Welt. Die Portugiesen schickt man nach Brasilien, die Engelaͤnder nach Ost- und West-Indien. Die bey Ho- fe sind gewesen, kan man an schlechte Orte setzen, wo keine vornehme Leute sind. Dem Rabutin de Bussy, welcher General-Lieutenant gewesen, und bestaͤndig am Hofe gelebet, ist sehr sauer ankommen, in exilio zu leben, wie man aus seinem Traité des adversités sehen kan. Man thut biswei- len wohl, wenn einer in grossem Ansehen ist/ und einen tumult zu befuͤrch- ten, daß man ihn ohne Gesang und ohne Klang hinrichten laͤßt. Es ist freylich nicht recht, wenn man nicht gewiß versichert ist, daß er cou- pable: innocens enim nunquam potest puniri. Rapin Thoyras erzehlet eine Englische Historie, daß Henricus in Engeland zwey Personen un- rechtmaͤßiger Weise gleich lassen aufhaͤngen, welches freylich nicht zu approbi ren. Aber wenn sie coupable, so thut man wohl, wenn man ihnen nicht erst den proceß machet. So ist es mit dem VVallenstein ergangen, welcher wider den Kayser conspiri ret, den ließ der Kayser un- vermuthet massacri ren. Haͤtte der Kayser ihn erst hoͤren wollen, und ei- nen rechten proceß formi ren, so wuͤrde die gantze Armée in Boͤhmen re- volti ret haben. Haͤtte der Kayser Leopold den nochmahligen Cardinal Fürstenberg auf Einrathen des Lobcowiz lassen den Kopff herunter reis- sen, so wuͤrde kein solcher Krieg entstanden seyn. Er war gravi rt gnug. Eben so haͤtte es der Kayser auch sollen dem Rogoczy machen, welcher auch gnug coupable, da man aber zauderte, so kam er endlich aus dem Gefaͤngniß, und hat dem Kayser Lermen gnug gemachet. vid. Clapmarius, Prof. Altorff. in Arcanis Polit . Welches Buch einige, so es nicht recht angesehen, vor schlecht halten, aber es ist ein schoͤn Buch, denn er hat alle Republiquen durch gegangen, und alles ge- sucht Sonderlich darff man bey Staats- D d crimi- Cap. V. De prudentia criminibus nicht warten, welche wie eine mine; nehme ich mich nicht in acht, so bin ich in die Lufft. Obgleich der Hertzog von Alba sonst ein guter Soldat gewesen, der in der execution ein gut consilium ge- ben koͤnnen, so hat er doch absurd gehandelt, daß er den Graf Horn und Egmont publiquement hinrichten lassen, da doch dem peuble ihre meri ten bekannt, und wenn sie auch gravi rt gewesen, wiewohl ich den Egmond perfect defendi ren wollte, so haͤtte er es doch nicht sollen oͤffentlich thun. Es entstund deßwegen in Bruͤssel ein tumult, die Leute schlossen die Bou- tiqu en zu, und war der Hertzog von Alba selbst nicht sicher. Er zog sich zuruͤck, wodurch erdie Sache nur schlimmer gemacht: Denn die Leu- te waren gantz desperat, das hat auch verursachet, daß sich die Hollaͤn- der hernach separi ret, die Leute wollten lieber sterben, als so regieret seyn. Lipsius in seiner politic handelt auch hievon, der peuble hat allezeit Mit- leiden mit demjenigen, so inferior . Ein princeps soll auch nicht selbst Hencker seyn, sondern andern die execution uͤberlassen. Daher Curtius dem Alexandro mißbilliget, daß er den Clytum selbst erstochen, und kan man hier lesen, was die Commentatores uͤber den Curtium hierbey colli- gi ret. Orosius in Historia Emanuelis tadelt an dem Johanne, daß er selbst des Emanuelis Vater, den Hertzog Ferdinand von Viseo, ums Le- ben gebracht, wenn er auch gleich coupable gewesen, und ein Crimen læsæ Ma- jestatis begangen haͤtte, so haͤtte er doch solches nicht selbst thun sollen. Man hat nicht geglaubet, daß er es boni publici gratia gethan. Es giebet ein affreuses Ansehen, wenn der princeps selbst die execution ver- richtet, oder auch nur dabey ist. Niemand wird sagen, daß die Hertzo- ge von Guisen unschuldig gewesen, unterdessen aber wird doch ein jeder, der die Historie Henrici III. beschrieben, mißbilligen, daß er sie lassen zu sich kommen, und indem er mit ihnen geredet, hat die Wache muͤssen her- vor treten, und sie massacri ren, dadurch hat er eben verursachet, daß nicht allein ihre Freunde sich gereget, sondern es haben auch viele andere Par- tisans tumultui ret, welche nicht geruhet, bis der Koͤnig von einem Jaco- biner-Moͤnch massacri ret worden, welcher ihn mit einem vergiffteten Messer sucht zu embelli ren, aus der alten und neuen Historie hat viele Exempel bey- gebracht, von geschwinder execution. Jo. Christfried Sagirtarius, Superin- tendent in Altenburg, als er noch in Jena gewesen, hat den Clapmarium von nenen auflegen lassen, und Noten dazu gemacht. Dieser Clapmarius hat auch Nobile Triennium geschrieben, worinnen er gewiesen, wie ein no- bilis binnen drey Jahren lernen koͤnne, so viel, als ein nobilis brauche. Tho- mas Crenius hat solches nebst andern Tractat en, de hac materia lassen zu- sammen drucken. status circa pœnas \& præmia. Messer im Unter-Leib gestochen. Er haͤtte ihnen sollen einen kurtzen pro- ceß machen, oder nicht dabey seyn, da sie massacri ret worden. Sixtus V. wurde von denenjenigen, die sonst seine gute qualit aͤten sehr geruͤhmet, ge- tadelt, daß er einen vor seinem Zimmer lassen aufhencken, und wie er essen wollen, habe er ihn noch einmahl angesehen, und gesagt, daß sey ein Salat, worauf ein gut Stuͤck Braten schmeckte, vid. Leti in vita Sixti V. Carolus IX. in Franckreich wird von der gantzen Welt blami ret, daß er auf der Parisischen Blut-Hochzeit, an welchem Tage seiner Ge- mahlin Isabella Gebuhrts-Tag celebri ret wurde, und seine Schwester, Margaretha, an den Koͤnig Heinrich von Navarra verheyrathet worden, so viele vornehme Leute, welche dazu inviti ret worden, massacri ren lassen. Und noch darzu hat er diesen schoͤnen Schnitzer gemacht, daß er des Abends, da die massacre vorgegangen, ausgefahren mit Wind-Lichtern neben der Carosse, und wenn er an einen Ort kam, da einer aufgehaͤn- get, so ist er ausgestiegen, und hat gesehen, ob er auch todt. Die Fran- tzosen auch, welche Catholisch sind, erkennen, daß dieses ein Fehler. Ein jeder hat daraus geschlossen, daß es dem Koͤnige nicht so wohl zu thun waͤre um die Religion, als ein plaisir zu haben ex illo spectaculo funestissimo, davon Thuanus gewuͤnschet, daß der Tag im Calender moͤchte ausgestrichen werden, da dieses geschehen. Niemand hat auch solche defen- di ret, als der Marc. Anton. Muretus in einer Oration, so er vor dem Pabst gehalten, worinnen aber nichts als Pfaffen- principia, minus pru- dentia . Andere Leute, koͤnnen wohl zu sehen, wenn so eine execution geschiehet, damit sie ein Exempel dran nehmen, aber grossen Herrn die- net es nicht zum Exempel, sondern wenn sie zusehen, so dencket man, sie haͤtten ein plaisir daran. §. 6. Ein Herr muß keine neuen supplicia erdencken, sondern straf- Ob neue Stra- fen zu erden- cken rathsam? fen secundum leges, sonst dencket man, er wolle sich raͤchen, und habe keine wahre intention. Sufficit, wenn derjenige, so pro hoste gehalten wird, todt ist, was soll man erst lange auf eine Straffe dencken? Man hat bey denen Roͤmern als was grausames angesehen, da der Metius und Suffetius als perduelles mit Pferden zerrissen worden: Denn es war sol- ches vorher unbekannt. Vor denen Roͤmern ist diese Straffe zu denen Teutschen kommen. Monsr. Langlæus erzehlet in seinen semestribus, daß viele Leute daruͤber reflecti ret, als man unter Francisco I. die perduel- les mit eben der Straffe beleget, und saget er, daß die Frantzosen solche ex formidabili Teutonum regno entlehnet. Reflecti ren aber die Leute, so bekommen sie einen concept von ihren Herrn, daß er ein Nero, ein Caligula, so lange er force hat, pari ren sie; cessi rt aber dieses einmahl, D d 2 so Cap. V. De prudentia so revolti ren sie. Und obgleich dieses nicht recht ist: Denn wenn die Unterthanen einen Fehler an ihrem Principe sehen, so sollen sie denselben mit Gedult ertragen, so dencken doch hier die Unterthanen nicht nach. Die principes Romani haben sich bey ihren eigenen Leuten verhast ge- macht, daß sie die Christen novis pœnis belegt, vid. Lactantius de mor- tibus Persecutorum, welches Buch man recentiori ætate erst gefunden, und in Holland mit schoͤnen notis variorum aufgeleget. Sie haben ge- sagt, es sey contra morem \& consuetudinem hactenus receptam . Je mehr sie straffeten, je mehr ist die Christliche Religion ausgebreitet wor- den. Obgleich die Heyden meyneten, daß sie gestrafft muͤsten werden, so hatten sie doch Mitleiden mit ihnen, weil man so viele neue pœnas ihrentwegen erdachte. Von Milde- rung der Stra- fen. §. 7. Vielmehr muß ein Herr es so einrichten, daß die Leute den- cken, er habe mit denen pœnis nichts zu thun, und lasse denen pœnis ih- ren Lauff, aber præmia muß sich der Herr reservi ren. Hertius in Prud. Cic. pag. 147. hat ein artig Exempel von Henrico VII. in Engeland, wo- von man auch in Franc. Bac. de Verulamio vita Henrici VII. Nachricht finden kan. Dieser Henricus VII. war nicht eben einer von denen Ge- lindesten, zuletzt aber hat ers besser eingesehen, und en general gesetzet, es sollte keiner pardonni ren, sondern er wollte solches alleine thun; Denn wer pardonni ret, erhaͤlt laudem clementiæ, wer laudem clementiæ hat, hat amorem civium; Die cives freuen sich offt, wenn sie sehen, daß je- mand pardon bekommt, ob sie gleich sehen, daß dem Kerl nicht unrecht geschaͤhe, wenn er gestrafft wuͤrde, so sagen sie doch, es koͤnne leicht ge- schehen, daß einer pecci rte. Die leges muͤssen also severæ seyn, aber humanitate temperatæ . Deßwegen werden die Leges Mosaicæ so æsti- mi ret, daß GOtt auf duritiem cordis gesehen. Man kan nicht alles eben machen, und thun grosse Herren nicht unrecht, si interdum indul- geant . Will man sehen, was crudelia supplicia effectui ren, so braucht man nicht auf die alten Zeiten zu gehen, sondern nur das secul. XVII. zu betrach- ten. Die Spanier haben ja die Niederlande dadurch verlohren, Lieffland waͤre nicht verlohren gegangen, wenn sie nicht waͤren so hart gehalten worden. Man fuͤrchtet sich vor einem, der regieret, wie der Sultan, welcher einen den Strick ins Hauß schicket. Gratiosa potius princeps affectet ; und wenn er ja siehet, daß es noͤthig, ut sumatur supplicium, so schiebet er es auf die Ministres, oder auf die leges. Lipsius in seiner politic, und in denen exemplis politicis hat nette reflexiones hievon, und Reinhard in Comment. ad Lipsii Polit . hat noch mehrere exempla suppe- diti ret. §. 8. status circa pœnas \& præmia. §. 8. Wer straffen will, muß fundamenta mali haben, das be- Cautel en, wen viele pecci ret. stehet in Raͤdelsfuͤhrern. Hobbesius giebt ein schoͤnes Gleichniß, und sa- get: multitudo cum peccat, ist wie ein Staub, Spreu, wenn der Wind darunter blaͤset, so gehet sie in die Hoͤhe, und machet motum turbulen- tissimum, woran aber nicht die Spreu, sondern der Wind Ursach ist. Eben so ist es mit dem peuble, wenn da ein æolus kommt, und hinein blaͤset, so macht er den peuble rasend. Ein Jurist kan freylich hier sa- gen, peccat, leges transiit, ex consequenti contemnit principem, und muͤs- sen alle gestrafft werden. Aber das ist severe raisonni rt. Man muß sehen, wer den peuple in motum gebracht, tolle hunc æolum, alsdenn wird alles aufhoͤren. Es muß einer hier seyn, wie ein kluger Medicus, qui fundamentum mali tollit . Wahr ist es, sine populo wuͤrde der tu- mult nicht entstanden seyn, deßwegen kan man doch nicht alle straffen, sondern nur die Raͤdelsfuͤhrer. Strafft sie einer alle, so hat er keinen peuple mehr. Du hast auch keine Gefahr, wenn du nur die Raͤdelsfuͤh- rer straffest, die andern bekommen dadurch einen Schrecken, und werden nichts wieder anfangen. Wenn man nun aber die Raͤdelsfuͤhrer nicht weiß, so siehet man darauf, ob sie alle pecci rt, haben sie alle pecci rt, so kan man sie lassen wuͤrffeln, wen die fatalité trifft, der muß sterben; Hergegen wenn sich ein jeder excusi ret, er habe nicht pecci rt, so kan man sie nicht lassen wuͤrffeln, indem es einen Unschuldigen treffen koͤnnte. Besser aber ist es absolvere centum reos, als damnare unum innocen- tem. Bœcler in Notis Polit. ad Tacitum hat schoͤn hievon raisonni ret, welche passage ich auch allegi rt in meiner Dissertat. de Universitate delin- quente . Zum Exempel: In der Thornischen affaire ist freylich nicht recht, wenn Buͤrger in der Jesuiter ihr collegium eingefallen, und aller- hand Unfug darinnen angerichtet, weßwegen man solche koͤnnen straffen, aber daß man den Magistrat culpam imputi ret, sie haͤtten die canaille nicht recht in Zaum gehalten, und sie deßwegen so hart gestrafft, ist hoͤchst un- recht. Man siehet, daß nur die Jesuiten wollen durch diese troubl en pro- fiti ren. Sie sagen, der Senatus habe pecci rt, und er ist doch nicht uͤber- fuͤhret, das machte eine affreuse Gestalt in gantz Europa. Der Kayser Maximilianus war hierinnen gescheuter, denn ehe er noch Kayser worden, aber schon Roͤmischer Koͤnig, und in Niederlanden als Souverain war, so entstund in Brugg ein tumult, sie setzten ihn in arrest, und schlugen seinen Leuten die Koͤpffe ab, brachten ihn, und tracti rten ihn als einen Larron . Wie sein Vater nach denen Niederlanden kam, mit einer Ar- mée, so wollte er gantz Brugg umkehren, Maximilianus aber sagte, er sollte nur die Raͤdelsfuͤhrer bestraffen, welches auch geschahe, und die andern D d 3 mu- Cap. V. De prudentia musten alle mit einem Strick um den Halß pardon bey dem Kayser suchen. Einige meynen, daß Maximilianus gar zu gelinde gewesen, indem sehr wenig den Kopff verlohren. Allein Maximilianus hat einen Eyd gethan, daß er sich nicht raͤchen wollte, der mag ihm in Sinn gelegen haben. Der peuple ist in solchen Faͤllen rasend, mit rasenden Leuten aber muß man manchmahl Mit- leiden haben, und verhindern, daß nicht dergleichen wieder geschehen kan. Man muß bey dieser materie auch lesen, was in jure Naturali \& Gentium von pœnis gesagt wird. Grotius hat ein eigen Caput de pœnis, ingleichen Puffendorff, Thomasius hat sich auch in seiner Jurisprudentia divina bey dieser materie sehr extendi ret. Man muß nur allezeit auf finem præpa- ratum, nemlich emendationem sehen: denn wenn gleich nicht alle Men- schen beym Leben bleiben, so werden doch dadurch andere Menschen ge- bessert, und erhaͤlt man eben dadurch ein gluͤckliches Regiment, wenn man alles in Sicherheit erhaͤlt. So bald man siehet perturbari rem- publicam, so muß man nicht mehr barmhertzig seyn, sondern es ist gut, ut removeantur illi, welche dergleichen turbas verursachen, damit nicht tota machina civitatis uͤber den Hauffen gehe. Hochstetter, Professor Tubingensis hat bey seinem Collegio Puffendorff eine besondere Disserta- tion de pœnis, worinnen die pœnæ so wohl Juristisch als Politisch ab- geschildert. Pœnis \& præmiis continetur reipublica solus . Dieses hat Solon gesagt, welcher ein gescheuter Legislator gewesen, und meriti rte, daß man sein Leben und seine leges ordentlich und mit Politischen Augen ansaͤhe. Meursius hat auch schon materialia suppediti rt, es sind aber mehrentheils critica . Die §. §. 9. \& 10. sind in antecedenti erklaͤret. Cautel en, wel- che bey Beloh- nungen in acht zu nehmen. §. 11. 12. Die Menschen sind nicht so beschaffen, daß sie nur sollten die natuͤrliche Schoͤnheit der Tugend betrachten, und an der Tu- gend Lohn suchen. Es waͤre zu wuͤnschen, aber gleichwie wir keine En- gel vor uns haben, sondern Menschen, die ihre affect en haben, so kan man ohnmoͤglich die præmia gaͤntzlich missen. Wer keine præmia hat, der kan sich versichern, daß sich keine Leute finden werden, die sich dahin bestreben grosse Dinge auszurichten, grosse entreprisen zu unternehmen. In der Politic accommodi rt man sich hier ad infirmitates humanas, weil man nicht alles kan gerad machen. Daher, wenn man die menschliche Natur betrachtet, so kan man leicht eine definitionem præmii finden. Wir sehen, daß es eine Belohnung, eine avantage, emolumentum, wel- ches diejenige erhalten, so gute merit en haben. Fragt man: was meri- ten? so kan man sie in prudentia civili nicht anders erklaͤren, als daß ei- ner pro reipublicæ securitate \& utilitate was rechtschaffenes verrichtet hat. status circa pœnas \& præmia. hat. Ist ein Princeps da, so stecket in Principe die respublica . Sol- chem nach restringi ret man das Wort: meritum . Wenn einer ein from- mer Mann, so saget man, er hat merita virtutis, religionis, sanctitatis, welches aber hier nicht kan regardi ret werden, obgleich einen jeden der- gleichen angewuͤnschet wird. Hier muß man diejenigen merita belohnen, welche der Republic einen augenscheinlichen Nutzen bringen, wodurch sie Ehre erlanget, oder sonst ihren Zweck erreichet, den man sich in re- genda civitate vorgesetzet. Man wird leicht begreiffen, daß der Princeps einen grossen Fehler begehet, wenn er Leute belohnet, so keine merita ha- ben, nicht anders, als wie absurd gehandelt wird, wenn solchen Leuten statüen gesetzet werden, die homines objecti und sordidi . Wenn pœnæ zur execution sollen gebracht werden, so muß es der Princeps andern committi ren, aber præmia muß er selbst austheilen, weil er sich dadurch bey allen Liebe zu wege bringet, nur muß es bey hominibus bene meritis geschehen. Wenn nun aber gesagt wird, ein Princeps solle bene meritos recompensi ren, wodurch die Leute inviti ret werden ad plus faciendum, so koͤmmt es darauf an, wie es solle eingerichtet werden? Respond . daß dem publico nichts abgehet; so ist es am besten. Daher ist es sehr nuͤtzlich, denen Leuten in Kopf zu bringen, daß das ein wahrhafftiger recompens, si quis a principe honore afficiatur, \& a ceteris distinguatur . Denn honores kosten dem Principi nichts, hergegen muß man ihnen bey- bringen, Geld zu affecti ren waͤre was sordides . Der Princeps muß Leu- te belohnen, so ein veritables point d’honneur haben, welches man keine ambition nennen kan. Denn gloriam affectare licitis mediis gehet wohl an. Unser HErr GOtt selbst allici rt per præmia nach dem ewigen Le- ben zu trachten. Die Propheten haben das zukuͤnfftige Leben admirable beschrieben, und bisweilen sich ad captum des Menschen accommodi ret, wenn sie sagen, sie werden getraͤncket werden mit Wollust als mit ei- nem Strohm. Alles, was in der Welt vortrefflich ist, wird mit dem ewigen Leben verglichen, und dabey gesagt, das ewige Leben werde noch viel besser seyn. Wenn ein gemeiner Kerl ein Ordens-Band siehet, und fraget ihn, was er davon halte, so wird er sagen, ich lobe mir einen braven Beutel mit Gelde. Denn er denckt, vor das Geld koͤnne er sich vieles anschaffen. Wenn auch so ein Kerl redet, so redet er von nichts als von seinem Mist ꝛc. Allein uͤberall, wo eine kleine Republic gewe- sen, als wie Sparta und Athen waren, da hat man grosse Belohnun- gen denen Leuten gegeben, quando ipsorum bene merita sunt compensa- ta . Sie hatten laurum, Lorbeer-Craͤntze. In der That, wenn man bey uns die Gnaden-Creutze ansiehet, so hat man ja auch nichts als die Ehre: Cap. V. De prudentia Ehre: denn nach dem Tode muͤssen sie ja solche zuruͤck geben; Es ist nicht absurd, daß grosse Herren dergleichen erfunden, aber sie muͤssen es kei- nem geben, der nicht grosse meri ten hat, auch nicht dergleichen Personen, so ex abjecta stirpe herkommen. Puffendorff in seinen Rebus gestis Fri- derici VVilhelmi erzehlet von Friderico III. in Daͤnnemarck, daß, als derselbe in grosser Angst gewesen, da die Schweden Coppenhagen bela- gert, so habe er uͤberall sich gesucht beliebt zu machen, und vielen Herren den Elephanten-Orden mitgetheilet, welchen viele in Daͤnnemarck zwar angehangen, aber mit surtout zugedecket. Von einem Frantzoͤsi- schen General, welcher sehr grosse Thaten gethan, erzehlet Thuanus, daß als der Koͤnig Henricus III. in Franckreich ihm den Orden von Sanct Michaël geben wollen, so hat er sich davor bedanckt; da man sich nun gewundert, weil es doch eine besondere Gnade, so hat er gesagt: Vor diesem waͤre es was grosses gewesen, jetzo aber verlange er ihn nicht, quoniam omnium jumentorum esset collare, er werde einem jeden gege- ben. Bernegger, Professor Argentorat . der ein grosser Mathematicus ge- wesen, hat observationes politicas geschrieben, worinnen er eine eigene observatio præmiæ indignis concessa \& permissa evilescere . Hieraus kan man sehen, daß grosse Herren, wenn sie es recht uͤberlegen, nicht wohl thun, wenn sie dignitates, titulos, elogia, aliosque honores pro- miscue geben; vilescunt . Vordem war Advocatorum dignitas groß, aber sie ist vilesci ret, da man so viele dazu genommen. So sollen auch grosse Herren den Titul eines Consiliarii nicht vilesci ren lassen. Denn ein Consiliarius soll dem Fuͤrsten rathen, und soll ein Fuͤrst solche anse- hen als Vaͤter, wie auch Constantinus M. seine Raͤthe Patricios genen- net. Hergegen jetzo, wo man nur hinsiehet, da siehet man eine neue façon, eine neue fabrique von Raͤthen. Man hat extra- Raͤthe, wie Professor Extraordinarii . Was will aber ein grosser Herr anders geben, als honores? Dignitas soll ein lustre ein Licht seyn, aber so wird sie nur Finsterniß; Sagt man, wem der Princeps keine honores geben kan, det pecuniam, so behaͤlt er auf die letzte gar nichts. Da essen die Leute das Fleisch, und er behaͤlt die Knochen. Dieses ist eben eine Ursache, daß man signa erhaͤlt, wodurch angezeiget wird, wie der Herr mit mei- ner conduite zu frieden, und ich ein utile membrum reipublicæ, daher muß der Princeps auch druͤber halten, daß sie geehret werden. Es haben diejenigen, so vom Ottomannischen Reich geschrieben, insonderheit Mr. Ricaut gewiesen, daß nimiæ profusiones das Tuͤrckische Reich sehr her- unter gebracht, indem der Tuͤrcke die Leute alle mit vielem Geld beloh- net. Dicis : Sollte ein grosser Herr nicht koͤnnen einen was schencken? Re- status circa pœnas \& præmia. Respond . Alles mit Maaß. Bisweilen hat einer kein Geld, aber doch meri ten, und ein veritables point d’honneur, da hilfft die Ehre nichts, und thut der Princeps nicht wohl, wenn er einen solchen ein Ordens- Band oder Gnaden-Creutz giebet. Es muß einer haben de quoi, daß er auch kan die Ehre mainteni ren. In Democrat ien gehet es noch eher an, daß die Leute arm seyn, und doch Ehren-Stellen haben. Denn haben sie nichts im Vermoͤgen, so versorgt man sie ex publico ; das publicum laͤst sie begraben; stattet ihre Toͤchter aus. Dergleichen Exempel man beym Cornelio Nepote finden kan. Aber in der Monar- chie ist es absurd, wenn man einem will eine Charge geben, und er kan sie nicht souteni ren. Der Herr hat einen eclat, seine Ministres auch, und muß also da einer auch koͤnnen mitmachen. Einen solchen muß ein grosser Herr erst suchen reich zu machen, wozu allerhand Gelegenheit sich finden; will er es nicht thun ex fisco, so kan es schon auf andere Art geschehen. Besser aber ist es, wenn der Herr gar nichts darff geben. Der Pabst giebet auch præmia, aber Todten-Knochen, Reliqui en, wel- che er gnug haben kan, und erzehlet Burnet in seiner Reise-Beschrei- bung nach Italien, daß in Rom so viele begraben, welche er dazu brauchte; Oder er giebt einen ein Agnus Dei, welches er mit seiner ei- genen Hand geweyhet. Man siehet also leicht, daß es ein grosser error politicus, wenn die dignitates vilesci ren, weil er alsdenn kein ander Mit- tel hat, als Geld. Will er kein Geld geben, und gar keine præmia, so wird auch kein Mensch suchen, was zu unternehmen; denn wer meri ten haben will, muß allen plaissir entsagen; wenn andere tantzen, muß er im Cabinet sitzen; wenn andere essen und trincken, muß er campi ren; Also muß es auch recompensi ret werden. Daß es nicht angehe, alles mit Gelde zu recompensi ren, kan man bey der Koͤnigin Christina sehen, wel- che durch ihre nimiam profusionem verursachet, daß das Schwedische Reich so in Abnahme gerathen: denn nach der Zeit haben sie vieles muͤs- sen wieder retrahi ren ad dominum, unter Carolo Gustavo, Carolo XI. und Carolo XII. Hinc totius Sueciæ odium . Die Koͤnigin Christina hat alle Leute, so merita gehabt, recompensi ret, da sie es doch nur bey solchen thun sollen, die etwas eclatan tes gethan. Der Koͤnig in Spanien Phi- lippus II. hat die Familien, deren Vorfahren grosse Thaten gethan, tracti ret, und an seiner Tafel speisen lassen, welches was grosses war, als die Grafen von Salina hat er am heil. drey Koͤnigs-Tage tracti ret, die Familie, die Moya am St. Lucas-Tag, welche auch die guͤldenen Becher bekommen, woraus der Koͤnig getruncken. Es ist in der That ein grosser recompens, wenn meinen Kindern und Nachkommen gutes E e geschie- Cap. V. De prudentia geschiehet wegen meiner Helden-Thaten: denn wenn wir grosse Thaten thun, so sind wir schon ziemlich bey Jahren, wir werden ja nicht gleich groß, und also kan man die Ehre nicht lange geniessen. Sehen wir aber, daß auch unsere posteri deßwegen nicht vergessen werden, so entste- het eine flamma in animis nostris, welche uns exciti rt mehr zu thun. §. 13. Prudentia ist bey denen præmiis die Richtschnur, welche man in acht nehmen muß. Seneca sagt: Wenn ich einen ein præmium geben will, so muß es ihm angenehm seyn, nicht anders, als wenn ich einen zu Gaste bitte, so kan ich ihm nicht vorsetzen, was ich nur gerne esse, und der andere isset es nicht gerne, das ist eine stultitia . Da hat Seneca gezeiget, daß es solchen Leuten am judicio fehle. Wenn ich ei- nem Frauenzimmer einen Jaͤger-Spieß, oder einem Priester ein paar harte Stiefeln schencken wollte, das wuͤrde ihnen nicht angenehm seyn. So ist es auch mit denen præmiis . Wenn wohl meriti rte Leute da sind, die will ich recompensi ren, so muß ich auf ihre inclination und andere Umstaͤnde acht geben; Haben sie nicht viel, so muß ich ihnen erst was geben, daß sie haben de quoi, aber bey allen kan man dieses nicht thun. Sectio VI. de Prudentia status circa Ministros \& Magistratus inferiores. §. 1. 2. Daß bey der Wahl der Mi- nistres auf de- ren Geschick- lichkeit zu se- hen. E In Princeps muß Ministres haben, Burgermeister, Raths-Herren. Es gehet dieses in allen Republiquen an, und changi ret es nur ratione denominationis . Die Alten, so Aristotelici gewesen, haben ein Gleichniß gegeben, und gesagt, die Seele habe zwey Kraͤffte, Verstand und Willen; der Wille sey zwar das Hauptsaͤchlichste, aber der intellectus sey der Consiliarius, der Wille sey eine potentia cœca, und muͤssen von dem intellectu illustri ret werden. So haben die Aristo- telici ihren introitum bey denen Magistrats- Personen gemacht. Bey denen Magistrats- Personen haben sie gemeynet, waͤre der Princeps vo- luntas, reliqui consiliarii repræsenti rten intellectum, a quo collustretur illa voluntas . Ob ich zwar nun wohl weiß, daß die Aristotelici offt lassen status circa Ministros \& Magistratus inferiores. lassen aliquid fabulæ mit unterfliessen, so kan man doch diesen introitum einiger massen verifici ren. Ein Fuͤrst kan nicht alles allein thun, wenn er auch die Augen des Argns haͤtte, und muß er also noch andere bey sich haben, die Consiliarii sind, wie ein tubus per quos videt, quid in toto regno, in tota republica eveniat . Er muß andere Ohren haben, durch die er hoͤret, weil er nicht alles selbst hoͤren kan. Also ist es ohnmoͤglich, daß er sine Consiliariis seyn kan. Die Theologi observi ren, daß Da- vid, ob er gleich ein grosser Mann gewesen, ( imo disputatur adhuc, annon fuerit propheta, ) gleichwohl habe er Propheten an der Seite ge- habt, welche er gefraget. Reinckingius in seiner Biblischen Policey hat auch vieles hievon beygebracht. Ich halte den Reincking vor einen geschicktern Politicum, als Juristen; In jure hat er auch vieles geschrieben, e. g. ein jus publicum, item de jure retractus . Er war in Diensten des Hertzogs von Hollstein, und ist auch in Heßischen Diensten gewesen. Es ist eine Charteque heraus kom- men, darinnen der Autor meynet, ein Fuͤrst brauche nichts mehr, als ei- nen Secretaire, so koͤnne er auskommen, welches wohl angehet in einem duodez- Lande, aber in einem grossen Lande ist es eine chimere . Wenn auch einer alles thun koͤnnte, so wuͤrde es ihm doch gehen wie dem Cromwell, welcher auch alle Briefe selbst beantwortet, und alles durch seine Hand gehen lassen, durch welche grosse Arbeit er fatigi ret worden, also, daß er bald darauf gestorben. Darauf kommt es an, daß man kan einen grossen genie des Principis erkennen, wenn er rechtschaffene Ministres hat, die nicht alleine ihm, sondern auch dem populo anstehen. Denn was ist das, wenn ich suche den populum zu ruini ren, das kan ein Bauer auch thun, aber daß alles florire \& in unum conspiri ret, das ist eine Kunst. Mons. Perifix, (der den Louis XIV. informi ret, und hernach Ertz-Bischoff zu Pariß worden,) welcher das Leben Henrici IV. be- schrieben, hat darinnen dem Louis XIV. gewiesen, was sein Groß-Va- ter vor Ministres und Capitains gehabt, und es ist wahr, daß kein Reich gewesen, wo man so excellen te Ministres gehabt, als unter diesen Hen- rico IV. Wir haben admirable Staats- Memoires von dieser Zeit. Er hatte den Villeroy zum Staats- Secretaire, der du Fresne war Am- bassadeur in Venedig, Sully war sein Cameral ist, welchen er von einem simpl en Edelmann nach und nach erhaben, daß er Hertzog von Bethuno worden. Man hat ihn in der That Henry le Grand nennen koͤnnen. Er war verliebt, welches ein klein bißgen Anstoß bey andern verursa- chet, sonst wuͤrde er einer der groͤsten Printzen gewesen seyn; Er hat alles in E e 2 Franck- Cap. V. De prudentia Franckreich in gute Ordnung gebracht, und wenn Louis XIV. nach der Beschreibung des Perefix gethan, so wuͤrde er wohl regieret haben, in- dem der Perefix zugleich auch alle Fehler des Henry le Grand hinzu ge- than, und gewiesen, woher es gekommen, daß er von dem Ravaillac mas- sacri ret worden. Man siehet, daß ein Herr ein jugement hat, der es so zu reguli ren weiß, daß er gute Ministres bekommt. Man muß sich nicht einbilden, daß ein Herr kan Leute haben von einer trempe . Lauter Ge- lehrte zu haben ist nichts, und ist ein pedanti sch jugement, welches ex amore immodico erga litteras kommt, wenn man meynet, alle Bedie- nungen muͤsten mit Gelehrten besetzet werden. Eine teinture von litteris ist gut, aber daß sie sollen studi ret haben, wie Professores, ist eben nicht noͤthig, sonst liegen sie immer uͤber den Buͤchern, lesen journale, bleiben abstractioni sten, lernen die Welt nicht kennen, und sind dem Herrn mehr schaͤdlich. Die meisten Leute sagen: apti sunt eligendi oder probi, welches aber nur generalia, und bey allen muß in acht genommen wer- den. Ein Schuster muß probus seyn, sonst macht er nur Schuhe, welche in vier Tagen zerreissen. Ein Soldat muß probus seyn, aber dieses ist noch keine nota characteristica . Dieses generale hat auch der Cromwell observi ret, welcher keinen wollen unter seinen Bedienten haben, der nicht probus und pius gewesen: denn Leute, so boͤse sind, koͤnnen ohnmoͤglich was gutes thun. Wenn aber gleich ein Herr sich vorgesetzet lauter probos zu nehmen, so gehet es doch in tanta fæce nicht an lauter probos zu haben, und muß einer nur solche choisi ren, die er kan in Zaum hal- ten, und die ihm nicht Schaden thun. Ludovicus de Cabrera, ein Spa- nier, welcher das Leben Philippi II. in Spanischer Sprache vortrefflich beschrieben, (aus welchen Amelot in seinen notis ad Tacitum viel passa- gen allegi ret,) erzehlet von demselben, daß er genau auf die mores seiner Bedienten acht gegeben, und deßwegen ein Buch gehalten, in welches al- les geschrieben worden, was seine Bedienten Lobenswuͤrdiges und ta- delhafftes gethan, wodurch die Leute nicht allein im Zaum gehalten, son- dern auch exciti rt worden, weil keiner wollen ein boͤses eloquium haben. Er hat auch excellen te Ministres gehabt, und die Fehler, so er begangen, sind alle aus Hitze geschehen. Wenn man gleich supponi ret probos, so muß man doch auch ad specialia gehen. Daher auch der Autor eine digression gemacht, und gewiesen, worauf man zu sehen habe. Ein Herr muß viele Bedienten haben, und also einer jeden Bedienung einen rechtschaffenen Menschen vorsetzen; man kan aber nicht gleich eine jede Bedienung ins besondere betrachten, sondern alia generaliora principia sunt præmittenda . §. 3. status circa Magistros \& Magistratus inferiores. §. 3. Bedienten sollen den Principem repræsenti ren; ein Princeps Daß keine ho- mines sordidi zu wehlen. aber laͤst sich nicht gerne durch Bettler, Schulmeister repræsenti ren; also muß er dignos erwehlen, die in autoritate stehen. Ein Magistratus, der keine autoritæt hat, wird auch ausgepfiffen und verunehret. Die Be- dienten muͤssen eben nicht solche autoritæt haben, wie der Princeps, der muß etwas besonders haben. Richelieu wollte seine charge gar nieder- legen, und ins Closter gehen, weil er keine autoritæt mehr haͤtte, deßwe- gen Louis XIII. ihm solche auch wieder gegeben. Es muß auch ein jeder Magistratus geehret werden; daher laͤst es nicht fein, wenn der Princeps seine Bedienten ausfiltzet oder beschimpfet, sie sind ja keine Sclaven. So bald die Leute sehen, daß der Herr keinen regard vor seine Bedien- ten hat, so respecti ren sie auch denselben nicht. Ob man gleich in dem Ottomannischen Reich selten findet, daß ein Groß-Vezier oder Bassa auf dem Bette stirbet, so geschiehet doch solches alles heimlich so, daß man manchmahl nicht weiß, wo der Kerl hinkommen. Alle Bedienten koͤnnen freylich nicht angesehen werden als Ambassadeurs; unterdessen kan man doch allen in gewisser Masse einen respect geben. Einen Herrn macht sehr verhaßt und verdaͤchtig, wenn er schlechte Leute, so in einer geringen sorditie gelebet, erhebt, und zu seinen Bedienten annimmt. Wenn man des Sau-Wentzels Regierung ansiehet, so findet man, daß er sich eine grosse blame gemacht, quod omnes nobiles removit, und hat er lauter schlechte Leute zu seinen Bedienten genommen, der Hencker war sein Gevatter, will man ihn defendi ren, daß er nicht koͤnne abgese- tzet werden, so gehet es wohl nach denen Rechten an, aber wenn man es Politisch consideri ret, so war er gar nicht so aptus ad regendum, seine Gemahlin tracti rte er auch wie ein Fleischer. Wie Henricus VIII. dem Cardinal VVolsey eines Fleischers Sohn zum Premier-Ministre nahm, so entstund ein commune odium in Engeland. Der VVolsey war zwar gescheuet, sie haben aber immer gemeynet, es hienge ihm noch was Flei- schermaͤßiges an den Backen. Er war geitzig, und konnte sich nicht recht in seine Erhebung finden. Wenn man die Beschreibung von denen Ty- rannen beym Suetonio lieset, so wird man finden, daß sie lauter schlech- te Leute libertos zu Bedienten gehabt. Exempla antiqua hat Antonius Perez in seinem jure publico, quo arcana \& jura Principis exponuntur, beygebracht. Dieses jus publicum ist eigentlich eine Politica generalis und specialis, darinnen gezeiget wird, quid possit Princeps \& quid consultum sit. Ohnerachtet er selbst ein Spanier gewesen, so hat er doch grosse courage gehabt, die Spanier zu censi- ren, was sie vor Fehler in den Niederlanden gemacht. Carolus IX. in Franckreich hat auch schlechte Kerl zu E e 3 seinen Cap. V. De prudentia seinen Bedienten gehabt, keiner aber ist wunderlicher gewesen, als Lu- dovicus XI. von dem Cominæus erzehlet, seinen Barbierer habe er zum Connetable gemacht, seinen Leib- Medicum zum Cantzler, und seinen Schneider zum Admiral; Cominæus saget auch, daß, als er seinen Leib- Medicum als Gesandten an die Mariam Burgundicam geschickt, habe sie gesagt: Sie wuͤste nicht, warum er ihr den Leib- Medicum schickte, sie waͤre gesund. Gleichwie die Leute ihren Herrn feind sind, welcher sordid ist, so ist es auch bey denen Ministris vilibus, bey denen man nichts eclatan tes siehet. Sie fahren auch selbst nicht wohl mit hominibus sor- didis, und hat Cominæus observi ret, daß der Barbierer den Ludovicum XI. brav vexi ret. Es ist ihm gegangen, wie dem Aventino, welcher auch ein schlecht Weib genommen, die ihm hernach grossen Verdruß ge- macht, daher sagt man im Spruͤchwort: Es ist kein Messer, das aͤr- ger schiert, als wenn der Bauer ein Edelmann wird. Theganus, wel- cher das Leben Ludovici Pii beschrieben, sagt auch, es sey ein grosser Feh- ler von Ludovico Pio gewesen, daß er schlechte Leute zu grossen Ehren- Aemtern, Bißthuͤmern ꝛc. befoͤrdert, von welchen er hernach am aͤrgsten vexi ret worden. So ist es Christiano IV. in Daͤnnemarck ergangen. Es war in Coppenhagen eines Wein-Schencken Sohn, Nahmens Schumacher, welcher von Friderico III. zum Bibliothecario gemacht wor- den, wobey er sich wohl verhalten, und etliche specimina abgeleget. Chri- stianus IV. machte ihn zum Baron, und gab ihn den Nahmen Greiffen- feld, dabey er aber so hochmuͤthig worden, daß er mit denen Schweden wider den Koͤnig comploti ret, und ihn gesucht, vom Thron zu stuͤrtzen; Der Koͤnig aber hat ihn den Kopff lassen herunter schlagen. Von der Wahl Adlicher und Unadlicher. §. 4. In abstracto weiß man von der nobilitate viel zu sagen, welcher zu ihrer desavantage gereichet. Man kan hier lesen den Tractat, so ein Schlesier unter den Titel: Edelmann, heraus gegeben, worinnen er al- le Fehler derer Edelleute vorgestellet, er schreibt schoͤn Teutsch, und ist das Buch mit plaisir zu lesen. Man darff hier auch nur die Satyre des Iu- venalis, und die inventiones des Boileau lesen. Es ist wahr, wenn ein nobilis gleich sein Geschlechte koͤnnte herfuͤhren von Agamemnon, so hilfft es alles nichts, nisi propriam habeat virtutem. Hieronymus Osorius, der einen tractat de Nobilitate geschrieben, erzehlet, daß ihm der Hutton vor- geworffen, daß er Staats- Secretarius sey, so antwortet Osorius, daß er Staats- Secretarius, waͤre um deßwillen geschehen, weil der Koͤnig kei- nen bessern kennete, und ob er gleich kein Staats- Secretarius, so waͤre er doch ex primaria nobilitate Lusitanica, und duͤrffte ihm solches nicht vorwerffen; dabey sagte er: Die Tugend mache, daß die Noblesse æstimi ret wuͤrde. Denn wenn status circa Ministros \& Magistratus inferiores wenn ich frage: warum sind die Vorfahren æstimi ret worden, so ist kei- ne andere raison, als weil sie tapffer, tugendhafft gewesen. Will nun der Adel sich conservi ren, so kan er nicht anders thun, als die Vorfah- ren zu imiti ren; kommen nun die virtutes der Vorfahren mit seinen ei- genen zusammen, so brilli ret er. Die Noblesse in Teutschland hat man erbare Leute genennet, auch die grosse Noblesse in Francken und Schwa- ben. Von Ehre haben sie profession gemacht, wodurch sie sich eben von Pock distingui ret, welches auf einen sordid en Gewinnst gehet. Chara- cter nobilitatis est virtus eminens, honestas eminens. Die gemeinen Leute gelangen nicht dahin, weil sie keine education haben; Daher eben ein grosser Herr nicht wohl thut, wenn er die nobiles supprimi rt, und vi- les zu seinen Bedienten nimmt. Wenn die nobiles bey demjenigen blei- ben, was ihre Vorfahren gethan, so wuͤrden sie nicht herunter kommen, aber manchmahl kommt es, daß sie nichts lernen, oder sie lehnen sich ge- gen die Fuͤrsten auf, da kommen sie herunter. Derjenige Herr aber thut nicht wohl, welcher die Noblesse supprimi ret, und nicht an deren Stelle neue Nobiles macht: Denn er ist fons nobilitatis, und kan es nicht anders seyn, er muß nobiles um sich haben. In Schweden hat man die alte Noblesse supprimi ret, aber wieder neue gemacht. In gantz Europa hat man einmahl die Noblesse, daher muß man sich darnach richten. In der Tuͤrckey ist es ein anders, da ist keine Noblesse, sondern der Tuͤrcke nimmt Sclaven und allerhand Leute dazu, davon mancher seinen Nahmen nicht nennen kan. Er thut es um deßwillen, daß sie ihm sollten desto treuer seyn, vid. Vignau de la decadence de l’Empire des Ottomanns. Mir hat wohl gefallen das consilium, welches unter dem Hochseligen Koͤnig in Preussen gegeben worden; Es wurde auch disputi rt von der Noblesse, ob man sie alleine brauchen sollte? da sagt einer, man sollte Buͤrgerliche Pagen und auch Adeliche nehmen. Die sich nun am besten hielten, es moͤchte nobilis oder civis seyn, die sollten steigen. Wenn der nobilis eben so viel koͤnnte, so sollte er vorgehen, weil er nicht alleine merita sua, sondern auch merita majorum habe. Fa- ctum est, und sind dadurch viele in die Hoͤhe kommen. Wenn der no- bilis siehet, der Buͤrger kan uͤber ihn weg steigen, so suchet er eher etwas zu lernen. Hergegen glaubt er sibi deberi munera, so giebt er sich keine grosse Muͤhe, sondern denckt, es koͤnne ihm ohnedem nicht entlauffen. Man muß die nobiles nicht nimis supprimere, auch nicht nimis extollere. Bisweilen finden sich auch unter Buͤrgerlichen Leuten welche, so eine bravoure, Geschicklichkeit haben, warum soll man die nicht erheben? Wir sind ja alle von einer razza, und kommen alle her von dem Noah. Fride- Cap. V. De prudentia Fridericus Wilhelmus M. welcher ein sehr penetrant er Herr gewesen, hat auch viele von Buͤrgerlichen Stande an seinem Hof gehabt. Puffen- dorff in Rebus gestis Friderici VVilhelmi erzehlet, daß er gesagt: Er hal- te mehr auf einen Kerl, der sich poussi rte, ohne daß er Mittel habe: Denn die nobiles haben Mittel und gute Auferziehung, was er hat, das hat er alles vor sich, und gehoͤret eine grosse force und Verstand dazu, wenn er sich in die Hoͤhe gebracht hat. Die nobiles koͤnnen sich auch nicht be- schweren, wenn neben ihnen auch andere erhoben werden. Die Noblesse hat bisweilen grosses Vermoͤgen, und suchet nichts zu lernen, in Krieg wollen sie auch nicht gehen: Denn wenn andere schlaffen, muͤssen sie wachen, da bleiben sie lieber auf ihren Guͤthern, alsdenn muß man an- dere nehmen. Waͤren sie vigilant, und lerneten was, so wuͤrde kein an- derer dazu gelangen. Man muß den Mantel nach dem Winde hengen, und nicht opiniatre seyn, weil sonst so grosser Schade geschiehet. Denn wenn ein gemeiner Kerl opiniatre ist, und sagt, es mag alles zu Grunde gehen, so wird er denn ein Bettler, findet aber eine grosse compagnie; Hergegen aber bey vornehmen Leuten hat es mehr zu sagen. Ob Arme gaͤntzlich aus- zuschliessen. §. 5. Kein Philosophus, kein Theologus ist der nicht pauperibus das Wort redet: Denn sie haben die alte sentenz gelesen, da man sagt: sæpe sub palliola sordido latet sapientia. Sie fuͤhren auch aus der Bi- bel an: Selig sind die Armen ꝛc. Im Himmel ist freylich alles gleich, und wird auch pauperrimus homo in Himmel kommen. Lazarus ist im Himmel, wo aber der reiche Mann ist, will ich nicht seyn. Aber es giebt Leute, so sich nicht finden koͤnnen. Wenn ich arme Leute zu Ehren-Stellen promovi ren sollte, welche grosse capacité haͤtten, so wuͤrde ich sie erst reich machen, welches grosse Herren auch leicht thun koͤnnten, alsdenn wuͤste ich doch, woher ihr Reichthum kaͤme, und ist nicht wahrscheinlich, daß sie sich ex sanguine \& sudore subditorum, als- denn werden bereichern. Thue ich dieses nicht, so kommen hernach vie- le excesse, sie verkauffen die justiz, leges violant. Richelieu sagt: ich bin denen Armen nicht feind, bin selbsten arm gewesen, aber bey denen Ar- men ist doch ein bestaͤndiger soubçon, daß sie sich suchen zu bereichern. Die gagen, so grosse Herrn geben, langen offt nicht zu. Stryck saget auch, man koͤnne tutorem pauperem nicht repelli ren, aber er meynet doch, daß er fine fidejussoribus nicht koͤnne angenommen werden. Also siehet man, daß allezeit noch formido oppositi bleibet, er sey nicht recht treu. Der Amelot hat in seinen notis ad Tacitum Tom. I. p. 366. eine schoͤne passage hievon aus dem Cabrera allegi ret. Dieser erzehlet von dem Phi- lippo II. daß er sonst sehr gesucht, die vornehmen! Familien zu conservi ren, und status circa Ministros \& Magistratus inferiores. und wenn sie herunter kommen, hat er ihnen gesucht, wieder in die Hoͤ- he zu helffen; Aber in denen Niederlanden habe er solches nicht obser- vi ret: Denn er setzte daselbst die Margaretha von Parma zur Gouver- nantin, welcher der Bischoff von Arras, Granwella, assisti ren muste. Philippus II. war in denen Niederlanden eine Zeitlang gewesen. Die Grafen von Horn und Egmond und der Printz VVilhelm von Oranien haben grosse depens en muͤssen machen, weil bey denen Spaniern alles kostbar hergehen muste. Daher hat der Granwella dem Philippo II. ge- rathen, weil die Herren sich sehr verblutet, so sollte er bey seiner Abreise einen jeden funffzig tausend Thaler schencken, zu mahlen sich diese Herren tapffer gehalten, und das meiste zu der victorie wider die Frantzosen bey St. Quintin beygetragen. Philippus II. war sonst magnificus, hier aber wollte er nichts geben, welches freylich ein grosser Fehler gewesen. Es waren diese Herren so nicht zu frieden, daß Fremden die Regierung uͤber- geben worden, aber das Geld hatte alles zugedecket. Die Spanier sa- gen auch noch bis diese Stunde: Die Armuth habe den Grafen von Horn und Egmond verleitet, daß sie res novas unternommen. Man findet auch denen Aristocrati en, daß man suchet, die Familien zu conser- vi ren, welches in dem Staat von Venedig gewiesen wird. Wenn da ein nobili herunter kommen, so erhalten sie ihn ex publico, sie geben ihn chargen, helffen ihm zu Heyrathen, und haben das principium: non sit pauper in civitate. Mehrere exempla kan man finden in des Reinhards not. ad Lipsii Politicam. §. 6. Wenn ich von der Sache in abstracto rede, so sage ich: Daß Einhei- mische Frem- den vorzuzie- hen. Nemo excludendus est a publico ministerio, etiam peregrini sunt admit- tendi: Denn es kan auch unter denen ein habile homme seyn. Wir wissen, das bisweilen ein Fremder Gelegenheit gegeben, ut totus status reipublicæ in meliorem ordinem redigatur. Aber das sind exceptiones, nach denen exceptionibus muß man sich nicht richten. Gewiß ist es, daß kein Land wird einen Fremden gerne sehen, und ist in vielen Koͤnig- reichen das jus indigenatus. Da ist es eine grosse Ehre, und ein Zei- chen einer Wohlgewogenheit, wenn einer naturalisi ret wird. Die En- gelaͤnder haben den Portland, den Albemarle naturalisi ret, und andere mehr, welches aber alle grosse Leute waren. Wer zum nobili di Vene- tia declari ret wird, der muß es ansehen, als ein Zeichen einer besondern affection. Unterschiedene Teutsche Fuͤrsten, als die Braunschweigische Herren und Paͤbstliche Nepot en haben dergleichen dignit aͤt erhalten. Bey denen Schweitzern ist es was sonderliches, wenn sie einen ihr Buͤrger- Recht geben; Wer es nun aber hier ansiehet, dencket, was scheere ich F f mich Cap. V. De prudentia mich darum, ob ich ein nobili di Venetia, oder Schweitzerischer Buͤrger bin. Allein es ist ein Zeichen, einer grossen Gewogenheit. Die Schwei- tzer und Venetianer sind ja maͤchtig, die koͤnnen einem auch helffen. Der Tuͤrck fragt nichts darnach, sein Groß-Vezier, Muffti, Bassa ꝛc. mag her seyn, wo er will, aber der Tuͤrck ist ein Barbar. Andere na- tiones hergegen leiden es nicht gerne. Man muß nicht dencken, invidia waͤre bloß daran schuld; etwas contribui ret solche dazu: Denn inte- græ societates sind eben wie homines singulares; singulares homines aber leiden nicht gerne, daß andere den Vortheil wegnehmen, welchen sie auch koͤnnten haben. In Sachsen ist es nicht allein, so daß man nicht ger- ne Fremde nimmt, sondern in Francken, Schwaben und Rhein-Strohm ist es eben so. Die Oesterreicher leiden auch nicht gerne Fremde. Der Baron Schroͤdter war ein novitius homo, und dachten die Oesterreicher, diesen wuͤrde der Kayser dahin bringen, die financ en auf einen andern Fuß in seinen Landen zu setzen, daher ihm in seinem Zimmer der Kopff abgeschnitten ward. Er war einer von denen geschicktesten Leuten in Cammer-Sachen, und hat man von seinem Buch schon etliche Editio- nes. Invidia aͤussert sich bey allen Nationen. Sie haben auch raison, und sagen, wenn peregrini homines ins Land kommen, peregrinos mo- res accipimus, mutatur status. Glaubst du nicht, daß die Moscowitter denen Teutschen Spinne-feind sind. Selbst der Zcaarowiz hat keine Fremden leiden koͤnnen, und wenn er wuͤrde zum Regiment kommen seyn, so wuͤrde er ohnfehlbar alle Fremde wieder abgeschaffet haben. Wer glaubt wohl, daß die Spanier und Italiaͤner am Kayserlichen Hof an- genehm. Lobcowiz, ein Boͤhme, hat dem Kayser Leopold gerathen, wenn er gluͤcklich seyn wollte, muͤste er drey J. weg thun, Juden, Jesuiten und Italiaͤner. Die Roͤmer waren auf Julium Cæsarem boͤse, quod pere- grinos in rempubl. Romanam adduxerit. Wenn man den Herodianum lieset, so findet man, daß Caracalla sehr blami ret worden, weil er so vie- le Fremde, als Pannones und andere dahin gebracht. Sie sagten: die- se haben zu uns peregrinos mores, barbariem, luxum, und eine neue fa- çon zu regieren gebracht. Die Pohlen thun es sehr selten, daß sie einen zum Pohlnischen Edelmann machen, wenn einer gleich noch so groß an- derwaͤrts ist. Daher ist eine grosse prudentia dazu noͤthig, wenn ein Fuͤrst will peregrinos nehmen. Man siehet, was dem Mazarini, der ein Neapolitaner war, in Franckreich passi rt. Er hat sich zwey mahl aus Franckreich muͤssen wegbegeben, und war allezeit das groͤste crimen esse Italum. Den Richelieu hat man nach seinem Tode detesti ret, daß er den Mazarin nach Franckreich gebracht, und ihn recommendi ret. Er war status circa Magistros \& Magistratus inferiores. war arm, und die Armuth hat ihn darzu verleitet, daß er offt Geld ge- nommen, weßwegen er auch verhaßt worden. Die Niederlaͤnder haben keine andere Ursache gehabt, warum sie die masque abgezogen, als daß sie gesagt, man giebt uns Fremde, die uns regieren sollen, und der Printz VVilhelm von Oranien wollte die Hertzogin von Lothringen zur Gouver- nantin haben, so eine Teutsche Princeßin war, hergegen der Granvella war ein Bourguignon, dessen Vater eines Schloͤssers Sohn gewesen, und beym Carolo V. Premier-Ministre war; Man kan hier lesen des Grotii Historiam Belgicam, und des VVilhelms von Oranien Briefe, so er publici ren lassen, worinnen expresse stehet, sie sollten servire peregrinis. An der Koͤnigin Christina ist auch dieses getadelt worden. Wenn man die Daͤnen fragt, so sagen sie: per Germanos sese opprimi; aber in Daͤnnemarck hat es eine andere raison, da muß der Koͤnig Fremde ha- ben, weil er den Adel nicht trauen kan, welcher sich unter Friderico III. nicht wohl gehalten. Die Ungarn haben wider die peregrinos auch grosse Klagen beygebracht. Ich habe ein Buch, darinnen die grava- mina derer Ungarn vorgestellet worden, darunter das Vornehmste, ter- ras pinguissimus exteris dari, etiam beneficia ecclesiastica. Wir Teut- schen haben mit dem Pabst concordata Nationis German. gemacht, wor- innen expresse bedungen worden, daß der Pabst in mensibus papalibus keinen Fremden præsenti ren solle. Man laͤsset nicht gerne das Honig- seim Fremde essen. Sie sagen auch, es sey contemtus nationis, gleich als wenn unter der Nation keine tuͤchtigen Leute waͤren. Man soupço- ni rt, der Herr wolle den Staat muti ren. Dieses sind die fructus, si indigenæ non ad sumantur. Ein weiser Herr weiß alles einzurichten, und kan man hier keine accurat en Regeln vorschreiben. Je weniger ei- ner peregrinos hat, je besser ist es. Denn wir haben so viele Exempel, daß die peregrini grossen Schaden gethan. Bisweilen aber, wenn das Volck barbarisch ist, ist noͤthig, daß man Fremde nimmt, welche sie cultivi ren. So machte es der Czaar, der aber klug war, und die mei- sten nur auf etliche Jahr annahm. Die mehresten, so dahin gehen, sind nur interessi rte Leute, Passagiers von Fortune. Denn was sollte ei- nen sonst bewegen, sein Vaterland zu verlassen, und so weit weg zu ge- hen? De indigenis handelt der Perez in seinem Iure publico Cap. LXIX. p. 168. Weil es in Niederlanden dieserwegen auch so Verdrießlichkei- ten gegeben, so hat er gewiesen, wo Philippus II. angestossen. Der Chur- laͤndische Law, den man vor einen Atheisten haͤlt, hat eine Piece, so in etlichen Bogen bestehet, geschrieben, sub Tit. Interesse von Holland, dar- innen sagt er, daß ehe der andere Law nach Franckreich gegangen, haͤtte F f 2 er Cap. V. De prudentia er erst denen Hollaͤndern ein project præsenti ret, wie sie ihre Schulden bezahlen koͤnnten, welche es aber bloß deßwegen nicht accepti ret, weil er kein Belga, einen Fremden naͤhmen sie nicht zu ihren Financier. Eben so wuͤrde es dem Law in Engeland ergangen seyn, und war es eine Schwach- heit von dem Law, daß er nach Holland gegangen. In einer Monar- chie aber werden Fremde eher angenommen. Zu welchen of- ficiis junge und zu welchen hingegen alte zu nehmen. §. 7. Junge Leute kan man nicht bey Seite setzen, sie haben biswei- len eine vivacité, ein Esprit, koͤnnen de rebus præsentibus urtheilen, sie sind auch starck, und koͤnnen was aussuͤhren; Aber alles ist nicht suffi- cient, wenn man redet de Magistratibus præponendis, es sey in bello oder pace. Die jungen Leute haben noch keine connoisance von denen rebus præteritis; keine Erfahrung: Denn die Erfahrung supponi rt rerum præ- teritarum memoriam. Sie haben keine Erfahrung von malis, der keine mala gesehen, ist præcipitant. Daher findet man auch, daß junge Leute hitziger sind, als Leute, so etliche mahl bey einer Gefahr gewesen. Das ist aber der beste Fuͤrst, der beste Ministre, qui mala est expertus. Pru- dentia erfordert aliquid timoris, qui nihil timet, nihil providet, securus est callidus, callidum consilium aber heißt bey denen Alten ineptum con- filium. Daher wird man nicht leicht ein Volck in der Welt finden, so adolescentes promovi rt ad ejusmodi munera, in quibus summa rerum si- ra est. Bey denen Juͤden hat man auch seniores gehabt, so das Volck regieret. Man sagt auch: Penes senes est prudentia, experientia, conti- nuata memoria. Die jungen Leute muͤssen erst dazu auferzogen werden, und zwar nebst denen Alten, welches Richelieu in seinem Testam. polit. Cap. 7. Part. II. wohl observi ret. Zur execution muß man junge Leute nehmen, nicht aber ins cabinet, ausser daß sie schweiger, und hoͤren, was die alten Fuͤchse sagen. Ein alter Fuchs ist allezeit schlauer und listiger, als ein junger Fuchs. Das principal ste ist, welches ich gelesen in des Oso- rii Principe, ) worinnen er einen Principem instrui ret, was er vor Consi- liarios choisi ren soll,) dieser sagt: Wenn junge Leute bald steigen, und groß werden, so meynen sie, es geschehe wegen ihrer merit en, und dencken, GOtt muͤsse ihnen was befonders mitgetheilet haben, sie wuͤrden stoltz, verachten andere, nichts schaͤdlicher aber ist, als wenn man andere ver- achtet. Der Lord Clarendon, Jacobi II. Schwieger-Vater, der die Hi- stoire des Guerres civiles d’Angle terre geschrieben, und darinnen bey Ja- cobo I. angefangen, zeiget, das alles Ungluͤck von Jacobo I. herkommen. Unter andern erzehlet er, daß er junge Leute zu den hoͤchsten charg en em- ploy ret, wenn einer nur wohl ausgesehen, und einen huͤbschen reverenz koͤnnen machen, so hat er ihn in seine Dienste genommen. An den Bu- status circa Ministros \& Magistros inferiores. Buckingham hat er gemeynet, habe er was gesehen, daß ihm selbst gleich komme, daher hat er ihn als einen jungen Menschen zum hoͤchsten char- g en erhoben, und zum Gouverneur seines Printzen Carls gesetzet. Cla- rendon sagt: der Buckingham habe wohl ausgesehen, auch einen guten natuͤrlichen Verstand gehabt, aber da er ihn anf einmahl so erhoben, waͤ- re der Kerl hochmuͤthig worden, und alle Leute schnoͤde tracti ret. Wie er auch mit dem Printzen in Spanien und andern Orten gewesen, hat er wegen seiner Hitze viel Verdruß verursachet. Dieses ist auch die Ursach seines Falls gewesen: Denn er ist hernach massacri ret worden; Daher ermah- net Clarendon grosse Herren, daß sie keine junge Leute sollten nehmen, und nicht so ein albern choix machen, als Jacobus I. Lipsius sagt auch, die Alten haͤtten gesagt, Iuvenes hastas esse senum, weil die junge Leute gut zur execution zu gebrauchen sind: Denn bey der execution ist gut, daß man die mala nicht so genau envisagi ret. Der Montecuculi ist ein kluger General gewesen, aber er war allzu vorsichtig, deßwegen man ihn per anagramma centum oculi genennet. Bisweilen, wenn er schlagen sollen zog er sich zuruͤcke, und wollte er alles gewiß haben, welches aber in der Welt nicht allezeit angehet, sonderlich im Krieg, da muß man was wagen, aber im Cabinet muß man vorher alles wohl uͤberlegen. Bey denen Teutschen ist auch allezeit observi ret worden, daß man senes genommen, daher kommt das Wort, Senior, Seigneur. Die Griet- maͤnner in Frießland sind nichts anders, als alte Graumaͤnner. In Engeland hat man sie Alder-Maͤnner genennet. Man wird finden, daß diejenigen, so junge Leute gewaͤhlet, alle caput gegangen. Carolus VIII. hatte lauter junge Leute, die encouragi rten ihn zu einem Krieg nach Ita- lien, der ihm aber schaͤdlich gewesen, ob er gleich sonst bravoure gehabt. Henricus VIII. hatte ein gut propos, ein seminarium anzulegen, worinnen man Ministres auferziehen koͤnnte. Am besten ist es, wenn man sie erst laͤßt schreiben, und die Stelle eines Secretarii vertreten. Denn kan man sie lassen mit beysitzen, aber ut taceant, post continuatum silentium, kan man sie weiter employ ren. So hat man es in Franckreich zu Zeiten Hen- rici VI. observi ret, da hat man sie lassen steigen pas a pas, peu a peu; daher hat man habile Leute gehabt: Denn alle promotiones per saltum dauren nicht, und wird man wenig Exempel finden, da man reussi ret. Es giebt Leute, die senilem prudentiam haben, welche von Jugend auf ein phlegma haben, und geschickt sind ad regendum, solche kan man auch nehmen. Die Venetianer promovi ren auch keine junge nobiles, alles muͤssen senes seyn, sie pflegen auch senes von sechzig bis siebenzig Jahren, die noch vigeur haben, an Tuͤrckischen Hof zu schicken, weil ein solcher F f 3 eine Cap. V. De prudentia eine rechte experience hat, und so zu sagen, in affai ren grau worden. Junge Leute nehmen sie in grossen Rath, aber zu denen geheimdesten Sachen kommen sie noch nicht, weil sie noch nicht alles koͤnnen ver- schweigen. Vor die Weiber sind junge Kerl besser, das menschliche Ge- schlecht fortzupflantzen als die alten, aber die alten sind besser vor die Herren. Richelieu nimmt ein Gleichniß von denen Medicis, und sagt: Die jungen Medici taugen auch nichts, denn die Medicin kommt auch auf eine experience an, und involvi rt die Theorie wohl etwas, aber sie wird vivida per experientiam. Es muß einer patiens seyn, der regieren will, deßwegen sind junge Leute nicht geschickt dazu. Richelieu hat ge- sagt: Das sey seine Probe, wenn er einen employ ren wollte, so saͤhe er, ob er patiens? Er erzehlet auch von einem Kerl, der ihm immer habe die Thuͤr aufgemacht, und einen reverence gemacht, dieses habe er zwey Jahr continui ret, aber er habe ihn nicht regardi ret, weil er es aber lange ge- than, so habe er gedacht, der Kerl muͤsse doch eine Gedult haben, und habe ihn endlich angeredet, ihn lassen zu sich kommen, und in seine Dien- ste genommen, darauf habe er ihn nach Rom geschickt, und endlich zum Ambassadeur daselbst gemacht, da er treffliche Dinge durch ihn ausge- richtet. Denn in Rom gehet alles langsam zu, und hat man wahrge- nommen, daß die Frantzosen in Rom und Venedig nicht viel reussi ret, weil sie immer zu hitzig gewesen. Drum sagt man, die Spanier haͤtten denen Frantzosen den Rang abgelauffen, weil sie patientes. Das jetzi- ge Regiment in Franckreich war vor kurtzen aus dieser Ursache auch nicht zum Besten, und der Premier-Ministre, der Hertzog von Bourbon, auch ein junger Herr, und wenig alte Ministres da seyn. Junge Raͤthe ma- chen hazards, da kan es kommen, daß ein hazard nicht angehet, damit lie- gen sie. Eben so ist es auch im Kriege, alte Generals sind allezeit besser als junge; Einen jungen General neben den alten zu halten, ge- het an. Daß man auf die Tugend zu regardi ren ha- be. §. 8. 9. Bisher sind generalia da gewesen, indigenæ, an pere- grini, juvenes, an senes sint adhibendi ad munera publica. Jetzo aber kommt der autor ad specialia, und sagt: Man muͤsse acht geben, wozu sich einer schicke. Es schicken sich nicht alle zu dieser oder jener Bedie- nung. Hobbesius sagt: Manche meynen, sie schickten sich zu allen, woraus man aber erkennen koͤnnte, daß sie cupiditates ineptos haͤtten. Der ist am geschicktesten, welcher erkennet, er sey nicht zu allen Dingen tuͤchtig. Grotium æstimi re ich hoch, aber noch hoͤher um deßwillen, daß, als Carl Gustav ihm ein Regiment zu commandi ren geben wollen, (weil er wohl aussahe, und de jure B. \& P. geschrieben, auch vorher in vielen affai- status circa Ministros \& Magistros inferiores. affai ren gebraucht worden, denn er ist Pensionaire in seinem Vaterlande gewesen,) so wollte er solches doch nicht annehmen, sondern sagte, er verstuͤnde es nicht, aber andere Sachen wollte er uͤbernehmen. Daher, als er zum Ambassadeur gemacht worden, hat er sich wohl gehalten, ob ihn gleich einige blami ret, so denen Gelehrten nicht gut. Denn ob er gleich Buͤcher zu gleicher Zeit geschrieben, wie auch der Spanheim ge- than; deßwegen hat er seine Sachen nicht negligi ret. Man kan sattsa- me Proben aus seinen Episteln sehen, welches lauter Staats-Briefe, so er aus Franckreich nach Schweden geschrieben, und sind dieselben wohl zu gebrauchen. Der Hertzog von Urbino, so des Pabsts Armee commandi ret, hat auch den Machiavellum wollen zum Obristen machen, weil er de re militari geschrieben, der es aber auch abgeschlagen, und ge- sagt: Er verstehe es nicht. Es kan einer generalia und specialia schrei- ben, und doch nicht capable seyn zu commendi ren. Im Cabinet kan man auch nachdencken, aber im Krieg muß man eine Erfahrung haben, man muß das Land eben kennen, und seyn wie der Ziska, der, ob er gleich blind gewesen, so hat er doch alles koͤnnen ordnen, wenn man ihm nur gesagt, an was vor einem Ort er waͤre. Weil wir nun aber selten unsere Schwachheiten selbst erkennen, so muß ein Herr wissen die Leute zu choisi ren. Daß einer probos suchen muß, ist gewiß. Wer keine Erbarkeit hat, ist sein Tage nicht prudens, er ist nur callidus homo, cal- lidus homo est improbus, dum est improbus, kan man sich nicht einbil- den, daß er werde fidelis seyn. In abstracto kan man es leicht determi- ni ren, aber es ist ohnmoͤglich, daß ein Herr lauter propos haben kan, hortandus, monendus est, ut tales quærat. Aperte impropos muß er nicht annehmen. Ein Fuͤrst braucht gar viele Leute, nicht allein im Cabinet, sondern auch im Krieg, er hat viele Provinzen; daher ist kein ander Mittel, er muß auf die natuͤrlichen inclinationes dererjenigen sehen, so er annehmen will, und abwaͤgen, ob solche ihm schaͤdlich seyn moͤch- ten. Er muß also wohl acht geben, und bestaͤndig auf der Hut seyn: denn es sind homines non regeniti, so nach ihren natuͤrlichen inclinatio- nibus leben. Das fundament aber davon wird in der Moral conside- ri ret; denn es ist bey denen discipli nen nicht, wie bey denen Handwer- ckern. Wer ein Schuster ist, ist kein Schneider. Die disciplinæ hen- gen alle zusammen, und muͤssen junge Fuͤrsten die Historie, Geographie, Moral- und Politic lernen, da haben sie gnug. In der Religion muß man sie auch instrui ren, und den Pabst kennen lernen, welches auch in der Historie am besten geschehen kan. Die grossen Herren, weil sie nicht viel lernen, sehen meist auf die Physiognomie, womit sie sich aber sehr Cap. V. De prudentia sehr betriegen. Io. Evelyn, ein Engelaͤnder, hat ein Buch geschrieben de Physiognomia, davon ein extract in Actibus Eruditionis zu finden, in diesen erzehlet er auch von Jacobo I. daß er den Hertzog von Sommerset und Comte Bembrock hat erhoben, weil sie wohl ausgesehen. Je huͤb- scher die Leute offt aussehen, je weniger koͤnnen sie gebraucht werden: denn solche Leute haben mehrentheils aliquid voluptatis, und wenn gleich was anders dabey ist, so ist es doch nicht sufficient. Pabst Sixtus V. wollte lauter schwartze Leute in seinen Diensten haben, da er aber manch- mahl auch einen guten Spitzbuben mit drunter bekommen. Noch mehr aber auf die Neigung und Temperament. §. 10. 11. Diejenigen sind auf einem bessern Weg, welche mey- nen, ein Herr muͤsse sich dahin befleißigen, daß er zusehe, was vor ein temperament ein Kerl habe: denn ein temperamentum ist aptius ad hoc; ein anders aptius ad illud. Hieraus kan man erkennen, daß die doctri- na de temperamentis nicht zu verachten, wenn sie nur recht vorgetragen wird. Unser Autor hat sich auch Muͤhe gegeben, zu zeigen, welche tem- peramenta zu diesem oder jenem am geschicktesten seyn. Ehe man aber dieses recht verstehen kan, muͤssen vorher einige generalia bemercket wer- den. Von denen temperamentis wird sonsten in der Moral, Physic und Medicin gehandelt. Einmahl ist gewiß, daß corpora nostra eine diver- sam temperaturam und mixturam haben. Es ist nicht ein Coͤrper wie der andere, sondern alle differi ren, welches die alten temperamenta ge- nennet. Darinnen sind die Alten aber von den Neuern unterschieden, daß sie gemeynet, die differenz bestuͤnde in calido, sicco, frigido und hu- mido. Wenn man wissen will, was die Alten hievon statui ret, so kan man des Professor Speners in Wittenberg Dissertatio de temperamentis lesen, welche er hier unter dem Herrn Doctor Buddeo gehalten. Es hat dieselbe sein Vater der alte Spener gemacht, und ist uͤberaus wohl elabori ret. Ich habe nicht leicht etwas gelesen, da alles mit so vielem Fleiß und accuratesse zusammen getragen, als in dieser Dissertation. Kein einiger ist gewesen, der nicht gemeynet, dari diversam temperatu- ram. Die meisten haben aber heut zu Tage die alten Dinge fahren lassen, und auf das Gebluͤth gesehen. Sie sagen: Das waͤren nimis generalia, wenn man auf das humidum, frigidum \&c. saͤhe, man muͤste specialiter gehen, und supponi ren also das Gebluͤthe. Das Gebluͤthe ist die quint-essenz von allen, was sich bey den Menschen findet; alle Saͤffte, spiritus vitales, alle Knochen kommen von dem Gebluͤthe. Daß die Knochen von dem Gebluͤthe kommen, kan man daher sehen, appo- nitur semper nobis aliquid, wir werden ja nicht so groß gebohren, und dieses kommt eben von dem Gebluͤthe. Das Gebluͤth aber bestehet ex variis status circa Magistros \& Magistratus inferiores. variis humoribus. Der Koͤnigin Annæ in Engeland Leib- Medicus, Martinus Lyster, hat einen Tractat de humoribus geschrieben, welches Buch Leibniz auch æstimi ret. Robert Boyle hat viele experimenta ge- macht mit dem sanguine humano. Es ist auch kein Mensch, der mehr zweiffelt, daß sanguis bestehe ex partibus serosis, aquosis \&c. denn das kan man leicht sehen, weil es eine consistence bekommt, indem die Kno- chen davon herkommen. Daher kommt es auch, daß gesagt ist: Der Mensch ist Erde, und wird wieder zur Erden werden. Per experimenta kan man auch zeigen, daß ein calidum ein pingue in dem Gebluͤth. Boyle hat wahrgenommen, daß in dem Gebluͤth eine vis elastica. Er hat es lassen hart werden, und wenn er es gegen das Licht gehalten, so hat es geschlagen als was fettes. Die partes æthereæ aber haben nicht peculiarem sedem, sondern perfluunt totum sanguinem. Alle Menschen haben in ihrem Gebluͤth dergleichen partes. Darauf kommt es aber hier nicht an, sondern man muß sehen, welche præponderi ren. Man wird finden, daß kein Mensch dem andern so gleich, daß nicht eine differenz sollte koͤnnen gefunden werden. Bey einem præponderi ret dieses, bey dem andern jenes, einer ist agile, der andere nicht. Wo partes terrestres præponderi ren, kan man nicht glauben, daß der sollte agile seyn. Pauli- ni, der in Eisenach Leib- Medicus gewesen, hat gezeiget bey dem Esel, es kaͤme von dem Gebluͤth, daß er so pesant, denn das meiste von seinem Gebluͤth sey terreum. Der Esel hat auch ein groß pondus von dem Gehirne, welches verursachet, daß er den Kopf so gegen die Erde haͤlt. Mons. Ray, welcher de l’Existence de Dieu in Englischer Sprache ge- schrieben, das man auch ins Frantzoͤsische uͤbersetzet, hat eine curieuse observation von dieser materie gemacht, und zeiget, wie ein jedes Thier zu dem scopo, wozu es gebraucht werde, vortrefflich geschickt sey. Bey denen Cameelen weiset er auch aus ihrer structur, wie sie alles præsti ren koͤnnen, was sie thun muͤssen. Der Mensch ist auch ein animal, und kommt alles auf seine constitution an, nur daß man bey denen Menschen mehr diversitates antrifft, als bey andern individuis. Von dem corpore also dependi ret sehr viel, diejenigen, so der animæ viel zueignen, halten von denen temperamentis nichts, als wie der Leibniz, welcher die har- moniam præstabilitatem statui ret. Die anima kan freylich vieles auch aͤndern. Allein die experience zeiget, daß die Seele fast ohne dem Coͤr- per nichts thut. Der Coͤrper ist gleichsam das Hauß der Seelen, die Seele wohnet drinnen, sie ist nicht auswaͤrts, sondern in dem Coͤrper, und operi ret in demselben. Wenn man auch supponi ret, daß die Seele aliquid activum, so ist sie doch an dem Coͤrper gebunden, und kan nicht G g anders Cap. V. De prudentia anders agi ren, als der Coͤrper beschaffen ist; nicht anders, als wie ich mich gantz anders anstellen muß, wenn ich will einen grossen Muͤhlstein fort bewegen, und anders, wenn ich ein Schnell-Kaͤulgen wegwerffe. Daher haben diejenigen am besten zum Ziel geschossen, (worunter auch Stahl ist, der aber obscur, und muß man ihn mit attention lesen,) wel- che sagen, die Seele thue sehr viel, sie gewoͤhne sich aber nach denen motibus corporeis. Diese Meynung kan auch mit der Theologie wohl connecti ret werden, wenn man saget, der Mensch sey natuͤrlicher Weise wie ein ander animal, und die Seele accommodi re sich nach denen mo- tibus corporeis. Grotius sagt auch: Temperamentum corporis transit in aliud. Grotius verstehet aber darunter so viel, wie das corpus wuͤr- de, so richte sich auch die anima darnach. Ex corporis habitu kan man vieles sehen, nicht aber aus der Physiognomie, aus etlichen Linien im Gesichte oder in der Hand. Darauf kommt es nicht an, ob er ein schoͤn Gesichte hat, ob er eine klare oder grobe Stirne hat, sondern vor- neml ich auf den habitum. Wenn einem die Adern auf den Haͤnden so aufschwellen, daraus kan man erkennen, daß einer ein melancholi sches Gebluͤth hat, dabey muß man auf totum habitum sehen, und also ist vieles in acht zu nehmen. Franciscus Valleriola, welcher Professor zu Avignon gewesen, ein gelehrter Mann, der einen schoͤnen stylum schreibt, hat Locos communes edi rt, und saget auch, er wundere sich, daß einige noch dubiti rten, ob der Coͤrper was contribui re, da man doch so viele exempla saͤhe, daß sich die Seele nach dem Coͤrper richte. Wenn das calidum, die cholera prædomini rt, so ist einer hitzig, denn das calidum ist ein pingue, ein inflammabile, sulphureum, wie es die Chymici nennen. Alle diese nomina haben einerley significationem, wie Spener in der Dissertation de Temperamentis gewiesen, ex consequenti kommt es nun darauf an, ob die anima koͤnne natuͤrlicher Weise anders thun, als der Coͤrper beschaffen. Sagt man, GOtt sey doch daran Ursach, so ant- worte: GOtt will ja haben, daß wir natuͤrlicher Weise sollen selig wer- den. Wie Adam in der Unschuld beschaffen gewesen/ wissen wir nicht, wie wir aber jetzo beschaffen sind, das wissen wir, und jetzo brauchen wir die vires divinas. Wer choleri sch ist, hat præcipitan te inclinationes. Lutherus hat auch ein feurig temperament gehabt, daß die Pfosten bebe- ten. Ein Cholericus ist hitzig, hertzhafft. Hertzhafftigkeit ist nichts anders als ein vehemens motus. Ein Fuͤrst muß also sehen, welcher Mensch zu diesen oder jenen Geschaͤfften natuͤrlicher Weise am geschick- testen. Die natuͤrlichen passiones muß er zu seinem scopo haben, das Ubrige uͤberlaͤst er ihnen, und haben die Theologi damit zu thun sie zu emendi- status circa Ministros \& Magistratus inferiores. emendi ren. Weil wir nun keinen Menschen haben, der allein chole- ri sch, sondern ein jeder hat auch etwas von dem temperamento melan- cholico und sanguineo, so saget man, wenn cholera prædomin irt, und melancholia hat secundum locum, so ist er ein cholerico-melancholicus. Wer einen Conseiller, Ministre haben will, braucht Leute, die eine vi- gueur, eine constantiam haben, und also muß ein Herr ein temperament erwehlen, da er eine vigueur antrifft. Homines melancholico-sangui- nei, und sanguineo-melancholici sind ineptissimi ad imperandum ad agendum, das ist das temperament der Narren, nihil vividi ist in ihnen, sie sind furchtsam, faul, traͤge, fallen von einem extremo auf das ande- re, haben eine inclination ad voluptates. Sie sind vor sich gantz sobrii, aber wenn sie dazu kommen, daß es ihnen nichts kostet, so fressen und sauffen sie drauf los, und prostitui ren sich, wenn solches grosse Leute werden, so werden sie Tyrannen, wie man solches an dem Caligula und Tiberio siehet. Alle Fehler, so Tiberius gehabt, lassen sich daher dedu- ci ren. Ein Melancholicus ist grausam, furchtsam, suspicax. Die Leu- te, so melancholico-sanguinei, fallen zuletzt auf den Enthusiasmum. En- thusiasmus kommt eben aus einem otio, da einer wunderliche Gedancken hat. Sie sind gut zu bouffons, zu Verraͤthern, denn sie schwatzen al- les aus, aber zu Espions schicken sie sich nicht, dazu sind sie zu tumm. Vor solchen Leuten muß man sich sehr huͤten, die thun einem den groͤß- ten Schaden, sie langen die Castanien heraus? diese sind extrem- geitzig, und auch extrem- verschwenderisch, fallen von einem auf das andere? Sie haben auch kein judicium, denn wo sollte das judicium herkom- men? Von dem sanguine kan es nicht kommen, und auch nicht von der melancholia. Das jugement kommt von der cholera, ein jugement aber dringet durch, separi ret alles, und beobachtet alle diversitates. Der St. Euremont, welcher ein Soldat gewesen, hat in seinen Oevres meelées unterschiedliche Frantzoͤsische Generales, als den Gassion, Turenne, Cre- qui, und andere mehr betrachtet, und nach ihren inclinationibus wohl beschrieben. Der Gassion wird beschrieben als ein Cholerico Melan- cholicus, welcher capable war eine grosse Armee zu commandi ren. Der Turenne aber, als ein Cholerico-Sanguineus, der war ein Parthiegaͤn- ger. Wie es nun im Kriege ist, so ist es auch bey denen Togatis. Ein Melancholico-Sanguineus hat auch ein rechtes Butter-Milch Gesichte; wenn man dencket, er ist lustig, so wird er, ehe man sichs versiehet, trau- rig, und will sich aufhengen. Er wird jaloux, im Augenblick aber em- brassi ret er seine Frau wieder, und wie er sie embrassi ret, so schlaͤgt er sie wieder. Unter buͤrgerlichen Leuten sind solche noch zu toleri ren, aber in G g 2 con- Cap. V. De prudentia conversation sind sie doch nichts nuͤtze, sie sind Zaͤncker, verdrießliche Leu- te, und wenn sie gleich mit einem gut sind, so verderben sie es doch gleich wieder. Einem grossen Herrn ist es ein grosses Ungluͤck, wenn er einen solchen hat, und muß er denselben entweder cassi ren, oder tole- ri ren cum dedecore. Ein Herr muß nicht alleine sehen, an quis habeat scientiam, sondern er braucht fideles, daher muß er die mores, conduite, \&c. betrachten. Scientia wird præsumi rt. Wer einen Leib- Medicum abgeben will, muß freylich scientiam haben, darneben aber siehet der Herr, ob er nicht ein Gifft-Mischer, indem man viele exempla hat, daß grosse Herren durch die Medicos umgebracht worden. Man hat sehr viel von der doctrina de temperamentis excoli ret, und diejenigen, so die- selbe verwerffen, reden contra judicium totius orbis. Das clima macht corpora diversa, und sagt auch Tacitus in seinem Agricola, daß das cli- ma vielen Uuterscheid mache. Wenn wir auch die testimonia veterum nicht haͤtten, so koͤnnen wir uns doch leicht aus der experientia uͤberfuͤh- ren. Das clima und die alimenta aͤndern uns am meisten, an unsern Leibe wird immer etwas zugesetzet. Drum hat VVeigel gesagt, ein Mensch sey nicht der, so er vor sechs Jahren war, die prima stamina bleiben wohl, aber das Ubrige veraͤndert sich alle. Das Gebluͤth, so ich vor zwantzig Jahren gehabt, ist jetzo nicht mehr da. Radix bleibet freylich sitzen, und so ist es, wie mit denen Wein-Reben, so aus Teutsch- land nach Spanien gebracht werden, davon hat der Wein eine Saͤure und Suͤsse, die Saͤure hat er aus Teutschland behalten, deßwegen ist er so angenehm. Gewiß ist es also, daß die Seele sich nach denen motibus corporeis richtet, imitatur motus corporeos, und auf die letzte bekommt sie einen habitum. Daher sagt auch Lock in seinem Tractat de intellectu humano, gebet mir neu Gebluͤth, neue Sehnen, so will ich koͤnnen voltigi ren. Wir changi ren uns auch nach unsern Alter, vor die- sem habe ich koͤnnen uͤber ein Pferd weg springen, welches jetzo schon nicht mehr angehet. Die Saͤffte trocknen ein, die Fuͤsse sind nicht mehr so agile. Man kan freylich auch seine Kraͤffte lange erhalten. Wer Zeit hat, und kan immer baden, wie die Tuͤrcken, der wird agiliora membra behalten, von dieser materie werde noch etwas in die Gundl. drucken lassen. Ein jeder hat von jeden temperament etwas, aber unum præponderat, welches aber nicht nach der quantitate, sondern nach der vi, nach der qualitate muß betrachtet werden. Wenn einer will das temperament eines Menschen erkennen, so kan es nicht auf einmahl geschehen, sondern man muß es machen, wie der Richelieu. Die Leute zeigen sich anfangs auf der schoͤnen Seite, sie affecti ren: affectatio kan lange status circa Ministros \& Magistratus inferiores. lange waͤhren; es ist gezwungen, es denckt einer, wenn es nur bald aus waͤre. Daher sagt Richelieu, man muß die Leute eine Zeitlang lassen um sich seyn, sie probi ren, die Pfaffen wissen dieses auch wohl, daher diejenigen, welche Nonnen oder Moͤnche werden wollen, ihre Probe- Jahre muͤssen aushalten, damit sie sehen, ob sie tuͤchtig zu diesem Stan- de. Nach einiger Zeit cessi ret affectatio. Kan man doch einen Fuͤr- sten auslernen, daß, wenn er nur eine Mine machet, man schon weiß, was er haben will, warum sollte man nicht auch koͤnnen andere Leute erkennen lernen? Man kan ja Espions haben. Die Espions muͤssen auch acht geben, was sie thun, wenn sie zu Hause sind, und nicht affecti- ren. Dieses hat Philippus II. in Spanien wohl verstanden, und wie er ingeniös gewesen, so kunnte er einen jeden per verba ambigua was fra- gen. Man lasse die Leute von unten auf hinauf steigen, damit man se- he, wie sie zu diesen oder jenen geschickt sind. Was nun einen Sangui- neo-Cholericum anlanget, der ist douce, das Feuer wird temperi ret, er ist aptus ad consilium, aber zur execution ist er nicht zu gebrauchen. In affai ren, so nicht lange waͤhren, kan man einen solchen nehmen, einen Ambassadeur extraordinarium kan er abgeben. Er kan ein compliment machen, wenn ein paar Fuͤrstliche Personen getrauet werden, oder eine Fuͤrstliche Person in die Wochen kommt. Er præsenti ret sich vortreff- lich wie der Salomo, der, wenn man ihn natuͤrlicher Weise betrachtet, eben ein Sanguineo-Cholericus gewesen, denn er war sage, eloquens, sa- he wohl aus ꝛc. Zur execution hat ein solcher die constantiam nicht. Aber ein David kan zur execution gebrauchet werden, eine Vestung einzunehmen. Ein Cholerico-Sanguineus ist auch ad consilia danda bo- nus, aber die consilia sind so hitzig, wie bey dem Hertzog von Alba. Ein grosser Herr muß die consilia temperi ren, der thut das calidum weg, so werden es gute consilia. Sie sind zornig, und machen offt ein pudeat in ihren Zorn. Wenn man das Leben Davids natuͤrlicher Weise be- trachtet, so hatte er dieses temperament, bald hat er in venere, bald im Zorn excedi ret, da hingegen Salomon gantz anders war. Gut waͤre es, wenn man die Heroes auch von ihren natuͤrlichen Wesen betrachtete. Denn was a Deo geschehen extra ordinem, gehoͤret nicht hieher. Hier hat man Historiam sapientiæ \& stultitiæ lassen drucken, worinnen Salo- monis temperament noch ziemlich wohl beschrieben. Wenn David ab- gebildet wird, daß er braunroth vom Gesichte gewesen, so erkennet man daraus, daß er natuͤrlicher Weise ein courageus er, hertzhaffter Mann gewesen. Ipse Deus utitur interdum instrumenti ejusmodi \& accommo- dat suam gratiam. Waͤre Lutherus nicht so ein hertzhaffter Mann ge- G g 3 wesen, Cap. V. De prudentia wesen, wuͤrde er nicht so reussi ret haben; Hergegen Melanchthon war furchtsam, und zog sich gleich zuruͤcke, so bald er die Gefahr sahe: denn er war providentissimus, und des Luthers rechte Hand, dem er consilia gegeben, die Luther nachgehends ausgefuͤhret. Bayle hat gewiesen, daß Melanchthon ein grosser Mann gewesen, und zur selben Zeit seines glei- chen nicht gehabt. Er wird auch communis Germaniæ præceptor ge- nennet, und hat gemacht, ut renascerentur litteræ. Ein Cholerico-San- guineus hat mehr constantiam. Melancholico-Cholerici und Choleri- co-Melancholici haben viel vor sich: denn es prostitui ret nichts mehr, als voluptas. Aus der voluptate kommen viele Sachen her, als Hu- rerey, Sauffen ꝛc. was besoffen ist, prostitui ret sich, und alles dieses macht einen odiös. Kein Mensch haͤlt einen solchen vor tapfer, wenn er gleich sich mit allen herum schlagen will. Ein Melancholicus aber ma- chet in amour, in ebrietate, in Klaͤtschereyen keine excesse. Daher ist in gewisser Masse Sixto V. nicht zu verdencken, daß er homines parumper austeros gesuchet. Bey Hof muß alles heimlich zugehen, da braucht man solche Leute. Bey Cholerico-Melancholicis ist Feuer, courage, agilite, Geschwindigkeit, die koͤnnen grosse Thaten thun; aber dieses ist ihr Fehler, wenn sie touchi ret werden, pardonni ren sie keinen Menschen, sondern suchen die aclatante ste Rache, machen Tumult ꝛc. Diese Leute machen ihre fortune bey Hofe, sonderlich, wenn sie jemanden haben, der sie produci ret; denn bey Hofe kommt viel darauf an, daß einer sagt: Hier sey einer, den man brauchen koͤnne. Einen Wolluͤstigen kan man da nicht brauchen, der schlaͤfft zu lange, frißt und saͤufft, und nimmt sei- ne Sachen nicht in acht. Ist ein Professor wolluͤstig, so kommt er erst aus dem Bette, wenn er lesen soll, und hengen ihm die Federn noch in den Haaren herum. Also kan keiner sagen, daß das Ding nicht appli- cable, vielmehr kan man durch diese doctrin alle Leute kennen lernen. Mancher Mensch kriegt den Lob-Spruch mit in sein Grab, daß er tu- gendhafft gelebet, da er doch, wenn man es recht betrachtet, nur ein natuͤrlicher Mensch gewesen, der sich gewust in acht zu nehmen, und den Zorn nicht hat sehen lassen. Wenn also ein Herr will, e. g. einen Cammer-Rath haben, so kan er nicht einen Wolluͤstigen nehmen, son- dern einen hominem sobrium \& attentum ad rem. Ich kenne einen ge- wissen Souverain, der reisete nach Italien, und hatte einen Hof-Meister bey sich, welcher muste das Geld ausgeben, diesen fragte einer: wenn er Rechnung ablegte? Er antwortete: Sein Herr verlangte keine Rechnung, weil er treu waͤre. Das ist was schoͤnes, daraus kan man einen Herrn erkennen, was an ihm zu thun sey, wenn er keine Rechnung von seinen Be- dienten fordert. §. 12. 13. status circa Ministros \& Magistratus inferiores. §. 12. 13. Gewiß ist es, daß ein Princeps nicht kan solus agere Von der An- zahl der Mi- nistres und Bedienten. sine ministris, sondern er muß Leute haben, so ihm adsisti ren. Beym Homero lieset man, daß der Prometheus nichts gethan sine consilio Ulys- sis, und der Agamemnon nichts, sine consilio Nestoris. Also kommt es nur darauf an, wie viel Leute einer haben soll. Derjenige handelt absurd, so gar keine Leute hat, und alles selbst thun will. Cominæus er- zehlet vom Carolo Audace, daß er wohl Consiliarios gehabt, die aber nichts duͤrffen sagen, sondern er habe alles nach seinem Sinn gethan, wodurch er sich verhaßt gemacht, daß man auch saget, er sey von seinen eigenen Leuten in der battaille wider die Schweitzer massacri ret worden, vid. Olivier de la Marche in seinen Memoires. Er hatte sonst treffliche qualit aͤten, nur war sein Fehler, daß er selbst Ministre, und alles allein seyn wollen. Es ist ohnmoͤglich, daß einer alles thun kan, wenn er auch gleich sonst capable ist. Viele meynen, es muͤsse einer viele Bedienten haben. Nun ist es wohl wahr: Denn unus non sufficit, aber gar zu viel ist auch nichts. Denn anima omnium negotiorum ist silentium. Glaubest du, daß, wenn viele zu geheimen affai ren genommen werden, solches wird verschwiegen bleiben? Der eine vertrauet es seiner Frau, der andere hat einen guten Freund, dem er es offenbahret, da wird es insiblement bekannt. Was man deliberi ret im Conseil, darff niemand wissen, wir deliberi ren meist wider diejenigen, die uns Schaden thun wollen, wissen es nun dieselbigen, so koͤnnen sie sich darwider præpari ren. Daher ist gut, wenn man ein geheimes Conseil hat, in welchen die ge- heimen Sachen tracti ret werden, wo hinein man nur wenige nehmen muß, damit nicht so leicht corruptiones mit unterlauffen koͤnnen. Wo viele sind, koͤnnen leicht malversationes entstehen, und wenn man einen absetzet, so gehet derselbe nachgehends hin, und offenbahret alles dasje- nige, was man nicht gerne einem andern weiß machen will. Daher muß ein moderamen gehalten werden. An vielen Ort hat man es auch Franckreich abgelernet, daß man ein Cabinet und einen grossen Nath hat. Wenn es Sachen von importance, sonderlich geheime Staats- Sachen, die werden im geheimen Rath tracti ret. Obgleich in Engeland ein Ober- und Unter-Parlament, so hat doch der Koͤnig a part seine Con- siliarios intimos, mit denen er die heimlichen Sachen tracti ret, sonderlich was expeditiones betrifft, die haben die Engelaͤnder dem Koͤnige uͤberlas- sen. Hergegen auf unsern Reichs-Tag kan nichts geheimes tracti ret werden, und wird alles bekannt, was deliberi ret wird. Es entstehet aber die Frage, ob man solle einen Premier-Ministre haben? Respond. Wenn man in der perfection redet, so soll ein Herr selbst Premier-Mini- stre Cap. V. De prudentia stre seyn, der aus demjenigen, was er von seinen Ministris oder Magi- strats- Personen gehoͤret, kan etwas erwehlen. So hat es der Koͤnig in Franckreich, Louis XIV. gemacht. In seiner Historie Metalique findet man einen nummum, worauf der Koͤnig vorgestellet wird, quod ipse eli- gat. Die Devise ist: Minister Franciæ. Aber sie sind nicht alle so wie Louis XIV. Er hat keinen geheimen Nath versaͤumet, und wenn er kranck gewesen, hat er sie lassen vor das Bette kommen. Die Ord- nung, so er gemacht, ist admirable gewesen; Haͤtte er den letzten Krieg nicht angefangen, und sich die Spanische Monarchie nicht in den Kopff gesetzet, sondern waͤre bey der partage geblieben, so wuͤrde er einer von denen groͤßten Koͤnigen in der Welt gewesen seyn; ob er sonst gleich noch unterschiedene Fehler gehabt. Er ist geschickt gnug gewesen, daß er gar wohl Minister sui regni koͤnnen genennet werden. Mazarin, wie er ster- ben wollen, hat er noch gesagt, er solle keinen Premier-Ministre annehmen, ausser in Financen solle er einen nehmen, der ihm referi re. Deßwegen hat er auch den Colbert angenommen, welchem er den Titel als Premier- Ministre gegeben, in der That aber hat der Koͤnig alles gethan. So war auch Henricus IV. Niemand hoͤren, und alles hoͤren, ist beydes absurd. Bisweilen aber ist ein Premier-Ministre nothwendig, obgleich keiner dencken muß, daß es eben was sonderliches, ein Premier-Ministre zu seyn, so wenig, als ich Groß-Vezier seyn moͤchte, wenn ich es gleich werden koͤnnte. Solche Leute fallen meist uͤbern Hauffen. Ein Herr muß einen Ministre offt haben, der ihn kan vertreten, cum autoritate, da er selbst nicht regieren kan. Die selbst regieren koͤnnen, brauchen keinen Premier-Ministre. Die Melancholico-Sanguinei, und Sanguineo- Melancholici sind eben solche, die nicht regieren koͤnnen. So war Louis XIII. beschaffen, der muste einen Premier-Ministre haben, wenn er waͤre in denen Haͤnden des Luynes geblieben, so wuͤrde er ohnfehlbar seyn ruini ret worden, oder wenigstens keine so grosse figure mehr gemacht ha- ben. Die Luynes sind mit ihm auferzogen worden, haben ihm aller- hand plaisirs gemacht, mit Lerchen gefangen, wodurch sie sich recommen- di ret, daß sie seine Ministres worden, ja der eine ist gar Connetable von Franckreich worden. Bassompierre erzehlet, sie waͤren anfangs so arm gewesen, daß sie nur ein Kleid gehabt, und wenn einer bey Hos gegangen, haͤtte der andere indeß muͤssen zu Hause bleiben, hernach sind sie so reich geworden. Er fiel in die Hand des Richelieu, das war sein Gluͤck die- ses war ein Mann, welcher konnte ein Koͤnig seyn, das kan man aus seinem Test. Polit. sehen, welches er nicht selber gemacht, es sind aber Collectanea, so man unter seinen Papieren gesunden, dieses Buch soll ein status circa Magistros \& Magistratus inferiores. ein jeder lesen, weil viel herrliche Dinge darinnen enthalten sind. Riche- lieu hat auch studia gehabt, und ein Buch geschrieben, worinnen er den Cardinal Perron defendi ret. Er hat ein Gesicht gehabt wie ein Fuͤchs- gen. Einmahl war Richelieu kranck, und verdrießlich, zu wel- cher Zeit eben der Cardinal la Vellette, und der Hertzog Bernhard die Armée commandi rten. Vallette schriebe an den Koͤnig, (welchen Brief man in denen Memoires de Richelieu, darinnen lauter Staats-Briefe sind, findet,) die Armée waͤre so und so posti ret, ob er schlagen sollte? Der Koͤnig schrieb ihm zuruͤcke, Mons. mon Cousin, wenn ihr meynet, daß ihr schlagen koͤnnet, so schlaget. Dergleichen Antwort haͤtte auch ein Bauer geben koͤnnen. Woraus man sehen kan, daß Louis XIII. kei- nen Verstand gehabt. Er war ein rechter Sclav von seinem Premier- Ministre. Alles was in der Chambre war, war in Diensten des Riche- lieu, das kan man auch daraus sehen: Dem Sieur de Pontis hatte der Koͤnig versprochen, so bald eine Charge aufgieng, sollte er sie ha- ben; wie nun eine Charge aufgieng, meldete er sich beym Koͤni- ge, der versprach ihm auch dazu zu verhelffen, da er aber aus dem Cabinet kam, sagte er: ich habe gemeynet, ihm zu helffen, aber die suf- fragia sind ungleich ausgefallen. Dieses hat der Nitter Pontis ad De- decus Louis XIII. in seinen Memoire aufgezeichnet. Denn wenn ich ein Koͤnig bin, so koͤnnen ja die suffragia nicht anders ausfallen, als ich will. Wenn er sich an den Richelieu addressi ret, wuͤrde er eher reussi ret ha- ben, welches er nachgehends gethan, und ist er avanci rt. Die adjutores magnorum operum, vicarii reges lauffen auch offt Gefahr, sonderlich bey solchen Herren, die Melancholico-Sanguinei, oder Sanguineo-Melancho- lici. So ein Herr, der einen Premier-Ministre hat, wirfft alle Gnade auf einmahl auf ihn. Und wenn auch der Premier-Ministre es so ein- richtet, daß er sich nicht zu viel heraus nimmt, sondern machet, daß man immer die Marionette noch siehet, so darff nur einer einmahl kommen, und sagen: sie sind nicht Koͤnig, so wird er jaloux, und wirfft ihn uͤber den Hauffen. Wenn der Richelieu nicht gestorben, wuͤrde er ohn- fehlbar noch gefallen seyn: denn der Koͤnig hat ihn schon einmahl wollen stuͤrtzen, weil man ihn weiß gemacht, Richelieu sey sehr reich, weß- wegen der Koͤnig sehr jaloux worden. Richelieu wurde kranck, und da ihn der Koͤnig besuchte, so sagte Richelieu: Er wuͤste wohl, daß dem Koͤ- nig viel weiß gemachet worden, von seinem Reichthum, damit er aber saͤhe, daß ihn nichts daran gelegen, so wollte er ihm hiermit alle sein Vermoͤgen schencken, ließ auch alle Juwelen hohlen, und gab sie dem Koͤnig. Richelieu recuperi rte seine Gesundheit, und der Koͤnig wurde H h da- Cap. V. De prudentia dadurch befriediget: Denn er war geitzig. Weil er gute Ministres gehabt, so ist sein Reich gestiegen. Wie es mit eines Premier-Ministres Gnade beschaf- fen, davon kan man des Anton. Mar. Gratiani Casus Virorum illustrium lesen, welche der Flechier, Abt von Nismes, edi rt. Wenn man consideri ret, was Henricus VIII. in Engeland vor Gnade auf den Cardinal Wolsey geworffen, so war sein Pallast Koͤniglich, und alles, was er nur hatte, war Koͤniglich, der Koͤnig schrieb indeß wider den Luther. Denn das thun die M inistres, daß sie den Herrn suchen zu amusi ren mit allerhand wunderlichen Dingen. Da der Koͤnig wider den Luther de VII. Sacramentis geschrieben, und sich da- durch bey dem Pabst den Titul: Defensor Fidei zu wege gebracht, so re- gierte indeß der Wolsey, Luther aber machte ihn schrecklich herunter, und nennete ihn nur den naͤrrischen Heinrich in Engeland. Es ist eine re- lation von Spanien heraus, da zwey Frantzoͤsische Herren nach Spa- nien gereiset, darinnen wird auch von Philippo IV. erzehlet, er habe wie ein Oracle geredet, pour le reste aber habe der Koͤnig nicht regieret, son- dern der Comte d’Olivarez waͤre Koͤnig gewesen, der hat den Koͤnig amu- si ret mit Comoͤdien und mit Huren, da er immer eine neue M aitresse, nach der andern gebracht. Wenn aber der Herr einmahl aufgeweckt wird, so geschiehet es eben, daß es selten mit einem solchen M inistre gut ablaufft. Der Comte d’Olivarez fiel auch herunter, und starb hernach aus M elan- cholie. Wenn sie ja nicht oͤffentlich sterben muͤssen, so sterben sie doch mehrentheils entweder im Gefaͤngniß, oder aus M elancholie: Denn sie haben mit denen miserable sten Herren zu thun, welche wie Weiber sind. Bey dem Henrico VIII. in Engeland ist kein einiger Ministre in grace gestorben, und wenn der Norfolck, der in besondern Gnaden bey ihm gestanden, noch zwey Tage laͤnger gelebet haͤtte, wuͤrde er ohnfehlbar auch gefallen seyn, vid. Burnet in seiner Historia Reformationis Angliæ, it. Petri Puteani Hist. des Favoris. Bey einem Premier-Ministre ist die- ses incommodum, daß die andern Ministres alle jaloux werden. Erst war er ihres gleichen, und nun ist er Vice- Koͤnig, alle muͤssen ihre cour machen, damit werden sie jaloux, und wollen ihn herunter werffen; der Premier-Ministre aber will sich mainteni ren, alsdenn entstehen viele casus tragici, und hoͤret man fast alle vier Wochen von einem. In so einem Reich, wo Premier-Ministres, sind lauter troubl en und doch ist es ein necessarium ma- lum, wenn der Herr nicht regieren kan. Man betrachte nur die Zeiten Louis XIII. was sind da nicht vor troubl en entstanden, da hergegen dergleichen un- ter dem Louis XIV. nicht geschehen, weil er selbst regieret. Wenn nicht etwa manchmahl etwas durch die Maitress en zu wege gebracht worden. We- he dem Land, wo Frauen mit regieren. Wenn der Hertzog von Anjou Don status circa Ministros \& Magistratus inferiores Don Philipp lange wird Koͤnig in Spanien bleiben, so wird seine Ge- mahlin noch vielen Lerm machen. Die Weiber sind præcipites, rach- gierig; So bald eine Frau mit befragt wird, passi ren casus, tragici sup- plicia. Wenn sie boͤse werden, vergessen sie es nicht leicht wieder, und indem sie es nicht vergessen, so sind sie grausam, ruhen auch nicht eher, bis er todt. Tiberius hat deßwegen seine Mutter, die Liviam, eine ge- scheuete Frau, nicht wollen mit regieren lassen, sondern sagte ihr, sie moͤch- te sich vom Regiment entfernen. §. 13. Ein Herr kan nicht besser seine Leute kennen lernen, als wenn er sie nicht per saltum sondern per gradus promovi ret. De Callie- res in seinem Tractat de la fortune de Gens de Cour meynet: Wenn man sein Gluͤcke machen wollte, muͤsse man es in einer Monarchie thun, weil man da geschwind koͤnne in die Hoͤhe kommen; da man hergegen in einer libera republica per gradus gehen muͤste. Aber das letzte ist besser. Keiner hat es mehr observi ret, als Henricus VII. welches Verulamius in Vita Henricii VII. bemercket. Dieser hat alle per gradus promovi ret, welches daher kam, weil er niemanden trauete, er hat auch keinen Pre- mier-Ministre gehalten, sondern vor sich regieret. Carolus IV. hat dieses auch gesehen. Er kam einsmahls in ein Closter, welches vor diesen mi- serable ausgesehen, der Probst aber daselbst hatte es in einen vortreffli- chen Zustand gebracht. Zu diesen hat Carolus IV. gesagt: Du hast ein kleines Closter gehabt, und solches in Aufnahme gebracht, weil das ge- schehen in kleinen, so kanst du es auch in grossen thun. Er machte ihn zu seinen Cammer-Nath, wodurch er auch vortrefflich reussi ret. Wenn ein Herr die Leute per gradus promovi rt, so kan er sehen, wie sie zu diesem oder jenem geschickt. Die Leute werden auch nicht stoltz: Denn wenn sie immer noch einen grad vor sich haben, so bleiben sie in der Demuth, wird aber einer auf einmahl erhoben, so wird er stoltz, und denckt, es sey nie- mand in der Welt, der solche merit en habe, als er; Es ist auch ein sol- cher Kerl dem Land schaͤdlich, denn er hat keine Erfahrung. Alles Un- gluͤck ist unter Jacobo I. von seiner albern affection, herkommen; da her- gegen sein Antecessor, Henricus VII. sich gantz anders aufgefuͤhret. Am besten ists, wenn man Staats-Leute laͤßt aufwachsen; doch kan man nicht gantz junge Leute dazu nehmen: denn sie schwatzen alles aus. Die- ses aber ist gut, daß man die Leute geschwind in geheime Cantzeleyen bringet, damit sie lernen schreiben, und sich angewoͤhnen zu sitzen. Ob- gleich in Franckreich die Aemter verkaufft werden, so siehet man doch auch darauf, daß derer Staats- Secretari en Kinder gleich wieder zu sol- chen Dingen angehalten werden. Henricus VIII. hat so ein Contuber- H h 2 nium Cap. V. De prudentia nium wollen anrichten lassen, worinnen Leute zu diesen oder jenen nego- tiis sollten geschickt gemacht werden; aber es ist nicht zu Stande kom- men. Dieses mag der Autor bey jemanden gelesen haben, und hat da- her die Art excerpi ret. Voͤllige Nachricht aber davon, kan man finden bey dem Herbert, Grafen von Cherbury, in seinem Leben Henrici VIII. Er hat gleich nach dem Tode Henrici VIII. unter der Koͤnigin Elisabeth geschrieben. Der Larrey und Rapin Thoynas erzehlen auch dieses con- silium. Was von der Wahl der Be- dienten durchs Loos zu hal- ten. §. 14. Es ist was wunderliches, wenn man auf diejenigen, wel- che eine charge obtini ren, eine jalousie wirfft. Aber es ist hier eben so, wie mit denenjenigen, so ihren Rival en Tod-feind. Dicis: Er meriti rt die charge nicht. Respond. 1) Ist dubieux, ob er dieselbe meriti re, und 2) Wenn er sie auch nicht meriti rte, so sind doch wenige Leute so sage, daß sie nicht sollten alles annehmen. Hobbes de Cive sagt: appetunt multa. Male secundum Accursium ! Aber es ist nun so, drum sagte der Autor: Ne collidantur aulici magistratus inter se, waͤre am besten, wenn man annaͤhme, was die Roͤmer gehabt. Non nominat Romanos, aber man siehet doch, daß er solche in mente hat. Die Roͤmer haben can- didatos habiles ad hoc munus gewehlet, und diese haben sie hernach las- sen loosen. Drum findet man immer bey denen Roͤmischen Scribent en die Redens-Art: provinciam sortitus est. Sic cessat invidia. Der Kay- ser Sigismundus hat eben dergleichen gethan, dieser hatte zwey Mignons, welchen er zwey Beutel vorsetzte, in einem war Gold, in dem andern war Bley, da musten sie auch wehlen. Zevecotius hat in seinen Notis Polit. ad Florum uͤber das Wort, sortitus est, artige remarqu en gemacht. Die grossen Herren sind nicht gluͤcklich, wenn ihre Ministres auf einan- der jaloux sind; Sie verfolgen einander, und sehen gerne, wenn einer Schaden thut, damit der Herr auf denselben boͤse wird. Es ist, wie in einer Haußhaltung, wenn das Gesinde auf einander boͤse wird, so haben sie gerne, wenn einer Ungluͤck anrichtet, helffen wohl auch dazu. Ein princeps aber muß alle occafiones vermeiden, ne invidia crescat. Wenn man Staͤdte ansiehet, wo viel Leute sind, so nach avantag en trach- ten, da muß man sich wundern, was vor calumniæ vorgehen. Man- cher Orten, wenn einer will jaͤhrlich tausend Thaler einzunehmen haben, und bey jeden Dienste hat er wenigstens funffzig Feinde, die Feinde su- chen alle Fehler groß zu machen, und das Gute supprimi ren sie. Wie in der Roͤmischen Republique die principes auf kamen, so haben die sor- titiones aufgehoͤret. Diese haben gesagt: was soll ich es da lange auf das Loos ankommen lassen, es stehet bey mir, wem ich es geben will. Allein status circa Ministros \& Magistratus inferiores. Allein hier ist die Frage nicht, was der princeps thun kan, und wird ihm freylich niemand wehren, eine charge zu geben, wem er will, sondern es kommt darauf an, quid sit prudens \& bono publico conveniat. Man darff nicht dencken, bey Hofe sey es nicht so schlimm, als anderwaͤrts. Aeusserlich machen sie freylich einander grosse compliment en, aber wenn sie von einander sind, und haben Gelegenheit zu schwatzen, so schwatzen sie eben wie die gemeinen Buͤrger. §. 15. Kein Theologus, kein Philosophus, und kein homo justus Ingleichen von Verkauf- fung der Aem- ter. wird approbi ren, daß man die Aemter verkaufft. Wenn es Guͤther, die kan man wohl verpachten, davon sequenti sectione wird gehandelt werden. Aber bey Aemtern gehet es nicht an. Vor diesen ist es auch in auditum gewesen, aber die Frantzosen haben es aufgebracht, und zwar nicht eher, als unter Francisco I. Granvella, so unter Henrico III. der ein nepos Francisci I. war gelebet, hat auch sehr hierwieder perori ret, in conspectu totius Galliæ, welches man bey uns nicht wuͤrde so passi ren lassen. Wenn man von Francisco I. hoͤret, so ist schon eine grosse præ- sumtion, daß es was irregulai res. Franciscus I. war in grosser Noth, wenn wir aber in hoͤchsten Noͤthen seyn, und wissen nicht, wo aus noch ein, so fallen die natuͤrlichen Menschen auf allerhand wunderliche Din- ge, wie der ungerechte Haußhalter. Ein Loch macht man zu, und das andere wieder auf. Die necessitas macht, daß wir excusi ret werden. Weil aber eine Noth da und also eine exception gemacht wird, so darff man aus der exception keine Regul machen, welches aber doch geschehen ist. Henricus IV. hat den Fehler gesehen, und es einiger massen tem- peri ret. Denn Franciscus I. hat erlaubet, daß wenn einer einmahl ein Amt gekaufft, er koͤnnte solches wieder verkauffen, und damit marchan- di ren. Daher hat Henricus IV. ein edict publici ret, worinnen er befoh- len, daß, ob zwar die Verkauffung nicht gaͤntzlich sollte abgeschaffet wer- den, so wollte er doch ein choix sich vorbehalten haben, und diejenigen wieder absetzen, so ein Amt gekauffet, und nicht dazu tuͤchtig, doch soll ihnen ihr Geld wieder gegeben; denn das waͤre nichts gewesen, wenn er sie wollen absetzen, und doch das Geld behalten, sagt man, weil sie nicht capable gewesen, haͤtten sie die Bedienung nicht sollen annehmen, so ist das nicht sufficient. Die Menschen dencken, sie sind apti, und meynen, es wuͤrde sich schon nach und nach geben. Die Teutschen sind Affen vor denen Frantzosen, und ist es auch von denselben nach Teutsch- land kommen. Dicis: Was haben denn die Frantzosen zu ihrer defen- sion? Respond. Sie sagen: Wenn eine Stelle vacant ist, so wuͤrden ei- nige choisi rt, welche zu der charge capable, und diese koͤnnten darauf li- H h 3 citi- Cap. V. De prudentia citi ren. Also kaͤmen doch habile Leute zu denen charg en. Aber es kommt doch manchmahl ein error mit unter. Denn pro habili wird gehalten, der das meiste Geld giebet. Merillius hat eine orarion gehalten, (welche sonst sehr rar gewesen, weßwegen ich solche in meine Gundling. eindru- cken lassen. Jetzo aber ist sie auch bey seinen operibus, so in Neapolis gedruckt, zu finden,) worinnen er auch saget, weil die charg en verkaufft wuͤrden, so geschaͤhe es eben, daß die Leute nichts studi rten. Da kommts bloß darauf an, ob einer Geld hat, das mag er nun rechtmaͤßig acqui- ri ret haben, oder seine Vorfahren moͤgen es gestohlen haben, darnach fraget man nicht. Wer viel vor die charge giebt, wird auch sehen, daß er seinen Schaden beykommt, und wird also gleichsam salus populi sub- hasti ret. Die Menschen sollten freylich nicht so interessi ret seyn, aber sie thun es doch, sie fuͤhren sich nicht als Wiedergebohrne auf; doch wollte ich alles dieses passi ren lassen, wenn man nur ein temperament hielte, und nur solche charg en verkauffte, wo keine besondere Geschicklichkeit er- fordert wuͤrde. e. g. Die charge eines Cammer-Herrn, und Cammer- Junckers; aber da ist Gefahr, daß solche Leute, die bestaͤndig um den Herrn sind, weiter avanci ren. Aber wenn man die Bedienungen in ju- stiz- Sachen und Cameral- Sachen will verkauffen, die einen Verstand erfordern, das ist nicht zu approbi ren. Richelieu hat auch nichts von dieser Verkauffung gehalten, welches man aus seinem Test. Polit. sehen kan, und der M azarini ebenfalls nicht, aber sie haben es nicht wollen ab- schaffen, weil man in Geld-Mangel sich damit helffen kan. Grosse Herren brauchen es nicht, daß sie die Aemter verkauffen, sie duͤrffen ja nichts geben, das Land muß ja alle Besoldungen geben in Teutschland, so wohl als in Franckreich, die pensiones sind nicht groß, aber das extra, die Neben-Buͤchsen tragen viel ein. Es ist gefaͤhrlich, wenn man die charg en verkaufft in toga, aber noch schlimmer ist es, wenn es geschiehet in militia. In Holland haben sie es so groß gemacht, da die reichen Kauffmanns-Soͤhne die groͤßteu charg en sich angekaufft, welche doch keinen todten Hund im Felde gesehen. Wenn die Hollaͤnder das Jahr 1672. aus ihren annalibus koͤnnen ausstreichen, wuͤrde viel schimpffliches weg seyn. Denn in diesen Jahre ist es eben geschehen. Es haͤtte nicht viel gefehlet, so haͤtten die Hollaͤnder muͤssen fortgehen, und nach Ame- rica wandern. Sie hatten schon die Schleussen aufgemacht, sie hatten ein project gemacht, keinen Krieg zu suͤhren, Geldern zu abandonni ren, und bey Utrecht einen Canal herzuziehen, der Canal aber war zu dersel- ben Zeit noch nicht da, daher kamen sie zu kurtz. In toga lassen sie doch noch bey Einheimischen zu, daß sie koͤnnen charg en kauffen. Im Krieg aber status circa Ministros \& Magistratus inferiores. aber gehet es gar nicht an; Da brauchet man experimenti rte Leute. Man wird auch finden, daß die vornehmsten Generals, als der VVallen- stein, alle Capitains erst gewesen. Es muß einer viel Campagn en ge- than haben, wenn er eine grosse charge verwalten will. §. 16. Es ist schon in anteced. gewiesen worden, daß ein Herr Von dem An- sehen derer Bedienten. seinen Magistrats- Personen muͤsse autoritæt geben. Grotius sagt de J. B. \& P. ein Herr koͤnne keinen groͤssern Fehler begehen, als wenn er sei- ne Magistrats- Personen nicht ehrete; denn wenn sie der Herr nicht eh- ret, so thut es auch der peuple nicht. Tiberins war ein Tyrann, deßwe- gen aber darff man nicht dencken, daß er lauter boͤses gethan, und hat er auch gesagt: telum est attendum, daß sie respecti ret wuͤrden. Heisset sie der Herr kurtz und lang, so ist kein respect da, und wenn die Leute sehen, daß der Herr sie so iracunde tracti ret, so lauffen sie wegen Klei- nigkeiten an demselben, er muß vielmehr mit seinen Bedienten glimpff- lich umgehen. Constantinus M. nennete sie Patricios, patres, die ihm gu- ten Rath gegeben. Hertius in Tom. II. pag. 187. observi ret, daß dieses sehr gut, wenn ein Herr Inspectores setzte, welche auf die Magistratus muͤssen acht geben. Carolus M. hat seine Missos gehabt, so magnæ au- toritatis viri gewesen, die haben durch alle Provinzen muͤssen hingehen, und sehen, wie sich die Magistratus verhalten. In denen Capitularibus Caroli M. lieset man, daß die Bischoͤffe die Aufsicht uͤber die Comites gehabt, damit dieselben das Volck recht gerichtet. Ein Magistratus muß autorit aͤt haben, doch muß man auch nicht zulassen, daß er das Volck vexi re. Will der Herr ja einen Bedienten straffen, so kan er ihn erst degradi ren, und den Character nehmen. So machen es die Geistlichen, wenn einer was pecci rt, degradi ren sie ihn erst, ziehen ihm das geistliche Kleid aus, und uͤbergeben ihn alsdenn denen weltlichen Gerichten. Ma- chet man es so, so behaͤlt doch der andere, der das Amt bekommt seine autorit aͤt. Perez in seinem Jure publico hat artige raisonnement s hievon. So genau kan es freylich nicht zugehen, daß nicht bisweilen sollte eine Magistrats- Person fallen, aber man muß es doch so nicht einrichten, ut ex libidine puniantur, sondern, daß es nur geschehe boni publici causa. Einige unter denen politicis scriptoribus haben gar gezweiffelt, an Magi- stratus sit puniendus, und sagen, man solle sie vielmehr nur auf die Sei- te schaffen, ne tam tristis imago ante oculos populi versetur. Nun ist wohl nicht moͤglich, daß gar kein Magistratus koͤnne gestrafft werden, und wenn der Fuͤrst siehet, daß der peuple nicht anders koͤnne besaͤnffti- get werden, als wenn er oͤffentlich gestrafft wird, so kan er es thun, son- sten Cap. V. De prudentia sten aber ist es besser, wenn er sie kan sub specie honoris auf die Seite schaffen, alsdenn wird kein scandalum gegeben. Und von der Freyheit ihr sentiment auf- richtig zu sa- gen. §. 17. Weil der Herr nicht alleine regieren kan, und nicht allei- ne regieren will, so muß man hier auch consideri ren, was in Ansehung der Sentenz zu observi ren. Was hilfft ein Conseiller, der nicht kan sa- gen, nisi cum magno periculo, quid sibi videatur, vel si immineas pro- scriptio, wenn er wuͤrde die Wahrheit sagen. Fast an allen Hoͤfen ist nichts als flatterie, stulta adulatio, und accommodi ret man sich nach des Herrn seinen passionibus und inclinationibus, da man vielmehr solche sollte suchen zu supprimi ren. Also ist gewiß derjenige Herr hoch zu æsti- mi ren, welcher leiden kan, daß man ihn nicht allein contradici ret, son- dern auch seine intention censi ret. Dergleichen exempla sind freylich rar, doch haben die Historici solche nicht vergessen, sondern cum magna laude ad posteros propagi ret. Dahin gehoͤret nun Ludovicus XII. in Franckreich, und in gewisser Masse Carolus IX. Ludovicus XII. konnte gar wohl leiden, daß dasjenige refuti ret wuͤrde, was er gesagt, er konnte auch leiden, daß einer remonstri rte, absurdi non nihil fuisse propositum a Rege. Einen solchen gelassenen Herrn wird man nicht leicht finden, und meriti rt es, seine Historie zu beschreiben, weil man viel gutes bey ihm findet. Man kan daraus sehen, daß er ein grosser Koͤnig gewesen, weil gantz Europa sich wider ihn verbunden. Carolus IX. welcher sonst ein boͤser Herr gewesen, der sein Gedaͤchtnis durch die grausame massacre de St. Barthelmy beflecket, welches auch Castelno in vita Caroli IX. me- dia in Gallia nicht dissimuli ret, hat doch dieses gute an sich gehabt, daß er sich oͤffentlich satyrisi ren lassen. Der Poët Ransard hat ein Carmen geschrieben, worinnen er den Koͤnig satyrisi ret, daß er seine domain en so liederlich alieni ret, und wuͤrde er zuletzt noch muͤssen betteln gehen. Das Carmen kan man unter des Ronsard uͤbrigen carminibus finden, welche man in folio zusammen gedruckt. Damahls ist freylich die Poësie noch nicht so hoch gewesen, als jetzo, man findet doch aber einen masculum stilum. Jedermann hat sich gewundert, daß es der Ronsard so hazardi- ret, und daß es der Koͤnig mit solcher Gedult ertragen. Unter andern hat auch der Ronsard ein Carmen gemacht, darinnen er den Koͤnig durchgezogen, daß er untuͤchtige Leute nicht nur zu weltlichen chargen, sondern auch zu Geistlichen benennet, woraus er denn endlich soviel ge- schlossen, daß, wenn einer unter Carolo IX. avanci ren wollte, wuͤrde nichts mehr erfordert, als daß einer ein ignorant waͤre. Als die Koͤni- gin Elisabeth regieret, so ward der M elville, ein Schottlaͤnder, von der Koͤnigin Mariaͤ in Schottland an die Elisabeth geschicket. Dieser stund status circa Ministros \& Magistratus inferiores. stund bey der Elisabeth in grossen Ansehen, denn es war ein bel Esprit, seine memoires, die er Englisch geschrieben, so man auch ins Frantzoͤsi- sche uͤbersetzet, sind wohl zu gebrauchen. Die Elisabeth hat ihn viel- faͤltig in ihr Zimmer kommen lassen, und mit ihm discouri ret, weil sie nun gesehen, daß es ein gescheuter Kerl, so hat sie gesagt, sie wisse, daß sie viel Fehler an sich habe, und nicht allezeit das erwehle, was recht, er sollte ihr Hof-Meister seyn, und sie corrigi ren, was sie nicht recht thaͤte, welches sie, als eine grosse Wohlthat ansehen wollte. Aber Mel- ville sagte, er bedancke sich davor, und wollte die charge nicht anneh- men, ob es gleich eine grosse charge. Sie wuͤrde auch alles wohl pene- tri ret haben, was er gesagt haͤtte, denn sie war gelehrt, verstund auch die artes regnandi. Aber sie hatte viel Eitelkeit an sich; wenn sie einer touchi ret hatte, und etwas von ihr geredet, so hat sie denselben verfolget, welches man daraus sehen kan: Als einsmahls ein Frantzoß von extra- ction mit einem Ambassadeur hinuͤber kommen, und derselbige was præ- judici rliches von ihr gesprochen, so hat sie sich gleich erkundiget, was er gewesen, und hat der Frantzoß nicht allein fort gemust, sondern auch der Ambassadeur, und hat der Koͤnig in Franckreich einen andern schicken muͤssen, daß der M elville solches abgeschlagen, ist er nicht zu verdencken. Ich weiß, daß ein grosser Herr einen befohlen hat, seinen Hof und seine Fehler selbst zu beschreiben, und wie er es gethan, hat er hernach muͤssen unter des Henckers Hand sterben. Luther hat eine artige passage in seinen Tisch-Reden, der sagt: die Juristen wollten immer sacerdotes justitiæ seyn, also sollten sie sich auch so auffuͤhren, und wie ein Predi- ger kein Blat vors Maul naͤhme/ sollten sie es auch thun. Daher, wenn der Herr was unrechtes thaͤte, sollten sie sagen: hoc est peccatum, vestra celsitudo hoc omittat, wollte der Herr nicht ablassen, sollten sie abdancken. Ja, wenn wir legion en Engel bey uns haͤtten, daß wir uns helffen koͤnnten, so waͤre es gantz gut, aber vor die Juristen ist es nicht. Es findet sich nicht, daß Juristen solche courage haben, wie Luther. Bisweilen waͤre es gut, wenn es geschaͤhe, aber es ist schlimm, daß, wenn man saget, man wolle abdancken, so wird man ins Gefaͤngniß gesetzet. Was kluge Fuͤrsten sind, die sehen, daß man sie nur flatti re nach ihren passionibus, und daß sie das Zehnde nicht erfahren. Nie- mand weiß weniger die Wahrheit als grosse Herren. Daher fallen diejenigen, so von Natur gescheuet sind auf andere Dinge, sie nehmen sich bouffons an: denn die bouffons sind nicht eben zum plaissir, das kommt accidentaliter; Manche Herren, die immer in otio leben, suchen sich freylich durch solche die Zeit zu vertreiben, aber kluge Herren haben I i sie Cap. V. De prudentia sie dazu, ut resciscant veritatem, denn sagt man im Spruͤchwort: Kin- der und Narren reden die Wahrheit. Gratian in seinem Critico sagt, grosse Herren haͤtten keine bessern Conseillers, als Pasquille und Narren. Man muß bey Pasquillen nicht alles glauben, denn die Histoire scanda- leuse bringet viel falsches bey, aber es ist auch viel wahres drunter. Der Pabst, ob er gleich ein schlauer Kerl ist, so hat er doch die statuam Pasquini nicht abgeschafft, weil er dadurch vieles kan erhalten. Nur muß man die Cautel beobachten, daß man nicht gleich alles glaubet. Koͤnnten grosse Herren die Wahrheit so erfahren, so brauchte man kei- ne statuam Pasquini, und auch keine bouffons, da aber dieses nicht ist, so muß man freylich die media extraordinaria erwehlen. Von Erblich- keit der char- gen. §. 18. Wenn man mit Verstand will hievon urtheilen, so muß man die formas rerum publicarum distingui ren. Daher kommt es eben, daß die Scriptores politici diversas opiniones haben, und nicht allemahl mit behoͤrigem judicio von dieser Frage geurtheilet. In polyarchicis re- bus publicis ist nicht convenable, daß die M agistratus perpetui superbire enim incipiunt, wenn die potestas diuturna. Man muß sie da lassen ab- wechseln, damit sie sich nicht koͤnnen fortifici ren, und allerhand Kuͤnste ausdencken, wie sie sich koͤnnen bereichern illicitis modis. Man hat ge- sehen, daß, wenn auch die M agistrats- Personen nur ihr Amt lange ge- habt, nicht eben in perpetuum, so haben sie sich schon gesucht souverain zu machen. Suetonius erzehlet, daß, da man den Julium Cæsarem so lange in Gallia gelassen, habe er sich aggrandi ret, sey mit einer Armee nach Italien kommen, habe den Roͤmern Gesetze vorgeschrieben, und die libertatem aufgehoben. Einige chargen aber koͤnnen nicht abwechseln. e. g. Wenn einer Secretaire ist, oder in Venedig Procuratar St. M arci, das ist der Kirchen-Pfleger, so uͤber das Kirchen-Wesen gesetzet ist, diese muͤssen bestaͤndig bleiben, weil dazu eine grosse Erfahrung gehoͤret, und andere nicht so gleich dazu geschickt sind. Consideri ret man nun aber eine M onarchie, und fraget: Ob die M agistratus koͤnnen perpetui seyn? So dienet zur Antwort, daß man grosse M agistratus auch nicht einen kan bestaͤndig lassen. Das ist eben die Ursach, warum sie getrach- tet die chargen erblich zu machen, und ad posteros zu transferi ren. Wir haben dieses in unserm Teutschland erfahren. Es wuͤrde auch in Franck- reich geschehen seyn, wenn nicht Richelieu die Gouvernement s theils cas- si ret, theils aber alterni ren lassen. Daher wird kein Vice-Roy in Nea- polis, Mayland, Indien ꝛc. auf Lebens-Zeit gelassen. Es giebt aber auch in der M onarchie gewisse munera, worzu eine grosse Wissenschafft erfordert wird. e. g. Wenn einer Staats- Secretaire wird, solchen muß man status circa Ministros \& Magistratus inferiores. man dabey lassen. Tiberius, so lange er gut regieret, hat auch gesagt: semel assumtos in rependis imperiis esse retinendos . Er sagt, wenn auch ein solcher Kerl reich wuͤrde, schadete es doch nicht so viel, als wenn man immer umwechselte. Denn wenn einer wuͤste, daß er nur auf eine Zeit- lang sollte da bleiben, so suchte er sich in kurtzer Zeit mit grosser Last derer Unterthanen zu bereichern; die andern aber, welche bestaͤndig da waͤren, thaͤten es nur peu a peu . Daher wird auch in sequentibus ge- wiesen werden, daß es nicht gut, viele Leute bey der Cammer zu haben. Wo viele Leute sind, die Rechnung fuͤhren, da stiehlt ein jeder; die Gou- verneurs, so nach America geschickt werden, drucken die Leute sehr, weil sie wissen, daß sie die Posten nicht lange behalten, Es ist keine Quæ- stion in der Politic, welche mehr ventili ret werden, als diese: an M agi- stratus debeant esse perpetui? Man kan raisons pro und contra beybrin- gen. In contrarium bringet man sonderlich bey, daß sie stoltz wuͤrden, und suchten sich zu beraͤuchern. Aber bey denen andern sind ebenfalls incommoda. Cammer-Raͤthe muͤssen freylich bleiben, aber bey der ju- stiz kan man abwechseln. Denn wenn alle die justiz -Sachen verste- hen, so koͤnnen sie gar wohl alterni ren. Die Landes-Gesetze sind ja vorgeschrieben, nach welchen sie sich richten muͤssen. Antonius Perez in seinem jure publico hat artige observationes hievon. Hertius in seiner Politic hat auch hievon gehandelt, und saget: In Aristocratia und Demo- cratia sey es leicht auszumachen, aber in der Monarchia kommt es auf ein jugement an, und meynet er, daß eben dieses muͤsse observi ret wer- den, was in antecedenti gedacht worden. Es muß auch ein grosser Herr das Krieges- commando nicht einen bestaͤndig geben. Daher ist leicht zu erachten, daß der Kayser in grosser Noth gewesen, als er den VVallenstein zuletzt wieder angenommen, und in die Bestallung gesetzet, daß er sollte bestaͤndiger General seyn, und nicht wieder abgesetzet wer- den. Der Kayser sollte keinen Frieden schliessen, und keinen Krieg an- fangen, das gieng alles dahin aus, daß er Koͤnig in Boͤhmen werden wollte, und wenn der Kaͤyser nicht zuvor kommen waͤre, und den VVal- lenstein massacri ren lassen, wuͤrde er ohnfehlbar Koͤnig in Boͤhmen wor- den seyn. Also siehet man, daß es absurd, einem das commando in perpetuum zu geben. Zum General kan man einen wohl machen, und ih- me ein Regiment in perpetuum geben, aber nicht eine gantze Armee. J i 2 Sectio Cap. V. De prudentia Sectio VII. de Prudentia status circa ærarium, tributa \& vectigalia. §. 1. 2. 3. Von dem æ- rario des Staats und dessen Bestel- lung. D Ieses ist eine von denen schwersten materi en, welche man nicht aus studi ren kan: denn tempora mutantur \& nos mutamur in il- lis. Es giebt nicht mehr changements als in Cameral Sachen- Wenn einer nun unter dem Friedrich VVilhelm der groͤste financier ge- wesen, und er wollte unter dem jetzigen Koͤnig in Preussen wieder eine solche Stelle vertreten, so wuͤrde er von neuen lernen muͤssen. In mei- ner eigenen œconomie, welches etwas kleines, changi re ich mich ja alle Tage, und wenn ich sehe, daß ich etwas kan besser haben, so lasse ich das alte fahren. Deßwegen wird mir auch kein Mensch eine Unbestaͤn- digkeit attribui ren: denn in re familiari lernet man nicht aus. Den Grotium, welchen ich sonst æstimi re, kan ich in diesem Stuͤcke nicht approbi ren, wenn er sagt, es sey ein Anzeigen einer imprudentiæ, wenn man sich aͤndere. Es sind ja tausend circumstantiæ da, welche Gelegen- heit geben, bald dieses, bald jenes zu entdecken. Da nun dieses in eines jeden œconomie sich findet, wie vielmehr koͤnnen sich nicht Aenderungen in einem grossen Reiche zu tragen. Wenn man Franckreich ansiehet, und nur consideri ret, was vor Veraͤnderungen unter Ludovico XIV. vor- gegangen, unus homo non sufficit, ut omnes mutationes memoria com- prehendere possit. Ich habe selbst einen gantzen Foliant en, welcher da- von handelt. Ob wir nun gleich viel Buͤcher haben in Cameralibus, in- dem auch viele Juristen davon geschrieben, so kan man deßwegen doch nicht sagen, daß die Sache exhauri ret waͤre, sondern alle Tage kan man was neues entdecken. Man lernet seine eigene menage nicht aus, ge- schweige bey grossen Reichen, wie Holland, Franckreich, Engeland ꝛc. sind. Der Autor hat hier den Conring excerpi ret, welcher einen Tractar geschrieben de ærario argendo \& conservando in octavo. Die excerpta sind gut, wobey aber noch viele observationes zu machen sind. Conring war ein pragmati scher, kluger Mann, welcher raisonni ret, wie ein Mi- nistre im Cabinet. Das kan man sehen aus dem Buch, welches er geschrie- ben, Ich traue status circa ærarium, tributa \& vectigalia. traue mir ein besonderes Collegium, welches wohl ein gantzes Jahr waͤh- ren sollte von dieser materie zu halten. Das principal ste kommt auf die generalia an, welche allen Leuten fehlen, die grossen Herren hierinnen dienen, deßwegen geschiehet es eben, daß ihre specia le Bemuͤhungen nur apparenter utiles, und wenn man es beym Licht besiehet, so wird man gewahr, daß der populus nicht conservi ret wird. Wer aber generalia principia hat, und hernach die specialia darnach einrichtet, da kan es nicht anders seyn, als daß es muß gut hinaus schlagen. Wir wollen hier consideri ren 1) Ob ein Fuͤrst Geld haben muß? 2) Was man von Unterthanen nehmen koͤnne? und 3) Wie es mit denen Unterthanen zu machen, daß man alle 4-6. Jahr mehr nehmen koͤnne, und deßwegen doch nicht ihnen das Bette unter dem Leibe wegnehmen darff, wenn man eine Kopf-Steuer noͤthig hat. Alle Republiquen muͤssen Geld haben, denn wir sind ja nicht alleine in der Welt. Ja, wenn wir eine Univer- sal-Monarchie haͤtten, so brauchten wir wohl Geld, aber nicht so viel als jetzo. So aber haben wir Nachbarn, die aggrandi ren sich, machen sich maͤchtig, und ehe wirs uns versehen, changi ren wir unsern maitre, be- kommen einen maitre, der uns nicht anstehet. Wollen wir also uns nicht von unsern Nachbarn verschlingen lassen, so wird potentia, Geld erfordert. Wir muͤssen Trouppen halten. Es ist nichts so Geldfressend, als eine Armee zu halten, sonderlich, da heut zu Tage militia mercenaria. Vordem brauchte man nicht viel, da musten die Edelleute auf ihre Ko- sten aufsitzen, und wenn die Noth groß war, so musten die Bauren mit lauffen und schlagen. Zu der Zeit hat man mit einer solchen Armee Schaden thun koͤnnen, denn man hatte keine artillerie, sondern nur ge- wisse instrumenta, womit man konnte Mauren einbrechen ꝛc. Da man nun aber das Pulver hat, so ist es gantz anders. Die milites merce- narii thun auch heut zu Tage nichts, als daß sie exerci rt werden. Die muß ein Herr alle ernehren, und sind sie hodie unentbehrlich propter vi- cinos. Viele haben die Augen aufgesperret, da der Koͤnig in Preussen so eine grosse Armee haͤlt, weil sonst nicht so viel gehalten worden. Al- lein jetzo sind grosse Nachbarn da, welche vor diesen nicht gewesen. Moscau ist jetzo so maͤchtig, daß es noch manchen wird bange machen. Einen Staat zu machen, kostet auch dem Herrn Geld. Der Herr muß J i 3 ja ben, sub titulo: Consultatio de pace, worinnen er raisonni ret, wie der Frie- de zu Muͤnster gemacht werden muͤsse. Er hatte seinen Nahmen nicht drun- ter gesetzet, aber Lampadius hat ihn nachgehends produci ret, wodurch er in consideration kommen, und hat sich jedermann gewundert, daß ein solcher junger Mensch so schreiben koͤnnte. Cap. V. De prudentia ja auch leben. So viel ein Herr noͤthig hat, kan er wohl aus seinen do- main en nehmen; der Hertzog Ernst von Gotha hat von seinem Wald- revenüen seinen gantzen Hof erhalten, auch seine Printzen lassen reisen, und wenn ja dem Herrn noch was sollte noͤthig seyn, so wird der peuple allezeit suchen dem Herrn unter die Arme zu greiffen. Dieses wird in keinem Koͤnigreich desideri ret werden. Nur die Pohlen geben nicht gerne viel daruͤber. Was aber ein Koͤnig in Pohlen hat, davon kan er schon leben. Er braucht niemand zu besolden, als seine guarde, die uͤbrigen Bedienten hat er alle umsonst. Indessen hat er doch or- dentlich etliche hundert tausend Thaler revenüen, und wo der Koͤnig ist, bringen sie ihm alles in die Kuͤche. Hergegen aber sind noch viele char- gen im Lande. Alles, was Bediente heissen, lebet ex publico. Es muß auch alles in baulichen Wesen erhalten werden, das erfordert Geld. Daher ist kein geringes municipium, welches nicht revenüen hat, wo- durch alles in gutem Stande erhalten wird. Ich bin auch in der per- suasion, daß man denen Rath-Haͤusern soll etwas lassen, aber Rech- nung von ihnen fordern. Denn was ist das vor eine schoͤne Stadt, wo man in Koth faͤllt bis uͤber die Ohren? Die Leute wohnen nicht gerne an einem solchen Orte. Also siehet man wohl, wie daß ohne Geld nichts auszurichten. Das sind Chimæ ren, wenn man meynet, man brauche kein Geld. Erst hat man freylich keines gehabt, und weiß man, woher es entstanden, welches ich in einer besondern Dissertation in Gundl. demonstri ret, nunmehro aber ist es impossible, ohne Geld zu seyn; au contraire, wo kein Geld ist, da giebt es eine affreuse Gestalt. Copius, ein Engelaͤnder, hat in Englischer Sprache eine Probe vom Christlichen Glauben geschrieben, worinnen er auch einen Discours von Gelde hat. Roy in seinem Tractat l’ Existence \& la Sagesse de Dieu handelt auch hie- von, und hat jenen excerpi ret. Pecunia est nervus rerum gerendarum. Diejenigen, welche meynen, man brauche kein Geld, gehoͤren nicht in die Politic: denn das sind abstract e discourse. Wer wird sagen, daß die Menschen obligi rt waͤren, in Wald zu lauffen, Wurtzeln zu essen, und Wasser zu trincken, daher siehet man, omnes artes cessarent, si aurum, argentum cessaret. Man wird auch finden, daß diejenigen Voͤlcker, welche kein Geld gehabt, in einem miserabl en Zustande gewesen. Ob- gleich das Geld anfangs aus einem affect enstanden, welcher nicht viel taugt, so reden wir doch hier ex hypothesi. Wir wissen auch, wie die Suͤnde kommen, und doch sind wir nicht ohne Suͤnde. Man muß sich drein schicken, damit man nicht gar zu Grunde gehet. Noch vielweni- ger kan man sine pecunia seyn, in Ansehung unsers Standes, wenn wir status circa ærarium, tributa \& vectigalia. wir denselben consideri ren wollen. Ein Princeps aber muß nicht allein darauf sehen, daß seine Unterthanen ruhig leben, sondern er muß ihnen auch Gesetze vorschreiben, de parsimonia, de re familiari, welches in jure gewiesen wird. Viele meynen, es sey absurd, wenn der Herr hier wolle einem Gesetze vorschreiben, man muͤsse einem jeden zulassen, zu thun, was er wolle. Allein der Herr ist nicht allein befugt darauf zu sehen, daß du behaͤltest, was du hast, sondern daß du auch dasselbe vermehrest. Quo magis vero tua res familiaris augetur, eo ille potentior fit. Ein Fuͤrst muß nicht allein interius seine Republic besser anrichten, damit nicht al- les pouvre aussehe, sondern auch im Stande seyn, sie auswaͤrtig zu de- fendi ren, damit ein jeder kan sein Hauß, Hof, und seine bona erhalten, und nicht in Gefahr seyn darff, von andern in Sclaverey gebracht zu werden. Man weiß nicht, was vor Faͤlle kommen koͤnnen. Wir se- hen, daß civitates, welche sonst florentissimæ gewesen, in servitutem sind gebracht worden. Man siehet, was der Tuͤrcke vor ravagen gemacht. Aber Quær. Was soll ein Princeps denen Unterthanen nehmen? Hier muß man ebenfalls erst principia generalia setzen, woraus man her- nach sehen kan, wie er es machen muß, ut conserventur bona vel au- geantur. Man darff nur das gemeine Spruͤchwort in acht nehmen: boni pastoris est tondere pecus, non deglubere. Darinnen stecket das principium regulativum. Gleichwie die Wolle, wenn sie denen Schaa- fen gelassen wird, dieselbe nur zu Boden druͤckt; also muß auch ein prin- ceps seinen Unterthanen nur so viel nehmen, als sie entbehren koͤnnen. Er muß ihnen nur das abundans nehmen. Der ist aber ein Thor, wel- cher meynet, der princeps koͤnne ihnen omne jucundum nehmen, und nur das necessarium lassen. Die Menschen sind nicht so beschaffen, daß sie sich bloß mit dem necessario begnuͤgen lassen; sondern ein jeder liebet auch jucunditatem, welche inclination man nicht ausrotten wird. Sind die Menschen sine jucunditate, so werden sie traurig, und sterben. Also siehet man, daß die jucunditas der menschlichen Natur nicht zu wider, sondern vielmehr derselben gemaͤß. Es hat ein jeder Mensch etwas, das er liebet, daran er sein plaisir hat, und wodurch er aufgemuntert wird, daß er seine Arbeit desto hurtiger thut. Die necessaria machen zwar, daß wir nicht sterben, aber wir werden verdrießlich; Die Verdrießlich- keit waͤchset, das Wachsthum aber verursachet bella, exitia \&c. Es darff da nur einer kommen, und blasen, so sind die betraͤngten Unter- thanen a la porte. Das abundans, nimmt man weg, wobey man es freylich so einrichten muß, daß etwaͤs nachwaͤchset. Hier kan man le- sen des Schrödters Fuͤrstliche Schatz- und Renth-Cammer. Es ist ein gutes Cap. V. De prudentia gutes Buch, welches zum Nutzen und Heyl des Volckes mit eingerich- tet, denn das ist keine Kunst, mutationes zu machen, welche einen Schein haben, sondern man muß sehen, ob revera ein Nutzen da. Das abun- dans muß auch bequemlich weggenommen werden; Denn die Untertha- nen sind soupconnant, sie haben viel boͤse Fuͤrsten vor sich gesehen, und sehen noch taͤglich viele. Daher, wenn man sagt, man wolle das abun- dans wegnehmen, so dubiti ren sie auch, ob es abundans. Der Doctor Svifft, ein Engelaͤnder, hat in seinem Tractat le Comte du Tonneau, (wel- ches in Englischer Sprache geschrieben, aber ins Frantzoͤsische uͤbersetzt,) die Engelaͤnder beschrieben, und ihre Fehler gewiesen, da er eine erschreck- liche idée von ihnen macht. Man darff nicht dencken, daß die Enge- laͤnder allein so schlimm, wir finden es uͤberall eben so. Es giebt keiner mehr was: Denn die Leute sind nicht tugendhafft. Das hat Hobbe- sius in seinem Buch de Cive schon gesehen, worinnen er hat von Cam- mer-Sachen, welche admirable sind. Man kan bey allen passion en zei- gen, das sie nicht gerne was geben. Ein Ehrgeitziger verthut es lieber mit Pomp, Pracht und Herrlichkeit. Ein Geitziger wird ohnedem nichts geben, der schließt es lieber in Kasten. Der Wolluͤstige verthut es lie- ber liederlich, verfrißt, versaͤufft, verhuret es lieber, oder machet sich da- vor mit andern Personen lustig. Sagt man, man wolle bey ihnen abundans nehmen, so wird er eine Rechnung hermachen, daß er alles brauchet, da muß er so viel Wein, so viel Taback, so viel Kleider ꝛc. ha- ben, wenn er ein Kleid einmahl angehabt, so siehet es den andern Tag schon aus, wie die Vialactea; Er ist commod. Deßwegen man in al- len civitatibus auf Mittel bedacht, wie man es bequem wegnehmen koͤn- ne, daß sie es nicht mercken. Die Hollaͤnder haben sonst solche inven- tiones gerne angehoͤret, und wenn einer was kluges angegeben, so haben sie ihn nicht allein belohnet, sondern auch noch avantage ex illo medio gelassen. Junge Leute verstehen nicht eher, was hieran gelegen, als bis sie die Historie lesen, oder reisen, oder selbst zu solchen affai ren gezogen werden, alsdenn sehen sie erst, was vor Behutsamkeit dabey noͤthig. Quær. Wo soll man die abundance hinlegen? Unser Autor hat unter dem ærario alles begriffen, und saget, man muͤsse es ins ærarium legen. Sonst aber pflegt man die publiqu en Guͤther specialius zu distingui ren. Ich kan mir aber des Autoris Meynung gefallen lassen, indem es nichts thut, weder in denen Haupt- conclusionibus noch in specialibus. Hertius hat Part. I. p. 161. auch gewiesen, daß der Latissimus significatus bey de- nen alten Roͤmern gebraͤuchlich gewesen, aber schon in republica libera haben die Roͤmer ærarium von dem fisco unterschieden. Sie nenneten æra - status circa ærarium, tributa \& vectigalia. ærarium, worinnen man die tributa und vectigalia gelegt, ad sustentan- dam Rempublicam, sive domi, sive foris, sive in toga, sive in sago. Uber dieses ærarium wurden Censores gesetzet, welches homines probatæ virtu- tis waren. Hergegen fiscum haben sie genennet, was destini ret war, ad sustentandas personas publicas, und ein princeps kam, so hieß es: quod ad sustentandam personam principis pertinet, zu welchen alle Bedienten gehoͤren. Diese sind seine Augen, Ohren, membra, instrumenta. Omnis dignitas, nobilitas in ipso est. Daher hat man dem principi gewisse Guͤther uͤberlassen. Die Francken und Teutschen haben es genennet Domanium, und die Roͤmer Fiscum. Die Iura Fisci sind Iura principis. Ob zwar bey denen Roͤmern ærarium und fiscus unterschieden worden, so hat doch Dio Cassius observi ret, tempore Augusti incæpisse, ut fiscus \& ærarium confunderentur. Der Fuͤrst sagte, ich bin allein da, und will da schon in obacht nehmen, ut respublica defendatur. Nun ist wohl wahr, wenn der Princeps sapiens, so kan er alles unter seiner disposition haben: aber si non sit sapiens, so ist es auch schlecht beschaffen. In Teutschland hat man nach dem Unterscheid inter ærarium \& fiscum. Æ- rarium nennet man die Steuer- Casse, Fiscum aber nennet man des Fuͤr- sten seine Cammer, sein domanium, welches ihm gegeben wird zu seinem Staat, Pomp und Herrlichkeit, zu Erziehung seiner Kinder ꝛc. Ein princeps kan nicht seyn ohne Pracht, sonst macht er sich veraͤchtlich bey dem peuble, homines sunt vani, und muß sich ein princeps accommodi - ren. Man muß sich nicht einbilden, als wenn Rudolphus Habspurgicus immer so einen alten grauen Rock angehabt, als bey der Gelegenheit, da er dem Ottocar investi ret, das thaͤt er ihm zum Tort. Obgleich Fer- dinandus Catholicus seinen Schwieger-Sohn zum Tort ein schlechtes Kleid angehabt, so wuste er doch sonst Staat zu machen. Ein Fuͤrst muß ja seine Kinder auch anders erziehen, daher ist kein einiges Reich, wo man dem Fuͤrsten nicht was gewisses gesetzt. Die substanz gehoͤret nicht dem principi, und kan er nichts davon veraͤussern. Die Teutschen haben bey ihren domaniis eine groͤssere Weißheit sehen lassen, als die Roͤmer. Die Teutschen haben vieles ad regalia referi rt, welches die Roͤmer gethan, e. g. Die Jagden, Fischereyen, Metallifodinas referi ren, die Teutschen ad regalia, die Roͤmer aber nicht. Es haben die Teutschen so raisonni ret, und gesagt: man sollte dem Fuͤrsten geben, was man am bequemsten entbehren koͤnnte. Fornerius hat in seinen Selectionibus Iu- ris observi ret, daß alle Teutsche Voͤlcker die adespota, die keinen Herren haben, dem principi attribui ret. Das Wild hat ja keinen certum do- minum, heute ist es hier, morgen da. Eben so ist es mit denen Fischen, K k daher Cap. V. De prudentia daher sagten sie: habeat princeps. Wenn auch ein jeder darff fischen, jagen ꝛc. kan man nicht viel Vortheil haben. Hergegen hat es einer al- lein, so hat er grosse revenü en. Daher kommt die Eintheilung derer regalium, bey uns gantz anders heraus, als bey denen Roͤmern. Bey unsern Landes-Fuͤrsten nennet man es nur analogice domanium, eigent- lich aber Cammer-Guͤther. Man muß auch unsere Fuͤrsten gar nicht abmessen nach denen principiis Francicis despoticis, sondern nach denen Lehn-Rechten, oder wenn bona ecclesiastica zu denen Tafel-Guͤthern geschla- gen werden, welches weitlaͤufftiger gezeiget wird, theils in Iure Canonico, theils feudali, theils auch in Iure Nat. Lyncker hat auch ein eigen re- sponsum hievon gemacht, und Dinckler hat auch eine Dissertation hie- von geschrieben. Es ist diese observation nicht de nihilo, indem wir viel domain en- processe in Teutschland haben. Die meisten judices sind auch der Meynung, esse judicandum secundum, Ius feudale, welches eben der rechte Weg, und von diesen rechten Wege muß man nicht abgehen. Denn das ist kein Jurist, der das nur sucht zu approbi ren, was dem Souverain gefaͤllt. Suum cuique est tribuendum, nihil adimendum prin- cipi nihil adimendum subditis. Von denen fiscalibus bonis muß man distingui ren die Chatoul -Guͤther, oder patrimonial -Guͤther, mit diesen kan ein Herr machen, was er will. Denn sie sind ja in seinem patrimonio. Alles, was der Herr aus denen Cammer-Guͤthern ein- nimmt, das gehoͤret seine, und kan er damit machen, was er will. Er kan alles verthun, hergegen wenn er was ersparet, und sich was an- kaufft, das dependi ret gantz von ihm, und gehoͤret seine. Was ein kluger Fuͤrst ist, der sucht immer etwas zu ersparen, und sich davor et- was zu schaffen. Wenn der Herr sparet, so meynen freylich die Leute gleich, er sey geitzig, daran er aber sich nicht kehret. Die Koͤnigin Eli- sabeth war magnanima princeps, sie hatte grosse desseins im Kopffe; daher sparete sie auch, als sie zur Regierung kam, weßwegen sie von vie- len als geitzig angesehen worden. Wie sie aber im Stande war, so sa- he man, wozu sie die Gelder anwendete. Cominæus erzehlet, daß zu seiner Zeit kein Printz was merckwuͤrdiges gethan, von dem man nicht gesagt, er sey geitzig, die andern aber haͤtten alle nichts gethan. Maxi- milianus semper carebat pecunia, daher konnte er nicht groß werden. Deßwegen aber recommendi ret man den Geitz nicht, wer wollte so ein Thor seyn? Man pflegt aber das geitzig zu nennen, wenn einer spart. Bisweilen kan es kommen, daß ein Herr extravagi rt, wie Henricus VII. in Engeland, das war ein melancholi scher Herr, aber allezeit sind die Herren nicht so geitzig, als man sich einbildet. Die Buͤrger haben ei- nen status circa ærarium, tributa \& vectigalia. nen naͤrrischen concept, daß sie meynen, der Herr muͤste alles depensi - ren, und alle Tage einen splendeur zeigen. Wenn ein Friede gemacht wird, oder es ist ein Beylager, oder es ist eine victorie erhalten worden, da muß man lassen was aufgehen, damit der peuble und Auswaͤrtige einen rechten concept von uns kriegen. Denn auch unter denen Aus- waͤrtigen sind stulti. e. g. Wenn man an einem fremden Ort einen Gesandten schicket, und derselbe fuͤhret sich nicht propre auf, so halten sie den Herrn vor einen Knicker, und dencken er sey nicht potens. Es ist aber viel daran gelegen, daß Auswaͤrtige einen grossen concept von un- serer bravour und Macht kriegen, so thun sie uns nicht so leicht Tort. Daher muß man ihnen suchen immer ein glaucoma vorzumachen. Pau- lus hat sich ja selbst nach allen Leuten accommodi ret, also muß sich ein princeps auch hier nach denen stultis richten; Er hat hier nicht mit wah- ren Christen zu thun, sondern mit albern Menschen. Mit diesen Cha- toul -Guͤthern kan also der Fuͤrst thun, was er will. Es kan eine Zeit kommen, da ein Herr kein Geld hat, wo kriegt er nun Geld? Versetze ich aber ein Chatoul -Amt, so kan ich gleich Geld bekommen, denn das ist res propriissima, er hat es nicht in feudum, auch nicht a populo. Al- so ist ein groß incommodum dabey, wenn man alles zu domain -Guͤthern machet. Auf die domain en giebt man nichts, weil man nicht sicher, es wird von dem successore wieder weggenommen. In abstracto ist es gut, wenn alles beysammen bleibet, und nichts kan veraͤussert werden, indem das Land dadurch staͤrcker wird. Es giebet viel solche Chatoul -Guͤther. Dahin gehoͤreten bey dem Koͤnig Wilhelm in Engeland die Guͤther, so der Printz von Oranien in Holland besessen, denn die gehoͤreten nicht ad domanium, und nicht ad fiscum. Wo ein Despotismus ist, da gehet alles unter einander, ausser in favorabilibus. Wo domain en sind alie- ni ret worden, so stellet man reductiones an. Wenn man die Sache recht ansiehet, so haben die reductiones freylich raison. Denn der peuple hat dem Herrn nicht die substanz gegeben, sondern nur die revenü en ad su- stentationem. Er ist also wie ein usufructuarius; Gleichwie nun der usufructuarius rem in usum fructum datem muß restitui ren, sonst muͤste ja der populus ein neues domanium constitui ren. Also sind die redu- ctiones nicht unbillig. Aber wie man solche in Schweden vernahm, so hat man vieles vindici ret, welches gar keine domania gewesen, das hat aber Schweden in das aͤusserste Ungluͤck gebracht. Die Koͤnigin Chri- stina hatte viel von ihren domain en weggeschencket, so gar, daß wie sie gesehen, sie koͤnnte nicht ferner auskommen, dieses mit dazu contribui - ret, abzudancken, und sich gewisse revenü en vorzubehalten. Nachgehens K k 2 ka- Cap. V. De prudentia kamen die Spanier dazu, welche sie persuadi ret Catholisch zu werden, darauf gieng sie nach Rom, und verzehrete ihr Geld daselbst, weil da viel delicia sind, und man commode leben kan. Weil nun die Christi- na so verschwenderisch gewesen, so hat man freylich muͤssen reductiones anstellen. Wenn der peuble consenti ret, so koͤnnen domain en weggege- ben werden. Also hat der Hertzog von Marlebourgh mit consens derer beyden Parlamenter VVoodstock bekommen, welches er hernach Blind- heim genennet. Die Koͤnigin aber konnte es vor sich nicht thun. Weil nun der princeps soll dahin bedacht seyn, ut aliquid demat, und zwar das abundans, so muß er auch ratione des ærarii suchen, daß er dasselbe con- servi re und augi re. Daher einige nicht ungereimt gesagt: Datur æra- rium conservativum \& augmentativum. Will er es aber conservi ren und augi ren, so muß er wissen, was seine Unterthanen haben, sonst kan er ja nicht die bilance ziehen, ob die subditi aͤrmer oder reicher werden: wenn sie abnehmen, decrescunt principi. Er muß Leges sumtiarias, ve- stiarias verschreiben, welche vieles koͤnnen helffen. Das Exempel ma- chet es allein nicht aus. Obgleich der Koͤnig offt admirable menagi ret, deßwegen machen doch die Unterthanen depens en. Etwas thut freylich das exemplum, aber nicht alles, sind aber Leges bey dem Exempel, so thut es viel. Ein Schuster hier trincket wohl jaͤhrlich mit seiner Frau vor 25. Thaler Coffée; Puff, Rastrum, gehoͤret vor ihn, und hernach klaget er, er koͤnne nicht auskommen, was nutzt dem Kerl der Coffée? Wenn auch das Exempel was thaͤte, so thut es solches nur in præsentia, wo der Herr ist, wir wohnen hier zwantzig Meilen davon, da kan es nicht helffen, und wenn ein Narr kommt, der was anfaͤngt, so thun sie es ihm alle nach. Also muß der princeps wissen, was daß Land hat. Viele meynen, es sey nicht moͤglich, solches zu erfahren. Nun kan er es wohl nicht auf einen punct wissen, und wer eine mathemati sche Ausrech- nung wollte haben, wuͤrde sich betriegen. Ich weiß zwar, daß einige gemeynet, ein princeps sollte anbefehlen, bey harter Straffe, daß ein je- der sein Vermoͤgen angeben sollte. Allein wenn das consilium eclati ret, so lauffen die Leute weg. Dein Land ist ja kein Vogelbauer, ehe du sie dazu bringest, wenn es auch eingefuͤhret worden, so lauffen die Leute nach der Zeit fort. Wenn man gleich an allen Orten Galgen aufbauet, so haben die Leute die Kunst, daß sie neben den Galgen vorbey gehen. Man will nicht gerne wissen lassen, was man im Vermoͤgen hat, es hindert den credit. Wenn es auch der froͤmmste Regent ist, so glauben es doch die Unterthanen nicht, sie bilden sich die Regenten immer schlim- mer ein, als sie sind, weil sie so viel Exempel von boͤsen Regenten vor sich status circa ærarium, tributa \& vectigalia. sich haben. Haben aber nun die Unterthanen einmahl ein soupçon, so wird derselbe immer weiter poussi rt. Die Leute vergraben ihr Geld, welches in Franckreich geschehen, da man die Leute ausklopffen wollte, welche so viel bey dem Acti en-Handel verdienet. Was hilfft das Geld, wenn es vergraben? Franc. Bernier, ein Medicus, welcher sich lange im Reich des grossen Mogols aufgehalten, hatte auch ordre von dem Colbert, acht zu geben, wie die Leute dort haushielten, und wie sie tracti ret wuͤrden? Bernier hat eine relation an den Colbert gemacht, die man in seiner vo- gage, ) welches ein sages Buch, und sehr politi sch geschrieben, es sind auch einige Sachen darinnen, welche Medicin er koͤnnen brauchen,) finden kan, darinnen hat er den Colbert abgerathen, ne unquam ad ejusmodi princi- pia Mogolistica deflecteret. Die Leute waͤren da alle Sclaven, koͤnn- ten nichts vor sich behalten, deßwegen wuͤrde sehr viel vergraben, und laͤgen daselbst viele Tonnen Goldes unter der Erden. Die Leute sterben druͤber weg, sagen es ihren Kindern nicht, weil sie immer dencken, sie moͤchten wieder aufkommen. Eben dieses wuͤrde also auch geschehen, wenn man sein Vermoͤgen specifici ren sollte. Daher ist eben nicht noͤ- thig eine mathemati sche Rechnung zu haben; und wer seinem Herrn ei- ne solche Meynung in den Kopff setzet, der ist in keinem politi schen Lan- de gebohren. In perpetua ignorantia darff er nicht versi ren, sondern er muß nur præter propter eine Nachricht davon haben. Dazu gehoͤret aber doch eine grosse Aufmercksamkeit, daß man Leute erwehlet, welche einem davon eine rechte notiz geben. Es muß kein Dorff, kein Wald, keine Stadt ꝛc. seyn, davon er nicht Nachricht hat. Constantinus M. hat eine solche Nachricht seinen Soͤhnen hinterlassen, aber alles nur præter propter. Carolus V. hat seinen auch eine solche instruction gege- ben, nur hat es da gefehlet an einer speciell en Nachricht, von allen Fluͤs- sen, Staͤdten, Doͤrffern ꝛc. Wer ein particulair -Land hat, der kan al- les dieses gar leicht erfahren. Was geaͤndert wird, muß man auch be- staͤndig lassen aufschreiben. Das wird alsdenn eine rechte Staats- Geo- graphie, welche admodum utitis. Wenn einer einen Printzen instrui ret, muß es auch auf diese Art geschehen; nur muͤssen erst geschickte Leute ge- nommen werden, so die Beschreibung machen, hernach kan man auch auf die Menschen gehen, so im Lande wohnen, was vor professiones da sind ꝛc. so kan er die force seines Landes sehen. Es kan alles en bon ordre ge- schehen, wenn man alle Leute in dem Lande auf zwoͤlff Sorten reduci rt, hoͤher kan man es nicht bringen, oder wenn man ja noch andere hat, so koͤnnen sie doch dahin referi ret werden. Dahin gehoͤret 1) Der Adel, denn kein Land ist in Europa, wo nicht Adeliche sind, da kan man al- K k 3 les Cap. V. De prudentia les anschlagen, und sehen, was der Adel hat, ratione derer unbewegli- chen Guͤther. 2) Ein Herr hat Bedienten, diese tragen ihm nichts ein, sondern er muß sie alle erhalten. Von diesen kan ein Herr eine Wissen- schafft haben, was sie ihm jaͤhrlich kosten. 3) Hat er Soldaten, was diese kosten, kan er leicht aus denen Rollen sehen, welche sehr accurat gemacht werden. 4) Ist die Geistlichkeit, diese bringet nichts ein, er kan sie aber nicht entbehren; Will er nun wissen, was diese kosten, so kan er in denen Consistoriis davon Nachricht finden. 5) Gelehrte, diese brin- gen auch nichts ein, sie werden ex publico erhalten. Da muß er sehen, was vor eine Anzahl erfordert wird. An einem gewissen Ort hat man drey hundert Advocat en, welches eine Himmel-schreyende Suͤnde, denn da machen sie processe, wo keine sind. 6) Muß er auch wissen, was er vor Capitali sten in seinem Lande hat. Auf die Renthierer muß er son- derlich acht geben, denn das sind die Spanischen Fliegen, welche die Unterthanen aussaugen, nehmen viel usuras von ihnen. Man sagt wohl, das Geld rouilli re doch, aber in der That rouilli ret es nicht. Was kan ein Handwercks-Mann vor einen profit haben, wenn er sechs pro cent geben muß? Ja, wenn man zwey pro cent giebet, da ist es gut, und thut keinen Schaden. Die Hollaͤnder drucken deßwegen die Renthierer brav. Ein Herr kan leicht præter propter die Capitali sten in seinem Lande wissen, wie viel Tonnen Goldes sie im Vermoͤgen ha- ben. Auf etliche tausend Thaler kommt es hier nicht an. Es ist aber als wie mit einem grossen Thurn; wenn ich da die Hoͤhe des Thurns habe, und es kommt ein anderer, welcher sagt, der Thurn sey ein Finger hoͤher, so frage ich wenig nach einem Finger, 7) Muß ein Fuͤrst auch sehen, was seine andern Kaufleute profiti ren. Das kan man auch sehen, wenn man acht giebet. 8) Die Handwercker kan man auch leicht daraus erkennen, was sie brauchen, item man kan sehen, wie viel er Gesellen hat. Bey Kuͤnstlern kan man es nicht so genau mer- cken, sonderlich, wenn alle ihre Arbeit auswaͤrts gebrauchet wird. Aber da kan man auch acht haben, was er verzollet, ver accisi rt, item wenn man siehet, was er vor Materien einbringt, 9) Sind die Land-Wirthe und Acker-Leute, die weiß man auch leicht. Dicis: Ein Haußwirth ist ja besser, als der andere. Respond. Uberhaupt kan man doch sagen: Was ein guter Haußwirth ist, so traͤgt die Hufe so und so viel. 10) Ist das Gesinde und die Dienstbothen, da kan man auch sehen, theils, was sie haben, theils, was sie lucri ren. Man siehet auch daraus, wie viel man Gesinde braucht. 11.) Tageloͤhner, 12) Muß ein Fuͤrst se- hen, was er vor Arme und Bettler in seinem Lande hat; Wenn es Leu- te status circa ærarium, tributa \& vectigalia. te sind, die etwa durch Ungluͤck verarmet sind, vor die muß man auch sorgen, aber alle Bettler in gantz Europa aufzunehmen hat er nicht noͤ- thig. Die Leute muͤssen alle ernehret werden, dadurch gehet denen Un- terthanen viel ab. Meine liberalit aͤt gehet nicht so weit, daß ich alle Leute in der gantzen Welt erhalten sollte, sondern ich muß sehen auf die- jenigen, so mir am naͤhesten sind. Wer wollte sagen, daß einer alle Leute in der Welt sollte zusammen trummlen lassen, seine liberalité ge- gen dieselbe sehen zu lassen. Was die Advoca ten præter propter brau- chen, kan man leicht wissen, wenn einer die Sporteln und Taxen ansie- het, und acht giebet, was vor Processe sind. Weiß einer diese zwoͤlff Class en, so kan er hernach leicht media finden, alles zu erkennen. Col- bert hat auch eine accura te Nachricht von allen Provinzen machen las- sen, da hat der Koͤnig gewust, was er alle Tage vor sich einzunehmen habe. Er wuste auch, was seine Leute hatten, und was sie im Fall der Noth abgeben kunnten. So ein gescheuter Ministre, als Colbert war, ist in Franckreich nie gewesen. Der Schrödter mag auch vieles von dem Colbert entlehnet haben. Es hat ein Nobili de Venetia, welcher Ambassadeur in Franckreich gewesen, zu Zeiten Colbert s in Italiaͤnischer Sprache ein Buch edi rt, worinnen er gewiesen, was vor Ordnung da- mahls in Franckreich gewesen, sie gieng aber bald caduc; denn als der Colbert bey dem Koͤnig in Franckreich in so grossen credit stund, so ka- men einige Hof-Schrantzen, und sagten zu dem Koͤnig, er waͤre nur ein Sclav von demselben. Es kamen die Officiers, welche gerne Krieg haben wollten, das wollte aber Colbert nicht haben. Der Koͤnig ließ sich abfuͤhren, daher entstund confusion. Was man aber noch heut zu Tage gutes in Franckreich findet, das kommt alles von dem Colbert. Wenn man Einkuͤnffte hat, so muß man auch sehen, daß dieselben con- fervi ret werden. Unser Autor hat selbst uͤber die conservationem ærarii reflecti ret. Quær. Also, wie das Vermoͤgen derer Unterthanen koͤnne conservi ret werden. Man sagt sonsten: quantum decedit subditis, tan- tum decedit Principi. Weswegen in antecedenti observi ret worden, daß ein Princeps seinen Unterthanen koͤnne Gesetze vorschreiben, damit sie sich conservi ren, und nicht præda vicinorum, præda hostium werden. Die Unterthanen muͤssen sich hier bescheiden, und solches als ein bene- ficium annehmen, wenn ihnen der Herr heylsame Regeln vorschreibet. Ich will hier ein Tuͤrckisch Buch allegi ren, welches etwas rares. Es hat solches der Fuͤrst in der Wallachey, Johannes Nicolaus Maurocor- dato, des Alexandri Sohn geschrieben, (er ist noch in der Wallachey, kam einmahl in Ungnaden, ist aber retabli ret worden, er ist mit bey dem Frie- Cap. V. De prudentia Frieden zu Passarowiz gewesen.) Das Buch ist Griechisch, und handelt de officiis. Man siehet, daß er muß das Alte und Neue Testament gelesen haben, und kan es ein Christ nicht besser schreiben. Clerck in seiner Bibliotheque Ancienne saget auch, so lange das Tuͤrckische Reich stuͤnde, waͤre kein solches Buch geschrieben worden. Fritsch in Leipzig hat das Buch vor einigen Jahren mit einer version drucken lassen, die version hat ein Ungar, welcher jetzo bey dem Wallachischen Fuͤrsten ist, gemacht. In diesem Buch rechnet er auch unter die beneficia, welche ein Fuͤrst seinen Unterthanen præsti ren koͤnnte, wenn derselbe ihnen vor- schrieb, wie sie koͤnnten leben sine luxu, doch commode, jucunde, secure. Denn wer viel verzehrt, der muß sich auch bemuͤhen viel zu verdienen, und es sich lassen sauer werden. Also ist es keine Last, sondern ein Haupt-Punct bey der conservation deiner opum. Man findet es auch schon bey dem Seneca, welcher sagt: Quantum detrahis cupiditatibus ruis, tantum adjicies bonis tuis. So bleibet demnach bey dem ærario conservatio der Grund, daß man die lasterhaffte Verschwendung im Essen, Trincken, Bauen, Spielen ꝛc. einschraͤncket. Es sind viele, wel- che sagen, man naͤhme ihnen dadurch eine honette Lust, aber es ist eine honette Thorheit, daß man alles durchbringet, und hernach klaget, wenn der Princeps was haben will. Friß nicht so viel, so wirst du nicht sa- gen koͤnnen, der Alp oder eine Hexe druͤcke dich. Diejenigen, so uͤber den Principem klagen, fressen und sauffen mehrentheils zu viel, verthun alles, daß nichts uͤbrig bleibet, als Lumpen, excrementa. Es ist ein beneficium vor die gantze Republic, wenn der luxus cessi ret. Man muß es aber doch so einrichten, daß keine contradictoria heraus kommen, wel- ches als eine cautel zu mercken, e. g. wenn einer druͤber reflecti ret, und findet, daß der Coffee einen grossen luxum verursachet, schafft daher den- selben ab, so waͤre contradictori sch, wenn er den Zoll, welcher darauf ge- legt gewesen, immer noch fordern wollte. Er hat ja tausend andere Mittel, wodurch er Geld von seinen Unterthanen erhalten kan. Ge- setzt nun, es hat einer jaͤhrlich vor funffzehen Thaler Coffée gebraucht, nunmehro behaͤlt er dieselben in Beutel, so kan er ja hernach leicht sei- nen Herrn fuͤnff Thaler zahlen, bey einer andern Gelegenheit. Ziehet man da eine bilance, so wird sehr viel heraus kommen. Da bleibet das Geld im Lande, das ist eines von denen principal sten Stuͤcken. Alle delicias kan man freylich nicht abschaffen, und kan man denen Untertha- nen das gar wohl lassen, was im Lande waͤchst. Alle aromata kan man auch nicht abschaffen, aber doch mehrentheils, und erzehlet Chever- ny, welcher unter Henrico IV. gelebet, in seinem Testam. Polit. daß er einem status circa ærarium, tributa \& vectigalia. einen Spanischen Gesandten tracti ret mit lauter Frantzoͤsischen Speisen, und gar keine fremden aromata dabey gehabt. Nun hat wohl Franck- reich vieles zum voraus; unterdessen haben wir doch auch viel, und koͤnn- ten vieles entbehren, denen Hollaͤndern wuͤrde dadurch viel und grosser profit entgehen. Aber was scheeren wir uns um die Hollaͤnder, die la- chen uns ohnedem ins Faͤustchen, daß wir nichts haben, und sie sind reich. Es ist sehr gut, wie die fremden Tuͤcher, die fremden Weine ab- geschaffet worden. Gnug, daß man die seidenen Zeuge noch hat, wel- che nicht koͤnnen abgeschaffet werden, wegen vornehmer Leute. Aber man kan doch darauf dencken, wie man dieselben fabrici ren koͤnne; So wenig es denen Franzosen verbothen gewesen, welche vor denen Zeiten Henrici IV. keine seidene Zeuge gemacht, und nachgehends es so starck getrieben, daß sie alle andere uͤbertroffen. Was man entbehren kan sine imminutione jucunditatis, das kan man alles weglassen. Ich muß sonderlich darauf dencken, wie das Geld im Lande koͤnne erhalten wer- den. Ad summam perfectionem kan man es freylich nicht bringen, es fehlet bald dieses, bald jenes, welches man nicht gleich abschaffen kan/ aber man kan doch darauf bedacht seyn, wie man es auch in seinem ei- genen Lande haben koͤnne. Vor diesem hat man keine tuͤchtige Huͤthe in Teutschland gehabt, auch keine klaren Tuͤcher, welches man also jetzt alles hoͤher gebracht. Die Menschen sehen auf eine commoditè, und wollen was gutes haben. Alle sind auch nicht von einer trempe, und werden wir es nicht dahin bringen, daß der Fuͤrst, Graf, Bauer ꝛc. ei- nerley werde, das ist im Himmel zu hoffen, aber in dieser Welt nicht. Ob wir gleich sehen, daß es gut, wenn man das Geld im Lande behaͤlt. So weit behaͤlt man das Geld im Lande, wenn man keine fremden de- licatessen kaufft; aber es sind noch mehr Mittel, wodurch das Geld kan im Lande behalten werden. Man bringet uns fremde Waaren herein, daher die Kauffmannschafft, wie wir sie haben, hoͤchstschaͤdlich Denn unsere Kaufieute haben lauter fremde Waaren, die kriegen sie nicht um- sonst, also gehet das Geld davor aus dem Lande. Die Kauffmann- schafft ist nichts nuͤtze, wenn fremde Waaren im Lande verthan wer- den; Aber so ist die mercatura gut, wenn ich selbst Sachen fabrici re, und verkauffe sie andern Leuten. Die Hollaͤnder sind auf dem rechten Weg, welche alle materiali en in der gantzen Welt zusammen kauffen, fabrici ren dieselben, und fuͤhren sie weg. Denn der Hollaͤnder ist vor sich so beschaffen, daß er sobrie, frugaliter lebet in allen Stuͤcken, andere nationes aber bethoͤret. So haben es die Frantzosen vor diesen auch gemacht. Aber jetzo haben sie selbst einen grossen luxum, und ist nur noch L l gut, Cap. V. De prudentia gut, daß sie das meiste selbst fabrici ren. Weil nun fremde Sachen nichts nuͤtze, so muß man auch acht geben, daß die Leute nicht so haͤuffig in fremde Laͤnder reisen, welches ein grosser Fehler, und sagt VVahrmund von Ehrenberg in einem besondern Buch hievon, daß sonst kein Bauers- Sohn gewesen, der nicht nach Franckreich oder Italien gereiset. Man- cher muß reisen, auch bey denen Handwerckern und Kuͤnstlern, weil sie an fremden Orten vieles profiti ren koͤnnen. Also kan man nicht allen Leuten das Reisen verbiethen. Der Koͤnig in Franckreich hat sonst kei- ne Blech-Schmiede gehabt, daher er viele deßwegen lassen nach Teutsch- land reisen, auch gar Teutsche Blech-Schmiede lassen wegcapern, und denselben religionis libertatem gegeben. Henricus IV. hat viele lassen nach Italien gehen, daß sie daselbst lernen seidene Zeuge fabrici ren. Es muͤssen auch Leute von condition reisen. Man braucht ja Ambassadeurs, welche die mores gentium kennen muͤssen. Aber das ist eben nicht noͤ- thig, daß sie sechs Jahre allein in Paris bleiben, daselbst in Opern ge- hen, und die Huren-Haͤuser kennen lernen. Daher ist ein loͤbliches Verfahren, daß man keinen laͤßt reisen, er muß eine Ursache anzeigen, warum er dahin reisen will. Denn die meisten verthun nur ihr Geld, und gewoͤhnen sich nur an Sottis en, wodurch sie sich nur bey andern ver- hast machen. Andere nationes depensi ren auch im Reisen nicht so viel, wie die Teutschen. Man findet, daß wenig Frantzosen, Italiaͤner und Engelaͤnder reisen, wir aber dencken, wir waͤren nicht vollkommen, wenn wir nicht die Welt durchstrichen, und denen Fremden gezeiget, daß wir Geld zu verzehren haͤtten. Da machen wir erst einen rechten Staat, und depensi ren, da wir sonst mit sechs hundert Thaler in Teutschland jaͤhrlich auskommen, so verthun wir in Paris wohl tausend Thaler, wodurch viele Millionen aus Teutschland gehen. Man hat auf dem Reichs-Tag auch einmahl deliberi ret, ob nicht ein general-reglement dieserwegen koͤnne gemacht werden, aber weil es auf dem Reichs-Tag nicht koͤnnen ausgemacht werden, so soll ein jedweder vor sich druͤber re- flecti ren, und nachdencken, was vor Summen aus dem Lande gehen, woruͤber einer erschrecken wird. Wenn man nur die Universit aͤten con- sideri ret, so muß man sich wundern, was vor Geld dahin gebracht wird, und auf denen Teutschen Universit aͤten verthut man doch nicht so viel, als in Franckreich und andern Orten. Hier gehet man zu Fuß, in Paris aber fahren sie in caross en, und machen einen Staat, damit sie nur einmahl zu einer redoute gelassen werden. Wenn ein Herr ja ei- nen reisen laͤßt, so muß man denselben vorher seines Standes erinnern. Denn was ist das vor eine Thorheit, wenn ein Bauers-Sohn sich vor einen status circa ærarium, tributa \& vectigalia. einen Grafen ausgibt. Ist das Geld einmahl aus dem Lande, so be- kommen wir es nicht wieder, und verlieret Teutschland mehr, als es pro- fiti ret. Haͤtten wir nicht die schoͤnen Bergwercke in Teutschland, so waͤren wir laͤngst banquerout. Man muß also paucos lassen reisen. Wer auf seinem Land-Guth bleiben will, was hat der noͤthig etliche tausend Thaler in Franckreich zu verzehren. Was hilfft es ihm, wenn er dem Doge zu Venedig hat sehen sich mit dem Mari mediterraneo ver- maͤhlen? Es kan einer gluͤcklich seyn, ob er gleich solches nicht gesehen. Wer wollte die gantze Welt durchreisen, und alles sehen. Ein Herr, der Leute reisen laͤßt, muß sie nicht eben nach Franckreich, Holland, En- geland, lassen gehen, sondern nach Schweden, Daͤnnemarck, Pohlen ꝛc. Mit diesen letztern haben wir ja mehr zu thun, als mit Franckreich. Die opes werden auch bisweilen nicht erhalten durch einen luxum, den man leicht verhindern koͤnnte. Man wundert sich, wo das Gold und Sil- ber aus denen vielen Bergwercken in America, Europa \&c. hinkomme, indem kaum der sechzigste Theil mehr davon uͤbrig. Allein das Ubrige verlieret sich durch die Gold- und Silber- manufactu ren. Georg Ritter, der Conseiller in Nuͤrnberg und Procancellarius bey der Universi taͤt Al- torff gewesen, (er hat mit dem Daniel nnd Nicolao Heinsio, auch mit andern gelehrten Leuten correspondi ret, welches man aus seinen Episto- lis sehen kan,) hat als Procancellarius eine oration gehalten von dem Verderb der Gold- und Silber- Manufactu ren. Wenn man gleich sagt, man bekomme doch wenigstens die Helffte wieder heraus, so gehet doch das andere verlohren; nicht zu gedencken, daß der Herr mag soviel gute Muͤntze schlagen lassen, als er will, die kommt alle aus der Welt. Wir sehen keine alte Roͤßgens von seinen Silber, als etwann bey ei- nem alten Geitz-Halse, welcher sie so sehr vernagelt, daß sie nicht koͤn- nen wegkommen. Man erkundige sich nur auf dem Hartze, was da- selbst jaͤhrlich vor Geld gemuͤntzet wird, und doch findet man wenig der- gleichen. Das machen eben die Silber- Manufactu ren, da wird das gute Geld eingeschmeltzet; Aus dieser Ursache werden die Gulden von feinen Silber hoͤher angenommen. Will ein Herr das Geld im Lande behalten, und denen Raub-Voͤgeln es nicht in die Haͤnde kommen las- sen, so muß er einen Zusatz dazu thun. Man kan das Ertz wohl von dem Silber separi ren, aber es macht Muͤhe und Kosten. In Dreßden hat man einmahl Willens gehabt, Gulden von feinen Silber zu schla- gen, aber weil sie gesehen, daß es dem Lande wuͤrde Schaden thun, ha- ben sie es unterlassen. Ja man hat auch im Luͤneburgischen deliberi ret, ob man nicht inskuͤnfftige mit einem Zusatze das Geld muͤntzen wolle? L l 2 Denn Cap. V. De prudentia Denn es hat keiner mehr bey dem Luͤneburgischen Gelde. Ja wenn einer hundert tausend Thaler an Saͤchsischen und Brandenburgischen zwey dritteln hat, so hat er mehr als an hundert tausend Thaler Luͤne- burgischen zwey dritteln; denn bey diesen hat er nur vor zwoͤlff Groschen Silber, bey denen andern aber hat er noch das Ertz. Es ist gut, wenn die Einheimischen kein Silber und Gold tragen duͤrffen, in Engeland tragen sie keines, das machen die Stein-Kohlen, davon laufft es an. Deßwegen machen doch die Engelaͤnder sonst einen Staat. In Hol- land tragen sie auch kein Silber und Gold. Fuͤrsten koͤnnen es freylich tragen, die muͤssen sich von andern distingui ren, so viel aber koͤnnen sie uͤberall her haben. Es ist ein heimlich fressender Gifft, wenn man Gold- und Silber- Manufactu ren hat. Der obgedachte Doctor Richter hat auch bey denen Nuͤrnbergern effectui ret, daß sie lange keine Silber- und Gold- Manufactu ren gestatten wollen, endlich haben sie eine zu ge- lassen, was aber da fabrici ret wird, wird hinaus gefuͤhret. Huͤbsch ist es, wenn die Buͤrger schwartz gehen, da brauchen sie kein Silber und kein Gold. Man lachet die Reichs-Staͤdte aus, daß sie schwartz ge- hen, aber sie haben solches aus Italien. Die es uͤberlegen, halten es vor absurd, und sagen: Man gienge wie ein Schulmeister. Allein, da braucht sich der Fuͤrst daran nicht zu kehren, was er traͤgt, das ist mode in seinem gantzen Lande, und stehet auch wohl. Also sind es sottis en, wenn man die Leute deßwegen auslachen will. Es ist aber, wie mit de- nen Huͤthen; wenn einer mit einem kleinen Preußischen Huthe in ein Land kommt, wo man grosse Huͤthe traͤgt, so kommt ihnen die mode wunderlich vor, kommt aber einer mit einem grossen Huthe in Preussen, so lachet man ihn da aus. Will einer das Geld im Lande behalten, so muß er auch Sachen, so es heimlich weg bringen, nicht lassen einwur- tzeln. e. g. Er muß keine Commœdiant en, Seiltaͤntzer, Baͤrenfuͤhrer, Tabulets-Traͤger, Italiaͤner ꝛc. ins Land lassen, die nehmen das Geld aus dem Lande. Man dencket zwar, es mache nicht viel 2-4. Gro- schen, so man denen Commœdiant en giebt, allein, wenn man alles zu- sammen rechnet, so kommt eine grosse Summe heraus. Nicht zu ge- dencken, daß solche Dinge Gelegenheit geben zu vielerley otiis. Wenn hier Commœdiant en sind, so thut kein Student was, sondern sie lauffen alle hinein, und versaͤumen ihre Sachen. Der Handwercksmann ver- saͤumet auch. Das Pack, wenn es dergleichen Dinge zusiehet, saͤufft auch dabey, und verthut also das Geld nicht allein vor die Commœdi en, sondern auch vor andere Sachen. So ist es auch mit fremden auxi- liair-Trouppen, die nehmen ebenfalls das Geld aus dem Lande; Wenn man status circa ærarium, tributa \& vectigalia. man eine specification von solchen Dingen haben will, so kan man lesen des Law seine Policey - und Cammer-Sachen, da hat er fuͤnff und zwantzig Sachen angefuͤhret. Er sagt, einige waͤren difficil, aber da- durch darff man sich nicht gleich abschrecken lassen, sondern nachdencken, ob nicht die difficult aͤten koͤnnen gehoben werden. Er rechnet auch da- hin, daß man keine Erbschafft sollte abfolgen lassen, wodurch freylich grosser Schade dem Lande geschiehet, wenn man sie abfolgen laͤßt. Man bedencke nur: Wenn ein Fremder ein hiesiges Maͤdgen aus unserm Lan- de nimmt, die funffzig tausend Thaler im Vermoͤgen hat, ob dieses nicht was ausmachet. Was gantze Reiche sind, da kan man setzen, daß kei- ne Erbschafft sollte abgefolget werden. Daher findet man auch in Franckreich, Spanien und Engeland, daß kein Mensch ohne consens des Herrn kan einen Fremden heyrathen. Bey uns Teutschen aber gehet solches nicht an. Wir haben so viel kleine Republiquen, und entstehen viele difficult aͤten, wenn man es will einfuͤhren. Aber das kan man thun, daß man in denen Staͤdten, welche sonst freyzuͤgig seyn, solches etwas einschraͤnckt. Daher haben es sich viele Reichs-Staͤdte von dem Kayser geben lassen, daß sie koͤnnen censum emigrationis, eine Nach- Steuer fordern. In manchen Reichs-Staͤdten muß man zehn pro cent, in manchen zwantzig pro cent geben. Ehe also einer von hundert tausend Thalern zehen tausend Thaler giebt, bleibt er lieber im Lande; aber daß man gar nichts wollte passi ren lassen, gehet nicht an. §. 4. Da man nun auf die conservation desjenigen, was man Mittel zur Vermehrung des ærarii. hat, dencken muß, so kan man auch darauf dencken, wie man sein Ver- moͤgen koͤnne vermehren. Ex consequenti, wenn das Vermoͤgen derer Unterthanen vermehret wird, so wird auch des Herrn seines vermehret. Der Herr kan allezeit das kriegen, was die Unterthanen wissen koͤnnen. Wenn gleich die Leute murren, so kan man ihnen doch dasselben bald ver- treiben, ohne eine force zu gebrauchen. Die Haupt-Vermehrung be- stehet in der Menge des Volcks. Spanien hat eine Etendüe, welche Franckreich, wenn man es in seinen alten Grentzen betrachtet, nicht viel wird nachgeben. Aber, wenn man ein jedes in se consideri ret, so wollte ich doch lieber Franckreich haben, als Spanien, obgleich Spa- nien ein unvergleichliches Land, welches mehr commodité hat. In Franckreich sind in einer Stadt mehr Leute, als in Spanien in sechs Staͤdten. Wo keine Leute sind, da ist kein Geld, keine Verzehrung, kein Handel und Wandel. Daher muß man auf die peupli rung des Landes sehen, darzu gehoͤret eine grosse Kunst, die Leute anzulocken. Es ist nicht allemahl moͤglich, occasio muß in acht genommen werden, L l 3 post Cap. V. De prudentia post hæc occasio calva. Viele Teutsche Herren haben profiti ret, da die Reformirten in Franckreich verjaget worden. Einige wollten nicht dran, weil sie nicht Lutherisch waͤren. Allein sie haben es nachgehends bedauret. Die reichsten Leute giengen nach Holland und Engeland, weil man ihnen wegen der Religion difficult aͤten machte. Der Tuͤrcke hat ein grosses Land, und hat kein Potentat so viel als er; Aber, was ist es, man findet an Orten, welche vordem am besten flori ret, anjetzo Einnoͤden von viertzig, funffzig Meilen, da die Thiere ihr rendevous hal- ten. Griechenland und Klein-Asien sind sonst die Lande gewesen, wo- her man alle delicatess en bekommen, und jetzo findet man so viele Wuͤ- steneyen daselbst. Wuͤste der Tuͤrcke sein Land zu gebrauchen, so wuͤr- de er durch seine force allen andern koͤnnen formidable seyn. Auf de- nen Grentzen laͤst er es nicht cultivi ren, und innwendig sind nichts als wilde Thiere, Ungesundheit, ꝛc. ein Land, das nicht peupli ret ist, gehet zu Grunde, wenn es gleich sonst sehr flori ret. Das Juͤdische Land ist sonst so fruchtbar gewesen, und jetzo ist es ein ungesundes Land, voller Felsen und Wuͤsteneyen, daher auch Toland in seinem Buch: Homo sine superstitione dubia gemacht, ob es auch alles wahr, was Moses von dem Lande Canaan sage. Allein Elie Benoist hat den Toland in einem eigenen Buch refuti ret, und gewiesen, daß man nicht koͤnne schliessen, weil es heut zu Tage so elend aussaͤhe, deßwegen waͤre es auch vor die- sem so beschaffen gewesen. Gleichwie ein schoͤnes Zimmer, wenn es nicht bestaͤndig reinlich gehalten wird, ungesund wird, und Spinnweben und Maͤuse hinein kommen. Eben so ist es auch mit einem gantzen Lande, welches nicht cultivi ret wird, das gehet zu Grunde. Wo viele Leute sind, da sucht sich ein jeder zu naͤhren, findet einer zu Hause nichts, currit ad Indos. Holland ist nicht capable den sechsten Theil seiner Un- terthanen zu ernaͤhren, daher gehen die Leute anders wohin, suchen sich was zu verdienen, und verzehren es hernach zu Hause in Ruhe. Es ge- hoͤret aber viel dazu, daß man die Leute allici ret, dazu ist nichts geschick- ter, als eine gute Policey, wovon man ein gantzes Collegium halten koͤnnte, und darinnen Sachen proponi ren, daran viele nicht gedencken, welche auch in solchen Sachen gebraucht werden. Wer wird gerne wohnen an einem Orte, wo keine Policey ist. Die Policey bestehet 1) in einer Sicherheit. Die Sicherheit bringet mir die justiz zu wege. 2) Daß man alles en bon ordre thut, dergestalt, daß ein jeder kan sein Hauß-Wesen darnach einrichten, und vitam habere Sanam. In ein Land das offen ist, ziehet niemand gerne. Daher gehet niemand gerne nach Pohlen. Die Uckraine ist eines von den schoͤnsten Laͤndern, aber die status circa ærarium, tributa \& vectigalia. die Leute trauen nicht daselbst sich zu etabli ren, denn bald kommt der Tuͤrck, bald die Tartarn dahin. Man will auch gerne an einem Ort wohnen, der gesund ist. Dicis: Wer kan den Ort aͤndern? Respond. Es gehet gar wohl an: Holland ist ein ungesundes Land, und wenn ein Teutscher nach Leyden kommt, muß er mehrentheils ein Fieber ausstehen. Aber durch die Reinlichkeit haben es doch die Hollaͤnder dahin gebracht, daß man gut daselbst leben kan. Eine Magd hat daselbst den gantzen Tag zu thun, alles reinlich zu halten. Wenn einer in ein Hauß kommt, ge- ben sie ihm gleich Pantoffeln, die er anziehen muß, damit er die Stube nicht verunreiniget. Auf die Reinlichkeit muß man sehen. Die Por- tugiesen haben die Insul N. gantz ausgebrennet, weil sie gesehen, daß es ungesund daselbst zu leben, und viele vergifftige Thiere daselbst vorhan- den. Man darff nur versichert seyn, daß in einem kleinen Lande, wo hundert sind, noch zwey hundert Leute leben koͤnnen, wenn alles cultivi ret wird. Da muß man gute regulas œconomicas geben, und muß die Cammer darauf dencken, wie sie denen Leuten solches recht zei- get. Man muß nicht muͤde werden, dergleichen edicta anzuschlagen, welche die œconomie betreffen. Weil um Halle herum wenig Wiesen sind, so ist man vor diesem auf einem Erb-Pacht verfallen, da man de- nen Leuten gewisse Stuͤcke verdungen, daß sie muͤssen Spanischen Clee saͤen, welches auch viele gluͤcklich practici ret haben. An manchen Or- ten ist so viel Holtz, daß vieles verfaulet, da kan man suchen, das Land auf eine andere Art zu brauchen. Der Czaar hat einen gantzen Wald abbrennen lassen, und Korn dahin gesaͤet. Es ist ein schoͤner discours in des Colberts seinem Testam. Polit. worinnen er weiset, daß in einem kleinen Lande viel tausend Menschen koͤnnen erhalten werden, wenn man auf den Ackerbau und eine gute œconomie acht giebet. Man hat ja Mittel, wenn der Boden nicht fett, ihn fetter zu machen. Man muß auch denen Leuten sagen, was sie vor Getrayde an diesen oder jenen Orte saͤen sollten: Denn nicht alles Getrayde schlaͤgt in einem Ackerbau an. Weil nun in Holland schoͤne Staͤdte, eine gute Policey, viele Freyheit, so geschiehet es eben, daß so viele Leute sich dahin begeben. Sie muͤssen wohl viel geben, koͤnnen aber auch wiederum viel verdienen. Wenn einer nicht ein grosses Staats- crimen begangen hat, so wird er nicht ausgehaͤndiget, denn sie sagen: ihr Land stuͤnde offen, und koͤnnte sich dahin reiteri ren, wer nur wollte. Es ist daselbst jucunditas, man bekommt justiz. Man will ja keine Bettler haben, also muß auch da- hin gesehen werden, daß einer befreyet sey a spoliis. Wo die Leute sol- len Sicherheit haben, jucunde leben, da muͤssen auch alle Bedienten so be- Cap. V. De prudentia beschaffen seyn, daß sie zu der jucundité und Ordnung was beytragen. Gute Bediente kan man allezeit bekommen, wenn man dieselben recht salari ret. Sind keine in dem Lande, so kan man dieselben ausser Lan- des bekommen. Die Hollaͤnder nehmen meistens Fremde. Auf ihre Universit aͤten nehmen sie mehrentheils Fremde zu Professoribus, und wenn deren Kinder was lernen, so werden sie hernach zu andern officiis gezo- gen. Die Leute suchen sich zu verbessern, daher gehen sie hernach in sol- che Laͤnder. Weil die Leute Hoffnung haben, sich zu verbessern, lauffen sie nach Indien und America. Die Insul N. ist in kurtzer Zeit peupli - ret worden, weil sich viele Catholische Familien aus Franckreich dahin begeben, und hat man allezeit daselbst so gute manufactu ren als in Franck- reich. Der Law hat in obgedachtem Buch ein project gemacht, welches nicht zu verwerffen. Bisher ist geredet worden von dem Landes-Ver- moͤgen. Nun muͤssen wir auch des Landes-Herrn sein Vermoͤgen be- trachten. Der Landes-Herr hat sein Domanium, patrimonium. Wir wollen hier die Steuer etwas davon separi ren, hernach gilt es bey einem klugen Herrn gleich, ob es dieselbe in einander pfropffen will. Man kan hier nicht anders procedi ren, als en general bey dem gantzen Volcke pro- cedi ret worden. Wenn einer in der Cammer ist, und auf des Herrn sein Vermoͤgen acht giebet, was kan derselbe thun, wenn er keine notiz hat? Also muß er vor allen Dingen eine notitiam haben, von allen do- main en, mobilibus, und immobilibus, auch von denen juribus. Bey ei- nem jeden jure muß er ins besondere acht geben, wie dieses oder jenes kan verbessert werden. Die jura haben manchmahl mehr utilitatem, als die Sachen selbsten. Hat er nun eine notitiam von allen diesen Din- gen, so kan er hernach darauf dencken, wie sie koͤnnen conservi ret wer- den, ohne sonderliche Belaͤstigung derer Unterthanen. Ich sage, ohne sonderliche Belaͤstigung derer Unterthanen: Denn ohne Belaͤstigung ge- het es nicht ab. Law hat in seinem Buch pag. 87. auch remedia suppe- diti ret, und kluͤglich gehandelt, daß er nicht allein gewiesen, wie man es modo licito thun koͤnne, sondern auch, was man sonst vor naͤrrische Mit- tel habe, welche weder in schola rationis, noch Christianismi koͤnnen justi- fici ret werden. Es ist dieser Law selbst in Cammer-Sachen gebrau- chet worden, bey dem Hertzog von Churland, und wenn er nicht publique Schrifften drucken lassen, woraus man sehen kan, daß er ein Spinozist, und Atheist, wuͤrde er sein Gluͤck gemachet haben: Denn es ist fast nichts in Cammer-Sachen und regali en gewesen, welches er nicht in ei- ner Ordnung proponi rt, aber alles kurtz. Wenn man aber diese gene- ralia principia inne hat, kan man leicht ad specialia kommen. Unser Autor status circa ærarium, tributa \& vectigalia. Autor theilet auch die remedia in ordinaria und extraordinaria. Wenn man in desordre kommt, ins Ungluͤck, alsdenn kan man extraordinaria remedia gebrauchen; Diejenigen aber handeln naͤrrisch, welche ordent- lich solche nehmen. Die meisten verstehen es nicht, auf Universit aͤten lernen sie nichts davon, wenn sie hernach in affai ren kommen, wollen sie auch dabey in Compagni en gehen, dencken nicht nach, und lassen es al- les auf einen hazard ankommen, sie brauchen die Artzney-Mittel als or- dentliche Speisen. Die media licita bestehen darinnen, daß eines Fuͤr- sten sein Hauß, seine œconomie so muß eingerichtet werden, damit alles Standes-maͤßig sey. Das Wort Standes-maͤßig aber ist ein vocabu- lum relativum, und kan man es hier nicht accurat determini ren. Die Verschwender nennen es alles Standes-maͤßig. Man muß aber die magnificence so wissen zu figi ren, daß keine Verschwendung heraus kommt, daher muß man nach proportion der revenü en davon judici ren. Einen eintzigen Secretarium, und einen Bedienten kan ein Herr nicht haben, wie einigen getraͤumet hat. Er kan auch nicht mit etlichen Pag en zu frieden seyn, aber das ist nicht noͤthig, daß er viele hundert, ja tausend Personen ernaͤhret, welche so zu sagen, fast alle nichts thun. Der Ab- be Veyrac, (welcher mit dem Hertzog von Anjou nach Spanien gegan- gen, und Spanien gantz durch gereiset, auch in Portugall gewesen, sa- get von Spanien, es habe der Koͤnig funffzig Millionen revenü en, wel- che alle vor seine Bedienten aufgegangen; aber er habe so viel unnuͤtze Leute. Er hat ausgerechnet, daß der Koͤnig in Spanien viele tausend Thaler denen Thuͤrhuͤthern gebe, welche ihm die Thuͤren aufmachten, wenn er in die Zimmer gehen wollte. Ingleichen bekommen auch die Gloͤckner viel Geld, und sagt er, wenn der Koͤnig retranchi ren wollte, was unnuͤtze ausgegeben wuͤrde, so koͤnnte er viele Millionen in seinem Tressor legen. Bisher hat es noch nicht geschehen koͤnnen, weil es die Spanier so lange Zeit gewohnet sind, und thaͤte ein Herr nicht rath- sam, wenn er alles auf einmahl abschaffen wollte, die Leute wuͤrden mur- ren, aber peu a peu kan man schon was aͤndern. Ein Herr muß Ge- dult haben, auf einmahl kan er nicht reich werden. Mons. Bayle hat in seinem Dict Hist. Crit. eine artige reflexion gemacht, uͤber den Etaat von Franckreich, und saget: Der Koͤnig in Franckreich habe auch so viele Bedienten, welche alle von seinen pensions lebten, und wenn man es beym Lichte besaͤhe, so helffen sie nichts, koͤnnten also retranchi ret wer- den. Was hat man noͤthig, so viele Tage-Diebe zu ernaͤhren? Am be- sten ist hier, wenn man das Mittel in acht nimmt, daß man seine redi- tus ansiehet, ingleichen, was man ausgiebet, und was uͤbrig bleibet. M m Man Cap. V. De prudentia Man muß hier das principium derer Hollaͤnder in acht nehmen: semper aliquid est reliquum retinendum. Wenn man alles ausgiebet, was man einnimmt, so kan man wohl auskommen; wenn aber einmahl ein casus fatalis koͤmmt, so kommt man in desordre, und muß hernach die capita- lia angreiffen. Ich habe bey einer gewissen Stadt observi ret, daß sie bona immobilia gehabt, und konnte auch von denen revenü en auskom- men, hernach aber kam ein malheur, da musten sie Schulden machen. Die interess en konnten nicht abgetragen werden, deßwegen wurden sie genoͤthiget bona immobilia zu verkauffen. Eben so gehet es auch grossen Herren, die nichts zuruͤck legen. Es hoͤren zwar die Bedienten nicht gerne, wenn man etwas retrenchi ren will, allein, quod ministris est odio- sum, principi est favorabile, und darff man darauf nicht sehen. Es muß auch ein grosser Herr sehen, welche Ausgaben bestaͤndig, und welche nicht bestaͤndig. Bey denen bestaͤndigen muß er sonderlich sehen, ob etwas kan rebatti ret werden licita ratione. Das gehet gar offt an, e. g. Der Hochselige Koͤnig in Preussen hatte einen eigenen Bedienten, dem er zwey hundert Thaler gab, daß er ihm muste Wachteln und andere Thie- re fangen; Das hat der jetzige Koͤnig ausgestrichen; So ist mancher Gloͤckner ausgestrichen worden. Was aber zur unvermeidlichen Noth- wendigkeit gehoͤret, das kan man nicht retrenchi ren. Essen muß der Herr, und zwar besser, als andere, auch seine Gemahlin, da muß man nur acht geben, daß die Sachen, so man brauchet, aus der ersten Hand gekauffet werden. Es ist laͤcherlich, wenn von Hofe alles gehohlet wird, aus der dritten oder vierdten Hand, und muͤssen sie alles theurer bezah- len, als andere. Es sind auch viele illicita media, da man suchet, dem Herrn eine menage beyzubringen, welche der Law admirable specifici rt. e. g. Es laͤsset sich nicht thun, daß man bey Hofe alles, was den splen- deur, die Gemahlin, die Kinder und deren information betrifft, zuruͤck ziehet; denn es dienet zu ihrem honneur. Wenn der Gouverneur von einem Printzen ein rechter Mann seyn soll, so muß er ihn auch recht besolden, sonst bekommt er keinen tuͤchtigen. Bey Hofe muß sich ja ei- ner anders auffuͤhren, als wenn er vor sich lebet, er kan nicht immer in einem Kleide erscheinen. Der Kayser Maximilianus II. welcher viel Geld hinterlassen, hat es in diesem Stuͤck recht gemacht; Er hatte einen mittelmaͤßigen Staat; wenn aber ein grosser Herr da war, oder es war sonst noͤthig, eine Magnificence sehen zu lassen, so war alles propre. Der Koͤnig in Franckreich, welcher den klugen Staats- Ministre, den Colbert gehabt, hat auf Einrathen desselben, wo es noͤthig gewesen, auch eine grosse Magnificence sehen lassen. Alle Knoͤpffe an dem Rock waren von status circa ærarium, tributa \& vectigalia. von dem groͤßten Diamanten, woruͤber alle erstaunet. Colbert sagte: Ein Fuͤrst muͤsse ein Ansehen haben auch auswaͤrts, und wenn gleich ein Herr sein Hertz nicht daran haͤnge, so muͤsse er doch machen, daß Aus- waͤrtige ihn vor einen maͤchtigen Koͤnig hielten, und ihn fuͤrchteten. Wer dem Herrn rathen will, allen splendeur abzuschaffen, der suppe- diti rt ein pseudo-medium, indem solcher dem Herrn mehr schadet, als nuͤ- tzet. Ein privat -Mann wendet was auf die Erziehung seiner Kinder, wie vielmehr soll es nicht ein grosser Herr thun. Was nun die gag en betrifft, so waͤre absurd, wenn alle sollten umsonst dienen, aber auf me- rit en und den Nutzen der charg en muß man sehen, darnach muß die gage eingerichtet werden. Wenn einer gleich ein Vermoͤgen hat, er hat ein Point d’honneur, will gerne in publico versi ren, so siehet er doch, daß bey allen charg en Muͤhe und noch Verdrießlichkeit zu gewarten, wenn er etwas versiehet, so dancket er ab, und will lieber vor sich leben, oder gehet zu einem andern Herrn, der ihm was giebet. Man darff nicht dencken, daß unter denen Unterthanen Leute, welche alles pro bono pu- blico thun, und nicht dabey auf ihren Nutzen sehen sollten. Sie sehen ja, daß der Herr auf seinen Nutzen siehet, warum sollten sie es nicht thun. Ein Koͤnig in Pohlen braucht keinen Bedienten etwas zu geben, aber da haben sie grosse charg en zu gewarten. Will sich ein Polack in die Hoͤhe bringen, so gehet er a la cour, hat er sich nun wohl meriti ret gemacht, so hat er Hoffnung ein Woywod zu werden: Denn manche Woywodschafft traͤgt jaͤhrlich hundert tausend Thaler. Der Kayser hat auch Leute, welche ihm umsonst dienen, oder wenigstens eine gerin- ge pension bekommen. Die Leute aber sind vor sich reich, und der Kay- ser laͤsset sie bey ihren revenü en und juribus, thaͤte er es nicht, so muͤste er sie besolden. Mancher Graf in Oesterreich hat jaͤhrlich funffzig tau- send und hundert tausend revenü en und noch wohl viel baar Geld liegen, welches sie nicht einmahl gerne austhun wollen. Besoldet man die Bedienten nicht recht, so gehets dem Volck ab, sie suchen dem Volck vieles abzuziehen, so hat der Herr Schaden. Setzt man gleich grosse Straffen darauf, so hilfft es doch nichts mehr, als daß sie suchen es kuͤnst- licher einzurichten, damit es der Herr nicht so leicht mercke. Die vie- len Gnaden- pensiones kan ein Herr auch meist retrenchi ren, alle kan freylich einer nicht abschaffen, denn manchmahl hat einer merit en, er ist herunter kommen, solchem muß man hiedurch helffen. Der Hochselige Koͤnig hat vielen Frantzosen von extraction, die sich aus Franckreich, we- gen der Religion retiri ret, solche Gnaden- pension gegeben, bis sie nach und nach koͤnnen employ ret werden. Manchmahl ist es auch gut, wenn M m 2 eines Cap. V. De prudentia eines seine pension vermehret wird, da kan man aber keine regulam uni- versalem geben. Bisweilen ist einer, der grosse merit en hat, dem muß man præmia geben; Deßwegen ist es gut, wenn grosse Herren die Ti- tul nicht lassen veraͤchtlich werden, weil die Leute offt mit solchen ver- gnuͤgt sind. Wenn einer was sonderlichs in pace oder in bello gethan, und er siehet auch nicht aufs utile, so will er doch etwas haben, daß ihm eine Ehre zu wege bringet. Manchmahl spendi rt ein Herr gewisse Gel- der auf Ambassadeur, Espions, die ihm alles muͤssen zuschreiben, da muß man solche Enthusiast en nicht hoͤren, welche meynen, ein Herr habe die- ses nicht noͤthig, und koͤnne das Geld behalten. Die Nachbarn sind ja unsere Feinde, deßwegen muͤssen wir vigilant seyn, sonst ruini ren sie uns. Der Tuͤrck thut das nicht, aber es hat auch Mons. Ricaut und andere dieses als einen grossen Fehler bemercket. Dicis: Die Leute moͤ- gen vor sich correspondi ren; allein der wuͤrde vor einen grossen Thoren gehalten werden, welcher sein Geld deßwegen depensi ren wollte. Wenn man troupp en von noͤthen hat, so ist es eine naͤrrische parsimonia, wenn man fremde nimmt. Daher hat der Law an denen Hollaͤndern geta- delt, daß sie fremde troupp en, als Schweitzer und andere Teutsche in Dienste nehmen; da sie aus ihren eigenen Landen eine Armée von so vielen tausend Mann koͤnnten zusammen bringen. Gut waͤre es, wenn sie dieselben entbehren koͤnnten: Denn die Schweitzer kosten mehr als andere, und der Schweitzer gehet aus Armuth in dem Krieg, daher ver- thut er nicht alles, was er bekommt, sondern er schicket was nach Hause, damit er einmahl in seinem Alter moͤge was zu leben haben. Die Frantzosen haben auch Schweitzer in ihren Diensten, weil sich die Fran- tzosen nicht gut zur Infanterie schicken. Die Venetianer haben auch viele Teutsche in Dienste genommen, sie haben aber denenselben ihre gage nicht ordentlich bezahlet, und wenn sie dieselben abgedancket, so ha- ben sie das Geld um die Helffte erhoͤhet, dadurch die Leute viel Scha- den gehabt; daher ist es geschehen, daß sie bey dem letzten Krieg uͤber sechs tausend Mann nicht koͤnnen zusammen bringen. Die Engelaͤnder haben auch subsidi en-Gelder gezahlt, und troupp en uͤbernommen. Bey denen Hollaͤndern ist es ein casus necessitatis; denn diese haben entweder keine Leute, die sich gleich dazu schicken, oder schonen ihr Volck, damit es nicht davon gehe, und ihre commercia gestoͤhret werden. Ludovicus Cantarellus Faber hat ein Buch in Frantzoͤsischer Sprache de origine feu- dorum in folio geschrieben, darinnen hat er unter andern auch einen di- scours vom Krieg, warum man sich jetzo vor dem Krieg so fuͤrchte, da vor diesem unsere Republiquen so martiali sch gewesen, Franckreich so wohl als status circa ærarium, tributa \& vectigalia. als Teutschland. Ein jeder comes hatte seine milites unter sich, die er commandi rete, und wenn der Krieg aus war, so gieng er nach Hause, und hielt Gerichte. Es sind auch Buͤrger mit in den Krieg gegangen, die trieben hernach ihr metier fort, wenn sie wieder nach Hause kamen. Der Pere Daniel hat ein Buch von der Frantzoͤsischen Chevallerie her- aus gegeben, darinnen er die alte und neue Kriegs- façon in Franckreich beschreibet, und beweiset, daß sie eine grosse Anzahl von Trouppen aus Buͤrgern formi ret. Aber vor dem haben auch die Kriege nicht lange gedau- ret, da giengen sie in Krieg, schlugen sich einmahl herum, und marchi rten hernach wieder nach Hause. Hergegen jetzo dauren die Kriege lange, ein Kerl muß von seiner Frau und Kindern weg, er muß sein Handwerck liegen lassen. Daher, wenn jetzo einer geworben wird, so ist es, als wenn er gleich sollte in den Tod gehen, die Frau und Kinder heulen. Deßwegen haben eben die Hollaͤnder und Engelaͤnder subsidi en-Gel- der bezahlet. In Teutschland aber sind viele Muͤßiggaͤnger. Puffen- dorff hat in seiner Einleitung zur Historie observi ret, daß der vierdte Theil in Teutschland Faullentzer, so in den Krieg lauffen, und dencken Beute zu machen, welches eine alte opinion ist bey denen Teutschen. Die grossen Herren in Teutschland haben die inclination gesehen, da- her haben sie solche gebraucht als ein remedium Geld zu machen, denn, wenn ich alle Jahr zwey mahl hundert tausend Thaler subsidi en-Gel- der bekomme, so ist es so gut, als wenn ich zwey mittelmaͤßige Graf- schafften habe. Die Schweitzer machen es eben so, weil sie ihre Leute nicht alle ernehren koͤnnen; Also ist es kein Wunder, wenn der Autor es ansiehet, als ein Mittel, das ærarium zu vermehren. Die Daͤhnen haben auch offt viele tausend Mann andern uͤberlassen. Aber Molles- worth, welcher den Staat von Daͤnnemarck beschrieben, sagt: Die Herren daͤchten, sie haͤtten avantage, in der That aber schade es ihnen; Man sollte lieber lassen die Leute ein metier ergreiffen, und im Lande be- halten, damit das Land depeupli ret werde; Und die Wahrheit zu sagen, so ist es ein grosser Fehler, daß man so einfaͤltig ist, und verkaufft die Menschen aus seinen Landen. Man bedencke, was das vor einen Schaden gethan, da der Hertzog von N. funffzehen hundert Koͤpffe vor die Venetianer geworben, welches auch grosses Murren verursachet. Aber es ist sein Lebtag bey denen Teutschen so gewesen, weil sie eine so grosse inclination zum Kriege haben. Das hat der Pabst wohl ge- wust, und haͤtte er sich gerne einen andern advocatum ecclesiæ ange- nommen, wenn er nicht gewust, daß die Teutschen sich lassen von an- dern gebrauchen. Cæsar hat etliche legion en von Teutschen gehabt, die M m 3 er Cap. V. De prudentia er wider den Pompejum gebrauchet. Myler ab Ehrenbach hat auch eine Dissertation uͤber einen locum Taciti geschrieben, die erst nach seinem To- de heraus gekommen, darinnen zeigt er auch, daß, so lange man etwas von denen Teutschen wisse, faͤnde man dieses. Dieser Kayser Adol- phus Nassovicus hat dem Eduardo III. auch troupp en gegeben wider Franckreich, weßwegen ihn Bonifacius VIII. gregarium militem nennet. Den Brief des Pabsts kan man finden in des Orderici Raynaldi Con- tinuat. Baron. In abstracto bin ich also wohl des Mollesworths Mey- nung, aber bey unsern Fuͤrsten wird man es nicht dahin bringen, daß sie es unterlassen. Sie bekommen freylich gute Soldaten wieder zuruͤck, aber es werden auch viele todt geschlagen. Es hat einer von meinen Zuhoͤrern in Altorff eine dissertation vom Menschen-Handel gehalten, worinnen er auch diese Sache politi sch consideri ret. Der Autor sagt auch, daß ein Herr sollte pecuniam publicam revilli ren lassen, dabey auch etwas von der Feuer- Casse und andern mehr muͤsse erinnert wer- den; Es ist allezeit gut, daß der Herr einen Tresor hat, aber die quæ- stio ist, ob er das Tresor soll ruhen lassen, und ob es dem Lande nicht Schaden thut, wenn er es ruhen laͤßt. Laͤßt er es ruhen, so ist es eben so viel, als wenn das Geld vergraben waͤre, und thut also freylich Scha- den. Denn wenn der Herr in seinen Tresor sammlet, so entgehet alle Jahr dem Lande mehr; die grossen Muͤntz-Sorten verlieren sich, und muß man hernach viel geben, wenn man grosse Sorten haben will. Al- so ist es gut, wenn der Herr das Geld laͤsset rouilli ren. Niemand wird sagen, daß der Herr nichts sollte sammlen. Wie die Koͤnigin E- lisabeth zur Regierung kam, fande sie leere Coffres, weil Henricus VIII. und die Maria nicht gesparet, deßwegen sammlete sie. Die Leute sag- ten, sie waͤre geitzig, allein sie sahe, daß bey ihrem Reiche Sparsam- keit vonnoͤthen war. Man hat auch ein Exempel an dem Churfuͤrsten von Hannover, des jetzigen Koͤnigs in Engeland seinem Herrn Vater, welcher auch vieles in Teutschland gesammlet, aber auf die letzt hat er gesehen, daß es schaͤdlich, wenn das Geld immer verschlossen bleibet, daher hat er vielen Leuten, welche was anfangen wollen, gegen genug- same caution damit geholffen. Daß waͤre aber uͤbel, wenn ein Herr sechs pro cent nehmen wollte, womit keiner bestehet, wenn es nicht ein Kauffmann ist, der sehr gluͤcklich. Deßwegen gab auch der Churfuͤrst das Geld gegen sehr wenig pro cent aus. Wenn man nur drey pro cent nimmt, so ist man auch sicherer, weil einer leicht so viel gewinnen kan. Da ohnedem ein Herr abundantiam von Gelde hat, was hat er noͤthig, so viel zu nehmen. Nun koͤnnte man sagen, der Fuͤrst koͤnnte nicht status circa ærarium, tributa \& vectigalia. nicht Schaden haben, allein, da kan man sich schon vorsehen, und hat Schrödter in seiner Schatz- und Renth-Cammer cautel en suppediti ret, wie man koͤnne sicher seyn. Die Cameralisten muͤssen hier acht geben: was der vor ein Mann, dem man Geld giebt; wie er das Geld an- wendet ꝛc. In der applicatione in specialibus gehoͤret freylich ein juge- ment dazu; deßwegen hat man subaltern en, welche muͤssen acht geben. Ein Herr muß vor allen Dingen acht geben, daß das Geld rouilli rt, deßwegen ist alles Silber-Geschirr in die Muͤntzen zu liefern. Man- cher Fuͤrst aber hat kein Geld auszulehnen, daher ist man auf Feuer- Cass en, montes pietatis \&c. gefallen. Die Venetianer haben gesehen, daß es ihnen am Gelde fehle. Denn ehe man noch den Weg um das caput bonæ spei wuste, so muste man alle aromata von ihnen haben, und sie hatten sie von Alexandria, da waren sie die reichsten Leute; hat- ten grosse Flotten, aber sie sind sehr herunter kommen. Wie sich das Ding changi rete, suchten sie wieder Geld nach Venedig zu bringen, und dachten, es waͤre gut, wenn nur Geld hingebracht wuͤrde, ob es gleich nicht gantz ihnen gehoͤre, so wuͤrde es doch nicht leicht wieder weggezo- gen werden. Sie fielen also auf die montes pietatis, welche man deß- wegen so nennet, weil man da dotes giebet, die dotes aber referi ret man ad pias causas. Es kan nun geschehen, daß mancher drey Maͤdgens hat, kan ihnen nicht viel geben, gleichwohl hat man dotes; virtus post nummos consideratur, daher sagten die Venetianer, wer will seinen Maͤdgens dotes geben, und er giebt uns e. g. vor ein Maͤdgen zwey hundert Thaler, so soll das Maͤdgen, wenn es heyrathen wird, sechs hundert Thaler loco dotis bekommen, legt einer mehr hinein, so be- kommt er auch mehr. Den Vortheil haben die Venetianer davon, daß sie offt das Geld behalten, und nichts geben duͤrffen, denn sie neh- men das Geld nicht an, wenn das Maͤdgen heyrathen will, cum spon- sus est ad portas, sondern, wenn sie noch Kinder sind, da sterben wohl zehen Maͤdgens weg, ehe sie einmahl noͤthig haben einen dotem zu geben, das Geld lucri ren sie alles, dadurch haben sie einen fond bekommen von vielen tausend Thalern. Sie geben auch Leib-Renten, lebt da einer nicht lange, so koͤnnen sie auch viel profiti ren. Die Capitali en haben nun die Venetianer indessen genutzet, entweder pro bono publico, oder ausgeliehen. Honorius, ein Venetianer, hat in seinen relationibus (denn die Venetianer nennen mehrentheils ihre politischen Buͤcher re- lationes, ) gewiesen, wie es eigentlich mit denen montibus pietatis be- schaffen. Es hat einer aus Gotha, Nahmens Ockel, eine Dissertation in Altorff de montibus pietatis gehalten, worinnen er artige Sachen bey- Cap. V. De prudentia beygebracht. Andere haben nun andere inventiones, als z. E. die Feuer- Cass en, welches was admirables, wenn es recht administri ret wird. Wie die Venetianer einen prætext gehabt, daß es pium sey, so hat man hier auch gesagt, wenn dein Hauß abbrennet, ist es doch ein grosses soulagement, wenn es dir wieder aufgebauet wird, daher hat ein jeder alle Jahr was geben muͤssen, welches immer angewachsen, da hat es der Herr indessen brauchen koͤnnen, und wenn ein Ungluͤck gesche- hen, so hat man nach proportion einem jeden etwas accordi ret. Es ist kein Zweifel, daß, wenn die Feuer- Cass en so administri ret wuͤrden, daß man wenig Bediente haͤtte, und keine malversation dabey vorgienge, solches ein sehr loͤbliches Werck. Aber wenn der Herr die Gelder an- greifft, laͤßt opern davor spielen, giebt das Geld denen maitress en, da ist nichts zu thun; sonst aber hat sie duplicem finem, sie hilfft dem Volck und auch dem Herrn. Man hat an manchen Orten auch banquen an- gelegt. Man muß sie so einrichten, daß sie einem nicht hinderlich sind. Von einer gewissen Reichs-Stadt muß ich hier einen Fehler bemer- cken, welchen auch viele gesehen. Da ist auch eine rechte banque, in welche ein jeder Kauffmann etliche hundert Thaler legen muͤssen. Man- cher Kauffmann hat nun kein Geld, er muß was hinein legen, will er seinen credit conservi ren, da nimmt er anderswo Geld auf, giebt grosse Zinsen und thut sich also Schaden. In Holland machen sie es besser, da sagen sie: Wer Geld in die banque giebt, giebt es, als ein deposi- tum, es ist ja sicher, und muß was weniges einzuschreiben geben; Will er einem andern was davon auszahlen, so giebt er was weniges, daß es dem andern zugeschrieben wird. Die Hollaͤnder sagen, das Geld, wel- ches einmahl ins Land gebracht wird, kommt nicht leicht wieder heraus, und also haben sie doch profit davon, sie geben keinen Dreyer interesse, aber es ist doch was schoͤnes, daß man daselbst das Geld sicher haben kan, und wenn man einem was zahlen will, so braucht man nicht gros- se Muͤhe, dasselbe zu zahlen, sondern man laͤsset es ihm nur zuschreiben. Wenn die Hollaͤnder Geld von noͤthen haben, nehmen sie davon, aber deßwegen werden sie nicht banquerout. Daher haben viele Leute ihr Geld dahin gebracht. Wie Holland so in Noth war, und von Franckreich attaqui ret wurde, da forderten alle ihr Geld zuruͤck, wel- ches die Hollaͤnder auch alle ausgezahlet. Wie nun die Gefahr vor- bey war, brachten sie ihr Geld wieder, weil sie sahen, daß genug Si- cherheit da war. Fides publica muß freylich erhalten werden. Msr. Clerc in seiner Bibliotheque Ancienne hat hievon gehandelt. Die Lotterien gehoͤ- ren auch hieher, wovon in sequentibus etwas wird gedacht werden. §. 5. status circa ærarium, tributa \& vectigalia. §. 5. Wenn wir nur urtheilen wollen, nach dem point d’ hon - Ob ein grosser Herr Handel- schafft treiben koͤnne? neur, welches man in Europa sich machet, und dencket: bellum \& stu- dia waͤren homines nobilissimi scopus, so kan man nicht anders als ab- jecte sentire de omni mercatura. Ja es meynen einige, es sey dem ho- mini nobili schimpfflich, si in artibus togæ degat. Ich habe in des Cal- lieres la fortune des Gens de Cour gelesen, daß er disputi rt, ob ein no- bilis koͤnne ein Cammer-Rath seyn. Wie vielmehr muß also vor schimpfflich gehalten werden, ut nobilis sit mercator, ut rex sit merca- tor, denn hat auch der Autor timide gesagt: Addunt nonnulli mercatu- ram; Was nun aber die Frage betrifft, ob ein Princeps koͤnne ein mer- cator seyn, so ist freylich nicht zu leugnen, daß viele rationes in contra- rium vorhanden sind. Man findet auch in des Lynckers seinen consiliis ein eigenes consilium hiervon, worinnen er harte expressiones hat, ge- gen diejenigen, welche sich der mercaturæ theilhafftig machen wollen. Also scheinet nicht, daß es sich schicke, wenn ein Princeps solches wolle an sich ziehen, und denen Unterthanen nehmen, will er allein backen, allein brauen, allein Kauffmann seyn, was bleibet denen Unterthanen? Daher sagt Lyncker, es sey etwas sordides, schaͤndliches, grausames, tyrannisches, wenn der Herr es nehmen wolle, und in gewisser Maasse hat auch Lyncker recht, weil es ein solches metier, davon eine grosse Menge derer Unterthanen ernehret werden. Wenn es auch die Un- terthanen nicht expresse gesagt, so haben sie sich doch tacite his conditio- nibus subjici rt, ut protegantur, \& ut possint aliquid lucrifacere, davon sie sich erhalten koͤnnen. Ich habe ja nicht versprochen ein Bettler zu seyn; Eine respublica mendicorum ist auch keine respublica; So weit hat Lyncker recht, wenn es ein solches metier, davon eine grosse Men- ge Unterthanen ernehret werden. Wenn auch der Princeps was thun will, und die Unterthanen klagen bey denen hohen Reichs-Gerichten, so wird allezeit vor die Unterthanen gesprochen. In einer gewissen Reichs-Stadt wollte der Rath ein Brauhauß aufrichten, weßwegen ein proceß entstanden, und haben auch die Unterthanen gewonnen: denn es ist multum rationis vorhanden; Allein man muß doch hier cum gra- no salis von der Sache reden. Etliche Nahrungen kan der Princeps denen Unterthanen nicht nehmen. e. g. Wenn er allein brauen, ba- cken wollte, so muͤsten alle Becker, Brauer, davon lauffen. Wollte er allein die Wirthschafft treiben, so wuͤrden viele Leute verlieren, und daruͤber murren, ich glaube auch nicht, daß der Herr einen Nutzen da haben wuͤrde: denn wenn er den profit mit dem Nutzen balanci rt, so wuͤrde er sehen, daß es mehr schaͤdlich. Aber es sind einige Nahrun- N n gen, Cap. V. De prudentia gen, welche dem Poͤbel nichts schaden, wenn der Fuͤrst sie an sich ziehet; Was von dem point d’honneur gesagt wird, das ist nichts, denn alle aͤusserliche opinio honoris dependi ret vom Landes-Fuͤrsten; das kan er freylich nicht machen, daß dasjenige, was tugendhafft ist, als laster- hafft angesehen wird, \& vice versa; Aber was aͤusserliche Ehre bringet, das kan er allezeit machen, wie er will. Was er thut, das thun ande- re, und was er ehret, ehren auch andere. Was sind nun aber das vor Dinge, so sich ein Herr impatroni ren kan? Wir wollen das Koͤnigreich Portugall erst consideri ren; die Portugiesen sind sehr herunter kommen, durch das Spanische Regiment Philippi II. III. \& IV. Sie haben in Spanien recht darauf gesonnen, wie sie denen Portugiesen allen Reich- thum, Schiffe, artillerie entziehen moͤchten. Wie nun der Hertzog von Braganza, Johannes IV. auf den Thron stieg, so war in Portugall kein Geld, das ærarium war ausgeleeret; daher dachten die Portugiesen dar- auf, ihrem Koͤnige neue revenüen zu schaffen. Neue impost en aufzule- gen, war nicht rathsam, weil die impost en in Portugall schon zu groß waren, daß, wenn man sie nur um einen Pfennig vermehren wollen, wuͤrden die Leute gemurret haben, welches alle diejenigen observi ren, so von Portugall geschrieben haben. Videatur Schmaus in seinem Staat von Portugall in zwey Baͤnden in octavo, welches ein treffliches Buch. Deßwegen dachten sie darauf, dem Koͤnig monopolia zu verschaffen, welches denen Portugiesen was leichtes war, weil sie ein grosses com- mercium nach Brasilien, Africa und Ost-Indien haben, man sagte: Was thut es denen privat -Leuten, wenn der Koͤnig das monopolium hat mit denen Elephanten-Zaͤhnen. Niemand aber hat mehr Gelegen- heit Elephanten-Zaͤhne zu bekommen, als die Portugiesen, weil sie nach Africa handeln, woselbst die meisten sind. Daher uͤbertreffen sie auch in diesem Handel alle nationes. Nun muß man nicht dencken, der Koͤnig waͤre ein Handelsmann, der alles einkauffete in Africa, sondern alle Zaͤhne muͤssen ihm vor einen gewissen Preiß geliefert werden, und der Koͤnig handelt hernach mit allen nationibus, da hat er doch profit ge- nug. Fingemus, er giebt vor eine gewisse quanti taͤt hundert Thaler, so bekommt er hernach wohl drey hundert Thaler, also ist der Koͤnig freylich in diesem Punct ein Kauffmann. Sie haben auch gesehen, daß die Por- tugiesen eine grosse inclination zum Schnupff-Toback haben, damit hat der Koͤnig auch den Tobacks-Handel an sich gezogen, da konnten sie wieder nichts sagen, denn es kommt aus fremden Landen. Es ist da verbothen, bey Lebens-Straffe keinen Schnupff-Toback nachzuma- chen; So haben sie auch dem Koͤnig das Brasilien-Holtz attribui ret, durch status circa ærarium, tributa \& vectigalia. durch diese Sachen hat der Koͤnig Millionen erworben, und sich koͤnnen souteni ren. Es ist kein Zweiffel, wer es kan so einrichten, der thut nicht uͤbel, und hat er nur noͤthig, daß er von seinen Leuten immer Rechnung verlanget, damit keine Betruͤgereyen koͤnnen vorgehen. In Indien ist es eben so, daß die Koͤnige handeln. Aber da ist es eine andere Sa- che, da sind alle Arbeits-Leute Sclaven, und obligi rt zu arbeiten pro domino, als wie es ist in dem Reiche des grossen Moguls. Das kan man aber in Europa nicht practici ren; denn da sind die Leute keine Scla- ven. Man kan hier auch den Czaar betrachten, welcher ebenfalls ein grosser monopola. Der Czaar hat auch solche Sachen, worinnen er kan ein monopolium exerci ren. Er hat die Juchten, welche ihm alle vor ein gewisses Geld muͤssen verkauffet werden, die verkauffet er her- nach wieder, und macht einen grossen profit, weil niemand sonst in Eu- ropa capable ist, solch Juchten nachzumachen. Es ist in Moscau eine despoti sche Regierung, da hat es gar leicht geschehen koͤnnen, daß man die Unterthanen darzu verbunden. Wer kein Gerber seyn will, kan was anders lernen, es sind aber doch solche Leute genug daselbst; der Czaar hat auch das Zobel- monopolium; denn Zobelfaͤnger ist keine profession, daher kan sich kein Mensch beschweren. Wenn auch in Moscau Grand-Seigneurs seyn, so in ihren Landen Zobel finden, die muͤssen doch solche dem Czaar liefern. Rhabarbarum hat auch der Czaar allein, und waͤchset an dem Flusse VVolga, welcher vor diesem Rha geheissen, die Roͤmer haben es Rhabarbarum genennet, weil es ex Barbaria kommen. Der Czaar giebt es wohlseil, dahingegen das In- dianische Rhabarbarum theuer ist. So ein Kraut kan sich ja ein Herr approprii ren. Die Chinaͤsischen Kayser haben auch grossen profit mit denen Kraͤutern. So hat auch der Czaar den Toback, welcher vor diesem in Moscau verbothen gewesen, weil viel Ungluͤck daher entstan- den, da die Leute das Feuer nicht in acht nehmen, aber jetzo ist er wie- der zugelassen. Dieses gehet noch alles an; Aber das ist extravagant, wenn der Czaar Zoͤlle, Schencken in seinem Lande an sich gezogen, und dieselben verleget mit Wein und andern Getraͤncke. Das ist von vie- len seculis her in Moscau uͤblich gewesen, und muß es unsaͤgliche Sum- men eintragen, wenn recht eingegeben wird. Eigentlich ist es kein re- gale, wenn der Herr alle esculenta und potulenta verkauffen will. Wenn man aber den abusum ansiehet, so waͤre bisweilen gut, daß es der Herr annaͤhme, da wuͤrden die Leute besser versorget werden, und nicht Wasser vor Bier trincken duͤrffen. Man weiß, was vor Betruͤ- gereyen vorgehen, welche nur vitam injucundam verursachen, und einen N n 2 um Cap. V. De prudentia um seine Gesundheit bringen, der abusus koͤnnte also wohl einmahl ver- ursachen, daß man es so machte, wie in Moscau; aber in Teutschland ist nicht una respublica, da wuͤrde es viele difficult aͤten setzen, wegen der jurium, der noblesse und der Staͤdte. Wenn also die monopolia so eingerichtet, daß sie denen Unterthanen nichts nehmen, so koͤnnen sie gar wohl angehen, welches auch Lyncker erkannt hat. In Pohlen hat der Koͤnig das monopolium vom Saltz. Der Vauban hat auch dem Koͤ- nige in Franckreich gerathen, solches an sich zu ziehen, wodurch er ver- meiden koͤnnte, daß kein fremdes Saltz eingefuͤhret wuͤrde. Vauban war ein ehrlicher Mann, deßwegen sagte er, weil in Franckreich viele Per- sonen waͤren, denen es zugehoͤre, so solle er denenselben geben, was es jetzo werth, damit sich keiner beklagen koͤnnte; dadurch wuͤrde er diese avantage haben, daß, da diejenigen, welche Saltz-Guͤter haben, nur Faullentzer sind, weil sie ihre reditus gewiß haben, so wuͤrden sie nun muͤssen was anfangen mit ihren capitali en, und das Geld rouilli rte, der Koͤnig habe alsdenn einen Saltz-Fond, welchen er recht nutzen und ein- richten koͤnnte, wie er wollte, und es so machen, daß die Leute es wohl- feil bekaͤmen; Denn das Saltz præservi ret uns vor der Faͤulung, und ist es ein grosses Ungluͤck, wenn das Saltz theuer, da werden die Leute kranck. Die Teutschen haben vor diesen auch etwas gehabt, e. g. den Zwang-Wein, den man auch Bann-Wein genennet, da man dem Herrn seinen Wein muß zu erst abkauffen. Bey vielen Stifftern hat man dieses, als in Worms, Speyer ꝛc. Wenn der Bischoff Wein aufthut, so muß der erst alle seyn, wenn andere ihren verkauffen wol- len. Sie haben auch Zwang-Muͤhlen gehabt, dergleichen auch noch viele Edelleute und Principes haben. Im Luͤneburgischen findet man der- gleichen, auch in Hessen. Wie man der Natur durch die Kunst koͤn- ne zu statten kommen? §. 6. Den sechsten Paragraphum haͤtte der Autor hier weglassen koͤnnen, und bey einer andern Gelegenheit sollen beybringen, etwa bey der folgenden Section, da de mercatura gehandelt wird, doch thut es zur Sache nichts, und ist in effectu einerley, sive hoc loco, sive alio tracte- tur, daher ist zu mercken: Es hat zwar die Natur, wie man dencken sollte, einer jeden Sache ihre Grentzen gesetzet, und also haben viele ge- meynet: Arte fieri non posse, ut unus fluvius derivetur in alterum. Conring in Dissertatione de ærario ist auch dieser Meynung, und da der Churfuͤrst Friedrich Wilhelm die Havel und die Spree zusammen ge- leitet, so hat er publiquement geschrieben: Er wuͤrde nicht reussi ren. Forstnerus in notis ad Tacitum hat auch dergleichen mehr wunderliche als Theologi sche rationes angefuͤhret, auch dicta aus der Bibel, wodurch er status circa ærarium, tributa \& vectigalia. er zu erweisen suchet, daß es eine impossible Sache sey, allein sie sind alle zu schanden worden, welche auf dergleichen rationes Pseudo-Theo- logicas gefallen. Denn wir haben gefunden, daß der Koͤnig von Franckreich Meere mit einander consocii ret, und andere Fluͤsse zusam- men geleitet. Der Czaar aber hat sie alle uͤbertroffen, welcher zuwege gebracht, daß man aus der Ost-See bis nach Astracan und bis an die Caspische See kommen kan, davon man Nachricht finden kan in seinem Leben, welches in Franckreich edi ret worden. Der Conring, Forstner, und andere, so ihnen Beyfall gegeben, haͤtten gleich dadurch koͤnnen uͤber- fuͤhret werden, wenn sie die alten Vereinigungen gesehen. Wir wissen ja, daß die Issel und der Rhein zusammen geleitet worden, und findet man dergleichen mehr in denen Niederlanden. Es ist zu verwundern, daß, da Conring ein Ost-Frießlaͤnder, und also denen Niederlanden sehr nahe gewesen, solches nicht regardi ret. Die Wahrheit zu sagen, so ist die Vereinigung sehr noͤthig, und wenn es nicht geschiehet, so hat das Land kein commercium, so hilfft auch die peupli rung nicht. Wer will commercia anlegen, sagt Iean de Witt, muß erst machen, daß die Leute unter einander handeln, und aus andern Landen dasjenige zufuͤhren, was sie nicht haben, das kan aber nicht besser geschehen, als durch Canaͤle. Gleichwie ich mein prædium, welches kein Wasser hat, meliori ren, per servitatem aquæductus, die ich mir bey dem Nachbar zu wege bringe, welcher viel Wasser hat. Also kan durch die Canaͤle einem Lande auch viel Nutzen geschaffet werden, daß man alles leichter haben kan. Wir sehen es nur hier in Halle, ratione des Holtzes. Wir haben da kein Holtz, das wird unten herauf gebracht, nebst andern Sachen mehr; Also ist kein dubium, daß es eine avantage vor dem Herrn, und desselben revenü en sehr vermehren kan, wenn er Canaͤle macht. Von Halle aus kan man zu Wasser bis America kommen. Es hat ein Lothringer dem Kayser einen Vorschlag gethan, wie der March-Fluß in die Donau koͤnne geleitet werden, und die Donau in die Oder, so daß man von der Donau in die Ost-See kommen koͤnnte. Er hat auch dem Kayser gezeiget, was vor impedimenta dabey sind. Carolus Magnus hat ja wol- len die Donau und den Rhein lassen zusammen leiten; Die Ursach, warum er nicht reussi rt, weil er keine tuͤchtige Leute gehabt. Sonst aber ist kein dubium, daß es angehen koͤnne; Wenn es gleich viel Geld ko- stet, bringet es doch alles wieder ein; aber wenn man Fluͤsse zusammen leitet, ist die andere Frage, ob der Herr solche hernach verpachten soll, daß kein Mensch darauf fahre, als diejenigen, welche sie gepachtet ha- ben. Die Schleussen hat man verpachtet, ich habe aber mit unterschied- N n 3 lichen Cap. V. De prudentia lichen Leuten, so das Cammer-Wesen verstehen, gesprochen, welche sa- gen, es sey dem scopo und sini gantz zu wider, indem es da denen Leuten nicht viel nutzet. Ein Herr siehet bey der Verpachtung die avantage ge- schwind, denn da sie dreyßig tausend Thaler zu verfertigen gekostet, und jetzo ein grosser Pacht gegeben wird, so siehet er, daß er sein capital nicht bes- ser nutzen kan. Hingegen wenn einem jeden frey stuͤnde zu fahren, so wuͤrde erst ein commercium entstehen, so aber, da nur diejenigen fahren, welche es gepachtet, wird das Holtz nicht wohlfeiler, sondern sie setzen es so hoch, als sie wollen. Wollte aber ein Herr alle fahren lassen, so wuͤrde er freylich in denen ersten zwey bis drey Jahren nicht so viel ha- ben, als vom Pacht, aber hernach wuͤrde sich der profit doppelt finden. Gewiß ist also, daß die Canaͤle grossen Nutzen schaffen. Holland und Flandern ist wegen der Canaͤle eben so bequem, weil man da geschwind von einem Ort zum andern kommen kan. Da der Kayser vor einigen Jahren bey Bruͤgg die Fahrt lassen bessern, so hat es Holland nicht ger- ne gesehen, weil ihnen wegen ihrer Handlung Tort geschiehet. Und wenn Preussen mit dem Kayser darinnen einig wuͤrde, daß ein Canal, welcher durch Geldern gehet, repari ret wuͤrde, so wuͤrde sich alles von Teutschland wieder nach Antwerpen ziehen, und denen Hollaͤndern gros- ser Schade geschehen. Das wissen auch die Hollaͤnder, daher, als Ca- rolus Magnus einsmahls solchen wollen repari ren lassen, haben sie gedro- het, ihm den Krieg anzukuͤndigen. In des Colberts seinem Leben kan man sehen, wie Franckreich reussi ret, und was sie vor Muͤhe gehabt, mit Zusammenleitung der Meere. Ob es rathsam domania und public -Guͤ- ther zu ver- aͤussern. §. 7. Quær. Ob man solle bona publica veraͤussern? Einige ha- ben von dem Don Philipp in Spanien etwas gesehen, und solches als einen modum augendi ærarium angegeben. Philippus II. hat viele do- main en in Neapolis gehabt, welche er fast alle veraͤussert an die Duces, Marchiones \&c. und nichts behalten, als die Hoheit, die Zoͤlle, und was sonst die regalia vor reditus haben, wiewohl er auch einige regalia mit veraͤussert. Er hat grosse Summen Geldes bekommen, und hat die Duces, Marchiones, Comites constringi rt eine gewisse Anzahl troupp en zu halten. Wenn er nun Krieg gehabt, so hat er nicht noͤthig gehabt, erst Soldaten zu werben. Allein was man von dem Don Philipp wahr- nimmt, ist gantz was besonders. Er hat Neapolis fast nicht regardi - ret, sondern sahe es an, als ein abandoni rtes Reich, daher, weil er Geld gebraucht, hat er es von ihnen genommen, und gedacht, was frage ich darnach, ob ich was da behalte, oder nicht; Also kan man den Philip- pum hier nicht als einen guten œconomum ansehen. Daher fuͤhret der Autor status circa ærarium, tributa \& vectigalia. Autor solches nur timide an. Da hat er recht, wenn er glaubet, daß kein grosser profit dabey sey: Denn das Geld, welches man davor be- koͤmmt, wird ausgegeben. Die Spanier haben nichts mehr davon. In hoͤchster Noth, wenn man allzu viel schuldig ist, und weiß sich sonst nicht zu helffen, so kan man auf diese Gedancken fallen; aber wer es als eine regulam angeben will, der betruͤgt sich sehr: au contraire, gleich- wie ein Herr muß darauf sehen, ut conservet omnes populos, so muß er auch suchen, sein domanium zu conservi ren. Die Leute, so dergleichen Guͤther kauffen, sind auch nicht sicher; Wenn einmahl ein schlimmer Koͤnig koͤmmt, nimmt er ihnen alles weg, und sagt, ihr koͤnnt es nicht kauffen, weil es bona coronæ. Wenn man die Historie Jacobi I. und Caroli I. in Engeland betrachtet, so findet man, daß es als eine grosse sottise angesehen wird, woraus andere Ungluͤcks-Faͤlle entsprossen, da sie die domain en in Schottland verkaufft, und Gelder dissipi rt. Die Engelaͤnder gaben kein Geld nicht mehr, da waren sie herum. Von Schottland hat nunmehro der Koͤnig in Engeland nicht viel mehr. Da- her, als die Schotten unter dem William so gepochet, hat er sie mit ei- nem sang froid angesehen, und gesagt: Er habe ja nichts von ihnen. Ein grosser Herr, welcher keine domain en hat, ist ein Sclave seines Volckes, sonderlich wo das Volck concurri rt ad regimen, wie in Enge- land, da der Koͤnig nichts thun kan, ohne consens des Parlaments. §. 8. Quær. Ob nicht ein Herr seine Guͤther solle verpachten, Von Verpach- tungen der public -Guͤter und domai - nen. oder in Erb-Pacht geben? Respond. Viele meynen, es sey gut, wenn ein grosser Herr seine domain en verpachte: Denn ein grosser Herr muß seine domain en nutzen, soll er sie in administration geben, so muß er den Kerl besolden, und dieser wird nicht suchen, die revenü en zu vermehren, weil er siehet, daß er auf eine Vermehrung dencket, seine Muͤhe muß auch vermehret werden. Daher siehet man, wo die administration statt hat, ist in hundert Jahren kein avancement zu spuͤren, das Amt, welches anno 1600. sechs tausend Thaler getragen, hat auch nicht mehr getra- gen 1640. Man kan nur das Amt Gibichenstein ansehen, dieses hat aufs hoͤchste sechs tausend Thaler getragen, da es in administration ge- geben worden. Hergegen, da es jetzo verpachtet wird, traͤgt es sechs mahl mehr. In meinem Vaterlande sind wohl funffzehen considerable Aemter, da habe ich observi ret, was ein Amt vor hundert Jahren einge- tragen, traͤgt es noch. Sie setzen die Patritios hin, welche nichts thun, und nur gut leben, wenn sie es machten, wie wir, so koͤnnten sie sechs mahl so viel revenü en haben. In Chur-Sachsen haben sie auch die Laͤnder lange in administration gegeben, nachgehends aber haben sie die- selben Cap. V. De prudentia selben auch verpachtet, aber in andern Landen haben sie es noch nicht thun wollen, und weiß ich, daß ein Herr gesagt hat, wenn man alles verpachten wolle, so koͤnnte er hernach kein Wildpret und andere Sa- chen mehr haben. Allein, so viel ein Herr braucht, kan er ja wohl mit ein- dingen. Also ist kein Zweiffel, daß die Pachtungen grossen Nutzen ha- ben; Aber was die Erb-Paͤchte betrifft, so ist in hiesigen Landen sehr disputi ret worden, es hat auch einer muͤssen in arrest gehen, welcher da- wider geschrieben, sonst ist auch hier eine dissertation vom Erb-Pacht gehalten worden, worinnen zwar wohl gewiesen ist, was der Erb-Pacht nicht sey, aber was er eigentlich sey, findet man nicht. Es sind freylich etliche kleine differentiolæ ratione emphyteuseos; in der That aber ist es nichts anders, als eine emphyteusis variis pactis limitata. In einigen Stuͤcken ist der Erb-Pacht gut; aber in andern Stuͤcken hingegen hat er auch viele incommoda bey sich. Denn gesetzt nun ein Muͤller, wel- cher sonst eine Muͤhle gehabt Pacht-weise, bekaͤme sie nun in Erb-Pacht, so wuͤrde er eher suchen, die Sache zu meliori ren, weil er wuͤste, daß sol- che auf seine Kinder kaͤme, wuͤrde auch prompt seyn, den canonem zu zahlen. Die Erb-Stands-Gelder, welche etliche Millionen uͤberhaupt ausmachten, koͤnnte ein Herr auch lucri ren. Andere aber haben wider den Erb-Pacht vieles beygebracht, und ist kein Zweiffel, daß man so wohl bey dem Zeit- als Erb-Pacht kan commoda und incommoda anfuͤhren. Was wider den Erb-Pacht gesagt wird, bestehet darinnen: Ein Herr koͤnnte alsdenn seine revenü en nicht erhoͤhen, weil es erblich, und was einmahl gesetzt waͤre, muͤsse da bleiben. Wer wollte aber dem Herrn rathen, sagen sie, daß er seine revenü en und reditus auf einmahl sollte figi ren, so daß dieselben nimmermehr koͤnnten vermehret werden. Da- hingegen bey dem Zeit-Pacht die revenü en immer steigen koͤnnten. Man saͤhe, daß ein Guth, welches sonst sechs tausend Thaler jaͤhrlich Pacht getragen, trage nunmehro wohl zwoͤlff tausend Thaler, hierauf antwor- tet man aber: Der Herr habe ja die Erb-Stands-Gelder, wodurch er den Schaden koͤnne ersetzen; er koͤnnte entweder das Geld auslehnen, oder andere Guͤther davor kauffen, denn es giebt immer was zu kauffen. Nur das eintzige hat sich geaͤussert; Mancher Erb-Pachter uͤbernimmt einen grossen canonem, durch die Erb-Stands-Gelder hat er sich ent- bloͤßt, das hat verursacht, daß einige davon gelauffen, und die Guͤther stehen gelassen; Allein dieses koͤmmt per accidens, und ist ein Anzeigen, daß der Kerl kein guter Hauß-Vater gewesen, da finden sich auch leicht andere, so das Guth annehmen. Wenn ja ein Kerl uͤbersetzt ist, so kan man ja etwas nachlassen. Alle die raisons also, welche wider dem Erb- Pacht status circa ærarium, tributa \& vectigalia. Pacht vorgebracht werden, machen nicht viel aus, man wird auch diese quæstion nicht ausmachen, und gefaͤllt mir wohl von dem Law, wenn er sagt, es moͤge ein Herr seine Guͤther in Erb- oder Zeit-Pacht geben, so koͤnnte alles beydes defendi ret werden. Diejenigen, welche vor dem Zeit-Pacht sind, haben noch dieses starcke argument, daß sie sagen: Laßt uns forttreiben mit dem Zeit-Pacht, es steigen die pretia rerum, da stei- get auch der Zeit-Pacht, kan man es nicht hoͤher bringen, so kan man alsdenn den Erb-Pacht nehmen, das laͤßt sich wohl hoͤren. Es gehet auch an, daß man bisweilen die jurisdiction verkauffet. Die Sachsen haben es gethan unter dem Ernesto und Alberto Animoso, wovon man in des Ant. Wecks Dresdnische Chron. Nachricht finden kan. Die kleinen Edelleute haben vor dem keine jurisdiction gehabt, sondern ihre Bauren gehoͤrten alle vor die præfectu ren, und was man hier zu Lande heißt ein Amt, das wird im Reiche die Zent-Gerichte genennet. Ein Edelmann hat nun gerne die jurisdictionem superiorem \& inferiorem bey seinem Guthe, daher haben sie in Sachsen ihnen solche verkaufft, und gesagt, was thut es. Wenn bey dem Amt dieses oder jenes Guth ent- zogen wird, deßwegen bleibt es doch ein Amt. Die jurisdictio crimina- lis kostet ohnedem dem Herrn nur Geld. In Bayern hat man es eben so gemachet, wie man aus des Baron Schmid Commentario ad Ius Ba- var. sehen kan. Der Hertzog von Bayern, Otto, welcher tempore Al- berti und Henrici Luzelburg. gelebet, und Koͤnig in Ungarn werden woll- te, hat angefangen, denen Edelleuten die jurisdiction zu verkauffen. Ci- vilem jurisdictionem haben die meisten Edelleute schon vorhero gehabt, uͤber ihre Bauren, welches man eben die Erb-Gerichte genennet, i. e. die zum Erbe gehoͤre. Darauf halte ich gar nichts, wenn ein Herr sei- ne Guͤther auf administration giebt, welcher modus auch hoͤchst ausgestri- chen, wie die Philosophia Aristotelica. Wer seine Guͤther noch auf ad- ministration giebet, gehoͤret unter die Scholasticos, der hat noch keine rechten Cammer-Gedancken gehabt. Die Unterthanen leiden gar nichts, wenn ein Herr seine Guͤther verpachtet: Denn der Pachter kan deßwe- gen denen Unterthanen nicht mehr auflegen, als der Herr sonst gethan, und wird sehr genau darauf acht gegeben, so daß einem nicht zu rathen, die leges zu uͤberschreiten. Das considerable ste, welches man wider al- le Paͤchte vorzubringen pflegt, bestehet darinnen: Wo der Herr die Guͤ- ther laͤsset administri ren, da ist es wohlfeil, wo es wohlfeil ist, da flori - ren die manufactu ren. Aber das koͤmmet eben nicht daher, daß der Amtmann das Korn aufschuͤttet, sondern es ist eine andere Ursache wel- che ein Frantzose observi ret in einem artigen Tractat in 12 mo sub tit. le O o Taille Cap. V. De prudentia Taille de France, worinnen artige observationes hievon: Denn der Koͤ- nig in Franckreich hat das Verpachten erst aufgebracht. Dieser Autor saget: Man wuͤrde sehen, daß das Korn vom Boden kaͤme, und brauch- te man es zum Brandtewein und zu der Vieh-Mastung; Denn da ein Amtmann viel geben muß, so sucht er allerhand Kuͤnste sein Geld wieder heraus zu bringen. Was der Brandtewein und die Vieh-Mastung vor Korn wegnimmt, ist nicht zu sagen. Hier ist ein gutes Land, und wenn wir ein Jahr sollten Mißwachs haben, wuͤrde man doch sehen, daß es am Korne fehlete, da doch keine Abfuhre ist. Also muß es doch wo an- ders hinkommen. Dicis: wenn es wohlfeil ist, so sind viel Tage-Die- be. Es ist wohl wahr, aber es kommt alsdenn nur auf den Herrn an, daß er die Leute encouragi ret, und keine Tage-Diebe leidet. Man ist mehrentheils zu glimpflich hier, wenn ein Maͤdgen nur etwas hat, daß sie sich kan behelffen, so will sie nicht dienen, und faullentzet. Hergegen an andern Orten siehet man zu: Ist einer von extraction und hat reve- nü en, so laͤßt man ihn vor sich leben; Hergegen ist einer nicht von ex- traction, so muß er doci ren, womit er sich naͤhren will, da wird er an- gehalten, entweder zu dienen, oder in das Zucht-Hauß zu gehen. Der Handwercks-Mann aber hat Vortheil, wenn es wohlfeil ist, daß kan man daraus sehen, sonst ist viel Wolle aus denen hiesigen Landen nach Meissen kommen, und die Meißner haben ihre Wolle nach der Schweitz verkaufft, welches auch noch jetzo geschiehet. Da nun im hiesigen Lande verbothen wurde, Wolle auszufuͤhren, so konnten sie in Meissen keine wohlfeile Tuͤcher mehr machen, daher sind viele Tuchmacher zu uns her- uͤber kommen, hier aber ist die Wolle wohlfeil und fabrici ret man Tuͤ- cher um ein Spott-Geld, das thut also Sachsen grossen Schaden, wel- ches man anfangs nicht observi ret. Von Acade- mi en. §. 9. Academi en werden auch mit unter die modos divitiarum ge- rechnet; und ist es ein modus augendi pecuniam principis. Man darff aber nicht dencken, daß dieses der primarius sinis, sondern der primarius finis bestehet darinnen, ut scientia, sapientia, ars, virtus promoveatur. Indessen, da man darauf dencket, das Land zu peupli ren, so siehet man leicht, daß es per academicas geschehen kan. Vor diesen hat man hier zusammen gerechnet, was die hiesigen Saltzwercke abgeworffen, da man denn gefunden, daß hundert und zwantzig tausend Thaler uͤbrig bleiben, de ductis deducendis. Ehe die jetzige Verordnung gemachet worden, so wollte einer des Koͤniges revenü en vom Pfannwerck pachten, da er denn alles uͤberschlagen, und nicht mehr als hundert und zwantzig tausend Tha- ler heraus gebracht; die gantze Stadt hat davon gelebt, und hat man dieses status circa ærarium, tributa \& vectigalia. dieses vor etwas grosses gehalten. Wenn man nun aber rechnet, daß tausend Studenten hier, davon einer jaͤhrlich drey bis vier hundert Tha- ler verzehret, so koͤmmt gleich eine Summe von drey bis vier Tonnen Goldes heraus; da darff ein Herr nicht so grosse Muͤhe haben, wie bey denen manufactu ren, weil erst viele Anstalten muͤssen gemachet werden. Wenn auch ein Herr metalli fodinas hat, was kostet es nicht vor Geld, ehe hundert tausend heraus gebracht werden. Der Student brin- get aber das Geld alle gemuͤntzet herein, das ist also die beste ma- nufactur. Ich weiß einen guten Freund, der hieher geschicket worden von dem vorigen Koͤnige die manufactu ren in einen guten Stand zu se- tzen, da er denn auch unterschiedliches gebessert. Er sahe aber vor seinem logis Studenten vorbey gehen, da sagte er, was soll man hier manufa- ctu ren anlegen, gebt nur Achtung, daß brave Studenten herkommen, die sind besser als manufactu ren. Dicis: so kan ja ein Herr nur viele Academi en anlegen in seinem Lande? Respond. Dazu gehoͤret mehr. Man ist dem Solon zu gefallen nach Athen gereiset. Es koͤmmt auf ge- lehrte Leute an, die muͤssen fleißig seyn, und ein gutes Leben fuͤhren. Sum- ma disciplina muß auch da seyn: Denn mit denen gemeinen Studen- ten- moribus wird einer seine fortun nicht machen, die sind alle ein Anzei- gen von einer grossen corruption. Eine Freyheit, Gutes zu thun, bekom- men die Studenten auf allen Universit aͤten, aber daß sie wollen eine Freyheit haben Boͤses zu thun, ist was naͤrrisches. Wenn gleich ge- schickte Leute da sind, und es fehlet an der disciplin, so ist es doch nichts. Es muͤssen die Universit aͤten auch dabey erhalten werden, und habe ich wahrgenommen, daß, wenn man Universit aͤten fundi ret hat, so ist alles in gutem Stande gewesen, nach und nach aber sind corruptiones entstan- den, denen man nicht gesuchet vorzubeugen. Es muͤssen auch immer Leu- te nachgezogen werden: Denn die Professores sind wie die Windhunde, sie werden stumpff, sie lauffen sich aus, wie ein Bratenwender. Vor diesem hat man eine artige invention gehabt, mit denen Facult aͤten, da keiner nicht duͤrffen lesen, welcher nicht facultatem gehabt ab hominibus illis probatis, doctis, welche schon einen applausum gehabt, diese haben ein attestatum gegeben, daß sie tuͤchtig, welches sie beschworen. Das letzte halte ich vor das beste. Wenn wir allezeit beschweren sollten, daß der Kerl tuͤchtig, so wuͤrden wir wenig Doctores machen. Haͤtten sie nicht durch ihren Neid manchmahl ein gutes ingenium gehindert, so waͤ- re dieses wohl was admirables gewesen. Man koͤnnte diesen Fehler schon vorbeugen, und ihnen andere Leute mit auf die Seite setzen, so es dirigi rten. Fleury hat in seiner Histor. Eccles. von dem Schul-Staat O o 2 einen Cap. V. De prudentia einen besondern discours, da er denn auch alle Fehler beygebracht. So wenig, als manufactu ren flori ren, wenn man Stuͤmper arbeiten laͤsset, so wenig flori ren auch Universit aͤten, auf welchen einem jedem erlaubt ist, zu lesen. Die jungen Leute, welche auf Universit aͤten kommen, sind nicht allezeit capable zu unterscheiden, wo sie sollen hingehen; Sie sind bis- weilen wie die Bauren, welche bey dem Pfarrer auf die Stimme Ach- tung geben. Wenn wir jung sind, sehen wir nicht allezeit aufs Pro- ben, und wenn einer was ohne Beweiß hersaget, so dencken wir, wir hoͤren etwas, in der That aber hoͤren wir nichts. Sind viele Leute, so da lesen, denn wird der numerus kleiner; Mancher Orten hat ein Professor selten uͤber zwantzig bis dreyßig Auditores. Ist nun kein nu- merus da, so werden auch die Doctores, wenn sie gleich gelehrt sind, nicht exciti rt zu lesen, und legen sich auf andere Sachen. Von der corru- ptione Academiarum koͤnnte gar vieles gesagt werden. Es ist kein Zweif- fel, wenn Leute gefragt werden, so eine Einsicht haben, so kan man eine Universit aͤt in Flor bringen, ut nihil supra. Wenn man alles gut be- setzte, so koͤnnten wohl zwey bis drey hundert Leute hier seyn, nur muß man immer Leute haben, die eine Wissenschafft besitzen, ein gutes do- num proponendi haben, und fleißig studi ren. Denn wir lernen alle Ta- ge mehr; die erudition steiget immer hoͤher; vor diesem hat man mit einer kleinen erudition koͤnnen auskommen, welches aber jetzo nicht an- gehet. Von den aus- seroꝛdentlichen Mitteln der Vermehrung des ærarii. §. 10. Man muß sich einen rechten concept von denen mediis extraordinariis machen, und zwar muß man sich darunter vorstellen, ali- quid irregulare, eine necessitatem. Necessitas non habet legem, daher nennet man es extraordinarium, wozu man nicht ohne Widerwilleu schreitet; aber die Noth verbindet uns, daß wir den Weg ergreiffen, und uns helffen, so gut wir koͤnnen. Wenn man also media extraordi- naria recommendi ret, so geschiehet es im Nothfall; Denn es haben die- se Mittel in der That, wenn sie consideri ret werden, necessitate abscissa, aliquid illiciti in sich. Wer wird doch wohl einem grossen Herrn rathen, ut ministri, magistratus, parte stipendii priventur. Es ist ja gewiß, daß wenn einer Besoldung bekommt, so præsupponi ret man, daß er dieselbe verdienet, er hat merit en, und muß auch davor arbeiten. Also heißt es auch hier: Du sollt dem Ochsen, der da trischet, nicht das Maul ver- binden. Es ist dieses eine Redens-Art, woran sich keiner stossen darff, weil Paulus selbst von denen ministris ecclesiæ solche gebrauchet. In- dessen kan es bisweilen nicht anders seyn, es ist kein Geld da, die publi- qu en Ausgaben erfordern alles, was da ist; so muͤssen sich die Ministri patien - status circa ærarium, tributa \& vectigalia. patienti ren, und von ihren Besoldungen etwas abkuͤrtzen lassen. Aber ausser der Noth ist es hoͤchst unrecht, daher wird auch in sequentibus ge- wiesen werden, daß bey denen capitations -Steuren hoͤchst zu improbi - ren, wenn man die Bedienten zu hoch setzet. Da e. g. ein reichet Kauff- mann funfftzig Thaler giebt, hergegen mancher Bedienter etliche hundert Thaler muß fahren lassen, da ist keine proportion. Es wuͤrden auch die capitationes, wenn man sie recht einrichtete, nicht so odieux seyn, als sie vulgo sind. Es ist nicht anders, als wenn man denen Soldaten will den Sold abziehen, man thut es, aber es sind media illicita. Der Law, welcher eben sonst nicht gewissenhafft zu seyn scheinet, rechnet doch dieses unter die media illicita. Der Autor meynet auch, es sey ein medium extraordinarium, daß die Leute dem publico muͤsten herschiessen, ohne Entgelt, sine usuris, welches man offt in Reichs-Staͤdten practici ret. Allein, es ist besser, wenn man in solchen Fall eine Anlage uͤber das gantze Volck machet, als daß man Geld nimmt. Die Leute thun es nicht gerne, dencken immer, sie bekaͤmen ihr Geld nicht wieder. Phi- lippus II. in Spanien hat sich eben dieser Art bedienet, und nahm er Geld von seinen Grands d’Espagne, und andern reichen Leuten; Aber die reichen Leute werden dadurch geschrecket, die Kauffleute gehen weg. Ich sage dieses, wenn die ordentlichen Mittel recht besorget werden, so wird man fast nicht Ursach haben, auf extraordinaria media zu dencken, son- dern wo man die extraordinaria gebrauchet, da ists ein Anzeigen, daß man die ordentliche Mittel nicht recht gebrauchet, und eine uͤble Hauß- haltung gewesen. Die Unterthanen wissen wohl, koͤnnen auch leicht uͤberzeuget werden, daß sie etwas geben muͤssen, aber da sehe ich nicht, woher eine obligation komme, daß sie das Geld muͤssen sine usuris ge- ben, da sie sonst solches in ihrer Handlung brauchen, oder sub licitis usu- ris ausleihen koͤnnen. Ubrigens si Hannibal ante portas, wenn das exi- tium totius civitatis sollte abgeloͤset werden, so wird sich kein Unterthan entbrechen auch sine usuris sein Geld herzugeben; Aber unser Autor præ- supponi rt hier nicht einen solchen aͤussersten Nothfall; Ja wenn man es so macht wie Philippus II. welcher von denen Genuesern grosse Geld- Summen aufgenommen, aber wenig usuras gegeben, da laͤßt es sich wohl hoͤren, bekommen aber die Leute gar nichts, so geben sie nicht gerne etwas heraus. Etliche haben auch diesen Anschlag, welcher auch nicht pro li- cito zu halten, nemlich bisweilen ist ein Staat sehr viel schuldig, als wie die Republique Holland viele Millionen schuldig, und wenn keine andere Verfassung gemachet wird, so sind sie in hundert Jahren nicht vermoͤgend, ihre Schulden abzutragen; Sie koͤnnen O o 3 die Cap. V. De prudentia die subsidi en-Gelder nicht einmahl abtragen. Da haben nun eini- ge gemeynet, in der Noth solle man alle Capitalien, welche man auf- genommen, cassi ren, weil sie ultra alterum tantum usuras bekommen. Al- lein jeder will ja sein Capital gern wieder haben, ehe die usuræ ultra al- terum tantum gestiegen, warum soll er deßwegen sein Capital einbuͤssen. Es ist auch dieses nur ein lex civilis, daß wenn usuræ ultra alterum tan- tum gestiegen, das Capital solle verlohren gehen. Ich weiß, daß zwey Reichs-Staͤdte, welche in grossen Schulden stecken, bey dem Kayser angehalten, daß ihnen erlaubet wuͤrde, die Capitalien zu cassi ren, aber der Kayser hat es ihnen abgeschlagen. Der Autor haͤtte noch viel an- dere Dinge beybringen koͤnnen, welche man noch besser gebrauchen koͤnnte; dieses gehet an, daß die Landschafft capitalia vor den Herrn negotii ret, wenn der Herr Geld brauchet, welches in Sachsen so ist, auch vor diesem in hiesigen Landen so gewesen, da traͤgt auch die Land- schafft die usuras ab, und ist besorgt Gelder unter geringen usuris zu be- kommen. Aber es muß richtig eingehalten, und fides publica erhalten werden. Ich weiß, daß ein grosses lamento in einem Lande entstanden, da man den Landschaffts- credit uͤber den Hauffen geworffen. Man hat da diese raison gehabt: der Herr habe selbst Geld, brauche also kei- nen credit, deßwegen hat er die credit-casse eingezogen, und alle Be- dienten cassi rt. Verum est, pro nunc ist die casse eingezogen, und alle Bedienten cassi rt, weil die Bedienten und die casse schaͤdlich; Aber sind denn alle Herren so geschickt zu regieren wie dieser oder jener. Es kan ein Ungluͤck kommen, da ist alsdenn niemand, der dem Herrn einen Groschen borget, es stehet auch hernach dahin, ob die Landschafft wider ihren credit interponi ren will. Man muß nicht nur auf das præsens, sondern auch auf das futurum sehen; Faͤllet man in Noth, so muß man hernach extraordinaria media ergreiffen. Vielmehr kan man auch zu denen extraordinariis mediis rechnen die Lotterien, und habe ich observi - ret, daß von geschickten Leuten denen Principibus solche recommendi ret worden, weil diejenigen, welche Lotterien aufrichten, grosse avantage ha- ben, und Geld ins Land ziehen. Man sagt zwar, die Lotterien waͤren ein Zeichen der Armuth, verum est, indessen ist es ein indubitatus modus zu profiti ren. Die Engelaͤnder und Hollaͤnder, wenn sie nicht wissen, wo sie sollten Geld her bekommen, halten Lotterien, und habe ich obser- vi ret, daß von gescheuten Leuten denen Principibus solche recommendi ret worden. Law hat auch angerathen, alle Jahr eine considerable Lotte- rie zu halten. Dicis: Wo ist es moͤglich, daß einer kan profiti ren? Respond. Wenn eine Lotterie von etlichen Jahren gehalten wird, so blei- status circa ærarium, tributa \& vectigalia. bleiben allemahl etliche hundert tausend Thaler vor mir uͤbrig, die Leute muͤssen ja was zuruͤck lassen. Will ein Herr einen privat -Mann reich machen, so kan er ihn nur lassen eine considerable Lotterie halten, und fidem publicam hergeben, da wird er bald reich werden. Ehe die Lotterie gezogen wird, muß ja das Geld alle schon eingelauffen seyn, da giebt man wohl denen Leuten etwas zuruͤck; den Uberschuß behaͤlt man. Ei- nige haben die Frage aufgeworffen, ob die Lotterien erlaubt waͤren? Fa- natici sagen, sie allici rten zum Geitz; Allein, wenn man darauf sehen wollte, so muͤste man auch die commercia verwerffen, welche ebenfals die Leute allici ren einen profit zu machen. Also kan man deßwegen die Lotterien nicht verwerffen. Dieses hat Mons. Clerc in seinem Tractat du bonheur \& du malheur dans les Lotteries, wohl gewiesen; dabey aber erinnert, daß, wenn einer ein gutes billet bekaͤme, er nicht gleich dencken muͤsse, unser HErr GOtt habe ihm was extra ordinem gegeben, und haͤtte sich Dei influxus sonderlich bey ihm gezeiget. Bey dieser Ge- legenheit hat er auch discouri ret, was der Seegen GOttes sey, welches mir in dem gantzen Buche am besten gefallen. Er sagt: Man solle sich nicht einbilden, GOtt meli re sich in privat-affair en, daß wenn einer gluͤcklich waͤre, solches alles ex speciali Dei influxu herkaͤme. Aber in der Weisheit bestehet unser Gluͤck, wer Weisheit hat, faͤngt seine Sa- chen gluͤcklich an, da kan es freylich kommen, daß einer sein patrimo- nium mehr vermehret, als ein anderer. Ein Unweiser bleibet bestaͤndig arm, in bestaͤndiger desordre. Man muß GOtt nur bitten um Tugend, science, vigilance. Es waͤre zu wuͤnschen, daß die sacri Doctores denen Leuten einen rechten concept vom Seegen GOttes beybraͤchten, weil die meisten Leute hier enthusiasti sch raisonni ren. Clerc sagt: Es sey nicht zu leugnen, daß manchmahl ein Geitzhalß Geld in die Lotterie gebe, et- was zu gewinnen, darum bekuͤmmert man sich aber nicht. Hingegen kan auch ein anderer ohne superstition etwas hinein geben. Man koͤnn- te auch wohl die Lotterien unter die media ordinaria setzen; die Hollaͤn- der haben auch einen grossen Theil ihrer Schulden dadurch bezahlet. Der Law hat einen kleinen Tractat von drey vier Bogen heraus gege- ben, worinnen er gewiesen, in was vor einen schlechten Zustande die Hollaͤnder stuͤnden, und wie sie durch grosse Lotterien suchen ihre Schul- den zu tilgen, die aber nicht sufficient gewesen. Man kan hier auch le- sen den Schrödter in seiner Fuͤrstlichen Schatz- und Renth-Cammer, pag. 46-48. §. 11. Es ist zu Anfang dieser Section gedacht worden, daß Wie das æra- rium im Stau- de zu erhalten sey? man vor allen Dingen rechte principia de ærario setzen muͤsse. Man sup - Cap. V. De prudentia supponi ret, daß ein Herr sein Land, sein Volck kenne, alsdenn kan er sehen, quod sit conservandum, und wie er seinen Unterthanen das abun- dans koͤnne wegnehmen. Was nun bey der Unterthanen Vermoͤgen und bey dem Landes-Vermoͤgen in acht zu nehmen, hat auch bey dem ærario und domanio statt. Daher siehet man, warum der Autor hier redet von denen modis ærarium conservandi. Es ist freylich wahr, daß der Herr seine revenü en nicht bloß hat ex agro, fundo. Ein Bauer siehet nur darauf, wie viel er Wispel Korn, Weitzen und Gersten be- kommt, item wie viel Kaͤlber, Schaafe ꝛc. So ist es aber nicht mit denen regalibus, der groͤsseste Theil bestehet in juribus. Drum erinnert man, daß ein grosser Herr, wenn er disput hat ratione terrarum, die terras alle zuruͤck geben kan, wenn er nur superioritatem territorialem be- haͤlt. Die jura sind freylich incorporalia, invisibile quidpiam; drum sind eben grosse Herren so betrogen worden, daß man sie ihnen entzogen. Wenn man den Coccejum in jure publico lieset, so fragt er: Ob die Koͤnige in Teutschland keine domain en weggegeben? Er antwortet: Ja, in feudum haͤtten sie solche gegeben, und das dominium directum daruͤ- ber behalten. Lud. Cantarellus Faber de origine feudorum sagt aber gar wohl, das dominium directum sey eine chimære. Was hilfft es mir, wenn ich das dominium directum uͤber Asia, Africa und Europa habe, und habe nicht einen Kreutzer davon einzunehmen. Die Gelehr- ten haben dergleichen erdacht, und gesagt: der Herr behalte doch das dominium supremum. Wenn die Lehn empfangen worden, hat man auch eine grosse submission bezeugt, wie es noch ist. Da haben die Kayser gemeynet, sie haͤtten etwas, und haben doch das utile weggeben. Cantarellus Faber sagt: Hugo Capetus, der unrechtmaͤßiger Weise auf den Thron gestiegen, habe eben so seine domania weggegeben, weil er vor sich ein reicher Herr gewesen, aber er sagt: da waͤre auch Franck- reich arm gewesen, und in keine consideration gekommen, bis alles re- duci ret worden, welches unter dem Ludovico XI. geschehen. Vor die- sem ist also Franckreich eher in einem schlechten Zustande gewesen, als Teutschland. Man hat gesagt: Es habe nicht viel zu bedeuten, ob es der Kayser oder ein anderer exerci re. Ja, wenn es nur auf die jurisdi- ction ankaͤme, daß man einmahl einen laͤßt hencken, daran liegt nicht viel. Aber alle jura wegzunehmen, und nichts zu lassen, ist zu viel, drum sagt der Autor: Es waͤre prudentiæ regula, daß man die bona oder jura, ad ærarium spectantia nicht sollte tomere ver alieni ren. Ist alienatio geschehen, so legt man reductions -Cammern an, aber mit Maaß. Carl Gustav in Schweden hat es recht gemacht, welcher zu- gleich status circa ærarium, tributa \& vectigalia. gleich auf die meri ten gesehen, daher, als Torstenson auch ein doma- nium hatte, und dem Carl Gustav gesagt wurde, er sollte es ihm wegneh- men, so hat er geantwortet, wenn auch Torstenson die Helffte seines palais inne haͤtte, wollte er ihn doch nicht vertreiben, denn Torstenson war ein Mann, der meri ten hatte. Diese reductiones gehen wohl an in regnis successivis aber nicht electicis; Wenn also der Kayser wollte reductiones vornehmen, wuͤrde man es ihm nicht gestatten, weil er die vorgeschriebene capitulation observi ren muß. Bey dem ærario muß auch ein Herr darauf sehen, daß alles wohl disponi ret wird. Er muß gute Cammer-Raͤthe und Controlleurs halten. Bey denen Cammer- Raͤthen ist dieses zu mercken, daß, ehe man die finanç en in Ordnung gebracht, so haben sich Leute von extraction gescheuet, Cammer-Raͤthe zu werden. Sie sagten: Dem Edelmann und grossen Herren gehoͤre der Degen. In Franckreich wird man finden, daß die groͤssesten Fi- nanciers von geringer extraction gewesen, welche sich hernach in die Hoͤ- he geschwungen: denn auch in Franckreich hat man gemeynet, es schicke sich dergleichen Bedienung nicht vor Leute von extraction. Darum hat eben der Richelieu und Mazarini leicht koͤnnen zurecht kommen, bis der Colbert kam, welcher die finanç en erst in die Hoͤhe gebracht. Cal- lieres in seinem Buch la Fortune des Gens de Cour sagt auch: Es sey ein grosses Bedencken, ob einer von Naissance zu dergleichen employe sich koͤnne gebrauchen lassen. Zuletzt meynet er aber doch, es gehe an. Vor allen Dingen muß ein Herr die Camerales hoch setzen, und dieses ist eben ein Fehler an vielen Hoͤfen, daß man diese Leute so schlecht tracti ret, und allen andern Collegiis nachsetzet, daher hat sich keiner wol- len auf solche Dinge applici ren, weil sie gesehen, daß man da kein ho- hes fortune machen kan, derowegen muß man als ein principium regu- lativum annehmen, die Camerali sten hoch zu setzen. Es ist eine Kunst einen Financier abzugeben; In Reichs-Staͤdten hat man nichts von finanç en, da bleibet man bey dem alten. Es werden diejenigen, so bey dem ærario sitzen, nicht mehr geehrt als andere. Man nimmt zwar die aͤltesten Leute dazu, aber die erhoͤhet man nur, weil sie seniores sind. Die Losunger in Nuͤrnberg sind alte Leute, welche man ehret wegen ih- res Alters; Wenn aber dieselbigen bloß vom ærario leben sollten, wuͤr- den sie schlecht auskommen. Wer einen Cammer-Rath abgeben will, muß studia, Wissenschafft, experience haben, eine gute Politic, Mo- ral muß er inne haben. Weiß er keine Moral, so kennet er die Men- schen nicht, so machet er einen Fehler uͤber den andern. Die Einrich- tung der finanç en machet die Leute naͤrrisch, welches man aus der Hi- P p storie Cap. V. De prudentia storie des Cardinals Mazarini und anderer sehen kan, die Leute klagen, und also wird eine grosse Klugheit erfodert, wenn man es recht einsehen will. Es ist keine Kunst Geld zu machen, aber dieses ist eine Kunst, denen Leuten das Geld so zu nehmen, daß sie es nicht mercken. Bey denen Cammer-Raͤthen sind unterschiedene Sachen zu observi ren, da- von man bey dem Schrödter finden kan, aus welchem es der Law ge- spickt. Von Rechtswegen muͤssen zwey Collegia von Cameralibus seyn, aus dieser Ursach: Wer ein Cameralis ist, daß er die revenü en be- rechnen und besorgen soll, daß sie nicht abnehmen, der ist was anders als ein solcher, welcher darauf denckt, wie man dieselben vermehren sol- le. Daher ist es gut, wenn man zu jeden a parte Leute hat; Einige, die auf neue revenü en dencken, auf inventa, und machen, daß der Herr was entrepeni rt; Andere aber, die auf Rechnung sitzen; Diese letztern entrepeni ren nichts, weil Gefahr dabey, und suchen also nur die revenü en zu conservi ren; das ist aber nicht genug. Ein grosser Herr muß auch hazardi ren, wer nichts wagt, gewinnet auch nichts, deßwegen darff er eben nicht sein gantzes Land, sein gantzes Thresos hazardi ren, mit einem Wort, ein grosser Herr muß nicht geitzig seyn, sondern zusehen, ob die- ses oder jenes zu adplici ren. Er muß sich von dem Financier lassen vor raisonni ren. So hat es Louis XIV. gemachet, welcher die Gedult gehabt alles anzuhoͤren, sonderlich, da der Colbert bey ihm in grossen Gnaden gestanden. Wenn ein grosser Herr nichts hazardi ret, so kommt offt ein anderer, und nimmt ihm den Gewinnst vor dem Maule hinweg. Dieses kan man aus folgendem Exempel sehen: Wie Columbus das project von der neuen Welt gemachet, gieng er nach Portugall, da man ihn nicht hoͤrete, darauf gieng er nach Engeland, aber Henricus VII. war zu geitzig, und wollte nichts hazardi ren, welches Verulamius als ei- nen grossen Fehler Henrici VII. angiebet. Darauf gieng er nach Spa- nien zur Isabella. Diese, welche eine kluge Frau war, nahm es gleich an, und weil sie nicht genug Geld hatte, versetzte sie ihre Jubelen, da sie denn ein so herrliches Land acquiri ret. Die inventa koͤnnen ja immer vermehret werden, welches man sehen kan, wenn man etliche hundert Jahre zuruͤck laͤufft, und compari rt die dasigen inventa mit unsern heu- tigen. Videatur Guido Panzirollus de rebus deperditis, item Georg, Paschius de inventis novo-antiquis. Es gehet nicht an, daß man ein inventum gleich kan in die Hoͤhe bringen, sondern es steiget nach und nach. Wenn man in Dreßden die Buͤchse betrachtet, welche Berthold Schwartz gemacht, so siehet sie aus wie eine Schluͤssel-Buͤchse, und doch hat solche verursachet, daß man weiter nachgedacht, und vieles hinzu ge- status circa ærarium, tributa \& vectigalia. gethan. Ein Herr muß nicht gleich boͤse werden, wenn man nicht recht reussi ret. Da der pater de Lamy das project gemacht, wie man ein Lufft-Schiff machen koͤnnte, und nur sechs tausend Thaler verlanget, hat sich doch niemand wollen finden, der solches gegeben, welches doch einem grossen Herrn was leichtes waͤre, indem ein bouffon vor eine maitresse offt mehr bekoͤmmt. Ich habe bey dem Sturm in seinem Collegio curioso gehoͤret, daß das project in Theoria seine Richtigkeit habe. Ich will nicht sagen, daß es applicable sey, sondern ich gebe es nur als ein Gleichniß, daß niemand etwas hazardi ren wollen, da doch der Pere de Lamy, ein Jesuit, von dem nicht zu vermuthen, daß er Geld machen und die Leute betruͤgen wollen. Einen fond koͤnnte man leicht machen. Hat man einen fond a la marine koͤnnen zuwege bringen, warum nicht auch zu denen inventis probandis. Dieses muß man ei- nem Herrn, der noch jung ist, suchen beyzubringen, damit er nicht denckt, es sey alles schon so gewesen, und koͤnne nicht geaͤndert werden. Im Alter leiden sie nicht gerne, daß man ihnen was saget, da werden sie gleich verdrießlich. Ein Herr muß lassen Leute darauf reisen. Offt kan man Dinge zum Stande bringen, welches man nicht gemeynet. Wie das Koͤnigliche Saltz-Hauß hier angeleget worden, meynte fast alles, es wuͤrde nicht angehen, und doch ist es angegangen. Schrödter hat es wohl gewußt, wie die finanç en einzurichten. Er ist in Franck- reich gewesen zu Colberts Zeiten, von welchem er vieles gelernet, drum war er auch so beliebt bey dem Hertzog Ernst in Gotha, welcher ihn dem Leopold uͤberlassen, und hat er auch Willens gehabt Wunder von Oesterreich zu schreiben, aber sie schnitten ihn den Kopff ab. Hörnigk, welcher mit ihm nach Wien gegangen, schrieb auch einen Tractat Tit. Oesterreich uͤber alles, wenn es nur will; Aber, da dieses mit dem Schrödter vorgegangen, trauete er nicht weiter, und gieng fort. Denn wo die Noblesse und die Geistlichkeit allzuviel zu sprechen hat, wie in Oesterreich, da kan man in Cammer-Sachen nicht reussi ren. Die Noblesse haͤnget sich gleich an die Clerisey, diese aber an den Pabst, der kommt alsdenn mit seinen Bullen. Ich habe selbst mit dem Fuͤrsten von Fuͤrstenberg gesprochen, welcher Stadthalter in Dreßden war, der auch sagte: Die Protestanten haͤtten zehn mahl bessere Gele- genheit ihre Cammer- revenü en zu vermehren, als die Catholiquen. Hierbey muß man auch mercken, was schon offt erinnert worden: Tan- tum accedit ærario, quantum inutilibus expensis decedit, daher muß man acht geben, was utile und was inutile. Es ist offt ein Fehler in der Cammer, daß man Ausgaben hat, welche man entbehren koͤnnte, daher P p 2 faͤllt Cap. V. De prudentia faͤllt auch die Frage vor: Ob es besser sey eine Casse oder viel Cass en zu haben. Unser Autor raisonni ret hier philosophice in abstracto. Wo man viel auf einmahl vornimmt, da ist nicht eine solche Ordnung, als wenn man alles separi ret. Also sollte man meynen, wo viele Cass en, ei- ne jede Casse haͤtte ihren besondern Bedienten, so waͤre es gut, gleich- wie in einem Buche, da man erst eine generale Eintheilung macht, und nachgehends alles specialiter betrachtet, alsdenn alles en bon ordre ist. Allein es wird in œconomi schen Sachen am meisten disputi rt, indem nichts unbestaͤndiger als die œconomie. Man kan auch hier nicht sa- gen, daß die inconstantia etwas schimpffliches, weil es nicht anders seyn kan. Wenn einer in der œconomie wollte constans seyn, so wuͤrde er eben seyn, als wie derjenige, so in die Gosse gefallen, und sagte: Er wolle constans seyn, und in der Gosse liegen bleiben. Man wird sehen, wo viel Cass en sind, da sind viel Diebe, und kan es so genau nicht ab- gehen, daß nicht sollte etwas abfallen, auf diejenigen, so dabey sind. Sind es nun viele, so giebt ein jeder dem andern was, damit es nicht verrathen wird, und hat man also grossen Schaden. Wenn ich nun aber ja etwas verlieren soll, so ist es ja besser, wenn es bey einem ist: Denn da kan man den Schwamm, wenn er voll ist, leicht ausdruͤ- cken. Was ist also noͤthig, daß man eine eigene Legations-Casse, Stall- Casse, Kriegs- Casse, Chatoul -Amt hat. Man braucht alsdenn nicht so viel Bedienten, und verhindert auch, daß man nicht so kan be- stohlen werden. Ein oder zwey Cass en koͤnnen alles ausmachen. Ja- ques Savary in seinem vollkommenen Negocian ten sagt: Der Tuͤrcke waͤre sonst tumm, aber hierinnen waͤre er doch gescheut, daß er nicht mehr als zwey Kerls haͤtte, die ihm also alle seine revenü en lieserten, und wuͤrde er nur eine Casse haben, wenn sich nicht das Tuͤrckische Reich gegen Septentrion, Morgen, Abend extendi rte. Der Czaar hat auch seine Cass en vereiniget; Alsdenn kan einer auch eher sehen, was er einnimmt und was er ausgiebt, denn da bekommt er wenig Rechnun- gen, die er bald uͤbersehen kan, sonderlich, wenn sie so kuͤnstlich gemacht, wie sie der Colbert dem Koͤnige in Franckreich gemacht, da er gleich se- hen koͤnnen, was er ausgegeben und eingenommen. Wenn man we- nig Cass en hat, kan man eher acht geben, man kan einmahl ein Exem- pel statui ren, einen lassen aufhencken, so wird nicht leicht etwas gestoh- len werden. Es koͤnnen auch Controlleurs gehalten werden, welche gleich alles registri ren, die Cass en visiti ren, dergleichen cautelen Law genug specifici ret hat. Sie kriegen ja ihre gage, wer heißt sie stehlen? Aber das muß ein Herr nicht thun, daß er ihnen Zeißgen-Futter giebt, sonst sind status circa ærarium, tributa \& vectigalia. sind sie necessiti rt zu stehlen, und wenn er alsdenn sieben Galgen setzen laͤßt, so stehlen sie doch; Der Herr muß nicht impossibilia, contradicto- ria \&c. verlangen. §. 12. 13. 14. 15. 16. Unser Autor erkennet, daß die tributa Von tribut und Zoͤllen. und vectigalia unterschieden, meynet aber doch, sie kaͤmen auf einerley principia heraus, ich wollte aber doch, daß er sie separi ret haͤtte. Man siehet, die tributa nennet man collect en, da hat keiner einen kuͤnstlichern modum collectandi als die Republique Venedig, welchen es die Nuͤrn- berger abgespickt, wie Amelot und VVagenseil gewiesen. Vectigalia hingegen nennt man Zoͤlle, alles koͤmmt vor dem Herrn, aber man sie- het doch, daß eine differenz sey, Zoͤlle anzulegen. Tributum aliquis de terra, de reditibus suis pendit, interdum pro persona, pro familia sua. Vectigal wird eigentlich gegeben propter mercaturam. So haben auch die Griechen tributum φόζος, und vectigal mit τέλος unterschieden, wie man aus dem Gellio sehen kan. Daher wollen wir sie auch tanquam diversa consideri ren. Man muß aber mercken, daß die tributa koͤnnen consideri ret werden in statu integritatis und auch in statu corruptionis, in quem statum fere undique locorum devenêre. Wenn wir es so con- sideri ren, so wird die doctrina de tributis gut koͤnnen vorstellig gemachet werden. Was nun den statum integritatis betrifft, so ist gewiß, daß eine Republic sine tributis nicht bestehen und erhalten werden kan. Da- her, als Nero in seinem quinquennio bono einmahl auf die Gedancken gefallen, alle tributa abzuschaffen, wie Tacitus Lib. XIII. Annal. erzeh- let, senatus sese opposuit dicendo: Dissolutionem imperii fore, si fructus, quibus respublica sustentetur, imminueretur. Ob nun zwar die tributa, welche ob securitatem muͤssen gehalten werden, nothwendig sind, so ist doch zu mercken, daß man so wenig, als es nur moͤglich ist, von denen Unterthanen fodern muß. Das wenige aber muß nicht so regardi ret werden, daß nichts uͤbrig bleiben muͤsse, sondern es ist largè in sensu po- litico zu verstehen. Es muß freylich was uͤbrig bleiben, damit man in casu necessitatis was habe, und ist es miserable, wenn in dem ærario nichts ist, wie es in Engeland zu Zeiten Caroli I. gewesen. Dieses sie- het man doch: Es giebt kein Mensch gerne viel, und man wird wahr- nehmen, daß diejenigen populi, welche ultra modum mit tributis belaͤsti- get worden, haben den Herrn angesehen, tanquam tyrannum, tanquam hominem avarum. Ich thue dieses hinzu, daß kein Laster denen Unter- thanen so odieux als avaritia, sonderlich, wenn sie sehen, daß das Geld nicht zu ihren Nutzen angewendet wird, sondern der Herr will sie nur expili ren, damit sie desto leichter koͤnnen supprimi ret werden. Sie krie- P p 3 gen Cap. V. De prudentia gen eine boͤse opinion von dem Herrn, und sagen: Der Herr daͤchte nur auf varia prædandi verba. Die murmura populi hat Tacitus artig be- schrieben. Also ist kein Zweiffel, daß die immoderata tributa imposita nur die Leute rasend macht: Das hat man in denen Niederlanden ge- sehen. Wenn man alle revol ten wird ansehen, werden dieselben meh- rentheils entstanden seyn, ob immodicam tributorum impositionem, oder wenigstens ist solches eine concausa gewesen, und hat das complemen- tum gemacht, wer will injucunde, incommode leben, in perpetuis an- gustiis versari? Es ist keine groͤssere necessitas, als welche entstehet ex defi- cientia alimentorum. Deficientia alimentorum entstehet aber, si deglubit Prin- ceps, non tondit. Ab antiquo hat man wenig tributa gehabt, und die grossen Herren, welche die tributa aufgebracht, haben das diminutivum gebraucht, und es Gabellam etwas weniger genennet. Wie der Saltz- impost in Franckreich aufgeleget wurde, so hat man auf ein jedes Stuͤck, wie man es hier nennet, etwa einen Pfennig gelegt; Dieses habe ich von denen Frantzoͤsischen impost en observi ret in dem obgedachten Tract. de la Taille de France, welches Buch in Bruͤssel nachgedruckt, wenige kennen es, weil wenig Leute sich auf finanç en applici ren. Mons. Vauban lobt es sehr, und sagt: es habe der Autor darinnen drey Haupt-Fehler von finanç en entdecket, er aber habe in seinem Tractat le Disme Royale den vierdten hinzu gethan. Die grossen Herren haben sonst ihr domanium gehabt, woraus sie sich largiter sustenti ren koͤnnen, zur miliz haben sie nichts ge- braucht, weil sie die Lehens-Reuterey hatten. Ausser, was die muni- tion, artillerie bedarff, da haben sie was weniges gefordert, welches man auch gerne gegeben. Man kan auch die tributa in statu integritatis nicht anders consideri ren, als daß man etwas weniges gegeben. Bey dem statu integritatis hat man duͤrffen sagen, warum man es fordere, weil ein jeder gleich gesehen utilitatem. Dio Casius sagt, daß Mecœnas zum Augusto gesagt: Es wuͤrde keiner in der Republique seyn, der, wenn Noth vorhanden waͤre, sich sollte entbrechen, etwas aus seinen loculis zu geben, welches er sonst behalten, si illa necessitas non adesset. Da darff sich auch kein Mensch schaͤmen, daß er was fordert. In statu corruptionis aber sind die impost en sehr gestiegen, und darff man nur die Historie durchlauffen, so wird man finden, daß, da die pretia rerum ge- stiegen, auch die impost en nach und nach gewachsen; aber doch war noch keine corruptio. Die rechte corruptio aber ist entstanden unter Carolo V. und Francisco I. das koͤmmt von denen grossen Armeen, vor- her hatte man keine grossen Armeen, aber wenn es ja eine grosse Armee war, so bestunde sie aus Lehens-Reuterey, welche wegen ihrer Guͤther dienen status circa ærarium, tributa \& vectigalia. dienen muͤssen. Aber sub Carolo V. und Francisco I. hatte man militiam mercenariam, welche eine Armee von hundert tausend, von hundert und funfftzig tausend Mann ins Feld stelleten. Dieses sind alles Pursche, so ein Herr ernehren muß. Also hat es nicht anders seyn koͤnnen, die Her- ren haben muͤssen auf grosse Geld-Summen dencken, ihre Armee zu er- halten. Man hat die Plaͤtze besser fortifici ret, man hat die artillerie verbessert; Es ist die Schiffahrt gewachsen, wodurch man viel Geld depensi ret. Monzambano sagt, tributam waͤre in Teutschland sonst ein unerhoͤrtes Wort gewesen, und die Leute, so eine inclination zur Freyheit haben, beschworen sich daruͤber. Bauren beschweren sich nicht, weil sie ab antiquo muͤssen census geben, und sind zu frieden, wenn sie nur nicht zu Sclavisch und als maleficant en tracti ret werden. Aber freye Leute sagen: Die Freyheit bestehet darinnen, daß wir nichts geben, gleichwie der Herr nichts giebt. Drum trembli rt ein nobilis, wenn er hoͤret, daß sein Guth soll steuerbar gemachet werden, weil dadurch die quint-essence von seiner Freyheit verlohren gehet. Denn muß einer geben, so wird er arm, ist er arm, so wird er verachtet. Ein Bettel-Fraͤulein, ein Bettel-Juncker ist was schlechtes; Man hat also bedencken muͤssen, wie man es machen moͤ- ge, daß es denen Leuten nicht incommode falle, will man mehr tributa haben, so muß man auch machen, daß die Leute mehr gewinnen. Wenn der Bauer sonst zwey hundert Thaler eingenommen, und bekommt jetzo alle Jahr fuͤnff hundert mehr heraus, so wird er sich nicht sperren, etwas davon zu geben. Daher sollen alle diejenigen, die mit imponendis tri- butis zu thun haben, sehen, daß die Leute etwas gewinnen, sonst sauget man sie aus, sie werden ruini ret, und lauffen davon. Menage kan et- was Gutes dabey thun, aber das gehet nicht an, daß man einem wollte vorschreiben, er solle nur woͤchentlich zwey mahl Fleisch essen, sonst aber legumena, und doch soll er bestaͤndig arbeiten, der Kerl will sich ja auch gerne etwas zu gute thun, den luxum kan man freylich retrench iren. Es muß also eine proportion gehalten werden, daß man siehet, was die Leu- te haben. So hat man es allezeit gemachet, wenn vernuͤnfftig ist ver- fahren worden. Der modus, wie die proportion koͤnne erhalten wer- den, ist dubieux. Ehe ich aber von der proportion rede, so habe noch en general etwas zu bemercken, nemlich weil wir sehen, daß tributa seyn muͤssen, so darff von Rechtswegen kein Mensch frey seyn, es erwecket die immunitas jalousie, e. g. da die Professores frey sind von allen Ein- quartierungen, so beschweren sich viele daruͤber, da doch manche keine dies bratibiles wuͤrden halten koͤnnen, wenn nicht Professores da waͤren. Al- so ist es am besten, wenn der Herr gar keinen frey laͤßt, wenn aber der Herr Cap. V. De prudentia Herr dencket, daß dieser oder jener merit en hat, so kan er ihn sonst schon recompensi ren, er kan ihm was lassen zuruͤck geben. e. g. Wenn ein Professor jaͤhrlich vor die Soldaten vier und zwantzig Thaler zahlte, koͤnnte er es annehmen, und hernach etwas zuruͤck geben. Es ist frey- lich wahr, wo so viele exemtiones sind, da faͤllet die uͤbrige Last nicht so wohl auf die grossen, als auch auf die Mittel-Leute und geringe. Vau- ban in seinem Disme Royale, welches anno 1698. heraus kommen, sagt: Er habe die tributa untersuchet, und erst den originem betrachtet, nach- gehends habe er alle provinzi en durchgegangen, und gesehen, was man vor remedia gebrauchet. Daher sagt er auch, nemo sit immunis, weil es nicht allein jalousie gebe, sondern es sey ein jeder obligi rt, etwas zu geben, wegen der Sicherheit, so er geniesset. Der Vauban hat hiebey etwas anders im Sinn, nemlich in Franckreich gehoͤret der dritte Theil denen Pfaffen, sie haben fast so viele Einkuͤnffte, als der Koͤnig von al- len seinen regali en hat. Die Pfaffen sagen, sie waͤren eximi rt, a juris- dictione seculari; impost en kaͤmen a jurisdictione seculari, also wollen sie auch keine impost en geben. Hergegen unsere armen Priester haben nichts, von denen kan man nichts verlangen. Vauban sagt, es waͤre eine von denen Haupt-Ursachen, daß Franckreich in einem miserabl en Zustande waͤre, weil nicht allein die Geistlichen, sondern auch alle Be- dienteu eximi ret waͤren. Ist nun diese generale Regul vorbey, so muß man sehen, wie menu peuple koͤnne soulagi ret werden, denn dieser ist das subjectum von der gantzen Republique. Die Pfaffen, nobiles und Bediente geben nichts. Ein Gelehrter lernet dieses nicht, wenn er nicht Staats-Buͤcher lieset, alsdenn er die Sache besser connecti ren kan, als ein anderer, der nur ein empiricus ist. Drum sagt Vauban : Ich habe untersuchet, wer am meisten thut, und leidet bey dem Staat, da es denn niemand ist, als der menu peuple. Es ist ein generale, wenn er sagt: Proportio muͤsse observi ret werden. Daher ist man different. Quær. Also, was ist proportio? Respond. Die aͤlteste proportio ist, daß man impositiones reales gemacht, collectas reales, welche man rebus imponi - ret, und scheinet auch dieselbe taille einen Nutzen zu haben. Man hat gesehen, was das Guth werth, was es eintraͤgt, darnach hat man die impost en eingerichtet. Diesen modum kan man auch nicht abschaffen; Denn siehet man, daß die Schocke auf denen Haͤusern alle so eingerich- tet, daß man den fond betrachte, was er eintraͤget, und so hat man es enroulli ret. Allein dieser modus ist doch corruptionibus unterworffen. An denen Tax en-Machern ist vieles gelegen. Man taxi ret bisweilen ein Guth darnach, weil es dieses Jahr viel getragen, und meynet, es muͤsse alle status circa ærarium, tributa \& vectigalia. alle Jahr so viel tragen, es kan seyn, ich habe ein gut Jahr gehabt, deß- wegen geschiehet dieses nicht alle Jahr. Sind denn auch die æstimato- res alle gescheut, die Sachen recht zu taxi ren, sind nicht ignorant en, Fein- de, darunter begriffen? diese koͤnnen das Guth hoͤher ansetzen, als es werth. Gesetzt, ich bin ein guter Hauß-Vater, habe das Guth wuͤrck- lich in einen solchen Stand gebracht, daß man sagen kan, es trage so und so viel, ich sterbe, ist denn mein Sohn so ein guter Haußhalter. Dicis: sibi imputet, wenn er nicht haußhaͤltig ist; Allein alsdenn wird er ruini ret, laͤufft davon; koͤmmt ein anderer, und nimmt das ruini rte Guth an, er soll die vorigen impost en geben, so gehet es ihm eben so. Daher ist hoͤchst-nothwendig, daß man die Schocke auf denen Haͤusern von neuem examini ret, nicht anders, wie man die matricul auf dem Reichs-Tage untersuchet, was vor Staͤnde zu hoch angesetzet. Die Leute gehen von ihren Haͤusern weg, wenn es zu hoch ist. Zu Erfurth hat man ehedessen ein Hauß um einen Thaler gegeben, wenn einer wol- len alle Schocke uͤber sich nehmen. So findet man auch in Sachsen viel Haͤuser, dieses hat Vauban p. 7. admirable gewiesen, und gezeiget, daß es ein systema vitiosum, wenn man alles auf realia legen wolle. Die Politici machen hier eine abstraction, da sie sagen: Wenn das Guth so und so viel traͤgt, da ein guter Hauß-Vater ist, so muß auch bestaͤndig das Aufge- legte gegeben werden; Si asinus volet, habet pennas, vielmehr wenn ein sol- ches systema suppediti rt wird, muß man immer corrigi ren. Es hat kei- ner weniger Schande, sich zu corrigi ren, als ein Cameralist. Dieses muß man einem grossen Herren sagen, und ihm zeigen, was finanç en seyn, damit er nicht gleich boͤse wird, wenn es nicht gluͤcklich ablaufft. Ist er aber nicht recht instrui rt davon, und es laͤufft nicht gut, so wird er boͤse. In denen Niederlanden, auch in denen Spanischen, hat man einen an- dern modum, daß man den hundertsten Pfennig nimmt. e. g. Ein Guth, daß hundert Thaler traͤgt, giebt einen Rthaler, und kan man leicht ausrechnen, was ein Guth geben muß, so jaͤhrlich tausend Thaler traͤgt. Wenn man diesen modum ansiehet, so laͤßt er sich erdulden, auch, wenn es noch ein groͤsserer impost waͤre, aber man trifft die egalitè nicht. In denen Niederlanden gehet es an; deßwegen darff man nicht dencken, was da angehet, laͤßt sich an allen Orten applici ren. Die Niederlande sind ein plattes ebenes Land, welches fast von gleicher Fruchtbarkeit. Hier koͤnnte man es auch setzen, weil hier auch ein gleiches ebenes Land; Hergegen, wenn es einer wollte in einem Lande, das bergicht ist, als wie die Wetterau, das Voigtland und Hessen einfuͤhren, wird er da koͤn- nen keine proportion heraus bringen, eben so wenig wuͤrde es auch in Q q der Cap. V. De prudentia der Marck angehen, da ist manchmahl ein guter Acker, hernach kom- men wieder etliche Meilen schlechter Acker. Wo kan man also das her- aus kriegen, und schaͤtzen. Also siehet man, daß ein Herr nicht unifor- mes contributiones machen kan, wenn er gleich wollte. Andere, als wie die Pohlen, sind auf andere impositiones gefallen, daß sie nemlich was gewisses auf die Rauch-Faͤnge gelegt. Man hat dieses auch in Franck- reich an einigen Orten, als in Dauphiné, Provence; Allein es kan ein Hauß viele Rauch-Faͤnge haben, und deßwegen doch nicht viel renti ren, daher sagt auch Connor in seiner Beschreibung von Pohlen, es waͤre dieses etwas naͤrrisches, die Leute werden dadurch verleitet, daß sie we- nig Stuben in ein Hauß bauen, damit sie nur nicht viel geben duͤrffen. Also ist dieses ein systema, welches grosse vitia hat. Daher haben vie- le, sonderlich zu unsern Zeiten, nachgedacht, und da man in Holland ei- ne manier beliebt, so man accise benennet, so hat man solche an andern Orten auch eingefuͤhret; Aber mancher Orten haben sie nicht allein die accise genommen, sondern auch die impost en auf denen Haͤusern gelas- sen, welches summam miseriam verursachet. Man kan bey der accise pro \& contra raisonni ren. Man siehet freylich, wenn man einen Bissen Brodt in dem Mund stecket, oder ich thue einen Trunck, ich mag kauf- fen, was ich will, so bekommt der Fuͤrst etwas davon, præsumit aliquid. Die Land Staͤnde opponi rten sich anfaͤnglich, als man die accise ein- fuͤhren wollte; aber sie haben sich endlich auch gegeben, denn man hat die accise denen Staͤnden uͤberlassen, da sie ausgerechnet, was sie ohn- gefehr tragen wuͤrde. Man hat gesagt, die Leute wuͤrden befreyet von ihren Schocken, sie duͤrfften nicht viel auf einmahl geben, und merckten es nicht, was sie gaͤben. Es ist wahr, man merckt es eben nicht, aber wenn man hernach uͤberschlaͤgt, was man gegeben hat, so macht es sehr viel aus. Die accise thut reichen Leuten und eitzelnen Personen nicht viel Schaden, aber Handwercks-Leuten thut es den groͤßten Schaden: Denn wenn auf die materialia, woraus artefacta gemachet werden, viel gelegt ist, so koͤnnen die Leute nicht bestehen. Man kan also bey der ac- cise nicht dasjenige zu wege bringen, was man primario sucht in der Republique. Primario will man haben, daß die commercia flori ren sollen, die werden aber dadurch gestoͤhret. Es hat ein discipul von mir ein klein Buͤchlein geschrieben von der accise, und weil er von mir die dubia gehoͤret, so hat er sich bemuͤhet, dieselbe zu beantworten, aber es bleiben doch viele incommoda. Es ist wahr, der Herr bekommt ein hauf- fen Geld, aber hierauf muß man nicht allein sehen. Ja, wenn die ac- cise nur auf luxuriosa gelegt waͤre, so wuͤrde sie keinen Schaden thun, aber status circa ærarium, tributa \& vectigalia. aber so ist sie auf alles gesetzt. Wenn ein Handwercks-Mann will Kupffer, Meßing verarbeiten, so muß er solches erst kauffen, und hernach muß er auch eine ziemliche accise davon geben; Die Handwercks-Leu- te aber haben viel Kinder, viel Gesellen, wo wollen sie da auskommen? Dicis: Er kan es wieder auf die Waare schlagen? Allein, da finden sich keine Leute, die ihm abkauffen. Gesetzt, die Schuster muͤssen auf das Leder viel accise geben, sie schlagen es wieder auf die Schuhe, kommen sie auf einen Jahrmarckt, so kaufft ihnen niemand ab. Da finden sich andere, welche koͤnnen wohlfeiler geben, die verkauffen alsdenn ihre Sa- chen. Etwas favorabl es also hat wohl dieses systema, und darff man es nicht gaͤntzlich wegwerffen, aber auf denrées und materiali en darff man nichts legen, sonst wuͤrden die commercia gestoͤhret. Das com- mercium, wenn es soll Vortheil bringen, muß davon dependi ren, daß die Waaren ausgefuͤhret und anderwaͤrts verkauffet werden; Wo koͤn- nen aber dieselben verkaufft werden, wenn sie so theuer sind? Im com- mercio koͤmmt es darauf an, wer am wohlfeilsten giebt, der verkaufft am ersten; Daher haben die Hollaͤnder die Engelaͤnder ruini ret, weil sie alles wohlfeiler geben konnten, als andere. Die Frantzosen sind ruini - ret worden, weil sie alles theuer geben. Sonst hat man so viele Fran- tzoͤsische Huͤthe heraus gebracht, jetzo aber machet man sie bey uns eben so gut, und kan man sie wohlfeiler geben, daher kriegt man keine Fran- tzoͤsische Huͤthe mehr zu sehen, als wenn etwa einer nach Franckreich ge- teiset, und einen mit heraus gebracht. Wenn man die force von allen Reichen ansiehet, so bestehet sie in dem commercio, in manufactu ren; Also muß man auch darauf sehen, daß solche nicht gestoͤhret werden. In Franckreich hat man auch die accise eingefuͤhret und ob zwar die Fran- tzosen ein Loch erfunden, daß sie Waaren in America und Africa ver- kauffen koͤnnen, so sagt doch Vauban, sie haͤtten einen grossen Stoß dar- uͤber bekommen, weil die Sachen theuer worden. Ich habe observi ret, daß, weil die Wolle hier wohlfeiler ist, und man die Tuͤcher wohlfeiler fabrici ren kan, so werden dadurch viele andere ruini ret, weil sie die Tuͤ- cher nicht um solchen Preiß geben koͤnnen; Also kan man sich leicht ein- bilden, daß ein Land am florisante sten, wenn es alles am wohlfeilsten geben kan. Die Hollaͤnder klagen uͤberall, daß ihre Handlung abnaͤh- me, weil sie an andern Orten jetzo eben die Sachen fabrici ren, und solche wohlfeiler geben, sie aber wollen bey ihrem alten Preise bleiben. Der Italiaͤnische Handel ist eben dadurch zu Grunde gegangen. Wenn man fragt, warum der Venetianer ihr commercium zu Grunde gegangen, so ist die Ursache, daß andere auch einen Weg nach Ost-Indien gesunden, Q q 2 und Cap. V. De prudentia und alles wohlfeiler gegeben. Diese exempla muß man wohl behalten; Denn dadurch ziele ich auf das, was ich in mente habe, nemlich daß die commercia durch impost en ruini ret werden. Durch die accise wird so gar der luxus befoͤrdert. Man laͤsset alle Waaren passi ren, so einen luxum verursachen, und will dieselben nicht verbiethen, weil dem Herrn die accise abgehet. Je mehr verzehret wird, je mehr traͤgt es dem Herrn ein. Die Leute sind wie die Kinder, ob sie gleich sehen, daß die Waa- ren ad luxum dienen, und sie solche koͤnnten missen, so kauffen sie diesel- ben doch. Des Tenzels seine Gold-Grube ist auch refuti ret worden. Das andere Buch aber, so einer von meinen Zuhoͤrern geschrieben, me- riti ret gelesen zu werden, weil man sehen kan, wie er sich bemuͤhet, die dubia zu heben. Vauban aber hat auch gemeynet, daß viele dubia blie- ben, daher hat er in seinem Disme Royal einen andern Vorschlag ge- than. Er sagt: Einmahl muͤsse zum fundament gelegt werden, daß man die proportion nicht besser observi ren koͤnne, als wenn ein jeder muͤsse contribui ren, gleichwie man auch dieses in allen wohl eingerichteten Re- publiquen observi ret, als in Venedig, woselbst so gar auch die nobiles contribui ren. Niemand kan sich beschweren, denn alle geniessen proje- ction. Cessat invidia, cessat onus in plebem solum devolvendum. Her- nach sagt er, daß als er durch gantz Franckreich gereiset, so habe er ob- servi ret, daß man denen Geistlichen den Zehenden gegeben, und niemand murre daruͤber. Ein jeder wird leicht begreiffen, daß wenn er nur den zehenden Theil von seinen revenü en giebt, und er noch neun uͤbrig behaͤlt, solches nicht viel ausmacht, deßwegen wird er gern den zehenden Groschen, die zehende Garbe, das zehende Kalb geben. Nun, sagt Vauban, ist be- kannt, daß die reges, die principes muͤssen collect en haben, also waͤre am besten, wenn er eine solche proportion observi ret, daß er sich decimam partem von allen fructibus geben liesse, alsdenn wuͤrde kein Mensch mur- ren, und waͤre solches fast eine proportio arithmetica, daher keiner sagen koͤnne, daß er zu viel gaͤbe. Man moͤchte nun den decimam partem an- sehen en gros, oder ins besondere, so habe er keine incommodité. Er sagt ferner, alle impost en muͤssen denn so angestellet werden; Die domain en aber, so der Koͤnig habe, koͤnne er behalten, und verpachten, so hoch er wollte. Vauban hat einen Uberschlag gemacht, und gefunden, daß wenn auch alle impost en abgeschaffet wuͤrden, denn habe der Koͤnig doch durch den Zehenden mehr revenü en, als von denen impost en. Denn Vauban war ein honette homme, der auch auf den Nutzen des Volcks gesehen; ob er gleich sonst nicht von hoͤher extraction gewesen, so ist er doch durch seine merit en gestiegen, daß er Marchall von Franckreich worden. Die Doctrin status circa ærarium, tributa \& vectigalia. Doctrin de Vectigalibus hat er so inne gehabt, als keiner von denen Ge- lehrten; Sein Buch ist auch so æstimi ret worden, und hat es des jetzi- gen Koͤnigs Groß-Vater, der Hertzog von Bourgogne, welcher auch ein gescheuter Herr gewesen, fleißig gelesen, der gesagt, es waͤren nur zwey faut en darinnen, die ich aber nicht weiß. Wenn der Hertzog von Bour- gogne zur Regierung kommen waͤre, wuͤrde er ohne Zweiffel den Vor- schlag angenommen haben, und die faut en suchen zu verbessern, und so meynte er der menu peuple wuͤrde auch soulagi ret. In abstracto ist auch wohl kein besser systema, als dieses. Dicis: Warum hat es der Regent nicht eingefuͤhret? Respond. Dieser hat keine Ordnung in Franck- reich haben wollen, sondern nur modos prædandi ersonnen, dem peuple das Geld zu nehmen, wie in dem Staat von Franckreich weitlaͤufftig gezeiget wird. Vielleicht, wenn der jetzige Koͤnig recht zum Erkaͤnntniß kommen wird, duͤrffte er es einfuͤhren, weil Franckreich sehr herunter kommen, und die manufactu ren nicht mehr flori ren, deßwegen hoͤret man eben von so vielen Spitzbuben in Franckreich; denn wenn der peuple nichts mehr verdienen kan, paupertas homines audaces reddit. Indessen obgleich des Vaubans systema in Franckreich nicht zu Stande kommen, so muß man doch sein Buch allezeit regardi ren, mit besonderen Nachden- cken. Gut waͤre es, wo man es koͤnnte einfuͤhren, aber wer entrepe- ni rt gerne etwas, es gehet da eine grosse Veraͤnderung vor, und gehoͤret ein Herr dazu, der Geld hat; Wenn gleich in denen erstern Jahren soll- te was abgehen, daß er nicht so viel revenü en hat, als sonsten, so brin- gen es doch die folgenden Jahre alle wieder ein, und die Unterthanen wuͤrden dabey vergnuͤgt leben. Dicis: Wie kan man die revenü en her- aus bringen? Das kan gar leicht geschehen, man koͤnnte es doch nur machen, wie die Venetianer und Nuͤrnberger, welche alle ihre Leute in Pflicht nehmen, daß sie nach ihren reditibus muͤssen ihre Loosung und Steuren geben. Wenn einer angetroffen wird, daß er seine Pflicht nicht in acht genommen, kan man ihn ausklopffen, brav straffen, so werden die andern es bald unterlassen. Man kan al- so bald wissen, was einer im Vermoͤgen hat, und was man nicht accu- rat weiß, suppli rt das jurament. Sonst aber ist auch in antecedenti- bus gedacht worden, daß man die impositiones reales nicht gaͤntzlich solle beyseit setzen, aber doch nur was weniges nehmen von allen Gruͤnden, Haͤusern, Aeckern ꝛc. das thun die Venetianer und Nuͤrnberger. Die Venetianer haben auch eine accise aufgebracht, und auf die luxuriosa und fremde Waaren gelegt, welche sie sehr poussi ren. Machet man es so, daß man die accis en quadantenus stehen laͤßt, so ist es gut. Ausser Q q 3 diesen Cap. V. De prudentia diesen haben auch die Venetianer und Nuͤrnberger collectas, so nach dem Vermoͤgen eingerichtet sind. Ich halte viel von Vermoͤgen- Steuren. Uber die Reichen gehet es da freylich her, hat einer viel im Vermoͤgen, so muß er auch viel geben. Aber was lieget daran, siehet man es nach der æquité an, so kan ein Reicher wohl mehr geben als ein anderer, der arm ist, warum sollen denn die Armen allein geben. Drum ist auch der Law hierauf gefallen, welcher saget: Nach dem Ver- moͤgen muͤsten die intrad en eingerichtet werden. Es koͤnnte seyn, daß sich nach dreyßig viertzig Jahren in diesem systemate ein vitium faͤnde, daher thut man nicht wohl, daß man den menu peuple gantz entwehnt, etwas zu geben von denen fonds, sondern man muß sie immer was we- niges geben lassen. In Venedig, da man diesen modum hat, entstehet deßwegen kein Tumult. Ich weiß in Venedig fast keinen Tumult, so lange die Aristocrati sche Regierung gewesen; da hergegen in Neapolis zwey und dreyßig revol ten gewesen, alle wegen der impost en, und in Rom selbst, wo der Vicarius Jesu Christi ist, sind deßwegen tumultus entstanden. Man denckt, Carolus I. in Engeland habe plane ex aliis causis den Kopff verlohren, aber wenn man es recht consideri ret, so ist es hauptsaͤchlich wegen der impost en geschehen. In Venedig lebt man commode, und die Leute geben alles gerne. Koͤmmt eine Noth, so wird mehr aufgelegt, aber da sehen die Leute, wo das Geld hinkoͤmmt. Auf einem point kan man freylich das Vermoͤgen nicht heraus bringen, unterdessen, wenn die Venetianer es anlegen, so wird erst ausgerechnet, was vor eine proportion solle gehalten werden, alsdenn lassen sie die Leute kommen, und sagen denenselben vor, wie das Vermoͤgen taxi ret ist; Ist nun dieses geschehen, so muͤssen alle schwoͤren, daß sie wollten alles richtig abtragen. Von allen muͤssen sie geben, e. g. von ihren fonds, von ihrem Gelde, von ihrem Silber-Geschirr. Drum leidet man nicht gerne, daß die Leute so viel Silber-Geschirr haben, weil bes- ser, wenn Geld daraus geschlagen wird, das rouilli ret. Dicis: Es hin- dert den credit, wenn man weiß, was Unterthanen im Vermoͤgen ha- ben? Respond. Wenn man es so machet, wie die Venetianer und Nuͤrnberger, so erfaͤhret man nicht, was der andere im Vermoͤgen hat, welches recht kuͤnstlich ist. Gesetzt, es hat einer hundert tausend Thaler im Vermoͤgen, er soll fuͤnff hundert Steuren geben, so gehet er hin an einem andern Ort, welchen man in Nuͤrnberg die Schau nennt; Es ist dieses ein Ort, wo man kan die Muͤntze probi ren, item wenn einer fremd Geld hat, und er kan es nicht ausgeben, so geben sie ihm gangbar Geld davor, denn da sind experimenti rte Leute, welche die Muͤntzen wohl ver- stehen. status circa ærarium, tributa \& vectigalia. stehen. Bringet nun einer an dem Ort die fuͤnff hundert Thaler, und sagt, er wollte Losung zahlen, so geben sie ihm ein Stuͤck, das fuͤnff hun- dert Thaler gilt; Nun moͤchte man dencken, so erfuͤhren diese Leute, was man gaͤbe; Allein da kan ich einen Fremden hinschicken, und ein Stuͤck hohlen lassen. Wenn ich nun auf das Rath-Hauß komme, ist daselbst ein Tisch, woruͤber ein Teppich ist, darunter lege ich die marque, da legt ein jedweder hin, und kan man also nicht wissen, wer es gegeben, ausser, wenn etwa der Rath muthmassete, daß einer nicht recht gaͤbe, so pflegen sie nachzusehen, was er gegeben, welches aber selten zu geschehen pflegt. Dicis: Es stehet dahin, ob die Leute ihren Eyd in acht nehmen? Respond. Das wird ihnen genug vorgesaget, und die Prediger schaͤrffen es taͤglich ein. Die Menschen sind doch nicht so beschaffen, daß sie um Kleinig- keiten sich wollen in Ungluͤck bringen, wird einer angetroffen, daß er die Steuer nicht voͤllig gegeben, so wird er gestrafft, und wenn er stirbt, so wird er tanquam perjurus ohne Sang und Klang begraben. Dieses machet denen Leuten eine grosse impression, sonderlich in Reichs-Staͤdten, da es eben so zugehet. Venedig und Nuͤrnberg haben sich auch hiebey sehr wohl befunden. Ohne Betrug gehet es nicht ab. Aber derglei- chen finden sich bey allen modis. Man mag bey der accise so scharff seyn, wie man will, so wird doch vieles herein practici ret. Das Wort vectigal haͤtten wir auch koͤnnen so weitlaͤufftig nehmen, daß auch colle- cta, tributa, darunter begriffen waͤren, aber in antecedentibus ist erin- nert worden, warum es nicht geschehen, daher muß man a part de vecti- galibus handeln. Vectigalia, die Mauten, Zoͤlle, concerni ren importan- da \& exportanda. Daher entstehet die Frage: Was hier vor regulæ generales muͤssen in acht genommen werden? Es ist wohl zu mercken, daß wir einige importanda noͤthig haben, non omnia fert omne tellus. Kein Staat kan bestehen sine commercio, durch welche eben die impor- tanda herbey geschaffet werden, davon in Sect. seq. ein mehrers soll ge- sagt werden, und waͤre auch besser gewesen, wenn die Doctrin de vecti- galibus in die folgende Section waͤre gesparet worden. Allein, weil das Wort vectigal partim denen tributis beygeleget wird, partim auch bey denen importandis und exportandis vorkoͤmmt, methodus nicht arbi- traria, und thut also auch nichts. Daß es hier tracti ret wird. Kein Koͤnigreich kan von allen importandis frey seyn. e. g. Wenn man das Koͤnigreich Schweden betrachtet, so deliberi ret man daselbst im Staats- Rath, wie man die importanda moͤchte verringern. Aber vieler Sa- chen koͤnnen sie sich nicht entschlagen. Sie haben keinen Wein, weil ihr Land zu kalt ist, den muͤssen sie von andern nehmen. Der Czaar hat Cap. V. De prudentia hat auch keinen Wein, es sey denn, daß er etwa in denen Mittaͤgigen Laͤndern sich sollte befleißigen Wein zu pflantzen. Man hat gegen Astra- can an der VVolga einige specimina wollen ablegen, es ist aber nicht an- gegangen, und meynen einige, daß es gar nicht practicable, aber ich glau- be, daß, wenn man eine Charte nimmt, und ziehet von den Orten, wo Wein waͤchset, eine Linie nach des Czaars seinen Landen, so sollte wohl angehen an denselbigen Oertern Wein zu pflantzen. Die importanda sind also vel necessaria, welche man nicht entbehren kan, vel non necessa- ria, daher kan man keine bessere Regel machen, als diese: Die impor- tanda necessaria, welche man nicht entbehren kan, soll man entweder gar nicht mit einem Zoll belegen, oder wenigstens nur mit einem leidlichen. Denn machet man denen Leuten die nothwendigen Dinge sauer, mur- murant; Es ist nichts abgeschmackters, als wenn man an denen Or- then, wo kein Saltz ist, einen grossen impost auf das Saltz setzet, wo es ist, da kan man noch eher einen grossen impost darauf legen, weil es doch wohlfeil bleibet; Aber, wo man es erst von andern Orthen herhoh- let, und noch einen grossen impost geben soll, das kan nicht angehen. Thut man es, so suchen die Leute dieses necessarium zu menagi ren, wer- den ungesund, und weiß man offt, daß eine Pestilentz davon entstan- den: Denn das Saltz præservi rt uns vor der putrefaction; Die Pesti- lentz aber ist nichts anders als eine putrefaction, so geschwind um sich greiffet, welches schon ein alter Medicus, Franc. Valleriola observi ret. Wenn man nur gleich eine Gabellam giebt, so machet es doch zusam- men viel aus. Daher habe ich allezeit improbi ret, wenn ich gesehen habe, daß man gesuchet die necessaria zu belaͤstigen. Ich habe in mei- nem Vaterlande wahrgenommen, woselbst vor diesen die Meßing- Ma- nufactu ren am staͤrcksten flori ret, welches daher kommt, weil man von dem Meßing, so nach Nuͤrnberg gebracht wird, was weniges nimmt; Vor den gantzen Centner Kupffer giebt man etwa sechs Pfennige, und von dem Galmey geben sie gar nichts, weil solcher ohnedem erst von Luͤttich muß hergebracht werden, und viel kostet. Sie haben auch noch den Vorzug vor allen fabricant en, theils, weil sie die Drechsler haben, so alles in der Geschwindigkeit koͤnnen machen, theils auch, weil sie es wohlfeiler geben koͤnnen. Der Koͤnig in Preussen hat auch Meßing- Manufactu ren angelegt, und sind sie gut reussi rt; Aber, wenn nicht ver- bothen waͤre, kein fremd Meßing ins Land zu fuͤhren, wuͤrde der Abgang nicht groß seyn, weil die Nuͤrnberger alles wohlfeiler geben koͤnnen. Auf die exportanda kan man auch einen Zoll legen, aber was weniges, wenn es solche exportanda, die ich selbst nicht brauche, welche mir so zu sa- status circa ærarium, tributa \& vectigalia. sagen a charge. Hergegen, was ich selbst brauchen kan, und noͤthig habe, darauf kan ich einen grossen Zoll legen. Also ist absurd, wenn ich schoͤne manufactu ren habe, die Sachen sollen an fremde Oerter verkaufft werden, und ich lege einen grossen Zoll darauf. Wenn die Engelaͤn- der ihre Tuͤcher verkauffen wollen, muͤssen sie keinen grossen Zoll darauf legen; Davenatius, welcher von dem Englischen commercio ein grosses Buch, so in sechzehen Baͤnden bestehet, geschrieben in Englischer Spra- che, welches meriti rte, daß man einen extract daraus machte, hat obser- vi ret, daß die Engelaͤnder einen kleinen Zoll auf die Tuͤcher gelegt, da- mit sie nur brav ausgefuͤhret wuͤrden. Gleichwie es ein Fehler, wenn man auf die exportanda non necessaria einen grossen Zoll setzet. Vor etlichen Jahren kam in S. ein Windfaͤnger, welcher sagte, man solle auf das Saltz einen grossen impost legen. Er raisonni rte aber in ab- stracto, und sahe nicht, daß es nicht practicable. Darinnen hat er recht, daß es dem Herrn viel eintraͤgt, aber die Unterthanen werden rui- ni ret. Wir haben hier kein Holtz, da ist es eine grosse impost en, wenn man einen grossen impost aufs Holtz legete. Man muß alle suchen zu soulagi ren. Vormahls hohlte man viel Korn von Magdeburg, als man aber sechs Thaler auf den Wispel setzte, blieben die Kaufleute weg. Man setzte es nachgehends wieder herunter, aber sie sind nicht wieder ge- kommen. Es war ein kleiner Fehler, der aber grossen Schaden ge- than. Der Kauffmann ist gar kein Mann wie andere Leute, er gehet dem profit nach, und wenn derselbe auch nur vier Groschen ausmachet, so gehet er doch weg, und ist er wie der Fuhrmann, welcher gerne etwas umfaͤhret, daß er nicht mit vielen impost en belaͤstiget und aufgehalten wird. Was bisher von denen importandis und exportandis gesagt worden, das concerni rt auch eine jede civitatem en particulier. Aber bey denen Zoͤllen muß mehr regardi ret werden, wo grosse Handels-Staͤdte sind, wie Livorno im Florentinischen, Amsterdam, Londen. Hier bin ich der Meynung, welche Cosmus von Medices gehabt, welcher Ursach ist, daß der Hafen Livorno so flori rt. Der Hafen hat so schon vorher flori rt, weil sie das commercium nach Africa hatten, und sind Kaufleute daselbst gewesen, so etliche Millionen im Vermoͤgen gehabt. Unter Cosmo aber hat man gemeynet, er wuͤrde uͤber den Hafen gehen, wel- ches aber nicht geschehen. Cosmus hat dieses gethan, daß er einen klei- nen impost auf die importanda und exportanda gelegt, da hat er ein grosses commercium hingezogen; Derjenige, so einen grossen Zoll nimmt, ist wie ein geitziger Wirth, welcher alles auf einmahl gewinnen will, und viel Wasser unter das Bier giesset, bedenckt aber nicht, daß R r dieje- Cap. V. De prudentia diejenigen, so es einmahl gehohlet, nicht wieder kommen. Deßwegen setzte Cosmus den Zoll gering, denn was mir abgehet an der quantit aͤt des Zolls, das ersetzt die Menge der Leute wieder. Schrödter hat bey seiner Schatz- und Renth-Cammer eine schoͤne Dissertation de vectiga- libus. Der Braunschweigische Edelmann, so die Macht-Kunst ge- schrieben, handelt auch hievon, hat es aber aus dem Schrödter genom- men. Der Tuͤrcke, ob er gleich sonst ein tummer Kerl, nimmt doch zu Smirna und Aleppo wenig Zoll, deßwegen ist eine grosse Handlung da- hin. Bey denen importandis luxuriosis muß man sehen, wenn die Un- terthanen dieselben consumi ren, so muß man solche entweder gar ver- biethen, oder einen grossen Zoll darauf legen; Hergegen, wenn man ei- nem Orte der Stapel ist, man bringt viel luxuriosa dahin, die werden aber nicht consumi rt, sondern wieder fortgeschafft, als wie in Holland, da kan man keinen grossen Zoll darauf legen. Also muß man diese materie cum grano salis betrachten. Es ist gedacht worden, daß man auf die importanda necessaria sollte einen kleinen tribut legen, da koͤnnte man objici ren: In Engeland waͤre kein Papier, da habe man doch ei- nen grossen impost darauf gelegt, welches doch unentbehrlich, deßwegen sind eben die Buͤcher, so in Engeland gedruckt werden, so theuer. Es ist dieses ein grosser Fehler in Engeland, daß sie nicht selbst Papier ma- chen, auch in Holland, sondern hohlen es alle aus Franckreich, und wenn man nachrechnet, was hier und da aus Franckreich von den Pa- pier vor profit gezogen wird, so macht es etliche Millionen aus. Die Engelaͤnder haben nun diesen Fehler gesehen, daß sie in dem commerclo mit Franckreich viel verlieren, deßwegen haben sie so einen grossen im- post auf das Papier gelegt, damit die Leute sollen encouragi ret werden Papier-Muͤhlen anzulegen. Man hat auch ein und andere fabriqu en in Engeland angelegt, aber noch nicht weit reussi ret. Die Teutschen sind gescheuter, und machen selbst Papier. Daher, als das commer- cium zwischen Holland und Franckreich gesperrt gewesen, so sind von Nuͤrnberg viele tausend Rieß Papier gehohlet worden, welches aber nachgehends aufgehoͤret, weil sie es aus Franckreich wohlfeiler haben koͤnnen. Wenn man in Politicis einen Fehler macht, der verursacht gleich einen grossen Lerm: denn es changi rt sich gleich alles, und das kan man nicht wieder umwenden. Wenn man die Fehler in Teutschland sehen will, so kan man nur am Neckar-Strom und Rhein-Strom gehen, da findet man so viel Fruͤchte, daß die Leute malcontent seyn, wenn kein Krieg ist, weil es sonst nicht kan verzehret werden. Die Hollaͤnder hohlten es gerne ab, wenn sie einen freyen Paß haͤtten, aber der Fuͤrsten sind status circa ærarium, tributa \& vectigalia. sind viel, man hat allzu viel Zoͤlle, und wenn man eine Viertel Stun- de faͤhrt, so ist ein neuer Zoll da. Das Getrayde bleibt da alle im Lan- de, es ist wohlfeil, und kein Geld unter den Leuten. Mecklenburg ist ein vortrefflich Land; Aber wie die Schweden den Warnemuͤnder Zoll an- legten, haben sie ihr Korn im Lande behalten, und muͤsten des Tages dreymahl essen, wie die Pommern, wenn sie ihr Korn wollen aufzeh- ren. Der Schweden Absicht ist eben bey dem Zoll gewesen, Teutsch- land zu ruini ren. Haͤtte Teutschland einen Herrn, so wuͤrde man thoͤ- richt thun, so viel Zoͤlle anzulegen. Die exportanda, so nuͤtzlich sind, muß man nicht weglassen, oder wenigstens einen Zoll darauf legen. Daher lassen die Engelaͤnder keine Wolle ausfuͤhren, auch nicht ein- mahl Felle, auf welchen noch Wolle ist. Es ist daselbst auch bey har- ter Straffe verbothen worden, keine Erde auszufuͤhren, woraus Tobacks- Pfeiffen gemachet werden, weil sie sonst das monopolium gehabt. Nachgehends aber hat man auch an andern Orten Erde gefunden, welche sich hiezu geschicket. Bisweilen aber geschiehet es auch, daß auch die importanda necessaria leicht belegt werden, wenn sie dieselben wollen wegbringen, als wie in Dantzig, woselbst der Stapel ist, da geben die Leute was weniges, wenn sie das dahin gebrachte Korn wegfuͤhren. Wenn in Smirna fremde Waaren eingefuͤhret werden, so giebt man fuͤnff pro cent, alsdenn aber kan man die Waaren entweder daselbst verkauf- fen oder frey weg bringen. In Holland giebt man auch etwas weni- ges, wenn man die importanda will wegbringen, das hat auch Huetius an denen Hollaͤndern æstimi ret. Hergegen in Teutschland ist eine mi- seria, da man seine Waaren etliche mahl verzollen muß. Vor diesen ist man in Teutschen provinzi en so vigoureux gewesen, daß, wenn einer gleich schon einmahl etwas verzollet, so muste er doch noch einmahl Zoll geben, wenn er in eine andere Stadt, die doch eben demselben Herrn gehoͤret, gekommen, welches man aber jetzo abgeschaffet. §. 17. Unser Autor haͤtte als ein Theologus dieses nicht setzen sollen; Es ist dieses wohl bisher das principium gewesen, aber es ist ein boͤses principium. Wenn imposten ex necessitate angelegt werden, war- um sollte man sie nicht wieder koͤnnen abnehmen? Koͤmmt wieder ein ca- sus necessitatis, so kan man sie ja alsdenn wiederum auflegen. §. 18-19. Quær. Ob die tributa und vectigalia cum populi Ob die impo- st en mit Ein- willigung des Volcks muͤssen aufgeleget werden. consensu muͤssen angelegt werden? Respond. Wo eine Monarchie, und man supponi ret, daß der Herr gescheut ist, so braucht er nicht den peuple und die proceres zu fragen, weil er vor sich selbst dem Volck nicht mehr auflegen wird, als der status reipublicæ erfodert. Dieses laͤßt sich wohl R r 2 in Cap. V. De prudentia in abstracto hoͤren; Aber man hat sich mehr zu fuͤrchten vor boshafftigen Fuͤrsten, daher die Leute, welche sich vor einem solchen arbitrio fuͤrchten, gantz anders raisonni ren. Als wie die Engelaͤnder, welche als ein prin- cipium regulativum setzen: Es moͤchte der Koͤnig so viel autorité haben, als er wollte, so sollte er doch nicht koͤnnen impost en auflegen ohne con- sens des Parlaments, absonderlich des Unter-Hauses. Sie sagen, wenn es der Koͤnig vor sich thun koͤnnte, so waͤre die libertas alle verloh- ren. In dem Ober-Hause sitzen die Hertzoge, Lords, welche nichts ge- ben, und bekuͤmmern sich nicht viel darum. Hergegen das Unterhauß repræsenti rt den peuple; deßwegen muß dieses hauptsaͤchlich davon wis- sen. Dieses ist die Ursache, warum eine general-revolte wider Caro- lum I. entstanden; Man wollte ihm nichts geben, daher machte er selber fonds, forderte bald dieses bald jenes; Da sagte der peuple, wir sind ver- lohren und revolti rten. Die Engelaͤnder aber haben nicht allein so rai- sonni ret, sondern man findet es bey denen Teutschen eben so. Nicht allein auf dem Reichs-Tag findet man, daß keine collect en koͤnnen an- gelegt werden, ohne consens der Churfuͤrsten, Fuͤrsten und Staͤnde, son- dern in den provinzi en ist es eben so gewesen. Eine Beysteuer hat der Herr bisweilen koͤnnen fordern, da er gesagt: Ich kan von Rechtswe- gen nichts fordern, weil ich schon meine revenü en habe; Weil aber ein casus extraordinarius kommen, so hoffe ich, daß ihr werdet precario etwas geben. Collectas hat er nicht koͤnnen vor sich auflegen, da sind die Land-Tage gewesen, auf welchem die Geistlichkeit, die Noblesse und Staͤdte beruffen worden, wie man an vielen Orten noch findet, die ha- ben dem Herrn accordi rt, so viel sie gewollt. Drum ist ein Lerm ent- standen, da man die accise angelegt, weil sie gesehen, daß, wenn sie sol- che dem Herrn accordi reten, so waͤre ihre Freyheit hin. Der Hertzog in N. hat ein klein Laͤndgen, und da er in demselben wollte die accise einfuͤhren, hat alles tumultui ret, deßwegen er es auch nicht zum Stande bringen koͤnnen. Die Noblesse hat sonderlich dahinter gesteckt. Wo einmahl die accise eingefuͤhret, wird selten ein Land-Tag gehalten, weil der Herr da Geld genug hat, und denen Land-Staͤnden kein gut Wort geben darff, die Land-Staͤnde haben auch so gar diese Sache auf dem Reichs-Tag gebracht, weil in der Capitul. Cæsarea stehet, daß nichts ohne der Landes-Staͤnde consens sollte vorgenommen werden. Denen Land-Staͤnden geschiehet freylich tort; aber offt nehmen sie sich zu viel heraus, wie in Ost-Frießland, woselbst sie den Fuͤrsten gar von dem Land-Tage ausschliessen, da doch derselbe dabey seyn, und denselben di- rigi ren sollte. Weil man mehr Fuͤrsten hat, welche abweichen von dem rechten circa commercia \& rem monetariam. rechten Wege, so ist zu wuͤnschen, daß in tota Germania die Land- Staͤnde beybehalten werden. §. 20. Wenn nun einer tributa und vectigalia hat, so muß er die- Von der Art und Weise die impost en von den Untertha- nen zu heben. selben entweder lassen administri ren, und Leute besolden, oder er muß solche verpachten. Bey denen Roͤmern hat man die Zoͤlle verpachtet, welches der Censor gethan, davon zu lesen die Dissertatio in Gundlin- gianis de Censoribus. Man verpachtet die Zoͤlle noch; Also quæritur: Ob ein Herr solches vor rathsam halte, die Zoͤlle zu verpachten? Man sagt, Zoͤllner und Suͤnder; Allein Suͤnder ist nur ein accidens, welches man kan verhuͤten. Verpachtet man die Zoͤlle, so koͤnnen nicht solche collusiones entstehen, als wenn Administratores gesetzt werden. Der Zoll vermehret sich nicht. Wer es nicht glauben will, mag nur die Zoll-Rollen ansehen, die vor zwantzig Jahren gemacht worden, da wird er sehen, was er vor eine avantage, wenn man die Zoͤlle verpachtet. Di- cis: Wenn die Zoͤlle verpachtet werden, so werden die Leute so sehr ge- plagt? Respond. Da kan man schon vorbeugen, wenn man tax en aus- haͤnget, werden dieselben von einem Kerl uͤberschritten, kan man ihn schon davor zuͤchtigen. Es kan ja der Herr einen Gegenschreiber setzen, so der Pachter besolden muß, welches der Law observi ret; Setzet der Herr ei- nen Gegenschreiber, so kan er auch erfahren, was der Zoll eintraͤgt, und ihn vielleicht hoͤher verpachten. Es ist ein crimen læsæ majestatis, wenn einer mehr nimmt, als der Herr haben will, und kan er also hart ge- strafft werden. Was nun von der Verpachtung bey denen Zoͤllen ge- sagt worden, ist auch bey der accise zu observi ren. Sectio VIII. de Prudentia circa commercia \& rem monetariam. §. 1-2. E S bestehet das commercium in Kauff und Verkauff; Wo viel Von denen commerciis uͤberhaupt. verkaufft und eingekaufft wird, da ist ein commercium, das florisant. Es muß aber das Kauffen und Verkauffen nicht in die Mauren eingeschlossen seyn, sondern weiter gehen. Sonst sagt man nur, man kaufft und verkaufft um Geld. Aber hier wird es nicht so en- ge genommen, sondern man verstehet auch darunter, wenn Waaren um Waaren vertauschet werden. Quær. Ob das commercium nicht viel- R r 3 mehr Cap. V. De prudentia mehr zu bannisi ren sey? Respond. Wenn man einen sever en Mann, ei- nen Elster-Bart, hoͤret, der sagt, es waͤre gut, daß kein commercium waͤre, denen kan man aber nur antworten: Es waͤre auch sehr gut, wenn wir in statu integritatis geblieben waͤren. Es sind lauter sottis en, wenn man meynt, die commercia koͤnnten bannisi ret werden. Da die Men- schen einmahl in civitatem kommen, und eine multitudo hominum innu- merabilis entstanden, so kan man ohnmoͤglich die commercia entbehren. Wir koͤnnen ja nicht alle vom Ackerbau leben, deßwegen sind die Leute auf Kuͤnste gefallen, und diese Kuͤnste haben verursacht, daß commer- cia entstanden. Conring hat auch in seiner Dissertation de commerciis maritimis, bey welcher VVerlhof respondi rt, gesagt: Er koͤnne die En- thusiast en nicht vertragen, und nicht mit denenselben disputi ren, welche meyneten, man solle keine commercia haben. Man wird auch finden, daß diejenigen Republiquen die potente sten gewesen, welche ein florisan - tes commercium gehabt. Wir wissen, daß ehedessen die Phœnicier sehr flori ret haben, weil sie das gantze commercium in der Mittel-See exerci rt. Sie haben nach Spanien und andern Orten gehandelt, und Colonien dahin gebracht. Phœnici en ist an sich ein kleines Laͤndgen, daher man die Republique Holland immer damit compari rt, die Leute zu Tyro und Sidon sind Phœnicier gewesen. Die Carthagi nienser sind auch eine Razza von Phœnici en gewesen, und haben Hebraͤisch geredet, wovon man noch eine Rede im Plauto finden kan, die der Clerc in seiner Biblischen Universelle mit Hebraͤischen lettr en drucken lassen. Die Venetianer sind die groͤssesten Leute in der Welt gewesen, da die com- mercia bey ihnen recht flori ret. Viele tausend Menschen muͤssen Hun- gers sterben, wenn man die commercia abschaffen wollte. En- geland wuͤrde alsdenn in die alte Armuth gerathen, worinnen es ge- wesen ante Henricum VII. dieser aber hat daselbst die commercia in die Hoͤhe gebracht. Wo nur eine Kauffmannschafft ist, die ein- heimisch, dieselbe tauget nichts, sondern bringet nur das Geld aus dem Lande, daher muß man darauf sehen, daß die res aliunde ad- portatæ nicht verzehret, oder so viel, wie moͤglich, retrenchi ret werden. Die Hollaͤnder sind homines sobrii, bringen die Waaren anderswohin, und thun ihnen solche nicht so wohl Schaden, als denen populis ad quos ad- portant. Wenn man auch von contraband en Waaren disponi rt, so ver- biethet man nicht luxuriosa, die laͤßt man gerne dem Feinde zufuͤhren, weil solcher dadurch ruini ret wird. Videat. Grotius de Iure B. \& Pacis. Es ist freylich wahr, die Erhoͤhung der commerciorum ist ein Mittel in- fatuandi alios; tu insignes opes adquiris, bekommst des andern Geld, der circa commercia \& rem monetariam. der andere wird ruini ret. Wenn man objici rt, es koͤnne einer dieses mit gutem Gewissen nicht thun, so antworte ich: Die Waaren werden ja denen andern nicht aufgezwungen, sie muͤssen urtheilen koͤnnen, ob ih- nen diese oder jene Waaren nuͤtzlich oder schaͤdlich. Wenn man von denen commerciis redet, wo dieselben geschehen sollen, so ist zu mercken, ein jeder Ort schicket sich nicht dahin, sonderlich wenn er rude, kalt ist ꝛc. Es waͤre denn, daß sonst eine gute Gelegenheit an solchen Oertern. e. g. Obgleich sonst die Nordischen Laͤnder sehr rauh und kalt sind, so hat man doch daselbst viele Waaren, welche andere brauchen koͤnnen, aber das geschiehet per accidens, daß man es gebrauchen kan. Daher wer- den die Nordlaͤnder allezeit geschickt zum Handel bleiben; Sie haben Holtz, Steine, Felle ꝛc. Wenn man Lieffland ansiehet, so haben sie da- selbst eine grosse quantité von Korn. Die Lein-Saat ist auch in Lieff- land am schoͤnsten. Diese Sachen alle hat man an andern Orten noͤ- thig. Indessen, non omnia loca sunt apta ad commercia. Denn wo nichts ist, und niemand hinkoͤmmt, da ist kein commercium. Weil bey denen Schweitzern wenig ist, so ist daselbst auch ein schlecht commercium, deßwegen hat man willens gehabt, Canaͤle zu machen, und das com- mercium in der Schweitz in bessern Stand zu bringen. Allein es sind so viele Cantons, jeder Canton hat sein besonderes interesse, und wird also solches nicht zum Stande kommen. Sie haben auch keine manu- factu ren. Ein Land mag endlich seyn, wie es will, flori ren die manufa- ctu ren in denselben, so flori ren auch die commercia. Ja, wo die Leute gutes Land haben, sind sie faul, und æstimi ren die manufactu ren nicht, als wie in Oesterreich und Bayern, sie sauffen lieber den gantzen Tag. Aber wo es ein Land ist, wo nicht viel zu beissen und zu brechen, kan man die Leute eher dazu bringen, und eher ein commercium aufrichten, sonderlich wenn es an der See liegt, daher die Herren, so Land an der See haben, wohl thun, wenn sie auf gute Hafen und Schiffe dencken, denn dadurch werden sie maͤchtig und sicher. Man wird finden, daß diejenigen, welche an der See gewohnet, und keine Schiffe gehabt, sind von andern uͤberfallen, und zu Sclaven gemachet worden; die Sa- racenen haben ehemahls das gelobte Land verlohren, und denen Christen lassen muͤssen, weil sie keine Schiffe gehabt. Ehe Enge- land eine Flotte gehabt, sind allerhand revolutiones daselbst vorge- gangen, und hat bald dieser, bald jener das Reich an sich gebracht; liegt ein Land an der See, so kan man anderwaͤrts herhohlen, was man nicht hat, und seine Sachen kan man auch ausfuͤhren. Quær. Warum so viele Koͤnige nicht darauf gedacht, commercia zur See zu haben. Denn in Cap. V. De prudentia in Franckreich hat man ehedessen keine considerable Fasten gehabt; In Italien eben so wohl, wenn man Genua und Livorno ausnimmt? Re- spond. In Italien sind kleine Herren, da ist kein Wunder, wenn man keine rechte Haͤfen hat, und wuͤrde auch Livorno nicht seyn zu Stande kommen, wenn nicht Florentz zu maͤchtig gewesen; Bey andern aber ist diese Ursache: Die grossen Herren reiten gern vor ihrer Armee her, auf der See aber koͤnnen sie nicht so vorreiten, drum haben sie nicht auf Flot- ten gedacht, da doch solches das principal ste Stuͤck; Der Don Anton. Perez, als er aus Spanien weggieng, und nach Franckreich kam, wurde von dem Koͤnig in Franckreich gefragt: Was er meyne, daß seinem Reich fehle? Er sagte: Eine Flotte, sonst wuͤrde er von einem jeden, der zur See maͤchtig, incommodi ret. Wir haben in vorigem Kriege Franck- reich offt gedrohet, bald hie, bald da anzulanden; Der Koͤnig in Franck- reich hat ohnedem die beste Gelegenheit, eine Flotte zu halten, weil sein Land an der See liegt. Eine Flotte aber kan nicht besser in die Hoͤhe kommen, als durch commercia. Die Venetianer haben anfaͤnglich nur die einige Stadt, und etwas in Terra Firma gehabt, nachgehends aber haben sie durch ihre commercia eine grosse Flotte erhalten, womit sie das gantze Roͤmische Reich bravi rt. Wo commercia sind, hat man viele Kauffahrdey-Schiffe, wo viele Kauffahrdey-Schiffe, hat man vie- le matelots. Die Kauffahrdey-Schiffe suchen andere Wege zu nehmen, daher bauet man groͤssere Schiffe, dieselben zu convoyi ren, dadurch waͤchst die Flotte. In Engeland waren zu Zeiten Henrici VII. wenig Schiffe. Henricus VIII. aber sahe, daß die Leute sich nur auf den Acker legten, die Bauren waren sonst wie unsere Teutschen, daß sie Sclaven von denen Edelleuten waren. Daher sagte Henricus: Ich will Bauren auf die Flotte thun. Der Adel murrete, er aber sagte: So viel Bau- ren wolle er ihnen lassen, daß sie Korn genug haben koͤnnten, aber die uͤbrigen sollten sie hergeben. Videatur Verulamius in vita Henrici VII. Es waren in Engeland wenig Wiesen, da ließ Henricus Felder zu Wie- sen machen, die Schaafe bekamen da besser Futter, man hatte viele Wolle, und flori rten die commercia. Wie es nun einmahl im Stan- de war, so hat man observi ret, daß kein Land so viele Orlog- und Kauf- fahrdey-Schiffe gehabt, als Engeland. Es ist eine grosse Anzahl. Hat man gute Haͤfen und Schiffe, so kan man nicht attaqui ret werden. Da die Engelaͤnder so viele Schiffe gehabt, hat ihnen niemand etwas thun koͤnnen. Sie haben ihren Koͤnig den Kopff abgeschlagen, und niemand hat ihnen etwas gethan. Jedermann fuͤrchtete sich vor den Cromwell, und wuste kein Mensch., ob er nach Spanien oder Italien gehen wollte. Er circa commercia \& rem monetariam. Er gieng nach America, und wollte Hispaniola wegnehmen, haͤtte es auch bald bekommen. Jamaica aber nahmen sie doch weg. Wenn auch an einem Orte keine Fluͤsse sind, so thut doch bisweilen die correspon- dence viel, als wie in Leipzig, das liegt fast mitten in Teutschland, und ist der Stapel da. Also koͤnnen auch da commercia flori ren. Nichts weniger aber befoͤrdert die commercia als die artefacta. Die Hollaͤn- der ziehen aus Ost-Indien wenig, das meiste aber haben sie von manu- factu ren, denn die Hollaͤnder haben zwey arcana 1) daß sie den Stapel haben von allen rohen Waaren, 2) holen sie alle materialia herbey, woraus sie allerhand fabrici ren. Wer einen discours von denen com- merciis uͤberhaupt, und ins besondere von dem Hollaͤndischen commer- cio lesen will, kan lesen tractat. le grand Tressor historique, \& Politique du florisant commerce des Hollandois. Es ist in Pariß gedruckt, und in Holland nachgedruckt worden, er hat solches dem Dauphin, des Her- tzogs von Burgund Vater vorgelesen, und schreibt unvergleichlich. Man siehet, daß er ein penetrant er Mann muß gewesen seyn, der nicht allein sacra verstanden, sondern auch in politicis ultra sortem vulgarem versi rt gewesen. Er hat auch von dem commercio der Alten geschrieben, wel- ches ein hochgelehrtes Buch ist, und hat er in demselben denen Frantzo- sen die Meynung brav gesagt. Er hat auch gemeynet, das sey beata respublica, welche an der See laͤge. Er hat das Wort beata so genom- men, wie man es jetzo nimmt, nemlich ratione defensionis und commer- ciorum. Iean de Witte, welcher Grand Pensionaire in Holland gewesen, hat politische Gronden geschrieben, welche man Frantzoͤsisch, Hollaͤn- disch und Teutsch hat. (Die Teutsche edition ist anno 1671. und sind seine Summarien dabey) Huetius lobt das Buch, und sagt: Es waͤre noch kein Buch vom commercio so geschrieben worden, in diesem tractat sagt er: Es waͤre ein Land am gluͤcklichsten, wenn es mit Wasser um- geben, und nur mit Schiffen duͤrffe defendi ret werden. Er hat auch willens gehabt, daß ein Canal solle gezogen werden, damit Holland gantz mit Wasser umgeben sey. Wie die Kriege zu Lande denen Hollaͤndern viel Geld gekostet, sie schlugen ihn aber in einem Tumult den Kopff ab: Denn die Printzen von Oranien sind Generals, haͤtte man aber nur ei- ne Flotte noͤthig gehabt, so haͤtten sie ihr commando verlohren, deßwe- gen legten sie sich dawider. §. 3-6. Hat man nun einen locum, so entstehet die Frage: Wie Was und wie viel Leute zum commercio erfordert wer- den? viel man Leute haben muͤsse? Iean de Witt hat hier ein gemeines præju- dicium uͤbern Hauffen geworffen; Denn man meynte, es muͤste conve- niens numerus seyn. Das ist gar nicht noͤthig, sondern je mehr Leute S s da Cap. V. De prudentia da sind, je besser es ist. Man siehet, daß die Leute nicht uͤber die com- mercia reflecti rt, und keine Buͤcher gelesen, welche einem convenientem numerum verlangen. Sie meynen, daß negotium muͤsse eingeschlossen seyn in eine Stadt, da koͤnnten sich ja nicht viele naͤhren. Nun ist frey- lich wahr, wenn zu viel Krahmer in einer Stadt, so koͤnnen sie sich nicht alle ernaͤhren, und waͤre freulich zu wuͤnschen, daß man nicht viel solche Leute in einer Stadt haͤtte; aber man muß sich hier einen andern con- cept von denen commerciis machen, wie Witt gewiesen. Wo ein rech- ter Kauffmanns-Platz, da hat man nicht allein Gelegenheit, alle Waa- ren in abondance zu haben, sondern ein jeder kan dieselben auch verfahren, wo er hin will. Das ist gewiß: wo viel Kauffleute sind, und nicht viel materialia, so koͤnnen nicht alle subsisti ren. Aber es giebt materiali en ge- nug, und wer einmahl da ist, wird schon seinen Verstand anstrecken, materiali en herbey zu schaffen. Da braucht es keiner demonstration. Man siehet in Holland Millionen Menschen, weil einem jedem frey ste- het, dahin zu gehen, und zu handeln. Man hat auch in Holland gesagt, die alten Buͤrger verloͤhren so viel, wenn man allen Fremden erlaubte zu handeln. Allein Witt sagt: Wenn man da den Kauff-Handel woll- te einschrencken, so waͤre Holland verlohren: Denn gesetzt, die alten Buͤrger sollen nur allein handeln, so bleiben dieselben nicht Kauffleute, wenn sie reich werden, sondern werden Grands Seigneurs, oder leben von ihren Renthen, alsdenn aber sind sie keine Kauffleute mehr, sondern usu- rarii, und endlich gehet auf die letzte der Handel gar verlohren. In Schwe- den hat man observi rt, daß wenn die Leute im Handel etwas gewonnen, sind sie gleich Edelleute geworden, haben von ihren Renthen gelebt, oder Land-Guͤther gekaufft, und die Bauren geplackt. In Engeland ist es eben so gegangen; Hergegen in Holland, wenn eine Familie sich ein- mahl auf die Kauffmannschafft geleget, muß sie dabey bleiben, sie koͤn- nen da nicht von Renthen leben, weil man wenig ufuras giebt. Da- her sind die Fremden ein stimulus, wodurch andere angefrischt werden, etwas vorzunehmen. Wo viele Leute sind, da sind auch viele Hand- wercker, und fehlet es daselbst nicht an manufactu ren. Hernach kommt es nur darauf an, daß ein opifex was gutes macht, und andere uͤber- trifft, alsdenn werden auch seine Waaren vor andern gesucht. Ein fremder Kauffmann denckt immer darauf, wie er seinen Handel besser ctabli ren moͤge, und macht sich die Welt bekannt; Daher ist gut, wenn man drucken laͤßt, wo diese oder jene Waaren einen Abgang haben, wie man in Holland dergleichen Buch drucken lassen. Denn man kan nicht alle Waaren an einem Ort hinbringen. Die Kauffleute suchen immer ein circa commercia \& rem monetariam. ein Loch, wo sie einen Vertreib haben koͤnnen. Die Hollaͤnder haben sonst nicht nach Moscau und nach der Levante gehandelt, jetzo aber han- deln sie am staͤrcksten dahin, so daß sie andern grossen Schaden thun. Die meisten Leute verstehen nicht, was ein rechter Handel ist. e. g. Wenn man fragt, ob noch mehr Handels-Leute hier in Halle subsisti ren koͤnnen, so meynen sie quod non, weil schon so viel. Allein es koͤnnen viel Kauffleute hier seyn, die zwar keinen Kram haben, und doch han- deln. e. g. Ich wohne hier und habe einen Handel nach Pariß, nach Prag. Dieses weiß ich daher: In Nuͤrnberg sind drey bis vier hun- dert Kauffleute, unter welchen wenige, so einen Kram haben, denn die- jenigen haͤlt man geringe, welche einen Kram haben. Hergegen diejeni- gen werden æstimi ret, welche mit versperreten Thuͤren handeln, wenn man in ein solch Hauß kommt, so findet man nichts als etliche Rechen- Buͤcher, aber wenn eine Messe ist, so gehet er nach Wien, Straßburg, Saltzburg, Leipzig und handelt. Selten kommt es, daß ein Centner Waaren nach Nuͤrnberg koͤmmt, sondern alles dahin, wo er handelt, diese Leute sind geehret, und da niemand unter denen gemeinen Leuten darff einen Degen tragen, so ist es diesen erlaubt. An vielen Orten, werden sie im Rath genommen, und bestehet der halbe Theil in Leipzig aus Kauffleuten. In Leipzig findet man eben dergleichen Kauffleute, und ist ausser der Messe fast kein negotium, als was Kramer seyn. Ein solcher Kerl fragt auch nichts darnach, der Herr mag so viel impost en auflegen, als er will, aber er muß wissen, daß er einen Vertreib hat. VVitt hat ein sensibles Exempel beygebracht, was die multitudo homi- num thun koͤnne, er sagt: Man wisse, was die Groͤnlands-Fahrer vor einen profit machten. Vor diesem waͤre nur ein eintziges Schiff hin- gefahren, welches etwa drey oder vier Wallfische bekommen, das haͤtte gleichsam das monopolium gehabt, und die Hollaͤnder haͤtten doch viel profiti rt, aber nachgehends waͤren mehr Schiffe hingegangen, da haͤtte zwar nicht ein jedes Schiff drey bis vier Wallfische gebracht; Man faͤnge aber nunmehro uͤber funffzig, das also der profit viel groͤsser. Nicht zu gedencken, wie viel tausend Leute sonst profiti ren, da mehr Schiffe hingebracht worden. VVitt sagt, er habe in denen alten Rechnungen gesehen, das Holland aufs hoͤchste zwoͤlff hundert Schiffe gehabt, nun- mehro aber haben sie hundert tausend Schiffe, das muß ja einen schreck- lichen profit machen. Die Leute in Holland finden uͤberall Nahrung, und wenn man die Engelaͤnder ausnimmt, so uͤbertreffen sie alle andere na- tiones in der Schifffahrt. Es nehmen auch viele andere ihre Schiffe von ihnen, als der Czaar, die Spanier; Die Frantzosen haben auch sonst S s 2 die Cap. V. De prudentia die Schiffe von denen Hollaͤndern genommen. Aber unter Louis XIV. haben sie eine kluͤgere conduite gefuͤhret, welcher in Franckreich Academi en de la Marine angelegt, auf welchen man auch sonderlich doci ret, wie Schiffe sollten gebauet werden. In Holland ist eine Stadt, welche sich von nichts anders, als dem Schiff-Bau nehret, die koͤnnen accurat den Tag determini ren, wenn ein Schiff soll fertig werden. VVitt nimmt also als ein principium an, wo viel Menschen, da flori ren die commer- cia. Daher sagt er: Wenn Holland an Menschen abnimmt, so wird auch der Handel ruini rt. Dieses hat man Zeithero observi ret, da man schreckliche impost en aufgelegt, die vielen Kriege haben eben die impost en verursachet. Deßwegen hat eben VVitt gemeynet, es waͤre am besten, wenn Holland nur mit einer Flotte duͤrffte defendi ret werden. Die So- ciet aͤten verhindern auch die Menge der Kauffleute, und sagt: Die Ost- und West-Indische compagnie in Holland, sollte eigentlich abgeschaffet werden, weil dieselben niemanden dahin handeln laͤßt, der nicht ein Zunfft- Bruder; Das ist aber denen Printzen von Oranien und denen andern Familien nicht angestanden, weil diese den meisten profit ziehen, daher siehet man, warum der Englische Handel nicht so considerable, als der Hollaͤndische, weil in Engeland alles in compagni en gehandelt wird, un- ter welchen viele Lords sind, wenn einer da was geworben hat, sucht er gleich ein Edelmann zu werden. Der Hertzog von Marleborough ist eben aus einer Kauffmanns-Familie. Quær. Wie kan man einen Staat peupli ren? Respond. Da hat man allerhand Gelegenheit, wie oben ge- wiesen worden. In Holland ist eine gute Policey, schnelle justiz, das hilfft viel, denn wo der Kauffmann soll erst einen proceß fuͤhren, und auf alle cautel en des Cepollæ acht geben, da ist es nichts; Daher hat man auch an vielen Orten einige Handels-Gerichte. Die vielen exce- ptiones sind da abgeschnitten, man kan da nicht exceptionem divisionis und excussionis opponi ren. In Harlem gilt kein beneficium inventarii. e. g. Dein Vater ist mir und andern Schiff-Leuten schuldig, du willst die Erbschafft antreten cum beneficio inventarii, indeß koͤnnen allerhand collusiones vorgehen, da koͤnnen die Kauffleute sagen: Der Erbe soll entweder gleich zahlen, oder sie wollen alles verkauffen, und sich bezahlt machen. In manchen Landen wird keine Kauffmannschafft getrieben, weil daselbst ein langwieriger proceß, und wenn ich zwey tausend Tha- ler daselbst zu fodern haͤtte, wollte ich doch dieselben wegschencken, denn ich bekomme so nichts. VVitt sagt auch, daß es admirable, wenn die Religions-Freyheit concedi rt wuͤrde. Unser Autor meynt, cum grano salis muͤsse man das annehmen; Allein, was frage ich darnach, ob ich mit circa commercia \& rem monetariam. mit einem Catholiquen, Tuͤrcken handele ꝛc. da laß ich sie vor sorgen, wie sie in Himmel kommen. Alle Leute kommen doch nicht in Him- mel, pauci sunt electi; kan ich mit einem Tuͤrcken in der Levante han- deln, warum sollte es auch nicht in Amsterdam angehen; Es ist also kein Zweiffel, daß die Religions-Freyheit viel hilfft. Cromwell hat das principium gehabt: Libertas omnium religionum muͤsse seyn, nicht als wenn er dieselben herbey ruffen wollen, sondern er wollte sie nur nicht verfolgen, wenn sie kaͤmen; Viele Herren haben dieses erkannt. Selbst der Kayser, da er Prag, welches ehemahls unter Carolo IV. so sehr flo- ri ret, aber durch den Hußiten-Krieg herunter kommen, hat die Religions- Freyheit concedi ret. In der Handlung thut die Religion gar nichts. Da sind mir sechs hundert Catholische Thaler eben so viel, und so lieb, als sechs hundert Lutherische, die Obrigkeit hat sonst freylich darauf zu sehen, ne tot sectæ turbas deat, davon in der Sect. de religione mehr wird gedacht werden. Der Iean de VVitt hat gemeynet, in Holland waͤre zwar Frey- heit, aber es waͤre dieselbe noch zu gering. Die Engelaͤnder haben es auch gesehen. Wo jemand was vorbringet, ad restringendas opiniones, der thut dem commercio Schaden; Wir toleri ren ja an denen meisten Orten die Juͤden, welche doch unserer Religion entgegen, warum wol- len wir nicht andere toleri ren, die nur in einem und andern Articul von uns differi ren. Die Hollaͤndische Republic ist dadurch groß geworden, daß, da man an andern Orten die Leute verjaget, sich dieselben dahin retiri ret. Amsterdam war erst ein schlechter Ort, und wohneten nur Fischer daselbst, deren wenig waren. Aber wie der Hertzog von Alba, und der Koͤnig in Spanien, Philippus II. die grossen Verfolgungen in de- nen Niederlanden anfiengen, so lieff alles weg. In Engeland waren sie alber, und nahmen nur die Handwercks-Leute an, welche sie noch nicht genug hatten, als Seiden- und Tuch-Weber. Die andern haben sich also nach Holland gewendet. Holland war freylich kein plaisir lich Land; aber da jetzo schoͤne Alléen gemacht, schoͤne Haͤuser daselbst auf- gebauet sind, und alles reinlich gehalten wird, so ist gut daselbst zu leben, sonderlich da die Religions-Freyheit daselbst concedi ret worden. Es ist auch in denen Niederlanden nichts geblieben, als Spitzen-Weberey; Aber jetzo will der Kayser in denen Niederlanden die commercia recht wieder etabli ren, welches freylich die Hollaͤnder nicht gerne sehen, auch dedu- ctiones dagegen gemacht, die aber nichts in recessu haben. Denn wie denen Hollaͤndern frey gestanden, zu handeln, so ist es abgeschmackt, wenn sie andern diese Freyheit nehmen wollen. Wenn man eine com- merci rende Stadt haben will, muß man auch privilegia, honores ange- S s 3 deyhen Cap. V. De prudentia deyhen lassen. Diejenigen handeln absurd, welche die Kauffleute verun- ehren. Einen Kauffmann halte ich hoͤher, als viertzig bis funffzig extra - Raͤthe, Bier-Raͤthe ꝛc. Diese muͤssen alle ex publico ernaͤhret werden; Hergegen ein Kauffmann ernaͤhret sich selbst, und so viele andere Leute daneben. Man siehet ja, was in Engeland und Holland vor eine Men- ge Leute von der Kauffmannschafft ernaͤhret werden. Davenat hat aus- gerechnet, daß seit dem Buͤrgerlichen Kriege, seit dem Cromwell todt, uͤber drey hundert tausend Menschen in Londen vermehret worden. Wenn man in commerci renden Staͤdten die Kauffleute erhoͤhet, so bleiben sie Kauffleute, da hergegen, wenn man sie verachtet, suchen sie groͤsser zu werden, als wie die Bauer-Jungen alle wollen studi ren, und nicht Bau- ren bleiben; Man muß sie nicht allein lassen participi ren in judiciis, son- dern auch sonst ad dignitates lassen, und wo eine Aristocratie ist, da die Kauffleute ausgeschlossen sind, wie in Venedig, da distingui rt man sie doch vom populo. In meinem Vaterlande, obgleich daselbst kein Kauff- mann in Rath koͤmmt, so habe ich doch einen gekennet, der gescheut war, diesen hat man allezeit dazu genommen, wenn deputations gewesen, und ihm viele Ehre wiederfahren lassen. Ein Kauffmann ist auch gerne mit einer mediocr en dignit aͤt zufrieden. An vielen Orten hat man auch Leu- te gesetzet, welche sie im Schreiben und Rechnen instrui ren muͤssen, und schreibet niemand schoͤner, als die Kauffleute. Von denen Waaren, so zum commer- cio erfordert werden. §. 7-16. Es ist nicht genug, daß man einheimische Waaren hat, man muß auch fremde Waaren haben. Unser Autor sagt, man solle die besten Waaren erwehlen, welches man aber nicht so genau de- termini ren kan. Denn, wenn man so consideri ret, was Holland in die Hoͤhe gebracht, so ist es nichts anders als der Fischfang, wovon sich so viele tausend Leute ernehret. Denen Hollaͤndern koͤnnte man keinen groͤssern tort thun, als wenn man ihnen den Herings-Fang naͤhme, welcher ihnen uͤber acht Millionen Thaler eintraͤgt. Wenn die Teutschen, Franzosen, Spanier ꝛc. sagten, sie wollten keine Heringe mehr von de- nen Hollaͤndern nehmen, wuͤrden die Hollaͤnder grossen Schaden haben. Aus Teutschland koͤmmt allein eine Million vor Heringe nach Holland; An andern Orten, wo alles Catholisch ist, wird noch mehr verthan, weil sie etliche Tage in der Woche kein Fleisch essen duͤrffen, und die Heringe wohlfeil haben koͤnnen. Vor diesem konnten sie von Heringen nicht viel profiti ren, weil man sie alle muste frisch essen, seit dem man aber dieselben kan einpoͤckeln, ist der profit sehr groß, weil sie allenthal- ben koͤnnen hingefuͤhret werden; Die Schweden verkauffen Steine, welche nach Holland gebracht werden, da werden die schoͤnen Saͤulen daraus circa commercia \& rem monetariam. daraus fabrici ret, welche man bey Caminen brauchet; Holtz scheinet ein schlechter Handel zu seyn, und doch profiti ren die Daͤnen, Norweger, Schweden, Finnlaͤnder sehr viel davon. Der Autor, welcher die Macht- Kunst geschrieben, sagt: Es waͤren sottis en, wenn man meynete, die be- sten Waaren muͤsse man nehmen, man koͤnne alles brauchen, e. g. Die Nuͤrnberger Waaren haben nichts solides, sie koͤnnen aber dieselben wohlfeil geben, und machen einen grossen profit; Die Berchtolsgadner ernehren sich von Schnell-Kaͤulchen und Puppenwerck, wovon sie viel tausend Thaler einnehmen. Die Hollaͤnder verfuͤhren solche in der gantzen Welt. Man muß hier das commerce von Holland lesen, item des Marpergers Kauffmanns- Magazin. Law hat auch ein caput hie- von, aber nichts bessers, als was der Marperger proponi ret. Des Sa- vary sein Dictionaire vom commercio ist hier vortrefflich zu gebrauchen. Es ist in Paris gedruckt, aber in Holland soll es nachgedruckt, und noch einiges hinzu gefuͤgt worden seyn. Man kan in demselben Nachricht finden von allen Manufactu ren. Alle termini technici sind in demselben erklaͤret; Diese Sachen muß man sich bekannt machen, weil man als- denn kan verstehen, woruͤber grosse Herren streiten, und warum sie die- sen oder jenen Handel suchen an sich zu bringen. Die Waaren muͤs- sen freylich multiplici ret werden; Aber man muß suchen dieselben wie- der weg zubringen; Die Hollaͤnder verzehren vor sich wenig, sind fru- gales, ihre Butter verkauffen sie an andere, und essen davor Irrlaͤndi- sche Butter, welche nicht so gut als ihre. Die meisten haben einen wunderlichen concept vom Commercio, und meynen, darinnen bestuͤnde es, wenn an dem Ort viel verthan wuͤrde, welches doch falsch. Valentini in seiner Naturali en-Cammer hat von allen Waaren treffliche Nachricht gegeben. Man muß vielmehr suchen Waaren wegzubringen. Sollen nun Waaren transporti ret werden, so muß man auch Gelegenheit ma- chen, wodurch es geschehen kan. Die Waaren aber koͤnnen entweder zu Wasser oder zu Lande transporti ret werden. Soll es zu Wasser geschehen, so muß sufficiens copia navium da seyn, daher ist es ein gros- ser Reichthum in Holland und Engelaud, daß sie so viele tausend Schiffe haben; In Holland sind auch die Schiffer so reich, daß sie ihren Toͤch- tern mehr mitgeben, als mancher vornehmer Mann in Teutschland. So aber der transport zu Lande geschiehet, da muß eine sufficiens copia von Wagen da seyn. In Teutschland kan man nicht alles zu Schiffe fortbringen, da muß man viel Wagens haben. Die Hollaͤnder sagen auch, sie wollten den Handel von Teutschland mehrentheils haben, wenn sie die Leute, so mit Wagen fuͤhren, koͤnnten accommodi ren. Es mag Cap. V. De prudentia mag nun zu Wasser oder zu Lande geschehen, so brauchet man Leute, welche packen; daher hat man Ballenbinder, welche in der Geschwin- digkeit alles koͤnnen zusammen binden, und bringen es auch dahin, wo es aufgeladen wird. In Nuͤrnberg hat man auch eigene Leute, so man Bestatter, Besteller nennet, die muͤssen die Fracht abtragen, und ande- re besorgen: Kommt Wein an, so sind verflichtete Leute da, welche den- selben abladen, damit kein Schade geschehe. Man muß auch an einem commerci renden Orte richtige Ellen, Maaß und Gewicht haben. Das commercium ist zwar indigenorum \& exterorum, aber man muß doch allezeit darauf sehen, daß unsre Einwohner von jenen mehr gewinnen, als sie von uns bekommen. Daher, ob zwar die Engelaͤnder viel gewin- nen in Ansehung anderer natio nen, so verlieren sie doch ratione Franck- reich vieles. Deßwegen haben sie auch auf allerhand Anschlaͤge ge- dacht, den profit der Frantzosen zu verringern. Dicis: So werden die Frantzosen nicht mehr mit den Engelaͤndern handeln wollen? Respond. Wenn die Frantzmaͤnner nur drey Millionen gewinnen, so werden sie doch das negotium mit Engeland nicht einstellen. Die Engelaͤnder haben 1) gesetzt, daß nur eine eintzige Stadt in Engeland soll koͤnnen mit denen Frantzosen handeln, wenn die Frantzosen wollen ihre Waaren nach Engeland verhandeln. Hergegen alle Englische Staͤdte koͤnnen mit denen Frantzosen handeln, wenn sie Englische Waaren haben wol- len, 2) lassen sie keinen Frantzosen auf die Englische Maͤrckte und Mes- sen. Denn wenn die Frantzosen ihre Waaren hinbringen, so geben sie dieselben lieber wohlfeil, ehe sie selbige wieder mit nach Hause nehmen, und koͤnnen die Engelaͤnder nichts verkauffen, deßwegen ist es verbothen. Will einer ja Frantzoͤsische Waaren haben, so muß er sie aus der an- dern Hand kauffen. 3) Die Engelaͤnder lassen kein Geld aus dem Lan- de, sondern alles muß durch Wechsel bezahlet werden. 4) Incommodi - ren sie auch die Frantzosen mit Befrachtung der Schiffe, daß sie ihre Waaren in Englischen Schiffen muͤssen wieder nach Hause bringen, und ihre Schiffe muͤssen leer gehen. Sie scheren die Frantzosen entsetzlich, welche deßwegen doch nicht wegbleiben. Ja sie haben wollen das com- mercium mit Engeland offen lassen, wenn gleich sollte Krieg seyn. Vor diesem haben die Frantzosen von denen Engelaͤndern uͤber acht Millio- nen profiti ret, aber jetzo hat es sehr abgenommen. Die Engelaͤnder nehmen viel Papier von ihnen, item viel Glaß. Sie bekommen auch viele Farben von denen Frantzosen, welche die Engelaͤnder nicht missen koͤnnen in ihren Manufactu ren. Vor diesem haben sie auch ein Hauf- fen Pulver von denen Frantzosen genommen. Der Engelaͤnder ist ein eigener circa commercia \& rem monetariam. eigener Mensch, er hat selbst schoͤne Manufactu ren, hat aber doch grosse Lust zu denen Frantzoͤsischen Sachen. Wie die Koͤnigin Anna einen schoͤnen Stoff von dem Koͤnig von Franckreich geschenckt bekommen, und sich ein Kleid davon machen lassen, so wollten hernach alle vorneh- me Dames auch solche tragen. Es war eine sottise von der Koͤnigin Anna, daß sie sich ein Kleid davon machen lassen. Sie haͤtte es sollen mit Danck annehmen, aber nachgehends etwa einem Cammer-Maͤd- gen schencken: denn derer Frantzosen intention war nur die Engelaͤnder dadurch zu inflammi ren. In Schweden sind auch fremde Kaufleute dahin kommen, welche sich da niedergelassen, ein grosses Geld gewon- nen, mit welchem sie hernach in ihr Vaterland wieder zuruͤck gekehret. Das wollen sie aber jetzo nicht mehr leiden. Es ist kein commercium fructuosum, wo man nicht eine balance ziehet und betrachtet, was die andern von uns gewonnen. Weil die Hollaͤnder viel von denen Fran- tzosen gewonnen; so haben sie auch darauf gedacht, wie sie den profit moͤchten verringern, aber sie haben die impost en so groß gemacht, daß sich die Hollaͤnder weggewehnet. Huetius sagt: Es waͤre gut, wenn die Frantzosen den tarif genommen, welcher anno 1664. gewesen, wor- auf auch die Hollaͤnder im vorigen Friedens-Schluß gedrungen, aber der Koͤnig in Franckreich hat es nicht wollen eingehen, weil die Hollaͤn- der zu viel profiti rten. Daher nehmen die Hollaͤnder lieber Englische Waaren, und in Engeland sind sie gescheut, daß sie auf die Waaren, so ausgefuͤhret werden, nicht viel legen. Die Hollaͤnder machen auch jetzo viel Waaren selbst, denn wie die Verfolgungen in Franckreich wi- der die Reformirten vorgegangen, sind viele Handwercks-Leute nach Holland gekommen. Wo ein commercium seyn soll, da muß Sicher- heit seyn, sonderlich ratione der Soldaten. Wie die Soldaten Antwer- pen gepluͤndert, liefen alle Kauffleute davon. Dieses ist aber leicht zu befuͤrchten, wo viel Soldaten sind, wenn diese einmahl ihren Sold nicht richtig bekommen, so pluͤndern sie, es muß ein Ort da seyn, wo man sein Geld kan sicher hinlegen, daher ist die banco in Amsterdam vortreflich, in welche so wohl Einheimische als Fremde ihr Geld legen koͤnnen, und wenn sie jemanden was zahlen wollen, haben sie nicht erst grosse Muͤhe, es ihnen zu zahlen, sondern sie lassen sichs nur abschreiben, und dem an- dern zuschreiben, da hat man keine Sorge, daß das Geld gestohlen wird. Hergegen, wenn bey uns einer nur tausend Thaler hat, ist er sei- nes Lebens nicht sicher, sondern muß immer gewaͤrtig seyn, daß es ihn gestohlen wird, oder man denckt sonst auf Mittel ihm solches zu entzie- hen. Wenn man von dem commercio will gute Vorschlaͤge thun, T t darff Cap. V. De prudentia darff man nur die Republic Holland betrachten, und dieselbe imiti ren. Venedig war vor diesem am besten, aber Holland ist noch bequemer zum Handel und Wandel. Schnelle justiz wird vornemlich auch er- fordert, wovon Jean de VVitt in einem eigenen capite abgehandelt und gezeiget, was in der Juristerey muͤsse corrigi ret werden. Es ist gedacht worden, daß abundantia mercium da seyn muß, da entstehet die Frage, wo ich sie her bekomme? Respond. Da muß man darauf dencken, was in der Welt zu bekommen ist, und muͤssen junge Leute gleich studi ren, was in einem jeden Lande zu finden. Hievon hat man Gelegenheit et- was beyzubringen, wenn von denen Reichen der Welt gehandelt wird, alsdenn wird durch die gantze Welt Geographia Cameralis beygebracht. Wenn wir nun in einem Lande was finden, so muͤssen wir auch sehen, wie es bequem zu uns kan gebracht werden. Da haben die Hollaͤnder einen artigen modum, welche monopolia aufrichten mit Voͤlckern, daß dieselben ihre Sachen niemand anders als denen Hollaͤndern wollten zu- kommen lassen. Vor diesem haben die Engelaͤnder allein nach Moscau gehandelt. Sie haben auch einen Tractat mit Moscau geschlossen, daß sie mit niemanden weiter handeln sollten, als mit denen Engelaͤndern, und wollten sie ihnen alles schaffen. Hernach aber sind die Engelaͤn- der faciles gewesen, und haben denen Moscowitern die Hollaͤnder re- commendi ret, da sind sie ruini ret worden. Der Hollaͤnder menagi rt, bedient sich der commodité nicht, so er geniessen koͤnnte, ist mit legumi- nibus, mit Huͤlsen, Bohnen, zufrieden. Hergegen, wo ein Koͤnig ist, da ist ein grosser luxus. Die Engelaͤnder tragen gern propre Kleider, schoͤne Waͤsche, rauchen gerne ein Pfeiffgen Taback, daher koͤnnen die Hollaͤnder alles wohlfeiler geben, dadurch sind die Engelaͤnder ruini ret worden. Die Engelaͤnder haben auch sonst nach der levante mit denen Tuͤrcken allein gehandelt; Wie aber die Hollaͤnder etliche Schlachten gewonnen, so wurden sie auch da von denen Engelaͤndern recommendi - ret, und haben hiedurch die Hollaͤnder rechte Gelegenheit bekommen sich zu aggrandi ren. Die Engelaͤnder haben auch Willens gehabt, die Spa- nier aus denen Landen, wo sie ihr Geld herbekommen, zu delogi ren. Die Elisabeth hat Virginien wegbekommen, und wollte sie alles, was denen Spaniern in America gehoͤret, wegnehmen; So bald aber Phi- lippus II. dieses gemercket, hat er alles lassen fortifici ren, damit sind die Engelaͤnder blind kommen. Cromwell hat es nachgehends wieder wol- len thun, aber nichts ausgerichtet. Ich habe eine piece lassen drucken, welche auch nachgehends in die Europaͤische Fama mit eingedruckt wor- den, worinnen ich gewiesen, warum die Spanier in America unuͤber- windlich, circa commercia \& rem monetariam. windlich, da die Hollaͤnder einmahl nach Ost-Indien kommen, haben sie sich das monopolium fast bey allen kleinen Koͤnigen zuwege gebracht. Sie haben das monopolium mit allen Nelcken, mit allen Zimmt. Wo eine Republic ist, da sie keinen Tractat ratione monopolii gemacht, und es sind Zimmt-Baͤume da, so ruini ren sie dieselben alle. Sie haben auch das Pfeffer- monopolium. Die Hollaͤnder sind eben nicht zum besten, und uͤben offt eben dergleichen Grausamkeit aus, als wie die Spanier, daher kan es wohl einmahl kommen, daß eine andere nation sich besser insinui ret, und die Hollaͤnder herunter bringet. Die Japane- ser und Chineser lassen bis diese Stunde keinen Hollaͤnder in ihr Land, weil sie gesehen, daß, wo dieselben hinkommen, sie gesuchet die Inwoh- ner zu subjugi ren. Indeß aber sage ich allezeit, wer sich auf diese Art kan ein monopolium zuwege bringen, thut wohl. Engeland hat auch gesucht, das monopolium mit Moscau zu recuperi ren, und wie der Czaar zu Zeiten des Koͤnig VVilliams in Engeland gewesen, hat man ihn wohl tracti ret, und ihn dahin zu disponi ren gesucht, es ist auch in Ansehung des commercii ein- und anderes geordnet worden, aber das monopolium haben sie nicht erhalten. Denn es ist nicht gut vor ein Land, wo ein anderer das monopolium hat; Besser ist es, wenn sie ihre Waaren selbst verfahren, und sich andere herbey hohlen. Die artefacta koͤnnen sonderlich einen Staat in die Hoͤhe bringen; artefacta werden hier ge- nennet, welche nicht die Natur hervor bringet, was keine rohe Waa- ren sind. Nunmehro ist die Zeit nicht mehr da, da ein jeder vor sich dasjenige machen kan, was er nothwendig brauchet, sondern es muͤssen allerhand Leute da seyn, bey einer so infinita hominum multitudine, da einer dem andern succurri rt, und wird ein grosser profit in der Welt per artefacta gemacht. Wenn man die simplices mores der ersten Men- schen ansiehet, so hat man da nicht viel gekaufft und verkauffet, oder ver- tauschet, welches man in der Bibel lesen kan. Ich habe auch etwas davon gedacht in einer Dissertation in Gundlingianis Part. 31. Die Leute machten ihre Kleider selbsten, und die Weiber haben dasjenige, was sie noͤthig gehabt, selbst gewebet. Das siehet man auch bey der republica judaica. Im Anfange war es gantz simple bey ihnen, aber ex post facto haben sie auch angefangen Farben-Kleider zu tragen, welches Jo. Braunius Ein Professor Theolog. zu Groͤningen, ein Teutscher von Gebuhrt, in dessen Buche man viel curieus e Sachen findet, auch Sachen, so den etat von Hol- land concerni ren. de vestitu Hebræorum vortrefflich gewiesen. Jetzo kan man die Menschen nicht mehr so binden, wie sie sonst gewesen. T t 2 Die Cap. V. De prudentia Die Menschen suchen necessaria, utilia, commoda, und wird derjenige, so etwas zu der commodité der Menschen erfindet, gewiß reussi ren. Wenige sind, welche mit necessariis zufrieden, pauperes necessaria quæ- runt, quærunt ex necessitate, weil sie nichts mehr haben koͤnnen. Ein Volck, welches laborem industriam, ingenium hat, gewinnet mehr als andere nationes. Ja, die Manufactu ren, weil sie nicht so theuer sind, fuͤhren das commercium hinter sich, und ist das commercium fructuo- sissimum. Wo die Manufactu ren, bekommt man entweder andere Waaren oder baar Geld. Diejenigen, so keine Manufactu ren haben, wie die Spanier, sind verarmet. Savedra, ein Spanier, welcher Ge- sandter auf den Frieden zu Muͤnster gewesen, sagt selbst in seinem Sym- bolis, es helffe denen Spaniern ihr Gold, Silber, Edelgesteine nichts, weil sie guten Theils von artefactis destitui rt waͤren. In denen Lettres des Mazarini findet man, daß, als der Friede zu Chantillus geschlossen worden, und man die Mariam Theresiam vor dem Koͤnig in Franckreich ausbedungen, so hat der Don Louis de Haro gesagt, der Koͤnig in Franck- reich sollte sie wohl bekommen, aber nicht so bald als er sie verlangte, weil in Spanien nicht so viel artifices, daß alles koͤnnte so bald verfer- tiget werden, was sie noͤthig haͤtten. Wenn man in Madrit fragt, was vor artifices da sind, so sind es Wallonen, i. e. Niederlaͤnder, welche die meisten Sachen machen. Die Spanier arbeiten nicht gerne auf dem Felde, auch nicht gerne mit der Hand, sondern wollen immer raisonni ren, sie sind faul, und ihre Faulheit verursachet, daß sie alles von andern Leuten muͤssen kauffen, deßwegen hilfft ihnen ihr Reich- thum nichts. Das kan man hieraus sehen. Es ist wohl kein Volck in Europa, welches nicht Huͤte und Kleider braucht, sie muͤssen Waͤsche haben, und die Spanier sonderlich, welche sich alle Tage weiß anziehen; das kostet ihnen viel Geld, welches sie aber alle aus fremder Hand muͤssen kaufen, und bleibt ihnen nichts uͤbrig von al- len ihrem Gold und Silber; dieses ist eben die Ursache, warum man sagt, daß Holland und Engeland gerne saͤhen, wenn keine manufactur en in Spanien angelegt werden, und die Spanier in ihren alten præjudiciis bleiben, damit sie immer ihren profit haben koͤnnen. Man hat obser- vi ret, daß, wenn die Spanier den Genie von Franckreich annaͤhmen und selbst manufactur en anlegten, wuͤrde den Hollaͤndern und Enge- laͤndern grosser Tort geschehen. Der Don Philipp hatte es auch Wil- lens, brachte es aber mal à propos an, weil er dadurch effectui ret, daß die Hollaͤnder und Engelaͤnder mehr das Successions -Recht vom Kayser poussi rt, indem sie von denen Oesterreichern persuadi rt, daß selbige nicht leicht circa commercia \& rem monetariam. leicht etwas aͤndern werden. In denen remarques sur la succession du Duc d’ Anjou, welche in Engeland heraus kommen, hat man ausgerech- net, daß die Hollaͤnder und Engelaͤnder uͤber 14. Millionen von denen Spaniern profiti rten, absonderlich seit der Zeit, da die Spanier die Italiaͤnischen manufactur en abandoni ret. Obgleich die Spanier guten Stahl haben, so verkauffen sie doch denselben und haben kein gut Mes- ser; sie haben die schoͤnste Wolle, nicht allein in Spanien, sondern auch in America, und haben nur zwey manufactur en in Spanien. In Ame- rica haben sie eine eintzige manufactur zu Peru. Die Tuͤcher aber, welche sie machen, sind schlecht. Alles muͤssen sie von andern nehmen. Boccalini in seinem politischen Probier-Stein sagt: Die Spanier waͤren wie die Esel, sie fuͤhreten das Gold und Silber herbey, behielten aber nichts uͤbrig, als excrementa, Lumpen. Die Lumpen koͤnten sie noch brau- chen zu Pappier, aber sie haben wenig Pappier, und bekommen das meiste aus Franckreich. Es ist also ohnmoͤglich, daß denen Spaniern kan was uͤbrig bleiben. Sie leben in perpetua paupertate, wollen doch propre hergehen, welches freylich ein Herr nach dem jetzigen Zustande seinen Unterthanen nicht abgewoͤhnen kan, aber er muß doch darauf be- dacht seyn, daß sie dergleichen Sachen selbst fabrici ren, damit das Geld im Lande bleibe. Man siehet, daß durch die manufactur en nicht allein das Geld im Lande behalten wird, sondern es wird auch noch mehr Geld herbey gebracht. Denen Hollaͤndern tragen die manufa- ctur en mehr ein, als alle ihre aromata, denn es ist fast keine manufactur, so Holland nicht hat. Die Frantzosen sind geschickt im Erfinden, die Hollaͤnder aber machen gleich alles nach und viel besser. Cæsar hat schon die Belgas beschrieben, daß sie koͤnten alles imiti ren, und eine grosse inclination zu manufactur en haͤtten. Sie haben eine constantiam. Viele leben da von der præparation des Alauns, von der Zurichtung der Farben, des Wachses, sie kauffen Garn von uns albernen Teut- schen, und machen Leinwand daraus, sie machen auch Spitzen, aber wegen der grossen impost en haben sie es nicht koͤnnen so hoch treiben, als die in denen Oesterreichischen Niederlanden. Ihr Leinwand-Han- del traͤgt ihnen auch viel ein, und wuͤrde noch mehr eintragen, wenn nicht Colbert auch einen grossen Handel in Franckreich angeleget. Die Leinweber sind denen Hollaͤndern viel nuͤtzlicher als viel unnuͤtze Gelehrte. Ein grosser Herr muß also seine Leute encouragi ren, die artefacta zu er- heben. Man wird auch in Europa keine nation finden, si solos Polo- nos excipias, welche nicht hierauf gedacht. Die Schweden und Daͤnen haben daran gedacht, aber es nur nicht recht angefangen, davon hernach T t 3 etwas Cap. V. De prudentia etwas wird gedacht werden. Der Kayser hat auch in Oesterreich etwas anfangen wollen, aber die Noblesse und Pfaffen sind ihm zuwider ge- wesen. Bayern hat es auch angefangen, wie Jo. Joach. Becher in seiner Verbesserung Land und Leute gewiesen. Der Vortrag ist sensible, denn ich sage: Gesetzt, ihr habt drey, vier Millionen Landes-Capitalien, rechnet man es aber auch aus, wird alles weggeben und bleibet nichts uͤbrig im Lande. Ihr habt Materialien, und koͤnnet alles selbsten fa- brici ren, wenn ihr wollet. Man kan zeigen, daß, wenn ein Land in decadance gekommen, so haben sich die manufactur en changi ret. Ita- lien ist herunter. Sie haben in Italien die schoͤnsten manufactur en, aber die Wohlfeile machet, daß die Hollaͤnder, Engelaͤnder und Fran- tzosen ihre Sachen eher loß werden, sie sind in Italien pressi rt mit gros- sen impost en, daß sie es nicht wohlfeil geben koͤnnen. Florentz, Meyland und andere Staͤdte haben noch schoͤne manufactur en, aber sie sind theuer. In der Tuͤrckey wird noch alles von denen Venetianern gekaufft, und, obgleich die Frantzosen dem Sultan offt presente mit ihren Stoffen ge- than, so bleibt er doch bey denen Venetianern. Die Venetianer con- servi ren sich auch hiedurch noch, daß sie noch keine fremde Waaren nach Venedig lassen. In Neapolis findet man auch treffliche manufactur en, sonderlich von seidenen Zeugen. Der Urheber von allen guten Sachen in Franckreich ist Henricus IV. wie Perefix in seinem Leben angemercket. Henricus IV. sahe, daß die Frantzosen gerne reinlich giengen, das konte er ihnen nicht wehren, ließ also Frantzosen nach Italien gehen und ler- nen seidene Zeuge wuͤrcken; diese kamen zuruͤck, er ließ Seide kauffen, und fabrici rten die schoͤnen Zeuge. Der Frantzose ist ingenieux, potest facile aliquid addere, bald macht er grosse bald kleine Blumen hinein. Die stultitia aber ist eingerissen in der Welt, daß man sich gern nach Franckreich richtet, drum macht der Koͤnig in Franckreich auch einen grossen Staat, damit Fremde hinkommen, die suchen die Moden nach- zuthun, und gehen die Frantzoͤsische Waaren desto besser ab. Daher bleiben die Frantzosen doch, wenn gleich die Engelaͤnder und Hollaͤnder alles nachmachen: Denn wenn sie es nachmachen, so ist es schon in Franckreich alte Mode. Wie Henricus sahe, daß die Leute brav fabri- ci rten, so sagte er: die Seide waͤr zu theuer, wenn sie auch gleich aus Persien, Smirna und Italien geholet wuͤrde; daher hat er so raisoni - ret: In Savoyen haben sie Seiden-Wuͤrmer, in Spanien auch, das Clima in Murcia, Granada und Piemont trifft uͤberein mit dem in Lan- guedoc, also muß es auch in Languedoc angehen. Er hat lassen Maul- beer-Baͤume in Languedoc pflantzen, und es auch zuwege gebracht. Die circa commercia \& rem monetariam. Die Seide ist nun wohl nicht so gut als die andere, sie koͤnnen aber doch selbige zum Boden brauchen. Man hat hier die Memoires des Sully zu lesen, welcher ein grosser Financier zu Zeiten Henrici IV. gewe- sen. In denen vielen manufactur en bestehet die force von Franckreich und thun ihre ingenieus en Erfindungen viel hiebey. Bey andern Leuten sind die changements ein Fehler, aber bey ihnen nicht: denn alle natio- nes werden dadurch allici rt, und die aus Franckreich zuruͤck kommen, sehen viel commodité bey den Sachen, und lassen immer noch etwas heraus schicken. Mancher denckt, es sey kein Schuh commod er, als der in Paris gemacht. Manche lassen alle ihre Feder-Messer aus Franck- reich bringen. Nach Henrico IV. sind nun die manufactur en in einen weit bessern Zustand kommen, und hat man viele hundert andere dazu gethan, sonderlich zu Colberts Zeiten, der hat alles erhoͤhet. Franck- reich hat nur Eisen und Bley, aber kein Gold, Silber, Zinn, Kupffer, daher wuͤrde es schlecht zurechte kommen, wenn es nicht die manufactur en haͤtte. Schoͤne Fruͤchte haben sie, auch Glaß, welches aber alles nichts gegen die manufactur en. Man muß bestaͤndig darauf bedacht seyn, wie die manufactur en koͤnnen conservi ret und augi ret werden, darzu kan man allerhand Mittel gebrauchen. Subito koͤnnen freylich die manu- factur en nicht etabli ret werden. Es ist in antecedenti erinnert worden, was Henricus IV. vor Anstalten gemacht; Er hat 1) lassen die Leute Kuͤnste lernen, 2) hat er nach denen Materialien getrachtet, nicht nur dieselben aus andern Landen herbey zu holen, sondern auch in seinen ei- genen Landen zu haben. Am besten ist es, wenn man alle Materialien im Lande hat. Aber, wo es nicht seyn kan, muß man freylich bedacht seyn, dieselben wo anders herzuholen. Die Hollaͤnder haben keine Wolle, und machen doch die schoͤnsten Tuͤcher. Will man sie daran hin- dern, so muß man verbieten, daß ihnen keine Wolle zugefuͤhret wird. Die Engelaͤnder und Frantzosen geben ihnen auch keine mehr, aber die Spanier. Drum sind diese eben so sehr zu blami ren, daß sie so schoͤne Wolle in ih- rem Lande haben und dieselbe nicht verbrauchen. Es ist nicht genug, daß ich sage: ich will allerhand schoͤne Tuͤcher machen, ich muß auch sehen, wo ich die Wolle herbekomme. Wir Teutschen haben Wolle, und ver- kauffen dieselbe an die Hollaͤnder, welche solche mit der Spanischen Wolle meli ren, und schoͤne Tuͤcher daraus fabrici ren, das koͤnnten wir ja eben so wohl thun, wenn wir uns nur wollten recht applici ren. Die Sperrung der Wolle in denen Brandenburgischen Landen thut auch den Hollaͤndern viel Schaden, weil sonst viele Pommerische Wolle nach Holland kommen. Es ist nicht genug, das ich merces habe, die Leute muͤssen Cap. V. De prudentia muͤssen sie auch kauffen. Meine Unterthanen kan ich leicht zwingen, daß sie dieselben kauffen muͤssen, deßwegen aber bringe ich nicht zu we- ge, daß andere Leute sie kauffen. Dahero muß copia mercium talium, welche Fremde kauffen, die kuͤnstlich seyn, da seyn. Quær. Wie kriegt man Kuͤnstler ins Land. Respond. Man kan es machen wie Henricus IV. daß man Leute reisen laͤßt, welches sehr gut. Dicis: Man kan ja einen Mann kriegen, der so ein manufactur -Wesen an sich nimmt, wie es in Daͤnnemarck, Schweden, auch in hiesigen Landen geschehen? Re- spond. Das taugt alles nicht, wie Schroͤder in seiner Fuͤrstlichen Schatz- und Renth-Cammer gewiesen. Das ist gut, wenn man gewissen Leu- ten privilegia giebt, wie hier denen Frantzosen, und sagt, sie sollen fleis- sig arbeiten; Aber das ist nichts, wenn man es einem eintzigen uͤberge- ben will. Ein solcher ernaͤhret zwar viel Leute, ist er aber todt, so ist al- les aus; Denn da ist entweder niemand, der es wieder so verstehet, oder wenn es ja die Soͤhne wissen, er hat viel erworben, so suchen sie Grand- Seigneurs zu werden, und scheeren sich viel um die manufactu ren. Da- her ist kein besser Mittel, als daß man mehrere Leute encouragi ret, oder das tempo in acht nimmt. Wie der Hertzog von Alba in denen Nie- derlanden so viel verjagte, so giengen viele Tuch-Weber nach Engeland, da fanden sie materiali en genug, und liessen die Engelaͤnder keine Wolle mehr weggehen. Sie bekamen auch Seiden-Weber aus denen Nieder- landen. In Schweden haben sie sonst das Eisen alle weggeschicket, da giengen auch einige Schmiede aus denen Niederlanden nach Schweden. Wie die Reformirten aus Franckreich gehen muͤssen, haben viele profi- ti ret. Der Frantzoß ist aber ein Kerl, der unverdrossen, und handeln diejenigen, so in Erlangen sind, bis in die Schweitz, nach Boͤhmen, Schlesien; Vertreiben da ihre manufactu ren, und befinden sich admira- ble dabey. Man muß hernach auch die Leute erhalten, und sie nicht mit allzu grossen impost en belegen. Es sind contradictoria, wenn man will impost en anlegen/ und doch die manufactu ren behalten: Denn die Waa- ren muß ich gut lieffern, und wohlfeil. Wenn sie auch nicht gut seyn, sie koͤnnen aber wohlfeil gegeben werden, so gehen sie doch ab. Wer die Handwercks-Leute will behalten, muß sie ehren, ihnen privile- gia geben, wenn es auch gleich naͤrrische privilegia, so nichts importi ren. In Nuͤrnberg sind etliche Handwercker, so alle Jahr koͤnnen einen Um- zug halten, da hat der Kerl einen Mantel um, und einen Degen darun- ter, sie haben einen Tantz dabey, worzu sie die Vornehmsten inviti ren, da dencken die Kerl, sie haͤtten eine grosse avantage, und sey nirgends zu le- ben, als in Nuͤrnberg. Man kan auch die besten, reichsten, kluͤgsten, mit circa commercia \& rem monetariam. mit in Rath nehmen, wenn sie auch gleich nur Ja-Herren sind. Ver- achtet man sie aber, so will niemand gern ein Handwercks-Mann wer- den, daß man aber die Handwercks-Leute in Teutschland nicht regardi - ret, koͤmmt daher: Vor diesem haben die Teutschen nicht viel Handwer- cker gehabt, und die Nothwendigste haben muͤssen die Knechte verrich- ten, wie bey denen Roͤmern. Wenn man die Beschreibung des Clo- sters St. Gallen lieset, so findet man, daß daselbst ein kluger Abt gewe- sen, welcher seinen mancipiis lassen Handwercke lernen. Vor Knechten aber hat man keinen respect gehabt. In Staͤdten haben die nobiles ge- sehen, daß dieselben anfangen, durch Handwercker zu flori ren; Daher haben sie classes, Zuͤnffte fundi ret, ihnen gewisse leges gegeben, daß sie keinen unter sich duͤrffen leiden, der ein Boͤsewicht waͤre. Hiedurch wollten sie solche Leute, welche sonst keine Redlichkeit hatten, reputi rlich und erbar machen, sie blieben aber doch geringe Leute, und waren zinß- bar, schockbar. Hiervon kan man Nachricht finden beym Lehmanno in seiner Speyerischen Chronica. Weil man nun gesehen, was der Handwercks-Mann vor ein nuͤtzliches Thier, so hat man demselben an vielen Orten viele privilegia gegeben. Assumendi sunt exules, wie in Holland, da man alle Leute aufnimmt, welche nicht wegen einer Meu- terey fortgejaget werden. Wo ich einmahl gute manufactu ren angelegt habe, da muß ich machen, daß dieselben continui ret werden, und die Leu- te promt arbeiten. Mancher ist kuͤnstlich, kan aber nichts rechtes arbei- ten, weil er nichts hat. Die Handwercks-Leute haben mehrentheils ei- ne grosse Familie. Gesetzt nun, es soll einer sechs Stuͤck Tuͤcher ma- chen, er hat kein Geld, soll er Geld aufnehmen, so sind entsetzliche usuræ, da sagt Schrödter in seiner Fuͤrstlichen Schatz- und Renth-Cammer: Oesterreich koͤnne nicht aufkommen, denn 1) haͤtten die Pfaffen entsetz- liches Geld liegen, die paßten nur darauf, wenn ein fundus zu verkauf- fen, solchen wegzuschnappen. Und ob sie es gleich nicht thun duͤrffen, so erwarten sie doch eine gute Gelegenheit, den Kayser dahin zu disponi - ren; 2) Haͤtte der Adel entsetzliche Summen, welcher aber nicht woll- te sein Geld unter einen kleinen pro cent ausleihen, wie es in Holland ist. Er sagt, ich will eine banco machen, da der Herr etwa ein capital vorschiessen kan, und wenn der Handwercks-Mann was braucht, so kan man unter geringen usuris ihm Geld geben. So ists in Nuͤrnberg, wo- selbst man ein Leih-Hauß hat, wenn einer nur will etliche Stuͤcken Tuͤ- cher machen, so kan er daselbst Geld bekommen, nachgehends wenn das Tuch fertig ist, muß er solches dahin lieffern, da wirds verkaufft, und etwas weniges abgezogen, und der profit ihm zuruͤck gegeben, dadurch U u wird Cap. V. De prudentia wird copia mercium. Die Waaren muͤssen gut gelieffert werden, sonst nimmt der andere nichts wieder von mir. Daher kan kein Englisch Tuch aus Holland gefuͤhret werden. Zu manufactu ren gehoͤren auch viel Leute, daher gehts freylich nicht anfangs so von statten, als nach einiger Zeit. Wenn manufactu ren etabli ret sind, so muß man ein Re- gister halten, damit man sehen koͤnne, was mangelt, und wie dieselben koͤnnen verbessert werden, wie dieses muß angerichtet werden, hat Law weitlaͤufftig gewiesen. Vom Gelde und Muͤntz- Wesen. §. 17-25. Unser Autor hat diese Lehre in drey Theile getheilet, und zeiget 1) quomodo res nummaria sit constituenda, 2) quomodo sit conservanda, 3) quomodo sit emendanda. Ohne Geld, sine pretio emi- nente kan man jetzt nicht seyn. Man nennet es pretium eminens, quia nummus omnia dimetitur. Daß man ohne Geld nicht seyn kan, hat Coppurn de re monetaria in Englischer Sprache gewiesen. Ray hat in seinem tract. de l’existence de Dieu einen extract daraus gemacht. Denn Ray rechnet den nummum mit unter, die arcana providentiæ divinæ, und sagt: Es waͤren chimæri sche Gedancken, wenn man meynte nos posse carere pretio eminente. Hiervon kan man auch was finden in des Con- rings Dissertation de commerciis marilimis. In tanta hominum multitu- dine, cum tot sint gentes, tot civitates, da unser commercium auf dem Gelde beruhet, koͤnnen wir solches nicht entbehren. Der Jurist, Pau- lus, hat die Sache wohl gefasset, und gesagt: Da die Leute noch simple waren, ein jeder sich noch in tentoriis souteni ret, oder in societatibus par- vis lebten, so konnten sie dasjenige tauschen, was sie noͤthig hatten. Aber da nun grosse civitates entstanden, und offt geschehen kan, daß du Waaren hast, welche mir anstehen, meine Waaren aber stehen dir nicht an, so habe man muͤssen auf ein pretium eminens dencken. Es gehet nicht allezeit an, daß ich vor meine Waaren, vor meine inventa ingenii kan andere Waaren nehmen. Ein Bauer kan wohl vor das Seinige bekommen, was er haben will, denn ein jeder braucht Korn, Vieh, Eyer ꝛc. aber wir koͤnnen nicht alle als Bauren leben, und uns vom Ackerbau naͤhren. Die Gelehrten muͤsten Hungers sterben, wenn kein Geld da waͤre. Denn wenn gleich einer alle disciplin en der Weisheit inne haͤt- te, er kaͤme zum Becker, verlangte Brodt von demselben, und wollte ihm ein collegium davor lesen, so wuͤrde der Becker ihm nichts geben. Da nun also so viele Menschen in der Welt sind, so siehet man, daß der nummus ratione des commercii und der menschlichen subsistence unent- behrlich, und noch unentbehrlicher im commercio, welches auswaͤrts ge- het. Es sind zwar einige auf die Gedancken kommen, worunter auch der circa commercia \& rem monetariam. der fameuse Law in seinem tract. Consideration sur le commerce \& sur l’argent, man koͤnnte das Geld im commercio missen, und nur mit billets handeln. Lock hat schon eine dissertation de nummo in Englischer Spra- che geschrieben, woraus Law vieles genommen, aber auch etwas dazu gethan, und ihn refuti rt. Dieser Law ist aus Engeland buͤrtig, ein Goldschmids Sohn, homo omnium temporum; Er accommodi rt sich nach einer jeden Religion, er hat keine Frau, sondern nur eine Maitresse, mit welcher er etliche Kinder gezeugt. Sein project hat er schon 1703. in Engeland dem Parlament uͤbergeben, welches auch darauf reflecti rt, aber wie er den fameus en Wildson erstochen, muste er sich retiri ren, darauf gieng er nach Holland, und wollte denen Hollaͤndern ei- nen Weg zeigen, wie sie aus allen ihren Schulden loßkommen koͤnnten. Wie aber die Hollaͤnder ihn nicht hoͤren wollten, gieng er nach Franckreich, da- selbst fand er den Regenten, welcher sein project approbi rte, weil er gerne wollte Geld machen. Wie es in Franckreich nicht mehr gehen wollte, gieng er nach Venedig, suchte an, ein nobili di Venetia zu werden. Die Venetia- ner aber wollten ihn nicht hoͤren. Er waͤre gern nach Rom gegangen, aber er trauete nicht, weil man ihn alsdenn im Verdacht haben moͤchte, als hien- ge er dem Prætendent en an, und er wollte doch gerne pardon haben, um wieder nach Engeland zu kommen. Daher gieng er nach Daͤnnemarck, wo- selbst man ihn grosse caress en gemacht, und vermeynet, er solle sein Geld dahin ziehen. In Engeland aber bekam er pardon, daher gieng er nach Hause. Unterdessen hat er doch in der Welt ein grosses Aufsehen gemacht, und findet man auch in seinem tractat viele gute Sachen. Er sahe, daß man mit Wechseln gut reussi rte, also meynte er mit denen billets muͤsse es auch so gehen, und sagte: Im Handel und Wandel brauche man kein Geld, sondern das publicum muͤsse solches haben, das ist eben die intention beym acti en-Handel ge- wesen. Branchu, ein Frantzoß, der sich aber in Holland aufhaͤlt, ein guter Freund von dem Bynckershoeck hat observat. ad Ius Rom. geschrie- ben, und hat in Decade 2. einen discursum politicum, von dem Law mit einfliessen lassen, daselbst sagt er, der Law haͤtte gleich daraus sehen koͤn- nen, daß es impracticable mit Zetteln im commercio fortzukommen, weil er auf viele fourberi en dencken muͤssen, daß die Leute das Geld von sich gegeben, denn da hat er denen Leuten viel weiß gemacht, von einem fremden Lande, und haben sich die Frantzosen sehr prostitui ret, daß sie sich so betruͤgen lassen; Es hat freylich mancher profit dabey gemachet, und wenn niemand kauffen wollen, hat er selbst vor etliche Millionen ge- kaufft, damit er die Leute encouragi rt. Die Leute aber wollten das Geld nicht gerne weggeben; Wenn einer gleich eine Million an Zetteln hat, so ist er doch in Furcht, daß ein Herr kommt, der alles uͤber den Hauf- fen wirfft, wie es denn auch in Franckreich geschehen, und ist mancher U u 2 zum Cap. V. De prudentia zum armen Mann worden. Das Geld ist was reeles, ich sehe was vor mir, und kan alles davor haben. Koͤnnte ein jeder Geld machen, so wuͤrde alsdenn der groͤßte Reichthum nur in fundis nicht mehr in Gel- de bestehen. Man kan auch Papier leicht machen; Daher auch bey dem acti en-Handel viele tausend billets nachgemachet worden. Ja, wenn einer gewust, daß der andere, so ein billet bey sich gehabt, hat er ihn suchen zu attaqui ren, und solches zu nehmen, wer es aufgewiesen, der hat die Zahlung bekommen. Wenn auch der Papier-Handel angienge, so gehet er doch nur im Lande, die Leute haben kein baar Geld mehr, und koͤnnen kein negotium auswaͤrts treiben. Wer ist wohl, der da meynet, er sey reich, wenn er Papier hat? Der Souverain suchet Geld, und laͤßt sich nicht mit Papier abweisen, wie sollen es andere thun? Law hat sich eine despoti sche Regierung, wie im Reiche des grossen Mo- guls ist, in dem Kopff gesetzet. Er sagt, wenn der Koͤnig das Geld haͤt- te, koͤnnte er Waaren kauffen, und solche denen Unterthanen vor billets uͤberlassen. Er koͤnnte unterdessen solche Waaren nur nehmen, welche einen luxum verursachten. Nun hat wohl solches eine speciem; aber quid? Wenn in Franckreich ein uͤbler Zustand ist, sie werden geschlagen, oder kommt der Feind ins Land, ich will aus dem Lande wegziehen, da kan ich vor meine billets an andern Orten nichts bekommen. Wenn auch gleich die billets eingefuͤhret worden, so giebt mir doch der Kauff- mann nicht gerne Waaren davor, weil er das risco uͤber sich nehmen, und gewaͤrtig seyn muß, daß sie wieder uͤber den Hauffen geworffen wer- den. In Franckreich haben sie selbst nicht wohl mit denen Zetteln koͤn- nen zurecht kommen. Denn wenn ein billet nachgemachet worden, haben sie eine gewisse marque gehabt, woran sie solches erkannt, und hat er nichts davor bekommen. Keine andere intention ist also dabey gewesen, als daß die Leute sollten Sclaven werden, und das publicum alles haben, damit die Leute nicht im Stande waͤren, etwas zu thun, und nur das publicum durch sie negotii ren koͤnne. Branchu sagt gar wohl, wo im commercio keine libertas, da wird man nicht allein keinen Reichthum zu wege bringen, sondern vielmehr verursachen, daß die Leute ihr Geld vergraben, welches auch in Franckreich geschehen, und sind viele Millionen vergraben worden. Es ist bald gesagt: Man koͤnne mit Zetteln handeln, aber jam applica. Der Law ist auch auf die letzte nichts worden, weil man gesehen, es gehe nicht an, und muͤssen lauter fourberi en dabey gebraucht werden. Die Suͤder- compagnie in Enge- land fieng denen Frantzosen zum tort eben dergleichen acti en-Handel an. Denn wie der Koͤnig in Engeland sahe, daß viele Engelaͤnder nach Franck- circa commercia \& rem monetariam. Franckreich lieffen, und daselbst theils gewannen, theils verspielt, so dachte er solchen dadurch vorzukommen. Es lieff aber auch in Enge- land nicht sonderlich ab; Aber es sind nicht solche fourberi en in Enge- land vorgegangen, wie in Franckreich. Branchu sagt auch noch, der Koͤnig in Franckreich wolle der Reichste seyn, alle sollten Bedienten vom publico seyn, das publicum solle alles disponi ren und damit der Koͤnig nichts zu thun habe, sollten es die compagni en verrichten. Aber man muͤsse doch den Reichthum in Ansehung anderer consideri ren. In An- sehung der Holl- und Engelaͤnder. Law wollte zwar die Engelaͤnder auch hinuͤber ziehen, aber man kam ihnen zuvor. Es hat ein Teutscher, der jetzo in Bayreuthischen Diensten, de la Richesse, drey Theile in Fran- tzoͤsischer Sprache edi ret, worinnen er auch von dem acti en-Handel ein raisonnement mit einfliessen lassen. Der Herr determini rt den num- mum, aber nicht pro arbitrio irrationabili. Nummus omnia dimetitur, und wir brauchen solchen nicht allein, sondern auch andere. lanus Bou- sa hat observi rt, daß man in Africa conchas, Muscheln statt der Muͤn- tze gebraucht. Daher haben sich die Hollaͤnder bemuͤhet, schoͤne Mu- scheln zu bekommen, und selbige dahin gebracht, davor sie Gold und Silber bekommen. In Siam æstimi rt man auch die conchas hoch. In America hat man statt der Muͤntze Cocos gebraucht. Wir brau- chen aber nicht die Barbarn anzusehen, sondern uns. Wir haben kein Gold und Silber in abundantia, ein jeder sucht das aurum und argen- tum. Warum man aber diese materie erwehlet, habe ich gewiesen in der dissertat. in Gundling. von Gold und Silber. Branchu meynt, man koͤnne keine raison geben, warum man es brauche. Allein es gehet gar wohl an, die caussa proxima ist, weil es rar. Dieses ist aber die caussa nicht allein. Eine Lauß aus Nova Zembla, ein Ziegenbock aus Mesopo- tamien sind auch etwas rares. Warum die Leute auf das rarum gefal- len, wird im lure Nat. gewiesen. Da nun ein Princeps siehet: Num- mus omnia dimetitur, so ist absurd, ut aliud eligat. Bey denen civibus hat es nichts zu bedeuten, ob ich da kein Gold und Silber, oder nur et- was weniges bey der Muͤntze habe, wie bey der Land-Muͤntze zu gesche- hen pfleget. Doch ist auch bey der Land Muͤntze grosse Behutsamkeit zu gebrauchen, der Herr hat freylich profit davon, denn er bringet solche unter die Leute, und diese geben sie weiter aus. Aber, wenn man mehr Land-Muͤntze machet, als der circulus erfordert, so ist lauter Schade da; Denn 1) sind die Land-Muͤntzen bald nachgemacht, weil es Kupffer ist. Entscheide mir doch einen Sechser, der in des Koͤniges Muͤntze gemacht, von einem, welcher nachgemachet ist. An einem gewissen Hofe ist auch U u 3 ein Cap. V. De prudentia ein greulicher Fehler vorgegangen, da man einem Juden erlaubt, vor dreyßig tausend Thaler Sechser zu muͤntzen, welcher wohl vor zwey mahl hundert tausend Thaler gemacht. Hernach hat man es nicht mehr ge- than, weil so viel Sechser ins Land kommen; 2) Bey fremden natio- nibus kan man dieses Geld nicht gebrauchen, und wenns auch genommen worden, wir haben auch pretieuse Waaren, die sie von uns kauffen, die be- zahlen sie alle mit solchem Gelde. Will man hernach in fremden Landon etwas kauffen, so nimmt kein Mensch solch Geld. Schrödter in seiner Schatz- und Renth-Cammer hat artige remarqu en hievon; Es sollte zwar das Ansehen gewinnen, daß man auch eine andere materie zur Muͤntze gebrauchen koͤnnte, als wie man in Schweden die Kupffer-Muͤn- tzen, zumahl die Schweden kein Gold und Silber haben, und einem nach proportion so viel an Kupffer geben, als man sonst Silber bekoͤmmt. Es hat aber Caspar Ziegler de juribus majest. (darinnen ratione der Muͤntz-Sorten admirable Sachen anzutreffen) von denen Schwedischen Kupffer-Muͤntzen gewiesen, daß die Schweden lauter Schaden haben, denn wenn sie auch mit ihrem Kupffer koͤnnten, e. g. sechs Groschen ab- messen, so muͤssen sie doch solches erst lassen præpari ren und muͤntzen. Was meynest du wohl, was es vor eine incommodité tausend Thaler an Kupffer zu bezahlen, das kan ich nicht auf dem Boden haben, sondern in dem Keller, damit es mir keinem Schaden thue, wer soll es dir nun hinschaffen in dein Hauß? Wie viel muß ich nicht Wagen haben zu tausend Thaler. Wer soll die Kosten tragen? Es kostet wohl zwantzig Thaler, wenn ich dir so viel in dein Hauß lieffern soll. Wenn auch nun solche Muͤntze im Lande kan gebraucht werden, wo kan man sie brauchen ausser Landes? Sage ich, ich will ihm statt des Silbers Kupffer geben, so brauche ich es nicht erst zu muͤntzen. Solchemnach ist der Schweden Anschlag nicht gar sonderlich. Machet man die Muͤntzen kleine, so kan man sie wohl im Lande brauchen, aber nicht zum commercio. Also muß man vielmehr bey den erwehlten metallis, Silber und Golde bleiben. Quær. Wie soll ich muͤntzen, fein Silber, oder soll ich einen Zusatz Schroot geben, welches ist besser? Viele Leute dencken, je feiner Silber, je feiner ist das Geld, und bisweilen ist es auch gut, wenn man feine Muͤntze hat. Die Florentiner haben den gantzen Africanischen Handel an sich gezo- gen, weil sie schoͤne Muͤntzen gehabt; sie bekamen ein privilegium, daß niemand in Africa sollte was zu kauffen bekommen, als sie. Von ih- nen koͤmmt auch das Wort Florenus. Das ist aber ein particulare, ein singulare, a singulari ad universale kan man nicht schliessen. Wenn die Florentiner sonst keine avantage gehabt haͤtten, wuͤrden sie lauter Scha- den circa commercia \& rem monetariam. den von ihrer Muͤntze gehabt haben. Das feine Silber hat grosse in- commoda, sonderlich zu unsern Zeiten, da man viel Gold und Silber verarbeitet. Es ist kein argentum in der Welt, welches keinen Zusatz hat, entweder aus der Erden, oder daß du was dazu thust. Die Gold- schmiede thun dasjenige weg, was von Natur dabey ist. Die Augspur- ger arbeiten es sechzehen Loͤthig, und hat man es nicht hoͤher treiben koͤn- nen, daher haben schon die Roͤmer geglaubet: Es sey niemahls argen- tum purum in der Welt. Es ist nicht gut, wenn der Herr Geld muͤn- tzet von feinem Silber, weil es leicht kan eingeschmoltzen werden; Her- gegen, wenn ein grosser Zusatz dabey ist, so kostet es Kunst, solches wie- der zu separi ren, und eben, wenn es mit grosser Muͤhe und Arbeit muß separi ret werden, so bleibet solches unter den Leuten. Das Luͤneburgi- sche Geld vergehet, und wird in Silber- manufactu ren gebrauchet. Georg Richter, welcher Pro-Cancellarius auf der Universit aͤt Altdorff ge- wesen, hat in einer oration gewiesen, daß viele Millionen durch die ma- nufactur weggehen. In Holland nehmen sie das feine Silber auch ger- ne, weil sie viele fabriqu en haben, und es einschmeltzen. Semper vero interest, daß das Geld nicht eingeschmoltzen werde. Je mehr Geld da ist, je mehr ist Verkehr. Es ist kein groͤsser Ungluͤck, als wenn ein gros- ser Herr erlaubt, daß die Unterthanen viel Silber-Geschirr haben, denn es ist ein todtes capital. Zu Caroli II. Koͤnigs in Engeland Zeiten, ha- ben die Leute offt Mangel gehabt an Gelde, da hat er ein Muͤntz- edict publici ret, und erlaubt, daß ein jeder sein Silber-Geschirr koͤnne in dem tour bringen, und Geld daraus muͤntzen lassen, davor man was weni- ges gegeben. Hiedurch ist eine greuliche quantit aͤt Geld in Engeland kommen. Sonst ist wahr, die Muͤntzen, welche keinen Zusatz haben, haben diese commodité, daß sie nicht zu schwer sind. Aber propter reli- qua mala ist dieses ein grosses commodum. Das Geld muß geschlagen werden auf die Art, wie es die Nachbarn schlagen, nicht geringer, und nicht besser; Ists schlechter, so nehmen es andere nicht, ists besser, so gra- sen andere darnach, und schmeltzen es ein. Mein Vater hat mir offt erzehlet, daß wenn in Nuͤrnberg achtzehen Pfennigs-Stuͤck geschlagen worden, nach dem Reichs Fuß, so haben andere solche eingewechselt, und vier bis fuͤnff halbe Batzen daraus gemacht, da ist das Geld wegkom- men, ehe man sich es versehen. Also ists nicht gut, wenn man die Muͤntzen so gut machet. Niemand hats besser und gescheuter eingerich- tet, ratione des Muͤntz-Wesens, als die Hollaͤnder, wer ihnen zahlet, ver- liehret allezeit pro cent, sie aber verliehren nichts. Quær. Was ist das vor eine Kunst, wenn man das Geld erhoͤhet? Respond. Es ist in der That Cap. V. De prudentia That eine fourberie, und halte ich nicht viel darauf. Die Venetianer, wenn sie denen Soldaten den ruͤckstaͤndigen Sold zahlen sollen, erhoͤhen das Geld, und betruͤgen sie. Wenn ich mein Geld erhoͤhe, so verliehre ich allezeit. Dieses hat Schrödter perfect in seiner Fuͤrstlichen Schatz- und Renth-Cammer p. 164. gewiesen. Der Koͤnig in Franckreich pflegt offt das Geld zu erhoͤhen, aber es sind nichts als fourberi en. Man hat da mit allem Fleisse solche confusion gemacht, damit die Leute acti en ge- kaufft. In Franckreich gehets noch eher an, als in einem kleinen Lande. Franckreich braucht nicht so viel, als andere von ihnen brauchen. Die haben aber doch Verlust davon gehabt. Es hat ihnen in dem com- mercio grossen Schaden gethan, denn die pretia steigen gleich, und die Fremden wollen nicht so viel geben, lassen ihnen die Waaren also uͤber dem Halse. Wird das Geld erhoͤhet, so ists, wie ein impost, die im- post en schaden dem commercio, also koͤnnen ohnmoͤglich die commercia flori ren, wenn das Geld erhoͤhet wird. Hingegen in Teutschland thut die Erhoͤhung noch mehr Schaden, und bringet es dem Kayser keinen Nutzen, wenn ein Sechs-Creutzer vor einen Sieben-Creutzer ausgege- ben wird, ausser wenn er es vor vier Groschen muͤntzen laͤßt, aber er kans nicht forci ren, weil sich die Leute gleich daruͤber beschweren. Man muß auch auf die Sorten der Muͤntzen regardi ren. Wer das jus mo- netandi recht exerci ren will, muß acht geben auf groß- und kleine Muͤn- tzen. Die Moscowiter haben auch lauter kleine Muͤntzen gehabt, und hat der verstorbene Czaar erst Ducaten und Thaler schlagen lassen. An kleinen Muͤntz-Sorten kan man freylich mehr profiti ren, als an grossen, denn die grossen kan man leicht probi ren. Kleine Scheide-Muͤntzen muͤssen auch seyn. Darinnen tadelt man die Engelaͤnder, doch die En- gelaͤnder mercken es nicht, weil sie reich sind, sie geben sechs bis sieben Groschen Trinck-Geld. Man muß auch acht geben, daß keine falschen Muͤntzen ins Land kommen, und ist gut, wenn man die Muͤntzen so macht, daß sie nicht koͤnnen nachgemachet, oder beschnitten werden. Daher einige gemeynet, man solle wenig Geld praͤgen, oder einen Rand daran machen, daß es nicht koͤnne beschnitten werden. Welches letztere ich bey dem Luͤneburgischen Geld observi ret. Wer das nicht thut, der verliehrt. Diejenigen, so das Geld beschneiden, werden auch am Leben bestrafft. Es ist einem Kerl der Kopff abgeschlagen, welcher, so lange er sein me- tier getrieben, nur Ducaten beschnitten, nicht mehr als zwey und dreyßig Ducaten profiti rt. Das Gold kan am leichtesten beschnitten werden. Deßwegen schlagen grosse Herren wenig Gold-Muͤntzen. Man muß auch nicht viel Muͤntz-Staͤdte haben; Die Engelaͤnder lassen keine Muͤntze gelten, circa commercia \& rem monetariam. gelten, als die aus dem tour koͤmmt. Wo viele Muͤntz-Staͤdte sind, wer kan darauf achtung geben? Carolus Magnus hat keine Muͤntze gel- ten lassen, als die aus dem palatio kommen; Weil aber sein Reich groß war, so sahe er, daß es nicht angieng, daher er das Muͤntz- regal denen Geistlichen gegeben, und in denen Staͤdten denen erbaren Leuten, die sind Muͤntz-Meister genennet worden. In Teutschland sind die Ver- fassungen des Muͤntzwesens gut, es wird da keine Heck-Muͤntze gedul- det. Im Fraͤnckischen Crayß wird zu Wuͤrtzburg und Nuͤrnberg ge- muͤntzet. Der Muͤntz-Meister ist beeydigt. In praxi aber wird die gute Ordnung nicht in acht genommen, es sind so viele Herren, da ists nicht moͤglich, daß nicht heimlich Muͤntzen sollten gemachet werden. Sie verpachten offt das Muͤntz- regal. Der Kayser aber hat das Recht, daß er ihnen solches nehmen kan, wenn sie es denen Juden ver- pachten. Fuͤrsten sollen auch nicht heimlich muͤntzen, bey Verlust des Muͤntz- regals. Daher ist nothwendig, daß man den Nahmen des Muͤntz-Meisters darauf setzet, da kan man wissen, wo das Geld ge- muͤntzet worden. Auf denen Frantzoͤsischen Muͤntzen stehet A. B. In Teutschland, wenn es in rechten Muͤntz-Staͤdten gemuͤntzet ist, so ste- het der Nahme des Muͤntz-Meisters darauf, item der Ort, auch der valor, wie weit es gelten solle, sonst muͤste man bestaͤndig eine Waage haben, wenn der valor nicht darauf stuͤnde. Doch, weil man auch fremde Gelder hat, so sollte man eine Schau haben, da der Schau- Amtmann einem gleich kan sagen, wie hoch man das Geld nehmen koͤn- ne, das gehoͤret zu einer guten Policey. Weil nun grosse Herren die Muͤntzen verpachten, so sollte ein Muͤntz-Wardeyn seyn, der die Muͤn- tze bewaͤhret, der sie einschmeltzet, und wenn befunden wird, daß etwas fehlet, so wird sie darnach angeschlagen, wie viel sie werth. In denen Reichs-Staͤdten haͤlt man es so, und wenn diese nicht waͤren, wuͤrde es noch groͤssere confusion geben im Reiche. Hier, wenn man fragt, was dieses oder jenes gelte, so weiß es keiner. Ratione emendationis ist zu mercken, daß, wenn boͤse Muͤntzen eingewurtzelt, so waͤre es gut, wenn sie gleich auf einmahl abgeschaffet wuͤrde. Wie die Engelaͤnder zu Ryswick Frieden gemachet, und sie kein gut Geld mehr hatten, so muste alles Geld in die Muͤntze geliefert werdeu, und wurde neues gepraͤget. Dieses gehet wohl in Engeland an, aber nicht in Teutschland, da muß man eine Zeit setzen, wenn es nicht mehr sollte gelten oder herunter setzen. Verbietet man es aber in totum, so stehet das gantze commer- cium stille. X x Sectio Cap. V. De prudentia Sect. IX. de Prudentia status circa religionem. §. 1-10. Von der Reli- gion uͤber- haupt und ob es rathsam, mehr, als eine Religion in dem Staat zu dulden. M An muß wohl wahrnehmen: Principem non condere dogmata in religione. Die dogmata gehen ihn so wenig an, als mir. Ich kan nach meinem Gutduͤncken nicht dogmata etabli ren, er auch nicht. Dogmata muͤssen gelehrt erkannt werden. Wenn man von dogmatibus redet, redet man von Wahrheiten. Veritas docetur. Das principium: Sic volo, sic jubeo, stat pro ratione voluntas, hat kei- ne statt allhier. Meine ratio muͤste alsdenn exuli ren, und ist absurd, wenn man statui rt, ein Princeps koͤnne einen zwingen, ja wenn ich auch selbst gesagt, hoc esse verum, me velle id defendere, ich erkenne es aber jetzo besser, so kan ich doch davon abgehen. De veritate nemo pacisci potest. Dem Luthero hat man vorgeworffen, er habe als Doctor Theologiæ geschworen, die Catholische Religion zu defendi ren, und nun gehe er doch davon ab; Darauf hat er aber ebensals geantwortet, daß man de veritate nicht pacisci ren koͤnne; Hobbesius hat etwas uͤber die Schnur gehauen, wenn er gemeynet: Principem posse condere dogmata. Wenn nur die Leute glaubten Christum esse Messiam, das Ubrige koͤnnte er alles determini ren. Hobbesius defendi rete Monarchiam, weil er nun gesehen, daß die Quacker in Engeland die Fuͤrsten herunter geworffen- so hat er gemeynt, man muͤsse dem Principi eine grosse Gewalt geben. Bey dieser doctrina ratione religionis minimum spirituali, welche socie- tatem man ecclesiam nennt. Die ecclesia ist eine Universitas, eine per- sona moralis, mystica. Gleichwie nun alle personæ mysticæ, alle colle- gia unter dem imperante stehen, sic ecclesiæ quoque imperium effugere nequeunt; Sie stehen unter dem imperante nicht anders als alle andere civitates. Der Princeps muß auf alle Universitates acht geben, daß die- selben in ihren Schrancken bleiben ne tumultus excitetur. Da ohnedem die Religion viele tumultus machen kan, si seditiose doceatur, so muß der Princeps zusehen, was gelehret wird, was vor Leute da sind? Ob sie ca pable sind, was sie vor ein Leben fuͤhren? Diejenigen, welche wollen Lehrer der Wahrheit seyn, dogmata proponere de sapientia Dei, von dem status circa religionem. dem ente invisibili, welches in die actiones der Menschen eine influenz hat, muͤssen auch eine Geschicklichkeit besitzen. Boͤse DD. darff er nicht toleri ren, welche die Leute nur aͤrger machen, daß sie in allerhand Laster verfallen. Weil es auch geschehen kan, daß die Lehrer unter dem præ- text einer Kirchen- disciplin das Volck tyrannisi ren, und das Amt der imperantium an sich ziehen, so hat ein Princeps auch wohl Ursache hier acht zu geben. Dogmata machen die Doctores, welche sie denen Leuten per ratiocinationes beybringen muͤssen. Wenn der Princeps dogmata machen soll, so will ich lieber unter dem Pabst stehen. Der Tuͤrcke macht selbst dogmata, aber der ist ein Tumrian. Die gantze Religion steckt bey denen Tuͤrcken im Regiment, welches Mons. Ricaut in seiner Beschreibung des Ottomannischen Reichs gewiesen. Es ist kein du- bium, daß die religio christiana flori rt habe, ehe noch ein Princeps Chri- stianus gewesen, wo ist da Principis imperium gewesen? Diese objection hat schon Puffendorff in seinem capite vom Pabst beantwortet. Es ist wahr, drey Secula sind fast verflossen donec Christianam religionem pro- fessus est Princeps, Allein es ist zu mercken: In denen ersten Seculis waren alle ecclesiæ heimlich, nicht anders, als wenn man Missionairs unter die Heyden schicket, da wird keiner oͤffentlich sich mercken lassen, daß er doci re, sondern alles geschiehet heimlich. So lange nun die Christliche Religion heimlich fortgepflantzet worden, haben diejenigen disponi ret, welche die Bekehrung verrichtet. Darum hat auch Paulus haben wollen, sie sollten sich nicht von heydnischer Obrigkeit richten las- sen, sondern lieber Unrecht leiden. Die vielfaͤltigen persecutiones wider die Christen haben auch uicht aufgehoͤret, bis Constantinus Magnus ein Christ worden; Nach der Zeit aber, da die ecclesia visibel worden, wie kan sich dieselbe dem Principi entziehen, da man demselben ein jus uͤber alle universitates giebt? Die ecclesia ist mehrentheils eine universitas magna, da hat er noch mehr Ursach acht zu geben, der peuple laͤßt sich leicht durch die Geistlichen aufhetzen. Wer dieses nicht weiß, hat keine Erfahrung, muß nicht viel gelesen haben, und in denen ersten Seculis nicht versi ret seyn. Ratione der Cantzelmaͤnner wird noch etwas gedacht wer- den. Ich gebe dem Principi ratione interioris nichts, sondern bloß das exterius. Gleichwie er die Ober-Aufsicht uͤber alle civitates hat, so ists hier auch mit der ecclesia beschaffen. Er darff sich nicht in die dogmata mischen, nichts vorschreiben, sonst aͤnderte man nur den Pabst, und zoͤhe ihm ein Koͤnigs-Kleid an. Man muß nicht zu weit gehen. In meinem J. N. \& G. habe ich das medium getroffen, und das Lob vom Herrn Cantzler Pfaffen in Tuͤbingen erhalten, daß ich dem Prin- X x 2 cipi Cap. V. De prudentia cipi nicht zu viel auch nicht zu wentg beygelegt. Ich gebe dem Principi auch nichts circa differentia. Denn die religio ist vel externa vel inter- na. Internam kan mir kein Mensch nehmen, die ist mir allein und mei- ner conscience bekannt, und kan ich solche unter den Heyden und Tuͤr- cken haben; Aber die externa bestehet in natuͤrlichen Ceremonien und ri- tibus. Pere Simon hat in seinen Lettres Critiques gar artig gewiesen, daß keine Religion ohne Ceremonien. Gebe ich dem Principi ein jus circa hæc, so hebe ich omnem libertatem religionis auf, und doch ist ein gemeines principium: Religionem esse liberam. Es ist absurd, wenn ei- ner sagt, er lasse mir libertatem in religione interna, und restringi re mir libertatem cultus externi. Die internam kan mir so kein Mensch neh- men, und nimmt er mir eo ipso omnem libertatem. Was das exterius betrifft, da giebt man dem Principi ein imperium, damit alles ruhig zu- gehe. Er muß wissen, wer doci rt; Daher kein Fuͤrst kan excludi rt werden von dem jure constituendi, approbandi Episcopos, Doctores \&c. Wenn gleich an einem Orte summa libertas, so muß doch ein Princeps auf die Docentes sehen, ob es sind homines seditiosi? So weit erstreckt sich libertas religionis. Also ist das jus circa sacra nichts besonders, sondern eben ein solches jus, welches er uͤber die uͤbrigen Collegia hat. Qu. Soll der Princeps nicht 1) vor sich suchen die wahre Religion zu am- plecti ren, 2) solche zu promovi ren und 3) wenn er sie promovi ret, andere suchen zu exstirpi ren? Resp. Es ist freylich in abstracto gewiß, wo vera religio ist, die kan nichts als gutes wuͤrcken. Die vera religio ist nichts anders, als eine series solcher dogmatum, welche uns nicht nur bekannt machen Deum summum ejusque attributa, sondern auch, daß man ihn fuͤrchtet, seine actiones darnach einrichtet, den Nechsten liebet als sich selbst; und wenn man alles dieses veobachtet, nach diesem Leben, das ewige sich zuwege bringet. Wer die wahre Religion hat, hat eine grosse Perl, und wird niemand leugnen, daß auch ein Princeps suchen muͤsse, die wahre Neligion zu erhalten, wie alle Menschen solches thun muͤssen. Es ist auch nicht zu leugnen, promoveat veram religionem, h. e. faciat docere; Aber die Haupt-Frage ist: Ob er alle andere Reli- gionen extirpi ren muͤsse, si possit? Diese Frage hat mehr denn eine re- lation bey sich, und kan man nicht simplement antworten: 1) wird ge- fragt, ob er alle falsas religiones solle ausrotten? 2) si possit. Resp. Wenn wir gewiß wuͤsten, was vera religio, waͤren alle davon uͤberzeugt und lebten in einer solchen republique, wie die Judaica gewesen, so gienge es wohl an, daß man die andern extirpi ren koͤnne. Bey der Juͤdischen Republique finden wir, daß nicht mehr als eine religio gewesen, es war da- status circa religionem. daselbst eine Theocratia, GOtt war bey ihnen, auf denselben konten sie sich verlassen, weil er potentissimus. Bey denen Juden war also leicht, daß GOtt keinen eintzigen Irrthum litte, er hat ihnen visibiliter gezeigt, daß sie die wahre Religion haͤtten, und war kein dubium de veritate. Die Zehen Gebote hat er ihnen mit Donnern und Blitzen gegeben; hergegen bey uns, wenn gleich einer de veritate versichert ist, so wird doch noch immer disputi rt. Wir haben in Teutschland drey Religionen, und die Reformirten sagen, sie haͤtten die wahre Religion, desgleichen die Catholiquen und wir Lutheraner. Hoͤret man die Socinianer, so sa- gen dieselben ebenfals also, und die andern alle waͤren bigots. Von andern Schwermern nichts zu gedencken, welches ist nun vera religio? En par- ticulier kan freylich mancher de vera religione uͤberzeuget seyn, deswe- gen aber ist nicht ein jeder seiner Meynung. Sagt man: Genug, wenn der Fuͤrst die wahre Religion erkenne? Resp. wenn er sie erkennet, so ists gut. Allein ist er ein Papist, so kan er sagen dieses sey die wahre Religion und reliquas kan er exstirpi ren, wenn er auch gleich die wahre Religion hat, so kan er doch nicht reliquas extirpi ren; Er hat ja die Force nicht, welche GOtt hat. Diejenigen, welche dergleichen Re- dens-Arten ex republica Judaica herholen, wie die Pfaffen zu Blois ge- than, da sie denen Hugenott en keinen Frieden halten wolten, werden hier nicht gehoͤret. Denn es ist jetzo eine gantz andere Verfassung. En general muß man als ein postulatum setzen; daß keine Republique ohne Religion gefunden werde. Religio supponir t Deum. GOtt will daß man ihm soll gehorchen. Wer eine Religion hat, muß davor halten: Deo esse obediendum per revelationem. Die revelatio ist duplex, una fit per rationem altera per SS. scripturam. Einige Nationes melden neben der ration auch noch etwas von der Revelati on. Alle Menschen haben eine Religion und halten dafuͤr, Deum aliquid revelare, wornach die actiones zu dirigir en, ut sit pax, tranquillitas. Auch die Tuͤrcken raisonir en so. Ratione modi und ratione essentiæ, in quo felicitas constituatur, differir en wir, welches uns aber hier nichts angehet. Wir haben nicht mehr religionem illam Judaicam, da Deus visibiliter imperans in conse- quenti disputatur de veritate, und wenn auch veritas gewiß, so entstehet doch die Frage: Oob ich das Vermoͤgen habe sie zu zwingen. Man siehet ja, daß dreymahl mehr Heyden als Christen und vielleicht noch so viel Mahometan er als Christen. Also kan man eben nicht sagen, wenn ich die Leute zwingen kan, daß ich die wahre Religion habe. Gib mir Geld, gib mir Dragoun er, so will ich per præmia, par force Anhaͤnger bekommen, welche defendir en, man koͤnne durch ein Bret sehen, welches X x 3 vier Cap. V. De prudentia vier Finger dicke. Es ist also klar, hodie non potest fieri, ja sagen sie, wir supponir en daß wir die wahre Religion haben, da muß der princeps alle hereses in herba supprimit en. Dieses ist auch des Autoris princi- pium. Wir halten die Catholiquen und Reformirten vor Ketzer. Die Reformirten halten uns und die Papisten vor Ketzer. Die Socinianer halten uns vor Idololatras; Ein Quacker sagt, wir haͤtten einen Hirn- Glauben, und wenn er koͤnte, so ließ er uns allen die Koͤpffe herunter schmeissen, wie die Baͤrenheuter zu Muͤnster gethan haben. Quid est heresis? Gesetzt, daß Carolus V. die Politic des Autoris gelesen, da Lu- therus kommen, so haͤtte er koͤnnen sagen: Supprimatur in herba. Viele culpi ren auch Carolum V. daß er es nicht gemacht, wie Franciscus I. der alle Reformirten supprimi rt, das ist eben der spiritus persecutionis. Laß es vielmehr warten bis zur Erndte-Zeit, es moͤgen mala oder bona seyn. Wenn unser HErr GOtt wollte unam religionem haben, wird er zwantzig Mittel finden koͤnnen, solches zu bewerckstelligen. Wir se- hen aber nicht, daß er solches braucht, wir sehen nicht, daß Christus solches gethan. Aus der Vernunfft sehen wir auch kein argument, es ist ein desiderium abstractivum, ut religio sit una, aber es ist sein Lebtage nicht zu erwarten. Mit dem alten Testament komme mir nur nicht aufgezo- gen, sonst will ich eben so viel wider dich vorbringen, wie die Spanio- len gethan. Philippus II. wolte alle Ketzer in Europa ausrotten und hatte schon Ketten und Banden fertig machen lassen, in welchen er die Elisabeth dem Pabst liefern wolte. Ich wuͤnsche nicht, daß so viel tausend Irr- thuͤmer in der Welt seyn solten, sage auch nicht, daß ein Herr alle Se- cten soll herbey rufen, sondern es kommt nur darauf an, wie ein princeps sich conduisi ren, und ob er den spiritum persecutionis nehmen solle. Nego, die andern wehren sich und haben auch ein grosses argumentum vor sich. Sie sa- gen, es kommt in der Religion auf die Gedancken, nicht auf die obedientiam an. In Holland sind allerhand Secten; wenn gesagt wird: summo principi pa- rendum est, summo principi pendenda sunt tributa, so sind alle d’accord. Aber in credendis wollen sie eine Freyheit haben und vor diese Freyheit fechten sie. Sie haben auch ein jus quæsitum diese Freyheit zu defendi ren. Videatur ora- tio mea de libertate religionis, welche in Leipzig nachgedruckt worden, it. Noodts Oratio de religione Jur. Gent. Libera. It. VVehrenfelsii diss. de libertate conscientiarum, welcher mit grosser Bescheidenheit alle dubia be- antwortet. Da wir ohnedem zugeben, daß keine Religion kan bestoh- len werden, so kan man auch hier den spiritum persecutionis nicht anneh- men. Es heisset ja scrutamini und zwar cum cura, es kau leicht kommen, daß einer auf Abwege geraͤth per interpretationes, wo eine Sache nicht recht status circa religionem. recht klar ist, denn es sind Sachen da, welche man nicht gleich einsehen kan, da man die regulas interpretationis ex Logica muß applici ren. Man hat conjecturas, eine conjectura ist wahrscheinlicher als die andere, demon- strationes kan man nicht allezeit in theologicis machen, dasjenige, was fehlet, supplet fides. Fides aber muß frey seyn, und leidet keinen Zwang. Wenn der Herr acht giebt, daß die Doctores ihre dogmata deutlich vortragen, mit ei- nem guten Exempel denen Leuten vorgehen, und die Leute erbar leben, so kan es geschehen, daß wo vera religio in republica ist, dieselbe bleibet. Wir haben ab initio veram Apostolicam religionem gehabt, und haben solcher die adversarii nicht viel Schaden gethan. Wie aber die ecclesiastici di- sputi rt, und angefangen, liederlich zu leben, so sind viele tausend Secten entstanden. Indessen ist es so. Jetzt ist kein ander Mittel uͤbrig in o- mni religione, als daß man sagt: tolerantia necessaria est, und darinnen steckt libertas sentiendi. Mons Lock hat de la Tolerence geschrieben, welches sein bestes Buch ist. Ich habe auch von dieser materie in mei- nem I. N. \& G. die Haupt-Sachen aus dem Lock genommen, dieser hat auch das jus circa sacra principum recht beschrieben, und ist nicht zu weit gegangen. Er sagt, man disputi rt lange, was der Princeps vor ein jus habe, er hat eigentlich auf das jus acht zu geben, ne seditiose doceatur. Lock war ein Raisonneur, ein Mann, der die Welt gekannt, ein guter Philosophus, der Koͤnig William hat ihn nach Hannover geschickt. Wenn ich sage, tolerantia muͤsse admitti ret werden, so ist zu mercken, was vor commoda und incommoda dabey vorkommen. Die commo- da sind nicht so geringe, als die incommoda. Der Fuͤrst siehet freylich gerne, daß uͤberall moͤchte die wahre Religion flori ren, aber es ist nicht moͤglich, also ist es besser, daß er alles toleri ret, und laͤßt einem jeden glau- ben, was er meynet, daß er koͤnne vor GOtt verantworten. Er brin- get sie doch nicht in dem Himmel, ist auch deßwegen nicht da; Wer weiß wohl eine Republique, da sie sich vereinigt einerley zu dencken, einer- ley Religion zu haben, sondern der Ursprung aller Republiquen, aller ci- vitatum ist gewesen, daß wir wollen sicher leben, damit ein jeder unter seinem Weinstock koͤnne sicher essen und trincken. In agendis laͤßt ein Fuͤrst seinen Unterthanen keine Freyheit, da muͤssen sie pari ren, und heißt es: neminem occidas, pacta serves \&c. Er kan auch seine Religion welche er vor wahr haͤlt, doci ren lassen; Und ich glaube, wenn es die wahre Religion, sie wird doci rt, gute exempla sind dabey, so werden sich instando, monendo viel tausend Menschen darzu begeben. Auf einmahl kan es nicht geschehen, wer einen disciple haben will, muß erst etliche Jahre mit ihm disputi ren, bis er ihn zu rechte bringet; Daher, wenn sich Cap. V. De prudentia sich die Leute nicht gleich geben, muß man nicht sagen, man wolle lassen Feuer vom Himmel fallen. Wir haben viele præjudicia, welche erst muͤs- sen aus dem Wege geraͤumet werden. Man siehet, was einer vor Muͤ- he hat, wenn er uns das will aus dem Sinne bringen, was er von seiner Kinder Muhme gehoͤret. Noch viel schwerer gehet es zu, wenn einer eine andere Religion soll annehmen, da ihm seine vorige Religion be- staͤndig so proponi ret worden, daß, wenn er solches nicht glaube, kaͤme er in die Hoͤlle, und wuͤrde verdammet, drum sind ambitiosi, zornige Leu- te gar nicht tuͤchtig, ad conversionem, ad emendationem, sondern es muͤs- sen solche seyu, welche eine grosse Gedult haben. Die Bekehrung koͤmmt auf GOtt an, ein Mensch hat mehr Gnade, als der andere, welches unsere Theologi auch nicht negi ren. Wenn aber ein Herr tolerantiam admitti rt, so muß er alle auf gleiche Art lieben, sonst giebt es Verdrieß- lichkeiten; Diejenigen kan freylich ein Herr nicht toleri ren, welche doci - ren, magistratum esse tollendum. Tod machen muß er solche nicht son- dern nur sagen: Retiri rt euch von meinen Grentzen. Eben so ist es auch mit einem Republiquain, welcher keine monarchie leiden kan, und sagt, sie waͤre wider GOttes Ordnung, kommt ein solcher in eine monarchie, so sagt man: Gehe nach Athen, nach Holland. Also sagt man nicht von einer tolerantia illimitata. Es koͤnnte ein Narr kommen, und sagen, man koͤnne die Fuͤrnehmsten umbringen, das ist ein turbator, wel- chen man nicht leiden muß. Die tolerantia hat auch incommoda. Man sagt: Wer tolerantiam admitti rt, giebt Gelegenheit zu Zaͤnckereyen; Allein dieses dubium ist beantwortet in denen Pensees Libres sur la Re- ligion, nemlich die propositio fundamentalis muß seyn, daß man sagt: Wer zanckt, und dem andern incommodi rt, soll pro turbatore gehal- ten, und mit einer Todes-Straffe beleget werden, so hat aller Zanck ein Ende. Gesetzt, daß an einem Orte zwantzig religiones sind, und man haͤtte das principium es solle tolerantia seyn. Die Catholiquen fangen an, zu turbi ren, so werden sie pro turbatoribus gehalten und gestrafft; muß exempla statui ren, so wird es bald aufhoͤren. Hauptsaͤchlich muß man auf die ecclesiasticos, auf die Priester achtung geben; Ich bin kein Priester-Feind, bin selbst eines Priesters Sohn, habe auch schon gepre- digt, kan aber nicht in Abrede seyn, daß die Priester muͤssen im Zaum gehalten werden. Wider die tolerence bringet man sonderlich vor, es entstuͤnden libertini, Athei, in der Republique; Allein der metus ist ful- gur ex pelvi. In der Welt ist viel Ungluͤcks entstanden, nicht durch Atheos, sondern durch Bigots, durch den Pabst und andere Leute, so die tolerence nicht admitti ren. Es ist freylich gottlose, wenn einer ein Atheist ist, status circa religionem. ist, aber wie viel sind ihrer. Es ist kein gens, so nicht Deum statui rt, und wird nicht præsumi rt, daß einer ein Atheus, woferne nicht clarissima probatio da. Es kan einer allerhand wunderliche opiniones haben, deß- wegen ist er gleich noch nicht ein Atheist; Wenn wir die Kirchen- Histo- riam und historiam philosophicam ansehen, so koͤnnen wir keine zwey her- aus bringen, von denen wir versichert sind, daß sie rechte Athei sten ge- wesen. Wenn auch Atheist en seyn, so lassen sie sich es doch nicht mer- cken. Meynst du, daß Spinoza gestanden, er sey ein Atheus? Vielmehr sagt er se credere Deum, se demonstrare, aber er sagte, mundus und Deus sey einerley wie die alten Stoici gesagt, welche Athei gewesen. Athei pra- ctici sind genug in der Welt, dawider fechten wir nicht: Denn er weiß nicht, was er saget, er kan nicht demonstri ren, esse Deum und auch nicht Deum non esse. Er ist ein homo luxuriosus, ein idiot, ein Ochs, die man vor nichts halten kan. Die Athei Theoretici verbergen sich, und indem sie sich verbergen, sind sie still; Spinoza ist ein Atheist, die wenig- sten aber wissen, worauf es ankommt. Wenn also auch Athei da sind. Quær. An sint turbaturi? Sehe ich das systema eines Athei an, so scheint er turbaturus, weil er sich fuͤr nichts fuͤrchtet, und wenn er nach seinen principiis lebet, so machet er Lermen; Aber, wer lebt nach seinen princi- cipiis, lebt ihr nach eurem Catechismo? Nein, und also weil ihr nicht darnach lebt, wollt ihr denn schliessen, daß der Atheist nach seinem syste- mate lebt. Sein systema ist wie unser Catechismus. Die Atheist en wollen unter Menschen leben, honores haben, etwas erwarten in der Welt, und leben also auch nach ihren passionibus. Der Autor des Tra- ctats de la religion des Hollandois reprochi rt die Hollaͤnder, daß sie den Spinozam in ihren Landen duldeten. (Er hat den Spinozam selbst gespro- then, mit dem Printz Condé, des jetzigen Hertzogs von Bourbon Ur-Groß- Vater.) Allein es hat ihn ein Theologus zu Groͤningen, Joh. Braunius, refuti rt in einem tractat la varitable Religion des Hollandois. Er sagt, wenn die Hollaͤnder gleich den Spinozam dulden, deßwegen sind sie doch nicht Athei. Spinoza wollte auch kein Atheus seyn, man hat ihn mehr vor einen Juden gehalten, er war auch ein Jude, und weiß man nicht, daß er getaufft worden. Die Juden fallen leicht auf dem Spinozismum; Wenn auch alles wahr, sagt Braunius, so thaͤte er doch nichts. Quas enim turbas dedit? Er wollte nicht einmahl einen sectatorem haben. Bisweilen ist er in die Kirche gegangen. Seine Leute hat er alle lassen in die Kirche gehen. Colerus hat sein Leben beschrieben, welcher alles dieses erzehlet. Er war ein Mann, der bestaͤndig studi rte, machte mi- croscopia, und hatte ein plaisir, wenn Fliegen sich in Spinneweben ge- Y y fan- Cap. V. De prudentia fangen. Wenn man ihn nun auf das echaffaut gebracht, und als einen turbatorem angesehen, was wuͤrde es gewesen seyn. Suifft hat wohl raisonni rt, und sagt: Es sey nicht zu præsumi ren, daß einer ein Atheus, weil man auf allerhand Art kan Deum demonstrare. Fenelon de l’exi- stence de Dieu hat die modos probandi Deum eingetheilt in vulgares, me- diocres \& subtilissimos. Man muß so certissimas probationes haben, wenn einer soll pro Atheo gehalten werden. Gib du nur sonst Achtung, daß keine impietas einreisset, lehre dein Volck, das ist am besten, dar- innen bestehet die impiet aͤt, daß man seinen Naͤchsten nicht liebet, als sich selbst. Wenn einer ein adulter, Aufruhr anfaͤnget ꝛc. Si impieta- tem tollas ist deine Republic gluͤcklich, der Princeps kan nicht alle einer- ley fromm machen, darzu hat er die Prediger. Die Leute pari ren frey- lich besser, wenn sie auf einerley fromm sind, daß sie nicht ex formidine pœnæ das Boͤse unterlassen, sondern ex amore erga Deum, ex amore vir- tutis. Wenn die Doctores sagen: Iterna pietas muͤsse promovi rt werden durch force, daß ist nichts. Denn wenn man es par force thun kan, so hat man die Prediger nicht noͤthig. Bayle hat sub voce Ales ange- mercket, daß vielmehr durch gute raisonnements die Leute zu einen bessern Leben muͤssen gebracht werden. Drum kan auch keine Republique sine ecclesiasticis seyn, nur muͤssen solche im Zaum gehalten werden. Uber- haupt kan man freylich nicht sagen, daß die ecclesiastici turbatores; Aber es ist ein kleiner Sprung, so nehmen sie den gladium temporalem pro spirituali, alsdenn tyrannisi ren sie recht, nicht allein die Unterthanen, sondern zuletzt sich selbst. An allen Religions-Streitigkeiten ist niemand mehr Schuld, als die Geistlichen, weil sie das donum tolerantiæ nicht haben. Sie toleri ren lieber die Juden, und wissen doch, daß sie von dem Messia nichts halten. Ich habe mich gewundert, wie ich im Con- sistorio gesessen, daß, als ein bekehrter Jude kam und sagte: Die Juden haͤtten viel aͤrgerliche Gebeter, so waren einige Eyferer, welche meyne- ten, man sollte ihnen solche wegnehmen. Ich sagte: Es sey nichts, wir wuͤsten gar wohl, daß die Juden von dem Messia nichts hielten. Die Juden nehmen ihnen nichts, deßwegen toleri ren sie dieselben; So bald ein Princeps kaͤme, und sagte: Er wollte die geistlichen Kirchen-Guͤter denen Juden geben, so wuͤrde eine revolte entstehen. Hergegen kommt eine andere secte, so beissen sie einander aus, als wie die Reformirten die Lutheraner ausgebissen, in Hessen, in der Pfaltz. Das ist eben die Klage, warum es mit der unione nicht von statten gehet. Es ist meum \& tuum, das utile; Es will da einer dem andern nichts einraͤumen. Sie dencken auch, es bekoͤmmt dieser oder jener beym Principe eher Ge- hoͤr. status circa religionem. hoͤr. Unter denen Juden aber disputi rt man nicht viel, da dencken wir conclamatum esse, daß sie refuti rt. Die wenigsten ecclesiastici schicken sich auch in controversi en. Wenn man hundert ecclesiasticos sich vor- stellig machet, die noch so mansuet sind, so veraͤndern sie sich doch. Bey uns hatten wir einen modest en Prediger, wie aber die Reformirten eine halbe Stunde von Nuͤrnberg eine Kirche bekamen, und sagten: Der Reformirte Prediger waͤre ein wackerer Mann, weil so viele Buͤrger aus Nuͤrnberg ihn angehoͤret, so trat jener Prediger, homo alioquin admodum modestus auf, und predigte dawider, und entstund ein grosser Streit. So ists auch dem Augustino ergangen, welcher ebenfals sehr modest gewesen, bis er in das Donatistische Gezaͤncke kommen, sonst er in seinen Schrifften von der tolerance unvergleichlich geschrieben, so ist er doch in casu donati feurig worden; deßwegen muß man denen Geist- lichen auf die Finger sehen, sonst kommen wir dem Pabst sehr nahe, we- nigstens nach dem verjuͤngten Maasstabe. Auf Cantzeln lasse man moralia predigen, und controversi en anderswo tracti ren. Grotius, als Schwedischer Ambassadeur, hat zwey Legations -Prediger gehabt, einen Reformirten und Lutherischen, predigte der Lutherische, so refuti rte er dem Reformirten, und wenn dieser predigte, so refuti rte er dem Lutheri- schen. Grotius sagte, sie sollten das Maul halten, und moralia predigen, da hat ein Eyferer gesagt: Ob er wolle dem Heil. Geist das Maul stopffen; Dieses ist dem Grotio pitoiable vorkommen, daß die Leute sich eingebildet, als wenn der Heil. Geist durch sie redete; Laͤßt man con- troversi en zu, so jagen sie einander heraus, entstehen Kriege. Franck- reich und Teutschland hat nichts mehr ruini rt, als die Religions-Kriege. Wir sind zufrieden gewesen, da wir tolerantiam wegen der drey Reli- gionen in Teutschland erhalten haben. Es waͤre gut, daß wir eine groͤssere tolerantiam zuliessen; Der Churfuͤrst von Brandenburg Fridrich VVilhelm nahm Socinianer ein, und hat Doctor Fecht gemeynt, der Reichs- Fiscal werde wider den Churfuͤrsten agi ren, welches aber nicht geschehen. Wir koͤnnen alle hieraus lernen, daß es uns nicht gefallen wuͤrde, wenn wir ausgejagt wuͤrden, so muͤssen wir es auch nicht thun. Es kan ja eine andere Secte kommen. Erst waren die Lutheraner in Teutschland, hernach kamen die Reformirten, welche die Lutheraner nicht leiden wollten, so gar, daß, da der Churfuͤrst von Pfaltz reformi rt wur- de, sie von Maximiliano II. verlangten, daß er demselben die Chur neh- men sollte, welcher ihnen aber einen Verweiß gegeben. Es ist eine wichtige Sache, daß man sich einen rechten concept mache de jure \& prudentia Principis circa sacra, damit die ecclesiastici keinen Schaden Y y 2 thun, Cap. V. De prudentia thun, und bleiben bey der doctrina Apostolica. Daher ists gut, daß die ecclesiastici separi rt werden von denen actibus, da ein imperium ist; deßwegen wird disputi rt, ob sie zu toleri ren sind in Consistoriis, warum sollten nicht Juristen von Consistorial -Sachen eben so gut urtheilen koͤn- nen? In Hamburg ist auch kein Geistlicher im Consistorio. Aber es ist ein Funcken aus dem jure canonico, daß die Geistlichen einige Rech- te haben, als wenn die Juristen nicht eben so gut koͤnnten urtheilen von geistlichen Sachen als von Layen-Sachen. Wo die Pfaffen das Re- giment haben, siehets allemahl uͤbel aus, weil sie den spiritum persecu- tionis haben. Als Jacobus II. in Engeland denen Geistlichen so viel schenckte, so sagte der Spanische Gesandte, sein Herr approbi re nicht, daß er so viel weggaͤbe. Hierauf hat Jacobus gesagt: Was thut euer Koͤnig? Richtet er sich nicht nach seinem confessionario? Der Gesandte sagte: Deßwegen gehe es eben so naͤrrisch in Spanien zu. Den con- fessionarium sollte er brauchen in rebus ad salutem æternam spectantibus, aber nicht in Staats-Sachen. Una religio waͤre gut; weßwegen man auch auf eine union bedacht ist, aber wo eine aperta contradictio, da gehet keine union an, wenn nur disputi rt wird uͤber den modum, e. g. Die Lutheraner und Reformirten sagen, sie bekaͤmen den Leib CHri- sti und das Blut CHristi, sie disputi ren uͤber den modum, da koͤnnte man sagen, sie sollten nicht disputi ren, liesse man sie nicht disputi ren, so waͤre es sehr gut, aber so bald man sagt, sie sollen nicht disputi ren, so sagen die Geistlichen: Ob man dem Heil. Geist wolle das Maul stopf- fen? Und richtete man also nichts aus. Was die Catholiquen betrifft, so soll man dieselben nicht leiden. Es scheint dieses absurd zu seyn, da doch erst die tolerance recommendi ret worden. Allein es ist gedacht worden, daß man alle Religionen zwar solle toleri ren, aber nicht solche, die turbas machen. Die Catholische Religion turbi rt zwar an sich nicht, ratione dogmatum, aber die Geistlichkeit stehet unterm Pabst, der Pabst hetzet sie auf, und machet tumultus. Hievon hat man nicht nur exempla recentiora, sondern auch antiqua, ehe noch von denen Prote- stanten etwas gehoͤret worden. Dieses ist die Ursach, warum die Japa- neser die Christen ausgerottet; denn es sind lauter Catholiquen daselbst gewesen. Der Pabst sagt, die Geistlichen muͤssen ihm mehr gehorchen als dem Landes-Herrn. Sie haben den spiritum conjurationis, sedi- tionis, und dependi ren eines Fuͤrsten Unterthanen alle vom Pabst. Puffendorff in dem capite vom Pabst hat dieses wohl gewiesen. Die Fanaticos, Quacker muß ein Landes-Herr auch nicht toleri ren, wenn er sie nicht kan im Zaum halten; denn sie halten von keinem Koͤnige etwas. status circa religionem. etwas. Sie haben in Engeland vor dem Koͤnig nicht einmahl den Hut abgezogen. Wie der Koͤnig VVilliam nach Engeland kam, und sie tha- ten auch den Hut nicht ab, hats ihm greulich verdrossen, weil ers von denen Quackern in Holland nicht gewohnt gewesen, welche nicht so schlimm sind, als in Engeland. Sie sagten, sie waͤren in der Vollkom- menheit, und brauchten keine magistratus. Buddeus hat eine Disserta- tion de religionis habitu ad vitam civilem gehalten, welche er hernach in octavo vermehrter edi rt. Er hat die Schrifften etlicher Quacker ge- lesen, welche ziemlich plausible geschrieben, davon man auch einiges fin- den kan in des Theologi Beyeri Collegio Antifanatico, und meynt Bud- deus, es koͤnnen dieselben wohl toleri rt werden. Gestuͤnden wir doch selbst, daß, wenn wir vollkommen waͤren, so brauchten wir keine impe- rantes, aber wir werden nur conditionate, und halten uns nicht vor perfect. Ja, sagt Buddeus, sie wuͤrden nicht gleich Lermen machen; Allein der Quacker wird furiosus, rabidus, furibundus, kanst du nicht predigen. Wer das nicht glauben will, lese nur die Muͤnsterische Histo- rie, und kan er auch in des Arnolds Kirchen- und Ketzer-Historie da- von Nachricht finden. Perizonius in Historia Seculi XVII. giebt rechte Nachricht hievon. Sie haben extravaganti en gemacht, dergleichen man sich kaum einbilden kan, deßwegen aber will ich dem Herrn Buddeo keiner heresis beschuldigen, wie die VVittembergenses gethan. Er hat recht in abstracto, aber in concreto nicht, politisch hat er es nicht betrach- tet. Dum quiescunt, so sind sie mente capti, kommen sie aber in furo- rem, so ist nichts zu helffen. In Engeland sind sonderlich viel Quacker, wenn da ein Aeolus dazu koͤmmt, wie der Cromwell gewesen, so reissen sie dem Koͤnige den Kopf herunter. Clarendon in seiner Histoire de Guerres civiles en Angleterre hat auch gewiesen, was dieses vor Leute sind. Nirgends ist der Fanaticismus mehr verhaßt, als in Franckreich. Es war daselbst ein Fanaticus, Nahmens Demarais, von dem alle das schimpfflichste geredet. Meistentheils sind sie homines Melancholico- Sanguinei. Ratione Veneris machen sie offt allerhand excesse, dum non sunt tristes, sunt voluptuarii. Ins Zucht-Hauß muß man solche En- thusia sten thun, und sie lassen raspeln, damit ihnen die Melancholie ver- gehet, und sie keine Gesichter mehr sehen. In Engeland lassen auch die Leute zu rechter Zeit Ader, ehe die Hundstage kommen, damit sie nicht so einen raptum bekommen. Y y 3 Sectio Cap. V. De prudentia Sectio X. de Prudentia status circa fœdera \& Legatos. §. 1. 2. Connexion; und von Buͤnd- nissen uͤber- haupt. D Ie connexio ist: Bisher ist abgehandelt worden de juribus ma- jestaticis rite \& prudenter exercendis, so man nennet disquipa- rantiæ. h. e. Was man mit seinen Unterthanen zu thun hat, da ist disproportio inter imperantem \& subditos. Wir haben auch jura majestatica æquiparantia, die wir exerci ren in Ansehung anderer princi- pum, anderer rerumpublicarum. Vocabulum æquiparantiæ enatum est in scholis Barbarorum. Man nennt sie æquiparantiæ, weil hier eine æqualites, e. g. jus fœdera pangendi, jus legatos mittendi, jus belli \& pacis, geschiehet inter homines æquales, welche jura hier tracti rt werden, und wird gezeigt, quomodo sint exercenda. Quær. Ob man noth- wendig fœdera machen muͤsse, oder ob man ohne dieselben seyn koͤnne? Es sind allezeit abstractive Tropffen, Schul-Fuͤchse, welche sagen, was brauchen wir solennia fœdera. Ein privat -Mann machet keine solennit aͤten, potest coalescere amicitia, etiamsi nihil consignetur und ta- lis amicitia waͤre besser, als ein fœdus. Dieses aber sind Perfectionist en, Stulti sten aus dieser Ursach: Es ist impossible, daß man regieret, und sich einen concept machet, alle waͤren wiedergebohren. Wenn auch eine Republique in summa perfectione stuͤnde, so haben sie doch boͤse Nachbarn, welche sie verschlingen koͤnnen. Ist doch die respublica lu- daica a potentioribus verschlungen worden. Daher muß ich nicht allein Buͤndnisse haben ut defendar, sondern ich muß mich auch in dem Stand setzen, daß ich selbst Krieg fuͤhren, und offensive gehen kan. Ohne Krieg kan man nicht seyn. Es war eine sottise von Jacobo I. in Engeland, daß er keinen Krieg fuͤhren wollte, wodurch er verursachet, daß das Koͤ- nigreich Engeland in einen solchen verderblichen Zustand gerathen. Kei- ner muß dencken, es sey was paradoxes, Krieg zu fuͤhren; Offt ists gut, daß man auswaͤrts Kriege hat, sonst wuͤrden sich innerliche Unruhen her- vor thun. Die Menschen sind einmahl naͤrrisch, und leben nicht mehr in statu perfectionis. Alle werden von affect en regieret. Es sind die fœdera vel bellica vel pacifica, diese gehoͤren ad commercia \& alia. Hier wird status circa fœdera \& Legatos. wird hauptsaͤchlich de fœderibus bellicis gehandelt. Der Autor hat auch eine politische Dissert. de Prudentia circa fœdera gehalten, welche man a part hat, und auch finden kan in seinen Select. I. N. \& Gent. diese ist instar Commentarii hier zu gebrauchen. §. 3. 4. Bey denen fœderibus muß man Acht geben auf die Per- sonen, und bey denen Personen sind viele Umstaͤnde, welche Gelegenheit geben, zu unterschiedenen reflexionibus. Die Personen sind entweder mehrere, oder wenig, daher Quær. ob mit vielen ein fœdus, eine alliance zu schliessen. §. 5. Ehe die vorgedachte Frage decidi ret wird, muß etwas de Ob mit vielen ein Buͤndniß oder alliance zu schliessen sey. fine fœderum præmitti ret werden, welches der Autor unten beybringet, gehoͤret aber eigentlich hieher. Der finis ist defensio, securitas, tranquil- litas, pax. Wenn auch einer ein fœdus gemacht, mit grossen Versiche- rungen in perpetuum, und es ist nicht mehr nuͤtzlich, so kan er davon ab- gehen. Diesen Satz habe ich in der Dissert. de Transact. defendi rt. Die Stadt Bern hat ein gewiß fœdus perpetuum gehabt mit andern, etliche darunter haͤtten grossen Schaden gehabt, wenn sie dabey bleiben wollen. Wir bekamen die Sachen heraus, und haben gesprochen, daß sie nicht verbunden, dabey zu bleiben. Ich habe einen locum aus dem Cambdeno von der Koͤnigin Elisabeth allegi rt, da eben dieses defendi ret wird. Wenn ich ein fœdus in perpetuum gemacht, so habe ich es nicht gethan ut peream, sondern mich zu conservi ren. Wie der Koͤnig Chri- stian von Daͤnnemarck a parte einen Frieden machte, sagten die Frantzo- sen, er thue wider das fœdus, so er mit ihnen gemacht. Christian aber antwortete: Er koͤnnte sich nicht helffen, sonst muͤste er uͤbern Hauffen gehen. Aber das ist nicht recht, wenn interitus nicht da ist, und sie fin- gi ren einen. Die Hollaͤnder haben es uns etliche mahl gethan, aber wir haben ihnen Gelegenheit dazu geben. Ein jeder, der ein fœdus macht, hat ein interesse, und hat man sich hier nichts perfectes einzubilden, da- her heißt es: Non facile cum pluribus fœdus ineundum. Wo viel fœ- derati, vatii ren die interesse. Dieser hat avantage, der andere nicht, und gehet caput. Wie das fœdus zu Cambray wider die Venetianer ge- macht worden, so wurde der Justiniani ein Nobili di Venetia an dem Kayser geschicket, eine Vorbitte zu thun. Die Venetianer haben so gar Maximiliano angebothen, die Hoheit des Teutschen Reichs zu agno- sci ren, wenn er ihnen Friede geben wollte. Aber der Frantzoͤsische Ge- sandte hielte eine formidable oration wider die Venetianer, welche Ame- lot in seinem Etat de Venise druͤcken lassen. Wie Justinianus sahe, daß er den Kayser nicht erbitten konnte, alle waren wider die Venetianer, so sagte Cap. V. De prudentia sagte er: Wovon man mehr finden kan in des Du Bois histoire de la Lique de Cam- bray, ein excellentes Buch. Einige halten den Cardinal vor den Autor, andere seinen Bruder. Mein Trost ist, daß sie nicht reussi ren werden, weil viele in der alliance und bald Uneinigkeit entstehen wuͤrde; Es geschahe auch, die Frantzosen avanci rten und nahmen den Venetianern viel weg, der Pabst wurde jaloux, und machini rte wider Franckreich. Ferdinandus Catholi- eus gieng ab von der alliance, und machte mit denen Venetianern einen Frieden; Der Kayser Maximilianus konnte allein nichts thun, weil er kein Geld hatte. Vana erat sine viribus ira, also obtini rten doch die Venetianer. Philippus Cominæus hat eben so reflecti rt uͤber die ligue wider Carolum VIII. da derselbe nach Napoli gieng, waren auch drey wider ihm. Wir haben gedacht, wie die Præliminair-Tractat en heraus kamen, Franckreich aufzuzehren, Arelat wieder zu bekommen, und viel- leicht auch den Lehn- nexum von Dauphiné und Provence. Der Koͤnig in Franckreich kam aber, und dividi rte, die Engelaͤnder traten ab drum sagt man: Bull oder Ochs haͤtten alles verderbet, und bekamen wir also nichts. Man kan nicht sagen, daß man gar nicht cum pluribus sollte fœdus inire, man nimmts, wie es koͤmmt. Grotius in seinen opu- sculis posthumis hat ein consilium gestellet, wie die Hollaͤnder sich am besten conduisi ren sollten, und observi ret, daß die Hollaͤnder es sollten bleiben lassen, mit vielen fœdeta zu machen, wenn es nicht die hoͤchste Noth erfordere. Mehrentheils lauffen solche fœdera schlecht ab. Ob mit weit entlegenen Buͤndnisse zu schliessen? §. 6. 7. Alle fœdera haben ein interesse, daher muß man cum longe distantibus nicht leicht fœdera machen; Dieses muß man aber cum grano salis betrachten, das heist nicht allezeit vicinus. Ich wohne in Halle, und du zu Passendorff. Die Schweden koͤnnen ein fœdus ma- chen mit denen Tuͤrcken wider den Czaar, denn da koͤmmet der Tuͤrck von hinten, und attaqui rt Moscau. Vicinum esse, heißt in Politicis, da ich eine avantage haben kan. Wir sind, ratione des interesse, Nachbaru; Daher ist leicht zu sehen, daß die politischen Doctores sich vergebliche Muͤhe geben, wenn sie fragen: Quis est vicinus, und disputi ren auf al- lerhand Art, es sind Logomachi en. Ratione pacis koͤnnen einem offt andere beystehen. Der Czaar wuͤrde wegen Persien nicht so reussi ret seyn, wenn er nicht den Frantzoͤsischen Abgesandten, Mons. Bonac, ge- habt. Bisweilen aber ist mit remotioribus nichts zu thun. In Puffen- dorffs rebus gestis Caroli Gustavi lesen wir, daß Carl Gustav mit dem Ragozky eine alliance gemacht, zuletzt aber habe man gesehen, daß es ei- ne status circa fœdera \& Legatos. ne chimære; er war zu weit entfernt. Mons. Temple hat in seinen œco- res melées p. 14. unter andern uͤber die interess en von Europa raisonni - ret, und observi ret, als einen Fehler von Franckreich, daß es sich allezeit mit Bayern allii rt, und gedacht, Oesterreich hiedurch zu schaden. Bayern aber sey allein zu schwach, Oesterreich Schaden zu thun, habe allezeit verlohren, und Franckreich habe nichts profiti ret. Sonst sehen grosse Herren gerne, wenn Gesandte geschicket werden, welche fœdera amicitiæ aufrichten. Carolus Magnus hat ex remotissimis locis Gesandte bekom- men. Ludovicus XIV. in Franckreich hat lange einen Persischen Gesand- ten in Franckreich gehabt; Von denen Persiern aber haben die Frantzo- sen wenig avantage, auch was die Handlung betrifft, aber es dienet zur gloire des Herrn, daß er sich in guten credit setzet bey seinen Untertha- nen, und auch bey Auswaͤrtigen; Daher muß einer manchmahl auf Gesandten viel spendi ren. Es kan keiner sagen, er wolle mit diesen oder jenen kein fœdus machen: Denn es kan sich changi ren. Franckreich hat jetzt ein fœdus mit Moscau, da in hundert Jahren kein Frantzoͤsischer Ambassadeur nach Moscau kommen. Man hat aber in Franckreich wahrgenommen, daß jetzo nothwendig, des Czaars Freundschafft zu ha- ben, weil der Czaar nun ein suffragium zu sagen in senatu gentium hat, da er eine Oeffnung in der See hat, und so viel Schwedische Laͤnder acquiri ret. Der Koͤnig VVilliam hat sich um die Freundschafft des Koͤ- nigs von Fez und Marocco nicht beworben; aber nach der Zeit hat man doch seine Freundschafft gesuchet, und allianc en mit ihm gemacht wider die Spaniolen. Die Unterthanen im Koͤnigreich Fez und Marocco sind zwar keine grosse Soldaten, sie koͤnnen aber doch denen Spaniern eine diversion machen, Ceuta belagern und sonst behuͤlfflich seyn. Wie wir wider den Duc d’Anjou Krieg gefuͤhret, so fehlete es uns an Pferden. Von Engeland konnte man die Pferde nicht hinuͤber bringen, weil sie den Sturm nicht koͤnnen ausstehen, so hat der Koͤnig von Marocco zwoͤlff tausend Pferde nach Spanien gelieffert. Wer sollte gedacht haben/ daß die Roͤmer und Francken wuͤrden zusammen in eine alliance treten, und doch ists geschehen, wie der Attila, der Hunnen Koͤnig eingefallen, da schlugen sie ihn bey Chalons aus dem Felde. Die grossen Herren muͤssen auch so beschaffen seyn, daß sie nicht lange Zorn halten, weil das interesse changi rt. Wie die Hollaͤnder den Frieden zu Nimwegen ge- schlossen, und den Chur-Fuͤrst, Friedrich VVilhelm en, ausgeschlossen, war er sehr erbittert wider die Hollaͤnder, so gar daß er auch einige harte Worte wider den Hollaͤndischen Gesandten ausgestossen; Der Hollaͤn- dische Gesandte sagte: Er saͤhe wohl, daß der Chur-Fuͤrst boͤse, aber es Z z wuͤr- Cap. V. De prudentia wuͤrde sich bald changi ren, es waͤhrete auch nicht lange, so wurden sie wieder Freunde; Denn Franckreich machini rte von neuen, so war der Chur-Fuͤrst necessiti rt von neuen zu schliessen mit Holland. Es koͤmmt bisweilen commune periculum, da diejenigen wieder Freunde werden, welche vorher einander als Feinde tracti rt. Die Venetianer und Pabst Julius II. waren grosse Feinde, wie aber der Krieg zwey Jahr gewaͤhret hatte, so waren sie wieder Freunde, und machten seditiones contra alios. Dieses kan man also aus der experience sattsam sehen, wenn man auch nur die Gazett en und Histoire du temps siehet. Kayser Maximilianus, ob er gleich sonst zugestanden, daß man nicht bestaͤndig eines sein Feind seyn koͤnne, hat doch uͤbel raisonni ret, da er mit denen Venelianern nicht Friede machen wollte, und doch war kein Krieg. Keiner hat den andern vieles gethan, weil sie alle beyde schwach waren. Maximilianus hat gesagt, er haͤtte ein roth Buch, in welches er alle injurias geschrieben, so ihn die Frantzosen und Venetianer angethan. Bey denen Frantzosen hat er es vergessen, aber weil die Venetianer klein waren, wurde er hoch- muͤthig, und wollte keinen Frieden machen. Die Venetianer aber ha- ben ihm grossen Tort gethan; Daher auch Carolus V. so bald er auf den Thron kam, mit denen Venetianern Friede machte. Was vor Bun- des Genossen man wehlen sollte? §. 8. Leute, die keinen politischen Verstand haben, dencken, man solle nur mit æqualibus fœdera machen, als wenn wir allezeit das tem- po in der Hand haͤtten, und koͤnnten thun, was wir wollten. Man muß die Gelegenheit in acht nehmen. Die Schul-Fuͤchse haben in dem Ju- stino vom Philippo Macedone gelesen, daß derselbe mit denen kleinen Ob potentio- res? Staͤdten fœdera geschlossen, und dieselben nach einander verschlungen, wodurch tota Græcia ad Philippum kommen. Von diesen particularit aͤ- ten schliessen sie auf alle casus. In denen gemeinen politischen Buͤchern findet man allezeit dieses raisonnement. Es ist wahr, man hat Gefahr bey einem potentiori. Die Republic Venedig hat auch die maxime, daß sie nicht leicht cum potentiori ein fœdus macht. Cominæus hat selbst wegen einer alliance in Venedig negotii ret, da Carolus VIII. Neapolis wegnehmen wollte. Die Venetianer haben sich nicht wollen declari ren. Auf die letzt, da sie sahen, daß die Frantzosen heraus musten, so conjun- gi rten sie sich mit andern. Also, ob sie nicht gleich gerne sœdera offen- siva und defensiva machen, so geben sie sich doch manchmahl. Comi- næus hat gemeynet, sie wuͤrden sich gar nicht bequemen, hat sich aber betrogen. Man muß freylich allezeit gewaͤrtig seyn, daß der potentior den impotentiorem supprimi ret. Wir haben wenig Exempel, da der cliens den potentiorem uͤber den Kopff gewachsen, ausser dem Pabst, wel- status circa fœdera \& Legatos. welcher revera unter dem Kayser gestanden, und sich doch hernach in die Hoͤhe geschwungen. Die Ursach, warum viele Politici in Teutschland gemeynet, man solle nicht cum potentiori ein fœdus machen, ist auch, weil sie wahrgenommen, daß diejenigen in Teutschland, welche mit Franck- reich geschlossen allezeit uͤbel davon gekommen, theils daß Franckreich profiti rt, theils, daß sie von Land und Leuten gejagt worden. Der Chur-Fuͤrst Moriz machte auch zu Torgau eine alliance mit dem Koͤnig in Franck- reich wider Carolum V. aber es giengen bald Mez, Tull und Verdun verlohren, deßwegen gieng auch Moriz wieder davon ab, und sagte: Es waͤre die intention nicht gewesen, in Teutschland Laͤnder wegzunehmen. Necessitas hat kein Gesetz, also auch nicht ratione potentioris, muß man sich in acht nehmen, man blami rt sonst den Hertzog von Savoyen, daß er nicht bestaͤndig sey, indem er bald dem Kayser, bald Franckreich an- haͤnget. Allein Bayle sagt: Solche Leute raisonni rten nur so obenhin, und verstuͤnden es nicht. Man hat wahrgenommen, daß einige gute Herren zeithero in Savoyen tegieret, aber sie haben sich nicht anders auffuͤhren koͤnnen; Sie sitzen zwischen zwey maͤchtigen Herren, Franck- reich und dem Kayser. Wenn sie mit Franckreich eine alliance gehabt, haben sie befuͤrchtet, daß sie wuͤrden von denen Spaniolen, die Mayland besassen, incommodi rt werden, und vicissim haben sie auch denen Spa- niolen nicht duͤrffen trauen, wenn sie mit denenselben eine alliance ge- habt, weil sie potentiores gewesen. Daher haben sie balanci rt, bald die- sen, bald jenen beygestanden. Es scheinet, daß dieses eine inconstantia, aber das interesse hat es nicht anders erfordert. Es waͤre eine Thor- heit perire cum aliquo, und die gloire machen, quod fœdera servemus. Wenn ich mit einem privat -Mann ein pactum mache, so muß ers hal- ten, wenn er auch gleich sollte zu Grunde gehen; Thut er es nicht, so ist er perfidus; Aber bey grossen Herren ists nicht so, ein jeder weiß, was sie vor einen finem, scopum haben, erhalten sie den nicht, so koͤnnen sie abgehen. Es finden grosse Herren immer Gelegenheit, daß sie koͤnnen abgehen. So hats Friedrich VVilhelm gemacht, wie man in denen memoi ren des Mons. Terlon lieset. Carl Gustav hat selbst gesagt, daß er sich auf alle Art und Weise in acht genommen, dem Friedrich VVil- helm keine Gelegenheit zu geben von der alliance abzugehen, aber in ei- nem eintzigen Stuͤck habe er es doch versehen, da denn Friedrich VVil- helm solches in acht genommen, und abgegangen. Beym Puffendorff wird man eine schoͤne passage finden hievon. Er machte erst das fœ- dus mit Carolo Gustavo, daß er wollte sein Vasall seyn. Carl Gustav wollte viel im commercio aͤndern, daraus wurde aber nichts, als Frie - Z z 2 drich Cap. V. De prudentia drich VVilhelm abgieng, und mit denen Pohlen einen Frieden machte. Ob man mit schwaͤchern ein fœdus machen solle? §. 9. 10. Quær. Ob man mit miseris solle allianc en machen? Respond. Wer allianc en machen will, der muß es bey Zeiten thun, weil er noch in gutem Stande ist, und ists ein Fehler, wenn ein Herr gar kei- ne allianc en macht. Brauchet einer sie gleich jetzo nicht, so koͤnnen doch viel tausend casus intervenire, da einer succumbi rt, hernach findet er kei- ne alliance. Lipsius hat in seiner politic von allianc en wohl raisonni ret. Es war ein Fehler von Carolo I. in Engeland, daß er keine allianc en ge- macht, und hieß es: Inopia amicorum me perdidit. Clarendon in sei- ner Histoire des Guerres civiles en Angleterre hat schrecklich auf die Fuͤr- sten in Europa loßgezogen, daß sie sich des Caroli I. nicht angenommen. Allein Carolus I. ist selbst daran Schuld gewesen, warum hat er nicht allianc en gemacht? Wer will sich meli ren vor einen Herren, da man proxime siehet, daß er wird zu Grunde gehen. So habe man auch wahrgenommen, daß obgleich auch Carolus II. in der gantzen Welt her- um gewesen, sich doch niemand seiner angenommen. Haͤtte er vorhe- ro socios gesucht, so waͤre es besser gewesen. Der Koͤnig Augustus in Pohlen, wie er lag, konnte nirgends ein fœdus finden. Er erinnerte uns der Erb-Vereinigung, wir sagten aber: Vermoͤge derselben waͤren wir zu vier hundert Mann verbunden, die wuͤrden ihm wenig helffen. Ar- me Leute sind gefangene Leute, und auch ruini rte Herren. Derjenige also, so infirmioris conditionis muß nicht gleich ein fœdus cum potentiori machen, doch kan er profiti ren, wenn die potentiores sonst ein interesse haben. e. g. Wie der Hertzog von Braganza in Portugall auf dem Thron stieg, so hatte es ein schlechtes Ansehen, alles war ruini rt, und kein Geld vorhan- den. Aber per accidens geschahe, daß ihm geholffen wurde. Denn die Hollaͤnder und Frantzosen sahen, daß sie durch Portugall Spanien schaden koͤnnten, deßwegen stunden sie demselben bey. Wenn man die Histoire des Richelieu lieset, so findet man, daß wenn der Karn ein- mahl in ein modericht Land geschoben worden, er sich nicht wollen en- gagi ren. Vassor in seiner Histoi re von Ludovico XIV. und Spanheim in seinen memoi ren von der Louise Juliana, der Mutter Friderici V. erzehlet als einen Fehler von demselben, daß er sich um keine allianc en bekuͤmmert. Wie er nun die Schlacht beym weissen Berge verlohren, wolte ihm nie- mand helfen. Richelieu sagte, warum er nicht bey Zeiten gekommen waͤre. Unter der Hand halff er ihm freylich, hetzte andere auf, aber in ein foedus offensivum wolte er sich nicht mit ihm einlassen. Richelieu sagt in seinem Test. Politique. Es waͤre ein Ungluͤck vor ein Volck, wel- ches status circa fœdera \& Legatos. ches einen schwachen Herren haͤtte, und besser, wenn er sich ohne anderer Huͤlffe koͤnte conservi ren, waͤre eraber schwach, so muͤste er auch auf allian- c en bedacht seyn. Der Koͤnig in Daͤnnemarck kan sich nicht conservi - ren, wenn er nicht foedera cum potentioribus machet, er waͤre laͤngst zu Grunde gegangen, woferne ihm nicht die Hollaͤnder beygestanden. Ein foedus Clientelare, Protectorium kan man gar wohl machen. Es ist auch unsern Teutschen Fuͤrsten nichts verboten. Also hat sich der Ertz- Bischoff zu Trier, Christoffel, in die protection des Koͤnigs von Franck- reich begeben; der Kayser improbi rte es zwar. Puteanus aber hat eine gantze dissert. de foederibus inæqualibus geschrieben, worinnen er solches defendi rt. Obrecht hat eine schoͤne dissert. de foederibus geschrieben, in welcher man alles, was man ratione jurium verlanget, finden kan. Ich selbst bin einsmahls willens gewesen davon zu schreiben, wie aber diese dissertation gesehen, habe solches unterlassen, weil nichts gefunden, daß koͤnte hinzu gethan werden (des Obrechts Opera hat man zusammen ge- druckt, und wird niemand gereuen, der sie kaufet. Man findet sowol juristische als politische Sachen in denselben. Er ist Catholisch worden, und war Prætor Regius in Straßburg. §. 11. Es kommen in diesem paragrapho zwey membra vor, 1) ob Ob mit Boͤsen und Unglaͤubi- gen ein Buͤnd- niß zu schlies- sen. man mit boͤsen Fuͤrsten solle foedera machen? 2) ob man mit Unglaͤu- bigen koͤnne foedera machen? Was das erste betrifft, so ist zu mercken, die Gelehrten sind abstractionist en, sie bilden sich ein, gleichwie man von einem Privat -Mann sagen koͤnne: Noscitur ex socio, qui non cognoscitur ex se, so habe es auch bey denen Fuͤrsten statt. Diejenigen Fuͤrsten, welche mit gottlosen Fuͤrsten alliance machen, waͤren ebenfals gottlose; Es ist aber ein abgeschmacktes raisonnement, grosse Herren leben alle in statu naturæ. Der status naturæ ist kein Stand der Wiedergebuhrt, alles gehet nach dem interesse, nach denen passionibus. Also ists abge- schmackt, wenn man sagt: Fromme Fuͤrsten muͤsten mit frommen Fuͤr- sten allianc en machen. Hier koͤmmts auf keine Froͤmmigkeit, auf keine amicitiam an; Wo sind die Republiqu en, so fromm sind? Die Leute betrachten nicht, wie heut zu Tage die Republiqu en beschaffen sind. Ja wenn kein Regent einen andern affect haͤtte als honestatem, er waͤre sua sorte contentus, so wuͤrde alle Unruhe cessi ren, alle Kriege wuͤrden auf- hoͤren. Im Tausendjaͤhrigen Reiche wirds so seyn, ob aber das kommen wird, weiß ich nicht. Wenn wir aber Europam consideri ren, so ist der- gleichen status nicht zu hoffen. Man siehet, wie die Leute geschoren wer- den, wie die Europaͤer die Indianer vexi ren. Den statum Europæum muß man consideri ren, da werden Fromme und Boͤse gefunden, denn Z z 3 man Cap. V. De prudentia man suchet sich zu retten und zu conservi ren, ne pereat nostra navis Rei- publicæ. Es koͤmmt darauf an, ut potenter defendar, das koͤnnen auch boͤse thun. Man nimmt die boͤsen Buben, und schlaͤgt andere damit todt. Gleichwie unter einer Armee nicht lauter Wiedergebohrne sind, also ists auch bey einer Republique nicht zu hoffen. Hier kan auch ob- servi ret werden, daß ich mich darum bekuͤmmere, si alteri immineat pe- riculum, ob er justam causam hat oder nicht. Iacobus I. hat kindisch raisonni rt, da er seinem Schwieger-Sohn, Fridrich V. nicht het wollen beystehen, weil er malam caussam haͤtte, und sich wider den Kayser auf- gelehnet. O du armer Tropff! mancher denckt, er habe wohl raisonni rt, aber es ist albern. Hier kommts darauf nicht an: An Fridericus, Bo- hemiæ Rex, peccaverit? Es ist auch eine quæstio, ob er sich nicht de jure defendi ren koͤnnen, weil ihn doch die Boͤhmen gewaͤhlet. Gesetzt auch, es sey wahr, wie Iacobus raisonni rt, Fridericus habe malam caus- sam, so haͤtte er ihm nichts desto weniger beystehen koͤnnen, weil es auf ihn selbst wuͤrde losgegangen seyn, wenn Fridericus gaͤntzlich supprimi - ret worden. Es muß da eine balance unter den Potenz en in Europa gehalten werden, sonst supprimi ret einer den andern. Eben so wurde raisonn iret bey dem Koͤnige in Pohlen. Die Schweden sagten: Es koͤnte niemand demselben beystehen, weil er den Koͤnig in Schweden ohne raison attaqui rt. Wenn man auch wolte zulassen, daß er es ohne raison ge- than, wiewohl noch alles kan defendi ret werden, so kan man deßwegen nicht sagen, daß niemand ihm beystehen solte, und den Koͤnig in Pohlen lassen zu Grunde gehen. Wir sehen nicht auf justam caussam, sondern was nuͤtzlich ist. Wenn einer noch so justam caussam hat, so siehet man doch, daß, wenn er obtini ret, er hernach sucht andere zu supprimi - ren; Wenn er auch gut ist, ist deßwegen sein Successor so? daher ist niemand, der die conduite lacobi I. approbi ret, daß er seinen Schwie- ger-Sohn so sterben lassen. Die Raison d’Etat erfordert, andern bey- zustehen, das ist aber nicht Teufels-Werck, sondern ich suche mich da- durch zu conservi ren. 2) Quær. Ob mit Unglaͤubigen, mit denen Tuͤr- cken und Heyden, ein foedus zu machen? Der Autor sagt: Non facile. Andere meynen, man solle sich auf dem lieben GOtt verlassen. Allein, das ist hier keine Regel, sich auf GOtt zu verlassen. Man siehet frey- lich, daß GOtt in allem regieret, aber nicht immediate. Es ist ein Enthusiasmus, wenn man denckt, er wuͤrde eine Legion Engel kommen las- sen, und uns defendi ren. Sie raisonni ren nach der Juͤdischen Republique, da Simson mit des Esels Kinnbacken so viele Leute todt geschlagen, und wir haben doch jetzo eine gantz andere Republic. Es kommt gar nicht drauf status circa fœdera \& Legatos. drauf an, ob ich die Tuͤrckische Religion approbi re, oder der Tuͤrcke meine Religion. Wir haben einen hostem communem, der muß todt seyn, oder removi rt, oder imminui rt werden, sive id faciat Turca, sive Christianus. Todt ist todt; eine Wunde ist eine Wunde, weiter habe ich kein engagement. die Theologi, welche sonst in contraria sententia, muti - ren auch offt die medaille. Der Meyer zu Gripswalde hat auch sonst gemeynet, es gehe nicht an. Wie aber der Koͤnig in Schweden wi- der den Czaar mit dem Tuͤrcken eine alliance machte, so suchte er solches zu defendi ren in einem besondern Tractat. Ich habe einen extract davon gemacht, und ihm in etwas die Wahrheit gesagt. Darinnen bin ich mit ihm einig, daß das foedus angehe, aber daß er durch Verdre- hung einiger Biblischen Spruͤche solches suchet zu defendi ren, approbi re ich nicht. Man hat dieselben gar nicht noͤthig, sufficit, daß ich nicht schuldig bin, von andern mich supprimi ren zu lassen. Dicis: Der Tuͤrcke kan doch dadurch grosse avantage haben? Resp. Ich sehe hier nur darauf, daß mein Feind soll todt seyn, interim aliquid fit, man kan darnach schon vorbeugen, daß er keine avantage hat. Incommoda sind freylich dabey, das ist kein Zweifel, aber incommoda sind bey allen fœderibus. Es ist bekannt, daß durch die Uneinigkeit der Christen, die Tuͤrcken eben solche progress en gemacht; Diesem allen ohngeachtet, will einer doch nicht gerne ein Sclave werden, haͤtte sich denn der Schwede sollen von dem Czaar und andern lassen verschlucken? Wie der Kayser Fridericus II. eine alliance mit denen Saracenen wider die Christen gemachet, so hatte der Pabst ein grosses Lermen. Aber er sagte ebenfals: Sie sind meine Feinde, und muͤssen todt seyn, das mag ein Saracene oder Christ thun. Grorius und Puffendorff haben diese Frage auch decidi ret, und gehen groß um den Brey herum, welches man aber nicht noͤthig hat. Aber dieses setze ich politice dazu, daß man nicht leicht ein sœdus mit denen Unglaͤubigen machen solle. Wenn es moͤglich ist, so setze man solches bey Seite, oder lasse dasselbe nicht eclati ren. Sie haben eben verursachet, daß der Tuͤrcke anno 1683. vor Wien kam, da sie es eclati ren lassen, hats ihnen Schaden gethan. Bayle hat sub voce Francisci I. observi ret, daß derselbe eine oͤffentliche alliance mit denen Tuͤrcken geschlossen, welche ihm lauter Schaden gebracht. Carolus V. nahm das tempo in acht, und sagte: Sie sollten sehen, was Franciscus I. vor ein Herr waͤre, er hetzte den Feind der Christen ihm auf den Halß, dadurch ward Fran- ciscus I. sehr odieux. Bayle erzehlet, daß, wie etliche Gesandten von Francisco I. an unterschiedene Teutsche Hoͤfe geschicket worden, so habe das Volck dieselben nicht wollen passi ren lassen, und gesagt: Es waͤren Fran- Cap. V. De prudentia Frantzoͤsische Hunde, welche mit denen Tuͤrcken ein fœdus gemacht. Carolus V. hat auch einen Titul drucken lassen, welchen Franciscus I. an den Tuͤrcken geschrieben, der sehr hoch gewesen. Aber man meynt, es habe Carolus V. solchen ex calumnia verfertigen lassen, deßwegen kan man sagen: non facile muͤsse man mit solchen ein fœdus machen, wenn gleich ratione juris gewiß ist, daß es nichts zu bedeuten, so sind doch nicht alle Leute deßwegen versichert. Bey der letzten alliance aber mit denen Tuͤrcken haben die Frantzosen avantage gehabt, da haben sie Louis d’Or in Constantinopel passi ren lassen. Denn der Mufti und Groß- Vezier sind fripons von profession, sie sind interessi rt, wer am meisten bietet, der gewinnt. Hiervon kan man artige remarqu en lesen in dem Espion des Cours de l’Europe. Der Koͤnig in Schweden meynte sich durch den Tuͤrcken zu retabli ren, er wuste aber den Zustand in der Tuͤr- ckey nicht recht, ja wenn er Geld gegeben haͤtte, wuͤrde er reussi ret ha- ben, so aber gedachte er Geld zu haben. Er offeri rte Geld, aber der Czaar uͤberboth ihn immer besser; Ob ich zwar erinnert, daß man nicht kan Achtung geben, ob einer ein Christ oder ein Tuͤrck, so muß man doch sehen, ob der andere betruͤglich, und da ist eine grosse prudence zu beo- bachten, daß man nicht hinter das Licht gefuͤhret wird. Grosse Herren koͤnnen nicht sagen: Er hat mich betrogen, ergo will ich nicht mehr mit ihm zu thun haben. Wie Ludovicus XII. vom Ferdinando Catholico so beluchst worden, und seine Gesandten sagten: Ludovicus XII. wollte nichts mehr mit ihm zu thun haben, weil er ihn dreymahl betrogen, so hat Ferdinandus gesagt: Zwoͤlff mahl habe er ihn beluchst, doch wuͤrde er ihn schon wieder brauchen. Hobbesius sagt: Es sey gut, daß man mit perfidis nichts zu thun habe, giebt aber die cautel, daß, wenn man mit einem solchen ein fœdus habe, so solle man machen, daß der andere das fœdus zuerst exequi rt, wollte er nicht, so muͤsse man gleich wieder abgehen, da schade es nicht, exequi rte er es erst, so hast du keinen Scha- den. Wir sind bey dem Ludovico XIV. immer so ehrlich gewesen, und haben alles zu erst restitui ret, hernach hat er auf seiner Seite alles ver- zoͤgert, und nichts geben wollen. Amelot in seiner Dedication an den Koͤnig in Franckreich, welche vor des Græcians l’homme de Cour stehet, saget: Seine Nachkommen wuͤrden von ihm sagen, was Philippus II. von dem Ferdinando Catholico gesagt: Dieser waͤre Ursach, daß Spa- nien potens worden, er haͤtte dieses bey Franckreich zuwege gebracht. Den Ferdinandum Catholicum halten aber die Frantzosen vor einen fourbe. Ist also eine greuliche sottise von dem Amelot, daß er hiedurch Ludovicum XIV. wollen loben. §. 12. status circa fœdera \& Legatos. §. 12. Ein fœdus ist revera nichts anders als ein pactum solen- Was bey Auf- richtung der Buͤndnisse uͤ- berhaupt in acht zu neh- men. niter initum. In pacto muͤssen consentientes seyn. Der consensus muß nicht allein auf einer Seite clarus seyn; sondern auch der andere, mit dem ich schliesse, muß facultatem se obligandi haben und consenti ren: Bey einem Principe giebts hier keine dubia. Der Koͤnig in Franck- reich mag seyn zu Paris oder zu Versailles, so kan ich allezeit mit ihm tracti ren. Bisweilen aber sind es solche formæ rerumpublicarum, da man kaum wissen kan, ubi resideat summa potestas; daher ist noͤthig, ei- nen solchen Staat erst recht zu erkennen. Wenn grosse Herren erst auf die Gedancken fallen, daß sie niemand wollen reisen lassen, magnopere peccant, sie muͤssen ja Leute haben, welche ein Land kennen, und da- selbst koͤnnen negotii ren. Ich habe wahrgenommen, daß deßwegen Kauffleute in consideration kommen, weil sie gereißt. In Ansehung Persiens hat der Koͤnig von Franckreich keinen bessern finden koͤnnen als Mons. Chardin, einen Kauffmann, er hat seine Voyage nach Persien be- schrieben, worinnen man nicht nur ratione commercii und ratione nego- tiorum publicorum, sondern auch in Antiquit aͤten treffliche Nachricht findet; Die letzte edition von seiner Voyage bestehet in zehn Baͤnden in groß duodecimo, welches die beste edition. Wie der Czaar mit dem Chinaͤsischen Kayser negotii ren wollen, hat er den Isbrand, buͤrtig aus Holland genommen. Dieser hat auch eine Beschreibung von seiner Voyage edi ret, in welcher man curieus e Sachen von China und Moscau findet. Wie kan der negotii ren, welcher den statum reipublicæ nicht weiß? Daher, wenn Leute mangeln, so an dem Orte gewesen sind, muß man solche nehmen, die ex aliorum lustris sich informi rt; Denn uͤberall kan einer nicht hinreisen. Man sagt, mit denen Venetianern waͤre uͤbel zu negotii ren, weil sie was besonders haben. Wenn Franck- reich einen Ambassadeur hinschicket, so werden allezeit etliche Leute mit geschicket, welche sie von dem Venetianischen Staat informi ren muͤssen, die werden hernach employi rt. In der Schweitz ist auch schwer zu ne- gorii ren. Der Koͤnig in Engeland hat den Doctor Fabricium, einen Theologum von Heidelberg gebraucht, weil derselbe sich lange in der Schweitz aufgehalten, und ihren Staat gekennt. Man muß sehen, wer das jus fœdera pangendi habe, wer muͤsse requiri rt werden, daß er darein consenti re. So ists auch in unsern Teutschen Reiche schwer, denn da muͤssen alle Principes und status imperii consenti ren, wenn ein fœdus soll guͤltig seyn, man muß wissen, was eine jede Republique vor Maxim en fuͤhret; daher ist eben die neue Historie hoͤchstnoͤthig. Burner in seinen Memoi ren, welche erst nach seinem Tode publici rt worden, A a a sagt Cap. V. De prudentia sagt von dem Jean de VVitt, daß er ein Mann von einem grossen ju- dicio gewesen, habe auch die Mathesin gut verstanden, und die Algebra in commerciis vortrefflich wissen zu applici ren, aber er habe nur die alte Roͤmische und Griechische Historie gewust; Daher sie auch in Holland nur die Griechische und Roͤmische Historie studi ren. Burnet sagt deß- wegen: Der VVitt habe sich sehr betrogen, daß er nicht auf das genie der Fuͤrsten und Ministres acht gegeben, und die neue Historie nicht stu- di ret. VVitt meynete, es kaͤme alles auf das principium an, daß man saͤhe, quænam ntilitas redundet in hanc rempublicam, davon wuͤrden die Fuͤrsten nicht abgehen, da doch vielmehr die Fuͤrsten sollen dabey blei- ben. Die alte Welt muͤssen wir auch wissen, aber mehr auf die neue sehen, was sie vor maxim en, vor interesse habe. Hier ist des Hertzogs von Rohan sein Buch zu recommendi ren, welcher zu Zeiten des Her- tzogs Bernhardi Grand-Capitain gewesen; Seine maxim en sind vor- trefflich, und obgleich sich eines und anders changi ret, so ist doch noch das meiste. Le Vassor sagt auch: Er habe nicht leicht ein politisch Buch gesehen, daß so lange gedauret als dieses. Derjenige ist ein absurd er Mensch, so mit denen Schweitzern sucht eine offensiv-alliance zu schlies- sen. Vor diesem, da sich ihre Republique angefangen, konnten sie eher darzu gebracht werden, nach der Zeit aber haben sie bestaͤndig die maxime gehabt: Pacem te poscimus omnes. Sie ergreiffen nicht eher die Waffen, bis sie selbst attaqui rt werden. Daher hat man an dem Koͤnig VVilliam getadelt, daß er mit denen Schweitzern eine offenfiv- alliance wider Franckreich schliessen wollen. Er ist auch nicht reussi rt. Derjenige wird eher reussi ren, welcher sie sucht zu disponi ren, daß sie in Ruhe bleiben. Die Schweitzer bleiben immer neutral. Im Reich hat man auch ein Spruͤchwort: Ich bin neutral, wie die Schweitzer. In gewisser massen haben sie raison. Da jetzo der status in Schweden sich gantz changi rt, so ist schwer ein fœdus zu schliessen. Man muß wissen, quæ competant jura regi, reginæ, statibus imperii. Observi rt man dieses nicht, so gehen sie ab, wenn sie eine desavantage sehen. So ist es dem Kayser Friedrich und Maximiliano ergangen. Die Ungarische Crone war ihnen versprochen, wie es aber zum Treffen kam, so sagten die Un- garn, es haͤtten sich nicht alle proceres unterschrieben, damit gieng Maximilianus neben der Ungarischen Crone vorbey. Wie Cromwell Protector worden, und der status sich changi ret, so suchte jedermann mit Engeland alliance zu machen, niemand aber wuste, mit wem es geschehen sollte. Das Parlament hat sich viel attribui ret, und Crom- status circa fœdera \& Legatos. Cromwell attribui rte sich auch viel. Der Cardinal Bentivoglio Er ist in denen Niederlanden bey dem Hertzog Albrecht gewesen. Seine re- lationes sind admirable geschrieben; Man hat seine opera in Paris zusammen gedruckt in Folio; Bey welchen aber die Memoi ren nicht sind, diese sind vor einigen Jahren Frantzoͤsisch heraus kommen. sagt in seinen Memoi ren: Er haͤtte in Franckreich, Spanien und Italien ne- gotii ret, aber es sey ihm nirgends so sauer worden als in denen Nieder- landen, weil er das Volck nicht gekennet, und die Historie nicht gewust. Er ist endlich doch reussi rt, weil er alle qualit aͤten, welche zu einer nego- tiation erfodert werden, besessen. Der Cardinal Perron war ein habile homme, der in Franckreich und andern Orten gewesen; Er wollte als ein Ambassadeur nach Rom gehen, und Henricum IV. mit dem Pabst aussoͤhnen, allein man ließ ihn nicht allein hingehen, sondern gab ihn den d’ossat als einen Assisten ten mit, welcher den Roͤmischen Hof kann- te, und alle subtilit aͤten aus studi ret hatte. §. 13. 14. Beym modo ist auch viel zu observi ren; Was zu ei- Von Bevoll- maͤchtigung der Gesandten und was bey Ausfertigung der. Tracta ten zu observi ren. ner negociation erfodert werde, kan man finden in des Calliores Tractat de la Maniere de negocier avec les Souverains. Der Callieres ist selbst Ambassadeur auf dem Frieden zu Ryswick gewesen. Obgleich das Buch nicht vom Himmel hoch ist, so ist es doch noch wohl zu gebrau- chen. In des Culpisii Tractat de jure Legationum imperii sind freylich solidere Sachen. Es wird hier gar viel erfodert. Man giebt denen Ministris ein Archiv mit. Hodie, da man nicht so in die Archive kom- men kan, so hat man doch viele Tractat en, so hier zu gebrauchen. Da- hin gehoͤret das Recueil de Traités, worinnen meist neue Sachen, und gehet es bis auf unsere Zeiten; Alles ist in der original -Sprache ge- druckt, und zugleich in andere uͤbersetzet. Es wird jetzo von neuem ge- druckt, viel vermehrter. Man hat observi rt, daß, wie Otto Pack so ein Lermen in Sachsen gemacht, und dem Landgraf Philipp von Hessen einen Tractat zugeschickt, welchen der Hertzog George von Sachsen ge- macht haben soll, der Landgraf leicht observi ren koͤnnen, daß er nicht aͤcht, weil der stilus curiæ nicht observi ret worden. Ein Ministre muß gleich koͤnnen einen Entwurff machen, da muß er eine Lecture haben; Aber hodie hat man genug Sachen; Die Frantzosen haben zu erst an- gefangen ihre negociations drucken zu lassen, denen hernach andere na- tiones gefolget. Mons. Amelot, der uͤber den Tacitum geschrieben, hat alle Tractat e, welche der Koͤnig in Franckreich mit Spanien geschlossen, bis auf Ludovicum XIV. heraus gegeben in etlichen Quartan ten, welche A a a 2 aber Cap. V. De prudentia aber alle auch in Recueil de Traités stehen. Wer negotii ren will, muß wissen, was zu einer Vollmacht erfodert wird, daruͤber wird offt lange disputi ret. Es wurde von einem gewissen Hof ein Gesandter an dem Koͤnig in Schweden medio in bello geschickt, der gab ein erediti uͤber, und dachte, der Koͤnig wuͤrde ihn gleich annehmen, aber er war legatus hostilis, haͤtte auch sollen Passeports ausbitten, welches er nicht gethan, daher wurde er arreti rt. Viele meynten, der Koͤnig in Schweden ha- be unrecht gethan, aber es war allerdings recht. Hier muß einer klug seyn und wissen, was zum negotii ren gehoͤrt. Die Portugiesen schlossen mit dem Koͤnig von Fez und Marocco einen Tractat, worinnen sie ver- sprochen, sie wollten ihm viele Vestungen aushaͤndigen, nachgehends hielt es der Koͤnig in Portugall nicht, da war der Koͤnig von Fez und Marocco boͤse, und sagten: Die Christen waͤren Betruͤger, allein die Portugiesen sagten: Die Gesandten haͤtten gar wohl moͤgen Lissabon versprechen, deßwegen waͤren sie nicht schuldig solches zu halten. Wie die Schweitzer wider Franckreich so gluͤcklich waren, daß sie gar vor Paris gehen wollten, so sagte der Hertzog von Tremoville, er habe von dem Koͤnige ordre zu tracti ren, und versprach ihnen grosse Summen; daher sich auch die Schweitzer zuruͤck zogen, da sie hernach das Geld verlangten, so sagte der Koͤnig in Franckreich, er habe keine ordre ge- geben, sie sollten sich an den Hertzog von Tremoville halten. Seit der Zeit sind die Schweitzer schlauer worden. Grotius hat in seinem jure Belli \& pacis Lib. I. Cap. III. und Lib. III. Cap. III. Nachricht gegeben, was ratione formæ und modi pangendi fœdera zu observi ren, so wohl was noͤthig secundum regulas prudentiæ als regulas justitiæ. Die Tuͤr- cken halten davor, daß sie an kein fœdus gebunden, welches nicht in der Arabischen Sprache, in der Sprache des Mahomets aufgerichtet. Wer also mit denen Tuͤrcken eine alliance schliessen will, muß ein Arabisch fœdus machen; Dieses hat auch Puffendorff in J. Nat. \& Gent. obser- vi ret. Drum haben auch die Frantzosen beschlossen, in keiner lingua peregrina ein fœdus zu schliessen. Wer es thun kan, der thut wohl, denn man ist seiner Sprache besser kundig, als einer fremden, das Cis und Trans haben die Brandenburgischen Gesandten Wittgenstein und Loͤben nicht recht verstanden, welches hernach dem Churfuͤrsten auf zwantzig Meilen Landes geschadet, so er mehr an Schweden abtreten muͤssen. Daher hat er hernach die Professores an seinen Hof gezogen. Wie der Mazarini die Spanische Infantin, Mariam Theresiam vor den Ludovicum XIV. gesucht, so schrieb der Cantzler Tellier an den Mazari- ni. Die Anna von Oesterreich, Ludovici XIV. Mutter habe gemeynet, er status circa fœdera \& Legatos. er gebe sich zu viel Muͤhe, und es waͤren doch so viele renunciationes vorhanden, daß es dem Ludovico nichts helffen wuͤrde, wenn er sie gleich heyrathen wuͤrde. Mazarini aber schrieb zuruͤck: Er sollte der Koͤnigin sagen: Sie sollte es nur gehen lassen, er wollte schon ein Woͤrtgen mit einfliessen lassen, daß die renunciation nicht viel helffen wuͤrde. Es sind also viel exempla, da man uͤber die fœdera disputi rt. Die Ne- gocian ten sind wie die Advoca ten, sie machen immer ein Haͤckgen dran, daher muß man auf die cautelas bedacht seyn. Da man den Maximi- lianum blami ret, und gesagt: Die Koͤnige hielten nichts, so hat er ge- sagt: Sie hielten alles, aber cum glossa. Glossa vero plus valet quam lex. Sie machen chican en explicationes. Es ist auch nicht genug, daß man sich vorsiehet bey der Aufsetzung, die subscriptiones muͤs- sen aufrichtig seyn, und alles ratifici ret werden. Die exemplaria muͤssen alle mundi ret werden. Bey dem Friedens-Schluß hat man die exemplaria mundi ret, und wenn man gefunden, daß etwas ausgekratzt gewesen, so hat es gleich muͤssen anders geschrieben wer- den. Gute Copisten, Leute, die deutlich schreiben, muͤssen da seyn. Carolus V. hatte dem Landgraf Philipp von Hessen versprochen, ihn mit einiger Gefaͤngniß nicht zu belegen, hernach machte er ewige Gefaͤngniß daraus. Videatur Hortleder in Ursachen des Teutschen Krieges. Freylich wenn ich so die Sache ansehe, so dencke ich, pactum ist ein pactum, und wenn gleich nicht alle subscrib irt, muͤsse es doch gelten; Allein sie sagen alsdenn, aliquid deesse, es waͤren nur punctationes. Wir finden bey dem Muͤnsterischen Frieden, daß, wie die Frantzosen mit denen Spa- niern geschlossen, und der Comte d’Avaux schon unterschrieben, so zerriß der Servien den Tractat, und unterschrieb ihn nicht, wodurch der Comte d’Avaux prostitui ret worden; aber Servien hatte heimlich instructiones. Wer solte dencken, daß die ratification en so viel ausmachten? Sie wech- seln gegen einander die Plenipotenz en aus, damit sie hernach einander uͤberzeugen koͤnnen, daß die Gesandten dergleichen Vollmachten gehabt; dieses alles hilfft noch nichts, wenn nicht die ratification dazu kommt. Sie sagen, die Gesandten koͤnnen etwas mit einfliessen lassen, das dem Herrn nicht anstaͤndig, deßwegen muͤste es beschworen und ratifici ret seyn. Wie es mit Neapoli so schlecht stunde, so muste Philippus von Oester- reich, Caroli V. Vater, mit dem Koͤnig in Franckreich im Nahmen Fer- dinandi Catholici tracti ren, und Napoli abtreten. Indessen aber schlug der Gonsasvo den Hertzog von Nemours zweymahl aus dem Felde, da sagte der Koͤnig in Spanien: Es sey kein Friede gemacht, weil er noch nicht ratisici ret worden. A a a 3 §. 15. Cap. V. De prudentia Von Ratifi- cation derer Tractat en. §. 15. Die grossen Herren scheinen zwar als Privat -Leute alles dasjenige, was sie versprochen, zu halten. Ein homo nobilis, ein prin- ceps muß sich auch in seinen privat-actibus in acht nehmen, daß er nicht erfunden werde, als ob er sein Wort nicht hielte; Aber da man weiß, daß die grossen Herren alles aus Interesse thun, so hat man bestaͤndig einen soupçon, daß sie moͤchten abgehen. Daher fodert man bey fœde- ribus munimenta, das sind pignora, obsides, \&c. Man wird sehen, daß bey denen meisten Friedens-Schluͤssen Garants erwaͤhlet werden, die ge- waͤhren sollen den Frieden, ne quis recedat, und den contravenient en zwingen, dabey zu bleiben. So haben wir Garants gehabt bey dem Nimwegischen Frieden. Dergleichen hat man auch bey dem Frieden zu Oliva angenommen. Die Garants nehmen offt ihr officium nicht in acht, bisweilen aber wuͤrcken dieselben und laͤßt man sie nicht gerne fah- ren. Wir haben gesehen, daß die Garants bey dem Olivischen Frieden sich wegen der Thornischen affaire gereget; Sie haben sonst mit Pohlen nichts zu thun, aber in dem Frieden zu Oliva ist versehen, daß die Pro- testant en, welche dazumahl ihr exercitium religionis in Pohlen gehabt, bestaͤndig solches behalten sollen. Da nun solches nicht geschehen, da- her regten sich nicht nur diejenigen, welche den Frieden gemacht, sondern auch die Garantie uͤberkommen hatten, als Engeland und die Hollaͤn- der ꝛc. die wurden alle implici rt, ut faciant, daß das foedus inconcussum bleibe. Manchmahl aber bekuͤmmern sich die Garants wenig darum. Also war Carolus II. Garant bey dem Frieden zu Nimwegen, welcher aber Luxembourg von Franckreich ließ wegnehmen, welches die Spa- nier sehr verdrossen. Wenn es also auch gleich superfluum, Garants zu nehmen, superflua tamen non nocent. Man laͤßt sich auch obsides ge- ben, man laͤßt sich fidejussores, pignora stellen. So hat sich Fridrich VVilhelm von der Republique Pohlen lassen die Polnische Cron versetzen, mit der condition, wenn sie in gewisser Zeit nicht eingeloͤset wuͤrde, sollte der Chur-Fuͤrst Elbingen statt dessen wegnehmen, donec Poloni satisfa- cerent. Wir bekamen Elbingen, welches wir auch so lange behalten, bis die Pohlen alle Geld-Summen abgetragen. Fridrich VVilhelm hat durch Beyhuͤlffe der Daͤnen etliche Spanische Schiffe arreti ren lassen, davon etliche Subsidi en-Gelder vorbehalten worden. Die Koͤnigin Eli- sabeth trauete dem Koͤnig in Franckreich nicht, und ließ sich sideiussores setzen, darzu nahm sie die Kauffleute in Paris, welche in Engeland zu thun hatten. Obrecht hat eine Dissert. welche hernach per modum tra- ctatus heraus kommen und bey seinen uͤbrigen operibus stehet, geschrieben sub tit. Sponsor pacis, worinnen man alles lesen kan, was von der Ga- rantie status circa fœdera \& Legatos. rantie kan gesagt werden; Er hat gewiesen, wie einer sich verhalten solle, wenn er mit betruͤglichen Herren zu thun hat. Man laͤßt die foe- dera beschwoͤren und braucht auch certas ceremonias. Es werden Lich- ter angezuͤndet, denn die grossen Herren lassen sich bisweilen durch aͤus- serliche Dinge so wol schrecken als gemeine Leute. Ein weiser Mann braucht keine Lichter, keinen Todten-Kopff, wenn er schwoͤren soll, aber die principes sind nicht allezeit sapientes, sie stecken in præjudiciis. In Sum- ma, man unterlaͤßt nichts, und machet die Sachen in Præliminari en aus, damit nach der Zeit keine weitern difficult aͤten entstehen koͤnnen. Will einer sicher gehen, so muß er auch dasjenige nicht negligi ren, was mi- nutum zu seyn scheinet, wenn gleich ein juramentum darbey, so halten sie doch offt nicht. Der Tuͤrcke hat seinen Mufti, und die Catholiquen haben den Pabst, welche sie davon absolvi ren, daher wird offt die Clausul mit angehaͤnget, daß man von keinem Menschen, der auch mehr als ein Mensch seyn wolle, dergleichen der Pabst, als Vicarius Jesu Christi, prætendi ret, sich wollte abwendig machen lassen a pacto, a juramento præstito. Diese clausul findet man bey der capitulation und auch bey dem Instrumento Pacis VVestphalicæ. Gleichwie aber unter privat -Leu- ten, wenn gleich alle cautel en observi ret werden, dennoch viele processe sind, so findet man noch vielmehr unter Principibus. §. 16. Von der Zeit, wenn foedera muͤssen gemacht werden, ist Von der Zeit, wenn Fœdera zu schliessen. in anteced. gehandelt worden; die Zeit muß man in acht nehmen, post hæc occasio calva. Es muß einer foedera machen, da er noch in gutem Stande ist. Es hat ein unbekannter Frantzose einen Tractat sub titulo Conseiller d’Etat geschrieben, welches ein altes Buch, aber vortrefflich zu gebrauchen, man kan sich dadurch habile machen zu allen negotiations. Dieser hat unter andern observi ret, daß wer negotii ren wolle, wenn sein Herr in grosser Noth, so muͤsse er die Noth nicht blicken lassen; die Schul-Fuͤchse meynen, wenn einer vorstellete, daß einer in einem mise- rabl en Zustande, so wuͤrde ein anderer eher zur commiseration bewogen werden. Die Bettler machen es so, die zeigen ihre strumpffe Hand, da geben ihnen die Leute etwas, damit sie dieselben loß werden. Aber ein grosser Herr, ein Ministre muß nicht so beschaffen seyn. Es lehnet sich gerne keiner an eine Wand, die einfallen will, wenn die Noth am groͤßten, muß ein Princeps magnanimus seyn; au contraire, je peribl er du die condition deines Principis vorstellest, je weniger wirst du erhalten. Videatur Silhons Ministre d’Etat, welcher bey dem Mazarini Secretaire gewesen, und alles nach denen principiis des Mazarini eingerichtet. Das tempo ist das beste; wenn ein potens aus der balance tritt, so kan man leicht Cap. V. De prudentia leicht mit andern in alliance kommen und viel erhalten. Die Portugie- sen konten vor diesem in Paris nur mit zwey Pferden fahren, wenn sie zur audience gelassen wurden. Aber weil der Koͤnig von Portugall ge- braucht wurde, wegen des Hertzogs von Anjou, so hat er vieles erhalten. Die Hollaͤnder haben einen trefflichen Commercien-Tractat von Franck- reich erhalten, wie der Koͤnig in Franckreich in die Spanischen Nieder- lande einfallen wollte. Denn Jean de VVitt stellete sich, als wenn er auf der Frantzoͤsischen Seite waͤre, hernach wurde doch nichts draus, indem Jean de VVitt sahe, daß, wenn der Koͤnig die Spanischen Nie- derlande verschlungen, wuͤrde er ohnfehlbar auf die Hollaͤnder seyn loß- gegangen. Was von ewi- gen Buͤndnis- sen zu halten? §. 17. Die fœdera haben pro fine utilitatem præsentem. Es kan seyn, daß die utilitas præsens lange continui rt wird in futurum. Aber deßwegen darff man nicht dencken, daß die fœdera in perpetuum seyn muͤssen. Es kan eine Gelegenheit kommen, da das fœdus nicht mehr nuͤtzt. Die Schweitzer haben ein ewiges fœdus unter sich gemacht, das ist aber forma quædam Reipublicæ, davon im I. N. \& G. gehandelt wird. Solche fœdera muͤssen bestaͤndig bleiben, ut eosdem habeant ami- cos. Eben ein solch fœdus findet man in Holland; Aber die fœdera mit Auswaͤrtigen muß man nicht ewig machen, sonst wenn man davon abgehet, so sehen sie es an, als ein periurium. Die Schweitzer sind hierinnen klug. Ludovicus XII. in Franckreich verachtete die Schwei- tzer, und nennete sie Berg-Bauren. Sie hiengen sich aber an dem Pabst, delogi rten die Frantzosen aus Mayland, und kamen bis nach Pariß, da sie eben der Hertzog von Tremoville weggebracht; Nach der Zeit sahen die Frantzosen, daß es ihnen nuͤtzlich, mit denen Schweizern gut zu ste- hen, daher hat Franciscus I. gesuchet, den Fehler zu verbessern, absonder- lich, da er die Schlacht bey Marignan wider die Schweitzer erhalten, da acht tausend Schweitzer auf dem Platz geblieben. Also machte Fran- ciscus I. mit denen Schweitzern ein fœdus. Die Schweitzer aber mach- ten es nur auf etliche Jahr, und wenn die Jahre um waren, so erneuer- ten sie das fœdus. Ludovicus XIV. hat ein ewiges fœdus wollen auf- richten mit denen Schweitzern, aber sie haben nicht gewollt. Sie sind gescheut, und sagen: Es koͤnne ja eine Zeit kommen, da ihnen das fœdus nicht zutraͤglich. Man weiß nicht, was vor Veraͤnderungen koͤnnen vor- gehen. Louis XIV. hat sie flatti rt, zu corrumpi ren gesucht, aber es hat alles nichts helffen wollen. Die Frantzosen sollten wohl eine Million geben, wenn sie ein ewiges fœdus mit denen Schweitzern machen koͤnn- ten. Ob man zwar auch an das fœdus æternum nicht gebunden, wenn das status circa fœdera \& Legatos. das interesse changi ret, so laufft doch der impotentior alsdenn allezeit Gefahr, und bekommt Krieg. Wenn die fœdera einmahl etabli ret sind, muß nicht leicht in denenselben etwas geaͤndert werden. So bald was geaͤndert wird, so kommen sie mit chican en, und sagen, es waͤre novatio vorgegangen. Wie der Koͤnig Friedrich in Daͤnnemarck mit denen Pohlen ein fœdus wider die Schweden geschlossen, so wollten die Poh- len etwas darinnen aͤndern, welches der Koͤnig in Daͤnnemarck nicht zu- lassen wollte, bis Friedtich VVilhelm die guarantie uͤbernahm, daß das alte fœdus sollte bestaͤndig bleiben. Videatur Puffendorff in reb. gest. Friderici VVilhelmi. §. 18. Die Eintheilung haͤtte der Autor zu Anfangs sollen tracti- Von Einthei- lung der Buͤndnisse. ren. Habemus fœdera bellica \& fœdera commerciorum. Offt ist nicht so viel gelegen an fœdera bellicis, als an fœderibus commerciorum. Der Koͤnig in Engeland hat seinem Volck vorgestellet, daß er mit dem Czaar ein commercium etabli rt. Es hilfft der gantzen nation, sonder- lich weil die commercia bey ihnen am besten nicht flori ren. Die Hol- laͤnder profiti ren das meiste aus dem commercio. Sie profiti ren aus Indien nicht nur, weil sie daselbst viel Land haben, sondern auch weil sie bey denen meisten Koͤnigen daselbst die monopolia haben. Videatur Grotins de I. B. \& Pacis. Habe ich monopolia, so kan ich meine Sa- chen so hoch schaͤtzen, als ich will. Kluge und gluͤckliche fœdera com- merciorum zu schliessen, supponi rt eine Wissenschafft vom commercio, da kan man hier keine regulas generales geben. Es muß einer die Welt kennen, was die Voͤlcker thun koͤnnen, und was sie thun wollen. Hol- land hat am besten flori ret, da der Iean de VVitt das Ruder gefuͤhrt, da man gesehen, quod semper ditiores fiant. Jetzo aber kommen sie her- unter, weil keine rechte Leute mehr da. Die beyden VVitte, so das mei- ste gethan, haben sie dennoch am aͤrgsten verfolget. Es ist nicht genug, daß man ein fœdus erhalten, sondern es muͤssen auch alle Kleinigkeiten exprimi ret werden. Wenn ein fœdus gemacht, daß so und so viel troup- pen sollen uͤberlassen werden, so muß alles ausgemacht werden ratione der Officiers, des proviants, der Leg-Staͤdte, wo das Geld soll ausgezahlet werden ꝛc. wo nicht alles exprimi ret ist, da giebt es nur disput en, wel- che lange Zeit waͤhren. §. 19-23. Ein Princeps muß das interesse anderer Fuͤrsten wis- Von Gesand- ten, deren Qualit aͤten, und dem Ge- sandten Cere- moniel. sen, deßwegen haͤlt er Gesandten. Hier koͤnnte ich viel generalia præ- mitti ren, wenn ich es wollte tracti ren, wie es die Sache erfodert. Allein man supponi rt viel aus dem I. N. \& Gent. Ein Student kan in einer disciplin nicht alles lernen. Es wird præsupponi rt, daß einer weiß, was B b b ein Cap. V. De prudentia ein Ambassadeur ordinaire, extraordinaire; ein Envoyé ordinaire \& ex- traordinaire; ein Agent ein Resident, ein Resident, der accrediti rt ist, wie ein Ministre public, denn wo dieses nicht ist, so ist der Resident nur ein Agent. Legati sunt necessarii, und der Herr, welcher das Geld scheuet in Ansehung der Gesandten, siehet sein interesse nicht wohl. Wenn man die Legatos ansiehet, so sind sie revera nichts anders, als Efpions, welche muͤssen die negotia publica tracti ren, allianc en machen fœdera commerciorum schliessen, und den Hof nach ihres Herrn interesse wissen zu dirigi ren. Der Resident, wenn er accrediti rt, so ist er nichts anders, als ein Envoyé ordinaire; sie werden auch so tituli ret, und ein Envoyé ordinaire will extraordinaire heissen. Das Wort, extraordinaire, wenn man es scholastice betrachtet, so ist es in der That nicht mehr, als ordi- naire, aber sie halten es vor mehr, und wenn man einen Envoyé nicht so tituli ret, wird er boͤse. Ein Agent ist kein Ministre, der bestellet nur Briefe, schickt Mehl, Austers, und was der Herr sonsten braucht. Die Pohlen haben keinen Resident en wollen leiden, und gesagt: Sie waͤren Espions. Die Tuͤrcken auch nicht. Es ist alles wahr, diesen ohngeach- tet, ist es doch recipi ret, und derjenige ist klug, so einen haͤlt. Immodicus muß einer nicht seyn, und zur Unzeit Gesandten schicken. Jacobus I. wollte keinen Degen ausziehen, und alles durch Gesandten ausmachen, welches ein grosser Fehler war. Daher, als Ferdinandus II. Imperator hoͤrete, daß Jacobus auf ihm boͤse war, so sagte er: Er frage nicht viel darnach, der wuͤrde schon Gesandten schicken, und die Fuchtel nicht aus- ziehen. Wenn ich einen Gesandten schicke, so ist meine intention, daß er soll recipi rt werden more consueto. Gleichwie ein Kauffmann offt viel erhaͤlt, weil er in credit ist, ob er gleich nicht so reich, als man ihn davor haͤlt. Also koͤmmt bey grossen Herrn auch viel auf die opinion an, daß die Leute ihn vor maͤchtig halten, wenn er es gleich nicht ist, da- her muͤssen grosse Herren nicht relachi ren, ratione ihrer Gesandten. Crom- well war sonst ein grobian, dem noch immer etwas von seiner schlech- ten extraction anhieng, doch kan man von ihm sagen, daß er sehr acht gegeben, damit seine Ambassadeur recht regardi ret worden. Wenn man es ihnen nicht wollen accordi ren, hat er lieber wollen Krieg anfangen. Wer philosophice von der Sache redet, der saget: Es liege nichts dar- an, er mag mich empfangen, wie er will, allein man hat alsdenn keine opinion von meinem Herrn. Hergegen, wenn der Gesandte von vor- nehmen Herren eingeholet, es wird ein Wirbel geschlagen, alles gehet praͤchtig und herrlich, da bekoͤmmt der penple einen concept, daß der Ge- sandte einen grossen Herrn angehoͤren muͤsse. Puffendorff in seinen re- bus status circa fœdera \& Legatos. bus gestis hat observi ret von dem Friderico VVilhelmo, daß derselbe sich hierinnen viel zu wege gebracht. Seine Gesandten haben am ersten vor dem Kayser den Huth aufgesetzet; Auf denen Friedens-Schluͤssen hat er auch viel erhalten; Wer mir das ceremoniel nicht will angedeyhen lassen, von dem dencke ich, daß er mich verachte; Grosse Herren wollen geehret seyn, sie lassen ihre Gesandten zuruͤck gehen, wenn sie nicht alles sollen geniessen. Vicissim weiß man auch andern die Ehre wieder zu be- zeigen. Ich bin nicht jederzeit schuldig, einen Gesandten anzunehmen, wenn ich keinen annehmen will, kan mich der andere nicht zwingen, aber man thut es nicht leicht. Die Pohlen werden uͤberall blami rt, daß sie keinen Resident en haben leiden wollen, denn es ist einmahl recipi rt, daß Ministri publici gehalten werden. Der Ambassadeur ordinaire, extraor- dinaire, Envoyé, sind alle Ministri publici, und ist hoc respectu kein Un- terscheid zwischen einen Ambassadeur und Envoyé. Hergegen ein Am- bassadeur ist zugegen cum charactere repræsentatitio, der ist nicht anders, als wie der principal selbst, er bedecket sich, wenn er audience hat, er faͤhret in die basse Cour, er muß mit so vielen Pferden eingeholet werden, als seinen principal geschehen wuͤrde. Man empfaͤnget ihm unten an der Treppe, oben wieder, man fuͤhret ihn in die Anti-Chambre, macht ihm die Thuͤr auf zu dem Zimmer, wo er audience haben soll; Er wird Ex- cellence tituli rt. Vor diesem hat man nicht denen Ambassadeurs den Titul Excellenz beygelegt, wie sie aber gesehen, daß dem Carl, Hertzog von Nemours, aus dem Hause Gonzaga, solcher beygeleget worden, so haben sie gemeynet, sie waͤren nicht geringer, und haben den Titul auf- gesucht, ihn erhalten, und ist es jetzo fast juris gentium, (wenn man jus gentium pro moribus gentium nimmt) daß die Gesandten Excellenz ti- tuli ret werden. Hodie kan ein jedweder, der sich in senatu gentium di- stingui ren kan, einen Ambassadeur schicken. Bey einem Grafen, oder ein- tzeln Stadt wuͤrde es sich nicht schicken, wenn dieselben wollten einen Ambassadeur cum charactere repræsentatitio senden. Es hat so gar bey denen Venetianern und Hollaͤndern hart gehalten ihre Ambassadeurs zu admitti ren, bey denen Schweitzern setzet es noch difficult aͤten. Wenn ich einen Gesandten annehme, so muß ich ihn recipi ren more consueto; mos consuetus ceremonias flatigat. Die ceremoniæ zeigen an, was vor Ehrerbietigkeit ich gegen den principal habe; Deßwegen muß der Ge- sandte nicht so naͤrrisch seyn, und dencken, es geschaͤhe alles um seinet willen. Die Gesandten sind bisweilen punctuel. Es ist gut, wenn man einen Introducteur des Ambassadeurs, einen Maitre des Ceremonies hat, denn man reguli rt alles mit den Gesandten. Wenn die Frantzosen ei- B b b 2 nen Cap. V. De prudentia nen Gesandten schicken, so hat man viel zu thun, bis man fertig wird, wegen des ceremoniels: Man vergleicht sich, mit wie viel Caross en der Ambassadeur soll abgeholet werden, was vor Bedienten dabey seyn sol- len, wenn die Bedienten schlecht sind, so verdrießt es dem Herrn. So verdroß dem Bernhard von Weymar, daß der Hertzog von Parma durch vornehme Herren zur audience geholet worden, und ihm wurden zwar auch Officiers geschickt, die aber nicht so vornehm waren, es wird allezeit ausgemacht, was vor Personen sich mit in die Carosse setzen sollen; Der- jenige ehret mich mehr, welcher mir seine vornehmsten Bedienten entge- gen schickt. Dicis: Es sind doch dieses lauter eitele Dinge? Respond. Wenn du alles das wegthun willst, was eitel ist, so darffst du keinen Huth aufsetzen, sondern in der Schlaff-Muͤtze gehen. Grosse Herren gehen nicht mit einander um wie Seiffen-Sieder, sie wollen geehret seyn. Hieraus kan man sehen, warum einer will solenniter audience haben. Es ist ein contemtus, wenn einer im Jagd-Hause, oder wenn er auf die Post steigen will, audience habe. Es mischt sich freylich hier ambitio- sum quid hinein, aber wir koͤnnen nicht alle ambition aus der Welt ja- gen. Wenn auch ein ambitiosus raisonni rt, so raisonni rt er nicht alle- zeit gantz unrecht. Wenn gleich der andere saget, er wolle es auch so genau nicht nehmen, wenn er einen Gesandten schicke, so hat man doch nicht noͤthig, hier nachzugeben. Ein Fuͤrst muß hier nicht opinaitre seyn. An denen meisten Hoͤfen haben sie reguli rte ceremoniels, wie e. g. der Englische, Spanische, Frantzoͤsische Gesandte recipi rt worden, dabey verharret man accurat, auf Seiten dessen, der schicket, und an dem ge- schicket wird. Wir sahen letztens in Portugall, daß der Hertzog von Bourbon haben wollen, der Abt Livry sollte prætendi ren, daß der Por- tugiesische Staats- Secretarius zu ihm zu erst fahren sollte, welches sein Lebtage nicht gewesen, und thun die Portugiesen wohl, wenn sie bey dem Alten bleiben, præcipue cum jam non sit clarum, Lusitanos indigere au- xilio Gallorum. Ich habe memoi ren von Daͤnnemarck gelesen, und ge- funden, daß die Daͤnen bey denen Englischen Gesandten, wegen des ce- remoniels etwas aͤndern wollen, welches aber der Gesandte, Vernon, nicht zugegeben, weil er gesehen, daß es zum præjudiz seiner Koͤnigin waͤre. Er hat sich aber doch endlich certis conditionibus accommodi rt. Weil das ceremoniel viel difficult aͤten macht, so siehet man nicht gerne, daß es gedruckt wird. Die ceremoni en werden groͤsser, wenn ich ande- re brauche. Daher mag ein ceremoniel reguli rt seyn, wie es will, so changi rt es immer noch. Die opinion, die einer hat von eines Princi- pal en potenz, welche er brauchet, verursachet, daß er nimmermehr Ehre erwei- status circa fœdera \& Legatos erweiset. Pileo parantur amici inter privatos, also sucht man sich auch bey einem grossen Herren zu insinui ren, weil man ihn mehr ehret, als consulta ratione. Die Hertzoge von Braunschweig hatten eine lettre an dem Koͤnig in Franckreich geschrieben, und verlangten von ihm, daß er sie eben so tracti ren sollte, wie die Chur-Fuͤrsten. Der Koͤnig in Franckreich schrieb zuruͤck an dem Croissy, die lettre waͤre huͤbsch gemacht, sie haͤtten auch raison, aber er brauche sie nicht, und gebe ihnen auch kein groͤsseres ceremoniel. Der Brief stehet in der negotiation von Nim- wegen, woselbst eben der Comte d’Estrades und der Croissy gewesen. Al- so kan man keine regulam absolutam generalem von dem ceremoniel ge- ben, weil es changi ret; Aber so viel kan man sagen, si recipis consueto modo, willst du mehr geben, das stehet bey dir, und must du zu sehen, ob du den andern brauchst. Weil nun die legati koͤnnen Gutes und Boͤses wuͤrcken, so gehet unser Autor die regulas durch. Sie sind Emis- sarii, und beschreiben den gantzen Hof. Ein legatus hat omnem securi- tatem, sein Hauß ist immunis, seine Religion ist frey, ich recipi re ihn, als einen Lutheraner, Reformirten, als einen Tuͤrcken, also ist absurd, wenn man ihm das religions-exercitium nicht lassen will. Dem Fran- tzoͤsischen Envoyé ordinaire in Schweden, wollten die Schweden seinen Gottesdienst nicht gestatten, er sagte aber, ihr habt mich einmahl reci- pi rt, und muͤsset mir solches gestatten, daher sich auch die Schweden ac- commodi rt. In dem Espion des Cours de l’Europe kan man artige passag en hievon finden. Die paquets sind immunes. Sein cabinet kan nicht visiti rt werden, sie sagen, es sey eine violatio des Voͤlcker- Rechts. Man kan auch nur sagen, es sey eine violatio des pacti taciti, dum recipio, recipio more consueto. Seine Carosse muß immunis seyn, obgleich dieses alles geschiehet, so trauet man ihm doch nicht. Der Gesandte trauet auch nicht, daher brauchen sie mehrentheils chiffres, daraus niemand was nehmen kan, der nicht den Schluͤssel da- zu hat; Denn mit Briefen ist hodie nicht mehr zu trauen, weil dieselben koͤnnen kuͤnstlich auf- und zugemachet werden, wenn es wichtige depech en sind, so kan der Ministre solches nicht mit der or- dinair en Post schicken, sondern es gehen estaffet en, und zwar laͤßt er da nicht einen postillion aussitzen, sondern einen von seinen Leuten. Es ist gar eine grosse Kunst Gesandter zu seyn; Alle Gesandten sind freylich suspecti, daher muß man ein wachsames Auge auf sie haben. Die Ve- netianer lassen keinen Nobili a part mit einem Gesandten sprechen, sie geben visit en, aber es sind mehrentheils Deput irte vom Rath dabey. Die Wahrheit zu sagen, so ist nicht absurd, was die Venetianer B b b 3 thun, Cap. V. De prudentia thun, denn die Gesandten machen intriqu en, corrumpi ren die Leute. Ein Herr muß deßwegen nicht toll werden, er weiß ja, daß es alle Ge- sandten so marhen, deine Leute kanst du einschraͤncken, daß sie nichts zu thun haben mit dem Gesandten, wie in Venedig geschiehet; daher ist in Venedig schwer zu negotii ren, und findet man, daß offt die Gesand- ten durch Bettel-Leute vieles erfahren, oder durch die Geistlichen. Gesetzt nun, ein Gesandter pecci rt etwas, kan nach denen regulis pru- dentiæ nicht der Princeps ihn strafen? Resp. Es ist noch sehr dubiös ra- tione justitiæ, ja wenn er feindlich agi rt, machet conspirationes, wie der Gillenbourg gethan, so waͤre es was anders. Cromwell hat so rai- sonni rt und gesagt: Wenn der principal da ist, und nimmt hostilia vor, so brauche ich deßwegen nicht zu schonen, noch viel weniger eines Ge- sandten. Obgleich dieses alles wahr, so ist doch besser, wenn die ho- stilia nicht groß sind, daß man den Gesandten nach Hause schicket, da- mit der Herr ihn strafe. Denn sonst negi rt der Herr, daß er ihm ordre gegeben. Henricus IV. in Franckreich hat es recht gemacht. Wie der Carl Emanuel, Hertzog von Savoyen, in Franckreich war, und nichts als cabal en machete, so riethen einige dem Heinrich, er sollte ihn in ar- rest nehmen, der Koͤnig fragte den Hertzog von Bethune, was er davor halte? welcher antwortete, er habe raison ihn in arrest zu nehmen, aber seine Sachen koͤnten ihm Schaden thun, und weil der Hertzog als ein hospes kommen, so sollte er ihn nicht lassen arreti ren, damit man nicht sagte: Er habe die jura hospitalitatis violi ret; daher ließ der Koͤnig ihm sagen: Er moͤchte sich bald retiri ren, weil er nicht Lust haͤtte, seine visite laͤnger zu geniessen. Der Hertzog gieng auch uͤber Halß und Kopff fort; der Frantzoͤsische Gesandte hatte in London auch vieles wider den Crom- well machini ret, Mazarin negi rte, daß der Gesandte ordre dazu gehabt. Da schickte Cromwell den Gesandten nach Franckreich, daß sie ihn solten abstraffen, welcher auch in die Bastille zum Schein gehen muste: denn er hat in der That ordre gehabt. Wenn ein delictum nicht groß ist, so ists vollends absurd, wenn einer den Gesandten strafen will. Ich re- cipi re ihn als einen Unterthanen eines andern, daher muß ich auch dem andern uͤberlassen, daß er ihn strafe, wenn ich auch ex regulis justitiæ deduci ren koͤnte, daß ich ihn selbst zu strafen berechtiget, so ist es doch wider die regulas prudentiæ. Die andern Gesandten lauffen weg. Wie vor einigen Jahren der Moscowitische Gesandte von London weggehen wollte, und die canaille ihm wegen Schulden in die Pferde fiel, so reg- ten sich viele Gesandten und sagten, sie muͤsten sicher seyn; damit wurde beliebt, daß kein Mensch mehr sollte Huͤlffe haben, sondern sich entwe- der status circa fœdera \& Legatos. der gleich bezahlen lassen, oder, wenn er borgte, zusehen, wie er es mit guter Manier wieder bekaͤme. Niemand aber sollte sich geluͤsten lassen, den Gesandten zu arreti ren. Der Gesandte ist ein Minister al- terius, daher gehet es nicht an, daß ich ihn anhalte. Hieraus kan man leicht de omnibus judici ren, quatenus Legatus sit inviolabilis, wenn man Gesandte recipi rt, so muß man ihnen auch audience geben. Es ist ein grosser Verdruß, wenn man sie nicht zur audience lassen will, indem es eben so viel, als wenn sie gleich repudii rt worden. Si bellum imminet, oder es ist eine Trauer da, so schiebet man die audience etwas auf. Offt sucht man auch es deßwegen etwas aufzuhalten, um erst zu er- fahren, was sie eigentlich proponi ren sollen. Jacobus I. hat in diesem Stuͤck was Gutes gehabt, daß er den Grafen Bembrock, wenn fremde Gesandten sind ankommen, herum geschickt, sie zu expisci ren, was sie im Schilde fuͤhren, und auf ihre physiognomie acht geben. Das letztere war was kindisches. Ferdinandus hielte des Jacobi Gesandten, den Dighby, wegen der audience auf; denn da derselbe zu Regenspurg au- dience haben wollte, so sagte Ferdinandus, er sollte nach Franckfurt kommen, da wolle er ihm audience geben. Wie er nach Franckfurt kam, sagten die Franckfurter, es waͤre der Wahl-Tag und wuͤrde niemand einge- lassen, da denn der Englische Gesandte fortgehen muͤssen, ohne daß er audience bekommen. Bey denen Personen, die man schicken soll, ist auch viel zu observi ren. Es heißt, habilis mittatur, aber das ist nicht genug, quis est habilis? Habilitas variat. Einer schickt sich zu dieser, der andere zu jener ambassade. Es muß ein Gesandter haben nicht allein scientiam, sondern auch voluntatem, corpus. Denn ein Herr, der ei- nen legatum schicket, schicket ihn als einen ministrum publicum, aus dessen Munde man hoͤren soll, was der Herr selbst sagen wuͤrde. Er soll seinen Herrn repræsenti ren. Es ist ein fulgur vorhanden, welcher bey dergleichen repræsentatione eine opinion effectui ret. Gesetzt, derje- nige, wilcher geschickt wird, hat ein corpus, das eine affreuse Gestalt verursachet, der wird nicht viel ausrichten; ob er gleich kein Frauenzim- mer-Gesichte haben darff, so darff doch kein deutlich de faut an ihm zu spuͤren seyn. Ein Legatus, der schielt, hincket, macht keine Parade, der aussiehet wie ein Affe, kan ohnmoͤglich seinem Herrn eine gloire machen, wenn er auch gleich ein habile homme. Der Princeps kan ihn ja sonst schon brauchen. Nimmt ein Herr dieses nicht in acht, so wird er auch in seiner negotiation nicht reussi ren. Wir wissen, daß grosse Herren auf physiognomie sehen. Der Koͤnig in Franckreich hat deß- wegen von einem Gesandten gesagt: Le Visage ne me plait pas. Ein Ge- Cap. V. De prudentia Gesandter muß wissen die façon zu leben, eine reverence zu machen, nicht stolpern; wird ein pudeat hierinnen eingelegt, so ist alle grace weg. Es muß einer haben corpus agile, die Welt gesehen haben und unter vornehmen Leuten gewesen seyn, und durch solche qualit aͤten kan einer steigen, wenn einer gleich von schlechter extraction ist. Der Friedrich de Jena war ein Bauers-Sohn aus Zerbst, aber galant, ein habil er Mann, der alles zu observi ren wuste, daher ist er auch gestiegen. Sonst aber schickt man gerne Leute von extraction, die muͤssen eine figur machen, sonderlich, wenn sie an grosse Herren geschickt werden, die potent sind, und giebt ihnen einen andern geschickten Mann mit zum assistent en. Grosse Herren meynen, sie wuͤrden nicht regardi ret, wenn nicht Leute von extraction an sie geschicket werden. Wie Ludovicus XI. seinen Leib-Balbier an des Caroli Audacis Tochter geschickt, so ließ sie sagen: Le me porte bien, und wuͤste nicht, warum er ihr denselben schi- cke. Ich bin selbst einmal bey unserm Hofe gewesen, da wurde von Schweden ein neuer Edelmann geschickt, welcher vielen nicht gefallen, und wollten einige in seinen reverenc en regardi ret haben, daß der Buͤr- ger noch uͤberall vorgucke. Man muß solche Personen schicken, so dem Herrn angenehm, bisweilen schreiben sie, was sie vor einen haben wol- len. Der Koͤnig in Franckreich hat verlanget, man sollte ihm den Span- heim wieder schicken, welcher von keiner grossen extraction. Er ist erst Prof. Græc. Linguæ zu Genev gewesen. Aber es war ein habil er ansehn- licher Mann. Wer bey dem Hofe schon odiös ist, der wird in seiner ne- gociation nicht reussi ren. Ein melanchol isch Gesichte hat man nicht gern, wie der Molesworth war, welcher auch dem Koͤnige in Daͤnnemarck nicht angestanden. Die Daͤnen haben ihn greulich abgemahlet, in seiner nego- ciation ist er auch nicht reussi ret, deßwegen er den etat von Daͤnnemarck ge- schrieben. Man hat als einen grossen Fehler angesehen bey Francisco I. daß er einen Maylaͤnder, welcher des Hochverraths schuldig war, den aber Franciscus I. in protection genommen, als einen Gesandten zu Ca- rolo V. schickte. Carolus ließ ihm den Kopf abschlagen, welches auch ein greuliches Lerm gab, und gar ein Krieg daruͤber entstund. Denn Franciscus I. sagte, es waͤre eine violatio des Voͤlcker-Rechts. Aber Carolus V. sagte: Er habe gewust, daß es sein Feind, und ihn nur zu tormenti ren suche, deßwegen habe er mit Recht ihm den Kopf koͤnnen abschlagen lassen. Wer gescheut ist, laͤßt sich selbst in dergleichen Sa- chen nicht employi ren, aber es giebt ungescheute Leute, welche sich ein plaisir machen, wenn sie koͤnnen mit gloire an den Ort kommen, wo sie odieus sind, und dencken nicht, daß sie offt ein malheur treffen kan, son- derlich, status circa fœdera \& Legatos. derlich, wenn es Princeps potens, wie Carolus V. war. Videatur VVi- guefort de l’Ambassadeur \& de Ses fonctinos. Ein Gesandter muß ein homo pragmaticus seyn, so war der Molesworth auch nicht beschaffen. Wenn einer gleich der allergelehrteste Kerl, so schickt er sich doch nicht gleich zu einen Gesandten. Er muß einen Train von affai ren haben. Es ist im Vorhergehen gedacht worden, daß der Cardinal Perron, als Ambassadeur nach Rom geschicket worden, aber man hat ihm den d’Os- sat an die Seite gesetzet, daß er ihn muͤssen instrui ren. Drum giebt man denen Gesandten bisweilen einen geschickten Secretarium mit. Der Secretaire bey dem Oxenstirn, war geschickter als Oxenstirn selbsten. Es ist auch nicht ein jeder capable einen Secretaire bey einen Ambassadeur abzugeben; Er muß àdroit seyn, daß er manchmahl kan wohin geschickt werden. Also muß der Herr einen gescheuten Ambassadeur schicken, wenn er will Nutzen von der Ambassade haben. Will er keinen Nutzen haben, so kan er sie gar unterwegens lassen. Will er Nutzen haben, so muß er was spendi ren; Gut ist es, wenn die Ambassadeurs vor sich Mit- tel haben. Denn ein Ambassadeur, der keinen Staat machet, ist ver- aͤchtlich. Er muß koͤnnen offene Tafel halten. Bey denen Teutschen thut offt ein gut Glaß Wein und eine gute Mahlzeit mehr, als sonst etwas. Wie kan der Ambassadeur einen Staat fuͤhren, wenn er kein Geld hat? Spanheim hat in Engeland mehr als dreyßig tausend Thaler verthan, und der Koͤnig hat ihn wegen der Schulden noch immer muͤs- sen ausloͤsen. Die Frantzosen nehmen mehrentheils solche dazu, welche grosse Mittel haben, als wie auf den Frieden zu Muͤnster der Hertzog von Longueville war, der eine grosse figur machte. Der Servien aber hatte wenig. Man muß auch wohl acht geben, daß, wenn einer vor- her da gewesen, der grosse depens en gemacht, nicht einer geschicket wird, welcher arm ist. Wenn man die Sache in abstracto betrachtet, so kan freylich ein Ministre negotii ren, der keine figure machet. Ferdinandus Catholicus, der ein geitziger Herr war, hat auch vieles lassen durch die Pfaffen negotii ren; Aber es koͤnnen nicht allezeit Pfaffen genommen werden. In Krieges-Sachen kan man sie nicht brauchen. Der Kay- ser hat in diesem Stuͤck grosse avantage, er giebt seinen Gesandten ap- pointements. Aber davon koͤnnen sie nicht leben. Er hat Leute, die vor sich jaͤhrlich hundert und zwantzig tausend, hundert und funffzig tau- send Thaler einzunehmen haben, und von ihren Mitteln sich erhalten. Die vornehmen Leute sind bey dem Kayser reich. Solchen vornehmen Leuten werden Assistent en gegeben, da reussi ren sie auch. Bisweilen ist nicht moͤglich, daß man nur einen schicken kan, der Geld hat, weil offt C c c die Cap. V. De prudentia die Wissenschafft viel thut. e. g. Wenn in Regenspurg ein Herr keinen rechten Gesandten hat, so kan derselbe auf einmahl so viel versehen, als die gantze ambassade ausmacht. Wenn ein Ambassadeur extraordinaire geschickt wird, so darff man nicht gleich dencken, daß was extraordinai- res solle expedi ret werden, sondern er wird mit Fleiß zu einer solchen ex- pedition genommen, die nicht lange dauret, da machet er mehr figur, und giebt seinem Herrn lustre. Wie der Koͤnig in Engeland auf dem Frie- den zu Ryßwick zuwege bracht, daß ihn der Koͤnig in Franckreich vor einen Koͤnig agnosci ret, so wurde der Portland als Ambassadeur extraor- dinaire von Engeland nach Franckreich geschicket, und der Tallard von Franckreich nach Engeland, welche beyde recht mit einander certi ret, wer unter ihnen den groͤssesten Staat machen koͤnne. Als der Koͤnig in Franckreich suchte Holland an sich zu bringen, so schickte er den d’Estra- des nach Engeland, welcher eine ausserordentlich lange Zeit da gebliebeu, und sehr viel Geld verthan, um den Koͤnig in Franckreich considerable zu machen. Ein pauvre Gesandter ist in Engeland verachtet, wo die Gesandten sich vor sich nicht souteni ren koͤnnen, muß der Herr ihnen helffen. Ein Legatus hat mit raffini rten Leuten zu thun, deßwegen muß er homo prudens, vigilans seyn, nicht zu alt und nicht zu jung, sind sie zu jung, so werden sie hochmuͤthig, und koͤnnen sich nicht darein finden; Wer immer kranck ist, hat die halbe Schwindsucht, wie der Molesworth, der schicket sich nicht dazu. Mons. Temple hat in seinen Oeuvres melées einen Brief, darinnen er lamenti ret, und saget: Er bekaͤme das poda- gra, da waͤre alle sein plaisir hin. Sein metier sey, bey grossen Ge- sandten zu seyn, nun koͤnne er nichts mehr negotii ren, denn die Fuͤsse sind alsdenn nicht mehr en bon ordre, man kan sich nicht mehr herum drehen, muß Peltz-Stiefeln anziehen. Ein Gesandter aber muß offt unter Dames seyn. Es ist nicht genug, daß einer aͤusserliche Qualit aͤten hat, sondern er muß auch Wissenschafft haben, das Land und den Hof ken- nen. Die erste relation machet er vom Hofe, daher ist eben gut, solche Leute zu nehmen, welche schon einmahl in dem Lande gewesen, oder wo solche nicht da sind, muß man ihnen wenigstens einen adsisten ten geben, der den Hof kennet, er muß die Sprache koͤnnen: Denn in Europa re- det man nicht gerne per interpretem, ausser bey denen Tuͤrcken. Die Frantzoͤsische und Italiaͤnische Sprache kan einer nicht entbehren. Es bestehet keine Gelehrsamkeit in denen Sprachen; Sie sind aber doch ein Mittel, daß man leichter fortkomme. Die Juristerey muß einer auch verstehen, er muß ja Tractat en koͤnnen aufsetzen, und acht geben, daß kei- ne chican en mit unterlauffen. Der Lateinischen Sprache muß er auch kun- status circa fœdera \& Legatos. kundig seyn, und wenn er gleich nicht schreibet, wie Cicero, so ist es doch gut, wenn er einen mediocrem stylum hat. Von rechtswegen sollte die- ses einer in der Schule lernen, und wenn es nicht geschehen, so thue ers noch; Man denckt, die Lateinische Sprache sey nicht noͤthig, aber es waͤre gut, wenn alle Fuͤrsten Latein koͤnnten, es koͤmmt ja in einem je- dem Memorial Lateinisch vor. Wenn der Fuͤrst schreibet Fiat, so ist es ja auch Latein. Nach der guldenen Bulle sollten alle Churfuͤrsten La- tein verstehen. Kulpifius hat wegen seiner Gelehrsamkeit auf dem Frie- den zu Ryswick brilli rt. Der Baron Lisola ist auch wegen seiner vor- trefflichen Gelehrsamkeit æstimi ret worden. Videatur Bayle sub voc. Li- sola. Temple sagt, der Lisola waͤre bey ihm gewesen, und habe ihm den Kopf so voll raisonni ret, daß, wenn er haͤtte wollen mit ihm raison- ni ren, wuͤrde er ihn uͤbertroffen haben, aber er habe immer gesagt, er ha- be keine ordre dazu. Des Lisolæ Schrifften sind auch admirable. Er hat ein Buch geschrieben wider Franckreich, da Franckreich Braband wollen haben, darinnen vortreffliche Sachen, und hat man es offt nach- gedruckt. Er kam nach Pohlen, da wollten sie ihn nicht leiden wegen seiner Wissenschafft; Der Kayser muste ihn auch wieder zuruͤck nehmen, ob er gleich der aller habil ste war. Der Koͤnig in Pohlen hat ihn in Verdacht gehabt, als wenn er intriqu en machte. Ein Gesandter muß auch fidelis, kein Aufschneider seyn, sonst macht er lauter expressiones und relationes, die naͤrrisch sind: Denn da bildet er sich offt ein, es wuͤrde so und so gehen, setzet dem Ministre zu Hause was in dem Kopf, wel- cher hernach lauter faux pas machet. Er muß manchmahl was ver- schweigen, wenn es nicht viel præjudici ret. Wo es aber die honneur nicht leidet, da muß er nicht stille schweigen. Carolus V. hielte in Rom eine oration in Beyseyn des Pabsts, vieler Cardinaͤle und derer Fran- tzoͤsischen Gesandten, worinnen er greuliche injuri en wider Franciscum I. mit einfliessen lassen; Die Gesandten musten Sots gewesen seyn, und hatten es nicht verstanden. Den andern Tag liessen sie Carolum fra- gen, was er gesagt: Carolus V. antwortete: Was er gesagt, das habe er gesagt, er wisse es selbst nicht mehr. Da haͤtten freylich die Gesandten Ursach gehabt sich gleich zu regen. Ein Gesandter muß nur dasjenige schreiben, wovon er solide Proben hat, und dazu schreiben, das habe er von diesem oder jenen gehoͤret. So hat der Herr von Spanheim seine relationes gemacht. Er muß kein garrulus seyn, von solchen Dingen muß er nicht reden, die er soll vor sich behalten, er muß expisci ren, con- versi ren, fleißig à la Cour gehen, aber nicht zu importun, wie der Vil- lars. Der Villars war Frantzoͤsischer Abgesandter in Wien; War der C c c 2 Kayser Cap. V. De prudentia Kayser auf der Jagd, oder wenn Galla war, so war er mit dabey, da sie ihn doch nicht gerne allenthalben haben wollten. Deßwegen ist er auch in seiner negociation nicht reussi ret. Er war ohnedem ein Soldat, und dabey homo superbus. Der Gesandte muß modestus seyn, und sich zum Frauenzimmer schicken. Die in Teutschland negotii ren, koͤnnen viel durch Frauenzimmer erhalten. Man findet auch, daß die Frantzoͤ- sichen Gesandten sich alle an das Frauenzimmer addressi ret. Derjeni- ge, so als Ambassadeur gebraucht wird, muß nicht allein vor sich gute Qualit aͤten haben, sondern er muß auch zu seinen Bedienten homines modestos suchen. Denn wenn der Ambassadeur gleich vor sich ein Lu- stre macht, so koͤnnen doch offt die Bedienten verursachen, daß die am- bassade ohne effect ist. Der Graf Rechter war ein habil er Mann, aber er hat seine Bedienten nicht gut choisi ret, die kamen mit des Frantzoͤsi- schen Gesandtens Bedienten in ein Hand-Gemenge, daher muste er von seiner ambassade weg, sich bey dem Frantzoͤsischen Hof submitti ren, und die General-Staaten gaben ihm noch einen derben Verweiß. Der Mazarini, wie er den Frieden zu St. Jean de Luz schliessen wollte, so hatte er sich lauter Bedienten choisi ret, welche sich mit denen Spaniern gut vertragen konnten. Er wuste, daß die Frantzosen die Spanische Tracht auslachten, sich uͤber die Spanischen complimente mocqui rten, deßwe- gen hat er lauter homines serios und modestos genommen, und gesagt: Der sollte gehenckt werden, welcher sich wuͤrde uͤber die Spanier moc- qui ren. Hiervon kan man Nachricht finden in des Lyonne seiner Be- schreibung des Pyraͤnaͤischen Friedens, darnach haben sich auch seine Leute gehalten. Mazarini befahl, daß, weil die Spanier grosse compli- mente machten, so sollten seine Bedienten es eben so machen. Er woll- te eine mariage negotii ren zwischen dem Koͤnig in Franckreich und der Maria Theresia, deßwegen muste er alle Behutsamkeit brauchen/ hat sich auch gut insinui ret, und ist nicht der geringste Streit wegen seiner Be- dienten entstanden. Wer kan machen, daß sich seine Bedienten der an- dern nation gleich stellen, der wird gut reussi ren. Ein Ministre muß hier vigilant seyn, sonderlich, wenn er mit einem zu thun hat, den er fan- gen will, wie des Mazarini seine intention war. Cominæus observi ret, wie Ludovicus XI. und Henricus von Castilien eine conference mit ein- annder gehalten, und Henricus einen grossen Staat gemacht, so waͤre Ludovicus in gemeiner Kleidung kommen, und seine Bedienten haͤtten die Spanier ausgelacht. Daher sey nicht das geringste zum Stande gekommen. Cominæus ist ein Ministre vom Ludovico XI. gewesen, re- prehendi ret dieses aber sehr. Die Spanier haben auch hernach, wie sie einen status circa fœdera \& Legatos. einen asendent bekommen, es denen Frantzosen vorgeworffen, sonderlich Ferdinandus Catholicus und Carolus V. Bey denen Gesandten koͤmmt auch viel darauf an, daß er bisweilen celer bisweilen cunctator ist, nach- dem der Hof beschaffen, daß man alles daselbst geschwinde expedi ren kan, wie in Franckreich. Vor allen Dingen muß der Gesandte mit demjenigen sprechen, welcher die affai ren zu dirigi ren hat, als wie in Franckreich und Spanien der Secretaire d’Etat solches verwaltet, die andern Ministres muß er auch besuchen, aber nur honoris gratia. Dem Secretaire d’Etat aber uͤberliefert er seine Vollmacht, die er zeigen darff, und sein creditiv, in welchen versichert wird, daß man ihm trauen darff. Wenn er was erhalten hat, muß er die expedition urgi ren je eher je besser, daß sie geschiehet in forma probante, damit er sie kan nach Hause schicken. Denn wenn es lange aufgehalten wird, multa possunt intervenire. Manchmahl ist es gut, daß einer nicht so geschwind ist, deßwegen kan hier keine generale Regul gegeben werden. In Rom muß man cun- ctatores haben. Man hat observi ret, daß die Frantzosen in Rom nicht reussi ret, wenn weltliche Leute dahin geschickt worden, weil sie zu hitzig gewesen. In Rom muß einer gar grosse Gedult haben. Daher hat auch der Richelieu einen Kerl hinein geschicket, welcher drey, vier Jahr ihm die Thuͤr aufgemachet, wenn er in die Anti-Chambre gegangen, und ihm einen reverence gemacht. Von diesem hat er geglaubt, daß er grosse Gedult haben muͤsse, ist auch reussi ret. Die Frantzosen haben auch bisweilen ihre Fehler verbessert und Cardinaͤle geschicket, die haben studi rt, und sind nicht muͤde worden, das tempo abzuwarten. Wenn sie aber den Pabst quaͤlen wollen, so schicken sie Layen, denn die Geist- lichen haben kein Hertz. Bisweilen hat man mit einem Herrn zu thun, den man nicht kennet, da muß man auch Behutsamkeit gebrauchen. So erzehlet VVicquefort und Bayle von dem Charnace, daß, wie der- selbe zu dem Gustav Adolph nach Schweden gegangen, habe er es lan- ge traini ret, ehe er audience gesuchet, damit er den Hof recht habe wol- len lernen; denn damals war Schweden noch nicht sonderlich be- kannt. Wie er nun den Hof erkannt, so ist er auch admirable reussi rt. In Venedig braucht man auch cunctatores; es ist sehr penible zu ne- gotii ren. Wenn der Koͤnig in Franckreich sehen wollen, ob einer ca- pacité habe, so hat er ihn nach Venedig geschicket. Die Venetianer gehen sehr behutsam und uͤberlegen alles. Assiduus muß ein Gesandter seyn in aula. Den Grotium haben einige blami ret, als wie er in Paris gewesen, habe er uͤber das alte und neue Testament commenta- rios gemacht, und seine ambassade negligi ret; Sonderlich hat Aubery C c c 3 in Cap. V. De prudentia in seinen memoir en vieles in præjudicium Grotii geschrieben, aber es ist ihm unrecht geschehen. Clerc hat vielmehr aus seinen epistolis ge- wiesen, daß er alles wohl in acht genommen, und assiduus in aula gewesen. Wo kein Hof ist, muß ein Gesandter sich sonst bey allen Zusammenkuͤnfften einfinden, wie in der Schweitz. Wer in Pohlen ist, muß auf dem Reichs-Tage seyn, oder wenigstens seinen Secretaire da haben. Er muß auch sonst seine espions haben, damit er alles er- faͤhret. In Schweden ist es jetzo auch schwer zu negotii ren. In En- geland gehet es auch wegen des Ober- und Unter-Hauses sehr langsam zu, daß, wenn der Koͤnig autorité hat, wie jetzo, da man ihm trauet, da gehet es auch leichter mit der negociation. Ein Ministre muß auch die Favorit en besuchen, denn ein Mignon kan bisweilen auch was thun. Von Rechtswegen sollten sich diese in keine affair en mischen, weil sie die suite nicht im Kopffe haben, und laufft es auf die letzt mehrentheils nicht gut ab; Aber sie thun es doch, daher muß man es mit ihnen hal- ten, sie ehren, respecti ren, tracti ren, beschencken. Die Dames koͤnnen auch zuweilen vieles effectui ren, wie die Madame de Maintenon bey dem Louis XIV. in hoher grace gestanden, so konnte keiner reussi ren, als der bey der Dame wohl stund. Der Koͤnig Sigismundus Augustus in Poh- len hat nichts gethan, was nicht seine Maitresse approbi ret. Biswei- len kan ein Cammerdiener viel ausrichten. Die grossen Herren haben wunderliche inclinationes. Wer in Engeland nicht kan mit Dames umgehen, der ist verlohren. Der vorige Koͤnig in Engeland, Georg, ist ein wackerer serieus er Herr gewesen, doch hielt er alle Woche Zu- sammenkuͤnffte, da Frauenzimmer dabey war, mit welchen er sprach. Am Tuͤrckischen Hofe ist nicht noͤthig, mit Frauenzimmer umzugehen, da kriegt man keine maitress en vom Sultan zu sehen. Ein Gesandter muß auch das Spiel verstehen, wenn er seines Herrn interesse kan durchs Spiel befoͤrdern, da er einen etwa laͤßt was gewinnen, so gehet es gar wohl an. Es koͤmmt viel darauf an, daß ein Gesandter den Principal selbst weiß zu entrepreni ren, und auf eine polite Art mit ihm zu conver- fi ren. Der Charnace wollte den Gustav Adolph encouragi ren, nach Teutschland zu gehen, und hatte viel Muͤhe, weil die Daͤnen schon ab- gemattet waren. Gleichwohl wollte Richelieu Teutschland nicht lassen supprimi ren von dem Kayser Ferdinand, und gehoͤrete also eine grosse Kunst dazu, den Gustav Adolph dahin zu bringen. Anfangs hatte der Koͤnig gar keine Lust darzu, aber Charnace suchte ihn zu gewinnen, kleidete sich wie der Koͤnig, hat der Koͤnig gesungen, so sang er mit, war der Koͤnig traurig, so war er auch traurig, spielte der Koͤnig, so that status circa fœdera \& Legatos. that ers auch. Videatur Bayle. Der Koͤnig hat auch gesagt: Er habe keinen gesehen, welcher sich so habe koͤnnen veraͤndern. Er brachte auch die alliance zuwege. Gustav Adolph machte difficult aͤten, und wollte sich dem Koͤnig in Franckreich nicht nachschreiben, da sagte er, es koͤnte so gemachet werden, daß in dem exemplar, so dem Koͤnig in Franckreich gegeben wuͤrde, der Koͤnig in Franckreich oben an stuͤnde. Hergegen in demjenigen, welches dem Gustaph Adolph gegeben wuͤrde, sollte er oben anstehen, damit war der Koͤnig zufrieden. Diejenigen, so um den Koͤnig waren, suchte er auch zu gewinnen durch præsente, und reussi rte gluͤcklich. Er machte gleich, daß dem Gustavo Adolpho hundert tausend Rthlr. in Luͤbeck ausgezahlet wurden, und wie die affair en gut abliefen, so wurden die appointements vermehret. Dieses heißt sich accommodi ren. Der Gesandte muß amoena loqui und sich nach der nation richten. Ist er bey denen Schweitzern, so muß er dieselben vor die allerartigsten halten. Mazarini, wie er bey denen Spaniern gewe- sen, hat er sie gelobt und gesagt: Es waͤre nur eine naͤrrische hypothefis in denen Schulen, als wenn eine antipathie zwischen denen Frantzosen und Spaniern waͤre. Die Spanier waͤren tapfere Leute, und waͤre ein malheur, daß die beyden nationes immer in Krieg mit einander ver- wickelt gewesen. Allzusehr muß man freylich nicht flatti ren, damit es nicht der andere merckt. Dicis: Es ist doch nicht gut, wenn man so heuchelt? Rede doch nicht so naͤrrisch, du hast ja Narren vor dir, die must du suchen zu gewinnen, damit du deinen Zweck erhaͤltst. Haͤttest du lauter weise Leute, so koͤntest du gleich heraus gehen. Ich kan ein honett er Mensch seyn und wissen, daß das Spielen eitel, spiele aber doch mit der Dame, weil ich weiß, meines Herrn interesse damit zu be- foͤrdern. Es muß auch ein Gesandter in obacht nehmen, daß er keinen Fehler im Ceremoniell machet, sondern bey demjenigen bleiben, was einmahl hergebracht ist, so wohl ratione des Herrn, zu dem er geschi- cket wird, als ratione des Gesandtens. Deßwegen hat auch der Staats- Secretarius in Portugall, dem Abbe Livry nicht wollen nachgeben, zu- mahlen der Livry nicht einmahl sein creditiv uͤberreichet. Es ist auch wider alle Gewohnheit, daß ihm der Staats- Secretarius soll die erste visite geben, denn ordentlicher Weise laͤßt derjenige, so zuletzt ankoͤmmt, seine Ankunfft notifici ren, alsdenn macht man ihm ein compliment. Das hat aber der Livry nicht gethan. Alles hier beyzubringen ist im- possible, und wird weiter hiervon gehandelt in den Staaten von Eu- ropa. Sectio Cap. V. De prudentia Sect. XI. de Prudentia status circa bellum \& pacem. §. 1-3. Von dem Krie- ge uͤberhaupt. M An muß nicht dencken, als wenn ein homo togatus von Kriegs- Sachen nicht sagen koͤnnte, die daran zweiffeln, koͤnnen nur betrachten, was Cicero, der consul in Rom gewesen, zu einer solchen Zeit, da die Republique am staͤrcksten flori ret, gesaget: Nihil sunt arma foris, nisi sit consilium domi. Gleichwie die Ministres zu Hau- se alles muͤssen instrui ren, also muͤssen auch grosse Generals einen uͤber sich haben, und ist gut, wenn man sie meli rt, erst einen Ministre, hernach einen Soldaten, u. s. w. Wie wollte man die Soldaten im Zaum hal- ten, wenn sie allein zu sprechen haͤtten. Es wuͤrde gehen, wie in Enge- land, da die Soldaten uͤber das Parlament seyn wollten, der Monck, welcher selbst ein Soldat gewesen, saget doch, daß es nicht gut sey, de- nen Soldaten so viel einzuraͤumen. Die Hollaͤnder lassen unter den General-Staaten keinen General und Admiral sitzen, aber in dem Con- seille d’Etat sind welche, welches die execution veranstaltet, denn von der execution kan man sich nicht excludi ren, vid. Basnage in seiner Historie von Holland. Der Autor hat die Eintheilung gut gemacht, welche er aus dem Lipsio genommen; Dieser aber hat diese Sache admirable ver- standen. Es kommen dreyerley membra vor, nemlich quæ facienda an- te bellum, in bello, post bellum. Es ist besser, wenn man des Krieges entuͤbriget seyn kan: Denn der Krieg mag beschaffen seyn, wie er will, so ist er ein malum. Derjenige ist einfaͤltig, der ohne Krieg was erhal- ten kan, und faͤnget doch Krieg an, die Schweitzer haben dieses dem kuͤh- nen Hertzog von Burgund, Carolo, vorgeworffen, welcher, wegen ei- ner geringen Ursach, mit den Schweitzern brechen wollen. Nemlich, es hatten einige Schweitzer einen Wagen, der den Burgundischen Un- terthanen gehoͤret, gepluͤndert, welcher aber mit nichts, als mit Schaaf- Fellen beladen gewesen. Die Schweitzer wollten deßwegen reparation thun, auch die jungen Buͤrschlein, so es gethan, dem Carolo Audaci aus- lieffern, er wollte aber doch Krieg haben, das war was abgeschmacktes. Mit denen Nachbaren koͤnnen freylich leicht difficult aͤten entstehen, daß man Krieg fuͤhren muß, semper tamen pax est præferenda. Wenn die Pohlen status circa bellum \& pacem. Pohlen wegen der Thornischen affaire voͤllige reparation thun, so wird niemand mit denen Pohlen Krieg anfangen, und so viel Leute zur Schlacht- Banck fuͤhren. Der Krieg ist nur ein Noth-Fall, gleichwie der Chi- rurgus, wenn es nicht anders seyn kan: Aber einige grosse Herren sind so beschaffen, daß sie nicht alles uͤberlegen und betrachten, was vor mal- heur ihren Unterthanen dadurch zuwachsen koͤnne; sondern werden darzu angeregt von denenjenigen, so wollen commandi ren; Kan man aber sonst keine satisfaction erhalten, so kan gar wohl der Krieg ergriffen werden. Wenn auch einer sattsame Ursachen hat, daß er kan Krieg fuͤhren, so muß er doch solches zu weilen unterlassen, ja er ist schul- dig, solches zu thun. Ich bin schuldig, vor meine Unterthanen Sorge zu tragen, ut felices esse possint, habe ich nun gleich causas, daß ich koͤnn- te einen Krieg anfangen, so muß ich doch zu sehen, ob meine Untertha- nen nicht dadurch grosser Schade kan zugefuͤget werden, und ob ich auch capable, solchen auszufuͤhren. e. g. Mein Land hat keine Festungen, es ist denen Streiffereyen exponi ret, und wenn eine bataille verlohren gehet, so kan der Feind das gantze Land einnehmen, da ists besser, wenn ich den Krieg unterlasse. Daher wird unten gedacht werden von dem Nutzen und Nothwendigkeit der Festungen, und ist kein Volck hierinn so abgeschmackt, als die Pohlen, welche keine Festungen leiden, als wi- der die Tuͤrcken, gegen die Moscowiter haben sie Smolensko gehabt, aber gegen andere haben sie gar keine Festungen gehabt. Sie meynen, es waͤre ein præsidium libertatis, wenn sie keine castella haͤtten, weil der Feind sich nicht koͤnne aufhalten ꝛc. wenn er keine Festungen habe; Al- lein wenn nun der Feind sich da fortifici rte, wer wollte sie hernach her- aus jagen? Haͤtten die Schweden sich fortifici ret, sie wuͤrden nicht leicht seyn delogi rt worden; das ist eine faute von denen Feinden, und kommt nicht von der prudentia der Pohlen. Man hat gesehen, wie der Czaar Petersburg fortifici ret, da sonst keine Festung daselbst gewesen. §. 4-7. Im Kriege muß man acht geben, ut ad sit miles, pe- Was vor Zu- ruͤstung zum Kriege erfor- dert werde. cunia, commeatus, idonea arma. Ohne Geld kan man in der Welt nicht fortkommen; Vor diesem konnte Krieg ohne Geld gefuͤhret wer- den. Clodovæus, wie er nach Franckreich kam, so sagte er: Aurum \& argentum non habeo; Aber damahls waren alle Leute milites, und sie hatten das principium, daß sie ihr Pferd wollten an des Nachbars Zaun binden. Sie giengen aus einem incultivi rten Lande in ein cultivi rtes, da brauchten sie nur eine bataille zu gewinnen, so hatten sie hernach alles. Mahometh II. wie er Ungarn attaqui rte, so hat er seinen Leuten gesagt, sie sollten nur brav fechten, ob sie gleich kein Geld haͤtten: Denn sie D d d wuͤr- Cap. V. De prudentia wuͤrden hernach in ein Land kommen, wo Geld gnug waͤre; hodie aber ist es nicht mehr so. Wir haben einen militem mercenarium, der ko- stet viel Geld. Wir haben andere Krieges-Geraͤthe. Unsere Kriege dauren laͤnger, und koͤnnen nicht geschehen sine pecunia, kein Printz wird was ausmachen, der nicht ein gut Tressor hat. Des Carl Gustavs gluͤck- liche process en, so er in Pohlen gemacht, sind ohne effect geblieben, weil kein Geld da gewesen. Puffendorff in seiner historia anecdota von Schwe- den, hat auch des Carls Geschwindigkeit sehr blami ret. Er sagt: Es sey nicht anders gewesen, als wenn er alles auf einen hazard ankommen lassen, und waͤre es nicht prudenter angefangen worden. Der Kayser Maximilian war ein unruhiger Kopff, und wenn er auf einen boͤse war, den that er vielen Tort an, aber zuletzt lieff es auf ein Lamy hinaus. Das kam daher, weil er kein Geld hatte; Die Englischen Gesandten haben ihn Henrico VIII. beschrieben: Er waͤre ein unvergleichlicher Vo- gel, der wohl singe, habe aber keine Federn. Dem Henrico VIII. woll- te er einsmahls das Kayserthum abtreten, wenn er ihm Geld geben wuͤr- de. Henricus VIII. aber sagte, er sollte es vorher abtreten, ehe er ihm das Geld zahlte, das wollte er nicht. Es ist also hodie nicht zu verwundern, daß so viel Geld von noͤthen ist. Man muß das Land fortifici ren, dar- zu braucht man viel Geld. Man kan nicht allezeit ein Land finden, wo fourage ist. Daher muß man magazins haben, unde sustentetur exer- citus, unde sustententur equi. Die nicht darauf gedacht haben, sind zu Grunde gegangen, wenn sie gleich die schoͤnste Armee gehabt. Der Czaar, wie er am Pruth-Fluß stund, hatte keinen proviant, und wuͤrde ohnfehlbar supprimi ret worden seyn, wenn nicht der Groß- Vezier ein frippon gewesen, und die bataille verhindert. Der General Bannier wird als ein grosser General beschrieben, aber es war kein Mann, der magazins halten konnte. Seine Tafel war offt mit vortrefflichen Spei- sen besetzet, und kein Brodt darbey. Von dem Gallasch hat man auch gesagt, daß er ein Armee-Verderber gewesen, wenn er gleich die schoͤn- ste Armee gehabt, so hat er doch vor keinen proviant und fourage gesor- get, da sind die Pferde crepi ret. Die Reuther haben muͤssen die Saͤt- tel auf den Kopff nehmen, und zu Fusse gehen, so haben sie ihn bey Staßfurth fortgeschickt; Sonst war er ein wackerer General. Man disputi ret hodie, und fraget: Warum die Creutz-Zuͤge nach dem gelobten Lande so uͤbel abgelauffen. Der heilige Bernhard hat damahls gesagt: GOtt habe seine Gerichte darunter, und sey zu bedauren, daß so viele Menschen ums Leben kommen; Aber wenn wir von dem Enthusiasmo des Bernhardi abstrahi ren, und die Sache politice betrachten, so finden wir, status circa bellum \& pacem. wir, daß viele tausend Leute hinein gegangen, die kamen in ein fremdes Land, und wenn sie in des Feindes Land kamen, fanden sie nichts vor sich zu leben; daher konten sie nicht subsisti ren. Es konte einer vorher sehen, der nach menschlichem Verstande davon raisonni ret, daß das Ding nicht gut ablauffen wuͤrde, und ist zu bewundern, daß sie noch bisweilen eine bataille gewonnen. Viele sind crepi rt, ehe sie noch ein- mahl an den Ort kommen, wo sie ihre bravour sollten sehen lassen. Es muß ein Herr einen guten Proviant-Meister haben, welcher alles auf sich nimmt, und den Proviant gut liefert, damit die Soldaten nicht kranck werden. Da ist kein Mensch besser, als der Tuͤrcke, wel- cher uͤberhaupt sehr auf die Gesundheit siehet. Man wird bey ihnen allezeit einen grossen Uberfluß von fourage und Proviant finden. So lange man hergegen von denen Teutschen weiß, ist Mangel gewesen. Dem Carolo Audaci ist einmahl vom Teutschen Reiche der Krieg angekuͤndiget worden, und hat Dattius fragmenta drucken lassen, worinnen stehet, es habe der Churfuͤrst von der Pfaltz commandi ret und geschrieben, er haͤtte keine victuali en, keine Wagen und kein Geld. So ist es oͤffters bey dem Teutschen Reiche. Wie der Marckgraf von Baaden die Armee commandi ret, so theilete er sich, und zog mit einem Theile nach Augspurg zu, indeß kamen die Frantzosen, und schlugen den andern Theil aufs Haupt; Einige sagten, der Marckgraf habe sich lassen bestechen; allein der Marckgraf excusi rete sich, er habe zu wenig Proviant gehabt, deßwegen habe er sich muͤssen theilen. Der Churfuͤrst von Hannover, und nachmahls Koͤnig in Engeland, nahm auch einmal das commando von der Reichs-Armee uͤber sich, und weil kein Geld da war, so gab er die operations-casse an, aber die Grossen gaben nichts hinein; daher legte er sein commando bald wieder nieder: Die instru- menta kosten hodie viel mehr; vor dem haben sie auch Mauer-Brecher gehabt, wovon man bey den Scriptoribus, welche de re militari geschrie- ben, als bey dem Vegetio, Lipsio, Naudæo, Salmasio, Machiavello Nach- richt finden kan; Aber so viel haben sie doch nicht gebraucht, als wie hodie. Eine Pique, Partisan, ein Degen, eine Hacke waren ihre Waffen, Pulver war nicht da. Was kostet nicht hodie die Artillerie, Pulver und Kugeln? daher ist nicht zu verwundern, daß mit der Reichs- Armee nicht viel kan ausgerichtet werden. Unsere Armee hat unter dem Printzen Louis von Baaden einmahl drey Tage und drey Naͤchte ohne Pulver gestanden, und gieng der Printz endlich nach Nuͤrnberg, bath dieselben, daß sie moͤchten was hergeben, weil aber dieselben meynten, sie wuͤrden nichts wieder bekommen, so engagi rte er seine Ehre, daß er D d d 2 davor Cap. V. De prudentia davor stehen wollte, daher fourni rten sie der Armee von neuem etwas. Wir brauchen hodie viel neue instrumenta, so man vor diesem nicht gehabt. Von Pontons hat man vor diesem nicht gewust, und zeiget Lipsius, wie man vor diesem uͤber die Fluͤsse gesetzet. Eine For- tification kostet auch unsaͤglich Geld. Gut ist es, wo man ein recht Zeughauß hat, als wie in Engeland der Tour ist, woraus gleich einige hundert tausend Mann koͤnnen bewaffnet werden; zu Chattam ist ihr Magazin zur See, da in kurtzer Zeit eine Flotte kan ausgeruͤstet werden, alsdenn darff man sich vor dem Kriege nicht fuͤrchten. So naͤrrisch darff ein Fuͤrst nicht seyn, wie der Jacobus I. in Engeland, wel- cher allen mercken lassen, daß er keinen Krieg fuͤhren wollte, deßwegen ein jeder ihn vexi rte. Krieg muß einer bisweilen fuͤhren, aber zusehen, daß er denselben von seinem Lande wegspielet. So machte es die Koͤ- nigin Elisabeth, diese war bestaͤndig in armis, leistete den Protestanten allenthalben Huͤlffe, und schickte ihnen Trouppen, dadurch hat sie er- fahrne Officiers bekommen. Ob Infanterie oder Cavalle- rie vorzuzie- hen? §. 8. Man disputi ret, ob der equitatus oder peditatus besser sey? Es ist aber zu mercken, daß man in comparationibus zu keinen decisiv en Schluß kommen kan. Die Schul-Leute sind alle pro peditatu, weil sie gefunden, daß die Roͤmer auf den peditatum viel gehalten; inglei- chen haben sie in denen autoribus classicis gelesen, daß der peditatus mehr æstimi rt worden. Wenn man die Logique nicht verstehet, und hat apud antiquos dergleichen Dinge gelesen, so soll man freylich schliessen, der peditatus waͤre vorzuziehen, sie fuͤhren auch ein und andere raison an. Was aber die Sache selbst betrifft, so ist gewiß, derjenige, so nichts als Neuter hat, kan keine grosse Thaten thun, was will er denn mit den Reutern conqueti ren? Man kan wohl batailli ren, aber wie will einer mainteni ren, was er erobert hat? Also ist der peditatus in dieser Absicht besser, die pedites koͤnnen fortifici ren, schantzen, sich eingraben ꝛc. Manchmahl braucht man viel Fuß-Vock und wenig Reuter, offt aber viel Reuter und wenig Fuß-Volck. Wenn in Italien Krieg gefuͤhret worden, so ist meistentheils die Reuterey nach Hause geschicket worden, weil in Italien so viele Canaͤle und Fluͤsse, da man mit Pferden nicht fortkommen kan, es mangelt auch an fourage; daher ist die Reuterey mehr à Charge. In dieser consideration kan man also sagen, die Reuterey helffe nichts. Hergegen wo eine race Campagne, da man bataill iret, da muß man Reuterey haben. Mit denen bataillon Carré kan man nicht alles ausrichten; im Nothfall ist es gut, und laͤst sich auch in theoria defendi ren, aber wenn sie ein Loch kriegt, da ist es aus. Die Schwe- den status circa bellum \& pacem. den machten auf der Insul Ruͤgen auch eine bataillon Carré, aber sie konten es nicht aushalten. In batailli ren ist die Cavallerie allezeit gut, und muß sie die Infanterie bedecken. Wer dieses nicht glauben will, der sehe die Schlacht bey Hunningen an, die Curassier- Reuter giengen fort, die Infanterie defendi rte sich zwar, aber sie muste sich doch retiri ren. Die Infanterie braucht man zu Belagerungen, Bestuͤrmung der re- trenchements. Die Teutschen haben erst nichts wider die Normaͤnner ausrichten koͤnnen; Arnulphus Imperator aber exerci rte seine Leute, daß sie konten absteigen und zu Fuß fechten, die Pferde aber indeß zusammen lieffen, hernach wieder aufsitzen und den Feind nachjagen, da er denn die Normaͤnner bezwungen. Bey denen bataill en behaͤlt allezeit die Reuterey die Oberhand: denn wenn die Pferde unter die Infanterie kommen, bringen sie alles in confusion, einer laufft hier, der andere dorthin. Daher sind auch die Frantzosen gute batailleurs, weil sie ihre Reuterey im guten Stand ha- ben. Wir haben ihnen lange keine bataille koͤnnen abgewinnen. Unsere In- fanterie ist besser, als der Frantzosen ihre, aber ihre Cavallerie uͤbertrifft die unsrige. Sie haben lauter Leute zu Pferde gesetzet, die von extra- ction und exerci rt gewesen; Hergegen bey uns nimmt man Bauer- Kerl, bist du ein Bauer, lernest zu Pferde sitzen, und den Degen recht fuͤhren, da gehet lange Zeit hin. Die Kayserliche Reutherey hat sich wacker gehalten, und hat man auch an andern Orten darauf gedacht, solche in bessern Stand zu setzen; Daher mag mir einer von den Mo- scowitern sagen, was er will, so lange die Cavallerie daselbst nicht gut stehet, werden sie keine grosse Thaten thun. Zu einer Cavallerie gehoͤret viel, 1) exerci rte Leute, 2) rechte Pferde. Was vor Pferde? Dieje- nigen thun am besten, welche grosse Pferde nehmen: Denn kleine Pfer- de haben keine courage, und laß ich dieselben noch wohl passi ren in Poh- len, da haben sie nicht allezeit grosse Pferde; Hergegen, wenn in Bra- band Krieg ist, so kan man mit kleinen Pferden nicht fortkommen. Es ist daselbst ein fettes Land, und wenn es da etliche Tage geregnet hat, so faͤllest du mit einem kleinen Pferde hinein bis an den Sattel, wie willst du da fort kommen; Darum haben wir hier grosse Pferde gesucht, die gehen durch, haben mehr Muth, courage. Die Franci haben erst viel auf den peditatum gehalten; Aber Pipinus und Carolus Magnus haben hernach die Cavallerie vorgezogen, denen Leuten feuda gegeben, und sie exerci rt. Nachgehends haben ihre successores viel Schaden gehabt, da sie dieselben nicht in guten Stande erhalten. Es ist bekannt, wie Hen- ricus Auceps die Cavallerie wieder exerci ret, und da die Hunnen vorher denen Teutschen viel Schlachten abgenommen, so hat er sie geschlagen. D d d 3 In Cap. V. De prudentia In Engeland haben sie nicht drey tausend equites gehabt, und in Teutsch- land nicht uͤber zehen tausend. Otto III. ist mit sechs tausend Reuthern nach Franckreich gegangen, die Tuͤrcken haben auch eine Reutherey, aber die Spahi sind Baͤrenheuter, sie halten nicht. So lange der Tuͤrcke keine gute Cavallerie hat, darff er nicht dencken, daß er will eine Schlacht gewinnen. Die Tuͤrcken fechten, wie die Bienen, ohne daß sie ihre troupp en schliessen, ihre Artillerie tauget auch nichts, wie Mons. Ricaut gewiesen. Daher, wenn ein kluger General gleich auf ihre Cavallerie loß gehet, so stehen die Janitscharen alsdenn frey, und koͤnnen leicht in confusion gebracht werden. Unsere Leute schliessen sich zusammen, wie eine Mauer, wenn nun die Tuͤrckische Cavallerie koͤmmt, so streuen sie dieselbe aus einander, damit lauffen sie fort. Hat hernach gleich die Infanterie retrenchements vor sich, so kan man doch leicht hinein kom- men. Seit der Zeit, da die Teutschen die geschlossenen troupp en haben, haben die Tuͤrcken keine bataille mehr koͤnnen gewinnen, sie werden auch nichts gewinnen, bis sie einen militem mercenarium zu Pferde haben. Die Janitscharen sind milites mercenarii, aber sie dienen zu Fuß. Die Tuͤrckischen Pferde sind auch wild, und gehen leicht durch, ein eintzig wildes Pferd aber ist capable, unter der Cavallerie Unordnung zu ma- chen. Es ist freylich was grosses, einen Krieg zu fuͤhren, es gehoͤret ex- perience darzu, und daß einer das Land recht kennet; Italien ist ein wunderlicher terrain, auch Holland wegen der Canaͤle, deßwegen ist da- selbst schwer Krieg zu fuͤhren. Hieraus kan man nun auch urtheilen, von der Pohlnischen Reutherey, die sind hundert und funffzig tausend starck zu Pferde, wenn alle diejenigen aufgebothen werden, welche Guͤ- ther haben. Wider die Tuͤrcken haben sie auch gewonnen, aber sie sind nicht exerci ret, und koͤnnen wider uns nichts ausrichten. Wenn sie auch mit den Moscowitern zu thun haben, so kriegen sie Schlaͤge. Der Pohle fuͤrchtet sich entsetzlich, wenn man schiesset. Vor sich sind sie nicht tuͤchtig, wider eine geschlossene Armee zu fechten; Sie haben keine Infanterie, kein Geld, Pferde haben sie gnug, auch bisweilen grosse, son- derlich nach Preussen zu, und in der Ukraine. Die andern aber taugen nicht zum Streit. Von dieser materie kan man mehr Nachricht fin- den in des Roumiere (welcher den Koͤnig in Schweden wollen sehen, und nach Bender gereiset,) seinen tractat, darinnen er zeiget, daß Cæsar schon die Frantzoͤsische Cavallerie gelobet. Pere Daniel hat auch von der Cavallerie einen gantzen tractat geschrieben, woraus einer viel profi- ti ren kan. Er sagt: Ich bin zwar ein Jesuit, und solle einer meynen, ich waͤre nicht capable, davon zu schreiben; aber deßwegen kan ich doch wissen, status circa bellum \& pacem. wissen, was man gehabt, und wie es gebessert worden, habe auch mit vielen davon gesprochen. §. 9. Was die Soldaten betrifft, so fraget der Autor, ob es Von der mili- tia mercena- ria. nuͤtzlich sey, eine militiam mercenariam zu haben, an præstet præ civica mercenaria? Mercenaria militia ist, da die Leute besoldet werden, es sey nun als ordinarii, oder als subsidiarii. Was die militiam civicam be- trifft, so ist zu mercken, daß man vor diesem keine militiam mercenariam gehabt, sondern die Buͤrger sind ins Feld gezogen, daher haben einige gemeynet, es waͤre gut, wenn es noch so gehalten wuͤrde. Conring hat aber uͤber des Machiavelli Principem ein collegium gehalten, mit grossen Nutzen, hernach hat er seine observationes mit des Machiavelli Principe drucken lassen, da er pag. 150. anfuͤhret, was in utramque par- tem disputi rt wird. Machiavellus hat auch gemeynet, es sey besser, wenn die Leute selbst fechten pro patria \&c. Wenn man auch die orationes bey denen Roͤmern lieset, so die Officiers gehalten, da findet man, daß sie ihnen allezeit patriam, conjuges, liberos vorgestellet, daß sie besser fechten sollen. Es ist dieses gut, wo man nur will conquet en machen, und die Buͤrger noch nicht zu commerciis und andern negotiis employ- ret sind. Bey denen Roͤmern war eine gantz besondere Verfassung; ihre respublica war militaris; Die Knechte waren nur Handels-Leute, alle uͤbrige aber machten profession vom Kriege oder Kuͤnsten. Wenn sie haben conquet en gemacht, sind sie reich worden: Denn alle divitiæ Asiæ und Africæ sind nach Rom kommen; Sie haben also da gut fechten ge- habt. Die Griechischen Buͤrger haben auch Thaten gethan; Aber bey uns haben wir opifices, rusticos, Kauffleute, Gelehrte, die profession von Wissenschafften machen, wo kan man diese lassen in Krieg gehen. Vor diesem sind auch die Bauren nicht in Krieg kommen, ausser, wenn etwa eine Noth war, da schlugen alle zu. Die Edelleute giengen allein in Krieg; Denn was sollen sie auf ihren Land-Guͤthern machen? Sol- len sie immer Rebhuͤhner fangen? Aber gesetzt, es ist einer ein Kannen- Giesser, er hat gute Nahrung viel Kinder, und er soll ein Soldat wer- den, der heulet und zaͤhnklappet. Koͤnnt ihr es ihm vor uͤbel halten? Ich glaube Nein? Die Leute haben sich einmahl etabli ret, sich Hand- wercks-Zeug angeschaffet, das Buͤrger-Recht gewonnen, da gehen sie nicht gerne weg. Da ohnedem bey uns die Kriege lange dauren, so ist es gut, daß wir militiam mercenariam haben; daher ist gantz gewiß was abgeschmacktes und eine abstraction, wenn man von denen Athe- niensern und Roͤmern auf unsere Zeiten argumenti ren will, da wir ohn- dem intendi ren, daß die commercia und opificia sollen flori ren. Ist aber die Cap. V. De prudentia die Noth da, es wird eine Stadt belaͤgert, so schlaͤgt jedermann mit zu. Wir wissen, daß die Buͤrger in Wien sich wacker gewehret. Da der Koͤnigsmarck vor Prag kam, so haben sich die Studenten auch tapfer gehalten. Es kan jetzo nicht einmahl dasjenige applici ret werden, was man vor diesem in Teutschland gehabt; man kan die Lehns-Reutherey nicht mehr brauchen. Indessen kan ein gentil homme doch in Krieg noch avanci ren und reich werden. Es kan also nicht anders seyn, wir muͤssen militiam mercenariam haben. Die Nobiles haben sehr abge- nommen, und hat man schon unter Philippo Suevo militiam mercena- riam gehabt, denn die Staͤdte musten auch gewisse milites schicken, dar- zu musten die Edelleute; Daher gaben sie gewissen Edelleuten Geld, daß dieselben dienen musten, vid. Lehmann. in Chron. Spirens. Vor diesem wurden nur einige troupp en besoldet, und wurde die Lehns-Reu- therey noch beybehalten, nunmehro aber haben wir bloß militiam mer- cenariam. Von denen Huͤlffs-Troup- pen. §. 10. 11. Die milites mercenarii sind vel ordinarii, vel subsi- diarii, die ordinarii werden bestaͤndig gehalten und exerci ret, hergegen subsidiarii sind der Ausschuß. In Franckreich nennet man solche den arriere ban, i. e. da ein Koͤniglich Geboth ausgehet, ut ad exercitum ve- niant. Die Land- miliz ist an einigen Orten wohl eingerichtet, wie in Schweden. Die Schweden brauchen vor sich keine milice ad defen- sionem, wenn sie bey der Land- milice bleiben. Carolus IX. hat sie so eingerichtet, welches Puffendorff in seiner historia anecdota von Schwe- den als ein weises inventum ansiehet. Der Robinson, (welcher erst Bischoff zu Londen worden, und mit auf den Friedens-Schluß zu U- trecht gewesen,) hat einen Staat von Schweden edi ret, darinnen er auch die Land- milice accurat beschrieben. Sie haben gleich funffzig bis sechzig tausend Mann koͤnnen zusammen bringen. Carolus XI. hat es so eingerichtet, daß er einen jeden ein gewisses Stuͤck Geld, Wiesen und ein Hauß gegeben, daß er koͤnnen sein Geld und Korn haben. Zu gewisser Zeit hat man sie exerci ret. Die montur, so einer bekommen, ist in den Kirchen-Gewoͤlbern aufbehalten worden, welche sie anziehen muͤssen, wenn sie marchi ren sollen. Diese Soldaten haben aber wei- ter nichts bekommen; Aber denen Officiers, welche auf sie muͤssen acht geben, hat Carolus Sold gegeben. Man hat auch, da man den Feh- ler gemercket, daß die Officiers, wenn sie die Leute delegi rt, Geld genom- men, solchen dadurch geaͤndert, daß die dem Koͤnige selbst muͤssen vor- gestellet werden, damit er gesehen, ob sie capable: Aber diese Soldaten in andere Landen zu employi ren und damit zu attaqui ren, ist schwer, weil status circa bellum \& pacem. weil sie nicht exerci rt, und schicken sich nicht gleich in des andern terrain. Wir haben es in hiesigen Landen auch erst angefangen; und in gewisser Maasse waͤre es gut gewesen, wenn man dabey blieben; Aber sie sagen, die Kerl verbauerten nur, und waͤren nicht recht exerci ret. Will man andere attaqui ren, so sind freylich die ordinarii milites besser. Deßwe- gen muß ein Herr nicht alle milites abschaffen. Wenn die subsidiarii milites marchi ren sollen, muͤssen sie doch auch gage kriegen, und gehen nicht einmahl gerne weg. Ich habe ein Teutsches Buch vom Schwe- dischen Staat, welches auch vortrefflich. Die ordinarii muͤssen ge- worben gewehlet werden, wie solches geschehen muͤsse, hat Lipsius in sei- ner Politic admirable gewiesen. §. 12-15. Was patriam betrifft, so sollte man meynen, es waͤ- Was ein guter Soldat; und von der Kriegs- disci- plin. ren alle gute Soldaten, und kaͤme es nur darauf an, daß sie recht com- mandi ret wuͤrden; Allein das ist nicht zu glauben. In einem terrain sind die Soldaten besser, als im andern. Es sind auch natuͤrliche raisons vorhanden, man sagt: Virtus ex confragoso venit, und hat Campejus Vitringa observi ret, daß die Leute, so auf den Bergen woh- nen, audaces homines. In den Lande sind allezeit gute Soldaten, wo nicht viel zu fressen; Die Schweden und Daͤnen sind ex confragoso, deßwegen sind sie gute Soldaten, und zwar sind die Schweden noch dauerhaffter als die Daͤhnen, wie Bœckler in bello Suecico \& Danico gewiesen. In Spanien sind die Gallicier die besten Soldaten; in Franckreich die Normaͤnner, weil in diesen Landen nicht viel ist. In der Schweitz sind gute Soldaten, weil es ein schlecht Land. Hier her- um ist cibus und potus im Uberfluß, die Leute leben delicat, dadurch wird das corpus effeminatum; Daher hat man hier keine guten Sol- daten. Ich habe einen Officier gesprochen, welcher Leute von hier mit nach Italien genommen, er sagte aber: Es waͤren viel Studenten- Diener mit darunter gewesen, davon viele gestorben, ehe sie einmahl hinkommen, und die er mit hingebracht, waͤren davon gelauffen, und haͤtten andere darzu verfuͤhret. Im Kriege braucht man Leute, die Hun- ger und Durst ertragen koͤnnen. Die Tuͤrcken befinden sich admirable bey ihrem Reiß, wir aber giessen alles unter einander, Bier, Wein, Thée, Coffée, vid. Stahl de æquabili potu \& cibo. Wer stets einerley isset und trincket, lebt laͤnger, es entstehet eine fermentatio von denen vielerley Speisen. Quoad ætatem ist zu mercken, daß man junge Leute mit muß in Krieg nehmen. Die Roͤmer nahmen sie von siebenzehen bis achtzehen Jahren. Besser aber ist es, wenn sie von Jugend auf zum Kriege angehalten werden, magis parent, taugen sie nicht zur offension, E e e so Cap. V. De prudentia so sind sie doch zur defension. Im Krieg erfordert man experience und Gewohnheit. Junge Leute achten die Gefahr so nicht. Gustav Adolph hatte lauter Milch-Baͤrthe, legte sie erst in guarnison, meli rte sie mit Alten. Mit Jungen kan man despera te actiones vornehmen; Expedi- tiones aber, so grosse circumspection erfordern, sind ihnen nicht zu ver- trauen. Wird ein Student ein Soldat, so debauchi rt er andere, und machet lauter Ungelegenheiten; Die sich nicht commandi ren lassen, sind mehr à charge bey der Armee. Ein Murr-Kopff taugt gar nicht zu ei- nem Soldaten. Ein Soldat muß einige Ehre haben; Die keine ha- ben, muß man an solche Oerter bringen, wo sie nicht davon lauffen koͤnnen. Moriz posti rte die Hollaͤnder zwischen den Feind, das Meer, und den Morast; Sie fochten ex desperatione, und in effectu ists eins, von wem mein Feind todt geschlagen wird. Quoad corpus: Wer groß ist bey der infanterie, der hat einen grossen Vortheil vor kleinen, er hat grosse Knochen, ist staͤrcker, kan besser tragen, thut grosse Schritte; Sie jagen andern ein Schrecken ein, wie die Galli er den Roͤmern, vid. Cæsar. Allein die grosse Leute haben nicht stets grosse courage, ein gros- ser isset, trincket, schlaͤfft mehr, als derjenige, so ein klein corpus hat. Perefex in seinem Leben des Henry le Grand sagt: Mayenne sey ein wa- ckerer Herr gewesen, aber er sey zu groß; Daher habe Henry le Grand ihm uͤberall den Rang abgelauffen, der sey vigilant er und geschwinder als jener gewesen. Stehen grosse Leute stille, so koͤnnen sie viel ertra- gen, marchi ren sie aber lange, so bekommen sie den Wolff, werden ma- rode. Eine Guarde zur Zierde von grossen Kerln ist noch zu passi ren, deßwegen hat man die Schweitzer gerne genommen. Die Roͤmer wa- ren klein, aber gute Springer, sprungen denen Teutschen auf Schild und Pferd. In Venedig exerci ret man sich noch im Springen, ein Kerl springet auf den andern. Von denen Roͤmern haben wir den Krieg gelernet; Aber Cæsar wuͤrde sich wundern, wenn er die jetzigen Krieges-Anstalten sehen sollte. Frischlinus in seinen comœdi en hat eine artige comœdie hiervon. Zum commandi ren sind kleine so gut und bes- ser als grosse. Audacia und Geschwindigkeit thut das meiste; Kanst du aber einen grossen durch das exercitium die Geschwindigkeit beybringen, so hat er grosse avantage. Grosse extraordinaire Menschen sind zu nichts als zur parade nuͤtze. Die Regimenter aus der Normandie, Piccardie und Champagne sind groß, diese choisi ret Franckreich. Lipsius haͤlt von allzu grossen und zu kleinen Leuten nichts, er bleibet immer bey der cou- rage. Erasmus in Adagiis saget auch: Bey grossen Leuten wohne nicht stets die groͤste courage; Bey grossen extendi re sich calor und spiritus in status circa bellum \& pacem. in die membra. Die Spaniol en sind klein, aber hertzhaffte Kerls, wenn sie recht commandi ret werden, raisonni ren aber zu viel. Quoad vitæ genus, darauf sahen die Roͤmer schon. Ein Schneider, ein Sellularius, wird wenig Thaten thun; Ein Schmidt, Schloͤsser kan freylich was ausrichten und aushalten. Ziska nahm die Bauren, die mit dem Fle- gel brav schlagen konnten, sie wusten Hitze und Kaͤlte auszustehen; er exerci rte sie aber brav, Kaͤse, Brodt, Schincken, waren ihre tractamen- ta. Die Nobiles wohneten bey den Teutschen in agris; Die Stadt- Noblesse heisset man patricios, welche magis affœminanti, als Dorff- Junckers. Die Milice muß auserlesen, ansehnlich seyn. In der Gens d’Armerie hatte Franckreich lauter Leute von condition, damit gewan- nen sie die Bataille. Schweden folgte nach; Unsere Kayserlichen Neu- thers haben manchen Puff aushalten koͤnnen; Franckreich hatte zwoͤlff tausend von dieser Gens d’Armerie, die giengen alle propre her, konnten sich selbst commandi ren; Wer darunter wollte, muste gedienet haben. Die disciplin bestehet im exercitio, Ordnung und exemplis. Wer das exercitium verachtet, ist absurd. Die Carolingischen milites victorisir- ten immer wegen ihres exercitii. Es ist ein groß eloge von einem Fuͤr- sten, wenn er offt revüe haͤlt. Wer des Jahres einmahl exerci ret, be- truͤget sich. Tylli schmiß die Sachsen, die nicht exerci ret waren, auf einmahl uͤber den Hauffen. Neugeworbene muͤssen immer mit den al- ten meli rt werden. Carolus V. zitterte im Anfange, daß ihm die Spo- ren klapperten, wurde es aber bald gewohnet. Man thut nicht wohl, wenn man die Soldaten beurlaubet. Louis XIV. zog offt dreyßig bis viertzig tausend Mann zusammen, und ließ sie exerci ren. Auf den march kommt auch viel an. Vegetius sagt: Es sey was neues gewesen, die Soldaten in Quartiere und Gezelte zu legen. Anfangs sey es unter den Roͤmern nicht gewesen. Cæsar aber sagte: Es sey nicht absurd den Sol- daten einige commodité zu verstatten. Alle nationes sind nicht gleich, und koͤnnen nicht sub dio im starcken Winter wie die Moscowiter liegen, und roh Fleisch fressen. Cæsar kleidete auch seine Soldaten besser; Er sahe, es that nichts zur Sache, wenn nur das Point d’Honneur beybe- halten wuͤrde. Exercitia muͤssen seyn. Die Franci sind unter Pipino und Carolo M. in consideration kommen, weil ihre exercitia meliora, quam inter ceteros gewesen; Hergegen sind sie auch in decadence kommen, da hernach die exercitia abnahmen. Arnulphus und Henricus Auceps re- tabli rten die exercitia wieder, davon man einen egregium locum in Rhe- ginone finden kan. Henricus Auceps hat zwar die Tourniere nicht er- funden, welche mit vielen Kosten cum pompa sind gehalten worden, son- E e e 2 dern Cap. V. De prudentia dern es ist davon Urheber der Graf von Anjou, welcher Kayser Henri- ci V. Gemahlin Mathild geheyrathet; Aber er hat doch seine Reutherey exerci ret, gekuͤraßiret, sie lernen schwencken, oͤffnen, zusammen schlies- sen ꝛc. Otto M. continui rte es; Wo ein exercitium ist, ist eine Ordnung, Ordnung ist sapientia; Wo insipientia ist, ist confusio; Daher auch hodie da Ordnung je laͤnger je besser gehalten wird, lauffen wir dadurch den Barbaren den Rang ab. Wo keine disciplina militaris, da laufft ein jeder hin wo er will. Puffendorff in rebus gestis Caroli Gustavi er- zehlet von demselben, daß er sehr verdrießlich gewesen uͤber die Pohlen, so er unter sich gehabt, diese, wann sie marchi ret, und einen Haasen sehen lauffen, sind sie gleich heraus gelauffen, und haben den Haasen verfolgt. Wo keine Ordnung ist, da fallen sie geschwind auf die Beu- the. Wie viel sind nicht bataillen verlohren gegangen, da die Leute so geschwind auf die Beute gefallen. Der Hertzog Bernhard victorisi rte wider die Kayserlichen bey Rheinfelden, da dieselben so bald Beute ma- chen wollten. Carolus Audax hat wider die Schweitzer keine bataille koͤnnen gewinnen, weil seine Leute nicht exerci ret gewesen. Mons. Du Bois in Histoire de la Ligue de Cambray in notis hat gewiesen, warum die Schweitzer so viel bataillen gewonnen, und zeiget, daß theils die Waffen, theils ihre Ordnung solches verursachet. Sie haben fast kei- ne Reutherey gehabt, und doch victorisi ret. Ziska hat denen Teutschen den Rang abgelauffen mit seinen exercitiis, welches alle, die von Hußi- ten-Krieg geschrieben, auch Balbinus bezeugen. Seine Leute haben sich muͤssen zusammen schliessen, und er hat Wagen hinten herum gesetzet, daß sie sich nicht so leicht retiri ren koͤnnen; Daher ist gut, wenn man die Armeen in gewisse Stuͤcke eintheilet, als in Regimenter, Batallions- Esquadrons, Compagni en, ꝛc. und uͤberall signa hat, damit ein jeder se- hen kan, wo er hin gehoͤret. Die Roͤmer haben numeros in ihren Fah- nen gehabt, welches Obrecht de vexillo imperii gewiesen. Caro- lus I. ein Engelaͤnder, und Printz Robert waren wackere Herren; Aber Printz Robert poussi rte die Feinde zu weit, hielt keine rechte Ordnung, und hat ihnen bloß wegen der Unordnung Cromwell zwey Bataille n abgenommen. War das nicht eine Unordnung, da Robert eine halbe Stunde die Feinde poussi rte, und die uͤbrige Armee im Stiche ließ. Man muß auch sein Volck so exerci ren, daß es auf eine retirade dencken kan. Es ist nicht gut, daß man die Feinde allezeit verfolget. Uber den Koͤnig in Schweden hat man sich gewun- dert, daß er uns ausgelachet, weil wir uns exerci rten, wie wir uns koͤnten retiri ren. Bey Pultava aber hat man es geschen, da die Schwe- den status circa bellum \& pacem. den alle gefangen worden, weil sie sich nicht gescheut koͤnnen retiri ren. Ich kan ja nicht allezeit victorisi ren; es kan ein accidens kommen, daß ich uͤbermannet werde, sonderlich hodie, wenn einer nicht darauf den- cket, wie sich die Leute retiri ren koͤnnen en bon ordre, so verlieret er auf einmal die gantze Armee. Also ists allerdings zu æstimi ren, wenn einer sich kuͤnstlich retiri ren kan. Wie wir die erste Schlacht bey Hoͤchstaͤdt verlohren, weil Stirum nicht gedacht, daß der Feind so nahe waͤre, so war das die groͤste Klugheit von ihm, daß er sich noch gut retiri rte, und wurden nicht viel gefangen, nur hatten wir die Schande, daß wir lauffen musten. Wo soll eine Ordnung seyn, da muͤssen auch exercitia vorhanden seyn; die continentia bestehet darinnen, ne cibo venerique indulgeant. Hannibals Exempel ist bekannt. Die Schweden hat das luxurieuse Wesen in Sachsen verdorben, und sind sie brav gestorben, da sie sollten nach der Ukraine marchi ren. Die Spanier hat man aus- gelachet, daß wie sie wider die Portugiesen zu Felde gangen, im Lager lassen Comoͤdien spielen. Eine Pfeiffe Taback und Brandtewein ist des Soldatens bestes divertissement; die Frantzosen aber excedi ren, daß sie denen Leuten zuviel Brandtewein geben, deßwegen ist so ein Lerm in ihren Lagern. Etwas ist gut; Wenn nur die Officiers nuͤchtern sind: denn der Soldat fichtet nicht allezeit ex ambitione. Es ist gut, wenn ein Soldat ein point d’Honneur hat. Aber wir nehmen alles an, wie wir sie bekommen koͤnnen; die Officiers aber muͤssen tuͤchtig seyn und Hertz haben. Wenn die Soldaten nichts thun, als fressen und sauffen, huren, so werden sie enervi rt. Man hat observi rt bey den Roͤmern, auxisse imperium suum, so lange disciplina militaris integra gewesen. Bey denen Roͤmern hat anfaͤnglich keine Frauens-Person duͤrfen ins La- ger kommen, mirumque visum est, da Germanicus seine Gemahlin mit ins Lager gebracht, wie man beym Tacito sehen kan. Man sagt zwar, Cæsar habe nicht viel darnach gefraget, wenn die Soldaten frey gelebet; aber man muß wissen, daß er denen Soldaten deßwegen so viel Freyheit gegeben, damit sie sich moͤchten zu ihm schlagen. Cæsar hat auch das Peculium castrense eingefuͤhret, ut milites sibi conciliaret, wie Svetonius angemercket. Also kan man Cæsarem in diesem Puncte nicht regardi- ren, wenn sie marchi rten, war er doch scharff gnug. Ein Exercitus, so en bon ordre ist, reussi rt allezeit gut. Perfix saget, daß Henrici IV. Ar- mee en bon ordre gewesen, da er den Mayenne aus dem Felde geschla- gen. Die liqui rte Armee gieng uͤber den Hauffen, und wenn Henricus gleich fortgegangen waͤre, haͤtte er den Thron gleich besteigen koͤnnen; So aber lieff er nach Peronne zu seiner Maitresse, und muste sich hernach E e e 3 etliche Cap. V. De prudentia etliche Jahr herum schmeissen. Zucht und Erbarkeit ist allezeit gut; aber dahin wird es freylich ein Herr nicht bringen, daß kein boͤser Mensch sollte darunter seyn, wenn sie nur aͤusserlich ordentlich leben, nicht marodi- ren: Das marodi ren hat viel Ungluͤck verursachet. In der Historia Gi- selberti lieset man, daß er einem Bauer die Pferde genommen, der Bauer verrieth daher, wo Giselbert hingegangen, da marchi rten Ottonis Officiers nach, und sprengeten ihn in Rhein. Johann Friedrich in Sachsen hat die bataille dadurch verlohren, daß seine Leute einem Bauern die Pferde genommen, welcher denen Kayserlichen den Weg gewiesen, wo sie kon- ten uͤber die Elbe kommen, den sonst die Kayserlichen wuͤrden nim- mermehr gesunden haben: Die Sachsen waren in Sicherheit, dachten nicht, daß die Kayserlichen wuͤrden hinuͤber kommen koͤnnen, und wur- den also geschlagen. Die Leute werden verdrießlich, wenn man ihnen das Ihrige nimmt. In des Feindes Lande kan der Feind die Leute leicht gewinnen, wenn er sagt: Er suche die Unterthanen zu protegi ren, und ihnen nichts zu nehmen; deßwegen ist eine scharffe disciplin vonnoͤ- then, und siehet man nicht darauf, ob eine proportion da ist zwischen der gestohlnen Sache und dem Tode des Soldatens. Ich weiß einen Kerl, welcher nur den Leuten, so auf der Strasse feil haben, eine Bre- tzel genommen, muste hencken. Viele meyneten, es waͤre zu grausam, aber der Officier sagte: Er wuͤrde nicht gehenckt wegen der Bretzel, son- dern weil er gestohlen, und sein Geboth nicht in acht genommen. Die Schweden haben eine grosse Liebe gehabt, da sie eine gute Ordnung unter ihren Leuten gehalten. Wie Gustav Adolph Stettin bekommen, ließ er auf dem Wall Gezelter schlagen, worinnen sich die Soldaten auf- halten musten, damit die Buͤrger nicht incommodi rt wuͤrden, welches de- nen Leuten sehr wohl gefallen, sonst wuͤrde auch der Koͤnig in Schweden nicht so reussi ret haben. Hergegen die Frantzosen und Beyern haben ge- hauset, wo sie hingekommen, das hat ihnen grossen Tort gethan. Viele Staͤdte haben sich deßwegen in positur gesetzet, sich ihnen zu widersetzen, welches sie sonst nicht wuͤrden gethan haben. Nuͤrnberg ist keine feste Stadt, aber durch ihren Aufstand haben sie den Beyern grossen Scha- den gethan; die Buͤrger schlugen einmahl ein Corpo von Beyern aus dem Felde. Das machte die desperation; denn sie sagten: wenn wir uns ihnen uͤbergeben, so behalten wir ohnedem nichts, also wollen wir uns lieber desperat wehren. So haͤtten die Beyern auch Tyrol leicht weg bekommen koͤnnen, aber die Bauren wurden auch desperat, und wehreten sich tapffer. Was die montur der Soldaten betrifft, so ha- ben viele gemeynet, diejenigen, so brilli rten auro \& argento, thaͤten ihr devoir status circa bellum \& pacem. devoir nicht recht. Des Darii Leute waren wohl geputzt, da hat Ale- xander Magnus seine Leute encouragi ret, sie sollten brav fechten, da wuͤr- den sie viele Reichthuͤmer erhalten. vid. Curtius. Caroli Aud. Soldaten haben trefflich ausgesehen, die Schweitzer aber schlecht, und diese haben doch victorisi ret. Ich lasse also passi ren, daß einer eine battaille kan ge- winnen, ob gleich seine Soldaten nicht geputzt aussehen; Aber wenn sie sonst keinen Fehler haben, als daß sie wohl gekleidet sind, das wird nicht viel schaden. Rabutin de Bussy lobet den Koͤnig in Franckreich, daß er alle so wohl gekleidet, sonderlich die Cavallerie. Aber es sind auch lauter Leute von extraction darunter. Die Engelaͤnder und Frantzosen haben Federn auf den Huͤthen, ja die Engelaͤnder ziehen seidene Struͤmpffe an, deßwegen fechten sie doch gut. Die Engelaͤnder sind nicht so abstinentes im Essen, und thun sie zwar in ihren Landen Wunder, aber in andern Landen nicht, wenn sie nicht das Englische Ochsen-Fleisch im Leibe haben. Wie der Marleborough nach der Mosel gieng, und den Villars attaqui ren wollte, aber nicht konnte, weil sich derselbe retrenchi ret hatte, so muste er mit seinen troupp en etliche Tage marchi ren, da sind fuͤnff bis sechs tausend Mann marode gewesen. Das Brodt konnte man ihnen nicht recht backen, und ihnen nicht zu rechter Zeit anrichten. Wenn auch gleich die Engelaͤnder in dem Teutschen Kriege etliche tausend Mann geschickt, so wird man doch nicht finden, daß sie was eclatant es gethan. Die Engelaͤnder wissen es auch wohl, daher wenn sie auswaͤrts zu thun ge- habt, haben sie von vielen Teutschen Fuͤrsten troupp en aufgenommen, und sie gebraucht. Hodie hat man es dahin gebracht, daß wenigstens einige von der milice ausgeputzt worden. Das hat der Koͤnig in Franck- reich aufgebracht bey seiner Guarde du Corps. Endlich koͤmmt auch viel auf die exempla an: Denn es ist absurd, wenn der General saget, die Soldaten sollten sobrie, caste \&c. leben, und er selbst huret, spielt, frißt, saͤufft ꝛc. Turenne aß offt ein Stuͤck Brodt, und gab einen andern Soldaten was davon, wie Flechier in einer oration, so er auf den Tu- renne gehalten, gewiesen. Tilly aß offt mit seinen Soldaten, und hielt eine schlechte Tasel, hat auch niemahls ein ander Frauenzimmer beliebet, als seine Frau. Der Turenne hat sich einsmahls in eine Hertzogin von Longeville verliebet gehabt, hat aber gesagt, man solle ihm nur bey der Nacht nicht, aber am Tage daran erinnern, weil man sonst sehen wuͤr- de, daß er roth daruͤber wuͤrde. Bisweilen kan ein General schon ein cordiali chen trincken, und seine Officiers embrassi ren. Montecuculi in sei- nen memoires saget, wenn sie zur rencontre kommen, waͤre er allezeit so- brius gewesen, und habe nichts, als ein bißgen Brodt zu sich genommen. Wenn Cap. V. De prudentia Wenn er aber Zeit gehabt, habe er offene Tafel gehalten, und gerne ge- sehen, daß andere mit ihm gegessen. Er sagt auch, daß, wenn ein Of- ficier Geld habe, er wohl thaͤte, wenn er eine gute Tafel halte, theils koͤnne er sich dadurch bey Vornehmen insinui ren, theils wuͤrden auch manche arme Officiers froh, wenn sie einmahl bey ihm koͤnnten mit spei- sen; Fressen und sauffen muß man nicht, wie bey Speyerbach die Teut- schen gethan, welche von dem Tallard uͤberfallen, und totaliter geschla- gen worden. Montecuculi saget, er habe von andern Regimentern Of- ficiers zu Gaste gebethen, die ihm offt grosse Dienste gethan. Die di- sciplina thut sehr viel. Lipsius hat gewiesen, daß es bey denen Roͤmern auch scharff gewesen. Es sind viel unter denen Soldaten, die muͤssen im Zaum gehalten werden, daher muß der Soldat Pruͤgel haben, doch muß der Officier einen Unterscheid machen: denn es koͤnnen einige seyn, so ein point d’honneur haben, die muß er anders tracti ren. Von den Ge- nerals, und ob einem allein das comman- do anzuver- trauen? §. 16. Es entstehet die Frage, de numero ducum primariorum. Man verstehet hier nicht einen jeden General, sondern einen General- Feld-Marschall, oder General-Lieutenant, der die Armee en chef com- mandi ret. Bisweilen hat man hohe Ursach, einem nicht allein das commando zu geben. Wir haben ein Exempel an der excessiv en Gewalt, welche dem VVallenstein in seiner Bestallung gegeben worden, und wahr- genommen, daß dieselbe fast zum Nachtheil des Kaysers ausgeschlagen; und also sollte scheinen, daß es besser summum imperium inter plures esse divisum. Es ist kein Zweiffel, daß eine solche Gewalt durch eins seine caprice alles verderben kan; Daher auch die Hollaͤnder keinen allein commandi ren lassen, sondern es sind allemahl deputi rten von den Ge- neral-Staaten bey der Armee, welche acht geben, daß sich der Dux nicht uͤbereilet. Also ist nicht zu laͤugnen, daß es nicht allezeit gut, einem al- lein das commando anzuvertrauen. Allein hier ist eine quæstio proble- matica, relativa, comparativa. In comparationibus kan man die Sache sein Lebtage nicht ausmachen. In einer Absicht ist es gut. Viele po- litische quæstiones kan man in utramque partem defendi ren, wie Hessen- thaler in seinem Athleta Politico gewiesen, welches Buch sehr zu recom- mandi ren. Man kan sein Lebtage keine quæstion absolute decidi ren, sondern ein anderer kan allezeit etwas in contrarium beybringen. Wir wissen, daß wann etliche mit einander commandi ren, solche mehrentheils unter einander uneinig werden. Wie Land-Graf Philipp von Hessen, und Johann Friedrich von Sachsen bey Landshuth commandi ret, so hat- ten die beyden Herren mit einander gezancket, und einer immer die Sa- che besser verstehen wollen, als der andere; Hernach gieng gar Hanns Frie- status circa bellum \& pacem. Friedrich fort nach Sachsen. Carolus V. marchi rte ihm nach, und schlug die Protestanten aufs Haupt, sie wuͤrden sich auch nicht wieder haben regen koͤnnen/ wenn Moriz nicht gewesen. Wie der Printz Louis und der Marleborough mit einander commandi ret, so hat man vorher ausge- macht, daß dieser heute, morgen jener en chef commandi ren sollte. Horn und Bernhard haben auf diese Art die bataille bey Noͤrdlingen ver- lohren. Horn wurde gefangen, und Bernhard echappi rte mit dreyzehen tausend Mann. In dieser Absicht ist also nicht gut, si pluribus commit- tatur rei summa, und wenn der General gut ist, er ist ein braver Sol- dat, so ist besser, daß man ihm allein das commando giebt. Was man von dem VVallenstein saget, das ist freylich wahr. Er war ein Boͤse- wicht, der dem Kayser von Thron stuͤrtzen, und Koͤnig in Boͤhmen wer- den wollte? Deßwegen hat er sich so eine amplissimam potestatem geben lassen; Warum hat ihn der Kayser so viel Gewalt gegeben! Es kan ja ein General en chef commandi ren, und doch einer subaltern en der sum- mæ potestatis haben; Darum ist leicht zu begreiffen, warum der Autor defendi ret, daß summa rerum einem solle committi rt werden. Denen Hollaͤndern aber ist gar nicht zu verdencken, daß sie einige mit schicken, welche mit acht geben. Insonderheit ist dieses noͤthig bey einem Herrn, der immer batailli ren will, als wie der Koͤnig VVilliam gewesen; daher ist nichts, wenn ein General erst nach Hause schreiben muß, und sich er- kundigen, ob er batailli ren soll, wie man einen Brief noch findet von dem elenden Louis XIII. an dem Cardinal la Valette, darinnen er die wunderliche Antwort gegeben: Mon Cousin, wenn ihr dencket, daß ihr schlagen koͤnnet, so schlaget. Ein General muß fidelis seyn, nicht præci- pitant; daher ist eine grosse Kunst, einen rechtschaffenen General zu waͤhlen, offt ist man en peine, wem man die Armee anvertrauen soll? Mancher ist zu diesem, mancher zu jenem capable, aber deßwegen nicht gleich geschickt, eine gantze Armee zu commandi ren. St. Euremont hat etliche Frantzoͤsische Generals, als den Gassion, Turenne Crequi characte- risi ret, daran man einen extract finden kan in der præfation des Pere Daniels Historie de France. Er saget: daß der Gassion ein admirabl er Parthey-Gaͤnger gewesen, aber man haͤtte ihn keine gantze Armee an- vertrauen koͤnnen, der Turenne aber habe zu grossen dessein koͤnnen ge- brauchet werden, eine bataille zu commandi ren eine Belagerung vorzu- nehmen ꝛc. doch habe sich dieser zu keinen Parthey-Gaͤnger geschickt. Mancher ist capable, die Cavallerie zu commandi ren, schickt sich aber nicht zur Infanterie. Wenn einer eine Armee commandi ren soll, so ist nicht gnug, wenn er brave ist, sondern der Verstand machet das meiste aus. F f f §. 17. Cap. V. De prudentia Ob ein Printz selbst mit zu Felde gehen solle? §. 17. Es fragt sich: Ob ein Princeps mit ins Feld gehen soll? Respond. Es ist dieses ebenfalls eine probositio comparativa. Ich bin in der persuasion, daß ein Princeps nicht weit von der Armee seyn solle, aber wenn er mit hinein gehet, und bleibet, so ist alles verderbet. Wir haben ein Exempel an dem Gustav Adolph, und an den letzten Koͤnig in Schweden, Carl XII. Ist der Princeps zu weit entfernet, so negligi ren die Officiers zu weilen etwas, denn die Menschen sind gerne commode, und ist nicht bey allen ein groß Feuer, eine grosse Flamme. So lange Ferdinandus III. bey seiner Armee nicht nahe war, gieng es wunderlich zu, wie er aber nahe kam, so ist alles ordentlich worden; So hat es der Koͤnig in Franckreich Louis XIV. auch gemacht, welcher nur zwey mahl zu Felde gezogen; aber sonst der Armee doch bestaͤndig nahe ge- wesen. Bey Mastricht ist er in die approch en gegangen, es hat mir aber ein Legations- Prediger erzehlet, es waͤren solche so weit gewesen, daß er von keiner Stuͤck- oder Musquet en-Kugel koͤnnen incommodi ret werden. Es sind aber nationes, welche nicht gerne fechten, wofern der Koͤnig nicht darbey ist, das hat man in Schweden gesehen. Die Poh- len fechten auch nicht gerne, wenn der Koͤnig nicht da ist, sie haben wohl ihren Cron-Feld-Herrn, sie sehen aber doch ihren Koͤnig lieber, daher wollen sie allezeit einen haben, der Thaten gethan hat. Der Sobiesky ist bloß deßwegen Koͤnig worden, weil er zwey bataill en gewonnen. Die Ungarn gehen nicht zu Felde, wenn nicht der Koͤnig dabey ist. Vor diesen konnte ein Koͤnig eher mit gehen, weil manchmahl kaum funffzig bis sechzig Personen in einer Schlacht blieben, heut zu Tage aber, da man das Pulver hat, kan leicht geschehen, daß ein Koͤnig nieder geschos- sen wird. Wie Gustav Adolph vor Ingolstadt war, und so nahe bey der Stadt ritte, warneten ihn einige, er sollte nicht so nahe reiten; Er antwortete, habt ihr wohl gehoͤret, daß ein Koͤnig todt geschossen wor- den, ehe er sichs versahe, kam eine Stuͤck-Kugel, und wurde ihm sein Pferd todt geschossen, da gieng er fort. Er haͤtte bald selbst sein Leben eingebuͤsset, denn der junge Tilly commandi rte in Ingolstadt, den fragte der Constabel ob er das Pferd oder den Herrn, so darauf saͤß, todt schies- sen sollte, worauf Tilly geantwortet, er sollte nur das Pferd treffen, wel- ches auch geschehen. Im Noth-Fall laß ich passi ren, daß sich ein Prin- ceps a la tete seiner Armee stellet, necessitas non habet legem. Wie Coppenhagen belagert wurde, so hat Fridericus III. selbst commandi ret, ja sein Sohn, Christian V. hat auch mit helffen muͤssen, weil die gantze Koͤnigliche Familie waͤre in Gefahr gewesen, wenn der Sturm nicht ab- geschlagen worden. Ist die nation so naͤrrisch, daß sie allezeit ihren Koͤnig status circa bellum \& pacem. Koͤnig will bey sich haben, so muß er es freylich thun. Sonst aber ist besser, daß er es nicht ihut. Wenn die audacia gut ablaufft, so lobet ihn jedermann. Wie Franciscus I. bey Marignan die Schlacht wider die Schweitzer gewonnen, so war ein grosses Frolocken. Hergegen wird ein Koͤnig todt geschlagen, so sagen alle: Es waͤre besser, wenn er zu Hause blieben waͤre. Si itaque mos ita ferat, so ist nichts anders zu thun, sin minus absis, aber non longe, damit kan bald ordre gestellet wer- den. Iean de VVitt hat davor gehalten, in einem solchen statu, wie der Belgicus sey, waͤre es gut, wenn er selbst mit auf das Schiff gienge; Es ist auch alles gut von statten gangen; Er meynet auch, die præsentia Re- gis thue viel, welches ich zugebe; Es sind aber viel incommoda verhan- den: Warum will er da wie ein gregarius miles seyn? Ich halte nicht davor, daß derjenige einen grossen esprit hat, welcher uͤberall seyn will, wie denn auch viel bey Gustavo Adolpho meynen, daß er zwar ein guter Soldat gewesen, aber der esprit sey nicht so groß gewesen. §. 18. Wenn die politischen Lehrer einen ducem abbilden, wie er Von den qua- lit aͤten eines Feld-Herren. seyn soll, so muß man dencken, daß er ein Dux pictus, er ist eine des Zeuxes sein Frauenzimmer, welcher von diesem Frauenzimmer die Nase, von einem andern die Augen genommen, dergleichen Schoͤnheit aber in der Welt nicht anzutreffen gewesen. Die qualit aͤten alle, welche die Politi- ci erfordern, wird man bey einem Duce nicht finden. Ich kan hier kei- ne universal. Negul machen: Wir haben Officiers, die gestiegen sind, und doch nicht usum gehabt. Der VVallenstein ist sein Tage nichts, als Obrister gewesen, so bald er aber bekannt wurde, gaben ihm die Land- Staͤnde in Maͤhren ein Regiment zu commandi ren, er gieng zu dem Kayser uͤber und commandi rte gleich die Armee en chef. Der Spinola ist ein Kauffmann aus Genua gewesen, und ist gleich General worden. Er ist ein grosser Capitain unter den Spaniern gewesen, paulo inferior, als der Alexander von Parma. Printz Moriz, und Printz Friedrich Hein- rich haben ihn auch vor einen grossen General gehalten. Ordinarie ist freylich gut, si consenuit sub vexillis, wie der Coligny. Probos Duces kan man nicht allezeit haben. Laborum patiens muß ein Dux seyn. Dieses fehlete dem Hertzog von Mayenne, welcher einen grossen Coͤrper hatte, lange schlaffen, und viel essen muste, vide Perefix im Leben Henrli le Grand. Cominæus erzehlet von Carolo Audaci, er habe niemahls ge- hoͤret, daß derselbe traͤge gewesen, sondern sey am spaͤtesten ins Bette gan- gen, und am ersten wieder aufgewesen. Moriz hat auch koͤnnen einen gantzen Tag und Nacht zu Pferde sitzen, und batailli ren, den andern Tag hat er sich doch nicht einmahl ins Bette geleget. Dieses ist gut, F f f 2 aber Cap. V. De prudentia aber nicht allezeit noͤthig. Torstensohn gewann zwey bataill en, und ließ sich in der Saͤnffte herum tragen, weil er das podagra hatte. Ziska war blind, hatte aber den Procopium bey sich, welcher ihm sagte, in welcher Gegend er waͤre, da er alles commandi rte: Denn das commando koͤmmt auf den Kopff an. Diligens, providus ist das principal ste. Ein Gene- ral hat auch vieles zu sehen, nicht allein auf den Feind, sondern auch ob seine Armee subsisti ren koͤnne, welcher Ort zu batailli ren geschickt: Denn nicht ein jeder Ort ist darzu geschickt, daß sich die Armee recht ausbrei- ten kan. Es koͤmmt auch viel darauf an, daß er siehet, wer die Sonne oder den Staub im Gesichte habe, wodurch manchen der Rang abge- lauffen worden. Temperans muß ein General seyn. Wir haben viel bataill en per ebrietatem verlohren, und koͤnnte eine gantze Dissertat. de Cladibus per ebrietatem acceptis gehalten werden. Henricus V. hat die Sachsen bey Ingolstadt geschlagen, welche alle voll waren. Tilly war nicht sobrius, und hat Gustav Adolph von ihm gesagt: Er lebte, wie ein Pfaff. Fidelis muß er seyn, worauf viel ankoͤmmt; Daher war uͤbel gethan von dem Kayser, daß er den VVallenstein wieder annahm, und ihm so eine grosse Gewalt gab, da er ihn vorher abgesetzt. Biswei- len muß ein General cunctator seyn, bisweilen aber auch geschwind. Der Montecuculi war ein cunctator, und hat manchmahl mehr ausge- richtet, als wenn er batailli ret. Der Printz Louis ebenfalls. Es ist nicht gut allezeit bataill en zu liefern. Der Torstensohn zog sich offt lange herum, ehe er batailli rte. Er war einer von den besten Genera- len, modestus, frugalis, providus und war capable eine Armee zu com- mandi ren, welches auch Gustavus Adolphus gesagt. Er wollte nicht ger- ne auf den Teutschen Boden, weil ihn das podagra incommodi rte, aber er muste heraus. Carl Gustav hat unter ihm den Krieg gelernet, es fehlete ihm nichts als vigor corporis. Der VVrangel war ein guter General, aber ein Parthey-Gaͤnger. Der Bannier war capable eine Armee zu commandi ren, aber nicht capable Magazins zu halten. Es ist nicht genug eine bataille zu gewinnen, sondern derjenige, so die bataille gewinnt, muß auch acht geben, daß dieselbe einen effect hat. Die Ar- mee muß koͤnnen subsisti ren; Victuali en, fourage und artillerie muß da seyn, wo dieses nicht ist, so hilfft auch die bataille nichts. So ist es bey denen meisten actionibus des Banniers gegangen, und gehet auch bey andern so. Ein General muß astutus seyn, de futuris koͤnnen conje- cturi ren, und so zu sagen errathen, was der Feind intendi ret. Richelieu hat in seinem Testamento Politico die Frage aufgeworffen: Ob es besser sey, wenn ein General, der en chef commandi ret, mehr finesse habe als bra- status circa bellum \& pacem. bravoure? Einige haben gemeynet: Die finesse sey uͤberall noͤthig, und haben auch raisons beygebracht, sie haben auch des Hannibals und an- derer beruͤhmten Officiers actiones angefuͤhret. Richelieu aber hielt da- vor, ein mediocr er Verstand und grosse bravoure sey besser, als das groͤste raffinement. Ich bin auch der Meynung des Richelieu, welche man mit e inem sensibl en Exempel erlaͤutern kan. Es ist bekannt, daß der Hertzog Bernhard von Weymar, ein apanagi rter Herr, grosse Tha- ten gethan. Diesen hat der Richelieu im Kopf gehabt. Er sagt, der Hertzog von Rohan waͤre ein guter General gewesen, der ein grosses raffinement gehabt, und auch viele Buͤcher geschrieben, aber im Kriege koͤnne man nicht alles abmessen. Es komme viel auf einen hazard an; Da wuͤrde einer, der viel dubia machte, nicht viel Thaten thun. So lange es gluͤcklich gehet, ist ein solcher General gut. Aber ich lobe mir einen Bernhard. Wie die Schlacht bey Rheinfelden verlohren gieng, und alle lauffen musten, so wuͤrde sich da ein Montecuculi nimmermehr recolligi ret haben, sondern es waͤre alles verlohren gewesen. Aber Bernhard sagte: Meine meisten Trouppen sind salvi ret, sie werden nicht dencken, daß wir werden zuruͤck kommen; Wir sind so ruini ret; laßt uns was hazardi ren, was soll es gelten, wir treffen sie in confusion an, omnes hoc consilium approbarunt, sie giengen zuruͤck, so geschwind als es geschehen konnte, da es sich die Kayserlichen am wenigsten versahen, attaqui rten sie; Die Generals waren nicht zu Pferde, schlugen die Kay- serliche Armee und bekamen alle Generals gefangen. Diese affaire hat die Frantzosen in guten Stand gebracht, daß sie einen offnen Weg be- kamen in Teutschland einzubrechen. Bernhard hatte grosse Bravoure, aber einen mediocr en Verstand, und wuͤrde ein anderer dieses nicht ha- zardi ret haben. Also sagte Richelieu: Raffinement sey wohl im grossen Gluͤck gut, aber in Ungluͤck ziehe er vor einen mediocr en esprit und eine bravoure sine exemplo. Alle haben gesunden, daß, obgleich Richelieu ein Pfaff gewesen, doch eine raison in der Response stecke. Wer ein General seyn will, muß autorit aͤt und aliquid gloriæ in der Welt erlan- get haben. In Franckreich hat man die façon, daß, wenn einer vier Staͤdte eingenommen, oder zwey bataill en gewonnen, so wird er Mar- schal de France; welches bis diese Stunde noch mainteni ret wird. Der Koͤnig in Franckreich saget: Keiner koͤnne Marschal seyn, welcher nicht Thaten gestifftet, und famam apud hostes habe. Sein Leb-Tage ist kein Ingenieur Marchal de France worden, weil seine Thaten nicht gesehen worden, ausgenommen der Vauban wurde es, weil er wohl hun- dert Staͤdte zu Franckreich gebracht. P. Daniel saget: Er meriti rte F f f 3 wohl Cap. V. De prudentia wohl zwantzig mahl zum Marchal de France gemacht zu werden. Die Frantzosen haben unter dem Ludovico XIV. auf hundert Staͤdte und Festungen weggenommen, und viele in einer solchen Geschwindigkeit, daß man sich es kaum concipi ren kan, wobey der Vauban viel con- tribui ret. Wie viel auf sein Gluͤck an- komme? §. 19. Die politischen Scribent en, sonderlich Lipsius sagen, ein Dux muͤsse felix seyn; Sie haben beym Cicerone in orat. pro Lege Man. gelesen, daß, als man disputi ret, cui sit deferenda summa verum ? ille pro Pompejo stetit. Bey welcher Gelegenheit er die Qualit aͤten eines Generals durch gegangen, und solche nachgehends auf den Pompejum applici ret. Er hat nichts vergessen was zu einem braven General ge- hoͤret. Der Pompejus ist auch ein grosser General gewesen, ob er gleich durch das artificium Cæsaris uͤbern Hauffen geworffen worden. Unter andern requiri ret auch Cicero felicitatem. Unser Autor saget: Felicita- tem nemo sibi dare potest. Da hat er recht. Fortuna felicitas ist nichts, wer sich solche in Kopf setzet, hat eine abstraction, welches Clerc in sei- nem Tractat du Bonheur \& du Malheur dans les Lotteries gewiesen. Weisheit ist das beste. Allein ein anderer kan auch weise und tapfer seyn, da kan bisweilen im moment ein Ungluͤck kommen, das man sich nicht versiehet. Posthæc occasio calva. Das Gluͤck ist revera nichts anders, als eine Weisheit, daß ich meine Sache wohl uͤberlege, und bald suche in execution zu bringen. Indeß kan offt einer Qualit aͤten haben, als wie der Printz Philipp von Sultzbach ein guter General ge- wesen, aber es kan seyn, daß er das tempo versehen, oder mit andern wackern Leuten zu thun gehabt, die ihm den Circul verruͤckt, daß er ge- schlagen worden, da hat es gleich geheissen: Er sey ein ungluͤcklicher Mann. Man kan nicht sagen, dieser ist felix, der andere infelix, wenn gleich einmahl das tempo versehen worden, so wird es deßwegen nicht allezeit geschehen; Deßwegen paßt der Autor auf dieses requisitum nicht viel. In abstracto ist felicitas, fortuna nichts, sondern eine chimære. Ob nun gleich dieses alles wahr ist, so muß man doch keinen General schicken, der ungluͤcklich gewesen, er mag Schuld daran seyn oder nicht: Nicht, als wenn ich glaubte: Quod huic non adsistat fortuna, son- dern weil er verursachet, daß die Leute kein Hertz haben zu fechten. Wie Cromwell bey der Schottischen Armee zum Protector ausgeruffen wurde, so sagten alle: Wenn der Monck es waͤre, so waͤre es besser, denn sie haͤtten von dem Cromwell keine Thaten gesehen. Wenn sich gleich einer retiri rt en bon ordre, so haben die Soldaten doch kein Ver- trauen zu ihm. Waͤren die Soldaten Philosophen, so daͤchten sie, es waͤre status circa bellum \& pacem. waͤre leicht, daß einer koͤnte uͤbermannet werden, und koͤnte er deßwegen doch noch Thaten thun. Aber der Soldat ist kein Philosophe, er hat naͤrrische Dinge im Kopffe, und denckt, das meiste kaͤme auf das Gluͤck an; der General muͤsse gluͤcklich seyn; daher muß ich mich hier accom- modi ren. Man kan nicht leugnen, daß der Villeroy ein gescheuter Ge- neral gewesen. Wie er aber gefangen wurde in Italien, und der Koͤ- nig in Franckreich etliche bataill en nach einander verlohr, so hat der Koͤ- nig alle Officiers changi ret, damit die Leute Hertz bekaͤmen wieder zu fechten. Wir werden von Ingend auf so erzogen, daß wir denckeu , das Gluͤck sey was positiv es, drum mahlen wir es auch, und setzen unsere abstractiones hin als entia vera, wie Clericus in arte Critica gewiesen. Vieles koͤmmt an auf providentiam divinam, aber nicht alles. Wir koͤnnen sehen, daß unser HErr GOtt solche faut en geschehen laͤsset, e. g. Wir sehen alles, wie der Czaar gewachsen und sich aggrandi ret, wir wissen alle faut en, welche der Koͤnig in Schweden hierbey begangen. En general kan man sagen, daß etwas auf providentiam divinam an- kommt, aber das ist causa admodum remota, auch keine causa necessi- tans, sondern es koͤmmt alles ex arbitrio. Nachdem nun einer ein ar- bitrium rationabile oder irrationabile hat, nachdem gehen auch seine Sa- chen von statten. Wollte einer sagen, daß GOtt allenthalben singula- riter concurri re, so muͤsten lauter miracula geschehen, da faͤllt einer zu- letzt in Enthusiasmum. Beym Mose sehe ich wohl, was da passi ret, da waren miracula, aber das alte Testament koͤnnen wir nicht applici- ren auf unsere Welt. Das negi re ich nicht, daß bisweilen ein accidens kommen koͤnne, welches machet, daß alles krebsgaͤngig wird. Deßwe- gen muß ein General einen magnum animi ambitum haben, damit er kan accidentia prospicere, so viel ihm moͤglich ist. Der Mensch hat freylich keinen infinitum intellectum, daß er alles kan voraus sehen. §. 20. 21. Es ist nichts disputabl ers, als dergleichen Sachen, von Von Vestun- gen und Schantzen. welchen wir in der Politic handeln, und gehoͤret gewiß ein grosses iu- dicium darzu; Wir handeln hier von Sachen, welche diversas relatio- nes haben. Mancher will keine Festung; mancher will Festungen haben, mancher will viele, mancher wenig haben. Hier wird supponi ret, daß einer weiß, was eine Festung ist, welches anderwaͤrts gewiesen wird. Und wenn gleich ein Jurist kein grosser Mathematicus seyn will, so muß er doch die terminos verstehen lernen, was ein Hornwerck, ein halber Mond ꝛc. da muß einer mathematica collegia hoͤren, wer aber gar nichts weiß, kan des P. Daniels Buch de la Milice de France lesen, worinn er admirable gewiesen, wie die fortifications nach und nach unter denen Koͤni- Cap. V. De prudentia Koͤnigen in Franckreich gestiegen. Er hat grosse Kupffer lassen verfer- tigen, da man sich einen concept von Vestungen machen kan, so wohl was inwendig als auswaͤrts zu observi ren. Er hat alle Vestungen lassen in Kupffer stechen, und ist es ein perfectissimum opus. Die at- taqu en la marine kan man auch daraus verstehen lernen. Viele haben das Buch vor schlecht angesehen, aber das sind Tropffen, haͤtten sie politische studia, so wuͤrden sie sehen, daß es ein trefflich Buch. Wenn man Zeitungen recht verstehen will, ist es vortrefflich zu gebrauchen. Ein jeder gehet ja nicht in Krieg, und will doch von solchen Sachen in- formi ret seyn, da kan er es aus diesem Buche lernen. Diejenigen, welche sagen, sie wollten gar keine fortalitia haben, verlassen sich auf bataill en, oder haben darbey arcanam rationem, wie die Pohlen, wel- che deßwegen keine Festungen haben, damit sich der Feind in ihren Lan- den nicht koͤnne aufhalten, oder ihre Koͤnige sich souverain machen. Den naͤrrischen Kopf hat der Pohle, wird ihn auch nicht ablegen; Ob es zwar einen Schein hat, daß der Feind sich alsdenn nicht koͤnne aufhalten, so ist doch zu bedencken, daß er auf einmahl kan das gantze Land durchlauffen und es aussaugen: wie eben die Schweden gethan. Haͤtten sie fortificationes, wuͤrden sie nicht so leicht koͤnnen incommo- di rt werden; deßwegen kan man doch schon verhuͤten, daß der Koͤnig nicht souverain. Der Pohlen Philosophie stehet auch nicht allen an. Manches Land aber kan nicht fortifici ret werden, weil es zerstuͤckt ist. Der Koͤnig in Preussen hat ein zerstreutes Land, da ist noͤthig, in jedem Stuͤck viele Vestungen anzulegen, sondern es ist genug, wenn in einem jeden Stuͤck eine Vestung ist, daß wenn ein Lermen entstehet, sich die Leute dahin retiri ren und ihre Sachen dahin bringen koͤnnen. Her- gegen auf andern Graͤntzen, in Cleve, Preussen, gegen Pohlen zu, muͤssen wir Vestungen haben, und wo die Moscowiter Nachbarn sind, muͤssen auch Vestungen seyn, sonderlich, wenn sie Churland behalten. Wer ein klein Land hat, und liegt zwischen den grossen Potenz en, der muß alles fortifici ren, e. g. der Hertzog von Savoyen liegt zwischen dem Kayser und Koͤnige in Franckreich, daher sind in seinem Lande so viele Vestungen; und wenn er dieselben nicht haͤtte, so waͤre sein Land laͤngst ruini ret. Auch in Teutschland, wer ein klein Land hat, und es hangt zu- sammen, thut wohl, wenn er Vestungen hat. Haͤtten die Sachsen etliche Vestungen gehabt, wuͤrden die Schweden ihr Land nicht so ruini ret haben. Was den modum betrifft, wie man fortifici ren soll, so hat man vor die- sem die Staͤdte alle in Rundung fortifici ret, und hohe Mauren gemacht, auf welche Art Jerusalem gemacht gewesen, deßwegen haben die Roͤmer sol- status circa bellum \& pacem. solches vor so veste gehalten. Auch wie man schon Canonen gehabt, sind doch noch die Staͤdte in die Nundung fortifici ret worden; hernach aber hat man gesehen, daß es besser waͤre, wenn Winckel gemacht wuͤr- den, und hat also die Staͤdte wincklicht fortifici ret. Die Aussen-Wercke sind erst im Hollaͤndischen Kriege aufkommen, und weil man wahrge- nommen, daß es sehr nuͤtzlich, so hat man bisweilen auf eine Meile Weges hinaus die Stadt fortifici ret. Wer will sehen, wie es von Zei- ten zu Zeiten gegangen, kan davon Nachricht finden in des Pere Daniel obgedachtem Buche, da er eine comparaison anstellet, zwischen der al- ten Manier zu fortifici ren, und zwischen des Vauban seiner; Vauban seine ist bisher die beste gewesen. Uber die fortification ist sehr gestrit- ten worden. Sturm hat mit dem Burgsdorff auch hieruͤber Streit ge- habt, und gewiesen, daß die façon inwendig und auswendig zu fortifici- ren zwar gut sey, aber zu kostbar, keine Vestung ist zwar imprenable, doch kan man sich darinnen etliche Wochen und Monathe wehren, der- gleichen Landau ist, welches Vauban angeleget. Diese hat auch ihre gehoͤrige Groͤsse, denn wenn die Vestungen zu klein sind, koͤnnen diesel- ben nicht wohl defendi ret werden, wegen des grossen Feuers, welches man hodie machet. En general ist zu mercken, daß hodie keine Vestung vor starck passi ren koͤnne, welche 1) nicht einen bedeckten Weg hat, 2) detachi rte Wercke, damit wenn gleich eine Ravelin weggenommen ist, nicht gleich die gantze Vestung weg ist. Alle Wercke muͤssen mini- ret werden, und wo der Feind hinkommen will und die Minen weg- nehmen, muͤssen grosse Pfaͤhle eingerammelt werden, welche die Feinde erst entzwey schneiden muͤssen, wenn sie darzu wollen: dieses verursachet, daß eine Belagerung lange waͤhret, und frißt viel tausend Menschen weg, mehr als in einer bataille. Auf diese Art ist Tournay fortifici ret. Vor diesem haben sie nicht einmahl einen bedeckten Weg gehabt, aber jetzo hat man so viele Aussen-Wercke, und so viele detachi rte Wercke, zu geschweigen, daß man auf Seiten der Obsessorum Abschnitte machet, davon hernach soll gedacht werden. Diejenigen Staͤdte, so auf die alte Art fortifici ret, dauren nicht lange. Ostende hat man vor diesem etliche Jahr belagern muͤssen, wie aber die Alliirten davor kamen, haben sie es in 14. Tagen weggenommen. §. 22. 23. Bisher haben wir gesehen, quod sit considerandum Wenn man Krieg fuͤhren solle? ante bellum. Wir muͤssen aber auch sehen, was zu thun sey, wenn alles da, was man braucht, wenn man Commeatum Infanterie, Caval- lerie hat. Da hat nun unser Autor gewiesen, wenn einer gleich alles habe, so sollte er deßwegen doch nicht gleich Krieg anfangen, sondern G g g uͤber- Cap. V. De prudentia uͤberlegen: Ob er aus dem Kriege ein Interesse habe. Leute, so keinen Verstand haben, dencken nicht, daß man hier aus denen historischen Schrifften etwas lernen koͤnne, da sie doch hoͤchst nuͤtzlich, sonderlich in denen neuern Zeiten, da sie weitlaͤufftig sind und alle Umstaͤnde beruͤh- ret. Ein politischer Mensch hat nichts noͤthigers, als die neue Historie. Es ist hier zu recommendi ren des Rapin Thoyras seine Historie von En- geland, worinnen er unter Henrico VIII. die deliberationes mit beyge- bracht, so man damahls gepflogen, wie Ludovico XII. sollte Krieg an- gekuͤndiget werden, bey welcher Gelegenheit Rapin Thoyras eine reflexion gemacht, ob Henricus VIII. klug gethan, daß er sich in die alliance wi- der Ludovicum XII. begeben, in welcher die Schweitzer, der Pabst, der Kayser, die Spanier stunden. Er zeiget, daß Henricus nichts absurd ers vornehmen koͤnnen. Es ist wahr, der Koͤnig Henrich hatte alles, was zum Kriege gehoͤrete, Geld, Schiffe, wackere Soldaten, Muth, cou- rage, aber er hat kein interesse gehabt, und nichts darbey profiti ret. Wer will aber wohl pro gloria inepta \& vana einen Krieg anfangen? Schaden hat er vielmehr darbey gehabt, indem er sein Geld depensi ret, seine Leute auf die Schlacht-Banck geliefert. Wenn der Herr pro gloria nur Krieg anfaͤngt, so liefert er nicht nur seine Leute auf die Schlacht-Banck, sondern ruini ret noch viele andere Menschen ohne Ur- sache. Zuletzt wurde aus dem Kriege nichts, als daß Ludovicus XII. Henrici Schwester geheyrathet. Dergleichen Dinge kan also niemand approbi ren, welcher Vernunfft und eine misericordiam bey sich hat; hergegen, wenn es die Noth erfordert, oder es ist eine aperta utilitas vorhanden, welche so beschaffen, daß, wenn ich es nicht thue, so waͤch- set dem andern etwas zu, und zuletzt gehe ich zu Grunde, da muß ich mich herum schlagen. Declari ren, keinen Krieg anfangen, ist absurd, dergleichen sortise Koͤnig Jacobus I. in Engeland begangen, und wenn sie ihm auf der Nase herum getantzet haͤtten, wuͤrde er doch keinen Krieg angefangen haben. Es ist auch deßwegen eine species ignominiæ vor- handen, auf Seiten Jacobi I. Das Haus Stuart ist eben durch Jaco- bum so verhaßt, daß sich hernach solche fatalit aͤten zugetragen. Philip- pus Mornæus, welcher Memoires d’Etat geschrieben in vier Baͤnden in 8. hat Carolo IX. das consilium gegeben, mit denen Spaniern Krieg anzu- fangen, und die Neformirten ruhen lassen, welches ihm nuͤtzlicher sey. Philippus Mornæus war ein Gentil homme einer von den Haͤuptern der Reformirten, von welchem auch der Koͤnig in Franckreich selbst, und die Catharina de Medices geglaubt, esse hominem sapientem, rerum pe- ritum simulque callidum. Callidus wird hier so genommen, daß artes bo- næ status circa bellum \& pacem. næ darunter verstanden werden. Ich habe sein Leben a part beschrieben. Er hat die Theologie wohl verstanden, sonderlich aber war er in Staats- Sachen, hauptsaͤchlich was die interess en der Potenz en in Europa betraff, wohl erfahren. Ohne interesse muß kein Krieg gefuͤhret werden; An- derwaͤrts ist auch das Exempel Caroli Audacis angefuͤhret worden, wel- cher ohne raison mit denen Schweitzern Krieg angefangen, vindictæ gratia muß man keinen Krieg anfangen. Wenn die Pohlen satisfaction thun werden, wird niemand mit ihnen Krieg anfangen, aber das Rauhe muß man ihnen doch weisen. Bisweilen hat man raison, Frieden dem Kriege vorzuziehen, weil der Krieg so viel incommodit aͤten hat. Offt sind in einem Lande viel gefaͤhrliche conjunctur en, da muß man viel ver- tragen, und sich nicht vollends ruini ren. Ein singularis homo, wenn der sucht alles zu raͤchen, und sagt: Er wolle lieber zu Grunde gehen, als dieses oder jenes eingehen, so thut er nicht wohl. Salus Græciæ ist nicht daran gelegen. Hergegen wann ein Fuͤrst so redet, der ist entwe- der nicht gescheut, oder redet es in iracundia. Pfanner erzehlet in seiner Historia Pacis VVestphal. daß, wie Friedrich VVilhelm gesehen, man wuͤrde ihm Pommern wegnehmen und Schweden geben, so habe er ge- sagt: Er rede nicht als ein Churfuͤrst sondern als ein erzuͤrneter Solda- te. Sie haben recht geredet, hernach hat er sich auch begriffen: Denn wenn ein grosser Herr kein Land mehr hat, so ist er auch kein grosser Herr mehr. Carolus VII. wie er nichts als Bourges mehr hatte, so hat er auf seinen Degen geklopfft und gesagt: Wenn er auch nichts mehr haͤt- te, wolte er sein Leib und Leben daran wagen, aber nachgehends hat er andere Gedancken bekommen, vid Bayle Dict. Hist. Crit. sub voc. Char- les VII. wie der Koͤnig in Schweden bey Pultava geschlagen worden, war ich eben in Berlin, da wurde gleich eine reflexion gemacht, daß der Koͤnig in Schweden zu einem von unsern ministris gesagt, er wolte sich lieber lassen tod schlagen als weichen, und ist doch gewichen. Ein gros- ser Herr kam nicht opmaitre seyn wie der Koͤnig in Pohlen bey Nan- stadt den Frieden mit den Schweden gemacht, der ihm so præjudicir- lich gewesen, so hat auch ein gewisser Printz gesagt: Er wolte sich lie- ber auf eine Pulver-Tonne setzen und in die Lufft sprengen lassen als ei- nen solchen Frieden eingehen; Aber es konte da nicht anders seyn. Es kan sich ja changir en, da kan man alles retablir en. Der Kayser gab viel nach, wie die Schweden in Sachsen gestanden. Philippus IV. ver- trug auch viel und wolt nicht mit dem Cromwell brechen, weil er nicht im Stande war. Der Koͤnig in Franckreich, wenn er nicht durch seine Intriqu en koͤnnen die allianc en brechen, so hat er gesagt: Hier sind die G g g 2 Præ- Cap. V. De prudentia Præliminaria, die will ich eingehen. Melius est cedere als seine Crone in Gefahr setzen, habe ich Schaden gehabt, so muß ich das tempo ab- warten, da ich mir vielleicht wieder helffen kan, Dicis, das ist nicht ge- handelt, wie Alexander gethan. Respond. Wer schieret sich was uͤm Alexandrum M. dieses war ein ambiti oͤser Herr, welcher gemeynet, se nullo dolo usurum, sondern er wolle alle aperta vi oppugnir en. Das ist gar nicht noͤthig, sondern wenn ich Gelegenheit habe, und sehe daß der andere schwach ist, so gebe ich ihm etwas nach, daß er mir nicht fer- ner schaden kan. Wenn einem solchen, der alles aperta vi oppugnir et al- les gluͤcklich gehet, so ist es gut; Mißlinget es aber, so sagt ein jeder, er sey nicht prudens gewesen: Bisweilen sind in einem Lande turbulenti ho- mines, auf die man acht geben muß, und deswegen auswaͤrts keinen Krieg anfangen kan. Aber das ist wahr, wo man siehet, daß die Leu- te nichts zu thun haben, da muß man einen Krieg anfangen, damit die Leute was zu raisonnir en bekommen, als wie man siehet, daß die Czarin gerne einen Krieg anfangen wolte, wenn aber keine causa da ist, muß es von Rechtswegen doch nicht geschehen. Was in dem Kriege selbst zu observi ren? §. 24. Nun muͤssen wir auch sehen, quid faciendum in bello, der Autor hat hier sonderlich den Lipsium gebraucht, Wenn man aber von dem Lipsio hoͤret, muß man dencken, daß derselbe ein klu- ger Kerl gewesen; Der Printz Moriz war sein disciple: Denn er ist in Leyden gewesen, und hat er mit ihm des Poliæni Stratagemata gelesen, und anders mehr. Printz Moriz, wie er Breda wegnehmen wollen, welches ihm aber doch durch ein accidens mißgelungen, habe gesagt, er habe solches vom Lipsio gelernet, denn sie haben von Ingend auf dem Printz zum Kriege an- gehalten, daß er seinem Vater succedi ren sollte. Er war kaum siebenzehen bis achtzehen Jahr alt, so wurde er Grand-Capitain. Der Ertz-Hertzog Albrechs hat den Lipsium auch in vielen Sachen zu rathe gezogen. welcher saget: Magna sunt aggredenda, e. g. Wie Gustav Adolph den Tylli geschlagen, so gieng er zwar nach Francken, uͤberrumpelte Wuͤrtzburg, bekam Maͤyntz weg, Oxenstirn aber hat gemeynet, das waͤren bagatell en gewesen. Der Oxenstirn war gescheuter, und wie er den Gustav Adolph zum ersten- mahl wieder gesehen, so hat er gesagt: Sive: Ich habe gemeynet, ich wollte euch zu Wien sprechen; Wer heißt euch da hinaus gehen? Ihr haͤttet sollen nach Boͤhmen gehen, Prag wegnehmen und von dar nach Wien, damit haͤtten wir einen guten Frieden bekommen. Er schickte den Churfuͤrsten von Sachsen nach Boͤhmen, welcher zwar Prag weg bekam, aber solches auch bald wieder verlohr. Mahometh II. da er noch vieles von Griechenland wegzunehmen gehabt, hat er gesagt: Laßt uns status circa bellum \& pacem. uns erst Constantinopel wegnehmen, so wird sich hernach das andere alles geben; welches auch geschehen. Es hat sich niemand gegen ihn nachgehends mehr gewehret, als der Scanderbec in Albanien. Maho- meths II. Leben ist in Engeland heraus kommen. Carl Gustav gieng vor Coppenhagen, das uͤbrige wuͤrde er hernach weggenommen haben, wenn er erst Coppenhagen gehabt. Man thut wohl, daß man auf den Haupt-Ort los gehet, und sich nicht mit kleinen Staͤdten aufhaͤlt, die Zeit vergehet bey denen kleinen Staͤdten, die Armee wird ruini ret, und doch haben die conquet en, so man machet, keinen Einfluß ad sum- mam verum. Wie Philippus II. in Spanien die Schlacht bey Sanct Quintin gewonnen hatte, und Carolus V. der schon im Closter war, sol- ches hoͤrete, fragte er gleich: Ob sein Sohn nicht nach Paris gangen waͤre? Da er hoͤrete, daß sein Sohn mit der Belagerung vor Sanct Quintin sich aufhielte, war er so boͤse, daß er wieder aus dem Closter heraus gehen wollte, sich a la tête der Armee setzen, und nach Paris ge- hen. Indeß er aber Sanct Quintin belagerte, recolligi rten sich die Fran- tzosen wieder. Carolus V. hat es vorher besser gemacht, der auch schon einmahl an der Marne gewesen, und nach Paris gangen waͤre, wenn nicht die Engelaͤnder es verhindert haͤtten, welche nicht haben wollten, daß er so groß werden sollte. Die Engelaͤnder machten es recht, wel- che auch auf Paris loßgiengen, und wie sie Paris weg hatten, fiel ihnen alles zu, so gar, daß Carolus VII. nichts mehr gehabt als Bourges. Hier ha- ben viele grosse Capitains und Generals angestossen. An dem Gallasch hat man getadelt, daß er immer eine kleine Stadt nach der andern weggenommen, und sich damit aufgehalten; Es ist auch nicht zu rathen, daß einer bestaͤndig Partheyen ausschickt, die machen keine decisive ba- taille, und wird doch viel Volck dadurch verderbt. §. 25. Quær. Ob man es solle auf eine decisive bataille lassen Von Schlach- ten; ankommen? Respond. Ich bin der Meynung, daß es bisweilen noth- wendig, bisweilen aber auch schaͤdlich. Man darff sich nur des Fabii exempel vorstellen, von welchen der alte Poêt Ennius saget, unus homo nobis cunctando restituit rem. Der Czaar hat eine grosse Klugheit hierinne bewiesen, daß, wie der Koͤnig in Schweden nach Moscau gieng, so haͤtte der Czaar immer koͤnnen batailli ren, aber er hat es nicht ge- than, sondern er marchi rte voraus, versengete und verbrannte alles, da- mit die Schweden keine subsistence haͤtten. Wie er nun sahe, daß die Schweden lache waren, so gieng er auf sie loß. Haͤtte er gleich ge- schlagen, da die Schweden noch munter waren, wuͤrde es uͤbel abge- lauffen seyn, und der Koͤnig in Schweden vielleicht seine intention er- G g g 3 halten Cap. V. De prudentia halten haben, den Czaar zu dethronisi ren. Eine eintzige bataille bringt mich um Cron und Scepter. Von Friderico V. hat man gesagt, daß er es nicht haͤtte sollen auf die bataille bey Prag ankommen lassen, sondern sich erst nach und nach aggrandi ren, weil die Kayserlichen ohne dem we- nig Mund- proviant mehr gehabt. Es ist gefaͤhrlicher zu streiten cum fame \& siti, als mit dem Feind. Man hat nicht allezeit so viel force eine bataille zu liefern, der gemeine Mann hat nichts von einem Mon- tecuculi, der cuncti ret, der will immer gerne bataill en sehen, und haͤlt sol- che vor einen Veraͤchter, wie man von Printz Louis gedacht, welches er aber in der That nicht gewesen. Wider die Tuͤrcken hat er offt ge- schlagen, aber wie er mit dem Frantzosen zu thun hatte, so machte er es wie der Montecuculi, zog bald hier, bald da hin: Denn die Teutschen haben nicht allezeit dasjenige, was zu einer bataille erfordert wird; Da fehlet es offt an fourage, artillerie. Andere haben es wollen besser ma- chen, und uͤbernahm der Marckgraf von Bareuth das commando, danckete aber ab, und konnte nicht fort kommen. Nachgehends bekam es der Churfuͤrst von Hannover, der danckete aber auch ab. Biswei- len aber ist es hoͤchst noͤthig nicht zu batailli ren, sonderlich, wenn der Feind courage hat. Man hat den Tallard verdacht, daß er die Schlacht bey Hoͤchstaͤdt lassen vor sich gehen, da unsere Teutschen Trouppen courage hatten, und die Englischen kamen darzu, welche noch das Ochsen-Fleisch im Magen hatten. Der Turenne schlug nicht, wenn er nicht fast den Sieg in Haͤnden gehabt. Noch ein unvergleich- liches Exempel koͤmmt vor, da der Hertzog Bernhard den Hertzog von Feria, welcher mit dreyßig tausend Mann Italiaͤnischer und Spanischer Trouppen aus Italien kam, aus Tyrol nach Schwaben gezogen, und wie der Hertzog von Feria meynete, es wuͤrde zur bataille kommen, gieng Bernhard nach Francken, von dar zog er den Feria an Rheinstrohm, da dessen Armee nichts zu fressen gehabt, und gantz ruini ret worden. Ja- cobus Zevecotius in seinen notis politicis ad Cæsarem, Suetonium \& Flo- rum hat artige Sachen hiervon beygebracht. Die Roͤmer haben cunctando den Hannibal uͤberwunden: Denn Hannibal waͤre maitre von Rom worden, wenn Fabius nicht gewesen, welcher bald da, bald dort hin marchi ret, und den Hannibal muͤde gemacht. Dieses gehet sonderlich an in einem Lande, welches groß ist, als in Pohlen. Dicis: Da laufft man ja vor dem Feind? Respond. Das thut nichts, es koͤmmt wohl die Zeit, daß mit Vortheil eine bataille kan geliefert werden. Der Koͤnig VVilliam in Engeland wird getadelt, daß er alles auf decisive ba- taill en status circa bellum \& pacem. taill en ankommen lassen, da wird salus reipublicæ auf die Spitze ge- setzet. §. 26. Tempus est observandum; Die Zeit thut aͤn sich nichts; Daß dabey auf die Zeil; Wir leben in der Zeit, aber es giebt eine Gelegenheit, daß ich kan eine avantage im Kriege erhalten. Die Tuͤrcken schlagen gerne am Ent- hauptungs-Tage St. Johannis, an welchem Tage sie viele bataill en ge- wonnen; Quær. Gewinnen wir allezeit, wenn wir etliche bataill en an dem Tage gewonnen. Dieses ist keine consequentia; Aber es raison- ni ret doch der peuple nicht allezeit philosophice, und muß ich acht geben, daß ich das Volck brauche zu einer solchen Zeit, da wir keine bataille verlohren, da haben sie courage. Deßwegen eviti ren die Christen alle bataill en mit denen Tuͤrcken auf diesen Tag. Man siehet ja, daß bis- weilen die courage durch ein accidens vermehret wird. Die Frantzosen batailli ren gerne auf den Louis- Tag, weil die Louis alle groß gewesen in Franckreich Louis le Grand hat auch seinen Leuten eine grosse Idée in den Kopf gebracht, deßwegen haben unsere Leute meistens an den Tag auf der Huth gestanden, oder haben die bataille suchen zu eviti ren. Her- nach muß man auch acht geben, was der Feind vor eine Zeit observi ret, da er nicht schlagen will. Titus Vespasianus hat die Juden am Sab- bath attaqui ret, weil da die Juden in otio sind, und nichts thun. Je- rusalem ist auch am Sabbath eingenommen worden; Beym Suetonio und Josepho kan man hiervon Nachricht finden. Josephus ist damahls in Jerusalem gewesen. Bisher hat man von seinem Bu- che keine complet e edition, aber in Cambridge hat man ihn viel accurat er edi ret, welche in Holland nachgedruckt wird; Es waͤre gut, wenn wir ihn gantz haͤtten. Viele haben schon daran gearbeitet. Beym Cæsare le- sen wir, daß die Teutschen gerne im Neu-Mond gefochten, da sind sie lustig gewesen. Tacitus sagt auch von denen Teutschen, daß sie viel auf das neue Licht gehalten, wie die Juden und andere Voͤlcker. Wie Cæsar merckte, daß sie vor dem neuen Lichte nicht schlagen wollten, so attaqui rte er den Ariovistum. Hier kan man auch mercken, was Printz Moriz gesagt: Die Engelaͤnder muͤsse man brauchen, wenn sie das Ochsen-Fleisch noch im Leibe haͤtten. Das Fleisch machet courage. Alle animalia cornifera sind besser als die andern Thiere. Mons. Tem- ple sagt auch, daß die Hollaͤnder keine courage haͤtten, daher, weil sie kein Fleisch essen, sondern Bohnen, Fisch, ꝛc. Wer einen gantzen Bra- ten kanauffressen, hat allezeit mehr vigueur. §. 27. Locus an sich thut nichts; aber die difficultas, da ich atta- und auf den Ort zu sehen. qui ret werde, kan verursachen, daß mein Feind eine avantage habe; Je- der- Cap. V. De prudentia dermann siehet, daß, wenn ich hoch stehe, ich mehr avantage habe, als wenn ich niedrig stehe. Ich kan sehen, wo der Feind herkommet, kan auch besser schiessen. Wenn die Leute den Berg hinauf sollen, macht es ihnen Muͤhe, sie werden muͤde. Daher ist es uns Blutsauer worden, da wir den Schellenberg attaqui ret. Die Engelaͤnder giengen gleich zu, wurden aber alle niedergeschossen. Hergegen Printz Louis sagte, die Teutschen soll- ten kriechen, da sie auch den Ort einbekommen. Bisweilen ist der Ort so beschaffen, daß die Cavallerie nicht kan gebrauchet werden, als wie in der bataille bey Turin die Frantzosen ihre Cavallerie nicht brauchen konn- ten. Wenn der General Steinbock uͤberleget, wie das Terrain bey Toͤn- ningen beschaffen, daß er nicht wuͤrde gnug zu fressen haben, wuͤrde er sich nicht haben lassen einschliessen. Torstensohn war gescheut, Gallasch hatte sie auch in Hollstein eingeschlossen. Torstensohn aber ließ uͤber den Morast fachin en legen, und kam gluͤcklich weg. Man denckt, es sey an dem loco nicht viel gelegen, da doch viele faut en begangen werden, welche die Generals darbey begangen, davon Lipsius viele exempla pro- poni ret. Wer viel Cavallerie hat, muß eine plaine haben. Wer viel Infanterie hat, muß sehen, daß er einen Morast auf die Seite kriegt, da- mit auf die Seite niemand beykommen kan. Wie der Tilly sich bey Leipzig retrenchi rte, und zog sich aus seinem Lager heraus, so hat Gustav Adolph solches als einen grossen Fehler angesehen. Waͤre er im Lager blieben, so haͤtte ihm Gustav Adolph nichts thun koͤnnen. Diesen Feh- ler hat nachgehends der VVallenstein ersetzet: Denn dieser kam nur vier und zwantzig Stunden eher, als der Koͤnig in Schweden, da er gleich retrenchements auffuͤhren lassen, und ist auch der Koͤnig da geblieben. Es koͤmmt auch viel darauf an, wer die Sonne im Gesicht hat, oder den Wind. Reinhard hat in seinen notis ad Lipsii Politic. pag. 1699. unterschiedliche exempla hiervon beygebracht. Dieses ist zu mercken, daß, als Gustav Adolph dem Tilly die bataille lieffern wollen, so hat er ihn nicht gleich attaqui ret, sondern ist erst herum marchi ret, bis er die Son- ne in den Ruͤcken bekommen, alsdenn ist er auf ihn loßgegangen. Ta- citus hat eine artige expression hievon, wenn er sagt: Oculi primum vincunt. Es haben auch die Scriptores, stratagemata, als der Poliænus, Fronti- nus. Dieses wird mit unter die stratagementa gezehlet, und gehet es auch gar wohl an. Es ist freylich viel daran gelegen, daß man sich nicht bloß giebt, son- dern retrenchements machet. Hierinnen wird der VVallenstein gelobet, und wuͤrde er auch die bataille wider Schweden gewonnen haben, aber durch ein accidens verdarb er dieselbe. Die Kayserlichen hatten schon die Huͤthe in die Hoͤhe geworffen, daß sie die victorie haͤtten, VVallenstein wurde auf seinen status circa bellum \& pacem. seinen Kuͤraß geschossen, die Kugel streiffte an den Daumen, daß er den Zaum fallen ließ, da lieff das Pferd fort, die andern dachten, er wollte die Flucht nehmen, und giengen hinter drein, wodurch alles in confu- sion kommen. Er wollte wieder commandi ren, konnte aber nichts aus- richten, weil alles schon in confusion war. Es ist kein Zweiffel, daß man kan generaliter instrui ren, wie einer sich soll halten, ratione seiner Schlacht-Ordnung, darauf kommt viel an, wie aber die Ordnung muͤs- se gehalten werden, das ist hodie anders, als vor diesen gewesen, die Griechen und Roͤmer haben ihre Ordnung beschrieben. Ælianus hat davon geschrieben. Cæsar zeigt auch, wie er es gemacht habe. Der Hertzog von Rohan hat reflexiones uͤber den Cæsarem gemacht, und noch mehrers beygebracht: Denn wenn eine Hoͤhe da ist, so muß dieselbe vor allen Dingen besetzet werden, der Montecuculi, welcher selbst ein tapffe- rer Soldat gewesen, der viele blessu ren gehabt, die aber doch alle gehei- let worden, daß er uͤber achtzig Jahr alt worden, hat auch hiervon ge- schrieben, woraus einer vieles profiti ren kan. Wer die neueste façon will wissen, muß dem Pere Daniel in seiner histoire de la Milee de France lesen, worinnen er gewiesen, wie es die Frantzosen hodie halten, in Ran- gierung ihrer Schlacht-Ordnung, und wie sie es vor diesem gemacht haben. §. 28. Es ist ein bekannter locus bey dem Livio: Fama bella sta- Wie viel auf den Ruff an- komme? re. Nun muß untersucht werden, quomodo fama sit acquirenda? in- gleichen quod fama interdum nocere possit. Daher muͤssen wir sehen 1) auf das emolumentum, 2) auf das damnum, welches ex fama ent- stehen kan. Was das erste betrifft, so ist zu mercken, daß das emolu- mentum kan zu wege gebracht werden, durch die ersten actiones. Der- jenige, welcher ein Schrecken unter seine Feinde bey Eroͤffnung der cam- pagne dissipi ren kan, hat sich kuͤnfftig hin einen guten succeß zu verspre- chen. Es ist keine consequentia certa, mathematica, immobilis; Aber wir haben hier nicht mit Philosoph en zu thun, sondern mit einer Menge Volckes, welche nicht viel raisonni ret, und nur auf die aͤusserliche appa- rence siehet. Cromwell, wie er nach Irrland gieng, Droghagh belager- te, ließ er keinen Menschen darinn leben, da man ihn befragt: Quare tam crudeliter sese gereret? So habe er geantwortet, er thaͤte es mit Fleiß, damit er denen Irrlaͤndern ein Schrecken einjagen moͤchte; indeß waͤren sie Rebellen, \& nemini injuriam fieri. Das letzte lasse ich dahin gestellet seyn, und will es hier nicht untersuchen, das andere aber ist hier nicht zu reprochi ren, quod terrorem spargere voluerit inter hostes. Er hat dadurch effectui ret, daß alle Irrlaͤnder die Waffen niedergelegt, weil H h h sie Cap. V. De prudentia sie befuͤrchtet, es moͤchte ihnen eben so ergehen; Man muß sich auch al- lezeit staͤrcker machen, als man in der That ist, damit der Feind eine groͤssere Furcht bekomme. Ich habe selbst viel Officiers sagen hoͤren, daß die Menge des Volcks hodie viel thue. Vor diesem konnten wenig Leute gegen einer grossen Armee fechten, welches aber hodie nur noch an- gehet, wo un exerci rte Leute sind; Der Koͤnig in Schweden hat eine klei- ne Armee gehabt, da er die Moscowiter bey Narva geschlagen, aber die Moscowiter waren schlecht exerci rt. Hergegen wo exerci rte Trouppen beyderseits sind, als wie bey denen Frantzosen und Teutschen, da haben die Frantzosen uns etliche bataill en abgewonnen, weil sie staͤrcker gewe- sen. Wenn wir gemeynet, wir haͤtten den Sieg, so sind wieder neue hervor kommen, und auf uns loßgegangen. Die Schweden sind mit einem kleinen corpo nach Sachsen kommen, sie haben sich aber immer noch einmahl so starck ausgegeben, als sie in der That gewesen. Die Obsessi stecken noch viel piqu en auf, nehmen andere Leute mit auf den Wall, daß der Feind dencken soll, sie waͤren starck. Wie Conradus Henricum Aucupem zu Gronda belagert kam Ditmar ex Oriente, und sagte zu Conrado, es waͤren sechs tausend Mann wider ihn in Anmarsch, welches nicht wahr war; Conrad aber glaubete solches, hub die Bela- gerung auf, und Henricus Auceps echapi rte, vid. VVittek. Corbej. Hier- aus siehet man, daß der andere Theil mercken muß, quod famæ non sem- per sit credendum. Man muß Espions haben, negligi ret einer solche, so entstehen hernach dergleichen Fehler. Alles, was ad terrorem hostium dienlich ist, muß man brauchen. Wie der Ziska sterben wollte, und ge- wust, daß er seinen Feinden einen grossen Schrecken einjagen koͤnnen/ hat er befohlen, sie sollten seine Haut abziehen, und uͤber eine Trommel machen, die Feinde wuͤrden sich auch vor seinen Balg noch fuͤrchten. Er hat auch gleich zu erst uͤbel haußgehalten, gesenget, gebrennet, alles ruini ret, daher ist er in solchen Schrecken gewesen. Alle Scribent en, so vom Hußiten-Krieg geschrieben, haben auch gemeynet, sein Nahme ha- be mehr gethan, als seine actiones. Bisweilen sind seine Feinde davon gelauffen, ehe es einmahl zum Treffen kommen. Auf der andern Seite muß also einer acht geben, ut fama hostis imminuatur; Seine Leute en- couragi ren, ihnen zeigen, daß es mehr Prahlerey, als daß man die Fein- de zu fuͤrchten habe. Wer famam suam jacti rt, muß auch darauf sehen, ne securus fiat: Denn manchmahl traut man sich zu viel, und verachtet die Feinde. Die Pohlen haben eine grosse Armee, und haben gesagt, sie wollten den Churfuͤrst Friedrich VVilhelm aus Pohlen jagen, und wenn er ihnen gleich auf den Knien Abbitte thun wollte, so sollte er doch Preus- status circa bellum \& pacem. Preussen nicht wieder bekommen. Philippus II. in Spanien war so fu- rieux, daß er Ketten mit auf die Schiffe nehmen lassen, worinnen die Gefangenen sollten geschlossen werden, darinnen auch eine besondere war, woran die Koͤnigin Elisabeth sollte gelegt werden, die er dem Pabst aus- lieffern wollte. Aber alles war ohne Wuͤrckung. Calamitatis initium est nimia securitas, man macht in die Standarten, in die Fahnen grosse Thiere, denen Feinden ein Schrecken einzujagen. Der Perseus hat wilde Thiere wider die Roͤmer gebraucht, ihnen ein Schrecken einzuja- gen. Offt laͤßt der Feind aussprengen, er sey schwach, welches man auch nicht gleich glauben muß. Cæsar hat den Pompejum auf diese Art uͤberwunden: Denn er hatte einige ausgeschickt, welche dem Pompejo beybringen musten: Cæsaris Armee waͤre gantz schwuͤrig, und wuͤrden die meisten zum Pompejo uͤbergehen, wenn die Schlacht angienge, da wurde Pompejus sicher, und hernach in Campis Pharsalicis die Schlacht verlohren. Quintilius Varus ist auch ob securitatem uͤberwunden worden. §. 29. Ein Dux muß allezeit alard seyn, es kan einer furieusement Daß die Offi- ciers denen Soldaten mit ihrem Exem- pel vorgehen muͤssen. commandi ren, und kan man ihm nichts reprochi ren, wenn er kein pol- tron ist, sondern alles dasjenige observi ret, was ein General observi ren muß. Er braucht also nicht eben eine alacrité zu zeigen. Allein, gleich- wie die Leute, welche bey Hofe sind, simuli ren und dissimuli ren, und ih- re Freunde encouragi ren, und die Feinde supprimi ren; Also thut solches auch im Kriege viel; Wie die Pohlen so sehr geprahlet, weil ihre Ar- mee uͤber hundert tausend Mann starck gewesen; Carl Gustav hergegen funffzehen tausend Mann hatte, darzu Friedrich VVilhelm noch etliche tausend Mann gegeben, so sagten einige, Carl Gustav moͤchte auf Frie- den dencken. Dieser sagte, er waͤre parat Friede zu machen, wofern sich die Pohlen binnen zwey Stunden resolvi ren wuͤrden, wenn aber dieses nicht geschaͤhe, so wuͤnschete er, daß alle Feinde, die noch in der Welt waͤren, moͤchten bey der Pohlnischen Armee seyn, er hoffte sie alle todt zu schlagen. Die Pohlen wollten keinen Frieden machen, daher gieng die bataille an, welche drey Tage gewaͤhret, da er die Pohlen geschlagen, und ist wahr worden, daß er sich nicht fuͤr ihnen gefuͤrchtet. Die Pohlen sind nicht exerci rt, daher ist kein Wunder, daß sie uͤberwunden worden. Wie Henricus IV. die Schlacht bey Yury gehalten, so kam es darauf an, daß er gewinnen sollte, sonst haͤtte er das Koͤnigreich ver- lohren, daher ritte er unter die Armee, und sagte: Ich bin euer Koͤnig, und ihr seyd meine Unterthanen, ihr koͤnnet nicht anders als brave thun, ich thue deßgleichen; da fochten sie wie die Loͤwen. Wenn ein H h h 2 Gene- Cap. V. De prudentia General traurig siehet, so bringt er seine Armee auch in Traurigkeit. Puffendorff und viele andere Scriptores haben regardi ret, daß, wie der Tylli bey Leipzig geschlagen worden, und aus seinen vortheilhafftigen Lager heraus gerucket, und gesehen, daß die Schweden und Sachsen sich ziemlich halten, waͤre er den halben Tag gantz discontenaci rt gewe- sen, und haͤtte offt nicht gewust, was er gesaget; Der terror habe sich ausgebreitet, und sey hernach die bataille verlohren gangen. Sie haben auch wahr genommen, daß, wie der VVallenstein bey Leipzig geschlagen worden, sey er auch discontenaci rt gewesen, habe kein Wort geredet, und nur mit dem Kopfe gewincket. Hergegen Gustav Adolph war maxime alacris, und hat seine Leute encouragi ret, das war eine Thorheit vom VVallenstein, daß er sich erkundigen lassen, wie die constellation beschaf- fen. Als er nun hoͤrete, daß dieselbe nicht gut, wollte er die Schlacht eviti ren; Aber der Koͤnig in Schweden wollte nicht warten. Bayle in seinen Pensées diverses, sur la Comete hat dieses angefuͤhret und gewie- sen, was manche Generals vor Thoren waͤren. Von Buͤrgern ist sol- ches nicht zu verwundern; Aber grosse Generals sollten nicht darauf fal- len; Daher ist gut, wenn ein Officier kan seine Leute harangi ren. Der Kayser hat in der Schlacht beym Weissenberg die Pfaffen gebraucht, welche ein crucifix im Haͤnden gehabt, durch die Glieder geritten, und die Leute encouragi ret, sie sollten wacker fechten, sie haͤtten eine Offen- bahrung von der Maria, daß sie gewiß victorisi ren wuͤrden. In des Baillets Leben des Cartesii kan man hiervon Nachricht finden: Denn Cartesius ist als Voluntaire mit in der Schlacht gewesen. Der Fuͤrst von Anhalt hat die Pfaͤltzische Armee commandi ret, und schon die Kay- serliche Cavallerie uͤber den Hauffen geworffen, die Pfaffen haben aber doch noch verursachet, daß die Kayserlichen victorisi ret. Von denen stratagemati- bus, ob solche erlaubt? §. 30. Quær. An Stratagematibus sit utendum? Respond. Die den Sinn des Alexandri haben, sagen Nein, man muͤsse alles aperto marte thun. Wer aber gescheut ist, siehet den finem belli an. Finis belli ist, daß wir uns wollen defendi ren, und das Gluͤck haben, daß un- ser Feind soll todt seyn. Was soll nun eben alles aperto marte gesche- hen? Ein privat- Mann wird freylich als ein Larron angesehen, wenn er einen heimlich ums Leben bringet, und findet man, daß die Teutschen einen solchen mit dem Tode bestrafft; Da hergegen derjenige, welcher einem im duell ums Leben gebracht, mit keiner Todes-Straffe beleget worden; Indessen aber ist absurd bey gantzen gentibus so zu raisonni ren. Du willst mich todt haben oder zum Sclaven machen, da muß ich vorbeugen; Mein Feind muß sich vorsehen, ich muß es auch thun, auf alle status circa bellum \& pacem. alle Art und Weise. Einige meynen, man solle keine venena im Kriege brauchen. Allein sive veneno sive dolo interficiam hostem, das ist alles gleich, wenn er nur todt ist; Daher sind auch die Stratagemata ab omni ævo beliebet worden. Nur hat man nicht gerne leiden wollen, veno uti, in lectionibus J. N. wird aber gezeiget, daß es angehet. Der Czaar hat nicht ungescheut gethan, daß, wie die Pest unter seine Leute kommen, er viele Coͤrper ins Wasser geworffen, daß die Pest nach Re- val kommen; Hier ist kein dolus, so wenig als man im Kriege das Todschlagen vor suͤndlich haͤlt, da so viel tausend Menschen umgebracht werden. Specialiter was vor Stratagemata sollen gebrauchet werden, kan man hier nicht sagen; Man muß die Autores lesen, welche hiervon geschrieben. Den Onosander, Frontinum, Poliænum \&c. Wer die Historie lieset, kan immer mehrere finden. Mauritius war ein artifex stratagematum, welches auch Famianus Strada, der sonst ein Feind von ihm gewesen, gestehet. Nihil est factum, quod non factum sit prius, in- ventis facile possumus aliquid addere. Deßwegen koͤnnen wir hier die Historie nicht bey Seite setzen. Grotius und alle Scriptores Jur. Nat. \& Gentium defendi ren, auch, daß Stratagemata erlaubt, und der Gerech- tigkeit gemaͤß. Prudentiæ quoque regulæ suadent, ut Stratagematibus utamur. Es hat auch ein Frantzoß, Hauteville des Ruses de Guerre ge- schrieben; Aber es kamen fast keine Stratagementa vor, so man nicht schon bey den Alten findet. Die Alten haben sich sehr applici ret auf die Stratagemata, weil sie nicht gewust, in Belagerungen solche forçe zu gebrauchen, wie wir hodie thun. Wenn ich ein honette homme bin, so ist mir freylich kein plaisir, wenn ich solche extremit aͤten brauchen muß, aber es ist hier nicht zu eviti ren, und wenn ich koͤnnte Feuer vom Himmel fallen lassen, koͤnnte ich solches meinem Feinde thun; Ich bin auch der Meynung, daß man gar nichts schonen darff, nicht einmahl der Kirchen, weil sonst die Leute alle ihre Sachen dahin bringen, man kan ja leicht wieder eine neue Kirche bauen. Hernach muß auch einer eine circumvallations- Linie haben, damit nichts in die Stadt hinein kommen kan. Wie Churfuͤrst Moriz Magdeburg belagerte, so konnte auf der andern Seite aller proviant hinein geschaffet werden, her- nach aber wurde eine circumvallations- Linie herum gezogen, da gieng es bald uͤber. §. 31. Wie sich die Obsessi verhalten sollen, hat Pere Daniel ge- Von Belage- rungen. wiesen. Man kan ihn allerdings allhier allegi ren, denn was wir Gutes ha- ben, ratione der artillerie, der attaqu en haben wir alles von den Fran- tzosen gelernet, das andere sind generalia, e. g. daß man muß Achtung H h h 3 geben, Cap. V. De prudentia geben, damit victuali en, Wasser ꝛc. in der Vestung. Die Daͤcher muͤs- sen abgedeckt werden, damit kein Brand entstehe, wenn Bomben hin- ein geworffen werden; Man muß hindern, damit der Feind nicht leicht kan batteri en aufwerffen; wenn der Feind fourage hat, so kan er sich hinter einen Zaun wehren, und Abschnitte machen. In Ostende haben sie es so gemacht, daß, wie sie sich nicht helffen konnten, haben sie immer Abschnitte gemacht, die Tuͤrcken thun eben dergleichen, wenn sie sich nicht helffen koͤnnen, machen sie immer einen Abschnitt hinter den andern. Vor diesem hat sich Griechisch-Weissenburg auf diese Art lange erhal- ten, und sind viele tausend Menschen darauf gangen, aber jetzo ist es eher uͤbergangen. Wie man sich des Sieges zu gebrauchen? §. 32. Unser Autor consideri ret 1) Victores, 2) Victos. Er mey- net, der Victor brauche grosse Vermahnungen, worinnen er recht hat. Alle Menschen sind nicht so beschaffen, daß sie sich im guten Gluͤck wohl conduisi ren, daher kan man sie ohne Lehre nicht dimitti ren. Es ist eben so eine grosse Kunst victoria uti als dieselbige erhalten, drum sagt der Autor Victoria esse utendum, leniter; modeste caute. Caute muß einer dieselbe brauchen, damit er nicht wieder supprimi ret werde von dem Feind, wenn sich derselbe widersetzet. Wie Ladislaus bey Varna die Tuͤrcken geschlagen, fielen seine Leute zu bald auf die Beute, die Tuͤrcken recolli- gi rten sich, und schlugen die Ungarn, daß der Koͤnig selbst geblieben; Bey anderer Gelegenheit ist von dem Bernhard erinnert worden, wie er auf diese Art die Kayserlichen geschlagen; Daher ist ein character der Weiß- heit, wenn einer im Gluͤck souple ist, und im Ungluͤck Hertz hat. Her- gegen ein Narr ist im Ungluͤck nieder geschlagen, und im Gluͤck aufge- blasen. Man kan sehen, wenn einer sage ist, wenn man acht giebt, wie er sich im Gluͤck conduissi ret. Es hat auch seine politischen raisons, daß einer im Gluͤck souple seyn muß, denn die Menschen sind so beschaffen, daß sie das bonum, welches andere geniessen, gerne vor sich haben wol- len, mißgoͤnnen ihm also solches, und sind alle wider ihn auf. Wie Carolus V. Franciscum I. gefangen genommen hatte, wachte jedermann auf, Carolus V. hat gesagt: Er wollte lieber selbst gefangen seyn, als daß dieses geschehen waͤre, aber es war sein Ernst nicht; So klug war er doch, daß er souple war; Es haben gleich andere eine ligue auf ihn gemacht. Man weiß, daß grosse Herren in statu naturali nicht stille stehen, sondern wenn einer gewinnt/ so sind gleich andere, die wider ihn comploti ren. Es muß einer aber auch seinen Sieg poussi ren. Was halff Philippo II. seine victorie bey St. Quintin, da er dieselbe nicht weiter poussi rte, sondern sich mit der Belagerung vor St. Quintin auf- hielte? status circa bellum \& pacem. hielte? Leniter quoque victoria est utendum. Derjenige der cruel ist, wider den setzt man sich desto staͤrcker, ja der Feind sucht das Joch wie- der abzuschuͤtteln, und sucht Gelegenheit, seine Unterthanen zu encoura- gi ren, daß sie das aͤusserste wider ihn tenti ren. Derjenige, so semper lenis ist in victoria, kan in kurtzer Zeit ein Koͤnigreich acquiri ren. Die Leute sagen alsdenn, wir changi ren wohl unsere maitre; aber wir koͤn- nen nicht anders, ist es doch auch ein guter Herr. Diese Kunst hat Dieterich, der Ost-Gothen Koͤnig gebraucht, welcher die Heruler und Ruͤgen aus Italien geschlagen, diese waren wohl Christen, aber sie tra- cti rten die Roͤmer hart; Hergegen Dieterich tracti rte sie leniter, ließ ih- nen ihre leges, zog ein Roͤmisch Kleid an. Dadurch er die Roͤmer ge- wonnen, so hats auch Cæsar gemacht, wie er Gallien eingenommen. Endlich kan man auch von dem Czaar sagen, daß er die mode changi- ret, da sonst seine Vorfahren, wo sie hinkommen, alles ruini ret, wie die Tartarn, welche Unmenschen sind, ein brutales albernes, abgeschmacktes Volck. Warum sollte man sich vor den Tuͤrckischen progress en fuͤrch- ten, wenn man nicht wuͤste, daß, wo er hinkaͤme, alles ruini ret? Er laͤßt zwar die Religions-Freyheit, aber ruini ret das gantze Land, sauget alles aus, ut non amplius nocere possint. Qui crudeliter se gerit, zeiget an- daß er nicht erhalten wolle, was er acquiri ret. Modeste muß er auch verfahren. Wie Carolus V. zu Barcellona das Fieber gehabt, hat er gantz modeste geredet; Nachdem aber der Barbarussa vor ihn gelauffen, Solymann von ihm geschlagen, der Pabst in der Engelsburg eingeschlos- sen, Franciscus I. gefangen worden, hat man keine douc en Worte mehr in seinen rescriptis wahrgenommen; Die Teutschen Staͤnde haben ob- servi ret, daß er wie ein despot worden; aber es hat ihm nichts geholf- fen: Denn viele haben sich wider ihn ligui ret; Die Metz, der Mohr und Magd, haben dem Kayser den Tantz versagt. Zu letzt hat er auch vor chagrin abgedancket. Derjenige ist gescheut, welcher uͤberlegt hu- manarum rerum circulum esse. Cromwell hat es recht gemacht, wie er zum Regiment kommen, hat er seine affect en meisterlich zu baͤndigen ge- wust, und hat nicht einmahl wollen eine gratulation annehmen. Es muß ein grosser Herr nicht dencken, daß er allein etwas thue, sondern es koͤmmt, vieles auf prudentiam divinam, und auf die faut en seiner Feinde an. So aber schreiben sie sich alles allein zu; GOtt habe sie auserlesen, und sey was sonderliches an ihnen. Nach denen regulis prudentiæ ist die superbia allezeit schaͤdlich, auch denen privat- Leuten; GOtt widerstehet den Hoffaͤrtigen; GOtt thut es nicht immediate, sondern mediate. Gros- se Cap. V. De prudentia se Herren wollen gerne egal seyn, und dencken also darauf die andern so zu excedi ren, und in ihren Schrancken zu halten. Wie man sich gegen die Uber- wundenen zu verhalten ha- be. §. 33-34. Der character eines Weisen bestehet darinn, daß er in adversis intrepidus sey; Ein grosser Herr muß nicht zittern, wie eine Memme. Von Ludovico XIV. ist zu loben, daß, als er gehoͤret, die Schlacht bey Hoͤchstaͤdt waͤre verlohren, hat er gesagt: Mon Dieu, ist denn mein Ungluͤck noch nicht vorbey? Er hat gleich von neuen delibe- ri ret, was nunmehro zu thun sey. Philippus II. legte nicht einmahl die Feder nieder, da er hoͤrete, daß seine unuͤberwindliche Flotte verungluͤcket sey, son- dern sagte nur: Ich habe sie nicht geschickt, daß sie sollen mit Wind und Wel- len fechten. Ein Koͤnig muß magnanimus seyn, und nicht vergessen, daß er ein Koͤnig. Joh. Friedrich spielete eben mit den Hertzog von Luͤneburg im Schach, da ihm des Todes Urtheil angekuͤndiget worden; er war aber so großmuͤthig daß er vor dem Hertzog von Luͤneburg sagte: Er solte nur fort spielen. Wenn es einem uͤbel gehet, so hat er die meiste courage von- noͤthen. Viele Herren aber sind in adversis tristissimi. Von dem vori- gen Churfuͤrsten in Bayern hat man sonst sehr viel gehalten, aber seit der Zeit hat sich sein æstime sehr verringert, da er aus Bayern gieng, und war noch kein Feind darinnen. Wenn er drinnen geblieben, wuͤr- de er dem Kayser noch viel Hertzeleid verursachen koͤnnen: Denn Bay- ern ist ein Land, da man sich lange wehren kan, wegen der vielen Waͤl- der und Fluͤsse. In secundis, aber nicht in adversis. Wie Fridericus V. der Winter-Koͤnig, beym Weissen Berge die Schlacht verlohren, lieff er nach Holstein, und endlich gar nach Engeland, welches alle reprehen- di ren und sagen: Er haͤtte sollen in Boͤhmen bleiben, aber er fuͤrchtete sich gleich, er moͤchte gefangen werden. Wer eine battaille verlohren hat, muß nicht gleich Friedens-Vorschlaͤge thun, denn sucht einer anxie den Frieden, so kriegt er schlechte conditiones. Es kan aber auch einer so Friedens-Vorschlaͤge thun, daß er indessen Zeit gewinnet, sich in ei- nen bessern Zustand zu setzen. So machte es der Koͤnig in Franckreich, wie derselbe am letzten Gesetze sang, so gab er præliminaria ein, da man fast nicht glauben konte, daß es sein Ernst war; damit hat er sie trai- ni ret, und indem die andern sich nicht mehr ruͤsteten, sondern verhofften einen Frieden zu erhalten, so setzte er sich indeß wieder in gute positur, und fieng von neuem Krieg an, wie man aus der negotiation zu Gertruͤ- denberg sehen kan. Die Daͤnen musten Frieden machen, da Carl Gustav vor Coppenhagen kam; aber sie haben auch einen miserabl en Frieden be- kommen. Die Tuͤrcken wuͤrden auch letztens einen miserabl en Frieden be- kommen haben, wenn die Hollaͤnder und Engelaͤnder nicht gewesen waͤ- ren, status circa bellum \& pacem. ren, sie waren schachmatt, hatten zwey battaill en verlohren, und waren schon willens gewesen, dem Kayser Nizza abzutreten. Ob ich nun zwar nicht glaube, daß einer alle extrema erwarten solle, so ist doch gut, daß man nicht gleich zum Frieden eilt, sondern es ist besser, wenn ich die Feinde suche zu theilen, und auf der andern Seite mir Freunde mache. Ob nun zwar grosse Herren keine wahren Freunde haben, so koͤnnen sie doch einander leicht zeigen, sie haͤtten ein interesse, daß dieser oder jener nicht supprimi ret werde. Dieses haben die Schweden gethan; wie diese bey Noͤrdlingen verlohren, da gieng der Oxenstirn nach Compiegne, redete mit dem Koͤnig in Franckreich, und mit dem Richelieu, machte daß Franckreich brach, und beredete sie, wie es nicht gut seyn wuͤrde, wenn die Schweden aus Teutschland muͤsten; Es wuͤrden nicht allein die Pro- testant en unterdruͤckt, sondern der Kayser und die Spanier wuͤrden auf Franckreich loß gehen. Dieses effectui rte, daß Franckreich den Krieg erwehlete, und Schweden sich retabli rete. Es ist diese negotiation ein Meisterstuͤck von dem Oxenstirn. Puffendorff giebt hiervon Nachricht, aber beym Vassor in seiner histor. von Ludov. XIII. kan man es fast noch polit er und kuͤrtzer sehen. Auf solche Weise siehet man, non illico esse desperandum, man muß die Augen offen haben, auf fœderatos dencken. Aber auf fœderatos muß man dencken, ehe noch das Ungluͤck da ist, so muß man auf Leute bedacht seyn, die beredt sind, wie der Charnace, der Oxenstirn; solche koͤnnen das Ungluͤck groß machen per eloquentiam, daß die andern sich lassen bewegen. Daher ist es gut, wo man eine Casse hat, damit, wenn die Armee ungluͤcklich ist, gleich neue Trouppen koͤnnen angeschaffet werden. Vor Geld kan ich alles haben, sonderlich in Europa; die Daͤnen, Schweden, Teutschen lauffen alle nach Gelde, und wenn ein einheimischer miles nicht suffisant ist, so muß ich extraneos milites nehmen. Man muß aber auch die rechten Mittel ergreiffen. Der Koͤnig in Schweden that nicht recht, wie er bey Pultava geschlagen war, daß er nach der Tuͤrckey gieng. Der Tuͤrck konte zwar dem Czaar schaden, aber der Koͤnig in Schweden konte da nichts effectui ren, weil er keine force hatte. Wenn ich gesehen, die Niederlage thut mir tort, so muß ich Frieden machen, l’epee à la main. Sub clypeo pax est in- eunda. Die Roͤmer haben nicht diese Redens-Arten gehabt, sondern die Engelaͤnder haben solche erst gebrauchet, wie man aus dem Guiliel- mo Neubrigiensi sehen kan. Hernach haben auch solche die Teutschen gebraucht. Am allerkluͤgsten ist am Frieden zu gedencken, da man selbst noch avantage hat. Die Tuͤrcken, wenn sie noch so grosse avantage er- halten, de Pace loquuntur; aber sie halten denselben nicht lange. Der J i i Koͤnig Cap. V. De prudentia Koͤnig in Franckreich hat immer Frieden geben wollen, aber wir haben es nicht gethan: Denn er hat die Kunst denen Tuͤrcken abgelernet, wel- che, wenn sie profit gehabt, Frieden gemacht; hernach aber, da sie wie- der in positur gewesen, gleich wieder gebrochen. Der Koͤnig in Franck- reich brach in die Niederlande, darauf machte er Friede; hernach brach er wieder ein, und wollte Frieden machen, aber sie wollten nicht, und ist er auf zwoͤlff Jahr aufgehalten worden. Der letzte Krieg wegen der Spanischen monarchie hat noch laͤnger gewaͤhret. Den Alexandrum M. kan man hier nicht imiti ren, welcher Freund und Feind attaqui ret, und nimmer wollen Krieg fuͤhren. Boileau hat gemeynet, er waͤre furiosus gewesen, und haͤtte meriti ret, ins Toll-Hauß gesteckt zu werden. So haben es auch erst alle Teutschen Voͤlcker gemacht, aber das war eben- falls der furor; Ein Enthusiasmus. Die Schweden haͤtten gerne Frie- den gemacht, ehe noch einmahl der Westphaͤlische Friede geschlossen wor- den, aber der Kayser wollte nicht, weil er sahe, daß er einen desavanta- geus en Frieden bekommen wuͤrde. Es wuͤrde auch noch nicht seyn Frie- de gemachet worden, wenn nicht der Torstensohn zwey battaill en gewon- nen, und der Königsmarck Prag weggenommen. Quær. Wenn ein Friede gemachet wird, ob der Victor denen victis soll harte conditiones vorschreiben? Respond. Quod non, er koͤmmt alsdenn nicht zu seinen Zweck. Es ist ein Brief vorhanden, welchen der Colbert an den Lou- may geschrieben, da reprehendi ret er ihn, daß er denen Hollaͤndern keinen Frieden geben wollen, da sie doch laͤngst von der alliance koͤnnen abge- bracht werden. Die Hollaͤnder konnten es nicht thun, aber der Laumay hat dem Colbert zum Tort solche conditiones vorgeschrieben. Auf die letzte muste Franckreich doch den Frieden zu Nimwegen machen. Wer Frieden machen will, muß habile negotiateurs haben, davon oben schon gedacht worden. Nicht ein jeder ist darzu geschickt: Er muß keine Ge- nerals, sondern homines legatos schicken: Denn wenn man von Frie- den redet, muß man douce gehen, darum hat Mazarini den Frieden zu St. Jean de Luz selbst geschlossen, weil er die Spanier wollte gewinnen, und dachte, ein andrer moͤchte etwas versehen. Ein grosser Herr thut nicht wohl, wenn er selbst tracti ret, weil viele Gefahr zu fuͤrchten. Gros- se Herren sind so hitzig, impatientes, wir wissen, das Carolus V. und Franciscus I. zusammen kommen, und einen Frieden geschlossen. Aber Franciscus I. befuͤrchtete sich, Carolus V. moͤchte ihn mit nach Spanien nehmen, und hingegen Carolus V. befuͤrchtete sich, Franciscus moͤchte ihn mit nach Franckreich nehmen. Sie haben auch nicht einmahl den Frie- den geschlossen, sondern nur mit einander sottis en geschwatzet. Hernach hat status circa bellum \& pacem. hat doch durch die Gesandten erst der Friede muͤssen geschlossen werden. Dicis : Thut man nicht wohl, wenn man mediateurs nimmt? Respond. Sie sind ein nothwendiges Ubel; Denn wie sie Grotius beschreibt, daß sie sollen unpartheyisch seyn, dergleichen findet man wohl auf dem Pa- pier, aber sonst trifft man sie nicht an. Wie Engeland mit Franckreich letztens tracti reten, wollten sie keine mediateurs haben. Auf den Frieden zu Ryswick haben sie die Schweden gehabt, aber der Baron Lilienroth hat viele intrigu en gemacht; Der Mazarini, wie er mit Spanien tra- cti rete, hat keine mediateurs angenommen. Der Pabst, Urbanus VIII. hat sich zum mediateur angegeben, aber Mazarini wollte ihn nicht haben; Daher erzehlet man auch, daß, als sich vor des Pabsts seinem Palais zwey Jungen geschlagen, und man sie wollen von einander reissen, habe er gesagt: sie sollten sie lassen gehen, er wollte sehen, wie es ablauffen wuͤrde, da sie denn endlich aufgehoͤret, und einander die Haͤnde gegeben, darauf sagte er, so wuͤrde es auch gehen, auf den Frieden zu Jean de Luz. Die Spanier und Frantzosen haͤtten sich gnug mit einander herum ge- schlagen, nun wuͤrden sie sich wieder vertragen, welches auch geschehen. Wie mediateurs sollen beschaffen seyn, kan man in VViquefort seinem tractat de l’Ambassadeur \& de ses fonctions lesen. Wo ein gantz infir- mus vorhanden, da ist gut mediateurs zu halten. §. 35-38. Bellum civile est mors civitatis, denn die civitas ist zu- Von Buͤrger- lichen Kriegen. sammen kommen per pactum, es ist morale vinculum vorhanden, quod totum civile adest. Der imperans kan alsdenn nicht mehr sagen, es sind meine subditi, sondern es sind seine hostes. Niemand hat besser de morte civili raisonni ret, als der Campanellus in seiner Politic. Seine Politic hat Grotius unter seinen Mstis gehabt, und sind selbe hernach mit Grotii Opusc. Posthumis aufgeleget worden. Wer de bellis civilibus recht will urtheilen, muß causas civilium bellorum betrachten. Es entste- hen aber innerliche Kriege auf dreyerley Weise: 1) vel est homo am- bitiosus, wie der Cæsar, welcher statum reipublicæ umgekehret, 2) vel in- opia cives ad desperationem agit. Wie man in bello Catilinario siehet, davon uns Sallustius Nachricht giebet; ingleichen die Orationes Cicero- nis contra Catilinam. David, wie er ist fluͤchtig gewesen, hat er auch eine Armee gesammlet, von lauter preßhafften Leuten, und ist es allezeit so in der Welt gewesen. Inopia excitat seditiones, 3) Wenn Tyran- nen regieren, es sey in Polyarchia oder in Monarchia, so giebt es seditio- nes. Keiner hat die causas und remedia seditionum besser beschrieben, als Hobbesius. Obgleich derselbe den Principem sehr erhoben hat, so hat er doch auch denselben instrui ret, daß er nicht solle zu seditionibus Gelegen- J i i 2 heit Cap. V. De prudentia heit geben. Es sind in dem Hobbesio viele gute Dinge: Denn er hat wollen den Populum Anglicanum dadurch abwendig machen, keine De- mocratie einzufuͤhren. Wenn ich meine reflexion richte auf die erste Ur- sache, da ist es im Zuschneiden versehen, daß man die Bedienten lassen zu groß werden. Wenn ein grosser Herr seine Bedienten laͤßt zu groß werden, so gehet er bald zu Grunde. Es ist offt besser, daß der Herr etwas hart ist. Ludovicus Pius machte bey Lebzeiten seine Soͤhne zu Koͤnigen, die ihm viel Verdruß anthaten. Man hat Exempel, daß Koͤ- nige durch ihre Bedienten abgesetzet worden. Wir wissen, was die majores domus im Fraͤnckischen Reich vorgenommen, was der Crom- well gethan. Der Hertzog von Guise hat wollen Henricum III. ins Closter sperren, wenn er nicht ums Leben gebracht worden. Die Teut- schen Kayser haben es versehen, daß sie die Hertzoge von Sachsen, Bay- ern ꝛc. groß gemacht, welche ihnen hernach viel Verdrießlichkeit verursachet. Wie Otto M. den Johannem Abbatem Gorziensem als Gesandten an den Sultan nach Cordua geschicket, und der Gesandte viel Wesens gemacht, was Otto M. vor ein weiser und tapfferer Herr waͤre, hat der Sultan geant- wortet: Wenn er ein weiser Herr waͤre, warum er seine Anverwandten so groß mache? Denn seine Anverwandten haben ihn wollen herunter stossen; Daher er viele Kriege mit ihm fuͤhren muͤssen. Hiervon kan man lesen vitam Johannis Abbatis Gorziensis, welches in des Mabillonii Actis Benedict, stehet. Es ist der Muͤhe werth, diese reflexion zu lesen. Aus was Ur- sachen hat wohl Hugo Capetus koͤnnen Franckreich acquiri ren. Vid. Lu- dov. Cantarellus Faber de l’origine des Fiefs. Hertius in seiner politic saget: Inopia koͤnne leicht aufgehoben werden, wenn die Leute arbeite- ten. Otium und luxus macht arme Leute. Arme Leute sind gefaͤhrliche Leute; Die Armuth machet, daß sie desperat werden, Strassen-Raͤu- ber abgeben; Da hilfft nichts, man mag ihnen von der Tugend vor- schwatzen, was man will. Da eine Theurung in Rom war, und der Pabst denen Leuten den Seegen mittheilete, sagten sie: Wir bedancken uns, aber gebt uns groß Brodt. Es ist nicht gnug, wenn man sa- get: Labora, sondern man muß auch die Leute ad sobrietatem, frugali- tatem bringen. Wenn auch gleich bisweilen die Leute arbeiten und fru- galiter leben, so nehmen doch etliche Fuͤrsten ihnen alles weg, und ver- fahren crudeliter mit ihnen, welches denn verurfachet, daß sie die Waf- fen ergreiffen. Scipio Gentilis hat einen Tractat de Conjurationibus ge- schrieben, worinnen er gewiesen, daß alle revolutiones entstanden von denen grossen pressur en. Weiß man nun die Gelegenheit, so weiß man auch statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. auch die remedia, wovon Hertius im letzten Cap. 11. weitlaͤufftig Nach- richt gegeben. Sect. XII. de Prudentia statum civitatis Monarchicæ \& in ea statum Imperantium conservandi. §. 1-5. D Er Autor ist etwas weitlaͤufftiger, als er in der That seyn sollte, Von denen arcanis uͤber- haupt. und was er in 34. §. §. abhandelt, koͤnnte alles auf 4. gebracht werden; Daß er aber in sectione præsenti so weitlaͤufftig gewe- sen, daran ist Arnoldi Clapmari Buch de arcanis rerum publicorum Ur- sach, welches er guten Theils excerpi ret. Er redet fast nichts anders als von arcanis, und hat varia genera gemacht. Was aber Arnoldum Clapmarium anlanget, so war derselbe Professor Historici \& Politices in Altorff, ein JCtus, discipulus Conradi Rittershusii und Huberti Giphanii. Etliche halten nichts auf sein Buch, etliche aber erhoͤhen ihn in Him- mel. Daher fragt sich, was von diesem Buche zu halten? Respond. Er war ein gelahrter Mann, welches sein nobile triennium zeiget; Aber diejenigen, so nicht wissen, was arcana heissen, und von Studiis politicis keinen gout haben, lesen das Buch nicht gerne. Hergegen, wenn man 1) seinen scopum weiß, 2) die naͤrrischen Schwaͤtzereyen nicht hoͤret, wenn sie unter denen arcanis Schulfuͤchsische Dinge oder Betruͤgereyen verstehen, der wird schon von dem Buch etwas halten: Christfried Sa- gittarius, welcher Professor Eloquent. \& Histor. zu Jena gewesen, hat uͤber des Clapmarii Buch eine Dissertation gehalten, und denselben her- nach cum notis in quarto edi ret, aber seine observationes nicht zu Ende gebracht. Dieser lobt auch Clapmarium. Martinus Schookius, Pro- fessor Giess. hat auch den Clapmarium edi rt in octavo, und im Text vie- les vermehret. Man muß also alle beyde editiones haben. Ich glaube, daß das Buch gut zu gebrauchen, aber deßwegen ist es beschwerlich, weil er viele species arcanorum gemacht. Wir muͤssen hier sehen, wie es der Autor tracti ret, und was vor eine Eintheilung er macht. Arca- num heißt hier nicht, als wenn es was heimliches waͤre, davon sich auch der Autor erklaͤret in 5. §. sondern es heißt eine maxime. Es ist eben, J i i 3 als Cap. V. De prudentia als wenn ich im Staaten von Europa die arcana eines jeden Staats erklaͤret, die maxim en, welche sie nicht gerne wissen lassen. Aber die acutiores bringen sie doch heraus. Hauptsaͤchlich ist das Wort arca- num ex Tacito, welchen Clapmarius fleißig gelesen. Beym Tacito koͤmmt offt vor arcana domus, domus ist angusta, arcana domus sind arcana des Kayserlichen palais: Tacitus hat das Wort arcanum in ma- lo significatu genommen: Denn er hat gewiesen, daß die Kayser, wel- che er beschrieben, flagita gebraucht, die er aber nicht so nennen wollen, sondern arcana domus, i. e. scelera domus ? Wenn ich der Autor gewe- sen waͤre, haͤtte ich sie lieber maxim en, media genennet, wodurch sie ih- ren statum zu conservi ren suchen. Durch etliche suchen sie sich zu con- servi ren, und durch etliche den statum præsentem. Clapmarius hat sie also eingetheilet, dem auch der Autor gefolget, und muß man Muͤhe ha- ben die Eintheilung zu erklaͤren; Diese arcana sind so beschaffen, ut aut reipublicæ præsentis conservationem intendant, monarchicæ puto, aut Aristocratiæ aut Democraticæ. Man hat generale maxim en, welche auf alle drey gehen. Specialia sind, die nur in der Monarchia præcise oder in der Aristocratie angehen. Gleichwie nun die arcana imperii in gene- ralia \& specialia eingetheilet werden, so haben sie auch die arcana domi- nationis in generalia \& specialia eingetheilet. Generalia sind, welche in Monarchia, Aristocratia, Democratia koͤnnen gebrauchet werden. Die arcana dominationis nituntur vel bonis vel malis artibus, si malis nitun- tur, so werden sie flagitia dominationis genennet, oder wie Tacitus sa- get, arcana domus, dafern sie aber so beschaffen sind, daß sie nichts boͤ- ses in sich halten, so fern kan der Princeps selbige gebrauchen. Bey diesen letztern aber sind einige so beschaffen, ut nihil injusti præ se fe- rant: Andere aber sind wohl nicht unrecht, sie haben aber den Schein eines boͤsen; Der peuple, die Enthusiast en, sehen solche nimmer an, als wenn sie nichts taugten, e. g. Wenn Ferdinandus II. den VVallenstein ohne proceß laͤßt massacri ren, oder Henricus III. laͤßt die Hertzoge von Guise umbringen, so denckt der peuple, es sey gottlos: Wer es aber recht einsiehet, findet, daß nihil injusti vorhanden. Diese vielfaͤltige acception des Vocabuli arcani macht uns Schwuͤrigkeiten. Gabriel Naudæus hat Coups d’Etat geschrieben, Puffendorff aber sagt in seinem Jur. Nat. \& Gent. Gleichwie Naudæus gewuͤnschet, daß einer besser schreiben moͤchte als Clapmarius, so wuͤnsche er, daß einer besser schrei- ben moͤchte, als Naudæus, und die Sache recht vorstellete. Ausser allen diesen arcanis imperii und dominationis haben wir auch noch arcana inania oder simulacra imperii, welches nichts anders, als daß man von der statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. der alten forma etwas uͤbrig laͤßt. In Venedig ist vor diesem eine Monarchie gewesen, daher hat man noch daselbst ein Doge oder Du- cem, welcher aber nur zwey vota hat, und ist also nur ein simulacrum imperii geblieben. In der republica Romana findet man eben derglei- chen. Man hat die reges imperatores genennet, i. e. Duces belli; man nennete sie Principes senatus, Censoria dignitas war noch da; Es waren noch Tribuni plebis, \& tamen libertas jam diu erat interfecta, und die Im- peratores thaten so viel als die Reges. §. 6. Wir betrachten hier die arcana imperii in genere, das mei- Was arcana imperii eigent- lich seyn? ste haͤtte koͤnnen in generalibus weggelassen werden. Die erste Frage ist: Si quis velit seditiones excitare, quænam arcana adhibenda? Resp. Hier kan man den Hertium lesen in Polit. Spec. p. 87. p. 29. Er zeigt 1.) daß der Populus muͤsse angehalten werden ad opificia, ad artes, man muͤsse zeigen, wer die opificia treiben solle, ut omnia sint secura. Er hat eine passage allegi ret aus des Nicolai Burgundi Rebus Belgicis, wel- ches jederzeit unruhige Leute gewesen, da haͤtte man die Nobiles ange- halten zum Krieg und die andern zum commercio, damit dieselben was zu thun gehabt. Man muß auch acht geben 2.) nequis magistratus offi- cio suo abutatur, denn wenn solches geschiehet, so wird der peuple en rage, die jura magistratus sollen ja exerci ret werden, ut populus defendatur, non ut prematur. Deßwegen muͤssen grosse Herren eine Aufsicht haben. Carolus M. hat seine missos regios gehabt, welche herum gereiset und gesehen, ob auch die justiz recht administri ret werde. Es dringet nichts mehr zu Hertzen, und schmertzet die Leute, als wenn sie sich muͤssen las- sen ohne raison unrecht thun. Die Schweitzer sind aus keiner andern Ursache von Oesterreich und dem Teutschen Reiche abgefallen, als weil ihre Land-Voigte sich der Jurium gemißbrauchet. Dafern aber ein Miß- brauch geschehen, so muß der Princeps solchem geschwind abhelffen, und alles auf die magistratus inferiores ziehen, damit die Unterthanen nicht glauben, er sey daran Ursache. Wenn man auch lieset, daß die Unter- thanen nicht zufrieden gewesen, so wird man offt finden, daß sie gesagt: Man koͤnne fast nicht dencken, daß dem Herrn es selbst bekannt sey: Michael Piccartus hat einige Dissertationes Histor. Politic. Davon unterschiedliche Decades heraus kommen in 8. sie sind sehr zu recommendi- ren, er war Prof. in Altorff, ein Philosophe. In Politicis war seine groͤste force, seine Noten uͤber des Aristotelis Politic sind admirable, und hat keiner besser daruͤber geschrieben; wir haben unterschiedliche Episteln von ihm, welche Burmann edi ret, auch in der Philosophia Altorffiana findet man schoͤne geschrieben, in Cap. V. De prudentia in welchen er vieles davon beybringet. Hobbesius hat auch schon in sei- nem Buche de Cive, da er die causas und origines seditionum ausgefuͤh- ret, seinen Principem instrui ret, daß er solle acht geben, ne magistratus officio suo abutatur. Es hat ein Pohle zum Stephano Bathori, dem Koͤnig in Pohlen, gesagt: Nisi administrare velis justitiam, descende de solio. Dieses ist zwar eine Pohlnische Freyheit, aber es waͤre zu wuͤn- schen, daß man es allen Fuͤrsten sagte. 3.) Muß man auch nicht lei- den, ut de juribus Imperii disceptetur, deßwegen laͤßt man an vielen Orten kein Jus Publicum doci ren. Die Venetianer lassen nicht gerne von der Republique schreiben, und haben wir auch nichts, ausser was die Fremden geschrieben haben. In Franckreich darff keiner bey Leibes- und Lebens-Straffe de Jure Publico schreiben. In Daͤnnemarck ist das Jus Publicum extingui ret. In Engeland, obgleich daselbst zwey Haͤuser, das Ober- und Unter-Hauß, so darff doch keiner ein Jus Publicum schrei- ben, und als unter dem VVilliam ein Buch, les Droits des Communes, heraus kam, das in Holland ins Frantzoͤsische uͤbersetzet worden, ließ VVilliam solches gleich confisci ren. Er sagt: Wenn einer ein Jus habe, koͤnne er solches im Parlament vorbringen, es sey nicht noͤthig, solches oͤffentlich bekannt zu machen. In Holland doͤrffen sie auch kein Jus Pu- blicum schreiben, welches Huber in einer besondern Dissertation gewiesen. Man muß nicht dencken, es waͤre die Republique Holland so beschaffen, daß unter denen Provintzen keine Streitigkeiten waͤren; Es ist auch be- kannt, was die Stadthalters vor Jura prætendi ren, deßwegen lassen sie nicht davon schreiben. In Teutschland aber ist eine irregularité, eine laxa cohæsio, da kan ein jeder frey schreiben, was er nur will. In Pohlen ist es eben so, und haben daselbst der Zalusky und Clealkowsky ein Jus Publi- cum geschrieben. Man muß auch 4.) Achtung geben, daß diejenigen, welche nicht ad Imperium gehoͤren, ab omnibus juribus removi ret werden, es mag in Monarchia, Aristocratia oder Democratia seyn, sie muͤssen alle Jura selbst exerci ren; daher ist als eine faute anzusehen gewesen, die Veraͤnderung der Monarchie in Franckreich, daß die Grasen und Geistlichen ein Imperium exerci ret, und zuletzt Hugo Capetus nichts mehr uͤbrig gehabt, sie wuͤr- den auch noch nichts haben, wenn sie nicht casu die souverainité erhalten haͤtte. Es war da eben so ein elender Zustand, wie in Teutschland. Vor die Unterthanen ists nicht gut, wenn so viele Gottes Gnaden sind: Die Roͤmer haben ex necessitate dictatores angenommen, nachgehends aber schoͤne Dissertationes Politicas von ihm. Er konte viele Sprachen, welches zu selbiger Zeit etwas rares war, denn er lebte schon zu Anfange des XVII- Seculi. statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. aber siehet man, was der Sylla und Cæsar als dictatores gethan, da endlich Cæsar gar die Rempublicam Romanam uͤbern Hauffen geworffen. Es mag Monarchia oder Respublica libera seyn, so geben diejenigen nicht acht, und sind nicht klug, welche ihren statum lassen veraͤndern. §. 7. Man nennet dieses arcana dominationis, welche diejenigen, Arcana do- minationis, was sie seyn? qui dominantur, haben, durch diese maxim en sich zu conservi ren. Der Autor sagt nicht: Sit summum Jus. Ein grosser Herr kan nicht allezeit summum Jus haben: Summum Jus summa sæpe est injuria: Wer allezeit will nach dem Jure stricto gehen, ist ein Enthusiast, sagt man: Fiat ju- stitia, pereat mundus, so antworte ich: finge periisse mundum, so bist du kein Imperans, kein Doge mehr, sondern eine animula vagula blan- dula. Du muͤstest alsdenn in Mond gehen, oder in einen andern Fix- Stern, und daselbst so lange verbleiben, bis der juͤngste Tag kommt, drum sagt der Autor: Æquitas. Sein Lebtag bestehet ein Reich nicht, wo es allzu scharffe zugehet; Wir haben ja keine Engel vor uns, vitia erunt donec homines, wie schon Tacitus gesagt; deßwegen ist ein laxa- mentum, ein temperamentum vonnoͤthen. Das summum Jus giebt leicht einen Schein, als wenn der Princeps eine Freude haͤtte, daß das Volck so exerci ret wuͤrde. Wollte er alle Huren todt machen, so wuͤrde zuletzt keine Weibs-Person in der Welt seyn; alle Trunckenbolde todt zu ma- chen gehet auch nicht an. Man kan wohl machen, daß weniger Trun- ckenbolde sind, aber dahin kan es nicht gebracht werden, daß gar keine waͤren. Es ist auch weder dem Fuͤrsten noch den Theologis nuͤtze, wenn man wollte die Leute par force fromm machen, wovon schon in anteced. gedacht worden. Die disciplin muß nicht lache seyn. Eine morale austere ist Enthusiastisch; und eine morale relachée taugt auch nichts. Da ist con- fusio. Medium tenuere beati. So viel wie moͤglich ist, muß man von dem alten rigore nicht abgehen. Kein Mensch ist freylich mehrern judi- ciis unterworffen, als ein Imperans, daran muß er aber sich nicht kehren. Ein grosser Herr, wenn er weiß, daß er recht thut, so muß er nicht dar- auf sehen, was der peuple schwatzt, oder auswaͤrtig raisonni ret wird. Er ist ja nicht schuldig, jemanden Rechenschafft zu geben, als unserm HErr GOtt allein. Ein Privat- Mann muß sich nach andern Leuten richten, und wenn alle Leute hohe Milch-Baͤrthe truͤgen, wie einige Natio nen, muͤste er es auch thun; Aber ein Imperans hat es nicht noͤthig. Es ist kein Imperans, welcher nicht kan reprehendi ret werden. Wir haben ja nicht einerley Menschen; etliche wollen gerne eine Mo- narchie haben, andere gerne eine Democratie. Haͤtte sich Venedig K k k an Cap. V. De prudentia an den Amelot, und der Koͤnig in Daͤnnemarck an den naͤrrischen Mo- lesworth wollen kehren, wuͤrden sie laͤngst ihren statum haben veraͤndern muͤssen. Grosse Herren sind vielen Pasquinand en unterworffen. Wenn ein Privat -Mann nicht leiden kan, daß andere von ihm schwatzen, so kan er solches von grossen Herren lernen. Ich getraue mir eine graͤßliche Idée von Engeland zu machen, und von Teutschland einen laͤcherlichen concept zu geben. Man kan alles reprehendi ren; denn die reprehensiones beste- hen in comparationibus \& diversis relationibus, Ein grosser Herr muß auch titulos vor sich behalten, alle externa, alle honores \&c. Die Im- peratores Romani haben nicht zugelassen, daß jemand einen solchen Sel- lam gehabt, wie sie; sie haben nicht gelitten, daß ein anderer ihre ti- tulos gefuͤhret: Weil leicht geschehen koͤnnen, daß sich das Volck an sol- che gehaͤnget. Sie haben auch in Teutschland nicht wollen leiden, daß andere, ausser dem Kayser, sich geschrieben: Dei gratia, bis unter Hen- rico IV. da der Pabst andern solches zuwege gebracht. Die Spanier lassen ihre Grandes sich bedecken. Herunter mit dem Huth. Die Chur- fuͤrsten haben in der neuen capitulation unter Leopoldo erst erhalten, daß sie sich bedecken duͤrfen. In Engeland bedecket sich kein Mann, wenn der Koͤnig da ist. Philippus II. hat sie zwar herunter gesetzet und gesagt: Ihre Grandezze bestunde nel Capello, im Huth oder in Haaren, indessen ists doch etwas. Lud. Cant. Faber hat de l’Origine de fiefs artige remar- qu en von Franckreich beygebracht. Die tituli muͤssen ihnen bleiben. Es kommt auch darauf an, daß die Imperantes in Ehren gehalten wer- den, und daß man sie denen Unterthanen angenehm machet. Deßwe- gen ist aber eben nicht die opinion zu defendi ren, Majestatem esse a Deo immediate, als wie Hector Gottfried Masius in seinem Interesse religio- num gethan, welchen Thomasius refuti ret. Das hat dem Masio so ver- drossen, daß er dem Koͤnige in Daͤnnemarck vorgestellet, es wuͤrde die Souverainité uͤbern Hauffen gehen, wenn man nicht sagte: Majestatem immediate esse a Deo; daher Christianus V. des Thomasii Schrifft durch den Hencker verbrennen lassen. Allein die Sanctitas, inviolabilitas Impe- rantium bleibt doch, pacta sunt servanda. Wer geschworen hat, und hat keine causam legitimam abzugehen, muß dabey bleiben. Die Sancti- tas bleibt, wenn ich gleich nicht statui re, daß der Princeps per miraculum Majestatem bekommen, zumahl diese Meynung das absurdum hat, daß ein jeder Buͤrgemeister muß von GOtt per miraculum darzu gemachet werden, und wir sehen doch, wie es zugehet, daß sie offt Geld geben. Es ist gut daß ein Imperator autorité hat. In Vene- statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. Venedig ists Capital, wer einen Raths-Herrn schlaͤgt: der junge Cor- naro, welcher selbst ein Nobili gewesen, hat muͤssen sterben, weil er ei- nen Raths-Herrn eine Maulschelle gegeben. In Nuͤrnberg ist eine kleine Republique, wer aber einen Raths-Herrn schlaͤgt, verlieret die Hand, wenn gleich der Rathsherr unrecht hat. Tribuni plebis caput apud Romanos erat sacro-sanctum; Der Poͤbel haͤtte denjenigen mit Zaͤh- nen zerrissen, der ihn geschlagen. Sind Personen da, welche derer in- tention der Imperantium zuwider, removeantur sub specie honoris. Des jetzigen Printz Conti sein Vater, war ein Herr der studia hatte, ein Soldat, war sehr freundlich, und regardir ten alle auf ihn, der Koͤnig in Franckreich wollte ihn gerne weg haben; denn er war ein Printz vom Koͤnigl. Hause, und ob er zwar nicht suchte Koͤnig zu werden, so haͤtte doch leicht eine Gelegenheit kommen koͤnnen, daß das Volck auf ihn ge- fallen waͤre; daher hieß es: mittatur in Poloniam; fiat Rex. Germa- nicus war ein trefflicher Soldat, wie sein Vater Drusus, aber der Peu- ple hielt viel auf ihn, und da er aus Teutschland zuruͤck kam, schrien sie alle: Salva Roma, salva Patria, salvus est Germanicus. Tiberio stund dieses nicht an, der schickte ihn nach Syrien, ja man sagt gar, er habe ihn mit Gifft hinrichten lassen. Viele haben als einen Solœcismum be- mercket, da der Koͤnig in Spanien dem Hertzog von Braganza in Por- tugall gelassen, dem doch der peuple sehr anhieng; er haͤtte ihm sollen sub specie honoris nach Indien schaffen. Das thut man so gar in Demo- crati en. Cornelius Nepos erzehlet, daß diejenigen, so favorem populi in Athen gehabt, per ostracismum aus der Stadt geschaffet worden, und nichts duͤrfen sagen. In Regiments-Sachen muß man vigilant seyn, weil ein Fehler nicht leicht kan wieder gehoben werden. Jetzt ists ein- mahl geschehen, daß der Teutschen Kayser den Fehler begangen, und al- len so viel eingeraͤumet, das kan nicht wieder geaͤndert werden. In Franckreich sind viele Secula hingangen, bis endlich Ludovicus der XI. und seine Nachfolger es wieder auf den Fuß gesetzt, wie es unter den Carolingern gewesen. §. 8. Wir Teutschen sagen zu dem Kayser: Großmaͤchtigster Simulacra Im- perii. und unuͤberwindlichster Kayser, auch auf Seiten der Staͤnde brauchen sie das Wort, allerunterthaͤnigst, und ist doch gantz gewiß, daß noch we- nig uͤbrig ist, von der alten magnitudine Imperii. Es ist also solches nur ein Simulacrum, ein inane, daher der Autor die Simulacra durchgehet. §. 9-15. In diesen §. §. consideri ret der Autor die arcana Impe- Arcana in sta- tu Monarchi- co. rii. Diese sind nichts anders als artes regnandi; die arcana domina- tionis gehoͤren auch einiger massen ad artes regnandi, sie gehen aber mehr K k k 2 auf Cap. V. De prudentia auf den Principem. Jetzo gehet der Autor die arcana in specie durch, da- von das meiste schon da gewesen, dergestalt ut cramben bis coctam ap- ponere nolim. Er beschreibet einen Monarchen, wie er beschaffen seyn soll, ratione virtutis conscientiæ, welches wir alles oben gehabt haben; Von denen consiliariis ist auch schon gehandelt worden, daher will ich nur einige remarqu en machen ad §. 10. 14 15. Das ist einfaͤltig, wenn der Autor beschreibet, wie ein Princeps solle aussehen. Wenn wir alle Princeps waͤhlen koͤnnten, so koͤnnten wir sagen wie sie aussaͤhen, und ra- tione corporis aussehen sollten und beschaffen seyn; So aber ists in Eu- ropa bewandt, daß man nicht leicht Principes waͤhlet, sondern sie succe- di ren. Also kan man hier nicht sagen, wie sie aussehen sollen, sondern man nimmet sie wie die Natur solche giebet. Ubrigens darf man nicht dencken, das waͤren die besten Principes, welche wohl aussaͤhen; au con- traire, Fuͤrsten, welche defauts gehabt, sind offt kluge Herren gewesen. Der Koͤnig VVilliam war ein magerer Herr, sehr duͤrre und kranck, bey dem wenig grace war, wenn man mit ihm umgieng; nichts desto weniger muͤssen ihn doch alle Engelaͤnder nachsagen, daß er die artes regnandi wohl verstanden; er ist sonst wohl unterrichtet worden. Burnet lobt den Jean de VVitt, daß ob er gleich wider die Stadthalter gewesen, so habe er doch den VVilliam wohl erziehen lassen, und gemeynet, es koͤnnte einmahl die Zeit kom- men, daß er wieder darzu gelangete. Der Agesilaus ist einer von den kluͤgesten Koͤnigen der Spartaner gewesen, der war hinckend, hatte auch sonst vie- le defauts, an sich, davon uns nicht allein Cornelius Nepos, sondern auch Plutarchus in seinen Viris Illustribus Nachricht giebt. Bayle hat in sei- nen Diction. auch artige remarqu en mit einfliessen lassen, und gemeynet, er waͤre einer von den groͤssesten Printzen gewesen, der aber am wenig- sten regardi ret wuͤrde, weil die Leute den Cornelium und Plutarchum nicht mit gehoͤriger attention betrachten. Henricus III. sahe wohl aus, war aber zum Regieren nicht geschickt. Es sind solche Herren, die wohl aussehen, sanguinei, die sind commode, wie Fridericus V. der Winter- Koͤnig, sie halten sich Maitress en, und wird man wenig exempla finden, daß ein Herr, der wohl ausgesehen hat, grosse Dinge gethan hat. Das Frauenzimmer und geringe Leute loben den Herrn, der wohl aussiehet, und sagen: Er saͤhe aus, wie ein Engel. Wer regieren will, muß ar- beiten, unverdrossen seyn, das sind die Herren nicht, die wohl aussehen, sonderlich nach dem concept der Teutschen, da die schoͤnen Leute muͤssen blond seyn, weiß, wie ein Alabaster. Ja, wenn ein Herr ein tempera- mentum cholerico-sanguineum, oder sanguineo-cholericum hat, so gehets noch an. Aber viele haben ein temperamentum sanguineo Melancholi- cum, statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. cum, das sind elende Herren, so war Henricus III. in Franckreich ein fauler und verliebter Herr, der auch endlich von einem Moͤnche ist todt gestochen worden. Was den §. 14. betrifft, so sagt der Autor von dem Principe, daß er seyn sollte Christianus, probus, emendi ret ratione seiner affect en, welches er auch im §. 15. continui ret. Gewiß ists, daß ein Princeps, welcher probus ist, und seinen affect en minime deditus, ist fa- piens. Suppressio affectuum ist sapientiæ initium \& sapientia desinit, quando affectus regnare incipiunt. Indessen hat der Machiavellus ge- meynet, daß die Christliche Religion verursachte, daß ein Princeps nicht koͤnne tapffer seyn, und schicke sich keine Religion weniger vor einen Fuͤr- sten, als die Christliche. Man meynet aber, es habe Machiavelli sol- ches nicht serio geredet, sondern es so gesetzt, wie die Welt urtheilet: Wenig Fuͤrsten halten was von dem Christenthum, und wenn einer was davon saget, lachen sie ihn aus. Der Autor hat den Machiavelli ex professo refuti rt, in seiner Theologia Thetica, wo man es nicht suchen sollte. Aber es kan solches vice Commentarii hier dienen, da zeigt er, daß ein Fuͤrst koͤnne tapffer seyn und klug, etiamsi secundum principia christianæ religionis vivat. Man kan leicht errathen, warum der Autor dieses gethan, denn Toland, welcher nunmehro todt, hat einen tractat geschrieben homo sine superstitione, worinnen er auch gemeynet, ein Prin- ceps koͤnne ohnmoͤglich nach der Christlichen Religion leben. Dieses ist nun freylich eine gefaͤhrliche Meynung: Denn wenn der Princeps nicht kan darnach leben, wie sollen es die Unterthanen thun, und doch soll die Christliche Religion die wahre Religion seyn, sine qua ad salutem æter- nam pervenire non possumus. Daher hat der Autor solches refuti ret, er gestehet aber endlich selbst raro tales principes inveniri. §. 16. Die Arcana und artes eine monarchie zu erhalten, haben Arcana, sich bey der Mo- narchie zu er- halten. pro scopo zweyerley. Denn wenn man bedenckt, a quibus immineat imperio aliquid periculi 1) Plebs, 2) Patricii; wenn die monarchie mu- ti ret in Democratiam, so obtini ret plebs; wen sie muti rt in Aristocratiam, 1) Gegen den plebem. so obtini ren patricii. Will man also den statum reipublicæ conservi ren, so muß man auf beyde Partheyen, welche denselben koͤnnen umkehren, genau achtung geben. Der Plebs hat keinen Verstand, daher kan man mit ihm nicht philosophice verfahren; Wenn also der Princeps ihm ein Glaucoma opponi rt, so darff man deßwegen nicht dencken, daß der Prin- ceps ein Betruͤger waͤre. Darum muß ich lachen, wenn einige Theolo- gi kommen, und keine simulationes und dissimulationes leiden wollen. Sie verwerffen auch alle Politic, alle Regierungs-Kuͤnste, sie wollen par hazard regieren, und dencken, es werde sich schon nach und nach geben. K k k 3 Man Cap. V. De prudentia Man muß vielmehr simuli ren und dissimuli ren, weil man mit keinen ver- staͤndigen Leuten zu thun hat. Glaubst du wohl, daß plebs, Pack, fromm sey, und rationes anhoͤre? Der Plebs hat gar keine Weißheit. Ist ei- ner und der andere darunter fromm, so sinds homines singulares, und sind doch wohl homines simplices, die nicht einmahl wissen Rechenschafft von ihren Sachen zu geben, sondern in der Tummheit hingehen. Ergo cum desit probitas, cum rationes non audiant, so muß der Princeps den ple- bem infatuare, oder zum wenigsten hindern, ne invadat rempublicam. Man muß argumenta suchen. Henricus VIII. wie er nach Engeland kommen, den Richard uͤberwunden, ihm die Crone vom Haupte genom- men, und selbige aufgesetzt, so war die Armee vor ihm, und alle proceres wollten ihn haben, er wollte aber doch gerne einen titulum haben, wo- durch er das Reich mainteni ren koͤnnte. Rapin Toyras in seiner Histo- rie d’Angleterre erzehlet, was er sich vor Muͤhe gegeben, denn er dachte, wenn einer von denen proceribus abtraͤte/ und bließ unter den peuble, unter die Spreu, so entstuͤnden leicht tumultus; Daher grosse Herren deductiones machen lassen, non solum ut optimates firmentur in opinio- ne justa, sondern hauptsaͤchlich wegen des peuple. Sie werden in der Mutter-Sprache gemacht, daß ein jeder sie lesen kan, die Prediger muͤs- sen auch in ihren Predigten beybringen, daß der Herr rechtmaͤßig den Thron besitze. VVilliam ist auch deßwegen sehr besorgt gewesen, und haben da die Geistlichen viel gethan. Wer will den statum monarchi- cum conservi ren, muß den peuple eine impression machen, daß keine bes- sere Regierungs-Form, als die monarchie; Daher kan er von der mo- narchie ntcht abgehen, sine elogiis, sine adulationibus, damit der Prin- ceps nicht in einen contemtum komme. Derjenige Rex Angliæ ist verloh- ren, wider den der Plebs in Londen ist. Hier muß man sich nicht einen Principem vorstellen, dessen Land zwey bis drey Meilen groß ist, da koͤn- nen die Unterthanen nichts anfangen, sondern man muß Engeland, Franckreich ansehen. In der Historie des Louis XIV. kan man finden, was der peuple in seiner minorennité vorgenommen. Wider Henri- cum III. wurde gar eine ligue in Franckreich gemacht, und hat sich der- selbe in Pariß nicht duͤrffen sehen lassen; Deßwegen ist noͤthig, denen Leuten die monarchie angenehm zu machen. Was der Autor sagt, daß der Princeps per tergiversationem es abschlagen solle, gehet dahin, wo ei- ne Wahl ist; Aber wo ein Erb-Recht ist, thut man es nicht. Tiberius hat sich anfangs gestellet, als wenn er nicht Kayser werden wollte. Clapmarus hat in seinem Buch p. 148 eine observation de recusatione gemacht; Wenn man nicht wuͤste, daß der jetzige Koͤnig in Spanien ein statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. ein bigot waͤre, so koͤnnte man auch sagen, daß er ein groß artem poli- ticam sehen lasse, da er vor einigen Jahren abgedancket, und hernach das Reich als invitus wieder angenommen; aber er ist ein homo me- lancholicus. Freylich ist wahr, daß der peuple nicht besser kan in Zaum gehalten werden, als wenn er erstlich attachi rt, ist auf ein gewisses me- tier, 2) nicht viel conventicula, Gelache haͤlt. Cromwell hats recht angefangen, und die Engelaͤnder lassen den Sonnabend feyren, inglei- chen den Sonntag und Montag, haben sie muͤssen die Predigten repe- ti ren, dabey er scharff verbothen, an diesen Tagen in kein Gelach zu ge- hen, dadurch hat er ihnen gleichsam drey Tage genommen, und vier Ta- ge haben sie muͤssen arbeiten, damit sie zu leben gehabt; Also haben sie nicht koͤnnen zusammen gehen, und wider ihn compoti ren. Obgleich Cromwell sonst nicht zu leben, so hat er doch hier gewiesen, was ein Fuͤrst thun solle, wenn er will eviti ren, daß seine Unterthanen nicht wi- der ihn comploti ren. §. 17. Man kan nicht allezeit mit der ambition seine fortune 2) Gegen die Patricios. machen in statu monarchico. Viele meynen, ambitionis magnam esse vim, bey einem, der in die Hoͤhe kommen wolle; allein, wenn er sie blicken laͤßt, so avanci rt er nicht; Grosse Herren wollen keine ambitiöse Leute haben, sie fuͤrchten sich fuͤr ihnen. Procopius in seiner Historia A- necdota kan keine Ursach finden, warum Justinianus den Belisarium abge- setzt, und so arm gemachet, als, weil derselbe viel bataill en gewonnen, und so ambitiosus worden, ut privati fortuna ei vix sufficere videretur. Germanicus wurde vom Tiberio gehasset, weil ihn Tiberius als einen ambitiosum angesehen. Augustus hat dem Druso nicht getrauet, ja man disputi rt, ob nicht Augustus ihn ums Leben bringen lassen. Wer ein Princeps seyn will, muß solche Leute suchen, qui rempublicam, Monar- chiam amant. Attejus Capito hat seine fortune besser gemacht, als La- beo. Labeo war mehr attachi rt an die vorige Freyheit, hergegen Atte- jus Capito accommodi rte sich nach dem Hof, nach dem veraͤnderten Staat. Labeo semper respondebat, als wenn er noch in libera repu- blica waͤre. Förstnerus und Amelot in notis ad Tacitum haben refle- xiones gemacht uͤber des Taciti comparaison zwischen den Attejo, Capi- tone und Labeone. Qui auxiliares manus præstat; Alles approbi rt, was der Princeps thut, der avanci rt: Das sehen wir tota die. Bisweilen ist ein Mann ehrlich, sage, non ascendit, wenn er sich nicht nach dem Hofe accommodi ret. Der Princeps will gerne haben, daß alle sich sol- len nach ihm richten, traͤgt er lange Haare, so sollen auch alle lange Haare tragen. Amelot hat in seinem Tibere solches mit vielen exem- plis Cap. V. De prudentia plis aus der neuen Historie bewiesen, sein Buch wird jetzt in Holland von neuen gedruckt, und kan es ein junger Mensch in politicis wohl nutzen. Er erzehlet, daß, als man den Labeonem gelobet vor Tiberio, was er vor ein vortrefflicher Mann sey, habe Tiberius geantwortet, er sey ein Mann, der sich in die alten Zeiten schicke, in eine andere Welt, aber nicht a la Cour, præsenti statui non esse accommodatum. Wer Principatum mainteni ren will, muß auch sehen, ut certus sit successor, sonst machet man allerhand machin en, und wird die forma bald zu Grunde gehen. Tacitus sagt: In id omnia consilia esse flectenda, daß ein Princeps zu rechter Zeit heyrathe, und einem Successorem generi re, damit alle sehen, ihr fortune sey an dieses Hauß verknuͤpfft, daher auch dem jetzigen Koͤnige in Franckreich nicht uͤbel zu nehmen, daß er die Spanische Princeßin wieder nach Hause geschickt, weil ohnedem der Regent nur solche Heyrath um deßwillen gezimmert, daß in langer Zeit kein Successor seyn solle, damit er Hoffnung haben moͤge, Koͤnig zu wer- den. Hingegen hat der Koͤnig Printzen, so hoͤren alle cabal en auf; alle Printzen vom Gebluͤth muͤssen schweigen. Und ob man gleich sagt, die sponsalia waͤren doch solenniter celebri ret worden, so antworte: Es moͤ- gen dieselben celebri ret seyn, wie sie wollen, die Princeßin ist noch gar jung, und muͤsse der Koͤnig noch lange warten; utilitas regni gehet vor, und importi rt die injurie in Ansehung dessen nicht viel. Der Krieg wur- de vor Ostern angefangen, und gleich nach Ostern geendet. Ein Prin- ceps muß jura imperii absque aliorum arbitrio tractare; Jacobus I. in Engeland wird getadelt, daß, da vorher Henricus VIII. und die Koͤnigin Elisabeth en souverain regieret, und nur die odiosa dem Parlament uͤbergeben, er, Jacobus I. hingegen nach Roͤmischer Art im Parlament orationes gehalten, und dieses gleichsam drum gebethen, wenn er was haben wollen. Er haͤtte sollen schlechter Dings es befehlen. e. g. Wenn er Geld verlangt, so hat er gelesen, daß in libera republica Romana de- liberi ret worden, de lege Manilia, und hat auch ad Parlamentum Ora- tiones gehalten. Hernach ist das Parlament seinem Sohne uͤber den Kopf gewachsen, und hat ihm gar auch den Kopf abgesprochen; Also muß ein Princeps nicht raisonni ren. Lex cum Prologo ist absurd, sagt Seneca. Clarendon, der sonst sehr Koͤniglich ist, tadelt doch an Jacobo, daß er dem Parlament zu viel eingeraͤumet. Henricus VIII. hats recht gemacht, davon man Verulamium in vita Henrici lesen kan; Der vo- tige Koͤnig in Franckreich hat dem Parlament einen Verweiß gegeben, wenn es wollen in Staats-Sachen reden. Richelieu hats auch in et- was gethan. Wenn der status veraͤndert worden, und die Leute sub pristi- statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. pristina libertate in guten Stand gewesen, sie kommen hernach herunter, da hat der Princeps sich nichts guts zu versehen. Clapmarius hat pag. 154. und 159. vortreffliche observationes hieruͤber gemacht. Du kanst dir leicht einbilden, daß summa inopia bey denen, so vorher in grossen Ansehen gewesen Verdrießlichkeiten machen. Cicero sagt: Da Cæsar die Republic veraͤndert, waͤre er viel schuldig, und viel andere Leute waͤ- ren in Armuth gerathen. Tacitus sagt: Catilina inops, sylla inops; da- her sey eine solche audacia entstanden; Deßwegen muß der Princeps se- hen, daß die Leute nicht ad summam inopiam kommen, es ist nicht nuͤtz- lich, ut nimium sint divites, aber auch schaͤdlich, si nimium sunt inopes. Daher ist auch bey grossen Herren zu approbi ren, wenn sie setzen, daß kein homo nobilis ohne ihren consens sollte koͤnnen heyrathen, damit sind sie arbitri gewesen von ihren divitiis: Denn durch Heyrathen kan man grosse divitias erhalten. In Franckreich und Engeland muͤssen alle grosse Heyrathen cum consensu regio geschehen. Man siehet nicht ger- ne, daß sie sich mit einem fremden hohen Hause allii ren, damit dieselben ihnen hernach nicht koͤnnen succurs geben. Es siehet Sclavisch aus, aber der Printz hat Gefahr, si nimiæ divitiæ in unum domum confluant. Wer reich ist, novas res molitur. Printz Condé war sehr reich, er gieng hernach in Spanien, und die Spanier machten nicht eher Frieden bis er restitui ret war. Wie er restitui ret war, machte er einen grossen Staat, welches der Koͤnig gerne sahe, und da die Glaͤubiger bey dem Koͤnig kamen, sagte er: Es waͤre ein grosser Printz, der wuͤrde schon be- zahlen. Als er sahe, daß er ruini ret war, wieß er die creditores an das Parlament, da sollten sie ihn verklagen, der Koͤnig hat den Printz selbst encouragi rt ad luxum, weil er sahe, daß derselbe hernach nichts wider ihn konnte anfangen. Der jetzige Hertzog von Bourbon ist aus dem Hause Conti, und hat was gewonnen in acti en-Handel, der ist jetzt reich, aber so reich ist er nicht worden, wie der Regent. §. 18. Bisher ist gewiesen worden, wie der Princeps solle acht Connexi o . geben, ne status reipublicæ in genere pervertatur. Nun folgt, was er sui causa, suæ personæ causa in acht nehmen muß, daß er sich in seinem statu erhaͤlt: Denn darauf kan er auch secundario sehen, da hat der Au- tor zweyerley considerationes, eine in §. 19. die andere in §. 20. 1) Was er observi ren muͤssen in imperio suscipiendo. 2) In Imperio ad- ministrando. §. 19. Was susceptionem betrifft, davon kan man Hertium Arcana domi- nat. in seiner Politic pag. 83. lesen. Er sagt: Ein Koͤnig solle sich lassen solenniter inaugurare cum ceremoniis, cum pompa. Wenn ich philoso- 1) In susci- piendo regno. L l l phi sch Cap. V. De prudentia phi sch die Sache betrachte, so ist nicht noͤthig, daß grosse Herren sich lassen croͤnen, zumahlen so viele depens en dabey sind; Da Henrico Au- cupi angebothen worden, er solle sich croͤnen lassen, hat er gesagt: Reckt die Haͤnde in die Hoͤhe, und schweret, daß ihr getreu seyn wollet, ich mag nicht inauguri ret seyn. Er stellete sich, als wenn er nicht wuͤrdig darzu waͤre, es muͤsten heilige Leute seyn. Philosophice hatte Henricus Auceps recht; Es kommt auf das pactum an, und thut die Salbung nichts: Der peuple aber bildet sich ein, daß der gesalbte Herr majori auctorita- te und fulgore umgeben, der mit solchem Pomp, Pracht und Herrlich- keit auf den Thron gestiegen. Grotius in seinen Oper. Theolog. hat ge- wiesen, daß es GOtt selbst haben wollen, man solle die Koͤnige inaugu- ri ren ad majorem autoritatem conciliandam. Die Ungarn haben vor diesem keinen vor ihren Koͤnig gehalten, welcher nicht das diadema auf den Kopf gehabt. Es ist bisweilen gut, daß der Koͤnig in seiner Zierde sitzt, so modest als Rudolphus Habsburgicus geschienen zu seyn, so hat er doch bisweilen in seiner Zierde sich sehen lassen. Den Ottocar aber hat er ex aliis causis in einem schlechten Kleide belehnet. Die Francken haben sonst ihre Koͤnige nicht gesalbet, welches in meiner Dissertation de Henrico Aucupe gewiesen, sondern sie haben dieselben auf einen Schild gesetzet, damit alle Leute solche sehen koͤnnen; Aber nach der Zeit, wie Childerich ins Closter gesteckt worden, und Pipinus sich auf den Thron gesetzet, so hat dieser sich salben lassen, auch alle nachfolgende, usque ad Henricum Aucupem post Henricum Auc. auch die folgenden. Pipinus hat sich gar zwey mahl salben lassen, einmahl von Pabst, und einmahl vom Archi-Episc. Rhemensi; Denn er hat immer befuͤrchtet, es moͤchten Leute seyn, welche sich der descendence des Clodovæi erinnerten. Pere Daniel in seiner Historia de France erzehlet, mit was vor Pracht Hugo Capetus sich salben lassen. Von der Zeit hat man fingi rt, das heilige Oehl, damit die Koͤnige in Franckreich gesalbet worden, waͤre durch ei- ne Taube von Himmel gebracht worden, damit die Leute moͤchten eine grosse opinion vom Koͤnige haben, welches Joh. Jacobus Chifletius de Ampulla Rhemensi gewiesen; Daher koͤmmt, daß der Koͤnig eine beson- dere Tracht hat, welche Tracht keinen andern zugelassen wird. In Per- sien traͤgt der Koͤnig ein Horn auf dem Haupte, welches in Orient was gewoͤhnliches, da darff kein anderer Mensch sich geluͤsten lassen solches auch zu tragen. Der Sophi in Persien ist fast gekleidet, wie der Doge in Venedig. Cornu bedeutet fulgorem; Darum sagt man von Mose, er sey Cornutus gewesen, wie er von Berg Sinai herunter kommen. Die Gothen haben ihre Koͤnige gesalbet, welches die Bischoͤffe vor dien- statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. dienlich gehalten, weil so viele Koͤnige umgebracht worden, vid. David Blondell in Pleniori Assertione Geneal. Fr. Die West-Gothen haben unter denen Teutschen ihre Koͤnige am ersten gesalbet, hernach haben es auch die Francken gethan, dieses sollte man denen Fuͤrsten sagen, weil einige sind, die es nicht wissen moͤchten. Wer prætension auf das Reich hat, muß weg, entweder ins Gefaͤngnis gesetzet oder religi ret werden: Wie Henricus VII. auf den Thron stieg, war der Graf von VVarwick noch uͤbrig, welchen er gleich ins Gefaͤngniß setzen ließ. Das nahm ihm kein Mensch uͤbel; Aber das war nicht zu approbi ren, daß er ihn her- nach umbringen ließ. Da die Maria auf den Thron stieg, nahm sie die Elisabeth gefangen, hernach relegi rte sie dieselbe gar, und ließ genau auf sie acht haben, weil sie sahe, daß dieselbe aufs Reich prætendi rte. Als die Koͤnigin Elisabeth auf den Thron kam, so hat sie die Mariam unter den prætext, weil sie auf Engeland prætendi rte, in arrest genommen, aber das war zu viel, daß sie ihr den Kopf abschlagen lassen. Nichts kindi- scher war, als daß Philippus II. den Hertzog von Braganza bey seinen Guͤthern gelassen, und ihn nicht æstimi ret, der ihm nachmahls so viele Verdrießlichkeiten gemacht. Wer will einen Fuͤrsten verdencken, daß er in seinem Reiche keinen prætendent en leiden will? Wenn er gleich jetzo nichts thut, so kan doch leicht was entstehen; Ehe man sich es ver- siehet, so ist Lermen. §. 20. Bey der administration gehet der Autor nach dem Clap- 2) In admini- stratione re- gni. mario, und sagt: Nunquam remittat caput rerum, sedemque imperii. Wer die Haupt-Stadt verlaͤßt, thut mehrentheils wider sein eigen in- teresse, und ist ein Anzeigen, daß sein imperium uͤbern Hauffen gehet: Die Metropolis ist meist eine grosse Stadt, und kan leicht Lerm entste- hen. Wenn der Koͤnig in Engeland von Londen weggehen wollte, und in Oxford residi ren, wuͤrden sie gleich in Londen Lermen anfangen. Es ist ein grosser Fehler von Carolo I. gewesen, daß er von Londen wegge- gangen. Schurtzfleisch in seiner Dissertation de rebus Polonicis hat observi ret, seit der Zeit Sigismundus aus dem Jagellonischen Stamm zu Warschau residi ret, waͤre gantz Pohlen unruhig worden, und weil die Koͤnige sonst in Cracau residi ret, so haͤtten die Pohlen im Cracaui- schen district einen grossen Haß wider den Jagellonischen Stamm ge- habt. Wie Constantinus M. Rom verlassen, von der Zeit an hat das Roͤmische Reich abgenommen, und ist endlich gar zu Grunde gangen. Wie Christiernus Coppenhagen verließ, wie ein Blitz war er abgesetzt. Der Sultan gehet nicht aus Constantinopel, es muͤsse denn ein grosser Krieg seyn, alsdenn siehet er darauf, daß alles daselbst wohl verwahret L l l 2 werde. Cap. V. De prudentia werde. Die Czaarin residi rete in Petersburg, wollte aber einen Vice- Roy in die Stadt Moscau schicken, denn die Moscowiter sehen nicht gerne, daß der Czaar in Petersburg residi ret. Petersburg ist zu weit entfernet, und liegt fast am Ende des Moscowitischen Reichs. Herge- gen die Stadt Moscau liegt in der Mitten, deßwegen war man vigi- lant, ne ex illa Metropoli turbæ oriantur. Philippus II. da er nicht nach den Niederlanden gangen, hat vorgewendet, er koͤnne nicht von Madrit weggehen, weil daselbst leicht turbæ entstehen koͤnnten. Carolus V. wie er auf den Thron stieg, so war er bald in Italien, bald in Spanien, bald in Teutschland, und doch wollten sie einsmahls Caroli V. Mutter auf den Thron setzen, und sie mit einem Neapolitanischen Printzen ver- heyrathen, wenn nicht der Cardinal Ximenes solches verhindert. Es muß ein Princeps nicht zu weit von seinem Reich entfernet seyn. Auf den Koͤnig in Schweden hat man in Schweden nicht viel mehr ge- paßt, da er in Bender gewesen, ja sie haben gar Willens gehabt eine besondere Regierung anzusetzen, wie Alexander M. gar zu weit von Ma- cedonien entfernet war, so thaten die Macedonier, was sie wollten. Al- le subditi, sie moͤgen seyn, wie sie wollen, pari ren doch nicht gerne, und sind wie ein gespannter Bogen, der gleichsam immer eine tendentiam ad situm naturalem hat; Deßwegen muß der Princeps semper ante ocu- los subditorum seyn, sonderlich an denjenigen Ort, wo die subditi bey- sammen sind. Er muß acht geben, ut nihil sine ejus auspiciis fiat. Es sind einige so wunderlich, daß sie vor naͤrrisch halten, wenn der Fuͤrst sich alles attribui ret; Allein es geschiehet um deßwillen, damit das Volck keinen andern in memoria hat, als den Principem. Bœcklerus hat eine Dissertation gehalten de Auspiciis Principum, darinnen er ge- wiesen, daß es keine Prahlerey sey, wenn ein Princeps sage: Vicimus. Viele Juristen sind so abgeschmackt, und solche pedant en, daß sie am Justiniano tadeln, wenn er sagt: Vicimus. Louis XIII. hat sich die victo- rie zugeschrieben, welche Hertzog Bernhard bey Rheinfelden erhalten, weßwegen ihn wohl Vassor tadelt, er ist aber auch ein pedant. Wie der erste Theil seiner Historie heraus kommen, habe ich einen extract daraus gemacht, und gewiesen, daß er wohl einen schoͤnen stilum schreibt, aber er sey ein pedant, er will Reges und Principes haben, wie sie im Himmelreich sind. Es ist mein Lebtage so gewesen, der Princeps kan nicht alles thun, nichts desto weniger attribui ret man ihm alles, weil er doch wenigstens par sa sagesse im Cabinet contribui ret. Und obgleich der Richelieu an allen guten Anschlaͤgen beym Louis XIII. schuld hat, so hat doch der Koͤnig ihn erst choisi ret. Attribui rt man dem Koͤnige nicht statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. nicht alles, so koͤmmt er in contemtum. Necesse est, ut in alios tranfe- rat odium. Drum wird man sehen, daß wir stets Maͤrtyrer kriegen. Denn wenn der Princeps einen Fehler begangen, so kan er ihn wohl vor GOtt bekennen, daß er ihn wieder zu Gnaden annimmt, aber vor der Welt kan er es nicht thun, sonst revolti ren die Leute, und vernichten ihn. Schulz oder Scholezky zu Franckfurth an der Oder hat de mar- tyribus status eine Dissertation geschrieben, und zeigt, daß solches nicht zu mißbilligen, aber daß aus denen arcanis dominationis, bisweilen flagitia dominationis werden, ist nicht zu laͤugnen. Henricus VIII. ließ den Empson und Dudley, die von vornehmer extraction waren, aufhen- cken, weil sie unter seinem Vater so viel Geld gemachet, da sie es doch auf Befehl seines Vaters gethan. Wie ein Lerm war in Franckreich wegen dem acti en-Handel, so sagte der Regent, der Law sey daran Schuld, welcher auch fort muste, und wenn solches nur ein Fehler ge- wesen, waͤre es gut, so aber war es eine oͤffentliche fourberie. In vita Henrici VII. des Verulamii lesen wir, daß kein Princeps die jura imperii zu gebrauchen, und seine Persohn so trefflich zu mainteni ren gewust, als dieser. Er hat keinen Bedienten, so ansehnlich er auch gewesen, zu- gelassen, ut dispensaret, nicht einmahl in geringen Sachen, sondern alles musten sie aus der Hand des Koͤniges empfangen, alle odiosa aber hat er lassen durch seine Bedienten exequi ren. Ein Fuͤrst kan auch nicht leiden, ut alius magis colatur, ingleichen, daß man von andern Koͤnigen mehr redet, als von ihm, er siehet gerne, daß sein portrait in denen Zimmern seiner Unterthanen sind. Hergegen siehet er nicht gerne, wenn sie das portrait eines andern Fuͤrsten in ihren Zimmern haben. Tiberius konnte nicht leiden, daß die Leute das portrait des Germanici in ihren Zimmern hatten. Wenn ein Princeps siehet, es faͤngt einer an zu brilli ren, so setzt er ihm einen andern entgegen, quemadmodum Tibe- rius Pisonem oppofuit Germanico. § 21. Ein Princeps muß sollicitus seyn de Successore, damit nach Von designi- rung eines Successoris. seinem Tode keine Aenderung erfolge; da denn das beste Mittel ist, daß er sobolem produci re. Ich habe ehemahls eine oration gehalten auf den Koͤnig in Preussen, da ich auch einen locum communem en passant hier- von beygebracht. Wer keine Kinder hat, muß zwar geschehen lassen, daß der peuple merckt, wer ohngefehr succedi ren werde, aber er muß es sich nicht mercken lassen, sonst gehen sie hin, und bethen die neu-angehen- de Sonne an. Daher hat der Czaar gesagt: Mit demjenigen, welchen ich nennen werde, sollt ihr zu frieden seyn. Die Koͤnigin Elisabeth hat auch nicht determini ren wollen, wer ihr succedi ren sollte, und da die En- L l l 3 gelaͤn- Cap. V. De prudentia gelaͤnder haben wollten, sie sollte es sagen: So antwortete sie, der Suc- cessor waͤre da, aber sie wuͤrde ihn nicht eher benennen, als wenn sie ster- ben wollte. Das ist Jacobus I. gewesen. Es kan nicht anders seyn, man muß den Successorem verbergen, da muß man nicht leiden, daß die Leute curieux sind, und die Astronomos, Mathematicos, consuli ren, wer succedi ren werde, daher im Codice Theodosiano, als auch Justinianeo, so viele scharffe leges sind contra Chaldæos. Ein Princeps kan auch kei- ne Prophezeyungen leiden, wider sein Land. Bayle hat in seinen Dict. Histor. Crit. und in seinen Pensées diverses sur la Comete artige reflexio- nes hieruͤber. Offt sind solche Wahrsager des Criminis læsæ Majest. beschuldiget, wie ich in der Dissert. ad L. Maj. gewiesen, sonderlich, wenn sie sind in comitatu gewesen. Es ist auch billig, denn was gehet sie denn futura successio an. Wie die Koͤnigin Anna das Hauß Hanno- ver vor successions faͤhig erklaͤret, so hat deßwegen doch niemand aus dem Hauß Hannover duͤrffen in Engeland seyn. Der Churfuͤrst hat seinen Printz von VVallis wollen hinschicken, aber es gieng nicht an. Hertius hat in seinem Tractat. Part. II. unterschiedliche huͤbsche observatio- nes beygebracht, de futuro successore. De existima- tione tuenda. §. 22. Wer ein Fuͤrst ist, muß Fuͤrstlich leben, und sich distingui- ren, ab aliis, der muß nicht gestatten, daß dasjenige, was ihm gehoͤrt, an- dere haben. Ein Fuͤrst kan nicht leiden, daß privat -Leute Muͤntzen schla- gen, wenns auch nur Schau-Muͤntzen, und weiß ich, daß eine Fa- milie in unsern Lande sehr ruini ret worden, weil sie Schau-Muͤntzen ge- schlagen, und man bey ihnen eine grosse ambition wahrgenommen. Der Princeps kan nicht leiden, daß seine Unterthanen Schloͤsser, Vestungen bauen, es hat solches auch kein Princeps Romanus zugelassen. Das ist ein Fehler bey denen Teutschen Kaysern gewesen, dadurch sie so herun- ter kommen, daß sie ihren Bedienten zu gelassen, Schloͤsser zu bauen, in welche sie sich hernach reteri ret, und denen Kaysern viel Verdrießlich- keiten gemacht, das ist schon unter denen Ottonibus geschehen. Clapma- rius p. 180. hat artige Sachen hiervon colligi ret, und gezeigt, warum die Roͤmer und andere Koͤnige daruͤber gehalten. Eduardus in Engeland hat alle Castella geschleifft, welche denen Edelleuten gehoͤret, denn so bald dergleichen Castella da sind, so ist imperium contra imperium, daher, als man den Richelieu vorgeworffen, man halte denen Hugenotten nicht, was ihnen versprochen worden, indem ihnen Rochelle und andere Oerter weg- genommen wuͤrden, so hat er gesagt: Das edict zu Nantes solle blei- ben, aber die Vestungen koͤnnten sie nicht behalten, weil sonst regnum contra regnum, und die Protestanten nur Meuterey anfiengen. Und es ist statum civitatis Mon. Imperantium conservandi. ist wahr, daß die Hugenotten viel Schnitzer gemacht, indem sie sich offt in auswaͤrtige Haͤndel gemischet, welches Bonoist in seiner Historie vom edict zu Nantes selbst gestehet. Ein Princeps muß nicht gestatten, daß seine Vorfahren verachtet werden, sonderlich muͤssen die Fehler eo in lo- co, ubi residet, supprimi ret werden. Dieses dienet zum respect des Principis. Auswaͤrtigen ist nicht verbothen, davon zu reden, so wenig, als das verbothen, die Fehler Ludovici XIV. anzuzeigen. In Franck- reich duͤrffen sie nichts von ihm schreiben, aber in Holland wird alles ge- druckt. Der Princeps muß auch nicht leiden, daß ein anderer die arca- na regni hat, als er. Wie der Status Reipubl. Romanæ noch war, so hatte der Magistrat das Archiv, tabularium, die Acta. Hernach aber nahmen die Principes dieselben zu sich. In Spanien, wenn ein Mini- stre stirbt, so werden alle Briefschafften in einen Sack gebackt, und dem Koͤnige uͤbergeben. Wenn ein Koͤnig daselbst stirbt, so werden alle Acta ad novum regem gebracht, damit er deliberi ren kan, wem er solche ins kuͤnfftige anvertrauen wolle. Daher ist ein Crimen L. Majest. habuisse Archivum. Ein privat- Mann kan kein Archiv haben. In vielen Reichs- Staͤdten leidet man nicht, daß die Buͤrger Chronicken haben, sie sagen: Was haben die Leute darmit zu thun, tempora mutantur, \& nos muta- mur in illis. Wenn sie nun finden, daß es in alten Zeiten anders ge- wesen, wollen sie es jetzo wieder so haben, deßwegen sollen sie gar keine Chronicken lesen. Ein Koͤnig kan keinen Koͤnigs-Moͤrder leben lassen, wenn ihn gleich durch den Tod seines antecessoris der Thron geoͤffnet worden. Otto IV. hat gleich den Occisorem Philippi Suevi Vogel-frey gemacht, darum hat man sich uͤber die Koͤnigin Elisabeth verwundert, daß sie der Koͤnigin Maria von Schottland den Kopff abschlagen lassen. Der peuple bekommt einen contemtum, veneratio imminuitur. Der Czaar hat mit dem Cromwell nichts wollen zu schaffen haben, da er ihn wollen Gesandte schicken, sondern hat ihn vor einen fourbe, vor einen Schelm gehalten. Ob zwar dieses sehr Moscowitisch geklungen, so ist es doch etwas politisches gewesen, denn der Czaar hat allezeit despoti sch regieret, also muß er das Volck bey den Gedancken erhalten, es sey was grausames, einen Koͤnig ums Leben zu bringen, vid. Hertius Part. II. pag. 87. §. 23. Der Herr muß eine Guarde haben; Unsere Teutschen Von der Leib- Guarde. Fuͤrsten brauchen keine Guarde, denen thut kein Mensch was, sie leben in einem Lande des Friedens, in una Republica. Aber grosse Herren muͤs- sen eine Guarde haben, und wenn sie dieselben nicht haben, so sind sie variis insidiis exponi rt. Es mag einer regieren, wie er will, so hat er doch Cap. V. De prudentia doch boͤse Unterthanen. Diejenigen, welche die Guarde negligi ret, haben Ungluͤck gehabt. Henricus IV. wurde vom Ravaillac erstochen. Riche- lieu hat deßwegen zu dem Koͤnige in Franckreich gesagt: Ich bin ein Premier Ministre, so bald ich keine Guarde habe, so bin ich todt, weil ich viel Feinde habe. Ludovicus Bavarus wurde durch seine Guarde erhal- ten, da ihn ein Graf von Hohenlohe wollen umbringen. Hertius p. 91. 92. sagt: Ein grosser Herr muͤsse nicht opinaitre seyn, und dencken, es kaͤme auf die prædestination an. Dieses negi re ich nicht, daß unser HErr GOtt manchen sonderlich beystehet; Aber daß man denckt, GOtt thut alles immediate, glaube ich nicht. Unser HErr GOtt thut nichts im mediate, als nur wenn causæ prægnantes vorhanden. Wir haben so viel exempla, daß Principes umgebracht worden, denen die Guarde geman- gelt. Cromwell hat eine treffliche Guarde gehabt, und doch ist er des Nachts aufgestanden, ob sie alle vigilant, denn sie haben ihn offt wollen ums Leben bringen, daher bin ich auch in persuasion, daß man nicht leicht einen in des Principis Zimmer lassen solle. De æqualitate servanda. §. 24. Weil es meist darauf ankommt, daß der Princeps soll geehret bleiben, so folgt vor sich, daß der Princeps muͤsse eine æqualitatem erhalten, daß er seine Ministres nicht allzu groß machet, und so viel moͤg- lich, einen Premier-Ministre eviti ret: Denn ein jeder Premier-Ministre verdunckelt den Herrn, und was kluges gethan wird, wird alles dem Premier-Ministre zu geschrieben: Der Princeps ist da, wie die Marionette, wie oben ist gedacht worden. Er muß Ministres haben, aber keinen Ministrissimum; Taugt aber der Herr nicht zur Regierung so muß er ei- nen Ministrissimum haben, nicht anders, als wie derjenige, so impotens ist, leicht einem coadjutorem bekommt, daher braucht auch Amelot das simile, der Herr wuͤrde von seinem administrissimo zum Hahnrey gemacht. Es ist gut, wenn Pfaffen zu Ministrissimis genommen werden, weil da nicht zu befuͤrchten, daß sie den Koͤnig werden vom Thron stossen, wie bey den Clodovi schen Koͤnigen geschehen. De æquitate servanda. §. 25. Die arcana dominationis sind so beschaffen, daß sie nihil flagitii veri, auch nicht einmahl eine speciem flagitii bey sich haben. Ein jeder siehet, daß der Princeps solche muß thun, si personam suam pretio- sam reddere cupiat, aliosque omnes excludat, qui ipsum in contemtum adducere possunt. Hergegen die Jura Dominationis haben zwar nihil flagitii bey sich; aber non omnes capiunt verbum hoc. Mancher denckt, es sey unrecht, weil er nicht intimiorem cognitionem hat. Indessen sagt unser Autor: Licitè usurpantur, quamvis omnes non intelligant, daß der Princeps ab omni labe frey sey, licet talibus utatur. §. 26. statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. §. 26. In vita civili kan ich das prævenire nicht spielen; aber Exempla juri- um domina- tionis in statu Monarch. grosse Herren koͤnnen es in Statu naturali thun, da gehoͤret es zu ihrer de- fension; daher kan ein Princeps bisweilen diejenigen in der Geschwin- digkeit aus dem Wege raͤumen lassen, a quibus ipsi periculum imminet. Ferdinandus I. hat den Cardinal Martinucium umbringen lassen, weil er von ihm lauter Ungluͤck gehabt. Er hat verursacht, daß die Tuͤrcken Ofen weggenommen, und war auf Seiten Johannis von Zapolia. Der Pabst war boͤse, weil es ein Cardinal war; Aber der Kayser hat sich bald wieder mit ihm ausgesoͤhnet. In Pariß ist vor kurtzer Zeit eine Historiette von dem Martinucio heraus kommen. Dieses nennet man Staats-Streiche, dergleichen Naudæus in seinem Coups d’Etat vorge- stellet, davon aber Puffendorff wuͤnschet, daß einer sie systemati sch vor- stellen moͤchte. So ist der VVallenstein geschwind umgebracht worden, und wenn es der Kayser nicht gethan, wuͤrde er um das Koͤnigreich Boͤh- men kommen seyn. Wie der Fuͤrstenberg den Kayser Leopold sehr durch- gezogen, wegen seiner bigotterie ꝛc. so ließ ihn Leopold arreti ren und nach Wien fuͤhren, da er ihn nun zu Wien hatte, wollte er ihm erst den pro- ceß machen. Lobcowiz, der damahls Premier-Ministre war, sagte: Der Kayser sollte ihm augenblicklich lassen den Kopff herunter reissen, was er ihm erst wollte den proceß formi ren, es sey notorium, daß er pecci rt, und læsæ Majest. schuldig, wuͤrde er laͤnger warten, so wuͤrde ers nicht thun koͤnnen. Das geschahe auch, denn Franckreich hatte Schweden und Engeland encouragi ret, daß sie musten vor ihn bitten, und kam er wieder loß, da er Teutschland viele Verdrießlichkeiten ge- macht. Er wurde hernach Bischof zu Coͤlln gewehlet, und hat gemacht, daß der Krieg an. 1688. angegangen. Richelieu sagt in seinem Test. Polit. Wenns an Geschwindigkeiten fehlet, so ists wie mit einer Mine, ehe diese in die Hoͤhe gehet, kan ich sie noch heraus nehmen, daß sie keinen Schaden thut, so bald aber ein fracas koͤmmt, ists aus und ist nicht mehr zu helffen. Man muß freylich gewiß seyn, daß der Kerl peccir t als wie beym VVallenstein. Es ist freylich eine gute resolution, die Leute er- schrecken, daß es so geschwind zugehet. Allein nach der Zeit kan man es eher justifici ren. Man laͤst die Briefschafften drucken, und giebt Nachricht, wie er sich vergangen habe. Sonst soll der Princeps nicht asperior seyn legibus, und ist absurd, wenn er die pœnas exasperi rt; die Leute dencken, es sey cruël und er habe einen Gefallen daran, daß sie lange torqui ret wuͤrden. Aber wenn man siehet, es koͤnnen die Leute nicht anders in ihren Devoir erhalten werden, als per exasperationem pœnarum, so muß man es thun. Wie Sylla Dictator worden, hat er M m m gese- Cap. V. De prudentia gesehen, daß in der Republic eine grosse confusion, deßwegen hat er scharffe Leges gegeben. Der Lex Cornelia de Sicariis koͤmmt von ihm her. Da Augusti Tochter, Julia, credenz et, und sein Hauß dadurch be- schimpfft worden, hat er unter die Crimina Majestatis gesetzt, wenn einer sich an Domo Augustæ vergreiffen wuͤrde, ja, wenn einer nur davon wuͤste, und zeigte es nicht an, das sollte als ein Crimen Majestatis angesehen werden. Drum meynen einige, der Ovidius sey deßwegen relegi rt wor- den, weil er um die Amours der Juliæ gewust, und solches nicht angezeigt habe. Wiewohl Masson in Vita ejus meynet, es sey in facto nicht wahr. Amelot in seinem Tiberio hat eben uͤber dieses factum eine reflexion gemacht, und gewiesen, daß alle Kupplers als Rei Crim. læsæ Majestatis angesehen worden. Eigentlich ists kein Crimen status, aber der Prin- ceps sagt: Ego in contemtum adducor. Sylla hat nicht einmahl pro- scriptorum filiis wollen pardon geben, weil ihre Vaͤter ein Crimen per- duellionis begangen. Der Autor meynet, es gehoͤre dieses ad flagitia dominationis, allein, so weit koͤmmt es ex Jure dominationis, wenn die Guͤter confiscir et werden, und denen Kindern nichts gegeben wird. Puf- fendorf defendi ret auch, quod fieri possit jure: Denn was denen Eltern gehoͤret, haben sie verwuͤrckt, und muͤssen es die Kinder entbehren. Muͤs- sen doch die Kinder eben nicht reich seyn, es giebt viel Arme in der Welt, die Kinder werden hierdurch nicht gestrafft, sondern der Vater, der ist Ur- sach, daß die Kinder nichts kriegen, quia tali crimine se conspurcavit. So weit gehet es alle an, man laͤst sie vivere in paupertate: Denn ob zwar keine necessaria consequentia, daß der Sohn sich wird raͤchen, weil der Vater zu Grunde gangen, so ists doch probable, warum soll eben der Herr diese Leute groß machen? Vielmehr kan er sie klein machen, ne nocere possint. Man wird fast kein Exempel finden, da die Kinder sich nicht haben suchen zu raͤchen. Olden Barenfeld hatte einen Sohn, Stauf- fenberg genannt, der hat den Moritz wollen ums Leben bringen, er hat auch sterben muͤssen. Aber die Kinder todt zu machen, ist hart. In der That sind des Ragoczi Kinder sehr gelinde tracti ret worden, indem der Kayser ihnen noch Guͤter gegeben in Neapolis, ob sie gleich die Guͤ- ter in Ungarn verlohren haben. Bisweilen heyrathet ein Princeps eine Person, welche er secundum Legem stricte sic dictam nicht heyrathenkan; das koͤmmt auf flagitia dominationis hinaus, wenn er incestuosas nuptias celebri ret. Vor diesem hat man bey denen Roͤmern fratris filiam nicht koͤnnen heyrathen, Claudius aber heyrathete des Germanici, seines Bru- ders, Tochter, die Agrippinam, und da er die Patres gefragt: ob es an- gienge? haben sie gesagt: Ja; sonst aber war horridum insuetum matri- monium statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. monium, fratris filiam ducere. Waͤre es ein Lex positiva gewesen, so haͤtte es nichts zu bedeuten gehabt, denn an den Legem positivam sind die Unterthanen gebunden, aber nicht eben der Fuͤrst, als nur wenn er will, sonst kan er davon abgehen, ratione dominationis. Wie die Anna von Bretagne Maximiliano despondi rt worden, und er so gar possession vom Ehe-Bette nehmen lassen, so sahen die Frantzosen diese Heyrath nicht gerne. Der symbolicus concubitus hat dem Koͤnige in Franckreich keinen degout gemacht, und er nahm also dem Maximiliano die Braut weg. Quær. Ob dieses der Koͤnig in Franckreich thun koͤnne? Respond. Einige haben es als ein adulterium angesehen, andere halten es aber vor einen Staats-Streich. Gabriel Naudæus rechnet es unter die Coups d’Etat, und sagt: Wenn der Koͤnig in Franckreich gelitten, daß Maxi- milianus dieselbe bekommen, so haͤtte Franckreich von hinten her bestaͤn- dige Kriege gehabt, und haͤtten viele tausend Menschen muͤssen crepi ren; Zumahl da ohnedem Franckreich viele Verdrießlichkeiten habe, weil die Oesterreicher die Niederlande haͤtten, er sagt: Es sey doch besser, daß Franckreich keinen Krieg habe, zumahlen die Princeßin consenti ret, daß Carolus VIII. sie geheyrathet. Es sind ein hauffen Buͤcher hievon geschrieben worden, davon Meldung thut Bayle in seinen Reponses fai- tes aux quæstions d’un Provinciæ. Man findet gar viel exempla, daß Koͤnige ihre Verlobte wieder nach Hause geschicket. Carolus VIII. schick- te Maximiliani Tochter wieder nach Hause, und nahm ihm gar seine Braut weg. Unter denen juribus dominationis kan man also dieses al- les noch defendi ren. Tacitus sagt gar artig: Omne magnum exemplum videtur aliquid habere ex iniquo. Jus dominationis bringt mit sich dominium eminens, daß der Herr seiner Unterthanen Guͤther kan angreif- fen, aber nur in aͤussersten Nothfall, und zwar muß er die intention ha- ben, es zu verhuͤten. Es sind viele andere Staats-Streiche, so der Naudæus defendi rt, als die Massacre de St. Barthelmy, die Ausjagung der Juden in Spanien, und hat einer in Geney Noten uͤber den Naudæum ge- schrieben, der ihn refuti rt. Es hat auch Cladov wider den Naudæum was edi rt. §. 27-28. Simulacrum nennet Tacitus arcanum inane, da hat nun Simulacra im- perii in sta c u Monarch. unser Autor unterschiedene solche simulacra specifici ret. Will man exem- pla haben in grosser abundance, so kan man solche finden beym Hertio, in Prud. Civ. pag. 222. woselbst er exempla antiqua, nova und recen- tissima anfuͤhret, und immer auf den Aristotelem mit siehet. Es ist zwar nicht recht, wenn einer ein Tyrann ist, wie Cæsar und Cromwell gewe- sen. Der Ursprung taugt nichts, alle changements sind unrecht, wenn M m m 2 sie Cap. V. De prudentia sie geschehen, invitis civibus, es mag Monarchia in Aristocratiam, oder Aristocratia in Democratiam verwandelt werden. Wenn aber der status einmahl changi ret, so kan man nicht helffen, da ists besser, ut novum imperium sit, quam ut nullum sit. Bœckler tadelt den Ciceronem, daß er immer noch von der alten libertate redet, und lieber Rempublicam in turbis lassen wollen, als den Cæsarem approbi ren; Er hat sich gefreuet, da Cæsar todt gemachet worden. Bey denen novis Rebuspublicis blei- ben simulacra, res ist weg, der auf den Thron sitzet, machet uns was vor; Cæsar wollte nicht als ein Rex angesehen seyn, sondern nennete sich Di- ctator, Consul. Die Principes haben Tribunitiam potestatem gebraucht; Hergegen, da aus der monarchie zu Venedig eine Aristocratie worden, so ist der Doge geblieben, welcher aussiehet, wie ein Princeps, sein Kleid ist Koͤniglich, sein Cornu distingui rt ihm, und fehlet ihm nichts, als das Diadema. Florentz war eine freye Republic, und wurde vom Cosmo de Medices veraͤndert. Hertius hat gewiesen, wie sich Cosmus accommo- di rt, er wollte seine Tochter an niemand anders, als an Florentiner ver- heyrathen, er hat Senatum gelassen, sich populariter aufgefuͤhret. Beym Cromwell findet man auch ein simulacrum, da er zum Protector gema- chet worden, und in der That Koͤnig war. Flagitia domi- nationis in statu Monar- chico. §. 29-34. Tacitus nennet die flagitia arcana domus, weil es in domo Neronis so zugegangen, daher tracti ret man hier artes Machiavel- listicas. Die Politicam Mazarinianam, denn es ist ein Buch heraus kommen, sub tit. Mazariana, darinnen lauter fourberi en; daher auch nicht zu rathen, daß ein Student dieses Buch lieset, wenn er nicht einen guten Verstand, und eine teinture in der Religion hat, sonst macht er es nach, wie das boͤse Gesinde, welches alles thut, was man ihnen verbie- thet. Es ist ein gottloses Buch, aber der Autor hat die Leute nicht wol- len encouragi ren, ut ita agerent, sondern er hat nur wollen zeigen, quo- modo talia exerceantur, auch ab hominibus primariis, nur subtili ratione, sonst saͤhe man, wer sie waͤren. Macchiavelli hat auch die Artes Tyran- nicas, die flagitia dominationis beschrieben, doch dubiti rt man, ob er seinen Principem so instrui ren wollen, oder ob er es nur geschrieben, weil die meisten Principes so geartet sind. Der Macchiavelli aber hat viel wi- der sich, weil er ein irrisor religionis gewesen, und sich uͤber alles moc- qui ret. Aristoteles hat auch die flagitia dominationis beschrieben, und fast noch ordentlicher, als der Macchiavelli. Hertius in seiner Politic hats excerpi rt, und des Macchiavelli Principem dagegen gehalten. Cardanus Philosophus magni nominis hat de Republica geschrieben, darinnen nichts anders, als arcana Domus vorkommen. Joh. Adolph. Hofmann, der in Hol- statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. Holland Libros X. Polit. edi ret hat pag. 275. Cap. XXXVI. aus dem St. Thoma Aquinate. Der Pabst hat ihn canonisi ret. Seine Schrifften bestehen in etlichen Folianten, darinnen unter andern auch Libri Politici zu finden. Unsere Theologi selbst, wenn sie diesen Thomam nicht gehabt, wuͤrden vieles in der Theologie nicht gefasset haben. Doctore illo scholastico zeiget, daß er auch eine Picturam Tyrannicam vorgetragen; aber das ist nicht klug, wenn Hof- mann wider ihn perori rt, und auf ihn schmaͤlt, der Thomas hat gewiß nicht gewollt, daß ein Princeps so leben solle, sondern ihn nur so distin- gui rt. Die Artes Tyrannicas kan man gar leicht verstehen. Ein Ty- rannus ist homo meticulosissimus, malus Princeps, der sein devoir nicht in acht nimmt, und weil er sein Land nur wolle brauchen, als seinen Acker, daß selbige ihm feind werden. So bald aber der peuple ihm feind wird, sucht er ihn uͤbern Hauffen zu werffen, und fehlet nur ein Dux, ein œo- lus; daher wird ein solcher Tyrann furchtsam; die furchtsam sind, wer- den grausam, sind poltrons, schonen keines Menschen. Die homines metriculosi plus agunt per fraudes, quam vi aperta; deswegen suchen sie allerhand Kuͤnste anzubrigen. Alles, was ein solcher Tyrann thut, thut er sich zu ver pallissadi ren und zu conservi ren. Daher ob er zwar sein Devoir nicht in acht nimmet, so sucht er doch religione den plebem zu in- fatui ren. Religio muß freylich seyn, und koͤnnen die Menschen nicht oh- ne religion regi ret werden; Aber es ist nicht recht, ut religione tanquam instrumento Tyrannidis quis utatur. Cromwell war nur ein tyrannus titulo, er fuͤrchtete sich nur, ne populus sibi noceret, und hat auch die Re- ligion gebraucht; deswegen hatte er die Quacker, die Enthusiast en und er selbst hat Loca S. S. allegi ret; die Augen verkehret; Denn wenn die Leute infatui rt werden religione, ist der Tyrann sicher dabey. Clap- marius hat in der Edition Sagittarii noch schoͤne exempla beygebracht. Macchiavelli hat auch seinen Principem so instrui ret, ut religionem in uti- litatem vertat, da er gewiesen, wie die Roͤmischen Imperatores ihren Leu- ten beygebracht, als wenn sie homines religiosissimi, cum tamen revera non fuerint. Agesilaus, qui certe erat Tyrannus maximus, sed homo subtilis, hat auch die Religion gebraucht. Bayle sagt in seinem Dict. Hist. Crit. beym Agesilao, man koͤnnte ein Buch de religione Principum schreiben, wie de religione Medici geschrieben worden, welches eben so gut abgehen sollte. Diejenige, qui auctoritate, divitiis florent \& sapien- tia, probitate pollent, kennen die Fuͤrsten am ersten, deßwegen ist kein Wunder, daß ein Tyrann die potentiores, sapientiores, eminentiores vi- M m m 3 ros Cap. V. De prudentia ros am ersten verfolgt, \& quia eos maxime timet, so ist accusationis ca- put, esse eloquentem divitemque. Alle nobiles gehen zu Grunde, quia sunt nobiles; Denn die Handwercks-Leute lernen seine Kuͤnste nicht aus. Ein Tyrann kan keine Leute leiden, so von honetteté profession machen, weil er seine Kuͤnste nicht will lassen kennen lernen; drum verfolgt er die Magistros bonarum artium, Scholas contemnit, barbariem promovet, er will keine vornehmen Leute um sich haben. Alle Tyrannen, welche Sue- tonius depingi rt, haben Knechte um sich gehabt, und Libertos. Der Cammer-Mohr ist in Persien und in der Tuͤrckey noch der Premier-Mi- nistre. Ludovicus XI. war ein Tyrannischer Fuͤrst, bey dem war sein Leib-Barbier Ministre, sein Schneider, Grand-Admiral, die anderen Leu- te hat er alle removi ret, und gesucht ihre Guͤter an sich zu bringen, weil er ein odium hatte erga omnes bonos viros, so suchte er dieselbigen zu supprimi ren unter den Schein rechtens. Er gibt allerhand Leges, damit sie sich fangen, wie die Fliegen in Spinneweben, dieses heist au- toritate imperii abuti. Amelot in seinem Tibere hat recht beschrieben, wie ers angefangen. Weil der Tyrann siehet, daß seine Unterthanen, wenn sie gelinde tracti ret werden, so werden sie reich, so denckt er auf allerhand Kuͤnste, sie zu exhauri ren, daß sie nichts taugen, er legt ihnen immer neue onera auf. Hertius hat uͤber den Pharao artige reflexiones gemacht; Denn 1) hat er denen Israeliten alles genommen, daher auch unser HErr GOtt hernach sagte, sie moͤchten es denen Egyptiern wieder wegnehmen, weils ihnen gehoͤre, 2) habe er lassen Pyramides exstruere durch die Israeliten, darvon Perizonius in rebus Ægypt. Nachricht gibt. Tarquinius Superbus hat die Roͤmer in fossis cloacisque gebraucht, da sie muͤssen arbeiten, ut ne possint arma capere. Wenn gleich ein Tyrann al- les dieses thut, so conservi ret er sich doch eine Zeitlang. Bayle sagt: Ein boͤser Fuͤrst koͤnne nicht so leicht uͤbern Hauffen geworffen werden, als ein frommer Fuͤrst. Bisweilen aber koͤmmt doch ein Orcan, der ihn uͤber den Hauffen wirfft, denn er gehet ab von seiner Pflicht, handelt wider seln Gewissen, und martert die Leute. Alle Leges wendet er nur zu seinen Nutzen an; er stellet Reduction s-Cammern an, wie in Franck- reich geschehen, da sie denen vornehmsten Leuten alles genommen, und al- les als coronæ bona angesehen. In Schweden hat es hernach viel Lerm gemacht. Der Patkul verursachte, daß Schweden so viele Laͤnder verlohren. Weil aber ein Tyrann nicht alle kan uno ictu e medio tol- lere, wie Caligula gewuͤnschet, so geschiehet es, daß er die Vornehmen zusammen hetzt und factiones verursachet, hernach heißt es: Divide \& Im- pera. Er gebraucht sich nicht seiner eigenen Unterthanen zur Guarde, son- statum civitatis Mon. \& Imperantium conservandi. sondern nimmt peregrinos. Cæsar usus est Germanis; oder wenn er das nicht thut, so nimmt er doch schlechte Leute, die er erhoͤhet, welche denen nobilibus feind sind. Er hat Espions an allen Orten, die alles sagen, was die Leute reden und thun, und wenn er was erfaͤhret von dergleichen Rapporteurs, so inquiri ret er gleich, deßwegen sind auch die Crimina Ma- jestatis so weit extendi rt worden. Ein Tyrann mischet auch aliquod bo- ni darunter, damit man das Boͤse nicht gleich developpi ren kan; Er braucht prætextus, und sucht den Leuten einen blauen Dunst vor die Au- gen zu machen; Er siehet grausam, severus aus, aber er sagt: Er habe raison, er imiti ret die Tugend, und sagt eben Hieronymus Osorius in sei- nem Tract. de Gloria, die Tugend muͤsse etwas vortreffliches seyn, weil so gar die Tyrannen solche suchten zu imiti ren. Aristoteles nennet ihre flagitia Sophismata, daher ist gut, daß solche Kuͤnste denen jungen Leu- ten vorgestellet werden, nicht ut perversi suasores aliquando existant, son- dern daß sie sich vielmehr in acht nehmen, damit sie nicht einmahl da- hin inclini ren. In der folgenden Section de Vita Aulica, wird gewiesen werden, daß, wer bey Hof reussi ren will, muß sich stellen, als wenn er den Hof nicht kenne: denn die meisten Fuͤrsten wollen sich nicht lassen kennen lernen. Ein Tyrann trauet niemanden, drum hat sich Pisistratus von niemanden als von seiner Tochter rasi ren lassen. Cromwell hat sich selbst rasi rt, der so gar des Nachts nicht ge- schlaffen, sondern immer aufgestanden, und nach seiner guarde gesehen, ob auch dieselbe vigilant. Wenn man den Suetonium lieset, so wird man finden, daß kein einiger solcher Tyrann gewesen, der sich nicht ge- fuͤrchtet. Suetonius erzehlet, daß Vitellius allezeit ein Schwerdt bey sei- nem Kopff-Kuͤssen gehabt; bey der Thuͤr des Zimmers, wo er geschla- fen, ist eine machine gewesen, daß, wenn jemand zur Thuͤr hinein ge- gangen, es geprasselt, damit er gleich koͤnnen aufwachen. Wer also sich von diesen Sachen einen rechten concept machen will, muß die affectus und flagitia en bon ordre rangi ren, besser, als es unser Autor gethan hat. Hertius hat zwey Haupt- artes, aber in der application fin- det man immer neue mala. Den Hertium kan man hier am besten brauchen. Sect. Cap. V. De prudentia Sect. XIII. de Prudentia statum civitatis Aristocraticæ \& De- mocraticæ \& in iis statum imperantium conservandi. §. 1. Connexio. H Ier koͤmmt der modus conservandi Aristocratiam vor. Gleich- wie nun de arcanis imperii, de juribus dominationis in Monat- chia gehandelt worden, so wird auch davon gehandelt in Aristo- cratia, und endlich auch in Democratia. Es sind in der Welt Monar- chien, aber auch viele Aristocrati en und Democrati en. In Græcia sind vordem fast lauter Democrati en gewesen, quod etiam Aristoteles osten- dit, welcher ratione Democratiarum wohl zu gebrauchen. Seine Politic ist auch uͤberhaupt in wenigen zu verbessern, nur, daß wir jetzt nicht so um den Brey herum gehen, sondern setzen gleich fundamenta, und de- duci ren daraus. Die Græcas veteres respublicas hat Ubbo Emmius, (welcher Rector in Emden gewesen,) wohl beschrieben in zwey Baͤnden in duodecimo. In Italien und Sicilien sind auch viel solche Republi- quen gewesen, davon Emmius auch Nachricht giebt. Wer dieses hat, kan den Aristotelem wohl verstehen. Nicolaus Cragius hat auch de Re- publica Laconica geschrieben. Man muß freylich auch die neuen Au- tores lesen. Quær. Was ist eine Aristocratie? Respond. Es ist da eine Polyarchie, es regieret da mehr als einer, aber in Ansehung der Demo- cratie sind nicht so viel Imperantes, das imperium ist da nicht penes unum, aber penes paucos, Ἄριςοι sunt pauci; sapientiores sunt pauci. Diejenigen, so regieren werden pro optimis, pro prudentioribus gehal- ten. Wer in generalibus will instrui ret seyn, muß mercken, daß in manchen Aristocrati en die Aristi erblich, oder sie werden gewaͤhlet; An etlichen Orten sind einige Familien, die haben ein jus hæreditarium. Wo gewehlet wird, da werden zwar keine Schneider, keine Schuster, oder ander Poͤbel admitti rt, sondern es werden prudentiores, liberalibus ar- tibus exculti genommen. Es sind aber wenig Aristocrati en bekannt, da die Wahl geschehen sollte ex tota civitate, sondern mehrentheils sind fa- miliæ nobiles, e quibus electio fit, die haben ein jus solitarium, ceteri au- tem statum civitatis Aristocraticæ \& Democraticæ, \&c. tem omnes excluduntur. Heute zu Tage koͤnnte man etwa Bern da- hin referi ren, wo die Wahl frey geschiehet; Aber ex antiquitate hat Hertius viele specifici ret. Denn die andern sind bekandter, sie koͤnnen aber leicht declini ren; Denn gleichwie in Monarchia koͤnnen incommo- da entstehen. So gehets auch in l’ Olyarchia, sive si unus sive pauci im- perent, ist einerley, und ists eben so schlimm in einer l’ Olyarchie zu leben, als unter einem Principe perverso. Eine Aristocratie findet man in Ve- nedig, Ragusa, Genua, Lucca, certo modo auch in Siena: Denn obgleich Siena unter Florenz kommen, so hats doch noch viele Freyheiten behal- ten, bisweilen wird die forma so geaͤndert, daß ex Aristocratia eine Mo- narchie wird, bisweilen wird ex Monarchia eine Aristocratia. Wenn die Teutschen Fuͤrsten unter einander gleich waͤren, so koͤnnte Teutsch- land eine Aristocratie vorstellen, und der Kayser waͤre wie der Doge zu Venedig. Hippolytus a Lapide hats auch so angesehen; Aber es ist nicht so, weil die Staͤnde inegal; Aber die Pohlnische Republic ist nicht weit davon, weil unter denen Pohlen eine egalité ist. Noch naͤ- her ist Venedig, woselbst der Doge nur zwey vota hat. Hier muß man die Scriptores lesen, welche von Venedig geschrieben haben, nicht nur die Nobili di Venetia, sondern auch Auslaͤnder, als den Amelot, der I- taliaͤnisch geschrieben, sein Buch aber ist auch ins Frantzoͤsische uͤber- setzt worden. Item der St. Didier, welcher mit auf dem Frieden zu Niemwegen gewesen, hat auch davon geschrieben. Eine Aristocratie kan leicht eine Monarchie werden, so hats nicht anders seyn koͤnnen, als daß in Rom bald eine Monarchie entstehen muͤssen, denn es wurde zu groß. Eine Aristocratie aber muß nicht groß seyn, die grossen Gene- rals, welche die Armeen commandi ren, werden hochmuͤthig, brauchen hernach solche wider die Republic, wie der Cæsar gethan, und wenn Cæsar nicht waͤre Princeps senatus worden, haͤtte es Pompejus er- halten. §. 2. Deßwegen hat man auch in Aristocrati en besondere maxi- Arcans impe- rii in statu Arist. gegen Principatum. men, in Venedig ist bis diese Stunde keine einige dignitas perpetua, als derer Procuratorum St. Marci, des Cantzlers und derer Scribarum. Der Cantzler ist bestaͤndig, wird auch sehr geehret, aber es wird kein Nobili darzu genommen, die Procuratores St. Marci haben zu thun mit geistli- chen Sachen, weil da der Pabst mit acht giebt, so fragen sie nichts dar- nach, daß ein Nobili bestaͤndig Procurator ist. Aber es werden doch alte Leute darzu genommen, die schon Canditati mortis sind. Die Secretarii sind auch keine Nobili, so ist auch Rom bestanden, ehe die munera perpetua worden, Zevecotius ad Suetonii Cæsarem hat vortreffli- N n n che Cap. V. De prudentia che observationes hiervon. Hernach aber, da sie grosse Thaten gethan, haben sie gebettelt, oder durch Geld erhalten, daß ihr Imperium verlaͤn- gert worden, dadurch haben sie sich feste gesetzet, und obgleich schoͤne Gesetze gegeben worden, wie sie sich verhalten sollten, so haben doch die- selbigen nichts geholffen. Inventa lege inventa fraus. In einer rechten Aristocratie leidet man nicht, daß die Nobili dasjenige thun, was den plebem ihnen concilii ren kan. Daher in Venedig kein Nobili darff ein Advocat seyn, denn ein Advocat kennet die gantze Stadt, und muß von allen instrui ret seyn, damit seine praxis immer groͤsser wird. Ein Nobili kan wohl ein Bischoff, ein Patriarch werden, aber kein prædi- cant. Obgleich die prædicant en daselbst grosse Einkuͤnffte haben, es koͤnnen solche prædicant en viel effectui ren beym peuple, deßwegen sehen sie gerne, daß die Clerici ein dissolut es Leben fuͤhren, und ist in Venedig kein Wunder, wenn ein Pfaff aus dem Bordell -Hause kommt, oder aus einem Keller, und voll ist. Man wird auch nirgends solche scanda- leuse Geistlichen finden, als in Venedig sind, sie wollen gerne tumme Cle- ricos haben, damit der peuple nicht von ihnen infatui ret werde. In Nuͤrnberg gilt auch die Geistlichkeit nichts, und promovi rt man nur Mit- tel-Leute, sehen sie, daß einer viel gilt, klopffen sie ihn auf die Finger, sie haben auch recht, und kan es nicht anders seyn. Der peuple ist allezeit jaloux, setzet nun der Priester die optimates in contemtum, so ists aus. In Aristocrati en nehmen sie keinen zum General aus ihren Mitteln. In Venedig, weiß man ein eintzig mahl, daß sie einen Nobili di Venetia ge- nommen, den Morosini, welcher in Morea commandi ret, zu welcher Zeit sie aber keinen andern bekommen konnten, sonst aber nehmen sie immer Fremde, einen Printz Maximilian, einen Schulenburg, solchen geben sie grosse Besoldungen, damit sie sich wohl verhalten, und suchen, die pen- sion zu behalten, sie lassen keinen Menschen exstruere munimentum. Die Venetianer haben schoͤne Lust-Haͤuser und Gaͤrten an Po-Fluß, darin- nen grosse Kostbarkeiten, aber sie duͤrffen nicht einmahl eine Mauer her- um fuͤhren, der Doge zu Venedig hat auch ein schoͤn Palais, das ist aber auf allen Seiten frey, denn sie trauen ihm auch nicht. Wer sich eine Aristocratie will vorstellig machen, muß nur Venedig nehmen, und Nuͤrnberg, welches in allen Venedig imiti ret, wie Amelot auch saget. Es kan in Venedig kein Donna und kein Nobili ausser seinen Stand hey- rathen; Kein Nobili kan von einem fremden Fuͤrsten eine Bedienung haben, denn sie fuͤrchten, es moͤchte der fremde Fuͤrst alsdenn suchen, sie uͤbern Hauffen zu werffen. Man erzehlet als was besonders, daß die Donna von Cornaro, den Koͤnig in Cypern geheyrathet, durch welche her- statum civitatis Aristocraticæ \& Democraticæ \&c. hernach Cypern an Venedig kommen. Obgleich nach der Zeit dieselbe zu Venedig residi ren wollen, so haben sie doch gesagt, sie moͤchten sich nach Padua wenden, damit nomen Reginæ, und Regis nicht moͤchte in Venedig angenehm werden. Sie hat sich auch eine kurtze Zeit in Ve- nedig aufgehalten, und von dar sich nach Padua begeben, woselbst sie einen Koͤniglichen Staat gefuͤhret. So bald einer Cardinal wird, ist er nicht capable, mehr in Venedig zu seyn, wenn gleich die Venetianer ho- mines externos zu nobilibus machen, so thun sie es doch nur honoris cau- sa, die kommen aber nicht nach Venedig, ex consequenti haben sie kei- ne Gefahr von ihnen zu befuͤrchten. Sie nehmen nicht mehr, als zwey von einer Familie in den Rath, wenigstens in den geheimden Rath. In Nuͤrnberg nehmen sie auch nicht mehr, als zwey von einer Familie in Rath, und unter die septemviros nicht mehr, als einen. Ich weiß, daß ein Imhoff unter den septemviros gewesen, und sein Vetter war indeß auch hinauf geruͤckt, der hat zwey uͤber sich weg springen lassen, und nicht darzu gelangen koͤnnen. Cæsar erzehlet von Hædiis, welche Bundes- Genossen von den Roͤmern gewesen, und eine Aristocratie gehabt, daß sie auch nicht gestattet, daß mehr als zwey von einer Familie im Rath gewesen. Dieses ist alles wider den Principatum, damit die Familien keine factiones machen koͤnnen. Res magni momenti geben sie nicht leicht einem, sondern da haben sie Decemviros, denen solche uͤbergeben werden. Beym Hertio pag. 129. 131. wird man unterschiedenes von der Repu- blic Venedig finden, daß alles geschehen in Collegiis, oder wenn ja Leu- te gesetzet werden, welche etwas primario zu thun haben, so werden an- dere darzu geordnet, welche mit acht geben. Kein Nobili darff mit ei- nem Gesandten reden, adsunt semper qui audiant, sie haben certas fami- lias, in quas nemo recipitur, wenn er auch wollen hundert tausend Tha- ler geben, sie halten die Patricios viel hoͤher, als die Noblesse in Teutsch- land. Denn vor etliche hundert Jahren kan ich in Teutschland nobilis werden; Sie geben Achtung, daß keiner von der Familie supprimi rt wird, damit sie nicht ad desperationem gebracht werden. Wenn auch biswei- len eine Familie herunter koͤmmt, durch ihre negligence der Eltern, so su- chen sie doch die Descendent en wieder in die Hoͤhe zu bringen, damit sie nicht in Verachtung kommen, und suchen also quovis modo eine æqualita- tem zu erhalten, vid. Hertius pag. 120. Wenn die Tochter keinen do- tem haben, so werden sie ex publico doti rt, welches auch Petrus Bembus, der selbst ein Nobili di Venetia gewesen, observi rt. In Venedig und Nuͤrn- berg haben sie das Reichen-Allmosen, welches denen pauperibus patriciis N n n 2 ge- Cap. V. De prudentia gereichet wird, damit sie koͤnnen erhalten werden, und andern Leuten nicht zum Spott und Schande da herum gehen. Arcana gegen den plebem. §. 3. Gleichwie sich die Aristi præmuni ren contra principatum, so auch contra plebem. In der Aristocratie, wo gewisse Familien sind, hat sonst niemand was mehr zu sprechen, und kan man sich leicht einbil- den, daß es alle ehrbare Buͤrger und den plebem verdriessen muß, weil sie ausgeschlossen sind. Daher fragt sich: Warum die Leute keinen Tumult anfangen? Respond. Da machen die optimates es so: Sie schlies- sen zwar die Buͤrger nicht gar aus, sondern machen sie zu Raths-Herrn, aber occulta ratione, nihilominus arcent. e. g. Von den bekanntesten Handwerckern nehmen sie mittelmaͤßige Leute mit in den Rath, und tra- gen ihnen molestissima auf. Da koͤnnen sie ihr Handwerck nicht ab- warten; Deßwegen sind sie gar von dem Rath-Hause weg geblieben, und braucht der Rath dieselben nur in odiosis, wenn einem soll der Kopff abgeschlagen werden, da muͤssen sie ihn mit absprechen. In der That herrschen also die Patricii allein. In Venedig kan kein Buͤrger hoͤher steigen, als Cantzler oder Scriba werden. In Nuͤrnberg kan auch kein Buͤrger nichts werden, als Consiliarius Reipublicæ, oder Doctor und Scri- ba. Die Doctores haben sonst alle den Rang vor den Patriciis gehabt, weil aber zu viele worden, so haben sie restringi ret, und geben keinen den Rang, welcher nicht in numero Advocatorum ist. Es hat viel Lermen deßwegen gesetzt, und ist zur Klage kommen beym Kayserlichen Hofe. Hier zu Lande, sub Principatu, laufft alles im Degen; Hergegen in Reichs- Staͤdten, in Italien, wo fast lauter Aristocrati en, gehet alles in Maͤn- teln, und habe ich observi rt in Nuͤrnberg, daß die von Universit aͤten kom- men, zu Hause muͤssen wieder einen Mantel tragen. Kein Buͤrger darff einen Degen tragen in Nuͤrnberg; alle Doctores tragen Degen, aber unter den Mantel. In Venedig traͤgt ein Nobili bestaͤndig sein Kleid, wodurch er sich von andern distingui ret. Wie denn auch die Senatores und Patricii in Nuͤrnberg ihre besondere Kleidung haben. Der plebs ist also da nicht martiali sch, so kan er keine Thaten thun. Deßwegen haben auch die Venetianer wenig Soldaten aus ihrer Stadt. Wenn sie ei- nen Krieg haben, so negotii ren sie allenthalben Soldaten, darum ist ih- nen der Krieg so beschwerlich. Die Venetianer tracti ren ihre Leute hoͤff- lich und freundlich, wodurch der peuple gut gehalten wird. Deßwegen sagt Amelot: Vor diesem haͤtten sie es so nicht gethan. Jetzo tractir- ten sie die Leute hochmuͤthig, das waͤre ein Anfang zu ihrem ruin. Die Buͤrger haben nichts zu sprechen, keine Hoffnung in Rath zu kommen; keine Hoffnung sonst eine Bedienung zu erhalten, oder wenn sie ja eine be- statum civitatis Aristocraticæ \& Democraticæ \&c. bekommen, so ists eine penible charge, und die Leute leben doch gerne an einem solchen Orte. Die Ursache ist: In einer Aristocratie siehet man auf die politesse. Venedig ist eine excellente Stadt, auch Nuͤrnberg. Man sorgt da vor die Gesundheit der Leute, alles wird reinlich gehalten, und die Buͤrger werden da nicht tormenti rt; Man weiß da von keinen Einquartirungen. In Venedig siehet man keine Soldaten, als die in dem Arsenal sind. Es sind Juden daselbst, welche aber des Nachts in ihrer Gasse seyn muͤssen, da werden die Thore, so vor sind, zu gemacht, daher ist denen Patriciis nichts noͤthiger, als daß sie populares sind, und die Buͤrger freundlich tracti ren, damit aber die Patricii brilli ren, so ist kein klein Kind, welches nicht von Gold und Silber etwas auf seinen Kleide hat, wo- durch sie sich von Buͤrgern distingui ren. Es sind auch die onera sonst nicht groß gewesen in Venedig, seit der Zeit aber, da sie so viel verlohren, als Can- dien, Cypern und mehrentheils aus Morea delogi rt sind, das commer- cium sich auch changi rt, so sind die onera auch etwas groͤsser worden. Sonst aber suchen sie immer auswaͤrts Einkuͤnffte; Damit der peuple nicht so starck mitgenommen wird. Nihil enim magis plebem exacer- bat, quam impositio tributorum. Sie leiden auch keine Demagogos, deßwegen sind die Jesuiten aus Venedig verjagt worden. Der Pabst hat deßwegen die Jesuiten in den Bann gethan, aber sie haben sich nicht daran gekehret, und hat der Pabst viele Muͤhe gehabt, daß die Jesuiten wieder aufgenommen worden, sie haben aber solche mit der condition aufgenommen, daß, wenn sie ihnen nicht anstuͤnden, dieselben gleich wie- der muͤsten zuruͤck gehen. §. 4. Es kommt bey denen arcanis Imperii und dominationis Arcana do- minationis. vieles mit einander uͤberein; sie muͤssen acht geben, daß sie sich in Anse- hen erhalten ratione plebis, und doch auch sehen, daß keiner so groß wird, und sich hernach zu viel heraus nimmt. Es darff kein Nobili keine Plebejam heyrathen, und wenn er es thut, so wird er nicht promo- vi rt. In Nuͤrnberg haben manchmahl Patricii in reiche Kauffmanns- Familien geheyrathet, man hat sie aber hernach gehindert auf alle Art und Weise. Es sind leges gemachet worden, daß solche erst nach dreys- sig, viertzig Jahren wieder vor Rathsfaͤhig angesehen worden. Da die Roͤmer gesehen, daß sich der plebs so viel heraus nehme, so haben sie auch die matrimonia inter plebejas \& Patricios verbothen. Hertius pag. 131. und 138. hat etwas hiervon observi ret. In Venedig nah- men sie etliche familias an inter patricios, aber es muͤssen Familien seyn, welche sich separi rt; Die muͤssen aber ein grosses Geld haben, und werden doch von den andern distingui rt. Burnet in seiner Reise-Be- N n n 3 schrei- Cap. V. De prudentia schreibung von Italien erzehlet von Genua, daß sie daselbst ebenfalls Geld naͤhmen, aber sie haͤtten dreyerley Familien, alte, mittlere und neue. In Venedig sind sie sonst difficillimi gewesen; Aber es ist ein modus acquirendi; Daher, wenn Krieg entstehet, so nehmen sie neue an, es kostet wenigstens zwantzig tausend Ducaten, wenn eine Familie soll angenommen werden, deßwegen ist leicht zu erachten, daß es eine sehr reiche Familie seyn muß, welche solches erhalten will. Sie koͤn- nen hernach nobiliter vivere. Alle aber koͤnnen nicht in Rath, sondern sie muͤssen warten, und sich erst meriti rt machen. Wenn ein Patricius von einem plebejo geschlagen worden, so hat er die Hand verlohren, und stehet wohl der Kopff darauf; Wenn ein Patricius einen von Se- natu schlaͤgt, so stehet auch der Tod darauf. Jura domina- tionis. §. 5. Die jura dominationis sind von denen arcanis dominatio- nis unterschieden, daher sie auch unser Autor distingui ret. In Aristocra- ticis civitatibus ist der Ostracismus uͤblich gewesen, da sie eine Zeitlang muͤssen wegreisen. In denen Democratiis hat man den Ostracismum auch gehabt, wie Sartorius de Ostracismo gewiesen; Aber in der Aristo- cratie hat man ihn deßwegen, ne nimium potens quis efficiatur; Daher wird in Venedig offt einen Raths-Herren imponi rt, eine Reise zu thun, und hernach der Republic relation abzustatten. Indeß kommt er denen Buͤrgern aus denen Augen, und sterben vielleicht einige von denen, so ihm zu sehr angehangen; Sie thun es aber nicht leicht, wenn nicht einer einen grossen Anhang hat. Es ist in Venedig fast gefaͤhrli- cher zu leben, als in Rom, wegen der inquisition. Die inquisition ge- het nicht auf die Religion, denn sie toleri ren allerhand Religions-Ver- wandte, so gar auch Tuͤrcken, sondern es ist daselbst ein collegium in- quisitionis status, das hat viele Espions; Wer da wider den Staat etwas redet, der ist verlohren, und koͤmmt nicht wieder empor, sie lassen ihn gleich heimlich stranguli ren, sie sagen: Wenn wir in contemtum kommen, thuts uns grossen Schaden, also muͤssen wir zuvor kommen. Wer einmahl eine Sau gemacht hat bey der Republic, ist etwa ein Veraͤchter gewesen, der wird nicht promovi rt, und seine Familie wird ins dritte und vierdte Glied ausgeschlossen. Sylla hat verlanget, es sollten die Kinder a jure ordinis excludi ret werden. Cicero wollte es auch haben, aber Cæsar war darwider. Hieruͤber hat Clapmarius re- flexiones politicas gemacht. Bœckler handelt auch in seiner Dissert. politicis davon, welche Dissertation bey seiner politic stehet. Gleichwie in Monarchia, wenn Gefahr vorhanden ist, einer ohne proceß kan aus dem Wege geraͤumet werden, also meynen sie, es gehe auch an in Ari- sto- statum civitatis Aristocraticæ \& Democraticæ \&c. stocratia. Sonst kan man sich in Venedig wacker lustig machen, aber in puniendis criminibus status, sind sie acerbissimi. In mancher Reichs- Stadt darff auch niemand etwas reden, es wird alles erfahren, und wenn etwas erfahren wird, so hat einer Verdrießlichkeiten. Ich weiß, daß ein Buͤrger nur gesagt: Es waͤren die Anlagen zu groß, der wurde gleich ins Gefaͤngnis gesetzet. Einige rechnen auch hieher die admissio- nem lupanariam, und die usuras iniquas. Damit, sagt unser Autor, hat er nichts zu thun. Diejenigen aber, so die Lupanaria defendi ren, sagen: Optimatum interest ne senatorum filiæ prostituantur. In Vene- dig und anderwaͤrts ists auch ein groß crimen, wenn einer ein Patricium stupri rt. Nun, sagen sie, wollen wir haben, daß die Donna solle frey bleiben von allen attentatis libidinosis, so muͤssen wir ihnen andere ge- ben, damit sie ihre libidinem stillen koͤnnen, und also lupanaria anlegen. Nun wird wohl keiner seyn, der eine kleine teinture in der Christlichen Religion hat, welcher die Lupanaria approbi ren wird; Aber ein jeder begreifft, daß es in tanta morum corruptione es nicht so weit wird ge- bracht werden, daß keine Hure in der Republic seyn sollte, wie die res- publica judaica. Es ist zu wuͤnschen; Man findet es aber nicht. In grossen Staͤdten findet man auch grosse Suͤnder, und kan es nicht ad summos opices gebracht werden. St. Didier referi rt in seinen Descriptio- ne Reipubl. Ven. daß kurtz vor seiner Zeit alle Huren aus Venedig ge- jagt worden. Aber es waͤre ein ander Ubel entstanden, daß keine Don- na fast befreyet gewesen, attaqui rt zu werden von amoureus en Leuten, und daß sie so gar Gewalt wollen brauchen; Daher auch diejenigen Herren, welche erst so sever gewesen, die Huren zuruͤck geruffen, und sie lassen passi ren. Hertius hat gemeynet, St. Didier habe gescheut von die- ser materie raisonni ret. Er sagt: In abstracto koͤnne man trefflich rai- sonni ren, daß keine Huren sollten gedultet werden; Weil aber so viele Persohnen da, so viel ungezogene Leute, die hazardi ren etwas, sie sind nicht wiedergebohren, sondern geile Boͤcke, deßwegen, meynte er, gienge es hier nicht anders an, als ex duobus malis minimum esse tolerandum, und waͤren diejenigen in der Republic viel kluͤger gewesen, welche ge- meynet, man solle die Huren toleri ren, als die andern, welche sie alle weggejagt. In Venedig fragen auch so gar die Eltern nicht darnach, wenn ihre Kinder maitress en halten, wenn sie nur ihre Familie conservi- ren. Die Donna aber werden sehr eingezogen gehalten, damit der peuple nichts scandaleus es von ihnen reden koͤnne; Daher ist auch nicht moͤglich, daß eine Donna eine verdaͤchtige conversation haben kan, es muͤsse denn etwa in einem Closter geschehen, da sie ihre Anverwandten besu- Cap. V. De prudentia besuchen. Amelot, welcher den Etat von Venedig beschrieben, und Am- bassadeur in Venedig gewesen, hat auch gern wollen amour machen, aber nicht koͤnnen ankommen; Daher haben ihn die Venetianer oͤffentlich Schuld gegeben, er habe deßwegen so schimpflich von ihrer Republic geschrieben. Indessen obgleich die Nobili di Venetia die scandala zu removi ren suchen, bey ihren Familien, so geschichts doch nicht bey dem Pack, und ist da eine grosse confusion; deßwegen halten sich die Fremden gerne da auf. Es ist freylich kein vitium frequentius, als libido, und wenn man dieses aͤndern wollte, muͤste educatio severissima, seyn. Wo will man diese al- lenthalben zuwege bringen? Per leges kan diese confusion nicht aufgeho- ben werden, bey denen Roͤmern waren severissimæ Leges de Stupris, die aber doch nichts geholffen; daher haben sie ebenfalls Lupanaria gedul- tet, und war schlimm, daß die vornehmsten Leute Lupanaria gehalten, und einen quæstum gezogen. Aber wenn man sie nur toleri ret, das ge- het wohl an, es ist eben wie mit den Trunckenbolden, die kan man nicht alle aus der Stadt jagen. In Engeland ist ein miserabl er Zustand hier- innen, da koͤnnte es noch eher geaͤndert werden, wenn da ein Koͤnig ist, und hat man auch deßwegen Vorschlaͤge gethan. Etliche recommendi- ren auch die usuras iniquas. Die Herren Patres in Rom habens so ge- macht, den plebem dadurch enervi ret, und wenn sie nicht bezahlen koͤn- nen, zu Knechten gemachet, aber von einander haben sie dieselben nicht geschnitten, wie man einen Regen-Wurm von einander schneidet. Was gescheute Leute sind, die toleri ren usuras iniquas nicht in Aristocratia. In Venedig gehet man denen immodicis usuris gnug entgegen, und dencken immer darauf, wie die Buͤrger commode leben koͤnnen. Die inven- tion mit den Leih-Haͤusern, welche sie in Nuͤrnberg haben, ist von de- nen Venetianern genommen, und werden solche in Venedig Montes pie- tatis genennet. Wenn in unsern Landen ein Handwercks-Mann will Geld haben, muß er erst caution machen, hernach muß er grosse usuras geben, da ist er ruini ret. Hergegen beym Leih-Hause ists so: Wer Gold, Silber oder andere Sachen hat, zu versetzen, und will Geld ha- ben, der giebt sie ins Leih-Hauß, da geben sie ihm so und so viel dar- auf, ein klein wenig unter dem Werth; Denn sie sagen, wenn es etwa sollte verkauffet werden, so gehet etwas auf die auction. Wenn sie sa- gen, auf diese oder jene Zeit wollen sie es bezahlen, und sie kommen nicht, so werden sie erinnert, koͤnnen sie es nicht einloͤsen, so wird es ver auctio- ni ret. Sie koͤnnen aber selbst nicht darauf biethen, der Uberschuß aber wird ihnen hernach gegeben. Die Aristi muͤssen zwar dahin dencken, daß sie auf den plebem acht geben, aber auch demselben Privilegia geben, damit statum civitatis Aristocraticæ \& Democraticæ \&c. damit er nicht rebelli ret. Darzu koͤnnen leicht die Clerici Anlaß geben, deßwegen muͤssen solche im Zaum gehalten werden. §. 6. In Aristocratia sind auch einige Simulacra, als wie in Ve- Simulacra im- perii, \& flagi- tia domina- tionis. nedig der Doge. Contareni, welcher selbst ein Nobili di Venetia gewe- sen, meynet zwar in seinem Tract. de Republica Venatorum, es haͤtten die Venetianer mit Fleiß einen Doge gesetzet; aber ich glaube es nicht, sondern wenn man die Historie von Venedig lieset, so findet man, daß anfaͤnglich eine Monarchie gewesen, sie sind aber dem Principi uͤber den Hals gewachsen, so daß nur ein Simulacrum geblieben. Er heist Dux, sonst hat er nichts, daß er ein Simulacrum potius ist, kan man daraus sehen, wenn er sich præsenti ret, sein ornatus corporis ist regius, er traͤgt Purpur und Gold, sein Stuhl ist Koͤniglich, er traͤgt ein Cornu, wel- ches sie von den Orientalibus haben: Denn Venedig hat erst unter den Imperatoribus Orientalibus gestanden. Alle muͤssen vor dem Doge den Huth abziehen, und vor ihm stehen, er stehet aber nicht; Alle Gesand- ten muͤssen ihn Serenissimum tituli ren, und alle Muͤntzen werden auf ihn geschlagen; aber er hat nullam potestatem; er darf nicht aus der Stadt gehen, nicht einmahl auf sein Land-Guth, sine consensu totius senatus. Seine Kinder koͤnnen nicht das geringste beneficium haben, so lange er Doge ist. Wenn aus einer Familie ein Doge gewesen, so wird hernach aus einer andern Familie wieder einer genommen. Thuanus hat in sei- ner Historia, als etwas rares, aufgezeichnet, daß zu Zeiten Caroli V. aus der Familie Prioli zwey Doge nacheinander gewaͤhlet worden. Wenn der Doge abgehet, so haben die Triumviri die inquisition, daß sie nach- forschen, wie er sich aufgefuͤhret, seine Erben muͤssen in gewisser massen repondi ren vor dem Doge. Ein jeder Magistratus, der abgehet, muß auch leiden, daß inquiri ret wird, wie er sich gehalten. Hat er nicht al- les observi ret, so hat er hernach kein avancement zu hoffen. In publicis negotiis behalten sie die Langage, welche sie gehabt cum oriretur Respu- blica; deßwegen nehmen sie gerne der Secretari en Kinder wieder zu Se- cretariis, weil dieselben von Jugend auf den Stylum Curiæ lernen, u. sie nicht gerne wollen den stylum curiæ in vulgus emittere: Ragusa ist auch eine Aristo- cratie, da sind sie noch vorsichtiger, und nehmen alle Jahr einen neuen Doge; ist das Jahr um, so ziehet er seinen Rock aus, wie der Pro-Rector. Die Ge- nueser haben ihren Doge auch nur auf etliche Jahr, und wenn er abgehet, so muß er hernach einige Jahr als ein Privat- Mann leben, und darf sich nicht viel sehen lassen, denn sie sagen: Er waͤre hochmuͤthig worden, und muͤste nun in etwas wieder gedemuͤthiget werden. O o o §. 7. Cap. V. De prudentia Von der De- mocratie. §. 7. Man nennet eine Democratie, wo der populus das Regi- ment hat; die Collegia sind da groß, und bestehen offt aus 200-300 Personen; Dahingegen in einer Aristocratie uͤber 24-30. regierende Raths-Herren nicht sind; Es koͤnnen daselbst auf dem Rathhause an- dere Patricii auf und abgehen und zuhoͤren: Wenn sie nur in Venedig achtzehen Jahr alt sind. Deßwegen aber sind sie noch nicht in einem Collegio, und muͤssen noch lange warten, bis sie darzu kommen. Nie- mand aber darff dencken, als wenn in der Democratie der gantze peuple herrsche, sondern es ist derselbe in curias, in certas tribus eingetheilet, daraus werden eine gewisse Zahl Magistrats -Persohnen erwaͤhlet. Von Rechtswegen sollten huͤbsche Leute gewaͤhlet werden, nicht die aͤrmsten, auch nicht die liederlichsten, sondern die sonst einen guten Nahmen und Leumund haben. Und wenn dieses in acht genommen wird, so ist in einer Democratie wohl zu leben. Es ist da alles wohlfeil/ man giebt nichts, und kan das Seinige behalten, was man erworben; Ein jeder wird protegi rt ab injuriis potentiorum, und leidet man keine potentio- res. Inter omnes muß eine æqualitas observi ret werden, daß keiner zu reich, keiner zu maͤchtig werde. Die Griechen und Niederlaͤnder haben sehr inclini rt ad Democratiam. Von denen Niederlaͤndern hat es Grotius observi ret. Die Schweitzer inclini ren auch ad Democratiam, und wenn man Teutschland ansiehet, so inclini ren die meisten in Fran- cken und Schwaben dahin. Wer sich einen rechten concept von einer Democratie machen will, der muß den Bernegger lesen in Delineatione Formæ Reip. Argentorat. in duodecimo. Denn Straßburg ist eine rechte Democratie gewesen; Erst war es eine Aristocratie, aber unter Ludovico Bavaro ists eine rechte Democratie worden. Ein simulacrum von der Aristocratie ist geblieben, daß sie die Stadt-Meister gehabt, denen sie reverences erwiesen, welche aber keine potestatem gehabt; Sie haben so gar Gaͤrtner und Leute vom Lande in ihre collegia ge- nommen, damit der status nicht so leicht koͤnne geaͤndert werden. In gewisser massen ists noch eine Democratie, indem der Koͤnig in Franck- reich alles gelassen; Nur, daß sie einen Prætorem Regium haben. Ra- tione modificationis aͤussert sich vieles in der Democratie, bisweilen weh- let man mehr kluge, gescheute, ansehnliche, bisweilen entstehet eine Och- locratia, da fax populi regierte, bisweilen wird eine Monarchia in De- mocratiam verwandelt, wie in Engeland fast geschehen; Deßwegen hat eben Hobbesius den Thucydidem aus dem Griechischen ins Englische uͤbersetzet, damit ihn die Engelaͤnder lesen moͤchten, und sehen koͤnnten, was die Democratie vor eine elende Gestalt habe. Denn die respubli- ca statum civitatis Aristocraticæ \& Democraticæ, \&c. ca Atheniensium war eine Democratie, von welcher der Guilielmus Po- stellus geschrieben, ingleichen auch Ubbo Emmius, welchen Grono- vius in seinem Thesauro Antiquit. Græc. mit eindrucken lassen. §. 8. Dasjenige, was einer Monarchie schaͤdlich, ist der De- Arcana impe- rii contra po- testatem re- giam. mocratie nuͤtzlich. Ein Republiquain macht seine fortune nicht a la Cour, dem ist man feind. Labeo der veterem libertatem liebte war wenig be- liebt bey Hofe; hergegen in Democratia leiden sie auch keinen hominem, welcher der Monarchie favorisir et; sie haben eben solche Tyrannos ge- nannt, und ist ein Lex in Democratia, Tyrannum occidas. Leute die grosse Thaten gethan, haben sie gefuͤrchtet, daß sie nicht moͤchten Tyran- nen werden. Hier kan man den Cornelium Nepotem lesen, und darf man nicht dencken, daß es nur ein Schul-Buch, ob er gleich in Schulen tractir et wird; Wir haben viel schoͤne Noten daruͤber, als des Bœck- leri, Bosii. Der Cornelius Nepos muß uns bisweilen exempla geben, die wir koͤnnen ad novas Respubl Belgii \& Helvetiorum applici ren. Die Civitates speciatim sind daselbst meistentheils Democrati en. In Sparta war zwar ein Koͤnig, aber nur dem Nahmen nach, indem er seine Epho- ros an der Seite hatte; Wie bey denen Atheniensern nur einer das Por- trait eines Koͤniges im Zimmer gehabt, so ist er in Verdacht kommen, daß er gerne sehen wuͤrde, talem ut haberet regem. So bald einer ei- nen æstim hat vor die Monarchie, schicket er sich nicht mehr in die Demo- cratie. Warum aber die Hollaͤnder sehr inclinir en ad Democratiam ist diese Ursach: 1) haben sie von denen Spaniern groß Ungemach ausge- standen 2) haben die Gelehrten die Griechischen libros fleißig gelesen. Nun ist aber keine nation gewesen, welche mehr inclinir et hat ad Demo- cratiam, als die Græca natio. Man findet auch da keine Monarchie, als das Regnum Macedonicum. Alle die republiquen in Græcia haben das fœdus Achaicum unter einander gehabt, welches fœdus uns Kulpi- sius explicir et in Epistola ad Consiliarium VVürtenbergi Schœfferum. Tyrannus heist in der Democratie, der eine Monarchie will einfuͤhren. Hobbesius meynet, die Democratie kaͤme naͤher einer anarchie; Allein es ist nicht wahr; sondern wenn sie recht eingerichtet ist, so ist sie gut; Aber Hobbesius hat solches angesehen prout plurimum fit, da giebt es factiones, und man weiß zuletzt nicht wer Koch oder Keller. Es ist also nicht zu leugnen, daß einer in Democratia auch kan gluͤcklich leben, und darf man nicht dencken, es sey in der Monarchie allein gut. Wie offt geschichts nicht, daß es die Leute in der Monarchie miserable haben, wenn sie einen schlechten Herrn bekommen; Wers nicht glauben will kan nur den Suetonium lesen, gleichwie uͤberall excessus sind, so, daß eine ochlo- O o o 2 cratie Cap. V. De prudentia cratie entstehet, oder daß ein Æolus koͤmmt, der alles in confusion bringt. Sæpe Respubl. Rom. ad Dictatorem rediit. Bisweilen laͤsset einer die Collegia, hat aber seine Creaturen, und thut in der That alles allein. Weil nun Nomen Regis in Democratia verhast, so werden auch allerhand Buͤcher wider die Monarchie geschrieben: Es sind keine gefaͤhrlichere Buͤ- cher wider die Monarchie heraus kommen als in Holland. In Engelland sind auch unterschiedene heraus kommen, dahin gehoͤret der Sidney du Gou- vernement Civil, welcher in seinem Buche sehr ad Democratiam inclini rt, und nur auf die letzt ein kleines Temperament machet. Arcana con- tra Optima- tes. §. 10. Wider die Aristocratie nehmen sie sich auch in der Democra- tie in acht, wie in Rom geschehen; Aber zuletzt haben doch die Aristi obti- nir et, davon man den Abbe Vertot in seinen Revolutions von der Stadt Rom lesen kan. Florenz war erst auch eine Democratie, hernach wurde es eine Aristocratie und endlich eine Monarchie. Jura domina- tionis. §. 11. Es ist nicht gut, wenn man will von der geringsten Canaille Leute nehmen, unter denen Kauff-Leuten und andern muß man honestiores nehmen, welche sich zum Regieren schicken: denn zum Regieren gehoͤret kei- ne grosse Gelehrsamkeit, sondern nur ein guter Verstand. Bisweilen hat ein Handels-Mann ein consens, und wenn die Leute von Jugend auf dar- zu erzogen werden, so kriegen sie eine experience; deswegen haben sie in der Schweitz kein Jus Romanum angenommen, und sagt Josias Simmler die Schweitzer waͤren zu tumm darzu, das Roͤmische Recht waͤre ihnen zu subtil, sie gehen nach ihrer simplicit aͤt, und so lange diese bey ihnen bleibet, wirds um die Schweitz gut stehen. Also nimmt man nicht fecem Reipu- blicæ zum Regiment, sondern Leute welche honeste und probe leben. Wo alte Familien sind, lassen dieselben, als wie in Straßburg die Stadt-Mei- ster, aber sie haben nichts zu sprechen. In der Schweitz haben sie viel Edel- Leute heraus gejagt, deswegen sie auch Maximilianus Todschlaͤger des Adels genennet; Aber wo noch Edel-Leute sind, die ehren sie, uͤbrigens aber haben sie keine force, und muͤssen die Landes-Gesetze, observi ren. Die Edelleute gelten also in Democratia nicht, daher hat Callieres in seinem Tractat la For- tune des Gens de Cour die Frage aufgeworffen: Ob ein Edelmann seine fortune in eine Democratie sollte suchen zu machen? Er antwortet: Es sey absurd, und waͤre eben, als wenn er in einer Bad-Stube seyn soll- te, da muͤste er immer schwitzen. Indessen kan doch auch ein Edelmann, wenn er popularis sey, in einer Democratie fort kommen, als wie in der Schweitz viele Edelleute in grossem Ansehen sind, sonderlich im Can- ton Bern, woselbst keine rechte Democratie ist. Wenn der plebs sum- mam rerum behalten will, so muß er Personen haben, welche seine Ehre main- statum civitatis Aristocraticæ \& Democraticæ, \&c. mainteni ren. Bey denen Roͤmern hatten sie Tribunos plebis, quorum caput erat sacro-sanctum, die musten acht geben, daß sich die Patres nicht so viel heraus nahmen, sie haben immer auf qualitatem gedrungen, und da vor diesem andere nobiles waren, so hat sich solches nachgehends changi rt, wie eine Democratie aufkommen, da sind nun die nobiles ge- blieben, deren Vorfahren Magistratus majores gewesen. Es waͤre noͤ- thig, de Tribunis plebis eine Dissertation zu schreiben. Man hat kein groͤs- ser arcanum wider die optimates gefunden, als wenn par tout eine æqua- litas eingefuͤhret wird; Daher leiden sie auch in der Schweitz nicht, daß einer pro arbitrio in einer Familie heyrathet; sie wissen wohl, daß es an- gehet, Geschwister, und Geschwister Enckel zu heyrathen; Aber sie ha- ben es verbothen, weil dadurch das Geld bey der Familie behalten wird, und ist besser, si per plures familias pecunia spargitur, damit æqualitas erhalten werde. Wenn alles in Republica Democratia soll wohl zu ge- hen, so muß man auch acht geben, daß nicht factiones entstehen, sonst halten diese erst einander die balance, endlich behaͤlt die eine die Ober- Hand, da kan gar leicht geschehen, daß ad unum, oder ad pauciores das Regiment koͤmmt; Daher ist keine gefaͤhrlichere Religion in der Democratia, als der Enthusiasmus; Die Schweitzer jagen auch alle En- thusiast en fort. Es ist bekannt, was die Enthusiast en zu Muͤnster vor Lerm gemachet, die Regul ist in der Democratie, daß sie suchen sollen, alle discordias zu eviti ren; Aber so wenig in Monarchia, auch in Aristo- cratia alles perfect in acht genommen wird, so wenig ists auch in De- mocratia. Unicuique ex populo ist erlaubt, accusare magistratum. Wer die Roͤmischen Gesetze will verstehen, muß einen rechten concept von der Democratia haben. Die Juristen sind wie Rind, wie Ochß, welche al- les bey uns wollen applici ren, da wir doch eine monarchie haben. Wo kommen die actiones populares anders her, als aus der Democratia? Bey uns sind die accusationes rar, und wird nicht leicht ein Magistratus oder privatus von einem accusi rt werden; Alle Leges Rom. sind einge- richtet nach dem Zustande der civium. Der Lex Lic. hat bestimmt, daß einer uͤber funffzig Hufen Landes nicht haben solle: Denn wo nimia po- tentia, da waͤre æqualitas rumpi rt worden. Der Lex Falcidia ist auch eingerichtet worden, nach der Republica Democratia, das ist eben, was uns noch fehlet in der jurisprudentia, welchen Fehler auch Mons. Le Clerc, da er des Avenarii Interpretationes Iuris extrahi ret, bemercket, und sagt, der Avenarius waͤre zu loben, weil er alle leges auch politice consideri ret. Wenn dergleichen allezeit geschaͤhe, wuͤrden wir interpretationes legum Rom. magis solidiores bekommen. In Rom war Lex Porcia Valeria: O o o 3 Ne Cap. V. Ne quis civem pulsaret, welches alles ex Democratia koͤmmt, denn wenn der peuple mißhandelt wird, so ist alle æqualitas rumpi rt. Drum ha- ben die Roͤmer reales injurias erschroͤcklich gestrafft, die verbales nur æsti- matione, und jetzt lacht man meist uͤber die æstimatorias, wenn sie ange- stellet werden. Mediæ personæ muͤssen allezeit genommen werden, und ist infima plebs nicht tuͤchtig. Hertius hat observi ret, daß auch in der Democratia muͤsse auf die Demagogos acht gegeben werden, und die Dema- gogi waͤren eben die Clerici. In Holland haben dieselben auch viel Lerm gemacht. Wo man zulaͤßt, daß die Leute koͤnnen excitare populum, so ists aus, und ist alsdenn infima plebs, wie die Marionetten. Slmulacra im- perii. §. 12. De simulacris ist hier nichts zu sagen: Denn man siehet leicht, daß wo eine Aristocratie gewesen, einige optimates gelassen wer- den, die aber nichts zu sagen haben, oder wo eine Monarchia gewesen, laͤßt man einen Regem, der aber nichts als nomen hat. Von rebuspu- blicis irregu- laribus. §. 13. Was eine irregularis Respublica sey, wird in Iure Nat. gewiesen, da man nicht sagen kan, quænam sit species. Es ist keine mo- narchie, keine Aristocratia, und keine Democratie; so ist unser Teutsches Reich beschaffen. Unser Autor aber meynet, es sey nicht moͤglich, ma- ximes zu geben, weil da eine confusion. Sectio XV. de Prudentia aulica. §. 1-3. Ratio conne- xionis. D Er Autor hat hier theils des Gracians l’Homme de Cour, theils auch andere gute Buͤcher, so de fortuna aulica handeln, excer- pi ret. Es koͤnnte einer fragen, warum hier de vita aulica ge- handelt wuͤrde? Darauf antwortet unser Autor, und sagt: Er habe bis- her die Respublicas beschrieben, weil aber dergleichen collegium mehren- theils nobiles, oder Leute, so a la Cour gehen wollen, hoͤreten, so habe er solches mit angehaͤngt, und weil dazumahl der Gracian sehr æstimi- ret wurde, auch viele hier collegia daruͤber gehalten, so hat er denselben excerpi ret. Man hat jetzo auch noch andere Buͤcher, als des Callieres la Fortuna des Gens de Cour. it. was der junge Calliere geschrieben, ab- sonderlich ist des Danielis Eremitæ Tract. de Vita aulica, welchen Grævius in Holland drucken lassen, wohl zu gebrauchen. Er schreibt unvergleich- lich De prudentia aulica. lich Latein, und hat den Tacitum trefflich applici rt, er ist in Florentz Se- cretaire d’Etat gewesen, und hat auch viele Reisen gethan. Aus diesem Buch kan nicht allein ein Student Latein lernen, sondern auch vieles de Vita Aulica, vid. Bayle in Dict. Hist. Critiqu. §. 4-10. Es entstehet die Frage: Ob man sich wohl nach Ho- Was das Hof- Leben sey? fe wenden solle? indem es sonst heißt: Exeat aula, qui vult esse pius; Also ist dieses eine præjudicialis quæstio. Hernach muß man auch se- hen, wie derjenige beschaffen seyn soll, so an Hof gehen will. Es wer- den hier alle perfectiones aulicæ vorgestellet; die aber kein aulicus in con- creto hat. Was die erste Frage betrifft, so concerni ret dieselbe nicht alle Leute. Mancher wird schon propter conditionem suam removi ret, daß er nicht nach Hofe gehen kan. Wenn man unser Teutschland con- sideri ret, so ist die Haupt-Frage von der Noblesse. Hier recomman- di re ich des alten Callieres sein Buch, welcher General-Lieutenant in Franckreich gewesen, ein grosser Kerl, der ein bon sens hat. Ich halte viel darauf; und ob er gleich nicht alles nach der exact en Sitten-Lehre eingerichtet, sondern offt Soldaten- Principia mit unter lauffen, so sind doch auch unvergleichliche discourse in demselben zu finden. Er zeigt, daß entweder ein gentil-homme muͤsse in Krieg gehen, oder ein Com- pagnard werden, oder a la Cour sein Gluͤck machen. Es giebt ja auch galante Officiers, das grobe muß weg, da muß einer eine politesse haben, die anders beschaffen, als bey einem Soldaten. Mancher will nun gar nicht in Krieg gehen, und denckt, was soll ich mich da lassen todt oder lahm schiessen, wo soll nun dieser sein fortune machen? Auf dem Lande kan er freylich leben, und da lebt er nach der primaria intentione supre- mi Numinis, wenn er sein Land sucht zu cultivici ren; und ist fast besser, als wenn er in Krieg gehet; au contrair, weil der Teutschen ihr Wesen nicht ohne Krieg seyn kan, so muß er auch zeigen, daß er kein poltron sey, und kein Bauren-Gemuͤthe habe. Will er nun aber nicht in Krieg gehen, und auch nicht auf dem Lande leben, so muß er a la Cour gehen. Dicis: a la Cour ists gefaͤhrlich? Respond. Du magst anfangen was du wilst, so ists gefaͤhrlich dabey. Wilstu ein Kauffmann werden, so sa- gen sie: die Kauffleute sind Betruͤger; Wilst du ein Gelehrter werden, so sagen sie, die Gelehrten sind Pedant en, Zaͤncker ꝛc. Wenn man den Bauer-Stand ansiehet, so sind auch die vielen Mißbraͤuche. Wegen der Mißbraͤuche kan ohnmoͤglich dieses oder jenes verworffen werden. Wer a la Cour gehet, will seinen Herrn dienen. Alle Herren sind nicht boͤse Leute, dieses ist wahr; wenn gleich der Princeps gut ist, so koͤmmt einer doch unter boͤse Bedienten, welche den finem nicht haben, durch gute Cap. V. gute merit en und Redlichkeit ihre fortune zu machen, sondern diesen treibt die ambitio, jenen die avaritia, einen andern voluptas Mancher gehet a la Cour seine fortune zu machen, daß er bestaͤndig unter denen Dames ist, er ist etwan ein guter Taͤntzer. Wenn ich nun als ein vir honestus drunter komme, so bin ich mit lauter lasterhafften Leuten umge- ben, sie essen und trincken mit dir, embrassi ren dich, und wenn du weg bist, so verfolgen sie dich auf alle Art und Weise, ja wenn sie es koͤnn- ten, wuͤrden sie dich gar massacri ren. Wer alle diese Dinge nun nicht will mit machen, da heists freylich exeat aula, qui vult esse pius. Deß- wegen darf man sich dadurch nicht abschrecken lassen, a la Cour zu gehen, man muß wissen wie die Hof-Leute beschaffen, und was sie vor vita ha- ben. Monsr. de la M otte sagt in seinen Problemes Sceptiques. Der beste Hofmann sey, welcher alles saͤhe, hoͤre, ihu aber, als wenn er es nicht hoͤre; Aber er duͤrffe nicht mit machen. Ein Enthusiast muß er freylich nicht darbey seyn, sonst jagen sie thn fort. Es schicken sich nicht alle Leute bey Hofe, und sagt Gracian. Messures ses pas. Der Gracian ist wohl zu gebrauchen, sonderlich wenn man erst systematice die Sache verstehet, er hat viel geschrieben, davon uns Nachricht giebt Nicolaus Anto- nius in Bibl. Hisp. Die Spanier sind gute Leute à la Cour, sie gehen ad rectum. Ratione cor- poris kan ein Buccolomini nicht bey Hofe ankommen, das corpus muß vor allen Dingen agile seyn, oder es muß einer ratione animi treffliche qualit aͤten haben, daß man die defauts nicht merckt. Wenn gleich das corpus gut ist, er hat auch ein judicium, so schickt er sich deßwegen nicht bey Hofe. Mancher hat ein judicium, kan grosse problemata aufloͤsen, und kan doch bey Hofe nichts ausrichten. Ein Judicium practicum ge- hoͤret dazu, und machets das gar nicht aus, wenn einer hochgelahrt, ist. Richelieu sagt in seinem Test. Polit. Er wolle keine Hochgelahrte haben, sondern nur solche, welche dasjenige wuͤsten, wozu er sie brauchen wollte. Ein Judicium practicum aber bestehet darinn, daß einer die Science, die er hat, kan applici ren. Alle abstractiones nutzen nichts; au contraire, es hat fast Richelieu gefehlet, daß er sich bisweilen eine chimære lassen weiß machen. Vassor hat ihn in seiner Histoire von Louis XIII. durch- gezogen, daß er den Pater Joseph zu viel getrauet, welcher ihm weiß ge- macht, es solle eine chevallerie aufgerichtet werden, damit sollte Constan- tinopel weggenommen werden, und diese chevallerie wollte der Pater Jo- seph commandi ren. Man weiß, daß ehe Richelieu groß worden, hat er sich in die Methaphysic verliebt, auch darinnen Buͤcher geschrieben; wie er De prudentia aulica. er nun zu affair en kommen, hat ihm noch immer was angehangen von chimær en. Wer eine grosse Wissenschafft hat und kein judicium pra- cticum, dem gehets, wie dem Philippo Melanchthoni, der konnte vortreff- lich predigen, wenn keine Leute in der Kirche waren, waren aber Leute da, so fehlete er. Mancher kan perfect in abstracto raisonni ren, von dem Ædilitio interdicto, wenn aber disputi ret wird: Ob das interdictum in diesem oder jenem Fall statt habe, so ist er nicht capable ein decisum zu machen in Jure, und noch viel weniger in Politicis, da es geschwinder zu- gehet. Lernen kan man einem diese Dinge nicht, sondern es muß einer von Natur was haben. Mazarini hat ein besser Judicium practicum ge- habt, als Richelieu. Vassor ist dem Richelieu auch Spinnne-feind, und wo er was enthusiasti sches gefunden, hat ers allezeit durchgezogen. Dieses kan ich nicht sagen, daß er gar keine imagination haben sollte, sondern es sagt Gracian gar wohl, moderer son imagination. Eine mode- rate imaginatio hilfft viel: Denn wer keine imagination hat, ist nicht geschickt zu Erfindungen; Bisweilen aber koͤmmt auf die Geschwindig- keit was an, da kan er alsdenn nichts thun. Es muß einer offt reden, hat er keine imagination, so kan er nicht reden, laß mir einen melancho- licum reden, der wird immer anstossen, und ist keine Anmuth, keine Klar- heit in seinen Reden. Es kan keiner nicht reden, der nicht aliquid inge- nii hat. Das ingenium aber bestehet in Erfindungen, daß einer gleich etwas erfinden kan, die Sache deutlich zu machen, er muß das medium zu treffen wissen in periodis, gleich exempla, similia finden koͤnnen. Bæck- ler in seiner Dissertation de Eloquentia viri politici hat dieses artig gewie- sen. Philippus Mornæus, der war homo eloquentissimus, der Advocat aller Reformirten schrieb admirable, hatte die Historie studi rt, und konn- te alles das, was er schrieb, mit exemplis erlaͤutern. Fuchsius ist von Friderico VVilhelmo sehr æstimi ret worden, weil er ein admirable inge- nium gehabt, und schoͤne schreiben konnte. Er war erst Professor, da er aber nach Hof kam, hat er seinen stilum attemperi rt nach dem Hof; Bey allen war er beliebt. Puffendorff lobt ihn auch sehr, er war etwas commod er, und kam bisweilen spaͤt, so hat der Churfuͤrst allezeit gesagt: Er wolle nicht eher fort fahren, bis Fuchs da waͤre. Das ingenium bringt einem promtitudinem zu wege. Wenn man acht giebt, wie Mel- ville der Koͤnigin Elisabeth auf alles koͤnnen antworten, so wird man rech- te plaissante Dinge finden. Diese Leute schicken sich gut zu Ambassa- deurs. Die Leute sind meist in der Jugend so beschaffen, daß sie sich persuadi ren lassen, es waͤre die memorie nichts nuͤtze. Vor diesem ist gar eine Secte hier gewesen, welche Antimemorist en genennet worden, P p p die Cap. V. die haben immer vom judicio geschwatzet, und gesagt, die memorie waͤre ein defect; haben also das Kind mit dem Bade ausgeschuͤttet. Judi- cium ist das Vornehmste. Ingenium muß einer auch haben, aber die memorie am allermeisten: Denn es muß einer experientiam haben, ex- perientia aber ist nichts anders, als eine continuatio memoriæ. In mei- nem Antworts-Schreiben an einen Preußischen Edelmann habe ich die Antimemorist en wacker railli ret. Wo kan einer judicium, ingenium ha- ben, wenn er keine memorie hat. Wir sehen auch, daß wenn einem die memorie entgehet, so ist alles aus; aber freylich das judicium muß einer excoli ren; uͤber die Sachen reflecti ren, und darff keiner dencken, daß ihm die memorie schaͤdlich am judicio, sondern das ist Ursach, daß er be- staͤndig hineingepfropfft, und nicht stille stehet, uͤber die Sachen zu refle- cti ren. Wir sehen ja, daß wir uns helffen, wenn wir eine Sache nicht behalten koͤnnen. Richelieu, da so viele wider ihn waren, die Printzen von Gebluͤth, des Koͤnigs Mutter, ja der Koͤnig selbst, und er sich vor allen in acht nehmen muste, so hat er seiner memorie nicht getrauet, son- dern ein journal gehalten, und aufgezeichnet, das habe er von diesem, das andere von jenem gehoͤret, dieses journal hat er etliche Monath gehal- ten, und ist es schon sehr groß; Vor diesem habe ich auch gemeynet, die memorie waͤre nichts, dachte auch, ich haͤtte keine memorie, wollte also den Kopff nicht anstrecken; Hernach aber bekam ich einen impetum, und wie ich gesehen, daß ich konnte etwas auswendig lernen, habe solches immer continui ret. Wenn die memorie nicht excoli ret wird, verliehret sie sich bald. Menage hat eine excellente memorie gehabt, die er bis in sein hohes Alter erhalten, weil er alle Tage etwas auswendig gelernet. Bey der memorie ist eine bestaͤndige revocatio vonnoͤthen: Tantum sci- mus, quantum memoria tenemus. Grotius hat eine memorie gehabt, daß er einmahl ein Regiment sehen mustern, und wie sie zuruͤck kommen- hat er sie alle wissen beyn Nahmen zu nennen: Dieses erzehlet Casp. Brant, in seiner Lebens-Beschreibung. Es muß sich auch einer ratione intellectus pruͤfen, ob er sich nach Hofe schicke, damit er nicht ein bouffon wird. Quær. Wie einer beschaffen seyn muß, ratione voluntatis? Vie- le bilden sich ein, wer eine ambition haͤtte, koͤnne a la Cour gehen, nichts wenigers. Gloriæ cupiditas muß da seyn; Aber was die ambition boͤ- ses bey sich hat, schickt sich nicht dahin. Ein ambitiosus will mit dem Kopff oben hinaus, schlaͤgt um sich, bey Hofe aber muß einer was ver- tragen koͤnnen, und bey vielen dencken: ein etcetera sey so viel, als ein comma. Wenn Churfuͤrst Friedrich VVilhelm das podagra gehabt, so ist mancher etcetera mit unter gelauffen, wenn da einer hitzig seyn wollte, und De prudentia aulica. und es nicht leiden, wuͤrde er schlecht zu rechte kommen. Point d’hon- neur muß einer haben, vid. Courtin du Veritable Point d’honneur. Leu- te, die ihre affect en nicht zu supprimi ren wissen, schicken sich nicht bey Hof; Denn man sagt: Bey Hof muͤste einer koͤnnen simuli ren und dissimuli ren. Waͤren alle aulici virtute præditi, so duͤrffte man nicht simuli ren und dissimuli ren; Da aber dieses nicht ist, und die meisten ih- ren affect en nachhangen, so muß einer simuli ren und dissimuli ren. Wer seine fortune a la Cour machen will, muß sich accommodi ren nach dem Sinne des Herrn, und nach dem Sinne der Grossen, wel- che um den Herrn sind, so wenig als dein Diener, der einen banchant hat zu trincken, bey dir kan seyn, wenn er demselben nachhaͤngt, so we- nig gehet es an, ut serviat affectibus aulicus. Leute, die ambitiosi seyn wollen, machen ihre fortune nicht, die andern mercken es, ipsum petunt, \& in herba suffocatur: Ich weiß einen Mann, der wollte sein fortune am Hofe machen, da sich nun derselbe recommendi rte, so hat der Ober- Præsident immer gesagt: Der Kerl habe was gutes an sich, er sey aber zu stoltz; Als nun jener fiel, so kam er in die Hoͤhe, nach der Zeit aber konnte er sich in sein grosses Gluͤck nicht finden, und kam endlich auf die Vestung. Es kommet viel drauf an, daß einer sein grosses point d’hon- neur nicht mercken laͤßt; Ohne Ehre kan einer nicht in die Hoͤhe kom- men, aber begierig seyn darnach, ist schon ein impetus ein furor. Nach Ehre trachten, heist merita sapientiæ, virtutis, scientiæ haben, das andere kan nicht seyn, nicht nur wie die Theologi reden, weil es nicht aus GOtt ist, sondern auch um deßwillen nicht, weil es sich nicht zu den Zweck schicket. §. 11. Wer kein wohlgestalten corpus hat, mag weg bleiben, Von der Lei- bes-Gestalt ei- nes Hof- manns. denn die grossen Herren sehen auch auf das aͤusserliche. Wenn einer gerade ist, hats nichts zu bedeuten, er mag groß oder klein seyn. Mancher hat die kleinen Leute gerne, und kan keine grosse leiden, \& vice versa. Es muß sich also einer nach dem Herrn, dem er dient, accommodi ren; Obgleich der Herr nicht sonderlich vor sage zu halten, welcher nach dem Gesicht und aͤusserlichen An- sehen die Leute annimmt und eine affection auf sie wirfft; so muß ich doch, ehe ich mich engagi re, sehen, was der Herr vor eine inclination hat: Es giebt kluge und auch unkluge Fuͤrsten, ich muß aber allerhand Leuten dienen, und kan mir nicht alles choisi ren wie ich will. Es ist huͤbsch wenn einer seine Kleider weiß gut zu choisi ren, und andere aͤusserliche Dinge. Mancher hat seine fortune nicht gemacht weil er dieses nicht observir et. Der Cantzler Hugo kam nach Weimar, und konnte daselbst P p p 2 nicht Cap. V. nicht einmahl Cantzlist werden, weil sie gemeynet, er habe was Schul- maͤßiges an sich. Hernach kam er nach Wolffenbuͤttel, woselbst er auch nicht employir et wurde, von dar gieng er nach Hannover, da nah- men sie ihn an. Er war ein gescheuter gelehrter Mann, der endlich Premier-Ministre worden. Haͤtte Hugo es recht uͤberlegt so waͤre er nicht nach Wolffenbuͤttel und Weimar gegangen. Es ist gut, wer an Hof gehen will, daß er exercitia lernet, tantzen, reiten, fechten, das macht den Leib habile. Mancher Mensch ist von Natur pesant, hat dicke Fuͤsse, wenn er aber auf den Tantz-Boden kommt, gehet alles weg. Der ist sehr gluͤcklich, dem gesagt wird, was er vor Defauts an sich habe; das muß keiner uͤbel nehmen, es mit anhoͤren und thun, als wenn er es nicht hoͤret, indessen aber sich doch darnach richten. Vom Gluͤck bey Hofe. §. 12. 13. Alle Leute haben nicht einerley Leichtigkeit bey Hofe zu avanci ren. Die natalium splendorem haben, avanci ren leichter, als an- dere, welche dergleichen nicht haben: Denn wer von extraction ist, hat Freunde bey Hofe, die koͤnnen ihn produci ren, und wenn man auch von manchen nur den Nahmen hoͤret, so hat man schon eine gute opinion von ihm. Wer ist der Kerl? Er heist Hans Pansch, das ist ein no- men obscurum. Es ist nicht ohnmoͤglich, daß ein solcher avanci ren kan, wenn er eclatant e Thaten thut; aber es kan nicht ein jeder gleich an- kommen. Es ist wahr, wenn einer von keiner extraction ist, und avan- ci ren will, so muß er vielleicht noch drey mahl mehr Merit en haben, als ein anderer, der von extraction ist. Wir reden hier gantz menschlich und wissen wohl daß ohne die Providenz GOttes nichts geschiehet; Wir se- hen aber hier wie es zugehet. Es kommt auch viel auf die Zeit an; An und vor sich thut die Zeit nichts, aber es geschiehet alles in der Zeit. Manchmahl machet einer sein fortune wenn die tempora so beschaffen, daß sie nicht difficilia; Offt sind die tempora difficillima, und es kommt doch einer an, da er an diesem oder jenem recommendi ret wird. Drum sagt Amelot in dem l’ homme de Cour p. 20. in manchem seculo waͤre dieser gar nicht gestiegen. Mancher machet seine fortune nicht, weil un- gluͤckliche Zeiten sind. Offt sind Herrn welche eine inclination zu die- sem oder jenem haben, dadurch einer sein Gluͤck machen kan. Man- cher kommt durch die Mahlerey empor, weil der Herr ein Liehhaber da- von; Mancher durch die Jaͤgerey. e. g. Beym jetzigen Koͤnige haben fast alle keine fortune gemacht, welche bey dem vorigen in grace gestan- den. Es kan also keiner sagen: Ich will meine fortune so und so ma- chen. Sind die Herren Liebhabere von Studiis, so machen die Studi ren- den ihre fortune. Beym Hertzog Anton Ulrich hat einer sein fortun ge- macht, De prudentia aulica. macht, wenn er die Bau-Kunst und Mahlerey verstanden. Es sind offt Kleinigkeiten, wodurch einer avanci ren kan. Alte Leute muͤssen nicht bey jungen Herrn Dienste thun oder suchen; Ich weiß einen General der in Diensten stund, wie aber der jetzige Koͤnig A. zur Regierung kam danck- te er ab, er sagte: Ich bin ein alter Mann, also muß ich auch einen al- ten Herrn suchen, den jungen Herrn gefielen die alten Generals nicht, und wenn sie sehen, daß ein solcher nicht recht geschwind kan zu Pferde kommen, daͤchten sie gleich, er koͤnnte nicht recht commandi ren; Er gieng in andere Dienste, wurde auch gleich employi ret. Ja wenn einer in alle Sattel gerecht ist, so ist es schoͤn, aber wo findet man einen solchen. Bisweilen weiß man auch von keinen bessern Leuten als wie der Poet Lingiere in Paris anfaͤnglich in grossen Ehren gewesen; der Boileau aber brachte ihn am Bettel-Stab! Weil er aber ein genereuser Kerl war, gab er den Lingiere eine Pension. Hieronymus Osorius hat den Cotton, welcher Staats- Secretarius bey der Koͤnigin Elisabeth war, nicht recht be- gegnet, da der Cotton saget: Ob er nicht wuͤste daß er Staats- Secre- tarius? Osorius aber antwortete: Er wisse wohl daß er sich nicht darzu schicke, und waͤre ein Ungluͤck vor die Koͤnigin Elisabeth, daß sie keinen bessern wuste. §. 14. Die Virtutes sind vel intellectuales vel morales. Ratione Von den in- nerlichen qua- lit aͤten eines Hof Manns, in Ansehung des Verstan- des. intellectus autor commendat pietatem, prudentiam. Was Prudentiam betrifft, so haͤtte alles koͤnnen weggelassen werden, weil oben schon gesagt worden, daß ein Aulicus ein Judicium pragmaticum haben solle; pruden- tia aber ist Judicii pragmatici filia; Weil er aber in seiner Ethic davor gehalten, prudentia erfordere Discretionem, circumspectionem, providen- tiam, so hat er gemeynet, man muͤsse hier besonders reflecti ren und es applici ren, ad aulicum. Die Discretio bestehet sonderlich darinnen, daß er weiß 1) an wen er sich adressi ren soll. 2) Daß ers cum dexteritate thue. Viele Leute wollen ihr fortune bey Hofe machen, und wissen nicht, wer ihnen die Pforten aufmachen soll; Sie addressi ren sich an Per- sonen, die ihnen nicht helffen koͤnnen. Man kan nicht præcise sagen: Wer avancire soll gleich ad Principem gehen. Decipietur. Bisweilen laͤufft einer Gefahr, daß er nicht nur nicht reussi rt, sondern wenn ers auch erhaͤlt, leichtlich abgesetzet wird: Denn es finden sich Ministres, Mignons, welche wollen, daß keiner ohne sie etwas erhalten solle. Bisweilen kan einer durch eine Dame, durch einen Secretarie, Cammer-Diener et- was erhalten. Bey dem hiesigen Administratore hat keiner sein Gluͤck machen koͤnnen, der sich nicht an den Leib- Pagen addressir et, der hat Cantz- ler, Regierungs-Raͤthe gesetzet und alles vergeben, er ist auch allein reich P p p 3 wor- Cap. V. worden. Beym Ludovico XI. hat niemand mehr ausgerichtet, als sein Leib-Barbier, beym N. war der Cammer-Diener an den sich alle Ge- heimde Raͤthe addressi ret und mit ihm Bruͤderschafft getruncken. Es muß auch einer ein Judicium discretivum haben, daß er siehet, worzu er sich schickt; Darum hat Gracian einen eigenen Ort darinnen er sagt: es solle einer abwaͤgen, worzu er sich schicke. Viele sind so beschaffen, daß sie sich wollen lassen zu einer Charge emploi ren, darzu sie sich doch nicht schicken. Wer will ein Ober-Jaͤger-Meister werden, muß die Jaͤ- gerey ex fundamento verstehen; Wer ein Stall-Meister werden will, muß das Reiten verstehen. Ich weiß einen der unter dem vorigen Koͤ- nige unter die Guarde kam, wie aber der Koͤnig ausgefahren, so konnte er nicht so geschwind reiten als gefahren wurde, da wurde er abgesetzt. Haͤtte er eine andere Charge gehabt, wuͤrde er dieselbe vielleicht besser verwalten koͤnnen, daher ist auch nicht zu verwundern, wenn bey Hof bald dieser bald jener cassi ret wird, und continui rliche Veraͤnderungen vor- gehen. Wer bey Hofe seyn will muß nicht pesant, sondern geschwind, promt seyn. Die grossen Herren haben keine Gedult, und wenn du denckst, sie sollen auf dich warten, sane periisti. Drum gehoͤren geschwin- de Koͤpffe an Hof, je promter einer ist, je besser kan er seine fortune machen. Ich weiß einen Cavalier, welcher bloß dadurch seine fortune gemacht, weil er bestaͤndig da gewesen und alles in acht genommen. Kein Mensch wuste erst warum er gestiegen, der Herr sagte aber einesmahls selbst: Er wuͤste wohl daß andere da waͤren welche mehr raffinement haͤtten, aber dieser waͤre doch accurat. Es kan einer pur tout seine for- tune machen bey Hofe, wo er hinkommt, wenn er patientissimus supplex insinuant, und gleich weiß einen Weg zu finden, wie es anzufangen. So war der Charnace beschaffen, und ist der Muͤhe werth, den Articul beym Bayle von ihm zu lesen. Die Koͤnigin Christina ist den Salvio guͤnstiger gewesen, als den Oxenstirn, Oxenstirn war pesant, da hingegen Salvius promt war, und eine dexterité blicken ließ. Der Comte d’Avaux war von Jugend auf in publiqu en affai ren auferzogen worden, und viel nach- dencklicher, als der Servien, und doch hat Mazarini den Servien mehr ge- liebt. Dieselbige Schwermuth, ratione animi, kan einer sich vertreiben durch conversation, ratione corporis, durch exercitia. In Ansehung des Willens. §. 15. 16. 17. Es muß ein aulicus homo probus seyn; Sonst sagt man zwar: Exeat aula, qui vult esse pius. Aber das wird keiner approbi ren. Die probitas ist zu allen Dingen nuͤtze. Wenn die Menschen alle pro- bit aͤt verlassen, so ist kein Wunder, wenn sie verungluͤcken, in allerhand Thorheiten fallen, und endlich gar ins Gefaͤngniß kommen. Wir ha- ben De prudentia aulica. ben fast mehr aulicos die in Gefaͤngniß gestorben, als auf dem Bette. Man darf nicht dencken, daß solche ihren Herrn nicht treu gewesen, son- dern sie haben demselben mehr gedienet als GOtt; sie versehen aber doch einmahl was, da verlaͤst sie unser HErr GOtt, \& sic pereunt. Die wenigsten haben eine wahre intention, warum sie nach Hofe gehen, die wenigsten wissen nicht einmahl ihre natuͤrliche Religion, geschweige die Christliche. Diese Sachen supponi ren wir, als Christen, als vernuͤnff- tige Leute. Macchiavelli hat gemeynet: Bey dem Hofe koͤnnte einer oͤhnmoͤglich nach den Reguln des Christenthums leben. Herr Buddeus aber hat ihn in seiner Theologia Thetica specialiter refuti rt, und gewie- sen, wie alles wohl koͤnne bey einander stehen; Es muß eine wahre pie- tas bey einem Aulico seyn. Die wahre pietas bestehet nicht darinne, daß ich den gantzen Tag singe und bethe, au contraire, es ist eine mar- que einer Heucheley; sondern die wahre Gottesfurcht bestehet darinne, daß ich mich vor unseren HErr GOtt demuͤthigen muß, und erkenne, daß alle meine fortune von GOtt dependi re, und er mich auch in einem Augenblick koͤnne zu nichte machen; das kan ich in meinem Caͤmmer- lein thun, und darf eben nicht den gantzen Tag plappern, welches Plap- pern aber ein Anzeigen entweder einer superstition, oder eines Enthusias- mi; oder einer grossen Heucheley. Vitringa in seinen aphorismis Theo- logicis hat recht gezeigt, was ein homo probus seyn solle; das andere, sagt er, sind nur Aufmunterungen, und kan zu Zeiten geschehen. Ich wollte, daß alle Leute einen rechten concept von der probitate haͤtten. Wenn einer auch noch so fromm, so darf er nicht gleich dencken, daß er gleich ankommen wird, und præcise an den Orth, wo er hin will; Ich habe in meinem eigenen Leben gefunden, was ich habe wollen werden, bin ich am wenigsten worden. Man muß die Gelegenheit observi ren; Es ist gut, daß einer bisweilen adversités hat. Rabutin de Büssi war ein bel Esprit, hat aber den Koͤnig railli rt, kam daruͤber in Ungnade, kam erst in die Bastille, hernach gar von Pariß weg, daruͤber hat er sich ab- surd geberdet, endlich aber hat ers erkannt, und gesagt: Es sey ihn in der Jugend so wohl gegangen, deßwegen sey er hochmuͤthig worden, und hernach zu grunde gangen, habe sich aber nicht gleich in das Ungluͤck schicken koͤnnen, daher schreibt er einen Tract. des Adversites, an seine Kinder, und sagt, sie sollten GOtt loben, wenn er ihnen in der Jugend Ungluͤck schicke. §. 18. Patiens muß einer vor allen Dingen seyn; Wer gar zu be- Von der Ge- dult und Be- scheidenheit. hertzt ist, avanci ret nicht. Es muß einer offt lange warten. Viele sind beschaffen, wie Richelieu, der die Leute lassen lange stehen in der Anti- Cham- Cap. V. Chambre, ehe er sie in Dienste genommen. Philippus II. hat keinen pro- movi ret, welcher nicht etliche Jahre in seinen Diensten gestanden. Es ist dieses gut, da kan einer sehen, was an ihm zu thun ist. Man findet bisweilen einen Tiberium, einen Ludovicum XI. einen Herrn der haͤmisch ist. Tacitus sagt von dem Tiberio: wenn er einem was gutes gethan, so habe er ihm auf der andern Seite wieder was boͤses zugefuͤgt. Ame- lot sagt: An Hofe werde bisweilen eine solche Gedult erfordert, wie Harpago gehabt, als der Astiages ihm, seine Kinder zu essen, aufgesetzt, der nicht mercken lassen, daß es ihm schmertzte. Es ist noͤthig zu dissi- muli ren. Die dissimulatio ist revera hier nichts anders, als patientia. Man darf nicht dencken, wenn einer merit en hat, daß dieselben allezeit belohnet werden. Es hat kein Mensch mehr merit en gehabt, als der Cardinal Ximenes, welchen doch Ferdinandus Catholicus sehr gedruͤckt, er war ein guter Haußhalter, wollte aber kein Geld behalten, sondern legte viele Societæ ten an; Ferdinand aber suchte ihn ums Geld zu brin- gen, und muste der Ximenes Festungen auf seine Kosten belagern. Der Gonsalva hat Ferdinando Neapolis zuwege gebracht, wurde auch grosser pomp nach Spanien gebracht, hernach aber muste er sich reteri ren, weil er so ein grosser Capitain gewesen. Die Hof-Leute sind wie die Planet en, die ihren Schein alle von der Sonne haben, sie dependi ren alle von ihrem Herrn. Was an dir ist, so must du suchen merita zu haben; aber du darffst nicht dencken, daß deine merita allezeit werden belohnet werden. Es ist der Herr nicht allezeit sage, und wenn er es ja ist, so hat er Ohren-Blaͤser. Unter der Koͤnigin Christina observi ret man, daß sie alle Leute, die unter ihren Vater gegolten, nicht æstimi ret. Den Oxenstirn, welcher bey ihrem Vater in so grossen Gnaden gestan- den, æstimi rte sie nicht, konnte aber seiner nicht uͤberhoben seyn. Sie hatte einen Frantzosen, einen Antiquarium bey sich, der sie dirigi ret, wie eine Marionette. Indeß ist mir nicht gebothen, an einem solchen Hofe meine fortune zu machen, ich kan ja an einen andern gehen. Daß ein Hof- mann muͤsse justus seyn. §. 19. Quær. Was heist justitia bey einem Hof-Mann? Resp. Es sind etliche Leute, die suchen einen zu schaden, sonderlich haben sie ein plaisir, si alteri male sit: Diese observi ren keine justiz, ein solch ma- litieu ses Gemuͤth wird auch nicht hoch fliehen. Derjenige erwirbt sich die groͤsten Freunde, welcher nicht angesprochen wird, und doch einem einen Dienst thut, quasi aliud agendo. Wer von allen Menschen nicht wohl redet, will allein herrschen; allein reich werden, der wird nicht lan- ge bestehen. Die Melancholici inclini ren sonderlich ad invidiam bey einem ambitioso ist die invidia nicht so groß, der sucht nur, daß er dem andern De prudentia aulica. andern will zuvor kommen. Wenn man den Gracian in seinen casibus illustribus lieset, wird man finden, daß die meisten gefallen, entweder durch Geitz, oder durch eine eclatante Rache, welche sie ausuͤben wol- len. Magnus de la Gardie, war ein unvergleichlicher Herr, der sich eingebildet, die Koͤnigin Christina wuͤrde ihn heyrathen, sie war ihm auch sehr guͤnstig, aber er ist gefallen, calumnia malitia. Die Koͤnigin selbst hat ihn prostitui rt, er hatte den Schlippenbach bey der Koͤnigin eingehauen, und die Koͤnigin hats besser gewust, da befahl sie ihm gleich, er sollte weg gehen, und Schlippenbach hat ihn noch darzu heraus gefordert. Bey Hofe muß man die Wahrheit reden, sed nemini nocere; Wenns auch gleich mein Feind ist, da sammle ich feurige Kohlen auf sein Haupt, und gewinne ihn wieder, ob ich ihm gleich nicht sonderlich trauen darff. Hingegen einem Calumniant en ist nicht nur jederman feind, sondern er bestehet auch nicht. §. 20. 21. Simulatio und dissimulatio, wird in Teutscher Sprache ge- nennet eine politische Heucheley, weil es nun mit einem odiös en Nahmen Vom Simuli- ren und Dissi- muli ren. beleget worden, so hat mancher einen Abscheu davor, wie vor dem falsilo- quio. Die Wahrheit zu sagen, die Menschen sind einmahl so beschaffen, daß einer nicht allezeit sagen kan, was er im Hertzen denckt, und waͤre freylich zu wuͤnschen, daß wir nicht allezeit andere facta brauchen duͤrfften. Denn simulatio und dissimulatio bestehet mehr in factis; aber wir haben mit Fein- den, mit boͤsen Leuten zu thun, da duͤrffen wir nicht alles reden. Wenn ich auch einen Menschen hoͤre, der alles so heraus redet, so dencke ich, es sey wohl gut, schicke sich aber nur unter die Engel. In der Welt ist bald hier bald da einer, der aus denen Worten Gifft sauget, \& tibi insidias struit; daher du bisweilen ein falsiloquium brauchen must. Ich bin auch nicht schuldig, allezeit die Wahrheit zu sagen; Es ist zwar verbothen, ein falsches Zeug- niß zu geben wider seinen Naͤchsten, und wuͤrde auch derjenige inanis seyn, welcher bestaͤndig wollte falsa loqui. Aber wenn ers thut wegen seiner Feinde, so thut es nichts. Der Autor hat solches auch in seiner Theologia morali defendi rt. Wenn ich gegen meinen Freund simuli re und dissimuli re, das ist absurd: denn ich tracti re ihn als meinen Feind; Habe ich aber einen Feind vor mir, warum soll ich diesem aber die Wahr- heit sagen? Erasmus hat auch gesagt, man sollte nicht falsum loqui, und da Ulrich von Hutten Geld von ihm borgen wollte, hat er gesagt: Er habe kein Geld, da ihm nachgehends einer obiici ret, er habe ja Geld, antwortete er, er habe wohl Geld, aber nicht vor Ulrich von Hutten. Die also das simuli ren und dissimuli ren verworffen, fallen auf solche sot- tis en, deßwegen sagt Grotius und unser Autor: Man solle es lieber her- aus sagen. Wer bestaͤndig simuli rt und dissimuli rt, verliehret seinen Q q q cro- Cap. V. credit. Der alte Hertzog von Lothringen hatte bravoure, man trauete ihm aber nicht, weil er bestaͤndig simuli rte und dissimuli rte. Dem Wal- lenstein hat weder Freund noch Feind getrauet, und gieng er uͤbern Hauf- fen, er haͤtte koͤnnen Koͤnig in Boͤhmen werden, und hatte Franckreich und Schweden willens ihm beyzustehen, aber sie traueten ihm nicht recht. Von verschie- denen Arten der Simulation und Dissimu- lation. §. 22. Silentium bestehet zwar in non facto; aber es ist nothwendig, ut nemo possit in aula vivere, der nicht weiß zu schweigen; nicht zu ge- dencken, daß ein Schwaͤtzer ein eiteler Mensch ist, und sagt Sallustius; Vanior an stolidior garrulus. Ubi multum eloquentiæ, ibi parum sa- pientiæ. Man muß nicht allein nicht zu viel reden, sondern bisweilen gar nichts, und ein festes Schloß an seinen Mund legen. Mancher ist zu Grunde gangen, weil er sein Maul nicht halten koͤnnen. Marleborugh hat seine grace beym Koͤnig William verlohren, weil die affaire, da der Koͤnig Dünkerken wollen wegnehmen, durch ihn auskommen: denn es wuste niemand davon, als der Koͤnig, Bembrock und Marleborugh; dieser hatte eine boͤse raffini rte Frau, der hat ers offenbahret, welche es an ihre Schwester geschrieben. Wie es heraus kam, so sagte William, ich habe niemanden was gesagt, Bembrock auch nicht, also muß es Marleborugh gethan haben, der gestund auch, daß ers seiner Frau ge- sagt, damit war er disgraciir et, wuͤrde auch nicht wieder in die Hoͤhe kommen seyn, wenn VVilliam leben blieben. Dicis: Es ist ja wohl was leichtes still zu schweigen. Resp. Wenn es leicht waͤre, wuͤrden nicht so viel Leute anstossen. Manche Leute haben ein temperamentum aquati- cum, sie sind bestaͤndig in Freundlichkeit, koͤnnen nichts bey sich behal- ten, sondern wenn sie ein plaisir gehabt, wollen sie immer einem andern was davon communici ren; drum kan ein Sanguineus wohl bey Hofe unter Dames sein fortune machen, aber in andern affair en ist er nicht zu gebrauchen. Ich halte also davor, daß leichter silere, als silere \& ver- bis \& factis aliud significare. Indessen ist auch dieses bisweilen noth- wendig. Es kommt auf ein temperamentum etwas an, und auf eine Uberlegung, daß einer sich die Gefahr vorstellig machet, was wuͤrde heraus kommen, wenn er es wegsagte. Bisweilen aber kan einer ohn- moͤglich schweigen, sie fragen ihn aus, und kan er thun, als wenn er es nicht hoͤrete, er kan sermonem interrumpi ren. Es ist ja einer auch eben nicht schuldig die Wahrheit zu sagen. Man haͤlt denjenigen vor einen Narren, welcher vera redet, da er es nicht noͤthig hat, und wo der andere ein Jus hat die Wahrheit zu verlangen. Also hat Papyrius nicht gantz unrecht gethan, da er seiner Mutter nicht gesagt, was im Rathe passi ret. Ich traue mir, ihn zu defendi ren, wenn er nur mehr das de- co- De prudentia aulica. corum observi ret, wenn er gesagt: Er duͤrffe nichts aus dem Rath spre- chen. Sonst kan mich keiner verdencken, daß ich ihm was aufbinde, wer heist ihn fragen? Wenn verbothen, von der Sache zu sprechen, und es verlangts einer zu wissen, so kan ich ihm nur sagen, daß ich es nicht duͤrffte thun. Wenn ich hier einem was aufbinde, so ists keine Luͤgen, sondern ein falsiloquium; das ist eine Luͤgen, wenn ich meinem Naͤchsten Schaden thue. Man wird nicht leicht einen finden, der es kuͤnstlicher gemacht, als der Cardinal Mazarini, und wenn man es ei- gentlich betrachtet, so hat er recht gethan; Mazarini hatte einen Todt- Feind an dem Printz Condé, welcher ihn an allen Orthen railli ret, der- gestalt, daß Mazarin nicht haͤtte bestehen koͤnnen, wenn er ihn nicht ge- stuͤrtzet. Mazarini hat immer dissimuli rt, aber doch bey der ersten Gele- genheit ihn suchen zu arreti ren, das muste mit einer Vorsichtigkeit ange- fangen werden. Des Mazarini Leute fielen einmahl des Printzen von Condé seine Kutsche an, und dachten, der Printz waͤre drinnen, er aber war nicht da. Wie er es hoͤrete, beklagte er sich beym Mazarini, und woll- te haben, er sollte inquiri ren; der Mazarin sagte: Er waͤre in moment be- schaͤfftiget, eine scharffe inquisition wider diese Beleidigung vorzunehmen. Der Secretaire schrieb die ordre, indessen machte er den Printzen grosse ca- ress en, begleitete ihn bis zu der Thuͤre, und sagte: Er wuͤrde gleich in das an- dere Zimmer kommen, und die Ehre haben, seine Hoheit weiter zu sprechen; Kaum war er in das Zimmer kommen, so wurde er arreti ret, und hatte der Secretaire die ordre geschrieben, den Printzen in arrest zu nehmen. Dieses halte ich vor die groͤste piece, so in dem Leben des Mazarini stehet: Wie der Printz von Condé sich hernach mit dem Mazarini muͤssen aussoͤhnen, so hat er doch immer gesagt, er koͤnnte nicht vergessen, daß ihn Mazarini so beluchset. Ludovicus XI. hat gesagt: Nescit regnare, qui nescit simulare. dissimulare. Henricus III. in Franckreich, welcher sonst ein miserabl er Fuͤrst gewesen, hat den Hertzog von Guise, den er massacri ren lassen, noch den Tag vor- her tracti rt: Ja wie er in das Zimmer getreten, worinnen er massacri ret worden, hat er ihn doch noch freundlich begegnet. §. 23. Derjenige, der bey Hofe einige progress en machen will, muß das de- Von der Wohlanstaͤn- digkeit. corum in acht nehmen. Decorum heist nicht allein sich in habitu wol auffuͤh- ren, sondern auch in factis, gestibus, sermone, davon oben gedacht worden. Gracian sagt: Ein homme de Cour muͤsse haben keine defauts; Er kan wohl defauts haben, aber sie duͤrffen nicht so in die Augen fallen. Gesetzt, es kommt einer herein, und macht einen naͤrrischen reverence, die Federn hangen ihm noch in Haaren herum, den lachet jedermann aus. Es ist gantz gewiß, wenn einer am Hof gehet, der kan eher entbehren Tugend, Q q q 2 als Cap. V. als decorum, nicht, als wenn ich glaubte, das decorum sey mehr als vir- tus, virtus ist das principal ste; Aber es macht manchmahl einer sein for- tune, der keine Tugend hat; nur grace, da weiß er sich zu insinui ren. Hergegen, wenn einer grosse Tugend hat, es mangelt ihm aber sonst et- was, er ist sordide, hat keinen rechten Gang, so avanci rt er nicht. §. 24. Quær. Ob man solle adulari ? Man haͤlt dafuͤr, daß ei- ner nicht koͤnne a la Cour seyn, er muͤste schmeicheln, wer aber eine seve- ram philosophiam moralem hat, der meynt, es gehe nicht an. Es kan freylich einer sein Gluͤck machen, wenn er schmeichelt; Aber grosse Her- ren sind ungluͤcklich, daß sie die Wahrheit nicht erfahren. Wenn einer so geschmeichelt, daß er seinen Herrn in denen vitiis und scandalis suchet zu confirmi ren, da wird ein jeder sagen, das sey was malhonnettes; in- dem ich dadurch dem Herrn zu mehrern Boͤsen Gelegenheit gegeben. Es hat auch Hier. Osorius de institutione Principis eine unvergleichliche passage wider adulatores beygebracht; Allein bisweilen kan es nicht an- ders seyn, es muß einer erst thun, als wenn er die Sache approbi rte, das kan kein Mensch mißbilligen. Ich kan nicht so gleich heraus sagen, wie Johannes beym Herode oder Nathan beym David gethan; ich kan nicht so gleich heraus sagen, das schickt sich nicht, sondern ich muß auf Gelegenheit warten, da ich den Herrn besser informi ren kan: Thuts ei- ner nicht, sondern sagt dem Herrn ins Gesicht, der ist ein Enthusiast. Wenn ich den Herrn erst kan mit rationibus gewinnen, so kan ich her- nach sagen, ich habe vor diesen schon die Gedancken gehabt, aber nicht Gelegenheit solches beyzubringen. Dicis: Ich daͤchte, wer sich auf GOtt verliese, koͤnnte alles frey heraus sagen? Respond. Das sind Enthusiast en. Eben, als wenn einer sagen wollte, ich will uͤbers Wasser gehen, und mich auf GOtt verlassen, GOtt wird dir jetzt gleich immediate beyste- hen. Bisweilen sind Herren, welche unvergleichlich leiden koͤnnen, wenn man ihnen die Wahrheit saget. Carolus V. konnte es leiden; Carolus VIII. konnte leiden, daß ihn der Poet Ronsard so railli rte, alsdenn ists admirable, und kan man es dem Herrn gleich sagen. Hergegen die Koͤ- nigin Elisabeth, so gescheut, als sie war, konnte doch nicht leiden, daß man gleich alles so frey heraus sagte. Auch ein Conseiller, braucht eine gros- Von Hof- Schmeicheley- en. se Kunst, seinen Rath zu geben. §. 25. Es gehoͤren also grosse qualit aͤten darzu, wenn einer will nach Hofe gehen. Deßwegen sich einer wohl pruͤfen muß. Es gehoͤret ein guter Leib, proportioni rte Kleider darzu, wer solche nicht hat, der employ re sich anderwaͤrts. Das Hof-Leben gefaͤllet einem anfangs sehr wohl, auf die letzt aber wirds verdrießlich; denn es ist ein affecti rt Leben, was De prudentia aulica. was affecti rt ist, ist gezwungen, was gezwungen ist, ist uns zuwider, machet uns Muͤhe und Arbeit. Wer sich aber zum Hof-Leben schickt, muß sich recht kennen lernen, was er vor defauts habe. In der moral werden Mittel gewiesen, deßwegen einer nicht kan in Politicis fort kom- men, es sey denn, daß einer die moral verstehet. Etliche Narren halten nichts auf die doctrin de temperamentis; aber ich bin versichert, daß sie nicht de nihilo; daß aber nicht alles eintrifft, in judicando, schadet nichts. Die Regul kan gut seyn, und die application wird nicht recht gemacht. Einige Stuͤcke bey denen temperament en kommen freylich auf conjectu- ren an, aber das meiste kan demonstri ret werden. §. 26-31. Gleichwie die Menschen nicht von einerley tempera- Von Erkaͤnnt- niß menschli- cher Gemuͤ- ther. ment, sondern so viel subjecta da sind, so viel neue observationes giebt es; Also kan man auch bey denen Menschen nicht sagen, wie bey dem Fuchs, wer einen Fuchs kennet, lernet sie alle kennen. Wer einen hominem ambitiosum kennet, kennet deßwegen nicht alle. Es sind differente mu- tationes vorhanden, so sind auch die Fuͤrsten unterschieden, und muß man sich vor allen Dingen ihre inclinationes und temperamente bekannt machen, alsdenn kan ich mich insinui ren, und meine fortune machen. Daher koͤmmts, daß man nicht bey allen Herren sein fortune machen kan; An einem Orte wird man abgewiesen, und an einem andern an- genommen. Hieraus ist leicht zu begreiffen, wie grosser Herren Gna- de zu gewinnen, oder auch zu verliehren. Anders must du beschaffen seyn, si principem habeas cholericum, anders si habeas sanguineum, an- ders si melancholicum. Hier kan ich ohnmoͤglich alle qualit aͤten beschrei- ben, die bey dem Principe cholerico vorkommen. Aus der moral ist be- kannt, wie ein ambitiosus beschaffen; Ein ambitiosus ist ohne Furcht; Dergleichen Principes sind also elati, iracundi, lassen sich nicht gerne contradici ren, wie Carl Gustav beschaffen war. Tiberius konnte sich auch nicht lassen contradici ren. Carolus V. hergegen konnte leiden, daß man ihm alles sagte: Wer also einen Principem ambitiosum hat, der muß obedientissimus seyn, alles accurat in acht nehmen; man muß nicht den- cken, wenn sie einmahl boͤse, sie den Zorn werden behalten, sondern sie sind bald wieder gut, und muß man dencken, es sey ein comma, oder semicolon. Wenn man mit Principibus sanguineis zu thun hat, denen gefallen austere Leute nicht, melancholi sche Gesichter koͤnnen sie nicht lei- den, sondern suchen Personen, die allerhand railleri en machen, viele in- ventiones angeben zum plaisir. Bey solchen Herren gelten die Dames, und kan man durch die Dames so gut reussi ren, als durch die Ministres selb- sten. So war Louis XIV. beschaffen, bey welchen voluptas dominans Q q q 3 passio Cap. V. passio war; Die meisten Hof-Leute sind durch die Madame Montespan, oder Maintenon, recommendi ret worden. Sein gantzes Leben ist meli- ret mit lauter amours, doch hat er sich so weit nicht lassen verleiten, daß er nicht darbey auf seine Leute regardi ret. Bey seinem Hofe sind auch keine Leute gestiegen, als die entweder esprit gehabt, oder Poeten gewe- sen. Drum sind die Poeten Racine und Boileau bey ihm in grossen Gnaden gewesen, und haben pensiones bekommen. Henricus VIII. hat den Buchananum æstimi ret, wegen seines ingenii. Ingleichen hat er den Deliderium Erasmum Roterod. in seine Dienste nehmen wollen, propter colloquia; aber Erasmus hat es ausgeschlagen. Hiervon kan man Nach- richt finden in des Mons. le Clerc Bibliotheque choisiè, da er einen ex- tract aus des Erasmi operibus und epistolis machet. Niemanden ist be- schwerlicher zu dienen, als einem Herrn, der ein melancholicus, sonder- lich, wenn es ein melancholico-sanguineus; So sind die Tyrannen be- schaffen gewesen, wie sie Suetonius abmahlet, das sind die naͤrrischten Leu- te, welche von einem extremo auf das andere fallen. Wer jetzo einen Discant und im Augenblick einen General-Baß singen wollte, der wuͤrde ausgelachet. Uber alles lachet man, was auf extrema faͤllet. Die Pickelheringe, wenn sie die Leute wollen lachend machen, machen sich bald klein bald groß; so ists bey einem melancholico-sanguineo, bald ist er extrem traurig, bald wollen solche ihre Gemahlinen auffressen, bald todt haben, bald erheben sie ihre Mignons bis in Himmel, bald stuͤrtzen sie solche in die Hoͤlle, bald geben sie ihnen alles, bald werden sie neidisch, bald sind sie in grosser Sicherheit, bald in grosser Furcht. Ein boͤser choleri scher Herr wirfft einen geschwind uͤbern Hauffen, aber nur zu ei- ner solchen Zeit, da man sich nicht schmiegen und buͤcken kan; man darff aber nur aus dem Wege gehen: hergegen ein Herr, welcher ein melan- cholico-sanguineus oder sanguineo-melancholicus hat kein iudicium, kein imperium, der weiß sich nicht zu finden. In secundis rebus sind sie inflati, bald wieder jaloux, fuͤrchten sich und stuͤrtzen ihre Ministres; sie lieben naͤrrische flatteri en, schencken weg, hernach verdreußt sie es. Hen- ricus S. war so beschaffen, der erst den Meinwock viel geschencket, her- nach verdroß es ihm, und nennete denselben seinen Satan. Ein solcher Herr war auch der Louis XIII. bey dem Richelieu offt Gefahr gelauffen. Wenn sie keinen rechten Premier-Ministre haben, und fallen in die Hand eines fourbe, so ist das gantze Reich verlohren. So viel ist gewiß, man muß sich nach dem Fuͤrsten accommodi ren, er mag eine inclination ha- ben, was er vor eine will, denn wer will a la Cour avanci ren, darff sich nicht einbilden, daß sich der Fuͤrst werde nach ihm accommodi ren. §. 32. 33. De prudentia aulica. §. 32-33. Da nun gesagt worden, wer wolle nach Hofe gehen, muͤsse viel Wie einer sich bey Hofe her- vor thun koͤñe? perfectiones haben; Er muͤsse suchen dem Fuͤrsten bekannt zu werden; So entstehet die Frage: Quomodo innotescat? Respond. Bekannt werden kan man nicht auf eine re- gulam demonstrativam bringen, sondern es koͤmmt bisweilen auf einen hazard an; In- dessen aber hat man doch einige observationes, welche fast die Regul ausmachen. Man kan sagen: Durch diese Art sind viele bekannt worden. Ich weiß selbst eine affaire, da einer dem Principi bekannt worden, als man ihm ein Gleichniß von ihm gegeben, da er gleich die Person sehen wollen, dieses ist ein casus, den man nicht unter die Regul referi ren kan. Manchmahl rencontri ret der Herr einen, der ihn anstehet, wie Sixtus V. alle schwartze Kerl, die ihm begegnel, in Dienste genommen. Was Leute von condition sind, facilius innotescunt, quam reliqui. Ein Roturier kan sich nicht pro- duci ren, weil er keinen eclat machen kan, wegen seiner pauvreté und geringen Her- kunfft. Hernach ist freylich wahr, daß einer sich durch eine eclatant e That muß be- kannt machen, es sey, wo es will, doch muß einer sein factum nicht bloß denen Be- dienten bekannt machen: Denn so erfaͤhret es der Herr nicht. Ja, wenn der Herr da ist, so koͤnnen einem die merita helffen, sonst aber koͤmmt das meiste auf recommenda- tiones an, und wenn gleich der Herr sagt: Ich will sie selbst sprechen, so ist doch der Ministre darbey, welcher sagt, es sey ein wackerer Mensch. Viele meynen, merit en und bravoure koͤnnten allein zu wege bringen, daß einer avanci rte. Diese sind nun zwar gut, aber es darff einer nicht dencken, wenn er merit en und bravoure hat, daß er gleich steigen werde, sondern, wenn einer selbige hat, so muß er sehen, daß er recom- mendi ret wird, und wenn du gleich koͤnntest Maͤuse machen, der Herr aber siehet dich nicht, der Ministre laͤst dich nicht vor ihn, so wird dirs doch nicht helffen. Wenn du gleich viele Tugenden hast, so hast du auch viele Fehler, da sagt der Ministre dem Principi die Fehler, und verschweigt die Tugenden. Ist der Cammer-Diener bey dem Herrn in credit, so must du dich an denselben addressi ren. Was Republiquains sind, denen kommt dieses Spanisch vor, weil in einer Republic alles ordentlich zugehet; Aber in einer Monarchie, muß man offt von miserabl en Leuten dependi ren. Wir muͤssen uns selbst verlaͤugnen, wenn wir unsere fortune bey Hofe machen wollen. Quær. Warum aber wollen die Leute gern bey Hof avanci ren? Respond. Sie suchen daselbst opes, divi- tias, Ehre zu erhalten. §. 34-35. Die Leute sollten sich nicht accommodi ren nach des Herrn sei- Wie man sich in der Gnade seines Fuͤrsten erhalten koͤn- ne? nen adfect en, sie thun es aber mehrentheils. Ist der Herr wolluͤstig, so suchen sie ihm ge- meiniglich maitress en zuzufuͤhren; Allerhand plaisir zu machen. Ist der Herr geitzig, so accommodi ren sie sich darnach, geben ihn allerhand modos an, dadurch er etwas kan lucri ren. Es darff einer nur die Hoͤfe ansehen, wie sie jetzt beschaffen, so wird er die boͤsen Kuͤnste uͤberall antreffen. Ist der Herr ambitieux, so bringen sie ihm vor, wie er neue conquet en machen koͤnne, ein neues Ceremoniel einfuͤhren ꝛc. Sie suchen also den Herrn nicht auf den rechten Weg zu bringen. Diejenigen koͤnnen den Herrn am besten aus studi ren, welche bestaͤndig um ihn sind, und reden ihm nach seinen passion en, deßwegen stehen die Cammer-Diener mehrentheils so in guten credit. Wer aber ein gut Gewissen haben will, kan sich wohl in indifferent en Dingen accommodi ren, aber nicht in boͤsen Sachen. §. 36-37. Vornehmlich muß einer sich bemuͤhen die Grossen am Hofe als Was in Anse- hung derer Ministres zu thun sey? Patronos und intermedias personas zu acquiri ren. Es sind wenige, die directe durch den Herrn in die Hoͤhe kommen: Denn die Ministres sehen nicht gerne, daß einer soll ohne sie avanci ren. Ein gewisser Cavallier sollte sich einst bey einem Koͤnige eine Gna- de ausbitten, der antwortete dem Koͤnige: Ihro Majestaͤt recommendi ren mich an den Graf N. Der Koͤnig lachete daruͤber, und that es; Der Graf sagte darnach apert: Reutet Cap. V. De prudentia aulica. Reutet euch der Teufel, daß ihr dieses zum Koͤnige gesagt; Aber unterdessen erhielte jener eine considerable charge. Weil man sich durch Proceres groß machen muß, so muß man sehen, was vor Leute sonderlich am Hofe zu regardi ren sind, derer sind vie- lerley: Einige von vornehmer Naissance, die muß man nicht choqui ren, ob sie gleich nicht intimæ admissionis sind, so haben sie doch Gelegenheit etwas zu reden; Mazarini hat anfangs durch den Printz de Condé sein Gluͤck gemacht, aber auch sein Ungluͤck, daß er ins exilium muste. Die Mignons, ja auch die Cammer-Diener muß man nicht cho- qui ren, weil dieselben offt in eben solchen credit, als die groͤsten Ministres. Die Da- mes muͤssen caressi ret werden; Allein, es ist doch ein wenig gefaͤhrlich, denn die Mai- tress en fallen selbst, wenn der Herr arg und feurig, daß er bald eine andere Person er- waͤhlet; Doch muß man die Dames nicht choqui ren, weil sie uͤberall acceß haben. Man muß die Hof-Prediger sich auch zum Freunde machen, item denen Bouffons muß man bisweilen etwas geben, daß sie gutes sprechen; Die Ministres muß man wie die Herren selbst menagi ren, sonst begehet man ein crimen læsæ majestatis. Hertzog Bernhard von Weymar haͤtte es bald versehen, daß er vom Richelieu zu Paris hatte uͤbel geredet, als ihm die Heyrath mit einer Verwandtin von Richelieu vorgeschlagen worden. Von Hof- Feinden, und wie solche zu gewinnen. §. 38-45. Wer bey Hofe ist, muß nicht allein suchen sich Freunde zu machen, sondern er muß auch sehen, wie er die Feinde von sich abwende: Denn am Hofe sind boͤse Leute, die in affect en leben, und die nur suchen dir zu schaden. Es ist nicht anders, als wenn missilia spargi rt werden, da lanffst du mit andern hin das Kleinod zu erha- schen, da schlaͤgt dir aber geschwind einer ein Bein unter, daß du fallen must, und er es bekommt. Und eben so ist es am Hofe, ein jeder denckt den Gewinnst davon zu tragen, und dem andern, der vor ihm ist, etwas im Weg zu legen, daß er nicht avanci ren kan. Es muß dannenhero keiner einen andern beleidigen, sondern lieber eine grosse Pille ver- schlucken, und wenn er auch ja von dem andern lædi ret ist, muß er auf allerhand ge- schickte Art sich wieder mit ihm auszusoͤhnen suchen. Wir beleidigen aber die Leute tri- plici modo 1) verbis, 2) factis, 3) non factis. Don Haro, als er sterben sollte, hat gesagt: Ich habe niemahls einem etwas boͤses gethan, da hoͤrete man eine Stimme: Aber auch nichts gutes. Und endlich kan man es leichtlich durch Grobheit und incivili- té versehen. v. g. Einer behaͤlt den Deckel immer auf, das ist auch ein non factum, das beleidiget einen, der Ehr-geitzig ist. Man muß auch suchen invidiam zu vermeiden. Die Haupt-Regul hier ist: Weiche jeden, erhebe dich nicht, und moqui re dich nicht uͤber des Herrn seine foiblesses, noch uͤber andere Personen bey Hofe, und da dir ja ein Ungluͤck begegnet, daß du in disgrace geraͤthest, und wohl gar in Arrest, und auf eine Vestung must; So ergib dich in dein Ungluͤck mit Gedult; Laß aber den Muth nicht sincken. Conf. Bussy Rabutin des Adversités, und kan man auch in dieser materie, aus seinen Lettres viel gutes lernen. Was zu thun, wenn sich der Staat chan- gi ret. §. 46. Wenn aber der status gar changi rt wird, Quær. Wie kan man bey dem neuen Herrn avanci ren? Respond. Man muß gar keine factiones machen, oder sich in solche meli ren; Dieses allici rt gleich den neuen Herrn, daß, wenn du auch ab- gedancket wirst, er dich doch wieder annimmt. Villeroy ist hier das Exempel, ingleichen Mons. Jeannim, vid. Memoires de Villeroy \& les Negotiations du Præsi- dent Jeannim. Regi- Register der angefuͤhrten AVTORVM. A. A Lcionius de Infelicitate Lite- ratorum 73 Amelot de la Houssaye Histoire du Gouvernement de Ve- nise 182 . 465 Tibere, Discours Politique sur Tacite 81 . 185 . 458 lesOeuvres de Tacite avec des Notes Politiques et Histo- riques 220 . 224 . 447 d’ Aubery Memoires 389 Auenarii Interpretationes Iuris 477 B. Baillet (Adr.) Iugemens des Sca- vans 95 la Vie de Descartes 428 Barbeyrac (Iean) Traite du Ieu 44 Dissertation des Lois Ciuiles 187 Bassompierre Memoires 240 Bayle (Pierre) Dictionaire Histo- rique et Critique 42 . 47 . 63 . 65 . 72 . 76 . 82 . 112 . 137 . 170 . 172 . 173 . 186 . 188 . 273 . 419 . 454 . 461 Pensees diuerses sur la Come- te 7 . 428 Reponses faites aux questions d’ un Provincial 87 Becher (Io. Ioach.) Politischer Discours von den eigentli- chen Ursachen des Auf- und Ahnehmens der Staͤdte, Laͤnder und Republiquen 334 de Bellegarde Oeuvres 183 Benoist (Elie) Melange de Re- marques sur deux disserta- tions de Ms. Toland etc. 270 Histoire de l’Edict de Nantes 455 Bentley (Richard) Stultitia et Ir- rationabilitas Atheismi 47 R r r Ben- Register Bentivoglio Memoires 371 Berneggeri (Matthiæ) Obserua- tiones Historico-Politi- cæ 216 Delineatio Formæ Reip. Ar- gentoratensis 169 . 474 . Bernier (Franc.) Voyages 261 Bessel (Ch. C.) Schmiede des poli- tischen Gluͤcks 142 Besser (Joh. von) Gedichte 133 de Bethune (Maxim.) Duc de Sul- ly Oeconomie Royale 12 von Bircken (Sigism.) Spiegel der Ehren des Ertz-Hauses Oesterreich 14 . 59 Boccalini (Trai.) Politischer Pro- bier-Stein 333 Bœcleri (Io. Henr.) Tract. von der Weisheit und Thorheit 14 Dissert. de Imperio intra mo- dum coercendo 98 Notæ Polit. ad. Tacit. 213 . Dissert. de eloquentia Viri Politici 481 du Bois Histoire de la Ligue de Cambray 404 Borrichius (Olaus) 49 du Bosc l’Honnette Femme 94 Branchu Obseruationes Iuris Rom. 339 Brant (Casp.) Vita Hugonis Gro- tii 482 Braunius (Io.) de Vestitu Hebræ- orum 136 . 331 la veritable religion des Hol- landois 353 Bretti (Carol.) de Iudiciis 199 Browns (Thom.) de Religione Medici 47 Brummeriana 197 . 199 Bruti (Steph. Iun. i. e. Huberti Langueti;) Vindiciæ con- tra Tyrannos 84 Buddei (Io. Franc.) Theologia Moralis 20 Theologia Thetica 445 . 487 Dissert. de Concordia religio- nis christianæ statusque ciuilis 86 Bulfingeri (Ge. Bern.) Philoso- phia Moralis Sinensium 36 Burnet (Gilb.) Reise-Beschreibung nach Italien 217 Historia Reformationis Angl. 242 C. de Cabrera (Lud.) Vita Philippi II. 470 de Callieres de la Fortune des Gens de Cour. 2 . 140 . 142 . 151 . 243 . 281 . 297 . 476 . 478 de la Maniere de negocier a- vec les Souverains 371 Campanella Respublica Solis 19 113 de Republ. Hisp. 113 Cardani (Hier.) Opera 80 . de la Casa Diss. de Servitute 50 . Castelnau Vita Caroli IX. 248 Cato de Re Rustcia 42 . Chardin Voyage en Perse et au- tres lieux de l’Orient 369 Cher- der angefuͤhrten Autorum. Cherbury vita Henrici VIII. 244 Cheverny Testament Politique 200 Chiffletius de Ampulla Rhemensi 450 Cicero de Legibus 98 . 160 de Oratore 188 Epistolæ ad Fam. 4 Clapmarius (Arn.) de Arcan. Po- lit. 209 . 210 . 437 . 446 . 454 . 461 Triennium Nobile 96 Claramontius (Scip.) de Rat. Sta- tus 53 . Clarendon Histoire des Guerres Ciuiles d’ Angleterre 228 . 229 . 357 . 364 Clerc (Iean) sur le Bonheur et Malheur dans les lotteri- es 9 . 295 . 414 Commentar. in Pentateu- chum 51 Bibliotheque choisie 494 . Ars critica 415 Cocceii (Henr.) Iuris Publici Pru- dentia 296 Colbert (Iean Bapt.) Testament Politique 271 . 41 Coleri Leben Bened. Spinozæ 353 Columella de Re Rustica 149 Connor (Bernh.) Beschreibung des Koͤnigreichs Polen 306 Conringii (Herm.) de Prudent. Ciu. 1 . 9 . 23 . Propolitica 11 . Dissert. de Commerciis mari- timis 38 . 318 . 338 . de pœnis 206 de ærario 284 de recta in republica o- ptima educatione et vi- ta 115 Contareni (Casp.) de Magistrati- bus et Rep. Venetor. 473 Cornelius Nepos 444 Courtin de la Civilitè Francoise 138 du veritable Point-d’ hon- neur 483 Cragius (Nic.) de Republ. Lacæ- dæmoniorum 110 . 132 . 464 Crenius (Thom.) de Villicatio- ne Romanor. 149 Crousaz Logique 57 . 90 . 167 de l’ Education des enfans 67 . 95 . Traitè du Beau 53 Crusoe (Robinson) Leben und A- vanturen 90 Culpisii (Io. Ge.) de Iure Lega- tionum Imperii 371 Cunæus (Petr.) de Republ. He- bræor. 103 D. Danæi (Lamb.) Sylua Aphoris- morum Politicorum 84 Daniel (George) Histoire de France 409 . 450 Histoire de la Milice Erancoi- se 277 . 415 . 425 . Dassouius (Theod.) de ratione seminandi apud Iudæos 150 St. Disdier Etat de Venise 465 . 471 R r r 2 Do- Register Donaldsoni (Gualt.) Synopsis Oe- conomica 12 Donelli ( h ug.) Parænesis ad Polo- nos 84 les Droits des Communes 440 E. Eginhardi Vita Caroli M. 190 . Emmii (Ubbonis) Græcorum Respublicæ 132 . 464 l’ Empereur (Constant.) de Legi- bus Ebræorum forensibus 109 Epsteinii (Achill.) Notæ ad Hor- nii Politicam Archite- ctonicam 22 Eremita (Dan.) Tr. de vita Aulica 478 Eschenbachii diss. de Scribis 202 l’ Espion des Cours de l’ Europe 368 . 381 Evelyn (Io.) de Physiognomia 232 St. Euvremont Dialogue de la Sante 61 la Paix ridicule 62 . 71 Oeuveres meles 235 F. a Felden (Io.) Notæ ad Hug. Grot. de I. B. et P. 173 Fenelon Telemaque 67 de l’Existence de Dieu 354 Faber (Lud. Cantarell.) de l’ori- gine des Fiefs 276 . 296 . 436 . 442 Fleury Histoire Ecclesiastique 291 des Moers des Israelites 37 . 103 . 151 Fornerii (Guil) Selectiones Iur. 67 Forstneri (Cristoph.) Notæ Po- lit. ad Tacitum 284 Frischlini (Nic.) Comediæ 402 Furettiere Dictionaire de l’ A- cademie Françoise 65 Roman Borgeois 65 G. Gellii Noctes Atticæ 189 Gentilis (Scip.) Commentar. in Epist. Pauli ad Philemon 50 Tr. de Conjurationibus 436 Gothofredi (Iac.) Comment. in Cod. Th e odos. 180 . Gracian (Balth) l’ Homme de Cour 140 . 142 368 . 478 . 484 Gratiani (Ant. Mar) Casus Viror. Illustrium 242 . 489 Gravelle (Franc.) Politique Ro- yale 195 Gribneri Principia Iuris Nat. 171 Grotius (Hugo) de Iure Belli et Pac. 22 . 95 . 126 . 247 Annal. et Hist. de Reb. Bel- gic. 158 . 227 Guazzius de ciuili conversatio- ne 138 Gundlingii (Nic. Hier.) diss. de Censoribus 61 . 317 disp. de Universitate delin- quente 213 . Gundlingiana 88 . 89 . 158 . 171 . 186 . 236 . 246 H. Hauteville des Ruses de Guerre 429 Heresbach (Conr.) de Re Rustica 149 Her- der angefuͤhrten Autorum. Hertii (Io. Nic.) Elementa Pru- dentiæ Ciuilis 4 . 11 . 19 . 21 . 53 . 98 . 100 . 115 . 160 . 201 . 247 . 251 . 256 . 439 . 454 . 455 . 459 . 469 Dissert. de Uno homine plu- res status sustinente 52 Hessenthaleri Athleta Politicus 408 Histoire des Severambes 40 . 114 Hobbesii (Thom.) de Cive 9 . 70 . 244 . 256 Leuiathan 27 Hoffmanni (Io. Adolph.) Politica 110 . 460 Hochberg (Wolfg. Helmhard de) Georgica Curiosa 150 Hochstetteri Collegium Pufen- dorffianum 126 . 214 von Hoͤrnigke Oesterreich uͤber al- les 299 Honorii (Phil.) Relationes 279 Hornii (Georg.) Orbis Impe- rans 114 Hornii (Io. Fridr.) Politica Ar- chitectonica 22 Hortleder (Fridr.) von den Ursa- chen des Teutschen Kriegs 373 Hottomanni (Franc.) Franco- Gallia 84 Huberi (Vlr.) de Iure Ciuitatis 22 Huet le Grand Tressor Histori- que et Politique du flo- rissant commerce des Hollandois 321 Hugonis Tr. de Usu et Abusu Ap- pellatiouum 188 . 204 I. Ieannin Negotiacions 496 Ioinville Histoire de Louis IX. 191 Iosephi Juͤdische Historie 423 Isbrand (Evert) Relation du Vo- yage de la Chine 369 L. Lactantius de Mortibus Persecu- torum 212 Lamy (Bernh.) Theologia Mora- lis 62 . 63 . 126 Langlæi (Iani) Semestria 211 Larrey Histoir e d’ Angleterre 19 in not 112 . in not. Lau Interesse von Holland 227 Vorschlag von Einrichtung der Intraden und Einkuͤnfte der Souverainen 272 Law Considerations sur le Com- merce et sur l’argent 339 Lavardin 61 Lehmanni (Christoph.) Chroni- con Spirense 192 . 197 . 199 . 202 ’ 337 . 400 Leibnizii Theodicee 89 Leidekker de Repub l. Hebræor. 110 Leti (Greg.) Vita di Sisto V. 21 , Lipsii (Iusti) Politica cum Com- ment. Io. Fridr. Reinhardi 11 . 156 . 157 . 364 de Religione una Catholica 169 Lisola Bouclier d’ Etat et de Iu- stice 173 Lock (Io.) de Intellectu humano 24 . 26 . 48 . 89 . 236 de l’ Education des enfans R r r 3 32. Register. 32 . 66 . 67 de la Tolerance 169 . 351 Lynckeri Consilia 281 Lyster (Mart.) Tr. de humoribus 233 M. Mabillon Acta Ordin. Benedict. 436 Machiavelli Princeps 79 Historia Florentina ibid. Discorsi sopra T. Liuio ibid. de Arte Militari 81 de la Marche (Oliu.) Memoires 239 Masii (Hect. Gotrfr.) Interesse Religionum 84 . 442 . Mead (Rich. de pestiferæ conta- gionis natura \& remedis 60 Menagiana 128 Merilli (Emundi) opera 246 Molesworth Staat von Daͤnne- marck 277 Molinæus (Car.) ad Consuetud. Paris. 190 Montecuculi Memoires 407 Mori (Thom.) Utopia 19 . 112 Mornæi Memoires d’Etat 418 de la Motte Problemes Scepti- ques 480 de l a Mothe le Vayer Traite de la Vertu des Payens 14 . 120 Mureti (M. Ant.) Orationes 211 N. Naude (Gbr.) Coups d’ Etat 54 . 438 . 457 . 459 de Re militari 54 Bibliographia Politica 195 Noodt (Gerh.) Orat. de religione Iure Gent. libera 350 de lege Regia 51 O. Observationes Hallenses 85 Obrecht (Ulr) de Vexillo Impe- rii 404 dissert. de fœderibus 365 Opera 365 . 374 Oldendorpii (Io.) de Actionibus Forensib 200 Osorius (Hier.) de Principis Insti- tutione 52 . 74 . 228 . 492 de Nobilitate 222 de Gloria 463 de Rebus Emanuelis Lusitan. R. 210 Orationes 6 Otto (Euer.) de perpetua fœmi- narum tutela 95 . 109 . de Stoica Ictorum Philoso- phia 121 P. Paruta (Paolo) Discorsi Politici 48 . 106 Pensees libres sur la religion 352 Perefix Vie de Henry le Grand 59 . 145 . 219 . 334 . 402 . 411 Perezii (Ant.) Ius publicum 221 227 . 247 . 251 Perizonii (Iac.) Origin. Babyl. 36 . 51 Origin. Ægypt. 462 Historia Seculi XVI. 86 . 357 Pfaffii Diss. de morte naturali 60 Pfan- der angefuͤhrten Autorum. Pfanner (Tob.) h ist. pac. West- phal. 419 Piccarti (Mich.) Comment. in Polit. Aristot. 8 Dissertationes Historico-Po- lit. 439 P lato de Republica 111 . 112 de Legibus ibid. Polybius 98 . 101 Postellus (Guil’) de Republ. A- then. 475 Prideaux Histoire des Iuifs 10 . 37 . 103 . 173 de Priezac (Dan) Discours Poli- tiques 159 Procopii Historia Anecdota 447 Pufendorff (Sam. de officio Hom. et Civ. 4 . 22 Pufendorff de Iure Nat. et Gent. 30 . 55 . 438 Einleitung zur Historie 7 . 277 de reb Gest. Fridr. Wilh. M. 216 . 224 . 377 . 379 de reb. Gest. Caroli Gustavi 404 Histoire Anecdote de Suede 97 . 394 . 400 du Puy (Pierre) Histoire des Fa- voris 242 R. Rabutin (de Bussy) des Aduersites 131 . 209 . 487 . 496 Ramazzini de Tuenda valetudi- ne 61 Ray de l’ Existence de Dieu 233 254 Raynaldi (Order.) Continuat. Annal. Baron. 278 Reinkingii Biblische Policey 219 Reinhardi (Io. Fridr.) Comment. ad Lipsii Libros Politic. 212 . 225 Relandi (Hadr.) Diss. de Uxore domiseda 93 Ricaut Histoire de l’ Empire Ot- toman 61 . 165 . 276 347 Richelieu Testament Politique 46 . 55 . 157 . 173 . 228 . 230 . 240 . 246 . 364 . 412 . 475 . 480 Memoires 241 Robinson Etat de Suede 400 de Rohan Interest des Princes 370 von Rohr Oeconomische Schrif- ten 148 S. Sallustius de Bello Catilin. 109 Sartorius de Ostreacismo 470 Savary le Parfait Negotiant 300 Dictionaire du Commerce 327 Schardii (Sim.) Scriptores Rer. Germ. 72 . 87 Schefferi Beschreibung von Lapp- land 162 Schmauss Staat von Portugall 282 S chmidii Commentar. ad Ius Ba- var. 289 Schroͤdters Fuͤrstl. Schatz- und Renth-Cammer 226 . 279 . 295 . 314 . 336 . 337 . 344 Schulz de Martyribus Status 453 Schurzfleisch de Reb. Polon. 451 Scudery la Fausse Clelie 94 . 143 Senecæ Epistolæ 91 Sidney du Gouvernement Ciuil. 51 . 85 . 476 Sieberi diss. de Cynicis 122 Sig- Register der angefuͤhrten Autorum. Sigonius (Car,) de Republ. He- bræor. 103 . 108 S i lhon le Ministre d’Etat 23 . 26 . 375 Simler (Ios.) von dem Regiment der loͤbl. Eydgenossenschaft 105 . 476 Simon (Rich.) Lettres Critiques 348 de Sorbiere (Sam.) Lettres et Discours sur diverses ma- tieres curieuses 117 Spanhemii Notæ ad Callimachum 67 Spencer (Io.) de legibus Hebræo- rum Ritualibus 107 Speneri diss. de Temperamentis 232 . 234 Spicelii (Theoph.) Infelix litte- rator 73 . 74 Arcana biblioth. detecta 74 Stahlii diss. de diæta in cibo et potu æquabili 61 . 401 Strozza (Cyriacus) 115 Stryck (Sam.) de Cautelis C ontractuum 154 Stryck (Io. Sam. de Iure liciti sed non ho- nesti 122 Sturmii Philosophia Eclectica 60 Suifft le Conte du Tonneau 256 de Sully (Duc de Bethune) Memoires 335 T. Taciti V ita Agricolæ 236 Telemaque de Ms. Fenelon 67 de Temple Oeuvres meles 386 de Terlon Memoires 363 Theophra st i Characteres 163 Tholosanus (Petr. Gregor.) de Republ. 205 Thomasii (Iac.) Tabul. Philos. Moral. 121 Thomasiii (Christ.) Iurisprudentia Diuina 31 Iurisprudentia consultatoria 18 . 156 Diss. vom Ja-Wort 64 de abbreuiandis processibus 116 Thoyras (Rapin) Histoire d’ Angleterre 418 . 446 Thuani Historia sui temporis 182 . 473 Thucidides 163 Titii Notæ ad Puffendorff. de O. H. et C. 39 Ius Priuatum 176 Toland diss. Homo sine superstitione 270 . 445 Tschirnhaus Medicina Mentis 56 V. Valentini Naturalien-Cammer 327 Valleriolæ (Franc.) Loci communes 234 Varillas Politique de Ferdinand le C atoli- que Roy d’ Espagne 199 Varro de Re Rustica 149 le Vassor Histoire de Lonis XIII. 433 Vauban le Disme Royal 302 . 304 . 308 de Vayrac Etat present de l’Espagne 273 Vertot Histoire des Revolutions de Rome 476 de Verulamio (Franc. Bacon.) Atlantis 116 de augmentis scientiarum 116 Vita Henrici VII. 212 . 243 . 320 . 453 de Vignau l’ Etat præsent de la puissance Ottomane 223 de Villeroy Memoires 496 Vitringa (Camp.) Hypotyposis Histor. et Chronol. Sacr. 111 Observationes Sacræ 162 Aphorismi Theologici 487 W. w eck (Ant.) Dreßdnische Chronicke 289 . Weise (Christian) Politischer Feucrmaͤuer- kehrer, Politische Troͤdelfrau ꝛc. 5 . w eizii (Io.) Diatriba de laudibus Vitæ Ru- sticæ Romanorum 149 w erenfels (Sam.) diss. de libert. Conscien- tiarum 350 w icquefort de l’Ambassadeur et de ses fon- ctions 385 . 435 de w itt politische Gronden 321 W ittckindus Corbej 136 Z. Zevecotii Notæ Politicæ ad I. C æs. Flor. Sueton. 208 . 244 . 422 . 465 Ziegleri (Casp.) Dicastice 197 de Iuribus majestatis 342 Regi- Register der abgehandelten Materien. A. A cademi en , ob solche einem Staate eintraͤglich 290 Adel , wie weit auf selben bey Be- dienungen zu reflecti ren 222 Aemter , was von deren Verkauf- fungen zu halten 245 . ob selbige erblich zu concedi ren? 250 Ærarium , des Staats, wie solches zu bestellen? 252 . Mittel wie sol- ches zn vermehren? 269 . durch Handel nnd Wandel 281 . wie man der Natur durch die Kunst muͤsse zu statten kommen 284 wie solches durch ausserordentliche Mittel zu vermehren? 292 wie solches im Stande zu erhalt- en? 295 Allianc en vid. Buͤndnuͤsse . Alliir te vid. Bundsgenossen . Ansehen , solches zu erhalten ist ei- nem Principi noͤthig 454 Arcana , was sie uͤberhaupt seyen? 437 Arcana im perii was sie seyn 439 dominationis was sie seyn 441 Exempel davon 469 in einem Monarchischen Staat 443 in ei- ner Aristocratie 465 wieder den Principatum ibid. wieder den peuple 468 in einen Democra- ti schen Staat 475 Arme , ob sie von Bedienungen gaͤntzlich auszuschliessen? 224 . B. Bediente , wie bey deren Wahl auf die Geschicklichkeit zu sehen 218 daß keine sordid en Leuthe darzu zu nehmen 221 ob Arme von der Wahl gaͤntzlich auszuschliessen? 224 ob einheimische fremden vorzuzie- hen 225 wenn junge, wenn alte zu weh- len 228 das tugendhaffte zu wehlen 230 ob bey deren Wahl auch auf das Temperament zu sehen sey? 232 wie viel deren zu haben noͤthig? 239 ob sie per saltum zu promovi- ren? 243 ob und wenn sie durchs Looß zu wehlen? 244 von ihrem Ansehen 247 Bedienungen , ob rathsam selbe zu verkauffen 245 ob selbe erblich zu geben? 250 von Belagerungen 429 Belohnungen , was vor Cautel en dabey in acht zu nehmen 214 Bestraffungen , noͤthige Cautel en dabey 204 S s s Billig- Register Billigkeit , deren soll sich ein Prin- ceps befleißigen 456 Buͤndnuͤsse , von selben uͤberhaupt 358 ob es rathsam mit vielen dergleichen zu schliessen 359 ob mit weit entlegenen Voͤlckern und Puissancen solche zu schlies- sen 360 Buͤndnisse vid Bundsgenossen . Buͤndnisse , was bey deren Errich- tung in acht zu nehmen 369 was bey Ausfertigung der Tracta- ten zu observi ren 371 wenn, und zu welcher Zeit selbige zu schliessen 375 was von ewigen Buͤndnissen zu halten? 376 deren Eintheilung 377 Bundsgenossen , was vor welche zu wehlen 362 ob maͤchtigere 362 ob mit schwaͤ- chern sich in ein Buͤndniß einzu- lassen 364 ob mit boͤsen und unglaͤubigen 365 Buͤrgerliche Kriege 435 C. Cavallerie , ob sie der Infanterie vorzuziehen ? 396 Ceremoniel der Gesandten 377 Charge , vid. Bedienungen und Bediente Ciuilis status vid, Status ciuilis Commando , ob solches im Kriege einem allein anzuvertrauen 408 Commercia , von selben uͤberhaupt 317 wie viel Leute dazu erfordert wer- den 321 was vor Waaren dazu erfordert werden 322 Couiugalis Societas 47 Couservatio sui, was es heisse 15 D. Decorum vid. Wohlstand . Decorum , warum es noͤthig? 120 was es sey? 122 Domania , ob es rathsam solche zu vereusern? 286 . ob solche zu ver- pachten? 287 Dominationis Iura. in einem Mon- archischen Staat 457 . Exempel davon ibid. E. Einheimische , ob sie bey Bedie- nungen fremden vorzuziehen? 225 Elend des Menschen 56 . 58 Betrachtung desselben in statu hominis absoluto 58 . in statu aduentitio 62 . unter Eheleuten ibid. zwischen Eltern und Kin- dern 65 . zwischen Herren und Knechten 67 Erblichkeit der Chargen, ob selbe rathsam? 250 Erkaͤntniß menschlicher Gemuͤther 493 Erfahrung , was sie beym studio politico nutze? 3 F. Feinde bey Hofe, wie sie zu gewin- nen? 496 Feld- der abgehandelten Materien. Feld-Herr , dessen Qualitaͤten 408 411 Feld-Schlachten 421 was dabey auf die Zeit ankomme? 423 wie dabey auf den Ort zu sehen 423 wieviel dabey auf den Ruf ankom- me? 425 daß an dem Exempel der Officiers viel gelegen 427 Flagitia Dominationis in einem Monarchischen Staat 460 in einer Aristocratie 473 Fuͤrsten , wie deren Gunst zu gewin- nen? 495 G. Geheimnisse vid. Arcana . Gemuͤths -Erkaͤntniß 493 General vid. Feldherr . Gerichte und Processe 189 Gesandte , deren Bevollmaͤchti- gung 371 deren Qualitaͤten 377 Gesandten -Ceremoniel 377 vom Gelde 338 Gesetze , deren Aenderung 183 deren noͤthige Harmonie 186 Gesetzgeber vid. Ligislator. Gesinde . was auf gut Gesinde an- komme? 152 Gleichheit , wie selbe unter denen Bedienten zu erhalten 456 Gluͤck , was es sey, und wieviel im Krieg darauf ankomme 414 was der Ruf contribuire 425 Gluͤck bey Hofe 484 Gluͤckseligkeit , wahre, was sie sey? 88 wie solche zu erlangen in statu ab- soluto 90 . in statu composito ibid. im Hauß-Stande ibid. im Ehestande 92 . bey der Kinder- Zucht 95 . in andern buͤrgerlichen Staͤnden 96 Gluͤckseligkeit eines Staats, wor- innen sie bestehe? 97 . durch was vor Mittel sie erhalten werde? 103 Gluͤckseligkeit , deren Hindernisse 138 Guarde , warum selbe noͤthig 455 Gunst des Fuͤrsten, wie solche zu er- halten? 495 der Ministres wie solche zu erhal- ten? ibid. H. Haͤußliche Stand 146 dessen Endzweck, Mittel, Hinder- nisse ibid. Hauswirthin , wie viel daran ge- legen? 150 Handelschaft vid. Commercia . Handelschaft , ob solche ein grosser Herr treiben koͤnne? 281 Handlungen der Menschen und de- ren Eintheilung 12 Hazard , was auf solchem in der Menschen Thun und Lassen an- komme? 6 S s s 2 Hin- Register Hindernisse der Gluͤckseligkeit 138 wie solche zu removiren 142 im haͤußlichen Stande 146 eines Staats, so durch die benach- barten Staaten verursachet wer- den 170 . 171 , durch die Regenten selbst 174 Historie , was sie bey der Politica nutze? 4 Hof , wie einer sich daselbst hervor- thun koͤnne? 495 Hof-Feinde , wie sie zu gewinnen? 496 Hof-Gluͤck 484 Hof-Leben , was es sey? 479 Hofmann , dessen Leibes-Gestalt 483 . dessen innerliche Qualitaͤ- ten, in Ansehung des Verstan- des 485 . in Ansehung des Wil- lens 486 daß er muͤße geduldig und beschei- den seyn 487 . imgleichen gerecht 488 daß er sich der Wohlanstaͤndigkeit befleißigen muͤsse 490 Huͤlfs -Trouppen 400 J. I dea l is Respublica 111 Imposten , ob solche mit Einwilli- gung des Volcks muͤssen aufgele- get werden? 315 wie solche von den Unterthanen zu heben 317 Incommoda des Privat-Standes werden durch den statum ciui- lem vermehret 69 wer daran Schuld sey 70 Incommoda der Regenten 70 der uͤbrigen Staͤnde 73 der Gelehrten ibid. der Kuͤnstler und Handwercker 74 gantzer Societaͤten 75 Incommoda , derselben Ursachen 77 . welche sich uͤber alle Staͤnde er- strecken 78 Infanterie , ob sie der Cavallerie vorzuziehen 396 Irregulaire Republiquen 478 Ius legislatorium , was es sey, und wie es zu exerciren? 176 Iura dominatuonis , Exempel davon 457 . in einem Aristocratischen Staat 470 . in einem democrati- schen Staat 476 Iura dominationis was sie seyen 175 K. vom Kriege 392 was vor Zuruͤstung dazu erfordert werde 393 wieviel dabey aufs Gluͤck ankom- me 414 wenn man selben fuͤhren solle 417 was waͤhrend selben zu observiren 420 buͤrgerliche Kriege 435 Kriegs-Commando , ob solches ei- nem allein anzuvertrauen? 408 Kriegs-Disciplin 401 Kriegs-List ob solche erlaubt 428 L. Legislator , auf was vor Umstaͤnde der- der abgehandelten Materien. derselbe zu sehen habe 186 Leib-Guarde , daß selbe noͤthig 455 Looß , ob Bediente durchs Looß zu wehlen 244 M. Machiavellismus was es sey? 79 dessen Deck-Mantel 86 Maiestatica iura was sie seyn? 175 Maximen vid. A Arcana Maximen sich bey der Monarchie zu erhal- ten 445 . gegen den Plebem ibid. gegen die Patricios 447 Mercenariamilitia 399 Ministres , wie bey deren Wahl auf die Ge- schicklichkeit zu sehen? 218 ob schlechte Leuthe darzu zu nehmen? 221 wie weit Adliche und Unadliche einander vorzuziehen? 222 ob arme darzu zu nehmen? 224 ob einheimische fremden vorzuziehen? 225 was dabey in Ansehung des Alters zu ob- servi ren? 228 daß bey deren Wahl vornehmlich auf Tu- gend zu sehen 230 wie viel deren zu haben noͤthig 239 ob sie per saltum zu promovi ren 243 was von der Wahl derselben durchs Loos zu halten 244 von ihrem Ansehen 247 wie ferne ihnen Freyheit zu geben ihr Sen- timent aufrichtig zu sagen? 248 Ministrissimus , ob ein Herr dergleichen ha- ben solle 456 Monarchomachismus , was es sey? 82 Deck-Mantel desselben 82 Muͤntz-Wesen 338 N. Nachbarn , was anf solche ankomme? 154 Nachfolger , ob es rathsam selben bey Leb- Zeiten zu ernennen? 453 O. Officiers , daß auf ihr Exempel vieles ankom- me 427 P. Politica , was sie sey 1 wem sie noͤthig 2 derselben Endzweck 27 ob sie auf Academien erlernet werden koͤn- ne? 3 ob die Erfahrung und Historie dabey er- fordert werden? 3 . 4 was vor Buͤcher man lesen koͤnne? 11 wie sie abzuhandeln 28 Politica extendi ret sich auf alle Staͤnde 19 Politica in wie vielerley Bedeutung sie ge- nommen werde? 19 Eintheilung derselben 22 ob man in derselben Demonstrationes habe? 23 Politica Priuata , was sie sey? 5 Premier Ministre ob, dergleichen zu haben, einem grossen Herrn zntraͤglich 456 von Privilegiis 183 von Processen 189 Providentia diuina was sie sey? 7 Public - Guͤther , ob es rathsam solche zu veraͤussern? 286 ob solche zu verpachten 287 R. Ratio status , was sie sey? 52 . uͤberhaupt? ibid. in Ansehung auf die Republic 53 . ob sie was boͤses sey? 53 unterschiedene Bedeutung des Worts 56 Regierende Printzen, ob selbe selbst mit zu Felde gehen sollen? 410 Religion , daß sie zum Deck-Mantel des Macchiavellismi und Monarchomachis- mi gebrauchet werde 86 S s s 3 ob Register der abgehandelten Materien. ob es rathsam deren mehr als eine in ei- nem Staate zu dulden 346 Republic , wer keine leiden wolle? 116 Respublica Idealis was es sey? 111 S. Von Schantzen 415 Schatz-Kammer vid. Aerarium Schlacht vid. Feld-Schlacht Schmeicheleyen bey Hofe, ob sie erlau- bet? 492 Sieg vid. Feld-Schlacht Sieg vid. Gluͤck Sieg , wie man sich dessen gebrauchen sol- le? 430 Simulacra imperii , was sie seyn? 443 . in ei- nem Monarchischen Staat 459 . in ei- ner Democratie 478 Simuli ren und dissimuli ren, ob es erlau- bet? 489 dessen verschiedene Arten 490 Societas conjugalis 47 paterna 48 herilis 49 Soldat , dessen Qualit aͤten 401 Staat , von dessen Scopo 157 . wie dieser er- halten werde, in Ansehung des Geni es der Einwohner 160 . in Ansehung der Form der Republic selbsten 165 dessen Hindernuͤsse so durch die benach- barten Staaten verursachet werden 170 . 171 . durch die Regenten selb- sten 174 wenn sich derselbe changi ret, wie sich ei- ner verhalten muͤsse? 496 Stand vid. Status Staͤnde der Menschen, wie unterschieden sie seyn 29 Stand , was einer vor einen wehlen sol- le? 40 daß ein Mensch deren verschiedene haben koͤnne 52 daß man zufoͤrderst auf desselben End- zweck sehen muͤsse 117 Status vid. Stand Status quid ? 29 absolutus et compositus quid ? 31 societatis paternæ 48 herilis et seruilis 49 ciuilis, und dessen verschiedene Arten 50 Straffen , was vor Cautel en dabey in acht zunehmen 204 wenn viele peccir et? 213 wenn solche ohne Gefahr nicht exequir et werden koͤnnen, wie sich zu verhal- ten? 207 von der Artzu straffen 209 ob neue zu erdencken rathsam? 211 derselben Milderung 212 Stratagemata, ob solche erlaubt 428 T. Temperament , wie weit auf selbiges bey der Wahl der Bedienten zu sehen 232 Tractaten , deren Ausfertigung 371 deren Ratificati on 374 Tributa 301 V. Verpachtung der Domain en 287 Von Vestungen 415 Uberwinder , wie er sich gegen die Uber- wundenen zu verhalten habe 432 W. Wirtschaft , was dabey auf die Umstaͤnde des Orts, der Zeit etc. ankomme? 155 Wohlstand im Reden 126 in Geberden und im Gange 134 in Kleidern 136 auf welchen ein Hofmann zu sehen 490 Z. Zoͤlle 301 Zustand des Menschen ist natuͤrlicher wei- se elend 56 Druck- Druck-Fehler. Weilen gegenwaͤrtiges Werck an einem auswaͤrtigen Ort gedruckt wor- den, so haben sich, wie gemeiniglich zu geschehen pfleget, einige Fehler mit eingeschlichen, welche aber doch, da sie meistens nur in verkehrten oder un- recht gesetzten einzelen Buchstaben bestehen, mit leichter Muͤhe, und ohne Verunzierung des Buches koͤnnen corrigiret, und hoffentlich auch von einem Wohlgesinnten Leser werden pardonni ret werden. p. 4 lin. 12 lege tauglich. p. 5 lin. 25 lege banquerot. p. 7 lin. antepenult. post: im pcrium supple: ist. p. 8 lin 7 lege pisciculos. p. 13 lin. 12 dele ist lin. 22 lege exe- riret. p. 15 lin. 34 lege Dienste. p. 16 lin. 20 so lege nicht. p. 19 lin. 11 lege Campanel- la lin. ult. lege Larrey. p. 22 lin. 22 lege gehandelt. p. 31 lin. 6 lege Thiere. p. 42 lin. 30 lege naturæ. p. 47 lin. 34 lege Sadeur. p. 58 lin. 23 lege Tugend. p. 59 lin. 3 dele sie. p. 63 lin. 34 lege ihnen. p. 66 lin. 35 Musquet lege Pericles. p. 72 lin. 15 lege immer. p. 76 lin. 13 lege heben. p. 83 lin. 23 lege tu solus regas. p. 84 lin. 15 lege Languetus. p. 85 lin. 16 lege Sidney. p. 92 lin. penult. dele nicht. p. 97 lin. penult. in lege uud. p. 98 lin. 11 lege sobrii. lin. 13 lege Scipione. p. 101 lin. 32 post gantz supple anders. p. 102 lin. 11 lege Da. lin. 31 lege Theocratiam. p. 104 lin. 26 lege Batavia. p. 106 lin. 24 aber lege eben. p. 107 lin. 36 et 37 lege Spencer. p. 108 lin. 3 lege Sigonius. lin. 21 lege eben. p. 109 lin. 23 lege Catilin. p. 110 lin. 30 post bey uns supple nicht. p. 111 lin. 23 lege uͤber. lin. 34 lege reuelatio. p. 112 lin. ult. lege Larrey. p. 113 lin. 12 lege Hispaniæ. p. 114 lin. 5 lege des. lin. 18 lege Magellanica. p. 118 lin. 24 lege pactum. lin. ult. lege acquisitas. p. 122 lin. 3 lege astutam. p. 124 lin. 22 auch lege nicht. p. 125 lin. 21 lege vituperabiles. p. 126 lin. 27 lege indecens. p. 127 lin. 6 lege Pere. p. 128 lin. 33 lege horrorem. p. 132 lin. 6. loco Puncti fiat com- ma. lin. 8 lege kan. lin. 22 lege Sadeur. p. 134 lin. 18 lege Campeg. p. 137 lin. 17 lege Fontange lin. 35 lege Mothe. p. 138 lin. 21 lege Casa. p. 142 lin. 36 dele gewesen. p. 143 lin. 16 lege immer. p. 147 lin. 25 lege Donaldsonus. p. 149 lin. 23 lege Oecono- miæ. lin. 31 lege brauet. p. 153 lin. 27 lege Testament. p. 154 lin 6 lege als. p. 155 lin. 12 lege Handelsleute. p. 160 lin. 4 post Marius fiat comma. p. 162 lin. 3 lege Od- oacer. p. 163 lin. 17 lege welcher. lin. 35 lege Brennu s . p. 165 lin. 13 lege Ricaut. p. 167 lin. 12 lege Disparata. lin. 25 lege Crousaz. p. 173 lin. 10 lege Histoire des Iuifs. lin. 21 lege Lisola. lin. 32 lege Aix la Chapelle. p. 174 lin. 20 lege noch. p. 178 lin. 29 parricidis lege: de parricidis. p. 181 lin. 12 lege obligabis. p. 182 lin. 34 lege Veni- se. p. 189 lin. 14 lege sanguine. p. 190 lin. 3 lege paupertas lin. 22 lege extraueos lin. 33 lege Parisiensibus. p. 192 lin. 13 dele sonst. p. 193 lin. 5 nicht lege nur. lin. 12 lege Fripon. lin. 17 lege: submisimus. p. 194 lin. 20 supple bloß. lin. 31 lege aberrant. p. 195 lin. 32 lege Schaffen. p. 196 lin. 1 anders lege uͤblers. p. 198 lin. 24 lege excuti- te. p. 199 lin. 13 in lege de. lin. ult. lege Antiquit. Rom. p. 200 lin. 23 lege Diser- tus. p. 202 lin. 1 post Acten supple: weg. p. 203 lin. 3 lege Publicianam. p. 206 lin. 17 et 30 lege utilitati. p. 207 lin. 7 lege vultu. p. 209 lin. 8 lege multam. lin. 30 le- ge ehemahligen. p. 210 lin. 18 lege Osorius. p. 211. lin. 33 lege von. p. 213 lin. 6 7 le- ge peuple. p. 214 lin. 20 lege reipublicæ salus. p. 215 lin. 11 lege abiecti. p. 216 lin. 4 lege 4 lege abjecta. lin. 17 lege politicas. lin. 28 lege: Professores extra ordinarli sind. p. 219 lin. 3 lege Argus p. 220 lin. 31 lege elogium. p. 223 lin. 8 lege Pack. p. 224 lin. 20 lege pallio. p. 225 lin. 18 lege in denen. p. 226 lin. 21 lege Czaarowitz. p. 229 lin. 32 lege IV. p. 230 lin. 25 dele seyn. lin 35 lege ineptas. p. 231 lin. 24 lege Probos lin. 25 lege improbos. p. 232 lin. 2 lege Actis Eruditor. p. 234 lin. 15 lege Stimme. p. 235 lin. 29 lege Generals. p. 237 lin. 18 lege extraordinaire. lin. penult. lege instru- mentis. p. 238 lin. 20 lege eclatante ste. p. 239 lin. 20 lege insensib ement. p. 245 lin. 31 post geben supple werden. p. 247 lin. 11 lege addendum. p. 248 lin. 23 lege Cas- telnau. lin. 25 lege Ronsard. p. 249 lin. 19 post muͤssen fiat Punctum. p. 250 lin. 26 lege Procurator. p. 251 lin. 2 lege regendis. lin. 15 lege bereichern. p. 254 lin. 27 le- ge Ray. p. 255 lin. 10 lege pauvre. p. 256 lin. 14 supple Gedancken. p. 257 lin. 5 post und supple als. lin. 33 supple nicht. p. 259 lin. 32 lege datam. p. 260 lin. 3 lege deli- ciæ. p. 267 lin. 17 lege Richter. p. 268 lin. 18 lege Die es nicht. p. 269 lin. 27 lege missen. p. 271 lin. 36 legc retirir en. p. 277 lin. 30 post Land supple nicht. p. 278 lin. 4 Dieser lege Der. p. 281 lin. 3 lege hominis. p. 383 lin. 31 Zoͤlle lege alle. p. 286 lin. 21 lege Carolus II. p. 303 lin. 8 lege tributum. p. 308 lin. 18 lege protection. p. 311 lin. 33 nicht lege est. lin. 34 post nichts dele Punctum. p. 314 lin. 11 man lege an. p. 315 lin. 26 lege rigoureux. p. 318 lin. 23 lege Bibliotheque. p. 320 lin. 1 lege Hafen. p. 324 lin. 27 lege eigene. p. 332 lin. 6 lege wenn. lin. 14 lege Gentilly. p. 341 lin. 15 lege Dousa. p. 346 lin. 23 post geben dele Punctum. p. 348 lin. 2 lege indifferentia. p. 350 lin. 36 lege befohlen. p. 352 lin. 31 supple Man. p. 353 lin. 29 lege veritable. p. 354 lin. 15 lege Interna. p. 355 lin. 13 lege Donati. p. 357 lin. 13 lege reden. p. 361 lin. 1 lege Oeuvres. p. 364 lin. 31 lege Loch. p. 366 lin. 6 post mich supple nicht. p. 371 lin. 13 lege Callieres. p. 372 lin. 4 lege Credi t iv. p. 379 lin. 24 lege auch. lin. 34 le- ge flagitat. p. 380 lin. ult. lege immer mehr. p. 381 liu. 3 lege: consueta. p. 384 lin. 14 lege Ie. p. 385 lin. 1 lege Wicquefort. p. 392 lin. 19 lege sie. p. 400 lin. 22 lege Ca- rolus XI. p. 402 lin. 19 lege Perefix. p. 403 lin. 3 lege effoeminati. p. 404 lin. 30 lege in Engeland. p. 409 lin. 31 lege davon. p. 411 lin. 17 eine lege wie. p. 416 lin. 23 lege nicht noͤthig. p. 418 lin. 27 lege anzufangen. p. 420 lin. 20 lege aggredienda. lin. 24 lege Sire. p. 421 lin. 10 lege rerum. p. 422 lin. 7 lege haͤlt. p. 429 lin. 21 lege kom- men. p. 431 lin. 12 post gewonnen fiat Punctum. p. 432 lin. 2 dele zu dele und. p. 434 lin. 10 lege immer. lin. 29 lege togatos. p. 436 lin. 20 lege ihnen. p. 437 lin. 14 lege Historiæ. p. 438 lin. 8 lege flagitia. lin. 16 lege Aristocraticæ. p. 440 lin. 26 lege Za- lask o wsky. lin. ead. lege Chwalkowsky. p. 447 lin. 12 lege complotir en. lin 13 le- ge loben. p. 449 lin. 7 lege Sylla lin. 18 lege unam. p. 450 lin 27 lege Histoire. p. 459 lin. 20 lege Provincial. l. 31 lege Gladov. p. 460 lin. 22 loco Puncti fiat Comma. p. 465 lin. 5 et 6 lege P o liarchie. p. 467 lin. 14 lege septemviris. lin. 29 lege Thaler. p. 469 lin. 20 Jesuiten lege Venetian er. p. 470 lin. 32 lege Verraͤther. lin. antepen. lege politica. p. 471 lin. 7 lege Lupanariorum. lin. 10 lege Patriciam. lin. 20 lege apices. p. 472 lin. 17 lege weil. p. 473 lin. 5 lege Venetorum. p. 475 lin. 29 lege Würtenbergic. p. 476 lin. 19 lege bon sens. lin. 26 supple sie. p. 479 lin. 19 lege Cam- pagnard. lin. 26 lege cultivir en. p. 485 lin. 32 lege auancir en will. p. 486 lin. 24 le- ge par tout. p. 488 lin. 18 lege mit grosser. p. 490 lin. antepen. lege kein. p. 494 lin. 32 lege Meinwerc. p. 496 lin. penult. et ult. lege: President Ieannin. ENDE .