GR AMMATICA RELIGIOSA, Oder G eistliche T ugend- S chul/ Jn Welcher Ein Jeder/ so wohl Geist- als Weltlicher/ heylsamb zur Geistlicher Vollkommenheit unterwiesen wird. Von dem Wohl-Ehrw. P. ABR AHAM à SANCTA CLARA Deß Heil. AUGUSTINI Barsuͤsser-Ordens Priester/ Dero Kayserl. Maj. eyfferigen und weit-beruͤhmten Prediger/ und selbiger Zeit Provincial en/ an jetzt aber Provincial-Definitor en in Teutschland und Boͤhmen/ in lateinischer Sprach verfertigt. Nun aber Jn Ansehung deß grossen und herrlichen Nutzen/ so diese heylsame Tugend- Schul bißhero gewircket/ zu sonderbahrem Trost und Aufferbauung der Teutschen Beyder Geschlechts Nation in diese Muͤtterliche Sprach uͤbersetzet Durch Einen einsamben Ordens-Geistlichen der Stadt Coͤllen. Mit vierfachem Indice oder Register. Jn dem Ersten werden begriffen die Lection en/ in dem Andern die Historien/ in dem Dritten wird gezeigt/ wie diese Lection en auff alle Sonn- und Feyer-Taͤge koͤnnen gebraucht werden/ und in dem Vierten werden die vornehmste Materien angezogen. Der Erste Truck. Gedruckt zu Coͤllen/ Jn Verlag Frantz Metternich/ Buchhaͤndlers unter guͤlden Waagen. ANNO M. DC . IC . Cum Privilegio Sacræ Cæsareæ Majestatis speciali. Zum geneigten Leser. Geneigter Leser. E S hat dir und dem gantzen Teutschland/ durch seine biß dato abgelassene teutsche Bůcher sich rühmlich bekennt ge- macht der Hochw. und sehr gelehrte P. ABR AHAM à S. CLARA, deß Heil. Augustiner Barfůsser-Ordens dieser Zeit Definitor Provincialis, und Kayserlicher Hoff-Prediger. Gleich wie du nun durch selbige Bücher bist heylsamb un- terwiesen und zugleich fast immer zum ehrbaren Lachen bewegt worden; also hat der wohlged. Vatter in seiner/ dir zum Besten auffgerichteten gegenwaͤrtigen geistlichen Tugend- Schul/ dich ebener massen unterrichten/ das Lachen mit Heyl- bringenden Schmertzen vermischen/ und dir zeigen wollen/ daß er eben so wohl Fasten/ als Fast-Nacht halten koͤnne. Jndem aber selbiger/ deß Jhme auffgetragenen hohen Provin- cial- Ambts halben/ diese seine in lateinischer Sprach for- mirte geistliche Schul zu verteutschen abgehalten worden: Als hab ich/ mein Christlicher Leser/ du seyest Geist- oder Welt- lich/ in Ansehung deß grossen Nutzen/ so auß dieser GOtt- gefaͤlligen Lehr bißhero nicht wenigen erwachsen/ zu hoͤchster Ehren GOttes und zum Trost und Heyl deiner Seelen dir auch den Zugang zu dieser hohen Tugend-Schul durch Vbersetzung der lateinischen Sprach in deine Můtterliche er- oͤffnen/ und dich anbey erinnern wollen/ daß du derselben herrliche Lehr-Stůck reifflich zu beobachten/ deine bißhero begangene Fehler und irrige Miß- Tritt demůtiglich zu er- kennen/ und selbige angewiesener Massen zu besseren dich aͤusse- rist befleissen sollest. Jch/ als ein unwůrdiger Geistlicher gestehe gern/ daß ich schier in allen Lection en und Regulen die- ser geistlichen Tugend-Schule schon laͤngst zwarn seye erfah- ren gewesen/ dannoch allen nicht gleichfoͤrmig gelebt habe: muß aber nun mit Freuden bekennen/ daß mich selbige meines ):( 3 Ambts Zum geneigten Leser. Ambts an unterschiedlichen Orthen zum Trost meiner See- len gar glimpfflich erinnert haben. Dieweilen aber ich mit dieser meiner eigenen geistlichen Ersprießligkeit nicht alleinig zu frieden bin/ sondern dir/ als meinem Naͤchsten dieselbe auch von Hertzen goͤnne; so hab ich die hiernaͤchst folgende Geist- reiche Lection en/ die teutsche Sprach zu lehren; auch in selbi- gen an einigen wenigen Orten auß Vrsachen etwas zu versetzen/ und dich solcher Gestalt in allein Guten zu handhaben mich unterstanden; der ich hiedurch nichts anders/ als die hoͤchste Ehr GOTTES/ und die Seelen Wohlfahrt aller Christ- Glaubigen fůrnemblich suche/ und von Hertzen wünsche/ daß alle leibliche Eltern/ Bruͤder/ Schwester und Freunde/ ihre GOtt-verlobte Kinder/ respectivè Brüder/ Schwester und An- verwandte in den Kloͤstern/ an statt deren unnůtzlichen/ und vielmahl sehr schaͤdlichen und verderblichen Geschencken/ mit Verehrung dieser verteutschten H. Tugend-Schul/ zum Heyl ihrer Seelen regali ren thaͤten: sie würden ohn allen Zweifel von GOTT viel bessern Lohn und Seegen/ so zeit- als ewiglich; und von ihren Kindern und Anverwandten nach- mals viel groͤssern Danck zu gewarten habebn. Derhalben lasse dir/ mein geneigter Leser/ diese meine wohl-meinende Arbeit zum Heyl deiner Seelen gefallen/ und bette für mich/ wie ich fůr dich. APPRO- APPROBATIO THEOLOGORUM ORDINIS . I Ussu Reverendissimi Patris Martini à SS. Trnitate nostri Generalis Vicarii legi \& perlegi præsens Opusculum, \& quia in eo nihil ab Orthodoxa fide aut bonis moribus alienum reperi: ideo publica luce dignum judico. Datum Viennæ in Aulico nostro PP. Augustini Monasterio, die 1. Januarij 1691. F. BERNARDUS à S. THERESIA Augu- stinianus Discalceatus \& in præfato Con- ventu pro tempore Prior. P Ræsens Volumen GRAMMATICA RELIGIOSA indigitatum attenta mente pervolvi, \& cum non nisi sanam \& sanctam doctrinam contineat, publico prælo dignum censui. Datum Viennæ die 6. De- cembris, 1690. F. ANSELMUS à S. Christophoro August. Discalc. SS. Theologiæ Lector Primarius. CENSURA ORDINARII COLONIENSIS . G RAMMATICA RELIGIOSA ab Adm. Reverendo Patre Abra- hamo à S. Clara , Augustiniano Excalceato, \& doctè conjugata, \& latinè pro Latinis perfecta, à candido verò Religioso in Gratiam Ger- manorum in idioma Germanicum candidè \& religiosè transformata; placet ut pro plurium Institutione typis divulgetur. Coloniæ hac 24. Maji 1698. CHRISTIANUS NEWENDAL Elsius, SS. Theologiæ Doctor, Colleg. Eccles. S. Andreæ Decanus, Gymnasii Montani Re- gens, Librorum Censor. \&c. PRIVI- PRIVILEGIVM CÆSAREVM . C Um plane hoc anno à Sua Majestate Cæsarea Religio mea Diploma obtinuerit, quo omnibus \& singulis Typographis, Bibliopolis, ae aliis quibuscunque librariam negotiationem ex- ercentibus seriò firmiterque inhibeatur, ne quisquam libros ullos à Patribus nostris hactenus editos, aut in posterum eden- dos intra Sac. Rom. Imperii \& Provinciarum Sac. Cæs. Ma- jestati hæreditario jure subditarum fines absque Superiorum \& Auctorum consensu simili aliove charactere aut formâ, sive in toto, sive in parte excudere, recudere, vel aliò excudendos vel recudendos mittere, vendere, distrahere clam seu palam audeat vel præsumat. Idcirco Ego F. ABRAHAM à S. CLARA August. Discalceatus pro tempore Definitor Provincialis hocjus Cæsarei Privilegii circa editionem Grammaticæ Religiosæ in idiomate vernaculo libens lubens cedo Francisco Metternich Civi \& Bibliopolæ Coloniensi ejusque hæredibus, in quorum fidem hoc ei testimonium manu propriâ subscripsi \& consueto sigillo munitum dare volui. Viennæ 12. Augusti 1698. (L. S.) F. ABRAHAMVS à S. CLARA August. Discalc. pro tempore Definitor Provincialis. Register Denen Hoch-Ehrwürdigen/ in GOtt Geistlichen Frawen/ Fr. MARIÆ Schmitz/ Wuͤrdigsten Abtissin deß uhralt-vornehmsten Jungfern C losters S. Machabæorum M M. Fr. GERTRUDI Schlimgen/ Wohl-verdienten Abtissin deß wohlberuͤhmten Gottes Hauß St. Agathæ. M. Fr. ANNÆ Aubels/ Werthisten Abtissin deß Hochloͤblichen Closters SS. Mauritii \& Soc. M M. Allerseits Welt- beruͤhmten Ordens S. BENEDICTI Obrist-Vorsteherinnen in Coͤllen/ \&c. V Nter denen Heiligen Ordens-Stifftern ist meines erachtens der gluͤckseeligster der hoch - gebenedeyter Patriarch Benedictus, deme schier der dritte Welt-Theil gefolgt/ Trithem. l. 1. vir. illust. Ord. Bened. c. 2. und seine Geistliche Grammatic, das ist/ seine schrifftlich verfaste Wissenschafft geistlich zu leben angenommen/ in ungezweiffelter Warheit/ daß selbige die al- lerheylsambste vom H. Geist allerheiligst dictirt e Regulen/ Lectio- ) : ( nen DEDICATIO . nen/ Lehr- und Satzungen begreiffend/ zum hoͤchsten Benedicti ner- Ordens Lob/ und bey der Nach- Welt verewigten Herrlichkeit an sich gezogen 31. Roͤmische Paͤpst: 184. Cardinaͤl: 1564. Ertz-Bi- schoffen: 3512. Bischoffen: 15000. Aebt und Praͤlaten (neben un- zaͤhlig vielen andern) so in außgangenen vortrefflichen Schrifften be- ruͤhmt gewesen: beneben noch 20. Kaͤysern und 12. Kaͤyserinnen: 20. Koͤnigen und 45. Koͤniginnen/ neben unzaͤhlichen fuͤrst- graͤff- hoch- adlichen und allerhand Stands-Personen/ welche alle die Reguln der Grammatic deß H. Benedicti also eyserig-bestaͤndig gehalten/ daß man in diesem heiligen Orden zehle mehr als 44022. Canoni sirte Hei- ligen/ und wie andere schreiben/ wann nur in jederem Benedicti ner- Closter oder Abdey (deren zu Zeiten Trithemii seynd gewesen 37000. und 15000. Jungfrauen-Cloͤstern) so erstrecke sich die Zahl deroselben ad 52000. da doch im eintzigen Cassinen sischen Closter 5555. Hei- ligen gelebt haben/ und begraben worden: ich geschweige viele tausend Martyrer/ so allenthalben diesen H. Orden mit ihrem H. Blutgezieret ha- ben; so gar daß die Mutter der ewigen Warheit Maria fast ruͤhmlich der H. Brigittaͤ offenbahret/ Lib. 3. Revel. cap. 20. daß GOtt den H. BENEDICTUM auff einen Berg beruffen/ alwo er außm Heil. Geist seine Regul verfasset/ durch welche viele vollkommen und heilig worden seynd/ wie BENEDICTUS gewesen. Dem H. Benedicto und seinem Orden sagt Danck der H. Vatter und Patriarch Dominicus, daß er durch Vorbitt deß H Dominici Benedicti ner- Ordens Abten auß unfruchtbaren Eltern gebohren seye: mit schuͤldigstem Danck erfreuet sich der H. Patriarch Franciscus, daß er zu Portiuncula, damahlen Benedicti ner-Ordens Kirchen/ das Fundament seines geistlichen strengen Lebens gelegt/ und auch seinen Seraphischen Geist darinnen auffgeben hat: Nicht weniger lobet/ und mit danckbarem Hertzen preiset der H. Patriarch Ignatius das Bene- dicti- DEDICATIO . dictiner- Closter Montis Serrati, in welchem er die Erstlingen deß Goͤttlichen Geistes empfangen/ selbige nachmahls durch die gantze Welt/ zum hoͤchsten Seelen-Nutzen/ und Vermehrung Goͤttlicher Ehren hat außgebreitet. Billig erfreuet sich neben andern/ auch der H. Cartheuser Orden/ der seine Heyl-bringende Satzungen auß die- sem herrlichen Brunnen geschoͤpffet hat. Mir ist kein Zweiffel/ daß sich Ew. Hoch-Ehrw. sampt ihren untergebenen geistlichen Toͤchtern nicht ebenfals hertzinniglich werden erfreuen/ daß sie von einem so heiligen Lehr - Meister auffgenommen/ und dessen so heylsame in aller dis- cretion und Vernunfft begruͤndte/ auch zur Seeligkeit sicher be- fuͤrderliche Reguln/ Lehr- und Satzungen angenommen: ja diesen ihren Vatter und Patriarchen/ hoͤchstens werden loben und preisen/ daß vermttels seiner kraͤfftigen Vorbitt von so vielen hundert Jahren hero diese seine geistliche Grammatic, sambt deren Reguln/ Lectio- nen und Satzungen biß auff heutigen Tag in ihren loͤblichen dreyen Coͤllnischen Jungsern Cloͤstern so bestaͤndig unterhalten/ daß sie die er- ste und vornehmste aller dieser Stadt Jungsern C loͤstern in ihrem Eif- fer verharrend/ andern zum folglichen Exempel verblieben seynd. Es waͤrt zweiffels ohn diesem ihrem H. Orden und geistlichen Jungfern ein so hochwerther/ und dem gantzen Ertz-Stifft hoͤchst-ersprießlicher Schatz/ der bluͤtige Vrsulanische Acker mit so viel hundert H. H. Coͤrporen und Reliquien so vieler K oͤnig- und Fuͤrstlicher Martyrer nicht anvertraut/ noch diese mit so viel tausent Junafraͤulichem Bluth befeuchte Wahlstatt zur ewigen Wohnstatt nicht uͤbergeben worden/ wann nicht dieser gleichfals vesta l icher Jungfern unerloͤschliche An- dacht/ und bren-eifferiger GOttes-Dienst/ ihre aufferbauliche Tugen- ten und Vollkommenheit/ und ihre damahlen allbekannte Heiligkeit vor allen so wohl Manns- als Jungfern- C loͤstern meritir et haͤtte. Darumb meines erachtens nicht unfuͤglich Euch dreyen dieses H. Or- dens Vorsteherinn- und Abtissinnen diese geistliche Grammatic dedi- ):( 2 ci re DEDICATIO . ci re und zueygene/ als welche dieses ihres H. Ordens und untergebe- nen Vnterthanen ein lebendige Grammatic biß hiehin gewesen/ so mit ihrem hochpreiß geistlichem Wandel in ihrer gescheid-loͤblicher R egie- rung viele herrliche Lection en ihrer muͤtterlichen Liebe/ gruͤndlicher Demuth/ gottsfoͤrchtiger Andacht/ und goͤttlichen Eyffers haben ab- geben/ und die Gemuͤther ihrer Toͤchtern zu dergleichen Tugent leuchtendem Wandel entzuͤndet/ gemaͤß der Lection deß erleuchten Lehrers Gregorii Nazianz. serm. de hom. util. Pios, angelos potius dicamus quàm homines, clarissima sidera, \& præstantissima Christi membra, immortalis Dei sigilla, \& astra carne vestita. Gottseelige fromme Leuth seynd mehr den Engeln/ als den Men- schen gleich zu nennen/ es seynd helleuchtende Him- mels-Lichter/ vortreffliche Glieder Christi/ deß un- sterblichen GOttes Pittschafften/ und mit dem Fleisch bekleidete Sternen/ so mit den Strahlen ihrer Andacht und Gottseeligkeit den Frommen zum anmuͤthigen Antrieb/ den Nachlaͤssigen aber zum Schroͤcken hervor blitzen; daß/ wofern ihr lebendiges Tu- gent- Exempel bey einigen nicht eben gnugsamb beweg-kraͤfftig seyn solte/ gegenwaͤrtiger geistlicher Grammatic-Lection en einen nach- druͤcklichern Antrieb zusetzen/ und denen Zunehmenden zum mehrern Fortgang und Vermehrung ewiger Glory und Seeligkeit moͤge ge- deyen. Hiernaͤchst erwuͤnschend allen ersaͤttlichen Wohlstand/ bestaͤnd- gluͤckliche Regierung und reich-fliessenden Seegen von dem Allerhoͤchsten. Ew. Hoch-Ehr-Wuͤrden Demuͤtigst Dienst-ergebener Franciscus Metternich. Geneig- REGJSTER Der Geistlichen Lection en: die Erste Zahl bedeutet die Ordnung oder Verfolg der Lection en; die andere das Blat/ an welchem sie zu finden. A. V On der Abtoͤdtung 33 . 399 . Von Anhoͤrung und Lesung geistlicher Dingen 42 . 543 Von der Hand-Arbeit 43 . 553 Von der Armuth 14 . 165 B. V On der Barmhertzigkeit GOttes 3 . 23 Von der Barmhertzigkeit ge- gen die Armen 50 . 637 Von Betrachtung deß Leyden Christi 38 . 481 Von der Sacramenta lischer Beicht 40 . 510 Von der Buß 4 . 33 D. V on der Danckbarkeit 39 . 492 Von der Demuht 11 . 111 E. V On der Ehr-Abschneidung 10 . 103 Von dem Ehr - Geitz 13 . 143 Von der Einsambkeit 20 . 235 Von Ergebung seiner in den Willen GOttes 26 . 327 Vom guten Exempel 32 393 ):():( F. Vom Register F. V Om Fasten und Enthal- tung 34 . 414 Von dem Feg - Feuer 49 . 626 Von der Forcht GOttes 45 . 575 Von dem Fraß und Truncken- heit 36 . 437 Von der geistlicher Freud 27 . 343 G. V On dem Gebett 37 . 444 Von dem innerlichen Ge- bett cad . 465 Von der Gedult der Geistli- chen 23 . 273 Von dem Gehorsamb 21 . 244 Von dem besondern Gericht 47 . 590 Von dem unnoͤthigen Ge- schwaͤtz 18 215 Von dem geistlichen Gespraͤch 19 . 224 Von der Geylheit 16 . 198 Von dem Glauben 1 . 1 Von der Gleißnerey und ey- telen Ehr 29 . 364 H. V On dem Haß 8 . 74 Von der Hoffart 12 . 131 Von der Hoffnung 2 . 11 Von der Hoͤllen 48 . 605 K. V On der Keuschheit 15 . 183 L. V On der Liebe 5 . 42 Von der bruͤderlichen Liebe 6 . 54 Von der Liebe der Feinden 7 . 64 M. V On der guten Meynung 28 . 351 P. V On den Peynen deß Feg- F eurs 99 . 626 Sehe F eg- F eur. Von den Peynen der Hoͤllen 48 . 605 Sehe Hoͤll. R. V On der Resignation oder Ergebung in den Willen GOttes 26 . 327 S. V On dem Allerheiligsten Sa- cram ent deß Altars 41 . 523 Von Der Geistlichen Lection en. Von der ewigen Seeligkeit 51 . 648 Von dem geistlichen Stand 35 . 425 Von dem Sillschweigen 17 . 204 Von der Grobheit der Suͤn- den 44 . 564 T. V On dem Todt 46 . 582 Von T ruͤbsal und Wider- waͤrtigkeit. Sehe Vor- trefflichkeit der T ruͤbsalen und Widerwaͤrtigkeiten 24 291 Von der T runckenheit und F raaß 36 . 437 V. V On Verachtung der Welt 30 . 374 Von Verehrung der heiligen Mutter GOttes Mariaͤ 53 . 680 Von Verehrung der Heili- gen 54 . 700 Kuͤrtzlicher Vnterricht von stuͤndlicher Verehrung der Allerseeligsten Jungfrauen und der H. H. Patronen 705 Weiß und Manier die Allersee- ligste Jungfrau und die H. H. Patronen zu allen Stunden anzuruffen 709 Das Vhrwerck deß bittern Leydens Christi ibid . Weiß und Manier die Allersee- ligste Jungfrau und die stuͤndliche Patronen zu ver- ehren 716 Weiß und Manier einen Pa- tronen zu erwaͤhlen fuͤr den gantzen Tag 721 Weiß und Manier wie man sich mortifici ren oder Ab- toͤdten koͤnne zu Ehren Got- tes/ der allerseeligsten Jung- frauen und der H. H. Pa- tronen 724 Morgens-Vbung oder Mor- gens-Gebett eines Geistli- chen. 727 Abends - Vbung oder Gebett 739 ):():( 2 Von Register der Geistlichen Lection en. Von Verharrung im Guten 55 . 747 Von der Verlaͤumbdung o- der Ehr - Abschneidung 10 . 103 Von den Versuchungen 25 . 305 Von dem Vngehorsamb 22 . 267 Von der Geistlichen Voll- kommenheit 31 . 380 Von Vortrefflichkeiten der T ruͤbsalen und widerwaͤr- tigkeiten 24 . 291 Von dem freventlichen Vrtheil 9 . 82 Z. Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten 52 . 659 . Register REGJSTER Der Historien nach Ordnung oder Verfolg der Lection en/ so in dieser Tugend-Schul verhalten werden. Die erste Zahl zeigt an das Blat/ die andere Zahl den Paragraphem. Glaub. E Jn Doctor der hohen Schulen verlasset sich zu viel auff seine Gelehrheit/ und wird ver- dambt p. 3 . n. 3 Hoffnung. E Jn Geistlicher wird in der Hoffnung unterwiesen p. 18 . n. 9 Bernardus hat daß rechte Hoffen wohl getroffen p. 19 . n. 10 Ein recht hoffender Geistlicher wird in seiner Hoffnung gestaͤrcker p. 21 . n. 13 GOtt gibt einem Einsidler den Kath/ wie man sich in Zeit der Noth der Hoff- nung gebrauchen solle p. 22 . n. 14 Barmhertzigkeit GOttes. D Er Bischoff Carpus erfahret/ das Gott barmhertziger seye/ als die Menschen p. 25 . n. 3 Ein grosse Suͤnderin kombt zur Gna- den p. 27 . n. 7 Ein Vatters- und Bruders-Moͤrder er- langt Barmhertzigkeit p. 28 . n. 8 Ein unzuͤchtiges Weibs-Bild wird be- kehret p. 30 . n. 10 Buß. P Aphnutius bekehret eine oͤffentliche Suͤnderin gar glimpfflich p. 34 . n. 3 Philipus/ Graf zu Namur/ lebt im- mer in allen erdencklichen Suͤnden/ und stirbt endlich wohl p. 38 . n. 7 Archias verweilet einen Brieff zu leser zu seinem hoͤchsten Schaden p. 39 . n. 8 Liebe GOttes. D Je liebe Gottes allein macht den Men- schen seelig p. 49 . n. 9 Brůderliche Liebe. J gnatius Lojola ein wahrer Liebhaber der Seelen p. 55 . n. 2 Ein geistlicher Bruder folget seinem Mit-Bruder so lang nach/ wohin er ver- langet/ biß er ihn endlich von seinen Suͤn- den wiederumb zum Dienst GOttes be- kehret p. 61 . n. 8 Die Bruͤderliche Lieb eines Schweffel- Pfeiffers wird den Verdiensten deß heiligen Paphnutü gleich gehalten p. 61 . n. 9 Ein Priester schencket seinem Beichts- Kind alleseine Verdiensten p. 63 . n. 10 Liebe der Feind. E Jn Soldat verzeyhet dem andern den Todtschlag seines Vatters p. 67 . n. 4 Die heilige Elisabeth/ Koͤnigin in Vn- garn/ wird wegen geduͤltiglich getrage- nen Vnbills von GOtt belohnet p. 68 n. 5 ):( ):( 3 Ber- Register der Historien Bernardus verthaͤtiget seinen Feind wider den Anfall der geistlichen Bruͤder. p. 70 . n. 8. Haß. S Apritius wegen lang bchaltenem Haß gegen den Nicephorum/ verliehrt die Marter-Kron/ und daß ewige Leben p 75 . n. 3 Ein vornehmer Ordens - Geistlicher wird von dem gepflogenen Haß wider sei- nen Mitt-Bruder ewiglich verdambt p. 78 . n. 7 Ein fastendes und bettendes Weib stirbt wegen deß Hasses ungluͤckseeliglich p. 81 . n. 9 Freventliches Urtheil. D Aß man vor der Zeit nicht richten solle p. 84 . n. 3 Jtem p. 85 . n. 4 Himmlische Belohnung eines Geistli- chen/ weilen er immer im Brauch gehabt/ alles zum besten anßzudeuten p. 87 . n. 6 Daß man auch im Vrtheilen uͤber die oͤffentliche Suͤnden solle behutsamb seyn p. 89 . n. 8 Jtem p. 90 . n. 9 Pimenius Abt kennet sich besser/ als er andere kennet. p. 93 . n. 13 Ein geistliche Jungfrau wird vom Teuf- fel versucht/ und/ indem sie sich selbigem widersetzet/ wird sie von den Menschen fuͤr verzweifflend gehalten p. 96 . n. 17 Ein frommer Baur wird von den Moͤr- deren erwuͤrgt/ und von dem Richter/ als ein Moͤrder seiner selbst unter den Galgen begraben p. 98 . n. 18. GOtt liebet die jenige sehr/ so deß Vr- theilen uͤber ihren Naͤchsten sich enthalten p. 100 . n. 19 Verlaͤumdung. E Jne Ehrruͤhrische Zung verdirbt elen- diglich p. 105 . n 3 Ein Verdambter beklagt sich seiner ver- uͤbten Verlaͤumdung p. 107 . n. 5 Vngluͤcklicher Fall deß Bischoffs Vdoms p. 150 . n. 8 Demutth. E Jn Demuͤtiger wird in seinem Tods- Bett erfreuet p. 114 . n. 4 Der Teuffel hasset die Demut deß H. Macarü p. 115 . n. 5 Demut der H. Mariaͤ Magdalenaͤ de Pazzis p. 118 . n. 8 Franciscus schaͤtzet sich fuͤr den groͤsten Suͤnder p. 119 . n. 8 Ab der Demuth eines Einsidlers must der Teuffel einen Besessenen verlassen p. 119 . n. 9. Antonius must einem gemeinen Hand- Wercks-Mann in der Demut weichen p. 121 . n. 11 Ein Einsidler fliehet die Verehrungen der weltlichen p. 126 . n. 16 Adolphus auß einem Grafen zu Holstein ein armer Geistlicher tragt Reu/ daß er sich fuͤr seinen Soͤhnenseiner veraͤchtlichen Ar- beit einsmahls geschaͤmet habe p. 127 . n. 17 Herrliche Demut eines alten Greiß- grauen Geistlichen p. 129 . n. 19 Jtem eines Carteusers ibid . n. 20 Hoffart. H Offarts-Fall eines Einsidlers p. 132 . n. 1 Ein Geistlicher wird von der Hof- fart zum Verderben gerichtet p. 133 . n. 3 Jtem ein ander Geistlicher wird von diesem Laster zu Boden geworffen n. 3 Ein Geistlicher sehetseinen Mit-Bruder einen Gottseeligen Mann in hoffaͤrtigen Gedancken sterben/ und verderben p. 136 . n. 5 Ein Einsidler trauet ihm gar zu viel und fallet p. 139 . n. 8 Der Teuffel suchet zu betriegen einen Einsidler/ und wird von selbigem betrogen p. 140 . n. 9 Antonius Einsidler uͤberwindet den Teuffel mit seiner Demut ibid . Wie sich einer in den Tugenten gar nuͤtz- lich geuͤbet habe p. 142 . n. 11 Ehrgeitz. G Eistliche Verdambte verkuͤndigen die Vrsach ihres Vnheils/ den Ehrgeitz p. 144 . n. Ehren- Nach Ordnung oder Verfolg der Lection en. Ehren-Flucht eines Gottseeligen Geist- lichen auß dem Heil. Augustiner Orden p. 156 n. 10 Ein alter Einsidler stellet seinem zum Bisthumb beruffenen Vaͤtter die Gefahr desselben fuͤr Augen p. 157 . n. 11. Ganfredus ein Geistlicher kan durch den Gehorsamb zum Bistumb nicht gezwun- gen werden/ und stirbt bald darnach seelig- lich p. 157 . n. 12 Thomas de Villa nova fliehet die Bi- sthuͤmbliche Wuͤrden p. 158 . n. 13 Petrus Damiani Cardinal fliehet das Bisthumb wunderbarlich p. 159 . n. 15 Einfrommer Capuciner wird wegen gar geringen/ in seinem Vorstehers Ambt ver- uͤbten Nachlaͤssigkeit/ im Feg-Feur sehr hart gestrafft p. 161 . n. 16 Armut. D Er heilige Amatus liebet die Armut p. 169 . n. 5 Ephestion und Spiridion thun deßglei- chen ibid . Gute Geistliche achten kein Geld p. 170 . n. 6 Arsenius verwifft die Erbschafft p. 172 . n. 8. Grosse Armut der ersten Einsidler p. 174 . n. 10 Wie einige wegen der angenommenen weltlichen Geschencke ewiglich verdambt worden p. 175 . n. 12 Der H. Jgnatius Stiffter der Socie- taͤt JEsu straffet einen Rectorem seiner Geistlichen/ wegen Vbertrettung der Ar- mut sehr scharff p. 176 . n. 13 Ein Geistlicher gibt von deme ihm uͤber- gebliebenen Brod den Armen/ und wird vom Teuffel betrogen p. 177 . n 14. Ein Geistlicher hat etwas weniges Wachs-Draht unnuͤtzlich verbrannt/ und ist derhalben im Feg-Feur hart gestrafft worden p. 178 . n. 15 Straff wegen unnuͤtzlich verbraͤnten Holtz p. 179 . n. 16 Erschroͤcklicher Todt eines Eigenthuͤm- bers p. 180 . n. 18 Ein ander wird wegen deß enthaltenen Psalters verdammet p. 181 . n. 18 Ein ander wegen eines Breviers n. 19 Die Cellen der Muͤnchen muͤssen in ein- faͤltigen Gebaͤu bestehen p. 182 . n. 20 Keuschheit. J Oannes Bonus ein frommer Augu- stiner verwundet sich selbsten umb die Keuschheit zu erhalten p. 187 . n. 3. Euphrasia will lieber sterben/ als dieses Klemod verlieren. p. 187 . n. 4 Ein ander will lieber die Zung verlie- ren als die Keuschheit p. 188 . n. 4 Der H. Papst Leo hat sich wegen be- foͤrchtender Aergernuß die Hand abge- hauen p. 190 . n. 8 Dominicus straffet einen Cuͤster/ daß er dem Beichs-Vatter angekuͤndigethabe/ es verlange ein schoͤnes Weibs-Bild zu beich- ten p. 193 . n. 11 Der Gottseelige Adalbertus à S. Alexio ist seinen Kindern mit einem guten Exem- pel in der Keuschheit vorgangen p. 194 . n. 12 Kurtze Exempeln einiger Heil. Gottes/ als Liebhabern der Keuschheit p. 194 . n. 12 Einige fromme Diener GOTTES seynd auch in der boͤsen Gelegenheit gefal- len p. 195 . n. 14 Geilheit. D Er Engel GOttes stopfft die Nasen fuͤr einem wohlgezierten Juͤngling/ nicht aber fuͤr einem stinckenden Aest p. 201 . n. 4. Ein Einsidler suchet ein Mirtel an dem Grab eines verstorbenen Weibs-Bild. p. 202 . n. 6 Stillschweigen. M Aria ein Exempel deß Stillschweigens p. 206 . n. 4 Der fromme Alt-Vatter Pambo gibt ei- ne schoͤne Verantwortung seines Still- schweigens p. 210 . n. 9 Stephanus/ Koͤnig in Vngarn wird von einem schweigenden Geistlichen auffer- bauet. ibid . n. 10. Der heilige Kadolphus/ Benedictiner Ordens hat in 16. Jahren kein eintziges Woͤrtlein geredet; und laͤschet nachmahln mit seinem muͤndlichen Befelch ein grosse Feur-Brunst ibid . n. 11 Un- Register der Historien Unnoͤthiges Geschwaͤtz. E Jne todte Jungfrau straffet ihre ge- schwaͤtzige Mit Schwestern p. 218 . n. 3 Theresia wird von Christo deß uͤberfluͤs- sigen Redens halber erinnert p. 219 . n. 4. Dnranus/ ein Bischoff/ bezeugt im Feg- Feur die Vrsach seiner Peinen p. 220 . n. 6 Wegen einiger muͤssigen Wort werden zwey Geistliche an einem Brad-Spieß ei- nem andern gezeigt p. 221 . n. 7. Ein leydende Seel hectehrt vom Ehrw. P. Sylvio dreyssig H. H. Messen/ damit sie von der Straff deß unnoͤthigen Ge- schwaͤtz befreyet werde p. 221 . n. 7 Einige Beyspiel deß muͤßigen Geschwaͤtz p. 222 . n. 8 Geistliches Gesprach. H Jeronymus erzehlet/ wie er wegen Lesung weltlicher Buͤcher zum Ge- richt seye gefordert worden. p. 227 . n. 4 GOtt zeigt dem H. Benedicto/ wie sehr ihm das geistliche Gespraͤch gefalle p. 231 . n. 7 Die Engeln GOttes erfreuen sich/ wann die Geistliche gute Gespraͤch halten p. 232 . n. 8 Einsambkeit. A Rsenius lebt in Einsamhkeit p. 238 . n. 3 Drey leibliche Bruͤder dienen GOtt umb die Wett p. 240 . n. 7 Der auß gantzem Hertzen die Gemein- schafft der Menschen fliehet/ dem gehor- chen auch die Voͤgel und wilde Thier p. 242 . n. 7 Gehorsamb. E Jn gehorsamer gehet den geraden Weeg zum Himmel. p 248 . n. 3 Kogerius stirbt auß gehorsamb p. 249 . n. 5 Jtem Josephus à S. Augustino thut deßgleichen. p. 250 . n. 5 Paulus Einsidler wird von dem heili- gen Antonio in dem Gehorsamb probirt p. 250 . n. 6 Der Ehrw. Joannes à S. Guilelmo wird von der Allerseel gsten Jungfrauen im Gehor samb unterrichtet p 252 . n. 7 Andreas Assisinas/ ein Capuciner/ must wegen unerlaubter geuͤbten Buß-Werck im Feg-Feur leyden p. 252 . n. 8 Marcus Einsidler wird von dem Abt Sylvano wegen deß Gehorsambs geliebt p. 256 . n. 13 Folgen mehr andere Beyspiel deß Gehor- sames p. 257 . n. 14. 15 Vollkommner Gehorsamb deß Bruders Jacobi Dommicaner Ordens. Jtem vollkommner Gehorsamb Alipii à S. Francisco Augustiner Ordens p. 259 . n. 17. Andre Exempeln deß Gehorsambs p. 260 . n. 18. Herrliches Exempel deß H. Lamberti p. 262 . n. 19 Andere E x empeln deß Gehorsambs p. 263 . n. 20 Ungehorsamb. E Jnige E x empeln deß Vngehorsambs p. 268 . n. 2. 3 Ein Geistlicher lebt nach seinem Willen/ und wird verdambt p. 271 . n. 4. Ein Muͤnch verrichtet das Gebott seines Obern mit Murren/ und wird vom Teuf- fel angefallen p. 271 . n. 5 Ein Pfoͤrtner wird in Vngehorsamb erdapt p. 272 . n. 5 Gedult. E Jn ungedultiger Muͤnch fliehet in die Wuͤsten p. 276 . n. 3 Der H. Petrus/ Prediger Ordens/ wird faͤlschlich angeklagt/ und leydet sol- ches mit Gedult p. 278 . n. 5 Remigius uͤbt ein vollkommne Gedult p. 279 . n. 6. Ein gedultiger Kauffman p. 280 . n. 7 Joannis à S. Guilelmo aufferbaͤuliche Gedult p. 281 . n. 8 Franciscus straffet seinen Bruder/ daß er vermeinet/ GOtt seye seinem Geistlichen Vatter zu streng p. 281 . n. 9 Der Register der Historien Der Ehrw. Joannes à S. Guilelmo wird betruͤbt/ wann er nicht grosse Schmertzen zu leyden hat p. 282 . n. 10 Marulus ein Bettler danckt GOtt wegen seines uͤbelen Zustands ibid . Gedult eines Eindsidlers in seiner Rranheit p. 283 . n. 11 Schoͤne Gedult deß Mennaͤ p. 284 . n. 12 Romualdus gedultig in seinem Novi- t iat p. 285 . n. 13 Dorotheus uͤberstehet grosses Vnbill mit Freuden p. 285 . n. 14 Joannes à S. Guilelmo lobtseine Schmaͤ- her p. 286 . n. 15 Eintge Beyspiel der wahren Gedult p. 287 . n. 17. \& 18 Henri o us Suso ein Dominicaner wird wacker getummelt p. 290 . n. 20 Widerwaͤrtigkeit. C Atharina von Senis will ohne Truͤbsall nicht leben p. 292 . n. 2 Den Thaulerum erretten die außgestan- dene Widerwaͤrtigkeiten auß dem Fegfeur p. 300 . n. 9. Ein Wirth ohne Widerwaͤrtigkeit wird mit den Seinigen von der Erden verschlun- gen p. 302 . n. 11 Ein junger Einsidler uͤberstehet das Vn- bill mit Gedult p. 304 . n. 15 Versuchung. D Er deß Teuffels Kath folget/ wird von selbigem nicht leicht versucht p. 307 . n. 2 Ein geistlicher wird nach viertzig jaͤhri- ger Versuchung vom Teuffel uͤberwunden p. 308 . n. 3 Ein Geistlicher bittet GOtt umb Ver- suchung p. 309 . n. 5 Catharina von Senis wird versucht p. 312 . n. 9 Ein siebenzig jaͤhriger Mann leidet Ver- suchung deß Fleisches p. 313 . n. 10 Der Teuffel entdeckt dem H. Sominieo seine Versuchungen p. 315 . n. 12 Antonius halt sich tapffer in der Versu- chung p. 317 . n. 13 Hieronymus ein alter und gottseeliger Mann leidet grosse Anfechtungen p 318 . n. 14 Offenbahrung der Versuchungen ist heylsamb p. 320 . n. 16 Einige treiben den Schertz mit dem Teuffel p. 321 . n. 17 Versuchungen seynd offtmahlen nuͤtz- lich p. 323 . n. 19. \& 20 Ein Magister der Societaͤt JEsu wird vom Teuffel betrogen. Jtem ein sechs- jaͤhriger Einsidler p. 325 . n. 21 Resignation in den Willen GOttes. E Jn Restgnirter Geistlicher thut Wun- derwerck p. 332 . n. 5 Ein Einsidler erfahret die verborgene Vrtheil GOttes p. 333 . n. 6 Chariton geniesset der Fruͤchten der Re- signation p. 337 . n. 10 Thaulerus wird von einem Bettler in dieser Tugend unterwiesen p. 340 . n. 15 Geistliche Freud. E Jnige Exemplen der Froͤligen im HErrn p. 345 . n. 3 Franciscus lehret seinen Bruder/ worin die wahre Freud bestehe p. 348 . n. 4 Intention oder gute Meinung. E Jn Geistlicher richtet sich in allem nach dem Willen GOttes p. 356 . n. 6 Bernardus erwidriget seine vorhin ge- machte Meinung/ auff der Cantzel p. 356 . n. 7 Ein Einsidler wird dem H. Severino an Verdiensten gleich geschaͤtzet p. 357 . n. 9 Birgitta ergibt sich dem Willen GOttes p. 360 . n. 12. \& 13 Gleißnerey und eitele Ehr. J Vstinus wird auß einem heiligen Mann ein Abtrinniger p. 365 . n. 2. Pachomius vermerckt die eitele Ehr ei- nes Geistlichen p. 366 . n. 3. )( ):( ):( Plato Register der Historien. Plato vermerckt auch die Gleißnerey deß Diogenis p. 367 . n. 4. Ein Beichts-Vatter erfahret den Betrug seines Beichts-Kinds p. 370 . n. 8 Ein Gleißner stirbt ellendiglich p. 371 . n. 9 Ein ander verzweifflet im Tods-Bett p. 372 . n. 10 Verachtung der Welt. E Jn Welt - Mensch wird uͤber die Be- trieglichkeit der Welt unterwiesen p. 376 . n. 3 Adalbertus à S. Alexio entschlagt sich der Conversation der Weltlichen p. 379 . n. 7 Ein Geistlicher wirfft die Brieff seiner Eltern ins Feur p. 379 . n. 8. Geistliche Vollkommenheit. E Jn geringes wird an den Geistlichen von GOtt hoch gestrafft p. 386 n. 8 Gutes Exempel. E Jn alter Einsidler aufferbauet einen Moͤrder mit seinem guten Exempel p. 396 . n. 4 Narcissus Bischoff bekehret em Vnzuͤchti- ges Weib mit seinem guten E x empel p. 397 . n. 5 Abtoͤdtung. E Jnige E x empel der Abtoͤdtungen p. 402 n. 4. 5. \& 6 Die Heilige GOttes uͤberwinden sich selbst p. 406 . n. 8. \& 9 Der H Ephrem wird von einem unkeu- schen Weib in den Abtoͤdtungen unterrich- tet p. 410 . n. 12 Einige Beyspiel der Heiligen p. 411 . n. 14. \& 15 Fasten oder Enthaltung. L Ambertus Bischoff fastet in Wasser und Brod p. 421 . n. 11 Macarius enthaltet sich eines schoͤnen Weintraubens p. 422 . n. 12 Petrus Ravennas gibt seine Speiß den Armen p. 423 . n. 13 Geistlicher Stand. S Vatacopius ein Koͤnig wird ein Ein- sidler p. 426 . n. 2 Ein Bruder sicht seine geistliche Bruͤder mit Christo am Creutz hangen p. 432 . n. 8 Rabaudus ein Fuͤrst wird durch ein Wun- der werck zum Geisilichen Stand beruffen. p. 435 . n. 11 Ein Carteuser murret uͤber die Speisen und wird gestrafft p. 436 . n. 12 Fraß und Trunckenheit. E Jn geistlicher Voll-Fraß wird vom boͤ- sen Feind erwuͤrgt p. 437 . n. 1 Ein ander Schwaͤrmer wied ebenfals von dem Teuffel grausamblich tractiret p. 438 . n. 2 Ein anderer verzweiffelet im Codts-Bett p. 440 . n. 3 Leontius ein Graff wird von seinem ver- storbenen Groß-Vatter zur Hoͤllen geris- sen p. 443 . n. 6. Ein Sauff-Bruder wird unterm Zech vom Teuffel zur Hoͤllen gefuͤhrt p. 446 . n. 8 Einem Schlemmer wird ein Abentheu- rische Mißgeburth zur Welt gebracht p. 447 . n. 9 Gebett. J Vstinus ein Capuciner hoͤrt an statt deß Gesaͤngs und Gebetts/ ein lauteres Bruͤllen der Ochßsen/ ꝛc. p. 452 . n. 3 Den Philochrist einen Kauffman reuet seine gegebene Allmuß p. 454 . n. 6 Der Teuffel hasset das Gebett p. 458 . n. 11 Die Teuffeln machen sich lustig bey den schlaffenden Muͤnchen p. 459 . n. 12 Der Teuffel sucht den H. Macarium zu betriegen p. 459 . n. 13 Ein Carteuser macht Gewonheit/ sich unter waͤhrendem GOttes-Dienst offt zu absentiren/ und wird derhalben von GOtt gestrafft p. 461 . n. 14 Einige andere Beyspiel n. 15 Betrachtung deß Leyden Christi. E Xempeln einiger Heiligen/ die sich in die- Register der Historien. dieser Betrachtung geuͤbet p. 486 . n. 6 Tygranes liebt seine Gemahlin wie sich selbst p. 487 . n. 7 Bonaventura hat all seine Gelehrtheit auß dem gecreutzigten HErrn erlernet p. 488 . n. 8 Andere Zeichen deß Leydens Christi n. 9. 10. \& 11 Beicht. V Ollkommene Beicht eines Moͤrders p. 502 . n. 2 Ein Priester beichtet einem Stall-Knecht p. 502 . n. 3 Der Teuffel beichtet auch p. 504 . n. 4 Der Teuffel bekennet/ daß die oͤfftere Beicht der Menschen ihm viel schade p. 505 . n. 5. Ein adliches Weib verschweigt ein Suͤnd in der Beicht p. 506 . n. 6 Eine Koͤnigliche Tochter in Engelland verschweigt eine Suͤnd/ und wird ver- dambt p. 507 . n. 7 Ein verdambter Wuͤcherer nimbt seinen Beichts-Vatter mit zur Hoͤllen p. 511 . n. 8 Ein Witwe verschweigt ihre Suͤnd p. 513 . n. 10 Pelagius ein frommer Geisilicher verhoͤ- let eine Suͤnd/ und wird verdambt p. 517 . n. 11 Ein Student beichtet nicht recht/ und wird verdambt p. 519 . n. 1 3. Ein Canonieus wird verdambt p 521 . n. 15 Ein Sterbender wrid vom Teuffel be- betrogen p. 522 . n. 16 Sacrament deß Altars. D Je unvernuͤnfftige Thierlein verehren die Gegenwart GOttes p. 530 . n. 7 Ein Edel-Knab wird durch Anhoͤrung der H. Meeß beym Leben erhalten p. 539 . n. 12 Einer uͤberlasset dem Andern den Nutzen der H. Meeß p. 540 . n. 14 Ein ander wird zu jedem Meeß-Opffer von seinen Baͤnden im Kaͤrcker entloͤset p. 541 . n. 15 Wort GOttes. E Jn sicher Mann hoͤrte ungern das Wort GOttes/ darumb wurd auch das Gebett fuͤr dessen Seel nicht erhoͤrt p. 546 . n. 3. Der Teuffel prediget zum Verderben der Menschen p. 548 . n. 5 Hand-Arbeit. D Je H. Mutter GOttes erquicket die miteinander arbeiteude Geistliche p. 558 . n. 6 Ein Veraͤchter der Hand - Arbeit wird vom H. Sylvano artlich betrogen p. 561 . n. 8 Die Engel GOttes erfreuen sich uͤber die Arbeitende p. 562 . n. 9 Todt. E Vsebius hat einen harten Todt p. 585 . n. 4 Ein Gottloser Juͤngling wird durch die Gedaͤchtnuß deß Todts zur Buß ge- bracht p. 587 . n. 7 Ein Einsidler versichert seine Bruͤder/ daß keiner suͤndigen koͤnne/ der den Todt all- zeit vor Augen hat p. 588 . n. 8 Besonderes Gericht. E Jn Krancker wird von seiner Mutter vor dem Gericht GOttes verschaͤmbt p. 591 . n. 1. Der H. Bruno ergreifft die Buß. p. 593 n. 4 Arduinus wird verdambt p. 595 . n. 7 Niemand glaubts/ wie scharff es vor dem Richter-Stuhl Christi hergehe p. 598 . n. 10 Ein Geistlicher erfahret die genaue Kech- nung uͤber die muͤssige Wort/ ꝛc. p. 601 . n. 13 Ein ander frommer Geistlicher leydet viel im Todts-Bett p. 602 . n. 14 Hoͤlle. E Jn Abt wird verdambt wegen unziem- licher Liebe gegen seinen Verwandten p. 606 . n. 1 Waltherus ein Edelman lernet vom boͤ- sen Feind/ wie groß die hoͤllischen Peynen seyen p. 606 . n. 2 Der H. Macarius wird unterrichtet/ wie grosse Peynen ein Christglaubiger in der Hoͤllen leyde p. 613 . n. 8 Drey Register der Historien. Drey Maͤnner werden vom Todt erweckt/ und fangen an zu predigen von den Peynen der Hoͤllen/ ꝛc. p. 614 . n. 9 Petrus Einsidler sicht grosse Herrn in der Hoͤllen p. 616 . n. 13 Feg-Feur. E Jne Schwester erloͤset die andere auß dem Feg - Feur p. 627 . n. 2 Einige Exempeln deren im Feg-Feur ley- denden Seelen p. 629 . n. 3. \& 4 Ein Geistlicher in Engelland sicht in der Verzuckung wunderseltzame Dinge p. 631 n. 5. Barmhertzigkeit gegen die Abge- storbene. W Vnderbarliche Barmhertzigkeit der H. Christinaͤ p. 641 . n. 5 Die erloͤsete Seelen erzeigen sich danck9ar p. 638 . n. 2. Einige kurtze Geschichten von der Barne- hertzigkeit gegen die Abgestorbene p. 643 . n. 7 Ewige Seeligkeit. D Er Teuffel wird gezwungen die him- lische Freuden einiger Massen zu be- schreiben p. 649 . n. 2 Der H. Vatter Augustinus veraͤndert sein Vorhaben/ die himmlische Freuden zu beschreiben p. 650 . n. 3 Ein Geistlicher bleibt viele Jahr in einer Verzuckung p. 651 . n. 4 Ein Soldat wird von seinem verstorbe- nenen Camerade auff einem Gastmahl tra- ctiret p. 652 . n. 5 Der boͤse Feind gibt auß einer besessenen Persohn die himmlische Freuden einiger massen zu erkennen p. 655 . n. 9. Wenige Zahl der Außerwaͤhlten. D Er Mensch kan so leichtlich nicht seelig werden/ wie er vermeint p. 667 . n. 9. Einsuͤndiges Weib wird vom Todten er- weckt/ und thut Buß p. 668 . n. 10 Ein verzuckter Einsidler sehet wunder- barliche Dinge ibid . n. 11 Ein Verdambter verwundert sich/ daß die Welt noch siehe p. 669 . n. 11. Ein Cantzler zu Pariß zeigt an seine ewi- ge Verdamb in ß ibid . Ein frommer Capuciner sicht/ daß viele Menschen verdambt werden p. 671 n. 13 Prædestination oder Außer- waͤhlung. E Jn Geistlicher macht/ daß er außer- waͤhlet werde p. 675 . n. 17 Verehrung der Allerseeligsten Jung- frau Mariaͤ. E Jn Advocat zu Venedig erfahret die Barmhertzigkeit Mariaͤ p. 683 . n. 3 Ein Soldat wird durch ein taͤgliches Ave Maria erhalten p. 685 . n. 5 Ein adlicher Juͤngling/ und nachmahls ein Moͤrder-Fuͤhrer wird durch diesen En- glischen Gruß zum bessern Leben bekehret p. 687 . n. 7 Durchs Ave Maria entkombt ein Voͤge- lein den Klauen deß Raub Vogels p. 689 . n. 8. Maria vertrit das Ambt einer Fuͤrspre- cherin bey ihrem Sohn p. 690 . n. 9 Maria warnet einen Juͤngling/ sein Le- ben zu bessern p. 695 . n. 14 Hermanus Josephus ein Steinfelder wird auch von Maria gewarnet p. 696 . n. 15 Verehrung der Heiligen. E Jn Bischoff wird durch den H Andream erhalten p. 701 . n. 2 Ein Adlicher Juͤngling verspricht eine Kirchfahrt/ und entgehet dem ewigen Todt Laurentius Surio einem Carteuser zu Coͤlln stehen alle die Heilige GOttes in sei- nem Todt-Bett bey/ deren Leben er be- schrieben p. 704 . n. 5 Verharrung im Guten. E Jn Geistlicher verharret lang/ aber nicht biß zum End p. 753 . n. 7. Ende deß Historien-Registers Die Die erste Geistliche LECTION Von der Ersten Theoͤlogrschen Tugend/ nemblich dem GLAVBEN . Amen, amen dico vobis, qui credit in me, habet Joan. 6. vitam æternam. Warlich/ warlich sage ich euch/ wer an mich glaubet/ der hat das ewige Leben. Der erste Theil. D Jeweilen nach Zeugnus deß Apostels/ ohne den Glauben unmoͤglich ist/ GOtt zu gefallen/ als will sichs geziemen/ kuͤrtzlich vorhero von dieser Goͤttlichen Tugend den Anfang zu machen: sin- temahlen alle andere Tugenden von sothanem Glauben/ gleich einem Baͤchlein vom Brunnen selbsten/ ihren Ursprung nehmen. Derhalben der H. Vatter Au- gustinus also spricht: Gleich wie an der Wurtzel deß Baums auch die geringste Schoͤnheit nicht erblicket; und doch gleichwol all daß je- nige/ was schoͤn und nuͤtzlich an selbigem zu finden/ von der Wur- A tzel Die erste Geistliche Lection tzel herruͤhret; also kombt alles von dem Grundvest deß Glaubens her/ was eine Christliche Seel an Verdiensten und verlagten Gluͤck- seeligkeit immermehr erwerben kan. Darumb haben billich die H. H. Vaͤtter den Glauben der Sonnen verglichen: dann gleich wie alle Geschoͤpffe der Welt ihr Licht von der Sonnen haben; also haben uͤbernatuͤrliche Warheiten/ so dem Menschen seynd kundbar wor- den/ von dieser Tugend deß Glaubens ihren Anfang. Ja/ was noch mehr ist/ gleich wie alle Creaturen der Welt ihr Leben/ so viel die Unterhaltung desselben betreffen thuet/ von der Sonnen empfan- gen; also muß billich der Mensch so wohl den Anfang als auch den Fortgang seines Geistlichen Lebens der vortrefflichen Tugend deß Glaubens zuschreiben. So gar auch/ daß/ gleich wie alles Jrꝛdische seine Zierde und Schoͤnheit von dem Licht/ vermittelst der Sonnen empfahet; also hat alles seine Vollkommenheit und Gnade bey GOtt durch die Krafft deß Glaubens/ was der Mensch immer wircket; Und endlich/ wie alles/ so der Sonnen unterworffen/ von derselben seine noͤthige Hitze bekommet; also muß auch der Mensch das Feur der Liebe und brennenden Eiffers von dem Glauben em- pfangen. 2. Weiters ist dieser Glaub die jenige Saͤul deß Lichts/ wel- che auß dem dunckelen Ægypt en der Finsternuß und Jrrthumbs den menschlichen Verstand als ein getreuer Fuͤhrer heraus fuͤhret. Diese ist im Tempel GOttes/ daß ist/ in einer jeden andaͤchtigen Seel/ die vornehmste Ampel/ und im geistlichen Firmament der- jenige Morgen-Stern/ so den hell-scheinenden Tag der Gnaden zum ersten verkuͤndiget. Wie koͤnnen dann die jenige anders als gluͤck- seelig geschaͤtzet werden/ so von der Goͤttlichen Guͤtigkeit mit so gros- ser und reicher Gaabe seynd begnaͤdiget worden? daß aber nicht al- len ein solche unvergleichliche Gnad widerfahre/ gibt uns gnugsamb zu erkennen der Koͤnigliche Prophet/ mit diesen Worten: Deß- Psalm. 147. v. 20. gleichen hat Er keinem Volck gethan: und hat ih- nen seine Gerichte nicht offenbahret. Wie seynd wir der- halben fuͤr alsolche Wolthat dem lieben GOtt unauffhoͤrlich zu dan- cken nicht verbunden/ daß wir vor so viel hundert tausend anderen zum wahren Glauben beruffen worden? Lasset uns dahero fuͤr so- thane Von dem Glauben. thane unaußsprechliche Gnade so grossem Wolthaͤter uns danckbar er- zeigen. Solches aber wird von uns besser und fuͤglicher nicht koͤn- nen entrichtet werden/ als wann wir allen seinen Gebotten/ so er uns durch den Glauben offenbahret hat/ den schuldigen Gehorsamb leisten; wie er dann selbst bezeuget/ mit diesen Worten: Der mei- ne Gebott hat/ und haltet dieselbige/ der ist derje- Joan. 14. v. 21. nige/ so mich liebet; Der ist der jenige/ so mir danckbar ist/ zumalen gewiß ist/ daß die Danckbarkeit in der Liebe bestehet. 3. Jm uͤbrigen; weilen auß dem Mund deß Apostels der Glaub ist ein Grundveste der Dingen/ die man hoffet/ und ein Hebr. 11. v. sicher Beweiß der Dingen/ die nicht gesehen werden; derhalben sich ein jeder behutsamblich vorzusehen hat/ daß in Erforschung der Glaubens-Articulen sich nicht bemuͤhe/ wann er demjenigen merckli- chen Schaden zu entgehen verlanget/ so dem aͤlteren Plinio mit sei- Plin. ju- nior in Epist. ad Corn. Tacit. Prov. 25. v. 27. nem groͤsten Schaden widerfahren: dann da dieser den grausamen Brandt deß Bergs Vesuvii persoͤnlich erforschen wollen/ ist er von der heraußtringenden Flammen/ und gleichsamb einem feurigen auf- steigenden Fluß uͤberfallen und getoͤdtet worden. Also wer die Majestaͤt untersuchet/ der wird von der Herrlichkeit unterdruckt werden: und wer die Artickulen deß Glaubens zu erforschen sich unterstehet/ wird sich stuͤrtzen ins Verderben. Die- ses hat ebenfals mit seinem unwiederbrinlichen Schaden erfahren ein gewisser beruͤhmter Doctor/ so in der nahmhafften Academie zu Pata- via im Venedischen Gebiet/ mit allgemeinem grossen Frolocken die Goͤttliche Dinge in der hohen Schuhlen lehrete. Da dieser Histo- ria. Greg. Steng. Tom. 4. de jud. Deu. c. 62. n. 2. kranck worden/ hat er sich alsobald mit allen H. H. Sacramenten der Christ-Catholischen Kirchen versehen lassen/ worauff er auch bald hernach zu leben hat auffgehoͤrt/ und bey allen ein grosse Mei- nung der Heiligkeit und Gelehrheit hinterlassen. Aber/ aber/ O erschroͤckliche Urtheil GOttes! dieser/ der Goͤttlichen hohen Schuh- len Lehr-Meister/ von dem ein jeder vermeinte/ daß den geraden Weeg ohne Hindernuß gegen Himmel wuͤrde gefahren seyn/ ist in die ewige Verdamnuß gestuͤrtzet worden; dann nach seinem Hin- scheiden ist er einem andern Doctor der hohen Schuhlen/ als seinem gewesenen vertraueten Freund in einer entsetzlichen Gestalt erschienen A 2 und Die erste Geistliche Lection und bekennet/ daß das Urtheil deß ewigen Todts auß folgenden Ursa- chen uͤber ihn ergangen seye. Dahe ich/ sagte er/ durch vorherge- gangener Leibs-Schwachheit schier zum End meines Lebens gelan- get/ kame der hoͤllische Versucher zu mir/ und fragte mich/ was ich glaubete? diesem gabe ich zur Antwort/ daß ich daß jenige glaub- te/ welches in dem Apostolischen Symbolo oder Kenzeichen ge- schrieben stehet. Hierauff begehrte er alsobald/ ich moͤgte ihm eini- ge von den schwaͤresten und dunckeleristen Artickulen außlegen: Die- sem Begehren nun ein Gnuͤgen zu leisten/ hab ich das gemeldte A- postoliche Symbolum durch das Symbolum oder Kenzeichen deß H. Athanasii zu erklaͤhren mich unterstanden: mit dieser meiner Erklaͤh- rung aber ware er nicht zu frieden/ sondern sagte; es ist nicht also/ wie du vermeinest: dann daß jenige/ so den Vatter angehet/ ist theils wahr und kundbahr/ und theils uͤbel zu verstehen und unwahr; dann der Vatter zwar ewig ist; nicht aber ist er allezeit gewesen ein Vatter/ gleich wie er gewesen ist GOTT: sondern erst- lich ist er gewesen GOTT/ und folgends worden ein Vat- ter. Hieruͤber hab ich uͤberlaut geschriehen und mir vorbehalten/ daß diese ein Ketzerische und zugleich Teuffelische Lehr seye. Der hoͤllische Satan aber antwortete/ und sagte/ man muͤsse nicht mit Ruffen/ sondern mit vernuͤnfftlichen Beweistthumben die Warheit zu ergruͤnden sich bemuͤhen. Derhalben hab ich auff meinen Verstand und Gelehrheit mich gar zu viel verlassend/ mit demselben von der al- lerheiligsten Dreyfaltigkeit zu disputiren angefangen: er aber mit al- lerhand Fangstricken und klugen Erfindungen wohl versehen/ hat mir so verwirrte Argumenten oder Bewaͤhrungen vorgebracht/ daß ich auch allgemach zu zweiffeln angefangen/ und endlich in diesen groben Fehler gerathen bin/ daß ich glaubete/ und darfuͤr hielte/ der Sohn so wohl als der H. Geist seyen kein GOtt. Bin also in sol- cher Verleitung gestorben und dem Richter-Stuhl GOttes vorge- stelt/ woselbsten ich als ein Ketzer den Straͤich der ewigen Verdam- nuß von dem gerechten Richter empfangen hab. Diesem nach ist der un- gluͤckseelige Mensch verschwunden. Ein wenig hernach ist auch der an- dere toͤdtlich erkraͤncket/ zu welchem dann ebenfalls der lose Betrieger kommen/ und ihn gefraget/ was er glaubete? worauff er geantwor- tet: Er glaube was die Christ-Catholische Kirch glaubet. Was glaubt Von dem Glauben. glaubt dann/ spricht er/ die Catholische Kirch? Die Christ-Catho- lische Kirch/ antwortet der Krancke/ glaubet was ich glaube/ und ich glaube was meine Mutter die Catholische Kirch glaubet. Mit diesen Worten hat er den Teuffel vertrieben und obgesieget/ auch nicht gar lang hernach sein Leben geendiget. Nach verflossenen we- nig Tagen ist dieser seeliglich gestorbene Doctor in schoͤner Gestalt und hell-scheinendem Angesicht erschienen/ und hat dem Barmher- tzigen GOtt fuͤr sothane! durch den Verdambten geschehene War- nung/ gedancket. Derhalben lasset uns/ so fern wir deß ersten Theo- logi Ungluͤckseeligkeit entgehen wollen/ bey der heilsamen Lehr deß Gottseeligen Thomæ à Kempis uns halten/ so mit diesen Worten einen jeden treulich ermahnet: Sey nicht sorgfaͤltig/ disputi- Thom. Kemp. Lec. 4. c. 8. §. 3. re und kriege nicht mit deinen Gedancken/ und laß dich nicht ein mit Antwort auff die infallende An- fechtungen und Zweiffel deß Teuffels; sondern glau- be den Worten GOttes/ glaube seinen Heiligen und Propheten/ so wirstu verjagen den boͤsen Feind. Der Andere Theil. 4. W Ann nun gleichwohl unser Heyland und Seeligmacher mit diesen außdruͤcklichen Worten also spricht: War- Joh. 6. v. 41. lich/ warlich sage ich euch/ der an mich glaubet/ der hat das ewige Leben. Warumb werden dann so viele/ ich sage nicht auß den Unglaubigen/ sondern auß der Zahl der Christ-Catholischen/ nach Zeugnuß der H. H. Vaͤt- tern/ ewiglich verdammet? Dieser angezogenen Frage gebe ich zur Antwort; daß der Glaub seye zweyerley; einer todt/ der andere lebhafft: denen allein/ so den lebhafften Glauben haben/ wird ver- sprochen das ewige Leben. Dieser aber ist/ laut Zeugnuß deß H. Gregorii, ein solcher Glaub/ welcher demjenigen/ so er mit Wor- ten redet/ durch seine Sitten nicht widersprechet. Derhalben/ ob schon viele auß den Christ-Glaubigen den Glauben haben/ so ist doch derselben Glaub zumahlen todt/ weilen ihr Leben von den Worten deß Glaubens entbloͤsset ist. Darumb der Heil. Apostel Jacobus A 3 sagt: Die erste Geistliche Lection sagt: Was nutzt es/ meine Brůder/ so jemand sagt/ c. 2. v. 14. er habe den Glauben/ und hat aber die Wercke nicht? wird ihn der Glaub auch seelig machen koͤnnen? und folgends erklaͤhret der gemeldte Apostel/ worinnen der wahre Glaub ei- ibid. v. 21. gentlich bestehe/ mit diesen Worten: Jst nicht Abraham unser Vatter auß den Wercken gerechtfertiget worden/ da er Jsaac seinen Sohn auff dem Altar opfferte: Sie- hestu nun wie der Glaub mit deß Abrahams Wercken mitwirckete/ daß also derselbe auß den Wercken ist vollzogen worden? Billig ha- ben dann die fuͤnff thorichte Jungfrauen hoͤren muͤssen: Warlich sage ich euch/ ich kenne euch nicht. Koͤnnen derhalhen nicht fuͤglich diejenige Christ-Catholische denen thorichten Jungfrau- en verglichen werden/ die den Glauben ohne die Wercke haben? dann gleich wie diese fuͤnff/ ob sie schon seynd gewesen Jungfrauen/ gleichwohl zur Thuͤr der ewigen Seeligkeit nicht seynd eingelassen worden; dieweilen ihnen das Oehl der Liebe ermangelt hat: eben solcher Gestalt/ wann schon alle Christ-Catholische Menschen/ al- so zu reden/ koͤnnen Jungfrauen genennet werden/ dieweilen sie durch keine Ketzerey geschwaͤchet/ werden jedoch nicht alle zur Hoch- zeit deß Goͤttlichen Lambs gelassen werden; sondern viele unter ih- nen/ so da werden zum himmlischen Paradeiß wollen eingehen/ wer- den hoͤren von CHristo: Warlich/ warlich sage ich euch/ ich kenne euch nicht. Diejenige nemblich/ so die Lampen/ daß ist/ den Glauben allein/ und nicht das Oehl oder die Wercke deß Glaubens haben werden. 5. Dann so viele immer unter den Christ-Catholischen ge- funden werden/ glauben alle/ so wohl Geist- als Weltliche an die Wort CHristi: Keiner der seine Hand an den Pflug Luc. 9. legt/ und siehet zuruck zum Reicch GOttes. Und nichts destoweniger/ wie offtmal muß man/ leyder GOttes! von uͤbelgeschlagteten Geistlichen hoͤren: ach haͤtte ich keine Profession gethan! es gereuet mich tausendmahl/ daß ich bey zeiten den Or- den nicht verlassen habe; und dergleichen. Diese unfreywillige Geistliche wegen alsolcher Reu und Leydwesen uͤber ihren Stand ver- lieren allen Geschmack und Lust zu den Geistlichen und Gottgefaͤlli- gen Von dem Glauben. gen Ubungen; derhalben sie mit moͤglicher und unzulaͤssiger Begier- lichkeit nach den weltlichen/ und von ihnen verlassenen falschen und betrieglichen Freuden und Ergoͤtzlichkeiten mit unzulaͤssiger Bewe- gung ihres Hertzens zurucksehen. Alle verstehen sich ohne einigen Wanckelmuth zu diesen Worten der H. Schrifft: Wer sich erhoͤ- Luc. 14. v. 11. het/ der wird erniedrigt/ und wer sich erniedrigt/ der wird erhoͤhet werden. Und gleichwohl wie wenige seynd demuͤthig von Hertzen? Hergegen aber wie hat bey vielen die Hoffart und Ehr-Geitz dergestalt uͤberhand genommen/ daß sie umb zeitliche Ehren und Wuͤrden zu erlangen allen Fleiß anwenden/ und sich eusserist bemuͤhen/ diese oder jene Prælatur zu erwischen. Schließ- lich wissen alle wohl und glauben den Dreu-Worten CHristi/ mit denen Er allen schwermenden/ vollfressenden/ und sich unzimblicher massen verlustirenden zuredet: Wehe euch/ die ihr gesaͤt- Luc. 6. v. 25. tiget seid; Dann ihr werdet hunger leiden: Wehe euch/ die ihr jetzt lachet/ dann ihr werdet trauren und weinen. Aber waß richtet unser guͤtige Heyland mit so scharffer Betrohung bey vielen Geistlichen auß? Wir sehen/ erbarm sichs GOtt! bey nicht wenigen grosse Außgelassenheit und unor- dentliche Neigung zu den Gastmahlen und Fressereyen/ und wie sel- bige das Fasten gleich der Pest fliehen/ heimbliche Zusammenkuͤnff- ten suchen/ und den Bauch mit schleckerhafften Speisen anzufuͤl- len sich bemuͤhen. 6. Nun siehe; diese und dergleichen alle glauben alles/ was die Christ-Catholische Kirch zu glauben vorgestellet: und gleich- wohl was sie glauben/ daß thun sie mit nichten. Soll man solche nicht billig als naͤrrische Menschen außlachen? Nicht mein/ son- dern deß hoch-gelehrten und Gottseeligen Joannis Avila Meinung und Urtheil uͤber sothane Unmenschen/ hoͤre an/ mein Christliche Seel: der meiste Theil der Menschen/ sagt er/ verdienen einen von diesen beyden Kaͤrckeren; oder den Kaͤrcker derjenigen/ die man im Glauben verdaͤchtig haltet/ wann sie nicht glaubten: oder den Kaͤrcker der Narren und Unwitzigen/ wann sie glaubten/ und gleichwohl deme/ was sie glauben/ nicht nachlebten. Wiewohl nur solche auff die- ser Welt in die verdiente Kaͤrcker nicht geworffen werden; so ist jedoch Die erste Geistliche Lection. jedoch ausser allem Zweiffel; daß diese nach gegenwaͤrtigem zergaͤng- lichen Leben/ in viel fensterere und abscheulichere/ nemblich die hoͤllische Kercker werden geworffen werden; allwo sie die Schuld ihrer allzugrossen Thorheit werden bezahlen muͤssen. Derhalben ein je- der versichert seye/ daß/ wann er sothanen Kaͤrckern zu entgehen/ und deß hemmlischen Vatterlands Einwohner zu werden verlanget; ihme daßjenige/ so er glaubet/ auch in der That zu verrichten von- noͤhten seye: dann gleich wie einem jeden reisenden Menschen/ der seinen bestimbten Orth zu erreichen trachtet/ zwey Stuͤck seynd nothwendig; nemblich das Aug und der Fuß/ dieser zum wandern/ je- ner aber den Weeg zu erkennen: also wer zum Reich der Himmelen einzugehen begehret/ muß haben zwey Dinge; nemblich das Aug deß Glaubens/ und den Fuß deß Wercks; ohne diese keiner daß ver- langte Ziel/ nemblich die ewig-waͤhrende Seeligkeit erreichen kan. 7. So will sichs dann geziemen/ mein Christliche Seel/ daß du den wahren und lebhafften Glauben in die Mitte deines Hertzen pflantzest; auß deme vielerley annehmliche Bluͤmlein der S n aplet. in Dom. 6. post Epiph. Tugenden zu deinem geistlichen Nutzen hervorkommen werden. Dann gleich wie die Gaͤrtner derhalben zu Ernaͤhrung und Erhaltung der Baum- Wurtzelen allen Fleiß anwenden/ weilen von derselben Krafft alle Zweiglein deß Baums zu geniessen haben: also lassen sich die embsige Naͤhrer der Tugenden auch in Pflantzung und Ver- mehrung deß Glaubens keine Muͤhe verdriessen: dieweilen von die- sem/ als der Wurtzelen/ die Wahre Erhaltung derselben entstehet: Sintemahlen nichts kraͤfftigeres zu Versammlung und Mehrung der GOtt-gefaͤlligen Tugenden kan erfunden werden/ als eben durch einen starcken Glauben gaͤntzlich darfuͤr halten/ daß der guͤtige GOTT dieserthalben uns unendlichen Lohn zufuͤgen werde. Dann gleich wie die Hunde/ wann sie einen Raub sehen/ demsel- Brom: ard. v. Fidei c. 4. ben mit aller Geschwindigkeit zulauffen/ und weder durch Stein/ weder durch Pruͤgeln sich darab verhindern lassen; also diejenige/ wel- che durch den Glauben in Erkandtnuß der himmlischen Guͤter kom- men seynd; fuͤrchten sich vor keiner immer vorfallenden Beschwer- nus/ sondern suchen alsolchen himmlischen Raub mit allem Ernst und ruͤhmlichen Eyffer zu erfangen. Weiters ist auch der lebhaffte Glaub Von dem Glauben. Glaub eine vortreffliche Artzeney gegen alle Versuchungen und Unfaͤll der Welt/ deß Fleisches/ und deß Teuffels: dann wie wird einer den Versuchungen Platz geben/ und leichtlich suͤndigen/ wann er warhaff- tiglich glaubet/ und in sein Hertz gleichsamb eintrucket/ daß nemblich we- gen einer eintzigen Todt-Suͤnd dem allgewaͤltigen GOtt ein unendliches Unbil und Schmach zugefuͤgt werde/ und daß er dessenthalben der ewi- Jud. c. 6. gen Straff sich unterwerffe? Derhalben gleich wie Samson/ so lang er seine Haar behalten/ alle an Staͤrcke uͤbertroffen hat; und hergegen derselben beraubet/ zumahlen erschwaͤchet ist: solcher gestalt/ so lang einer den lebhafften Glauben behaltet/ wird er seine Feinde leichtlich uͤberwin- den; ohne den Glauben aber von selbigen uͤberwunden werden. Da- hero sagt recht die H. Jungfrau und Mutter Theresia/ daß aller Scha- de und Suͤnden der Welt daher ihren Ursprung nehmen/ weilen die Menschen die Warheiten der H. Schrifft nicht gnugsamb durchtringen; welche/ wann sie besser zu begreiffen/ sich eusserst bemuͤheten/ mit solcher Begierde die Boͤßheit/ gleich wie das Wasser nicht eintrincken wuͤrden. Auß diesem ist nun leichtlich zu erachten/ mit was vor einem Glauben ein jeder muͤsse versehen seyn/ auff daß er den seindlichen List verspotte/ und daß gewuͤnschte Sieg-Kraͤntzlein darvon trage. 8. Jm uͤbrigen ist nach Meinung aller Gelehrten sicher und ge- wiß/ daß auch GOTT den Willen fuͤr das Werck belohne/ wann nemblich daß Werck nicht kan verrichtet werden: Weilen nun diesem also; so gedencke ein jeder bey sich selbsten/ wie viele Garben der Ver- diensten er nicht sammlen koͤnne durch offt widerholte Erweckungen deß Glaubens/ welche da seynd zweyerley/ einige so Eusserliche/ und die andere so Jnnerliche genennet werden. Die Eusserliche koͤnnen nicht so leichtlich geuͤbet werden als die Jnnerliche; es seye dann/ daß einer unter den Unglaubigen oder Ketzern wohne/ woselbsten er sattsame Gelegen- heit fuͤr den Glauben zu leyden finde. Derowegen sollen uns unterdessen gnug seyn die innerliche Erweckungen oder Bekaͤndnussen deß Glaubens/ so auff folgende/ oder dergleichen Weiß geschehen koͤnnen; nemblich/ daß man all daßjenige Glaube/ so in Goͤttlicher H. Schrifft geschrie- ben ist/ und was uns unsere Mutter die Christ- Catholische Kirch zu glauben vorstellet: und daß man bereit seye fuͤr alsolche Warheit nicht allein Leib und Leben zu verliehren; soͤndern auch daß man von Hertzen wuͤn- sche/ Gelegenheit zu haben (falls es der Goͤttlichen Majestaͤt also ge- fallen wuͤrde) in der That selbsten umb der Lieb CHristi/ und der Ver- thaͤtigung der Catholischen Warheit willen zu sterben. Ob nun zwar B einer Die erste Geistliche Lection einer wegen allsolcher Begierde die Herrligkeit/ oder beyfaͤllige Marter- Cron nicht erlange (welche allein gegeben wird den jenigen/ so in der That fuͤr CHristo sterben/ oder haͤtten sterben sollen/ wann sie durch Allmacht GOttes nicht waͤren erhalten worden) so wird er doch ohne allen Zweyffel der wesentlicher und fuͤhrnembster Glory der Martyrer oder Blut-Zeugen CHristi theilhafftig werden; und zwarn solcher/ die er erlanget haͤtte/ wann er wuͤrcklich waͤre getoͤdtet worden. Diese Warheit kan fuͤglich und klaͤrlich auß obangezogenem Grundvest bewie- sen werden. 9. Endlich ist allhier zu mercken/ daß ein jeder reifflich erken- nen muͤsse/ daß solche Glory und Herrligkeit nicht allen denen/ so eine Begierd/ umb CHristi willen zu sterben/ erwecken/ mitgetheilet wer- de; sondern denen allein/ die warhafftiglich und mit auffrichtigem Her- tzen die Ehre GOttes zu vermehren ein Verlangen tragen. Ob aber ein solches Verlangen auffrichtig seye/ kan auß zweyen Zeichen vermer- cket werden. Erstlich/ wann einer sich unterstehet/ nicht allein die toͤdtliche/ sondern auch die laͤßliche Suͤnden mit allem Ernst zu meiden. Zweytens/ wann er alle Truͤbsahlen/ sie kommen her/ wo sie im- mer wollen/ mit einem starcken und heroischem Gemuͤth uͤberstehe. Der diese Eygenschafften nicht an sich hat; wann er schon tausendmahl umb GOttes-Willen zu sterben verlanget; wird ihm dennoch ein geringer Verdienst zu Theil werden: dieweilen solche Begierd oder Will nicht auffrichtig und vest; sondern nur ein blosse und nuͤchtere Willung ist/ die von dem sonst danckbahren GOtt nicht vergolten wird. Daß aber diesem also seye; bin ich vorhabens im Verfolg dieser Lection zu bewei- sen/ und sage daß/ gleich wie die Marter selbst in sich die vollkommen- ste Erweckung der Liebe in der that selbsten begreiffet; also muß der Will zu sterben/ damit er recht und auffrichtig seye/ dieselbige Erweckung der Liebe in sich haben. Wann nun die Suͤnden zumahlen mit dieser Liebe nicht zugleich stehen koͤnnen; so folgt handgreifflich/ daß die Be- gierd/ das Blut zu vergiessen/ nicht koͤnne mit der Suͤnde stehen; weilen solche Begierd mit derselbigen Liebe eine einschließliche Gemein- schafft hat. Zweytens/ weilen die Marter das groͤste und vornembste Werck der Standhafftigkeit und ein Zeichen der Starekmuͤtigkeit ist: und erfolglich/ wer die schwaͤhriste Sachen umb GOttes-Willen zu leyden lust hat/ der muß auch starckmuͤtiglich wagen die geringere und leichte- re Buͤrden; als da seynd Versuchungen/ Verfolgungen/ Schmach- Reden/ Hunger/ Durst/ und uͤbrige/ so wohl deß Leibs als der See- len Von dem Glauben. len Widerwaͤrtigkeiten; dann diese alle geringeren Werths/ als die Marter selbst/ geschaͤtzet werden; derhalben der jenige/ so diese gringe Be- schwaͤrnuͤssen nicht ertragen kan/ wird ungezweiffelt zur Marter unbe- quem seyn; darauß erfolget/ daß sothaner Will vor den Glauben zu sterben/ kein wahrer und auffrichtiger Will seye: sintemahlen dersel- bige einen grossen und schwaͤhren Last außzustehen nicht vermag/ welcher einen wenigern und leichteren zu tragen nicht bestand ist. Was ist nun anders uͤbrig/ mein Christliche Seel/ als daß du dich befleissest/ da es noch Zeit ist/ oͤfftere innerliche Glaubens-Bekaͤndtnuͤssen benebens einer hertzlichen Begierde umb CHrtsti Willen zu sterben/ in deiner See- len zu erwecken. Damit du aber/ Krafft dieser Begierde/ die ewige Belohnungs- Cron darvon tragest; leyde standhaͤfftiglich die vorfallen- de Widerwertigkeiten/ meide die Suͤnden/ und verrichte die Wercke deß Glaubens: und wann diesem allem moͤglichst wirdst nachgelebt ha- ben/ so vertraue auff GOtt/ und versichere dich in demselben/ daß du die versprochene Belohnung unfehlbarlich erlangen werdest. Die andere Geistliche LECTION Von der Zweyten Theologischen Tugendt/ nemblich der HOFFNVNG . Confugimus ad tenendum propositam spem, quam si- Hebr. 6. v. 9. cut anchoram habemus animæ tutam ac firmam. Lasset uns unsere Zuflucht dahin nehmen/ daß wir die fuͤrgelegte Hoffnung erhalten/ welche wir ha- ben als einen sicheren und vesten Ancker der Seelen. Der Erste Theil. A Ldieweilen die Hoffnung eine grosse Gemein- und Nachbarschafft hat mit dem Glauben; dann/ Laut Zeugnuß deß Apostals/ ist der Glaub das Grundvest der Dinge/ die man hoffet; und die B 2 jenige Die andere Geistliche Lection jenige unermeßliche Guͤter/ so der Glaub zeiget/ verlanget die Hoff- nung/ und lebet der troͤstlichen Zuversicht/ mit der Huͤlff GOttes solche zu erlangen: Derowegen/ weilen wir mit dem Glauben den Anfang gemacht haben/ wird sichs auch geziemen/ daß wir von der Hoffnung/ daß ist/ dem Vertrauen zu GOtt (welche die allervollkomenste Hoff- nung ist) zu handlen fortfahren/ und auff die Gnad GOttes vertrau- end/ daß jenige kuͤrtzlich vorzuhalten/ welches zu Erhaltung dieser Tugend/ und zu Vermehrung deß Vertrauen zu GOtt in uns er- sprießlich seyn mag. Weilen aber der H. Apostel die Hoffnung einem Ancker vergleichet/ wie oben zu schen ist; so wirds noͤthig seyn/ die Eigenschafften eines Anckers bester massen zu erforschen. Gleich wie nun ein Ancker auß Eysen muß gemacht seyn/ also muß unsere Hoffnung vest und hart seyn/ die sich nicht auff unsere Kraͤfften/ sondern allein auff die Goͤttliche Guͤtigkeit laͤhne. Daher entstehet/ daß GOtt im 90igsten Psalmen seine Beschuͤtzung denen verspreche/ die sich selbsten mißtrauen/ und auff ihn allein ihre Hoffnung/ mit desselben hoͤchst- Psalm. 90. v. 14. gebuͤhrender Ehre setzen: Dieweil er auff mich gehoffet hat/ sagt der HERR/ so will ihm außhelffen: Jch will ihn beschirmen; dann er hat meinen Nahmen erkannt. 2. Zu diesem unserm Vorhaben lesen wir im Buch der Richtern/ daß/ in dem der Gedeon/ sambt dem gantzen Jsraelitischen Volck/ umb mit den Madianitern zu schlagen/ sich bereitet/ der HERR zu Cap. 7. v. 2. ihm gesagt habe: Es ist ein groß Volck bey dir/ und sol- len die Madianiter in ihre Haͤnde nicht uͤbergeben wer- den. Solte man nicht billich urtheilen/ GOTT haͤtte sollen sagen; weilen bey dir viel Volck ist; darumb werden die Madianiter in ihre Haͤnd uͤbergeben werden? dann/ so deß Volcks wenig gewesen waͤre/ haͤtte recht koͤnnen gesagt werden/ daß die Madianiter in ihre Haͤnde nicht gerathen wuͤrden; dieweilen sie zum streiten zu schwach waͤren. Was aber ist die Ursach einer so ungeraimbten Manier zu reden? Kein andere als diese: Auff das Jsrael sich nicht růhme wider mich/ und sage/ ich bin durch meine Staͤrcke befreyet worden: und also nicht GOtt/ sondern ihren eigenen Kraͤfften den Sieg zuschreibe; derhalben soll Madian in ihre Haͤnde nicht uͤbergeben werden. Damit nun das Jsraelitische Volck gewuͤnschter massen uͤber seine Feinde obsiegen moͤgte; so hat GOtt befohlen/ daß nur dreyhun- dert man verbleiben/ und sich zum streiten bequemen solten; damit sie also ihrer Staͤrcke mißtrauend/ und auff GOttes Huͤlff sich allein ver- Von der Hoffnung. verlassend/ erkennen moͤgten/ daß der Sieg eintzig der Hand GOttes zuzuschreiben seye. Diese dreyhundert dann haben solcher Gestalt ein unzahlbares Kriegs- Heer uͤberwunden: dann GOtt wilt/ daß aller Sieg/ als ein Gabe seiner mild-vaͤtterlichen Hand/ und nicht als unser eigener Verdienst/ von uns erkennet werde. 3. Zum andern/ gleich wie ein Ancker auffden Seiten mit zweyen Spitzen versehen ist; also muß auch die Hoffnung mit zweyen Tugen- den/ nemblich mit der Furcht GOTTES/ und langwieriger Ge- dult vergesellschafft seyn. Damit du aber/ mein Christliche Seel/ dieses wohl fassen moͤgest/ ist dir noͤthig/ daß du die gewoͤhnliche Ma- nier wissest/ die Hoffnung zu uͤben und zu erwecken. Diese aber be- stchet darin/ daß die Kindliche Forcht allezeit mit ihr vereiniget wer- de; wie der H. Bernardinus sagt: Die Hoffnung hat einen Serm. 15. in Psalm. Qui ha- bitat. grossen Verdienst/ wann sie mit der Forcht vereiniget ist: mit dieser Forcht kan man sehr nůtzlich hoffen. Die- se Forcht aber ist eine kraͤfftige und bestaͤndige Marter der Hoffnung: und weilen Salomon darfuͤr haltet/ daß in der Forcht seye das Ver- trauen der Staͤrcke: Derhalben da unser H. Vatter Augustinus die Prov. 14. v. 26. Serm. 15. Bruͤder in der Wuͤsten ermahnete/ sprach er ihnen von der Hoffnung also zu: Meine liebe Brůder/ diese liebet/ diese haltet/ aber nicht ohne Forcht: dannder hoffet und nicht foͤrch- tet/ ist nachlaͤssig: Der aber foͤrchtet und nicht hoffet/ wird sincken/ und hinunter wie ein Stein in den Grund Ps. 46. v. 11. fallen. Derhalben bezeugt billig der fromme David/ daß der HErr ein Wohlgefallen habe an denen: die ihn foͤrchten/ und hoffen auff seine Barmhertzigkeit. 4. Die Gedult aber/ als die andere Gesellin der Hoffnung bestehet in deme/ daß wir keines Wegs die Hoffnung lassen verlohren ge- hen/ wann wir sehon nach unserem Belieben daß jenige nicht erlangen/ was wir begehrt haben: dann also pflegt GOtt mit uns zu handlen; daß er uns auß erheblichen Ursachen alsbald nicht erhoͤre; sondern oder wegen unseres Mißtrauens/ oder damit er unsere in den Tugenden geuͤbte Kraͤfften zur Prob stelle; oder auch daß er mit groͤsseren und nuͤtzlicheren Gnaden uns bereichen wolle; die Einwilligung verschiebe. Wer will dann verzagen/ und daß unschaͤtzbahre Kleinod/ nemblich die Hoffnung so liederlich von sich werffen? vielmehr wollen wir mit dem frommen Job (der am gantzen Leib erkraͤncket/ seiner Kinder be- raubet/ von. seinen Freunden verspottet/ und aller Guͤter entbloͤsset B 3 ware) Die andere Geistliche Lection ware/ den HErrn gleichwohl lobete) lieben und von Hertzen sagen: Job. 13. v. 15. Wann Er mich schon toͤdten wird/ so will ich doch auff ihn hoffen. Jst aber nun dieser einfaͤltige und bestaͤndige Diener GOttes in seiner Hoffnung betrogen worden? gantz und zu- mahlen nicht: dann er hat nicht allein das verlohrne wiederbekommen/ sonderu hat auch wegen seiner langwirigen Gedult viel mehrere und groͤs- sere Wolthaten von GOtt empfangen. Zu dessen genugsamer Bekraͤff- tigung/ neben unzahlbahren anderen Geschichten und Exemplen/ die- net uns der H. Joachim und Anna/ welche so viele Jahr lang mit viel- faͤltigen Geluͤbten/ unauffhoͤrlichem Gebett/ und anderen andaͤchtigen Wercken die cheliche Leibs-Frucht von GOtt instaͤndiglich begehrt ha- ben und gleichwohl hat GOtt sothanen seines liebsten Dieners und Die- nerinnen immer waͤhrendes Anhalten zu erhoͤren/ biß in die zwantzig Jah- ren dergestalt auffgeschoben; daß selbige gleichsamb vor verfluchte/ und wegen ihrer grossen Suͤnden von dem gerechten GOtt gestraffte Ehe - Leuth nicht allein oͤffentlich gehalten worden; sondern auch neben diesem/ von jederman viele Schmach haben leyden muͤssen. Weilen aber diese heiligste Eheleuth die troͤstliche Hoffnung zu GOTT ves t- gehalten; derhalben seynd sie nicht allein gewuͤrdiget worden/ auch in ihrem Alterthumb/ der gewuͤnschten Ehe-Frucht zu geniessen; sondern auch die/ durch so vieler Seeligen Alt- Vaͤttern hertzliche Begierden verlangte/ und durch so vieler H. H. Propheten Weissagungen/ der Welt verkuͤndigte allerheiligste Jungfrau/ nemblich die aller - glorwuͤr- digste Mutter GOTTES MARJAM zu gebaͤhren und also mit dem verfleischten WORT in sehr nahe Blus- Verwandschafft zu gelangen. Hierauß ist nun klaͤrlich zu ersehen/ wie viel daran gelegen seye/ daß man ein vestes und bestaͤndiges Vertrauen auff GOTT habe. Wie aber schließlich ein Ancker an ein Seyl gehaͤfftet/ in den Grund deß Meers hinab gelassen wird; also muß die Hoffnung an das Seyl der Goͤttlichen Liebe gebunden/ und in den unermeßlichen Fluß der unendlichen Guͤtigkeit GOttes hinein gesencket werden. 5. Auff diese vorgesetzte Erklaͤhrung wollen wir nun sehen/ was vor einen Nutzen dieser Ancker schaffe: meines Erachtens wer- den wir verstehen/ daß selbiger das Schifflein unseres Hertzens vor den Waͤllen der Versuchungen unverletzt erhalte. Derhalben sagt der heiliger Vatter Augustinus: Diese Hoffnung haben wir in das heilige Land Von der Hoffnung. Land als einen Ancker vorauß gesendet auff daß wir auff sothanem Meer/ nicht verirren/ und also Schiffbruch leyden moͤgen: dann gleich wie man von einem Schiff/ welches auff den Anckern lieget/ recht saget/ daß es in Sicherheit seye; obs schon noch auff dem Wasser schwaͤbet: also ist unsere Hoffnung gegen die Anfechtungen dieser unserer Pilger- fahrt auff das himmlische Jerusalem gegruͤndet. Dergleichen Hoff- nungs-Ancker bezeuget der Koͤnigliehe Prophet in seinem zwantzigsten Psalmen/ daß er in den unergruͤndlichen Fluß der Goͤttlicher Guͤtigkeit hinabgelassen habe/ und sagt: Der HERR ist mein Licht Psalm. 26. v. 1. 2. 5. 6. und mein Heyl/ wen soll ich dann foͤrchten? wann schon ein Heer-Leger wider mich geschlagen waͤre/ so sollte sich mein Hertz doch nicht foͤrchten: wann schon ein Streit wider mich auffstůnde/ so will ich mich darauff verlassen. Sage mir nun/ mein Christliche Seel/ ist dann dieser fromme Diener GOttes in alsolcher seiner Hoffnung scham- roth worden? im geringsten nicht/ dann GOtt hat denselben als einen Aug- Apffel immerzu behuͤtet/ und auch in den eussersten Gefahren mild-vaͤtterlich beschuͤtzet. Und ob zwarn der Koͤnig Saul alle Ge- 1. Reg. 23. v. 26. legenheit/ den David zu toͤdten gesuchet/ hat er sich doch umbsonst bemuͤhet/ weilen GOTT den David bewahrete; wie im ersten Buch der Koͤnigen zu lesen ist. Da dieser David in der Wuͤsten Moan verbor- gen war/ da umbzogen Saul und seine Maͤnner denselben mit den Sei- nigen/ und gaben sich rings umb sie wie ein Kron dergestalt/ daß auch keine Hoffnung zu entkommen sich zeigete; dann sie waren gleich einem mit Hunden und Stricken umbgebenen wilden Thier/ an allen Orthen umbsetzet: derhalben es das Ansehen hatte/ als wann es dieser Gefahr zu entfliehen/ zumahlen unmoͤglich waͤre. Siehe aber/ wie GOtt seine Diener beschirmet/ und auß den Haͤnden deß Sauls errettet habe. Als dieser wie ein grimmiger Loͤw nach dem gefangenem Raub hefftig frolocket/ da kombt unversehens ein traurige Bottschafft/ daß nemblich die Phi- listaͤher das Land uͤberfallen/ und alles verhergeten: derhalben der Saul den David zu verfolgen auffzuhoͤren/ und den Philistaͤheren entgegen zu ziehen gezwungen wurde. Also ist der offt-gemeldte David durch die Verhaͤngnuß GOTTES den Haͤnden seiner Feinden entflohen: und ob schon darfuͤr gehalten wurde/ David seye nunmehr in der Gewalt deß Sauls; so ist er dennoch von dieser Verzweifflung be- freyet worden: dann einmahl gewiß ist/ was der Prophet Jeremias sagt: Der Die andere Geistliche Lection Der HErr ist gut denen/ die auff ihn vertrauen/ und Thren. 3. v. 25. der Seele die ihn suchet. 6. Diesem heiligen Koͤnig ist in dem Vertrauen zu GOTT nicht gewichen der grosse Patriarch Abraham; deme nunmehr alten Vatter der HErr befohlen/ er solte seinen Sohn schlachten. Damit nun der Alte diesem Befelch alsobald Gehorsamb leistete/ ist er mit seinem Sohn Jsaac/ den von GOtt ihme angewiesenen Berg hinzu gangen: und wiewohl der heilige Mann mit diesen oder dergleichen Gedancken angefallen wurde: Was ist das? soll ich meinen und zwar eingebohrnen Sohn schlachten/ wie wird dann die Verheissung GOttes erfuͤllet werden/ Krafft deren mein Saamen als wie die Stern deß Himmels solle vielfaͤltig vermehret werden? Der kluge Abraham a- ber ist mit keiner andern Antwort diesen seinen Gedancken begegnet/ als mit dieser: GOTT wirds versehen. Da nun der dritte Tag her- an kame/ und sie den Berg vor sich sahen/ wendete sich Jsaac zu sei- Gen. 22. v. 2. \& 8. nem Vatter und sprach: Sehe mein Vatter/ hier ist Feur und Holtz/ wo ist aber das Opffer? und Abraham sprach: GOTT wirds versehen. Und warlich/ GOtt hats versehen; dann der Vatter/ wie der Heil. Chrysostomus sagt/ hat geopffert; der Sohn hat sich selbsten zum Opffer erbotten; und GOTT hat beyde ihm angenehmste Opffer angenommen/ und seynd gleichwohl ein lebendiges Opffer ver- blieben. Also ist Abraham voller Hoffnung zu GOtt biß zu dem Berg/ biß zum Altar/ und endlich biß zum Streich kommen/ mit welchem er seinem Sohn das Leben nehmen wolte/ zumahlen er nun gnugsamb in sein Hertz hatte eingetruckt diese Wort: Der HERR wirds versehen. 7. Derhalben der jenige/ so mit dem David von dem Wuͤten deß Sauls (ich will sagen unserer Feinden/ der Welt/ deß Teuffels und deß Fleisches) befreyet/ und mit dem Patriarchen Abraham mit allen hinmlischen Seegen erfuͤllet zu werden verlanget: wer auch den schnoͤden Winden der Versuchungen zu entgehen/ und die schaͤdliche Felsen der Widerwaͤrtigkeiten zu meiden begehret; Und wer schließlich auff dem grimmigen Meer dieser Welt schiffend/ der unbestaͤndigen Waͤllen und fast immerwehrenden Ungewitters Ungestuͤmmigkeiten in ge- wuͤnschter Sicherheit zu fliehen trachtet; demselben ist noͤthig/ daß er in allen/ absonderlich aber in widrigen Zufaͤllen zu diesem Hoffnungs- Ancker seine Zuflucht nehme/ und mit grossen Vertrauen zu GOTT mehr mit dem Hertzen/ als mit den Lefftzen sage: Der HERR wirds Von der Hoffnung wirds versehen. Wann nun/ mein Christliche Seel/ zu Zeiten einige Versuchung anklopffet/ und der Menschen allgemeine Wider- Sager dir eingibt: Wie kan ich weiters den hefftigen Stachelen der Versuchungen widerstehen? ach! ich vermag ja nicht so grosse Be- schwaͤhrnuͤssen laͤnger erdulden; es fallet mir zu schwaͤhr: ich kan nicht laͤnger. Alsdann gebe mit starcker und vollkommener Hoffnung diesen deinen Gedancken zur Antwort. Ob schon hierzu meine Kraͤfften zu schwach seynd/ so werde ich dennoch obsiegen durch die Huͤlff GOt- tes/ zu dem ich hoffe. Eben selbiges thue auch/ wann du ein oder anderes Laster außzureuten; oder eine gewisse Tugend zu erwerben dich bemuͤhest/ und der laydige Sathan dich in die Verzweifelung zu stuͤr- tzen sich unterstehet; in dem er alsolchen Wercks fast schroͤckende Un- moͤglichkeit dir vor die Augen mahlet. Jn diesen Zufaͤllen muß du sonderbahr dein Gemuͤth durch die Hoffnung zu dem allerhoͤchsten an- frischen/ dem boͤsen Feind widerstehen/ und sagen mit dem Heil. Apostel Paulo: Jch vermag alles in dem/ der mich staͤrcket. 8. Weiters sollestu dich dieser Ubung befleissen/ wann oder ein gemeine/ oder auch eine besondere Noth wuͤrde vorfallen: zu deren er- sten gehoͤret/ wann man nemblich die Pest/ den allgemeinen Hunger/ oder andere bevorstehende Kranckheiten foͤrchtet: oder unser Glaub von vornehmen und maͤchtigen Personen grosse Verfolgung leydete/ oder sonsten hart getruckt wuͤ r de: imglelchen wann du sehest/ daß die beste Vorsteher der Kirchen durch den zeitlichen Todt hindannen gerissen wer- den/ durch deren Mangel der Kirchen ein mercklicher Schade koͤnnte zugefuͤgt werden: und wann du auch soltest sehen/ daß solche Persohnen zu Obrigkeiten erwaͤhlet oder gesetzt wuͤrden/ die sich selbsten wohl vor- zustehen nicht vermoͤgen; und ihre Bruͤder oder Schwestern nicht allein zur Ubung der Tugenden nicht antreiben; sondern auch die jenige/ so gern im Geist GOttes zunehmen wolten/ darab verhinderen: und wel- che/ nach Außsag deß Propheten/ nicht die Heerde/ sondern sich selbsten weiden/ was verworffen ist/ nicht herbey Ezech. 34 v. 4. fuͤhren/ was verlohren ist nicht suchen/ was zerbro- chen ist/ nicht verbinden/ und was schwach ist nicht staͤrcken. Jn diesen und dergleichen Gelegenheiten (so offtmahls die innerliche Ruhe deß Hertzens zerstõhren) ist das beste Mittel/ mein Christliche Seel/ das du alsbald deine Zuflcht nehmest zu dem Aneker der Hoffnung/ und glaubest vestiglich/ auch annebenst im Sinn hal- test/ und dich gebrauchest der Worten deß Abrahams: Der HErr C wirds Die andere Geistliche Lection. wirds versehen. Werffe weit von dir alle unoͤrdentliche Sorgfalt uͤber die zukuͤnfftige Begebenheiten/ und gedencke/ daß sothane/ wie- wohl grosse Ubel/ zu hoͤchster Ehren GOttes/ und zu Offenbah- rung der Goͤttlichen Urtheilen gereichen koͤnnen. Auch must du wissen/ daß dieses alles die jenige/ so mit Andacht auff GOTT vertrauen/ oder von dem Wust ihrer Suͤnden reinige; oder zu Erhaltung Christli- cher Tugenden/ denselben befoͤrderlich seye; oder ihnen zu weit groͤsserer Glory und ewigen Seeligkeit den Weeg bereite. So wende dich dann in allen diesen Elendts-Wirbelen zu der Goͤttlichen Mildigkeit; hof- fe und vertraue/ daß alle diese durch GOttes Zulassung uͤber dich ent- standene Ubel zu reichlicherer Hoffnung deines geistlichen Gedeyens und Nutzens dir dienen werden. Wann du nun dieses fleissig wirst gehalten haben/ so hast du das Boͤse in das Gute verwandelt; und wirst ohne Zweiffel auch keine Waͤllen der schaͤdlichen Unruhe mehr zu foͤrchten haben; Krafft deren viele von einigen Felsen der Armbseeligkeit zu dem anderen geworffen und getrieben werden. Merckestu nun wie grosse und wichtige Guͤter von dieser Tugend herruͤhren? welche du aber auß folgenden Bey- spielen klaͤrlicher verstehen wirst. Der andere Theil. Thom. Kemp. l. 1. c. 29. D A einer zum oͤfftern aͤngstig/ und von den Waͤllen der Forcht und Hoffnung gleich einem Schifflein hin- und wieder getrieben wor- den/ hat er sich einsmals mit Traurigkeit umbgeben/ vor einem Altar zu betten niedergeworffen/ und folgender Gestalt mit sich selbsten geredet: Ach moͤchte ich wissen/ ob ich in meinem angefangenen Standt verharren wuͤrde? und siehe/ alsbald ist er innerlich dieser Goͤttlichen Antwort gewuͤrdiget worden: Wann du das wůstes/ was wol- testu thun: thue nun/ was du alsdann thun woltest/ und also wirstu sicher genug seyn. Zur Stund ist dieser hierab getroͤstet und gestaͤrcket worden/ hat sich dem Willen. GOttes ergeben/ ist von dem aͤngstigen wancken befreyet worden/ und hat hinfuͤhro nicht mehr vorwitziglch wollen nachforschen/ was ihme ins kuͤnfftig widerfahren wuͤrde; sondern hat sich mehr beflissen in Erfahrung zu kommen/ wie er sich in allen guten Wercken immer nach dem Willen GOttes am besten richten moͤchte. Auß welchem genugsamb zu schliessen ist/ daß wir nicht frevendlieh sollen durchsuchen/ was uns kuͤnfftiglich begegnen werde/ son- dern daß man in allem der Goͤttlichen Majestaͤt traue/ daß sie uns als ein aller- Von der Hoffnung. aller guͤtigster Vatter von allen Ubelen bewahren/ und viel groͤssere Sorg fuͤr uns haben werde/ als auch die klugeste Elteren fuͤr ihre Kinder tragen koͤnnen. Daß also wahr ist/ was der Prophet sagt: Kan auch ein Isa. 49. v. 15. Mutter ihres kleinen Kinds vergessen/ daß sie sich nicht erbarme ůber den Sohn/ der von ihrem Leib gebohren ist: und wann sie desselben vergessen wůrde; so will ich deiner doch nicht vergessen. O was kan suͤsser/ was kan lieb- licher und froͤhlicher einem Diener GOttes vorkommen/ als die so an- nehmbliche Stimm seines HErren: Jch will deiner nicht ver- gessen. 10. Und wann schon einer so grosse und gewoͤhnliche Buß-Werck ver- richtete; oder mit so vielen Exemplen der heroischen Tugenden andern vorleuchtete/ als er immer moͤgte; so muß doch solcher auff diese gute Werck seine Hoffnung nicht gaͤntzlich setzen; sondern ist schuldig/ selbige auff die Goͤttliche Guͤtigkeit/ und die unendliche Verdiensten Christi zu werffen; dieweilen solches Vertrauen der Teuffel vielmehr foͤrchtet/ als die Ubungen der Tugenden selbsten; welches augenscheinlich zu sehen auß dem/ was dem H. Bernardo widerfahren ist: dann da selbiger mit einer Sur. 20. Aug. in vit. schwaͤhren Kranckheit behafftet/ zum End seines Lebens zu naheren schei- nete/ ist ihm vorkommen/ als wann er vor dem Richter-Stuhl GOttes stuͤnde: und als er daselbsten groͤblicher und heiloser Weiß vom leidigen Satan angeklagt wurde; hat ihm derselbige umb die Verantwortung zu thun genugsame Weil erstattet: es sagte aber der Gottseelige und unge- buͤhrlich angeklagte Bernardus nicht/ daß diesem nicht also waͤre: er sagte nicht/ daß/ wann schon diese Anklagungen rechtmaͤssig waͤren/ er darfuͤr schon laͤngst mit vielen Zaͤhren und anderen guten Wercken sattsame Buß gethan haͤtte: nichts dergleichen hat Bernardus zu seiner Verthaͤtigung vorgebracht; sondern hat geantwortet: ich bekenne gern/ daß weder mir/ weder meinen Wercken der Himmel gebuͤhre; solches ich zumahlen unwuͤr- dig bin: weilen aber mein Herr demselben mit doppeltem Recht erworben hat/ nemblich durch die Erbschafft deß Vatters/ und durch die Verdien- sten deß bittern Leydens; so ist er mit einem zu frieden/ und schencket mir das andere. Von diesem geschenckten Recht/ lebe ich der troͤstlichen Zuversicht/ daß ich dessen Erb seyn werde. Nach solcher erstatteten Ant- wort ist der hoͤllische Anklaͤger gantz schamroth worden/ und sambt allem Schein deß Gerichts Richter-Stuhls verschwunden. 11. Wilstu nun/ mein Christliche Seel/ wider solchen Feind obsiegen/ so fliehe unter den Schirm der Hoffnung: und wann solche C 2 Tugend Die andere Geistliche Lection Tugend leichtlich zu erwerben begehrest; so folge dem weisen Salomon und betrachte fleissig die unendliche Guͤtigkeit deines GOttes: Hal- tet vom HERRN in der Gůte/ und suchet Jhn in Sap. 1. v. 1. Einfallt deß Hertzens. Dieses hat in Warheit treulich geleistet die heilige Jungfrau Gertrudis/ so dessenthalben solches Vertrauen zu GOtt geschoͤpffet hat/ daß weder Truͤbsal noch Gefahr/ weder eini- ger Schade der zeitlichen Guͤter/ noch andere Ungluͤckseligkeiten/ weder auch jhre eigene Maͤngel und Fehler dieselbe haͤtten betruͤben koͤnnen: dan sie durch vorhergehende Betrachtungen sich zumahlen versichert hatte/ daß dieses alles so wohl gutes als boͤses/ nach Anordnung der goͤttlichen Vorsichtigkeit/ zum besten und geistlichen Gedeyen ihrer Seelen gereichen wuͤrde. Derhalben ist Blos. c. 13. Monil. Spir. CHristus unser Heyland dieser Jungfrawen erschienen: und damit er selbige in ihrem gefasten Vertrauen mehr und mehr bestaͤttigen moͤchte/ hat er dersel- ben mit diesen Worten zugesprochen: Das ienige Vertrauen/ so der Mensch auff mich allein hat/ und glaubet/ daß ich koͤnne/ wolle/ und wisse ihm in allem trewlich zu helffen; solches durchtringet mein goͤttliches Hertz/ und thut mei- ner Guͤtigkeit solche Gewalt an/ daß ich nicht kan ablassen/ demselben zu will- fahren/ und ihm die huͤlffliche Hand zu reichen/ wegen des Wohlgefallens/ daß ich empfinde/ indem ich sehe/ daß er sich gaͤntzlich an mich gehangen habe. Also hat CHRJSTUS gesprochen zu seiner lieben Braut der heiligen Gertraud. 12. Obwohln solche uͤber Hoͤnig und hoͤnigseimbe suͤsse Wort einer an- daͤchtigen Seelen gnug seyn koͤnnen/ ein grosses Vertrawen zu ihrem JE- SU zu schoͤpffen; so kan ich doch nicht vorbey gehen zu melden das jenige/ Blos. ub supra. was der Himmlische Braͤutigam der Heyl. Mechtildi zu mehrerm unserm Trost/ mit folgenden Worten uns offenbahret: Es gefallet mir son- derlich/ sagte Christus/ daß ich sehe/ wie die Menschen auff meine Gůtigkeit vertrawen: der nun ein solcher ist/ und in dem ver- harret/ den will ich in diesem Leben sonderbahr belohnen/ und will ihn im an- dern Leben mit einem uͤberhaͤuffigen Lohn verschen: und wie mehr er auff mich vertrawen wird/ je mehr er auch von mir erhalten wird: dann es ist un- moͤglich/ das jenige/ so er von mir zu erlangen festiglich geglaubt und gehoffet hat/ nicht zu erlangen/ weilen ich selbiges versprochen hab. Derhalben/ der grosse Ding von mir erwartet/ der stelle sein Vertrawen auff mich. Da aber die andaͤchtige Braut ihren Braͤutigam fragte/ was sie am fuͤrn e hmsten von seiner Von dem Glauben. seiner unaußsprechlichen Guͤte glaubensolte: hat ihr der Herr geantwortet: habe du dann vesten Glauben/ daß ich dich nach deinem Todt/ gleich wie ein Vatter seinen allerliebsten Sohn werde auffnehmen; und glaube sicherlich/ daß niemahlen ein Vatter seine Erbschafft so treulich und auffrich- tiglich mit seinem eintzigen Sohn getheilet habe/ als ich alle mei- ne Guͤter/ und mich selbsten dir uͤberlassen werde. Seelig ist der jenige/ welcher dieses besagter massen von meiner Guͤtigkeit mit ei- ner demuͤthigen Liebe gegen mich/ vestiglich glaubet. 13. Ohne allen Zweiffel hastu nun/ meine Christliche Seel/ auß diesem verstanden/ was vor unermeßliche Guͤter auß diesem andaͤchtigen Gebett zu GOTT entspringen. Soll man dann nicht allen moͤ- glichen Fleiß und Muͤhe anwenden/ solches Vertrauen zu erwerben! du hast auch zugleich die hoͤchste Lieb Christi gegen uns armseelige Menschen angehoͤret: So erhebe dann und erhoͤhe deine Stimm zum Lob eines so guͤtigen HErrn/ und sage mit andaͤchtigem Hertzen: Dich GOtt loben wir: oder einen andern Danck - Spruch. Nach diesem be- weyne und verfluche die grosse Blindheit der armen Welt-Kinder; daß nemblich so wenige gefunden werden die ihre Hoffnung auff den gecreutzigten JESUM setzen; und hergegen der meiste Theil auff die zergaͤngli- che Guͤter sich laͤhne. Du aber trage Sorg/ daß du in diese ungluͤck- seelige Zahl nicht gerechnet werdest. Jm uͤbrigen weilen ich nicht zwey- fele/ daß du an den Historien oder Geschichten ein Gefallen habest; so erzehle ich dir auß unzahlbaren andern eine/ laut deren unsere ange- fuͤhrte Lection en sattsamb bekraͤfftiget werden. Der Gottseelige Ludol- 2. p. vitæ Christi c. 50. phus von Sachsen erzehlet/ daß ein gewisser Kloster-Geistliche mit vie- len Offenbahrungen seye begnaͤdiget worden: und als dieses einem andern Geistlichen desselben GOttes - Hauß zu Ohren kommen/ habe selbiger instaͤndig begehret/ er moͤgte doch den lieben GOTT bitten/ daß ih- Historia. me anzeigen wolte/ ob er unter die Zahl der Seeligen Außerwaͤhlten gehoͤre. Da nun dieser fromme Mann durch oͤffteres Anhalten seines Mitt- Bruders uͤberwunden/ solches mit beharrlichem Gebett von GOTT begehret; ist ihm offenbahret worden/ daß dieser gemeldte Geistliche unter die Zahl der jenigen/ so zur ewigen Verdamnuß gehoͤren/ gezehlet werde. Weilen er aber mit solcher widrigen Zeitung seine Mitt - Bruder nicht betruͤben wollen/ als hat er selbige einige C 3 Tag Die andere Geistliche Lection Tag lang verschwiegen. Endlich aber/ da er von ihme gefragt worden/ hat er/ wiewohlen ungern/ geantwortet/ daß er der Zahl der Verdambten zugeeignet seye: dann selbiger/ weilen er in der heiligen Schrifft sonder- lich erfahren; mit danckbahrem Hertzen gesprochen: Gebenedeyet sey GOTT: nun will ich gleichwohl nicht verzweifelen; sondern will viel- mehr diejenige Buß/ so ich zum Eingang in das Geistliche Leben hab angefangen/ hinfuͤhro zwey- ja dreyfach vermehren/ biß ich endlich Gnad und Barmhertzigkeit bey deme/ der unendlich guͤtig ist/ finden moͤge. Nach geraumer Zeit hernach ist abermahl dem vorgemeldten Geistlichen offen- bahret worden/ daß dieser sein Mit-Bruder unter die Seeligmaͤssige ge- zehlet wurde; und nachdem er selbige Zeitung ihme mit grossem Frohlo- cken hinterbracht/ ist dieser nicht ohne sonderbahre Freud in seinen Goͤttli- chen Ubungen standhaͤfftig fortgefahren/ und also taͤglich von einer Tugend zu der andern schreitend ohne unterlaß im Guten verharret. 14. Jst dann nicht wahr/ mein Christliche Seel/ was der Koͤnigliche Prophet meldet: Wer auff den HErrn vertrauet/ den wird Psal. 31. v. 10. Barmhertzigkeit umbgeben. Jn was fuͤr elenden Stand solte dieser Geistliche gerathen seyn/ wann er auff so traurige Bottschafft als- bald die Hoffnung von sich geworffen hette! meines erachtens wuͤrde er sich in der Tieffe der Verzweiffelung/ und folgens in den Abgrund der Hoͤllen gestuͤrtzet haben. Weilen er aber wohl wuste/ daß der Menschen- Heyland nicht kommen seye/ die Suͤnder zu verderben/ sondern seelig zu machen/ darumb hat er festiglich geglaubet/ daß ihm nicht die Hoͤlle/ sondern der Himmel zu Theil werden koͤnne: und/ siehe/ was er gehoffet/ das hat er erlanget/ nach dem Spruch deß weissen Man: Wisset/ Eccl. c. 2. v. 11. daß keiner auff den HERR vertrauet hat/ und ist zu schanden worden. Damit wir nun dich mit Verziehung dieser unserer Ermahnung nicht zu lang auffhalten/ so wollen wir dieselbe schliessen mit deme/ was die gelehrte Scribenten Evagrius, Nicephorus und an- dere lassen hervorkommen; daß nemblich unter andern Mahlen/ auch im Jahr CHristi 528. die Stadt Antiochia mit einer gefaͤhrlichen Erd-Be- wegung seye heimbgesucht worden. Zu selbiger Zeit hat GOTT einem sichern heiligen Mann diesen Rath gegeben; daß man uͤber alle Hauß- thuͤren ausserhalb schreiben solle: Christus est nobiscum, sta. Chri- stus ist mit uns/ stehe. Dieser ware freywillig ein sehr heylsa- mer Rath: dann allen den jenigen/ so ihre Haͤuser mit diesem Schild be- waffnet haben/ hat diese erschreckliche Erdbidem keinen Schaden zuge- fuͤgt: dahero diese Stadt einen neuen Nahmen bekommen/ nemblich Teo- polis Von der Hoffnung. polis/ daß ist/ die Stadt GOTTES. Also kan auch fuͤg- lig gesagt werden von dem jenigen/ welcher in sein Hertz vertieffet hatte diese Wort: CHristus ist mit mir/ hier stehe ich/ und setze meine Hoffnug eintzig und allein auff Jhn. Wann derhalben sich diese Uberschrifft im menschlichen Hertzen finden lasset/ allda ist Christus als ein gewaltiger Beschuͤtzer zu gegen/ der alle Truͤbsall und Schwaͤhrmuth versenfftet/ und mit diesen holdseeligen Worten seinen Die- ner troͤstet: Ego Sum. Jch bins/ foͤrchte deine Feinde nicht/ erschre- cke nicht vor den Widerwaͤrtigkeiten/ dann ich bin dein Helffer und dein Beschirmer: Sie werden zwarn gegen dich streiten/ aber werden dich nicht uͤberwinden. Warumb mein CHriste? Weilen ich mit dir bin/ spricht der HErr/ auff daß ich dich errette. Derhalben/ mein Christliche Seel/ damit du den vorfallenden Schroͤckungen deren Truͤbseligkeiten und Versuchungen mit lachendem Hertzen unverletzt ent- gehen moͤgest; so versaume nicht/ dasselbige mit dieser heylsamen Uber- schrifft zu bevestigen: CHristus ist mit mir. Uberlege annebens auch wohl/ was ich zu meinem so wohl als deinem sonderbahren Trost kuͤrtzlich auffgezeichnet hab/ so wirstu ausser allem Zweiffel das Sieg- Kraͤntzlein darvon tragen/ sintemahlen nach Zeugnuß deß Heil. Propheten Davids/ die auff den HErrn vertrauen/ seynd wie der Berg Sion/ der zu Hierusalem bleibet/ und mag in ewigkeit nicht beweget werden. Die dritte Geistliche LECTION Von der Barmhertzigkeit GOTTES . Universæ viæ Domini misericordia \& veritas. Psal. 24. v. 10. Alle Weege deß HERRN seynd Barmhertzigkeit und Warheit. Der Erste Theil. 1. E S ist gnugsamb bekannt auß deme/ was vorhin gemeldet/ wie- viel daran gelegen seye/ daß man ein andaͤchtiges Ver- trauen zu GOTT habe; dahero mir vorgenommen hab/ zu dessel- Die dritte Getstliche Lection desselben Vermehrung von der Barmhertzigkeit GOttes in gegenwaͤrtiger Lection zu handlen: Zumahlen die Betrachtung derselben/ die kleinmuͤ- thige zur Hoffnung auffzumuntern sehr nuͤtzlich ist; so gar auch/ daß wann ein Zweiffel oder Streit unter den goͤttlichen Eigenschafften entstehen solte/ massen sich unter denen Apostelen ereiget hat/ wer unter ihnen der groͤste waͤ- re: so wuͤrde sicherlich die Barmhertzigkeit GOTTES den Vorzug ge- winnen; alldieweilen selbige der prophetischen Aussag gemaͤß/ sich zu allen Psalm. 118. Enden der Wele enstraͤcket. Die Erd ist voller Barmhertzigkeit Gottes. Und wiederumb. Alle Weege des Herrn seynd Barm- hertzigkeit und Warheit: deßgleichen hat die Heyl. Brigitta auß Blosius in Con- clave a- nim. c. 8. n. 6. dem Mund CHristi im Geist gehoͤret: Jch bin die hoͤchste Lieb; dann alles was ich von Ewigkeit her gethan hab/ daß habe ich auß Liebe gethan; und was ich auch immer thue/ und kuͤnfftig thun werde/ daß kombt alles von mei- ner Liebe her/ meine Lieb gegen den Menschen ist zu gegenwaͤrtiger Zeit eben so groß und unbegreifflich/ als sie gewesen ist am Tag meines Leydens/ da ich durch meinen Todt auß unendlicher Liebe alle Außerwaͤhlten erloͤset hab: und wans geschehen koͤnte/ daß ich so offt stuͤrbe/ als Seelen in der Hoͤllen seynd; so wolte ich mit hurtigstem Willen/ und einer vollkomnesten Liebe mei- nen Leib dargeben/ und wolte dasselbige leiden/ und denselbigen Todt fuͤr eine jede Seel außstehen/ die ich fuͤr alle außgestanden hab. Dieses sagte CHri- stus. 2. Auff eine andere Zeit ist die Heyl. Gertrudis durch goͤttliche Einspre- Idem ibid. n. 2. chung in Erfahrung kommen/ daß ein Mensch/ wann er die Bildnuͤß seines gecreutzigsten Heyland mit den Augen seines Hertzens anschawe/ gedencken solle/ daß ihm der am Creutz hangende JESUS mit freundlicher Stimme zurede: Sehestu wohl/ meine Seel/ wie ich auß Liebe deiner/ nackend/ ver- spottet/ am gantzen Leib verwundet/ und gliedweiß außeinander gespannen/ fuͤr dich am Creutz gehangen habe? dieses aber ist noch nicht genug; sondern mein Hertz tragt eine so grosse Suͤssigkeit der Liebe gegen dich/ daß/ wann es dir zum Hey! gereichen solte/ und koͤntest auff kein andere Weiß die ewige Suͤssigkeit erwerben/ so wolte ich fuͤr dich allein alles leiden/ was ich fuͤr die gantze Welt gelitten hab. Daß heischt lieben! Soll ich allhier mit heller Stimm nicht ruffen; O unbeschreibliche Liebe! O unermaͤßliche/ O unendliche und un- begreiffliche Barmhertzigkeit des Erschoͤpffers gegen mich veraͤchtliche Crea- tur! gefallet es dir dann mein JESU/ mich also zu lieben/ daß du auch fuͤr mich allein so unerhoͤrte Tormenten an deinem allerzartesten und empfind- lichsten Leib zu ertragen dich nicht weigerest/ damit du mich allein von den hoͤllischen Von dem Glauben. hoͤllischen Peinen erretten/ und den Fuͤrsten deiner himmlischen Scharen zu- gesellen moͤgest? wie soll ich dann/ mein hoͤchstes Gut/ solche Lieb wiederumb vergelten? wie kan ich fuͤr so grosse Lieb gegen mich/ deiner Majestaͤt gnug- samb danckbar seyn? merckestu wohl meine Christliche Seel/ wie zaͤrtlich und wie eyfferig dein GOtt dich liebe/ und wie sehr er verlange/ daß du werdest ein Mit-Erb der himmlischen Frewden? ey lieber! so verlasse dann das Jrdische/ verachte das Zeitliche/ und halte dich bey so gutem und barmhertzigen Vatter/ so wirstu Barmhertzigkeit finden. 3. Weiters/ wie groß seye die Guͤtigkeit GOttes gegen den Suͤnder/ sol- ches erhaͤllet auß einer Offenbahrung/ so dem heyl. Bischoff Nahmens Car- Dion. A- reop. Ep. ad De- mophil. Historia. pus widerfahren. Dann da ein Unglaubiger einen Christcatholischen Men- schen von dem wahren Glauben verkehret hatte; ist dieser Carpus, indem er mit denen beyden ein Christliches Mitleiden tragen/ und fuͤr selbige haͤtte bet- ten sollen/ hefftig uͤber sie erzuͤrnet worden/ und hat GOtt mit seinem Gebett ersuchet/ er moͤchte diese beyde alsbald ihres zeitlichen Lebens berauben. Die- sem Supplicant en aber ist nach eroͤffnetem Himmel Christus mit einer un- zahlbahren Schaar der Engelen erschienen; unten aber hat sich ein sehr tieffer Schlund voller Schlangen gezeigt/ an dessen Mund diese zwey Maͤnner zitterend gestanden/ und augenblicklich ihre Hinabstuͤrtzung erwartet: und da der obgemeldte Bischoff mit unzimblichem Eyffer verlangte/ daß sie alsbald verschlungen wuͤrden; hat er seine Augen erhoͤhet/ und gesehen/ wie der mild- reicheste JESUS voller Barmhertzigkeit/ von seinem himmlischen Thron auffgestanden/ zu ihnen hinab gestiegen und seine guͤtige Hand ihnen dargerei- chet/ auch wie annebens die Engelen ihnen Huͤlff geleistet haben. Dem obge- meldten Carpo aber/ als Zuschauer solcher Action hat Christus gesagt: Mein lieber Carpe, ich bin bereit fuͤr das Heyl der Menschen abermahl zu leiden: und dieses ist mir angenehm/ wann nur andere Leuth nicht suͤndigen: du aber urtheile/ ob es nuͤtzlich seye/ daß man die Wohnung bey den Schlangen/ der Gesellschafft Gottes und seiner außerwaͤhlten vorziehe. 4. Nun durchlese/ mein Christliche Seel/ das alte Testament/ und sehe/ ob dir nicht schier uͤberall begegne die Goͤttliche Miltigkeit: und damit ich ande- re Exempeln verschweige; wie hat der Koͤnig David den wegen seiner Suͤn- den verdienten Zorn Gottes abgewendet? mit zweyen Worten: dann nach- dem er die ernstliche Bestraffung auß dem Mund des Natans/ und scharffe Trewungen des Herrn hatte angehoͤret/ sagte er: peccavi Dominc: ich hab dem Herrn gesůndiget. Kaum hatte er diese Wort gesprochen; und 2. Reg. 12. siehe/ dawurde er mit dieser holdseligen Rede von dem obgemeldten Natan er- frewet: der Herr hat auch deine Sůnde hinweg genommen/ D du Die dritte Geistliche Lection du wirst nicht sterben. Durchblaͤttere weiters das gantze Leben Chri- sti; so wirst du nichts anders finden/ als eine immerwaͤhrende Barmhertzig- keit gegen alle Menschen. Er reinigte die Aussetzige/ speisete die Hungrige/ er kame zu Huͤlff den Nothleidenden/ er heylte die Krancken/ die Blinde mach- te er sehend/ die Lahmen gerad/ er trieb die Teuffel auß den Besessenen/ er we- ckete die Todten zum Leben/ und sprache loß die bußfertige Suͤnder/ und das alles umbsonst. Wann du nun weiters sein gantze Lehr betrachtest/ was wirst du anders darauß abnehmen koͤnnen/ als ein unermaͤßliche Barmhertzigkeit? was handlet anders die Vergleichnuͤß von dem iꝛrenden Schaͤfflein/ so auff den Achseln deß Hirtens wiederumb zur Heerden gebracht worden? was zeigt dir anders an der verlohrne und wieder gefundene Groschen? was kanst du anders abnehmen von den Worten deines Herrn/ da er spricht/ die Gesunden brauchen keines Artzes; wie unterweiset dich die Parabol von dem Knecht/ de- me alle seine Schuld nachgelassen worden: das Gebett des offentlichen Suͤn- ders und Schrifftsgelehrten im Tempel: wie auch von dem verwundeten Wandersman? was wird uns anders bedeutet durch den verlohrnen Sohn/ als eben die unbegreiff liche Miltigkeit gegen die buͤssende Suͤnder? dann da dieser letztere seine gantze Erbschafft verschwendet hatte/ und wiederumb zu sei- nem Vatter gekehret/ sagte der Vatter: Bringet eylends das beste Kleid herfůr: Er fragte nicht/ woher kombst du? wo bist du gewesen? was hast du mitgebracht? warumb hast du deine so grosse Herrligkeit in solche Ab- schewligkeit veraͤndert? sondern: bringt das beste Kleid herfür/ und thuts ihm an. Troll dich nun hinweg du schaͤdliches Mißtrauen/ und unordentliches wancken des Hertzens! ist dan nicht ein so grosse Guͤtigkeit des Vat- ters kraͤffug gnug/ einen jeden in Unflat der Suͤnden liegenden Menschen zur Hof- nung auffzumuntern? thut diese Gleichnuß nicht allen die Barmhertzigkeit versprechen? 5. Warumb ist CHristus unser Heyland und Seeligmacher anders auff den Altar des Creutzes gestiegen/ als daß er sich selbsten als ein kraͤfftiges Opf- fer umb alle Suͤnden zu vertilgen schlachtete? der auch am Creutz hangend fuͤr seine Creutziger/ fuͤr seine Schmaͤher und Verspoͤtter seinen allerheiligsten Vatter umb Verzeihung bittet. Wer ist dann/ der vermeynet/ GOtt werde auff seine rechtmaͤssige Beicht und Bekaͤndnuͤß der Suͤnden/ und Anruf- fung der Barmhertzigkeit/ ihme die Thuͤr der Gnaden versperren? zumah- len der holdseelige Jesus selbst der H. Mechtildis offenbahret; daß nemblich kein eintziger so grosser Suͤnder seye/ deme er alsbald alle seine Suͤnde nicht Blos. in monil c. 1. n. 9. voͤllig nachlassen werde/ wann er selbige hertzlich berewen wird: und werde sein Hertz mit so grosser Guͤtig- und Suͤssigkeit uͤber ihn legen/ als wann er niemahlen gesuͤndigt haͤtte. O Wer kan allsolche grosse Sanfftmuͤtigkeit der Gebuͤhr nach außsprechen/ derhalben schreibt recht der gottseelige Thaulerus. Obschon Von der Barmhertzigkeit Gottes. Obschon ein Mutter bißweilen ihres eintzigen Sohns vergesse; so wird doch der Herr/ wie er von sich selbsten bezeugt/ unserer zumahlen nicht vergessen: apud Blos. in Consol. Pusill. fol. 225. dann so groß ist dessen Barmhertzigkeit; daß auch ein außgetruckneter Hanff oder Flachs in einem grossen Fewer nicht koͤnne sogesch wind entzuͤ ndet werden/ als er einem Rew tragenden und auffrichtig bekehrten Suͤnder alle seine Missethaten zu vergeben bereit ist: dieweilen keine Zeit/ noch ein an- deres Mittel die Guͤtigkeit des Allerhoͤchsten/ und den bußfertigen Suͤnder scheidet. Hernach aber entstehet zwischen Gott und einem buͤssenden Menschen eine so vollkommene Vertraͤulichkeit/ als wann er niemahlen gesuͤndiget haͤtte: und so gut ist der Herr/ daß er auch das jenige/ so er einmahl verziehen; dem Menschen niemahlen vorwerffen/ oder durch einige Straff gedencken wolle; wann er nemblich in Besserung seines Lebens verharret. 6. Daß aber diesem also seye/ versicheret uns genugsamb die eylfertige Be- kehrung der H. Mariaͤ Magdalenaͤ; welche/ ob zwar sehr grosse Laster be- gangen hatte/ so bald sie zu dem Herrn kommen/ und ihm seine Fuͤß gewaschen/ aller ihrer Suͤnden vollkommenen Nachlaß erhalten hat; und folgends in so grosse Gemeinschafft mit Christo gerathen/ daß sie von selbigem auch mehr dann die Apostelen selbst geliebet worden: derhalben er auch nach seiner Auffer- stehung sich zum ersten seiner Magdalenen gezeigt hat: und da sie umb weitere Buß zu thun in die Wuͤste sich begeben hatte/ ist sie mit so vielen himmlischen Troͤstungen erfreuet worden/ daß sie taͤglich siebenmahl biß zum Himmel ver- zuͤcket/ denen unzahlbarn Choren der Engelen beygewohnet/ und von CHristo selbst uͤber hundertmahl besuchet/ und mit hoͤfflichen Lustbarkeiten erquickt wor- den. Damit aber die rechte Warheit dessen/ so gesagt ist/ etwas klaͤrlicher her- vor scheine/ als wollen wir eine Geschicht hinzu setzen. 7. Es ist einsmahls gewesen ein adliche Tochter/ welche nach einer began- genen Blut-Schand mit ihrem eigenen Vatter/ das Angesicht ihrer Eltern auß Schamhafftigkeit nicht ertragen koͤnnen: dessenthalben hat sie erstlich die Mutter/ und hernach den Vatter mit Gifft umbs Leben gebracht: und weilen sie von der Gnade Gottes verzweiffelt/ ist sie in den Suͤnden halßstarrig ver- blieben. Endlich hat sich zugetragen/ daß sie nach angehoͤrten diesen Worten von der Cantzel; daß nemblich die Barmhertzigkeit Gottes groͤsser seye als die Suͤnden der Menschen/ dergestalt bewegt worden/ daß sie alsbald mit grossem Leydwesen ihre Suͤnden gebeichtet; nachdeme zur Kirchen gangen/ allwo sich diese Buͤsserin zur Erden niedergeworffen/ und auß hefftiger und hertzlicher Rew und Leyd daselbsten den Geist auffgegeben. Der Beichtsvatter hat hier- auffdas anwesende volck ersucht/ sie moͤchten doch fuͤr der verstorbnen Personẽ Seel Gott bitten : immittelst aber ist durch eine Stim võ Himmel erschallet: ich bedarff eweres Gebetts nicht/ sondern ihr habt des meinigen mehr vonnoͤthen. Worauß nun zu D 2 schliessen Die dritte Geistliche Lection schliessen ware/ daß dieses gluͤckseelige Weibsbild ohne einige Peinen deß Feegfewrs den Himmel erreichet habe. So groß ist die Guͤtigkeit Gottes gegen einen bußfertigen Menschen. Damit du aber meine Christliebende Seel die Miltigkeit Gottes noch besser erkennen moͤgest/ so betrachte/ was folget. Der andere Theil. 8. CHristus spricht zu der Heyl. Gertrudis/ ein jeder kan sich von melner Gnade Hoffnung machen (wann er schon mit einem schwaͤren Last der Suͤn- den sich beladen befindet) wann er GOtt dem Vatter mein allerunschuͤldig- stes Leiden und Sterben auffopfferet. Derhalben soll der Suͤnder glauben/ daß er dardurch die allerheylsambste Frucht der Nachlassung erlange: diewei- len keine so kraͤfftige Artzeney wider die Suͤnden auff Erden kan gefunden werden/ als eben eine andaͤchtige Gedaͤchtnuͤß memes Leideus/ wann selbige mit einem auffrichtigen Glauben und wahrer Buß vereiniget wird. Diese er- zehlte Warheit wird durch folgendes Exempel bestaͤttiget. Ein sicher Juͤng- Discipuli Historia. lein hatte mit seiner Schwester fleißlich gesuͤndiget; welchensein Bruder in diesem boͤsen Werck findend/ mit Worten bestraffet; wird aber dessenthalben alsbald von dem Ubelthaͤter getoͤdtet; diesen Schwester-Schaͤnder und Bru- ders-Moͤrder hat der Vatter auß billigem Eyffer enterbet/ und der Statt verwiesen; ist aber nachmahls wiederumb heimlicher Weiß hinein kommen/ hat seinen Vatter umbgebracht/ und sich mit der Flucht errettet. Nun hat sichs zugetragen/ daß dieser Boͤßwicht einsmahls zur Jastenzeit hoͤrte von der Cantzel predigen den Spruch des Propheten Ezechielis: An welcher Ezech. 18. Stund der gottlose Buß thut/ und sich bekehret/ will ich nicht mehr gedencken an alle seine Missethaten: Durch sel- bigen ist er also beylsamblich entruͤstet worden/ daß er mit zerknirschtem Hertzen zum Priester gangen/ und gesagt/ es ist besser/ daß ich allhier zeitlich/ als her- nacher ewig verschaͤmbt werde: hat also seine Suͤnden vollkommentlich ge- beichtet; nach gethaner Beicht hat j hm der Priester befohlen/ er solte gehen zu dem Altar/ auff welchem die Bildnuß der aller seeligsten Jungfrawen Mariaͤ den gecreutzigsten JESUM im Schoß haͤtte; vor diesem Altar hat sich der suͤndige Mensch zu Bodem geworffen/ und die glorwuͤrdigste Mutter gebet- ten/ sie moͤchte durch ihre Vorsprechung bey j hrem aller liebsten Sohn ihme Gnad erwerben; von der Mutter hat er sich zum Sohn gewendet/ und also gebetten: O Jesu CHriste/ durch deine Wunden und durch dem Blut bitte ich/ verzeyhe mir/ daß ich die Blut-Schande begangen/ und das Blut meines Vatters und Bruders vergossen habe. Jndem er nun diese Wort offtmahlen widerholet/ und uͤber seine Missethaten bitterlich geweinet; ist ihm vor grosser Reu Von der Barmhertzigkeit GOttes. Reu und Leyd das Hertz im Leib zersprungen/ und ist also vor dem Al- tar niedergefallen und gestorben; welchen der vorgemeldte Priester/ da er wiederum zur Kirchen kommen/ auff der Erden ligend und todt ge- funden: derhalben hat er deß andern Tags ein allgemeines Gebett von allem Volck fuͤr deß verstorbenen Seel begehret. Und/ siehe/ da alle gegenwaͤrtige betteten; ist ein weisse Taub in der Kirchen herumb geflo- gen/ im Schnabel haltend ein Zettel/ den sie vor dem Priester hat fal- len lassen: dessen Jnhalt selbiger oͤffentlich gelesen; daß nemblich deß verstorbenen Seel zu der himmlischen Glory seye gefuͤhret worden/ che die natuͤr liche Hitze den Leib verlassen hat; und in dem untersten Theil dieses Zettels seyud geschrieben gewesen diese Wort: Verkuͤndige die un- endliche Barmhertzigkeit GOttes allen Suͤndern und Suͤnderinnen; dann alle die jenige/ so ihre Suͤnden hertzlich beweinen/ und auffrichtiglich beichten/ deren wird sich GOTT erbarmen. 9. Wer ist dann nun/ der dieses hoͤret/ und dannoch verzaget? kei- ner verzweiffle/ und wann er schon die allerschroͤckligste Suͤnden began- gen habe: er hoͤre den heiligen Albertum Magnum an/ also sprechend: Serm. in Dom. 3. Advent. So groß ist die Goͤttliche Barmhertzigkeit/ daß in Vergleichung dersel- ben/ alle Suͤnden der Menschen/ so groß und viel sie immer seyn moͤ- gen/ nur schemen ein P uͤnctlein im Mitten deß Meers. Diesem fal- let tapffer bey der Hoͤnig-fliessende Bernardus mit folgenden Worten. Alle Sůnden/ so vom Anfang der Welt seynd begangen Serm. de bono Latron. worden/ wann sie sollen mit der Goͤttlichen Barmher- tzikeit verglichen werden/ seynd sie gleichsamb ein troͤpff- lein gegen das gantze Meer zu schaͤtzen. O wunderbarliche Barmhertzigkeit GOttes! O allerkostbareste/ und in Warheit unendlich wertheste Verdiensten Christi; Krafft deren uns so unermeßliche Barm- hertzigkeit zu theil worden! Lasset uns derhalben alles Mißtrauen/ und al- le Verzweiffelung weit hinweg-werffen: lasset uns unsern Heyland mit demuͤthigem Hertzen ersuchen/ so werden wir seelig werden; dann er ist nicht kommen uns als ein Richter wegen unserer Suͤnden zu verdammen; sondern als ein Heyland und Artzt unsern Kranckheiten zu heylen. Lasset uns anhoͤren/ was er mit außtruͤcklichen Worten verspricht: Jn dersel- ben Stund/ da der Sůnder ůber seine Missethaten seuffzet/ will ich aller seiner Sůnden vergessen. Mer- cke nun auff/ mein Christliche Seel/ daß dein so guͤtiger HCRR keinen eintzigen Art der Suͤnden außschliesse/ weder auch die Groͤsse D 3 und Die dritte Geistliche Lection und Vielheit der Suͤnden ansehe. Lasset uns nur von Hertzen seuffzen wie sichs gebuͤhret/ so werden wir bereit finden aller und jeden begange- nen Suͤnden Vergessenheit. 10. David hat gezeuffzet/ und ist ihm Barmhertzigkeit wiederfahren. Der oͤffentliche Suͤnder hat geseuffzet im Tempel/ und ist gerechtfertiget nach Hauß gangen. Der Schaͤcher am Creutz hat geseuffzet/ und hat verdienet zu hoͤren: Heut sollstu mit mir im Paradeiß seyn. Viele tausend andere Suͤnder und Suͤnderinnen haben geseuffzet/ de- ren keinem eintzigen die Barmhertzigkeit ist geweigert worden: unter welche daß jenige Weib billig zu zehlen ist/ so von Christo selbsten ge- hoͤret hat: Jch verzeihe dir die Sůnden. Welcher Gestalt sich aber solches zugetragen/ will ich zu deinem Trost erzehlen. Ein gewisser Priester im Thuͤringer Land hat einsmals den allerheyligsten Leib Christi in einer Schachtel/ einen Krancken darmit zu versehen/ ausserhalb deß Dorffs getragen: es ist aber ein Hur nicht weit von dem Weeg in ihrem oͤffentlichen Huren- Hauß gestanden/ und da sie den Priester gesehen/ hat sie bey sich selbsten gedacht: wann der Christliche Glaub der rechte Glaub ist/ so ist dieser der Heyland der Welt/ den dieser Priester in der Schachteln traget: und weilen sie billig uͤber sich selbsten eifferte; daß nem b lich in Gegenwart dessen so viele und grosse Suͤnden zubegehen sich nicht gescheuet haͤtte/ der so erschoͤckliche Tormenten zu Crloͤsung der Welt hat außgestanden; als ist selbige dergestalt in sich selbsten bewegt worden/ daß sie alsobald das Hu- ren - Hauß verlassen/ durch uͤberhaͤuffigen Koth in aller Ge- schwindigkeit zum Priester gelauffen/ und gesagt: Stehet Herr Prie- ster: und in selbigem Augenblick/ da der Priester still gestanden/ hat sich das Weib in den Koth vor dem Allerhoͤchsten Gut niedergeworffen/ und gesprochen: Mein liebster HErr JEsu Christe/ wann du der jenige bist/ der fuͤe unser allgemeines Heyl von einer Jungfrauen gebohren/ ge- litten und begraben/ in den Himmel auffgefahren/ sitzet zur Rechten deß Vatters/ und wirst kommen zu richten die Lebendige und die Todte; wann du der jenige bist/ und dich dieser Priester in seinen Haͤnden traget; so bitte ich dich Fuß-faͤlliglich durch deine unaußsprechliche Barmhertzigkeit/ vergebe mir meine Suͤnden. Auff diese demuͤtigiste Bitt deß Weibs antwortet Christus auß der Schachtel: ich verzeyhe dir deine Suͤnden/ und werde dich zu meiner Gnade auffnehmen. Da dieses daß offt-gemeldte Weib hoͤret/ gibt sie zur Antwort: nimbstu mich/ O HERR/ zu deinen Gnaden an/ die ich an meinem Leib mit aller- Von der Barmhertzigkeit GOttes. allerhand erdencklichen Lastern und wuͤsten Leben die Zeit hab zugebracht Jch sage dir derhalben Danck/ O guͤtigster HErr JEsu. Hat also ihr uͤbel-gefuͤhrtes Leben in ein besseres verwandelt/ und ist endlich durch die Gnad deß Erloͤsers seeliglich gestorben. Jst dann nicht wahr und abermahl wahr/ was der Koͤnigliche Prophet meldet/ daß nemblich die Erbarmung deß HERRN uͤber alle seine Werck seyen? 11. Jm uͤbrigen/ wie groß die Goͤttliche Guͤtigkeit seye uͤber den buͤssenden Suͤnder/ koͤnnen wir auch abnehmen auß einer Offenbah- rung/ so der heiligen Mechtildis widerfahren. Da diese GOtt-ge- faͤllige Jungfrau fuͤr einen Menschen bettete/ und zugleich uͤber den- selben eifferte/ daß er noch nicht zur Besserung seines Lebens koͤnnte gebracht werden: sprach der HERR zu ihr und sagte: Ey/ mein Außerwaͤhlte/ habe du doch ein Mittleyden mit mir/ und also bette fuͤr die armseelige Suͤnder/ die ich mit so theurem Werth erkaufft/ und deren Bekehrung mit grossem Verlangen bißhero erwarte. Siehe/ gleich wie ich mich einsmals zum Opffer am Stammen deß Creutzes hab auffgeopffert; also stehe ich noch bey dem himmlischen Vatter/ und bitte mit gleicher Liebs-Neigung fuͤr die Suͤnder; dann ich nichts so eifferich suche/ als daß der Suͤnder durch ein wahre Buß sich zu mir wende/ und lebe. 12. Aldieweilen aber offtmahlen geschicht/ daß auch die jenige auß menschlicher Schwachheit zu Zeiten in vielerley Suͤnden fallen/ wel- che sonsten den Nahmen haben/ daß sie Gottsfoͤrchtig und andaͤchtig seyen/ und die Suͤnden zu meyden sich embsiglich unterstehen: zumahlen wir/ so lang wir den schweren last deß Feisches tragen/ auffs wenigst von den laͤßlichen Suͤnden schwaͤrlich befreyet seyn koͤnnen: derhalben/ damit keiner dessenthalben unordentlicher Massen sich betruͤbe/ und we- gen oͤffteres Anstossens in den Abgrund der Verzweiffelung sich stuͤrtze; so ist noͤthig/ daß ein jeder wohl auffmercke/ und in sein Hertz einschreibe/ was auff ein anderes mahl Christus seiner geliebten Braut der heitigen Mechtildis kund gethan hat mit folgenden Worten: Wann schon die Stern/ daß seynd die Seelen meiner Ausserwaͤhlten/ biß- Blosius. weilen mit einer Wolcken der Suͤnden/ und Dunckelheit deß Ver- stands sehr verfensteren: so koͤnnen doch selbige in ihrem Firmament oder Gestirn/ daß ist/ in meinem Goͤttlichen Licht nicht verdnnckelt wer- den. Ob zwarn (sage ich) meine Außerwaͤhlte zu Zeiten in groben Suͤnden ver- Von der Barmhertzigkit GOttes. verwicklet werden; dennoch sehe ich auff sie mit derselben Liebe/ mit welcher ich sie erwaͤhlet hab/ und habe in der jenigen Klarheit auff sie Achtung/ zu welcher sie einsmals gelangen werden. Es ist dem Men- schen gut/ daß er offt gedencke/ mit was vor Liebe ich ihn umb nichts erwaͤhlet/ wiewohl ichs mit ihme gemeint/ und wie lieblich ich ihn ange- sehen habe; auch da er in Suͤnden steckte; und wie vaͤtterlich ich seine Ubel ins Gute veraͤndert habe. O unergruͤndliche Tieffe der Weißheit und Barmhertzigkeit GOttes/ der auff so unterschiedlich- und wunder- barliche Weisen das Hertz deß suͤndigen Menschens vom boͤsen ab- und an sich zu zichen sich unterstehet/ und allen Weeg zur Verzweifflung be- ster Massen versperret! 13. Schließlich/ damit unser Heyland die gaͤntzliche Wurtzel deß Mißtrauens und Verzweifflung auß unseren Hertzen zumahlen außrupf- fen moͤgte; hat er der H. Catharinaͤ von Senis offenbahret und gesagt: Blosius. Die jenige Suͤnder/ so in ihrem Hinscheiden von meiner Barmhertzig- keit verzweifflen/ dicselbige erzuͤrnen mich viel groͤber mit dieser eintzigen Suͤnd/ als sie mit allen ihren anderen Suͤnden deß gantzen Lebens mich be- leydiget haben. Auch hat er hinzugesetzt; wann einem Suͤnder/ so groß er auch immer seyn mag/ in der Warheit leyd ist/ daß mich erzuͤrnet hat/ und auff meine Barmhertzigkeit treulich hoffet; so wird er sie unfehlbar finden; sintemahlen meine Barmhertzigkeit unendlich groͤsser ist/ als alle Suͤnden/ so jemahlen von einer Creatur begangen seynd/ und noch koͤn- nen begangen werden. Auß diesem/ und dergleichen/ die ich kuͤrtzheit hal- ber vorbeygehe/ kan ein jeder leichtlich schliessen/ welcher Gestalt er auff die Barmhertzigkeit GOttes zu hoffen/ und selbige zu sinden habe. Da- mit er aber auß Betrachtung so grossen Mildigkeit GOttes gegen den Suͤnder seinen boͤsen Begierden den Zaum desto freyer nicht lasse: soll er zugleich die Augen seines Hertzens werffen auff die allerscharffeste Ge- rechtigkeit deß Allerhoͤchsten/ welche das gringste Verbrechen nicht ungestrafft lasset. Derhalben mein Christliche Seel/ kuͤrtzlich zu reden/ foͤrchte also die Gerechtigkeit/ daß du suchest die Barmhertzigkeit: ver- traue also auff die Barmhertzigkeit/ daß du gleichwohl vor der Gerechtigkeit erzitterest. Die Von der Buß. Die Vierte Geistliche LECTION Von der Buß. Dico vobis, quodita gaudium erit in Cœlo super uno Luc. 15. peccatore pœnitentiam agente, quàm super nonagin- ta novem justis, qui non indigent pœnitentia. Jch sage euch/ daß also Frewd wird seyn im Himmel ůber einen Sůnder der da Buß thut/ als über neun und neuntzig Gerechten/ diekeiner Buß bedoͤrffen. Der Erste Theil. 1. W Jr haben bißhero gehandlet von der unermaͤßlichen Gottes Guͤ- tigkeit/ nun wil es die Billigkeit erfordern/ daß/ ehe und zubevorn wir von der Liebe als dritten Theologischen Tugend zu reden an- fangen/ die GOtt gefaͤllige Bußfertigkeit kuͤrtzlich vornehmen/ theils derhal- ben/ weilen solche von der goͤttlichen Barmhertzigkeit herkommet; theils auch weilen sie den Menschen zur Liebe geschickt machet/ wie der Prophet bezeuget in der Persohn Gottes/ also sprechend? Bekehret euch zu mir/ nemb- lich durch die Buß/ und ich will mich wenden zu euch: nemblich Zach. 1. v. 3. durch die Liebe. Wiederumb zu ergreiffung der Buß ladet uns Christus mit den obangezogenen Worten: Jch sage euch/ daß also Frewd seyn wird im Himmel: mit solchen Worten bedeutet er uns/ daß so wohl ihme als allen Außerwaͤhlten im Himmel nichts liebers und angenehmers seyn koͤnne/ als wann der Suͤnder Buß thut; dieweilen er durch allsolche dem lieben Gott am angenehmsten wird: und der H. Gregorius haltet darfuͤr; daß dem allgewaltigen Himmels Herscher ins gemein viel angenehmer seye c. 25. Pa- stor. das Leben/ so vor Liebe brennet nach dem Fall/ als eben die in Sicherheit schlaffende Unschuld: welches der gemelte Kirchen-Lehrer mit einer herrlichen Gleichnuß beweiset/ also sprechend: Gleich wie ein Kriegs-Fuͤrst in der Hom. 57. in Evang Schlacht den jenigen Soldaten mehr liebet/ welcher nach der Flucht wieder- umb zuruͤck kehret/ und seinem Feind tapffer zusetzet; als den jenigen/ so nie- mahlen die Flucht genommen/ aber auch keine ritterliche Thaten begangen E hat. Die Vierte Getstliche Lection hat. Also liebet Gott offtmalen die jenige mehr/ so nach der begangenen Suͤnd ihme eyffriger gedienet haben; als die jenige/ so keine Todtsuͤnd jemalen began- gen; die Ehr Gottes aber mit geringem/ oder gar keinem Eyffer befoͤrdern. 2. Worinnen aber die wahre Buß bestehe/ dieses lehret uns der gemeldte Ibid. Pabst Gregorius/ dieses Nahmens der achte/ wie folget: Buß thuen ist die begangene Suͤnden beweinen/ und die also beweinte nicht mehr begehen. Diß seynd klare Wort. Wie man aber die Suͤnden beweinen solle/ daß lehret uns der H. Basrlius, und sagt: Grosse Sůnden erforderen grosses Seufftzen und Weinen. Noch ein andere Manier die Suͤnden zu buͤs- sen/ zeigt uns der mehr gedachte H. Gregorius; daß nemblich der suͤndhaffte Homil. 20. in Evang. Mensch umb so viel mehr sich auch der zulaͤssigen Sachen muͤsse enthalten/ wann ihm bewust ist/ daß er in vielen unzulaͤssigen Dingen gefallen ist: und ist verpflichtet/ so viel groͤssern Gewin der guten Werck zu versamblen/ als er durch die Suͤnden sich Schaden hat zugefuͤgt. Was aber fuͤr grosse Gaben der himmlischen Guͤter dem buͤssenden Menschen dahero zuwachsen; koͤnnen wir abnehmen auß deme/ was sich mit dem Patriarchen Jacob hat zugetra- gen; welcher deß vaͤtterlichen Seegens bester Gestalt theilhafftig worden/ weilen er die Speise/ so der Vatter gern pflegte zu essen/ demselben gebracht hat. Wann nun nach Zeugnuß deß Propheten ein zerfnirschtes Hertz GOtt dem Allmaͤchtigen ein angenehmes Opffer ist/ wie will es dann anders seyn koͤnnen/ als daß der jenige/ so selbiges durch die Buß auffopffert/ einen glei- chen Seegen von dem Allerhoͤchsten zu gewarten habe? 3. Solchen zerschlagenen Geist hat einsmahls eine Suͤnderinn dem Herrn gewidinet/ und ist derhalben mit allerhand himmlischen Gnaden erfuͤllet worden. Damit wir aber in genauere Erfahrnuß dessen gelangen moͤgen/ Rodriq. p.1. tr. 58. c. 19. Hi- storia. so wollen wir den gantzen Verlauff allhier erzehlen. Es befunde sich in einer Statt ein gewisses suͤndiges Weibsbild/ zu dero der H. Abbt Paphnutius, mit weltlichen Kleidern angethan/ sich verfuͤget. Da er nun zu selbiger kommen/ hat er sich angestellet/ als waͤre er in ihre Schoͤnheit verliebet/ und derowe- gen kommen/ damit er derselben geniessen/ und seinen Begierden willfahren moͤchte; hat ihr auch annebenst ein ansehnliches Geld dessenthalben gegeben/ und gebetten/ sie wolle ihn doch an ein heimliches Ort fuͤhren/ damit er von niemand geschen wuͤrde; und also ohne Schew die Suͤnd begehen koͤnte. Da diese nun den gemeldten H. Abten an unterschiedliche geheime Oerther gesuͤh- ret/ und er sich immerzu beklaget/ daß er foͤrchtete gesehen zu werden/ hat sie ihn endlich an einen sehr dunckeleen Ort geleitet/ und gesagt; daß ihn daselbst niemand sehen koͤnte/ als Gott allein und der Teuffel Auß dieser gegebener Versicherung hat der fromme Diener GOttes Gelegenheit geschoͤpfft/ das Weib Von der Buß. Weib zur gewuͤnschten Besserung zu bringen; und hat sie alsobald mit gros- sem Ernst erinnert/ daß man vor dem Angesicht Gottes zu suͤndigen/ immer und allezeit einen billigen Schrecken empfinden muͤsse/ und also hat er das un- keusche Weib zur Busfertigkeit zu bereiten den Anfang gemacht. Sie hat aber in dieser Erleuchtung alle unzimbliche Liebhaber zusammen beruffen/ alle ihre kostbahre Kleidungen und andern zierlichen Geschmuck deß Leibs in deren Anwesenheit ins Fewer geworffen/ und gesagt; Es ist besser/ daß ich allen diesen Zierath verbrenne/ als daß von demselben durch das gerechte Ur- theil Gottes ich verbrennet werde. Diesem nach/ ist sie dem H. Abt in die Wuͤ- sten gefolget/ von seloͤigem in ein kleines Zellulein eingeschlossen/ und durch ein Fensterlein taͤglich mit Wasser und Brod versehen worden. Jn derselben Zellen muste sie auch alle Nothwendigkeiten verrichten; und schaͤmete sich wegen ihrer Suͤnden den Nahmen GOttes zu nennen: sie doͤrffte weder die Haͤnd weder die Augen gen Himmel auffheben; sondern kehrte sich nach dem Auffgang der Sonnen/ und rieffe immerzu/ wie sie von dem H. Abt gelehret worden/ der du mich erschaffen hast/ erbarm dich meiner. Nach verflossenen dreyen Jahren/ hat sich der H. Paphnutius ihrer erbarmet/ und den H. Antonium gefragt; obs wohl Zeit seye/ diese Suͤnderin ihres Kerckers zu entlassen/ und ob ihr Gott ihre Suͤnd werde verziehen haben? hierauff hat obgemeldter Antonius alle Bruͤder ersuchet/ fuͤr das buͤssende Weib zu betten/ unter solchen bettenden Bruͤdern hat einer Nahmens Paulus der groͤsser/ ein Juͤnger deß H. Antonii in einer Verzuͤckung ein uͤberauß kostbahrliches Bett gesehen/ welches von dreyen sehr schoͤnen Maͤgdelein zugerichtet worden; und da er sie gefraget/ ob selbiges fuͤr den H. Antonius seye: ist ihm ge ant- wortet: nein; sondern es gehoͤre der Taidis/ einer Braut Christi zu: da dieser sich nun hieruͤber verwundert/ und die Ursachzu wissen begehret; ist ihm ge- sagt worden; da diese drey gantzer Jahr lang eingeschlossen gewesen/ hat sie ihre Suͤnden als einen schweren Last immerzu vor Augen gehalten/ und staͤts uͤber selbige hefftig geweinet. Darauß dann die H H. Vaͤtter erlernet/ daß ihr nicht wegen grosser Strenge der Buß diese außgestanden haͤtte/ sondern vielmehr wegen der immerwehrenden Gedaͤchtnuß und Schamhafftigkeit der begangenen Missethaten/ ihr gantzes uͤbel gefuͤhrtes Lebẽ seye nachgelassen worden. Nach verflossenen fuͤnffzehẽ Tagẽ aber ist diese Büsserin selig im Hn. entschlaffen. 4. Wann derhalben eine so grosse Suͤnderin solche B armhertzigkeit er- langt hat; die ein Strick deß hoͤllischen Satans lange Zeit gewesen/ und viele Seelen zum Verderben zu richten sich unterstanden; wann die jenige/ so nicht allein eines Todtschlags/ oder einer B lutvergiessung; sonderen vieler Seelen ewiger Verdammnuß Ursach gewesen/ E 2 dergestalt Die Vierte Geistliche Lection dergestalt dem Himmlischen Koͤnig gefallen/ weilen sie allezeit ihre Suͤnden vor Augen gehabt/ und dieselbe beweinet; wer will dann wegen seines boͤsen Lebens verzagen? wer ist/ der dieses hoͤret/ und zur Buß nicht auffgemuntert wird/ sonderlich indem ersehet/ daß Gott mit so grosser Mild- und Guͤtigkeit die Suͤnder auffnehme? man wird nicht leichtlich e i a n finden/ welcher ein gifftige Schlang oder Scorpion in seinem Schooß lang herumb kriechen lassen werde/ und nicht alsbald von sich hinweg treibe; und wie wenig seynd deren (leider Gottes) zu finden/ so die Suͤnd/ als nemblich ein viel gifftige- res und schaͤdlicheres Thier/ durch eine wahre Buß von ihrer Seelen alsbald zu vertreiben sich bemuͤhen? damit wir aber dieses Unthier sicherlich von uns werffen moͤgen/ ist noͤthig/ daß wir selbiges vor unsere Augen stellen und be- weinen: dann gleich wie ein Wurm auß dem Holtz entstehet/ und selbiges zer- naget/ außdem er gebohren ist/ also wird die Suͤnde verzehret durch die Trau- rigkeit/ deren sie ein Ursach und Ursprung gewesen ist. Dahero vielmahl pflegt zu geschehen/ daß ein buͤssende Seel nicht allein keinen Schaden von den Suͤn- den leide; sondern vielmehr grossen Nutzen schoͤpffe; welches mit folgender Gleichnuß bekraͤfftiget wird. Es benimbt zwar einem Kleid die Schoͤnheit/ wann selbiges hin und wieder zerschnitten wird; werden aber nun solche Schnitte mit silbernen/ guͤldenen oder anderem kostbahren Band versehen/ und bester massen außgebutzet; so wird offtmahlen das Kleid dardurch viel schoͤ- ner/ als wans unzerschnitten und gantz geblieben waͤre. Also kan geschchen/ daß eine Seel nach begangener Suͤnd Gott dem Herrn durch die Buß ange- nehmer werde/ als sie vorhin gewesen ist/ da sie nicht gesuͤndiget haͤtte. Und daß Exod. 28. Matt. 9. beweiset uns klaͤrlich die H. Schrifft: Aaron ein Bruder Moysis/ ist/ nachdem er Buß gethan/ von Gott zum hohen Priester erwaͤhlet worden. Matthaͤus ein oͤffentlicher/ aber hernach buͤssender S uͤnder/ ist der Zahl der Apostelen beygesetzt worden. Petrus ein Verlaͤugner seines Herrn/ da er Buß gethan/ Matt. 16. ist worden ein Fuͤrst der Apostelen/ und andere zu verschweigen/ ist nicht Ma- ria Magdalena auß einer verschreyten S uͤnderin und S chlavinn der Laste- ren/ vermoͤg der Bußfertigkeit/ gewuͤrdiget worden/ zu seyn ein Juͤngerin deß Herrn? Bist du dann/ mein Christliche S eel/ in grobe S uͤnden mehrmah- len gefallen/ foͤrchte dich derhalben nicht/ verzage nicht; sondern verfuͤge dich alsobald mit grossem Vertrauen auff GOtt/ unter die Fahnen der Bußfer- tigkeit/ so wirst du ohne allen Zweiffel erfahren/ daß wahr und abermahl wahr seye/ was oben gemeldet worden. Der andere Theil. 5. Damit wir in der angefangenen Materi fortfahren/ kan uns allhier dienen/ was ein sicher Scribent meldet; Daß nemblich ein Hirsch/ wann Von der Buß. wan er veraltet/ im Eingang einer Hoͤlen so gewaltig schnauffe/ daß hierdurch Stapl. Dom. Pasch. Tom. 6. die verborgene S chlangen hervor zu kommen gezwungen werden; diese fresset der Hirsch alsbald/ mit so haͤuffig folgendem S chweiß und Uberfluß der Feuchtigkeit/ daß selbiger von Stund an sein Alterthumb ernewere/ und die vorige Geschwindigkeit wi e d e rumb erwerbe. Eben dieses widerfahret dem S uͤnder: wann selbiger durch seine S eufftzer die S uͤnd en auß dem Her- tzen herauß zwinget/ diese nachmahls durch eine auffrichtige Beicht zerknir- schet/ und durch ein heylsames S chwitzen die Zaͤhren vergiesset: so wird er so hurtig werden im springen/ wie ein Hirsch/ wird springen über die Buͤhel/ und froͤhlig seyn von Hertzen. Auch der jenige/ welcher empfindet/ daß von den S ünden gebissen ist/ muß in solchem falldie Natur eines Hunds an sich nehmen. Dieser (wie der gottlose Climarus vermercket) wann er von ei- Cap. 5. de pœnit. nem Thier gebissen wird/ setzet er demselb en mit groͤsserem Eyffer und Grimmen zu: also der jenige/ so von dem grausamen Thier der S uͤnden verletzet wird/ muß mit groͤsserem Haß gegen selbige entzuͤndet werden. Wie reichlich nun solcher rechtmaͤssige Eyffer belohnet werde/ und wie ansehnliche Garben der himmlischen Guͤter/ und haͤuffige Uberschuͤttung der goͤttlichen Gnaden hierauß erwachsen/ erwehnet der gottselige Joannes Lanspergius auß dem gelehrten Blosio, so CHristum unsern Heylaud zum Trost der buͤs- senden S eelen also redend vorstellet. 6. Einbußfertige S eel/ nachdem sie einige Kundschafft und Geschmack Blos. in Cons. Pusil. c. 40. n. 9 . meiner Guͤtigkeit bekommen/ und zu gedencken anfanget/ daß ich so gut und barmhertzig seye/ daß ich ihr auch so gar die begangene S uͤnden nicht vor- werffe noch auffmesse; daß ich selbige nicht allein nachlasse/ sondern auch den Buͤssenden/ gleich einem/ der niemahlen gesuͤndiget hat/ in meine Gnad und Freundschafft auff und annehme/ denselben troͤste/ und ihn mit Gaben beschencke; da dieses alles/ sage ich/ ein buͤssende S eel betrachtet; erwirbet dieselbe auch so gar auß begangenem Fehler gewuͤnschte Gelegenheit eines mehreren Eyffers und groͤsseren Danckbarkeit gegen mich: empfindet auch annebenst billige Ursach eines groͤsseren Haß und Mißfallen gegen sich selb- stn; indem sie über sich zuͤrnet/ und sich verfluchet/ daß mich ihren so guͤ- tigen und barmhertzigen GOTT verachtet habe/ der ich/ indem ich mit Recht verdammen und verderben koͤnte/ dannoch verschoͤne/ troͤste und guts thue. Derhalben wie mehr ein solche Seel meine Barm- hertzigkeit gegen sich empfindet; desto groͤsseren Eyffer der Gerechtigkeit muß selbige gegen sich erwecken; als wolte sie an sich selbsten rechnen die veruͤbte unbillige Verachtung meiner. Dahero geschicht/ daß sie allein E 3 Nachlaß Die Vierdte Geistliche Lection nicht allein Nachlaß der Suͤnden begehre; sondern auch zu Ehren meiner Ge- rechtigkeit verlange zu leyden/ gedemuͤtiget und gestrafft zu werden/ dieweilen sie sich mich ungeziemter Weiß auffgeworffen hat. Auch traget sichs zu/ daß wie mehr sothane Seel meinen Goͤttlichen Trost spuͤret/ je mehr dieselbe ab ihrer eigenen Unwuͤrdigkeit sich entsetze/ und selbige verfluche; folgends uͤber die Grausambkeit ihrer Suͤnden Reu und Leyd erwecke; und mit grosser Verwunderung uͤber sich eiffere/ daß sie mir/ ihrem GOTT/ so undanckbar seyn koͤnne. Einer so gestalten Seelen/ welche zu solchem Eif- fer gelangt ist/ daß sie nemblich nicht weniger liebe meine gegen sie veruͤbte Gerechtigkeit/ als meine Barmhertzigkeit; einer also beschaffenen Seelen Missethaten werden dergestalt versehlungen/ gleich wie ein eintziges Troͤpff- lein Wasser in einem feurigen Ofen zernithtiget wird. Derohalben kan unter allen Arten zu buͤssen kein bessere gefunden werden/ als eben daß ei- ner immerzu reifflich bedencke meine unermeßliche Lieb und Treu gegen ihn; und hergegen uͤberlege seine veruͤbte Treulosigkeit/ Undanckbarkeit und Boͤßheit gegen mich. Dieses beschreibt also im Nahmen Christi der vor- gemeldte Gottselige Scribent. 7. Aldieweilen aber zu Beweisung einer Sachen die Exemplen oder Ge- schichten ein merckliches beytragen; derhalben wollen wir diese vorgeschrie- bene Warheit mit einer Histori bekraͤfftigen. Es schreibet zu unserm Vorhaben der gelehrte Cæsarius, daß ein Graff/ Nahmens Philippus, zu Namur gewesen seye/ welcher nach sehr lasterhafftem gefuͤhrten Leben/ L. 2. Hist. \& Mirac. c. 18. Historia. mit einer toͤdtlichen Kranckheit uͤberfallen worden. Was solte nun ein solcher Boͤßwicht thun/ was solte in diesem Fall ein so suͤndhaffter Mensch anfangen? solte nicht ein so grausamer Suͤnder billige Ursach haben zu verzweifflen? wie moͤgte doch eine/ in allerhand missethaten vertieffte Seel zu der Barmhertzigkeit GOttes zu fliehen sich getrauen? weilen aber die- ser langwirige Suͤnder wohl gewust hat/ daß die Barmhertzigkeit groͤsser seye/ als seine erschroͤckliche Ubelthaten; derohalben hat er die unbegreiffliche Guͤtigkeit deß Allerhoͤchsten sich vor die Augen deß Hertzens gestellet und ist auß solcher Betrachtung mit der Goͤttlichen Liebe also entzuͤndet worden/ da ßer sein uͤbel-gefuͤhrtes Leben nicht gnugsam hat verfluchen koͤnnen. Er hat vor seinem Tod auch so unglaubliche grosse Reu und Leyd erzeiget/ daß dergleichen niemahln ware gesehen worden/ worauß dann die Umbstehen- de mit ihme zu weinen beweget worden. Seine Beichs- Vaͤtter hat er gebetten/ sie moͤgten doch seinen Leib auff die oͤffentliche Gassen werffen; dann/ sagte er: Jch hab wie ein Hund gelebt/ so gezimmet sichs Von der Buß. sichs auch/ daß ich wie ein Hund sterbe. Diese Bußfertig- keit hat dem Barmhertzigen GOtt also gefallen/ daß er ihn nach dem Todt mit so vielen Wunder-Zeichen geehret/ daß auch die jenige/ so auß weit abgelegenen Laͤndern zu seinem Grab kommen/ die Erde als ein Geistliche Artzney mit sich genommen/ und unterschiedliche Kranckheiten damit geheilet haben. 8. Keiner aber von denen/ die dieses lesen oder lesen hoͤren/ bilde sich ein/ daß er auch mit diesem Grafen wohl biß zu seinem Tods - Bett die hoch-noͤthige Bußfertigkeit verschieben koͤnne: dann obschon dieser sol- che grosse Gnad von der Goͤttlichen Mildigkeit erlanget hat; so wird solche Gnad tausend anderen/ welche die Buß immerzu verlaͤngeren/ auß gerechtem Urtheil GOttes abgesprochen. Wie hart und beschwer- lich es nun dergleichen Suͤndern falle/ wahre Buß zu thuen/ dieses leh- ret uns folgende Gleichnuß. Gleich wie ein Jgel/ wie mehr dieser seine Geburt verweilet/ je schwaͤrlicher kan er gebaͤhren; weilen die Sta- chelen in den Jungen mehr und mehr anwachsen. Auff solche Weiß gehts mit dem Suͤnder her/ der die Buß von einem Tag zum andern auß- stellet: Zumahlen die Bekehrung und die Beicht desto schwaͤhrer an- kombt/ wie mehr die Suͤnden vermehret werden. Zum Beyspiel die- ses/ diene der Archias/ ein Thebanischer Koͤnig; diesem ist in einem Plutarch. L. de Gen. Socrat. Gastmahl/ das er seinen Freunden zurichten lassen/ von einem anderen abwesenden Freund ein Brieff uͤbersendet worden/ den er aber zu lesen vernachlaͤssiget: und da der Bott den Koͤnig demuͤtigst ersuchte/ er wolle den zugebrachten Brieff wegen der ernstlicher Sachen/ so darinn verhalten/ zu lesen ein gnaͤdiges Belieben tragen: hat ihm der Koͤnig geantwortet/ daß er die ernstliche Geschaͤfften biß auff den anderen Tag außstellen/ und von selbigen am Tag der Frewden nichts hoͤren wolle. Siehe aber die folgende Nacht ist er von einigen heimb- lichen Moͤrderen (vor denen sich zu versehen/ er durch den Jnhalt deß ge- meldten Schreibens gewarnet wurde) umbs Leben gebracht worden. O wie viele werden mit diesem Koͤnig auff solche Weiß/ nicht von dergleichen Todtschlaͤgern/ sondern von den hoͤllischen Feinden getoͤdtet/ und zu den ewig-waͤhrenden Straffen hingerissen; weilen sie nemblich ernstliche Sa- chen/ das ist die guͤldene Bußfertigkeit biß auff den morgenden Tag außzu- sctzen/ keinen Scheu haben! 9. Ach Die Vierdte Geistliche Lection 9. Ach! wann uns zugelassen waͤre/ in die erschroͤckliche hoͤllische Klufften hinein zu schauen; wie viel tausend Millionen Christen wuͤrden wir finden/ so dessentwegen in denen unertraͤglichen ewigen Feuer-Flam- men sich weltzen/ daß sie das hoͤchst-schaͤdliche Raben- Cras, Cras, daß ist/ Morgen/ Morgen/ zu vielmahl widerholet haben. Dahero der H. Hie- ronimus nicht ohne gruͤndliche Ursach geschrieben; daß auß hundert tausend Menschen/ so uͤbel gelebt haben/ kaum ein eintziger im Todt die Goͤttliche Nachlassung der Suͤnden erlangen werde. Die Ursach dessen gibt uns der H. Vatter Augustinus mit diesen Worten; Es wird die Zeit kommen/ zu welcher der Suͤnder seine Missethaten bereuen wilt/ und wird nicht koͤnnen; dieweilen er nicht gewolt hat/ da er gekoͤnnt hat: also hat er we- gen deß boͤsen Unwillens verlohren das gute und heylsame Koͤnnen. Was Apud Hadrian: Pont. ist doch/ umb GOttes willen/ ungerecht- und ungeraͤumbter/ als daß der S uͤnder begehre/ GOtt wolle im Todt seine Bußfertigkeit anhoͤren; da er doch so oͤfftere Ermahnungen desselben GOttes Zeit seines Lebens in den Wind geschlagen hat? Was ist abscheulicher/ als daß man GOTT Serm. 58. de temp. seinen allerhoͤchsten Wolthaͤter den letzten Theil deß Lebens/ gleich einer Hepffen und boͤsen Unflats opffere; dem laydigen S atan aber/ einem ge- schwornen Feind den besten und fuͤrnembsten Theil deß Lebens schencke? Was vermeinstu/ mein Christliche S eel/ daß solche Menschen/ wann sie am End ihres Lebens die Goͤttliche Huͤlff anruffen/ werden zur Antwort hoͤren muͤssen? ohn allen Zweiffel den S pruch Salomonis: Jch hab ge- Prov. 1. v. 24. ruffen/ und ihr habt euch gewidert: Jch hab meine Hand außgestrecket/ und es ist keiner gewesen/ der darauff ge- mercket haͤtte. Jhr habt allen meinen Rath verachtet/ und meine Straff-Reden in den Wind geschlagen; so will ich auch in euerem Vntergang lachen/ und euerer spotten/ wann euch das ůberkombt/ dafür ihr euch befoͤrchtet. Also wird dann der armseelige S uͤnder die Augen auffthuen/ und in diese sein- nen Aengsten nichts anders sehen/ als den Goͤttlichen Unwillen; unter ihm die eroͤffnete Hoͤll/ in ihm das mit Suͤnden beladene Gewissen; und umb das Bett herumb gantze Scharen der Teuffelen/ die da bereit stehen die Seel zur ewigen Verdamnuß zu begleiten: derhalben wird er ruffen mit dem Propheten: Es haben mich die Schmertzen Ps. 17. 5. deß Todts umbgeben/ und die Stricke der Hoͤllen haben mich ůbereylet. 10. So siehe nun ein jeder zu/ in was grosse Gefahr er sich setze/ indem er die Buß von Tag zu Tag auffschiebet. Er nehme an diese vaͤtterliche Er- Von der Buß. Ermahnung deß heiligen Augustini: Bessere/ mein Christ/ dein Leben/ da dir Zeit gegeben wird: erbitte die Huͤlff GOttes/ da dir deine Suͤnden zu beweinen Platz gegeben wird: nicht verlaͤngere die Buß/ dicweil du in der jenigen Zeit lebest/ in welcher allein die Frucht der Buß-fertigkeit nuͤtz- Serm. 58. de San- ctis. lich ist. Wiewohl nun einige im letzten Hinscheiden den Ancker der Buß er greiffen ; so hoͤre doch/ mein Christliche Seel/ mit wie vielen Gcfahren solche Buß umbgeben seye/ auß dem Mund deß offtgemeldten heiligen Au- gustini; der also spricht; Wann einer in der cussersten Noth seiner Krauck- heit die Buß ergreiffen will/ auch wuͤrcklich ergreiffet/ und also mit dem lieben GOtt versoͤhnet wird/ und von hinnen scheidet: so muß ich auch gestehen/ daß wir ihm nicht absprechen/ was er begehr e t; gleichwohl koͤnnen wir uns nicht versicheren/ und außtruͤcklich sagen/ daß er wohl gestorben seye. Ob er sicher von hinnen gescheiden/ weiß ich nicht: wir koͤnnen ihm Zeugnuß geben von der Buß/ nit aber von der Sicherheit. Jch sage zwar nit/ daß er verdambt werde: aber ich sage auch nit/ er wird der Verdamnuß entgehen. Wilstu dann von diesem Zweiffel befreyet seyn? so halte das Gewisse und lasse das Ungewisse fahren Thue Buß/ weilen du gesundt bist; wann du es also machest/ so sage ich dir/ daß du sicher seyest; dann du hast Buß gethan zu derselben Zeit/ da du hast koͤnnen suͤndigen. Wilstu aber Buß thun zu der Zeit/ in welcher du nicht vermagst zu suͤndigen; so haben dich die Suͤnden verlassen/ und du sie nicht. Dieses seynd die Wort deß obgemeldten heiligen Kirchen-Lehrers/ darauß wir unterwiesen wer- den/ in was grosse Gefahren sich stellen die jenige/ so die Besserung ihrer boͤsen Sitten von Tag zu Tag verlaͤngeren: und ob zwarn villeicht viele derselbigen in ihrer letzten Kranckheit die heiligen Sacramenten der Kirchen empfangen; so haben wir doch oben gehoͤret/ wie voller Gefahren diese Bußfertigkeit seye. Derhalben bitte ich dich/ mein Christliche S eel/ verschiebe nicht/ und auch so gar biß auff den andern Tag nicht die Besse- rung deines Lebens: sondern sage mit dem Koͤniglichen Propheten: Jch habs gesagt/ jetzt hab ich angefangen; von dieser S tund an will ich mein Leben besseren: ja/ von diesem Augenblick an will ich alle Traͤgheit von mir verbannen durch die Gnad GOttes/ und will demsel- ben eifferiger dienen/ als ich jemahlen gethan hab. Wann du dir solche Vorhaben machest/ und in denselben bestaͤndiglich verharrest/ so wirstu einen viel groͤsseren und bessern Lohn darvon tragen/ als du dir wirst einbilden koͤnnen. F Die Die Fuͤnffte Geistliche Lection Die Fuͤnffte Geistliche LECTION Von der Dritten Theologischen Tugend/ nemblich der LJEBE. Joan. 14. I . 23. Siquis diligit me, sermonem meum servabit, \& Pater meus diliget eum, \& ad eum veniemus, \& mansionem apud eum faciemus. So mich jemand liebet/ der wird mein Wort halten/ und mein Vatter wird ihn lieben: und wir werden zu ihm kommen/ und eine Wohnung bey ihm machen. Der Erste Theil. 1. D Emnach wir das Fundament unseres geistlichen Baws gelegt/ auch uͤber solches die staͤrckeste Mauer der Theologischen Hoffnung auffgerichtet/ und was zu Bevestigung dieser goͤtt- lichen Tugend verhuͤlfflich seyn kan/ herbey geschafft haben; als ist nun uͤbrig/ daß wir diesem Baw den letzten Zierath und noͤthiges Tachwerck auffsetzen/ als nemblich von der Liebe zu handlen aufangen: zumahlen nach Meynung Serm. 22. deß H. Augustini/ die Spitze und Vollkommenheit dieses Baws die Liebe ist/ derhalben redet er in seiner 22. Sermon also: Das Hauß GOttes wird durch die Liebe begrundvestiget/ durch die Hoffnung auffgerichtet/ und durch die Liebe zur Vollkommenheit gebracht. So ist dann die Liebe ein wahres Kleinod der Tugenden/ von der die andere gemacht/ und mit ihr vergesell- schafftet/ ihren Zierath und Glantz/ und endlieh ihre Vollkommenheit em- pfangen. Diese ist das bunte Kleid des Jsraelitischen Josephs/ so mit den schoͤnsten Farben allerhand Tugenden gezieret. Von dem der gelehrte Hugo De-laude char. also schreibet: Die Liebe vertreibt alle Schwachheit der Seelen/ die Lieb rot- tet auß die Wurtzeln aller Lastern/ die Lieb ist aller Tugenden Ursprung/ die Lieb er leuchtet den Verstand/ reiniget das Gewissen/ erfreuet die Seel des Men- Von der Liebe. Menschens/ und lehret GOtt erkennen. Die Seel/ in welcher die Lieb woh- net/ wird vonkeiner Hoffart auffgeblasen/ von keiner Mißgunst verwuͤstet/ von keinem Zorn zerstreuet/ von keiner Traurigkeit geplaget/ von keinem Geitz verblendet/ von keinem Fraß entzuͤndet/ und von keiner Geylheit beschmitzet werden: sie bleibt allezeit rein und sauber/ allezeit keusch/ allezeit ruhig/ allezeit froͤhlig/ allezeit friedsamb/ allezeit guͤtig/ und allezeit bescheiden. Diese seynd alle Wort deß angezogenen erleuchteten Hugonis. 2. Jst nicht dieses ein wahres Kleid deß Patriarchen Jacobs/ dessen statt- lieher Geruch den Seegen deß himmlischen Vatters zu wegen bringet? ist nicht dieser der feurige Wagen/ so den innerlichen Menschen in das geistliche Paradeiß erhebet? diese Tugend verursachet in einer glaubigen Seelen/ daß sie nichts verlange/ als JESUM; an nichts anders gedencke/ als an JE- SUM; nach keinem seufftze/ als nach JESU . Jn Summa/ ihr Ziel und End ist Jesus. Billig dann ermahnet seine Kinder der H. Vatter Augusti- nus gleich im Anfang seiner Regul zu der Liebe/ mit diesen Worten: Aller- liebste Bruͤder/ vor allem liebet GOtt: dann er wuste wohl/ daß un- moͤglich eine Tugend koͤnne gefunden werden ohne Lieb: zumahlen solches der H. Apostel mit diesen außtruͤcklichen Worten anzeiget: Wann ich mit 1. Cor. 13- v. 1. Menschen und Engelen Zungen rede/ und haͤtte aber die Liebe nicht/ so waͤre ich wie ein lautend Ertz/ oder wie ein klingende Schell: und wann ich allen Glauben haͤtte/ daß ich auch Berge versetzte; und haͤtte aber die Liebe nicht/ so waͤre ich nichts: wann ich auch meinen Leib ůber- gebe/ daß ich verbrandt wůrde; und haͤtte aber die Liebe nicht/ so waͤre mirs nichts nutz. Dahero vergleichet der H. Ber- nardus die menschliche Seel einem Kohlen/ der keine Schoͤnheit an sich hat/ es seye dann/ daß er gluͤend werde: also kan die S eel nicht schoͤn seyn/ wann nicht dieselbe fuͤr Liebe brennet; dieweilen die Liebe der Tugend S choͤnheit ist. Und nach Zeugnuß deß H. Gregor ii/ ist bey GOtt nichts kostbahrer als die Tugend der Liebe; und hingegen unserm allgemeinen Widersager nichts angenehmers/ als die Erloͤschung derselben. 3. Es pflegte vorzeiten die Ritterschafft in Engelland ein S chertzstreit zu verordnen/ in welchem ein jeder auff seinem S child ein Blum/ es ware dann ein Rose/ ein Lilie/ oder andere Blum/ gemacht hatte: der Koͤ- nig aber truge auff seinem S child ein Buͤschlein Blumen/ dar- auff alle der anderen ihre Blumen entworffen waren/ mit die- F 2 ser Die Fuͤnffte Geistliche Lection ser Uberschrifft: Jn mir ist alles. Also/ wann die Tugenden mit ei- genen Schilden/ darauff ihr er aller grosses Lob gemahlet/ umb gegen die La- ster zu streiten/ zu Feld ziehen solten; wuͤrde ohne Zweiffel die Liebe vor al- len den Vorzug haben/ und als eine Koͤnigin in ihrem Schild diesen Lob- spruch entworffen tragen: Jn mir ist alles. Sintemahlen all das jenige/ was in andern Tugenden stuckweiß zu schen ist; das begreifft die Liebe in sich; zumahlen diese bißweilen seyn kan ohne andere Tugenden; sie aber ohne die Lieb nit bestehen koͤnnen: derhalben sie sich billig ruͤhmen kan dieses Koͤniglichen Uberschrifft: Jn mir ist alles. Wiederumb ist diese Tugend/ nach Meinung deß Marsilii Ficini, der jenige Pfenning/ mit welchem GOtt erworben und erkaufft wird. GOtt wird dir zu kauffen feyl gebotten; mit was fuͤr Muͤntz aber? mit solchem Geld/ mit welchem er dich zum ersten gekaufft hat/ nemblich mit der Liebe. Was nun unter den Pla- neten die Sonne/ unter den Elementen das Feur/ unter dem Metall das Gold/ unter den kostbarsten Steinen der Carfunckel/ das ist unter den Tu- genden die Liebe. 4. Damit wir nun von dem Lob dieser Liebe/ zu dereselben Wuͤrckung fortschreiten moͤgen; wird uns zum ersten dienen die Fabel oder Gedicht von dem Prome t hec; von dem die Poeten lassen herkommen/ daß er seinen menschlichen Leib von Laimb zusammen gemacht habe/ und da er sich nicht bewegen/ und die gewoͤhnliche Werck eines lebendigen Menschens nicht uͤben koͤnnen ? ist er in den Himmel hinauff gestiegen/ und hat heimli- cher Weiß Feur gestohlen/ Krafft dessen er seine auß Erden oder Laimb zusammen getragene Bildnuß vermuntert und zum Leben gebracht hat. Ob- schon dieses nur ein lehres Gedicht der Poeten ist/ so koͤnnen wir jedoch von dieser Fabel zu unsern Sitten schreiten/ und sagen/ daß durch diesen erdnen Leib recht und wohl koͤnne ver standen werden der Mensch; und durch das Feur die Liebe. Nun sehen wir/ leyder GOttes! daß der Mensch gleich einer unempfindlichen/ auß Leimb gemachten Bildnuß/ keine lebhaffte Wirckung zu den himmlischen Dingen habe; indem alle seine Neigungen deß Gemuͤts immerwaͤhrend denen irꝛdischen Geschoͤffen als einem Leimb ankleben: So bald ihm aber die Liebe wird eingegossen/ da fangt er an zu leben/ und uͤbet sich gar nuͤtzlich in den Wercken deß ewigen Lebens. Verrichtet nicht die Liebe das Ambt einer unempfindlichen/ jedoch staͤr- ckenden Seelen? dieweil sie den Menschen macht an sich ziehen die Nah- rung; als nemblich/ das Wort Gottes mit Andacht hoͤren/ und selbiges in der That Von der Liebe. That vollbringen/ auß welchem die S eel ernaͤhret und gestaͤrcket wird. Weiters versichet nicht die Liebe das Ambt einer empfindlichen See- len/ dahe sie den Menschen entzuͤndet und begierig machet zu schen die hunm- lische Dinge durch die Betrachtung und den Glauben? eroͤffnet das Gehoͤr zu fleissiger Auffmercksamkeit deß goͤttlichen Worts/ und heiligen Einspre- chungen; den Geruch ermunteret/ damit der Mensch den koͤstlichen Geruch der guten Exempeln/ und von CHristo sampt dessen H. H. Außerwaͤhlten hinterlassenen Tugenten schmecke; den Geschmack verm e hret/ damit er die S uͤssigkeit Gottes und Lieblichkeit eines guten Gewissens koste? auch ver- ursachet sie/ daß der Mensch die Beschwaͤrlichkeiten/ so er vorhin wie die Pest gepflohen; nachmahls mit aller Frohligkeit deß Hertzens umbhaͤlse Endlich vertrettet die Liebe nicht die S telle einer vernůnfftigen Seele? indem sie dem Menschen an die Hand gehet/ auff daß er die himmlische Ding bester massen begreiffe/ die irꝛdische verachte/ und mit dem H. Apostel Paulo sage: Jch hab alles umb CHRJSTJ Willen fůr Schanden Phil. 3 7. gehalten/ und achte alles fůr Koot/ damit ich CHristum gewinne. Und mit dem heiligen Ignatio: O wie heßlich kompt mir vor die Erde/ wann ich den Himmel anschawe! sie machet auch den Menschen recht urtheilen/ daß nemblich Gott uͤber alles muͤsse geliebt werden/ daß man sich selbst hassen/ und seinen Naͤchsten wie sich selbst zu lieben schuldig seye; und daß alles lauter Eytelkeit seye/ ausserhalb GOtt lieben/ und ihm allein dienen. 5. Billig dann/ mein CHristliche S eel/ befilcht uns GOTT dieses Fewer der Liebe mit aller Sorgfalt zu ernaͤhren und zu erhalten. Warumb hat die goͤttliche Majestaͤt im alten Testament angeordnet/ daß Jhm zu un- terschiedlichen Zeiten auch unterschiedliche Opffere geschlachtet wuͤrden? zu der oͤsterlichen Zeit wolte Gott das Opffer deß Lambs: nach der Geburt ei- nes erstgebohrnen Knaͤbleins begehrte er Turteltauben. Eins aber hat er be- fohlen/ daß immer und allezeit geschehen solte/ daß nemblich das Fewer zu al- len Zeiten auff dem Altar brennete; Dahero er allen Priestern geschaffet/ die- sem Fewer durch noͤthiges Holtz immerwaͤhrenden Zusatz zu thun; damit es ja nicht erloͤschete. Warumb hat GOTT dieses also befohlen? keine andere Ursach dessen ist; als daß er habe wollen anzeigen/ der Mensch muͤsse die Levit. 6. Lieb/ so durch das Fewer bedeutet wird/ durch die Ubung der guten Werck auff dem Altar seines Hertzens anzuͤnden/ und zu allen Zeiten sorgfaͤltiglich bewahren. Wir werden aber dieses Fewer der Liebe in unsern Hertzen anzuͤn- den/ und solches entzuͤndete Fewer ernaͤhren/ wann wir alle Gebott GOttes/ F 3 alle Die Fuͤnffte Geistliche Lection. alle unsere Regulen und Satzungen unstraͤfflich zu halten uns befleissen: wann wir dieses vernachlaͤssigen/ und das jenige/ so keine Schuld einer Todt-Suͤnden mit sich fuͤhret/ wenig achten; so seynd wir versichert/ daß die Koͤnigin der Tugenten/ nemblich die Liebe bey uns nicht lang ver- bleiben koͤnne/ nach Meinung deß H. Gregorii/ der also spricht uͤber die Eccl. 19. v. 1. Wort deß weisen Manns: Wer ein geringes nicht achtet der wird allgemach dahin fallen. Der die geringste Sůnden zu beweinen verabsaumet/ derselbige wird von dem Stand der Gerechtigkeit/ nicht zwarn urplůtzlich/ son- dern vor und nach sich selbsten stůrtzen. 6. Dessenthalben sage Christus: wer mich liebet/ der haltet mein Wort. Die Wort Christi aber seynd/ daß man nit allein die grobe Suͤnden/ sondern auch die geringste fliehen solle: so folget klaͤrlich daß ein liebender Mensch diese alle/ so wohl grosse als kleine Suͤnden zu meyden schuldig seye: darauß er dann diesen grossen Nutzen zu gewarten hat; daß neben denen vielfaͤltigen Guͤ- tern der himmlischen Schaͤtzen/ mit denen ein Liebender uͤberhaͤuffet wird/ auch werde gemacht zu einem Tempel und Wohnung der Allerheiligsten Dreyfaltigkeit: welches uns CHristus außtruͤcklich bedeutet/ da er diesen obangezogenen Worten: Wer mich liebet/ der haltet mein Wort/ alsobald hinzusetzet: und mein Vatter wird ihn lieben; und wir werder zu ihm kommen/ und Wohnung bey ihm machen. Verwundere dich nun/ mein Christliche Seel/ mit mir/ und schreye uͤberlaut: O entsetzliche Wuͤrckung der Liebe! O unbegreiffliche Vortrefflichkeit dieser Tugend! wer wird diese mit ge- nugsamen Lob-Spruͤchen/ der Gebuͤhr nach/ verehren koͤnnen? wer wird derselben grosse Vollkommenheit/ auch durch die allerzierlichste Wohl- redenheit sattsamb zu beschreiben bestand seyn? wer wird/ sage ich/ die in ihr verborgene himmlische Frucht und Nutzen schuͤldiger massen begreif- fen? dieweilen sie macht auß einem Schlaven deß Teuffels einen Sohn GOttes; auß einem Futer der Hoͤllen/ einen Erben Christ; auß einem abscheulichen Suͤnder einen Tempel GOttes. 7. Ein anderes Mittel/ durch welches man das Fewer der Goͤttlichen Liebe im Hertzen erwecken kan/ ist die auffmercksame Betrachtung; daß nemblich die Liebe den Menschen/ der jedoch in gegenwaͤrtigem Thal der Zaͤhren/ und unauffhoͤrlichen Armseeligkeit lebet/ gleichwohl be- gluͤckseeliget. Dann einmahl gewiß ist/ daß die rechte und wahre Gluͤckseeligkeit deß Menschens in Besitzung deß hoͤchsten Guts allein bestehe. Von der Liebe. bestehe. Dieweilen nun diese annehmliche Besitzung durch den ge- meinen und ordentlichen Weg/ nemblich durch die wuͤrckliche und thaͤt- liche Vereinigung nicht kan erworben werden; so muß sie nothwendig vermittelst einer anderen/ in einem guten Willen gegruͤndeter Vereini- gung/ als da ist die L iebe/ zu wegen gebracht werden. Dahero sehen wir in taͤglicher Erfahrnuß/ daß die wahre L iebhaber GOttes in hoͤchster Ruhe deß Hertzens leben; weilen sie alles/ so da nimmer kan verlanget werden/ und mit dem Zeitlichen keine Gemeinschafft ha- ben kan; in ihrem lieben GOTT besitzen und geniessen. Hergegen aber/ die Schlaven der Welt; ob selbige schon grosse Reichtumben an Gold und Silber bißweilen zusammen scharren; koͤstliche Gebaͤue auffrichten/ mit stattlichem und ansehnlichem Kleyder-Pracht auffzie- hen; sehr schoͤne und kuͤnstliche L ust-Haͤuser/ sambt aller darzu gehoͤ- rigen Ergoͤtzlichkeit besitzen; so wird doch derselben Begierigkeit niemah- len nicht allein nicht erfuͤllet/ noch befriediget; sondern muͤssen noch ley- den/ daß dieses alles ihnen vielfaͤltige Unruhe und Bekuͤmmernuß ver- ursache. Und das kommet daher/ dieweilen der Mensch nicht ersaͤttiget noch begluͤckseeliget werden mag ohne die Erhaltung deß jenigen wahren Ziels und Endes/ zu dem er erschaffen ist; das aber ist GOtt. Der- halben da der H. Augustinus zu unserm Vorhaben GOtt anredet/ braucht er sich dieser Wort: HErr/ du hast uns erschaffen zu dir/ als Lib.9. Conf. c 1. zu unserm Ziel/ und unser Hertz kan nirgend anders ru- hen/ als in dir. So lang wird unser Hertz unruͤhig seyn/ biß wir das Zeitliche und Zergaͤngliche auß dem Grund desselben außrotten: so lang werden wir in Unruhe leben/ diß wir den Weltlichen Wolluͤsten gantz und zumahlen absagen: so lang werden wir die L ieblichkeit der wahren Goͤttlichen Ruhe nicht schmecken; als lang wir alle Neigung zu den irꝛdischen Creatu- ren behalten/ und mit voͤlligen Schritten der L ieb zu unserm GOtt nicht zulauffen. 8. O wie naͤrrisch seynd dann die jenige/ so daß hoͤchste Gut verlassen/ und mit umziemblicher Begierd den betrieglichen und augenblicklichen Guͤtern dieser Welt ankleben! O grosse Thorheit deren/ welche an Statt der wahren und ewigen Frewden/ die stechende/ und gleich dem Rauch verschwindende L ustbarkeiten/ die doch den Menschen nicht ersaͤttigen moͤgen; mit beyden Armen umbfangen: zu deren billiger Verachtung/ und der ewigen hertzlichen Verlangen uns an- treibet der heilige Anselmus mit diesen Worten: Du armsee- liges Die Fuͤnffte Geistliche Lection liges Menschlein/ warumb streichestu also hin und her/ und suchest die Guͤ- ter deines Leibs? liebe das jenige Gut/ in welchem alles ist/ und also wirds gnug seyn; verlange das einfaͤltige Gut/ mit dem wirstu zu frieden seyn. Damit dich nun/ mein Christliche Seel/ der liebe GOtt nicht einsmals wegen einer Thorheit straffe/ so werffe anjetzo weit von dir alles und jedes/ mit welchem die Menschen-Kinder sich zu erluͤstigen pflegen; und befleis- sigedich GOtt uͤber alles zu lieben. Damit du aber solches werckstellig ma- chen- koͤnnest/ so begehre nun dieses Fewer der Goͤttlichen Liebe durch in- bruͤnstiges Verlangen und unauffhoͤrlichem Gebett/ und widerhole offt- mahlen im Tag mit dem Heil. Francisco: Deus meus \& omnia! Mein GOtt und alles! und bitte mit dem Heil. Anselmo: O HERR mein GOTT/ wanns dir also gefaͤllig ist/ nimb hinweg meine Haͤnde/ Fůß und alles ůbrige; das Hertz allein lasse mir/ mit welchem ich dich lieben koͤnne; dann mit diesem allein werde ich dir Gefallen. Auff daß du aber in die- ser herrlichen Theologischen Tugend mehr gegruͤndet werdest/ so betrachte was folget. Der andere Theil. 9. A Uß dem/ was bißhero gesagt ist/ kan ein jeder reifflich urtheilen/ daß die Liebe unter den anderen Tugenden den Vorzug habe/ wann a- ber diese uns die Pforten deß Himmels auffschliessen; wie vielmehr werde uns solche nicht eroͤffnen die vortreffliche Tugend der Liebe? solches aber kan gnugsamb bewiesen werden auß dem gemeinen Philoso phischen Spruch: Propter quod unumquodque tale, \& illud magis tale: Wie besser ein Sach ist/ die von einer andern herkommet/ desto besser ist auch die jenige/ die von der andere entspringet. Die Tugenden seynd gute und zur Seeligkeit nutzliche Sachen/ haben aber von der Liebe ihren Ursprung/ und koͤnnen ohne dieselbe GOtt nicht gefallen. Jst diesem nun also (wie anders nicht seyn kan) so muß erfolg- lich die Liebe besser seyn/ als andere Tugenden. Wan andere Tugenden/ so etwas von der Liebe mit sich fuͤhren/ ihren Besitzer zum ewigen Leben koͤn- nen einrichten; wie viel mehr wird dieses nicht leisten koͤnnen die Liebe selbst/ so da ist ein Brunquell und Erfuͤllung aller anderen Tugenden/ so gar/ daß wann einer nichts mehr wuͤste/ als JESUM zu lieben; so waͤre solcher sehr gelehrt: nicht zwarn in der Schule der Welt - Weisen und Schrifft- Ge- Von der Liebe. Gelehrten; sondern in der Schulen Christi: welches der Gottselige Thomas à Kempis mit diesen Worten zu bedeuten scheinet: Der ist warlich groß/ der eine grosse Lieb hat. Zu die- sem unserm Vorhaben wurde einsmals der sehr gelehrte Vatter Bona- ventura von dem seeligen Ægidio also gefraget. Ehrwuͤrdiger Vatter/ der liebe GOtt hat dich mit vielen Gaben seiner Gnaden versehen; was sollen doch wir schlechte und einfaͤltige Troͤpff thun/ damit wir auch see- lig werden? deme der heilige Mann geantwortet/ wann schon GOTT dem Menschen kein andere Gnad mittheilete/ als daß er ihn liebte; so waͤ- re dieses doch bestandt genug das ewige Leben zu erlangen. Der gemeldte Ægidius fahret fort/ und fraget weiters/ ob dann ein Ungelehrter eben so wohl GOtt lieben koͤnne/ als ein Gelehrter? deme der Heil. Bona- ventura zur Antwort gibt; daß auch ein einfaͤltiges altes Muͤtter lein nicht weniger GOtt lieben koͤnne/ als ein wohl-gelehrter Doctor der ho- hen Schulen. Da dieses der seelige Ægidius gehoͤrt hat/ ist er vor Frew- den auffgesprungen/ alsobald zum Garten geeilet/ nach der Stadt sich ge- wendet/ und mit heller Stimm geruffen: O ihr einfaͤltige und ungelehrte alte Weiber/ liebet GOtt/ dann ihr koͤnnet groͤsser werden als der Frater Bonaventura ist. Darumb hat recht gesungen der Geistliche Poet: Wann du Christum lernest/ Hast nichts zu lernen übrig/ Wann nicht Christum kennest/ Jst alles lernen ůppig. 10. Wer wird aber/ der Gebuͤhr nach/ außsprechen koͤnnen/ wie reich- lich die L iebhaber GOttes werden belohnet werden? kein Verstand wirds begreiffen/ und keine Feder wirds gnugsamb beschreiben koͤnnen. Dann solchen Lohn haben selbige zu hoffen/ deßgleichen nach Zeugnuß deß Heil. Apostels/ kein Aug gesehen/ kein Ohr gehoͤret/ und in 1. Cor. v. 9. keines Menschen Hertz gestiegen ist: Dieses hat GOtt denen zubereitet/ die ihn lieben. Weiters lesen wir im Buch der Richter/ das die je- nige/ so GOTT lieben/ so herrlich/ wie die Sonne in ihrem Auff- gang/ glantzen. Dieweilen aber der Feind alles Gute wohl weiß/ daß die groͤste Fluͤsse der Gnaden und Verdiensten von dieser L ieb entspringen; derhalben mißguͤnnet er uns solche Gaben immer zu/ und bemuͤhet sich un- auffhoͤrlich das menschliche Hertz von seinem GOtt abwendig zu machen/ welcher Gestalt wir aber diesen Haupt-Feind widerstehen sollen/ daß lehret Lib. 3. Reg. c. 3. uns folgende Historie der H. Schrifft. Es kamen einsmals zwey Muͤtter zu G dem Die Fuͤnffte Geistliche Lection dem allerweisesten Koͤnig Salomon/ welche beyde ein kleines Kindlein/ als ihr Soͤhnlein fuͤr sich begehrten: weilen aber der gemeldte Salomon auß den vorgebrachten Reden dieser zweyen Weiber keinen Schluß machen konte; und gleichwohl zu erfahren verlangte/ welche die rechte Mutter waͤre/ befahle er/ man solte das lebendige Kind zertheilen/ und einer jeden die Halbscheid ge- ben. Diesem Urtheil fiele alsbald die vermeinte Mutter bey/ und sagte; un- serer beyden keine soll es gantz haben/ sondern es solle zertheilet werden. Da die- ses die rechte Mutter deß Kinds hoͤrete/ sprach sie/ soll ich dann leiden/ daß mein Kind getoͤdtet werde? Ach nein! das leide ich nicht; ich will lieber mein Recht fahren lassen/ damit mein Kind beym Leben verbleibe. Hierauß hat der Koͤnig erkennet/ daß diese die wahre Mutter des Kinds seye; derhalben sagte er: gebet dieser das lebendige und unzertheilte Kind: die andere aber ist uͤber- zeugt und schamroth worden. 1. Was soll ich nun anders diesem Kind vergleichen/ als das Hertz deß Menschens? und wem seynd diese zwey Weiber mehr aͤhnlich/ als GOtt und dem Teuffel? GOtt als ein wahre Mutter hat durch die Erschaffung unser Hertz gebohren/ dahero begehrt er selbiges/ und sagt: Sohn gebe mir dein Hertz: selbiges zu besitzen verlangt auch der leidige Sathan. Wem sollen wirs nun geben? wollen wir die Persohn deß Salomons vertretten/ und Richter seyn/ so lasset uns es dem jenigen weigeren/ der allein mit der Halb- scheid zu frieden ist; und geben es dem/ ders gantz begehret/ oder nichts. Was sagt der Sathan/ was fordert er? Jch bin zu frieden sagt er/ mit einem gar ge- ringen Theil deines Hertzens: ich bin zu frieden/ daß du Meß hoͤrest; daß du deine Gezeiten bettest; daß du dich bißweilen disciplinir est; daß du fastes; und bin auch zu frieden/ daß du zu Mitternacht auffstehest: daß du aber alle- zeit in diesen Ubungen verharren wollest/ daß leiden deine Kraͤfften nicht; der- halben ists rathsamb/ daß du zu Zeiten denen weltlichen Frewden beywohnest/ und dich erluͤstigest: und was kans dir schaden/ daß du bißweilen in ehrlicher Gesellschafft der weltlichen Leuten erscheinest? dieses erfordert die Bescheiden- heit/ was ist auch daran gelegen/ so du bißweilen eine Suͤnd begehest: du bist ein Mensch so wohl als andere: was kans hindern/ daß du auß Kurtzweil und Ergoͤtzligkeit halber zu Zeiten liegest? das muß man nicht hoch achten. Pa- rum parum nocet. Wenig schadet wenig. Mit einem Wort zu sagen/ der Teuffel ist zu frieden mit der Halbscheid unseres Hertzens/ und ruffet mit der vermeinten Mutter: Noch dir/ noch mir; sondern es soll zerthei- let werden. Aber/ aber/ was sagt Gott darzu Du solst GOtt dei- nen Herrn lieben auß gantzem deinem Hertzen. Er will das Hertz Von der Liebe. Hertz gantz und zumahlen/ oder nichts. Wohlan dann meine Christliche Seel/ wir wollen nun/ wie ein allerweisester Salomon das Urtheil sprechen. GOtt fordert das gantze Hertz; der Teuffel lasset sich mit der Halbscheid begnuͤgen; so lasset uns das gantze und unzertheilte Hertz GOTT auffopfferen/ der selbiges durchden weisen Mann begehret: Sohn/ gebe mir dein Hertz. 12. Dieses wollen wir nun bekraͤfftigen mit der liebreichen Fabel oder Ge- dicht eines beruͤhmten Poeten von dem Jgel. Dieses Thierlein ist rund umbher mit spitzige Stachelen versehen/ und weiß sich dergestalt zusammen zu ziehen/ daß es auch einem kleinen Ballen gleich scheine. Nun hat sich es zu- getragen/ daß dieses arme Thierlein einsmahls seiner Behausung beraubt worden/ indem die Jaͤger/ in Meinung/ einen grossen Haasen daselbst zu fan- gen/ selbige zumahlen verwuͤstet: derhalben da dieser auß seiner Wohnung vertriebene Jgel/ in Buͤschen und Feldern herumb zu lauffen genoͤthiget wor- den/ hat er endlich einen Fuchsen angetroffen/ und denselben gebetten/ er moͤch- te ihn doch in seine Herberg auffnehmen/ der Fuchs aber/ da er dem Jgel sein Begehren rund abgeschlagen; hat dieser ihn noch instaͤndlicher gebetten/ ihm nur das geringste und verwuͤrfflichste Wincklein seiner Hoͤlen zu verguͤnsti- gen/ mit diesem Versprechen/ daß er sich daselbsten im geringsten nicht bewe- gen/ weder auch sonsten ihme uberlaͤstig seyn wolle: hierauff hat der Fuchs in das demuͤthige Begehren deß Jgels verwilliget/ und da er zu Anfang den allerengisten Orth der Hoͤlen eingenommen/ hat er sich nochmahlen dergestalt außgebreitet/ daß der Fuchs/ damit er von seines eingenommenen Gastes spi- tzigen Stachelen nicht verletzet wuͤrde/ dem Jgel die gantze Wohnung zu uͤ- berlassen/ und davon zu lauffen gezwungen worden. Gleicher Weiß mit dem Jgel macht es der boͤse Feind; welcher anfaͤnglich uns umb ein eintziges Huͤttlein unseres Hertzens bittet/ und begehret demuͤtiglich von uns/ daß wir doch umb dieses oder jenes Ambt zu verwalten/ einigen Lust und Affection zeigen wollen; daß wir uns erfrewen sollen; wann von anderen gelobt wer- den; daß die Lieb erfordere/ seine Verwandten und gute Freund offt zu be- suchen; daß man die von ihnen præsentir te Geschenck nicht muͤsse verschmaͤ- hen/ sondern gern annehmen/ und dergleichen ihnen hinwiederumb verehren. Dieser ist der saubere Rath deß allgemeinen Menschen Feinds/ der uns auch so gar versicheren will/ daß wir auß solchem allein den gering- sten Schaden nicht leiden werden. Auch rathet diese hoͤllische Schlang/ daß wir bißweilen nur obenhin dieses oder jenes Weibsbild G 2 mit Die Fuͤnffte Geistliche Lection mit einem wenigen menschlichen Vorwitz anschawen; oder/ auß Mangel der Gelegenheit/ umb den Gedancken einige Lufft zu machen/ unserm Ge- muͤth dieselbe vorstellen: und was kan doch uͤbels/ sagt er/ ein eintz iger vorwi- tziger Anblick oder Gedancke verursachen? man muß ein Sach nicht groͤsser machen/ als sie ist. So bald aber dieser arglistige Rathsgeber in die Woh- nung unseres Hertzens ist eingeschlichen; fangt er gleich an/ sich dermassen zu vergroͤsseren und außzubreiten/ daß er nicht allein GOtt und seine Heilige auß dem Hertzen außschliesse; sondern auch alle Tugend/ Gnad und Hei- ligkeit von dannen vertreibe: darumb ermahnet uns bruͤderlich der H. Apostel Paulus: Gebet kein Platz dem Teuffel. Warumb? weilen/ spricht Eph. 4. v. 27. der H. Chrysostomus uͤber diesen Orth/ er auff solche Weiß/ nach- dem er wird eingelassen seyn/ alles verbreitet/ und zu sei- nem Vortheil erweiteret. 13. Wann wir nun auß dem Mund der ewigen Warheit versichert seynd/ daß wir zweyen Herren nicht dienen koͤnnen/ GOtt und dem Mammon/ das ist den Creaturen; so lasset uns auß dem innersten unseres Hertzens alle un- ordentliche Lieb der Creaturen vertilgen/ auff daß der Erschoͤpffer daselbst wohnen koͤnne. Sollen wir aber dieses zu thun vernachlaͤssigen; so haben wir gewißlich zu foͤrchten/ daß uns begegne/ was den zweyen Soͤhnen deß Aarons widerfahren ist; so derhalben von dem Fewer seynd verzehret worden/ weilen sie mit frembdem Fewer ihre Rauchfaͤsser versehen. Was ist aber anders die- ses frembde Fewer in den Rauchfaͤssern/ als ein unziemende Lieb gegen die Creaturen/ in unsern Hertzen? billig ist dann/ daß wir uns solchen Fewers nicht gebrauchen/ wann wir von dem ewigen Fewer nicht wollen verbrennet werden. Auch ist annebenst wohl zu beobachten/ daß dieser lose Feind den jeni- gen/ so er mit diesen obgemeldten schmeichlenden Anreitzungen nicht hat zum Fall bringen koͤnnen/ durch Widerwertigkeit niederzuwerffen sich befleisse. Derohalben muͤssen wir allem widrigen Eingeben/ Rath und That uns wi- dersetzen/ wann wir von diesen Fuͤchsen mit List nicht uͤberwunden werden/ und das kostbahre Kleinod der Liebe nicht verliehren wollen: sintemahlen uns zu wissen hochnoͤthig ist/ daß (wie der gottseelige Thomas à Kempis redet) ein wahrer Liebhaber CHristi nicht suche menschliehen Trost/ oder empfindliche Suͤssigkeiten; sondern vielmehr ritterliche Ubungen; und daß er umb Gottes willen harte und schwaͤre Arbeit der Seelen und deß Leibs außstehen moͤge. Mit solchem Fewer der Liebe ware entzuͤndet die H. Theresia/ darumb pflegte sie zu sagen: Mein lieber Herr Jesu/ ich will oder leiden/ oder sterben. Noch ein mehreres verlangte die H. Magdalena de Pazzis, der offt Von der Liebe. offt widerholte Bittschrifft in diesen Worten bestunde: Nicht sterben/ sondern leiden will ich. Diese GOtt gef aͤllige Jungfrawen wusten wohl/ daß die mit Gedult uͤberstandene Widerwaͤrtigkeiten das Fewer der Liebe uͤber alle massen vermehren: welches in der Warheit genugsamb erfah- ren hat der H. Martyr Jgnatius/ der nach vielen erlittenen Verfolgungen/ Kaͤrcker und Baͤnden dergestalt in der goͤttlichen Lieb hatte zugenommen; daß er mit froͤhlichem Hertzen sagen dorffte: Fewer/ Creutz/ wilde Thier/ zer- brechung der Gebeinen/ der Glieder Zertheilung und deß gantzen Leibs Zer- knirschung; ja auch alle Tormenten deß leidigen Satans; dieses alles komme uͤber mich/ damit ich nur meines lieben Christi geniessen moͤge. 14. Diesem glorwuͤrdigen Blutzeugen Christi lasset uns nachfolgen; das widrige nicht foͤrchten; sondern mit dem Apostel uns erfrewen/ daß wir seyen wuͤrdig gefunden worden/ fuͤr den Nahmen JESU zu leiden. Dann gleich wie ein Artzt den Zustand deß Krancken vernehmet/ nicht auß der Rechten/ sondern auß Beruͤhrung der lincken oder unrechten Hand/ also pflegt GOtt auß starckmuͤthiger Ubersetzung der Widerwaͤrtigkeiten/ und zugefuͤgten Un- rechts seine Liebhaber zu erkennen. Mache dir nun meine Christliche Seel/ auß aller obangefuͤhrter gruͤndlichen Lection den Schluß selbsten. Wilst du in Warheit JESUM lieben/ so treibe auß deinem Hertzen alle unordent- liche Lieb der irꝛdischen Creaturen; halte die Gebott GOttes/ und lerne mit einer maͤnlichen Standhafftigkeit saͤmbtliche vorfallende/ so L eibs als der Seelen Trangsalen gedultiglich zu uͤbertragen: damit du aber auß mensch- liche Schwachheit auff diesem sicheren Weeg den Krebsgang allgemaͤch zu gehen nicht genoͤthiget werdest; so folge meinem Rath/ und besuche offtmah- len deinen im hochheiligen Sacrament deß Altars verborgenen allerholdselig- sten Braͤutigam/ und klage demselben deine Noth. Auff daß dich auch die angenommene verfaͤlschte Schoͤnheit der Creaturen nicht verkehre/ so lasse dir es gefallen/ und oͤetrachte die ungemeine L ieblichkeit deß jenigen Ange- sichts/ Krafft dessen viele auß dem Judischen Volck in ihren Aengsten und Betruͤbnussen getroͤstet und gestaͤrcket wurden; derohalben pflegten sie in die- sen ihren Mißhelligkeiten zu sagen: lasset uns hingehen zum Sohn Mariaͤ. Wann nun deines allerliebsten Heylands gebenedeyetes Angesicht mit solcher Schoͤnheit noch in diesem Jammerthal leuchtetet/ daß es auch die betruͤbte Gemuͤther gaͤntzlich troͤsten koͤnte; was wird dann nicht geschehen anjetzo/ wann du mit den Augen deines Hertzens denselben wirst anschawen/ da er mit unaußsprechlichem goͤttlichen Glantz regieret im Himmel? Jch zweiffele nicht daran/ du werdest von der suͤssen Annehmlichkeit dieses goͤttlichen An- G 3 gesichts Die Sechste Geistliche Lection. gesichts dergestalt eingenommen werden; daß du vor Frewden deine Wider- waͤrtigkeit zumahlen vergessest: und werdest also auß einem Elend machen ein Paradeiß/ nicht allein hier zeitlich/ sondern auch dorten ewiglich/ Amen. Die Sechste Geistliche LECTION Von der Bruͤderlichen Liebe. Mandatum novum do vobis, ut diligatis invicem sicut Joan 31. v. 34. dilexi vos. Jch gebe euch ein neues Gebott/ daß ihr euch unter- einander liebet/ wie ich euch geliebt hab. Der Erste Theil. 1. D Jeweilen die Schrifft-Gelehrten sagen/ daß der Gebrauch der Liebe/ so viel er GOtt und den Nechsten betrifft/ eins seye: so wollen wir/ der Gebuͤhr Gemaͤß/ nach hiebevor abgehandleter Liebe GOttes/ nun auch die Liebe deß Nechstens vornehmen. Wie man aber den Naͤchsten lieben soll/ daß lehret uns das dritte Buch Moysis/ 19. v. 18. Leviticus genannt/ mit diesen Worten: Diliges proximum tuum suat se ipsum. Du solt deinen Naͤchsten lieben wie dich selbsten. Umb dieses wohl zu begreiffen/ sagt der Englische Doetor Thomas/ das sol- 22. q. 25. art. 7. che Lieb zweyfachig seye. Die erste/ meldet er/ seye unordentlich und boͤß/ mit welcher man einen außwendigen Menschen und das Fleisch/ so er mit an- dern Thieren ins gemein hat/ liebet. Die andere spricht er/ seye ordentlich und gut/ krafft deren man liebet die Vortreff lichkeit deß innersten Men- schen/ und das Leben nach dem Gesetz der Vernunfft einrichtet. Dieser Liebe Gemaͤß muͤssen wir reguliren unsere Liebe; wie gar schoͤn vermercket der H. Augustinus/ und uns ermahnet auff folgende Weiß: Erstlich sehe zu/ ob du wissest zu lieben dich selbsten; und alsdann befehle dir deinen Naͤchsten/ den du lieben solst wie dich selbsten/ wann du aber noch nicht weiß/ wie du solst lieben dich selbsten/ so foͤrchte ich/ du werdest deinen Naͤch- sten Von der Bruͤderlichen Liebe. sten betriegen/ wie auch dich selbsten. Hierauß haben wir ab- zunehmen/ daß der jenige der sich nicht liebet mit einer ordentlicher Lieb/ auch nicht wisse zu lieben seinen Naͤchsten; dann der sich selbst untreu ist/ wem wird der treu seyn? diese ist nun die erste Regel/ nach der wir unsere Lieb zu richten haben. 2. Neben dieser aber hat uns Christus ein andere hinterlassen/ folgen- den Jnnhalts: Jch gebe euch ein neues Gebott/ daß ihr euch untereinander liebet/ wie ich euch geliebt hab. Auß dem wir schliessen/ daß gleich wie uns Christus freywillig geliebt/ und ohne eini- ge Vergeltung uns seine himmlische Lehr hat mitgetheilt; auß dem Wust der Suͤnden her außgezogen; dieselbige uns vergeben/ und unsere Schmer- tzen und Schwachheit der Seelen biß zum Todt deß Creutzes uͤber sich ge- nommen: wir also/ nicht auß Liebe der Begierlichkeit/ welche den eigenen Nutzen suchet sondern auß Liebe der Freundschafft/ so da eifferet den Vor- theil deß Naͤchstens/ einander lieben sollen: nemblich wir sollen allen und jeden/ so wohl die Guͤter der Gnaden als der Glory von Hertzen goͤnnen/ wuͤnschen/ auch unsern Kraͤfften gemaͤß zu erwerben uns befleissen: wir sollen unseres Naͤchsten Last auff uns nehmen und tragen; die suͤndhaffte Menschen nichr verwerffen; sondern theils durchs Gebett/ theils durch liebliche Ermahnungen zur Buß auffmunteren/ und mit denenselben ein hertzliches Mitleyden tragen. Also hat der Heil. Apostel Paulus seinen Naͤchsten geliebet/ wie er selbst bezeuget: Jch trage grosse Trau- Rom. 9. v. 3. rigkeit und steten Schmertzen in meinem Hertzen/ dann ich wůnsche mir selbst verbannet zu seyn von Christo fůr meine Brůder. Und an einem anderen Ort: Wer wird schwach/ 2. Cor. 11. v. 29. und ich werde nicht schwach: wer wird geaͤrgert und ich brenne nicht? Diesem vornehmsten Lehrer der Heyden weichet nicht in der Bruͤderlichen Liebe Moyses der grosse Diener GOttes/ der seinen Naͤch- sten also liebte/ daß er zum HErrn sagen dorffte: Entweder verzeyhe ihnen diese ůbelthat/ oder tilge mich auß dem Buch deß Exod. 32. v. 31. Lebens. Das wahren rechte Liebhaber deß Naͤchstens. Wir finden aber noch viel andre Heiligen/ welche sich eusserigst bemuͤhet/ ihren Naͤchsten durch die Liebe zu gewinnen. Weilen nun diese alle herbeyzubringen sichs nicht ge- zimmet; als wollen wir vor dießmahl erzehlen die heroische That deß Heil. Jgnatii/ Stifftern der Societaͤt JCsu. Es ware in der Stadt Pariß zu Zeiten dieses Heil. Manns ein sicherer Mensch/ welcher sich mit dem Strick der un- ziemlicher Liebe an ein lose Fidel so starck verbunden/ daß der obgemeldte Hei- Die Sechste Geistliche Lection heilige Diener GOttes durch immerwaͤhrenden angewendeten Fleiß sol- chen Venus- Band zu loͤsen nicht vermoͤgte. Einsmals ist der Jgnatius in Erfahrnuß kommen/ daß der armseelige Buhler ausser der Stadt/ vil- leicht zu seiner Amasia zu gehen entschlossen; derhalben begibt er sich alsbald zu dem Wege/ allwo der Liebhaber muste vorbey gehen; wirfft sich an einem Eyß-kalten Ort ins Wasser/ daß nur das Haupt/ umb sein Vorhaben werckstellig zu machen/ vom Wasser befreyet ware: da nun dieser hinzu na- het/ redet er ihn an mit diesen Worten: Gehe hin du armseeliger Mensch/ ge- he hin zu deinen stinckenden Wolluͤsten; siehestu dann nicht deinen dir vor Augen schwebenden Untergang? du solst wissen/ daß ich allhier diese bittere Kaͤlte so lang zu leyden mir hab vorgenommen/ biß ich den gerechten/ dir zubereiteten Zorn Gottes von dir werd abgewendet haben. Da dieses alles der mehr-gemeldte Schlave der Unkeuschen Wolluͤsten wargenommen/ ist er gantz erschreckt worden/ und von diesem herrlichen Beyspiel der Liebe/ gleichsamb vom Donner zerschlagen/ zuruͤck gangen/ die so lang gepflogene suͤndhaffte Gemeinschafft hat er zertrennet/ und seyn leben gebessert. Der offt-gedachte Goͤttliche Seelen-Liebhaber pflegte auch zu sagen/ daß er umb Errettung deren mit dem Blut Christi erkaufften Seelen bereit seye/ mit blossen Fuͤssen und mit Hoͤrner beladen/ uͤber die Gassen zu gehen/ und daß er keine/ auch laͤcherlichste und schimpfflichste Kleidung zu tragen scheue/ wann nur dadurch dem Menschen befoͤrderlich seyn koͤnnte. Wem nun gefaͤllig ist/ seinen Bruder in der Warheit zu lieben/ der unterstehe sich/ die Exemplen der Heiligen GOttes zu folgen; und wann ihm schon eben selbiges zu leisten nicht moͤglich ist; so soll er dennoch anderer dergleichen sich befleissen/ durch welche er seinen Bruder zu gewinnen erachtet/ damit also mit dem Moyse/ Paulo und Jgnatio den unschaͤtzbahren Lohn der Liebe dar- von trage/ nemblich die ewige Seeligkeit/ welche von Christo versprochen Matt. 5. wird allen und jeden/ so da uͤben die Wercke der Liebe. Seelig seynd die barmhertzige/ dann sie werden Barmhertzigkeit er- langen. Jch sage Barmhertzigkeit; dieweilen sie in diesem Zeitlichen mit vielen Goͤttlichen Gnaden bereichet/ und im Andern deß ewigen Frie- dens geniessen werden. 3. Damit wir aber von der bruͤderlichen Liebe noch besser moͤgen unterrich- tet werden; ist vonnoͤhten/ daß wir erstlich den Befelch Christi sonderbahr be- Masth. 7. v. 14. obachten/ der also lautet: Alles was ihr wollet/ daß euch die Menschen thun sollen/ daß thut ihr ihnen auch/ und zwey- tens die folgende Ermahnung deß frommen alten Tobiaͤ in unser Hertz Von der Bruͤderlichen Liebe. Hertz schreiben: Sihe zu/ daß du nimmer einem andern thuest/ Tob. 4. v. 10. was du nicht wilst/ daß dir von einem andern widerfahre. Von diesem redet also der H. Prosper: diese ist die gaͤntzliche Lieb deß N ch- stens/ daß du das jenige Gut/ so du dir zu widerfahren wuͤnschest/ selbiges auch deinem Nechsten zu uͤberkommen ver langest: und das jenige Ubel/ so du von dir abzuwenden trachtest/ selbiges auch eben so sehr von deinem Nechsten zu verhindern dich bemuͤhest. Auß dieser allgemeinen Lehr wird ein jeder gnug- samb abnehmen koͤnnen/ was er fuͤr Diensten seinem Nechsten zu leisten/ und was fuͤr Ubelen von seinem Nechsten abzukehren schuldig seye. Allhier ist aber wohl zu mercken/ daß in allen Staͤnden und Familien der Geistlichen/ auß geheimen Urtheil Gottes/ einige gefunden werden/ so mit der Tugend der wah- ren bruͤderlichen Liebe nicht allein nichtgezieret seynd/ sondern auch dieselbe durch Antrieb deß Teuffels/ und vermittelst ihres boͤsen Lebens zu vertilgen sich bemuͤhen: derhalben muß man sich gegen diesen hoͤllischen Fluß hurtig versehen/ und solchem Ubel bey Zeiten vorkommen; damit wegen sothaner boͤsen Geistlichen die Lieb nicht verlohren gehe. Auff daß nun die Vorsich- tigkeit fruchtbahr werde/ ist rathsamb/ daß man zu ersehen trachte/ wie nemb- lich die jenige Lieb/ so unter den Boͤsen erhalten wird/ viel vollkommener seye/ als die jenige/ so unter dem Guten geuͤbet wird: dieses vermercket gar wohl der gottseelige Thomas à Kempis, darumb sagt er/ daß es kein grosse L. 2. c. 3. § 2. Sach seye/ mit guten und sanfftmuͤtigen umbzugehen/ dieweilen solches na- tuͤrlicher Weiß allen gefallet/ und ein jeder gern Fried hat/ auch die jenige lie- bet/ die mit ihm uͤberein stimmen. Aber mit harten/ verkehrten/ ungeschlach- ten und widerspennigen friedlich leben koͤnnen/ ist ein grosse Gnad/ ein sehr loͤblich und maͤnnliches Werck. 4. Auff daß wir aber solches desto leichter ins Werck richten moͤgen/ so lasset uns ein anderes Lehrstuͤck deß obgemeldten Thomaͤ reifflich uͤberlegen/ dieses Jnhalts: Befleisse dich die Maͤngel und immer vorfallende Schwach- Ibid. heiten deines Nechsten geduͤldiglich zu tragen; dann du hast auch viel an dir/ das andere tragen muͤssen: Wann du auß dir einen solchen nicht machen kanst/ wie du gern wolte st; wie kanst du einen anderen nach deinem Wohl- gefallen haben? Damit wir nun gegen das Gesetz der bruͤderlichen Liebe nicht suͤndigen moͤgen/ so lasset es uns den Hirschen nach machen. Wann diese uͤber eine Jnsul oder Eyland setzen/ legen sie die Koͤpff also uͤbereinan- der/ daß/ nachdem der erste ermuͤdet ist/ alsobald von seiner Stelle hinweg zu dem hindersten schwimme/ und mit dem Kopff auff selbigen sich laͤhne/ H und Die Sechste Geistliche Lection und dem jenigen den Last zu tragen uͤberlasse/ so ihme in der vorigen Stelle gleich gefolget/ und nun der erste ist. Thuen das die Hirsch/ was sollen dann nicht thuen die Christen? thuen das die unvernuͤnfftige Thier/ was sollen dann nicht thuen die Geistliche? insonderheit/ da der Heyl. Augustinus sagt/ daß nichts so wohl einen Freund anzeige/ als wann er den Last seines Freunds trage: und der Heyl. Apostel Paulus uns ebenfalls mit diesen Worten er- Gal. 6. v. 2. mahnet: Einer trage deß andern Bůrde/ und also werdet ihr das Gesetz CHRJSTJ erfůllen: als wolte er sagen; der das Gesetz deß Herrn zu erfuͤllen verlanget/ dem ist noͤthig/ daß er die Buͤr- den/ das ist/ Verspottungen/ Bestraffungen/ Schmaͤhwort/ vielfaͤltiges Plagen und dergleichen von seinem Nechsten mit einem Heldenmuth an- nehme/ und geduͤltig trage: der aber das Widerspiel thuen wird/ und solchen seinen Nechsten mit gleicher Muͤntz bezahlen; der bilde sich ja nicht ein/ daß er seinen Nechsten liebe; dann die Lieb muß die allerhaͤrteste Dinge uͤ- bertragen/ gleich wie ein Strauß - Vogel das unverdaͤuliche Eysen ver- kochet. Dieses aber sage ich nicht/ sondern der Heyl. Paulus: Die Lieb uͤbertraͤgt alles. Auch lehrnet uns solches mit seinem Exempel der Koͤnig David/ als er nemblich von dem Semei auß dem Geschlecht deß Sauls verfluchet/ und mit Steinen empfangen wurde; dahero demselben der Abisai zur Stund den Kopff hinweg geschlagen haͤtte/ wann nicht der 2. Reg. 16. v. 11. sanfftmuͤthige Koͤnig solches wuͤrde verbotten/ und gesagt haben: lasse ihn bleiben/ daß er fluche nach dem Befehldes Herrn; ob viel- leicht der Herr mein Elend ansaͤhe/ und mir fůr diesen heutigen Fluch guts vergelte. Also muͤssen wir auch gedencken/ wann wir die Liebe unseres Neehsten behalten wollen; daß es der Herr also befohlen habe/ wann wir dieses oder jenes boͤse von diesem oder anderm zu leiden haben. Und obschon/ so viel den ungerechten Schmaͤher angehet/ der Will GOTTES dieses bloß allein zulasset; so lasset GOTT / als viel den leidenden Menschen betrifft/ dieses nicht allein zu/ sondern er will/ daß es also geschehe. Derowegen hoffe ein jeder mit dem David/ daß er fuͤr solche Verfluchung oder uͤberstandenes Unbill den Seegen deß Herrn empfangen werde. Nicht vernachlaͤssige dieses/ mein Christliche Seel/ dann/ wie grossen Nutzen du auß dieser Ubung der bruͤderlichen Liebe zu gewarten hast/ kanst du auß folgenden Zeilen abnehmen. Der Von der Bruͤderlichen Liebe. Der andere Theil. 5. Es ist genugsamb bekand/ was massen Kayser/ Koͤnig/ Fuͤrsten und an- dere mit gewissem Art der Kleidern ihre Diener zu verschen pflegen (welche man Liberey nennet) damit sie vor andern koͤnnen erkennet werden. Weil nun diesem also; so zweiffele ich nicht/ es werde der Koͤnig aller Koͤnigen/ und Herscher aller Herschenden CHristus JESUS seinen Diener mit einer neuen/ und von andern unterscheidender solchen Himmels-Koͤnig gebuͤhren- der Liberey bekleiden: Was kan aber anders diese seyn/ als eben die Liebe deß Nechstens? mich geduͤncket/ daß der Heyland selbst dieses erklaͤhret/ mit denen außtruͤcklichen Worten: Dabey wird jederman erkennen/ daß Joan. 13. v. 35. ihr meine Jůnger seyd/ wann ihr die Liebe untereinander haben werdet: Sintemahlen keiner ein Diener deß himmlischen Koͤnigs seyn kan/ es seye dann/ daß er ihn liebe: wie wird er aber GOtt lieben koͤnnen ohne die Liebe des Nechsten? dahero spricht der Heyl. Joannes: Wann ei- Epist. 1 c. 4. v. 20. ner wird sagen/ ich liebe GOtt/ und seinen Bruder hasset/ der ist ein Lůgner. Dann der seinen Bruder nicht liebet/ den er siehet/ wie wird derselbige GOtt lieben/ den er nicht siehet? und dieses Gebott haben wir von GOtt; daß der jenige/ so GOtt liebet/ auch liebet seinen Bruder: wer dann mit diesem guͤldenen Kleid versehen zu werden/ und unter die Zahl der goͤttlichen Leibeigenen gezehlet zu werden verlanget; der liebe seinen Bru- der mit auffrichtiger Liebe/ damit er deß versprochenen Lohns theilhafftig wer- de. O Wiewohl ware dieses dem geliebten Apostel Joanni bekennt! der- halben bestunden seine treuhertzige Ermahnungen mehrentheils in diesen Worten: Meine Kindelein liebet euch untereinander: So gar auch/ daß seine anwesende Bruͤder und Juͤnger auß so offt widerholter Zusprach mit grosser Verdrießlichkeit sagten? Meister warumb predigest du immer und allezeit diese Wort? denen er zur Antwort gabe; weilen es der Befelch Gottes ist/ und wann dieses allein geschicht/ so ists gnug. 6. Jm uͤbrigen wann wir nun wollen sehen/ was diese stattliche Liberey deß Herrn vor Wirckung thue; so werden wir erfahren/ daß sie die Seel der- gestalt erwarme/ daß von selbiger alle natuͤrliche und schaͤdliche Laͤwigkeit fluͤchtig/ und sie hergegen mit dem Fewer der goͤttlichen Liebe muͤsse noth- wendiger Weiß entzuͤndet werden. Der also brennet/ ist gluͤckseelig/ dieweilen dieses Fewer alles/ was schon in sich beschwaͤrlich und bitter ist/ verleichteret und versuͤsset/ nach dem gemeinen Sprichwort: Dem Liebenden ist nichts beschwaͤrlich. Weiters bedecket dieses herrliche Kleid H 2 alle Die Sechste Geistliche Lection alle unsere unehrbahre Werck der von uns begangenen Suͤnden nach Zeuanuß der Heyl. Schrifft. Die Lieb bedeckt die Vielheit der Sůnden. Soll dann nicht ein jeder mit allem Ernst und Fleiß daran seyn/ damit diese kostbahre Kleidung durch Hader und Zanck nicht bemackelt/ oder durch Haß und Feindschafft gar zerrissen werde; insonderheit/ da diese Libe- rey/ nemlich die bruͤderliche Liebe an Schoͤnheit anderen Tugenden in ihrem Auffzug weit vorgehe Hiervon lesen wir in den Leben der H. Vaͤtteren; daß ein Bruder einsmahls einen Alten gefragt habe: Vatter sage mir doch rund auß/ was dich geduncke. Es seynd zwey unter den Bruͤdern/ deren einer die gantze Woch durch im̃er in seiner Zellen verbleibt/ haltet annebenst sein Fastẽ offtmahlen/ und unterlasset gleichwohl seine gewoͤhnliche Arbeit nicht. Der andere aber bemuͤhet sich embsiglich/ wie er den Krancken angenehme Dien- sten erweisen moͤge. So sage mir nun; wessen Beschaͤfftigung ist die beste vor Gott? diesem hat der alte folgender Weiß geantwortet. Und wan der Fa- stende/ nemlich der erste sich an die Naasen schon auffhencken wuͤrde; so wird er doch vorm Angesicht Gottes dem andern an Verdiensten nit gleich seyn. 7. Derhalben setze ich meine Bewahrung also. Die Schwachheit ist zwey- fachig; eine deß Leibs/ und die andere der Seelen. Wann nun die Seel an Wuͤrdig- und Vortrefflichkeit den Leib uͤbertreffet; so muß ja die Schwach- heit der Seelen hoͤher empfunden werdẽ/ als eben die Schwachheit deß Leibs. So folgt dann klaͤrlich hierauß/ daß/ wann nach Zeugnuß deß frommen Al- ten/ der jenige so grossen Lohn zu gewarten habe/ welcher dem kranckende Leib nach auffwartet: wie viel groͤssern Verdienst wird nicht der jenige zu hof- fen haben/ der seinem Bruder/ so an der Seelen kranck liget/ fleissig dienet; solcher massen aber koͤnnen wir demselben angenehme Diensten leisten/ wann wir mit seiner suͤndhafften Seelen ein bruͤderliches Mitleiden haben: ihn mit lieblichen Worten anzufrischen suchen; auff daß er diesen oder jenen began- genen Fehler und Suͤnde bessere; wann wir denselben auch/ wanns die Noth erfordert/ mit sittsamen Worten straffen; und wann wir fuͤr denselben GOtt mehrmalen treulich bitten/ auff daß er unserm Bruder eines oder andern/ oder mehrern Verbrechen halber seine grundlose Barmhertzigkeit nicht entziehen/ sein miltes Aug von ihme nicht abwenden; sondern alle seine Missethaten in den Fluß der Vergessenheit werffen/ in seine vorige Gnad auff- und anneh- men/ und endlich ihme das ewige Leben schencken wolle. Sollen wir nun wol/ meine Christliche Seel/ von Erweisung eines so Gott gefaͤlligen Wercks der bruͤderlichen Liebe uns entschuldigen konnen? ich lasse dich selbsten dieses ur- theilen/ wann du neben diesem allem/ so gesagt ist/ daran wirst du gedacht ha- ben/ daß nemblich so viele hundert tausend außerwaͤhlte Gottes sich nichts so eyfferig Von der Liebe. eyfferich haben angelegen seyn lassen/ als Mittel zu erfinden/ wie sie ihre Bruͤder Christo gewinnen moͤgten. Auß denen allen ich dir Kurtzheit hal- ben diese zween folgende Einsidler vor Augen stelle. 8. Diese zwey haben sich einsmals miteinander verschwohren/ daß kei- Sophron in Prat. Sp. c. 97. ner den andern nimmermehr verlassen wolte. Einer aber auß diesen bey- den hat sich wegen ihme zutringender starcken Versuchung entschlossen/ wie- derumb in die Welt zu gehen/ und seinen boͤsen Begierden zu willfahren. Da diesen der andere von dem gefastem losen Vorhaben nicht hat abbringen Historia koͤnnen/ ist er ihme gefolget/ auff daß er diesen seinen Bruder auffs wenigst nach begangener Suͤnde wiederumb zur Einoͤde fuͤhren moͤgte. Derhal- ben hat er selbigen/ nachdem er den fleischlichen Wolluͤsten den Zaum gelas- sen und dem Hauß der Leichtfertigkeit den Rucken gekehret/ mit grosser und hertzlicher Liebe umbhalset und gebetten/ er wolle doch mit ihme abermvhl zur Wuͤsten gehen. Jndem aber der suͤndhaffte Bruder in seiner Misse- that verharret; ist auch dieser in selbiger Stadt geblieben/ und nicht allein den Lohn seiner taͤglichen Hand-Arbeit seinem geylsuͤchtigen Bruder frey- gebig mitgetheilet; sondern hat auch annebens fuͤr dessen Heyl offtmahlen gefastet/ andere Bußwerck verrichtet/ und unauff hoͤrlich gebettet. Krafft dieser so grossen Liebe/ ist selbiger endlich beweget worden/ seyn lasterhaff- tes Leben zu verlassen/ und mit seinem Bruder zur Wuͤsten gekehret. Die- ses frommen Einsidlers Beyspiel lasset uns nachfolgen/ so wird auff uns ein unbeschreiblicher Lohn auch warten/ fuͤrnehmlich da die Bruͤderliche Lieb/ umb die Hoͤhe der Geistlichen Vollkommenheit zu erreichen sonder- bahr geschickt ist/ wie auß folgender Histori zu vernehmen stehet. 9. Paphnutius unter den ersten Einsidlern ein Mann grosses Nahmens/ Pallad. in Histor. Lausiaca c. 63. und vieler Gottseeligen Einsidlern Vatter/ hat sich eingebildet/ er habe auff dem Weeg deß HErrn dergestalt zugenommen/ daß er vermeinet/ ihm wuͤrde keiner gleich gefunden werden; derhalben hat er auß einfaͤltigem und andaͤchtigem Vorwitz GOtt gebetten/ er wolle ihm doch einen Men- Historia schen zeigen/ der ihm an Weiß und Manier zu leben gleich seye. Jn die- ses Begehren deß Paphnurii hat die Goͤttliche Majestaͤt eingewilliget/ und ihm durch einen Engel bedeuten lassen/ daß seines Gleichen seye ein Swef- fel-Pfeiffer/ so in naͤchst-gelegenem Dorff mit Pfeiffen sich ernaͤhret; auff diese Zeitung hat der obgemeldte Einsidler sich entsetzet/ und vie- lerley Gedancken gefasset: auch endlich ihm selbsten mit diesen Worten zu- gesprochen. Solstu dann so viele Jahren/ mit so laͤngwiriger Muͤhe und eyffrigem Unterstehen nicht mehr zugenommen haben/ als daß du an Tugen- H 3 den Die Sechste Geistliche Lection den einẽ Schweffel Pfeiffer gleich gehalten werdest? alsbald begibt er sich auff den Weeg/ umb diesen Mann mit moͤglichem Fleiß zu suchen; und da er ihn gefunden/ fragt er auffs aller genaueste/ was vor Manier zu leben/ und wel- che Tugenden er an sich habe. Dieser fangt an uͤber eine so ernstliche Fra- ge zu lachen/ und dannoch der Sachen Beschaffenheit zu bekennen: Jch/ sagt er/ bin erstlich ein Moͤrder gewesen/ und jetzt bin ich ein Schweffel-Pfeiffer. So viel meine Tugenden angehet/ mein lieber Freund/ fragstu umbsonst; dann ich derselben keine an mir hab/ so gar/ daß ich auch keine zu nennen weiß. Paphnutius setzet diesem Menschen weiters mit Fragen zu/ er moͤgte ihm doch sagen/ ob er auch wohl zu Zeit der veruͤbten Mordthaten etwas Gu- tes gethan habe: darauff er antwortet: ach lieber! du melckest einen Bock/ mein Gewissen ist zumahlen unfruchtbar; ich bin gewesen ein Schlauer der Geylheit und der Trunckenheit: dieses eintzige weiß ich allein/ daß ich eine GOtt-geweyhete Jungfrau/ so wir gefangen/ und meine Mit-Gesellen schaͤnden wollen/ davon befreyet/ und ins naͤchste Dorff gefuͤhret habe. Daß andere/ so mir beyfallet/ ist dieses. Vor einigen Jahren hab ich ein Weib im Busch gefunden/ welches den Weeg verfehlet und bitterlich geweinet: da ich nun die Ursach solchen Weinens fragte/ gab sie mir zur Antwort: frage doch nicht lang mich so ungluͤckseeliges Weib; sondern/ wann du eine Magd vonnoͤthen hast/ so nehme mich/ und fuͤhre mich hin/ wohe du ver- langest; Mein Ehemann ist wegen grosser Schulden in den Kercker ge- worffen; und ist nicht weit darvon/ daß er sterben werde; es ist aber keine Hoff- nung deß Errettens uͤbrig. Die Schuͤldner haben meine drey Soͤhne; aber/ leyder GOttes! nicht mehr meine/ sich zu Sclaven gemacht an Platz der Bezahlung: Mich hat man auch umb gleiches Elend außzustehen gesuchet; bin aber in grossem Hunger und Kummer hierhin fluͤchtig/ und von aller menschlichen Huͤlff und Rath entlassen. Nachdem ich dieses alles ange- hoͤrt/ sagte der Pfeiffer/ hab ich mich uͤber solches Jammer erbarmet/ und weilen ich darfuͤr gehalten/ daß es also GOttes Willen gemaͤß seye; hab ich das Krafft-lose Weib mit mir zu unser Gruben genommen/ und alldor- ten den halb-todten Leib durch moͤgliche Labung gleichsamb wiederum zum Leben erwecket: und weilen mir nicht unbewust ware/ daß GOtt ein reicher HErr seye/ als habe ich das fluͤchtige Weib wiederum in die Stadt gebracht/ und umb Erloͤsung der Kinder und deren Vatters viel Gelds angewendet. Du aber/ mein guter Freund/ wollest mir mit mehrern Frag-Reden nicht mehr uͤberlaͤstig seyn: dann diese seynd alle meine tugendsame Werck; und kan ich viel leichter und hurtiger meine Laster als meine Tugenden erzehlen. Jch Von der Bruͤderlichen Liebe. Jch aber mein guter Freund/ sagt Paphnutius, bin durch Schickung GOt- tes in Erfahrung kommen/ daß du an Verdiensten uns gleich seyest/ die wir in den Einoͤden wohnen/ und den Leib mit grosser Strengiskeit pla- gen. Siehe derowegen/ mein lieber Bruder/ weil du so hoch von GOtt geachtet wirst/ als auch vielleicht kaum die jenige/ so GOtt am liebsten seynd; und weilen es der Ursprung aller Heiligkeit ist/ daß man gern wolle heilig seyn/ so bitte ich versaume dich selbsten nicht: dieß eintzige ist dir uͤbrig daß du nemblich dich selbsten verlaugnest/ dein Creutz auffnehmest/ und Chri- stum folgest. Kaum hatte Paphnutius seine Red geendiget/ siehe/ da wirfft er seine in der Hand habende Pfeiffen dahin/ und damit er dem Willen GOttes nachleben moͤgte/ folget dem mehr-gemeldten Einsidler auff dem Fuß nach/ nicht anders/ als wann er von GOtt selbsten diesen Rath em- pfangen haͤtte. Hat also drey Jahr lang ein himmlichses Leben gefuͤhret auff Erden/ und ist nachmals unter die Schaar der Engeln auffgenom- men worden/ mit denen er das Lob GOTTES in alle Ewigkeit mit Frewden singet. 10. Hierauß ist zu ermessen/ wie verdienstlich bey dem Allerhoͤchsten GOtt seynd die Wercke der Bruͤderlichen-Liebe. Dahero soll billig ein jeder allen moͤglichen Fleiß anwenden/ und keine Gelegenheit hinstreichen lassen/ bey deren er seinem Naͤchsten umb GOttes Willen die huͤlffliche Hand bieten koͤnne. Solte aber einer so heroische Werck der Liebe/ wie die- ser Moͤrder nicht verrichten koͤnnen; so uͤbe derselbige solche Werck der Liebe/ die seinem Standt und Vermoͤgen gemaͤß seynd; insonderheit/ daß er/ wie oben gesagt ist/ GOtt eyfferig fuͤr seinen Naͤchsten bitte; und damit sich kei- ner einbilde/ daß dergleichen Gebett dem Bettende keinen oder wenigen Nutzen beybringen doͤrffte; derhalben nehme er wahr/ was folget: Nach- dem ein Priester zu seinem Beich-Kind/ so mit einer toͤdtlichen Kranckheit Historia behafftet/ geruffen worden; hat er selbiges seinen schwaͤhren begangenen La- stern halber verzweifflend gefunden/ und derowegen also angeredet: Jch Ex Spec. Exempl. v. Desp. will mich umb deinetwillen aller meiner guten Werck und Verdiensten mei- nes gantzen Lebens berauben/ und dir selbige uͤberlassen: du aber hergegen be- raube dich aller deiner Suͤnden/ und uͤberlaß mir selbige; ich will deine Missethaten vor GOTT verantworten/ und darfuͤr Buß thuen/ der- halben verzweiffle nicht; und da dem Krancken dieser Tausch gefal- len; hat er ihme weiters zugesprochen und gesagt: Siehe/ nun bist du verbunden mir zu offenbahren/ was du immer fuͤr Ubels gethan Die Siebente Geistliche Lection gethan hast/ damit ich wisse/ welche Suͤnden ich zu buͤssen schuldig seye. Hierauff hat er gantz freymuͤtig den gantzen Lauff seines Lebens sambt allen begangenen Lastern/ so viel an ihm gewesen/ dem Priester kund gethan/ welcher ihnen alsbald gefragt/ ob er mit ihm uͤber alle diese Suͤnde ein wahre Reu und leyd habe/ und ob er verlange durch ihn/ wann er dessen Gewalt habe/ von allen loßgesprochen zu werden; deme der Krancke zur Antwort gegeben/ daß er solches gaͤntzlich verlange: nach diesen Worten hat ihm alsobald der Priester die absolution mitgetheilet/ mit der er ein wenig her- nach gestorben ist. Nach einer Monats Frist ist selbiger dem Beichtvatter er- schienen und gesagt/ er seye auff dem Weeg der Seeligkeit/ und da der Priester die Beschaffenheit der jenigen Verdiensten/ deren er sich beraubet/ zu erfahren verlanget; hat er geantwortet: GOtt hat dir doppelfaltige vor- behalten wegen der grossen und vornehmen Lieb/ durch welche du meine Ver- zweifflung vernichtiget hast. Auß diesem erzehlten Beyspiel kanstu/ mein Christliche Seel/ handgreifflich abnehmen/ daß den Nutzen deßgleichen Gebets und anderer Gott-gefaͤlligen Wercken/ so vor andere auffgeopffert werden/ der bettende oder opfferende Mensch nicht allein nicht verliehre/ son- dern denselben annebens sich noch vergroͤssere. Aldieweilen nun dieses zu eines jeden Christ-liebenden Menschens sattsamer Unterrichtung zu gedey- hen verhoffe/ als mache ich hiermit dieser Lection ein Ende. Die Siebente Geistliche LECTION Von der Liebe der Feind. Matth. 5. v. 44. Ego autem dico vobis, diligite inimicos vestros. Jch aber sage euch/ liebet eure Feinde. Der Erste Theil. 1. W As vorzeiten dem Lucifer sambt seinen abtrinnigen Engelen im Himmel/ und unsern Vor-Eltern im Paradeiß ist abgeschla- gen worden/ dieses wird uns armseeligen Menschen in gegen- wer- Von der Liebe der Feind. wertigem Thal der Zaͤhren verstattet. Was ist dann denen vorgemeldten geweigert worden? aber was sage ich/ geweigert worden; sintemahlen sie gaͤntzlich wegen deß Ehrgeitz mit grausamen Straffen seynd her genom- men worden? der gewaltige Lucifer ist mit seiner losen Gesellschafft auß dem hohen Himmel in den Abgrund deß hoͤllischen Kerckers gestuͤrtzt: Adam und Eva seynd auß dem Paradeiß vertrieben/ und allerhand Armseligkeit und Truͤbsalen unterworffen worden. Was ist dann das vor eine Begird/ Krafft deren auff die abtrinnige Engelen so wohl/ als auff unsere vor-Eltern ein so erbaͤrmliches Loß gefallen ist? weilen sie haben GOTT gleich wer- den wollen. Dann Lucifer sagte; ich will meinen Thron erhoͤhen/ und will dem Allerhoͤchsten gleich seyn. Die listige Schlang aber sagte zu denen Jnwohnern deß Paradeiß: ihr werdet seyn wie die Goͤtter. Siehest du nun die Ursach solchen Unheils? O erbaͤrmliches Spectacul! O trauriges Schawspiel! wo wird nun fortahn einer gefunden werden/ der dem Aller- hoͤchsten GOTT gleich zu seyn verlanget/ indem die goͤttliche Gerech- tigkeit ein solches Begehren so hart straffet? Dem seye nun wie ihm wolle; seye du getroͤstet/ mein Christliche Seel/ habe guten Muth; dann wir ha- ben ein Mittel gefunden/ ausser dem Himmel/ und ausserhalb deß Para- deiß; durch welches wir GOTT koͤnnen gleich werden/ und doch dieser unser Begird halber nicht allein im geringsten nicht gestraffet/ sondern auch mit unendlichem Schatz der Verdiensten bereichet werden. Dieses Mittel aber ist die Liebe der Feinden/ wie der Heyl. Augustinus lehret/ da er spricht: in Psal. 70. Der seinem Feind wohl wilt/ der ist Gott gleich. 2. Daß muß wohl ein herrliche und zugleich wunderbahre Tugend seyn; welche auß den veraͤchtlichen und nichts wertigen irꝛdischen Menschen machet himmlische Goͤtter/ nach den Worten deß Propheten: Jch habe Psal. 81. v. 6. gesagt/ ihr seyd Goͤtter/ und allesampt Kinder deß Aller- hoͤchsten. Derhalben unser Heyland zu Erlangung so hoher Wuͤrden uns billig einladet/ indem er zu dieser Liebe der Feind uns mit diesen Worten antreibet: Jch sage euch/ liebet ewere Feind; thut gutes de- Matt. 5. 44. nen/ die euch hassen/ und bettet fůr die/ die euch verfolgen und beleidigen. Warumb aber das/ mein suͤssester Heyland? zu was Ende? Damit ihr seyet/ spricht er/ Kinder eweres Vatters/ der in den Himmelen ist. Auß diesem kan fuͤglich der Schluß ge- macht werden; daß nemblich kein so scheinbahres Kenzeichen sich blicken lasse/ auß deme einer sicherlich wissen koͤnne/ ob er unter die Zahl der Auß- erwaͤhlten/ und erfolglich der Kinder GOTTES gehoͤre; als eben J die Die Siebente Geistliche Lection die Liebe der Feinden. Dann was hat doch immer den Schaͤcher am Creutz beweget/ daß er gesagt; gedenck meiner/ O Herr/ wann du wirst in dein Reich kommen seyn; da er doch an CHristo nichts anders gesehen/ als dessel- ben aͤusserste Verachtung/ Schlaͤge/ grosse Schmach und handgreiffliches Unbill/ so ihme von dem Judischen und Heydnischen Volck zugefuͤgt wur- den? wo ware der Seepter? wo die Koͤnigliche Cron/ wo ware die Schaar der Engel-Knaben und anderer Auffwarter? nichts dergleichen hat der gu- te Schaͤcher geschen/ und hat dannoch oͤffentlich bekennet/ daß CHristus seye ein Koͤnig und Sohn GOttes: worauß aber hat er diese Warheit ab- genommen? ohne allen Zweiffel auß diesem Gebett CHristi: Vatter ver- zeyhe ihnen/ dann sie wissen nicht was sie thuen. Was hat abermahl den Hauptman darzu angereitzet/ daß er uͤberlaut geruffen: war- lich/ dieser ware der Sohn GOttes? nichts anders/ als daß er CHristum hatte hoͤren betten fuͤr seine grausame Feinde. Wann dann auß dieser Liebe der Feinden die Kinder GOttes koͤnnen erkennet werden; so mache du mit mir den sicheren Schluß/ daß nichts vortrefflichers gefunden werde/ als eben diese Tugend. Lib. 4. Revel. c. 124. 3. So hat dann die Heil. Agnes nicht unbillig zu der Heil. Brigitta mit diesen außtruͤcklichen und ernstlichen Worten gesprochen: Nichts ist schoͤ- ners/ und dem Allmaͤchtigen GOtt angenehmers/ als daß der Mensch den je- nigen liebe/ der ihn beleidiget/ und fuͤr die jenige bette/ die ihn verfolgen: und daß sehen wir ja augenscheinlich in dem Heil. Ertz Martyr Stephano/ deme zu lieb/ dieweilen er fuͤr seine Feinde bettet/ der Himmel sich eroͤffnet hat: da- mit nemblich alle Heilige und Jnwohner desselben dieser wunderbahren und heldenmuͤthigen That zuschauen moͤchten/ wie dieser glorwuͤrdige Ritter und Nachfolger CHristi/ da er fuͤr sich selbsten bettet/ auffrecht stunde/ als er aber fuͤr die jenige/ so ihn steinigten/ zu betten angefangen/ seine Knie zur Erden ge- worffen/ und unter waͤrendem solchem Gebett in dem Herrn entschlaffen seye: warumb aber ist er eben in diesem Gebett gestorben? dieweilen er durch diese Liebe gegen seine Feinden zur hoͤchsten Staffel der Tugend gelanget ist. Dahero schliesset recht wohl der gelehrte Cassi o dorus uͤber die Psalmen/ daß nichts starcker seye/ und nichts so ritterlich/ als unverdienter massen seinen Unwillen anhoͤren/ und nach seinem Willen darauff nicht antworten: Der- gleichen behauptet auch das grosse Kirchrn-Liecht/ der heilige Augustinus Lib. Confeß. unter andern seinen Lehrstuͤcken/ mit diesen Worten: Nichts ist wun- derbahrlicher unter den menschlichen Dingeu / als/ lieben seine Von der Liebe der Feind. seine Feind: dardurch wir nicht allein Kinder GOttes/ sondern auch Blut-Zeugen CHristi gemacht werden; welches der heilige Gregorius al- so gern bekennet: Ohne Eysen und Blutvergiessen koͤnnen wir. Hom. 35. in Evang. Martyr seyn; wann wir die Gedult warhafftiglich in unserm Hertzen bewahren: sterben durch Verfolgung/ ist eine oͤffentliche Martyr im Werck; ůbertragen aber. mit Gedult die Schmachreden/ und seine Feinde lieben/ dieses ist eine heimliche Marter in den Gedancken: Die- Hom. 3. de Davi- de \& Saule. sem fallet bey der guͤldene Chrysostomus/ wie folget: Dieses wird dir fuͤr eine Marter gerechnet werden/ wann du dem jenigen/ so dir heimlich nach- stellet/ unter deine wohl verdiente Freund zehlen/ und deinen GOTT un- ablaͤßlich wirst bitten/ daß er ihme wolle gnaͤdig seyn. Dann gleich wie die Vergiessung deß Bluts und deß Lebens alle Suͤnden/ so wohl der Straff als auch der Schuld nach/ außtilget; also verursachet offtmahlen derglei- chen Suͤnden-Ablaß die Liebe gegen die Feinde/ wie CHristus selbsten bezeu- get mit folgendem Jnhalt: Wann ihr den Menschen ihre Sůn- Matth. c. 6. v. 14. den werdet verzeyhen haben; so wird euch ewer himmli- scher Vatter ewere Sůnden verzeyhen. Siehe nun meine Christ- liebende S eel/ wie dieses alles in der Warheit gegruͤndet seye. 4. Zu einer Zeit hatte ein S oldat den Vatter eines andern S oldaten Historia. Discip. umbs Leben gebracht; dahero der S ohn Gelegenheit suchte/ den Todt sei- nes Vatters zu rechnen. Nun hat sich auff den H. Carfreytag zugetragen/ daß dieser Soldat ohne Gewehr vorbey gangen/ welchen der andere umb ge- wuͤnschte Rach zu finden/ alsbald verfolget und eingeholet; bey so gestalter Gelegenheit wirfft sich der unbewaͤhrte Soldat zur Erden nieder/ und bittet umb den Todt unseres Herrn Jesu CHristi/ den er am selbigen Tag fuͤr uns hat außgestanden/ er wolle ihm doch vergeben/ daß er seinen Vatter getoͤdtet habe: auff diese so demuͤthige Bittschrifft/ wird der andere beweget/ und sagt alsbald; umb den Todt unseres Seeligmachers willen verzeyhe ich dir; nimbt ihn von der Erden auff/ und kuͤsset ihn zum Zeichen der Versoͤhnung gar freundlich. Was geschicht? eben zu selbiger Stunde wird die Seel seines Vatters/ wie auch seines verstorbenen Bruders auß dem Feegfewer erloͤset/ und der himmlischen Freuden theilhafftig gemacht: der Soldat aber/ da er zur Kirchen kommet/ und mit anderen den geereutzigten JESUM kuͤsset; umbhaͤlset ihn der Gecreutzigte/ und spricht: Weilen du dem Solda- ten/ der deinen Vatter hat umbgebracht/ umb meinet willen verziehen hast/ J 2 derhal- Die Siebente Geistliche Lection derhalben verzeyhe ich dir heut alle deine Suͤnden; und zum Zeichen der Versohnung zwischen mir und dir/ kuͤsse ich dich auff deinen Wangen. Alle/ so dieses gesehen/ haben freylich mit danckbahrem Hertzen die Guͤtigkeit und Barmhertzigkeit Gottes gepriesen. 5. Als besser dran/ mein Christliche Seel. Die H. Elisabeth/ ein Tochter deß Koͤnigs in Ungarn/ ist als eine Verschwenderin der gemeinen Schatz- Cammer von den Verwandten ihres Ehe-Herrns/ wie dann auch von ihren selbst eigenen Unterthanen/ und so gar von den jenigen/ welchẽ sie vorhin gros- se und vielfaͤltige Gnaden und Wohlthaten erzeigt hatte/ aller Beherschung ihrer Guͤter entsetzt/ und sehr uͤbel gehalten worden: Ob nun dieses Unbill und Schmach das gottselige Weib zur Ungedult haͤtte anreitzen koͤnnen; so hat sie jedoch nicht allein den geringsten Verdruß hieruͤber nicht gezeiget/ sondern Gott also gebetten: Allerguͤtigster Heyland/ ich verzeihe den jenigen von Hertzen/ die mir unrecht gethan haben; und dich/ mein Jesu/ bitte ich demuͤ- tiglich/ du wollest ihnen allen ihre Suͤnden verzeyhen/ und denselben anne- benst noch eine sonderbahre Wohlthat widerfahren lassen; Da sie also bettet/ erscheinet ihr der Herr; und nachdem er sie mit allem goͤttlichen Trost uͤber die massen gestaͤrcket/ spricht er zu seiner lieben Dienerin diese Wort: O mein liebste Tochter/ obwohln du mir bißhero viele angenehme Diensten erwie- sen hast: dannoch hast du mir niemahlen so wohl gefallen/ und dergestalt mein Hertz gewonnen/ als eben anjetzo/ indem du dieses Gebett fuͤr deine Feind zu mir vergossen hast. Jm uͤbrigen sollest du wissen/ daß du von mir aller deiner Suͤnden Nachlassung erhalten habest: und wiewohl ich dich biß- hero mit vielen Gnaden versehen habe; so will ich dich doch hinfuͤhro mit mehrern bereichen/ und sonderbahre Sorge fuͤr dich tragen. So viel ist daran gelegen/ daß man fuͤr seine Feind bette. 6. Warumb aber der barmhertzige GOtt allen den jenigen ihre Suͤnden so leichtlich vergebe/ die gegen ihre Laͤsterer ein gutes Hertz tragen/ daß erlaͤu- tert der H. Augustinus auff folgende Weiß: Es seynd/ sagt er/ viele Arten In En- chir. der Allmosen/ wann wir dieselbe uͤben/ so wird unsgeholffen/ daß uns unsere Suͤnden vergeben werden: diese aber ist die groͤste von allen/ wann wir nemb- lich von Hertzen den jenigen verzeihen/ die gegen uns gesuͤndiget haben. Wan dan nach Meinung des H. Kirchen-Lehrers die Verzeyhung deß Unbills die vortrefflichste Allmosen seynd; so ist wol zu schliessen/ dzselbige den groͤsten ge- walt habe/ die Suͤnden zu vertilgen: und das bekraͤfftiget weiters der H. Chry- In verba. si esurie- tis. sostomus mit diesen Worten: wie groͤsser es Ubel dir dein Feind hat zugefuͤgt/ desto Von der Liebe der Feind. desto groͤssere Wolthat hastu von ihm empfangen. Was andere mit Fa- sten/ Weinen/ Betten/ hoͤrenen Kleidern/ und andern Bußwercken kaum erhalten koͤnnen/ daß nemblich ihre Suͤnden moͤgen vergessen bleiben; dieses vermoͤgen wir ohne Fasten/ Betten und andere Strengigkeiten gar leicht- lich zu verrichten/ wann wir nur den Zorn auß dem Hertzen gaͤntzlich ver- treiben/ und denen/ die uns beleidiget haben/ mit aller Auffrichtigkeit verzeihen. Gefallet dir nicht/ mein Christliche Seel/ dieser herrliche Spruch/ der dir so gar leichte weiß fuͤr die Suͤnden gnug zu thun/ so freund- lich an die Hand gibt? diese halte vest/ damit du von deinen Suͤnden gerei- niget/ GOtt gleich/ und eins von seinen Kindern zu seyn gewuͤrdiget wer- dest. Der andere Theil. 7. J M ersten Buch der Koͤnigen lesen wir/ daß der Goliath dergestalt c. 17. v. 26. sich auff seine Staͤrcke verlassen habe; daß er sich erkuͤhnet/ alle Jsraelitische Maͤnner zu einem absonderlichen Kampff mit so grossem Hochmuth außzufordern/ als wann er alles fressen wollen. Der- halben/ so bald sie ihn nur gesehen/ haben sie mit grosser Furcht die Flucht genommen. Wer ist nun/ der nicht erkennen muß/ daß der Haß und die Begierd sich zu rechnen/ gleich einem Philisteischen Goliath schier alle Menschen zum Streit einlade/ und in selbigem die Streitende zerschlage/ und sie als obgesiegte Sclaven sich unterwerffe? wir sehen/ leyder! daß wenig gefunden werden/ die sothanen Goliath/ oder boͤse Rachgierigkeit zu Boden werffen. Weilen nun dieser Feind so starck ist/ so moͤgte einer fragen mit dem David; was soll der jenige zur Belohnung haben/ der diesen Philistaͤer wird erlegt haben? Solchem gebe ich zur Antwort das jenige/ was die Jsraeliter dem David versprochen: daß nemblich den Mann/ so den Joliath wird uͤberwunden haben/ der Koͤnig mit vielen Reichthumben begnaͤdigen wolle: dan der jenige/ so den Haß und Zorn mit der Wurtzel auß seinem Hertzen außwerffet/ und seinen Schmaͤher liebet/ derselbige verlaͤn- geret sein Leben/ erleichteret und erfrewet das Gewissen/ die Seel wird mit vielerley Tugenden gezieret/ er vermehret sich die Gnad GOttes/ und end- lich thuet er sein kuͤnfftige himmlische Glory uͤber die massen sehr vergroͤssern. Seynd diese nicht ansehnliche Reichtumben? auch wird der Koͤnig ihm sei- ne Tochter geben; daß ist/ er wird die ewige Wolfahrt solchem Helden ver- maͤhlen/ also/ daß schier kein gewisseres Kenn-Zeichen der unfehlbarer Auß- erwaͤhlung gefunden werde/ als die Liebe der Feinden. J 3 8. Die- Die Siebente Geistliche Lection 8. Dieses Spiel hat sonderlich wohl verstanden der H. Bernardus/ so dieser Belohnung halber/ alles ihme zugefuͤgtes Unrecht mit hoͤchster Sanfftmuth uͤbertragen: unter welches dieses sonderbahr denckwuͤrdig ist. In vita e- jus. Es kombt einsmals ein Closter-Geistlicher/ der schon in unterschiedlichen Cloͤstern Profession gethan hatte/ bittet den heiligen Mann/ er moͤgte ihn zu seinem Orden auffnehmen. Nachdem er aber von ihme eine abschlaͤgi- ge Antwort bekommen/ ergrimmet der obgemeldte Geistliche/ und gibt dem frommen Bernardo eine so wohl gemessene Maule Tasch/ daß ih- me der obere Theil deß Backens gantz schwartz und blau gezeichnet/ alsbald geschwollen. Diesen Ehr-losen Priester-Schaͤnder hat er nicht allein meisterlich verthaͤtiget/ damit er dieserthalben nichts leyden doͤrffte; sondern auch allen Fleiß angewendet/ daß er von andern ehrlich und hoͤfflich gehalten wuͤrde; also/ daß man haͤtte vermeinen sollen/ er habe an Platz der dichten Ohrfeigen grosse Wolthaten von selbigem empfangen. Nicht aber allein diesen/ sondern viele andere unverdiente Feinde hat dieser heilige Abt erduͤl- ten muͤssen; fuͤr welche er den lieben GOtt sehr eyfferig gebetten/ und sie mit seinen demuͤthigen und eingezogenen Sitten zu versoͤhnen getrachtet. Nun setzen wir einen Sprung zuruͤck zu unserm vorgehabten Streit. Wer den Goliath uͤbermeistern wird/ dessen Hauß oder Geschlecht wird der Koͤnig Schatz und S teurfrey machen. Das ist/ indem er fuͤr seine S uͤnden in den purgirenden Flammen den schuldigen Tribut zu zahlen verpflichtet; so wird er darvon befreyet werden/ nemblich von der Straff deß Fegfeurs; wel- chem man durch diese am besten entkommen kan; wie ein sicher Geistlicher mit seinem grossen Nutzen erfahren hat; dieser obwohlen ziemblich lau in sei- nem Beruff/ dannoch zum verzeyhen seinen Feinden sehr geneigt/ hat ohne einige Verhinderung die himmlische Erbschafft angetretten. Also sage ich/ wann ein jede Allmuß den Menschen von den Suͤnden waschet/ und in die Finsternuß zu gehen nicht zulasset; wie der fromme Tobias gesagt hat; wie viel mehr wird diese kraͤfftige Wirckung an sich haben die aller- vollkommenste Allmuß/ Krafft deren den Feinden die Christliche Verzeyhung widerfahret. 9. Wann ich den Didacum Nyssenum frage/ warumb GOTT die kupfferne Schlang in der Wuͤsten habe lassen auffrichten/ auß deren An- schauung/ die von den Schlangen gebissene Menschen geheilet wuͤrden; so gibt er zur Antwort: dieses seye darumb geschehen/ daß GOTT hat wollen Von der Liebe der Feind. wollen anzeigen/ wie grosses und gutes Werck es seye/ daß man sei- ne Feinde mit lieblichen Augen anschaue. Es muß aber diese Lieblichkeit im Hertzen ihren Ursprung haben/ sonsten ist alles umbsonst; und ist sotha- ne Freundlichkeit nur ein Hoff-Streich. Zu Erlangung aber solcher auffrichtigen Liebe/ ist ein bewehrtes Mittel/ daß man sich versichere/ kei- ner vermoͤge mit Unrecht gegen uns zu verfahren/ es seye dann daß dieses dem lieben GOtt also gefaͤllig ist. Derhalben muͤssen wir nicht eyfferen uͤber den Ubelthaͤter; sondern GOTT fuͤr diesen Werck-Meister ansehen; zumahlen keiner so naͤrrisch leichtlich gefunden wird/ der von seinem Naͤch- sten sich zu rechnen suchet. Warumb wollen wir dann unsere Belaidiger straffen/ dann doch nicht sie/ sondern vielmehr GOtt diese Ubelen uns zufuͤ- get. Dann GO tt ist/ nach Zeugnuß deß heiligen Hieronymi/ der Schmied/ unsere Feind seynd der Hammer und die Feile/ mit denen er die seinige sauberet/ außarbeitet und endlich heilig mache. Gleich wie nun das Eysen die wiederholte Schlaͤge nicht bekommet von dem Hammer/ als von einer ersten und fuͤrnemblichsten/ sondern zweyten/ und nur allein ge- zwungenen werckzeuglichen Ursach; sondern viel mehr von dem Schlagen- den Schmied: also plagen uns durch ihre Verfolgung nicht so sehr die Gottlosen/ als eben GOtt selbst/ der diese nur allein zum Jnstrument ge- brauchet/ umb uns zu versuchen. Darumb sagt Christus zum Pilato: du haͤttest keine Gewalt uͤber mich/ wann dir selbige von oben herab nicht waͤre gegeben worden; und lehret recht der heilige Augustinus/ daß auß gerechtem Urtheil GOttes den Boͤsen zugelassen werde/ die Außerwaͤhlte nach ihrem Willen herzunehmen; damit sie nemblich durch selbige gesau- bert und außgearbeitet/ und also deß immerwaͤhrenden Himmel-Reichs moͤgen faͤhig werden. 10. Zum andern ist ausser allem Zweiffel zu stellen/ daß/ ob schon das Gifft in sich schaͤdlich ist; nichts destoweniger heylet es die Kranck- heiten. Also unsere Feinde/ ob schon selbige in sich boͤß seynd/ und den Menschen uͤberlaͤstig; so geben sie gleichwohl umb grossen und viel- faͤltigen Nutzen zu geniessen erhebliche Ursach. Solches hat er- fahren der Prometheus Tessalus, wie Plutarchus erzehlet/ wel- L. deutil. c. Ex in- im. chem/ als der Koͤnig Lasydes entleiben wollen/ hat er ungefehr deß Promethei Geschwoͤhr getroffen und eroͤffnet/ und also durch Eroͤff- nung Die Siebente Geistliche Lection nung desselben/ seinen Feind beym Leben erhalten. Sothaner Gestalt ge- schichts offtermahlen/ daß das zugebrachte Unbill die Kranckheit der Seelen hinweg nehme. Dieses kan neben anderen uns bezeugen die Heil. Mutter Aug. L 9. Conf. c. 8. Monica/ so von ihrer Dienst-Magd ein Wein-Suͤfferin gescholten wor- den; hat aber/ mit diesem Stachel verwundet/ ihre Heßligkeit gesehen/ dieselbe alsobald verdammet und von sich geworffen. Dann gleich wie das Fewr/ so die Doͤrnen verbrennet/ das Erdreich sauberet und fruchtbahr machet; also verbrennet unser Feind durch seine Verfolgung die Doͤrnen unserer Suͤnden/ und erhebet unsere Seel zu groͤsserem Anschn bey GOtt; wann wir nemblich daß uͤberkommene Unrecht mit gezimmender Gedult außstehen. Es geschicht auch zu Zeiten wohl/ daß wir daß jenige/ so wir von unseren Freunden nicht zu hoffen haben/ durch unsere Feinde erlangen: Vlyss. Androv. lib. 9. O- rynth. und uns vielmahl widerfahre/ was sich mit jenem todt-krancken Muͤnchen hat zugetragen: weilen diesem der Artzt zu dreymahlen die Ader nicht treffen koͤnne; hat bey naͤchtlicher Weil eine Flaͤdermauß deß Krancken Fuß/ den er ausser dem Bett gehalten/ dermassen gebissen/ daß die Ader Blut gelassen/ welches die Mauß gesogen; und da selbige hernacher weiters geflossen/ ist dardurch der gemeldte Geistliche zur vorigen Gesundheit gerathen; ein sol- che Flaͤdermauß ist offtmahln das zugebrachte Unrecht/ welches uns/ wann wirs geduͤltig leyden/ mehr nutzet als schadet. 11. Wann es nun mit unsern Feinden solche Beschaffenheit hat; so seynd wir ja fuͤr dieselbe nicht anders/ als fuͤr unsere Wolthaͤter zu betten schuldig/ dieweilen sie uns heilgen/ auff dem Weeg GOttes fortzuschreiten uns gleichsamb zwingen/ und zu der verlangten Vollkommenheit bringen. Die- sen Handel verstunde sonderbahr ein sicherer Bruder; wie mehr selbiger von anderen geschmaͤhet wurde/ wie mehr er sich denselben zugesellete/ und sagte: diese seynd die jenige/ so uns stattliche Gelegenheit geben zu unserer vollkom- menheit: die uns aber gluͤckseelig sprechen/ selbige betriegen uns/ und ver- kehren den Weeg unserer Fuͤssen. Noch ein groͤssere Dapfferkeit finden wir an der H. Jungfrauen Lydwina/ so von einem eyffrigen Weib erstlich mit Schelt- und Schmaͤh-Worten verunehret/ und nachmaln oͤffters ver- speyet worden. Dieses alles hat sie aber nicht allein mit grosser Stand- hafftigkeit uͤbertragen; sondern hat derselbigen noch heimlicher Weiß eine Verehrung zugeschickt/ und gesaget; daß sie allen denen sehr verbunden seye/ die sie den Gebotten GOttes nachzul e ben zwingen; und da sie auch ein anderesmahl in ihrem krancken Laͤger von vier Soldaten angefallen und ungebuͤhrlich angegriffen worden; hat sie nicht allein den geringsten Un- Von der Liebe der Feinde. Unwillen nicht mercken lassen; sondern auch verhindert/ daß selbige bey der Obrigkeit nicht seynd angeklagt worden. 12. Sehest du wohl/ mein Christliche Seel/ wie maͤnnlich sich diese Jung- fraw gehalten/ und wie sie ihre Feinde geliebet habe? wohlan dann/ so seye nicht zu faul dem jenigen nachzuleben/ so du zum Zeugen deiner Seelen ange- hoͤrest. Lasse ab/ lasse ab/ uͤber die jenige forthin zu klagen/ die dir uͤbel geneigt seynd: lasse ab zu lamenti ren/ da du nun handgreifflich in Erfahrung kom- men bist/ daß selbige vielmehr deine Freunde zu schaͤtzen seyen/ als andere so dir seynd zugethan. Nehme zu Hertzen diesen Schluß eines sehr geistreichen Manns/ Krafft dessen er einem jeden also rathet: wann einer unter den Bruͤ- dern oder S chwestern deß Closters ist/ der dir vor allen andern uͤbel geneigt ist; der dich mit vielfaͤltigem Unbill plaget/ und dir mit S chmaͤh-Worten/ uͤbel Nachreden und anderen Feindseligkeiten uͤberlaͤstig ist; so halte du sicher- lich darfuͤr/ daß dieser ein Engel GOttes seye/ durch welchen dir GOtt seine Barmhertzigkeit mittheile: so muͤssest du den als deinen sonderbahren Wohl- thaͤter bester massen verehren. Deßgleichen solls du auch andern thuen/ wel- che dich nicht auffsetzlich belaͤstigen; als da seynd die offenbahre Ubertretter der Ordens- S atzungen und Regulen/ die Verfolger der frommen Geistli- chen; die jenige auch/ so die loͤbliche S trengheit und gute Gebraͤuch deß Or- dens suchen zu vernichtigen; und dergleichen/ welche dir Ursach einer Be- truͤbnuß geben/ fuͤr selbige solst du GOTT bitten/ auff daß er sie der ewigen S traff mildvaͤtterlich entziehen wolle: wann du dieses also fleissig halten wirst/ so versichere ich dich/ daß du alle Bewegungen deß Zorns oder Rachs/ den innerlichen Unwillen sampt vielen anderen unordentlichen Begierden im Zaum halten/ und hergegen eine gewuͤnschte Zufriedenheit und geistliche Frewd neben andern fuͤrtrefflichen Wirckungen in dein Hertz pflantzen wer- dest. Nehme derohalben diese GOtt gefaͤllige Lehr an/ wann du mit den Kindern Gottes wilst haben das ewige Leben. K Die Die Achte Geistliche Lection Die Achte Geistliche LECTION Von dem Haß. Si non dimiseritis Hominibus peccata eorum, nec Pater Matt. 6. l. 15. vester Cœlestis vobis dimittet peccata vestra. Wann ihr den Menschen ihre Sůnden nicht verge- bet/ so wird euch ewer himmlischer Vatter auch ewere Sůnden nicht vergeben. Der Erste Theil. 1. B Jßhero haben wir gehandelt von der schoͤnen Tugend der Liebe; nun wollen wir vornehmen die jenige Laster/ so der jetzt gemeldten Tugend am meisten schaͤdlich seynd: deren fuͤrnehmlich drey ge- zehlet werden: als da ist der Haß; das freventliche oder unbesonnene Urtheil/ und die Verleumbderung oder Ehrabschneidung. Dieweilen wir uns nun in Beschreibung dieses Lasters nicht gedencken zu verhalten/ als wollen wir mit einer oder anderen Histori auß welcher die Abscheulichkeit desselben erhaͤllet/ dem selben abhelffen. Es ist aber vorhero zu beobachten/ daß der Haß nach Meinung deß H. Augustini also entworffen werde; daß er nemblich seye ein L. definit. alter Zorn/ der auß mehrern Ursachen zusammen getragen/ und lange Zeit ver- harret hat. Von dem gelehrten Cajetano aber und andern wird er verthei- L. 2. q. 29. let in den Haß der Feindschafft/ und in den Haß deß Grewls oder Verflu- chung. Dieser ist ein solcher/ durch welchen wir einen Abschew haben von ei- ner Sachen: jener aber ist ein solcher/ Krafft dessen wir einen Widerwillen gegen eine Persohn schoͤpffen/ und derselben Widerwaͤrtigkeit wuͤnschen. Der- halben wohl zu mercken ist/ daß ein jeder vernuͤnfftlich unterscheide/ was er an seinem neben-Menschen hassen solle: zu diesem Vorhaben erleuchtet uns nit wenig der gelehrte Cassiodorus mit diesen Worten: ein auffrichtiger und vollkommener Haß ist/ wann man die Menschen liebet/ und von ihren Lastern ein Abscheuen hat: dann einmahl gewiß ists/ daß man sie als Creaturen oder Von dem Haß. oder Geschoͤpffe Gottes lieben muͤsse; als Suͤnder aber muß man sie nicht/ wegen der Suͤnden; sondern die Suͤnden ihrentwegen hassen. 2. Nach gegebener dieser Verzeichnung/ lassen wir heran kommen den Heil. Ephrem/ welcher den so vorgenandten Haß der Feindschafft (von dem wir zu reden willens seynd) mit folgenden Worten beschreibet. Gleich wie die vortrefflichste unter allen Tugenden ist die Liebe; als ist unter allen Lastern das grausambste der Haß deß Nechstens; dann der seinen Bruder hasset/ der ist ein Todtschlaͤger/ nach Zeugnuß deß heiligen Joannis. Der seinen Bruder hasset/ der hasset GOTT selbsten. Derowegen wann schon einer/ weiß nit was vor Tugenden uͤbete/ und fuͤr die Ehr Gottes aller- hand schmertzhaffte Tormenten außstuͤnde/ und dannoch einigen Haß gegen seinen Bruder haͤtte; so wuͤrde dessen verdienter Lohn nit einen eintzigen Hel- ler werth seyn: dieses bekraͤfftiget gnugsamb das traurige Beyspiel deß Priesters Sapricii, welcher derhalben ewig verlohren gangen/ weilen er dem Nicephoro nicht hat vergeben wollen: die Sache aber mit diesen beyden hat sich also zugetragen. Zu Zeiten deß Valeriani und dessen Sohns Ga- Surius in vit. S. Ni- cephori. Historia. lieni ist zu Antiochia ein Priester gewesen/ Nahmens Sapricius, und ein ander weltliche Mensch/ aber ein Christ/ mit Nahmen Nicephorus; beyde miteinander sehr grosse und geheime Freunde/ deren Freundschafft ein ge- raume Zeit von ihnen bestmoͤglichst unterhalten worden; biß endlich der lose Sathan/ ein schaͤdlicher Haupt-Feind der Tugenden/ diese sehr loͤbliche und heilige Freundschafft nicht allgemach/ sondern durch seine listige An- schlaͤge auff einmahl dergestalt gehemmet/ daß von diesen beyden einer den andern wie die Pest gepflohen/ und sich einander nicht sehen moͤgen. 3. Nicephorus hat unterdessen seinen gefasten Zorn zum ersten sincken lassen/ und da er auß goͤttlicher Einsprechung vermerckt/ daß ab solchem Haß der ewigen Verdamnuͤß zur Straff verfallen wuͤrde; hat er einige seiner gu- ten Freund dem Sapricio zugesandt/ und ihn durch unsern allgemeinen Hey- land und Seligmacher Jesum CHristum bitten lassen/ er moͤchte sich doch nach abgelegtem allem Haß und Bitterkeit/ mit ihme wiederumb in vorige Freundschafft einlassen: dieses billige Anbringen deß Nicephori hat Sapri. cius zwar angehoͤret/ aber nicht erhoͤret/ der jedoch als ein Priester den Frie- den zum er sten haͤtte anerbieten sollen; und hat also seinem Bruder sich nicht versoͤhnen/ noch ihme als seinem alten guten Freund/ auff daß von andern angebrachte Ersuchen/ verzeyhen wollen: Nicephorus hat unterdes- sen nicht nachgelassen/ sondern den zweyten und dritten geschickt/ umb die vorhin gepflogene Freundschafft zu erneueren; aber alles ware umb- K 2 sonst. Die Achte Geistliche Lection sonst. Endlich hat Nicephorus mit seiner Gegenwart das Hertz Sapricii zu erweichen sich unterstanden/ ist zu dessen Behausung kommen/ vor seinen Fuͤs- sen niedergefallen/ und Vergebung umb Gottes willen gebetten: dieser aber/ obwohl ein Priester/ dannoch ein Boͤßwicht/ hat seinen Fußfaͤlligen Bruder und dessen rechtmaͤssige Bitt zumahlen verworffen. O steinenes Hertz! O barbarisch- und nicht priesterliches Hertz! wie billig hat dich die gerechte Hand GOttes nachmahlen gezuͤchtiget! 4. Dieweilen nun bey also beschaffener Sachen die Verfolgung der Kay- sern gegen die Christglaubige mehr und mehr zugenommen; ist der offt ge- meldte Sapricius auch als ein Christ gefangen/ und zum Richter gefuͤhret worden/ allwo er bekennet/ daß er ein Christ seye/ und zugleich ein Priester; und weilen er die Goͤtter anzubetten sich geweigert/ ist er auff die Folterbanck geworffen/ und sehr grausamlich gepeiniget worden: diese so grimmige und bittere Tormenten hat er mit solcher Starckmuͤtigkeit erlitten; daß er auch mit schmaͤliger Verspottung dem Richter mit diesen Worten zugesprochen: du hast zwar Gewalt/ diesen Leib zu zerfleisehen; keine Macht aber hast du meiner Seelen/ so in der Hand meines gecreutzigsten JESU stehet/ den geringsten Schaden zuzufuͤgen: da nun der gemeldte Richter dieses Priesters hertzhafften Widerstand/ und die vergebliche Muͤhewaltung gesehen/ hat er das Urtheil der Enthauptung uͤber ihn gesprochen. Was machet immittelst unser gute Nicephorus? dieser/ so bald er vernommen/ daß die Sententz des Todts uͤber den standhafftigen Martyr gepfaͤhlet; hat sich alsbald auffge- macht; dem nunmehr zum Gerichts-Platz eylenden Sapricio entgegen gan- gen/ und ist auff oͤffentlichem Weeg ihme zu Fuͤssen gefallen/ und gesagt: Jch bitte dich du Blutzeug Christi/ verzeyhe mir/ wann ich dich auß menschlicher Schwachheit etwan beleidiget habe: Sapricius hat aber hierauff mit keinem eintzigen Woͤrtlein geantwortet; derhalben hat Nicephorus durch eine andere Gassen seinen Weeg abermahl zu selbigem genommen/ und hat mit viel de- muͤtigeren und hertzlicheren Worten/ als vorhin/ und mit so freundlichen und annehmlichen Gebaͤrden/ die so offt gebettene Nachlassung widerholet/ daß auch die Henckers-Knecht ihu außgelachet/ daß er von einem alsobald sterben- den Menschen die Vergebung so eyfferig suchete. Das Hertz Sapticii aber ist unterdessen viel harter als ein Marmorstein geblieben/ und hat durch alles Bitten und Begehren/ durch so Christliche Demuth und aufferbaͤuliches Anhalten deß frommen Necephori nicht koͤnnen erweichet werden: da er nun endlich auff dem Gerichts-Platz gestanden/ hat ihm Nicephorus die grosse Gnad des Allerhoͤchsten vor Augen gestellet/ daß er so wuͤrdia geachtet werde/ durch Von dem Haß. durch sein Blut und durch den bevorstehenden Todt die Goͤttlche Warheit zu bekraͤfftigen; und hat ihn aber- und abermahl gebetten/ er moͤgte ihm diese letzte Gnad widerfahren lassen/ und ihme verzeyhen auß Liebe deß jenigen HErrn/ deme er zu Lieb jetzt sterben werde. Dieß alles aber hat daß mehr als tyrannische Hertz Sapticii nicht einnehmen koͤnnen. Darauß dann gnugsamb abzunehmen ist/ daß zu zeiten einige Hertzen der Menschen ge- funden werden/ so den Loͤwen/ Tigern und andern wilden Thieren an Grau- sambkeit nicht weichen. Freylich ware Sapricio bewust der Spruch deß H. Pauli: Wann ich meinen Leib werde dargeben/ daß ich verbrennet werde/ und hab die Liebe nicht/ so nutzet mir dieses nichts. Aber/ aber die Gnad ware entzogen; daß Menschliche und Christliche/ ja Priesterliche Hertz ware in einen Diamant-Stein ver- aͤnderet; derhalben da ihme der Scharffrichter/ umb den letzten Streich zu empfangen/ zu knien befohlen/ hat er denselben gefragt die Ursach warumb er sterben solte: dieser hat ihm alsbald mit diesen Worten geantwortet: weilen du den Goͤttern nicht hast opffern wollen/ und hast den Befelch deß Kaysers verspottet/ umb eines Menschen Willen/ der genennet wird Chri- stus. Kaum hatte dieser seine Rede geendiget/ da ruffet mein vermeinter schoͤne Martyr Sapricius: ich will thuen/ was der Kayser befohlen hat/ und bin bereit den Goͤttern zu opfferen. S o recht. 5. Diesem traurigen S chau- S piel ware zu gegen der offt-gedachte Nicephorus, welcher nicht nachgelassen/ ihnen mit vielen Zaͤhren und recht bruͤderlicher Affection instaͤndigst zu bitten/ und zu ermahnen/ er wolle doch fuͤr den Glauben/ dem er zu Lieb so viele und erschroͤckliche Leibs- S chmer- tzen nunmehr außgestanden/ noch den eintzigen augenblicklichen S treich erwarten/ und nicht die/ mit so schwaͤhren Tormenten fast erworbene Mar- ter-Kron so jaͤmmerlich verspielen. Was aber hat dieses alles gefruͤchtet? der jenige unwuͤrdige Priester/ so zu der Christlichen Bitt seines demuͤtigen Bruders/ da er umb Vergebung angehalten/ die Ohren vorhin verstopffet hatte; hat nachmahlen auch nicht verdienet/ dieselbige auff so hoch-noͤthi- gen und heylsamen gegebenen Rath zu eroͤffnen: ist auch nicht wuͤr- dig gewesen zu erlangen die Goͤttliche Barmhertzigkeit/ der mit seinem Fuß- falligen Freund nicht hat wollen eingehen die Christliche Einigkeit. So ist dann dieser ungluͤckseelige Mensch in seiner Treulosigkeit halßstarrich verblieben/ und hat in dem letzten Kampff Christum seinen Heyland ver- leugnet/ den er vorhin auch in den groͤsten und schmertzhafftesten Peinen bekennet hatte. Nicephorus aber/ da er gesehen/ daß Sapricius verloh- K 3 ren Die Achte Geistliche Lection ren gangen/ hat er auß Antrieb/ der in ihme brennenden Goͤttlichen Liebe/ und ungemeinen Begird der Marter-Kron alsbald mit lauterer Stimm geruffen: Jch bin ein Christ/ und glaube an den Nahmen meines HErrn JESU Christi/ welchem dieser verlaͤugnet hat; so schlaget nun mir fuͤr ihm den Kopff hinunter. Und siehe/ so bald der Richter der Sachen Be- schaffenheit vernommen/ hat er den Sapricium loß/ und uͤber Nicephorum das verlangte Urtheil deß Todts gesprochen; daß also der eine behalten das Lebendeß Leibs/ und verlohren hat das Leben der Seelen/ der andere aber be- halten das Leben der Seelen/ und verlohren das Leben deß Leibs. 9. Kan nun wohl einer laͤugnen/ der diesen so gluͤcklichen Streit deß H. Nicephori betrachtet/ daß ein bitteres Hertz/ ein Rach-gieriges und unver- soͤhnliches Hertz gegen den Naͤchsten sich der eussersten Gefahr deß ewigen Untergangs unterwerffe? wer wird hierauß nicht vernuͤnfftlich schliessen koͤnnen/ das alle gute Werck eines Christlichen Menschens/ sie seyen so groß/ so kostbar und vollkommen/ als sie immer wollen/ zumahln nichts zu der e- wigwaͤhrenden Belohnung beytragen/ wann sie nicht auß der Wurtzel der Liebe GO ttes und deß Naͤchstens entspringen? Einmahl gewiß ist/ daß GOtt deß Sapricii/ fuͤr ihn außgestandene Qualen nichts geachtet habe; dieweilen solche der Haß/ Krafft dessen er sein eigenes/ und auch seines Naͤchsten Hertz verwundet/ gaͤntzlich vernichtiget hat. Derhalben ist a- Matth. 7. v. 2. bermahl wahr der obgesetzte Spruch deß HErrn: Wann ihr den Menschen ihre Sůnden nicht vergebet/ so wird euer himmlischer Vatter auch eure Sünden nicht vergeben. Vnd mit was Maß du maͤssest deinem Bruder/ damit wird dir auch vom HErrn wiederumb gemessen werden. Historia. Denselben bekraͤfftiget das wehmuͤtige Exempel deß jenigen Bruͤggischen Edelmans/ der gegen einige diesen schaͤdlichen Gast/ nemblich den Haß biß zum Todt in seinem Hertzen verpfleget: da dann nach dessen Absterben das gewoͤhnliche H. Ambt und Gebett in der Kirchen verrichtet wird/ ziehet der gecreutzigste Christus seine Haͤnd zu sich/ stopffet mit selben die Ohren/ und spricht mit claren Worten: Er hat nicht verschoͤnet/ so will ich auch nicht verschoͤnen. 7. Soll aber dieses ein mit Zorn erfuͤltes Rach-gieriges Hertz zu erwei- chen noch nicht bestandt seyn; so lasse er sich zu Hertzen gehen diese erbaͤrm- liche Tragaͤdy/ oder klaͤglichen Außgang; Da Anno 1570. zwischen zweeen vornehmen Ordens-Persohnen in Hispanien einige Feindschafft erwach- sen/ aber nicht gedaͤmpfft; ist unterdessen einer von beyden von einer toͤdtlichen Kranck- Von dem Haß. Kranckheit uͤberfallen worden/ derowegen hat er/ oder auß Forcht deß Todts/ oder vielleicht durch Reu und Leyd der so lang erhaltenen Feindschafft ange- trieben/ seinen Widersager zu sich beruffen/ ehe und bevor er sich mit den H. H. Sacr amenten der Kirchen versehen lassen/ und hat demselben gern und williglich alles angethane Unbill verzeihen/ und auch umbhalset. Dieser aber/ als ein ziemblich unbedachtsamber und außgelassener Mensch sagt hierauff zu einem von den umbstehenden folgende Wort: dieser gute Mann foͤrchtet er solle sterben/ derhalben verzeihet er. Sothane Wort haben deß Sterbenden Hertz also schaͤdlich getroffen daß er die vorhin gegebene loͤbli- che Verzeyhung alsbald widerruffen/ und zugleich mit dieser nicht mensch- licher/ sondern teufflicher Stimm außgefahren: Jch verzeyhe dir nicht/ und will auch von dir nicht verziehen haben. O grausame Boͤßheit! kaum waren diese Wort herauß gefahren/ und siehe/ da wird dieser krancke Unmensch al- ler Sprach und Sinnen beraubt/ sangt an zu sterben hier zeitlich und dor- ten ewiglich. Das gewoͤhnliche Gebett wird gleichwohl fuͤr ihn von seinen Geistlichen Bruͤdern/ und nach diesem das Mittagmahl gehalten. Unter waͤhrender Taffel trittet ein garstiger und entsetzlicher/ in grausamer Ge- stalt und rauhen Haaren/ wie auch mit gantz Fewer-glintzenden Augenver- sehener Geist hinein; wendet sich zu den Speisenden/ redet selbige mit einer sehr klaͤglich und donnerenden Stimmen an/ und sagt: O grimmiger Haß! O verfluchtes Laster/ mit dem ich auff Erden lebendig gebrennet hab! jetzt bin ich todt/ und brenne in der Hoͤllen/ und werde brennen ewig- lich! der aber an meinem Brennen Schuld hat/ wird auch bald brennen; und in selbigem Augenblick wendet er sich zu dem Geistlichen/ der sein Feind gewesen/ und sagt: H oͤre auff zu essen/ stehe auff vom Tisch/ du Un- gluͤckseeliger; das Gerechte Urtheil ist von dem Goͤttlichen Richter uͤber mich und dich gefaͤhlet; daß/ die wir H aß und Feindschafft miteinander gepflogen auff Erden/ dieselbe auch unterhalten in der H oͤllen/ und daß zwarn in alle Ewigkeit. Jn dieser traurigen Rede ergreifft er denselben noch am Tisch sitzenden/ ziehet ihn hervor und pfraͤnget ihn gewaltiglich. Dieser stellet sich zur Gegenwehr/ schlagt von sich/ und suchet mit Beissen und Stossen sich ab solchem Feind zu erretten. Jn sothanem Seharmutziren thut sich die Erde unter ihren Fuͤssen auff/ und verschlinget beyde miteinander; von denen dann nichts mehr uͤbergeblieben/ als ein unertraͤgli- cher Gestanck. Dahero seynd die andere Geistliche voller Forch t und grossem Schrecken zum Grab deß erst- verstorbenen hinzugangen/ und haben in selbigem nichts gefunden. Also haben beyde die ewige Die Achte Geistliche Lection ewige Verdamnuß zum Lohn der langwirich gefuͤhrten Feindschafft be- kommen. 8. Kan wohl einer so hartnaͤckig gefunden werden der sich uͤber so grausamt Sach nicht hefftig entsetze? kan man allhier nicht fuͤglich sagen von Bruͤdern/ was der weise Mann mit seiner selbst eigenen Verwunderung von den c. 28. v. 3. Menschen insgemein außschreyet: Ein Mensch haltet Zorn wi- den den andern/ wie suchet er dann Artzney bey Gott : Ein Bruder will dem andern nicht verzeyhen/ wie darff er dann begehren/ daß ihm GOtt seine Suͤnden vergebe? Es ist/ leyder! viel zu wahr das Sprichwort: der Groll unter Bruͤdern ist der allergrimmigste. Diese waren Bruͤder/ dieweilen sie eines Ordens Kinder; an einem Tisch mit gleicher Speise gespeiset; eines Herrn Diener (doch vielmehr deß Teuffels Schlaven/ deme sie sich durch so verfluchten Haß unterworffen) in einer Schul der Tugenden erzogen; mit gleichen Gesetzen in dem herrlichen Werck der Vollkommenheit unterwiesen; durch die heiligen Baͤnde der Geluͤbten ihrem himmlischen Vatter und sich miteinander verbunden/ mit so vieler-Jahren strengen Ubungen versuchet: und haben gleichwohl von der gifftigen Pest deß innerlichen Zweytrags angeblasen/ unter dem Geistlichen Kleid diese Teuffelische Schlang herumbgetragen: sie haben lieber wollen den Himmel quittiren/ als eben die Rachgierigkeit auß dem Hertzen auß- schliessen: lieber auff ihre Erbschafft/ als sich einander/ wie einem Bruder und Geistlichen zustehet/ verzeyhen. Nehme mir nun nicht uͤbel auff/ mein Christliche Seel/ wann ich sage/ daß die GOtt verlobte Ordens-Persohnen nach verlassener aller zeitlichen Ergoͤtzlichkeit armseeliger seyen als andere Menschen/ wann sie das kostbahre Kleinod der Liebe verlohren haben: dann was ist zu achten derselben Keuschheit/ Armuth und Gehorsamb/ wann die Liebe nicht zu gegen ist? Eine Ampel ohne Oel/ ein Baum ohne Fruͤch- ten/ ein Leib ohne Seel/ ein Schiff ohne Mast-Baum/ ein Marter ohne Verdienst/ seynd solche Geistliche. Darumb so bald der H. Apostel Paulus die Ephesier zu Meydung deß Zorns mit diesen Worten ermahnet hatte: die Sonn soll uͤber eurem Zorn nicht untergehtn/ setzet er hinzu: Gebet kei- nen Platz dem Teuffel. Als wolte er sagen: Oihr Christ-Glaubige; und sonderbahr ihr Geistliche/ haltet euren Zorn im Zaum/ zerbrechet und vernichtiget denselben in seiner Geburt; widerstehet ihm gleich im Anfang/ damit er in eine grobere That nicht außbreche: dann so ihr dieser Alteration nur etwan weniges nachgebet; wann ihr den gefasten Zorn in den Gedan- cken behaltet; so machet ihr Platz dem Teuffel/ ihr sperret ihm auff den Ein- gang Von dem Haß. gang/ damit er sich also gelimpfflich anmelde; die empfangene vermeinte Schmach vergroͤssere; das Gebluͤt bewege; die Gall erwecke; und also mit seinen boͤsen Engelen die natuͤrliche Begird deß Rachs zu ewerem ewigen Un- tergang entzuͤnde. 9. Billig haben sich die GOtt gewidmete Seelen auch vorzusehen/ daß sie von einem gar geringen unzimblichen Eyffer zu einem groͤsseren und schaͤdlicheren Zorn nicht gelangen; sie haben Ursach sich zu huͤten/ auff daß auß emer ewigen Ungedult in eine Bitterkeit deß Hertzens nicht fortschreiten: auß dieser in unterschiedliche Anstoͤß eines Widerwillens; von selbigem in ei- nen Hader und Zanck; auß diesem aber in ein Abschewen ihres Nechstens/ und endlich in eine hoͤllische Uneinigkeit nicht gerathen: davon also redet der Heil. Basilius: Der Zweyspalt unter den Geistlichen pflegt an- Orat. 9. ex Col- lect. faͤnglich gar gering zu seyn/ und wird leichtlich beygelegt; wann selbiger aber veraltet/ so ist hernacher der Sachen zumahlen nicht/ oder doch schwerlich zu helffen: Darumb 2. Tim. 2. 24. sagt recht der Heil. Paulus: Ein Knecht deß Herrn muß nicht zancken/ sondern sanfftmůtig seyn gegen jederman. Der lei- dige Sathan ein Urheber deß Zorns ist gleich einer Schlangen/ so durch das Loch mit gantzem Leib sehr leichtlich wischet/ durch welches sie den Kopff al- lein hat durch gebracht. Jm uͤbrigen ist noch zu beobachten/ was der heilige Athanasius schreibet: daß nemblich der jenige/ so das empfangene Unbill nicht verzeyhet/ nicht fuͤr sich bette/ sondern den Fluch deß Herrn uͤber sich bringe/ indem er sagt/ vergeb uns unsere Schuld/ als wir vergeben: dieses hat mit ihrem Schaden erfahren jenes Weib/ so in allen GOtt gefaͤlligen Wer- cken/ als Fasten/ Betten und dergleichen sich fleissig uͤbete; auch so gar/ damit sie Gott auch zu naͤchtlicher Zeit dienen koͤnte/ sehr wenig schlaffete: dieser al- ler Tugenden Vortrefflichkeit aber verwuͤstete der Zorn; zumahlen sie nicht zu versoͤhnen ware/ und bliebe in unzimblichem Haß verhaͤrtet/ so offt sie von einem andern beleidiget wurde: Endlich ist gemeldtes Weib mit einer schwaͤ- ren Kranckheit von GO tt heimgesucht worden/ hat ihre Suͤnden dem Prie- ster gebeichtet/ das Laster aber deß ungebuͤhrlichen Zorns verschwiegen: Da ihr nun das allerheiligste Sarrament der Communion gereichet worden/ hat sie den Mund versperret/ das Angesicht umbgewendet/ und gesagt; gleich wie ich mich offtmahlen von denen hab abgewendet/ die mich umb Verzeyhung gebetten; also kehret GOtt nun auch sein Angesicht von mir ab: ich bin ver- worffen/ ich bin verlohren; ich werde das gottliche Angesicht nicht anschauen; sondern werde den Teuffeln in der Hoͤllen alsbald zu Theil werden: Wie ge- L sagt/ Die Neunte Geistliche Lection sagt/ so geschen: nach diesen Worten hat sie den verzweiffeleten Geist auff- gegeben: auß dieser und andern obangefuͤhrten Geschichten/ ist gnugsamb zu mercken/ mit was grossem Haß der gerechte GOtt die jenige Verfolger/ so ihn in seinem Ebenbild/ daß ist in ihrem Nechsten hassen; und welcher gestalt er denselben seine Gnad entziehe. Ach wolte GOTT/ daß nicht die meiste Christglaubige/ wie auch Geistliche wegen vielfaͤltigen Zweytrachts/ Zanck und Hasses zum Abgrund der Hoͤllen hinweg gerissen wuͤrden! sie kommen nicht alle wiederumb/ und erkuͤndigen uns ihren Zustand sambt dessen gege- benen Ursach. Derhalben/ meine Christliche Seel/ damit du mit deinem un- widersetzlichen Schaden dergleichen Ungluͤck nicht zu theil werdest/ so ver- werffe von Stund an auß dem innersten deines Hertzen allen wider deinen Nechsten gefasten Zorn und Widerwillen; flehe wie den Todt allen Hader/ und halte alles genau/ so ich dir zu Lieb/ und zu hoͤchster Ehren GOttes in dieser Lection zusammen getragen hab. Die Neunte Geistliche LECTION Von dem Freventlichen Vrtheil. Matth. 7. v. 1. Nolite judicare, ut non judicemini; in quo enim judicio judicaveritis, judicabimini. Jhr sollet nicht richten/ auff daß ihr nicht gerichtet werdet; dann mit was Vrtheil ihr richtet/ damit sollet ihr auch gerichtet werden. Der Erste Theil. 1. D As andere Laster/ so der Liebe zu wider/ ist das freventliche Ur- Stapl. text. 2. in Dom. 1. post Pent. theil: von dem ein jeder sonderbahr wissen muß/ daß es also ent- worffen werde. Das freventliche Urtheil ist ein Werck der Ver- nunfft; Krafft dessen wir anderer Menschen Sitten und Thaten ohne recht- maͤssige Gewalt und Ursach richten: dann der jenige/ dessen Ambt erforderet/ seinen Nechsten zu straffen und zu richten/ wann er von der Sachen Wissen- schafft hat; suͤndiget nicht allein nicht; sondern er uͤbet noch annebenst ein loͤbli- Von dem freventlichen Vrtheil. loͤbliches Werck der Gerechtigkeit und Liebe: dahero wohl zu mercken ist/ daß alsdann ein freventliches Urtheil zu nennen seye/ wanu nemblich nicht nach dem Gesetz der gewissen Vernunfft; sondern auß unordentlicher Nei- gung und verdorbener Betriegung deß Gemuͤts der neben-Mensch gerichtet wird: nachdem wir nun dieses wohl verstanden haben/ ist noͤthig/ dieses La- sters Wirckungen zu erforschen/ welche/ ob zwar vielfaͤltig seynd/ so wollen wir doch selbige in dreyerley Gattung vertheilen; deren die erste ist; wann man nemblich von eines andern guten und zumahlen tugentsamen Werck ein unrechtes Urtheil faͤhlet: die andere ist/ wann man ein Sach/ die in sich we- der gut/ weder boͤß ist/ urtheilet/ daß sie auß boͤser Meinung geschehen seye: die dritte und letzte Gattung ist/ wann man seinen Nechsten/ der da oͤffent- lich suͤndiget/ ohne darzu habende Gewalt urtheilet. 2. Auff daß wir nun vom letzten zum ersten widerkehren/ ist zu wissen/ daß das jenige Urtheil/ Krafft dessen wir das gute urtheilen/ als ob es boͤß seye/ von dem Allmaͤchtigen sehr gehasset und gestraffet werde; derhalben drewet der- selbe billig den jenigen durch den Propheten Jsaiam: Weh euch/ die ihr 5. v. 20. das boͤse gut/ und das gute boͤß nennet/ die ihr Finsternuß fůr Liecht/ und Liecht fůr Finsternuß haltet: Solche Richter seynd vorzeiten gewesen die Juden/ denen CHristus sagt: Joannes der Taͤuffer ist kommen/ und hat weder Brod geffen/ noch Wein getruncken/ so saget ihr er hat den Ceuffel: des Men- schen Sohn ist kommen/ der isset und trincket: so sagt ihr/ siehe/ dieser Mensch ist ein Fresser und Wein-Saͤuffer/ ein Freund der Zoͤllner und Suͤnder: diesen uͤbel wollenden Hebreeren moͤgen wohl verglichen werden die jenige Christglaubige und Geistliche; von In Mo- ral. denen der H. Gregorius also schreibet: einige seynd/ die von allen Menschen uͤbel urtheilen: dann wann sie einen sehen/ der sich der Demuth befleisset/ so sagen sie/ er ist ein Gleißner: nimbt er an die ordentliche Ergoͤtzlichkeit/ so heist er ein Fresser; ist er geduͤldig/ so muß er ein verzagter Haaß seyn: liebt er die Gerechtigkeit/ so schreyet man ihn fuͤr einen Ungeduldigen Menschen auß: liebet er die Einfalt/ so wird er fuͤr einen Narren gehalten: ist er klug/ so muß er listig seyn: sichet man an ihm die Eingezogenheit/ und hoͤret weniges Re- den: so wird er fuͤr einen sotten Menschen gehalten: ist er lustig und sroͤhlig/ so heist er außgelassen: haltet er seine Reguln und Satzungen genau und fleissig/ so klagt man uͤber ihn/ daß er ein besonder Heylig seye/ und wird derhalben ge- hasset: liebet er ehrliche Gesellschafft/ so muß er hoͤren/ er seye mehr welt- als geistlich: ist er verschwiegen/ und ist friedsam/ so ist er doppel von Hertzen; will er andere besseren/ dz nennet man eine Vermessenheit: wacht und bettet er was L 2 mehr Die Neunte Geistliche Lection mehr als andere; so muß er unbescheiden seyn: verschlafft er sich bißweilen/ so wird er allezeit gehalten fuͤr schlaͤfferig: beflcißt er sich deß Predigens/ und suchet das Heyl seines neben-Menschen/ so sagt man von ihm/ er suche nicht die Ehr GOttes/ sondern sein eigenes Lob/ thuet ers nicht/ so ist er nachlaͤssig: hat er die Gunst der Menschen/ so haltet man ihn vor einen Schmeichler: will er nicht/ oder kan nicht schmeichlen/ so siehet man ihn vor einen hoffaͤrti- gen Mensehen an: dieses sagt der obgemeldte heilige Kirchen-Lehrer Grego- rius. Jch aber sage: Weh/ weh dergleichen Richtern! wann diese nicht koͤn- nen entschuldiget werden/ die ohne rechtmaͤssige Ursach das boͤse uͤbel urtheilen (wie nachmahls folgen wird) was wird doch/ umb GOttes willen/ dann den jenigen widerfahren/ so das verrichtete gute Werck deß Nechstens uͤbel auß- deuten? Einjeder huͤte sich fuͤr dem teufflischen Laster der Mißgust/ welche solches verfluchte Urtheil hervor bringet; und wann einer siehet oder hoͤret sei- nem Nechsten guts thun/ so hebe er sein Hertz zu GOtt/ und sage mit inbruͤn- stigem Gemuͤth etwadergleichen 1. Nehme an mein guͤtigster JEsu dieses gute Werck/ und vereinige selbiges mit den Verdiensten deiner Außerwaͤhlten/ ich schencke dir solches/ als wann es mein waͤre. 2. Jch sage dir Danck/ mein GOTT und Herr fuͤr solche Gnad/ als wann du mir selbige erzeigt haͤttest. 3. O memlieber Herr und GOtt/ ich bitte dich/ gebe doch diesem meinem Nechsten weitere Gnad/ auff daß er noch groͤssere und dir angenehmere Ding verrichte 4. Versche du uns also mit deiner Huͤlff O Gott/ daß ein jeder/ so diese gute Werck anschauet/ dardurch auffgemuntert werde/ und deßgleichen thue zu deinem Dienst und hoͤchster Ehren \&c. 3. Das zweyte freventliche Urtheil bestchet darinn/ daß man das jenige richte/ was weder gut noch boͤß ist/ und dem aͤusserlichen Ansehen nach/ nur allein scheinet boͤß zu seyn: zum Exempel/ wann man einen Priester siehet ein- gehen in ein Hauß einer verdaͤchtigen Weibs-Person/ und alsdan urtheilet/ daß er zu suͤndigen seye hinein gangen; da er doch keine andere Meinung habe/ als derselben Beicht anzuhoͤren; Was nun solches Urtheil vor ein Grewel seye vor den Augen GOttes/ und wie scharff er dieses straffe/ daß haben wir In vitis PP. P. 1. Historia. auß folgender Geschicht zu erlernen. Es kompt zu sicherer Zeit ein Ordens Geistlicher Nahmens Vitalius auß einem sehr verdaͤchtigen Hauß; diesen urtheilet ein ander/ er seye umb seinen boͤsen Begirden gnug zu thun daselbst gewesen; gibt ihm derhalben ein Ohrfeigen und sagt: wie lang wirds an- stehen/ duloser Verspoͤtter Christi/ biß du diese deine Schalckheit besserest? Jn selbigem Augenblick gibt diesem ebenfalls der Teuffelin Gestalt eines ab- schewlichen Mohren eine solche Maultasche/ daß er alsbald zur Erden fallet/ zu Von dem freventlichen Vrtheil. zu schaͤumen anfangt/ und vom Teuffel besessen wird. Nach einigen Stunden kombt er wiederumb zu sich/ lauffet in aller Cyl nach der Cellen deß Vitalii, bekennet seine Schuld/ und sagt: du Diener GOttes erbarm dich meiner. Vitalius verzeyhet ihm/ und erlediget ihn durch sein Gebett von diesem boͤsen Gast. Jn selbiger Cellen ist von den Umbstehenden ge- funden worden diese Schrifft: Jhr Maͤnner von Alexandria urtheilet nicht vor der Zeit/ biß der HErr komme. Vialius aber gienge in die Haͤu- ser der Suͤnderinnen/ damit er sie von dieser leichtfertigkeit abhalten moͤgte; derhalben er mit ihnen auch offtermahl durch ein sicheres Stuck Gelds ei- nig worden/ diese und andere Nachten sich von den Suͤnden zu enthalten. Auß sothaner Geschichterhellet/ wie gefaͤhrlich es seye/ die Thaten sei- nes Naͤchsten zu urtheilen. Damit aber die Warheit dieser Sachen noch mehr an Tagkomme/ so wollen wir auß dem Leben der H. H. Vaͤttern eins erzehlen. 4. Es waren zwey Bruͤder in der Gemeinschafft/ so beyderseits ein Historia. heiliges Leben fuͤhreten/ und waren von GOtt begnaͤdiget; daß einer deß andern Gnad/ so er von GOtt erlangte/ sehen koͤnnte. Nun traͤgt sichs zu/ daß einer von beyden am Freytag außgehet; und sichet einen Muͤnchen deß Vormittags essen: fragt ihn aber dessenthalben nicht/ ob er vielleicht schwach seye/ oder sonsten zu essen genoͤthiget werde; sondern er sagte: Bru- der/ warumb essest du so fruͤhe/ weist du dann nicht/ daß es heut Freytag seye? dann er vermeinte/ der geistliche Bruder haͤtte durch dieses Essen wider seine Regul gehandlet. Deß andern Tags seynd nach dem Gebrauch die H. H. Messen gehalten worden/ und da deren obgemeldten Bruͤdern einer den an- dern anschauet/ vermerckt er/ daß die Gnad/ so ihm vorhin gegeben ware/ von ihm gewichen; daruͤber er dann nicht wenig entruͤstet/ seinen Bruder/ nachdem sie zur Cellen kommen/ fraget: Bruder/ was hastu außgerich- tet/ daß ich heut die Gnad GOttes an dir nicht gesehen/ wie gestrigen Tags geschehen? dieser aber antwortet/ daß er weder in den Wercken/ weder in den Worten/ weder auch in den Gedancken sich uͤbel bewust seye. Hastu nicht vielleicht/ fragt der andere/ einige muͤssige Wort geredet? da hat die- ser sich erinnert daß er am vorigen Tag. einen habe sehen essen/ und ihme gesagt/ essestu zu dieser Stund am Freytag? dieses wird villeicht meine Suͤnd seyn. Derhalben sagt er zu seinem Bruder: befleisse dich mit mir zwey Wochen lang GOtt zu bitten/ daß er mirs verzeyhe Nachdem nun diese zwey Wochen also vollbracht worden/ sehet der andere Bruder die Gnad GOttes wiederumb uͤber seinen Mit-Bruder kommen; derhalben sie zu- L 3 mahln Die Neunte Geistliche Lection mahln getroͤstet/ dem Allerhoͤchsten Danck sagen. Gedenck nun/ mein Christliche Seel; Wann dieser fronune Diener GOttes wegen so gerin- gen und wenigen/ nur auß einem billigen Eyffer geredeten Worten/ die- ser sonderbahren Gnad eine Zeitlang ist beraubt worden/ was wird dann mit uns geschehen? Jch foͤrchte fuͤrwahr/ wir werden wegen deß unbe- sonnenen Urtheilens derselben gaͤntzlich beraubet werden. Bona- vent. in vita. 5. O wie sehr ware erfahren in dieser Kunst der H. Seraphische Vat- ter Franciseus/ so deß unbedachten Urtheilens halber seinen Reiß-Gesellen mit scharffen Worten vorgenommen. Dann da der heilige Mann ei- nem Armen Menschen begegnete/ und uͤber dessen Leibs- Bloßheit auß Christlichem Mit- Leyden seuffzete/ sprach der obgemeldte Weeg-Gefaͤhrt und Geistliche Bruder von diesem also: Vatter/ villeicht ist dieser Mensch an Begierlichkeit der zeitlichen Dingen reich/ so doch an denselbi- gen in der That grossen Mangelleydet. Da dieses der H. Vatter hoͤrete/ befahl er ihm/ seyn Kleid alsobald außzuziehen/ und den Nackenden damit zu bedecken: auch muste er in Krafft deß Gehorsambs vor den armen Men- schen niederfallen/ und wegen seines freventlichen Urtheils umb Vergebung bitten. Dieses verrichtete der Bruder in aller Demuth/ auff daß er von seinem H. Vatter nicht moͤgte hinweg getrieben werden. Billiger massen soll man dann embsig fliehen den boͤsen Argwohn/ insonderheit wann man von der That nicht versichert ist/ und sagen mit dem Heil. Apostel Paulo: Was gehen mich die jenige an/ welche draussen seynd/ daß 1. Cor. 5. 12. ich sie richteu solte? Dieses Urtheil zu meiden/ kan uns trefflich die- nen der folgende Spruch deß H. Chrysostomi: Gleich wie ein guter und auffrichtiger Mensch nicht leichtlich einen andern vor boͤß und Schalckhafft ansiehet; als wird nicht bald ein Boͤser und Schalckhaffter seinen Neben Menschen fuͤr gut und fromm halten; dann ein jeder richtet seinen Naͤchsten/ wie er selbsten ist. Darumb sagt der Ecclesiastes: Wann auch der 10. 3. Narr auff dem Weege daher gehet/ dieweil er selbst nicht weise ist/ so haltet er darfůr/ daß alle Narren seyen/ so ihm begegnen. Und gleich wie einem/ der durch ein gruͤnes Glaß schau- et/alles scheinet gruͤn zu seyn; der durch ein rothes; alles Roth vorkommet; also der jenige/ so mit unterschiedlichen Lastern bchafftet ist/ indem er durch seyn eigenes Gewissen/ als durch einen Spiegel den Handel und Wandel seines Naͤchstens betrachtet/ urtheilet/ daß alles an selbigem Lasterhafft seye: von denen der Apostel recht und wohl gesagt hat: Du verdam- mestdich selbst in dem/ darin du einen anderen richtest; die- weil Von dem freventlichen Vrtheil. weil dueben dasselbige thuest/ was du richtest. Und gleich wie ein ungesunder Magen auch die beste Speisen in eine boͤse/ und der Gesund- heit schaͤdliche Feuchtigkeit veraͤnderet/ ein guter und gesunder Magen a- ber/ so gar die schaͤdliche Speisen zum Wohlstandt deß Leibs verwandelet: also was boͤse Leuth immer an ihrem Naͤchsten sehen/ daß vermeinen sie alles boͤß zu seyn: hergegen aber die Gute und Tugendsame legen alles thun und Lassen ihres Neben-Menschen zum besten auß. 6. Verlangest du nun/ mein Christliche Seel/ unter die Zahl der guten und frommen Geistliche vor GOtt gezeichnet zu werden; so huͤte dich/ daß du von deines Naͤchsten Wercken/ sie seyen auch wie sie wollen/ unrecht urthei- lest; sondern vielmehr glaube/ daß selbiger mit guter Meynung und zu einem auffrichtigem Ziel und Ende seine Werck verrichte. Wirstu dieses die Tage deines Lebens fleissig beobachten/ so verspreche ich dir/ daß groͤsser Lohn von Gott zu erwarten habest/ als dir villeicht einbilden wuͤrdest. Nim war das je- In Chro. minor. 1. p. l. 5. c. 9. Historia. nige/ so der Gottseelige Bruder Leo, einer von den ersten Gesellen deß Heil. Francisei/ durch Verhaͤngnuß gesehen hat. Viele Bruͤder dieses H. Ordens seynd ihme erschienen/ so alle in schoͤner Ordnung mit grossem Liecht umb- geben gewesen; in der Mitten derselben hat er gesehen einen/ auß dessen Au- gen so glintzende Sonnen-Strahlen gespielet/ daß er ihn nit hat anschauen koͤnnen: daruͤber er auß Geistlichem Vorwitz die ihm naͤchst beystehende ge- fragt/ wer doch dieser seye: darauff er zur Antwort bekommen/ er seye Bru- der Bernardus Quintavallis, der erste Gesell deß H. Francisci: daß er aber mit solchen Strahlen dergestalt fuͤr andern glantze/ seye die Ursach; weilen er in seinen Leb-Zeiten alles/ was er immer gehoͤrt und geschen/ zum besten außge- legt/ und alle Menschen der Gnaden Gottes wuͤrdiger geschaͤtzt habe/ als sich selbsten. Jst ihm ein armer Bettler begegnet/ so hat er pflegen zu sagen: siehe Bruder Bernarde/ dieser arme Mensch uͤbertraget seine Armuth viel gedul- tiger als du die deinige. Hat er einen Reichen und wohl-gekleideten gese- hen/ so hat er zu seiner Verschaͤhmung sich selbsten also angeredet siche/ dieser hat seinen Leib zwar also geschmucket; wer weiß aber/ ob er nicht unter diesem Zierath ein haͤrnes Kleid trage/ damit er also die eitle Ehr vernichtige/ und sein Fleisch/ besser als duim Zaum halte. Diese seynd die Ursachen solcher unge- meinen glintzender Schoͤnheit an unserem Bernardo. Ey/ so lasset uns dan die Fußstapffen dieses from̃en Diener Gottes eintretten/ und also auch von un- serm Naͤchsten gedencken; zumahln wir ohne die geringste Muͤhe-Waltung dieß GOtt-gefaͤllige Werck verrichten koͤnne. Nehme an/ mein Christ- glaubige Seel/ den wohl-meinenden Rath deß heiligen Dorothei. Doctr. 1. Kombst du/ sagt er/ in eine Celle deines Bruders oder Schwestern/ und Die Neunte Geistliche Lection und sehest/ daß alles in derselben uͤber und uͤber sich lige; so gedencke nicht/ daß dieser oder diese in ihren Wercken nachlaͤssig und unsauber seyen; son- dern lasse dir vorkommen/ daß selbige gluͤckseelig seyen/ indem sie also in der innerlichen Anschauung GOttes vertieffet seynd/ daß sie das eusserli- che nicht achteten. Siehestu aber hingegen/ daß sie in allen ihren Sachen sein reinlich seynd/ und dieselbe wohl beobachten/ so mache dir das Facit; dieser Bruder oder Schwester zeigen in ihren eusserlichen Wercken/ daß sie die innerliche Reinigkeit der Seelen sonderbahr lieben; also kanstu nicht fehlen. Wie du aber Urtheilen sollest/ wann du einen oͤffentlich suͤndigen se- hest/ daß lerne auß folgendem andern Theil dieser Lection. Der andere Theil. Langius fn Poli- ant. fol. 617. 7. D Er Welt-beruͤhmte Mahler Apelles pflegte seine Kunst-reiche Mahlereyen vor sein Hauß oͤffentlich zu stellen/ damit er die Ur- theilen der vorbeygehenden erfahren moͤgte. Unter diesen stehet auch einsmals ein Schuster still/ und beschauet die von Apelle gemachte Ar- beit; und daß er die uͤbel-entworffene Pantoffelen eines Bildnuͤß laͤsteret/ dieses hoͤret der Apelles mit Gedult an; da aber derselbige auch von anderen Eigenschafften dessen Bildnuß zu urtheilen sich erkuͤhnet; ruffet alsbald der Maͤhler zum Fenster hinauß und sagt: Schuster./ Schuster laß es bey den Coffeln. Also machts der allgewaltige Werckmeister und Erschoͤpffer aller Dinge/ die Goͤttliche Majestaͤt; Sie formiret vie- lerley Bildnuͤssen/ in dem Selbige die Seelen der Menschen erschaffet; so da seynd Ebenbilde GOttes: diese stellet vor der grosse Kuͤnstler auff dem oͤf- 1. Cor. 4. fentlichen Schau-Platz der Welt; wie der Apostel bezeuget: Wir seynd zum Schau-Spiel worden der Welt/ den Engelen und den Menschen. Diese Bildnussen/ sage ich/ setzet GOtt derhalben nicht vor unsere Augen/ daß wir selbige urtheilen und tadlen; sondern in An- sehung deren Jhn loben und preisen sollen. Derowegen lasset uns behut- samb seyn/ und an diesen Bildern nicht schmaͤhen daß jenige/ so uns nicht angehet/ wann wir nicht mit obgemeldtem Schuster wollen bestraffet und schamroth gemacht werden. Solte nun einer sagen/ er urtheile nicht das jenige/ so wohl gemacht/ und gut zu seyn scheinet; sondern dasjenige allein/ dessen man versichert ist/ daß es GOtt mißfalle: selbiger solle wissen/ daß auch sotha- nes Urtheil nicht zulaͤssig seye; darumb wird solchen durch den Heil. Apostel Pau- Von dem freventlichen Vrtheil. Paulum gesagt: wer bist du/ der du einen frembden Knecht richtest: er stehet oder fallt seinem Herrn: als wolte er sagen: der nicht seinen/ sondern einen frembden Knecht/ wann er schon oͤffentlich suͤndiget/ richtet; derselbige muß gerichtliche Gewalt haben von dem Herrn deß jenigen Knechts/ den er rich- tet. So frage ich dich nun/ wann du uͤber die Suͤnden deines Nechsten das Urtheil faͤhlest/ wer hat dir diese Macht gegeben? hat dich vielleicht GOtt zu einem Richter uͤber andere erschaffen? zumahlen nicht; sondern er hat dich zum Gesellen deines neben-Menschen gesetzet; und hat alles Gericht Joan. 5. v. 22. dem Sohn uͤbergeben/ und nicht dir. Derhalben wann du richtest/ so greiffest du ihme in seine Gerechtigkeit: und was ist doch umb Gottes willen/ schalckhaffter/ dann solche Vermessenheit? was ist gefaͤhrlicher/ als derglei- chen Ubermuth? hoͤre du/ mein Christliche Seel/ den Apostel an/ und entferne weit von dir all freventliches Urtheil: Was richtest du deinen Bru- Rom. 2. der? wir werden alle stehen vor dem Richterstul CHristi/ daselbst werden wir so scharff gerichtet werden/ als wir un- sern Nechsten gerichtet haben: und weiters sagt er: Du hast Rom. 2. v. 1. keine Entschuldigung/ O Mensch/ wer du auch bist/ der du richtest: Was ist doch grober und mehr zu foͤrchten/ als solches Urtheil? wohin der gottselige Th o mas à Kempis auch ziehlet/ mit diesen Worten: L. 3. c. 24. §. 1. was gehetes dich an/ ob dieses ein solcher oder solcher seye: oder ob jener also handle oder rede? du bedarffs nicht fuͤr andere zu antworten; sondern du wirst Rechenschafft geben fuͤr dich selbsten? was hast du dann damit zu schaffen? 8. Soll es dann geschehen/ daß wir wuͤrden sehen einen oͤffentlich suͤndigen; so muͤssen wir denselben dessentwegen nicht verachten/ sondern vielmehr der troͤstlichen Zuversicht leben/ daß er nach solcher That gebuͤhrende Rew und Leid erwecket habe. Wann ich sehe/ sagt der Heil. Bernardus/ daß einer den andern erstechet/ so muß ich gedencken/ daß er daruͤber Rew getragen/ ehe er das Messer zuruͤck gezogen hat: vielmehr dann bin ich schuldig den jenigen morgen fuͤr einen buͤssenden zu halten/ und nicht fuͤr einen Suͤnder/ welchen ich heut hab sehen suͤndigen: hieruͤber lesen wir im Leben des Hl. Joannis Sur. Tom. 1. Historia Eleemosinarii, daß ein unkeuscher Juͤngling eine GOtt verlobte Jung- fraw zu seinen unzimblichen Begirden gereitzet/ und selbige von Alexandria mit hoͤchster Aergernuß der gantzen Statt/ nach Constantinopel entfuͤhret: nun ware niemand/ der diesen als ein Kind der ewigen Verdamnuß/ als einen lasterhafftigen Boͤßwicht und Schaͤnderen der Ehren GOttes nicht auß- schreyete: und da die Cleresey oder Geistlichkeit denselben vor dem obgemel- ten H. Joanne verdienter massen beschrieben/ und anbey fuͤgten/ daß er wegen M seiner Die Neunte Geistliche Lection seiner und auch der geistlichen Jungfrawen verderbten zweyen Seelen/ billig muͤsse in den Band der Excommunication geschlagen werden; hat sie der Heyl. Mann gestillet/ und gesagt: nicht meine Kinder/ nichtfaͤhlet so leichtlich von ewerem Nechsten das Urtheil; dann hierdurch stuͤrtzet ihr euch in zwey sehr grosse Ubelen: deren das erste ist daß ihr nemblieh deß je- nigen Gebott uͤberschreitet/ der da spricht: Richtet nicht vor der Zeit. Das zweyte ist/ daß ihr nicht ohne hoͤchste Vermessenheit euch selb- sten Richter stellet uͤber andere: es ist zumahlen unsicher/ ob diese beyde in ihren Suͤnden bißhero verharret seyen; oder ob sie durch die Guͤtigkeit GOttes den Last ihrer Missethaten von sich geworffen haben. Wisset ihr dann nicht/ sagt er/ daß ihr in demselben Gericht/ in dem ihr richtet/ sollet gerichtet werden? 9. Wann aber diese Lehr deß gottseeligen Joannis, bey einigen zur Vernichtigung deß losen Urtheils keinen Platz findet; der lasse sich zum wenigsten abschrecken durch den H. Dorotheum, den wir anjetzo fuͤr uns zur Red stellen/ und dieses grossen Diener GOTTES treuhertzigen Er- mahnungen du und ich/ mein Christliche Seel/ mit allem Fleiß auffmercken c. 6. Bibl. PP. Tom. 2. wollen: nicht ist boͤser sagt er/ nichts schwaͤrer/ als seinen Nechsten urtheilen und verachten: warumb richten wir uns selbsten nicht uͤber unsere eigene Verbrechen/ die wir am besten kennen/ und von denen wir auch ungern GOtt Rechenschafft zu geben gezwungen werden? Was gebrauchen wir uns des Urtheils GOttes? was gehen uns die Geschoͤpffe Gottes an? was haben wir mit frembden Knechten zu schaffen? sollen wir nicht an gantzem Historia. Leib zittern/ wann wir uns erinneren/ was jenem grossen Altvatter wider- fahren ist? da dieser gehoͤret hatte/ daß einer auß den Bruͤdern in einem Ehe- bruch gefallen waͤre/ sagte er: Dieser hat sehr ůbel gethan: und siehe alsbald brachte ein Eugel GOTTES die Seel deß obgedachten Suͤnders/ nachdem sie durch den zeitliehen Hintritt schon vom Leib ge- scheiden ware/ zu diesem Altvatter/ und sagte; schaue zu/ den du gerichtet hast/ ist schon gestorben/ hier bringe ich dir dessen Seel/ und erwarte deinen Befelch daruͤber/ ob sie zu der Hoͤllen/ oder zum Himmel solle gefuͤhret wer- den: mit diesen Worten hat der Engel dem alten Einsidler nichts anders bedeuten wollen/ als eben dieses: wann du allbereits worden bist ein Richter der Gerechten; so bitte ich dich/ sage mir deine Meinung uͤber diese arme Seele/ ob du dich derselben erbarmen/ oder ob du sie ewiglich straffen wollest? da solches der heilige Mann gehoͤret/ ist er ab dieser so frembden Frag der- gestalt Von dem freventlichen Vrtheil. gestalt zerschlagen worden/ daß er die uͤbrige Zeit seines Lebens mit beharr- lichem Weinen und Seufftzen/ und unzahlbahren Truͤbsetigkeiten zuge- bracht/ und denlieben Gott umb Vergebung so grosser Suͤnde so lang gebet- ten; biß der Engel endlich wieder zu ihm kommen; deme er zu Juͤssen gefal- len/ und von ihme versichert worden/ daß ihm GOtt seine Suͤnde nach heut solches dieserthalben zugelassen habe; damit er in Erfahrung kommen moͤch- te/ wie schwaͤr und uͤberlaͤstig ihme seye/ unser freventliches urtheilen: auch hat er ihn ermahnet/ daß er hinfuͤhro nicht mehr richten solle: gleichwohl hat auff so trostreiche Wort/ und gethane Versicherung der heiligen Vaͤtter sich nicht troͤsten lassen; sondern in staͤten Plagen und Abtoͤdtungen seines Leibs/ dieses Verbrechen halber seyn Leben geendiget. 10. Wann nun dieser gottseelige Einsidler wegen eines so geringen Ur- theils/ Krafft desseu er auß zu grossem Eyffer gesagt/ daß seyn Bruder durch den begangenen Ehebruch uͤbel gethan habe/ erzehlter massen ist verschaͤmbe worden; was wird doch uns widerfahren/ die wir von unserm Rechsten ab der begangener Suͤnde/ nicht allein sagen/ daß er uͤbel gethan habe; sondern darzu offtmahlen auß unordentlichem Eyffer denselben richten/ daß er nemblich vie- le und grosse Straffen verdienet habe/ und derhalben wuͤnschen/ daß er scharff gezuͤchtiget werde? Warlig/ sage ich/ es wird die Zeit heran kommen/ daß wir von GOTT mit gleichem Urtheil werden hergenommen werden: Auch ge- schicht es vielmahlen durch die gerechte Verhaͤngnuß GO ttes/ daß die je- nige/ so andere richten/ in selbige Maͤngel/ die sie ihrem Nechsten auffgemes- sen haben/ liederlich fallen; und als dann wohl wuͤnschen moͤchten/ daß man mit ihnen durch die Finger sehete: dieses hat der Abt Machetes von sich selb- Cassian l. 5. c. 30. sten bekennet/ daß nemblich drey Dinge gewesen/ in denen er andere gerichtet/ und bestrafft; habe aber nicht lang hernach alle diese drey Fehler begangen: derohalben trieb er einen jeglicheu an/ daß er sich selbsten nicht allein urthei- len/ und nicht anderer Leben durchgruͤnden solte; dieweilen/ sagte er/ ein Muͤnch mit denselben Lastern verstricket ist/ in welchen er von andern zu ur- theilen sich erkuͤhnet hat: und wann schon sie in eben selbige Suͤnde nicht fal- len; so seynd sie doch derselben Straff werth; wie CHRJSTUS der L. 2. c. 7. heiligen Mechtildi offenbahret/ und gesagt/ daß es ein grosses Laster seye/ wann ein Mensch seinen Nechsten urtheilet: und wann er denselben schon rechtfertig urtheile; so seye er doch eines so grossen Lasters schuldig/ als eben der jenige/ so dieses Ubel begangen haͤtte/ welches von andern gerichtet wird: Wann auch der jenige Mensch die jenige Missethat veruͤbet hat/ die M 2 von Die Neunte Geistliche Lection von ihm gesagt wird; so wird er doch Krafft desselben Urtheils eben so viel schuldig seyn/ als der jenige/ so mit der That selbsten besudelt ist; dieweilen er die innerliche Meinung deß Verbrechenden nicht gewist/ und seinem Hertzen und Sinn gemaͤß geurtheilet hat: und wann er durch die Bußfertigkeit die- ses nicht außloͤsche/ so muß er derselben Straff gewaͤrtig seyn/ die der jenige/ so gesuͤndiget/ sich auff den Halß geladen hat: diese seynd die Wort CHristi zu seiner geliebten Braut Mechtildis. 11. Sollen wir annoch nicht abnehmen koͤnnen/ mein Christliche Seel/ wie scharff die goͤttliche Gerechtigkeit mit den ungerechten Richtern ihres Nechsten verfahre; indeme sie von selbiger nicht anders bestraffet werden/ als wann sie dieselbige Suͤnden/ uͤber welche sie ihren neben-Menschen richten/ wuͤrcklich begangen haͤtten: und wiewohl diese Offenbahrung niemand zu glauben verbunden ist; sondern einem jedenfrey stehe; so wird doch diese ob- gesetzte Warheit auß goͤttlicher Heil. Schrifft handgreifflich kundbahr ge- c. 7. v. 3. machet: dann CHristus sagt bey dem Evangelisten Mattheo also: Was siehest du den Splinter in deines Bruders Auge/ und sie- Serm. 6. hest den Balcken in deinem Auge nicht? Hierauß sagt recht der Heil Dorotheus, seye abzunehmen/ daß unser Heyland die Suͤnde deß Nech- stens verglichen habe einem Splinter; das Urtheil aber uͤber selbige habe er verglichen einem Balcken: also suͤndiget viel grober der jenige/ so den Suͤn- der urtheilet/ als wann er die Suͤnd deß verurtheilten Menschen selbst begin- ge: dahero fahret der mehr gemeldte H. Mann fort/ und sagt: ein so schwaͤre Suͤnd ists/ seinen Nechsten richten/ daß selbige schier alle Suͤnden an Boͤß- heit uͤbertreffe: lasset uns derhalben huͤten fuͤr sothaner Pest; und auff daß wir von solchem Gifft nicht angeblasen werden; so lasset uns die Fußstapffen unseres Erloͤsers eintretten: welchem ohne allen Zweiffel die Suͤnden seiner Feinden gantz und und offenbahr waͤren; und gleichwohl dieselbige bey sei- nem himmlischen Vatter entschuldiget und gesagt: Vatter verzeyhe ihnen/ dann sie wissen nicht was sie thuen: Hat daß gethan CHristus/ der als ein rechtmaͤssiger Richter von seinem Vatter gestellet wa- re; was sollen wir dann nicht thuen die wir die geringste Gewalt eines Rich- ters nicht haben? und sonderbahr/ da der Heyland mit außtruͤcklichen Wor- Joan. 13. v. 15. ten uns ermahnet: Jch hab euch ein Exempel gegeben/ daß ihr auch thuet/ wie ich euch gethan hab. 12. Verlangen wir dann Glieder Christi zu seyn/ so will sichs geziemen/ daß wir bey demselben unverruͤckt verbleiben/ indem wir seine Sanfft- muͤtig- Von dem freventlichen Vrtheil. muͤtigkeit nachfolgen/ die Maͤngel unseres naͤchstens entschuldigen/ und mit ihuen ein Hertzliches Mit-Leyden tragen. Solche Gott-gefaͤllige U- bung aber zu bewerckstelligen/ ist noͤthig zum ersten die Betrachtung unserer eigenen Suͤnden: welches herrliche Mittel der Gott-seelige Climacus mit folgenden Worten gewuͤnschter massen vorschreibet. Welche zu gar fleis- Guad. 10 sige und eylfertige Richter seynd uͤber die Suͤnden ihres Naͤchsten; diese muͤssen derhalben solchen Fehler an sich selbsten tragen/ dieweilen sie sich noch keiner steten und vollkommenen Gedaͤchtnuß und Sorge wegen ihrer eigenen Suͤnden beflissen haben: dann der jenige/ welcher die Decke der ei- genen Lieb hinwegschaffet/ und alsdann seine Verbrechen fleissig besichti- get/ der wird uͤber keine Sach in diesem zeitlichen Leben fortan mehr Sorg tragen; dieweilen er vermerckt/ daß er nicht Zeit genug haben werde/ sich selbsten zu beweinen/ wann er schon hunder Jahr leben/ und die Zaͤhren auß seinen Augen gleich dem grossen Fluß Jordan fliessen wuͤrden. Weiters hat uns auch Christus selbst dieses stattliche Mittel gegen das freventliche Urtheil hinterlassen/ da die neidische Juden ein Weib/ so in Ehebruch er- dapp e t worden/ zum Heyland gebracht/ und zugleich protestiret/ daß selbige dem Gesetz gemaͤß muͤsse gesteiniget werden: indem der sanfftmuͤtige JE- sus solches Wuͤten der Juden mit diesen Worten vernichtiget: Welcher Joan. 8. v. 7. unter euch ohne Sůnd ist/ der werffe zum ersten einen Stein auff sie. Diese lose Anklaͤger suchten frembde Suͤnden zu straffen/ und verliessen ihre Eigene. Dieses hat sonderbahr bekraͤfftiget der jenige Alt-Vatter so von einem seiner Mit- Bruͤder/ der auch diesem Ubel unterworffen ware/ die Ursach gefragtwurde/ warumb er also im- merwaͤrend seine Mit-Bruͤder richtete? Weiln du/ spricht der Alte/ dich selbst noch nicht kennest; dann der sich selbsten kennet/ der gibt auff die Maͤn- gel seiner Bruͤder keine Achtung. 13. Solches hat in der That bewiesen der H. Abt Pimenius, da einsmals die Historia. Vit. PP. p. 2 aͤlteste Einsidler Zusammenkunfft gehalten/ und bey derselben uͤber die Sit- ten einiger Bruͤder geurtheilet; ist auch von dem obgemeldten Alten begehrt worden/ er moͤgte auch seine Meynung uͤber das Verbrechen der Bruͤder beytragen. So bald dieses Pimenius gehoͤret/ hat er alsbald einen grossen Korb mit Sand angefuͤllet/ und auff den Rucken genommen; ein anderes aber viel kleiners Koͤrblein hat er auß dem Grossen ebenfals mit Sand ver- sehen/ und selbiges hat er vor sich getragen. Da dieses die andere gesehen haben/ haben sie verlanget zu wissen/ was dieses bedeute; denen Puͤnenius geantwortet: der grosse Korb/ in dem viel Sand ist/ bedeutet meine Suͤn- M 3 den; Die Neunte Geistliche Lection den; und weil derselben eine grosse Anzahl ist/ derowegen hab ich sie auff den Rucken geworffen/ damit ich sie nicht sehen/ und daruͤber Leyd haben moͤg- te: aber/ die wenige Suͤnden meines Mit-Bruders hab ich vor meine Au- gen gehangen/ und bemuͤhe mich/ wie ich selbige doch richten moͤge. Nun aber ist gewiß/ daß man nicht solcher Gestalt richten muͤsse; derhalben wirds besser seyn/ daß ich meine eigene Suͤnden vor mich nehme/ dieselbe bedencke/ und GOtt bitte/ daß er sie mir verzeyhe. Da dieses die andere Einsidler gehoͤrt haben/ ist diese Bekaͤndtnuß von ihnen saͤmbtlichen hervorgebrochen: Jn Warheit dieser ist der Weeg deß ewigen Heyls. Hastu mich verstanden/ mein Christliche Seel/ wie schwaͤr es seye/ auch uͤber die oͤffentliche Suͤnden seinen Naͤchsten richten? Wolan dann/ so ergreiffe nun das zur Hand gebrachte Mittel gegen solches Laster; oder/ wans dir also gefaͤllig/ suche dir eins auß den folgenden. Der dritte Theil. 14. D Jeses muß uns ebenfals von dem freventlichen Urtheilen abschre- cken/ wann wir gedencken/ und uns versicheren; daß GOTT einmahlen einen wuͤrde lassen in eine Suͤnd fallen/ wann er nicht wuͤste diesen Fall in ein Gutes zu verkehren. Derhalben lehren die Thomisten/ da sie von der Verordnung oder Versuchung handlen/ daß die Zulassung der Suͤnde in den Außerwaͤhlten seye eine Wirckung oder Auß- gang ihrer Verordnung zum ewigen Leben; dann da sie in vielerley Suͤn- de fallen/ stehen sie muͤtiger und dapfferer auff zu lauffen den Weeg der Voll- Rom. 8. v. 28. kommenheit/ Laut Zeugnuß deß H. Apostels Pauli: Den jenigen/ so GOtt Lieb haben/ wircken mit alle Ding zum Guten. Hieruͤber sagen die Dollmetscher der H. Schrifft/ daß unter denen allen Dingen/ auch die Suͤnd begriffen werde. Und der H. Thomas lehret da- selbsten/ daß die Suͤnden der Verordneten zur Seeligkeit denenselbigen mitwircken zum Guten. Dieses sagen ebenfals alle H. H. Vaͤtter; auß denen der H. Augustinus also schreibet: Den jenigen/ so GOtt lieb hat/ De cor- rept. \& grat. c. 9. mitwircken alle Ding zum Guten; so gar auch alles; daß/ wann einige auß ihnen den Weeg der Gerechtigkeit verf e hlen und suͤndigen/ dasselbige sie auch mache zunehmen im Guten/ dann sie werden nach ihrer Wider-Kehr besser und vorsichtiger. Darzu ist die Zulassung der Suͤnde von GOtt gewilliget In Enchi. c. 11. zu einem guten Ende: dieweilen GOtt (wie das grosse Kirchen-Licht Au- gustinus dagt) indem er unendlich gut ist/ nicht wuͤrde zulassen/ daß etwas Ubels Von dem freventlichen Vrtheil. Ubels in seinen Wercken waͤre/ wann er nicht so allmaͤchtig und gut waͤre/ daß er auch gutes thaͤte durch das Boͤse. Daß diesem aber also seye/ dieses sehen wir claͤrlich an dem Fuͤrsten der Apostelen dem H. Petro; an dem E- vangelist Matthaͤo/ an der H. Maria Magdalena/ und vielen andern Suͤndern und Suͤnderinnen; die/ welche/ wann sie einmahl gefallen waren/ wuͤrden auch GOtt nicht so angenehm gewesen/ und annebeus viele hundert andere haͤtten sich unfehlbar in das ewige Verderben gestuͤrtzet; so doch der fallende und Buß-fertige Petrus sambt vielen andern Buͤssenden auffgerich- tet/ zur Buß auffgemunter/ und endlich zur ewigen Seeligkeit ge- schickt hat. 15. Weiters/ ob schon die Suͤnden/ so von den Gottlosen begangen wer- den/ ihnen nicht zum Nutzen außschlagen; so geschehen sie nichtsdestoweni- ger zum Besten der Außerwaͤhlten: dann gleich wie die natuͤrliche Ubeleu/ nach Zeugnuß deß H. Thomaͤ/ so insgesambt geschehen/ nicht allezeit ver- Sup. c. 8. Epist. ad Rom. lect. 6. ordnet zum Besten der jenigen/ denen sie widerfahren; aber doch wohl zum Besten der saͤmbtlichen: also wird das Ubel der Schuld/ oder die Zulas- sung dessen nicht allezeit erwaͤhlet deme zum Besten/ dem die Suͤnd wird zu- gelassen; aber doch wohl zum Besten der edelesten Theilen der saͤmbtlichen/ das ist/ den Außerwaͤhlten. Nach dieser vorgesetzter unfehlbarn Lehr/ las- set uns nun sehen/ was fuͤr ein grosse Boͤßheit seye/ daß/ so bald man einen siehet suͤndigen/ alsdan denselbigen unrechtfertiger Weiß richte; absonder- lich weilen man nicht/ ob der suͤndige Mensch zu der Zahl deren von GOtt zur Seeligkeit verordneten/ oder zu der Zahl der Verdambten gehoͤre. Jst er unter den verordneten; so ist gewiß/ daß die begangene Suͤnde ihme wird gereichen zu mehreren Besten seiner Seelen. Gehoͤrt aber der Suͤnder un- ler die Gottlose und Verworffene; so ist ausser allem Zweyffel/ daß die Suͤn- de desselben zum Nutzen der Außerwaͤlten gedeyhen werde. Ob wir uns nun wenden zu den Außerwaͤhlten oder zu den verworffenen; wir sehen al- lenthalben/ daß der guͤtige GOtt ihre saͤmbtliche Ubele zum besten E nd auß- schlagen lasse. Was kan derowegen billiger erdacht werden/ als sothanes Urtheil Dieser Ursachen halber hat der H. Raymundus unter andern Hin- terlassenschafften auch an Statt eines Testaments seine Geistliche Kinder sonderbahr ermahnet; daß sie die Tage ihres Lebens niemand solten Urtheilen: und hat hinzugesetzt/ daß es noͤthig seye zu Erhaltung einer wahren Reinig- keit deß Hertzens/ daß man in allen Sachen den Willen GOttes bcobachte/ welcher zu einem ersprießlichen Ziehl und Ende alles zulasset. 16. Damit Die Neunte Geistliche Lection 16. Damit wir dann auch auß eines andern Fall einigen Nutzen zu schoͤpffen gewuͤrdiget werden; were rathsamb/ daß wir einen sichern heili- S. Doro th. Doct. 8. gen Einsidler uns zum Beyspiel vor Augen stelleten/ welcher einsmals/ nachdem er den Miß-Tritt seines Bruders verstanden/ seuffzend gesagt hat: O wehe mir! Er heut und ich morgen; O wie geschwind hat dieser eineu Außweg gefunden/ dem boͤsen Urtheil uͤber seinem Bruder zu entwei- chen! durch diese zwey Woͤrtlein; ich morgen: hat in seinem Hertzen eine so heylsame Forcht erwecket; daß er der Gefahr deß Gerichts zumahln entgangen ist. Es muß auch in dergleichen Zufaͤllen ein jeder gedencken/ oͤffentlich oder heimblich bey sich selbsten sagen. Jch zweiffle nicht/ wann ich mit sot haner Gelegenheit und Stricken waͤre umbgeben gewesen/ daß ich eben so wohl als mein Naͤchster gefallen waͤre: derhalben sage ich meinem GOtt und HErrn danck/ daß er mich unwuͤrdigen Menschen solcher Ge- fahr entzogen hat. Jm uͤbrigen ist auch gegen dieses schaͤdliche Urtheil ein sichere Artzeney; wann man nemblich dieses fleissig beobachtet; daß viele oͤffter laͤßlich allein suͤndigen/ ob man schon dem eusserlichen Schein gemaͤß vermeinen solte/ daß sie toͤdtliche Suͤnden begingen; dieweilen sie in iheer Einfalt darfuͤr halten/ es seye nicht boͤß/ was sie thuen: und offtermahlen ist bey denenselben eine unstraffbare Unwissenheit/ und andere Ursachen/ so uns unbekannt seynd; in Ansehung deren GOtt ihnen ihre suͤndige Werck nicht uͤbel außdeutet. Wann wir nun ohne einiges Nachsinnen uͤber der- gleichen Dinge unsern Naͤchsten alsbald zu straffen uns erkuͤhnen/ den doch GOtt entschuldiget; machen wir uns hierdurch sehr straffmaͤssig? Wohl dann/ und abermahl wohl ermahnet uns hieruͤber der Heil. Bernardus mit Serm. 4. in Cant. diesen Worten: Entschuͤldige/ O Mensch/ die Meynung/ wann du nicht kanst entschuldigen die That deines Naͤchsten: bilde dir ein/ sie seyen geschehen auß Unwissenheit; halte sie fuͤr ein unbehutsame Einschleichung; messe sie zu einem Urploͤtzlichen Zufall: dann so viel der Himmel erhoͤhet ist von der Erden/ so weit seynd die Weege deß HErrn (wie der Prophet c. 54. Jsaias sagt) entfernet von den unsrigen: das ist/ die Urtheilen GOttes von den Urtheilen der Menschen. Viele Sachen scheinen uns Gerecht zu seyn; und seynd in dem Urtheil deß HErrn unrecht: und hergegen/ das jenige so wir offtmahl fuͤr Gut ansehen/ wird von GOtt verworffen: derhalben fehlen wir in unsern Urtheilen vielmahl sehr groͤblich/ wie auß folgender Geschicht zu sehen ist. In Vita Maria de Victo- ria. 17. Nachdem die seelige Jungfrau Maria de Victoria einen Geistlichen Orden der Kloster-Jungfrauen gestifftet; ist ihr zu Ohren kommen/ daß eine Von dem freventlichen Vrtheil. eine derselbigen zumahlen verzweiffelend/ mit dem Todt ringete: nach er- Historia. haltener dieser Zeitung hat sie sich hurtig auffgemacht/ der krancken Schwe- ster zugeeylet/ und hat einen gantz erbaͤrmlichen Zustand an derselben gefun- den: dann was der Priester und andere umb stehende ihr gutes und foͤrderli- ches zugeruffen/ daß hat sie dem Ansehen nach verworffen; man hat ihr die Bildnuß deß geereutzigsten JESU gezeiget; von dieser aber hat sie das An- gesicht abgewendet/ und nicht anschauen wollen: man hat ihr zugesprochen/ sie moͤchte nur mit einem Kuß ihren Heyland erkennen; sie aber hat die Au- gen und Mund mit grosser Halßstarrigkeit versperret/ und so gar/ nicht ohne Aergernuß der Beywesenden/ den unflaͤtigen Rotz auff die Bildnuß deß ge- creutzigsten außgespiehen: dieserthalben seynd vielerley Urtheil der Menschen uͤber diese armselige Schwester er gangen: einige haben vermeinet/ sie seye nicht bey Sinnen: andere haben doͤrffen sagen; sie wuͤrde von den Stachelen und dem Wuͤten deß Gewissens getrieben: auch haben sich einige nicht ge- scheuet/ darfuͤr zu halten; daß ob sie schon offt gebeichtet/ dannoch ihre Suͤn- den niemahlen auffrichtig der Gebuͤhr nach offenbahret; sie habe ihrem Haß und unzulaͤssige Begirden in der Beicht verschwiegen/ damit sie vor keusch und heilig gehalten wuͤrde: Dahero geschehe es nun auß gerechtem Urtheil GOttes/ daß sie der letzten Stunde sich nicht bedienen koͤnne der H H. Sacra- menten/ durch welche sie bey Lebzeiten an statt der Liebe und Gnade GOttes desselben Zorn sich auff den Halß geladen habe: so seye es ja nicht wunder/ daß sie jetzt zumahlen keine Hoffnung habe/ indem sie mit den goͤttlichen Dingen spoͤttlich umbgangen seye: unter allen anwesenden hat niemand diese gottslaͤsterige Verzweiffelung dergestalt behertziget/ als eben die obgemeldte heiligmaͤssige Jungfraw Maria de Victoria: diese ist in Betrachtung der goͤttlichen Allmacht und Guͤtigkeit dem Bett mehr zugenahet/ in Hoffnung/ durch das inbruͤnstige Gebett der Krancken die Huͤlff GOttes zu erwerben/ und selbige von der Verzweiffelung zu erretten; hat auch nicht nachgelassen/ biß sie gesehen/ daß die bettlaͤgerige Schwester zu vorigem Verstand gelan- get/ und von der vermeinten Unsinnigkeit befreyet worden: weilen sie nun in diesem unertraͤglichen Stand von ihrer offt gedachten geistlichen Mutter gefragt; warumb sie von dem Urheber alles Heyls/ und von dessen geereutzig- sten Bildnuͤß ein wenig vorhero so grosses Abschewen erzeigt? hat sie geant- wortet/ daß im geringsten nicht EHristum/ oder seine Bildnuß; sondern den leidigen Sathan sothaner massen gefasset und verspiehen habe; weilen er sich in einer erschroͤcklichen Gestalt gezeigt/ und allemahl zwischen das Creutz und ihrer Persohn sich gestellet/ und sie mit aller Gewalt noͤthigen wollen/ N ihn Die Neunte Geistliche Lection ihn an Platz deß geereutzigten Jesu zu kuͤssen: und da ich/ sagt die Krancke/ solchem teufflischen Befelch nicht gehorchen wollen/ hab ich ihm ins Ange- sieht gespiehen/ und der unsauberen Versuchung mich widersetzet; biß ich endlich durch das Gebett meiner Mutter Victoriæ von dem hoͤllischen Feind bin gluͤcklich verlassen worden. 18. Siehest du/ mein Christliche Seel/ wie grob die jenige gefehlet ha- ben/ welche dieses unschuldige Maͤgdlein und andaͤchtige Braut CHristi/ als eine grosse Suͤnderin gerichtet haben? sollen wir derhalben nicht billig behutsamb seyn/ und der heylsamen Lehr deß Apostels nachzuleben uns be- fleissen/ der da spricht: Richtet nicht vor der Zeit/ biß der Herr komme; der auch an das Liecht bringen wird/ was in der Finsternuß verborgen ist/ und wird die Rathschlaͤge der Hertzen offenbahren: Damit du aber diesen schaͤdlichen Fehler Historia. Stengel. tom. 3. de judic. Divin. c. 37. n. 1. noch besser erkennest; so schlage nun auch die Augen deines Gemuͤths auff folgendes Exempel. Nicht weit von dem uhralten Staͤttlein Vau- burg hat in einer Bauren Huͤtten ein alter Ackerman gewohnet/ welcher nach Ableben seines Weibs und Kindern/ die Zeit mit Betten und andern guten Wercken also zugebracht/ daß ihn/ so ihn gekennet/ den frommen Bauren genennet haben: Dieser ist alle Sontag zu vorgemeldter Statt kommen/ umb dem GOttes-Dienst beyzuwohnen/ und hat nach dessen Vollendung auß Armuth von Thuͤr zu Thuͤr eine Allmosen gesamblet/ die ihme dann von den Einwohnern so freygebig mitgetheilet worden/ daß er damit die gantze Woche durch sich wohl erhalten koͤnnen: unterdessen haben zween Moͤrder in Ansehung deren freygebigen Allmosen sich ein- gebildet/ der Bawer muͤsse einen heimblichen Geld-Schatz versamblet ha- ben; derohalben sie bey der Nacht das Huͤttl ein angefallen/ den armen Al- ten ergriffen/ und ihme den Todt getrewet haben/ wann er nicht alsobald das versamblete Geld herauß geben wuͤrde: dieweilen er aber darauff be- standen/ daß weder Gold noch Silber/ weder einiges Geld besitzete; haben ihn die obgemeldte Moͤrder zu Bodem/ und einen Strick umb den Halß geworffen/ und also jaͤmmerlich erwuͤrget: und ob sie schon an allen Or- then das vermeinte Geld gesuchet/ haben doch nichts gefunden: dahero haben sie zu Bedeckung dieser grausamen That/ und zu Verhuͤtung alles Argwohns den Leib deß ertrosselten Alten an einen Balcken auffgehenckt/ damit ein jeder desto fuͤglicher urtheilen koͤnte/ daß dieser ungluͤckseelige Mensch sich selbsten entleibet habe: die Moͤrder aber/ nach- Von dem freventlichen Vrtheil. nachdem sie die Thuͤr wohl verschlossen/ haben die Flucht genommen: bey so gestalten Sachen ist alles biß auff den folgenden Sontag gcheim geblie- ben/ da dann bey den Vauburgischen Jnwohnern der fromme Bawer ge- mangelt; derhalben sie geargwohnet/ er muͤsse kranck seyn: deme sie dann einige mit Allmosen und sonst anderer guter Labung zugeschickt/ umb den Krancken zu besuchen/ und zu erquicken: nachdeme aber die Diener das Huͤttlein versperret gefunden/ und auch kein Zeichen von dem Jnwohner gehoͤret/ haben sie jhrer Herrschafft bedeutet/ daß der Alte nicht zugegen seye; und wuͤrde vielleicht nach seinem loͤblichen Gebrauch einer Pilgerfahrt oder sonst andern Andacht beywohnen: Man hat aber inzwischen wahr genom- men/ daß er wider seine Gewonheit gar zu langsamb erscheine/ und diesert- wegen geargwohnet/ ob der arme Mensch in V erzweiffelung gerathen/ und sich selbst moͤchte entleibet haben: Man hat die Thuͤren mit Gewalt er- oͤffnet/ und den Bauren an einem Balcken hangend gefunden: dieses er- baͤrmliche Spectacul ist alsobald dem Magistrat zu Vauburg hinterbracht worden; welcher dann den entleibten Bauren zu loͤsen/ und als einen Mord- thaͤtiger unter den Galgen zu begraben befohlen hat: dahero die von dem Alten vorhin gehabte gute Meinung bey jederman bald verschwunden; und hat man ihn als einen Gleißner und Betrieger allenthalben geurtheilet: es hat aber der allerhoͤchste Richter und Schoͤpffer aller Dingen nicht wollen zulassen/ daß dieser unschuldige Bawer mit solchem boͤsen Geschrey lang solte getadelt werden; derhalben hat er desselben Heiligkeit alsbald auff fol- gende Weiß kund gemacht; dieweilen der gewoͤhnliche Jahrmarck zu Vau- burg bald heran kommen/ zu deme gemeiniglich ein sehr haͤuffige Menge Volcks sich einfinden liesse; seynd auch viele Lahme/ Blinde und Außsaͤ- tzige nicht anders als die Gesunde zu diesem Marck hinzu gelauffen: un- ter diesen hat ein Blinder/ so von einem andern bey der Hand gefuͤhret wor- den/ da er den Galgen/ allwo deß unschuldigen Bawren Leichnamb begra- ben gelegen/ gaͤhling die Augen eroͤffnet/ und hat mit grosser Verwun- derung den Himmel und die Erd angeschawet: Diesem ist zur selbigen Zeit gefolget einer/ so mit hoͤltzernen Fuͤssen versehen; an selbigem Orth aber gantz gerad worden/ die Kruͤcken hinweg geworffen/ fuͤr grosser Frewd zu lauffen und zu springen angefangen: Endlich ist auch hinzu kommen ein Außsaͤtziger/ so auch an gemeldtem Orth wider alle Hoffnung von seiner abscheuligen Kranckheit genesen ist: Da diese seltzame Curen nun in der Statt ruchtbahr worden/ haben die Einwonhner zu gedencken an- gefangen/ ob vielleicht der offtgedachte Bawer unverdienter massen N 2 auff Die Neunte Geistliche Lection auff diesen unehrlichen Platz begraben seye: mittler Weil hat sich zugetra- gen/ daß die jenige Boͤßwichter/ von denen der Bauer in seinem Huͤtlein ware umbs Leben gebracht/ wegen einer andern Ubelthat zu Vauburg in Hafften genommen worden; und da sie von dem Huͤter deß Kerckers ver- nommen/ was sich mit dem Blinden/ Lahmen und Außsaͤtzigen zugetragen/ haben selbige ab diesen Wunderwercken sich entsetzet/ und dem Rath zu Vauburg bekennet und erzehlet/ was massen und Ursachen sie den armen Al- ten getoͤdtet; auch haben außgesagt/ daß ohne allen Zweiffel durch Fuͤrbitt desselben die Presthaffte unter dem Gericht seyen geholffen worden/ damit die Mordthat deß unschuldigen Menschen durch die Hand GOttes offen- bahret werde: Der gesambte Rath solches dem Bischoff zu Regenspurg angekuͤndiget; welcher mit seiner Clerisey und grossem Zulauff deß Volcks alsobald zu mehr gemeldtem Orth kommen/ den Leib außgegraben/ und auff seinen und der seinigen Achselen nach Vauburg getragen/ allwo dieser from- me/ und vor den Menschen veraͤchtliche Bauer mit vielen Wunder-Zeichen von GOtt zum Heyl der Menschen geehret worden: die Moͤrder aber ha- ben dieses und anderer Ubelthaten halber ihren verdienten Lohn empfangen. 19. Auß diesem kanst du/ meingeneigter Leser/ handgreifflich erkennen/ daß alle von dem irrigen Urtheil deß Menschen obangezogene Reden in der unfehlbaren Warheit gegruͤndet seyen: wuͤrde nicht dieser arme Bettler fuͤr einen Ubelthaͤter und Gleißner gehalten/ durch den doch die Goͤttliche Ma- jestaͤt so viele ansehnliche Wunder gewircket hat? ist dann das menschliche Urtheil so betrieglich; so ist ja billig und hoͤchstnoͤthig/ daß wir diesem Be- trug zu entgehen uns befleissen/ und sonderbahr behertzigen den grossen Nu- tzen/ den wir ab diesem Sieg zu empfangen haben; und die Goͤttliche Guͤtig- keit durch unzahlbahre Beyspiel uns uͤberfluͤssig vor Augen stellet: deren wir Kurtzheit halben nur folgendes auß dem Athanasio Bischoff zu Anthiochia erzehlen: daß nemblich zu seiner Zeit einer unter den Ordens-Geistlichen nach uͤbel und muͤssig zu gebrachtem nachlaͤssigen Leben toͤdtlich erkraͤncket seye/ und habe wider alle Meinung der anwesenden/ und Gewonheit der sterbenden in seinem Todtsbett eine grosse Frewd seines Hertzens bezeuget: daruͤber dann billig seiner mit-Bruͤdern einige mit Verwunderung gefraget; woher ihm solche Froͤhligkeit entstanden/ daß er den Todt allein nicht foͤrchte/ son- dern denselben noch außlache und verspotte: man hat ihn bester massen seiner im geistlichen Stand gepflegten Lawig- und Nachlaͤssigkeit erinnert; so waͤre ja wohl zu verwunderen/ daß er an Platz der heylsamen Traurigkeit/ so Von dem freventlichen Vrtheil. so ungewoͤhnliche Zufriedenheit und Sicherheit deß Gemuͤts erzeige. Der Sterbende hat diese seiner Mit-Bruͤder wohl-meinende Frag- Stuͤck auff folgende Weiß beantwortet: Jch gestehe gern/ mein liebe Mit- Bruͤder/ daß es also seye/ wie ihr saget: ich hab ein sehr nachlaͤssiges Leben gefuͤhret: es seynd aber zu dieser Stunde die Engel GOttes zu mir kommen/ und haben mir eine Verzeichnuß meiner Suͤnden gebracht; und nachdem sie alle meine in dem Geistlichen Stand veruͤbte Missethaten mir vorgelesen/ haben sie mich gefragt/ ob ich mich deren schuldig erkenne? worauff ich geantwortet; ja freylich bekenne ich/ daß ich durch selbige das Hoͤchste Gut belaͤidiget ha- be: dieses aber erfreuet mich/ daß ich von Zeit meines angefangenen Beruffs biß auff gegenwaͤrtige Stund niemand geurtheilet/ und deß mir von an- deren zugefuͤgten Unrechts niemahln gedacht habe: derhalben wuͤnsche ich und bitte/ daß mir die Wort deß HErrn moͤgen zugeignet werden/ die Er gesprochen: Richtet nicht/ so werdetihr nicht gerichtet wer- den. Verzeyhet/ so wird euch verzyehen werden. Nachdem ich solches den Engelen gesagt hab/ ist die gemeldte Verzeichnuß von ihnen zerrissen worden/ und ich reise jetzt mit hoͤchster Freud und Sicherheit zu dem HErrn. Mit Endigung dieser Worten/ hat der Geistliche Bruder auch seyn Leben geschlossen/ und allen ein herrliches und aufferbauliches Exempel jener bey- den Tugenden hinterlassen. 20. Verzeyhe mir nun/ mein Christliche Seel/ daß ich dich frage. Wem hat die unendliche Guͤtigkeit GOttes dieses Beyspiel zum Besten dergestalt offenbahren/ und in so vielen Jahren auch durch oͤffentlichen Druck verkuͤn- digen wollen? ist daß nicht dir und mir/ und fort allen so dieses hoͤren zum grossen Vortheil geschehen? verlangest du mit diesem gluͤckseeligen Geistli- chen dem Goͤttlichen Urtheil zu entfliehen/ und den Todt mit innerlichen Freude deß Hertzens zu erwarten/ so folge nach die zwey herrliche Tugenden dieses Geistlichen: und damit du solches fuͤglicher und bequemblicher ins Werck richten moͤgest; so lasse dir sonderbahr angelegen seyn diese zwey uͤb- liche Lehr-Stuͤck/ deren erstes dir an die Hand gibt ein sicherer Gottseeliger Mann mit folgenden Worten: Du solst am allerfleissigsten/ nicht anders als wie fuͤr die allergroͤste Suͤnd dich huͤten/ daß du keines wegs andere rich- test: sondern/ alles/ was sie immer thun und reden/ das lege du zum besten auß/ und trage Sorg bey dir selbsten/ wie du sie verthaͤtigen moͤgest/ nicht and e rs/ alswann du derselben Advocat und Vorsprecher waͤrest: Kanst du solches aber nicht thun/ dieweilen die Sach handgreifflich boͤß ist; nichts de- stoweniger entschuldige sie/ so viel moͤglich/ bey dir selbst/ und gebe die N ? Schuld Die Neunte Geistliche Lection Schuld oder dem schaͤdlichen Last deß Gebluͤts/ oder dem hefftigen Anfall der Versuchungen/ oder dem Betrug der Welt und Boͤßheit deß leidigen Sathans/ oder andern dergleichen Verfuͤhrungen; und wende du dein Gemuͤth ab von den Gedancken der jenigen Suͤnden. Das andere Lehr- Stuck hastu dir zu erwerben auß den Worten deines Heylands selbsten/ Krafft deren er die H. Chatarina von Senis unterrichtet. Auff daß du zu der Vereinigung und Reinigkeit gelangen moͤgest/ ist noͤthig/ daß du keine Sach richtest/ welche du siehest/ daß von anderen oder gegen dich selb- sten/ oder gegen Frembde geschicht oder geredet wird. Und wann du wuͤr- dest sehen eine außtruͤckliche Suͤnde/ so kanstu auß diesen Doͤrnen eine wohl- richende Rose herauß ziehen/ wann du solche Suͤnder vor mir durch ein wahres und Christliches Mit-Leyden auffopfferest: solcher Gestalt wirstu die vollkommene Reinigkeit erreichen. Seynd das ansehnliche und stattli- che Verheissungen? und was ist doch leichter zu thuen/ als daß der Mensch/ so offt er seinen Naͤchsten suͤndigen sehet oder hoͤret/ sich zu GOtt wende/ und mit einem mit-leydigen Hertzen sage: O mein suͤssester JESU/ siehe/ mein Neben-Mensch hat dieses oder jenes Ubel begangen; ob selbiges deinen Goͤttlichen Augen auch so boͤß scheine/ als es mir vorkommet/ daß weiß ich zumahlen nicht: dem seye/ wie ihm wolle; ich will dieses nicht urtheilen; sondern dich meinen Barmhertzigsten GOtt und HErrn bitte ich; wann villeicht mein Naͤchster durch diese oder jene That deine unendliche Guͤtig- keit erzuͤrnet hat/ du wollest seiner verschoͤnen/ ihme gnugsame Gnad zur Besserung verleyhen/ und von deinem Allerheiligsten Angesicht dessenthal- ben nicht verwerffen: sintemahlen ich dir zu Ersetzung dieses Mangels auff- opffere das kostbahre Blut deines Allerliebsten Sohns JESU Christi/ sambt dessen unendlichen Liebe und Sanfftmuͤtigkeit/ mit denen Er uns geduͤldet. Du weiß auch/ mein HErr und GOtt/ auß dem Boͤsen Gu- tes hervorzubringen; derhalben bitte ich dich abermahl/ du wollest diese Mis- sethat zu deiner groͤssern Glory und Herrligkeit/ und deß suͤndigen Men- schen mehrerer Demuth gereichen lassen. Schließlich ist auch/ O HErr/ mein inbruͤnstiges Begehren; behuͤte doch die Augen der jenigen/ so dieses anschauen/ und die Ohren die solches hoͤren/ damit sie nicht geaͤrgert wer- den; binde ihnen die Zung/ die Haͤnde/ ꝛc. damit sie mit sothaner Suͤnde dich nicht beleidigen. Wann du dieser Lehr solcher oder anderer Gestalt emb- sig nachzuleben trachten werdest; so kanstu dich versicheren/ daß nicht allein auß deines Naͤchsten Fall keine Straffmaͤssigkeit zu gewarten habest; son- dern auch darzu einen sehr grossen Schatz der Verdiensten zum Trost dei- ner armen Seelen versamblen werdest. Die Von der Verlaͤumbdung oder Ehr-Abschneidung. Die Zehnte Geistliche LECTION Von der Verlaͤumbdung oder Ehr-Abschneidung. Remove à te Os pravum, \& Labia detrahentium sint Prov. 4. 24. procul à te. Ein boͤses Maul thue von dir hinweg/ und laster- hafftige Lippen laß weit von dir. Der Erste Theil. 1. A Usser allem Zweiffel ist/ daß die Verlaͤumbdung oder das Ehr-Ab- schneiden von dem freventlichen Urtheil herruͤhre; und weilen die- selbe vor ein Haupt-Feindin der bruͤderlichen und schwesterlichen Liebe gehalten wird/ als haben wir fuͤr rathsamb befunden/ dieselbe kuͤrtzlich zu entwerffen; von dero dieser Worten sich gebrauchet der gelehrte Drexe- In Phaet c. 15. lius. Die Verlaͤumbdung oder Chr-Abschneidung ist ein unrech tferti- ge Beschmitzung deß guten Nahmens seines Naͤchstens. Der H. An- tonius ein Einsidler/ und vieler derselben Vaͤtter/ da er gefragt wurde/ was die Ehr-Abschneidung vor ein Laster seye/ hat er geantwortet; alle Pallad. e. 19. n. 15. boͤßhaffte Reden/ so man in Gegenwart dessen/ vom wem man redet/ nicht darff hervor bringen/ seynd eine Ehr-Abschneidung. Den Schaden aber/ so dieses Laster mit sich fuͤhret/ beschreibt der heilige Bernardus mit diesen Worten: Jst nicht die Zung deß Verlaͤumbders ein Natter- Schlang? fuͤrwahr ein sehr wildes und grausames Thier/ das da mit einem Athem drey zugleich toͤdtet. Jst nicht diese Zung ein sehr scharffe Lantze/ wel- che mit einem Stich drey auff einmahl dur chrennet? ihre Zung/ sagt er/ ist ein Die Ziehende Geistliche Lection ein scharffes Schwerd: ja sie ist zwey und auch gar ein drey-spitziger Degen. Weiters sagt er/ daß sie grausamer seye/ als das Speer; spitziger als die Doͤrnen und Naͤgel/ mit denen unser Heyland ans Creutz gehefftet wor- den; dieweilen der Verdambter sich selbsten toͤdtet; auch toͤdtet er den jeni- gen/ der das Ehr-abschneiden ohne Widersprechen anhoͤret; und drittens toͤdtet er denjenigen/ den er verlaͤumbdet oder verkleinert. Dieses Schwerd aber fuͤhren die Ehren-Schaͤnder gemeiniglich in ihrem Mund; nemblich daß sie sagen: ich muß gestehen/ dieser Mensch ist gut/ dieser oder jener hat keinen Mangel an sich/ er ist zu diesem oder jenem Ambt sehr tauglich und geschickt/ wann er nur das oder dieses Laster/ dieses oder jenes Ubel nicht an sich haͤtte. Dahero das gemeine Sprichwort der Lateiner/ in teutsche Rheimb versetzt also klinget: Wann nicht waͤr das Boͤse/ Wann nit; Ein jeder waͤr sehr ehrlich: Viele seynd derhalben dann nit/ Denen/ Wann nit/ nicht gefaͤhrlich. Wann dieser oder jener Mensch diesen Fehler nicht haͤtte/ so waͤre er gut/ sagt der Verleumbder: und ich sage/ daß derhalben dann nit viele seyen/ von denen man nicht; wann er diese oder jene Untugend nit haͤtte/ so waͤre er Gut; schier allen Menschen/ ja vielmahl den Besten ist dieses/ Wann nit/ an ihrem guten Nahmen schaͤdlich/ und wird dardurch derselben Ehr in Gefahr der schaͤndlichen Verlaͤumbdung. Derhalben lesen wir im Buch Exodi, daß GOtt dem Moysi befohlen: Sage dei- c. 8. 16. nem Bruder Aaron/ streck deine Ruthe auß/ und schla- ge den Staub der Erden/ und es sollen Wand-Laͤuse seynd in gantz Ægypt en-Land. Uber diese Wort deß HErrn spricht also der gelehree Stephanus Edensis: Die Wand-Laͤuse seynd kleine/ aber unruͤhige und scharff-stechende Thierlein: diese Wand-Laͤuse aber seynd die Ehr-abschneidende Reden; und diese werden seyn an den Menschen und am Viehe; in allen Orden/ Staͤnden und Geschlechten; bey Jung und Alten/ unter Reichen und Armen/ bey Herren und Knech- ten wird dieses Ubel sehe erbaͤrmlich hausen. Viele seynd/ die auß Schamhafftigkeit ihren Neben-Menschen ins Angesicht nicht schmaͤ- hen; wenig aber/ ja so gar kaum einige werden gefunden/ so die Chre ihres Naͤchsten mit unbedachtsamen Reden nicht beschmitzen. Ad Ce- lantium. Mit diesem stimmet ein der heilige Paulus/ und sagt: gar wenig seynd/ welche dieses Laster nicht an sich haben; und es werden selten einige gefunden Von der Verleumdung oder Ehrabschneidung. gefunden/ die so unstraffbahr leben/ daß sie den Handel und Wandel ihres Nechsten nicht tadlen: man siehet dieses Ubel in den Hertzen der Menschen dergestalt den Meister spielen; daß auch die jenige/ so andern Lastern nun- mehr voͤllig den Ruͤcken gekehret; von diesem gleichwohl noch gefangen/ und an ihr aͤusserstes Verderben gebunden werden. 2. Wann nun die Verleumdung nach Meinung dieses H. Vatters/ bey den guten so gemein ist/ daß sie dieserthalben der Gefahr ihrer Seeligkeit sich unterwerffen; soll man dann nicht billig suchen dieses Unkraut außzu- roͤpffen? gestalt die Verleumder neben andern Ubelen/ so ihnen zustossen/ von einigen H. H. Vaͤttern auch den Schweinen verglichen werden/ die nicht so sehr die Blumen/ als eben den Mist und andern Unflat deß Gartens lieben/ und in selbigem sich weltzen: gleicher massen pflegen die Ehrabschneider die gute und tugentsame Werck mit so grossem Frolocken nicht hervor zu brin- gen/ als eben sie die Maͤngel und Verbrechen ihres Nechsten/ zu dessen guten Nahmens Vergeringerung/ bey andern zu erzehlen sich befleissen. Weiters L. 12. A- stra Faust. vergleicht der H. Vatter Augustinus einen Verleumbder dem Raben/ wel- cher auß der Archen Noe ist gelassen worden/ und nicht wieder kommen; wei- len er den todten Leibern und auff dem Wasser schwimmenden Aasten sich zugesellet hat. Einen guten und auffrichtigen Menschen aber verstehet er durch die Taube/ so den gruͤnen Zweig eines erbaren Lobs im Mund zuruͤck gebracht: Wiederumb ein ander vermeinet/ dieses Laster seye aͤhulich dem March. in hort. Past. 11. 4. lect. 17. Schweiff deß Apocalipti schen Drachen/ so der H. Joannes in seiner Offen- bahrung gesehen/ daß er mit selbigem den dritten Theil der Sternen auß dem Himmel gezogen; solcher Weiß wird auch die V erleumbderung den meisten Theil der Menschen in den Abgrund der Hoͤllen versencken: zu V erhuͤtung sothanen Unheils ermahnet der weise Salomon uns treulich/ da er spricht: Ein boͤses Maul thue von dir hinweg/ und lasterhaffte Prov. 4. v. 24. Lippen laß weit von dir seyn. 3. Haͤtte doch diesen kurtzen Spruch wohl behertziget/ und im Werck er- fuͤllet jener Geistliche in Engelland/ so waͤre selbiger seinem ewigen V erder- ben ohne zweiffel also jaͤmerlich nicht in den Schlund gefahren: dieweilen er aber/ wie Drexelius meldet/ dem aͤusserlichen Ansehen nach/ nicht aber den Sitten gemaͤß ein Geistlicher/ aller/ so wohl seiner Bruͤder als auch anderer Ehre und guten Nahmen immer zu verdunckelen und zu verkleinern sich nicht gescheuet hat; und immittelst durch eine gefaͤhrliche Kranckheit zum End sei- nes Lebens gerathen/ ist er von denen umbstehenden Priestern bruͤderlich er- mahnet worden zu gedencken/ daß er nunmehro in kurtzem den Weeg der E- O wigkeit Die Zehente Geistliche Lection wigkeit zu wandern genoͤthiget werde/ derhalben solle sich mit einem sichern Reiß-Pfenning/ nemblich den H. H. Sacramenten versehen lassen; ist er nach gegebenem so heylsamen Rath gantz verhartet worden/ und hat mit zu- mahliger Verzweiffelung geantwortet: schweiget nur still/ mein Heyt ist verschaͤrtzet/ ewere Ermahnungen koͤnnen mir weiters nicht helffen: da die- ses die umbstehende gehoͤrt/ haben sie den verzweifflenden Menschen mehr als vorhin zu betten sich unterstanden; er wolle doch an die Barmhertzigkeit sei- nes Erloͤsers gedencken/ auff selbigen seinen Hoffnungs-Aneker werffen/ und sich versicheren/ daß GOtt auch nach einem eintzigen hertzlichen Seuff- tzer ihu in sein vorige Gnad auffzunehmen bereit seye: Sie haben/ mit ei- nem Wort zu sagen/ diesen mißtrauenden Suͤnder in der Hoffnung zu be- staͤttigen/ keine Mittel unterlassen: aber/ leider GOTTES! alles umb- sonst: der sterbende hat seine Zung herauß gesteckt/ mit dem Finger auff sel- bige bedeutet/ und gesagt: diese boͤßhaffte Zung stuͤrtzet mich in die ewige Verdamnuͤß: nach diesen Worten ist alsbald die ehrruͤhrische Zung der- gestalt auffgeschwollen/ daß er sie nicht mehr hat koͤnnen zuruͤck ziehen: also ist dieser armseelige Mensch der Gnaden GOttes beraubet gestorben/ und uns saͤmptlichen ein grausames Beyspiel hinterlassen/ auff daß wir durch dessen Schaden witzig/ und also von diesem so grossen Laster der Verleumb- Prov. 21. v. 23. dung befreyet werden moͤchten: Dann der seinen Mund verwahret und seine Zung; der verhůtet/ daß seine Seelnicht in Angst komme. 4. Gleich wie dann keiner wird gefunden werden/ der nicht ein billiges Abscheuen von der bittern Gesellschafft dieser verfluchten Seelen in der Hoͤl- len trage; also fliehe nun auch ein jeder das Ehrabschneiden; damit er unter die Zahl dieses und anderer Verleumbder/ als ein Mitgesell nicht gezchlet werde auff Erden Nehme wahr meine Christliche Seel die Lehr und Ex- empeldeines Heytands/ welchen der hohe Priester gefragt/ von semen Juͤn- gern und von seiner Lehr; hat aber keine andere Antwort bekommen/ als diese: Jch hab oͤffentlich fůr der Welt geredet/ und hab nichts im verborgenen geredet: was fragest du mich? frage die jenige/ die gehoͤrt haben/ was ich zu ihnen geredet hab: von seinen Juͤngern aber hat er nichts geantwortet/ dieweilen er zur selben Zeit noch wenig guts und loͤbliches von ihnen erfahren: dann einer hatte ihn verra- then/ der andere verlaͤugnet/ und die uͤbrige waren von ihrem Herrn fluͤchtig worden: Diese ist gewesen die Ursach deß Stillschweigens: Hierauß lerne die Suͤnden deines Nechsten zu verbergen; und wann du nichts gutes hast von Von der Verleumdung oder Ehrabschneidung. von ihme zu reden/ so schweige auch das Boͤse/ so dir vielleicht bekandt ist: Dieses hat der Heil. Vatter Augustinus nicht allein allezeit nach seiner Be- Possidon in vita. 22. kehrung selbst unstraͤfflich gehalten; sondern andere zur V erschoͤnung der Ehren ihres neben-Menschen unauff hoͤrlich angetrieben: und damit er seine Gaͤst von uͤberfluͤssigen und schaͤdlichen Reden und V erleumbderungen ab- halten moͤchte; hat er ober halb deß Tischs diesen V ers schreiben lassen. Den die Boͤßheit wird verleiten/ Seinen Nechsten zu verleumbden; Deme soll zu allen Zeiten Dieser Tisch verbotten seyn. Allen Fleiß hat dieser heil. V atter angewendet/ daß der obgesetzte Spruch bester massen gehalten wuͤrde; so gar/ daß er auch einsmahls einigen Bischof- fen/ wiewohl seinen sehr geheimen Freunden/ dieweilen sie von andern uͤbel geredet; an oͤffentlicher Tafel mit diesen Worten zugesprochen: Oder wir muͤssen den oben dieser Tafel geschriebenen Befelch vernichtigen/ oder wir muͤssen von hinnen gehen: Jmgleichen hat der Heil. Joannes Eleemosyna- Faber in Conc. 6. Dom. 6. post Pent. rius verbotten/ auch die jenige zu urtheilen/ so da oͤffentlich suͤndigten: dann sagt er/ es kan seyn/ daß sie ihren Fehler durch die Bußfertigkeit schon erken- net haben; und deßwegen ist es eine ungerechte Sach/ daß der Mensch das jenige muthwilliger Weiß urtheile/ und durch die Zaͤhn ziehe/ was von Gott selbsten schon verziehen ist. 5. Wie viel aber dergleichen Suͤnder/ so von GO tt ihres V erbrechens Nachlassung wuͤrcklich erhalten/ werden dannoch freventlicher Weiß von uns gerichtet/ als wann sie diese ihre Missethaten im geringsten nicht bewei- net/ noch gebessert haͤtten! Ein jeder schawe fleissig zu/ daß ihm nicht wider- fahre/ was jener Clerch oder welt Geistliche von ihm selbsten nach seinem In specul Exempl. Historia. Todt bezeuget hat: dieser hat in seinen Leb - Zeiten keine Gelegenheit den Nechsten zu laͤstern versaumet; derhalben ist er seinem Gesellen versproche- ner massen in einer so erschroͤcklichen Gestalt mit Fewer umbgeben erschie- nen/ daß dieser auß Forcht und Grewel zur Erden gefallen; der dann nach- mahls wiederumb zu Kraͤfften kommen/ sich erkuͤhnet und gefragt; wo ihm sein loß waͤre hingefallen/ in das Feeg-Feuer/ oder in die Hoͤlle? in Ewigkeit/ antwortet der Geist/ in Ewigkeit/ ach! in Ewigkeit bin ich durch das gerechte Urtheil GOTTES verdammet/ weilen alle/ denen ich die Ehr jemahlen abgeschnitten/ seynd erschienen/ da ich vor dem Richter umb Rechen- schafft zu geben gestanden/ und haben mich groͤblich angeklaget; O 2 der- Die Zehente Geistliche Lection derhalben ist die Sententz der ewigen V erdamnuß uͤber mich ergangen. Daß aber die goͤttliche Gerechtigkeit mit den V erlaͤumbdern so scharff verfahre/ ist nicht zu verwunderen; sintemahlen dieselbe nach Zeugnuß deß H. Apostels Rom. 1. seynd Feinde GOttes: auch hat diese Warheit gnugsamb erkennet der Koͤ- nigliche Prophet David/ derowegen gibt er zu verstehen/ wie sehr ihm dieses Psalm. 100. v. 5. Laster zu wider gewesen: Der seinen Nechsten heimblich ver- leumbdet/ den hab ich verfolget: von dieser so gemeinen Suͤnde hat gleichwohl der gottseelige Kayser Constantinus der grosse ein solches Ab- Baron. tom. 3. An. 325. scheuen gehabt; daß von ihm diese Wort oͤffter seynd gehoͤret worden; wann ich mit meinen Augen schen wuͤrde/ daß ein Bischoff mit einem vermaͤhlten Weib ein Blut-Schand begienge; so wolte ich diese schaͤndliche That mit meinem Kayserlichen Feld-Zeichen bedecken/ damit die jenige/ so dieses schaweten/ keines weegs verletzet wuͤrden: wann ein solcher Herr und Mo- narch der Welt so sehr die Ehr seines Nechsten eyfferet/ was sollen wir dann nicht thuen/ den guten Nahmen unseres neben-Menschen zu erhalten? Lasset uns flehen so weit wir koͤnnen fuͤr dieser Pest; lasset uns messen/ wie wir wil- len/ daß uns gemessen werde; und wann wir begehren/ daß GOTT unsere Suͤndenbedecke/ und gar vernichtige; so lasset uns auch schweigen/ und ber- gen die Maͤngel unserer Bruͤder und Schwestern. 6. Auff daß du mich aber/ meine Christliebende Seel/ recht verstehest/ so gebe Achtung/ daß du auß folgender Lehr abnehmen koͤnnest; wann es zuge- gelassen/ und auch nothmendig seye/ von eines anderen Suͤnde zu reden. So sage ich dann/ daß in zweyen Zufaͤllen oder Begebenheiten koͤnne und moͤge ohne Gefahr der V erlaͤumbderung oder Ehr abschneidung von deß Nechsten Suͤnde bey andern Meldung geschehen: Erstlich/ wann die Suͤnde allbereits gemein und andern ist kundbar worden/ also daß man bey allen davon reden hoͤret: Zweytens/ wann man die Suͤnde dem jenigen offenbahret/ der dieselbe zu straffen Gewalt hat/ und dem suͤndigen Menschen helffen kan: Diese Of- fenbahrung zu thuen seynd wir offtmahlen schuldig; wie der Heil. Thomas lehret; damit die verborgene Wund und Geschwaͤr nicht faͤulig werde. Jm uͤbrigen ist es auch wohl zu mercken/ daß es nicht allein boͤß/ und Gott miß- faͤllig seye/ wann man seinem Nechsten die Ehr und guten Nahmen ver- kleineret; sondern/ auch/ wann man den Verleumbder anhoͤret: derhalben Lib. 2. de consid. sagt der H. Bernardus: Was unter diesen beyden das aͤrgeste seye; das Ehrabschneiden/ oder den Ehrabschneider. an- hoͤren; darüber stehe ich in Zweiffel: So muß man dann auch die Gesellschafft der Verleumbder hefftig meiden; von denen der Von der Verlaͤumbdung/ oder Ehr abschneidung. der jetzt-gemeldte Kirchen-Lehrer abermahl also redet: Meine Seel soll Serm. 24. in Cant. nicht kommen in den Rath der Verlaͤumbder/ dieweilen sie GOtt hasset/ wie der Apostel schreibet: die Ver- laͤumbder seynd Feinde GOttes. Und weilen der Heil. Vatter In regu- la mon. c. 22. Hieronymus den schaͤdtlichen Athem dieses Lasters vermercket/ hat er seine unterhabende Geistliche mit diesen treu-hertzigen Worten ermahnet: Wann ihr einen Verlaͤumbder hoͤret uͤbel reden von seinem Naͤchsten/ denselben solt ihr fliehen wie eine Schlang/ damit er also beschaͤmet werde/ und lerne von seines Neben-Menschen Thun und Lassen fortan zu schweigen. Wann aber einer den Verlaͤumbder mit Gedult gern anhoͤret/ so reichet derselbe solchem Ehr-Abschneider das Feuer-Gezeug/ und bereitet das Zuͤndl; die- ser aber schlagt das Feuer hinauß. Wird er aber sothanem Boͤßwicht mit einem Widerwillen und betruͤbtem Angesicht zuhoͤren; alsdann kan man sich Hoffnung machen/ daß er mit gewoͤhnlichem Frolocken hinfuͤhro wer- de sagen/ was er vermerckt hat/ daß er mit einem Abseheuen ist angehoͤret wor- den. Wann wir diesem nicht nachleben; so werden wir von der grau- me Suͤnd deß Ehr-Abschneidens nicht befreyet seyn: dann gleich wie nicht allein der jenige Ubet thuet/ so das Hauß seines Naͤchsten anzuͤndet; sondern auch/ der zu Beschauung das Wasser zu reichen vernachlaͤssiget: also ist nicht allein der V erlaͤumbder/ sondern auch der geneigte Zuhoͤrer der Schuld und Straff verfallen; wie solches der H. Thomas mit diesen Worten be- kraͤfftiget: Welcher die V erlaͤumbdung anhoͤret/ und derselben nicht wider- sprechet/ von dem ist zu muthmassen/ daß er dem V erlaͤumbder beystimme; derhalben wird er auch derselben Suͤnde theilhafftig. 7. Hastu verstanden/ mein Christliche Seel/ wie gefaͤhrlich es seye den V erlaͤumbdern zuzuhoͤren? so huͤte dich fuͤr ihnen/ und folge nach dem Vlys- sen; von dem Homerus erzehlet/ daß er sehr behutsamb gewesen seye/ und den Betrug und Arglist der Sirenen oder Meer-Wundern wohl gewist/ die mit ihrem lieblichen Gesaͤng die Menschen zum Schlaffen bewegen/ und sie alsdann pflegen ins Meer zu stuͤrtzen. Damit nun der obgemelte Vlysses mit den seinigen dieser Gefahr entgehen/ und auff dem Meer sicherlich schiffen koͤnnte; hat er allen seinen Schiff-Leuten die Ohren mit Wachs verstopffet/ und sich an den Mast-Baum binden lassen; und ist an selbigem so lang gehefftet blieben/ biß der annehmliche Gesang der Sirenen/ durch immerwaͤhrendes Fortseegelen nicht mehr hat koͤnnen gehoͤrt werden. Wilstu nun auff diesem ungestuͤmmen Meer der Welt von dem liebreichen Gesang der Sirenen/ ich sage; von dem sanfften und betrieglichen Sausen der V er- O 3 laͤumbdung Die Zehente Geistliche Lection laͤubder nicht betrogen werden/ und in den Schlaff der Suͤnden fallen; so versperre deine Ohren mit dem fuͤr sichtigen Vlysse, nicht aber mit Wachs/ c. 28. 28. sondern mit Doͤrnen/ wie dich und mich der Weyse Mann lehret: Ver- zeune deine Ohren mit Doͤrnen/ und hoͤre nicht/ was ein boͤse Zung redet; mache Thůren und Schloͤsser an dei- nen Mund und Ohren. Er befilcht nicht den Zaun auß Blumen; als Rossen und der gleichen/ sondern auß Distelen und Doͤrnen zu machen/ wann wir den Ubel-Nachredenden den Eingang versperren wollen. Der Zaͤune gebrauche man sich/ umb die Aecker damit gegen die wilde Thier/ und umb die Gaͤrten gegen die Dieb zu beschuͤtzen: die Doͤrnen aber dienen umb die Ohren wider die Verlaͤumbder; so nicht fuͤglicher koͤnnen abgehal- ten werden/ als wann man ihnen ein scharffes und ernstliches Gesicht zei- get/ und sie ermahnet/ deß Ubel Nachredens sich zu enthalten. Solte es aber solches zu thun auß billigen Ursachen nicht rathsamb seyn; so muß man sich solcher Gesellschafft/ so viel moͤglich ist/ entziehen; oder von den Ver- laͤumbderischen Reden zu anderen bessern und ehrbarern Gespraͤchen zu schreiten sich unterstehen: dann gleich wie man einen wuͤtenden Stier einen Mantel oder deßgleichen Decke uͤberwirfft/ damit man demselben desto besser entgehen kan/ indem er mit solchem Mantel zu schaffen hat; also muͤssen wir zu Errettung dessen/ der verkleinert wird/ andere Reden vorbrin- gen. Dieses hat mit unsterblichem Ruhm beobachtet der Englische Cantz- ler Thomas Morus: dann da er vermerckte/ daß einige mit ihrer Sense in die Ehr ihres Naͤchstens hinein hieben; suchete er alsobald von andern Din- gen zu reden/ und sagte: es mag ein jeder vermeinen und sagen was er wolle; ich halte es darfuͤr/ daß dieses Hauß wohl erbauet seye/ und einen guten Baumeister gehabt habe. Lerne nun auß diesem/ mein Christ-liebende Seel/ wie noͤthig es seye zur Seeligkeit/ daß man diese beyde Ubelen verhuͤ- te; und nehme vor Lieb das jenige/ was zu deinem Heyl von diesem schaͤdlichen Laster bißhero gesagt worden. Die Von der Demuth Die Eilffte Geistliche LECTION Von der Demuth. Discite à me, quia mitis sum \& humilis corde. Matth. 11. v. 29. Lernet von mir dann ich bin sanfftmůthig und De- můthig von Hertzen. Der Erste Theil. 1. G Leich wie ein Gebaͤu ohne Grund-Vest nicht bestehen kan/ also wird an dem herrlichen Bau der Tugenden/ ohne die Demuth vergeb- lich gearbeitet; dergestalt/ daß auch ein jede Tugend verdaͤchtig ge- halten werde/ so mit der Demuth nicht versehen ist. So ist dann diese Tu- gend so nothwendig/ daß sie ohne andere seyn kan/ ohne sie aber andere nicht bestehen koͤnnen; dieweilen sie ist eine Erfuͤllung oder Ersetzung der andern/ wie der Gottseelige Rodericius beweiset. Dahin ziehlet auch der Heil. Vatter Augustinus mit diesen Worten: Wilstu groß seyn: so Tr. 3. c. 39. p. 2. fange vom niedrigisten an. Gedenckestu auffzurichten einen Ban grosser Hoͤhe; so laß dir vorhin angelegen seyn das Grund-Vest der Demuth. Weiters hoͤre/ mein Christliche Seel/ mit was vor Ehren-Titulen diese Tugend von den H. H. Vaͤttern benambset werde. Einige nennen die Demuth ein Fundament oder Grund- Vest der Christlichen Weißheit: andere ein Artzeney der auffgeblasse- nen oder hoffertigen Menschen/ andere ein Schildwacht der Tugenden: andere/ den meist-glantzenden Edelgestein an dem herrlichen Kleyd deß ho- hen Priesters. Der Heil. Basilius tauffet sie den aller-sicheresten Schatz aller Tugenden. Der vor - benennte Rodericius bricht also von dieser Tugend loß/ und sagt; gleich wie alle Stern in Ankunfft der Son- nen ihren Schein verliehren; also werden alle andere Tugenden verduncklet/ nachdem die Demuth in das menschliche Hertz ist eingetretten. Und Die Eilffte Geistliche Lection Und abermal/ gleich wie ein Blum von der Wurtzel lebet/ und ohne selbige verduͤrret; also muͤssen alle Tugenden/ wann sie durch die Wurtzel der De- muth nicht erhalten werden/ alsbald verwelchen. Schließlich kan die De- muth unter allen Tugenden die niederigste und hoͤchste billig genennet wer- den; dann/ wie mehr sie den Menschen erniedriget; desto mehr erhebt und erhoͤhet sie denselbigen. 2. Damit wir aber in Erfahrung kommen moͤgen/ worinn die ware Demuth bestehe/ so wirds noͤthig seyn/ dieselbe mit folgender Pinsel zu ent- 2. 2. q. 151. werffen. Der H. Thomas sagt: Die Demuth ist ein loͤbliche Verwerffung ihrer selbsten zu den allerniderigsten Dingen. Hierauß schliessen wir nun/ daß die V errichtung dieser Tugend zweyfachig seye: nemblich/ daß man sich nicht erhoͤhe/ oder erhoͤhet zu werden verlange/ mehr als man verdienet: und daß man sich also erniedrige/ und erniedriget zu werden trachte/ daß man sich deß verdienten Lohns nicht wuͤrdig schaͤtze. Zu diesen zween Aembtern oder Verrichtungen koͤnnen alle Staf- felen der Demuth/ so andere nicht ohne Muͤhe erfunden haben/ gezogen werden. So viel nun das erste Ambt betrifft/ muß/ diesem gemaͤß/ der Mensch sich oder seinen Verdiensten nichts zuschreiben/ ja so gar/ er muß nicht begehren von andern gelobt/ geehret/ oder auch anderen (auffs we- nigs denen/ die hoͤher als er/ oder seines gleichen seynd) vorgezogen zu wer- den; sondern muß sich vielmehr der Gaben GOttes unwuͤrdig/ und zu al- len Dingen untauglich aclten. Zu dem andern Ambt gehoͤret/ daß er allen/ auch dem geringsten weiche/ und auff solche Weiß mit sich/ als dem aller- veraͤchtlichsten Menschen umbgehe in seinen Gedancken/ Worten und Wercken; und daß er wuͤnsche/ suche und sich erfreue/ auch von andern fuͤr einen solchen verwuͤrfflichen Menschen gehalten zu werden. Jn sothanem dreyfachigen Staffel bestehet dann die hoͤchste V ollkommenheit der De- muth. Es wird aber einer veraͤchtlich oder verwuͤrfflich gehalten durch die Gedancken; wann oder er selbst/ oder andere eine schlechte Meynung von ihm haben/ denselben freventlich urtheilen/ oder falsche Argwohn von ihm schoͤpffen. Mit Worten wird einer veraͤchtlich gehalten/ wann er nemblich verachtet wird/ wann muͤndlich gestrafft wird/ wann mit Schelt- und Schmaͤh-Worten wird angegriffen/ und seine verborgene Maͤngel von andern offenbahret werden. Alsdann wird schließlich auch einer mit den Wercken veraͤchtlich hergenommen/ wann man selbigen zu V errichtung der aller geringsten und veraͤchtli chsten Dingen gebrauchet; wann er in an- derer Gesellschafft mit dem niederigsten Orth muß vor lieb nehmen/ und wann Von der Demuth. wann er mit den schlechtesten Speisen und untaͤuglichsten Kleidern vor an- deren gespeiset und bekleidet wird. 3. Solte nun einer diese heylsame Lehr verwerffen/ und dergestalt veraͤcht- lich tracti rt zu werden/ sich weigeren/ denselben kan man versicheren/ daß er mit sothaner Tugend der Demuth zumahlen nicht gezieret seye; dieweilen nach Zeugnus deß Heil. Thomaͤ/ der jenige/ so nach Ehren trachtet/ die Ver- kleinerung zu leiden sich scheuet/ und wann verachtet wird/ daruͤber erblei- chet; wann solcher schon Wunder-Zeichen wircket/ hat gleichwohl die wahre Vollkommenheit bey weitem nicht erreichet; dann keine Tugend daselbsten Platz findet/ allwo das grundvest aller Tugenden nemblich die Demuth er- mangelet: derhalben wir lesen im Leben der H H. Vaͤtter; daß/ da einsmahls ein geistlicher Bruder von seinen mit-Bruͤdern in Beyseyn deß H. Antonii gelobt worden/ der jetzt gemeldte H. Vatter aber in Erfahrung zu kommen verlangt/ ob derselbige Bruder auch Unbill ertragen koͤnte: indem sich nun in der That erwiesen/ daß er solches mit geziemender Gedult zu leiden nicht ver- moͤcht/ hat selbigen vorgemeldter Antonius verglichen mit einem Hauß/ wel- ches dem aͤusserlichen Ansehen nach/ wohl gezieret scheinet/ inwendig aber sich zeiget/ daß von den Moͤrdern beraubet und verunehret seye: dan/ obschon solcher vor den Leuthen mannigmahl fuͤr tugentsamb wird angesehen/ wird er jedoch als solcher vor den Augen GOttes nicht gehalten; weilen ein wah- Serm. 16. sup. Cant. rer Demuͤthiger/ spricht der H. Bernardus/ nicht verlangt/ daß man ihn vor demuͤthig/ sondern wilt/ daß man ihn vor veraͤchtlich halte/ und erfrewet sich/ wann er verachtet wird: Wie angenehm nun ein solcher der goͤttlichen Ma- jestaͤt seye/ kan ein jeder mit mir auß den Worten/ mit welchen der himmlische Braͤutigam die Schoͤnheit seiner Braut hat loben wollen/ gnugsamb erfah- ren: Wie schoͤn seynd deine Gaͤnge in den Schuhen/ du Fůr- Cant. 7. sten Tochter? darumb sagt recht der H. Ludovicus Thololanus: nichts ist Gott so angenehm/ als wann wir durch die Verdiensten unseres Lebens groß/ und durch die Demuth klein seynd/ sintemahlen wie geringer sich selb- sten einer schaͤtzet/ wie hoͤher er von Gott geachtet wird: derhalben lasset uns Lib. revel cap. 42. dieser Tugend uns befleissen/ dann diese die jenige ist/ welche (wie CHristus zu der H. Brigitta gesagt) GOtt selbsten in unser Hertz einfuͤhret: dahero nicht unbillig sagt der fromme Thomas à Kempis: Seye demüthig L. 2. c. 8. §. 3. und fridsam/ so wird Jesus bey dir seyn. 4. Seynd dann nicht gluͤckseelig und abermahl gluͤckseelig die wahre De- muͤthige/ indem sie in dem innersten ihres Hertzen den Koͤnig aller Koͤnigen/ den Herrn aller herschenden als einen wohlmeinenden Gast verpflegen? der- P halben Die Eilffte Geistliche Lection halben vor keinem auch dem allerstaͤrcksten und maͤchtigsten Feind zu foͤrch- ten haben/ weilen dieser Jesus die demuͤthige beschuͤtzet/ und selbige wider al- len feindlichen Anfall und Versuchung unverletzt verthaͤtiget/ wie neben un- zahlbaren anderen im Leben deß Heil. Antonii zu lesen: dann da selbiger zu si- cherer Zeit den gantzen Erdbodem von unserm allgemeinen Feind mit Stri- cken die Seelen zu fangen/ belegt geschen/ hat er mit grossem Seufftzen uͤber- laut geruffen/ ach/ wer wird doch immer allsolchen Stricken entg e hen koͤn- nen! und siehe/ alsbald wird durch eine Stimm dem Antonio geantwortet/ Ruffin. vit. PP. l. 2. n. 170. De recta vivendi ratione. der Demuͤthige: derhalben sagt recht der Heil. Ephrem: in Warheit/ so du wirst genaue Achtung haben/ wirst du uͤberall die feindliche gleichsamb mit suͤssem Hoͤnig der weltlichen Wolluͤsten angestrichene Fallstrick finden/ daß/ wann du deren Suͤssigkeit zu schmecken verlangest/ alsbald gefangen werdest: so lasse es dir dann abermahl gesagt seyn/ wilst du den Stricken deß Teuffels entgehen/ so liebe die Demuth/ dann du mit leichten und zum fliegen sehr be- quemlichen Fluͤgelen sothaner Tugend dich dergestalt in die Hoͤhe schwingen werdest/ daß niemahlen koͤnnest gefangen werden/ zumahlen kein besser und kluͤglicher Anschlag den hoͤllischen Feind zu uͤberwinden/ und kein so sicheres Mittel/ das ewige Leben zu erlangen/ gefunden wird/ als eben die Demuth: zu dessen mehrerer Bestaͤttigung gelesen wird von einem/ welcher/ nachdem er auff seinem Todtsbett langwirige Ohnmachten außgestanden/ endlich wie- Discip. serm. 32. l. p. Historia. 1. derumb seiner selbst maͤchtig worden/ und geweinet: da er nun die Ursach die- ses Weinens befragt worden/ hat er geantwortet: ich habe gesehen/ daß GOTT sonderbahr liebe die Demuͤthige/ und an denen ein grosses Ge- fallen habe/ derohalben hab ich vor Frewden geweinet/ weilen er auch meine Werck/ so ich alle in geziemender Demuth geuͤbet hab/ gern hat angenom- men: und derowegen mir befohlen worden ist/ euch zu verkuͤndigen/ daß der jenige/ so will seelig werden/ sich nothwendiglich muͤsse demuͤthigen/ und der Lehr CHRJSTJ deß Herrn nachleben/ der da spricht: Lehrnet von mir/ dann ich bin sanfftmůthig und demüthig von Hertzen: Wann derohalben wir auch in unserem immerwaͤhrenden Streit den leidigen Sathan zu uͤberwinden verlangen/ so lasset uns fleissig uͤben die Demuth/ so da gleich ist einem spitzigen Degen/ durch welchen wir uns ver- thaͤtigen/ und unsere Feinde uͤberwinden; zumahlen vor solchen Waffen (wie pflegt zu sagen die Heil. Magdalena de Pazis ) der hoͤllische Feind sich foͤrchtet und flehet 5. Solchen Degen hat ergriffen ein sicherer Einsidler/ und also den Teuffel verjaget/ demnach selbiger ihme in der Gestalt Christi erschienen und gesagt: Von der Demuth. gesagt: ich bin Christus/ und weilen durch deine Verdiensten du mir gefal- lest/ derhalben hab ich dich persoͤhnlich wollen besuchen: so bald aber der ge- meldte Einsidler diesen falschen Christum gesehen/ hat er mit beyden Haͤn- den seine Augen versperret/ und geruffen: ich will Christum allhier zeitlich nicht sehen; mir ists gnug/ wann ich ihn werde sehen in seiner Herrligkeit: deßgleichen ein ander gethan/ welcher in Ankunfft eines solchen vergestalteten Christi; demselben mit diesen Worten zugeredet: sehe zu/ zu wem du kommen bist/ ich bin fürwahr solcher nit/ der in diesem Le- ben einen Heyland zu sehen verdiene: auch hat er sich gebraucht der Worten deß Heil. Apostels Petri: Herr gehe von mir hinauß/ dann ich ein veraͤchtlicher Mensch bin/ und deine Erscheinungen nicht verdiene/ dieweil ich ein Suͤnder bin: und hat also diesen boͤsen Christum von sich hinweg getrieben. Gleich wie nun diese beyde Einsidler durch ihre gerin- ge Meinung von sich selbsten dem Garn deß hoͤllischen Jaͤgers seynd entwi- chen; also wuͤrden selbige durch sothane ieufflische Erfindungen unfehlbar gefangen worden seyn/ wann nemblich der vorgemeldten Erscheinungen wuͤrdig zu seyn vermeinet haͤtten; dann unter allen das kraͤfftigste Mittel ist/ dieses so grossen Feinds Kraͤfften zu ermatten/ die Demuth; derohalben der- selbe unter allen Tugenden an dem Menschen zum meisten hasset und foͤrch- tet die Ernidrigung deß Hertzens; wie im Leben deß H eil. Macarii zu lesen; zu diesem/ da er zum Koͤrbe machen einige Weyden-Buͤndlein auß dem Pful herauß getragen/ kombt einsmahls der hoͤllische Feind mit einer Sensen/ fal- let ihn grausamblich an/ und troͤhet ihme mit dieser Sensen toͤdtlich zu verle- tzen/ und ob er schon unauffhoͤrlich sich bemuͤhete/ den frommen Abten mit seinem Waffen zu beschaͤdigen/ vermochte doch solches mit nichten; son- dern redete denselben scharff mit diesen Worten an: du Macari, verursa- chest mir in meinem Kriegen grosse Unruhe/ und was in dero mich am mei- sten plaget und betruͤbet/ ist dieses/ daß ich keine Kraͤfften habe/ dich zu uͤber- winden: du solst wissen/ daß alle die jenige Werck/ so du zur Ehren GOttes verrichtest/ ich mit groͤsserem Eyffer und Strengigkeit uͤbe und geuͤbet habe: Du fastest; Jch aber hab vom ersten Augenblick meiner Erschaffung biß zu gegenwaͤrtiger Zeit keine Speiß geschmecket: du bringest gantze Nachten ohne Schlaff zu; und ich schlaffe niemahlen ein eintziges Augenblick: du haltest die Keuschheit/ und ich begehe keine eintzige That/ so dieser Tugend zu wider ist: du verachtest alle Guͤter der Welt; und ich hab zu denselben niemahlen die geringsie Neigung getragen: P 2 Du Die Eilffte Geistliche Lection Du mattest die Glieder deines Leibs ab mit vielfaͤltiger und scharffer Zuͤch- tigung; und ich werde mit den hoͤllischen Flammen in alle Ewigkeit gepei- niget: in diesem allein uͤber windest du mich/ und ich dir auch zu weichen schul- dig bin/ nemblich daß du demuͤthig bist/ und klein in deinen Augen/ dann in dieser Tugend mit dir zu streiten/ ich keinen fuͤglichen Platz finde/ auff wel- chem ich gegen dich obzusiegen/ mir getrauen koͤnte. 6. Verlangest du nun auch/ mein Christliche Seel/ der verfluchten Gei- ster Kriegs-Heer zu uͤberwinden/ so hoͤre/ und zugleich erhoͤre Christum ruf- fen: discite \& c. lehrnet von mir/ dann ich bin sanfftmuͤthig und demuͤthig von Hertzen: derhalben wann Christus sich also gedemuͤthiget/ daß er auch einem Wurm sich zu vergleichen keinen Schew getragen hat: wie er durch den Ps. 21. v. 7. Mund deß Koͤniglichen Propheten bezeuget: ich aber bin ein Wurm/ und kein Mensch/ eine Schmach der Leute/ und eine Ver- achtung deß Volcks: derhalben/ mein Christliche Seel/ wan man mit dir gleich einem Wurm umbgehet/ so huͤte dich/ daß nicht solches dir eine un- zimbliche Traurigkeit verursache/ weilen dergleichen Traurigkeit eine An- zeigerin ist der Hoffart: sondern vielmehr/ wann man dich plaget/ wan man mit Unbill wider dich verfahret/ uͤbertrage solches standhafftig/ und sage jeder- zeit mit Carolomanno einem Fuͤrsten auß Franckreich/ so auß einem Herrn auff dem Berg Cassino ein armer Geistlicher worden/ und da er von der O- brigkeit zu der Kuͤchen-Arbeit verordnet worden/ und von dem Koch auch so gar mit Maultaschen verehret wurde/ hat alles mit hoͤchster Demuth gelit- ten/ und nichts anders gesagt/ als dieses: der Herr verzeyhe dirs und Carolomannus. Jn Summa: alle Kraͤfften deß Teuffels verlichren sich in staͤter Ubung dieser so herrlichen Tugend/ darumb erzehlte einsmahls ein si- cherer Geistlicher/ daß er die boͤse Geister also miteinander redend gehoͤrt ha- be. Wan wir die Muͤnchen beunruͤhigen/ und einer unter ihnen sich demuͤti- get/ so vernichtiget solches alle unsere Kraͤfften: wie wahr nun dieses seye/ ist auß folgendem klaͤhrlich zu sehen. Zwey leibliche Bruͤder dieneten Gott zusam- men in einer Wohnung/ und uͤbeten sich in geistlichem Leben mit aller Zu- friedenheit; damit aber der Urheber alles Ubels dieses friedsame Leben durch einigen Zweyspalt zerstoͤren moͤchte/ hat er mit Umbwendung deß Leuchters ihnen das Liecht außgeloͤschen: woruͤber der aͤlteste zur Ungedult beweget/ sei- nen Bruder zu schlagen angefangen: dieser aber unter dem Schlagen wider- holte nichts anders/ als dieses: Habe Gedult mein Bruder/ habe Gedult/ anjetzo will ich hingehen/ und das Liecht wiederumb anzuͤnden: Diese Demuth hat den Geist deß Unfriedens der- gestalt Von der Demuth. dergestalt geschmertzet/ daß er ab solchen Verlust nicht gnugsamb beklagen koͤnnen. Derhalben/ mein Kind/ was hier gesagt ist/ nehme fleissig in ob- acht/ und eigene dir selbiges also zu/ auff daß du mit den Demuͤthigen und Friedsamen das erfreuliche Sieg-Craͤntzlein dar von zu tragen gewuͤrdiget werdest. Der andere Theil. 7. W Jewohl nun auß angezogenem vielfaͤltigen Beweisthumb sattsam zu ermessen ist/ worinnen die wahre Demuth bestehe; nichts de- stoweniger hab ich fuͤr gut befunden/ denen obbemeldten Erwei- sungen annoch einen Zusatz zu geben/ insonderheit von den Staffelen dieser herlichen Tugend/ deren der erste seyn soll die Verachtung seiner selbsten. Diesem Staffel gemaͤß/ sagt der seelige Laurentius Justinianus, daß die Tr. de hum. c. 1. Demuth eine Tugend seye/ durch welche der Mensch Vermoͤg der Erkand- nuß seiner/ sich selbsten mißfallet. Der aber auff solche Staffel zu steigen verlanget/ der nehme wahr die folgende Antwort eines alten Einsidlers/ wel- cher/ da er gefragt wurde/ wie man die wahre Demuth erwerben koͤnnte/ ga- be zur Antwort: das beste Mittel darzu seye dieses/ wann nemblich der Mensch nur allein seine eigene/ und nicht anderer Verbrechen betrachtete. Wann derselbige nach dem Rath deß H. Bernardi/ sich selbst fragete? Was bistu gewesen? und alsdann nach der Warheit sich zu antworten ge- zwungen wurde: Ein heßlicher Saamen. Was bistu? Ein Geschirr deß Vnflats. Was wirstu werden? Ein Speiß der Wůrmen. Wann/ sag ich/ ein jeder sich also selbst fra- gete/ wuͤrden wir ausser allem Zweiffel in allen Tugenden mercklich zuneh- men. Ware nicht mit allerhand Tugenden erfuͤllet ein Fuͤrst der Aposteln der H. Petrus? ware nicht auch mit denselben gezieret ein Lehrer der Heyden der H. Paulus? Fragstu mich nun/ durch welche Strassen diese beyde A- posteln zu solchen Tugenden gelangt seyen; so gebe ich dir zur Antwort/ durch den Weeg der Demuth und Erkaͤndtnuß ihrer selbsten: dann Petrus sagt zu seinem Lehr-Meister: HErr gehe von mir hinauß/ dieweiln Luc. 5. v. 8. ich ein sůndiger Mensch bin. Und Paulus schaͤmbte sich nicht zu sagen: Jch bin der geringste unter den Aposteln/ der ich nit werth bin/ daß ich ein Apostel genannt werde. Dahero die- se vor anderen den Vorzug zu haben verdienet/ weilen unter andern sich am meisten gedemuͤthiget. So hat dann recht gesagt der vorgemeldte Geist- reiche Vatter: Wie tieffer einer in sich selbsten hinunter steiget/ und wie mehr er sich selbsten mißfallet; desto hoͤher steiget er zu GOtt. P 3 8. Daß Die Eilffte Geistliche Lection 8. Daß aber diesem also/ solle uns mit sonderbahrem Nachdruck bekraͤff- Vita. P. 4. c. 133. tigen der H. Matiæ Magdalenæ de Pazis, grosse Heiligkeit/ zu der sie ver- mittelst einer vollkommener Demuth und Vernichtigung ihrer selbsten gelangt ist. Dann obwohln diese Dienerin GOttes nit allein keine toͤdtliche/ sondern auch keine merckliche laͤßliche Suͤnden jemahlen begangen/ so ist sie gleich wohl gemeiniglich zum Tisch deß HErrn gangen in steter Forcht/ daß wegen ihrer Unwuͤrdigkeit von der Erden solte verschlunget werden. Sie schaͤtzete sich den hoͤllischen Geistern gleich/ hielte gaͤntzlich darfuͤr/ daß so wohl deß Craͤntzlein der Jungfrauschafft und in selbiger GOtt zu dienen/ als auch desselben Gaaben und Gnaden zumahlen unwuͤrdig waͤre. Alle ihre Mit-Schwestern hielte sie vor vollkommen/ und sich allein vor unvoll- kommen: sie lobte alle andere/ und kuͤssete deren Fuß-Stapffen. Auch eh- rete sie ihre untergebene Lehr-Kinder dergestalt/ daß sich selbige hoͤchlich zu verwunderen billige Ursach schoͤpfften/ indem sie sahen/ daß als Lehr-Juͤnge- gerinnen von ihrer Meisterinnen so sehr geehret wurden. Jhren eigenen auch den geringsten Fehler thaͤte sie als die hoͤchste Undanckbarkeit gegen GOtt/ sehr hoch empfinden. Darzu vermeinte sie/ daß nicht allein aller Verbrechen ihrer Cloͤsterlichen Mit-Schwestern/ sondern auch aller Suͤn- den der gantzen Welt die meiste Ursach seye; derhalben sie GOtt bettete/ er moͤgte doch anderer verschoͤnen/ und mit allen verdienten Straffen gegen sie nach aller Gerechtigkeit verfahren. Auch verwunderte sich offtmahl nicht wenig diese H. Jungfrau/ daß sie von GOtt/ von seinen H. H. Engelen und Ausserwaͤhlten/ auff Erden zu leben/ geduldet werde. Wie vielmahl hatte sie gefoͤrchtet/ die Erde wuͤrde sich auffthuen und sie verschlingen? und wei- len sie immerzu den Argwohn hatte/ sie moͤgte wegen ihres uͤbelen Verhaltens auß dem Closter verstossen werden/ derowegen hat die Augen deß Leibs in Ge- genwart und Gespraͤch anderer auffzuschlagen/ sich selten getrauet. Mit zit- tern sahe man gemeiniglich das demuͤthige Maͤgdlein mit anderen zur Kir- chen hing e hen/ dieweilen in grosser Forcht stunde/ es moͤgte der gerechte Gott wegen ihrer eigenen grossen Suͤnden/ andern Mit- Schwestern Gebett verwerffen/ und /was noch mehr ist/ sie hielte gaͤntzlich darvor/ es muͤsse ein grosses Miracul seyn/ daß GOtt einer so boͤsen Creatur sein heiliges Lob zu singen/ sich gebrauchen thaͤte. Da nun unsere Heilige sich im Todts-Bett befunden/ hat sie die Umbstehende angeredet und gesagt/ daß derhalben von der Welt hinweg genommen werde/ damit wegen ihres suͤndigen Lebens/ die Welt auch zugleich mit ihr/ als eintziger Ursach alles Boͤses/ nicht gestraffet werde; dann so lang sie in der Welt lebte/ stunde die Welt in Sorgen/ daß ihrentwegen von GOtt moͤgte uͤbel gehalten werden. Das heischt/ sich demuͤ- Von der Demuth. demuͤthigen! von dieser H. Jungfrauen/ andaͤchtiger Leser/ lasset uns unser Augen schlagen auff den demuͤthigen Franciscum: in dessen Leben gelesen Historia. wird/ daß ein Kloster-Geistlicher unter waͤhrendem Gebett einen herrlichen und mit allerhand kostbahren Edel-Gesteinen auff daß schoͤnste außgezierten Thron geschen habe/ da er dann alsobald von den Umbstehenden sich befraget/ wem dieser praͤchtige Sessel doch moͤge zubereitet seyn/ und hat zur Antwort bekommen/ daß dieser dem demuͤthigen Francisco zugchoͤre; darauff dann der gemelte Geistliche sehr erfreut/ den H. Franciscum gefragt hat; was er von sich selbsten hielte? deme dann der demuͤthige Mann geantwortet: mich gedun- cket gaͤntzlich/ und halte es darfuͤr/ daß ich unter allen Suͤndern der Groͤste bin. Dieses kahme nun diesem Geistlichen seltzam vor/ derhalben den Franciscum fragete; wie er solches ohne Verletzung der Warheit von sich sagen koͤnnte? hierauff hat Franciscus zur Antwort gegeben: er zweiffele nicht daran/ daß der aller gottloseste Suͤnder/ so auff Erden lebt/ besser seinem GOtt und Herrn dienen wurde/ als er thue; wann dergleichen Gnaden und Barmher- tzigkeit empfangen haͤtte. Lasset uns/ liebe Christen/ lasset keinen Verdruß schoͤpffen das jenige nachzufolgen/ welches so wohl belohnet wird. Ein jeder bilde sich gaͤntzlich ein/ er seye ein groͤsser Suͤnder als andere: dann obwohln er sich keiner sehr grossen Suͤnden bewust ist; so wuͤrde er doch in dergleichen Suͤnde fallen/ wan ihm darzu Gelegenheit gegeben/ und hergegen die Gnad GOttes entzogen wuͤrde. Jn solchem Sinn gabe Zeugnuß von sich selbsten/ und zwar auß gantzem seinem Hertzen der H. Philippus Nerius/ daß er seye der allergroͤste Suͤnder der gantzen Welt: und pflegte taͤglich die Goͤttliche Majestaͤt mit diesen Worten anzur eden: HErr/ huͤte dich heut vor mir; dann ich werde dtch diesen Tag verrathen/ wie der Judas gethan hat; und werd noch mehr Boͤses thuen/ als er gethan hat/ wann du mich nicht bewahrest. Auch pflegte er zu sagen: Groß ist die Wunde der Seiten Christi; und wann mich GO tt nicht abhielte/ wuͤrde ich meinem Heyland eine weit groͤssere Wunde machen. Jn Summa/ es ist nicht außzusprechen/ wie erschrecklich ein solche Demut den boͤsen Geistern vorkomme/ vermittels deren der Mensch sich selb- sten veraͤchtlich wird/ und sich fuͤr einen grossen Suͤnder haltet. Diese War- heit kan einiger Massen auß folgender kurtzen Geschicht erkennet werden: dan/ da einsmals dem hoͤllisches Feind von einem from̃en alten Einsidlerbefohlen Historia. worden/ von einem Besessenen zu weichen; hat selbiger sich darzu willig erbot- ten/ wan ihm der Alte zuvor offenbahren wolte/ welche Boͤck/ und welche Laͤm- mer waͤren. H ierauf hat ihm der Einsidler geantwortet: die Boͤck seynd die je- nige/ so seynd/ wie ich bin; die Laͤmmer aber seynd Gott bekant. Da dieses der der Teuffel gehoͤret/ hat er uͤberlaut geruffen: siehe/ siehe du Alter durch deine Demut werd ich gezwungen meine Wohnung zu verlassen. 10. Sol- Die Eilffte Geistliche Lection 10. Solten wir wohl diesen heiligen Maͤnnern in solchen Tugenden fol- gen koͤnnen? Wanns waͤre ein strenges Fasten/ waͤre es ein haͤrenes Kleid/ oder solten es andere schwehre Buß-Werck seyn/ oder gar auch/ wann wir ihre gethane Wunder-Werck nachzufolgen geladen wuͤrden; solte mancher Ursach finden sich zu entschuldigen: nun aber/ da wir nur allein die blosse Warheit von uns selbsten zu bekennen geforderet werden; seynd dannoch so nachlaͤssig und trewloß in dieser Bekaͤndtnuß/ daß wir gegen unser Wissen und Gewissen uns unserm Naͤchsten vorziehen/ und nicht gedencken/ daß wir eben so wohl haͤtten fallen koͤnnen als andere; daß wir eben so schwach als selbige/ und alle uns widerfahrne Gnad der vermaͤßlichen Guͤtigkeit GO ttes allein zuzuschreiben seye. Was ist leichter zu thuen/ als das/ wann ich meinen Neben-Menschen sehe oder hoͤre in vielerley Suͤnden fal- len/ ich alsdann mich uͤber selbigen nicht erhoͤhe; sondern gedencke/ das die jenige Suͤnden ich eben so wohl wuͤrde begangen haben/ als dieser oder jener/ wann mich nicht GO tt durch seine Gnad davon abgehalten haͤtte. Sage mir/ mein Christliche Seel; solche Warheit von Hertzen zu bekennen/ ist das ein schwehre Sach? Jch hoͤre du sagst nein/ sondern es seye leicht zu thun; und gleichwohl fallet dir nicht ein/ daß/ gleich wie einen den jenigen Schatz/ so ihme von einem andern reichen Mann zu bewahren anvertrauet wird/ den- selben nicht als den seinigen sich zumaͤsset/ sondern seine Armuth gerne beken- net/ daß er nemblich nicht daruͤber zu schalten habe; also auch der jenige leben muͤsse/ der die Gnad GOttes erlanget hat/ daß er/ sage ich/ gern gestehe seine Wenigkeit/ und sich nur allein als einen Huͤter dieser Reichthumben vor jederman erkenne. Nehme derhalben an die guͤldene Lehr deines Crloͤ- Luc. 14. v. 10. sers/ der da spricht: Wann du geladen wirst/ so gehe hin/ und setze dich unten an; damit wann der kombt/ der dich ge- laden hat/ zu dir spreche: Freund/ rucke hinauff/ alsdan wirsta Ehr haben vor denen/ welche mit zu Tisch sitzen. Welcher aber ist dieser unterste Orth anders/ als die Hoͤlle? dann durch die Hochzeit wird verstanden das Reich der Himmelen/ zu deme wir alle eingela- den seynd: dieses Reich aber erstrecket sich biß zu der Hoͤllen/ nach diesen G. 5 19. Worten deß H. Evangelisten Matthæi: Wer eins von diesen ge- ringsten Gebotten auffloͤset/ und die Menschen also lehret/ der wird der geringste im Himmelreich genannt werden: das ist: wie es die H. H. Vaͤtter außlegen/ er wird inder Hoͤllen seinen Sitz haben. So lasset dann uns in unsern Gedancken an diesen niedrigen Orth setzen/ indem wir darfuͤr halten/ daß wir unserer Suͤnden halber der Von der Demuth. der ewigen Straff wuͤrdig seyen: und wann wir diesem also werden nach- kommen; so werden wir auch ohne allen Zweiffel von unserm gebenedey ten Heyland hoͤren die erfreuliche Stimm: Freund rücke hinauff; an die- sen niedrigsten Orth hat sich gesetzet der fromme Urigman deß H. Domini- caner Ordens geistliche Bruder/ welcher sich also gedemuͤthiget/ daß er kei- nen bequemlicheren Platz fuͤr sich hat finden koͤnnen/ als in der Tieffe der Hoͤllen/ und zwarn noch unter dem Lucifer selbsten/ weilen er vermeinte/ daß solchen Orth am allerbesten verdienet habe: und siehe/ nach dieser Ernidri- gung seiner selbsten/ hat er diese Stimm vom Himmel gehoͤret: Bruder U- rigman/ steige geschwind herauff zu dem Allerhoͤchsten Hertzen GOttes: Solche Demuth/ wie CHRJSTUS der heiligen Brigittaͤoffenbahret hat; ist ein Leiter/ auff dero man zu dem Hertzen GOttes hinauff steiget: Revel. c. 39. Grad. 25. c. 2. \& 3. daß also scheine/ billig gesagt zu haben der hocherleuchte Climacus: So offt du wirst sehen oder hoͤren/ daß einer innerhalb wenig Jahren die hoͤchste Ru- he oder Stille des Hertzens (so man nach erlangter Vollkommenheit erst- lich erhaltet) erworben habe; so gedencke/ daß selbiger keinen andern Weeg/ als den gluͤckseeligen und kurtzen Weeg mit den Fuͤssen der Demuth ge- wanderet habe: zumahlen die Demuth/ nach Aussag deß heiligen Basilii der Serm. de Abdic. rerum. Erden gleich ist/ auß der erwachset und gezogen wird der Baum der Liebe; so da vorbringet die Blumen der Tugenden/ und die Fruͤchten der Gnaden in der Seelen deß Menschen. 11. Weiters/ mein Christliche Seel/ lasse dich unterrichten von einem Leder-Gaͤrber/ wie angenehm diese Tugend der goͤttlichen Majest. seye: Der fromme Einsidler Antonius ist in seiner Zellen im Gebett begriffen; da lasset Vit. PP. Ruffin l. 2. n. 118. Historia. sich hoͤren eine Stimm: O Antoni/ Antoni/ du bist noch nit zu der Maaß deß jenigen Leder-Gaͤrbers kommen/ welcher in der Statt Alexandria wohnet: dieses kompt dem guten Alten seltzamb vor/ daß er/ so bald die Nacht vorbey gangen/ seinen Stecken ergreiffet/ und nach Alexandria mit grossem Ver- langen eylet: woselbsten er den gemeldten Mann findet/ und in seinem Hauß/ nicht ohne grosse Verwunderung desselben/ gantz freundlich begruͤs- set/ und sagt/ guter Freund/ mein Begehren ist/ daß ihr mir ewere Wercke und Weiß zu leben erzehlet; dann ich bin dieserthalben auß meiner Einoͤde hiehin kommen: der Leder-Gerber antwortet/ er koͤnne sich nicht erinneren/ daß er jemahlen was gutes gethan habe: dieweilen aber Antonius damit nicht befriediget; sondern weiters anhaltet/ er wolle ihm doch seine Manier zu Leben offenbahren; erklaͤhret der gute Mann sein Leben/ und sagt: Q wann Die Eilffte Geistliche Lection wann ich deß morgens auffstehe/ und ehe ich zu meiner Arbeit gehe; erkenne ich gern/ und sage von Hertzen/ daß diese gantze Statt vom kleinesten biß zum groͤsten/ wegen ihrer gerechten Wercken zum Reich GOttes zu ge- langen wuͤrdig seye; und ich allein durch meine Suͤnden die ewige Straf- fen verdiene: und dieses sage ich ebenfalls von Grund meines Hertzens in aller Warheit/ so offt mich zum schlaffen niederlege: da dieses der Heil. Antonius hoͤret/ spricht er; mein Sohn/ du bist fuͤrwahr ein guter Kuͤnst- ler/ du sitzest in deinem Hauß mit aller Zufriedenheit und Ruhe/ und er- langest den Himmel: ich aber habe gleichsamb ohne gebuͤhrliche Beschei- denheit schier alle meine Zeit in der Wuͤsten zugebracht/ und bin noch nicht kommen zu der Maaß deiner sothanen uͤblichen Worten: Jch mache den Schluß hierauß/ daß nichts fuͤrtrefflicher und GOTT gefaͤlliger koͤnne gefunden werden/ als daß einer von sich selbsten gaͤntzlich darfuͤr halte/ er seye aller Verschaͤmung/ aller Straff und aller Verspottung vor allen andern Menschen wuͤrdig: derhalben der Heil. Isidorus einen jeden billig ermahnet mit diesen Worten: Seye klein in deinen Augen/ damit du groß seyest in den Augen deineß Herrn: dann wie du wirst in deinen Augen seyn verwuͤrfflicher/ so viel wirst du in den Augen GOTTES seyn kost- bahrer. 12. Huͤte dich aber/ huͤte dich/ sag ich/ daß du mit keiner gemach- ten und falschen Demuth dich bekleidest; dann viele/ sagt der heilige Hieronymus in einem Send-Schreiben/ suchen den Schatten der Demuth; wenig aber seynd/ so nach der Warheit trach- ten. Es ist leicht zu thuen/ daß man mit einem schlechten Kleid auffzie- he/ daß man einen demuͤthiglich gruͤsse; daß man einem Haͤnd und Fuͤß kuͤsse; daß man mit geneigtem Haupt/ und niedergeschlagenen Augen die Demuth und Sanfftmuth gleichsamb verspreche: kein grossen Lob ver- dienet/ daß man langsamb und still rede/ oͤfftermahl seufftze/ und zu allen Worten sich einen Suͤnder und armseeligen Tropffen erkenne: sondern dieses ist/ was von einem demuͤthigen erfordert wird; daß er nemblich durch keine Reden muͤsse im geringsten zur Ungedult bewegt werden: daß er in allen widrigen Begebenheiten den geneigten Halß nicht außstrecke/ die nieder geworffene Augen nicht erhebe/ und den suͤssen Klang der vorigen Stimm in ein ungebuͤhrliches Ruffen und Außfahren zu seiner Ver- thaͤtigung nicht veraͤndere. Erkenne mein Mensch/ daß du ein Suͤnder seyest; Von der Demuth. seyest; erkenne aber solches nach dem dir gezeigten Ebenbild der obgemeld- ten Freunden GOttes: und damit du auß sothaner Erkaͤndnuß den ver- langten Nutzen gewinnen moͤgest; so bemuͤhe dich allhier zeitlich alle Wi- derwaͤrtigkeiten/ sie kommen von wannen sie immer wollen/ standhaͤfftig- lich zu leiden/ indem du gestchest/ daß solche durch dein Verbrechen bey Gott verdienet hast. Der dritte Theil. 13. W Er sich vollkommentlich verwerffet/ der achtet sich vor den geringsten unter allen; er fliehet alles menschliche Lob und Ehr; er erfreuet sich wann er verachtet und ver- niedriget wird; er suchet die verwuͤrfflichste Aempter zu vertretten/ und haltet sich zu allen Sachen vor untaͤuglich: Weilen nun dieser von uns vorhin verzeichnete Staffel die uͤbrige alle gleichsamb in einer Summen in sich begreiffet: so ist nur allein noͤthig/ daß wir das jenige/ welches die- ser als der fuͤrnehmste Stapffel verborgener Weiß in sich fasset; einem je- den oͤffentlich fuͤr die Augen stellen: Derhalben muß ein wahrer demuͤti- ger sich den aller geringsten schaͤtzen unter allen; wie der gottseelige Tho- mas à Kempis sagt: Gedenck/ oder achte nicht/ daß du et- L. 2. c. 2. §. 2. was gewonnen habest (in der Demuth) es seye dann daß du haltest/ als ob du unter allen der geringste waͤrest: und an einem andern Orth ermahnet er uns also: Begib und lege dich L. 2. c. 10. §. 2. allezeit auffdas niedrigst/ so wird dir gegeben werden das hoͤchste: dann das hoͤchste bestehet nicht ohne das nie- drigste: Die hoͤchste Heylige vor GOTT/ seynd die we- nigste vor ihn selber: und je ehrlicher und hoͤher sie von andern gehalten werden/ desto demůthiger seynd sie in ihnen selber: Dieses hat uns auch gerathen unser Heyland mit diesen Worten: Wann du zur Hochzeit wirst beruffen/ so setze dich an den niedrigsten Orth: Damit du/ sagt der demuͤthige Serm. 37. super Cant. Bernardus/ mit allein unter allen der letzte seyest/ und nicht allein keinem dich vorsetzest: sondern auch dich keinem zu vergleichen erkuͤhnest: Dann du hast keine Gefahr zu foͤrchten/ wann du dich schon ver- niedrigest/ und den allergeringsten haltest/ wie du inuner koͤn- nest: Es ist aber ein grosses Uebel und eine grausame Gefahr Q 2 vorhanden Die Eilffte Geistliche Lection vorhanden/ wann du auch einem eintzigen in deinen Gedancken dich vor- ziehest: Eben selbiges lehret uns die glorwuͤrdige Himmels Koͤnigin mit ihrem eigenen Vorgang/ da sie der Heil. Brigittaͤ zur Nachfolgung ihrer Demuth also zuredet: Meine Tochter/ fliehe zu dem Mantel meiner Demuth/ und gedencke/ du seyest ein groͤssere Suͤnderin als andere; Dann ob du sehest einige Boͤse; so weist du doch nicht/ was morgen auß ihnen werde: du weist auch nicht/ auß was vor Meinung und Wissenschafft sie solches Ubel begehen/ ob sie auß Schwachheit/ oder fuͤrsetzlich solches thuen: Der- halben ziehe dich keinem Menschen vor/ und richte keinen in deinem Her- tzen: Watz ist schmertzlicher bey den Welt-Kindern/ als das empfangene Unrecht verhaͤlen/ und sich unter allen vor den unwuͤrdigsten halten? ein sol- che Demuth/ meine Tochter/ ware die meinige. Diese seynd die Wort Ma- riaͤ zu ihrer Tochter Brigittaͤ. 14. Es gehoͤret auch zu der Demuth/ daß man die Ehren und Wuͤrden fliehe nach dem herrlichen Exempel deß heiligen Ephrem; welcher von kei- nem Menschen wolte gelobet seyn/ ja er entwiche uͤber all den jenigen/ so ihn preiseten/ nicht anders als seinen aͤrgisten Feinden: und da man ihm die Bischoffliche Wuͤrden hat aufftragen wollen; ist er auff oͤffentlichem Marck als ein unsinniger Mensch herumb gelauffen/ hat seine Kleider zer- rissen/ und dergleichen andere Bossen veruͤbet/ daß ihn seine Gesellen als ei- nen Narren von sich gelassen/ und dieses hohen Ambts zumahlen unfaͤhig ge- halten haben. Was hat nicht gethan der heilige Gregorius? der zum all- gemeinen grossen Hirten der Schaͤfflein CHRJSTJ/ durch einhaͤl- lige Stimmen/ und mit unglaublichem Frolocken aller Menschen erwaͤh- let worden; und hat dannoch weder durch Bitten/ weder durch andere Beredungen zu solcher Ehren koͤnnen gezogen werden: und er gefehen/ daß ihm der Weeg zum Fliehen versperret gewesen/ hat er sich in einem Faß auff den nechst gelegenen Berg tragen lassen/ und ist daselbst in einer Hoͤhlen so lang verborgen gewesen/ biß er durch eine fewrige Seul verrathen/ in der Klufften gefunden/ und die obgemeldte Wuͤrden anzunehmen gezwun- gen worden. Nicht weniger hat auch die weltliehe Ehren gemeydet der De Div. Serm. 5. 40. glorwuͤrdige Vatter Augustinus/ welcher von sich selbsten also schreibet: so sehr hab ich das Bischtumb gefoͤrchtet/ daß ich/ weilen der Ruff meines Nahmens nunmehro hin und wieder zu erschallen angefan- gen/ mich sonderbahr gehuͤtet/ dahin zu kommen/ allwo kein Bischoff Von der Demuth. Bischoff ware: und daruͤber hab ich mich beflissen/ so viel mir moͤglich gewe- sen/ daß ich an einem niedrigen Orth moͤgte mein Seeligkeit erwerben/ und an einem hohen mich nicht in Gefahr der ewigen Verdambnuß setzete. Wann nun/ mein Christliche Seel/ fuͤr diesem Feind also erschrecken die Riesen deß außerwaͤhlten Volcks/ sollen wir arme Menschlein nicht billigere Ursach zu foͤrchten haben? wie die Pest sollen wir das Lob der Menschen fliehen; alle Gelegenheit zu den Ehren meyden; der Gesellschafft deren Weltlichen und anderer/ so in Wuͤrden seynd/ und durch deren Macht und Huͤlff wir zu denselben gelangen koͤnnen/ uns/ so viel moͤglich ist/ entschla- gen; die Einsambkeit lieben; vor unnoͤthigen Reden uns fleissig huͤten/ und lieber wollen veracht als gelobt seyn/ nach dem Exempel deß heiligen Dominiei/ welcher zu Tolosa wegen seines Predigen sehr werth gehalten wurde; derhalben er von dannen nach Carcasson sich verfuͤgete: und da er die Ursach dessen gefragt wurde/ gab er zur Antwort: zu Tolosa seynd viele die mich ehren; zu Carcasson aber viele/ die mich verspotten/ und mir zu wider reden. 15. Noch weiters verlanget ein wahrer Liebhaber der Demuth von an- dern veracht zu werden auff die Art und Manier der Apostelen: welche giengen froͤhlich vom Angesicht deß Raths/ dieweil sie Act. 1. 5. wůrdig geachtet worden fůr den Nahmen JESV cap. 4. ex §. 44. Schmach zu leyden. Dann gleich wie die Weltliche Leuthe/ sagt der heilige Ignatius Lojola, dem jenigen folgen/ was der Welt ist/ dassel- bige lieben; das menschliche Lob/ Ehr und grossen Nahmen ohne Ver- druß also suchen/ wie sie von der Welt gelehret werden: solcher massen die- jenige/ so im Geist GOttes zunehmen/ und mit allem Ernst Christum nachfolgen/ lieben und verlangen inbruͤnstig die Dinge/ so ihnen hefftig zu wider seynd; dergestalt auch/ daß sie/ wann solches ohne Verletzung der Goͤttlichen Majestaͤt/ und ohne Suͤnd deß Naͤchsten geschehen koͤnnte/ gern alle Schmach/ alle falsche Zeugnuß/ und alles Unrecht wolten außstehen; auch fuͤr unwitzige und unsinnge Menschen (ohne darzu gegebene Gelegen- heit) gehalten werden; dieweil sie wuͤnschen ihrem HErrn einiger massen gleich zu seyn/ denselben zu folgen/ und mit dem Wappen und Kleidungen JEsu Christi versehen zu werden. Wie hoch aber dieser Staffel zu schaͤ- tzen seye/ bedeutet uns gnugsamb der seelige Laurentius Justinianus mit diesen Worten: Nicht so grosse Tugend ists/ die Ehren ver- In Vita e- jus. achten/ als die Verachtung suchen: dann ein groͤsser Sach ist diese/ daß du nemblich nicht achtest/ wann du ůbel ge- Q 3 hal- Die Eilffte Geistliche Lection halten werdest; als diese/ daß du nicht trachtest von an- dern geehrt zu werden. Diese ist sonsten die hoͤchste Vollkommenheit/ daß du von andern uͤbel gehalten zu werden verlangest. Unter andern/ die solche Pelag. L. 15 n. 52. Verschmaͤhung eifferig suchten/ ware auch der fromme Abt Ammon/ so von einem Weib ein Narr gescholten wurde/ und zur Verantwort gabe diese Frag: Wieviel Arbeit vermeinstu/ daß ich in unterschiedlichen Cinnoͤden an- gewendet habe/ umb diese Narrheit zu erwerben? Von einem andern Einsid- ler schreibt Ruffinus also im Leben der H.H. Alt-Vaͤtter. Lib. 2. n. 118. Historia. 16. Ein alter Einsidler in dem unteren Theil der Wuͤsten sasse und ruhe- te in seiner Hoͤlen/ und ein weltlicher Mensch wartete ihm auff. Unterdessen truge sichs zu/ daß ein Sohn eines andern Weltlichen kranck wurde/ der dan diesen Alten eyfferig ersuchete/ daß in sein Hauß kommen/ und fuͤr die Ge- nesung deß Patienten GOtt bitten moͤgte: auff dieses Begehren deß Vat- ters stunde der Einsidler auff und gienge mit ihm: da sie nun auff dem Weeg wahren/ eilete dieser Weltliche vorauß/ und befahle seinen Haußgenossen/ daß sie mit ihm dem Alten Einsidler solten entgegen gehen: dieser aber/ da er von Weitem die mit brennenden Lampen sahe her auß kommen/ vermerckte er/ daß dieses umb ihn zu empfangen geschaͤhe; derhalben/ damit er diesen Ehren ent gehen/ und fuͤr einen thoraͤchtigtigten Menschen moͤgte gehalten werden; zoge er seine Kleider auß/ und liesse sich in den Fluß/ in dem er gantz nackend sich zu waschen anfienge. Da dieses der vorgedachte Auffwarter sahe/ wurde er schamroth/ und begehrte von den andern/ sie wolten doch wiederumb nach Hauß kehren/ dieweil der Alte seine Vernunfft verlohren habe. Nachdem er aber hernach den Einsidler fragte/ warumb er sich also verstellet habe/ daß die Leute ihn fuͤr einen Besessenen geurtheilet? bekam er zur Antwort: deß- wegen hab ich dieses gethan/ damit ich fuͤr einen solchen gehalten wuͤrde. Jm uͤbrigen koͤnnen wir von der H. Maria Magdalena de Pazis erfahren/ wie sehr diese Thorheit und Verachtung seiner selbsten von GOtt geliebet wer- de. Diese H. Jungfrau hat einsmals gesehen die Allerseeligste Mutter deß HErrn in ihren Haͤnden tragen ein kostbares Geschirr/ so mit dem Safft der Goͤttlichen Gaben erfuͤllet ware: und ist auch gewuͤrdiget worden von derselben zu vernehmen diesen Jnhalt: solcher reine/ suͤsse und an sich ziehen- de Safft wird den jenigen mitgetheilet/ welche die menschliche Weißheit und Klugheit fahren lassen: diesen ziehen an sich die jenige/ so mit grossem Eyf- fer suchen die Gerechtigkeit und Reinigkeit deß Hertzens/ und die thoraͤchtig seynd worden umb Christi Willen. 17. Aber- Von der Demuth. 17. Abermal sag ich/ daß ein wahrer Demuͤtiger uͤber keine/ auch die al- lerverwuͤrffligste Wercke doͤrffte schamroth werden/ sondern muͤsse es dem H. Antonio von Patavia nachmachen/ welcher/ ob wohl ein sehr gelehrter Mann/ hat doch seine grosse Wissenschafft mit aller moͤglichsten Sorgfalt vorborgẽ. Er hat sich immerzu mit den allegeringsten und veraͤchtligsten Diensten be- schaͤfftiget/ das Esterich gekeeret/ die Kesselen in der Kuchen geschauret/ gewaschen/ außgetrucknet/ und allen sehr fleissig gedienet/ und hat man nie- mahlen auß dem wenigsten Zeichen mercken koͤnnen/ daß der so gelehrte Mann auch in der geringsten Wissenschafft erfahren waͤre. Ein anders Historia. Beyspiel der wahren Demut haben wir an dem Adolpho, Grafen zu Hol- stein/ welcher auß einem sehr reichen und maͤchtigen Fuͤrsten ist worden ein Alb. Crantz L. 8. Sax- on. §. 7. armer Geistlicher/ und auß einem ritterlichen Soldaten dieser Welt/ sich selbsten gemacht hat zu einem Demuͤtigen Fuß-Gaͤnger. Ein Kloster sei- nes Ordens hat er in der Stadt Kili (alwo seyn H. Leib ruhet) auffgerichtet/ und mit seinen eigenen Haͤnden darzu meisterlich geholffen; er hat die noͤthi- ge Allmosen von seinen Unterthanen selbst gebettelt und auch bekommen: und dieweil er in Verfertigung dieses Klosters sehr eifferig gewesen/ ist er von Thuͤr zu Thuͤr gegangen/ und hat Milch gebettelt/ damit er seine Bruͤder und Werckleute in der grossen H itze erfrischen moͤgte. Jn Verrichtung dieses Ambs/ und da er mitten auff der Gassen eine Milch-Kruge getragen/ seynd ihm seine Soͤhne gantz graͤflich auff die Welt-Manier beritten/ be- gegnet: da er nun selbige gesehen/ ist er auß menschlicher Schwachheit in etwas vor denselben schamroth worden; so ihnen doch alsbald gereuet; derhal- ben er in Gegenwart seiner Soͤhnen zur Bestraffung deß begangenen Feh- lers die Kruͤge wiederumb auffgenommen/ und selbige voͤllig uͤber das H aupt gegossen/ und sich selbsten also angeredet: O du Ungluͤckseeliger/ der du dich der Armut Christi gesch aͤhmet hast/ und die Milch in den H aͤnden zu tra- gen; nun zeige auch so gar auff dem Kopff/ was du getragen hast. Wem kombt nicht eine so grosse Demut/ Gedult und Staͤrcke in so grossem H errn verwunderlich vor? Aber noch einer ritterlichen That hat sich unternom- men der H eil. Joannes Damascenus/ so von seinem Magister auß der Cellen verstossen worden/ dieweil er einen Vers auß dem heiligen Joanne mit harter und froͤhliger Stimm in der Cellen gesungen: und obwohl er den Alten sehr demuͤtiglich umb Vergebung gebet- ten/ hat dennoch nichts erlangen koͤnnen: derowegen hat dieser Joannes andere seiner Geistlichen Mit- Bruͤderen zum Vatter geschicket umb Die Eilffte Geistliche Lection umb Gnade zu erhalten; denen er geantwortet/ er werde den Joannem kei- nes Wegs in die Cell hinein lassen/ es seye dann/ daß er vorhero alle Heimligkeitender Bruͤder außsauberte. O hartes Gebott! aber nicht hart dem demuͤthigen Joanni; dann so bald er diese Zeitung gehoͤret/ hat er ohne einigen Verzug den Baͤsem und andere noͤthige Werck-Zeug er griffen/ und ist eilend zu der naͤchsten Cellen zum ersten gelauffen/ und hat daselbst das heimliche Gemach/ sambt allen anderen nach der Ordnung gesaͤuberet. Nachdem min der Alte solche Demuth und Gehorsamb gesehen/ ist er ihm alsbald entgegen gangen/ den Joannem umbhalset/ und wiederumb nicht als einen Lehr-Juͤnger/ sondern als einen wohl-verdienten Soldaten Chri- sti in seine Cell gefuͤhret. 18. Erkenne nun/ mein Christliche Seel/ wie uͤbel dirs anstehe/ daß du die Werck der Demuth fliehest/ indem du hoͤrest/ daß eiu so vornehmer und hoch-gelehrter Mann/ von sehr hohem Stand gebohren/ und der grossen Stadt Damasco gewesener Vorsteher; deme auch die allerseeligste Jung- frau Maria die ihm abgehauene Hand wunderbarlicher Weiß in einem Au- genblick wi e dernm an ihr voriges Orth gesetzt und geheilet hat; daß sage ich/ ein solcher auch die allerveraͤchtlichste Werck zu verrichten sich nit gescheuet habe. Ey li e ber! lasset uns allen Hochmut vernichtigen/ alle auß der Hoffart gemachte Scham-Schuhe außziehen/ und weit von uns hinweg werffen/ und uns deß Spruchs Christi unseres Heylands oͤffters erinneren/ der also lautet: Alle die sich erhoͤhen/ sollen erniedriget/ und die sich erniedrigen/ sollen erhoͤhet werden. Auff daß wir dann mit den Demuͤthigen moͤgen erhoͤhet werden/ wird sichs freylich gezimmen/ daß wir unsern Bruͤdern und Schwestern auch in den veraͤchtlichsten Sachen hur- tig dienen/ und wann uns andere vorgezogen werden/ derbalben nicht allein uns nicht betruͤben/ sondern vielinehr von Hertzen erfreuen; und in sothanen Begebenheiten niemahlen auß unsern Gedancken fliehen lassen folgende Gleichnuß: Wann ein Fuͤrst dieses bey seinen Hoͤfflingen kundbar machte/ daß er nemblich seine Stall-Knecht vor allen anderen seinen Die- nern lieben/ und am allerreicheligsten und sichersten belohnen wolte; wuͤrde nicht ein jeder suchen/ das Ambt eines Stall-Knechts zu vertretten? hat nit Christus ein Fuͤrst/ ein Erschoͤpffer aller Fuͤrsten/ mit Wort und Wercken außgeruffen/ daß er die jenige am besten und sichersten bezahlen wolte/ so die geringste und niedrigste Aembter auß Demuth vertretten? Jch lasse dich/ mein Christ-liebende Seel/ den Schluß machen/ und fahre fort von den Worten/ so da bewegen/ zu den Exemplen/ welche das menschliche Hertz ziehen zu den Wercken. 19. Neh- Von der Demuth. 19. Nehme derhalben vor lieb/ was ich dir auß dem hoch erleuchten Cli- maco erzehle: dieser Joannes Climacus ware staͤts beflissen/ wie er in den Gott gefaͤlligen Tugenden mehr und mehr zunehmen moͤchte/ derhalben be- suchte er die jenige GOttes-Haͤusser/ so vor andern den groͤsten Ruff der Vollkommenheit hatten: Nun ist geschehen/ daß er in deren einen sich eine In scal. Cælest. Grad. 4. Zeit lang auffgehalten/ und da er einsmahls mit dem Vorsteher dieses Clo- sters im gemeinen Refectorio zu Tisch gesessen/ und deren geistlichen herrli- che Tugenden sonderbahr gepriesen; hat ihn der Vorsteher gefragt/ ob er ver- lange ein sonderliches Beyspiel der Demuth zu sehen: weilen nun der gott- seelige Joannes nichts so sehr/ als eben dieses verlangete: als hat der offt er- wehnte Vorsteher einen zu Tisch sitzenden achtzig jaͤhrigen Priester/ dessen Nahm Laurentius ware/ zu sich beruffen/ welcher alsbald zu seinem Abt kommen/ in Meinung/ einigen Befelch von ihm zu empfangen; derowegen er kniend den Seegen deß Vorstehers begehret und erlanget: nachdeme er aber von der Erden auffgestanden/ und ein jeder vermeint/ ihm wuͤrde die Ursach deß Beruffens von dem Abten bedeutet werden/ ist nichts gefolget/ und mein guter greißgraue Laurentius ist zwey gantzer Stund lang vor der Tafel seines Abten gestanden/ und den Befelch seiner Obrigkeit mit nieder geschla- genen Augen/ da inzwischen seine Mitbruͤder zu Tisch gesessen/ in aller De- muth erwartet: nach gehaltener Mahlzeit hat ihm der Abtbefohlen/ er solle hingehen einem andern Geistlichen desselben Ordens/ Nahmens Isidoro den neun und dreissigsten Psalmen zu betten befehlen: dieser gottseelige Mann ist nochmalen von dem vorgemeldten Joanne Climaco gefragt wor- den; was er doch gedacht habe/ indem er so lang ohne Essen und Trincken/ allen gleichsamb zum Spott vor der Tafel deß Abten habe stchen muͤssen? hoͤre die Antwort/ meine Christliche Seel/ merck auff/ mein Bruder/ nimb wahr/ meine Schwester in Christo: der demuͤthige Laurentius sagt: ich hab mir nicht eingebildet/ daß ich vor einem Menschen stuͤnde/ sondern vor dem Angesicht Gottes/ welchen ich in meiner Obrigkeit geehret hab: die Li e be/ mit dero Gott mein Hertz versehen hat/ wird niemahlen zulassen/ daß auch das geringste Woͤlcklein eines boͤsen Gedancken gegen meine Obrigkeit empoͤr steigen moͤge. 20. Sehe nun auch den herrlichen Nutzen dieser Tugend/ welchen dir der and aͤchtige Petrus Cluniacensis in Anfuͤhrung eines H. Cartheusers vor Rodr. p. 2. Tr. 3. c. 24. Augen stellet: der in seiner letzten Kranckheit von seinem Prior in Anwesen- heit saͤmbtlicher seiner geistlichen Mitbruͤder gefragt worden; durch welche Ubungen er sich die goͤttliche Majestaͤt dergestalt geneigt gemacht habe/ daß R er Die Eilffte Geistliche Lection er von derselben mit so grossen himmlischen Gaben bereichet worden? dar- auff er also geantwortet: ehr wuͤrdiger Vatter/ mich hat von meiner Jugend her der allgemeine Feind deß menschlichen Geschlechts sehr verfolget: und da selbiger mit so hefftigen Versuehungen mich einsmahls bestritten/ daß ich kaum widerstehen koͤnnen/ ist die glorwuͤrdigste Himmels Koͤnigin mir zu Huͤlff kommen/ und hat alle diese teufflische Listen und Anfechtungen mit unaußsprechlichem Trost meiner selbst in einem Augenblick zerstreuet/ und mich ermahnet/ daß ich den angefangenen Weeg der Tugenden standhaͤfftig und unverdrossen immersort wanderen solte: damit du aber/ sagt sie/ dieses desto leichter verrichten moͤgest/ so will ich dir drey Dinge auß dem verbor- genen Schatz meines Sohns anbefehlen; Krafft deren du Gott sonderbahr gefallen/ und uͤber deine Feind allezeit obsiegen wirst: derhalben sage ich dir/ daß du in diesen dreyen Stuͤcken dich demuͤthig erzeigest: als nemblich in der gewoͤhnlichen Leibs-Nahrung/ in der Kleidung/ und in den Aembtern: in der Leibs-Nahrung/ als Essen und Trincken erwaͤhle fuͤr dich das schlimmeste jederzeit: in der Kleidung suche die verwuͤrfflichste und am meisten verschlis- sene Kleider: und unter den Aembtern befleisse dich/ daß du immer das ver- aͤchtlichste zu vertretten habest/ und schaͤtze dich gluͤckseelich/ wann dir das je- nige wird auffgetragen/ von dem andere einen Grewl haben: Nach dieser mir gegebenen Lehr/ ist die Mutter deß Herrn auß meinen Augen ver- schwunden/ ich hab aber diese Wort in mein Hertz eingegraben/ und mich be- muͤhet/ selbige nicht ohne grosses Vortheil meiner Seelen im Werck selbsten zu erweisen. Hast du nun gehoͤrt mein Christliche Seel/ wie die Ubungen der Demuth so grossen Nutzen schaffen? Soll dir nicht ein solche Verspre- chung auch gefallen/ deren du dich doch so leichtlich faͤhig machen kanst? lasse dirs gesagt seyn/ daß diese Tugend deiner Seelen nicht allein zum ewigen Leben am nuͤtzligsten seye; sondern auch/ daß ohne selbige niemand koͤnne see- lig werden/ wie du auß dem Mund der Warheit selbsten/ durch den Evan- gelisten Matthæum zu vernehmen hast/ der mit diesen außtruͤcklichen Wor- ten also spricht: Warlich sag ich euch/ es seye dann/ daß ihr C 18. v. 3. werdet wie die kleine (das ist die Demůthige) so wer- det ihr nicht eingehen ins Reich der Himmelen. Wilst du zum Himmel eingehen/ so seye demuͤtig. Die Von der Hoffart. Die Zwoͤlffte Geistliche LECTION Von der Hoffart. Superbiam nunquam in tuo sensu, aut in tuo verbo do- Tob. 4. v. 14. minari permittas, in ipsa enim initium sumpsit omnis perditio. Lasse die Hoffart nimmer in deinem Sinn/ weder in deinen Worten herschen; dann durch die Hoffart hat alle Verderbung den Anfang genommen. Der Erste Theil. 1. D Jeweilen nach dem Spruch der Weltweisen/ das weisse bey dem schwartzen/ und das Liecht bey der Finsternuͤß am besten erken- net wird; als ist unser Vorhaben/ zu mehrerem Glantz der De- muth und Erleuterung derselben Nothwendigkeit/ von dem Laster der Hof- fart/ als einer gegen-Parthey der vorerwehnten Tugend zu handlen. Es ist aber die Hoffart ein so grosses Laster/ daß/ nach dem Außspruch der heiligen Schrifft/ diese den Anfang aller Suͤnde gemacht habe: und gleich wie die De- Eccl. 10. v. 15. Par. 2. c. 57. muth alle Tugenden samblet (wie der fromme Didacus Stella darfuͤr haltet) zieret und staͤrcket; also werden von der Hoffart alle Tugenden verdorben/ be- sudlet/ und geschwaͤchet: und gleich wie die Demuth nit allein ist eine Gnad; sondern eine Gnad aller Gnaden; also ist die Hoffart nicht allein boͤß; sondern auch eine Rigel und Hindernuß alles gutes/ und gleichsam eine Koͤnigin al- ler Lastern/ so dann auch dieserthalben ein Cron traget/ wie der Prophet Isaias sagt: wehe der gecroͤnten Hoffart! dann gleich wie eine Koͤnigin in C. 28. Begleitung vieler daher pranget; also hat diese viele andere Suͤnden gleich- sam zu ihrer Auffwarterinnẽ; weilen an einem hoffaͤrtigen Menschen alle an- dere unzalbare Lastern herfuͤr wallen: billig derhalben erinahnet uns der gott- seelige Thomas à Kempis, und sagt: huͤte dich fast fůr Hoffart und L 3. c. §. 5. unnůtzem ůppigen Wolgefallen: dan dadurch werden viele Menschen in Jrrsal gefůhret/ und fallen zu zeiten in eine un- R 2 heilbare Die Zwoͤlffte Geistliche Lection Tom. 8. An. Dom. 614. heilbare Blindheit: Unter diese kan gezehlet werden der jenige Geist- liche/ von dem Baronius schreibt/ daß er auff dem Berg Sina einen so grossen Schein seiner Maͤssigkeit/ daß er viele Jahren in der Zellen eingeschlossen Gott gedienet habe; biß er endlich durch oͤfftere falsche Offenbahrungen und Erscheinungen vom leidigen Sathan betrogen/ in das abscheuliche Laster der Hoffart/ und von diesem zum Judischen Glauben gefallen/ und sich beschnei- den lassen: Es hatte der boͤse Feind diesem armseligen Menschen vorhin zu Historia. zeiten einige rechtmaͤssige und glaubwuͤrdige Erscheinungen gezeiget/ mit de- nen er das verdunckelte Hertz desselben an sich gelocket: zu letzt aber hat er ihm vor Augen gestellet auff einer Seiten eine grosse Anzahl der Apostelen/ Mar- tirer und andern Christglaubigen/ so mit einer dicken Finsternuͤß und sonst al- lem Unflat zumahlen umbgeben gewesen: auff der andern Seiten hat er ihm gezeigtden wunderthaͤtigen Moysen/ die Propheten deß alten Testaments/ und eine unzehlige Schaar deß Judischen Volcks/ so alle in grosser Herrlig- keit leuchteten/ und in Freuden lebten: da dieses der ungluͤckselige Einsidler gesehen/ ist er alsbald auffgestanden/ den H. Berg verlassen/ und den Juden sich zugesellet: und nachdem er denselben seine Offenbahrungen kund ge- macht/ ist er von ihnen beschnitten worden; und mit dem neuen Glauben ein Weib genommen; er hat auch in aller Ansehen gegen die Christglaubige seine Meinungen außgehen lassen; und ist also ein Verpfaͤchter deß Judischen A- ber-Glaubens worden: diesen haben wir gesehen/ und ist noch nicht uͤber vier Jahr todt/ ist aber elendiglich gestorben; dann er ist mit einem Schlag-Fluß eine Zeitlang geplaget/ und nachmahls von den Wuͤrmen gefressen worden. 2. Ach haͤtte dieser elende Muͤnch die Hoffart auß seinem Hertzen vertrie- ben/ und haͤtte sich der goͤttlichen Offenbahrungen unwuͤrdig geachtet (die doch lauter Teuffels Anstifftungen waren) haͤtte er sich/ wie billig/ fuͤr einen Suͤnder gehalten; so waͤre er von seinem saubern Offenbahrer nit so schaͤnd- lich betrogen/ und in den Abgrund deß Verderbens gestuͤrtzt worden! haͤtte er den obangezogenen Text auß dem Buch Tobiaͤ wohl behertziget/ und im Werck zu erfuͤllen sich beflissen: lasse die Hoffart niemahlen in dei- c. 4. v. 14. nen Sinn weder in deinen Worten herschen \&c. so waͤre er oh- ne zweiffel dem unwiederbringlichen Schaden dieses Ubels nicht zu theil wor- den: weilen er aber dieses vernachlaͤssiget/ und sich fuͤr einen heil. und gerechten Mann gehalten; der er doch nicht ware/ darumb ist er durch so viele teufflische Erfindungen betrogen/ und ewig verdambt worden: dahero sagt recht der A- postel: so sich jemand bedüncken lasset/ daß er etwas seye/ da ad Gal. 6. v. 3. er doch nichts ist/ der verfůhret sich selbst. Es widerfahret aber den Hoffaͤrtigen gemeinlich/ was sich mit dem lcaro einem Sohn deß Dæda- li Von der Hoffart. li hat zugetragen: diesem wurden von seinem Vatter Fluͤgeln angeklebt/ wur- de aber auch zugleich von selbigem gewarnet/ er solte nicht zu hoch fliegen: weil nun der Sohndieser Wahrnung zu widergelebt und zu hoch gepflogen/ als seynd sothane Fluͤgeln von Hitze der Sonnen erweichet/ er aber ins Meer gefallen. Daher der Poet also singet: Weil Jcarus im Fluch zu hoche kommet/ Ovid. 1. Trist. Stůrtzt er ins Wasser und versauffet; Dahero er biß auff diese Stunde Mit seinem Nahm das Wasser tauffet. Es sehe sich derhalben ein jeder vor/ damit er nicht/ wann fast einige Tugen- den erworben hat/ zu hoch fliege/ und also gestůrtzet werde: dann es pflegt vielmahl den jenigen/ so lange Zeit in steter Ubung der Tugenden haben zuge- bracht/ zu widerfahren/ was dem hertzhafften Eleazaro begegnet; von dem L. 1. c. 6. v. 43. das erste Buch der Machabaͤer also schreibet: Und Eleazar sahe eins von den Thieren/ so mit deß Koͤnigs Pantzer bedeckt war: und er ließ sich beduncken/ daß der Koͤnig dar auff ware; und er gab sich dahin/ sein Volck zu erloͤsen; und er lieff kuͤhnlich zu dem Thier mitten unter den Hauffen/ erschlug den Feind zur Reehten und zur Lincken/ daß sie vor ihm auff beyden Seiten da- hin fielen: und er trang sich dem Elephanten an die Fuͤß/ gab sich unter ihn/ und toͤdtet ihn: und der Elephant fiel auff ihn zur Erden/ und er starb da- selbst. So ist dann (wie der H. Ambrosius darvon redet; dieser Kriegs- Held unter seinen Sieg begraben worden. Ein Sach/ die billig zu ver- wundern ist. Es gehet aber offtmahlen mit uns auch so her; die wir auff dem Felde dieser Welt unser Laͤger geschlagen/ und mit den Lastern zu krie- gen haben. Der erste und gefaͤhrlichste Angriff bestehet in diesem; daß wir den Elephanten unsers Fleisches zu Boden werffen Wehe aber uns arm- seeligen Menschen! wie offt werden wir von dem Sieg selbsten unterdrucket/ indem wir unter denselben fallen/ und mit ihm zu Grund gehen? Durch Fasten/ Wachen und andere Buß-Wercken halten wir das widerspennige Fleisch im Zaum; wann wir aber den Hochmuth nicht verlassen/ so werden wir von dem Sieg selbsten erschlagen/ und indem wir gluͤckliche Obsieger seynd/ werden dannoch als solche schaͤndlich uͤberwunden. 3. Solcher massen hat uͤberwunden/ und ist uͤberwunden worden ein sicherer Geistlicher/ welcher nach Erzehlung deß heiligen Macarii/ nach getoͤdteten Laster-Feinden/ also im Geist hat zugenommen; daß er auch in waͤhrendem Gebett vermittelst der Krafft GOTTES der- R 3 gestalt Die Zwoͤlffte Geistliche Lection gestalt erhoben worden/ daß er das himmlische Hierusalem/ und in demsel- ben den unendlich-schoͤnen Glantz der Außerwaͤhlten gesehen/ und gehoret eine Stim̃ dieses Jnhalts: Dieser ist ein Orth der Ruhe fuͤr die Gerechten. Ein wenig hernach/ da er vermeinet/ diese Wort seyen ihm gesagt worden/ und darfuͤr gehalten/ er habe seinen Platz im Himmel ersehen; ist er in einem Hochmuth/ und nachmahls erbaͤrmlicher weiß in die groͤbeste Suͤnden und unzahlbare Lastern gefallen. Dieweil nun dieser so grosse und biß zum Himmel steigende Heilige gefallen ist; wer wird fortan uͤber seyn heiliges Leben zu stoltziren sich vermessen doͤrffen; wann er schon dem Fasten und Betten bestermassen obliget/ und allerhand verdienstliche Werck der Abtoͤd- Hom. 17. quæst. 6. tung uͤbet? Noch eins hoͤre/ mein Christliche Seel/ von einem andern Geistlichen/ den der obgemeldte Macarius also beschreibet: Es ware bey Historia. mir einer/ der auch zugleich mit mir bettete/ diesen hatte die Goͤttliche Gnad also erfuͤllet/ daß ich neben ihm stehend/ von dem Uberfluß seiner Gnaden zu ungemeiner Andacht im Gebet bewegt wurde: Er hatte auch die Gabe gesund zu machen; daß er also nicht allein die Teuffel außtriebe; sondern auch mit Aufflegung der Haͤnde allein allerhand Seuchten und Kranckhei- ten heilete. Da er nun dieser thalben von jederman fuͤr einen heiligen Mann gehalten und geehret wurde/ ist er von der Hoffart versucht/ durch selbige zu Boden/ und m das eusserste der Suͤnden geworffen worden. Derhal- ben merckt wohl zu diesem unserm Vorhaben der Fulgentius/ daß der Urhe- Epist. 3. ad Pro- bam. c. 15. ber der Lastern/ den jenigen/ so er mit dessen eigenen Suͤnden nicht uͤber- meistern kan/ mit frembden Tugenden uͤberwinde: dann er lobtdie Tugend/ Krafft deren er sich uͤberwunden siehet; damit er also uͤberwunden/ den Un- schuldigen fangen moͤge. Und diese ist/ nach Zeugnuß deß hocherleuchten Cassiani/ eine spitzfindige Arglistigkeit deß boͤsen Feinds/ daß er den Solda- L. 11. Instit. c. 7. ten Christi mit dessen eigenen Pfeilen toͤdte/ den er mit seinen feindlichen Waffen nicht hat uͤberwinden koͤnnen. 4. Zu weiterem Verfolg der angefangenen Rede dienet auch/ was Fab. Conc. 4. in Fest. S. Mar. Magd. ein Geistreicher Mann lasset herkommen von zweyen Hahnen; so eine Zeitlang miteinander tapffer gefochten; nachdem aber einer von beyden den Kuͤrtzer gezogen/ ist er seinem Feind entwischet/ und hat sich verbor- gen: der ander aber als Obsieger/ ist in die Hoͤhe gestiegen/ und hat mit heller Stimm die Victori gesungen: aber/ aber O wehe! in die- sem Freuden-Gesang hat ein vorbey fliegender Adler meinen guten Hah- nen Von der Hoffart. nen erblicket/ angefallen! und alsbald in viele Stuͤcke zerrissen. Nach- dem nun der ander dieser Tragoͤdi biß zum Außgang der Sachen zuge- schauet; ist er mit grossem Frolocken hervor kommen/ und hat seiner Heerden wie vorhin/ vorzustehen ungehindert fortgefahren. Also/ also gehts in Warheit her mit den Hoffaͤrtigen: da diese wegen einiger ihrrr sonderbahren Gaaben und Tugenden/ andere gering schaͤtzen/ und derowegen der uͤberwundenen Laster erhaltenen Sieg sich zu viel zumes- sen/ werden sie von dem hoͤllischen Habig gefangen/ und mit dessen Stricke an das erbaͤrmliche Joch der vielfaͤltigen Suͤnden gebunden. Ware nicht ein solcher der Petrus/ so seine andere Mit- Juͤnger gleich- samb durch einen Ubermuth vorbey gleng/ und sagte; Wann schon Matth. 26. v. 33. alle an dir geaͤrgert werden/ so will ich mich doch nie- maln an dir aͤrgeren? Uber ein kleines aber wurde er vom laidi- gen Sathan gefesseit/ und verlaugnete seinen Meister zu dreyen mahlen. Ware nicht ein solcher der Koͤnig David/ welcher seinen eigenen Kraͤff- ten zu viel trauend/ sagte/ er wolte sich immer bey GOTT halten? 2. Reg. 11. und derhalben ist er in die Grube deß Ehe-Bruchs und Todt-Schlags gefallen; in dessen begangenen Fehlers Erkaͤndtnuß er zu GOTT ge- ruffen: Es ist mir gut/ O HERR/ daß du mich ge- Ps. 118. demůthiget hast. Wann nun der Allerhoͤchste ein solches Abscheu- en hat von der Hoffart/ daß er auch seinen allerwertesten Dienern die- serthalben seine Gnad eine Zeitlang entzohen hat: wie haben sich dann nicht andere zu foͤrchten/ die ab denen von GOtt ihnen ertheilten Gaaben sich im Geist erheben; denen der Apostel sagt: Was hastu/ das du nicht empfangen hast: und dieweil du es empfangen 1. Cor. 4. v. 7. hast/ was růhmestu dich/ als wann du es nicht em- pfangen habest? Was massen aber die Goͤttliche Gerechtigkeit ei- nen solchen Ubermuth/ Krafft dessen wir seine Gaaben wider alle Bil- ligkeit uns selbsten zueignen/ bestraffe; wird uns folgende Geschicht zu mehrer Unterweisung erklaͤhren. 5. Jn einem sicheren Kloster hat unter andern gelebt ein Geistlicher/ so fuͤr uͤbrigen seinen Mit- Bruͤdern sonderbahr geschwaͤtzig gewesen; Diseip. und weilen er einsmals von denen Sachen ger e det/ die ihm nicht an- Historiae befohlen worden; als hat ihn der Abt mit ernstlichen Worten bestrafft/ und gesagt: Gehe hin und schweige. Diese wenige Ermahnung hat der obgemeldte Geistliche dergestalt behertziget; daß er mit Verwunde- derung Die Zwoͤlffte Geistliche Lection derung seiner Mit-Bruͤder/ deß loͤblichen Stillschweigen von selbiger Zeit sich dermassen beflissen/ daß er im Geist/ auch biß zu Anschau- ung der Goͤttlichen Offenbahrungen immer und immer zugenommen: wie auß folgender Histori zu vernehmen ist. Ein sicherer Einsidler ist in dem Busch/ nicht weit von dem Kloster kranck worden/ derhalben er zum dem Abten geschickt/ und demuͤtiglich gebetten/ er moͤgte zu ihm kommen/ und mit den H. H. Sacramenten versehen: der Abt ist hingangen/ umb dem Krancken in seinem Begehren zu willfahren/ und hat den vor gedachten verschwiegenen Geistlichen mit sich genommen: da nun diese beyde auffm Weeg begriffen/ hoͤret ein Moͤrder das Zeichen der gewoͤhnlichen Schelle/ der sich alsbald auff gemacht/ und dem Prie- ster biß zur Hoͤlen deß krancken Eremitten gefolget/ und weilen er sich un- wuͤrdig gehalten/ in die Cell eines so heiligen Manns einzugehen/ als ist er draussen geblieben. Nachdem nun der mehr-gemeldte Bett-Laͤgerige seyn Christliches Recht empfangen; ist der oberwehnte Moͤrder noch bey dem Eingang der Cellen gestanden/ und mit demuͤthigem Hertzen gesagt; ach waͤre ich doch ein solcher/ wie du bist! da dieses der Krancke gehoͤrt/ hat er mit einem Uber-Muth und Wohlgefallen uͤber seyn wohl-gefuͤhrtes Le- ben/ bey sich selbsten gesagt: du moͤgtest wohl wuͤnschen/ daß du waͤrest wie ich bin. Nach diesem ist er alsobald verschieden: daruͤber dann der ver- schwiegene Mit-Gesell deß Alten bitterlich geweinet. Jn der Zuruͤck-Reise dieser beyden/ ist ihnen der offt-gemeldte Moͤrder nachgeloffen/ und GOtt immer umb wahre Reu und Besserung seines Lebens inbruͤnstig gebetten: dann er sich vorgenommen hatte dem Abten seine Suͤnden zu beichten/ und hinfuͤhro nicht mehr zu suͤndigen. Jn solchem eilfertigen Lauffen aber ist er gefallen und alsbald gestorben. Da dieses der Geistliche gesehen/ hat er angefangen vor Freuden zu lachen. Nachdem sie nun zum Kloster kom- men/ hat ihn der Abt gefraget/ warumb er also so sehr verschwiegen waͤre? deme er geantwortet: dieweiln du mir einmahln gesagt hast; gehe hin und schweige/ so hab ich von der Zeit an ungefragt nichts geredet. Weiters hat der Abt die Ursach deß vorgemeldten weinens/ und deß bald darauff gefolgten Lachens zu wissen verlanget; da doch/ sagt er/ der Moͤrder uns derhalben nachgefolget/ damit er uns berauben/ und vielleicht auch toͤdten moͤgte/ und derhalben in seinen Suͤnden gestorben ist? deme der fromme Bruder geantwortet/ daß er diesertwegen geweinet/ weilen er gesehen/ daß/ da der Moͤrder vor der Cellen gestanden/ und gewuͤnschet dem Kran- cken Von der Hoffart cken Bruder an Verdiensten gleich zu seyn/ und derselbe Krancke aber sich in seinem Sinn deßhalben erhoben/ der Einsidler in diesen hoffaͤrtigen Gedan- cken gestorben/ und ewig verdambt worden: der Moͤrder aber/ so nachgelauf- fen/ hat sich festiglich vorgenommen/ seine Suͤnden zu beichten/ und da er ge- fallen/ und von solchem Fall gestorben/ hat er gesehen/ daß die Engeln Got- tes dessen Seel mit Freuden zum Himmel gefuͤhrt: weilen die Rew und Leid dieses Moͤrders so vollkommen gewesen seye/ daß dardurch so wol die Straff als auch die Schuld der begangenen Suͤnden seye außgetilgt worden: die- serthalben habe er von Hertzen sich erfreuet und gelachet. 6. O mein Christliche Seel/ was grosse Ursach uns zu foͤrchten haben wir nicht! hat diesen so buͤssenden Einsidler das hoͤllische Grewel der verfluchten Hoffart aller seiner mit grosser Muͤhe erworbenen Verdiensten dergestalt in einem Augenblick beraubet und zu Grund gerichtet? wie sollen wir diese ab- scheuliche Pest nicht fliehen; insonderheit/ da der hochgelehrte Hugo sagt/ daß L. 2. de Anim. andere Lasteren nur allein die jenige Tugenden anfechten/ durch welche sie vernichtiget werden/ als da ist die Geylheit eine Versucherin und Feind der Keuschheit; der Zorn ein Widerspiel der Gedult \&c die Hoffart aber allein legt sich auff gegen alle Tugenden eines wohlmeinenden Gemuͤths/ und als allgemeine und pestilentialische Kranckheit steckt alle mitemander an; wie an diesem oberwehnten Einsidler zu sehen ist; der sich in so vielen Tugenden ge- uͤbet/ so gleichwohl alle nichts geachtet worden/ weilen sie von der Hof- fart seynd angesteckt/ und zumahlen vernichtiget worden: So ist dann die Hoffart ein Leben und Haupt der Lastern; und gleich wie die Schlang all ihr Gifft im Kopff traget/ und nachdem dieser Kopff abgehawen/ selbige nicht schaden kan; also wirst du nach verworffener Hoffart als einem Haubt der La- stern/ auß deinem Hertzen sehr leicht allen Suͤnden und Anfechtungen wider- stehen. Wann du dich deinem Gott gantz uͤbergeben wilst/ und dessen Gnade theilhafftig zu werden verlangest/ so meyde den Hochmuth deß Hertzens/ und gedencke/ daß die Waͤsser der goͤttlichen Gnaden die hohe Berg verlassen/ und den Thaͤlern zulauffen. Betrachte wer du bist/ so wirst du sehen/ wie wenige Ursach du habest dich zu erhoͤhen. Jn deiner Empfaͤngnuß wirst du finden Schuld/ in der Geburt Armseligkeit/ im Leben Elend/ und am End nur lau- ter Angst und Zittern: derhalben jener Poet nicht unrecht gesungen hat: Woher/ O Mensch/ erhebest du dich/ Derdoch in Sůnd bist worden? Das Leben viel Mühe kostet dich/ Zu Schmertzen bist gebohren. S Ster- Die Zwoͤlffte Geistliche Lection Sterben must du sicherlich/ Auß dir ein Wurm wird werden; Der Wurm hernach veraͤndert sich Jn lauter Stanck und Erden: Der da zuvorn geziehret war Mit schoͤnem Kleid deß Menschen: Muß nachmahl seyn kein Mensch/ fůrwahr/ Er hat verlohrn den Menschen. Diß laß du dir alles dienen Die H offart zu vermeiden. Der andere Theil. 7. S Eynd wir nun versichert/ daß der Brunquell alles boͤses sey die Hoffart/ so ist ja einem jeden noͤthig/ der seine Wohlfart liebet/ daß er die Ader dieser Quellen verstopffe: obwoln nun zu solchem Zweck das jenige gnug zu seyn scheinet/ was am End dieses vorgesetzten Theils gemeldet ist: so gibt uns dannoch zu dessen mehrern Befoͤrderung der H. Apostel Paulus ein stattiches Mittel mit diesen wenigen Worten an die 2. Cor. 3. 5. Hand: wir seynd deß Vermoͤgens nit/ etwas von uns/ als von uns selbst zu gedencken: nach Zeugnuͤß deß Apostels koͤnnen wir nichts guts gedencken/ und sollen dannoch etwas guts thun koͤnnen? muͤssen nicht die gute Gedancken vor dem Werck vorher gehen? lehret nit die taͤgliche Erfahr- nuͤß/ daß die Werck selbst schwaͤrer fallen/ als die Gedancken und das Vor- nehmen gute Werck zu verrichten/ weilen in den Wercken viele aͤusserliche Beschwaͤrnuͤssen muͤssen uͤberwunden werden/ so in den vorher gehenden Ge- dancken sich nicht ereignen? wann wir dann nicht vermoͤgen etwas gutes zu gedencken/ wie werden wir noch hinzu das Gute koͤnnen ins Werck stellen? zumahlen bey mir ists außgemacht; daß der jenige/ so zum Kleinen nicht be- stand ist/ zum Grossen auch in einerley Art der Sachen untaͤuglich seye: der- halben muͤssen wir das jenige gute Werck/ so wir uͤben/ dem Allmaͤchtigen Gott gaͤntzlich/ und uns gar nicht zucignen/ nach den Worten deß Koͤnig- lichen Propheten: Nicht uns/ O Herr/ nicht uns/ sondern dei- Psal. 113. v. 9. nem Nahmen gib die Ehr: Wann solche Lehr der arme Mensch zu beobachten sich fleissig unterstuͤnde/ wuͤrde er sicherlich dem Strick der Suͤn- den nicht so erbaͤrmlicher Weiß zu theil werden: nicht wuͤrde der H. Einsidler Jacobus mit der bey ihm uͤbernachteten Jungfrawen gesuͤndiget/ und selbige nachmahls getoͤdter haben; wann nicht eine verborgene Hoffart die Ursach so grosser Von der Hoffart grosser Suͤnden gewesen waͤre; welche er in eine wahre Demuth vermittelst der Huͤlff Gottes veraͤndert/ und also in Gnaden wiederumb ist auffgenom̃en worden: ungluͤckseliger aber ist gewesen ein ander Einsidler/ so mit diesem La- ster behafftet gewesen/ wie folget. 8. Es ware/ sagt Ruffinus, in einer nechst gelegenen Eynoͤde ein Muͤnch/ Ruffin. l. 2. c. 1. Item Pal- lad. c. 44. Historia. den man sich in allerhand guten Wercken uͤben sahe/ und sein Brod mit eige- ner Hand-Arbeit gewinnen: nachdem er aber dem staͤten Gebett sich ergeben/ und in den Tugenden gluͤcklich zugenommen/ hat er sein Vertrauen auff sich selbsten gesetzt/ und in der Anstalt seines schoͤnen Lebens ein Wohlgefallen ge- habt: viele Jahren hat er in sehr strengem Leben zugebracht; da einsmahls der Sathan ihn zu dekriegen anhebt/ und seiner Einbildung ein wohlgestaltes/ und in der Wuͤsten irrendes Weibsbild vormahlet: diese kompt zur Hoͤlen/ sindet offene Thuͤren/ derhalben gehet hinein/ fallet meinem Einsidler zu Fuͤs- sen/ und bittet in der bevorstehenden Finsternuͤssen die Nachts-Herberg: die- ser erbarmet sich ihrer/ nimbt sie an in seine Hoͤle/ und da er sie wegen deß Jrr- gangs befragt: hat sie denselben erzehlet/ und den angefangenen Discurs so lang fortgesetzt/ biß sie durch ihre holdselige Reden/ das steinere ja diamanti- sche Hertz deß Einsidlers erweichet/ und mit der unkeuschen Liebe entzuͤndet hat: indem nun dieser armseelige Mensch all seiner erworbenen Tugenden/ und Gottes selbsten vergessen/ gleich einem Pferd und Maulthier mit diesem vermeinten und vergestalten Weibsbild seiner boͤsen Begirden gnug zuͤ thun/ und selbige anzugreiffen sich nicht gescheuet; thuet diese vom Teuffel ange- nommene Weibs-Gestalt alsbald vor seinen Haͤnden und Augen verschwin- den/ und die Lufft mit grossem Geschrey erfuͤllen: neben diesem hoͤret man die boͤse Geister frolocken/ und den gefallenen Muͤnchen außlachen; einige/ so die- ses Ubel angestifftet/ fahren mit Scheltworten gegen ihn auß; andere ruffen mit harter Stimm: der sich erhoͤhet/ der wird erniedrigt werden: du bist biß zum Himmel erhoͤhet gewesen/ und bist nun biß zur H oͤllen gedemuͤthiget: also ist dieser ungluͤckselige Einsidler von den hoͤllischen Feinden außgehoͤnet worden; derowegen er der Welt sich wiederumb einverleibet/ und nachmahls ein sehr boͤses End erreichet. Es waͤre wohl zu wuͤnschen/ daß bey gegenwaͤr- tigen Zeiten nicht viele Geistliche gefunden wuͤrden/ so wegen ihrer grossen Gelehrtheit/ und vortreff lichen Tugenden/ von der H offart angeblasen/ und mit diesem armseligen Einsidler ewig verlohren giengen: sintemahlen der lo- se Sathan keine Muͤhe spahret/ damit er die Diener Gottes mit dieser Pest vergifftige: derhalben folge du meinem Rath/ mein Christliche Seel/ erkenne deine Schwachheit/ sage nit allein mit dem Mund/ sondern auch vom inner- sten deines H ertzen/ daß du ein Suͤnder seyest/ von dir selbste n das geringste S 2 Gu Die Zwoͤlffte Geistliche Lection Gut nicht habest; und gebe dem allgewaltigen und barmhertzigen Gott allein die Ehr und Dancksagung aller geuͤbter Tugenden und guten Wercken. In ejus vita. 9. Abraham ein Einsidler hat viele Jahren in der Wuͤsten gelebt/ und schr viele von der Heydenschafft zum wahren allein seelig machenden Glauben be- kehret: ist aber auff vielerley Art von der hoͤllischen Schlangen versuchet worden; aber umbsonst; so gar/ daß dieses gifftige Hoͤllen-Thier nunmehr von uͤberwindung dieses H. Vatters verzweifflet: hat aber seine Hoffnung darauff gruͤnden wollen/ daß er den frommen Mann trafft seiner selbst eige- nen Tugenden ins Verderben stuͤrtzen wuͤrde; und hat ihn derhalben also angegriffen/ da vielleicht der gottselige Abraham einsmahls bey der dunckeln Nacht das Psalter gebettet/ ist urploͤtzlich ein gewaltiges Liecht in dessen Zell erschienen/ und diese Stimm gehoͤret worden seelig bist du Abraham/ war- lich sage ich/ du bist seelig: weilen in allen seinen guten Wercken dir keiner ist gleich gefunden worden: und keiner hat also meinen Willen vollbracht/ wie du: indeme aber der fromme und kluge Alte dieser Schoͤnheit und lieblichen Worten nicht getrauet/ weil er sich fuͤr einen grossen und solcher Zeitung un- wuͤrdigen Suͤnder gehalten; hat er hierauff den Betrug deß Versuchers vermercket/ und geruffen: deine Finsternuͤssen seyen bey dir zu deinem Ver- derben/ O du schalckhaffter und verlogener Gesell! ich bin ein suͤndiger Mensch/ ich bin nichts als Staub und Aschen: hierauff istder saubere Luei- fer mit seinem Liecht verschwunden/ und hat dem demuͤthigen Abraham das Sieg Kraͤntzlein/ obwohl ungern hinterlassen. Wir sehen und hoͤren unsern Feind in solcher Gestalt nicht; und wann wir dannoch von demselben heim- licher Weiß angefochten werden/ so lasset uns mit Hertz und Mund sagen: Teuffel du liegest/ ich bin nicht heilig; ich bin nicht der jenige/ den du mir vor- mahlest; ich weiß mich nichts gutes bewust; alles was ich gutes zu thun trach- te/ das kombt von Gott her: ich aber bin ein Suͤnder/ ich bin lauter Staub und A schen \&c. Noch eines hoͤre/ mein Christliche Seel von dem grossen In ejus vita. Antonio: diesen konte der hoͤllische Boͤßwicht mit allen seinen Erfindungen nicht obsiegen/ daß er zu letzt die Waffen der H offart gegen ihn ergriffen: vor- hin suchte er mit Grausamkeit/ nun aber durch A bscheuligkeit zu fàlen leget derhalben die Gestalt eines heßlichen Mohren an/ wirfft sich dem H. Mann zu Fuͤssen/ und fangt an mit diesen Worten sich jaͤmerlich zu beklagen: viele beruͤhmte H elden hab ich mit meinem A rglist betrogen; und viel großmaͤch- tige Risen hab ich auff flachem Feld uͤberwunden: dir aber (daß ich mich schaͤ- me zu bekennen) muß ich weichen. O listiger Streich! mit der ei- telen Ehr wolte dieser Sathan den Antonium uͤberwinden/ an dem all vori- Von der Hoffart voriges Versuchen gantz eitel worden. Antonius aber achtet diese lockende Wort nicht; sondern fragt unerschrocken: wer bistu? der abscheuliche Mohr gibt zur Antwort: Jch bin die Begierd der Blut-Schand/ ein Geist der Geylheit/ ein Trabant der Unkeuschheit: mit meinen Fackelen entzuͤnde ich die Hertzen der jungen Leuthen/ der Alten so wohl Maͤnner als Weiber dergestalt/ daß sie die Geylheit hervor schaumen; und von allen Kraͤfften der boͤsen Begierden nit allein brennen/ sondern auch gebraten wer- den. O wie viele hab ich mit meinem Locken geloͤset/ die mit dem Schuee- weisen Guͤrtel der Jungfrauschafft umbguͤrtet waren! O wie viele haben sehr keutsch und sauber angefangen/ aber durch mein eingeben uͤbel geendi- get! viele haben wegen steter Abmattung deß Leibs/ und gaͤntzlicher Ab- toͤdtung ihrer selbsten viele Sieg-Craͤntzlein erworben/ die ich als ein Begierd der Blut-Schand uͤberwaͤltiget. Jch bin der jenige/ der dir meine Facke- ten so offt hab angehalten/ und mit denselben dich so vielmaht zu entzuͤnden getrachtet: ich bin der jenige/ der nicht allein von weiten mit dir gestritten hab/ sondern auch nahe vou meine feurige Pfeil auff dich geworffen hab. Jch bin der jenige/ so vielmahl ein Obsieger/ nun aber von dir obgesieget werde. 10. Auff solche Wort hat Antonius an statt deß gesuchten Wohlgefal- lens/ sehr haͤuffige Zaͤhr vergossen/ der Goͤttlichen Majestaͤt schuͤldigen Danck gesagt/ und also gepriesen dessen Allmacht/ daß er zugleich gern beken- net seine eigene Ohnmacht Es ist auch unser oberwaͤhnte Kriegs-Held Anto- nius nach diesen Zeitungen mehr gegen diesen Feind gestaͤrckt worden; dahe- ro er ihn Hertzhafft zu verspotten fortgefahren und gesagt: So mercke ich dann/ daß du ein fauler und traͤger Schwartz-Faͤrber seyest/ dieweil du von so einem unversuchten jungen Menschen/ als ich bin/ dich uͤberwinden lassest. Jch sehe nun hinfuͤhro nicht/ warumb ich dich foͤrchten solle: thue was du wilst; komme mit gantzer Scharen der Deinigen/ und wende alle deine Kraͤfften an mich; ich schrecke mich nun fuͤr dich nicht: Der HERR ist mein Erleuchtung und mein Heyl/ vor wem soll ich zittern? Wann schon die Kriegs-Laͤger gegen mich stehen/ so wird sich doch mein Hertz nicht foͤrchten: wann schon ein Streit gegen mich auff- stuͤnde/ auff denselben/ nemblich auff GOtt/ will ich hoffen. Der HErr ist metn Helffer. Nach diesen Worten ist der hoͤllische Mohr wie ein Rauch verschwunden/ und dem frommen Antonio den Sieg in Haͤnden gelassen. Eben selbiger Waffen sollen wir uns auch mit dem H. Antonio gebrauchen/ nemblich der Demuth und deß Vertrauen zu GOtt/ zumahlen wir vermit- tels dieses Gewehrs unfehlbar den Sieg erhalten werden. R 3 11. Ein Die Zwoͤlffte Geistliche Lection 11. Ein anders Mittel gibt uns der H. Abt Jsidorus an die Hand: wel- Vit. P. P. cher in allen Anfechtungen von dem Hochmuth/ sich selbsten pflegte mit diesen Worten anzureden: Du bist ja nicht an Verdiensten gleich dem Climac. in Scal. Cœl. grossen Antonio/ oder dem Abten Pambo/ oder andern Einsidlern; was bildestu dir dann ein Jsidore? mit diesen Waffen hat er allzeit seinen Feind geschlagen. Mit gleichem Fund hat ein ander standhaͤfftige Ritter Christi die Hoffart vernichtiget/ welcher mit grossem und nuͤtzlichem Fortgang/ der Tugenden sich beflisse/ derhalben die unreine Geister denselben durch den Saamen der Hoffart zu hemmen sich bemuͤheten: er aber suchte derselben Schalckheit Vermoͤg eines geistlichen Listes zu hintertreiben. Er schrie- be an die Mauren seiner Cellen die allerhoͤchste und vollkommenste Nahmen der Tugenden; als nemblich die allervollkommneste Lieb/ die aller tieffe- ste und niedrigste Demuth/ das allerreineste Gebett/ die Englische Keusch- heit/ und andere Tugenden. So offt nun die hoffaͤrtige Gedancken ihn zu erheben anfingen/ so sagte er zu ihnen: kombt/ meine Gedancken/ lasset uns die Vorschrifft beschauen; wir wollen unser Argument uͤbersehen; da er dann zu der Schrifft kame/ und lesete: Die allervollkommenste Lieb. Sprach er sich selbsten zu: wie weit bistu noch von solcher Lieb/ der du noch oͤffters von der Faulheit deinem Naͤchsten zu dienen/ und von dem Verdruß uͤber desselben unvollkommenheiten angefochten werdest. Hastu villeicht das allerreineste Gebett? zumaln nicht: das bezeugen gnugsam die vielfaͤltige ungebuͤrliche Gedancken in demselben. Der Englischen Keusch- heit kanstu dich auch nicht ruͤhmen/ dieweiln die unreine Einbildungen und brennende Stachelen deß Fleisches fast immer plagen. Und also antworte- te er sich selbsten in Ubersehung aller angezeichneten Tugenden: nach die- sem allem beschlosse er seine Reden mit diesen guͤldenen Worten: Du must wissen/ mein lieber Bruder/ daß/ wann du alle diese Tugenden vollkom- mentlich erworben hast; dennoch seyest ein unnuͤtzer Knecht/ dieweiln du ge- than hast/ was du zu thun schuldig warest. Solcher massen hat dieser fromme Geistliche seine Feind uͤberwunden. Jch zweiffle nicht/ mein Christliche Seel/ das diese vorgeschriebene Artzney die pistilentzialische Seugte der Hoffart zu vertreiben bestand seye/ derhalben will ich dich laͤnger nicht auffhalten. Nehme du vor lieb das Wenige/ damit dich faͤhig machest zu begreiffen das Viele und Groͤssere. Die Von dem Ehrgeitz. Die Dreyzehende Geistliche LECTION Von dem Ehrgeitz. Non possum in monte salvari, ne fortè apprehendat Gen. 19. 19. me malum \& moriar. Jch mag auff dem Berge nicht erhalten werden/ daß mich villeicht das Vbel nicht ergreiffe/ und ich umbkomme. Der Erste Theil. 1. G Leich wie die Hoffart ein Feind ist der Demuth; also ist auch der- selben Tugend der Ehrgeitz zu wider/ welche/ nach Meynung deß heiligen Thomaͤ/ ist ein unordentliche Begierd der Wuͤrden und Ehren. Obzwarn nun diejenige Ubelen denen sich die Ehrgeitzi- ge unterwerffen/ kaum zubeschreiben seynd/ so wollen wir jedoch deren eini- ge moͤglichst anfuͤhren. Erstlich ist gewiß/ daß die Ehrgeitzige durch so- thane unziemliche Begierd ihr eigenes Gewissen verletzen. Zum andern muͤssen sie selbst gestehen/ daß sie die gefaste Andacht und innerliche Ruhe ihres Hertzens dardurch verlieren. Wiederumb ist nicht ohne/ daß sie sich vielen heimlichen Plagen unterwerffen. Und letzlich ist das aller- grausambste/ daß sie ihre Seel in die Gefahr deß ewigen Verderbens stellen. O wie viele seynd nicht von der Spitze der Ehren und Wuͤrden/ durch dieses Laster in Abgrund der Hoͤllen gestuͤrtzet worden! Sintemahln/ nach Meynung deß heiligen Chrysostomi/ alle/ so den Vorzug verlangen hier auff dieser Welt/ sollen sicherlich ihre Verschaͤhmung finden in der andern; dann unter die Die- ner Christi kan nicht gezaͤhlet werden/ der sich um Würden be- Die Dreyzehende Geistliche Lection bemůhet hat auff Erden. Die Ursach aber dessen gibt uns der Geist- Par. 1. c. 25 reiche Di a acus Stella mu diesen Worten: Es ist ein beschwaͤhrliche Sach- leben in hohen Wuͤrden/ und dennoch frey seyn von hochtrabenden Gedan- cken. Weilen dann GOtt denen widerstehet/ so ein grosses auß sich selb- sten machen; und die Chrsuͤchtige solche seynd: so kan man wohl schliessen/ daß selbige von GOtt in den Abgrund deß Elends werden verworffen wer- den nach den Worten der ewigen Warheit: Vnd du Capharnaum/ Luc. 10. v. 15. die du biß an den Himmel erhoben bist/ wirst biß zur Hoͤl- len hinunter gesencket werden. Dieß haben erfahren die jenige Geistliche/ von denen der Antonius Senensis in der Chronic deß H. Predi- ger-Ordens also meldet: umb das Jahr 1570. in einem sicheren Kloster ist nach der gewoͤhnlichen Complet einer von den Braͤdern zum Reffenter hin- Historia. gangen/ dieweilen ihme die Sorg desselben anbefohlen gewesen. So bald er nun hinein kommen/ hat er selbiges zu allen Seiten mit Geistlichen Bruͤ- dern erfuͤllet gesehen/ so mit gewoͤhnlichen Kappen angekleidet/ sich zu Tisch gesetzt/ und die annaͤhende Zeit deß Abendmahls gleichsamb erwartet. Der Bruder ist alsbald zum Prior gelauffen/ und hat ihm die Gegenwart der frembden Gaͤsten verkuͤndiget. Dieser aber hat vermeinet/ der Geistliche seye oder naͤrrisch worden/ oder habe solches etwan getraumet/ und sich diesen Traum allzufast eingebildet. Da er nun gleichsamb mit Gewalt zu kom- men gezwungen worden; ist er dorthin gefolget/ und hat die Sach mit Ver- wirrung seiner selbsten also befunden: nachmals die fuͤrnehmste und ver- staͤndigste deß Klosters zusammen beruffen/ und nach gepflogenem Rath/ den Priesterlichen Habit angelegt/ das Allerhochwuͤrdigste Sacrament deß Altars in Begleitung saͤmbtlicher Geistlichen Bruͤder/ zum Reffenter getra- gen; und da er hinzu kommen ist/ hat er den jenigen/ so die fuͤrnehmste Platz besessen zum ersten angeredet/ und weiters die saͤmbtliche beschwohren/ anzu- kuͤndigen/ wer sie seyen/ und zu was End sie dahin kommen? und hat ihnen auch im Nahmen deß jenigen HErrn/ den er in den Haͤnden getragen/ be- fohlen/ sie solten auff die gethane Fragen antworten: hierauff hat/ dem An- sehen nach/ der fuͤrnehmbste unter ihnen angefangen und bekennet; daß sie alle gewesen seyen Geistliche desselben Ordens; der meiste Theil aber seyen gewesen Magistri, Priores, Suppriores, Doctores, Baccalaurei, Lecto- res und mit andern Aembtern geehret; und daß sie alle die Sententz deß ewigen Todts getroffen habe/ deren sie sich durch vielen Ehrgeitz/ Hoffarth/ Mißgunst und anderer dergleichen Laster wuͤrdig gemacht haͤtten. Sie seyen Von dem Ehrgeitz seyen aber auß Befelch der goͤttlichen Guͤtigkeit dorthin gefchickt worden/ des- sen und aller andern deß Ordens Clostern einverleibte Bruͤder zu ermahuen/ daß sie ihrem Beruff gemaͤß leben solten: auch hat zum Beweiß seiner Ver- damnuͤß ein jeder semen Rock auffgeschlagen/ und denen Geistlichen die bren- nende Feuer-Flammen gezeiget: und nachdem der fuͤrnehmste unter ihnen ein Zeichen mit der H and auff den Tisch gegeben/ ist das gantze Schaw- Werck verschwunden/ und hat das gantze Closter in Forcht und Schrecken gelassen. 2. Wieofft hatten diese gelehrte Maͤnner gelesen und gehoͤret die War- heit auß dem Mund der ewigen Warheit: Was bey den Menschen c. 16. v. 15. hoch ist/ das ist ein Grewl vor Gott! aber die Ehrsucht hatte ih- nen den Verstand verduncklet/ die Augen verblendet/ und die Ohren verstopf- fet. Nicht allein ist dieses Laster verderblich/ wie auß erwehnter Geschicht er- haͤllet; sondern ist das Verderben selbst/ gleich wie der Psalmist in seiner Re- Psal. 72. v. 18. de zu GOTT sagt: du hast sie niedergeworffen/ da sie erhoͤhet wurden: uͤber diese Wort mercket der H eil. Gregorius/ daß der Prophet nicht gesagt habe: Du hast sie niedergeworffen/ nachdem sie er- L. 1. In- dict. 9. Ep. 5. hoͤhet worden: (dann solcher massen waͤre die Erhoͤhung verderblich) sondern/ da/ oder indem sie erhoͤhet wurden: weilen/ sagt der H. Kirchen- Lehrer/ die Boͤse/ wann sie mit zeitlichen Wuͤrden geehret werden/ stehen sie dem aͤusserlichen Schein nach auff; innerlich aber fallen sie: So ist dann die Erhoͤhung das Verderben selbst; dann/ indem sie von der falschen und be- trieglichen Wuͤrde untersetzt seynd/ werden sie von der wahren H errligkeit Psal. 36. v. 20. außgeleeret: Dieses lehretuns auch der Koͤnigliche Prophet/ der da spricht: Die Feinde deß Herrn/ so bald sie zu Ehren und Hochheit kommen: Was denselben widerfahren solle/ folgt alsbald hernach: wer- den abnehmen/ und wie der Rauch verschwinden: Nun mer- cke auff/ mein Christliche Seel/ wie diser goͤttliche Prophet unsere obangezo- gene Warheit durch die Gleichnuͤß deß Rauchs bekraͤfftige; dessen Auffstei- gen zugleich seine Verstraͤwung und Vernichtigung ist; und wie hoͤher er sich in die Lufft schwinget/ jemehr und mehr wird zertheilet: Eben solches widerfahret den boͤsen/ und die zur Hochheit von GOTT nicht beruffen seynd: die Erhoͤhung selbst ist ihr Verderben/ und auffs wenigst eine Ver- niedrigung in den Augen Gottes/ von dem sie in das ewige Verderben wer- den verstossen werden. 3. Solchem grossen Ubel den Eingang zu versperren/ haben unsere Sa- tzungen verordnet/ daß alle/ so in unserm Orden die Geloͤbden versprechen; T daß Die dreyzehente Geistliche Lection daß vierte derselben/ nemblich die Demuth gegen diesen gifftigen Feind/ den In Tur ri salutis Ehrgeitz thuen: durch welches Geluͤbt (wie unser P. Ignatius weitlaͤufftig beschreibet) werden alle unter einer Todtsuͤnd verbunden/ nach keinem eini- gen Ambt/ es seye in- oder ausserhalb der Versamblung/ zu trachten: wor- innen auch beschlossen werden die jenige Aembter/ so durch eine einfaͤltige/ daß ist/ nicht Canonische Wahl vergeben werden: als da seynd die Aembter der Patren Examinato ren und P. P. Discret en deß Closters: solte aber einer mit dergleichen ehrsuͤchtiger Versuchung angezepfft werden/ so nehme er als einen bewehrten Schild/ diese deß Buchs Genesis vorgemeldte Wort zu sich/ und sage: Jch mag auff dem Berg/ daß ist/ in dem Ambt eines Vorstehers/ nicht erhalten werden/ daß mich viel- leicht das Vbel nicht ergreiffe/ und ich umbkomme durch den Todt der Suͤnde; derhalben will ich vorhero alle Vortrefflichkeit der Aemb- ter mit allem Ernst meiden: Weiters ist auch zu beobachten/ daß die Vor- stehung nicht allein gefaͤhrlich und verderblich seye den boͤsen und Ehrsuͤch- tigen; sondern auch den guten und von GOTT beruffenen schaͤdlich seye; wie solches auß goͤttlicher heiliger Schrifft und den H. H. V aͤttern klaͤr- lich kan bewiesen werden: und zwarn erstlich auß dem hohen Lied Salo- monis: allwo die Seel eines guten und getreuen Praͤlaten oder V orsteher/ so zu solchem Ambt beruffen ist/ ihre Gefahr erkennet/ und also beweinet: Sie haben mich zur Hůterin in den Weingarten gesetzt: Cant. 1. v. 6. Was ist aber darauff erfolget? Ach! ich hab meinen Weingarten nicht bewahret: Diese Klagrede legt der Heil. Gregorius solcher ge- stalt auß/ und sagt; daß durch den Weingarten verstanden werden unsere Wercke/ die wir zum Nutzen unserer eigenen Seele verrichtet haben: diese werden aber dardurch verhindert/ wann wir nemblich im Stand der V or- stehung auff frembde Thaten und Sitten Achtung haben: Wir Huͤter aber/ sagt der gemeldte Kirchen-Lehrer/ die wir in den Wein-Gaͤrten gesetzt seynd/ bewahren unsere Wein-Garten nicht; weilen wir mit anderer Wercken beschaͤfftiget/ den Dienst unserer eigenen Wercken vernachlaͤssigen. 4. Es kan auch nicht unbillig durch diesen Wein-Garten die eigene Seel verstanden werden; wie auß diesen Worten deß Propheten Isaiæ ab- zunehmen ist: Mein Geliebter hat einen Wein-Garten be- Cant. 5. v. 2. kommen/ und hat gewartet/ daß er Trauben vorbringen solte/ und er hat wilde Trauben vorgebracht. So ist dann eins/ ob ich sage/ sie haben mich einen Huͤter gestellt in den Wein-Gaͤrten; oder Von der Ehrgeitz. oder ob ich sage; sie haben mir die Seel-Sorg auff getragen/ indem sie mich zum V orsteher erwoͤhlet haben: und diß ist der Nutze/ den ich hier auß ge- schoͤpffet; daß ich nemblich meinen Weingarten/ daß ist/ meine eigene Seel nicht bewahret habe: wohl ist auch allhier zu mercken; daß in dem angezo- genen Text nicht von dem jenigen gehandlet werde/ der sich in das Ambt hin- ein getrungen hat; sondern von dem/ der darzu beruffen und erwaͤhlet worden ist: dann er sagt nicht; ich hab mich gesetzt; sondern/ sie haben mich gesetzt: Derhalben da er zum Huͤter uͤber andere ist beruffen worden; hat er dardurch abgelassen einen Huͤter zu seyn uͤber sich selbst. Siehest du nun/ mein Christliche Seel/ die Gefahr auch bey guten V orstehern? Hoͤre noch den Heil. Bernardum uͤber diesen Orth der Heil. Schrifft: die Red/ sagt er/ ist nicht von den Wein-Garten/ sondern von der S eelen: so geden- cke du dann an die S eel/ wann du lesest oder hoͤrest nennen den Wein-Gar- ten: ein solcher Huͤter ware vorzeiten der Adrianus Sextus, welcher die Ge- fahren der S eelen in dieser Huͤtung anderer wohl betrachtet hat; und da er einsmahls gefragt wurde/ was fuͤr eine S traff er seinem Haubt-Feind goͤn- nete? gab er zur Antwort; das Pabstthumb: dahero ist ihm diese Grab- S chrifft gemaeht worden; Adrianus Sextus ligt allhier. Welcher nichts fuͤr so ungluͤckseelig gehalten/ als daß er regieret hat. Wie- Beyrling Apopht. fol. 477. Engeld. Dom. 16. post Pent. derumb/ Pabst Leo der neunte hat in seinem Todts-Bett dem Beichts- V atter ins Gehoͤr gesagt: wie viel besser waͤre mir gewesen/ wann ich an statt der Himmels- S chluͤsselen/ die S chluͤssel deß Closters-Pforten ge- habt haͤtte: deßgleichen hat Paulus der dritte Pabst dieses Nahmens in sei- ner S terb- S tund gesagt; viel lieber haͤtte ich mich dem Koch deren P. P. Capucinern unterworffen/ als daß ich diese/ GOtt so nahe Wuͤrden/ die zehn Jahr lang hab außgestanden. 5. Wann nun so gelehrte und gottselige Maͤnner/ so von GOtt sonder- bahr außerwaͤhlt worden/ gleichwohl unter dem Last der Paͤbstlichen Wuͤr- den dergestalt geseufftzet/ daß sie gewuͤnschet haben/ sie waͤren Pfoͤrtner und Koͤch in Platz der Pabsten gewesen; so muß mir ja dieses ein Zeiger seyn/ daß/ wie hoͤher eine W uͤrde oder V orstehung ist/ je mehr sie den Gefahren der S eelen unterworffen seye: Dieses ware dem Heil. V atter Augustino wohl bekandt; derhalben hat er nicht umbsonst in seiner vorgeschriebenen Re- gul gesagt: wie hoͤhern Orth einer besitzet/ wie groͤssere Gefahr er leidet: er re- det aber von einem guten und getreuen V orsteher/ von dem er vorhin also T 2 gemel- Die Dreyzehende Geistliche Lection gemeldet hatte: der jenigen aber/ so euch als eine Obrigkeit ist vorgestellet/ derselbe schaͤtze sich nicht gluͤckselig/ daß er mit Macht hersche/ sondern er- frewe sich/ daß er euch mit bruͤderlicher Lieb dienen koͤnne; er soll in Forcht vor GOtt zu euren Fuͤssen liegen: auch soll er allen zum besten einem jeden ein Spiegel der guten Wercke seyn: so redet dann dieser heilige Vatter von einem guten Vorsteher/ so da innerlich und aͤusserlich gut ist; und nichts de- sto weniger sagt er/ daß dieser in grosser Gefahr seiner Seeligkeit lebe/ und derowegen armselig koͤnne genennet werden: ja was noch mehr ist/ er be- filcht/ daß wir Untergebene desselben uns erbarmen sollen/ und sagt/ erbar- met euch seiner: Man erbarmet sich aber keines/ der nicht in Armselig- keit stecket/ und deß erbarmens noͤthig hat. Jn Armseligkeit sag ich/ ist der jenige/ so uͤber andere zu richten gesetzt ist: und ist diese nicht die groͤste Arm- seligkeit/ nemblich den Suͤnden/ als den schwaͤristen Ubelen aller Ubeln/ mehr als andere unterworffen zu seyn? Die aber zu Vorstehere gestellt seynd/ muͤssen diesen Ubelen gemeiniglich unterliegen/ wie gnugsamb bewiesen ist In Opusc. de Erudi- tione Princ. c. 1. auch bekraͤfftiget solches der heilige Thomas mit diesen Worten: die jeni- ge so grosse Gewalt haben/ seynd oͤffter schwaͤcher der Seelen nach/ als an- dere; weil sie wenigere Gewalt haben dem Teuffel und den Lastern zu wi- derstehen: und ein wenig hernach bekraͤfftiget er das obige und sagt: dersel- bige Stand ist gefaͤhrlich/ so viel die Seel betrifft; dann es kan einer in sol- ehem Stand schwaͤrlich ohne Suͤnden leben. Dieweil wir nun vernuͤnff- tiglich sehliessen/ daß die kuͤnfftige Suͤnden zur Straff der vorhin began- genen von dem gerechten goͤttlichen Richter vielmahl zugelassen werden; so muͤssen wir auch darfuͤr halten/ daß die Vorstehung eine Straff seye der l oc. cit. begangenen Suͤnden: dieses bevestiget noch mehr der erwehnte heilige Tho- mas mit folgenden Worten: die irrdische Gewalt; Krafft deren ein Mensch uͤber andere Menschen ist/ ist keine Sach der Naturen/ sondern eine Nach- solgerin der Schuld: 6. Jst diesem also; wie naͤrrisch seynd dann die jenige/ welche nach hohen Wuͤrden trachten! dieß muß ich sagen/ daß die jenige/ so einige Wuͤrden Homil. 34. ad illa verba Hebr. 13. Ipsi. per- vig Inmedio Chr. c. 32. auch in dem Geistlichen Stand verlangen/ oder die auffgetragene Ehr mit froͤhlichem Gemuͤth annehmen/ sie seyen auch/ wer sie wollen; blind/ und aller heilsamen Forcht GOTTES entbloͤset seyen: insonder- heit/ dader heilige Chrysostomus hiervon also rede; Zu verwun- dern waͤrs/ wann einer von denen/ so andere re- gieren/ solte seelig werden: Diese seine Wort erlaͤutert er mit Von dem Ehrgeitz mit einer Gleichnuß/ und sagt: so schwaͤrlich kan ein Vorsteher seelig wer- den/ als selten geschicht/ das ein Juͤngling mit einem schoͤnen Maͤgdlein umbgehe/ und mit demselben nicht suͤndige. Eben selbiger Meynung ist der H. Kirchen-Lehrer Bonaventura/ der also spricht: Ein solche Sach ists/ der Ehren sich wohl zu gebrauchen/ wie einem/ so mit einẽ Wolgestalten Maͤgdlein umbgehet/ befohlen wird/ daß er kein unzuͤchtiges Aug jemahlen auff selbiges schlagen solle. Wie schwaͤrlich nun ist in solchem Fall diesem Befelch nachzuleben/ so schwaͤrllch ists auch der Ehren ohne Verletzung der Seel sich zu gebrauchen. Weiters/ betrachtet der heilige Bernardus die- se Wort deß Apostels zu den Roͤmern: Erheb dich nicht in deinem Rom. 11. 20. Sinn. Und bricht also loß: Jn hohen Wuͤrden ge stelt zu seyn/ und in sei- nem Sinn sich nicht erheben/ ist ein schwaͤhre und ungewoͤhnliche Sach; Epist. 42. Bern. Serm. 6. in Ps. 90. derhalben nennet er sie eine Ehr-Sucht/ ein Rost der Tugenden/ ein Motte der Heiligkeit/ und eine verblenderin der Hertzen. Dann die Eh- ren/ so der Mensch mit froͤhligen Augen anschauet/ verblenden ihn/ wann schon auch erleuchtet ist; sie berauben ihn seiner Tugenden und Heiligkeit. Dahero sagt der Weise Mann: Der wenig zu schaf- Eccl. 38. v. 25. fen hat; daß ist/ wer fuͤr anderenicht zu sorgen hat/ der wird die Weißheit einnehmen; und dardurch seelig werden. Also kan mit guter Vernunfft gesagt werden: Der viel zu schaffen hat/ der wird derselben Weißheit beraubet/ und folgends ewiglich verdammet wer- den: so ist dann nicht zu verwundern/ daß die Vorstehung ein grosse Arm- seeligkeit genennet werde/ wetcheden Menschen in die ewig-waͤhrende Arm- seeligkeit verstosset. Diese Armseeligkeit der Seelen fliehet man nicht; der Armseeligkeit aber deß Leibs suchet jederman mit aller Sorgfalt zu entge- hen: diese foͤrchtet man/ und die andere liebt man; dieweilen die treumeinende Ermahnung deß H. Bernardi bey vielen so wenig Platz findet ; der da spricht: du Chr-Suͤchtiger/ wer du immer bist/ wann du witzig bist; wann das Licht deiner Augen dich noch nicht verlassen hat; so lasse ab zu suchen; welches/ wann du gefunden/ nur Armseeligkeit gewonnen hast. Fliehe derhalben und meyde/ mein Christliche Seel/ die Aembter/ so viel dir moͤglich ist; dann auff einem niedrigen Orth wirstu deine ewige Gluͤckseeligkeit leicht- licher und sicherer finden/ als an einer erhobenen Stelle. Damit ich dir aber den/ von dem abscheuligen Ehrgeitz gegebenen Bericht ferner bestaͤttige; als hab ich in folgendem anderen Theil dieser Ermahnung/ auch zu dei- nem mehrern Vergnuͤgen einige nuͤtzliche Beyspiel anfuͤgen wollen. T 3 Der Die dreyzehnde Geistliche Lection Der Andere Theil. 7. D As erste gibt uns an die Hand der erste Jsraelitische Koͤnig Saul- Ad illa verba Job. 36. Deus po- tentes non abji- cit. 1. Reg. 14. v. 17. von dem der Heil. Gregorius also schreibet: Saul ist von dem Verdienst der Demuth/ in das Geschwoͤr der Hoffart/ durch die Hoͤhe der empfangenen Koͤniglichen Gewalt erwachsen: dan wegen seiner Demuth ist er andern vorgezogen; wegen seiner Hoffart aber ist er von dem Herrn verworffen worden mit diesem Verweiß: Bistu nicht zum Haupt worden ůber die Staͤmme Jsrael/ da du klein warejt in deinen Augen? Er hielte sich klein in seinen Au- gen vor der Gewalt: da er aber mit zeitlicher Macht erhoben worden; sahe er sich nicht mehr fuͤr klein an. Also gehts her/ mein Christliche Seel/ nach dem gemeinen Sprichwort: Honores mutant mores, sed raro in Serm. ad Ecclesi- astico- rum cau- tel. con- sid. 4. cir- ca finem tom. 2. meliores. Die Ehren den Menschen verkehren/ und selten bekehren. Das andere Beyfpiel haben wir an dem Verraͤther Judas/ von dem der geistreiche Gerson fraget: warumb ihn Christus zu seinem Apostel erweh- let habe/ da er doch vorhin gewust/ daß derselbe so groͤblich fallen wuͤrde? Er selbst spricht also: Jch hab zwoͤlff erwehlet/ und einer von euch ist ein Teuffel. Diese Frag/ sagt der oberwehnte Gerson/ ist eine von denen/ so der Apostel Paulus betrachtet/ und nicht beantwortet; sondern uͤberlaut außgeschriehen O eine Tieffe deß Reichthumbs/ der Weiß- Rom. 11. v. 33. heit und Erkaͤntnůß GOttes/ wie unbegreiff lich seynd seine Gerichte/ und wie unerfoͤrschlich seynd seine Weege: Dieß eintzige wissen wir; das GOTT in dem Judas nicht verursachet habe den boͤsen Willen der lasterhafften Verachtung/ so viel dieselbe eine Boͤßheit betrifft: Er aber/ nemblich Christus hat sich die- ses boͤsen Willens wohl gebraucht/ als die Weißheit GOttes/ die sich da strecket gewaltiglich von einem End biß zum anderen/ und verordnet alle Ding lieblich. Allhier/ fahret fort der mehr-gemeldte Gerson/ wird bestraffet die naͤrrische Ehr-Sucht deß menschlichen Hertzens/ das so unforchtsamb die Hoͤhe der Wuͤrden anfallet/ die doch ein Mensch/ so von GOtt beruffen/ und von ihm selbsten erwehlet/ mit keiner Versicherung/ und ohne grosse Gefahr deß fallens annehmen kan; wie wir am Judas/ am Saul und unzahlbaren andern zu sehen haben. Gerson hats getroffen; Historia. Discip. Basil. Ful- du aber huͤte dich vor dem Auffsteigen/ foͤrchte das Fallen/ und hoͤre: 8. Weiters gebe ich dir von dem ungluͤckseeligen Udone, Ertz-Bi- schoffen zu Magdeburg/ diesen Bericht: Es ware ein Juͤngling in der Stadt Von dem Ehrgeitz Stadt Magdeburg in Sachsen/ Nahmens Udo, dieser thaͤte den freyen Fulgos L. 9. Cap. 12. In mag- no Spe- cul. Ex- emp. Dist. 9. Exemp. 176. Kuͤnsten obligen; und weiln er sahe/ daß wegen Mangel deß noͤthigen Verstands nichts zunehmen koͤnnre/ und dieserthalben von dem Magistro uͤbel hergenommen wurde; hat er sich zur Kirchen deß H. Mauritii ver- fuͤget/ und daselbst die allerseeligste Jungfrau Mariam sehr eifferig gebetten/ sie moͤgte ihn doch durch die Fuͤrbitt deß H. Mauritii erhoͤren/ und ih- me die Gaab der Wissenschafft erwerben. Hieruͤber ist der obbemeldte Udo in einen Schlaff gefallen/ in dem die Glorwuͤrdige Mutter ihm er- schienen/ und gesagt: Jch hab dein Gebett erhoͤret/ und schencke dir nit allein die Gaab der Wissenschafft; sondern verkuͤndige dir auch/ daß du Ertz- Bischoff seyn werdest: aber huͤte dich/ daß du in alsolcher Wuͤrde nicht uͤbel lebest/ sonst wirstu an Leib und Seel gestraffet werden. Nach diesen Worten ist die mehr-gedachte Jungfrau der Jungfrauen verschwunden: der Juͤngling aber ist erwachet/ ist wiederumb zur Schulen gangen/ und hat wegen seiner Gelehrheit allen ein grosse Verwunderung verursachet. Nach zweyen Jahren ist der Ertz-Bischoff gestorben/ an dessen Platz er vermittelst einhelliger Zustimmung erwehlet worden/ und hat eine zeitlang loͤblich regieret; weilen aber die Ehren den Menschen verkehren; als ist er allgemach von dem vorigen eifferigen Dienst Gottes ab- und einẽ sehr laster- hafften Leben zugefallen; er hat die Schaͤtz der Kirchen verschwendet/ die so wohl Geist- als Weltliche Jungfrauen geschwaͤchet/ und fort allen seinen boͤsen Begierden den Zaum gelassen. Ach Leider! Nachdem dieser Ertz-Bischoff ein geraume Zeit durch seine Laster die Lufft und schier die gantze Welt vergifftet/ und in einer Nacht eine Abtissin auß einem Koͤnigli- chen Cistertiensischen Kloster bey sich im Bett gehabt/ hat er eine Stimm gehoͤret: Udo, mach dem Spiel ein End/ Das Spiel sich zum Vergnůgen wend. Udo aber hat diese Stimm als ein gedichtes Werck außgelachet/ und ob schon er die folgende Nacht selbige Wort zum andernmahl gehoͤret/ so hat er hierauff sein boͤses Leben nicht gebessert. Da er nun zur dritte Nacht wiederumb mit vor gemeldten Abtissin seine fleischliche Wolluͤsten getrieben; hat er eben selbige Wort mit einem erschroͤcklichen knall gehoͤret: Udo, mach dem Spiel ein end/ Das Spiel sich zum Vergnůgen wend. Hierauff ist er zwar bewegt worden/ und hat gescuffzet/ sich aber nicht Die dreyzehende Geistliche Lection nicht gebesserct: er hat zwarn der Raben Cras, Cras, widerholet/ aber keine Buß geth .m . Nach verflossenen dreyen Monathen hat ein Canonicus der- selben Ertz-Bischofflichen Kirchen daselbst GOtt instaͤndigst gebetten/ er wolle doch den Udo vom zeitlichen Leben hinwegnehmen/ oder besseren. Nicht vergeblich hat dieser gemeldte Canonicus gebetten; sondern alsbald gesehen/ daß durch einen sehr starcken Wind alle Ampelen der Kirchen er- loschen. Diesem nach hat er gesehen zwey Juͤngling mit Wachs-Lichtern zum Altar hinauff gehen; welche an beyden Seiten deß Altars gestanden. Nach diesen seynd zwey andere hinein kommen/ deren einer einen Teppig vor dem Altar ehrbietsamblich außgespreitet: auff welche der ander zwey guͤldene Sessel gesetzet. Uber diese ist noch einer gantz allein hinzukommen/ so gleich einem tapffern Fechter mit gezucktem Schwerd auffgezogen/ und in mitten der Kirchen uͤberlaut geruffen: O ihr Heilige GOttes alle/ deren Gebaine allhier auffbehalten werden/ stehet auff und kommet zum Ge- richt deß HErrn. Auff sothane Stimm ist ein sehr grosse und herrlich leuch- tende Anzahl beydes Geschlechts erschtenen/ welche alle auff den Chor gestiegen/ und nach der Ordnung niedergesessen. Auch seynd erschienen zwoͤlff Maͤnner/ und in der Mitte derselben einer/ dessen Glantz die Sonn uͤbertroffen/ so mit einer Koͤniglichen Kron und Schepter versehen; dieser ist aber gewesen Christus sambt seinen zwoͤlff Apostelen. Da diesen die ande- re gesehen/ seynd sie vor ihm nieder gefallen/ haben ihn angebetten/ und nach- mals auff einen der vorgedachten Sesselen gesetzet. Auch hat sich einfin- den lassen die uͤber Mond und Sternen leuchtende Himmels - Koͤnigin in einer ansehnlichen Begleitung unzahlbarer Jungfrauen/ so auch von den Außerwaͤhlten GOttes geehret worden. Dieser seiner werthen Mutter ist Christus alsbald entgegen gangen/ und hat sie mit der Hand auff den Ne- ben-Sessel gefuͤhret. Schließlich ist ebenfals der H. Martyr Mauritius mit seinen 6660. Rittern herankommen; so alle vor dem Heyland niederge- fallen/ und ihn angebetten und gesage: O du allergerechteste Richter/ ge- be ein Urtheil; denen Christus geantwortet: Jch weiß was ihr suchet; brin- get hieher den Ertz-Bischoff Udo. Auff diesen Befelch seynd alsbald einige von den Umbstehenden hingangen/ und haben meinen Bischoff von der Seiten der sauberen Abtissin hinweg gerissen/ und armseeliglich vor- gestellet. Diesen hat der H. Mauritius vor andern mit ernsthafften Augen angeschauet; und mit diesen Worten den Heyland gebetten: O mein HErr/ und allergerechteste Richter/ richte nach deiner Gerechtig- keit. Von dem Ehrgeitz. keit: siehe/ Herr/ dieser Udo ist kein Bischoff/ sondern ein Wolff/ kein Hirt/ sondern ein Raͤuber und Schlaͤchter seiner Schaffen: dieser ist der jenige/ dem deine werteste Mutter die verlangte Wissenschafft gegeben/ und diese Kirch anbefohlẽ/ und geweissaget hat; wan du wol wirst leben/ so wird dir das ewige Leben zu theil werden; wirst du aber uͤbel Hauß halten/ so wirst du an Leib und Seel sterben: dieser Boͤßwicht hat alle heylsame Ermahnungen verachtet; diese und andere Kirchen entheiliget/ und gleichsamb vernichtiget; ja so gar/ er hat deine dir vermaͤhlte geistliche Braut geschaͤndet; derhalben laß ihn/ O Herr erfahren deine Gerechtigkeit: auff solche gethane rechtmaͤssige Anklag/ hat der goͤttliche Richter seine Heilige angeschen/ und gesagt: was geduͤncket euch von diesem? der oben gemeldte Fechter aber hat mit harter Stimm geruffen: er ist deß Todts schuͤldig: er hat den Kopff zu verliehren verdienet/ spricht der Richter/ weilen er ohne Haubt im Wust gelebt/ und verfaulet ist: und siehe/ da nun der offt erwehnte Fechter den Armb zum Streich erhoben/ ruffet ei- ner von den umb stehenden demselben mit diesen Worten zu: halte ein deine Hand so lang/ biß die Heiligthumbe von ihm genommen seynd: hierauff ist der ungluͤckselige Udo vielmahl auff den Halß geschlagen worden/ und zu jedem Schlag ist eine besudlete Hostia auß dem Mund in einen darzu berei- teten Kelch gefallen; welche CHristus alle außgenommen/ gewaschen/ und in einem Kelch auff den Altar gesetzt/ und also mit saͤmptlicher heiligen Schaar zuruͤck gewichen; und nachdem der obige Fechter dem armseligen Bischoff den Kopff hat abgeschlagen/ ist die gantze Versamblung verschwunden. Der obgedachte Canonicus von diesem grausamen Spectacul gantz er- stummet/ hat in der Klufften der Kirchen Fewer gefunden/ worvon er die erloschene Ampelen entzuͤndet; und da er zu dem Orth deß Gerichts kom- men/ hat er den Kelch mit den Hostien auff dem Altar/ den todten Leib weit von dem Kopff hinweg geworffen/ und das Pflaster mit dem Blut benetzet gesehen und mit moͤglicher Stimm geruffen: O trauriges Schauspiel! O grosses Wunderwerck! O unerhoͤrtes Gericht! O wie schroͤcklich ist es/ in die Haͤnde des lebendigen GOttes zu fallen! hierauff hat er alle Thuͤren der Kirchen fuͤrsichtiglich geschlossen/ und die fuͤrnehmste Geistliche und Weltliche zusammen beruffen/ und hat die Thuͤr wiederumb auffgeschlossen/ und ihnen den Ertz - Bischoff Udonem ein seinem Blut erblichen gezeiget/ und alles was er gesehen/ ordentlich erzehlet. Selbigen Tags aber hat einer von seinen Capellanen Nahmens Bruno/ nach gethaner Verrichtung seiner Commission, und vorauß geschickten sei- nen Dienern/ wiederumb nach der Statt zu kehren sich bemuͤhet; ist aber U auff Die Dreyzehende Geistliche Lection auff der Reisen dergestalt von dem Schlaff uͤberfallen worden/ daß er in Er- blickung eines schattenreichen Baums vom Pferd zu steigen/ den Zaum an den Arm zu binden/ und daselbst zu schlaffen gezwungen worden: in die- sem Schlaff hat er eine sehr grosse Menge der unreinen Geister mit Trom- petten und Herpaucken/ mit Schwerden und Stangen/ mit Beylen und Lan- tzen zu diesem Ort sehen hinzu nahen: diese haben ihrem fuͤrnehmsten Haubt/ so die andere an Groͤsse und Grausamkeit deß Gesichts uͤbertroffen/ einen Thron auffgerichtet/ und denselben darauff gesetzt: alsbald ist auch heran gewischet eine andere Schaar der boͤsen Geistern/ so mit unbeschreiblichem Gauchtzsen und Frolocken geschriehen: macht Platz/ macht Platz: sehet/ un- ser Fuͤrst der Udo kombt herbey: Nach diesem haben die Trabanten dessen Seel dem Satanæ ihrem Fuͤrsten præsenti rt; deme er dann zu ehren von sei- nem Thron auffgestanden/ ihn mit friedlichen/ aber betrieglichen Worten gegruͤsset/ und gesprochen: seye willkomm du Fuͤrst und Vermehrer unseres Reichs; siehe/ wir seynd alle bereit fuͤr deine trew geleistete Diensten dich zu belohnen: da aber der Udo vor dieser grausamen Anzahl gantz und zumahlen erstummet; hat mit ihm der Sathan ein Mitleiden getragen und gesagt: siehet ihr nicht/ unser lieber Bruder Udo ist von dem Reisen ermuͤdet/ der- halben gibt ihm alsbald zu Essen/ damit er wiederumb zu Kraͤfften komme: diesem Befelch seynd die Kohlfarbige Auffwarter gar hurtig nachkommen/ und haben Krotten und Schlangen dem neu angekommenen Gast mit gros- ser Gewalt ins Maul gestossen/ und ihn hernach auch mit einem Schwebel- Safft uͤberfluͤssig getraͤncket: und da er noch nicht geredet/ hat der gemeldte Sathan verordnet/ man solte diesem schwachen Fuͤrsten in ein kraͤfftiges Fuͤrstliches Badt fuͤhren/ damit er seine Sprach wieder bekomme: in selbi- gem Augenblick ist er in einen von zerlassenem Ertz und Bley angefuͤllten Pfuͤtz geworffen/ nachmahls herauß gezogen/ und gantz gluͤend Jhro Hoch- fuͤrstliche Gnaden præsenti ret worden; der ihn dann spoͤttlich verhoͤnet/ und gesagt: gelt lieber Fuͤrstlicher Bruder/ du hast ein sanfftes Badt gehabt? Hierauff hat Udo angefangen zu schmaͤhen und zu gottlaͤstern/ und gesagt: verflucht bist du O Sathan mit allem deinem Anhang; verflucht seye auch der GOtt/ so mich erschaffen/ mit allem seinem Gebott; verflucht seyen alle Engell: diese bruͤderliche Stimm hat dem Fuͤrsten und saͤmbtlichen seinen Trabanten dermassen gefallen/ daß sie mit grossen Frewden geschrichen; dieser ist werth/ daß er bey uns verbleibe/ weilen in unserem Gesaͤng trefflich erfahren ist: dieser muß promovi rt werden in die Schul der verdambten Einigkeit/ und wohnen daselbst in alle Ewigkeit: kaum hatten sie diese Wort geen- Von dem Ehrgeitz. geendiget; siehe/ da wird die armselige Creatur von den grimmigen Feinden einhelliglich angefallen/ und in den hoͤllischen Abgrund jaͤmmerlich gestuͤrtzet: Wie nun dem Zuschawer dieser erbaͤrmlichen Action zu muth gewesen seye/ ist leichtlich zu erachten; insonderheit/ da der Fuͤrst der Finsternuͤssen den Fingerzeich auff selbigen Capellan gegeben/ und befohlen/ man solle verhuͤten/ daß dieser Clericus nicht entkomme; dann gleich wie er/ sagt der Fuͤrst/ ist ge- wesen ein Mitwircker deß Boͤsen; so muß er auch nun theilhafftig werden der Straffen/ und zu seinem Herren gesendet werden/ damit er also uͤber seine Verrichtung demselben fuͤglich koͤnne Bericht erstatten: indem aber die die Teuffel ihn ergreiffen wollen/ springt er gaͤhling im Schlaff auff und er- wachet: darab dann das Pferd erschroͤcket/ von einem Orth zum andern ge- sprungen/ und den armen Menschen so lang gezogen/ biß ihm der Arm gaͤntz- lich auß den Fugen verruͤcket; ist dannoch mit grosser Muͤhe auffs Pferd ge- stiegen/ und nach Magdenburg kommen: und da er den Todt seines H errn verstanden; hat er alles was ihm begegnet/ erzehlet/ und also den Schrocken/ das Gericht/ und das Wunder vergroͤssert/ auch seinen Arm/ und die urploͤtz- liche greisse H aaren zum Zeichen der Warheit herumb getragen: im uͤbri- gen hat man den faulen Leib weit von der Statt in ein Moßlachen geworf- fen weilen aber die daherumb wohnende Menschen dieserthalben mit oͤffterm Schroͤcken beunruhiget worden; ist deß ungluͤckseeligen Udonis todter Leib herauß gezogen/ verbrennet/ und die Aschen in die Elb geworffen worden; alle Fische aber desselben Flusses seynd ins Meer geschwummen/ und haben durch vielfaͤltiges andaͤchtiges fliehen zu GOtt/ nach zehen Jahren/ endlich wie- derumb ihr voriges Quartier bezogen. 9. So ist dann und bleibet wahr/ daß auch den guten/ und denen/ so von GOtt vermittelst einhelliger und wunderbahrlicher zusammen Stimmung der waͤhlenden in die zeitliche Wuͤrden gesetzt werden/ nicht wenige Gefahren der Seele außzustehen haben; dero nicht allein die Bischoͤff; sondern auch andere geistliche Obrigkeiten sich unterwerffen: und wiewohl billig zu glau- ben ist/ daß viele derselben wegen Frommigkeit ihres Lebens und ungemeinen Gelehrtheit rechtmaͤssig zu denen ihres Ordens-Aembtern erwaͤhlet/ und von Gott beruffen seyen; so seynd sie hernach derhalben von selbigem ver- worffen worden; weilen sie in Erbawung frembder Wein-Gaͤrten/ daß ist in der Seel-Sorge/ ihren eigenen Wein-Garten/ daß ist/ ihre eigene Seel vernachlaͤssiget haben/ nach dem Spruch deß hohen Lieds Salomonis: sie Cant. 1 v. 5. haben mich gesetzet zur Hůterin in den Wein-Gaͤrten/ und ich hab meinen eigenen Wein - Garten nicht V 2 be- Die dreyzehente Geistliche Lection bewahret: Derowegen seynd sie elendlich den hoͤllischen Geistern zu- gesellet worden. 10. O wiewohl hat dieses behertziget unser deß Heil. Augustini Ordens Ehrwuͤrdige und wunderthaͤtige Vatter Hieronymus à St. Bernardo, so von Edlem Stammen gebohren: und in Betrachtung der grossen Gefahren in Wuͤrden zu leben/ sich unwitzig angestellet; damit er also die Ehren der Welt zertrennen/ und dem befahrenden Schiffbruch seiner Seelen entgehen moͤchte: man hat ihn schier bey die sieben und viertzig Jahr fuͤr einen Nar- ren g e halten/ und als einen solchen tracti rt: er aber hat die jenige Gefahr/ so ihme in den Versamblungs-Aemptern haͤtte zustossen koͤnnen/ in sothaner Mißgestalt zumahlen außgelachet/ und nach gefuͤhrten Tugend- und Wun- der-vollem heiligen Leben/ die ewige Seeligkeit erlanget Anno 1677. den fuͤnff und zwantzigsten Tag Octobris: im Jahr seines Alters 77. und deß Geistlichen Stands 58. Dieses heiligen Manns GOtt gefaͤllige Demuth folge du nach/ mein Christliche Seel/ und verachte alle weltliche Ehren und Wuͤrden: und ob du schon dich naͤrrisch anzustellen nicht vermoͤgest/ (dann diese ein sonderbahre und nicht gemeine Gnad ist) nichts desto weniger kanst du andere Mittel erdencken/ durch Huͤlff deren du der goͤttlichen Majestaͤt zu gefallen/ und die Vorstehungen der Versamblung zu meiden dich befleis- sigest: damit wir aber diese heylsame Rede nicht gar zu kurtz abschneiden; wol- len wir dir hier von noch einigen Bericht geben; welchen zu deinem Trost enthaltet. Der dritte Theil. 11. W Ann der Warheit gemaͤß ist/ was der Heil. Kirchen-Lehrer Gre- Hom. 17. in Evang. gorius neben andern H. H. Vaͤttern sagt; daß nemblich die Werck und Thaten unseres Heylands lautere Gebott seyen; indem er uns durch selbige zeiget/ was wir thun sollen: so folgt hierauß un- fehlbarlich/ daß wir geladen/ ja auch verbunden werden/ alle Vorstehung und Hochheit zu fliehen nach dem Exempel CHRJSTJ: von dem der heilige Joannes also schreibet: Als JESVS mercket/ e. 6.v 15. daß sie kommen wůrden/ und ihn mit Gewalt hin- weg fůhren/ daß sie ihnen zum Koͤnig machten/ flo- he er abermahl auff den Berg/ er selbst allein: Uber sothane Wort erinneret dich und mich der heilige Bonaventura/ und Von dem Ehrgeitz. und sagt: Sehestu nun/ mit was behutsambkeit und grossem Ernst dein In med. vitæ Christ. c. 45. Heyland die Koͤnigliche Wuͤrden gemeidet hat? er hat uns hierdurch ge- zeiget/ daß wir auch also thun sollen; dieweilen er nicht seiner/ sondern un- serenthalben geflohen: zumahlen er wuste/ was ein grosse Vermessenheit seye/ daß man nach den Ehren trachte: dann dieselbe seynd von den groͤsten Stricken/ mit denen der arme Mensch gefangen wird; und die vermoͤgen- ste Ursachen/ Krafft deren er seine Seeligkeit verspielet. Dieß sagt der Se- raphische Lehrer: Nicht wenigeren Bericht der so grossen Gefahr hat der- jenige Einsidler gehabt/ dessen Vaͤtter noch jung von Jahren zum Bi- Historia. sthumb beruffen worden: derhalben er ihm befohlen/ er solte sich erstlich Faber Conc. in fest. S. Jac. n. 2. auff einen hohen Tisch/ und hernach auff die Erde legen; aber auff beyden sich etlichmahl wacker herumbwerffen/ und sehen/ welche dieser zweyen Weltzungen die sicherste seye. Nach eingenommener solcher Unterwei- sung hat der gemeldte Juͤngling das Bisthumb als ein sehr gefaͤhrliges Werck geflohen: und ist nach dem zeitlichen Leben/ seinem Unterweiser er- schienen/ hat ihme gedancket/ und gesagt: versichere dich/ mein Vatter/ daß ich jetzt gehoͤrte unter die Zahl der Verdambten/ wann ich gelebt haͤtte in dem Chor der Bischoffen O wie wahr ist dann/ das hohe Aembter mit hunderterley Gefahren umbgeben seyen! Nun wollen wir zu dessen mehrern Bekraͤfftigung noch ein anderes dergleichen Exempel hinzusetzen. 12. Der seelige Ganfredus ein Ordens-Geistlicher deß Klosters Claren- Historia. Arnold. apud Discip. item March. Tub. Sa- cer. Tom. 1. Lect. 5. thall/ ist zum Bischoff erwaͤhlet worden. Er aber hat uͤber solche Wuͤrden sich nicht allein bester Massen entschuldiget/ sondern hat auch deß Pabsten Eugenii/ und seines Abten/ deß heiligen Bernardi Befelch wegen Anneh- mung dieses Ambts sich widersetzet. Nicht sehr lang hernach ist er gestor- ben/ und einen von seinen vertraulichen Geistlichen Bruͤdern erschienen/ und gesagt: Jch bin seelig worden/ dann die Flucht deß Pasthumbs ist mir zu meinem ewigen Heil außgeschlagen. Worauff er befragt worden/ ob ihm der gewiesene Ungehorsamb auch schaͤdlich gewesen seye: hat aber ge- antwort: nein/ und hinzugesetzt: Wann ich diese Wuͤrden haͤtte angenom- men/ waͤre ich ewig verdammet worden: und (so grausamblich ist zu hoͤ- ren) so weit ist es kommen mit dem Stand der Kirchen; daß sie nicht wuͤr- dig seye/ als von boͤsen Bischoffen regiert zu werden. O entsetzliche Tieffe der Urtheilen GOttes! billig muß hieruͤber sich foͤrchten/ erschrecken und erbleichen die Obrigkeit. Keiner wird dieses hoͤren und glauben/ und dan- noch nicht suchen seines Ambs Lasts enthoben zu werden. Ein jeder! so U 3 dieses Die dreyzehende Geistliche Lection dieses behertziget/ wird alle anerbottene Aembter wie das Gifft der Schlan- gen und wie die Pest selbsten hassen und fliehen. 13. Derhalben hat nicht unbillig der H. Bernardus das Genuensische und Maylaͤndische Bichsthumb anzunehmen sich geweigeret. Wohl auch hat der H. Thomas von Aquin/ die von dem Papst Clemente dem Vier- ten ihm auffgetragene Neapolitanische Ertz-Bischoffliche Wuͤrden ver- achtet. Jmgleichen wie hat nicht der H. Bruno das ihm ebenfals von dem Papst Honorio anerbottene Ertz-Bischoffliche Ambt der Stadt Rehms gefoͤrchtet/ daß er auch dieserthalben von Rom in Franckreich wieder zu keh- ren sich gescheuet/ und Calabriam zu seinem heimlichen Auffenthalt erweh- let/ so ihme auch von statten/ und er der so verderblichen Ehr Gefahr gluͤcklich entgangen ist. Wie hat sich nicht in gleichem Fall verhalten der H. Papst Gregorius/ von dem wir am 77 igsten Blat gemeldet? der hocherleuchte Augustinus hat auch mit grosser Gewalt zu der Bischofflichen Vorste- hung muͤssen gezwungen werden; dann er wolte lieber an einem niedrigen Ort seelig werden; als an einem hohen sich in Gefahr stellen. Maru- lus lasset auch herkommen von dem frommen Geistlichen Ammonio/ daß er zu Vermeidung deß Bichstumbs/ zu dem man ihn zwingen wollen/ sich ein Ohr vom Kopff gantz abgeschnitten: und da er also mißstaltet/ dannoch dieser Wuͤrden nicht entkommen koͤnnen; hat er vor dem Ertz- Bischoff und saͤmptlichem Volck geschwohren/ daß er seine Zung/ derwegen sie ihn liebten/ auch abschneiden wolte/ wann sie von ihrem eiffrigen Anhalten nicht ablassen wuͤrden; derhalben haben sie deß Am- monii sich nothwendig begeben muͤssen. Vieler/ ja unzahlbarer anderer zugeschweigen/ muß ich dir/ mein Christliche Seel/ unsern H. Thomam de Villa nova noch vorstellen; von dem der Magister Solon erzehlet/ daß er von dem Kayser Carolo dem fuͤnfften zum Bischoff zu Granat seye er- nennet worden; habe aber dieser Wuͤrden sich tapffer entschlagen; und da er nachmahlen (unangesehen der vorigen Weigerung) von allerhoͤchst-er- wehntem Kayser zum Ertz-Bischoff zu Valentzien erklaͤret worden; hat er abermahl mit aller geistlichen Hoͤffligkeit sich entschuldiget; und dem eif- frigen Begehren deß Kayserlichen Erb - Printzen Philippi Secundi, wie auch dessen fuͤrnembsten Reichs-Staͤnden/ und deß Cardinalen Toletani hefftigem Antreiben maͤnlich widerstanden. Derhalben hat man den Ge- neralen deß H. Ordens ersuchet/ welcher unter Straff der Excommunica- tion deß gefaͤhlten Vrtheils/ mehr-gemeldtem Thomaͤ befohlen/ inner- halb vier und zwantzig Stunden obgedachtes Ertz-Bischoffthum anzuneh- men. Von dem Ehrgeitz. men. Solcher Gestalt hat dieser heilige Mann Krafft deß Gchorsambs in sothane Wuͤrden muͤssen einwilligen/ die er mit vielen Zaͤhren zu meiden sich unterstanden hatte. 14. Hoͤre noch eins mein geneigter Leser/ so mir eben einfallet von dem gottseeligen Petro Damiano: von dem der andaͤchtige Pater Laurentius Surius schreibt/ daß er zur Cardinal-Wuͤrde der Roͤmischen Kirchen mehr seye gezogen als beruffen worden/ und obwohl der Papst Stephanus ihnen zum Dechanten der hochwuͤrdigen Versammlung der Cardmaͤlen und Ostiensischen Bischoff ernennet hat; so habe er sich dieser hohen Ehren doch freylig enteusseret/ damit er dem Dienst GOttes und Beschauung der Goͤttlichen Dingen besser obligen moͤgte. Dieweilen aber allerhoͤchst-ge- dachte Paͤbstliche Heiligkeit denselben zu abermahliger Annehmung zwin- gen wollen; und er mit grosser Standhafftigkeit sich zu entschuldigen nicht nachgelassen; als hat der allerhoͤchst-ermeldte Pabst in sothaner Weigerung jedoch mit dieser Condition eingewilliget: daß er hundert Jahr alle Tag hundertmahl den vierten Buß-Psalmen mit zugleich gehender Casteyung seines Leibs betten solte. Diese Straff hat der Gottselige Petrus mit Freuden angenommen/ und mit solchem Eyffer verrichtet; daß er inner- halb eines Jahrs-Frist dieselbe voͤlliglich bezahlt hat. O unerhoͤrtes Wun- der! und wann GOtt in seinen heiligen nicht wunderbarlich waͤre; wer sol- te glauben/ daß ein Mensch innerhalb vier und zwantzig Stunden/ und daß nicht einen/ sondern alle Tage eines gantzen Jahrs/ uͤber zehn tausendmahl den vierten Buß-Psalmen mit beygefuͤgter Casteyung deß Leibs widerho- len koͤnnte? und nichts desto weniger hat der demuͤtige Petrus eines so harten Wercks sich lieber unterfangen/ als die ihm auffgetragene Wuͤrden anneh- men wollen. Auß deme nun/ und andern Beyspielen gnugsamb erhellet/ daß in den Vorstehungen sehr grosse Gefahren verborgen ligen; zumahln selbige so viel GOttgefaͤllige/ und mie dem H. Geist erfuͤllete Maͤnner so ernstlich geflohen haben. Wann du aber/ mein Christliche Seel/ dir vil- leicht einbildest/ daß die Gefahr nicht so erheblich seye/ als sie gemacht wer- de/ so hoͤre die Wort dessen/ so auß dem Mund deß Weysen dir bedeutet: Es wird ein sehr hartes Vrtheil ůber die ergehen/ so das Sap. c. 6. v. 6. Regiment fůhren. Dieses solle dir und mir billig gnug seyn: und was ist erschroͤcklicher/ als das ein Vorsteher in Wuͤrden und keines Tags versichert lebe/ und durch die H. Schrifft/ so da nicht fehlen kan/ betroͤhet werde/ daß er vor allen andern Menschen am scharffesten werde gerichtet werden? Es ist warhafftig ein unerhoͤrte Blindheit; ein unertraͤglicher fehl/ daß ein schwacher Mensch Die dreyzehende Geistliche Lection Mensch sich getraue dem allerschaͤrffesten Urtheil GOttes sich nicht ohne bitterlichen und augenscheinlichen Seelen-Schaden zu unterwerffen. Die- ses vermute stu dich/ indem du die Vorstehung gern annimbst/ und andern vorgezogen zu werden/ einen Gefallen hast. Ob zwarn nun viele Ursachen deß so scharffen Gerichts uͤber die Vorsteher koͤnnten beygebracht werden; so muß ich dir doch eins auß dem Thurn deß Heyls unseres Patris Jgnatii vor Augen stellen; daß nemblich dieses Urtheil erschrecklich seyn werde/ so viel die geurtheilte Sach betrifft: dann du wirst nicht allein von deinen/ sondern auch von den Wercken derjenigen/ so dir anbefohlen seynd/ genaue Rechenschafft geben muͤssen; so wohl deß Boͤsen/ daß sie gethan/ als auch deß Guten/ daß sie unterlassen haben/ und haͤtten thun sollen: und also muß ein Vorsteher der Geistlichen die begangene Bruͤche der Fasten/ und Enthaltungen/ so von diesem und jenem beschehen/ verantworten. Daß dieser oder jener dem GOttes-Dienst verabsaumet; seine Zung nicht im Zaum gehalten/ und zu verbottener Zeit geredet; und ausserhalb seiner Cellen im Kloster/ oder auch vermittelst einer von der Obrigkeit betriegli- cher Weiß erhaltenen und nicht examinirten Erlaubnuß in der Stadt her- umb geschweiffet seye; und fuͤr dergleichen andere Uberschreitungen mehr/ muß stehen der arme Vorsteher; derhalben recht ein Vorsteher genennet wird. Es macht auch annebens diesen Greul noch erheblicher der Heil. Apostel Paulus; indem er nach gegebenen Befelch an die Unterthanen die- Hebr. v. 17. ses Jnhalts: Gehorsamet euren Vorstehern/ und seyet ihnen unterworffen: von denen also redet: Dann sie wachen/ als die Rechnug geben werden fůr euere Seelen. Als wolte er sagen: ein so grosser Last ists/ den euere Vorsteher tragen we- gen deß erschroͤcklichen Gerichts euerer Seelen halber; daß ein solcher Last billig erfordere solche Hurtigkeit deß Gehorsambs. Derentwegen sagt der Heil. Chrysostomus: die Gefahr schwebt auch uͤber dessen Haupt/ er ist den Straffen deiner Suͤnden unterworffen; und deinetwegen wird er mit so grosser Forcht beaͤngstiget: dieweilen GOtt sagt/ daß er durch sich Ezech. 34 v. 10. selbsten/ und nicht durch andere diese Rechenschafft fordern wolle: Sie- he ich will selbst ůber die Hirten/ und will meine Heerde auß ihrer Hand forderen. 15. O wiewohl hat dann der H. Vatter Augustinus umb den Vorste- her in steter Forcht zu halten/ in seiner Regul verordnet/ daß er allzeit ge- dencken solle/ daß GOTT fuͤr euch Rechnung geben werde. Und in dem offenen Brieff/ so einem Vorsteher/ dessen Ambt betreffend/ gegeben wird; muß Von dem Ehrgeitz. muß er auch dasselbige Urtheil hoͤren/ krafft dieser Worten: wir beschwaͤren sein Gewissen zum Tag deß Herrn; auff daß er das Zeitliche verschaffe/ und auff die geistliche Vollkommenheit der Seelen unablaͤßlich ein wachtsames Aug habe/ als der/ so GOtt dieserthalben Rechnung geben wird: hier ist zu mercken/ daß das obgesetzte Woͤrtlein/ unablaͤßlich eben so viel bedeute/ als das Woͤrtlein allzeit: dann dessen sich unser H. Vatter an statt diesen in seiner Regul gemeiniglich gebrauchet. So siehe nun zu die vorgesetzte Obrigkeit/ wie sie der Schuldigkeit solcher Betrachtung nachkomme/ welche nichts so wenig behertziget/ als die unaußbleibliche Rechenschafft ihres Ambts dem gerechten Richter zu erstatten; da doch diese Forcht so vernuͤnfftig ist/ wie wir gehoͤret haben; daß der Heil. Apostel Jacobus selbige ein kraͤfftiges und gnugsames Mittel die Vorstehung zu vermeiden geschaͤtzt/ und dahero ge- sagt hat: Meine Brůder/ werdet nicht Lehr-Meister in gros- c. 3. v. 1. ser Anzahl/ und wisset/ daß ihr ein schwaͤreres Vrtheil auff euch nehmet. 16. Und obwohl einer in diesem Gericht der ewigen Verdamb nuͤß entge- hen wurde/ wann er nemblich mit allem moͤglichen Fleiß sein Ambt vertrette; so wird er jedoch kaum seiner Schuldigkeit so voͤllig koͤnnen gnug thuen/ daß er nicht mit einigen Maculen der Suͤnde beschmitzet werde; so in dem feuri- gen Flammen nachmahls muͤssen abgewaschen werden; wie auß folgender Geschicht zu ersehen ist: Der ehrwuͤrdige Pater Constantius à Salvatote Historia: Bouver. in Annal. 1587. Capuciner Ordens/ und ein Mann grosser Heiligkeit/ ist wenig Tage nach seinem Todt einem sichern geistlichen Bruder erschienen; und da er von sei- nem damahligen Stand befragt worden/ hat er geantwortet: ach/ ach/ mein lieber Bruder/ wie weit seynd die Urtheilen GOttes von den Urtheilen und Meinungen der Menschen entfernet! die jenige Sachen/ so von euch fast fuͤr tugentsamb gehalten werden/ seynd im Gericht GOttes lasterhafft: ich bin zwarn durch GOttes Barmhertzigkeit der ewigen Seeligkeit versichert/ hab aber im Feeg-Fewer drey Tage lang so grausame Tormenten wegen der Un- sauberkeit/ die ich als ein Obrigkeit an mich gezogen/ und doch fuͤr keine Un- reinigkeit geachtet/ muͤssen außstehen/ daß selbige drey Tage als drey tausend Jahr mir seynd vorkommen: ich hab aber in meinem Ambt einige geringe Sachen unterlassen/ welche der gerechte GOtt sehr hoch empfunden: auch bin ich in Erlaubnuͤß der bruͤderlichen Verluͤstigungen zu gestatten zu frey- gebig gewesen/ dadurch dann einige Außgelassenheiten seynd verursachet wor- den: also hat der obgemeldte Constantius seine Red geendiget/ und ist ver- schwunden: wolte Gott/ daß auch bey allen Obrigkeiten die Gering-Schaͤ- X tzung Die Dreyzehende Geistliche Lection tzung der schwaͤren Urtheilen GOttes; und bey allen Geistlichen die Begird zu den Wuͤrden verschwinden moͤchten; zumahlen vielleicht unter hunderten und mehr derselben kein eintziger gefunden wird/ so mit diesem gottseeligen Obern und Geistlichen kan verglichen werden: fliehe du Sorg zu tragen fuͤr andere/ wie dir der H. Apostel Jacobus gerathen hat/ und der weise Mann Eccl. 7. v. 4. dich abermahl ermahnet mit diesen Worten: Begehre keine Herr- schafft von dem Herrn/ noch vom Koͤnig den Stuhl der Ehren. Was geduͤncket dich? wann der Cain so seharff gerichtet worden Gen. 4. v. 4. ist wegen eines Menschen Entleibung/ da er sagte: Bin ich dann mei- nes Bruders Hůter? wie viel harter wird dann nicht von GOtt herge- nommen werden so vieler Unterthanen Entseelung/ so alle Rach uͤber ihren V orstcher bey dem unbestochenen Richter schreyen werden? und dahero ver- mercket der weise Mann/ daß es vielen Ehrsuͤchtigen also ergehe/ und sagt: Eccle. 8. v. 9. Es herschet bißweilen ein Mensch ůber den andern zu sei- nem Vnglůck: Warumb aber das? weilen/ sagen die Dollmetscher/ das Blut der Unterthanen wird von seiner Hand gefordert werden. c. 34. v. 2. 17. Dahero rufft der Herr auß dem Mund deß Propheten: Wehe den Hirten! wehe/ wehe den Hirten Jsrael: Diese Betrohung aber gehet nicht allein die Ehrgeitzige/ sondern auch die jenige an/ so rechtmaͤssig Ibid. erwaͤhlet/ und von Gott beruffen seynd; wann sie nemblich nicht die Heerde/ sondern sich selbst weiden: wann sie das verworf- fene nicht herbey fůhren; und das verlohrne nicht suchen/ das zerbrochene nichtverbinden/ und das schwache nicht staͤrcken: dieser Meinung unterschreibt sich auch der Heil. Chrysostomus mit diesem Zusatz: wann einige auß Noth zur V orstehung gezwungen wer- den diese moͤgen keine Außflucht noch Entschuldigung finden uͤber ihre nach- laͤssige Regierung: wie viel weniger koͤnnen dann die jenige sich entschuldi- gen/ so den V orzug mit Muͤhe und Arbeit gesucht haben? dieses haben mit geziemendem Ernst so viele H. Maͤnner gar reifflich erwogen/ derowegen sit sothane Wuͤrden oder geflohen/ oder durch Zwang und Drang muͤssen an- nehmen/ oder haben sich der gehabten Ehren enteussert; wie oben gemeldet ist: diese folge du/ mein Christliche Seel/ und folge den Rath deß H. Geistes/ so wirst du nicht fehlen: bewaffne dich mit der Flucht gegen diesen deinen Feind/ damit du das erschroͤckliche Gericht deß gerechten Richters entfliehest; und wie wirds moͤglich seyn/ daß du fuͤr andere Rechnung zu geben uͤber dich neh- mest/ der du fuͤr dich allein nicht bestehen kanst? 18. Zum Beschluß dieser Unterrichtung entstehet die Frag; wann/ und wem es zugelassen seye/ deß jenigen Ambts sich zu unternehmen/ so einem von dem Von dem Ehrgeitz. dem general Capitul/ oder von dem Definitorio auff getragen wird? daß man ohne V erletzung deß Geluͤbts der Demuth die Aembter moͤge annehmen/ das lehret die allgemeine Erfahrnuͤß: ob aber auch zulaͤssig seye/ das Ambt nicht anzunehmen/ so lang kein sonderbahrer Befelch dabey ist; dieses schei- net der Warheit nicht zu widerstreben: weilen eines theils solche Aembter nie- mahl von der hohen Obrigkeit unter dem H. Gehorsamb aufferlegt werden: und da sothaner Gehorsamb oder außtruͤcklicher Befelch ermanglet/ ist man nicht verbunden; wie unsere H. H. Satzungen dieses vorsetzlich erklaͤren/ zu einiger Schuld; und erfolglich kan einer ohne Suͤnd sein Ambt/ zu dem er erwaͤhlet ist/ resigni ren: dieses erhellet auch auß dem P. Ignatio, so dalehret/ In Turri salutis. fol. 650. daß man solches Ambt ohne V erletzung deß Geluͤbts annehmen koͤnne; und sagt nicht/ daß man muͤsse: dessen Wort seynd diese: der dann annimbt/ und deß außtruͤcklichen Befelchs nicht erwarte/ dem wird nicht auffgemessen/ daß er das Geluͤbt schwaͤche; er hat auch nicht noͤthig darauff zu warten/ als wann solches zu Haltung deß Geluͤbts gehoͤre: obschon der Leffius erinnere/ De just \& jur. l. 2. c. 46. dub. 5. n. 53. daß es gemeinlich nicht loͤblich seye/ zu den fuͤrnehmsten Aembtern auch in den Cloͤstern/ sich bereit und hurtig zu zeigen/ wann sie vergeben werden; son- dern es seye dienlich/ daß man sich in aller Demuth entschuldige/ und den wei- tern Befelch erwarte; und dieses seye dem Gebott deß Gehorsambs nicht zu wieder: derselbige P. Ignatius rathet denen/ so ohne außtruͤcklichen Befelch nicht willen annehmen/ also: ich solte rathen/ daß die jenige/ so auß einer wah- ren Demuth die Ambter fliehen/ und ohne Befelch dieselbe anzunehmen sich weigern/ stillschweigen/ und der Obrigkeit die Weiß und Manier nicht zei- gen/ und stelle es der Vernunfft der Oberen anheimb/ so dieses Mittels sich am besten wissen zugebrauchen/ wann sie vermeinen daß die gelegene Zeit her- an kommen seye: nach Meinung dann dieses unsern Patris (so zehen Jahr lang der hohen Schulen Lector, wie dann der erste General Definitor un- serer Versamblung/ bey dero er sich sehr verdient gemacht) kan man das auff- getragene Ambt absagen: und nach der Meinung deß Lessii, sey es bißweilen Less. loc. cit. n. 33. gut/ daß man den weitern Befelch erwarte: man kan auch nicht sagen/ daß sol- ches warten dem vollkommenen Gehorsamb wider strebe/ welche den Befelch nicht erwartet; sondern auff einen Winck gehorsamet: weilen dieses allein geltet in gringern Aembtern/ bey denen keine Gefahr der Seelen oder deß Leibs ist. 19. Jm uͤbrigen ist gewiß/ daß diese obgesagte Meinungen nur allein Platz haben bey denen/ so mit der Wissenschafft/ die zu Verrichtung deren Aembter sonderbahr vonnoͤthen ist/ und von den Satzungen erfordert X 2 wird/ Die dreyzehente Geistliche Lection wird/ versehen ist: was aber vor eine Gelehrtheit und Geschicklichkeit an einem Provincial en/ Prior en/ an einem Magister der Novi tzen und Lector en In Turri salut. sol. 292. usq; fol. 310. erfordert werde/ kanst du lefen in unserm Patre Ignatio, der dieses weitlaͤuff- tig beschreibet: wer nun solche noͤthige Wissenschafften nicht hat/ der thut nicht allein wohl daran/ daß er auff sein Ambt verzeihe; sondern kan mit gutem Gewissen die Vorstehung nicht annehmen/ wie der gelehrte Cajetanus klaͤr- lich beschreibet. 2. 2. q. 185. at. 3.. woselbsten er die Verhindernuͤssen zu der Vorstehung verzeichnet/ unter welche die Unwissenheit auch gezehlet wird/ so da allein bestand gnug ist/ die Vorstehung uͤbel zu verwalten: und weilen man in solcher Annehmung suͤndiget; so folgt unfehlbarlich hier auß/ daß man sel- bige Vorstehung nicht annehmen koͤnne/ wann schon solches durch außtruͤck- 2. 2. 9 104. art. 4. liches Gebott befohlen wuͤrde; weilen nach Meinung deß Heil. Thomæ das Geluͤbt deß Gehorsambs den Menschen in den zulaͤssigen Sachen nur ver- binde: und Navarrusin Manuali c. 4. n. 9. sagt/ daß der Gehorsamb den Beichts-Vatter nicht entschuldige von der Suͤnd/ welcher weiß/ daß er so viel nicht verstehe/ als zum Beichthoͤren noͤthig ist/ und gleichwohl Beicht hoͤ- ret: und dieses bekraͤfftiget der obgemeldte Navarrus durch die gleichlautende Meynung deß H. Antonini Ertz-Bischoff zu Florentz: dieser Sententz gel- tet auch in unserm gegenwaͤrtigen Vorhaben/ und ist diesem gemaͤß sicher/ daß du nicht schuldig seyest zu gehorsamen/ und daß der Gehorsamb dich nicht befreye von der Suͤnd in Annehmung solcher Vorstchung/ zu dero deine Un- wissenheit dich ungeschickt machet: darffs du nun in solchem Fall die dir auff- erlegte Prælatur nicht ann e hmen/ wie wirst du dann solche zu suchen dich noch erkuͤhnen doͤrffen? dich kan auch deine Obrigkeit ohne Suͤnd nicht erwehlen/ wann du schon eines frommen Lebens bist: dann/ obwohl erfordert werde/ so ist es dannoch nichtgnug; weilen das fuͤrnembste Ambt eines Hirten ist/ die S chaaff mit dem Wort weiden; welches du auß Mangel der Wissenschafft nicht thuen kanst: dieses hab ich/ mein Christliche S eel/ fuͤrnemblich zu mei- ner selbst eigenen Direction verfasset; du kanst dirs auch im fall der Gelegen- heit zu nutz machen: das zulaͤssige stelle ich deinem Willen anheim; das ver- bottene wirst du nun ohne Zweiffel/ wie gesagt ist/ mit allem moͤg- lichen Fleiß zu verhuͤten dich unterstehen. Die Von der Armut. Die Vierzehende Geistliche LECTION Von der Armut. Beati pauperes Spiritu, quoniam ipsorum est Regnum Matth. 5. v. 3. Cœlorum. Seelig seynd die Armen im Geist/ dann ihnen ist das Keich der Himmeln. Der Erste Theil. 1. J Ch hab fuͤr Gut befunden/ daß wir von den Lob-Spruͤchen/ mit denen die H. H. Vaͤtter diese vorgesetzte Tugend außstreichen/ den Anfang machen: es moͤgte villeicht nach deren Erzehlung unser Hertz vom Feuer der Liebe zu dieser Tugend entzuͤndet werden. Es ist aber die Armut deß Geists eine freywillige Absagung und Verwerffung aller zeitlichen Dingen/ umb der Liebe GOttes Willen/ und umb die Vollkommenheit zu erlangen. Diese nennet der Heil. Chrysostomus eine Serm. 18. sup. Ep. ad Hebr. Hand-Fuͤhrerin auff dem Weeg/ der den Menschen nach dem Himmel leitet; eine Salbung der Fechtenden; eine grosse und wunderbarliche Ubung/ und einen ruͤhigen und stillen Haven. Und weiters sagt er: Nichts ist reicher/ als der die Armut freywilliglich liebet/ und mit Freuden annimbt. Deßgleichen sagt der hoch-erleuchte Climacus: Die Armut ist eine Grad. 17. Hindansetzung der Weltlichen Sorgen/ eine Reise zu GOtt ohne Hindernuß/ eine Außtreiberin aller Trau- rigkeit/ ein Grundvest deß Friedens/ eine Reinigkeit deß Lebens/ welche uns befreyet von allen Sorgen deß zer- gaͤnglichen Lebens/ und macht/ daß wir den Gebotten GOTTES vollkommentlich nachleben. Der Gottselige X 3 Lau- Die vierzehende Geistliche Lection Laurentius Justinianus lasset sich auch hoͤren mit dieser Stimm: Was ist In Ligno Vitæ Tract. de Paup. c. 4. besser als die Armut : was ist sicherer : was annehmli- cher : lasset alle traurig seyn/ last alle seuffzen/ und wann schon sich alle foͤrchten; so ist doch diese allzeit froͤlich und freudich eusserlich und innerlich: sie wartet auff das himm- lische Gut/ und versichert sich selbiges zu besitzen im Himmel/ derhalben hat sie nichts zu verlieren auff Erden: sie schwinget sich oͤffter zu dem himmlischen Vatterland; da sie weiß zu empfangen ihre Belohnung. Und gleich wie/ nach den Worten deß heiligen Ambrosii/ die zeitliche Guͤter seynd die Werckzeug aller Lastern; also ist deren Verlaͤugnung eine Gebaͤrerin und Ernaͤhrerin aller Tugenden. 2. Diese Armut hat unser Heyland so sehr geliebt/ daß er in dem Eingang zu dieser Welt dieselbige als eine werte Mutter mit unglaublicher Freud und hertzlicher Affection umbhaͤlset und gekuͤsset. Von welcher der Hoͤnig- fliessende Bernardus also redet: Jm Himmel ware keine Armut zu- finden; aber auff Erden war sie uͤberfluͤssig: den armen Menschen ware der grosse Werth dieser Tugend unbekandt: derhalben ist auß Begierd dersel- ben der Sohn GOttes vom Himmel herab gestiegen/ damit er sie sich auß- erwaͤhlete/ und durch sothane eigene Groß- Schaͤtzung uns den Werth dieser herrlichen Tugend bestermassen anbefehlen moͤgte. Allen ist gnug- samb bekandt/ daß der Sohn GOttes so arm gewesen/ daß er auch zumah- len keinen Platz in einiger Herberg hat finden koͤnnen/ und derhalben in den Stall einkehren muͤssen. Jn keinem sanfften Bett ist er gebohren/ und hat in das scharffe Heu wollen niedergelegt werden: und was hat er nach- mahln in der Flucht nach Æ gypten mit seiner allerliebsten Mutter Maria und seinem Pfleg-Vatter Joseph nicht außgestanden? Was vor Mangel und Gebrechen haben diese drey nicht erlitten? da sie in die sieben Jahr lang unter den wilden Menschen gelebet/ hats ihnen offtmahlen an Brod ge- manglet. Was soll ich melden von ihrer armseligen Wohnung/ so in dem Graben eines verfallenen Hauses bestanden; dieweiln sie niemand hat auff- nehmen wollen: Jch geschweige die uͤbrige Ungemaͤchlichkeiten/ so sich in der gleichen Logimenten finden lassen. Die Bette Mariaͤ und Josephs seynd die harte Erd und die Wiegen fuͤr das liebe Kindlein JESUS seynd auß blosen Brettern zusammen gefuͤgt gewesen. Q wie offt hat dieses Goͤtt- liche und zarte Kindelin ein gutes Haupt-Kuͤssen vonnoͤthen gehabt/ und hats Von der Armut. hats gleichwohl muͤssen entbehren. Mit einem Wort muß ich und kan bil- lich sagen/ daß das gantze Leben unsers Seligmachers nicht allein sehr arm/ sondern die Armut selbst gewesen seye. Dann er ist gewesen arm/ armer und der aller armste. Arm; dieweilen er nackend und von allen verspottet am Creutz gehangen ist. Armer; zumahln da er geduͤrstet/ auch keinen Trunck Wassers hat haben koͤnnen. Der allerarmste; sintemahlen er kein Platz gefunden/ da er seyn heiligste Haupt haͤtte anlehnen koͤnnen nach Zeugnuß deß Cvangelisten: Die Fůchs haben Loͤcher/ und die Matt. c. 8. Voͤgel deß Himmels haben Nester: aber deß Menschen Sohn/ hat/ nicht da er seyn Haupt hinlehne. Diese eusse- rigste Armut hat Er aber gelitten/ auff daß Er derselben Vortreffligkeit und grosse Vollkommenheit uns andeuten/ und zur selbigen uns mit seinem herrlichen Vorzug auffmuntern moͤgte/ wie der Apostel sagt: umb un- sertwillen ist er arm worden/ da er Reich war/ damit wir durch seine Ar- mut reich wuͤrden. 3. Wer ist dann reicher/ als dem das reich der Himmelen gebuͤhret? dieses gehoͤret den Armen/ vermoͤg der Verheissung Christi: Seelig seynd die Armen im Geist; dann ihnen ist das Himmelreich. Er sagt nicht/ ihnen wird seyn; sondern ihnen ist/ das Himmelreich. Welcher Gestalt aber diese Armen das H immelreich anjetzo besitzen/ das erklaͤhret uns der Geist-reiche Rodericus durch diese Gleichnuß. Gleich wie das Par. 3. Tr. 3. c. 2. guͤldene Geschier/ oder der kostbahre Stein/ fuͤr welchen du dem Wechsler nach seinem Begehren hundert Ducaten bietest; dein ist/ ob schon er selbi- ges Geschier oder Stein noch in seinem H auß hat/ und dir noch nicht ge- liebert ist; also gehoͤrt der H immel den Armen im Geist zu/ welcher dar- fuͤr gegeben/ was er gehabt hat. Beynebens ist auch der Stand dieser Armen so gluͤckseelig; das er wegen seiner Gluͤckseeligkeit gleichsamb das Reich der H immeln koͤnne genennet werden. Dann sie werden nicht al- lein fuͤr das jenige/ so sie umb GOttes Willen verlassen/ die ewige Freuden besitzen; sondern werden auch in biesem Leben viele himmlische Gnaden und Gaaben erlangen/ nach den Worten Christi: Sie werden hun- dertfaͤltig wiederbekommen/ und das ewige Leben besitzen. Allhier fragt nun der H. Petrus Damianus/ was ist das hundertfaͤltige anders/ als die Vertroͤstungen/ die H eimsuchungen und Gnaden deß H. Geistes/ der uͤber H oͤnig suͤß ist? Was ist es anders/ als das erfreu- liche Zeugnuß eines guten Gewissens? Was kan man anders drauß machen/ als eben eine froͤhliche und annehmliche Erwartung der Ge- rechten; und als eine Gedaͤchtnuͤß der uͤberfluͤssigen Suͤssigkeit GOt- Die vierzehende Geistliche Lection GOttes? dessen Suͤssigkeit so groß ist/ daß man sie denen/ die selbige nie erfahren haben/ mit keinen Worten außsprechen koͤnne; und denen so sie ge- schmeckt haben/ zu erklaͤhren nicht noͤthig seye. Und weiters/ wie die drey Hebraͤtsche Knaben/ so die guͤldene Bildnuß deß Koͤnigs Nabuchodonoso- ris anzubetten sich geweigeret/ in den Feuer-Flammen sicher gewesen seynd; also die armen im Geist/ welche die guͤldene Bildnuͤß deß Gelds/ und die ei- tele Reichthumben dieser Welt nicht verehren/ wann sie schon in das Feuer der Truͤbsalen geworffen werden/ bleiben dennoch sicher/ unver- letzt und friedsamb/ loben und preisen ihren GOtt ohn Unterlaß. Dahe- L. 2. Vit. P. P. n. 169. ro Ruffinus meldet/ daß/ da ein heiliger Mann gefragt worden ob die Armut ein vollkommenes Gut seye; er geantwortet habe; daß die freywillige Ar- mut ein grosses Werck seye; und daß der jenige/ so sie besitzet/ zwarn werde Truͤbsal deß Fleisches haben; werde aber Ruhe finden fuͤr seine Seel. 4. Nicht wenig wird auch diese Tugend durch die stattliche Exemplen so vieler/ ja unzahlbarer Heiligen außgestrichen. Auß deren Zahl die erste uns mit ihrem herrlichen Vorzug leuchtet die glorwuͤrdigste Himmels Herrscherin Maria; so noch in dem Tempel zu Jerusalem schon angelobet L. 1. Re- vel. c. 10. (wann wir der H. Brigrittaͤ glauben wollen) daß Sie niemahlen in der Welt etwas besitzen wolle. Dahero sehen wir/ daß diese gewesene Goͤttli- che Kind-Bettererin am Tag ihrer Reinigung/ nicht ein Lamb/ nach dem Gebrauch der Reichen; sondern ein par Turtel-Tauben/ als ein Ge- schenck der Armen geopffert habe. Dann ob Sie schon auff dem Betle- hemitischen Felsen von den dreyen Koͤnigen so viel Golds bekommen/ daß sie ohne einige weitere Sorg sich sambt den ihrigen haͤtte erhalten koͤnnen; so hat Sie doch lieber wollen arm verbleiben/ als etwas besitzen. Derhalben hat Sie/ nach Meinung deß H. Bonaventuraͤ/ sothanes Gold durch den H. Joseph/ in wenig Tagen unter die arme lassen außtheilen/ damit Sie am Tag ihrer Reinigung keine Mitteln haͤtte/ nach dem Art der Reichen ein Lamb zu kauffen. Also hat diese demuͤtige Mutter ihren allerarmsten Sohn wollen nachfolgen/ und ihre Lieb gegen Gott zumahln nit verhinderen wol- len; dieweil ihr bewust ware/ daß die eitele Dinge das menschliche Hertz von der Liebe der Himmlischen meisterlich zuruͤck halten. Damit sie dann auch durch ihr eigenes Exempel uns lehrete/ die Armut zu verehren/ als hat sie immer und allezeit arm und beduͤrfftig verbleiben wollen. Und in Warheit/ nicht wenige Nachfolger hat diese arme Mutter gehabt: sintemahln alle Heiligen GOttes/ so die Armut Christi und der Gebaͤhrerin gesehen/ haben leichtlich Von der Armut leichtlich koͤnnen abnehmen/ daß ein sehr grosser Schatz der himmlischen Guͤ- tern unter dieser freywilligen Armut verborgen lige; derowegen haben sie zu Erhaltung dessen alle Reichthumben der Welt verachtet: unter welche der H. Vatter Augustinus billig zu zehlen ist/ der/ obwohlen ein Bischoff/ hat dannoch die Armut also geliebet/ daß er vor seinem Todt nichts gehabt/ daruͤ- ber ein Testament konte gemacht werden: derhalben hat er keine andere Erb- schafft/ als die freywillige Armut allen seinen Kindern in CHristo hinter- lassen. 5. Auch hat der H. Amatus diese Tugend so hoch geschaͤtzet/ daß/ da ihn Sutius in vita ejus. einsmahls sein Bischoff besuchet/ und die eusserste Armut bey selbigem ver- mercket; und dieser behuͤlfflich beyzuspringen/ eine frey gebige Almus ihme an- erbotten; hat er selbige anzunehmen sich geweigert; so der Bischoff nachmals auff dem Altaͤrlein/ an welchem der gedachte H. Mann Meß zu lesen pflegte/ heimblicher Weiß ligen lassen: deß andern Tags sehet Amatus das auff dem Altar ligende Geld; nimbt es alsbald hinweg/ und wirfft es in einen tieffen Thal hinunter/ und sagt; GOtt ist mein Theil/ deiner bedarff ich nicht. Die H. Melania ist auch einsmahls zu dem armen und elenden Huͤt- lein deß H. Einsidlers Ephestionis kommen/ und hat ihm eine reiche Almus- sen mitgetheilet: der Einsidler aber hat solche nicht wollen annehmen/ und ge- sagt/ er habe ihrer nicht vonnoͤthen: die Melania aber hat selbiges Geld in ein Idem in vita S. Melan. beystehendes Koͤrblein/ so mit einigem wenigen Saltz versehen/ und der gan- tze Vorrath deß Eremiten gewesen/ hinein gelegt/ und ist also/ nachdem sie dessen Gebett sich empfohlen/ darvon gangen: da nun er in seinem Koͤrb- lein den verborgenen Schatz gefunden/ hat er der Melaniæ nachgeeilet/ und sie gebetten/ sie moͤchte doch ihr Geld wieder nehmen; und als ihm Melania diese Bitt abgeschlagen; hat er das Geld in den Fluß geworffen/ und ist wie- der nach seinem armen Huͤttlein gekehret/ damit er der schoͤnen Armuts- Fruͤchten zu geniessen nicht beraubt werde. Herbey/ herbey ihr heutige saubere Eremiten/ lehrnet von ewerem Bruder die Armut lieben/ die ihr im Cloͤster- lichen Leben gehasset hat. Der Heil. Spiridion hat mit seinem Gebett dem Idem in ejus vita. Kayser Constantino die verlohrne Gesundheit von GOtt wiederumb er- halten: derhalben hat er ihm einen ansehnlichen Gold-Schatz verehren wol- len: da dieses der fromme Alte gesehen/ hat er den Kayser angeredet/ und ge- sagt/ mein lieber Kayser/ es ist ja eine Unbilligkeit/ daß du solche dir erwiesene Freundschafft mit Haß und Mißgunst vergeltest: ich hab eine bemuͤhliche Reiß auff mich genommen/ umb dir zu gehorchen; und nun wilst du mir zur Belohnung sothaner Muͤhe Golt geben/ welches da ist ein Ursach alles Boͤ- sen? Y 6. Auff Die vierzehente Geistliche Lection 6. Auff daß uns aber noch mehr kundbahr werde/ mit was grossem Haß die Diener GOTTES alles Gelt immer zu verfolgt haben; so wollen L. 6. n. 19. wir fuͤr dießmahl den Pelagium reden lassen: Es ware zu sicherer Zeit ein sehr reicher Mann in die Wuͤsten Scithi kommen mit vielem Geld beladen/ und ware Vorhabens selbiges dem beduͤrfftigen Geistlichen durch den Vorste- her deß Orths außzutheilen: da ihm aber dieser geantwortet/ daß die Bruͤder keines Gelds beduͤrfftig seyen/ und er damit nicht vergnuͤgt seyn wollen; hat ihm der Alte gerathen/ er solle all sein Geld an die Kirch-Thuͤren hinlegen/ auff daß ein jeder nach seinem Belieben darvon nehmen moͤchte: O Wun- der! indem alle im hinein gehen den Außschreyer gehoͤret; so hat doch von saͤmbtlichen diesen Einsidlern keiner auch den geringsten Heller angenom- men: ja so gar haben viele das außgespreitete Geld nicht einmahl angesehen: dann sie wusten wohl/ daß der beste Schatz eines Geistlichen seye die Armut: und welcher diesen nicht besitzet/ der kan wohl arm an Verdiensten und auch L. 3. De- monstr. c.7. Collat. 5. c. 8. armselig genennet werden: diese Armut/ wie der gottselige Eusebius sagt/ haben alle H. H. Apostelen als ein Mittel zur Vollkommenheit gekuͤsset; und alle geistliche Maͤnner als eine Braut verehret; daß also der hocher- leuchte Cassianus sagt von den Einsidlern seiner Zeit: Es seynd ihrer viele tausend/ so nach ihrer ersten Absagung nicht einen Heller haben/ noch ha- c. ult. ben wollen/ ob man schon ihnen uͤberfluͤssiges Geld anerbotten hat. Der vorerwehnte Eusebius schreibt auch/ daß der Koͤnig Abagarus, so von dem heiligen Apostel Thadæo geheylet worden/ demselben zu schuldiger Danck- barkeit viel gezeichnetes/ und auch rauhen Golds præsenti ret: welches der Apostel verschmaͤhet und gesagt: wann wir das unserige verlassen haben/ wie koͤnnen wir dann das frembde annehmen? Siehest du mein Christlich- Seel/ was in den vorigen Zeiten vor Einsidler und Closter-Geistliche gewe- sen? und wann schon dergleichen bey heutiger Welt nicht alle gefunden wer- den/ so zweiffele ich doch nicht/ es werden noch viele seyn/ die sothane Ge- schenck auß Lieb der A rmut nicht allein nicht verlangen; sondern auch die an- erbottene verachten. Der Andere Theil. 7. N Un ist aber zu wissen/ daß der jenige/ so die Guͤter der Welt freywillig von sich geworffen/ und mit den A posteln alles verlassen hat; nicht werde Von der Armut werde belohnet werden; viel weniger nach der Verheischung CHRJSTJ hundertfaͤltig wieder bekommen; es seye dann/ daß er dem Willen und Be- gird etwas zeitliches zu besitzen gaͤntzlich absage: der dieses nicht thuet/ der Luc. 14. c. 28. kan kein Armer im Geist seyn; dann der/ wie CHRJSUS sagt/ nicht allem absaget/ der kan dessen Jůnger nicht seyn: also/ daß/ wann schon einer sich aller/ und zwarn der allerreichesten Guͤtern der Welt umb CHRJSTJ Willen enteusserte/ und also das geistliche Le- ben anfienge; nichts desto weniger annoch den Willen einige/ obschon wenige Sachen zu haben sich vorbehielte/ dieser wuͤrde GOTT kein gefaͤlliges Werck thuen/ und koͤnte kein Juͤnger CHristi seyn/ wei l en er nicht alles verlassen hat: derhalben doͤrffen die Apostelen zu ihrem himmlischen Lehr- Meister fein kecklich sagen: Siehe/ wir haben alles verlassen: denen doch als armen Fischern neben ihren Netzen/ wemg oder nichts uͤbrig geblieben: weilen sie aber auch den Willen etwas zu haben/ verlassen/ sol- ther massen haben sie alles verlassen. Der nun ein wahrer Juͤnger CHristi zu seyn verlanget/ muß auch mit den zeitlichen Guͤtern den Willen und die Affection zu denselben gaͤntzlich vernichtigen/ im widrigen Fall kan von solchem gesagt werden/ was der heilige Bonaventura von der gleichen Juͤn- gern zu sagen pfteget: Sie behalten das Geld im Sinn/ so andere halten im Beutel. Seye versichert/ mein Christliche Seel/ daß deinem GOTT auch die wenigste Neigung zu dern verlassenen Dingen hoͤchlich mißfalle: und wann du der Zahl der wahren Armuts- Liebhabern einverleibet zu werden verlanges/ so befleisse dich/ alle/ auch die geringste Begierligkeit der eitelen Sachen auß deinem Hertzen zu verbannen: Zumahlen gewiß ist/ daß ein viel groͤsseres und GOTT angenehmeres seye/ die Affection zu den Jrrdischen toͤdten/ als die eytele Reichthumben dem Leib nach verlassen. Jn dieser Materi/ mein Hom. 5. in Evang liebste Seel/ muͤssen wir/ nach Meinung deß heiligen Gregorii/ die Neigung zu den weltlichen Dingen vielmehr betrachten/ als die Hin- terlassenschafft selbsten: Dann der hat viel verlassen/ der fuͤr sich nichts behalten: Der hat viel verlassen/ der obschon wenig/ jedoch alles verlassen hat: Der hat viel verlassen/ der mit den Zeitlichen/ auch die Begird zu denselben verlassen hat: So haben dann die jenige/ so CHRJSTUM folgen/ solche Dinge ver- lassen/ die von denen/ so CHRJSTUM nicht nachfolgen/ mit ihrem Schaden koͤnnen begehret werden: Diesem fallet nicht Y 2 uneben Die Vierzehente Geistliche Lection Epist. 34. ad Pau- lin. uneben bey der H. Augustinus/ und sagt: die Fischer haben sich auch erfreuet/ in der Erinnerung dessen/ daß sie auff den Befelch deß Herrn ihre Schiff- lein und Netze/ und sambt denen auch alles verlassen haben/ und dem Herrn gefolgt seynd: und warlich verachtet der jenige alles/ der nicht allein verlasset/ was er hat koͤnnen haben; sondern auch was er hat haben wollen: diese seynd die Wort deß obgemeldten Heil. Kirchen-Lehrers: es scheinet aber/ daß ein solche Verachtung der irrdischen Dingen einem Geistlichen umb die Werck deß geistlichen Lebens zu verrichten so noͤthig seye; als an einem Menschen das Leben zu den gewoͤhnlichen Ubungen deß Leibs erfordert wird: gleich wie dann nach geendigtem Leben der Mensch sich nicht bewegen kan; also muß der jenige/ so nach abgelegtem weltlichen Leben durch den Eingang zum Closter der Welt abstirbt/ alleseine vorige Wirckungen/ daß ist/ Laster und sonder- bahr die boͤse Begierden zumahlen verlassen. 8. Hiervon hat dir ein schoͤnes Beyspiel zur Nachfolgung hinter lassen der H. und vollkommene Arsenius: zu dem ein sicher Edelman von Rom in die Wuͤsten kommen/ und ihm angekuͤndiget/ daß er von einem seiner Ver- wandten im Todts - Bett zum Erben aller und vieler seiner Guͤter seye ge- setzet worden; Arsenius aber hat diesem also geantwortet/ und gesagt: wie kan er mich zum Erben gemacht haben/ weilen ich vor ihm gestorben bin? mit die- sen Worten hat er den Edelman sambt dem Testament abgefertiget/ und gar nichts angenommen: Ein andermahl/ da nun die grosse Heiligkeit dieses er- wehnten Arsenii auch dem regierenden Kayser seinem gewesenen Lehr-Juͤn- ger zu Ohren kommen/ und dieser in Erinnerung der heylsamen von ihm empfangenen Lehr/ und seiner gegen den heiligen Mann veruͤbten Boͤßheit/ ihn schrifftlich umb Verzeihung ersuchet/ dessen Gebett sich befohlen/ und ihm den Zoll deß gantzen Koͤnigreichs Ægypt en zur Allmussen uͤberschicket; hat er den Brieff zwarn angesehen; die Allmussen aber zuruͤck gesendet/ und nicht schrifftlich/ sondern muͤndlich/ und zwarn kuͤrtzlich geantwortet: GOtt der allen gnaͤdig ist/ wolle die Baͤnde unserer Suͤnden auffloͤsen: die Auß- theilung der Allmussen gehet mich nichtan/ dann ich bin jetzt der Welt ab- gestorben: ein Todter aber kan anders nichts thuen/ als im Geist die ewige und himmlische Ding beschawen: also hat er den Gesandten seinem Kayser wieder geschicket. 9. Jn diese Fuß-Stapffen solchen Vorgaͤngers lasset uns ohne Verzug eintretten; alle anerbottene Geschencke der Verwandten und anderer Freunden verwerffen/ und gedencken; daß diese Gaben lauter Angeln deß Von der Armut. deß Teuffels seyen/ vermoͤg deren er viele Geistliche betrieget und fanget/ in dem er sie hiedurch anfaͤnglich von der geistlicher Vollkoͤmmenheit und Eiffer deß Hertzens abziehet/ nachmahls selbige zu einer schaͤdlichen Verach- tung der gewoͤhnlichen Strengigkeit erweichet/ und also zu vielen Suͤnden/ fuͤrnemblich aber zu der unzulaͤssigen Welt-Liebe antreibet/ und endllch diese ungluͤckselige Kinder in das ewige Verderben stuͤrtzet. Jch bin der fasten Meynung; daß/ wann uns erlaubt waͤre/ die Klaͤge der verdambten Geist- lichen/ auch laͤnger nicht als ein Augenblick anzuhoͤren; wuͤrden wir unzahlbare Verfluchungen uͤber sothane hoͤchst-sehaͤdliche Wohlthaͤter vernehmen. Derowegen ermahnet uns recht und wohl der H. Vatter Gre- gorius/ wie folget: Die boͤse Geister besitzen auff dieser Welt nichts eigenes: so můssen wir uns nackend mit den Nacken- den herumb schlagen. Wann nun ein gekleideter Mensch mit einem Nackenden sich tummelet/ wird er leicht zu Boden geworffen/ dieweilen er bey den Kleydern kan gefasset werden. Was seynd aber alle irrdische Dinge anders/ als einige Kleidungen deß Leibs? der sich dann mit diesen hoͤllischen Geistern in einen Streit einlasset/ der werffe die Kleyder von sich/ damit er von ihnen nicht uͤberwunden werde. 10. Jm uͤbrigen ist zu Besitzung der geistlichen Armut nicht gnug/ daß man die weltliche Sachen in der That und mit dem Hertzen verlasse: auch ist nicht gnug/ daß man das Uberfluͤssige von sich werffe: sondern es er- fordert diese Armut/ daß man den Abgang der noͤthigen Dingen mit Gedult trage; und umb selbige sich nicht zu eiffrich bemuͤhe: wie gar schoͤn hiervon der geistreiche P. Balthasar Alvatez mit diesen Worten zu melden pflegte: Keiner/ sagt er/ schmeichle sich wegen seiner von GOtt empfangenen Gna- den der Erleuchtung und geistlicher Troͤstungen/ es sey dann/ daß er mit kroͤligem Hertzen diesen Bissen der Evangelischen Armut geschlucket ha- be. Er wird aber hierauß abnehmen koͤnnen/ ob er diese Armut liebe/ wann er nemblich derselben Gesellen/ den Hunger/ Durst/ Kaͤlt/ Verachtung/ und dergleichen Lieb habe. Dann der in den Kleidern Ehr suchet/ damit er nicht dieserthalben nicht ver achtet werde/ der liebet die Armut nicht. Wel- chen es duͤrstet/ und diesen Durst nicht wilt außstehen/ der befleisset sich der Armut nicht. Der gern siehet daß ihm nichts mangle/ und gleichwohl fuͤr einen guten Geistlichen wilt angesehen seyn; der ist betrogen. Nicht umbsonst fahret der heilige Vincentius mit diesen Klag-Reden auß/ und sagt: Leyder GOttes! viele seynd/ welche sich der Tugend der Armut mit dem blosen Nahmen: allein ruͤhmen koͤnnen/ dieweilen sie wollen/ daß ih- Y 3 nen Die Vierzehende Geistliche Lection nen nichts ermangle. Sie sagen/ sie seyen Freunde der Armut; und flie- hen doch die Freund und Mit-Gesellen derselben/ als da seynd/ Hunger/ Durst/ Verachtung und andere/ nach aller Moͤglichkeit. Auch/ mein Christ- liche Seel/ kan ein wahrer Liebhaber der Armut nicht trauren wegen Man- gel und Gebrech der zeitlichen Dingen/ so die gantze Versamblung leidet/ son- dern muß allzeit die freygebige Fuͤrsichtigkeit GOttes (Krafft deren er sei- ne Diener und Dienerinnen niemahln verlasset) mit Gedult erwarten. Also ware beschaffen der jenige GOtt-gefaͤllige Muͤnch/ so wegen der verbren- ten saͤmbtlichen Fruͤchten seines Klosters/ GOtt mit freudigem Gemuͤt danckete/ und sich sambt seinen Bruͤdern in allem der Goͤttlichen Fuͤrsich- tigkeit empfehlete. Damit wir aber dergleichen Entrathung auß Liebe der Armut hinfuͤhro leichtlicher ertragen moͤgen; sollen uns mit grosser Er- sprießlichkeit dienen die Leben der H. H. Alt-Vaͤtter und ersten Geist- lichen der Kirchen GOttes: unter welchen Moscus und Sophronius zwey Ordens-Geistliche einsmals zu ihrem Vorsteher Joannes kommen/ und von selbigem ein Lehr-Stuck/ umb ihr Leben besser nach der Vollkommen- heit einzurichten/ begehret: denen der Alte geantwortet: mein liebe Bruͤ- der/ liebet die freywillige Armut und Enteusserung aller Dingen neben der Keuschheit. Hiervon will ich euch eine schier unerhoͤrte Geschicht erzehlen: Da ich noch jung von Jahren war/ und in der Einnoͤden Schithi wohnete/ fiele einer von den alten Geistlichen in eine Kranckheit/ so mit etwan wenigem Essig solte geheilet werden: derhalben suchte man den wenigen Essig in vier Kloͤsteren/ so mit drey tausend und fuͤnffhundert geistlichen Personen versehen/ und ware nichts zu finden. O warlich unerhoͤrte Armut! wann so gar kein Essig daselbst vorraͤtig gewesen/ wie viel mehr wirds an Wein/ Fleisch/ Fisch/ Oel/ Gewuͤrtz und anderem Schmaͤr und Zubehoͤr ermanglet haben! dahero gnugsamb abzunehmen ist/ in wie grosser Armut diese heilige Muͤnchen gelebt haben; und gleichwohl hat sie GOtt wunderbarlich erhalten. 11. Also lasset uns ebenfals zum wenigsten das Ubrige verbannen; und auch gern zu frieden seyn/ wann wir schon in Speiß/ Tranck und anderen Nothwendigkeiten bißweilen kein voͤlliges Gnuͤgen haben. Auff solche Weiß gelangen wir mit leichter Muͤhe zur wahren Ruhe unsers Hertzens und andere geistlichen Tugenden/ so unsern Handel zieren muͤssen. Hoͤre an/ mein Christliche Seel/ den Armen Franciscum/ wie er diese Tugend so hoch schaͤtze/ daß er sie/ auch nicht scheuet eine Koͤnigin der Tugenten/ ein Grundvest seines Ordens/ und Von der Armut. und ein Anfang der geistlichen Vollkommenheit zu benambsen. Derhal- ben/ da einsmahls der Pater Vicarius zu St. Maria von Portiuncula sich bey ihm beklaget/ daß ein so grosse Armut in seinem Kloster herrsche; daß man den ankommenden Geistlichen die noͤtige Sachen nicht verschaf- fen koͤnte; und er also fuͤr rathsamb befuͤnde/ einige von den Novitzen mit- gebrachte Dinge zu behalten/ womit man der so grossen Noth vorbiegen moͤgte; dieser GOtt-seelige Franciscus geantwortet dieß seye weit von uns/ mein liebster Bruder/ daß wir umb der Menschen Willen gegen unsere Re- gul suͤndigen sollen. Jch will lieber in Zeit der Noth den Altar der Glor- wuͤrdigen Mutter GOttes Mariaͤ berauben/ als gegen das Geluͤbt der Armut den geringsten Versuch thuen. Wann wir nun mit diesem Sera- phischen Vatter verlangen mit geistlichen Guͤteren bereichet zu werden/ so muͤssen wir mit ihm auch alle weltliche verachten. Wann wir unsern Haubt- Feind im Streit erlegen wollen; sa ist noͤthig/ daß wir uns von allen Be- gierden der zeitlichen Guͤter entbloͤssen. Und wann wir endlich ohne Hin- dernuß den Weeg zum himmlischen Vatterland zu wanderen begehren; als wird sichs geziemen/ daß wir das Buͤntl der boͤsen Neigungen zu den Crea- turen bey zeiten außlehren/ und also der obangezogener Verheissung Chri- sti: Seelig seynd die/ ꝛc. theilhafftig zu machen uns ohne Unterlaß befleissigen. Der dritte Theil. 12. N Un folget die Ubertrettung unseres vor genommenen Geluͤbts der Ar- mut: deme zu Folg kan einer/ so mit diesem Geluͤbt verbunden ist/ nichts geben einem andern/ oder auch von einem andern annehmen ohne außtruͤckliche/ oder auffs wenigst vermuͤthliche stille Erlaubnuß der Obrig- keit; wann er dieses Geluͤbt nicht wilt uͤberschreiten. Daß aber einer nach seinem Belieben etwas geben oder annehmen koͤnne/ darzu wird erfordert die Herrschaffliche Gewalt uͤber selbige Sachen; dieweiln ein Geistlicher vermoͤg deß Geluͤbts der Armut sich dieser Gewalt beraubt; so suͤndi- get derselbige/ wann er nemblich ohne Erlaubnuß der Obrigkeit handlet/ wie vorgemeldet ist. Dahero schreibt Boverius/ daß ein Geistlicher auß dem Orden deß H. Francisci/ so von allen fuͤr einen frommen Geistlichen gehalten worden/ in seinem Todts-Bett auff alle Fragen nit anders geantwortet/ als Annal. A. 1569. Historia: dieses: die H. Sacramenten brauche ich nit/ dieweilen ich verdammet bin. Dieser hat die zwey Ursachen seines Verderbens offenbahret; nemblich daß er an Statt der gebuͤrlicher Anklagung sich entschuldiget habe: und daß er einige geistliche Geschenck zu geben und von andern ohne Erlaub- Die vierzehende Geistliche Lection Erlaubnuß anzunehmen im Brauch gehabt/ dieweil er gefoͤrchtet/ daß ihm Idem ibid. A. 1570. Historia. die Erlaubnuß solte abgeschlagen werden. Einen andern haben fuͤnff Ro- sen-Kraͤntze in die Hoͤlle gezogen/ die er heimblicher Weiß erworben/ und seinen Anverwandten zu verchren entschlossen hatte: und ob ihn zwarn hier- uͤber das Gewissen offt gedrucket; so hat er doch solches als ein sehr geringes Eigenthumb geschaͤtzet/ und derhalben dem Beichts-Vatter zu offenbahren vernachlaͤssiget. Nach seinem Todt hatman diese Rosen-Kraͤntz in dessen Knie-Schaͤmmel verborgen gefunden. Diese Histori wird wei- ters erzehlet am Blat. Jst dann das/ umb GOTTES Wil- len/ nicht ein grosse Armseligkeit? viele Jahren ein sehr strenges Leben fuͤh- ren/ mit vielem Fasten/ mit beschwerlichem Wachen/ durch stetes Bet- ten und andere harte Bußwerck den Leib casteyen; und fuͤr dieß alles nicht allein keinen Lohn bekommen sondern noch darzu durch so nichtswertige Dinge und veraͤchtliche Geschenck die ewige Verdamnuß sich auff den Halß laden! 13. Das schaͤdliche Gifft/ so in diesen heimtuͤckischen Geschencken ver- borgen ligt/ hat der heilige Jgnatius Lojola zu seiner Zeit sehr glimpfflich vermercket und damit er seine heilige Societaͤt desto fuͤglicher darvon be- freyen moͤgte/ hat er allen andern zum Exempel diese folgende Action gehal- M. S. In- golst. Fol. 32. ten: Anno 1556. den letzten May/ am hohen Festag der Allerheiligsten dreyfal- tigkeit hat er dem Ehrwuͤrdigen Pater Sebastiano Romaͤo/ der Zeit Rectoren aufferlegt/ eine Disciplin zu thuen/ ein gantzes Miserere lang bey oͤffent- lichem Refectorio; und hat dieser Pater Rector selbiges mahl an einem kleinem Tischlein mit einem Stuͤck Brod und einem Truͤncklein Wein muͤssen vor lieb nehmen. Andern Tags ist ihm kein Speiß noch Tranck ge- reichet worden/ biß er die jenige Agnus Dei (wie sie genennet werden) so er oh- ne außtruͤckliche Erlaubnuß der Obrigkeit einigen seiner Societaͤt Geistli- In ejus Vita. chen mitgetheilet; dem H. Vatter Jgnatio zugestellet haͤtte. Diesen loͤblichen Eiffers deß obgemeldten Stiffters hat ohne Zweiffel wargenommen der seelige Aloysius/ welcher diese Regul der Armut so genau zu halten sich un- terstanden/ daß er einem andern/ so von ihme Papier begehret/ nicht ehen- der wilfahret/ biß er von der Obrigkeit Erlaubnuß daruͤber erhalten. Jm- gleichen der gelehrte P. Thomas Sanchez derselben Societaͤt Priester hat niemahlen das geringste ohne Erlaubnuß angenommen/ oder gegeben; auch/ wie er selbst schreibet/ keinen Faden. Neben diesen/ hat der Ehr-wuͤrdi- Vit. p. 2. pag. 139. ge Joannes Berckman derselben Societaͤt Zeit seines Lebens beweinet/ daß er einsmahls einem Bruder ein Bildlein ohne Erlaubnuß deß Obern gege- Von der Armut. gegeben; den er doch zu diesem End gesucht hatte/ und dessen Bewilligung er leichtlich haͤtte erlangen koͤnnen. 14. Auch kan ein wahrer Armer ohne Verletzung deß Geluͤbts/ uͤber die Speisen/ so ihme an der Taffel uͤbrig bleiben/ nach seinem Willen nicht schal- ten: sintemahlen einem Geistlichen so viel an Speisen gegeben wird/ als er fuͤr sich beduͤrfftig; was aber uͤbrig bleibt/ ist nicht sein: dahero beyden Pa- Bover in Ann. A. 1573. Historia. tribus Capucinis verbotten ware/ Brod mit sich von der Tafel zu tragen. Nun aber hat sichs zugetragen/ daß der allgemeine Menschen Betrieger einem sichern Geistlichen auß gemeldtem heiligen Orden in Gestalt der allerseeligsten Jungfrawen erschienen/ und Brod von ihm begehret: der- halben nimbt selbiger nach gehaltener Mahlzeit heimblich ein stuͤck Brod mit sich in den Armelen/ und nachdem er solches der vermeinten Bettlerin gereichet; verschwindet vor seinen Augen alsbald die angenommene Ge- stalt/ und greifft der hoͤllische Sathan meinen guten Allmusier bey den Fuͤssen/ in Meinung/ denselben fortzureissen: so auch vielleicht geschehen waͤre; wann nicht auff sein jaͤmmerliches Huͤlff ruffen/ durch das instaͤn- dige Gebett seiner Mittbruͤder waͤre errettet worden. Auß dieser Tra- gœdi lehrnen wir/ daß es einem Geistlichen unzulaͤssig seye/ die uͤberblie- bene Speisen ohne Vorwissen der Obrigkeit den Armen mitzutheilen: Uber dieses/ mag auch ein Geluͤbt-Verbundener ohne grosse Beschwaͤrde seines Gewissen nichts/ es seye wenig oder viel/ fuͤr seinen Gebrauch der Obrigkeit verbergen: so auß unser außtruͤcklichen Ordens Regul gnug- samb abzunehmen; allwo unser heilige Vatter Augustinus den jenigen/ so etwas verborgenhat/ eines Diebstalls bestraffet: dahero lesen wir in den Ge- schichten der P. P. Franciscan ern/ daß derselben einer vor der Visitation ei- nige Sachen in seiner Zell verborgen habe: welchen ein ander in selbiger Bou An- nal. A. 1579. Historia. Nacht in der Hoͤllen an einem Galgen/ und die verborgene Dinge an dessen Fuͤssen hat hangen sehen: demnach aber/ der solches verborgen/ von diesem Ge- sicht ist berichtet worden/ hat er seinen Fehler gebessert. Wolte GOTT/ daß allen Geistlichen solche grosse Gnad widerfahren moͤchte/ und nicht so viele wegen deß abschewlichen Lasters deß Eigenthumbs in den Abgrund deß Verderbens gestuͤrtzet wuͤrden! 15. Nicht weniger muß auch ein wahrer Armer all das jenige/ dessen er sich gebrauchet/ seiner Obrigkeit offenbahren/ und nach vorhergangener Erlaubnuß/ mit denen Dingen also umbgehen/ daß sie/ so viel moͤglich ist/ schad- und schanden-loß gehalten werden. Man muß nicht vermei- nen/ daß es zulaͤssig seye/ mit den beurlaubten Sachen nach seinem Wil- Z len Die vierzehente Geistliche Lection len umbzugehen/ und sie zu verderben/ zu bemaculen/ \&c. weilen uns keine voͤllige Besitzung derselben fuͤr alle; sondern fuͤr einige Zeit und Noth gege- ben wird: davon der gottselige Cassianus schreibet; daß/ wann einer von den Geistlichen zu seiner Zeit auch eine geringschaͤtzige Sach verdorben oder ver- wuͤstet haͤtte; derselbig als ein Geluͤbts-Brecher sehr hart seye gestrafft worden: mit dem Geschirꝛ und andern Haußrath deß Closters seynd sie wie mit heiligen Sachen umbgangen/ nicht anders als wann sie neben dem Außspender/ auch GOTT Rechnung daruͤber zu geben haͤtten/ wie sie auch hatten. Auch hat der H. Vatter Benedictus befohlen/ daß man nicht allein die Geschirꝛ; sondern alles brauchbare gleich dem Zubehoͤr deß Altars tracti ren solte. 16. So lasset uns dann/ mein Christliche Seel; der heiligen Armut uns befleissen/ und auch die wenigste Sachen nicht gering achten; indem wir sel- bige gar genau vor dem goͤttlichen Richter zu berechnen haben/ wie auß fol- Annal. Capuc. 1581. Historia. gender Erzehlung deß Bouerii zu mercken ist: Ein geistlicher Bruder Nah- mens Bernardus ist am End seines Lebens mit dem Menschen-Feind in einen S treit gerathen/ in welchem er ihme vorgeworffen/ daß er mehr Wachs-Drath verbrennet/ als die Noth erfordert habe: da nun unter waͤhrendem Kampff die umbstehende Bruͤder fuͤr dessen Heyl die Litanic gebetten/ hat der Krancke zu den Nahmen der Heiligen/ mit grosser Bestuͤr- tzung deß Gemuͤts nichts anders widerholet/ als diese Wort: Tam mo- dicum, tam modicum, tam modicum: So weniges/ so weniges/ so weniges: Woruͤber ihn nachmahls seine Bruͤder mit V erwun- derung gefragt/ und zur Antwort bekommen/ wie folget: Jch stunde/ sagt er/ vor dem Gericht/ da dann der hoͤllische Anklaͤger auß allen S tuͤck- lein deß von mir unnuͤtzlich verbrandten Wachs-Drath ein grosses Pack zusammen gemacht/ und mich als einen Ubertretter der heiligen Armut an- geklaget: weilen ich nun uͤber die hefftige Anklag einer solchen Wenig- keit zum hoͤchsten verwundert ware; als schrye ich uͤberlaut/ so viel ich konte: Tam modicum \&c. So weniges \&c. Laß dir gesagt seyn /mein Christliche Seel/ die Urtheil GOTTES seynd sehr zufoͤrchten/ und sonderbahr/ da selbige uͤber die Geluͤbten von GOTT gesprochen werden. Id. A. 1571. Historia. Der geistreiche P. Otho auß selbigem Orden ist einem guten Freund er- schienen/ und gesagt/ daß er zwarn zur ewigen Seeligkeit gelangt seye/ aber nach so scharffer Erforschung/ daß er wegen der Kertzen/ so er auff dem heimlichen Gemach brennen lassen/ habe zu Gericht stehen muͤssen. Wie Von der Armut. Wie wirds nun mit den Eigenthuͤmbern hergehen/ wann so geringe Sa- chen nicht uͤbersehen werden? Noch eins hoͤre/ mein geneigter Leser/ was Id. An. 1603. Historia. einem alten Geistlichen desselben Ordens gezeigt worden: dieser hat bey Winters-Zeit nach vollendtem naͤchtlichen GOttes-Dienst wollen hinab in die Kuͤchen gehen/ umb sich alldort zu erwarmen; woselbst er zwey schmu- tzige Kuͤchen-Buben angetroffen/ so die gluͤende Kohlen mit eysernen Raͤchen außeinander scharrend/ dem dritten den Platz bereitet/ auff welchen er den auff eine Roster geheffteten/ und auff seinen Achselen herbey getragenen Bruͤder setzen solte: hieruͤber ist der gute Alte erschroͤckt worden/ und hat die Flucht er- greiffen wollen; den aber einer auß den gemeldten beyden angehalten/ und ge- fraget; ob er diesen Bruder kenne? und da er mit Nein geantwortet/ hat er ge- sagt/ daß dieser ein Vorsteher der K uͤchen gewesen/ und das Holtz gegen das Gesetz der Armut zu reichlich verbrandt habe: dahero seye er von Gott zu die- sem Orth so lang ver dammet worden/ biß davor zur Gnuͤge bezahlet habe. 17. So viel nun den Eigenthumb/ als einen toͤdtlichen Feind der Geist- lichen Armut belanget/ wird dieser von dem Heil. Benedicto das allerschalek- hafftigste Laster: von dem geistreichen Cassiano, ein Auffenthalt der Lastern/ ein verwirreter und unauffloͤßlicher Anfang der Schalckheit/ und ein Wur- tzel alles Boͤsen benambset: weiters sagt der Heil. Gregorius/ daß ein Ei- genthuͤmber kein Hertz eines Menschen habe/ und daß die Liebe und Einig- keit nicht bleiben koͤnnen/ wo dieses Laster Platz hat: Es ist aber der Eigen- thumb ein so betriegliches und subti les Ubel/ daß/ nach Zeugnuͤß deß heiligen Gregorii Nysseni, die jenige/ so alle andere Laster durch die widrige Tu- genden als deren Feinde an sich vernichtiget; dannoch dem Betrug dieses Elends nicht gnugsamb entgehen koͤnnen; weilen selbiges den armen Menschen in unzahlbare Stricke der eitelen Entschuldigungen verwicklet: Die Eigenthuͤmber klagen zu ihrer Entschuldigung/ man gebe ihnen die die Nothdurfft nicht: wann ich/ sagt ein Eigenthuͤmber/ wuͤrde kranck und elendig werden/ und nichts auff die Seiten gelegt haͤtte/ wie solte ich in diesem Zustand so Ubel verpflegt werden: Das Vermoͤgen deß Clo- sters ist gar gering/ und hergegen die Nachlaͤssigkeit bey den K ran- cken sehr groß: wann ich alsdann nichts eigenes haͤtte meinen Leib zu verpflegen/ wuͤrde ich uͤbel bestehen/ und vielleicht auß Noth gar da- hin sterben muͤssen: die gewoͤhnliche K leidung ist mir zu wenig/ der- halben muß ich fuͤr eine mehrere Sorg tragen: ich hab oͤffter dieß und jenes vonnoͤthen; wann ich nun mir nichts vorbehalten haͤtte; wer wuͤrds mir ver- schaffen? solche und dergleichen andere Vorwaͤnd der Eigenthuͤmber seynd Z 2 bey Die Vierzehente Geistliche Lection bey gegenwaͤrtigen Zeiten/ leider GOTTES/ ein liderliche Decke ihres schaͤdlichen Lasters: Du aber/ mein Christ liche Seel/ sehe dich bey zeiten vor/ auff daß du selbiges nicht nur bedecken/ sondern zumahlen ersticken moͤgest: Dieses aber wirst du mit deinem unbesch reiblich grossen See- len-Nutzen zu wegen bringen/ wann du diese zwey Eyß kalte Wort/ me- um \& tuum: mein und dein/ auß dem inner sten deines Hertzens zu ver- treiben/ dich bemuͤhest: diese zwey Wort fuͤgen/ nach Meinung deß heiligen Chrysostomi/ unserm geistlichen Leben alles erfindliche Ubel zu/ und verur- sachen unzahlbare Streittungen: und nicht allein seynd diese Wort dem geistlichen/ sondern auch allem weltlichen Handel hoͤchst schaͤdlich: der- Lib. de moribus. halben sagt der Heil. Martinus Dumiensis: die Menschen wuͤrden in aller verlangten Ruhe und Zufriedenheit leben auff Erden/ wann sie diese zwey Wort/ mein und dein von der Natur aller Dingen hinweg schaffeten: und weilen selbige anders nicht als eine Pest von vielen H. H. Vaͤttern benambset werden; darumb ruffet der heiliger Basilius mit dieser Stimm: Reg. tu- sior. 32. Du mein und dein/ trollet euch weit von meiner Bruͤder Wohnung hinweg. Unter den geistlichen Kindern deß Heil. Alt-Vatters Pacho- mii hat sich auch keiner unter Straff einer grossen Suͤnde doͤrffen geluͤsten lassen zu sagen: Mein Buch/ mein Kleyd/ mein Geschirꝛ \&c. ja so gar hat unter der Heidnischen Blindheit der Plato die Boͤßheit dieser Wort be- obachtet; dahero er seine Schuͤlen gelehret/ daß sie alles ins gemein haben solten; und daß aller Streit unter den Menschen leichtlich moͤchte auff- gehoben werden/ wann man diese zwey Wort/ mein und dein auß dem Weeg zu raumen sich befleissen wuͤrde. Folge du mit mir dem Spruch Lib. 1. Offic. c. 25. deß Heil. Ambrosii, der also lautet: Wann du wilst gerecht seyn/ so habe alles gemein fůr die Deinige/ und das Deinige fůr die Gemeinde. 18. Jm widrigen Fall ist zu befoͤrchten; daß dir widerfahre/ was 1569; einem sichern Vorsteher widerfahren ist: dessen untergebene geistliche Or- Zacch. Bouer. in Annal. Historia. dens Persohnen acht an der Zahl/ ihren Stand verliessen/ und den heiligen Orden der P. P. Capucin ern eingetretten seynd; und haben die Ursach solcher ihrer Veraͤnderung folgender Gestalt erklaͤret/ und gesagt/ daß ihr Vorsteher kuͤrtzlich einen so erschroͤcklichen Todt gehabt habe/ daß sie auß Forcht/ der gleichen Gestalt geurtheilet zu werden/ sich besser vorzuschen/ seyen gezwungen worden: Es flegte aber denselbige Wade- len oder Wayeren von Pfauen-Federn/ und andere artliche Dinge von Seiden zu machen; und demnach er hiervon viel. Gelds zusammen gescharret/ Von der Armut. gescharret/ habe er endlich dermassen angefangen zu stincken/ daß in seiner Gegenwart niemand hat bleiben koͤñen. Da er nun von den andern abgesuͤn- dert/ und ihn einige seiner Mit-Bruͤder einsmahls besuchet/ seye er mit dem Haubt am Bett erbarmlich hangend/ und von einer abscheulichen Ka- tze am H als sehr groͤblich zerfressen/ und schier ersticket gefunden worden. Jndem aber die Bruͤder diese boͤse Katz zu vertreiben sich bemuͤhet; habe der Krancke geschrichen/ ihr habt nicht mit einer Katzen/ sondern mit dem Teuf- fel zu schaffen: diese Straff hat mir mein garstiges Leben/ so ich in Begier- ligkeit/ in uͤbel gehaltener Armut/ und in Verachtung meiner Regul zuge- bracht/ billig verursachet. Jhr sollet durch meinen Schaden witzig wer- den: ich aber werd anjetzo als ein Verdambter zu Hoͤllen gerissen. Nach diesen Worten seye er von der obgedachten Katzen erstickt/ und unter einem grau- samen Kirren seiner armen Seelen in alle Ewigkeit beraubet worden. Cin Chron. S Franc. p. 2. l. 1. c. 18. Historia. ander Ley-Bruder/ so einen Psalter ohne Wissen der Obrigkeit behalten/ und nach beschehener Forderung/ denselbigen nicht hat wollen herauß ge- ben/ ist in sothaner Halstaͤrrigkeit gestorben/ und hat nach seiner Begraͤb- nuß mit unmanir licher Stimm im Chor zu heulen angefangen: und da er von dem Guardian beschwohren worden/ zu bekennen wer er seye; hat er gesagt/ er seye derjenige Bruder/ so am vorigen Tag begraben/ und seye wegen deß enthaltenen Psalters ewiglich verdammet. 19. Ein noch erschroͤcklicheres hat sich zugetragen mit einem andern Ordens-Geistlichen/ welcher ein sonderbahres Gefallen an eines andern Bouer. in Ann. A. 1589. Historia. Brevier gehabt/ derhalben hat er sich dessen heimlich bemaͤchtiget und ver- borgen/ in H offnung/ daß bald an ein anderes Ort wuͤrde verschickt wer- den/ alwo er sich desselben ohne Argwohn gebrauchen koͤnnte. Der jeni- ge/ so das Brevier verlohren/ hat solches dem Guardian angekuͤndiget und gebetten/ er moͤgte doch seine Bruͤder zur Wiedergab ermahnen; so dann auch etlichmahl geschehen; biß endlich dieser Vorsteher genoͤthiget worden/ in Krafft deß H. Gehorsambs zu befehlen/ daß dieses Breviers Entheber/ alsbald sich mache zum Wider-Geber. Aber alles ware umbsonst. Der Tag neigte sich zum Abend/ und der Kuͤster gienge hin die Kirch zu verschliessen; ware aber biß zum Thor nach kommen/ siehe/ da trettet ein Muͤnch mit schwartzem Habit herein/ wendet sich zum Kuͤster und sagt: Jch bitte dich/ lieber Bruder/ lasse noch die Kirch so lang offen/ biß ich habe was mein ist. Der Kuͤster verwundert sich uͤber die Ankunfft Z 3 und Die Vierzehende Geistliche Lection und Rede dieses schwartzen Muͤnchen/ gibt alsobald dem Guardianen hier- von Bericht/ und fuͤhret denselben mit sich zur K irchen. Da er nun den Frembdling sehet/ fragt er ihn/ was er allda werlohren habe? Es ist/ antwortet der Schwartze/ einer unter den Deinigen/ welcher eine Sach besitzet/ die mir zugehoͤret/ schaffe du mir alle zugegen/ so will ich dir ihn zeigen. Der Guardi- an ruffet hierauff seine Geistliche zusammen/ und stellet selbige dem ange- nommenen Muͤnchen vor. So bald dieser den Breviers-Dieb erblicket/ greifft er selbigen bey den Fuͤssen/ und fuͤhret ihn in aller anderen Gegenwart lebendig in die Lufft/ und von dannen ohn allen Zweiffel in die ewige Ver- damnuß/ das Brevier aber hat er auß den Armben deß Diebs heraußgeworf- fen. Also ist man in Erfahrung gerathen/ wer dieser Schwartzfarbige/ wer- der Breviers-Dieb gewesen/ und was vor Straff die jenige verdienen/ so das Geluͤbt der Armut verletzen. 2. Noch eins muß ich dir/ mein Chrlstlicher Liebhaber/ erzehlen/ da- mit du siehest/ wie scharff die jenige von dem Gerechten hergenommen wer- den/ so in Erbauung der K loͤster oder Cellen die Maaß der Armut uͤber- Bouer. Annal. 1554. in P. Franc. Astens. Historia. schreiten. Da der Gottseelige P. Franeiscus Astensis/ der Capuciner zweyter General die Roͤmische Provintz visitiret/ ist er zu einem K loster kommen/ allwo ihme eine sehr statlich erbauete und geschmuckte Cell fuͤr sei- nen abstand daselbst ist angewiesen worden. Nach gehaltenem Abend- mahl/ da sich der obgedachte Pater schon zur Ruhe begeben/ hat man an seiner Thuͤren gantz sittsamb angeklopffet/ als wann einer hinein zu kom- men begehrte. Dieß hat er gehoͤret/ und den anklopffenden durch die Woͤrtlein/ Deo gratias, zu sich gelassen/ aber niemand ist hinein kom- men. Endlich nach offt widerholtem K lopffen/ und gegebenem Deo gratias ist der vor laͤngst verstorbene Guardian und gewesener Bau-Herr dieser Cellen hineingetretten/ selbige etlichmahl mit Sillschweigen durch- wandert/ und hat endlich mit diesen Worten loßgebrochen. Du ver- verflugte Cell/ deinentwegen allein bin ich Armseeliger ewig verdambt worden. Nach diesen Worten ist er verschwunden. Ein anderer auß Bouer. 1547. dem Orden deß H. Franeisei/ so man Conventualen nennet/ ist wegen einer praͤchtig fuͤr sich erbaueten Cell in den Abgrund der Hoͤllen gestuͤrtzet worden. Dieses alles ist zu deinem Besten erzehlet/ mein Christliche Seel/ auff daß du in Ersehung deiner Vorfahren Ungluͤcks lernest die Armut lieben und halten/ der du dich vermittelst eines unwiderrufflichen Geluͤbts verbun- den Von der Keuschheit. den hast. Meide du mit allem Ernst das Wenige/ so wirstu nicht leicht- lich fallen in das Groͤssere/ so diesem Geluͤbt zu wider ist. Die Fuͤnffzehende Geistliche LECTION Von der Keuschheit. Hæc est voluntas Dei, Sanctificatio vestra, ut ab- 1. Thess. cap. 4. v. 1 . abstineatis vos a fornicatione, ut sciat unusquis- que vestrum vas suum possidere in sancticatione \& honore. Dieß ist der Wille GOTTES/ euere Heili- gung/ daß ihr euch von Vnzucht enthaltet/ und daß ein jeglicher unter euch sein Gefaͤß in Heiligung und Eh- ren zu besitzen wisse. Der Erste Theil. 1. M Areellus/ ein Abt in Schithien sagt bey dem Joannes Moschus/ Prat. Spir. c. 42 daß einen Muͤnchen nichts so sehr bey GOtt in Freundschafft bringe/ als eben die schoͤne und herrliche K euschheit/ welche/ nach Zeugnuͤß deß heiligen Pauli/ dem Menschen Ehrbarkeit und Be- staͤndigkeit leistet/ damit er ohne Verstreuung in dem Dienst GOt- 1. Cor. 7. tes verharren koͤnne. Dahero die H. H. Vaͤtter von Anfang deß- Muͤnchen-Lebens darfuͤr gehalten/ daß diese zur Vollkommenheit vor allen andern Tugenden noͤthig seye; dieweiln ein Weib das allerfuͤgligste Werckzeug Die Fuͤnffzehende Geistliche Lection Werckzeug ist die Tugenden deß Manns zu verkehren. Es ist aber die Keuschheit ein so stattliche Tugend/ daß der Eingebohrne Sohn GOttes selbige an der Glorwuͤrdigen Jungfrauen Maria sonderbahr beobachtet/ und derhalben hat er sie vor allen andern heiligen Weibern zu seiner Mutter erwehlet. Worauß dan auch furnemlich abzunehmen ist/ daß kein kraͤfftigers Mittel um die Goͤttliche Gaben sich faͤhig zu machen seye/ als ein demuͤthige und reine Keuschheit; vermoͤg der unsere Seelen Christo dem himmlischen Braͤutigam vermehlet werden. Und was kan vortrefflicher/ was kan an- nehmlicher erdacht werden/ als solche Vermehlung? Bey mir ists schier eine Unmoͤglichkeit/ daß ein keuscher Mensch koͤnne ewig verlohren gehen. Und gleich wie die Brauten grosser Fuͤrsten und H errn/ wann sie Treu halten/ fast alles von ihren Braͤutigamben zu erlangen vermoͤgen (wie an der Esther/ so die Befreyung der gantzen Judenschafft von dem Assuer o erhalten/ zu sehen ist) also und noch viel mehr wird eine Braut deß himmli- schen Koͤnigs alles und sonderbahr die Errettung auß dem Suͤnden-Ker- cker fuͤr ihren Naͤchsten erwerben koͤnnen. Und gleich wie die himmlischt Jungfrau/ wann sie im Thier-Kreiß herrschet/ das Erdreich sehr frucht- bar machet: also die Keuschheit bringt allerhand Fruͤchten der Ehren/ der Ehrbarkeit und der uͤberhaͤuffigen Gnaden/ wann sie im Hertzen deß Menschen regieret. 2. Ob zwarn nun fast jederman bekandt ist; daß die jungfraͤuliche Keusch- heit der sauberen und schoͤnen Lilien ins gemein verglichen werde wegen der annehmlichen weissen Farbe/ mit der sie glintzet: so seynd doch viele/ die nicht beobachten/ daß/ gleich wie an einer Lilien seynd sechs weisse Blaͤtter/ und in Mitten der Blumen einige gleichsamb guͤldene Koͤrnlein gefunden werden; also auch an der Keuschheit sechs Blaͤtter/ zu Erhaltung der Rei- nigkeit dieser Lilien zu finden seyen: deren das erste Blatt ist die Nuͤch- terkeit; das ist/ nach Meinnng deß heiligen Kirchen-Lehrers Hieronymi/ maͤssig seyn in Essen und Trincken: welches Blatt von der Ubernehmung der Speisen und Trancks/ gleich wie von einem Dorn zerrissen wird: dann die Fuͤllerey und die Trunckenheit seynd der Weeg zur Unkeuschheit und Geylheit; wie sichs an dem Loth erwiesen/ so in der Trunckenheit eine dop- Eph. 5. pelte Blutschand begangen hat: dahero sagt der Apostel: Sauffet euch nicht voll im Wein/ darinn ein unzůchtig Wesen ist. Und nach diesem spricht der gelehrte Tertullianus also: Die Truncken- L. de Spe- ctacul. heit und Geylheit haben sichmit einander verbunden und verschwohren: so ist dannvor allen noͤthig/ daß man die Fres- Von der Keuschheit. Fresserey und Trunckenheit/ als einen Angel der Geilheit fliehe. Das andere Blatt der Keuschheit ist/ grobe Kleidung an blo- sem Leib tragen: so der H. Bernardus mit diesen Wortenbekraͤfftiget: gleich wie ein zarte Weichheit der Kleider eine Unreinigkeit verursachet/ also er- haltet die Hartigkeit und Grobheit derselben den Menschen in der Keusch- heit. Ein hoͤffaͤrtige und weiche Kleider-Tragt ist ein Dorn/ so das schoͤne Num. 25. Blatt der Keuschheit zerreisset/ und zum Verderben richtet: dahero ist ge- schehen/ daß die Kinder Jsrael mit den Moabitischen Weibern/ welche mit schoͤnen Kleidern geschmuͤcket waren/ gesuͤndiget haben. Das dritte Blatt ist die Meidung deß Muͤssiggangs/ der da ist ein wahrer Zuͤndel der Unkeuschheit; wie recht der Heil. Chrysostomus meldet: das Laster der Geil- heit erwachsset sehr leichtlich auß dem Muͤssiggang: weilen die Liebe von den Gelehrten entworffen wird/ daß sie seye eine Bewegung oder Betrug der muͤssigen Seele: Diesem vorgestellten Entwurff fallet auch bey der spitz- findige Poet Ovidius mit diesen Worten: Otia si tollas, periêre Cupidinis arcus. daß ist: Cupidinis Bogen halst im Zwang/ Wann du fliehst den Můssiggang. Wiederumb: Quæritur Ægystus quare sit factus Adulter? In promptu causa est: desidiosus erat. Die Frage ist/ warumb Ægyst Die Ehe gebrochen habe? Die Antwort ist/ dieweil Ægyst Fast immer můssig ware. Das vierte Blatt wird erhalten durch sorgfaͤltige Bewahrung der S innen/ und sonderbahr der Augen und Ohren: Wilst du nun/ daß die- ses liebliche Blaͤttlein unverletzt an der Blumen verbleibe/ so behuͤte selbiges/ so viel dir moͤglich ist/ fuͤr den spitzigen Dorn deß Vorwitz und Begirde/ neue und eytele Dinge zu sehen und zu hoͤren: und versichere dich/ daß von dem Dorn der Newschirigkeit diese edele Blum/ insonderheit bey dem vor- witzigen Frawen-Zimmer jaͤmmerlich zerrissen werde. Das fůnffte Blatt deiner Lilien leidet auch grossen Schaden von scharffen Doͤrnen A a der Die Fuͤnffzehende Geistliche Lection der unnuͤtzlichen/ muͤssigen und unkeuschen Reden/ nach den Worten deß H. Apostels Pauli: Boͤse Gespraͤch verderben gute Sitten: 1. Cot. 15. 33. Derhalben muͤssen die jenige/ denen an Erhaltung der preißwuͤrdigen Haubt- Blumen zu ihrer ewigen Wohlfart gelegen ist/ solche hoͤchstschaͤdliche Gesell- schafft wie die Pest meiden. Das sechste Blatt deiner holdseligen Blu- men/ mein Christliche Seel/ must du sauber und unverletzt erhalten durch ei- ne sonderbahre Behutsambkeit deß fuͤnfften menschlichen Sinns/ nemblich deß Gefuͤhl; und dich nach aller Moͤglichkeit huͤten/ damit du/ oder dich selb- sten an blosem Leib/ oder andere nicht anruͤhrest: sintemahlen auch nur durch einen eintzigen Angriff frembder Haͤnde/ als durch einen schaͤdlichen Dorn/ nicht wenige ihr schoͤnes Blatt vernichtiget haben/ wie unten Num. 8. zu schen ist diese seynd die Blaͤtter unserer Jungfraͤulichen Blumen/ die golt- faͤrbige Kornlein aber derselben seynd die drey Weisen und Manieren Gott zu lieben: so der H. Bernardus dir vormahlet/ und sagt: lehrne lieben suͤssig- lich/ lieben vernuͤnfftiglich/ und lieben standhafftiglich: Süssiglich/ da- mit du nicht durch Anreitzung oder Lockung; Ver n ůnfftiglich/ damit nicht durch Betrug: und Standhafftiglich/ damit du nicht durch Wi- derwaͤrtigkeit von der Liebe deines Herrn verfuͤhret werdest. 3. Gleich aber wie diese Lilien der Jungfraͤwlichen Keuschheit dem lieben Gott und seinen H. H. Engelen einen uͤberauß annehmlichen Geruch verur- sacht/ und dahero der Mensch/ in dessen Garten solche herrliche Blum wach- set/ fast nicht verderben kan: also erfordert dieselbige zu ihrem ersprießlichen Wachsthumb viele Muͤhe und Arbeit; und so gar nach Meinung deß Heil. In lib. de Bon. hum. c. 2. Vatters Augustini/ einen taͤglichen Streit: unter allen Kriegen der Christ- glaubigen/ sagt der gemeldte H. Vatter/ seynd am haͤrtesten die K riege der K euschheit: in denen ein taͤglicher Streit/ und seltener Sieg zu finden ist/ weilen selbiger ein starcker Feind zu theil worden/ dem man taͤglich widerste- het/ und jedoch immer foͤrchtet: ein solche Beschaffenheit hats mit dieser Tu- gend: dann der Geist der Geilheit verschoͤnet keinem Alter/ siehet kein Ge- schlecht an/ und gehet keinen Stand vorbey wird er schon vertrichen/ so kombt er doch wiederumb: wird er getoͤdtet/ so wird er wieder l e bendig: wird er im K rieg uͤberwunden und in die Flucht geschlagen/ so lasset er gleichwohl nicht nach/ und setzet auff neu wiederumb an: wird er zu Bodem geworffen/ so ste- het er abermahl auff derhalben sagt der H. Chrysostomus: wir haben bey die- sen unsern Zeiten von einigen gehoͤret/ daß sie ihren gantzen Leib mit Eysen umbguͤrtet/ mit rauen Saͤcken sich bekleidet/ in die Spitzen der Bergen sich verborgen/ in staͤtem Wachen und hoͤchster Armut gelebt/ auch aller Schaͤrf- fe der Bußfertigkeit sich unterworffen; den Weibern den Zugang zu ihren Huͤtten Von der Keuschheit. Huͤtten verbotten/ und auff solche Weiß sich selbst gezuͤchtiget; und haben dannoch durch sothane Mittel den Grimmen der boͤsen Begirden schwaͤrlich daͤmpffen koͤnnen. Diese Lilien zu erhalten/ hat eine heilige Abtissin sich in staͤtem Fasten und Wachen geuͤbet/ und ist gleichwohl in die dreyzehen Jahr von diesem Feind sehr uͤbel geplaget worden. Der H. Pachomius hat gewuͤn- schet/ daß er von den wilden Thieren moͤchte zerrissen werden; weilen er in viertzig jaͤhriger Zeit in der Wuͤsten durch grosse Strenge deß Lebens dieses Unthier nit gaͤntzlich hat uͤbermeistern koͤnnen; ist dannoch von selbigem auch niemahlen uͤberwunden worden: wie hat sich der auß einem Haubt-Moͤrder/ nachmahls fromme Einsidler Moyses nicht bemuͤhet/ zu der vollkommeneu K euschheit zu gelangen? indem er gesehen/ daß durch das unerhoͤrte Fasten dieser Feind nicht weichen wollen; ist er gantze Nachten zumahlen frey ohne einiges anlehnen auffrecht gestanden: dieser Weiß zu leben hat er sich sechs Jahr lang also gebrauchet/ daß er weder Tag noch Nacht einige Ruhe haben koͤnnen/ sondern unauffhoͤrlich sein Gebett zu Gott verrichtet/ und hat gleich- wohl dieses schaͤdliche Fewer zu erloͤschen nicht vermoͤget. Was haben zu Er- haltung der Jungfraͤwlichen Reinigkeit nicht gethan der H. Vatter Benedi- ctus, Francilcus, und andere unzahlbare; deren herrliche Thaten/ weilen fast jederman bekandt seynd; als wollen wir nur dieses eintzige von unserm seligen Joanne Bono noch anziehen: dieser hat zur Erloͤschung der hitzig-brennenden S. Anto- nin. p. 3. Histor. tir. 24. c. 13. Historia. Flammen ein auff dem Feld gewachsenes Rohr in viele sehr scharff und spi- tzige Stuͤcklein zerschnitten/ selbige hat er zwischen die Naͤgelgelegt/ und die Fingern so hefftig auff einen Stein getruͤcket/ daßdiese spitzige Rohr-Stuͤck- lein zu den Fingern zumahlen hinein gewichen: die Schmertzen/ so von dieser That entstanden/ seynd so grausamb gewesen/ daß er drey Tag lang halb todt gelegen ist: daß aber solcher ungemeine Eyffer der K euschheit dem Stiffter derselben gefallen/ hat ihn Gott selbst mit diesen Worten versichert: weilen du/ mein lieber Joannes/ wohl hast angefangen/ so solst du auch also verharren/ und gleich wie du dich den Versuchungen dapffer widersetzt hast/ also wirst du hinfuͤhro von denselben befreyet seyn: nach diesem ist der wackere Fechter von seinen Wunden genesen und auffgestarden. 4. Noch eines mehrern hat sich unternommen die H. Euphrasia von Antio. Niceph. c. 10. Historia. chia, so lieber hat wollen das Leben/ als die Lilien verliehren; da sie dann von ei- nem Soldaten gefangen worden/ und keine Außflucht ersehen koͤnnen; hat sie demselben versprochen/ wann er ihrer verschoͤnen werde/ eine Kunst zu lehren/ vermoͤg deren er sich so hart machen koͤnte/ daß ihm im Krieg kein Feind schaden moͤchte/ und damit du/ sagt sie/ versichert seyest/ so solst du diese Kunst an mir zum ersten probi ren: Euphrasia hat alsbald ihren Halß A a 2 mit Die fuͤnffzehende Geistliche Lection mit einer Salben bestrichen/ und dem Soldaten dargereichet/ den er mit ei- nem Streich gefaͤlet/ und also dieser dapffern Ver f 0echterin der Jungfraw- schafft ein Gnuͤgen geleistet. Ein andere Heldinn hat sich lieber die Augen wollen außgraben lassen/ als einige Verletzung der Keuschheit leiden. Nicht L. 7. c. 13. Historia. weniger Lob hat verdienet der jenige Geistliche/ so nach Zeugnuͤß deß Nice- phori Calisti, von den eussersten Tormenten deß Tyrannen in ein sanfftes Bett gelegt/ und daselbst von einem sehr schoͤnen. Weib durch allerhand freundliches Li e bkosen zur Geilheit angereitzet worden: und da er sich ihrer zu entschlagen nicht vermoͤget; hat er seine Zung sich ab- und in stuͤcken ge- bissen/ und selbige der Versucherinn ins Angesicht gespiehen; und obwohln er sich hierdurch einen leiblichen Schaden und einige Schmertzen hat zuge- fuͤgt; so hat doch das unkeusche. Weib mit grosser Schand und Spott wei- chen muͤssen: und gleich wie er im Streit der Jungfrawschafft uͤber solche lose Fidel hat obgesieget; also hat er ein wenig hernach seyn keusches Leben mit dem Siegel der Marter-Cron bestaͤttiget. 5. Also/ also/ haben die außer wahlte Gottes/ zu Erhaltung deß unschaͤtz- bahren Kleinods der Keuschheit gefochten: und wann du mein geistliches Kind/ diesen kostbahren Schatz zu erwerben; diese Lilien unverletzt zu besi- tzen/ und mit dieser Englischen Tugend gezieret zu werden verlangest; so must du mit diesen Heiligen streiten; und dich gleichwohl versichern/ daß dich der guͤtige Gott nicht hoͤher mit Versuchungen werde belaͤstigen/ als du tra- gen kanst. Daß aber das Zeiehen der Jungfrawen im Thier-Craͤyß zwischen der Waag und dem Loͤwen zu sehen ist/ bedeutet nichts anders als daß die Keuschheit durch die Maͤssigkeit und Standhafftigkeit am fuͤglichsten koͤnne bewahret werden: derhalben mag/ wie der H. Chrysostomus darfuͤr haltet/ ein Liebhaber der Keuschheit vom streiten nichtfeyren/ weilen ein solcher von dreyen Feinden/ als nemblich von der Natur/ von der Speiß und Tranck/ und von dem leidigen Sathan bekrieget wird. diese drey/ ob zwar maͤchtige Feinde/ wiewohl du mit den obgesetzten Waffen der Heiligen zu bestreiten nit bestand bist; so kanst du dich doch deren gar leicht gebrauchen/ die wir in den sechs Lilien-Blaͤttern verzeichnet haben/ und folgends mit mehrern darthuen werden: krafft deren du das Sieg-Kraͤntzlein deinen inheinuschen Feinden auß den Haͤnden reissen werdest. 6. Weilen auß denen ob erzehlten Gesehichten gnugsamb erhellet/ daß die Abtoͤdtungen deß Leibs zu Erhaltung der. Keuschheit ein merckliches beytra- gen; so seynd sie doch kein unfehlbares Mittel diese Tugend unverletzt zu be- wahren/ wie der hocherleuchte Climacus mit diesen Worten bezeuget: ich hab einige gekennet/ die zum hoͤchsten gefastet/ und haben dan- Von der Keuschheit. noch von den Begierden deß fleisches grossen Trang leiden můssen; derhalben soll man nicht allein auff solche Strengigkeiten/ sondern auff GOtt das beste Vertrauen setzen. Wer nun deß Fleisches sich bemeistern will/ der muß seine Schwachheit gegen solchen arglistigen und maͤchtigen Feind zu streiten/ vor GOtt treulich erkennen/ und denselben immer umb Huͤlff ersuchen: dann dieser Art der Teuffelen lasset sich nicht außwerffen/ als durch das Ge- bett und Fasten. Dahero sagt der Weise Salomon: Jch wůste/ Sap. 8. v. 21. daß ich mich nicht enthalten moͤgte/ es wůrde mir dann von GOtt gegeben. Und billig also: dann gleich wie ein Commen- dant eines Schlosses/ wann er die Belaͤgerung desselben wegen seiner allzuschwachen Mannschafft foͤrchtet/ alsbald dem Herrn deß Schlosses durch Schreiben umb Huͤlff belanget: also muͤssen wir uns in unsern An- fechtungen verhalten/ und sagen mit dem H. Vatter Augustino: O Liebe/ L. 10. Conf. c. 29. die du allzeit brennest/ und niemahlen erloͤschest. O mein GOtt/ der du die Lieb selber bist/ entzuͤnde mich, Du befehlest mir die Keutschheit zu halten/ verschaffe mir/ und helffe mir zu thuen/ was du befehlest/ und hernach befehle/ was du wilst. Der H Apostel Paulus wuste sich auch gar wohl nach den obgesetzten Worten deß weisen Salomonis zu richten; derhalben hat er den Herrn dreymahl gebetten umb von der Stachel deß Flei- sches erledigt zu werden; und ist mit dieser Antwort abgefertiget worden Laß dich mit meiner Gnade begnuͤgen. So muß man dann die Keuschheit nicht dergestalt von GOtt be gehren/ daß man nichts Widriges leyden wolle; son- dern wir muͤssen die Goͤttliche Gnad begehren/ auff daß wir gegen selbige nicht suͤndigen moͤgen. 7. Einbewehrte Helfferinn in diesem gefaͤhrlichen Streit soll uns auch seyn die Allerseeligste und ohne Macul der Erb-Suͤnd empfangene Jungfrau Maria: auß deren Ehr-wuͤrdigem Angesicht und Jungfraͤulichen Sitten/ nach Zeugnuͤß deß H. Bonaventuraͤ bey dem Canisius/ etwas Goͤttliches zu Stimul. Virt. L. 2. c. 23 \& 24. ihren Leb-Zeiten hervor geschlagen/ Krafft dessen alle Menschen/ so sie ange- schauet/ einen sonderbahren Unwillen zu aller Geylheit geschoͤpffet/ und her- gegen zu einer ungewohnten Neigung und Liebe der Ehrbarkeit angetrie- ben worden. Wann nun solches Gut gewireket hat die sterbliche/ was wird nicht vermoͤgen die unsterbliche/ und in hunmlischer Glory allzeit herrschen- der Koͤnigin Mar i a wann wir selbige mit den Augen unseres H ertzens de- muͤthiglich anschauen/ und nach darzu diese barmhertzige Jungfrau umb Beystand in unsern Noͤthen anruffen? Es hat sich in Warheit niemand zu foͤrchten/ so derselben Gunst zu erwarten sich befleisset. A a 3 8. Jm Die Fuͤnffzehende Geistliche Lection 8. Jm uͤbrigen/ was dir/ mein Christliche Seel/ oben am sechstẽ Lilien Blat wohl-meinend ist gerathen worden; das widerhole ich nun abermal/ und stelle dir einige vor Augen/ so durch unbedachtsames Anruͤhren deß Frauen- Zimmers/ nicht geringen Schaden an ihrer Wohlrichenden Blumen gelitten habẽ. Und ob schon auch die jenige Weiber mit welchẽ sie dergestalt umgehen/ wuͤrden heilig seyn; so soll uns doch in solcher Gelegenheit einfallen/ was jener Vorsteher seinem untergebenen geistlichem Bruder zur Lehr gegeben/ welcher im Capitul ware verklagt worden/ daß er einer die Hand gegeben habe: daruͤber er sich dann entschuldiget/ und gesagt/ daß selbiges Weib vor heilig gehalten werde. Der Vorsteher aber hat ihme geantwortet: der Re- gen ist gut/ und die Erd ist auch gut/ und gleichwohl auß dieser beyden Ver- Jacob. de Vitriaco in Vita. Historia. mischung entstehet oͤffter ein Kot/ so die Menschen beschmitzet. Ein ver- staͤndiger und tugendsamer Mann/ so der seeligen Mariaͤ von Oegniaco ein sehr guter Freund gewesen/ hat einsmals auß uͤberauß grosser geistlicher Af- fection die Hand der gedachten Jungfrau gedrucket/ und hat alsbald die erste Bewegungen der boͤsen Begierde an sich empfunden: derhalben hat sich ei- ne Stimm vom Himmel hoͤren lassen/ mit welcher die H. Maria Magda- lena von Christo angeredet worden: Noli me tangere. Růhr mich nicht an. Der gemeldte Freund hat aber von selbiger Zeit der Behutsamb- Discip. Historia. keit sich beflissen. Als am heiligen Osterfest der H. Papst Leo das hohe Ambt der H. Meeß gehalten/ und dem Volck das heilige Nachtmahl ge- reichet/ hat ein Weib deß Heiligen und hohen Priesters Hand gekuͤsset/ worauff den hoͤchst-gedachten Papst ein hefftige Versuchung deß Fleisches ergriffen hat. Diese seine aͤrgerliche Hand hat der H. Mann abgehauen/ und von sich geworffen: und da inzwischen das Volck zu murmelen und zu fragen anfienge/ warumb der Papst dem Gebrauch gemaͤß das hohe Ambt zu halten nicht erscheine: hat sich der H. Leo zu der Allerseeligsten Mut- ter deß Herrn gewendet/ und dero Fuͤrsichtigkeit sich zumahlen ergeben. Welche ihm erschienen/ die abgehauene Hand mit ihren allerheiligsten Haͤn- den gehoͤrigen Orts wiederumb eingesetzt/ und befohlen/ er solle hingehen/ und das Ambt ihres Sohns verrichten: so auch geschehen; und der Gott- seelige Hirt hat allen seinen Schaͤfflein kund gemacht/ was ihm widerfahren/ und hat allen die angeheilete Hand gezeiget. Siehe/ mein Christliche Seel/ so viel vermag das Beruͤhren eines Weibs. 9. Wie Von der Keuschheit. 9. Wie hat sich nicht gefoͤrchtet der H. Thomas von Aquin fuͤr so schaͤd- lichem Anruͤhren der Weibs-Bilder? wie das Gifft der Schlangen und Nattern/ so hat er geflohen dieses Geschlecht; und haͤtte durch aller Welt Guͤter zum Angreiff eines eintzigen Fingers nicht koͤnnnen gebracht werden. Dahero/ als ihn einsmahls eine sichere Dame mit gar holdseeligen Worten gefragt; warumb er ein solches Abscheuen von den Weiberen habe; da er doch/ gleich andern Menschen/ von einem Weib gebohren seye? hat er geantwortet: diesertwegen fliehe ich die Weiber also/ weilen ich von dersel- ben einer gebohren bin. Dan das Saltz/ sagte er/ wird vom Wasser gemacht/ und hat dannoch keinen groͤssern Feind/ als eben das Wasser. Wann nun ein so Englischer Mensch das Anruͤhren der Weiber also gemeidet/ wie sollen und koͤnnen wir arme Troͤpff uns dann nicht billig fuͤr solchen huͤ- ten? Jch gehe allhier vorbey/ wie dieser grosse Liebhaber der Keuschheit einsmahls ein unzuͤchtiges Weib mit einem Feur-Brand von sich vertrie- ben; dieweiln solche Geschicht zumahlen Welt-kuͤndig ist; und errinnere dich/ mein Christliche Seel/ wie nemblich mit nit geringer Sorgfalt zu beobachten seye/ daß ein wahrer Liebhaber der Reinigkeit sich huͤten muͤsse/ so viel ihm moͤglich ist; damit er sich selbsten nicht unehrbarlich beruͤhre. Hiervon meldet der andaͤchtige P. Surius im Leben deß H. Bischoffs Godefridi von einem Carteuser/ so sich in drey gantzen Jahren auch in keiner eintzi- gen vorfallenden Gelegenheit/ wie sie immer hat seyn moͤgen/ an blossem Leib beruͤhret: dardurch der obgedachte H. Godefridus dermassen bewegt worden/ daß er bey sich entschlossen/ das Bisthumb zu verlassen/ und den Carteuser Orden einzutretten; dann er ware/ sagt Surius/ ein solcher Liebhaber der Reinigkeit/ und hergegen ein solcher Feind der Unkeuschheit; daß er sein Geschirr/ auß welchem ein unzuͤchtiger Beyschlaffer getruncken/ alsbald habe verkauffen/ und das Geld den Armen geben lassen. 10. Neben dieser Behutsambkeit/ hat der Liebhaber der Scham- hafftigkeit noch eine wohl zu beobachten; die dann im Gebrauch der Au- gen fuͤrnehmblich bestehen soll; dieweiln dann alle Geylheit gemeinlich von den Augen herruͤhret/ wie auß dem Buch Genesis klaͤrlich zu sehen ist. Da dann die Goͤttliche Majestaͤt uͤber die Erschaffung deß Menschen von H ertzen Leyd getragen/ und gesprochen; Jch will den Gen c. 6. v. 6. Menschen/ den ich erschaffen hab/ von dem Ange- sicht der Erden vertilgen. So auch bald hernach durch den allgemeinen Suͤndfluth geschehen. Die Ursach dieses gefasten Goͤttlichen Die Fuͤnffzehende Geistliche Lection goͤttlichen Zorns/ und erfolgter Straffbedeutet die H. Schrifft mit die- sen Worten: Die Kinder GOttes sahen die Toͤchter der Ibid. v. 2. Menschen/ daß sie schoͤn waren/ und nahmen zu Weibern anß ihnen allen/ welche sie erwaͤhleten. Dieser ist der Vrsprung so grossen Ubels/ nemblich deß Ansehen; indem die Kinder GOttes in An- schauung der Menschen Kinder/ dieses herrlichen Nahmens sich unwuͤrdig/ und folgends zu Schlaven deß Fleisches gemacht haben. Dahero sagte GOtt: Mein Geist wird nicht ewiglich im Menschen bleiben/ dann er ist Fleisch. Also steigt der Todt durch die Fen- stern der Augen in die Seel deß armen Menschen hinein/ den wir so leicht- lich abweisen koͤnnen/ wann wir nur der heylsamen Ermahnung deß weisen Manns nachzuleben uns gefallen lassen/ der da spricht: Wende dein Eccl. c. 9. v. 8. Angesicht ab von einem geschmuckten Weib/ und siehe nit umb nach der schoͤnen Gestalt einer frembden: dann umb der Weiber Schoͤnheit willen seynd viele Leuth zum Verderben gerathen. Und wann schon der Mensch durch solchen Anblick nicht allzeit mit dem David/ Salomon/ Samson und anderen toͤdlich suͤndige/ so stellet er sich doch in grosse Gefahr zu suͤndigen: welches mit unzahlbaren Beyspielen koͤnnte bestaͤttiget werden; wann wir uns der K uͤrtze zu befleissen/ nicht vorgenommen haͤtten. Derhalben dann einige anbeyfuͤge/ und den Anfang von dem H. Bernardo mache. 11. Dieser Gottseelige und keusche Juͤngling hat einsmals auß Unacht- sambkeit ein wohlgestaltes und außgeputztes Weib etwan mit mehrerm Fuͤr- witz/ als er sonsten pflegte/ besehauet; darauff er dann alsbald eine boͤse Be- gierd der fleischlichen Sinnligkeit empfunden; und weilen er wuste/ daß er selbst durch solches Ansehen diese Ungelegenheit sich verursachet habe/ hat er sich selbst hieruͤber auch straffen/ und der kuͤnfftigen Gefahr entziehen wollen; indem er sich in ein Eyß-kaltes Wasser geworffen/ und so lang da- selbst verharret/ daß er die natuͤrliche Hitze schier verlohren hette/ wann nicht halb todt waͤre herauß gezogen worden. Ob wohl nun diese heroische That das Widerspennige Fleisch mercklich im Zaum gehalten; so ist doch der Heil. Juͤngling durch diesen Schaden vorsichtiger worden/ und hat der Behutsambkeit der Augen sich dergestalt beflissen/ daß seines gleichen nicht gefunden worden. Was hat anders den H. Benedi- etum in die eusserste Gefahr die K euschheit zu verlieren gesetzt/ als das stattliche Ansehen eines Roͤmischen Weibs; so ihme dermassen zugesetzt; das vielleicht waͤre ein Leibeigener der Geylheit worden/ wann er nicht sel- bige Von der Keuschheit. bige mit den stechenden Doͤrnen untertruͤckt haͤtte. Wie ist nicht der H. Do- Vit. P. P. Occi- dent. I. 7. c. 10. minicus uͤber den Kuͤster so grausamblich außgefahren/ daß er dem Beichts- Vatter angekuͤndiget/ es seye ein schoͤnes Weib am Beicht-Stuhl/ so beich- ten wolte? Nun gehe hin/ sagt der H. Vatter/ und lehrne/ wie du hinfuͤhro im Urtheil uͤber die Weiber dich verhalten sollest/ ob sie schoͤn/ oder nit schoͤn seyen. Mich geduͤncket nun/ mein Christliche Seel/ daß es zumahlen unnoͤthig seye anderer Schaden zu erzehlen/ da wir doch/ und ein jeder an sich selbst durch die taͤgliche Erfahrnuͤß gnugsamb gewarnet werden; daß wirs billig dem from- men Job nach machen solten; der da spricht: Jch hab einen Bund ge- c. 31. v. 1. macht mit meinen Augen/ daß ich auch keine Gedancken haͤtte von einer Jungfrawen: Und wann du vielleicht darfuͤr hal- test/ daß solche Eingezogenheit dir zu schwaͤr fallen werde; so rede dich selb- sten an mit den Worten deß Heil. Augustini/ dieser und jener haben das ge- than/ und warumb sollest du das auch durch die Gnad GOttes nicht thuen koͤnnen? Der dritte Theil. 12. D Er H. Andreas Corsinus ist der Keuschheit also zugethan gewe- Lanciz. opusc. 2. n. 276. sen/ daß er auch seiner Mutter und Schwestern Gegenwart ohne Schamhafftigkeit nicht hat tragen koͤnnen: mit andern Weibs- bildern hat er nicht mehr/ als in hoͤchster Noth geredet/ und daß zwar mit nie- dergeschlagenen Augen; derhalben er zu Pariß der blinde Bruder genennet worden. Der seelige Aloysius Gonzaga ware von Gott mit solcher Reinig- In ejus vita. keit deß Hertzens begnaͤdiget/ daß er weder im Tag weder in der Nacht auch von den geringsten unsaubern Gedancken oder Anmuthungen jemahlen ist angefochten worden; nichts desto weniger hat er das Frawen-Zimmer der- massen gemeidet/ als wann er mit demselben in der hoͤchsten Feindschafft stuͤn- de. Alphonsus Rodriquez ein Leybruder der Societ aͤt Jesu, ist viertzig Jahr Vita. I. 1. c. 18. Pfoͤrtner gewesen/ und hat gleichwohl kein Weibsbild vom Angesicht geken- net. Der H. Hugo Bischoff zu Gratianopel hat waͤhrender Zeit seines Bi- schoͤfflichen Ambts keinem eintzigen Weib ins Angesicht geschawet. Frater Franciscus von Darocha ein Capuciner hat in Verwaltung deß Quester- Bouer. in An. 1607. Ambts bey die 26. Jahr niemahlen ein Weib angesehen/ derhalben er von allen die Weiber-Flucht benambset worden: Er ware aber ein wah- rer und auffrichtiger Juͤnger seines Lehr-Meisters deß H. Francisci/ welcher seine Kinder offt zu ermahnen pflegte/ daß sie Gemeinschafft/ Gespraͤche/ und B b das Die fuͤnffzehende Geistliche Lection das Anschawen der Weiber mit allem Ernst fliehen solten: weilen mit Weibs-Bildern Gemeinschafft haben/ und nicht Brunst leiden/ kan eben so viel geschehen/ als mit blosen Fuͤssen uͤber gluͤende Kohlen gehen/ und nicht verbrennet werden. Unser ehrwuͤrdige P. Adalbertus à St Alexio, Weyland general Definitor, so mein sehr wehrter Magister in meinem Novitiat gewe- sen/ hat unter andern auch diese nicht geringe Gnad gehabt/ daß er seine Au- gen also zu regiren gewust/ daß er selbige von der Erden niemahlen anders wohin/ als mit Seufftzen zum Himmel geschlagen; viel weniger hat er ein Weibs-Bild stichlich angesehen; die er zu meiden/ uns seine Juͤnger mit dem Werck und den Worten gelehret hat: Die Ursach aber/ warumb die Diener Gottes ihre Augen dergestalt im Zwang gehalten/ gibt uns der seelige Ru- Chron. Fran- ciscan. p. 2. l. 4 c. 52. gerius Franciscanus; nachdem er von seinem Beichts-Vatter gefragt wor- den/ warumb er das weibliche Geschlecht so sehr fliehete/ indem er doch mit der Gnaden der Reinigkeit von GOTT verschen waͤre? hat er ge- antwortet: Wann der Mensch thut/ was an ihm ist/ so thut GOTT auch/ was an ihm ist/ und bewahret den Menschen vor dem Fallen: wann aber der Mensch seiner Natur den Zaum lasset/ zu dem sie geneigt ist/ alsdan lasset GOtt zu/ daß der Mensch ohne Huͤlff der kraͤfftigen und sonderbahrer Gnaden leichtlich falle. 13. Diese Regul gehoͤret auch zu der Keuschheit/ daß man nemblich ohne unvermeidliche Nothwendigkeit sich nicht entbloͤse/ und keinen entbloͤsten Theil deß Leibs anschawe: deme aber dieses fast unmoͤglich zu thuen schei- In ejus vita. net/ der siche an den heiligen Vincentium Ferrerium, welcher in dreyssig jaͤhriger Zeit an seinem Leib nichts bloses gesehen/ ausser die Haͤnde. Wie hoch den allerreinesten Augen der goͤttlichen Majestaͤt solche Schamhaff- tigkeit gefalle/ ist leicht zu erachten/ wann wir die uͤberhaͤuffige Schaͤtz der Gnaden ansehen/ so er solchen seinen zuͤchtigen Dienern immer verliehen In ejus vita. hat: unter denen der Heil. Antonius nicht der geringste/ da er einsmahls durch den Fluß Lycus hat gehen wollen/ und von seinem Weeg-Gefaͤhrten Theodoro begehrt/ er moͤchte so lang auff die Seiten gehen/ biß er mit blosen Fuͤssen hinuͤber gesetzt habe: da nun der obgedachte Theodorus sothanem Begehren nachkommen/ und abgewichen; hat gleichwohl der keusche An- tonius die Entbloͤsung seiner Fuͤssen ohne grosse Schamhafftigkeit zu se- hen/ sich nicht getrauet/ derhalben hat er bey sich entschlossen/ die Struͤmpff und Schuhe an den Fuͤssen zu behalten; und siehe/ in selbigem Augen- blick befindet sich mein frommer Antonius auff jener Seiten deß Flusses/ dahin Von der Keuschheit. dahin er verlangt hatte. Ein gleiches ist widerfahren dem Heil. Einsidler Niceph. Callist. l. 8. c. 41. Ammon und mehr andern; darauß dann reifflich abzunehmen ist/ daß solche Englische Reinigkeit den allerreinesten Augen GOTTES son- derbahr gefalle. Ob nun zwarn die Anschawung deß blosen Leibs/ so auch auß einem Fuͤrwitz geschicht/ keine Todtsuͤnd seye/ so strebt doch selbige der Ehrbarkeit sehr zu wider/ und bahnet den Weeg zu weiterer Unzucht: dann der die Gefahr liebet/ derselben auch selten entgehet annebens ists ein schaͤnd- liche Sach/ daß der jenige/ so unter der Kriegs-Fahnen CHristi dienet/ den blosen Leib seinem Feind darbiethe. 14. Weilen aber nach Meinung der Weltweisen/ das Gute auß seiner gaͤntzlichen vorher gangenen Ursach; das Boͤse aber auß einer jeden Unvoll- kommenheit entstehet: als ist zu Erlangung der wahren und GOTT ge- faͤlligen Keuschheit nicht gnug/ daß einer denen vorgesetzten Regulen nach- lebe; sondern er muß auch weiters gehen/ und das innerliche seines Her- tzen aller vorfallenden Gefahr zu entziehen sich unter stehen: was nutzet es dan/ daß man die Weibs-Bilder nicht anschawe noch beruͤhre/ wann man dan- noch ab derselben oͤffterm Gespraͤch und Gemeinschafft sich erfrewet? diese seynd/ spricht der H. Hieronimus/ die erste Anreitzungen deß Geistlichen: da- hero warnet einen solchen der Heil. Geist durch den Mund deß Weisen: Halte dich nicht auff mitten unter den Weibern; dann auß Eccli. 42. 12. den Kleydern wachsen die Motten/ und die Boͤßheit deß Manns auß den Weibern. O wie viele seynd in die abschewlichste Laster gefallen/ so diesem heylbringenden Rath GOTTES zu wider gelebt haben! auß deren Zahl ein frommer Canonicus gewesen/ der seine Cantipt. l. 2. apum c. 30. §. 47. Historia. feiste Prebend auß einem loͤblichen Eyffer die Seelen zu gewinnen/ in ei- ne Pastorat ver vandlet; nachmahls aber eine siebentzig iaͤhrige Jungfraw/ so j hme sein Cilicium zu waschen pflegte/ durch die Gelegenheit der Conver sation geschwaͤchet: welche begangene Suͤnde sie nach Moͤglichkeit ge- buͤsset: er aber ist auß dieser Missethat in andere gerathen/ und endlich jaͤm- merlich zu Grund gangen. Der Heil. Macarius erzehlet/ daß ein Geistlicher Hom. 27. q 6. von den Verfolgern der Christglaubigen umb Christi willen seye gefangen/ gefoltert/ an Haͤnden gestuͤmpffet/ und hernach in den Kaͤrcker geworffen worden; diesem hat ein GOTT verlobte Jungfraw auffgewartet/ und da diese beyde in eine Gemeinschafft kommen/ ist auch beyder Verderben nicht außgeblieben. Jn solcher Gelegenheit wird weder Alterthumb/ weder Ver- wandschafft/ weder auch der geistliche Stand angesehen; diese seynd alle nicht sicher/ wann man die schaͤdliche und verfuͤhrliche Gemeinschafft nicht meidet: B b 2 Der- Die fuͤnffzehende Geistliche Lection Tract. 65. In Cant. der halben sagt recht der Heil. Bernardus: Bey einem Weibs-Bild wohnen/ und selbiges nicht erkennen/ ist ein groͤsseres Wunder/ als da ist einen Todten aufferwecken: Daß nun von beyden das geringste ist/ das kanst du nicht außrichten; wie sollich dir dann glauben/ daß du koͤnnes thuen das jeni- ge/ so das groͤste Werck ist? Doct n . 10. 15. Hoͤre an mein Christliche Seel die Wort deß H. Dorothei, es ist dir bes- ser/ daß du einen toͤdtlichen Roost essest/ als daß du mit einem Weib zu Tisch sitzest; auch so gar mit deiner Mutter und Schwester. Dienlicher ist es es- sen mit einer Schlangen/ als mit einem leichtfertigen Frawen-Zimmer/ und soll es schon dein eigene Schwester seyn: dan/ obwohl du mit deiner Mutter/ Schwester oder Bluts-Verwandtinn nicht wuͤrdest suͤndigen; nicht desto weniger wirst du durch deren Conversation an das weibliche Geschlecht er- innert: welches/ obschon schwache Gefaͤsser seynd/ so ist doch nichts uͤber ihre Staͤrcke/ krafft deren sie behertzigte Maͤnner zu bodem werffen. So viel nun die Gefahren angehet/ die dem Menschen von der Gemeinschafft mit den L. 1. p. 1. c. 25. de Erud. Dan. 2. Weibs-Bildern zustosset/ leget selbige gar artig auß der gelehrte Richardus de Victoria durch Bildnuͤß deß gewaltigen Koͤnigs Nabuchodonosoris: das Haubt dieser Bildnuͤß ware vom besten Gold gemacht; die Brust und Armen waren von Silber; der Bauch und Schenckel auß Kupffer/ die Bein aber waren von Eysen gemacht: also bestunde dieß gantze grosse Werck auß dem kostbaresten und zugleich auch hartestem Ertz; und ist dannoch dieses al- les augenblicklich zu Staub worden; wie die H. Schrifft bezeuget: da ward das Eysen/ und das Kupffer/ das Golt und das Silber miteinander zum Staub zermalmet; was ist aber die Urfach gewesen dieses erschroͤcklichen und urploͤtzlichen Falls? Es ist ein Stein abgerissen worden/ der hat das Bild an den eysenen und erdenen Fuͤssen getroffen/ und hat sie zermahlet: Was ist der Glantz deß guͤldenen Haubts anders/ als das Fewer deß himm- lischen Eyffers und Verlangen? Was kan durch die Klarheit der Brust und der silbernen Armen besser verstanden werden/ als die Gewißheit eines auff- richtigen Raths; und die Auffrichtigkeit deß vergewisserten Wercks? Also bedeuteten alle diese Metallen unterschiedliche Tugenden/ welche in einer Seel/ so da zur Vollkommenheit schreitet/ mit ungemeiner Herrligkeit leuchten: Was hat aber die Bildnuͤß zum Fall gebracht? Durch die erdene Fuß-Sohlen wird billig verstanden der wolluͤstige Uberfluß. Ein eintziges kleines Steinlein/ ein eintziges unkeusches Woͤrtlein/ ein eintziger geiler An- blick/ ein eintzige unreine Gedancke/ oder unordentliche Sitten/ ein eintzige nicht Von der Keuschheit. nicht gemeidete Gelegenheit/ seynd starck gnug/ einen heiligen und Tugend- vollen Menschen schaͤndlicher Weise niederzuwerffen; wann er der erdenen Fuß-Sohlen/ das ist/ der kotigen Wollust/ sich zum Grundvest gebrau- chet: dann ob schon das Haupt von Gold ist/ ob wir schon in unsern ge- machten Fuͤrsaͤtzen/ in die Suͤnde nicht zu bewilligen/ dem Stahl und Ey- sen gleich werden: so seynd doch die Fuͤß/ darauff der gantze Ober-Theil bestehet/ auß Leim und Erden gemacht. Wir haben/ sagt der heilige Apostel Paulus/ diesen Schatz in erdenen Gefaͤssen. 16. Mit dem Frauen-Zimmer/ befilcht unser der H. Vatter Augustinus/ 2. Cor. 4. 7. soll man die Reden kurtz/ scharff und ernstlich machen: so derhalben desto we- niger nicht zu scheuen seynd/ dieweilen sie frommer Naturen und ehrbar seynd; sondern/ weiln solche desto mehr das menschliche H ertz an sich zie- hen/ und liget offtmahlen unter dem Schein der Tugend verborgen der be- triegliche klebende Leym der Geilheit. So muß man dann nicht vermei- nen/ daß man in Gemeinschafft der leichtfertigen Weibs-Bilder allein sich in Gefahr einiger Unreinigkeit stelle; sondern/ wie die meiste und beste Welt-Erfahrenste darfuͤr halten/ muß sonderbar ein Geistlicher mit groͤs- serm Fleiß sich fuͤr die jenige huͤten/ so am aller ehrbarsten und eingezogne- sten mit allen ihren Gebaͤrden auffziehen/ und denen die Wort auß dem Mund als ein guͤldenes Baͤchlein fliessen: und obschon selbige in allen die- sen ihren tugendsamen Sitten ein sehr auffrichtige Meynung haben/ und ihre wenigste Gedancken seynd/ auch das geringste Ubel hierdurch zu verur- sachen; so hats dannoch (wie mir in dieser Sententz ein jeder erfahrene wird leichtlich beyfallen) die vorgemeldte Beschaffenheit. Dahero hat ein sehr In Annal. 1216. n. 24. Geifi-reicher Mann auß dem Orden deß H. Francisci/ so von einer ehrlichen Kam̃er-Fraͤulein der Gottseeligen Fuͤrstin Sanciaͤ gebetten worden/ er moͤg- t e doch in die K irch kommen/ und mit ihr muͤndlich reden; in eine Hand Feur und in die andere Stroh genommen/ und also zur Audientz hingangen: und da zur Fraͤulein kommen/ hat er das Stroh durchs Feuer entzuͤndet/ und gesagt: derhalben hab ich ewerer Gnaden/ wiewohl geistliches Gespraͤch gescheuet/ dieweil ich gefoͤrchtet/ es wuͤrde mir widerfahren/ was sie gesehen haben/ daß dem Stroh uͤberkommen ist. Wir vermeinen oͤffters/ das uns die- Conversation der Weibs-Bilder im geringsten nicht schaͤdlich seye/ die- weilen wir in der That an unserm Fleisch nichts boͤses empfinden es seye dem/ wie ihm wolle/ du bist gliechwohl nicht versicher/ daß die allzugemeine Stachel der Natur gaͤntzlich außbleiben werde; und kanst auch nicht sa- B b 3 gen/ Die Sechzehende Geistliche Lection gen/ daß solches Frauen-Zimmer in deiner Conversation nichtleyden muͤss So ist dann der Schluß/ daß der jenige/ so ein wahrer Liebhaber der voll kommenen Jungfraͤulichen Reinigkeit zu leben und zu sterben verlanget/ mit den Weibern gar nicht oder wenig rede. Die Sechzehende Geistliche LECTION Von der Geilheit. Gen. 6. 3. Non permanebit Spiritus meus in homine in æternum, quia caro est. Mein Geist wird nicht ewiglich im Menschen blei- ben; dann er ist Fleisch. Der Erste Theil. 1. S Jntemahlen zu Erwerbung einer GOtt-gefaͤlligen Tugend nicht wenig nutzet/ daß man die Grobheit deß jenigẽ Lasters/ so der Tugend widerstrebet/ reifflich erkenne; dahero hab ich vonnoͤhten zu seyn erachtet/ daß du/ mein Christliche Seel/ anjetzo zu mehrer Lieb der Keusch- heit durch den boͤsen Gestanck der garstigen Geilheit angetrieben werdest; in- dem die frische Gedaͤchtnuß deren Englischen Lob-Spruͤchen uͤber sothane Jungfraͤuliche Reinigkeit in dir noch lebet. Es wird dann dieses Laster 2. 2. q. 125. Art. 1. von dem H. Thoma verzeichnet/ daß es seye eine unordentliche Begierd der unreinen und muthwilligen Wollust. So wird dieses Laster von gedachtem H. Kirchen Lehrer getauffet: wer wird aber all das Ubel/ so auß diesem be- stialischen Laster entstehet der Gebuͤhr nach beschreiben koͤnnen? Also ent- wirfft der gelehrte Hugo dieses grausame Unthier: O eusserigste Abscheu- ligkeit der Geilheit/ so nicht allein das Gemuͤth verweiberet/ sondern auch darzu den Leib schwaͤchet: und nicht allein die Seel beflecket/ sondern auch die Person verwuͤstet! vor ihr gehen allzeit her die Brunst und Willmuth: mit ihr gehen/ und begleiten sie der Gestanck und Unsauberkeit; allzeit folgt ihr Von der Geilheit. ihr auf den Fersen nach die Reu und das Leydwesen. Nit weniger ruffet der H. In Epist. Hieronym. mit diesen Wortẽ uͤberlaut: Owie saur/ O wie saur ist die Frucht der Geilheit! bitterer als Gall/ entsetzlicher als ein blenckendes Schwerde! Und an einem andern Orth schreyet der obgemeldte Kirchen Lehrer also auß: O Geilheit/ du Hoͤllisches Feuer/ dessen Brenn- H oltz der Fraß/ dessen Flamm die Hoffart/ dessen Funcken die boͤse Gespraͤch/ dessen Rauch ein Schand-Fleck/ dessen Aschen die Unreinigket/ und dessen End ist die ver- dambte Ewigkeit! Auch lasset sich hoͤren unser hoch-erleuchte Vatter Au- gustinus mit diesen Klag-Reden: O wie grosse Ungerechtigkeit und boͤse Gottlosigkeit ist dieses; daß ein geiler Mensch seine Seel/ die Christus mit seinem Allerheiligsten Blut erloͤset hat/ wegen einer augenblicklichen Freud deß Muthwills dem Teuffel verkauffe! Jst daß nicht/ in Warheit/ ein Er- barmungs und Beklagungs-werther Standt/ in dem gar geschwind vorbey gehet/ was den Menschen beluͤstiget; und durch den Teuffel im Creutz ver- bleibet/ daß ohne Unterlaß creutziget. Der Anfall deß Mutwills verschwin- det in einem Augenblick/ und die Schand der ungluͤckhaffter Seelen bleibt unmerzu. Jn diesem Unflat/ sagt der hoch-erleuchte Climacus/ fallen die Anfangende wegen deß unziemlichen Fraß: die jenige/ so in den Tugenden zunehmen/ wegen der Hoffart und die Vollkommene wegen deß freventli- chen Urtheils/ dessen sie sich uͤber ihren Naͤchsten gebrauchen. Derwegen diese drey schaͤdtliche Anreitzer von allen mit grosser Sorgfalt muͤssen ge- meidet werden. 2. Von den Alten kombt dieses nicht unebene Sinn-Gedicht her/ daß der Teuffel habe zur Ehe genom̃en die Ungerechtfertigkeit; auß der er unterschied- liche Toͤchter gezielet: deren aͤltiste/ nemblich die Hoffart/ hat er den Adli- chen; den Geitz und Wucher den Kauffleuten; die Rauberey und das Steh- len den Soldaten; das Liegen und Triegen den Advocaten und Handwerck- Leuten! die Simonia oder Verkauffung der geistlichen Guͤtern/ den Welt-Geistlichen; die Gleyßnerey den Ordens-Leuten/ und die Miß- gunst den Hoͤfflingen vermaͤhlet. Die Geilheit aber habe er an kei- nen verheyratet; sondern habe selbige allen frey und gemein gelassen; da- mit er durch diese desto mehr Menschen gewinnen koͤnne. Diesem ist also/ mein Christliche Seel/ zumahlen die Geilheit ein so gemeines Laster ist/ daß es schier das gantze menschliche Geschlecht vergiffte/ und ins Verderben stuͤrtze. H at nicht diese Suͤnde alle Menschen/ wenig außgenommen/ durch die erschreckliche Suͤndfluth vertilget? Hat nicht die edele Staͤdt und Landschafften Sodomam und Gomorram mit allen Jnwoͤhnern dieses boͤse Laster zu Grund gerichtet? und/ wolte GOtt/ daß nicht biß auff heutige Die Sechzehente Geistliche Lection heutige Stund/ biß auff gegenwaͤrtiges Augenblick/ diese gifftige Seucht den meisten Theil der Menschen zur ewigen Verdamnuß sendete! Jn dessen In Epist. ad Rom. c. 1. Thom Canti- prat. Betrachtung der H. Remigius also spricht: Jch nehme auß die kleine/ und hal- te darfuͤr/ daß wegen der Geilheit deß Fleisches auß der Zahl der andern wenig seelig werden. Eben selbiger Meynung ist die wunderbarliche Christiana/ so mit unglaͤublichen Zaͤhren das durch die fleischliche Wolluͤsten fast gantzes behaffte menschliche Geschlecht unauffhoͤrlich zu beweinen pflegte; dieweilen sie vernuͤnfftlich urtheile/ daß dieserthalben der gefaste Zorn Got- tes uͤber die Menschen nothwendiglich muͤste außgegossen werden. Weiters sagen viele hoch-erleuchte Maͤnner/ daß unter hundert verdambten Juͤnglingen neun und neunzig wegen der veruͤbten Geilheit diesen Straffen seynd zu theil wordẽ. Soll sich aber hier uͤber einer verwundern und einbilden/ daß diese Rechnung ohne den Wirth gemacht seye; der erinnere sich der Worten deß H. Joannes in seinem ersten Sendschreiben am 5. Cap. am 19. vers. Die gantze Welt ligt in der Boͤßheit. Diesen Text verdol- In S. Jo- an. c. 5. metschet der H. Thomas also/ und sagt: Die gantze Welt ligt in der Boͤßheit/ das ist/ in einem boͤsen Feur: Dahero nicht wunder ist/ daß der meiste Theil durch dieses Feuer/ das ist/ die Geilheit auff Erden angezůndet/ und nach- mahls in die hoͤllische Flammen; das Feur zum Feuer ge- worffen werde. 3. Grausen solte billig einen Christglaudigen/ wann er gedencke/ daß das Hertz eines wolluͤstigen Menschens seye ein wahre Herber g deß boͤsen Feinds. Bezeugt nicht solches die H. Schrifft selbst/ da sie meldet/ daß der Geist GOttes nicht werde verbleiben in dem Menschen; warumb? quia caro est, dieweilen er Fleisch ist; dieweilen er am meisten durch die fleischliche Suͤnden mich/ seinen GOtt/ zum Zorn anreitzet. Von dem aber der Geist GOttes weichet/ in selbigem bleibt der boͤse Geist: dann der Mensch muß oder ein Kind GOttes oder ein Kind deß Teuffels seyn. Wann nun niemand ein Kind GOttes zu seyn vermag ohne den Geist GOttes; so muß ja nothwendiglich folgen/ daß in aller geilsuͤchtigen Menschen Hertzen dieß garstige hoͤllische Luder seine Wohnung mache; und zu solchen Herbergen gehoͤren solche Gaͤst; derhalben hat CHristus den Schwarm dieser losen Gesellen/ wie in dem Evangelio deß H. Lucaͤ zu le- sen/ auff ihr Begehren in die Koth-liebende Schwein gesendet. Da- mit nemblich/ nach Meinung deß H. Augustini/ der Heyland uns zu ver- stehen Von der Geylheit. stehen geben moͤchte/ daß der leidige und abscheuliche Sathan bey denen den Meister spiele/ welche in ihrem Leben den Schweinen gleich seynd: Dieses In Epist. St. Joan. Tract. 6. unvernuͤnfftige Thier schawet niemahlen den Himmel an; grabet immerzu in der Erden; Faͤuligkeit und Gestanck ist seine beste Ergetzlichkeit/ e r suchet nur den Bauch zu fuͤllen/ und idriget oder widerkewot nicht gleich andern Thieren: also achtet ein geiler Mensch den Himmel nicht; er suchet vielmehr das Jrrdische; in dem stinckenden Mist der abschewlichen Wolluͤsten und bo- sen Lastern weltzet er sich/ und suchet nichts so eyfferig/ als wie er seinen un- zimblichen Begierden gnug thuen koͤnne: Er idriget/ oder betrachtet auch nicht die ewige Straffen/ die ihme so nahe auff den Halß tringen: wie wirds aber endlich mit diesen armseeligen Schweinen hergehen? Der gantze Schwarm dieses unsaubern Viehes wird dermahlen eins in das grundlose Meer der ewigen Verdamnuͤß gestuͤrtzet werden. 4. Du hast gehoͤrt/ mein Christliche Seel/ deß H. Vatters Augustini wohlgefuͤgte Gleichnuͤß der Schweinen mit den Geilsuͤchtigen: Hoͤre nun auch/ was der H. Antoninus von dem Gestanck dieser verschweineten Men- schen herkommen lasse: Es gienge/ sagt er/ ein Engel GOttes in Gestalt ei- 4. Part. suæ sum- mæ. Tit. 1 4. c. 6. §. 1. Historia. nes Menschen mit einem heiligen Einsidler durch die Wuͤsten allwo sie den todten Leib eines Menschen angetroffen/ welcher so grausamen Gestanck ver- ursachet/ daß der Einsidler gezwungen worden/ die Naasen zu verstopffen; der Engel aber hat sich dieses uͤblen Geruchs halben im geringsten nicht ent- setzet; biß ihnen ein schoͤner außgeputzter und wohlriechender Juͤngling begeg- net: fuͤr deme der vermenschte Engel ein abschewen gezeigt/ und die Naasen bester massen versperret hat: da er aber von dem Einsidler seinem Weeg-Ge- faͤhrten dieser seiner Mißhandlung halber befragt worden; hat er geantwor- tet: weilen du Fleisch bist/ so empfindest du den Gestanck deß Fleisches: wir aber/ die wir Geister seynd/ wir entsetzen uns vor dem uͤbelen Geruch der Gei- ster/ so da entstehet auß den Suͤnden/ mit den der Juͤngling wegen seiner Geil- heit erfuͤllet ware: und nach dieser hinterlassenen Unterweisung ist der Engel verschwunden. Auch hat die H. Catharina Senensis ein so grosses Miß- gefallen gehabt an dem boͤsen Gestanck eines unkeuschen Weibs/ daß sie die Naasen nach aller Moͤglichkeit in ihrer Gegenwart zu stopffen sich bemuͤhet: und da sie von ihrem Beichts-Vatter uͤber sothane begangene Unhoͤfflich- keit gefragt worden; hat sie bekennet/ daß/ wann sie auff solche Weiß sich deß unglaublichen Gestancks nicht entschlagen haͤtte/ wuͤrde ohne allen Zweiffel sie sich haben brechen muͤssen. Der H eil. Philippus Nerius hat die unzuͤchtige Brev. Rom. 26. Maji. Menschen auß dem Geruch erkennet: derhalben pflegte er zu dergleichen C c leicht- Die Sechszehende Geistliche Lection leichtfertigen Pursch zu sagen: Male oles, ô Fili, male oles: Du schmaͤckest uͤbel/ mein Kind/ du schmaͤckest uͤbel. 5. Weiters betrachte das grosse Unbill/ so du der goͤttlichen Majestaͤt zu- fuͤgest; indem du dessen Ebenbild dergestalt bemackelest und verunehrest: wie dir der H. Augustinus mit diesen Worten bedeutet: du thuest deinem GOtt unrecht/ wann du dich selbsten verderbest und wem thuet der Unrecht/ so dei- ne gemachte Bildnuͤß durch Muthwill oder sonst andere Boͤßheit zertrennet oder verunreiniget? wessen Ebenbild schaͤndest du; und wem thust du anders Schmach an; als deinem GOtt/ dessen Bildnuͤß/ welches du bist/ durch dei- nen Muthwillen und durch das abschewliche Laster der Geylheit verderbest/ und diese Bildnuͤß zu beobachten verhinderet wirst? hat nicht erstlich der himmlische Vatter deinen Leib aller Vollkommenheit gemaͤß erschaffen? daß er nemblich solle seyn ein reines und wuͤrdiges Hauß deiner Seelen; welches du geyler Mensch/ durch deine Unzucht verwuͤstest/ und in einen Schwein- stall veraͤnderest? dahero dich recht ermahnet der H. Apostel Paulus mit die- 1. Thess. c. 4. v. 3. sen Worten: Dieß ist der Will GOttes/ ewere Heyligung: daß ihr euch von Vnzucht enthaltet/ und daß ein jeglicher unter euch sein Gefaͤß in Heyligung und Ehren zu besitzen wisse; und nicht in unzunblichen Lusten/ wie die Heyden/ die von GOtt nichts wissen. Hat dich nicht zweytens der eingebohr- ne Sohn GOttes mit seinem Blut erkaufft; der dich auch mit selbigem/ und seinem allerheiligsten Leib speiset und traͤncket? weist du nicht/ sagt der obge- meldte Apostel/ daß dein Leib Glieder Christi seynd? solst du dann die Glie- der Christi nehmen/ und Glieder der Huren darauß machen? daß sey fern von dir: und wiederumb spricht er allen und jeden also zu/ ihr seyd mit theurem Werth erkaufft; ehret und traget GOtt in ewerem Leibe: daß ist/ du solst GOtt/ und nicht der Unzucht deinen Leib schencken. Hat dich nicht drittens der H. Geist geheiliget/ und dich zu seinem Tempel verordnet/ den du durch die Geylheit schaͤndlicher Weiß verunreinigest? hoͤre derhalben die Wort deß Heil. Apostels: wisset ihr nicht/ daß ewere Glieder ein Tempel seynd deß H. Geistes/ der in euch ist: Dahero wird derselbige Geist in ein boͤßhafftige Seel nicht eingehen/ noch wohnen in einem Leibe/ der den Suͤnden unter- 1. Cor. 3. v. 17. worffen ist/ wie Salomon darfuͤr haltet: sondern/ werden Tempel Gottes wird entheiligen/ den wird Gott vertilgen. 6. Ein anderes Mittel deß geylsuͤchtigen Fleisches bringt uns hervor ein Lib. Sent. P. P. §. 10. gottseeliger alter Einsidler der Wuͤsten in Scythia: dieser ist in Erinnerung eines wohlgestalten Weibs/ ein geraume Zeit sehr hart versucht worden/ und ob Von der Geylheit. ob er schon in diesem Streit gar ritterlich gefochten; so hat er gleichwol seinen Feind nicht zumahlen koͤnnen auß dem Feld schlagen; dahero hat endlich bey sich beschlossen/ sothane unzimbliche Gedancken durch immerwaͤhrende Erinnerung deß Todts auß seinem Hertzen zu verbannen: in diesem seinem Vorhaben sendet ihm die Goͤttliche Vorsichtigkeit einen Menschen auß Ægypt en/ von dem er vernommen/ daß dieses schoͤne Weib gestorben seye: worauff er sein Huͤttlein GOtt befohlen/ und sich auff die Reise zum Grab deß verstorbenen Weibs gemacht hat: und so bald er hinzu kommen/ hat er diesen vorgenommenen letztern Streit mit seinem Feind zu wagen ange- fangen: bey naͤchtlicher Weil hat er den Stein vom Grab geweltzet/ die Erde außgeworffen/ und ist also zum todten Leichnamb gelanget; und sich selbsten folgender Gestalt hertzhafft angeredet: Siehe du alter/ da ist dein Schatz/ da ligen deine Luͤsten/ nimb doch deine so wehrte und liebe Creatur hinweg; du must ja von dem Golt/ daß du mit so grosser Muͤhe außgegraben hast/ einen guten Theil mit dir nehmen: dieses hat er nicht allein zu sich selb- sten gesagt/ sondern er hats auch gethan/ und einen guten theil deß Schleuers/ so von Eyter und Faͤuligkeit getroͤpffet/ mit sich darvon getragen: diesen wohlriechenden Raub hat er in dem Huͤttlein vor seine Augen gestellet/ und sich mit diesem unmenschlichen Gestanck so lang geplaget/ biß er die unreine Gedancken gantz und gar vernichtiget. Hierauß hast du/ mein Christliche Seel zu lehrnen/ daß die Gedaͤchtnuß deß Todts ein bewaͤhrtes Mittel seye/ diesen Feind zu uͤberwinden. Nun moͤchte ich dir dergleichen Recept en gern mehrere vorschreiben; weilen aber von der anjetzt gehandleten Materi zu re- den/ an andern Oerther Gelegenheit vorfallen wird; derhalben wollen wir es hiemit bewenden lassen/ und zu weiterm Versuch die Tugenden zu pflan- tzen/ und das schaͤdliche Unkraut zu vertilgen fortschreiten. C c 2 Die Die Siebenzehente Geistliche Lection Die Siebenzehende Geistliche LECTION Von dem Stillschweigen. Isa. 30. 15. In Silentio \& in spe erit fortitudo vestra. Jn der Stille und in der Hoffnung wird ewere Staͤr- cke seyn. Der Erste Theil. 1. W Ann du/ mein liebe Christliche Seel/ die kostbahre und unschaͤtz- bahre Perl der wahren Demuth dir zu erwerben verlangest; so da ist (wie vorhin gnugsamb er wiesen worden) ein rechtes und unbetriegliches Pfand der Heiligkeit; wann du selbige Tugend in Warheit zu besitzen trachtest; so ist dir nichts so hochnoͤthig/ als daß du einer gar ge- nauen und schier Eremitischen Stillschweigung dich befleissest: zumahlen die Stillschweigung eine unter stuͤtzte Saͤul ist deß Geistlichen Lebens/ ohne welche gar leichtlich die Cloͤsterliche Disciplin und Ordens- Satzungen zu Bodem fallen: sie ist auch eine Erhalterin und Vermehrerin der innerlichen Andacht; weilen diese ihren Liebhaber zur Liebe Gottes entzuͤndet/ und den Eyf- fer deß Hertzens ernaͤhret und ver groͤsseret/ wie der gottselige Thomas à Kem- pis sagt in einer Ermahnung an die Novi tzen: Jn keinem Orden wird Fried und unordentliches Leben bestehen/ wann die Auffsicht deß Stillschweigens/ eine Freundin der Ruhe/ und eine Nahrung der Andacht daselbsten feyret. 2. Weiters sagt der H. Diadochus; daß die Stillsehweigung seye zumah- In. lib. P. P. tom. 3. lib de Pers. c. 7 len ein treffliche Sach/ und nichts anders/ als eine Mutter der allerweisesten Gedancken. Wer ist doch jemahlen mit guten und himmlischen Gedancken erfuͤllet gewesen/ der nach seinem Belieben die Stillschweigung zu brechen/ und muͤssige Wort auß Unbedachtsambkeit zu reden sich gewohnet hat? nie- mand fuͤrwahr: dahero sagt die H. Schrifft: Soll man einem Mann Job. 11. v. 2. recht geben/ der reich von Worten ist? Diese Frag beantwortet der Von dem Stillschweigen. der H. Gregorius und sagt: Es ist gewiß daß kein Mann/ der Tom. Mor. c. 2. Ps. 139. v. 12. reich von Worten ist/ koͤnne gerechtfertiget werden: dann dieses bezeugt der K oͤnigliche Prophet mit folgendem Spruch: Ei- nem geschwaͤtzigen Mann wirds nicht wohl gehen auff Erden. Das ist/ er wird keine faste Wurtzel der Vollkommenheii setzen/ dieweilen das in vielem Schwaͤtzen zerstreuete Gemuͤth sich zu den Goͤttli- chen Dingen/ wie ein Geistlicher zu thun schuldig ist/ nicht erheben kan/ und auch darzu die vorhin erworbene Gnad gaͤntzlich verlieret. So ha- ben dann billig alle Stiffter der H. H. Orden/ und Lehrer der Vollkom- menheit diese Stillsehweigung so hoch geschaͤtzet/ dieweilen ihnen sattsam bewust ware/ was herrliche Seelen- Guͤter auß embsiger Haltung derselben erwachsen koͤnnten. 3. Es pflegte auch ein beruͤhmter und gelehrter Mann zu sagen/ daß zu P. Hier. Natali a- pud Ro- dr. p 2. tom. 2. c. 6. Reformirung eines Klosters oder Ordens nichts anders erfordert werde/ als daß die Stillschweigung wiederumb hinein gepflantzet werde. Dieses be- kraͤfftiget ebenfals der H. Jgnatius Lojola; so dieses zum gewissen und un- felbahren Zeichen hatte/ daß in einem Kloster ein gute Disciplin gruͤnete; wann nemblich die Clausur oder Besthliessung wohl gehalten wurde. Wann alle Oerter deß Kloster sauber waren. Wann sich ein jeder deß Stillschwei- gens beflisse; und kein Jablen/ Getuͤmmel und Geschrey gehoͤret wuͤrde. Wann nun dieser so heilige Mann unter den drey fuͤrnehmsten Stucken zu Erhaltung seiner geistlichen Haͤuser/ auch erfordert die Stillschweigung; wie viel mehr seynd nicht schuldig andere Ordens-Leuthe dieser Ubung obzu- ligen/ welche da verlangen ihrem Beruff nachzukommen/ und im Geist GOttes mehr und mehr zuzunehmen? Dann der sich der Gnade GOttes will faͤhig machen/ der muß seine Zung im Zaum halten/ wie die heilige Schrifft sagt: Der will lieben das Leben/ und gute Tage sehen/ der halte seine Zung vom Boͤsen ab. Was ist aber an- 1. c. 3. \& Ps. 33. v. 14. ders das Leben unserer Seelen/ als die Gnad GOttes/ und welche seynd die gute Taͤge; als die jenige/ so zum unbeschreiblichen Trost deß Menschen/ mit Tugenden und guten Wercken gezieret seynd? Du kanst aber/ mein Christliche Seel/ deinen Tagen keinen gebuͤhrlichen Zierrath geben/ wann du nicht das jenige Silentium zu halten/ dich befleissest/ welches/ nach Zeug- nuͤß deß H. Bonaventuraͤ/ der Seraphische Vatter Franciseus seinen Bruͤdern so hoch anbefohlen hat/ nemblich das Evangelische Stillschwei- gen: das ist/ nach der Lehr Christi/ von allem und jedem muͤssigen Wort C c 3 mit Die Siebenzehente Geistliche Lection mit moͤglicher Sorgfalt sich enthalten: dahero pflegte er die jenige hart zu bestraffen/ so dem eitelen und muͤssigem Schwetzen zugethan waren. Wie hat uns nicht unser Heyland mit seinen herrlichen Exempel vorgeleuchtet/ Matt. 26. da er von den hohen Priestern in Gegenwart Pilati uͤber viele Sachen an- geklagt worden/ und gleichwohl ohne Verwunderung deß Richters sich nicht verantwortet/ der da nicht auß Noth/ sondern auß einer Tugend/ und uns allen zur heylsamen Lehr geschwiegen hat? 4. Was soll ich melden von der glorwuͤrdigen Mutter dieses Erloͤsers/ so nicht allein in geringen/ sondern auch in wichtigen Dingen die Still- schweigung unverletzt gehalten hat: dann diese allerweisseste Jungfrau ware (wie der H. Bernardus beweiset) mit so bescheidener Tugend deß Still- schweigens gezieret/ daß sie nichts geredet/ so sie nicht vorhin uͤberlegt hatte. Und obwohln diese verschwiegene Jungfrau ein warhafftiger S piegel aller deren ist/ so sich in dieser Tugend zu uͤben schuldig seynd; so hat sie dannoch ihre grosse Lieb zu schweigen niemahln besser an Tag gegeben/ als da sie ihr Braͤutigam der H. Joseph hat verlassen wollen; S ie hat stillgeschwiegen/ und ihre Verthaͤtigung der Goͤttlichen Majestaͤt anbefohlen. Folge/ folge/ mein Christliche S eel/ das Exempel deiner werthen Mutter; und wann du mit der Gnad deß H. Geistes verlangest erfuͤllet zu werden/ so lerne vor allem das S chweigen/ nach dem Rath deß Propheten Jeremiaͤ/ der da Thren. 3. v. 28. spricht: Der wird allein sitzen und schweigen/ dann er hat das Joch auff sich genommen. O wie viele Unruhe und Elends hat sich und andern nicht verursachet deine geschwaͤtzige und frey-gelassene Zung! und wie grosse Ruhe und innerliche Freud deß Hertzens hastu nicht empfunden/ und wirst annoch ins kuͤnfftig empfinden/ nach dem du selbiges Thierlein mit dem Zaum deß S tillschweigens dir unterthaͤnig gemacht hast! 5. Glaube den Heiligen und grossen dieneren GOttes/ so wegen der einmahl geschmeckten S uͤssigkeit/ welche das S tillschweigen verursachet/ nichts so eifferig verlanget haben/ als von den Menschen abgesoͤndert zu S. Dami- an. in Vi- ta ejus. In Vita. werden/ und in dieser Tugend sich zu uͤben. Der H. Romualdus/ ein al- ter greisser Mann/ hat sich in eine unflaͤtige Hoͤhle eingesperret/ und sieben Jahr langdas S tillschweigen unstrafflich gehalten. Mir ist nicht wun- der/ daß die heilige Catharina S enensis zu solcher grossen Heiligkeit ge- langet/ indem ich lese/ daß selbige drey gantze Jahr/ gleichsamb ohne S prach Von dem Stillschweigen. S prach/ mit niemand/ als mit ihrem Beichs-Vatter in der Beicht/ ein eintziges Wort geredet. Auch hat der H. Thomas von Aquin so dapffer ge- schwiegen/ daß er von seinen Mit-Schuͤlern ein stummer Ochs genennet worden. Er aber hat auß diesem Schweigen so grosse Wissenschafft und Heiligkeit geschoͤpffet; daß er nachmahlen auß dem stummen Ochsen ist wor- den ein Englischer Doctor. Jch lebe mit dir/ mein Christliche Seel/ der troͤstlichen zuversicht/ daß du nach fleissig geuͤbter dieser Stillschweigung/ dermalen eins sagen werdest: ich hab mir einmahl eingebildet/ daß solche Schaͤtz der Tugenden/ und so kostbahres Kleinod der geistlichen Vollkom- menheit in der Ubung deß Stillschweigens waͤre verborgen gewesen. Nun hoͤre den Nutzen desselben/ den dir der Gott-seelige Tomas von Kempis also Thom. Kemp. de Silent. entwirfft. Jndem du das Stillschweigen beobachtest/ haltest du auch zu- gleich den Gehorsamb/ und behaltest die Demuth; du gibst der Scham- hafftigkeit einen Zierrath; du verehrest die Alten/ und gehest den Jungen mit einem guten Exempel vor; den leichtschlaͤgigen und außgelassenen bistu eine Forcht; den Außlaͤndischen verursachestu einen guten Nahmen/ und den Jnlaͤndischen Fried und Einigkeit. Dieses bekraͤfftiget der seelige Lau- rentius Justinianus mit diesen Worten: Nachdem die Stillschweigung in Fascic, den Eingang der unnutzbaren Worten verstopffet; alsdann kan das ver- schlossene Feur der Liebe die Gedancken zum guten Standt bringen; das Gemuͤth bewegen; die Laster vertreiben; die Zaͤhren herauß fuͤhren; den Frie- den lieben; das Hertz zu GOTT erheben/ und mit ihm selbiges verei- nigen. 6. Dieserthalben haben die H. H. Alt-Vaͤtter die Stillschweigung so sehr geliebet: deren der H. Hieronymus viele gefunden/ so in sieben Jah- In Reg. Mon. ren kein entziges Woͤrtlein geredet: und solcher Gestalt haben sie sich der Goͤttlichen Gnaden so wuͤrdig und faͤhig gemacht; daß sie mehr im Himmel als auff Erden zu leben scheineten; zumahlen die Einigkeit/ der Fried und die geistliche Freuden derselben nicht irrdisch/ sondern himmlisch waren. Da- hero hat der grosse und heilige Abt Ammon in seiner Wuͤsten in einem Klo- In Spec. Exempl. ster anderthalb tausend Muͤnchen mit viel leichterer Muͤhe vorgestanden/ als zu heutigen kaum zehn zu regieren seynd. Woher kombt das? dieweilen alle das Gebott der Stillschweigung so genau beobachtet; daß zur Zeit deß Still- schweigens/ die weltliche Leuth/ so offtmahls in dieses Kloster zu kom- men pflegten/ vermeinet/ es seye von diesen tausend und fuͤnffhundert Geistlichen niemand im Kloster; biß sie zu denselben hinein gangen/ und Die Siebenzehende Geistliche Lection und gesehen/ daß sie in ihren Cellen oder gebettet/ oder betrachtet/ oder in andern geistlichen Ubungen begriffen gewesen Diese ist die fuͤrnehmste Ur- sach/ mein Christliche Seel/ warumb einer so vielen/ und zwarn mit sehr grossem Nutzen hat vorschen koͤnnen; zumahlen die jenige/ so deß Still- schweigens sich embsich befleissen/ selten eine Bestraffung brauchen; die- weilen mit ihnen GOtt/ vermoͤg seiner heiligen und Heyl- bringenden Einsprechungen redet/ wann sie schweigen; und lehret sie/ was sie thuen o- Hom. 103. der lassen sollen. Wann nun/ (damit wir uns der Worten deß H. Antio- chi gebrauchen) die Stillschweigung mit so grosser Schoͤnheit und herrli- chem Nutzen pranget; so ist selbige eine Mutter der jenigen Tugenden/ deren die Muͤnchen sich erwerben/ billig zu nennen. So liebe dann die Mutter/ von der so Gott-gefaͤllige Kinder gebohren werden; und wann dir dein Geist- licher Fortgang zu Hertzen gehet; so freye die Mutter umb der Tochter willen. Der Andere Theil. W Ahr ist das gemeine Spruͤchwort der Lateiner: Sunt bona mitxta malis, sunt mala mixta bonis. Viel Gute nicht ohn Boͤse seynd/ Vnd Boͤse nicht ohn Gute seynd. Derhalben muß sich einer nit verwundern/ wann auch unter den guten Geist- lichen einige Boͤse und Außgelassene gefunden werden; die nicht allein fuͤr sich keine Tugenden samblen; sondern auch darzu noch andere von dem Weeg zur Vollkommenheit abzukchren sich unterstehen. Ein Freyer aber dieser obgesetzten Mutter muß nicht achten/ wann er schon von solchen Gesellen außgelacht/ und fuͤr einen groben und ungeschickten Men- schen gehalten werde: sondern er kan ihnen mit derjenigen Antwort begegnen/ welche der H. Gregorius Nazianzenus, dem Celensio gegeben/ der ih- Drexel. in Molis Ling. c. 23. §. 1. nen wegen seiner Verschwiegenheit zu bestraffen/ und einen unhoͤff- lichen Mann zu beschreyen sich erkuͤhnet. Diese schrifftliche Verantwortung deß Gregorii an den Celensium bestehet in folgenden Worten: Es haben die Schwalben einsmahls den Schwanen verweißlich vorgeworffen/ daß sie von den Menschen entfernet/ in den Waͤsseren und stillen Oertern sich auffhielten. Wir aber/ sagten sie/ halten uns bey den Leu- Von dem Stillschweigen. Leuten in Staͤtten/ in Schloͤsseren/ in Flecken und Doͤrffern; woselbst wir unsere Nester bawen/ und jederman mit unserm lieblichen Gesarg erfrewen: gegen solchen gegebenen Verweiß/ ob sich schon die Schwanen mit ihrem schweigen verthaͤtigen; so hat sich doch eine derselben zu den Schwalben ge- wendet/ und gesagt: O ihr armseelige Voͤglein/ wie eytel und nichtswertig ist doch eweres Puchen! wir Schwanen singen zwar wenig und selten/ aber so suͤß und lieblich; daß auch die Menschen dieserthalben hauffenweiß auß den Staͤtten zu uns kommen: ewer leeres S chwaͤtzen aber ist allen sehr uͤber- laͤstig und verdrießlich: Dahero der grosse Liebhaber deß S chweigens Py- thagoras schon laͤngst das Urtheil gefaͤhlet; daß euch niemand beherbergen solle: Wohl gered. Also/ sagt der H. Gregorius/ kanst du mein lieber Celen- si. mit den S chwalben so lang schwaͤtzen und plauderen/ aͤls dirs gefaͤllig ist; ich aber als ein S chwaan in seinem Wasser rede mit meinen Buͤ- chern in meinem Zimmer/ und bin in dieser S tille sehr wohl vergnuͤget: dieß ist die Antwort/ so der Heil. Mann seinem Tadler dem Ce ensio mitgetheilet. Du aber/ mein Christliche Seel/ solst durch das Schweigen lehrnen wohl reden/ wie dieser gottseelige Vatter mit seinem Exempel dir ist vorgangen/ und nach vielfaͤltigem Schweigen also geredet/ daß die gantze Christ-Catho- lische Kirch sich seines Redens zu erfrewen hat. Nicht achte das Plaudern deiner geschwaͤtzigen Gesellen; sondern versichere dich/ daß die Kunst zu re- den nicht gleich andern Kuͤnsten durch viele Ubung/ sondern durch Unterlas- sung muͤsse erlehrnet werden/ wie der H. Gregorius mit diesem Spruch be- kraͤfftiget: Der jenige weiß recht zu reden/ welcher erstlich das Hom. 2. in Ezech. In Eccl 3. Stillschweigen gelehrnet hat: Diesem stimmet auch bey der Heil. Hieronymus/ und sagt: Lasser uns lehrnen/ ehender nicht zu re- den/ als/ biß wir durchs Stillschweigen das Reden ge- lehrnet haben. Zu sicherer Zeit sollen wir schweigen/ und die Reden un- serer Vorsteher nur anhoͤren: uns soll nichts scheinen recht zu seyn/ als was wir lehrnen/ damit wir also nach vielem Stillschweigen auß den Schuͤlern Lehrmeister werden moͤgen. 9. Mit dieser Kunst kommen dir andere zur Vollkommenheit noͤthige Kuͤnsten von selbsten entgegen; und bist anneben versichert/ daß die Scham- hafftigkeit und Schew zu reden/ von verstaͤndigen Maͤnnern hoͤher geschaͤ- tzet/ und mehr zur Tugend angedeutet werde/ als viele spitzfindige und hoch- trabende Discurs en: derhalben sagt recht der gottselige Thomas à Kempis: Es ist euch geistlichen und jungen Leuthen ein Ehr/ daß ihr in Gegenwart der Frembdlingen verschwiegen seyet: dann selbige werden mehr aufferbawet D d von Die Siebenzehende Geistliche Lection Historia. von ewerem S tillschweigen/ als durch subtile Reden: dieses hat auch ge- lehret und zum Werck gebracht der Heil. Abt Pambo, so viertzig Jahr lang Pet. de Natal. l. 6. c. 38. Psal. 28. v. 1. uͤber den ersten Vers deß acht und dreissigsten Psalmen gelehrnet/ und hernach vermeinet/ daß er selbigen in der That noch nicht recht geuͤbet habe: dessen Wort also lauten: Jch hab gesagt/ meine Wege will ich be- wahren/ damit ich nicht suͤndige mit meiner Zungen: Diesen H. Einsidler hat einsmahls der Bischoff Theophilus besuchet und zugleich verlanget von selbigem einige Lehrstuͤck deß geistlichen Wandels zu hoͤren: der fromme Pambo aber hat sein gewoͤhnliches Silentium gehalten/ und gar nichts geredet/ da ihm aber seine geistliche Bruͤder solches uͤbel außgedeutet; hat er diese Antwort gegeben: wann der Bischoff von meiner Stillschwei- gung nicht ist aufferbawet worden; so kan er auch durch meine Reden nicht aufferbawet werden: weiters mercke/ was folgt. Historia. Sur. in vita S. E- merici 4. Novemb 10. Stephanus ein Koͤnig in Ungarn ist einsmahls bey der Nacht in das Closter deß Heil. Martini kommen; und da er nach der Metten die Ubungen deren Geistlichen beobachtet; hat er gesehen/ daß einige nicht nach ihren Zel- len gangen; sondern sich in die Winckel der Kirchen verstecket und daselbst gebettet haben: weilen er nun selbige nacheinander angeredet; hat ihme ein jeder auß schuldiger Ehrbietsambkeit/ ungeacht deß Silentii, oder Still- schweigens/ auff seine Fragen geantwortet: Der eintzige Maurus, obschon mit Droͤw-Worten gleichsamb gezwungen worden/ hat auch die geringste Fragen deß Koͤnigs nichtbeantwortet: diese genaue Beobachtung deß Stillschweigens hat dem hoͤchst erwehnten Koͤnig dermassen gefallen/ daß er den Maurum zum Bischoff gemacht hat: Daß ist recht/ was der weise Eccli. 21. v. 31. Mann sagt: Einen verschwiegenen und vernůnfftigen Mann wird man ehren: Man wird ihn ehren/ sag ich/ und wird ihn belohnen nicht allein in dem Reich der Himmelen; sondern auch auff dieser Welt wird er mit vielen Wunder - Strahlen leuchten/ und mit allerhand goͤttlichen Gnaden bereichet werden. Du aber/ mein Christliche Seel/ mercke auff folgende warhaffte Geschichten/ und sehe/ ob auch der weise Mann in obge- meldter seiner Prophetzeyung gefehlet habe. Cant- prat. l. 2. Apum c. 14. §. 4. Historia. 11. Der Heil. Radolphus auß dem Orden deß Heil. Benedicti ist der Stillschweigung dermassen ergeben gewesen/ daß man in sechzehen Jahren nicht allein kein Woͤrtlein; sondern auch kein eintzige Sylben auß ihm ge- hoͤret. Nun hat sichs zugetragen/ daß einsmahls in seinem Closter ein schroͤck- licher Brandt entstanden; und da er geschen/ daß alle menschliche Huͤlff daran verlohren gangen/ hat er sich zu der Goͤttlichen gewendet; und nach- dem Von dem Stillschweigen. dem er einwenig in der Stille gebettet; hat er die so lang gebundene Zung loß gelassen/ und mit diesen Worten hervor gebrochen: Stehe still du Fewer in diesem Augenblick/ und werde gaͤntzlich vernich- tiget: O Wunder! siehe daß Fewer hat alsbald auff den Befelch deß ver- schwiegenen Radolphi seine Krafft verlohren/ und ist ohne menschliches Zu- thuen zumahlen erloͤschet. Ein ander frommer Geistlicher/ so der Stillschwei- gung sich hoͤchstens beflissen/ hat in der Nacht einen Dieb gesehen/ so ein Pferd auß dem Closter zu entfuͤhren willens gewesen: und ob er dieses schon Vit. S. O- donis l. 2. c 8. Historia. In vita ejus. Historia. allein vermercket/ so hat er doch auß Liebe deß Stillschweigens nichts gesagt: welches der Goͤttlichen Majestaͤt also gefallen/ daß der Dieb keinen Schritt weiter hat gehen koͤnnen. Jn dem Keller deß H. Corbiniani hat einsmahls der newe Wein in einem Faß bey naͤchtlicher Weil so hefftig gesotten/ daß der Zapffen mit grossem Knall außgesprungen: dieses hat der H. Mann al- les angehoͤret; damit er aber die Schrancken deß Silentii nicht uͤberschreiten moͤchte/ hat er die gantze Nacht geschwiegen/ und nur gebettet: deß Mor- gens/ so bald es zu reden erlaubt gewesen/ hat er gesagt/ was er gehoͤrt habe: worauff man zugesehen/ und befunden/ daß auß dem eroͤffneten Faß unnatuͤr- licher Weise nichts auß gelauffen gewesen. 12. Wann nun Gott solche Stillschweigung dergestalt belohnet in diesem Jammerthal/ der fuͤrwahr kein Orth der Belohnung ist; was wird dann nicht geschehen im himmlischen Vatterland/ so ein bestimbte Platz der Ver- geltung ist? derhalben lasse dir/ mein Christliche Seel/ keine Gelegenheit ent- wischen/ so GOtt gefaͤllige Stillschweigung zu uͤben. Befleisse dich/ deine Mit-Bruͤder und Mit-Schwestern durch deine Verschwiegenheit mit dem Heil. Pambone zu aufferbawen; so wirst du auch mit dem verschwiegenen Mauro, nicht von einem irrdischen Koͤnig/ sondern vom Koͤnig aller Koͤni- gen geehret werden: Jch zweiffle auch nicht daran/ daß du durch diesen Eyffer deß Stillschweigens/ das Fewer der boͤsen Begirden/ so der leidige Sathan in deinem H ertzen erwecket/ mit dem H. Radolpho gaͤntzlich erloͤschen; und mit dem H. Corb niano den Wein der heylsamen Rew uͤber deine begange- ne Suͤnden/ in dem Faß deines H ertzen behalten werdest. Der dritte Theil. 13. O B nun zwarn auß dem vorgesachten/ die Heylsamkeit und Fruchtbarkeit der Stillschweigung zur Gnuͤgen koͤnne verstanden werden; so vermeine ichs jedoch dienlich zu seyn/ daß ich derselben Nothwendigkeit auff den Weege zur D d 2 Voll- Die Siebenzehente Geistliche Lection Vollkommenheit sicher zu wandern/ kuͤrtzlich vortrage. Weilen nun sothaner Wege drey seynd (wie fast jederman bekand ist) deren erste ist der Weg der Rei- nigung/ und darumb also genennet wird; daß zu selbigem gehoͤre das Ambt/ die boͤse Gewonheiten und Laster außzureuten/ und die Suͤnden zu meiden: als muͤssen wir gern gestehen; daß ein anfangender in diesem ersten Wege der Reimgung/ nirgenther groͤssere Huͤlff und ersprießlichkeit haben koͤnne/ als von dem Schweigen: dann wer wirds laͤugnen/ daß die meiste Suͤnden in der Convesation mit andern Leuten von uns begangen werden? und wo las- set sich ein bewaͤrteres Mittel finden/ diese Suͤnden zu fliehen; als in Bewah- Prov. 13. v. 3. rung deß Silentii? sagt nicht dieses der allerweiseste Salomon; der seinen Mund bewahret/ der bewahret seine Seel: daß ist/ er behuͤtet sie vor vielen Suͤnden; als nemblich vor dem ungebuͤhrlichen Murren/ vor der schaͤndlichen Suͤnd der Verleumbderung oder Ehrabschneidung/ vor der unzimblichen Liebe/ vor dem Haß und unordentlichem Zorn/ vor unmaͤs- siger Trawrigkeit/ und andern dergleichen Suͤnden; so in eytelem Schwaͤ- tzen geweiniglich Platz finden: zu Vernichtigung aber der erzehlten Ubelen wird eine nicht geringe S taͤrcke erfordert; die wir warhafftig ohne meister- 30. 15. liche Bezwingung unserer Zunge/ uns nicht versprechen koͤnnen; wie der Pro- phet Isa i as mit diesen trostreichen Worten bezeuget: Jn der Stille und in der Hoffnung wird ewere Staͤrcke seyn: Verlangst du nun starck zu seyn/ auff daß du die S uͤnden und Laster moͤgest zu bodem werffen; die Versuchungen uͤberwinden/ dem feindlichen Arglist entgehen/ die unor- dentliche Bewegungen im Zaum halten/ und fuͤr aller Boͤßheit schußfrey werdest/ so seye verschwiegen: Nicht glaube meinen/ sondern deß H. Apostels Jacobi Worten/ der da spricht: gleich wie der jenige/ so dem Pferd den Zaum in das Maul legt/ dessen gantzen Leib leichtlich regiren kan; also kan der Mensch/ so seine Zung im Zaum haltet/ sich selbsten mit leichter Muͤhe zu al- len Tugenden herumb fuͤhren: und versichere dich/ mein Christliche S eel/ daß diese geuͤbte S tillschweigung in der letzten S tund dir werde sehr troͤst- lich vorkommen; und annebens verursachen/ daß ohne langwiriges Feegfcuer S r. 23. an. Historia. zur ewigen S eeligkeit gelangen moͤgest/ nach dem Exempel der scligen Ma riæ O gniacensis; welche vom Fest deß H. Creutzes biß zu den Weynachten nicht ein eintziges Woͤrtlein geredet; wodurch sie von Gott erhalten/ daß ohne einige S traff der andern Welt zur ewig waͤhrenden himmlischen Anschaw- ung ist gelassen worden. 14. Der andere Weg zur Vollkommenheit ist der Weg der Erleuchtung/ welchen eine gottliebende S eel/ so vorhero auff dem Wege der Reinigung von Von dem Stillschweigen. von den Suͤnden und boͤsen Begirden gesaubert ist; nachmahls eingehet: Es gehoͤrt aber zur Wanderung dieses Weges/ daß man die Tugenden pflantze: darzu ein solcher Eyffer und H itze vonnoͤthen ist/ der ohne die De Pas- sione Domini c. 21. Stillschweigung mit nichten bestehen kan; wie der H oͤnig- fliessende Ber- nardus mit dieser schoͤnen Gleich nuß beweiset/ und sagt: gleich wie derjenige/ so die Warmbde in der Stuben erhalten will/ dieselbige selten/ und ohne Noth nicht auffsperret; also muß die innerliche Hitze der Seclen mit genauer Be- wahrung deß Stillschweigens erhalten werden. Derhalben soll sich ein Tugend-ergebener Mensch die Verschweigung sonderbahr angelegen seyn laͤssen; dieweilen Tugend sammlen ohne stete Ubung deß Stillschweigens/ nichts anders ist/ als Staub in den Wind tragen: und wie noͤthig einem Soldaten die Waͤhr und Waffen seynd/ also seynd/ nach Meinung deß Hom. 20. de An- nunt. Geist- reichen Thalasu/ einer erleuchteten Seelen noͤthig die Stillschwei- gung und das Gebett: dann diese saubern und schaͤrffen zugleich die Augen derselben Seelen. Nun hoͤre weiters/ mein Christliche Seel/ die grosse Grad. 11. Nutzbarkeit dieser Ubung von dem Geist-erfahrnen Climaco: Der Schweigens-Beflissene/ sagt er/ nahet GOtt hinzu; und indem er im innersten seines Hertzen zu demselben getret- ten/ wird ervon Jhme erlenchter. Dieses bekraͤfftiget der see- Tr. de Orat. c. 5. lige Laurentius Justinianus und sagt: daß das WORT einem War- tenden und Schweigenden sich gern eingiesse. Soll dir dieses alles noch nicht ein gnugsamer Sporn zur Lieb der Stillschweigung seyn? so gedencke/ daß gleich wie der jenige/ so von einem anderen heimliche und wichtige Din- ge hoͤren will/ von dem Getuͤmmell und Plaudern der Anwesenden sich muß absoͤndern; also der die Einsprechungen und uͤber Hoͤnig suͤsse Gaben GOttes zu empfahen verlanget; die Conversation und Gespraͤche der Men- sehen fliehen muͤsse. Dahero hat dein Heyland nicht in der rasendèn Unruhe deß Tags/ sondern in der stillen Nacht/ zu deinem und meinem Trost/ der Weltsich zeigen wollen/ auff daß wir lernen sollen/ wie angenehin ihm seye die Tugend deß Stillschweigens. 15. Der dritte Weeg zur Vollkommenhéit ist der Weeg der Vereini- gung/ Krafft deren eine Christglaubige Seel in der Liebe GOttes zur Voll- kommenheit gelaͤnget. Es ist abér derselbén auch noͤthig die Stillschwei- gung; sintemahlen dieselbe den Diener GOTTES zur Vereinigung und Liebe nicht allein entzuͤndet; sondern auch in dessen Hertzen eine Woh- Epist. 130 nung deß Heiligen Geistes bereitet/ wie der H. Petrus Damianus mit die- sen Worten verzeichnet. Wann das Geroͤß und Getuͤmmel der menschlt- D d 3 chen Die Siebenzehente Geistliche Lection chen Ansprach auffhoͤren; so wird in dir durch das Stillschweigen ein Tem- pel deß H. Geistes auff gerichtet. Und dieser Ursachen halben bezeuget die H. Schrifft/ daß in Erbauung deß Tempels zu Jerusalem/ weder Ham- mer noch Beyl/ noch einig eissenes Jnstrument seye gehoͤrt worden. Dann das H auß GOttes/ sagt der H. Damianus/ wachset durch die Stillschwei- gung/ und in dem das menschliche Hertz durch die eusserliche Reden sich nit außlasset/ so steiget die Auffuͤhrung deß geistlichen Baues in die Hoͤhe; und wie mehr selbige durch die Bewahrung deß Stillschweigens vor der eusserli- chen Verspreitung behuͤtet werde; je mehr sie zur Spitze der Vollkommen- heit eilet dann die Stillschweigung ist eine Waͤchterin der Gerechtfertig- keit. Weiters macht dir auch die H. Jungfrau Gertrudis diese vom Him- mel herab gestiegene Hoffnung/ daß/ wann du auß Liebe GOttes dich deß Stillschweigens befleissigest/ und dich von allem Reden enthaltest; diese Lieb in deinem Hertzen dergestalt fortwachsen werde/ daß dir deßgleichen kaum jemahlen widerfahren seye. Der nun verlanget/ das sein Hertz mit dem Feuer der Goͤttlichen Liebe entzuͤndet und vermehret werde/ der halte sei- ne Zung im Zaum; und erinnere sich der H. H. Alt- Vaͤtter/ so in ihren Kluͤfften und Hoͤhlen verborgen/ und von aller Gelegenheit zu reden entfer- net/ mit solchen unglaublichen geistlichen Freuden und Ergetzlichkeiten von GOtt seynd begnaͤdiget worden; daß keinem Welt- Menschen durch alle seine Lustbarkeiten deßgleichen jemahlen hat widerfahren koͤnnen. Soll diß aber dir zu glauben schwaͤr fallen; so kanstu selbiges in der That an dir selbsten probiren. Dieses aber ist dir noͤthig zu wissen/ daß du nach Regul der H H. Vaͤttern/ zu Anfangs in der ersten Staffel dich uͤbest/ nemblich daß keine unzulaͤssige und eitele Wort redest: und wan du durch Menschliche Schwachheit darwider suͤndigest/ dir alsdann selbst eine Buß aufferlegest/ damit du also hinfuͤhro kluger und behuthsamer werdest. Nach dieser folgt die andere Staffel/ daß du nemblich auch von dem zulaͤssigen und vernuͤnfftigen. Reden auß Lieb der GOtt- gefaͤlligen Stillschweigung dich enthaltest; auff daß du durch die Verschwiegenheit die andere Tugenden unterdessen ernaͤhrest/ und also hernacher zu gelegener Zeit dieselbe mit ge- zimmender Weißheit hervorbringen moͤgest. Jn der dritten Staffel lehren dich die H. H. Vaͤtter/ daß du auch oͤffters die noͤthige Reden umb der Ruhe und Tugend willen gern quittirest/ und sonderlich/ wann du durch solche Reden deine eigene Wolfahrt und Verthaͤtigung befoͤrdern koͤnntest. Alsdann gedencke deines lieben Heylands/ wie der in seinen groͤsten Unbillen und Schmachen deß Stillschweigens sich beflissen habe; alsdann Von dem Stillschweigen. alsdann soll dir in den Sinn kommen die allerverschwiegenste Jungfrau Maria; der grosse Liebhaber der Stillschweigung/ Gregorius Nazianze- nus; die einsame Jungfrau Catharina von Senis/ der fromme Vatter Corbinianus/ der H. Abt Pambo/ und unzahlbare andere/ so durch tapffere Ubung dieser herrlichen Tugend/ einer so wohl zeitlich als ewig- waͤhren- den erfreulichen Ruhe sich theilhafftig gemacht haben. Die Achtzehende Geistliche LECTION Von dem Laster deß unnoͤthigen Geschwetz. Si quis autem putat, se Religiosum esse, non refrenans Jacobi 1. v. 26. linguam suam \&c. hujus vana est Religio. Lasset sich aber jemand beduncken/ daß er andaͤch- tig sey im Dienst GOttes/ und zaͤumet seine Zunge nicht/ ꝛc. desselben Andacht ist eitel. Der Erste Theil. 1. G Leich wie der jenige billig außzulachen ist/ welcher ohne vorhergelei- stete noͤthige Arbeit/ und ohne geworffenen Saamen grosse Frucht- barkeit von seinem Acker erwartet: und wie dieses einem frembd vorkom̃et/ daß der jenige/ so durch unheylbare Kranckheit gleichsam ans Bett gehefftet/ sich vestiglich vornimbt das heilige Land zu besuchen. Auch wie endlich dieser ein Gelaͤch bey jederman verursacht/ so alle Fenstern und Thoͤrn seines Hauß verschliesset/ und dannoch sich uͤber die Sonn beklaget/ daß sie mit ihren hellscheinenden Strahlen in sein Hauß nicht spielet. Also ist aller Verhoͤnung wuͤrdig der jenige Geistliche/ welcher ohne Zaͤumung seiner Zun- gen/ die Fruͤchten der Tugenden von dem Acker seiner Seelen zu ernden; und zum heiligen Land der himmlischen Jnwoͤhner dem Hertzen nach zu reisen/ sich Die Achtzehende Geistliche Lection sich unterstehet. Nicht weniger stellet sich dieser in die Gefahr der Verspot- tung; welcher sich beklaget/ daß er vermittels der Goͤttlichen Licht-Strah- len nicht erleuchtet werde; sondern ohne einige emp findliche Andacht/ gantz truncken/ und mehr einem Holtz als Menschen gleich verbleibe; da er doch durch sein unanffhoͤrliches Schwetzen das Licht der Goͤttlichen Gnaden von dem Hauß seiner Seelen selbst und auff setzlich außschliesset: wie die obge- setzte Wort deß Apostels gnugsamb zu verstehen geben; das nemblich das Scharren und Sammlen aller guten Wercken und Verdiensten/ alle Ubung der Tugenden/ und harte Buß- Werck ohne die Zeuinung der Zungen zu- mahlen nichts seyen; die eitele und muͤssige Wort muͤssen gemeidet werden/ wann die Christliche Andacht und gute Werck sollen bestand haben. 2. Jch nehme hieruͤber zum Zeugen den Allerweisesten Salomon/ der Prov. 14. v. 23. in seinen Spruͤchen also redet: Da sehr viel Wort seynd/ ist offtmahl Armuth. Jch sage/ die Armuth der wahren Andacht/ und innerlichen Versamblung deß Gemuͤths; dann anders nicht gehts her mit den Geschwaͤtzigen Leuthen/ als wie mit den Baderen/ wann man durch die Thuͤren deß Bads offtmahl auß und eingehet/ so verlieret selbiges seine Hitzt und wird kalt; also muß von dem jenigen/ der da viel unnoͤthiges redet/ die inwendige Hitze durch die Thuͤr deß Munds nothwendiglich herauß zie- hen. Derselben Meynung ist auch der H. Kirchen-Leheer Gregorius/ L. 5. Mor. und sagt: Durch unnoͤthige Keden wird das Gemůth der Menschen zerstreuet/ und gleichsamb durch so viele schaͤd- liche Faͤlle von sich so weit hinauß geleitet/ daß zur Er- kaͤndnůß seiner selbst zuruck zu kehren nicht vermag; die- weilen es durch das viel reden/ die Krafft der innerlichen Betrachtung verliehre. So ist dann das unnoͤthige Schwetzen zur Verhinderung der wahren Andacht sehr dienlich/ zumahln selbiges den Menschen also zerstoͤren kan/ daß er kaum einigen Geschmack zu den geist- lichen Dingen empfinde. Also kan dieses garstige Plaudern das Hertz deß Menschen verkehren; daß er nicht allein die ewige Guͤter mit gebuͤhrendem Eyffer nicht suche/ sondern auch darzu/ wann nicht mit Worten/ jedoch mit den Wercken dieselbe gering schaͤtze und verachte. Endlich wird durch dieses wilde Thier das Feur der Goͤttlichen Liebe in den menschlichen Hertzen dergestalt verzehret; daß auch nicht ein Fuͤncklein dieser Seraphi- schen Tugend daselbst verbleibe; deßgleichen hat die H. Gertrudis von GOtt gelernet; daß/ wann ein Mensch eine Rede fuͤhre/ davon kein Nutzen zu gewarten ist; alsdann die Liebe GOttes auß dessen Hertz/ wie der Wein auß einem Von dem unnoͤthigen Geschwetz. einem durchgebohrten Faß außlauffe. Wann nun nach Zeugnuͤß der H. Ger- trudis/ eine eintzige fruchtlose Red deß Menschen Hertz dergestalt durchboh- ret/ daß es die Hitze der goͤttlichen Liebe nicht halten moͤge; was grossen Scha- dens hat sich dann nicht der jenige zu befoͤrchten/ der nach Lust und Lieb/ nicht allein zu den unnutzb ahren/ sondern auch zu den schaͤdlichen Discursen das Maul mit Frewden auffsperret? gedenck mein Christliche Seel/ wie viole Tage im Jahr seyen/ und wie offt du an einem jeden derselben Tagen un- nuͤtzliche Reden fuͤhrest/ die du mit gutem Fuge/ und zum Heylder Seelen haͤttest unterlassen koͤnnen. Kaum hast du von deinem GOtt einige Gnad der Christlichen Andacht in deinem Hertzen empfangen; und also bald muß selbige von deinem liederlichen Geschwaͤtz fluͤchtig werden; wie du selbst gar leicht erachten kanst/ wann du siehest/ daß ein verstaͤndiger Mensch solche Plauderer bester massen zu meiden suche: wie viel mehr wird sich dann nicht derselben entschlagen der H. Geist/ in dessen Gegenwart der geringste Unflat nicht bestehen kan; so da spricht durch den Mund deß weisen Manns: Viel Prov. 10. v. 19. reden wird nicht ohne Sůnd abgehen. Es kan sich einer leicht- lich einbilden/ was vor grosse Gnaden und Verdiensten ein solcher von der goͤttlichen Majestaͤt zu gewarten habe/ dessen Maul gleich einer Herbergs- Thuͤren zum Schwetzen immer offen stehet: und wann das Geschrrꝛ so kei- nen Deckel hat/ von GOtt fuͤr unrein erklaͤret wird: wie das Buch Nume- Num. 19. v. 15. rorum meldet: Das Geschirꝛ/ so keinen Deckel hat/ soll unrein seyn; soll dann nicht ebener massen der jenige fuͤr unrein gehalten werden/ der seinen Mund-Deckel allezeit offen haltet? Gehe hin in die gemeine offene Wirts- Haͤusser/ und schawe zu/ ob du unter sehr wenig guten/ nicht viel boͤ- ses und loses Gesindel antreffest: gleicher Gestalt seynd in den Hertzen der je- nigen/ deren Mund durch das Plauderen immerzu offen stehet/ neben gar wenig/ oder keiner Tugend/ gemeiniglich nur Suͤnden/ Maͤngel/ Fehler und Armseligkeiten zu finden, welche/ so lang der geschwaͤtzige Mund nicht gezaͤu- met wird/ unmoͤglich koͤnnen gebessert werden: Enthalte deine Zung vom Boͤsen/ und thue guts/ sagt der Koͤnigliche Prophet: er sagt nicht/ erstlich thue guts/ und alsdann enthalte \&c. sondern/ erstlich enthalte deine Zung vom boͤsen und unnuͤtzlichen Geschwetz/ und darnach bist du be- quem gutes zu thuen. 3. Neben diesem allem bist du/ mein Christliche Seel/ auß folgender er- heblichen Ursach sehr verbunden/ dieses Laster deß Schwetzens zu flichen; weilen nemblich nicht allein dein/ sondern auch deiner gantzen Gemeinschafft guter Nahm durch solche boͤse Gewonheit bey der Welt leiden muß; dann E e gleich Die Achtzehente Geistliche Lection gleich wie man ein Faß/ so durch das Anklopffen einen grossen und bollen Klang von sich gibt/ billig fuͤr leer haltet; also wird der jenige/ so dem Schwe- tzen ergeben ist/ von andern als ein Tugend- und guten Wercken leerer Mensch nicht uneben geurtheilet/ und derhalben die gute geschoͤpffte Mei- nung der weltlichen vergeringert: dieses haben vermerckt die alte Weltwei- sen/ so derhalben die geschwetzige Menschen den Narren gleich geschaͤtzt ha- ben: Auß dern Zahl dann auch der Solon gewesen/ so einsmahls einem Gast- mal beygesessen/ und nichts geredet: derhalben einer von den Gaͤsten gefragt/ warumb dieser bey oͤffentlicher Tafel so verschwiegen seye? da dieses der ge- meldte Solon gehoͤrt/ hat er also geantwortet: Darumb rede ich nicht/ weilen keiner schweigen kan/ der ein Narr ist: Diesem Solon Eccle. 10. v. 14. stimmet einiger massen zu die H. Schrifft/ da sie sagt: Ein Narr macht viel Wort: Wilst du nun fuͤr keinen Narren gehalten werden; wilst du haben daß man dich fuͤr verstaͤndig ansehe; verlangest du zu haben den Nah- men eines guten Geistlichen; so zaͤume deine Zung von allem uͤberfluͤssigen Geschwetz/ und seye versichert/ daß der hochweise Appolonius, da er gefragt worden/ welche die beste Leuth seyen/ den Nagel recht auff den Kopff ge- schlagen; indem er geantwortet/ daß die jenige die beste seyen/ welche gar we- nig reden: her gegen seynd diese allen (wie die taͤgliche Erfahrnuͤß lehret) und sonderbahr den Verstaͤndigen sehr unangenehm und uͤberlaͤstig; so dalange P. Franc. à S. Ma- ria in Hist. Carm. tom. 3. l. 2. c. 17. Historia. eitele und nichtswerthige Reden außgiessen. Wie grossen Verdruß und Mißfallen aber GOTT und dessen Heilige auß solchem Plaudern schoͤpffen/ soll dir folgende Geschicht entdecken. Nachdem in Hispanien in dem Jungfrawen Closter der Discalceat en/ die Ehrwuͤrdige Schwester Anna à Jesu mit Todt abgangen; und die uͤbrige Schwestern derselben Leib zu waschen und zu kleiden beschaͤfftiget gewesen; haben sie in aller Stille miteinander geredet/ und nicht beobachtet/ daß zur selben Zeit das Reden verbotten seye: derowegen hat die vor ihren Augen liegende Todte alsbald einen Finger auff den Mund gehalten/ und sie dergestalt ihrer Schuldigkeit erinnert; und durch das Widerholen dieser stummen Er- mahnung gnugsamb zu erkennen gegeben/ wie hoch die Tugend deß Still- schweigens zu schaͤtzen/ und das Laster deß Geschwetz zu flichen seye. Wann nun so wenige/ und zwar in der Stille/ aber ohne Noth geredete Wort dem lieben GOTT also mißfallen haben/ daß er mit einem frischen Mi- racul diese geschwetzige Wascherinnen durch ihre verstorbene Mitt- Schwe- ster hat warnen lassen: Was wird doch/ umb GOTTES willen/ den jenigen widerfahren/ so da nicht allein mit stillen und unnoͤthigen Worten das Von dem unnoͤthigen Geschwetz. das Gebott deß Stillschweigens uͤbertretten; sondern doͤrffen auch mit Schertz- und Lach-Reden/ mit boͤsen und schaͤdlichen Worten diese GOtt gefaͤllige Tugend verspotten? Auffs wenigst wird ihnen die obangerechte Armut der Gnade GOTTES uͤber den Halß kommen; nach dieser die Verwirrung im Boͤsen/ und endlich die ewige Verdamnuͤß. Derhalben seye du gewarnet/ mein Christliche Seel/ und huͤte dich fuͤr eitelem und muͤssigen Reden; was deinen Stand und Beruff nicht angehet/ das fliehe wie die Pest/ und versichere dich/ daß der gerechte GOTT wegen der muͤssigen und unnuͤtzlichen Wort von einem Geistlichen viel scharffere Rechnung als von andern fordern werde. Jch bin immittelst der Meinung/ daß viele seyen/ so sich gaͤntzlich embilden/ als stellete sich nur dieser Art der geschwetzigen Men- schen in Gefahr deß Goͤttlichen Zorns/ so nemblich unkeusche/ fluchende/ zoͤrnige/ und chrruͤhrische Wort außgiessen. Dieß ist aber weit gefehlet; und ist das grosse Kirchen-Liecht Ambrosius einer gantz andern Meinung/ und sagt also: Der Todt gehet hinein durch deine Thůr/ wann L. 1. de Virg. du Lügen redest/ wann du unkeusche Wort redest/ wann du willmůthige Keden fůhrest; und endlich auch/ wann du redest/ da sichs nicht gezimbt zu reden: Alsdan aber gezimbt es sich nicht zu reden/ wann man weiß/ daß die jenige Reden/ so man plaudern will/ unnoͤthig/ unnuͤtzlich und muͤssig seyn: und damit du nicht vermeinest/ daß dieser Spruch deß obgemeldten Heil. Vatters bloß von mir herkomme; als fuͤge ich dir desselben außtruͤckliche Wort auch in der lateinischen Sprach anbey: Ingreditur mors per ostium tuum, si falsa loquaris, si tur- piter, si procaciter, postremò, si ubi non oportet, loquaris: Siehe nun/ daß auch vermittelst der unnoͤthigen Wort/ der ewige Todt deiner Seelen zusetze; nicht eben wegen solcher unnuͤtzlichen Reden; sondern weil du dir durch selbige den Weg zum groͤssern Verderben fein gemaͤchlich bereitest/ wie man/ lei- der Gottes/ auß der taͤglichen Erfahrnuͤß lernet/ daß der meiste theil der Men- schen nicht urploͤtzlich/ sondern allgemach in den Abgrund der Suͤnden steige. 4. Dieses waͤre vielleicht der H. und Jungfraͤwlichen Mutter Theresiæ Ribe r a in Vit. Historia. begegnet/ wan derselben nicht ihr himmlischer Braͤutigam waͤre vorkommen: zumahlen diese Heil. Jungfraw zum Anfang deß geistlichen Lebens/ mit den weltlichen Lauthen gern zu schaffen gehabt; und nachdem sie sich einsmahls mit denselben in einige zu ihrem S tand ungehoͤrige Reden eingelassen/ ist ihr vor dem S praͤch- Hauß/ der gantz jaͤmmerlich verwundete/ und mit frischem Blut besprengte CHRJSTUS erschienen/ und gesagt: O mein liebe Tochter Theresia, du hast mich mit deinen weltlichen Gespraͤgen also verwundet. Auff diese klaͤgliche Wort ist die Jungfraw voller Forche E e 2 und Die Achtzehende Geistliche Lection und Schrecken zu ihres Geliebten Fuͤssen nieder gefallen/ und hat umb Ver- gebung gebetten: derhalben sie von sothaner Zeit an/ die unnoͤthige Reden L 2. Jesin c. 3. 23. mehr/ dann die gifftige Pest gemeidet hat. Jmgleichen bezeugt von sich selb- sten die H. Jungfraw Gertrudis/ daß ihro in acht jaͤhriger Zeit die Gegen- wart CHristi niemahlen seye entzogen gewesen; vorbehalten eilff Tage/ an denen sie wegen eines gefuͤhrten weltlichen Discurs derselben beraubt gewe- sen. 5. Damit du aber siehest/ mein Christliche Seel/ welcher Gestalt solche ge- schwaͤtzige Aetzel von einer Suͤnde in die andere fallen; so must du gestehen/ daß es die Suͤnd der muͤssigen Wort seye/ welche Christus am Tag deß Gerichts Matt. 12. v. 36. zu straffen getrewet mit diesen Worten: Jch sage euch aber/ daß die Menschen von einem jeglichen unnůtzlichen Wort/ daß sie geredet haben/ am Tag deß Gerichts werden Rechnung geben můssen: Dieser Suͤnde folget auff den Fueß nach das Murme- L. 1. c. 10. len gegen GOtt und die Menschen; weilen/ nach Zeugnuͤß deß geistreichen Thomæ à Kempis den Menschen offt geluͤstet zu reden von den Dingen/ die wider ihn seynd; und daß er suche durch das zusammen Reden/ von andern getroͤstet zu werden: das Murmelen und Klagen uͤber andere ziehet alsbald nach sich die schaͤndliche Suͤnd der Verleumbdung oder Ehrabschneidung; zumahlen wir taͤglich vor unsern Augen sehen und hoͤren/ daß diesem schaͤd- lichen Laster keine so sehr unterworffen seyen/ als die Geschwetzige; und daß keine Materi den Gespraͤchen so bequem falle/ als die Fehlar und Verbrechen deß Nechsten: kaum hat der Geschwetzige zu reden angefangen/ siehe/ da muß zugleich dieser oden jener herhalten; und weilen solche leichtredende Plaude- rer gemeinlich in der wahren Demuth nicht gegruͤndet seynd/ so fallen sie gar gern auch in die Suͤnd der Ruhmredigkeit: solche und mehr andere Ubelen verursachet auff Erden daß allzuviele und unnoͤthige S chwetzen: was aber selbiges in jener Welt dem Armen vor Nutzen schaffe; kanst du auß beyge- fuͤgter Historien zu deiner heylsamen Warnung abnehmen. 6. Jn der Lebens-Beschreibung deß H. Abten Hugonis meldet Lauren- Historia. tius Surius, daß der Ertz-Bischoff Duranus den luͤstigen und kurtzweiligen Reden seye zugethan gewesen/ und dieserthalben von dem H: Abt oͤffters er- mahnet worden: da nun der gemeldte Ertz-Bischoff gestorben/ seye er dem Segevvino einem grossen Diener GOTTES in einer erschroͤcklichen Gestalt mit zerrissenen Lefftzen/ und abschewlichen Mund erschienen/ und mit heulender S timm gebetten/ er moͤchte doch von dem Abten Hugone fußfaͤllig begchren; daß er seinen unter gebenen Geistlichen einige Geluͤbten/ Gebett Von dem unnuͤtzen Geschwetz. Gebett und heilige Meß-Opffer aufferlegte; damit er von seinen uner- traͤglichen Schmertzen/ so er wegen der eitelen Wort verdienet/ dermahlen eins erlediget werde. Darauffder H. Abt alsbald sieben seiner Geistlichen anbefohlen/ durch die genaue Stillschweigung einer gantzen Wochen den Ertz-Bischoff seiner Tormenten zu befreyen. Dieweilen aber derselben einer die Stillschweigung gebrochen; als ist der offtgemeldte Bischoff dem erwehnten Segevvino abermahl erschienen/ und bedeutet/ daß er wegen mißhandlung eines/ deren sieben schweigenden Geistlichen noch nicht von seinen Qualen erloͤset seye. Derhalben hat der H. Abt einen andern be- hutsambern Geistlichen mit diesem sieben-taͤgigen Stillschweigen belaͤsti- get. Nach dessen Verrichtung hat der Ertz- Bischoff zum drittenmahl in schoͤnem Ertz-Bischofflichen Habit sich sehen lassen/ fuͤr die geleistete Wol- thaten gedancket/ und ist verschwunden. Weiters hoͤre/ mein Christliche Seel/ was zweyen Ordens-Leuthen deß H. Franeisei/ wegen muͤssiger Re- den widerfahren seye. 7. Da der Ehr-wuͤrdige P. Antonius de Monte einsmahls bey naͤcht- Historia. Bouer. in Ann. Ca- puc. A. 1564. licher Ruhe nicht hat schlaffen koͤnnen; ist er/ umb Licht auß der Kuchen zu holen/ auffgestanden; und/ siehe/ auff halbem Weeg nimbt er war/ daß ein grosses Feuer auß selbiger Kuchen herauß schlage; dar auff dann der ge- meldte Pater hefftig erschrecket/ wird aber von einem grausamen schwartz- farbigen Mohr angeredet/ er solle sich nicht foͤrchten; dieser nimbt ihn auch bey der Hand und fuͤhret ihn zur Kuͤchen hinein; allwo die zwey letzt-verstor- bene Geistliche an einem Spiß/ bey einem sehr hitzigen Feur/ von dem grimmigsten Schwartz-Brenner gantz jaͤmmerlich gebratten werden: die er dann beyde leichtlich erkenuet/ und gefragt/ ob sie ewiglich verdambt seyen/ oder nur zeitlich? Wir seynd nicht ewiglig verdammet/ geben diese Brath-Voͤgel zur Antwort; sondern wir werden auß gerechtem Urtheil GOttes/ derhalben mit dieser zeitlichen Straff so erschrecklicher Weiß hergenommen; dieweilen wir/ umb uns am Feuer zu erwarmen/ daselbst viele muͤssige/ unnoͤthige und zur Zeit auch urtheilische und klagende Wort geredet haben; und nach diesem seynd sie mit ihren Braden-Wendern ver- schwunden. Nicht weniger hat auch der Ehr- wuͤrdige P. Silvius/ dessel- Idem ibid. Historia. ben Ordens- Priester/ gehoͤret/ da er vor der Metten im Chor gebetten/ daß das Kirch-Thor urploͤtzlich mit grossem und ungestuͤmmem Knall zerschla- gen worden. Nach diesem lasset sich in Mitten der Kirchen/ und bald darauff vor dem hohen Altar ein Getuͤmmel hoͤren; woruͤber der Geistliche sich zwarn entsetzet/ erkuͤhnet sich dennoch der Sachen außgang zu erwarten: E e 3 hieruͤber Die Achtzehende Geistliche Lection hieruͤber kombt ihm zu Ohren die Stimm eines bitterlich weinenden und seuffzenden Menschen/ so annebens mit diesen jaͤmmerlichen Klag-Reden loßgebrochen: O Wehe/ O wehe mir armen Seelen! ach was Schmer- tzen/ ach was bittere Tormenten leyde ich! O mein gerechter Richter/ wann wirstu doch dieser so unertraͤglichen und Hertz-brennenden Peinen dermahlen eins ein End machen! Ach meine Bruͤder/ ach meine Bruͤder/ ach moͤgte euch zugelassen werden zu wissen/ was grausame Qualen ich ausstche/ O Bruͤder mein! und zugleich hat diese Stimm den P. Silvium angeredet/ und gesagt: komme herbey mein lieber Silvius/ komme herbey/ und fuͤrchte dich nicht: ich bin die Seel deines neulich gestorbenen Bru- ders in Christo/ der mich hiehin gesendet hat. Silvius trettet hinzu/ und sichet nichts/ als einen Schatten zur Seiten deß Evangelii. Die Seel aber beklagt sich gantz erbaͤrmlich/ daß sie wegen der Suͤnden der Zungen unglaubliche Peynen leyde; dahero selbige den P. Silvium umb dreyssig H. H. Messen ersucht hat/ und ist alsbald verschwunden. 8. O wie viele andere haben deß unbehutsamen Redens halber dergleichen klaͤgliche Zeugnuß abgelegt! die wir zu Verhuͤtung der verdrießlichen Weitlaͤuffigkeit allhier vorbeygehen/ und nur die eintzige heilige und sorg- Ribera in vit. L. 5. c. 4. faͤltige Mutter Theresiam dir vor Augen stellen; deren zaͤrtliche Erbar- mungs-Neigung gegen ihre Tochter in Christo sich dermassen erstrecket/ daß sie nicht allein in ihren Lebzeiten dieselbige deß Stillschweigns unauff- hoͤrlich erinneret/ sondern auch nach ihrem Gottseeligen Hintrit/ und nun- mehr der himmlischen Freuden theilhafftig/ die geistliche Schwestern/ da sie zu verbottener Zeit geredet/ vermittelst dreyer Schlaͤgen auff das Thor ermahnet/ und zu schweigen befohlen hat; villeicht derhalben/ damit sie die schwaͤhre Straffen deß unnoͤthigen und verbottenen Geschwaͤtzes sich nit uͤber den Hals legen moͤgten. Jch sage/ schwaͤre Straffen; dieweilen nach Zeugnuß deß H. Bernardi/ Bossen unter den weltlichen Bossen seynd; im Munde aber eines Priesters (und warumb auch nicht einer GOtt- verlobten Person?) seynd sie Laͤsterungen. Du hast/ sagt er/ deinen Mund gewidmet dem Evangelio/ derentwegen dir nicht zulaͤssig ist/ denselben auffzusperren dem unnuͤtzigen Plauderen; vielweniger magstu/ nicht ohne Suͤnd der Gottslaͤsterung/ auß diesem Ubel eine Gewonheit machen. Ein sehr heiliger und GOtt-gefaͤlliger Mann/ Nahmens Se- Genn. ad de Viris Illust c. 19 verus Sulpitius wird in seinem hohen Alter von den boͤsen Kaͤtzeren verlei- tet; bald aber widerumb zum wahren Glauben gebracht; und da er ver- mercket Von dem unnoͤthigen Geschwetz. mercket/ daß die Schuld solcher Verkchrung das uͤberfluͤssige Geschwaͤtz gewesen; hat er biß zum End seines Lebens kein Wort geredet/ auff daß er die S uͤnde/ darin er durchs reden gefallen ware/ mit dem S tillschwei- gen gaͤntzlich vernichtigen moͤgte. Die H. Clara de Monte Falco hat mit ihrer leiblichen Mutter zu verbottener Zeit einige Wort geredet; der- halben sie zur Straff deß begangenen Fehlers/ mit blossen Fuͤssen im Snee so lang herumb gegangen biß sie das Heil. Vatter Unser hundertmal gebet- tet hat. 9. Wie manchem hat es mit dem Arsenio gereuet/ daß er jemahln geredet; und hergegen wenn hats doch immer gereuet/ daß er geschwiegen hat? der- halben schweige/ mein Christliche Seel/ wann du nicht wilst fallen in die Suͤnden der zaumlosen Zungen; schweige/ wann du den grausamen Peynen der kuͤnfftigen Abstraffung zu entgehen verlangest: umbguͤrte deinen Mund mit einem haͤrenen Band; aber mit solchem Band/ welchen ein sicherer Geistliche einem Juͤngling/ so ein haͤrenes Kleyd begehrte/ zu tragen gera- then; daß er nemblich an statt deß Cilicii gute Achtung haben solte/ damit durch die Thuͤre deß Munds nichts boͤses hinauß fliehe. Lerne du ver- nuͤnfftiger Mensch das Schweigen von den unvernuͤnfftigen Thieren: lerne von Kreyen/ wie selbige/ ehe sie den Stiernberg vorbey fliegen/ nach Zeugnuß deß Plutarchi/ alle ein Steinlein in den Schnabel nehmen/ damit sie De so- lert. Ani- mal. durch ihr Geschrey/ denen daselbst wohnenden Adlern nicht verrathen/ und von ihnen verfolget werden. Nehme du gleich diesen Voͤgelen den Stein deß Stillschweigens in deinen Mund/ und lege deiner geschwaͤtzigen Zun- gen ein Gebiß ein/ damit deine Fehler dem hoͤllischen Raub-Vogel nicht kundbar werden/ und also moͤgest den Berg dieses elenden Jammerth als vorbey/ zu der ewig-waͤhrenden Seeligkeit in aller Sicherheit hinauff fliehen. Die Die Neunzehende Geistliche Lection Die Neunzehende Geistliche LECTION Von dem Geistlichen Gespraͤch. Matt. 18. v 20. Ubi duo vel tres congregari fuerint in nomine meo, in medio illorum ero. Dann wo zween oder drey versamblet seynd in mei- nen Nahmen/ daselbst bin ich mitten unter ihnen. Der Erste Theil. 1. B Jßhero haben wir uns unterstanden mit vernuͤnfftigen Reden dar- zu thuen/ wie einem Liebhaber der Tugenden die Stillschweigung unstraͤfflich zu halten so noͤthig; und hergegen die Ubertrettung derselben dem Menschen so schaͤdlich seye. Damit aber/ mein Christliche Seel/ in dem du auff solchem dir vor Angen gestelten Weeg/ von der lincken Seiten entweichen wollest/ nicht etwan dich zu viel auff die rechten Seiten schlagest; sondern die Richtigkeit haltest: das ist/ indem du die muͤssige Wort zu meiden dich befleisseft/ die nothwendige unterlassest; derhalben hab ich dich erinnern wollen/ daß diese Tugend deß Stillschweigens anderen Tugenden gemaͤß/ in der Mitten bestehe; also/ daß die jenige Wort/ so das Heyl deß Naͤchsten befoͤrdern koͤnnen/ nicht verschwiegen; und allein die muͤssige und nichtsnutzige muͤssen unterlassen werden: dahero sagt der Eccl. 3. v. 7. H. Geist: Es ist die Zeit zu schweigen/ und ist die Zeit zu reden. Und der Koͤnigliche Prophet bittet GOTT auff folgende Ps. 140. v. 3. Weiß: Setze/ O HErr/ eine Hute umb meinen Mund/ und eine Thůr an meine Lippen rings herumb. Nicht hat dieser fromme Koͤnig; wie der H. Gregorius mercket/ von GOtt begeh- ret/ Von dem geistlichen Gespraͤch. ret/ daß sein Mund mit einer Mauren/ sondern mit einer Thuͤren versehen 3. P. Pa- storali. Adm. 15. wuͤrde/ die man auff- und zuschliessen kan: worauß wir dann mit aller Be- hutsamkeit zu lehrnen haben/ daß die Rede den Mund zu gelegener Zeit er- offnen/ und die geziemende Verschwiegenheit denselben verschliessen solle: zumahlen wir nach Zeugnuͤß deß H. Ambrosii, wegen deß muͤssigen Still- L. 1. offic c 3. schweigens eben so wohl/ als der muͤssigen Reden werden zu Gericht gefor- dert werden. So bestehet dann/ sagt der seelige Laurentius Justin anus, die De Per- fect. con- vers. Monast. c. 15. Tugend deß Stillschweigens nicht darinn/ daß man allezeit schweige; son- dern/ daß man das jenige nicht rede/ was zu reden verbotten ist. Viele aber suͤndigen auß Unwissenheit wider diese Regul der Bescheidenheit/ weil sie un- terlassen das jenige andern vorzutragen/ durch welches sie denselben nutzen koͤnten: diese richtige Bahn deß Stillschweigens hat der Prophet uns gnug- samb gezeiget/ da er also gesprochen: Jch hab gesagt/ meine Weeg Ps. 38. v. 1. willich bewahren/ damit ich nicht sůndige mit meiner Zun- gen: Nicht sagt er/ damit ich schweige; sondern damit ich nicht suͤndige: da- hero sagt der weise Mann: Ein weiser Mensch wird schweigen Eccl. 20. v. 7. biß zu seiner Zeit: Das ist/ so lang/ biß daß Reden besser ist/ als daß Schweigen: und dieses erweiset uns der tieffsinnige Plato mit dieser holdse- ligen Gleichnuͤß: wir schiffen/ sagt er/ und in dieser unserer Schiffahrt span- Ad The- ophan. nen wir bißweilen die Segel auß/ damit das Schiff desto geschwinder fort- fahre; bißweilen halten wir selbiges auch/ wermittelst der Anckern auff/ und bringen es zum Stand: Eben also muß die Zung beherschet/ und zu Zeiten durch die Wort außgespreitet/ zu Zeiten aber auch durch das Schweigen ge- hemmet werden Mit noch besserer Gleichnuͤß hats getroffen die H. Schrifft/ da sie also redet: Wer ein Wort zu seiner Zeit redet/ daß ist wie Prov. 25. v. 11. gůldene Aepffel auff silberen Betten. Jn dem Goldschmieds La- den siehet man mit sonderbahrem Lust und Augen-Weyde/ wie die Perlen an die seidene Better mit gar zierlicher Ordnung und schoͤner Proportion gehaͤfftet seynd: solcher Gestalt ist dieses ein Zeichen der Weißheit und Be- scheidenheit/ wann nemblich der Mensch zu bequemlicher Zeit und behoͤri- gem Orth allein redet: alsdan koͤnnen wir uns Hoffnung machen/ daß wir mit der Zungen nicht anstossen werden/ wann wir nach dem Rath deß Heil. Chryso stomi/ dieselbige durch die Vernunfft/ als durch einen Schluͤs- In Ps. 140. sel regiren/ welcher nicht allein das Verschlossene auffsperret/ sondern zum schliessen dienen kan. 2. So ist dann außgemacht/ daß auch einige Zeit seye/ da es zum Reden erlaubt ist: nicht aber ist erlaubt/ sonderbahr uns Geistlichen/ auch zu solcher F f Zeit Die Neunzehende Geistliche Lection Zeit von denen weltlichen H aͤndeln und irrdischen Geschaͤfften/ viel weniger von eitelen Bossen und Zotten zu reden/ und andere zum uͤberfluͤssigen La- In Const. mor c. 13. chen durch unsere Außgelassenheit zu bewegen; krafft deren wir/ nach Zeug- nuͤß deß heiligen Basilii, allen Geschmack und Lust zu den geistlichen Dingen verlichren/ unsere Andacht schwaͤchen/ alle hertzliche Berewung der Suͤnden zumahlen erloͤschen/ denen so Welt- als Geistlichen zuhoͤreren ein boͤses Ex- empel geben; und uns selbsten hierdurch zum besten bekendt machen/ wer wir seyen: dann/ weilen die Reden von den Gedancken und Sitten herflies- sen; kans nicht geschehen/ sagt der heilige Clemens Alex. daß einige laͤcher- liche Wort geredet werden/ die nicht von laͤcherlichen und leichtfertigen L 2. de Pædago. c. 5. L. 1. de An. S itten herkommen: Vnd ein eitele Red/ sagt der geistreiche Hugo, ist eine Zeigerin deß eitelen Gewissens: die Zung bringt hervor/ was bey den Menschen verborgen gewesen; wie die Red ist/ also ist auch beschaffen das Hertz; weilen auß dem Vberfluß desselben/ der Mund zu reden loß- bricht. 3. Dieserthalben hat der H. Ignatius Lojola die Geistliche und andaͤchtige Gespraͤch unter die fuͤrnembste Mittel gezehlet; wordurch dem Nechsten am besten kan geholffen werden; und selbige hat dieser heilige Mann allen seinen Nachkoͤmmlingen/ so gar auch den Ley-Bruͤderen seiner lobwuͤrdigen Ge- sellschafft sehr ernstlich anbefohlen; weilen durch solche geistreiche Re- den die Weltliche aufferbawet werden; und von den Geistlichen eine gu- te Meinung zu haben Ursach schoͤpffen. O wie klaͤglich und uͤbel handlen die jenige Geistliche/ so diesem wohlmeinenden Rath zu wider/ vermit- telst ihrer ungezimmenden und eitelen Gespraͤchen/ den ruͤhmlichen und chrbaren Nahmen anderer dero gottseeligen Mit-Bruͤdern in CHristo verleumbden/ und denen Weltlichen gleichsamb kund machen/ daß ihre Cloͤsterliche Conversation nicht im Himmel (wie sie seyn solte) sondern auff Erden/ und mitten in den irrdischen Haͤndelen seye ; derhalben sich CHRJSTUS bey einem seiner trewen Diener/ nach Aussag deß frommen Tauleri, beklagt hat/ daß vieler Geistlichen Rede/ nicht von ihnen/ sondern von unnuͤtzlichen/ uͤppigen und nichtswerthigen Dingen gefuͤhret werden: der doch unser Haubt/ und Vorbild alles guten ist; dessen Wort und Wercke in den Gebotten GOTTES immer und allzeit bestanden. Diesen lassen wir fahren/ die Geistliche und aufferbaͤwliche Gespraͤch werden verabsaumet/ und durch die un- gereimbte und aͤrgerliche Discurs en machen wir Frend und Wohne dem hoͤllischen Von dem geistlichen Gespraͤch. hoͤllischen Sathan; auch so gar zeigen wir eine so kalte Neigung und Lust zu den geistlichen Gespraͤchen/ daß uns in Anhoͤrung derselben vielmahl die Augen zugehen/ die jedoch zu den eitelen und kurtzweiligen Schertz-Reden und Kinder-Possen bald wiederumb eroͤffnet und munter werden: dar auß dann gnugsamb abzunehmen ist/ ob uns GOTT oder dessen geschworner Feind am liebsten seye. Du aber/ mein Christliche Seel/ solst mit obgedach- tem Heil. Mann den jenigen/ den du uͤber alles zu lieben schuldig bist/ eyff- ferigst ersuchen/ auff daß er dir allen Lust zu denen ihme mißfaͤlligen muͤssi- gen Worten entziehe/ und hergegen dir seine goͤttliche Gnad verleyhe/ damit du in aller vorfallenden Conversation von keinem lieber/ als von ihme und seinen Außerwaͤhlten/ auch seinen wunderbahrlichen Wercken/ und unend- lichen Wohlthaten redest und reden hoͤrest: Jn dieser geistlichen Ubung Surius in vit. ware der Heil. Thomas von Aquin dergestalt erfahren/ daß er in aller Ge- sellschafft nur geistliche Gespraͤch zu fuͤhren pflegte: dadurch er dann diesen grossen Nutzen erhalten/ daß/ wann er schon nothwendiger Weiß mit welt- lichen Geschaͤfften umbzugehen hatte/ sich dannoch alsbald ohne einige Muͤ- he und verdrießlichkeit erhoben/ und den gewoͤhnlichen heiligen Ubungen der Gebuͤhr nach obligen konte. Jmgleichen seynd der Heil. Catharinæ von Rodriq. p. 2. tr. 2. c. 13. Senis die geistliche Gespraͤch so angenehm gewesen/ daß sie ohne grossen Verdruß nicht sehen mochte/ wann nicht allein ein geistlicher/ sondern auch ein weltlicher Mensch den eitelen Geschaͤfften der betrieglichen Welt sich mit allem Ernst ergeben thaͤte. 4. Wann nun die Heilige GOttes ein solches abschewen von den welt- lichen und noͤthigen Reden empfunden; wie vermeinst du/ daß deinem lieben Gott deine muͤssige/ sottige und dir uͤbel anstehende Discurs en mißfallen werden? Wann/ sage ich/ der H eil. Vatter und Kirchen-Lehrer Hierony- mus wegen eyfferiger Uberlesung deß beruͤhmten und wohlredenden Cicero- nis und anderer gelehrten weltlichen Scribent en vor das Gericht GOttes citi rt/ und daselbst gestrafft worden; was wird denen nicht widerfahren/ so da lieber die Fabul en deß Æsopi und anderer liederliche Gespraͤch/ als die aufferbaͤwliche und GOTT gefaͤllige geistliche Reden anhoͤren/ und vor- bringen. H oͤre nun/ wie seine obgemeldte Bestraffung und derselben Ursach der heilige Mann selbst erzehle: nachdem ich/ sagt er/ vor vielen Jahren mei- ne Eltern/ Schwester/ Verwandten/ alles H aab und Guet/ und (was noch am schwaͤristen ist) eine gute Tafel umb GOttes willen verlassen/ und nach Jerusalem gezogen bin/ hab ich der jenigen Biblioteck/ so ich zu Rom mit grossem Fleiß zusammen gebracht/ nicht entrathen koͤnnen; und F f 2 hab Die Neunzehende Geistliche Lection hab also bey Uberlesung deß Weltberuͤhmbten heydnischen Ciceronis gefas- set. Nach oͤffterem Wachen gantzer Nachten/ nach Vergiessung der Zaͤh- ren uͤber meine begangene Suͤnden/ hab ich auch den weltlichen Scribenten Plautum ergriffen/ und gelesen; dahero geschehen ist/ daß wegen der obge- meldten Buͤcher zierlichen Wohlredenheit mir die Einfalt der Heil. Schrifft zumahlen mißfallen hat: und weilen ich mit verblendeten Augen das Liecht nicht gesehen/ hab ich die S chuld nicht den Augen/ sondern der S onnen zugemessen. Weilen mich nun die boͤse S chlang in sothanem Jrthumb verwickelt hatte/ ist mein außgemergelter Leib mit einem Fieber dermassen behafftet worden/ daß ausser Haut und Bein bey mir wenig uͤbrig verblieben: und siehe/ da nun von meinem Leben jederman verzweifflet/ und man von der Begraͤbnuß zu handlen schon angefangen/ bin ich eilends zu dem Rich- ter- S tuhl GOTTES im Geist gefordert worden/ woselbsten ich ab dem Liecht und herrlichen Glantz der umbstehenden zu Bodem gefallen/ und in die Hoͤhe zu sehen mich nicht unterstehen doͤrffen: und da ich bin ge- fragt worden/ wessen S tands ich seye/ hab ich geantwortet/ daß ich ein Christ seye: worauff mich der jenige/ so zu Gericht gesessen/ einer Luͤgen bestraffet/ und gesagt/ du bist kein Christ/ sondern ein Ciceronian er/ weilen da dein S chatz ist/ wo dein Hertz ist: Jch aber bin alsbald erstummet/ und indem ich mit vielen S chlaͤgen scharff hergenommen worden/ hab ich ge- ruffen: OHERR erbarme dich meiner/ erbarme dich mei- ner! Weilen aber die umbstehende den Richter fuͤr mich fuͤßfaͤllig gebet- ten/ und ich zugleich auch meinen Fehler zu besseren versprochen/ bin ich entlassen worden/ und hab hierauff die Augen deß Leibs mit Verwunderung der umbstehenden eroͤffnet/ die dann mit so haͤuffigen Zaͤhren geflossen/ daß auch ein jeder meine ab den S chlaͤgen empfangene S chmertzen gar leicht- lich hat mercken koͤnnen. Hier auß hat dieser grosse Kirchen - Lehrer erlehr- net/ die eitele Buͤcher fahren zu lassen/ und mit groͤsserem Eyffer und Lust/ als vorhin geschehen/ hinfuͤhro zu lesen. S ollen nicht auch die jenige/ denen in Erzehlung der irrdischen und eitelen Geschichten; in naͤrrischen und nichts nuͤtzigen Schertz - Reden das Hertz auffgehet; bey dem ernst- lichen Richter hoͤren muͤssen/ du liegest/ daß du ein Christ seyest; du liegest/ daß duein Geistlicher seyest: du bist mein Diener nicht/ sondern ein Schlave und Leibeigener der Welt: Jst nicht all- da dein S chatz/ wo dein Hertz ist? und ist nicht daselbst dein Hertz/ allwo deine Wort seynd? Weilen nun deine Gespraͤch von der Welt seynd/ und du denselben mit Frewden zuhoͤrest/ so Von dem geistlichen Gespraͤch. so muß ich schliessen/ daß du nicht Geistlich/ sondern Weltlich seyest: dann von dir und deines gleichen also geschrieben stehet: Jene seynd von der 1. Joan. 4. Welt/ darumb reden sie auch von der Welt/ und die Welt hoͤret sie. Derhalben solle sich ein jeder befleissen/ in seiner Einsambkeit solche Buͤcher zu lesen/ auß denen er bey ander er Gesellschafft Gott-gefaͤllige Gespraͤch halten/ und deß grossen Vortheils/ so wir in die- sem folgenden andern Theil anfuͤhren/ alhier zeitlich/ und nachmahln ewig- lich geniessen koͤnne. Der Andere Theil. 1. E He und bevor wir den Nutzen/ so auß den geistlichen Reden entspries- set/ dir vor Augen stellen; wollen wir erstlich sehen/ worinn dieselbe Reden meistens bestehen. Jch finde aber/ daß zu dieser GOtt-gefaͤl- liger Ubung einige Vorbereitung/ und auch eine sonderliche Obachtung in dem Gespraͤch selbsten erfordert werde. Und zwarn vor demselbem ist noͤthig/ daß du die Huͤlff GOttes begehrest/ damit du die Kraͤfften deß Leibs und der Seelen durch das freund- und lieblithe Gespraͤch also moͤgest erquicken/ auff daß wir der Ruhe so wohl eines anderen/ als deines eigenen Gewissens/ weder der gewoͤnlichen Brunst der Andacht/ weder auch der ge- buͤhrenden geistlichen Zucht der geringste Schad moͤge zugefuͤgt werden. Neben diesem/ soll ein guter Geistlicher unter dem Gespraͤch solche Reden mit einfuͤhren/ welche/ so viel dero eigentliche Wesenheit/ dero Ziel und End/ und dero Weiß und Manier betrifft/ gut seynd. Solche werden aber nach ihrer Wesenheit gut seyn/ wann sie von guten oder Goͤttlichen/ oder auffs wenigst von keinen boͤsen Sachen geschehen/ welche letztere doch alsdann gut werden/ wann sie zu einem guten Ziel und End auff die Bahn gebracht werden; Dahero wohl zu beobacheen ist/ daß nichts im Gespraͤch geredet/ und nichts mit Gnuͤgen angehoͤrt werde/ dardurch die Ehr deß Naͤchsten/ auch von weitem geschmaͤhlert/ oder die bruͤderliche Lieb verletzet werde: nie- mand soll mit solchen Reden hervor kommen/ so etwan auch einen geringen Geschmack einer eitelen Ehr/ oder Beleidigung der Goͤttlichen Majestaͤt verursachen. Weiters/ wann du redest/ sagt der H. Bernardus/ solstu In forma honest. vit. wenig reden/ du solst die Warheit reden/ und solst dich befleissigen/ wichtige Reden zu fuͤhren: und wann ein weltlicher Mensch mit dir redet/ und eitele Dinge hervor bringt/ so verkuͤrtze du solche Red/ so viel dir moͤglich ist/ und schreite zu einer anderen/ welche GOtt gefaͤlliger/ und deinem Stand F f 3 bequem- Die Neunzehende Geistliche Lection quemlicher ist Kein Wunder ists/ daß der von der Erden rede/ so vonder Er- den ist: hergegen ist dieses zu verwunderen/ das die jenige/ welche fuͤr him̃lische Menschen sich außgeben/ von dem Himmel nicht reden/ und die irdische Gespraͤch der Erden fahren lassen; dieweilen auß Uberfluß deß Hertzens der Mund redet. Gleich wie nun die Weltliche Leuth gar leichtlich gnug- same Materi ihre Discursen auch biß auff einige Stunden zu verlaͤngern finden; also soll sich ein Geistlicher auch bemuͤhen/ auß der jenigen Handel- schafft/ die er mit GOtt und den himmlischen Kauffleuten taͤglich treibet/ bey allen Zusammenkunfften aufferbaulich zu reden. 6. So viel aber das Ziel und End belanget/ werden unsere Gespraͤch gut seyn/ wann wir von Anfang derselben immer bey der gefasten Meinung und Vorhaben verbleiben/ nichts zu reden/ dardurch wir unsern Ruhm und eigenes Lob bey andern suchen/ oder unsern Neben-Menschen in unserm Hertzen verachten/ oder denselben mit Stichreden oder sonsten beleydigen moͤgen: und wann wir zu mehrer Sicherheit unter dem Gespraͤch die ge- machte Jntention erneueren/ alles auß redlichem und auffrichtigem Ge- muͤth zur Ehren GOTTES und zum Heyl deß Naͤchsten ohne den ge- ringsten Betrug und Arglist zu reden. Endlich seynd auch die Gespraͤch gut so viel die Weiß und Manier derselben angehet/ wann man das Hertz in Gegenwart anderer nicht gar zumahlen außgiesset/ sondern sich bißweilen suͤssiglich und bescheidentlich erholet/ und auß deren vorgefallenrn Reden/ mit blossem Seufftzer zu GOtt einige Lieb zu dieser oder jener Tugend in sich erwecket: auch wann man die unordentliche Alterationen oder Be- wegungen deß Gemuͤts/ als nemblich den Zorn/ die Ungedult/ die Hoffart/ die Mißgunst/ das freventliche Urtheil/ und dergleichen Auffruhr deß Her- tzens alsbald vernichtiget. Auch weiters soll man sich unterstehen/ alle Bruͤder und Schwester/ und fort saͤmbtliche Christ-Glaubige/ als liebe Kinder GOttes/ als Bruͤder und Schwester Christi/ als Wohnungen deß heiligen Geistes/ und wahre Ebenbilder der Allerheiligsten Drey- faltigkeit umb GOTTES Willen zu lieben/ derselben Buͤrde ge- dultiglich zu tragen/ ihre Fehler zu entschuldigen/ und alle ihre Wort und Wercke zum Besten außzudeuten. Wiederumb soll ein Geistlicher sehr behutsamb seyn/ daß er nicht allein keine naͤrrische und eitele Sotten her- vorbringe; sondern auch ohne oͤffteres und leichtfertiges Gelaͤchter und un- gebuͤhrliches Schreyen und ruffen/ und unmannirlichen Gebaͤrden deß Leibs Von dem geistlichen Gespraͤch. Leibs dem Gespraͤch beywohne. Nach vollendetem Gespraͤch soll er sein Gewissen erforschen/ ob er diese vorgesetzte Stuͤck beobachtet habe/ oder nicht: und er wird finden/ daß er demselben gebuͤhrend nachgelebt habe; so ist er fuͤr solche ihm verliehene Gnad seinem GOtt und HErrn zu dancken verpflichtet: hat sich aber das Widerspiel zugetragen; so soll er mit gezim- mender Reu und Leyd uͤber solche begangene Fehler/ einen starcken Vorsatz machen/ hinfuͤhro behutsamer zu reden/ und zu solchem Ende die Huͤlff deß Allerhoͤchsten begehren. 7. Ob nun zwarn die uͤbergroß- und haͤuffige Fruͤchken/ so auß der ge- nauen Beobachtung dieser angezogenen Regulen erwachsen/ kaum zu be- schreiben seynd; so wollen wir doch deren einige in folgenden Worten anzie- hen; dieses aber vorhero ins gemein versicheren/ daß der jenige/ der sich vorbesagter Massen in den vorfallenden Gespraͤchen verhalten wird/ gar leicht und zeitlich zur gewuͤnschten Vollkommenheit gelangen werde. Ders nicht glauben will/ der kans probiren. Annebens auch gewiß ist was der heilige Chrysostomus sagt/ daß/ gleich wie ein guter appetit zum essen/ ein Hom. 14. in Gen. Hom. 8. de Anna \& Samu- ele. Zeichen der Gesundheit ist; also eine Begierd und Liebe zu den geistlichen Gespraͤchen/ gleichsam die groͤste Zeigerinnen seyen der Seelen-Gesund- heit. Und wiederumb; gleich wie ein Baum durch oͤffteres Begiessen zu einer ansehnlichen Hoͤhe erwachset/ also muß auch den Gipffel der Tugend erreichen/ welcher mit der Lehr der Goͤttlichen Reden immer benetzet wird. Derhalben haben sich in diesen geistlichen Gespraͤchen die meiste Liebhaber der Vollkommenheit stets geuͤbet. Wie sehr auch diese Gespraͤch dem lie- ben GOTT gefallen/ hat er mit vielen Wunder-Zeichen zu erkennen ge- ben. Deren wir eins von dem H. Benedicto und Scholastica allhier er- zehlen. Es pflegte diese H. Jungfrau ihren Bruder den H. Benedictum jaͤhrllchs einmahl zu besuchen; da sie nun dermahln eins zu gemeldtem H. Mann kame/ gienge selbiger mit einiger seiner Geistlichen seiner Schwe- ster vor das Kloster entgegen/ und nachdem er sie in ein beygelegenes Hauß gefuͤhret/ brachten selbige den Tag mit Geist-reichen Unterredungen biß zum Abend zu/ und da der H. Benedictus sich beurlauben wolte/ bettete ihn die Scholastica/ er moͤgte doch die Nacht uͤber bey ihr verbleiben/ und selbi- ge mit weitern geistlichen Gespraͤchen zuzubringen. Er aber/ in dem sich laͤnger nicht wolte auffhalten lassen/ magte sich Weg-fertigzund Scholastica legte vor Traurigkeit ihr Haupt in den Schoß/ und flenge mit vielen Zaͤhren an Gott inbruͤnstig zu bitten/ daß er ihren Bruder bey ihr die Nacht uͤberlassen wol- Die Achtzehende Geistliche Lection wolte. Und siehe/ ehe diese H. Jungfrau gebetten/ ware der Himmel gantz hell und schoͤn; nach geschehenem Gebett aber erhebt sich ein so urploͤtzliches und erschreckliches Ungewetter mit Donnern und Blitzen/ das weder der H. Benedictus/ weder seine Gesellen einen Fuß ausser dem Hauß zu setzen wer- moͤget. Nachdem nun der Heil. Mann gleich vermercket/ daß auff seiner Schwester Gebett dieses ungestuͤmme Wetter so unvermuthlich eingefallen/ beklagte er sich dieserthalben bey derselben alsbald mit aller Hoͤfflig- und Freundligkeit/ und sagte: der allmaͤchtige GOtt verzeyhe dir solches/ mei- ne Schwester/ was hastu gethan? Sie aber gabe zur Antwort: Jch hab dich gebetten/ Bruder/ und du hast mich nicht wollen erhoͤren; nun hab ich GOtt gebetten/ und der hat mich erhoͤret. Nun gehe du wiederum nach deinem Kloster/ wann du kanst. Also haben diese beyde Heilige die Nachtin geistlichen Gespraͤchen zugebracht/ und ein jeder ist mit anbrechen- dem Tag nach seinem Kloster wiederumb zuruͤck gekehret. 8. Hierauß erscheinet gnugsamb/ daß die geistliche Gespraͤch dem lieben GOtt sehr angenehm seyen; wie aber hergegen demselbigen und dessen himm- lischen Bottschafftern die eitele und muͤssige Reden zuwider seyen/ lehret Historia. Vit. P. P. p. 2. c. 35. uns die folgende Histori. Ein sicherer Gott-seeliger alter Kloster-Geist- liche ist von GOtt begnaͤdiget gewesen/ daß er hat sehen koͤnnen/ was andern zu schen nicht zugelassen gewesen: unter diesem hat er auch einsmals gese- hen/ daß/ da viele seiner geistlichen Mit-Bruͤder beysammen gesessen/ und von der H. Schrifft beylsame Discursen gefuͤhret/ die H. H. Engelen GOttes unter ihnen gestanden/ sie mit Freuden angesehen/ und uͤber ihr Ge- spraͤch ein sonderbahres Wohlgefallen erzeigt haben. So bald die gemeldte Bruͤder aber von weltlichen Sachen zu reden angefangen/ seynd die Engel mit einem Widerwillen und Abscheuen von ihnen gewichen; an deren Platz viele garstige Schwein zu dieser Gesellschafft getretten/ und sich mitten un- ter ihnen geweltzet. Nach diesem ist der fromme Alte nach seiner Cellen hin- gangen/ und hat die gantze Nacht mit immerwehrendem S euffzen und Weinen die grosse Armseeligkeit der Geistlichen beklaget; und hat nach- mahln nicht unterlassen; seine Mit-Bruͤder zu ermahnen/ daß sie von dem eitelen Geschwaͤtz sich mit allem Ernst enthalten solten. Kein Wunder ists aber/ daß die H. H. Engel den geistlichen Gespraͤchen sich gern beygesel- len/ in dem Christus selbst bey diesen in sichbarlicher Gestalt erschienen ist. Chron. p. 1. c. 10. Dahero der heilige Franciscus seine geistliche Kinder oͤffters zum geistli- chen Gespraͤch zu beruffen pflegte; wodurch er auch neben andern dieses erlanget hat/ das CHRJSTUS einsmahls in Gestalt eines schoͤnen Juͤnglings sich unter ihnen hat sehen lassen/ und selbi- gen Von dem geistlichen Gespraͤch. gem mit holdseligem Angesicht seinen Seegen ertheilet: Auch haben die zwey Juͤnger auff ihrer Reise nach Emaus vor andern die Gnad den Herrn zu se- hen/ durch ihr geistliches Gespraͤch gehabt/ und obwohl sich Christus selten bey sothanen geistlichen Reden in sichtbarlicher Gestalt finden lasset/ so ist doch ohne allen Zweiffel/ daß er mit einer andern Gegenwart/ nemblich mit seiner Gottheit und Gnade derselben beywohne/ wie er selbst bey dem Heil. Evangelisten Mattheus bezeuget: Wo zween oder drey in meinen 8. Nahmen versamblet seynd/ da will ich in mitten derselben seyn: das ist/ mit solcher Gegenwart/ wie jetzt gemeldet ist/ krafft deren in den Hertzen der seinigen ein solches wircket/ daß ein jeder mit dem Koͤnigl. Prophet außzuschreyen gezwungen werde: Wie sůß seynd deine Wort mei- Psal. 118. nem Rachen; sie seynd meinem Mund sůsser dann Hoͤnig: Weilen sie in diesen goͤttlichen Reden ein solche Suͤssigkeit deß Geistes em- pfinden werden/ wie vorzeiten das Jsraelitische Volck in Niessung deß Him- melbrods verspuͤhret hat: davon die Heil. Schrifft also meldet: Duhast Sap 16. 20. dein Volck mit der Engel-Speise ernehret/ und ihnen Brod/ daß bereit war/ vom Himmel herab ohne Arbeit ge- geben/ daß alle Erlůstigung in sich hatte/ und allerhand suͤssen Geschmack: Eine solche Suͤssigkeit aber haͤben sie in Niessung dieses himmlischen Brod empfunden; daß wann einer diese oder jene Speiß zu essen verlangete/ alsbald derselben Geschmack und Suͤssigkeit in dem Himmel-Brod hatte. 9. Nun moͤchte vielleicht einer sagen: wann die Kinder Jsrael in diesem Himmel-Brod den Geschmack aller erdencklichen Speisen gehabt; warumb haben sie dann gegen den H errn gemurret/ und Fleisch zu essen begehret? Wer wird uns Fleisch zu essen geben/ sagten sie? Num. 11. v. 5. Wir gedencken an die Fisch/ die wir in Ægypt en umbsonst assen: es kommen uns ins Gemůt die Kůrbisse und Melo- nen/ und das Lauch und die Zwiebelen/ und das Knob- lauch. Vnsere Seel ist dorre/ unsere Augen sehen anders nichts/ als das Manna oder Himmel-Brod: Diese Frag beant- wortet der H eil. Vatter Augustinus und sagt; daß nicht alle Jsraeliter die- Apud Rodriq. p. 2 tr. 2. c. 13. §. 5. se wunderbahrliche verborgene Suͤssigkeit deß H immel-Brods geschmaͤckt haben; sondern allein die jenige/ so frommlich und unstrafflich gelebt: den andern aber habe selbiges einen Widerwillen und Abschewen verursachet: Dahero kein Wunder ist/ daß diese Rebell en zu ihrem Fleisch-Speisen nach Ægypt en geseufftzet haben: Also koͤnnen und muͤssen wir auch sagen/ daß G g nicht Die Neunzehende Geistliche Lection nicht alle die verborgene Frewden deß Geistes auß den geistlichen Gespraͤ- chen zu geniessen haben; sondern allein die jenige/ so ihrem GOTT und Herrn trewlich zu dienen sich befleissen/ und denen geistlichen Reden mit Lust/ denen weltlichen aber mit Verdruß beywohnen/ und welche die Ermah- nung deß weisen Manns nach aller Moͤglichkeit beobachten/ der da spricht: c . 9. v. 23. Alle deine Vnterredung laß von den Gebotten deß Aller- hoͤchsten seyn: Die Ursach aber dieser Ermahnung gibt der Salomon in seinen Spruͤchen/ und sagt: Ein jeglicher wird von der Frucht c . 12. v. 14. seines Munds viel guts empfangen: Weilen durch dergleichen GOTT gefaͤllige Dilcurs en die Seel von ihren Suͤnden gesaubert/ der Eyffer deß Geistes vermehret/ die Brunst der Andacht ernehret/ und die Seel selbst uͤber sich mit alleiniger Begird der himmlischen Dingen erhoben wird: dahero ruffet billig der Heil. Vatter Hieronymus uͤberlaut: O gluͤck- seelige Zung/ die nichts anders zu reden weiß/ als von goͤttlichen Sachen! Gedenck derhalben/ mein Christliche Seel/ daß/ wann du auß den geistlichen Gespraͤchen noch keine Frewd schoͤpffest/ du auch unter die Zahl der eyfferi- gen Geistlichen nicht gehoͤrest: Derhalben geselle dich zu der gluͤckseeligen Gesellschafft der Kinder GOTTES/ also/ daß du oder zumahlen still- schweigest/ oder wans dir zu reden erlaubt ist/ von geistlichen Dingen redest; und auff solche Weiß wirst du ohne Zweiffel den Nutzen/ so auß den heiligen Gespraͤchen entstehet/ auch geniessen: dann/ wie man eine wohlriechendt Sach laͤnger in den Haͤnden haltet/ und in selbigen hin und wieder kehret/ desto mehrern und starckern Geruch empfindet man: und wie oͤffter einer die geistliche Sachen ins Gespraͤch einfuͤhret/ desto mehr wird er von den- selbigen zu reden und zu gedencken auffgemuntert. Dit Von der Einsambkeit. Die Zwantzigste Geistliche LECTION Von der Einsambkeit. Ducam eam in Solitudinem, \& loquar ad cor ejus. Oseæ. c. 2. v. 14. Jch will sie in die Wůste fůhren/ und in ihr Hertz teden. Der Erste Theil. 1. A Uß den vorhergehenden Lection en erhellet/ wie noͤtig dem jenigẽ seye das Schweigen/ dem zum heylbringenden Fortgang deß Gei- stes duͤrstet. Auch ist zum theilkundbahr worden/ wie grosses Miß- fallen die goͤttliche Majestaͤt an dem eitelen Geschwaͤtz trage: und endlich ha- ben wir auch gesehen/ wie sich der liebe GOTT uͤber die Geistliche/ so ihre Gespraͤch von den himmlischen Dingen halten/ erfrewe/ und wie sie dieserthalben so reichlich belohnet werden: so wirds dann der Muͤhe wohl werth seyn/ daß wir auff solche Mittel bedacht seyen/ durch welche wir zu diesen Tugenden gelangen moͤgen: deren das beste und kraͤfftigste ist/ die heilige und GOtt gefaͤllige Einsambkeit: zumahlen der jenige/ so ohne Noth- wendigkeit seiner Zellen den Ruͤcken offt zu kehrenpfleget/ das gebuͤhrliche Stillschweigen mit nichten haltet/ und besudlet sich mit schaͤdlichem Reden gar leichtlich; dann der die Gefahr liebet/ entkommet dem Verderben sehr selten. Jst dir nun/ mein Christliche Seel/ die Verschweigung in Warheit angenehm; verlangst du die schaͤdliche Reden zu meiden; hast du Lust zu gebuͤhrlicher Zeit und Orth mit geistlichem Gespraͤch deinen Nechsten zu aufferbawen; wilst du in der Lehr CHRJSTJ unter- wiesen werden/ und auff dem Weeg der geistlichen Vollkommenheit G g 2 gluͤck- Die Zwantzigste. Geistliche Lection gluͤcklich fortschreiten; so must du vor allem/ wans nicht die Noth erfordert/ deine Zell nicht verlassen; und gedencken/ daß diese deine gluͤckselige Stelle: seye/ so du vor tausenden dir erwaͤhlet hast/ in der du aller weltlichen Sorgen enthaben/ deinem Gott allein und deiner Seelen zum besten dienen koͤnnest: ein Paradeiß der Wolluͤsten/ daß von dem Reegen der gottlichen Gnaden offt befeuchtiget wird: ein geschlossenes Zim̃er der goͤttlichen Liebe/ in dem Braut und Braͤutigam die allersuͤsseste liebkosende Affect en miteinander wechselen/ und du deine hertzliche Begirden/ deine Noth und Verlangen vertrewlicher/ als irgend anderswo vortragen moͤgest: und daß dieselbige seye ein Vorzim- mer der himmlischen Glori/ und allerheiligste Wohnung/ in welcher du mit niemand/ als mit deinem Gott/ der allerseligsten Jungfrauen Maria/ mit den Außerwaͤhlten und Engelen GOttes zu handlen hast; daß also billig der H. Bernardus deine Wohnung mit diesen guͤldenen Buchstaben verzeichnet: De vit. Solit. c. 4. Die Zell ist ein heiliges Land/ und ein heiliger Orth; auff dem der Herr und seine Diener oͤffters Sprach halten/ wie ein Freund mit dem andern; ein Orth/ an welchem die trewhertzige Seel mit dem Wort GOttes vielmahl zu- sammen gefůget/ die Braut ihrem Braͤutigam vermaͤhlet/ und das irrdische mit dem himmlischen/ und mit den menschlichen die goͤttliche Dinge vereiniget werden. 2. Jst dann nicht/ mein Christliche Seel/ ein solches Zellulem hoͤher zu schaͤtzen/ als alle praͤchtige Gebaͤw/ und alle Kaͤyser- und Koͤnigliche Pallaͤst der gantzen Welt? wer soll nicht mit Frewden ein so Gnaden- und Heyl-rei- ches Plaͤtzlein fleissig bewohnen/ auffdem die wahre Vollkommenheit in kur- tzer Zeit mit allem Vergnuͤgen/ und ohne Hindernuͤß erlehrnet wird? derhal- ben ein frommer einsidler seinem anbefohlnen Juͤnger immer zu rathen pfleg- te/ er solte zu Erlangung der Vollkommenheit sich einbilden/ daß kein Orth in der Welt mehr uͤbrig waͤre/ als daß zwischen denen vier Mauren seiner Zellen gelegene Plaͤtzlein/ und daß er nirgend anders das Heyl seiner Seelen wircken koͤnte/ als eben daselbsten/ allwo dem steten Einwohner von GOTT gegeben wird/ was ausser derselben/ in schaͤdlicher Zerstrewung der Sinnen und Gedancken/ im Schwetzen und Plauderen/ und in der cussersten Gefahr zu suͤndigen/ einem jeden billig geweigert wird; weilen nach Zeugnuͤß deß loc. cit. H. Bernardi/ Die Zell ein Laden oder Winckel ist aller himm- lischen Gůter und goͤttlicher Wahren/ und ein unůber- windliche Vestung wider allen Anlauff der boͤsen Feinden: Dieses hat wohl erfahren der grosse Vatter Antonius/ dahero er pflegte zu sagen/ Von der einsambkeit. sagen/ daß/ ob schon der Mensch von vielen Feinden stets angezoͤpffet wer- de/ so seyen doch unter denen drey sonderliche und sehr gefaͤhrliche Feinde/ und derhalben mehr zu foͤrchten/ weil sie einheimisch/ und mit uns zugleich ge- bohren seynd; als nemblich die Zung/ die Augen und Ohren; Krafft deren auch die allervollkommenste Maͤnner offimahl in den Abgrund deß Verderbens gestuͤrtzet werden. Es seye aber ein eintziger Art von Menschen/ welchen dieser dreyfachige starcke Feind nicht angreiffen kan/ als nemblich die jenige Geistliche/ so sich der Einsambkeit der Cellen gemidmet haben: dann die- se/ sagt er/ dieweil sie von der eitelen Welt seynd abgesoͤndert/ lassen sie ih- re Zung und Ohren einen ewigen Feyertag halten: und ob ihnen schon biß- weilen zugelassen waͤre/ die Augen zu eroͤffnen/ so finden sie doch nichts/ wohin sie selbige schlagen koͤnnen/ als auff die an der Wand hangende lieb- reiche Bildnuß deß geereutzigsten JESU und MARJA; oder auff ein geistliches Buͤchlein/ durch dessen heilsame Unterweisung/ und hertzhafftes Zusprechen sie in ihrer Einsambkeit gelehret und auffgemuntert werden. Und also versperren sie durch die Einsambkeit den Eingang allem weltlichen Ge- tuͤmmel/ allem eitelem Geschwaͤtz/ allem Widersprechen/ und Ehr abschnei- den/ allen Laͤsterungen/ Scheld- und Schmaͤhworten/ allem unziemli- chen Argwohn/ und allen dergleichen Ubelen/ denen die Zung/ Augen und Ohren unterworffen seynd. 3. Obwohln nun der hoͤllische Feind wie ein bruͤllender Loͤw allenthalben herumb streiche/ und suche/ wen er verschlingen moͤge; so verlieret er doch alle seine Kraͤffien an denen/ die wahre Liebhaber seynd der Einsambkeit; diewei- len diese an einem allersieheristen Orth ihr Laͤger geschlagen haben. Dero- Luc. 25. wegen hat auch der Evangelische Hirt seine neun und neuntzig Schaͤfflein hinterlassen und das eintzige verlohrne gesucht; dieweiln er wohl gewust hat/ daß die verlassene Heerde in der Einoͤde/ als an einem sichern und freyen Orth sich keines Boͤsen zu befoͤrchten habe. Wilstu/ mein geistliche Seel/ fuͤr dem grimmigen Maul deß hoͤllischen Wolffs auch beschuͤtzet seyen und bleiben/ so begebe dich in die Einoͤde oder Wuͤsten deiner Cellen; zumahlen du taͤglich gnugsamb erfahren hast/ daß deine unbaͤndige und Zaum-lose Sinnen gleich einem ungezaumten Pferd/ in allerhand Suͤnden und Ver- lust der ewigen Seeligkeit dich zu stuͤrtzen bestandt seynd. Bilde dir ein/ du Vit. P. P. L. 3. §. 190. Edit. Rossvv. hoͤrest mit dem Arsenid diese Stimm deines HErrn: Fliehe die Men- schen/ so wirstu seelig werden. Da dieser fromme Geistliche G g 3 nun Die Zwantzigste Geistliche Lection nun in die Einsamkeit sich begeben/ hat er GOtt abermahl gebetten/ Er moͤgte ihn fuͤhren auff den Weeg deß Heyls: und siehe/ da ist ihm wiederumb vom Himmel zu Ohren kommen dieser heylsame Rath: Arseni/ flie- he/ schweige und ruhe; diese seynd der Anfang deß Heyls. Derhalben hat sich dieser neue Einsidler deß Stillschweigens und der Ein- samkeit so unbeschreiblicher Weiß beflissen/ daß es auch fuͤr ein Wunderwerck gehalten worden/ wann man dem Arsenium seine Leffzen zu einer anderen Rede/ als zum Lob GOttes hat bewegen sehen. Die Einsamkeit hat er der- gestalt geliebet/ daß er zumahlen nichts unterlassen/ dadurch er den Zulauff der Leuthen/ so wegen seiner Heiligkeit geschehen/ verhindern moͤgte. Unter L. 5. §. 4. Edit. Rosvv. solchen ist auch einsmahls der Theophilus ein Patriarch von Alerandria sambt dem Vorsteher derselben Stadt kommen/ und begehret/ er moͤgte ih- nen nur ein oder andere gute geistliche Lehr zum Heyl ihrer Seelen mitthei- len. Arsenius aber hat ihnen nicht alsbald geantwortet; sondern/ nachdem er sie eine lange Zeit hat warten lassen/ hat er sie endlich gefragt/ ob sie demjeni- gen/ was er ihnen sagen wuͤrde/ auch nachkommen wolten? darauff selbi- ge geantwortet/ daß sie alles/ was er ihnen befehlen wuͤrde/ unstraͤfflich zu halten versicherten. Wolan dann/ sagt der H. Vatter/ so gehet/ und kom- met niemahlen dahin/ wo ihr hoͤren werdet/ daß Arsenius seye. So ange- nehm ware diesem Gott-seeligen Einsidler die Einsambkeit; dahero er auch einen so grossen Nutzen sich erworben/ daß keine eintzige Tugend unter den andern Einsidlern zu finden gewesen/ mit der Arsenius nicht gezieret; keint Heiligkeit geleuchtet/ die an ihme sich nicht hervorgethan; und/ mit einem Wort zu sagen/ alle andere heilige Mit-Bruͤder hat er an Verdiensten und Heiligkeit weit uͤbertroffen/ und dieses alles hat er durch die GOtt-gefaͤlligt Einsambkeit gluͤcklich erhalten. Als nun diese ungemeine Menschen- Flucht desselben Heiligen der saͤmptlichen Gesellschafft in etwa frembt vor- kommen; hat ihn einsmahls einer seiner heiligen Bruͤder Nahmens Mar- cus auß geistlichem Vorwitz gefragt; warumb er auch die Geistliche also fliehe/ von denen er ja keinen Schaden zu leyden habe; und sie hergegen mit seinem Gespraͤch koͤnnen erbauet werden? deme er mit diesen Worten ge- Vit. P. P. Lib. 7. c. 4. §. 1. Edit. Rosvv. antwortet: GOTT weiß/ daß ich alle Menschen liebe/ ich kan aber mit GOTT und den Menschen zugleich nicht umbgehen: Dann die himmlische Geister und Jn- wohner seynd eines Willens/ die Menschen aber haben nicht einen/ sondern vielerley und unterschiedliche Wil- len/ Von der Einsambkeit. len/ und dieserthalben kan ich GOTT nicht verlassen/ und bey den Menschen seyn. 4. Und warlich/ wann schon kein andere Frucht auß der steten Bewoh- nung der Cellen zu gewarten waͤre/ als eben diese/ daß man nemblich dadurch von den immer vorfallenden Verstoͤhrungen bey den Leuthen befreyet wer- de; so solldoch selbige solche Einsambkeit zu lieben gnug seyn. Lehret es nicht die taͤgliche Erfahrnuß/ daß/ weilen die Menschen nicht eines Sins seynd/ man allen nicht gnug thuen koͤnne; und wie sich einer aller seinen Schuldigkeit vollkommentlich nachzukommen immer befleisse/ dannoch viele Widersager/ nicht ohne Zerstreuung seines Gemuͤths/ erfahren muͤsse. Der aber mit GOTT und den Seinigen zu schaffen hat/ wird kein Wi- dersprechen/ sondern vielmehr grosse Ruhe und Zufriedenheit seines Her- tzens empfinden. Derhalben wird ein fleissiger Jnwohner der Cellen von dem H. Ephrem seelig gesprochen. Und der H. Petrus Damianus sagt al- so zu unserm Vorhaben: Eins weiß ich gewiß/ O du gebe- Opusc. 11. c. 19. nedeytes Leben/ so ich auch von dir unzweifflend bezeu- ge/ daß alle die jenige/ so in der Brunst deiner Lieb zu verharren sich unterstehen/ Sie zwarn deine Jnwohner/ ihr Jnwohner aber GOTT seye. Nicht weniger hoͤre/ mein Christliche Seel/ den H. Bernardum/ und schreibe zum unaußsprechlichen Vortheil deines geistlichen Lebens/ die Wort desselben in dein Hertz: Flie- Serm. 40. in Cant. he/ sagt er/ das Außgehen/ fliehe auch deine eigene Hauß- Genossen/ weiche von deinen vertrauten Freunden/ und so gar von dem/ der dir dienet. Weistu nicht/ daß du einen schamhafftigen Braͤutigam hast/ wel- cher seme Gegenwart dir nicht erlaubet in beyseyn einiger anderen? Der Andere Theil. 5. B Jllig ist zu verwundern/ daß der Allgewaltige GOtt sein außer- waͤhltes/ und auß der schwaͤhren Dienstbarkeit deß Pharaonis erledigtes Volck/ durch keinen andern Weeg zum Gelobten Land als durch die Wuͤsten hat fuͤhren/ und so lang darin auffhalten wollen/ da doch selbiges durch einen viel naͤheren und bequemlicheren Weeg deß Ver- spro- Die Zwantzigste Geistliche Lection sprochene Land Canaan hette erreichen koͤnnen. Wann wir aber in Erfah- rung kommen/ daß in dem geistlichen Verstand durch die Jsraeliter die Christ-Glaubige/ so da zum wahren Gelobten Land/ nemblich zu der himm- lischen S eeligkeit reisen/ bedcutet werden; so verschwindet alsbald alle Verwunderung/ in dem wir vermercken/ das uns GOtt habe zeigen wol- len/ daß zu solchem Ziel und End zu gelangen/ kein so sicheres und fuͤgliches Mittel seye/ als eben die Einsambkeit und Absoͤnderung von allen Hinder- nuͤssen und Gelegenheiten/ so uns unter dem Getuͤmmel der Welt-Geschaͤff- ten zustossen. Darauß dann vernuͤnfftiglich abzunehmen ist/ daß keiner die Goͤttliche Einsprechungen hoͤren/ und die heylsame Gesetz von obenherab zu Verhuͤtung der S uͤnden/ und Besten seiner S eelen empfangen koͤn- ne/ er seye dann in der Wuͤsten/ das ist/ in der S tille und Einsambkeit sei- nes Hertzens. 6. Auß diesen Ursathen hat Christus den jenigen tauben Menschen/ dem er seine heilige Finger in die Ohren gelegt/ von dem Volck abgesoͤndert/ Matth. 7. damit er anzeigen moͤgte/ daß nemblich die Einsamkeit zu Eroͤffnung deß Hertzen/ so die Einsprechungen GOttes empfahen soll/ ein merckliches beytrage. Wie viele Jahr lang hat nicht der H. Augustinus die Goͤttliche Beruffung mit versperreten Ohren angehoͤrt! und wann seynd ihm diese Ohren eroͤffnet worden? alsdann ist er hoͤrend worden/ da er allein ins Feld gangen/ unter einen Feigen-Baum niedergesessen/ den H immel angeschau- et/ und nach vielem widerholten S euffzen diese S timm vom H immel zu hoͤren gewuͤrdiget worden: Tolle, lege, tolle, lege. Nimb auff/ und lese/ nimb auff/ und lese. Er hat das Buch ergriffen/ und darinn gelesen die Ermahnung deß H. Apostel Pauli: Nicht in Fressen und Rom. 13. v. 13. Sauffen/ nicht in Kammeren und unzůchtigem Wesen/ nicht in Zanck und Beneydung; sondern ziehet den Herrn JESVM CEristum an. Also wurde recht erfuͤllet der herrliche Spruch deß Propheten Oseæ: Jch will ihn fůhren in die Einsamkeit/ und daselbst will ich ihm in sein Hertz reden. Dieses grosse Licht der Kirchen konte vorher nicht hoͤrend gemacht werden/ che und bevor er sich von dem verhinderlichen Geschrey der Menschen abge- soͤndert haͤtte. 7. Weiters soll uns den Nutzen der Einsambkeit vor Augen stellen die H istori der dreyen leiblichen Bruͤder/ so der Welt den Rucken gekehrt/ sich zugleich dem Dienst GOttes ergeben/ und den geistlichen Habit angelegt haben. Diese drey fromme Bruͤder haben umb die Wett GOtt zu dienen an- Von der Einsambkeit. angefangen/ und zwarn einer auß ihnen hat sich vorgenommen in dieser Tu- gend sich meisterlich zu uͤben/ daß er nemblich allen Fleiß anwendete/ die strei- tende und uneinige Partheyen zum Frieden und Einigkeit zu bringen: Der andere hat sich vorgenommen/ den Krancken auß Liebe Gottes zu dienen/ und dieselbe mit aller moͤglichen Nothwendigkeit zu versehen: der dritte hat erwaͤh- let/ von allen Menschen verlassen in der Einsambkeit zu ruhen. Nun lasset uns von dem letzten schreiten zu dem ersten/ und sehen/ wie es demselbigen in sei- nem Handel ergehe: diesen finden wir uͤbel zu frieden und verzweifflend an seiner Arbeit/ weilen er nach aller angewendten Muͤhe die Zanckende nach seinem Wunsch nicht vergleichen kan; derhalben verfuͤgt er sich zu seinem zweyten Bruder/ und findet denselben gleicher Gestalt in seinem Vorhaben wancken/ weil er mit allem seinem Fleiß den Krancken zur Gnuͤge nicht auff- warten konte: diese beyde gehen hin zum dritten/ und erzehlen demselben ih- re Bekuͤmmernuͤß/ bitten auch annebenst/ er wolle doch ihnen bedeuten/ wor- inn er zugenommen habe: dieser antwortet nicht alsbald/ sondern giesset ein truͤbes Wasser in ein Becken/ und nachdem selbiges vermoͤg deß Still- stehens klar worden/ sagt er zu ihnen/ sichet meine Bruͤder/ wie hat sich das Wasser nun geklaͤret/ daß ihr auch in selbigem ewere Angesichter gleich in ei- nem Spiegel beschawen moͤget. Die unter Menschen wohnen/ schen ihre Suͤnden nicht; wann sie sich aber in die Ruhe und Einsambkeit gesetzt ha- ben/ koͤnnen sie selbige leichtlich wahrnehmen: Dahero unter andern Lob- Spruͤchen/ so der Einsambkeit von den H. H. Vaͤttern zugeeignet werden/ ist diese der bequemlichsten einer/ welchen der Heil. Petrus Damianus dersel- ben gibt/ und sagt: Die Einsambkeit ist ein Spiegel der See- len. 7. Mit ihrem unaußsprechlichen Nutzen haben dieses alles erfahren die H. H. Altvaͤtter/ unter denen der H. Macarius dem unruhigen und wancken- den guten Palladio gerathen/ er solle seinen Gedanckensagen; Jch will umb CHristi willen die Waͤnde dieser Zellen bewahren: Wann derhalben nach Meinung dieses H. Vatters auch verdienstlich ist/ auß Liebe GOttes die Waͤnd der Zellen in Ruhe anschen; wie viel groͤssern Lohn hat dann nicht zu gewarten der jenige/ so in derselben mit betten/ be- trachten/ geistliche Buͤcher lesen/ und nuͤtzliche Ding zu schreiben fleissig ver- harret. Viele seynd mit jenem Geistlichen der irrenden Meinung; daß/ wann sie in ausserlichen Diensten nicht beschaͤfftiget seyen/ thuen sie nicht das Ambt eines Muͤnchen: Diese nehmen/ wann sie wollen/ mit selbigem Geist- lichen/ so sich dieserthalben bey einem der H. H. Vaͤttern angeklagt/ den H h Rath Die Zwantzigste Geistliche Lection Vit. P. P. l. 15. de Pat. \& Humil. Rath dessen in aller Demuth an: Verharre du in deiner Zellen/ und thue was du kanst ohne Verwirrung deß Gemůts; und vertrawe auff GOTT: dann der umb dessentwillen seine Zell und sein Gewissen bewahret/ der wird gefunden auff dem Orth/ allwo der Abt Antonius ist. Jm Leben deß H. Ein- sidlers Gurhlaci schreibt der ehrwuͤrdige Pater Laurentius Surius, daß dieser Heil. Mann in einer wilden entsetzlichen Jnsul gewohnet/ und allerhand Voͤgel demselben so gehorsamet/ daß wann er sie zu sich geruffen/ sie alsbald hinzu geflogen/ auff dessen Achselen sich gesetzet/ und mit sonderbahren Freu- den-Zeichen seine Holdseligkeit gleichsamb geruͤhmet haben: dieses hat eins- mahls ein sicherer Mann mit V erwunderung geschen/ und den frommen Einsidler gefragt/ woher doch diese ungemeine V ertraͤwligkeit der V oͤgeln entstehe? deme er geantwortet; daß dem jenigen/ welcher auß gantzem Hertzen die Gemeinschafft der Menschen fliehet/ nicht allein die V oͤgel und wilde Thier/ sondern auch alle andere Sachen werden zum Trost verordnet wer- den; und/ was noch mehr ist/ wird einem solchen der holdselige Trost der H. H. Engeln/ und alle erdenckliche Frewden nicht ermangelen. 8. Dahero in goͤttlicher Heil. Schrifft von der geistlichen Braut/ so von der Wuͤsten herauff kommen/ gesagt wird/ daß sie voller Wollust seye/ nicht aber der weltlichen und eitelen Wolluͤsten/ deren auch keine in der Wuͤste gefunden werden; sondern der geistlichen Wolluͤsten und Frewden/ der gros- sen Gnaden/ V erdiensten und Gaben/ welche der geistlichen Seel in ihrem einsamen Zellulein von ihrem himmlischen Braͤutigam verliehen werden. L. de virt. c . 31. Es koͤnnen aber/ nach Meinung deß H eil. Alberti Magni, alle die jenige Oerther Wuͤsten genennet werden/ so von der Gemeinschafft der Menschen abgesuͤndert seynd/ und in denen die mit Warheit sagen koͤnnen: unser Wandel ist im Himmel. Dahero sagt der jetzt gemeldte Albertus an einem andern Orth: den Kindern Jsrael wurde das H immel-Brod nicht gegeben/ als in der Wuͤsten/ allwokein andere suͤsse Speiß vorhanden ware: und also schmaͤcket niemand die Suͤssigkeit der Gnade/ als der sich in die Wuͤ- ste oder Einsambkeit verschliesset/ damit er die weltliche Ergetzungen nicht empfinde: wer nun deß wahren H immel-Brods zu geniessen verlanget/ der L. de Orat. c. 6. gehorche den Worten deß seeligen Laurentii Justiniani, der daspricht: Weil es anmůtig ist allein zu wohnen/ und mit GOTT in Ver- traͤwlichkeit zu reden/ so fliehe die Vielheit der Menschen/ du Liebhaber deß Gebetts/ fliehe auch die Wenigkeit der- selben/ und so gar fliehe auch einen eintzigen; damit du ohne Ver- Von der Einsambkeit. Verlust/ und ohne Menschlichen Respect, dein Hertz zu GOtt erheben moͤgest. Es ist aber wohl zu beobachten/ daß ein an- ders seye die Einsambkeit deß Leibs/ Krafft deren der Leib von dem Getuͤm- mel der Welt abgesuͤndert und in die vier Mauren verschlossen wird: und ein anders die Einsambkeit deß Hertzens/ durch welche das Hertz von der Lie- be der zergaͤnglichen Dingen wird abgehalten/ auff daß selbiges seinem GOTT allein offen stehe. Die erste Einsambkeit ist zwarn/ wie gesagt ist/ einem geistlichen sehr heylsamb und nuͤtzlich/ ja auch oͤffters zum Fortgana der Seelen hochnoͤthig; wann aber derselben die andere Einsambkeit d es Hertzens sich nicht zugesellet/ so bleibt die erste Einsambkeit deß Leibs alle n zumahlen unfruchtbar/ wie der Heil. Gregorius sagt: Was nutzet die Einsambkeit deß Leibs/ wann an dir ermanglet die Ein- sambkeit deß Hertzens? Der diese nicht hat/ kankein Einsamer/ son- dern allein ein allein wohnender genennet werden: Einen solchen/ sagt der Heil. Bernardus/ ist die Zellkeine Zell/ sondern ein Ver- schliessung und Kaͤrcker: Der ist in Warheit allein/ bey dem Gott nicht ist: der ist recht eingeschlossen/ der in Gott nicht frey daher gehet: Derhalben/ mein Christliche Seel/ schliesse auß deinem H ertzen auß/ rupffe auß/ treibe mit gewalt auß alle boͤse Nei- gung zu den weltlichen und nichtswertigen Dingen/ wann du von deiner Einsambkeit den gewuͤnschten Nutzen zu schoͤpffen verlangest. Keine Be- gird der zeitlichen Guͤter muß in deinem H ertzen Platz haben/ wann in dem- selben soll wohnen/ und daselbst seine Einsambkeit machen der einsambe Jesus. 9. H ierauß kanst du schliessen/ daß die geistliche Einsambkeit deß H er- tzens nicht allein in den verborgensten Winckeln der Einoͤde/ sondern auch mitten unter den Welt H aͤndelen koͤnne unbeschaͤdiget erhalten werden/ wann nur das H ertz von den irrdischen Creaturen also entfrembdet ist/ daß selbiges in allem uͤberfluß der Wolluͤsten/ sich keiner Wollust empfindlich an- masse; nichts liebe als Jesum/ keinem suche zu gefallen/ als Jesu; nichts ge- dencke/ nichts betrachte/ und nichts thue/ als was zu Ehren Jesu gereichet/ daß also derselbe aller Worten und Wercken/ aller Gedancken und Meinun- gen/ und aller hertzlichen Liebe eintziges Ziel und End seye. Dahero/ obschon die eusserliche Einsambkeit der Zellen/ wann sie zu gebuͤhrlichem End ist an- gefangen/ zum besten der Seelen gedeye; so ist sie doch derhalben allein zu loben/ weilen sie den geistlichen Menschen zur inner lichen Ein- sambkeit deß H ertzens sicherer und ruͤhiger anfuͤhret/ und von den Gefahren erlediget/ denen die Welt-Menschen sich unterworffen. H h 2 Jm Die Ein und zwantzigste Geistliche Lection Jm uͤbrigen mußdie eusserliche Einsambkeit von der innerlichen all ihren Werth und Krafft hernehmen: derhalben sagt der H. Bernardus/ liebe deine innerliche Zell/ liebe auch deine eusserliche/ und suche diese beyde Zellen der Gebuͤhr nach zu bewohnen: die cusserliche Zell soll dich bedecken/ nicht ver- bergen/ nicht damit du heimlicher suͤndigest/ sondern auff daß du sicherer le- best. Gebe einer jeden seine Ehr/ und messe du dir darinnen die Beherschung zu/ lehrne in derselben/ wie du dir nach deinem Ordens-Gesetz sollest vorste- hen/ das Leben einrichten/ die Sitten beherschen/ dich selbst urtheilen/ dich selb- sten bey dir selbsten anklagen/ auch oͤffters verdammen/ und nicht ungestrafft entlassen muͤssest. Nehme hin/ mein Christliche Seel/ diese nicht meine/ son- dern deß Heil. Bernardi vaͤtterliche Ermahnung/ lebe derselben nach/ und versichere dich/ daß du nicht irren/ sondern den unaußsprechlichen/ so zeitlich als ewigen Nutzen davou tragen werdest. Die Ein und zwantzigste Geistliche LECTION Von dem Gehorsamb. Prov. 3. v. 22. Custodi legem atque consilium, \& erit vita animætuæ. Bewahre das Gesaͤtz und den Rath/ daß wird deiner Seele Leben seyn. Der Erste Theil. 1. V Nter zweyen der Maͤhlerey erfahrnen Liebhabern hat sich eins- mahls ein Wett-Streit umb einen grossen Lohn erhoben/ wer den Him̃el am kuͤnstlichsten entwerffen moͤchte: der erste hat das Fir- mament oder Gestirn/ und die darin befindliche Unterscheidungen der Sternẽ und der Planet en ordentliche Mannigfalt/ sambtanderen den Gestirn-Er- fahnren bewusten Aspect en und Conjunctur en mit seiner Pinsel auffs beste vor Augen gestellet: der zweyte aber hat den Himmel mit keinem andern Zierath bekleidet/ als allein mit der fewrigen und hellglantzenden Sonne: Mit Von dem Gehorsamb. Mit dieser Arbeit gehen beyde zu einem unpartheischen Richter/ und lassen dieselbe urtheilen; vernehmen aber/ daß der jenige/ so den Himmel mit schoͤ- ner Ordnung der Sternen und Planeten vorgestellet/ den andern uͤber- troffen habe. Uber solches Urtheil verwundert sich der Zweyte/ und sagt; daß er in Entwerffung der eintzigen Sonnen allein alles gemahlet habe/ was sich am Himmel schen lasset; daß aber dieses alles unsichtbar seye/ muͤsse man dem uͤberauß grossen und gewaltigen Sonnen-Licht zuschreiben/ Krafft dessen alle Sternen und Planeten verdeckt und verduncklet bleiben. Also ist diesem zweyten Maͤhler der Preiß sambt dem auffgesetzten Lohn zu theil worden. Alle/ sagtder Apostel Paulus/ streiten und bemuͤhen sich/ einer aber bekombt das Kleynod. Wer ist der Eine anders/ als der da gehorsamb ist der Keusche laufft zwarn/ es laufft auch der demuͤthige/ gleicher Gestalt laufft der Arme umb Christi Willen/ und lauffen andere mit vielen Tugen- den gezierte nicht weniger: diesen allen aber laufft vor der Gehorsambe/ und zwarn also/ daß er vor andern das Leben der Seelen erwische: und ob wohln ein solcher fuͤr einen Besitzer der anderen Tugenden nicht angeschen werde; so hat er doch ungezweifflet alle an sich einschließlich/ indemer den Vorzug durch den Gehorsamb gewinnet/ der als eine Sonne in der Seelen strahlet. Dieweilen dann der Gehorsamb eine Tugend ist/ durch welche wir die so wohlmenschliche als Goͤttliche Befelch und Gebott vollbringen/ weil sie zu halten gebotten seynd/ derhalben wird ein wahrer gehorsamer Mensch/ indem er allen Gebotten unstraͤfflich nachkommet/ alle Tugenden gar leichtlich er- halten. Und weilen die Tugenden von der genauen Vollbringung aller Gebotten herruͤhret; so muß der jenige nothwendiglich mit allerhand Tugen- den gezieret seyn/ welcher den Gebotten mit Freuden gehorchet. Dann der Christo den Gehorsamb leistet/ indem er sagt: Lernet von mir/ Matt. 11. 29. dann ich bin sanfft- und demůthig von Hertzen/ der wird alsbald haben die Demuth. Und dieses kan von allen andern Tugen- den solcher Gestalt gesagtwerden. Und weil auch der Gchorsamb in der Ver- leuchnung deß eigenen Willes gegruͤndet ist/ so wird der wahre Gehorsamb auffs wenigst nicht toͤdtlich suͤndigen/ zumahlen ein solche Verlaͤugnung mit der Suͤnde zugleich nit stchen kan/ die nur von dem eigenen Willen ihren Ursprung hat: Dahero hat recht geredet der H. Geist durch den Mund deß weisen Mans: Bewahre das Gesetz und den Rath/ das Prov. 3. wird deiner Seele Leben seyn. 2. Hoͤre nun/ mein Christliche Seel/ und mercke wohl/ was von dieser Kron der Tugenden die H. H. Vaͤtter halten; unter denen wir dem H. Vat- H h 3 ter Die Ein und Zwantzigste Getstliche Lection ter Augustino billig den Vorzug geben/ der da spricht in seinem ersten Buch der Controversien: Der Gehorsamb ist die allergroͤste Tu- c. 14. gend/ und/ also zu sagen/ ein Mutter und Ursprung al- ler Tugenden. Und weilen der Gehorsamb/ nach Zeugnuß deß Heil. Gregoru/ die jenige Tugend allein ist/ so die andere in das Hertz einpflantzet/ L. 4. Inst. c. 30. und die eingepflantzte bewahret; derhalben sagt wohl der fromme Cassianus/ daß selbige unter den andern Tugenden den Vorzug habe/ dergestalt/ daß/ ob du schon die gantze Welt/ und was darinnen ist/ verlassen hast/ dein Creutz mit grosser Gedult tragest/ und dich in allen Tugenden uͤbest/ wann dannoch den Gehorsamb nicht hast/ nichts zu schaͤtzen seyest: dieweilen diese Tugend von einem Gott-seeligen Vatter mit diesen lebhafften Farben also In Vit. P. P. L. 3. Libel. 14. n 19. entworffen wird/ daß sie seye das Heyl aller Christ-Glaubigen/ eine Gebaͤrerin aller Tugenden/ eine Auffschliesserin und Erfinderin deß Himmelreichs/ ein Erheberin der Men- schen von der Erden/ eine Beywohnerin der Engelen/ und endlich eine Speiß aller Heiligen und Außerwaͤhlten GOttes: dann auß dieser seynd sie entwehnet worden/ und durch selbige seynd sie zur Vollkommenheit gelanget/ und zwarn in kurtzer Zeit: Wie der H. Dorotheus von seinem Doct. 4. Dositheo meldet/ daß selbiger in der eintzigen Tugend deß Gehorsambs und Verlaͤugnung seiner selbsten sich mehrentheils geuͤbet habe/ seye aber in sei- ner bluͤhenden Jugend gestorben/ und gleich nach seinem Todt von einem Ruff. L. 1. Vit. P. P. c. 31. Alten in der Schaar der Heiligen geschen worden. Derhalben gibe einem jeden der H. Antonius diesen Rath und sagt: der verlanget bald vollkom- men zu werden/ der seye seyn eigener Lehr-Meister nicht/ und gehorche nicht seinem eigenen Willen/ wann er schon vermeinet/ daß die Sach recht seye/ die er begehret: sondern er verlaͤugne sich selbsten vor allem nach dem Gebott deß Herrn/ der auch von sich selbsten sagt/ daß er nicht kommen seye/ seinen Willen zu vollbringen/ sondern dessen/ der ihn gesandt hat. 3. Weiters erfreuet uns auch der in den Tugenden hoch-erfahrne Joan- Grad. 4. nes Climacus mit dieser erfreulichen Zeitung/ daß man durch den Gehor- samb nicht allein hurtig/ sondern auch leichtlich/ und gleichsamb schlaffend Tr. 3. de obed. zur Vollkommenheit gelangen koͤñe. Welches der H. Bernardinus Senensis vermittelst dieser Gleichnuß bekraͤfftigt/ und sagt; das/ gleich wie einer in einẽ Schiff/ unter dem Essen/ Trincken und Schlaffen fortfahret/ dieweilen er durch frembde Bewegung fortschreitet; also ein wahrer gehorsamer in seinem geistlichen Stand mit Essen/ Trincken und Schlaffen/ und Wirckung ande- Von dem Gehorsamb. anderer guten Werck sich bey GOtt verdienstlich mache. Die andere Frucht deß Gchorsambs ist diese; das durch selbigen der Mensch seinem GOtt und HErrn uͤber alle Massen gefalle; und das zwarn billig; diewei- len ein solcher Geistliche nicht seinen Sohn mit dem Abraham/ nicht einen Theil seiner/ sondern sich selbst gantz und zumahlen seinem lieben GOtt auffopfferet und schlachtet/ in dem er seinen Willen und sich selbsten umb seines Herren Willen verlaͤugnet und vernichtiget. Diesen Handel hat wohl verstanden der noch zwarn jung von Jahren/ jedoch kluge Dorotheus/ S. Doro- th. Doctr. 11. derhalben er sich in dieser seiner Jugend alsbald dem Gehorsamb vollkom- mentlich er geben; und hat dadurch nicht allein die Gnad erlanget/ daß ihm keine vorgefallene Widerwaͤrtigkeit schwaͤr gefallen ist/ wie groß sie immer hat seyn koͤnnen; sondern hat sich auch Krafftdieser Verlaͤugnung den un- sterblichen und ewigen Nahmen der Heiligkeit mit der That selbsten erwor- ben. Die dritte Frucht deß Gehorsambs ist diese; das derselbige seye eins von den gewisseresten Zeichen der Verordnung zum ewigen Leben: Sinte- mahlen dieser Weeg/ gleich wie er von dem eigenen Willen am weitesten entfernet ist/ also keinen Jrthumb und Umbweg unterworffen ist. Dahe- ro sagt Christus mit allem Ernst: Wann du wilt zum Leben ein- Matt. 19. gehen/ so halte die Gebott. Und der Gottseelige Climacus leh- ret/ daß der jenige/ so sein Gewissen der Verwaltung sei- Grad. 4. nes geistlichen Vatters allzeit gern unterworffen/ und selbiges also gantz sauber gehalten hat; den Todt mehr nicht als einen Schlaff/ ja so gar als ein Leben achte/ und denselben taͤglich unverzagt erwarte/ dieweilen er versichert ist/ daß zur Zeit seines Hinscheidens die Rechnung seines Lebens nicht von ihm/ sondern von seinem Vatter werde gefordert werden/ wie der himmlische Vatter einsmahls der H Catharinaͤ mit diesen Worten offen- bahret hat. Ein wahrer gehorsamer Mensch ist mir nicht verbunden Re- chenschafft zu geben von seinem Handel und Wandel/ sondern dessen vorste- her. So ist dann der Gehorsamb ein Schluͤssel/ durch welchen Christus den Himmel eroͤffnet/ und den Haͤnden seines Stadt-Halters uͤberlassen hat. Derhalben hat sich der H. Bernardus erkuͤhnet zu sagen: Jch werd Serm. 28. in cant. wuͤrdig seyn GOtt zu sehen/ wann ich von selbigem vorhero fuͤr ein wahren Gehorsamer werd gehaltẽ werden: und alsdan werd ich in aller Versicherheit meinen Herren sehen/ wann das Opffer meines Gehorsambs denselben vorhin belangen wird. Dieses heiligen Mans Bruder Gerardus/ da er einsmahls im Geist verzuckt gewesen/ und nach dreyen Tagen wieder umb zu sich kommen/ hat er alsbald mit diesen Worten loß gebrochen: O wie ein gute Sach ist der Gehorsamb! Jch bin vor dem Richter-Stuhl Christi Die Ein und Zwantzigste Geistliche Lection Christi gewesen; ich hab die Seelen der Heiligen geschen; und hab mei- nen Erloͤser zu mir sagen hoͤren: Siehe/ dieser ist dein Ort unter deinen Bruͤdern: keiner wird auß deinem Orden zu Grund gehen/ wann er sei- nen Orden biß zum End lieben wird: er wird oder im Todt/ oder bald nach selbigem gereiniget werden. Von gleicher Consideration ist das jenige/ Petrus de Vega in Hist. sui Ord Historia. so einem Geistlichen auß dem Orden deß H. Hieronymi wiederfahren. Die- ser fromme Diener GOttes wurde von denen Außerwaͤhlten/ die er vor an- deren am meisten verehrt hatte/ besuchet; und nach geschehener solcher Be- suchungsagte er: es ist mir Leyd/ daß ich in meinem geistlichen Stand mich so wenig bemuͤhet hab: durch das Creutz und Leyden Christi aber/ und we- gen deß Gehorsambs/ welchen ich meiner Obrigkeit treulich geleistet/ gehe ich zum Reich der Himmelen. Dieses hat mir GOtt zum Trost und auff- erbauung der Geistlichen offenbahret; damit die Laue und Nachlassige ihr Leben besseren moͤgten. Ein wenig nach diesen Worten hat er mit grosser Freud seines Hertzens den Geist auffgegeben. Weiters koͤnnen wir auch auß der Offenbahrung der H. Gertrudis abnehmen/ wie der Weeg zum Lib. 5. Insin. c. 24. Himmel durch den Gehorsamb so sicher gemacht werde. Dieser H. Jung- frauen wurde der Weeg zum ewigen Leben gezeiget in der Gleichnuß eines sehr gehen Bretts/ so man schwerlich hinauff steigen konnte; derhalben sich ein jeder mit beyden Haͤnden bemuͤhen muste/ und wurde darzu von denen herumbstehenden boͤsen Geistern noch verhinderet. Das Brett der ge- horsamen Geistlichen aber ware auff beyden Seiten mit Stangen und Laͤh- nen verschen/ und die Engelen GOttes waren denen auffsteigenden bchuͤlff- lich. Jst dann nicht wahr/ und abermahl wahr/ was der weiseste Salomon Prov. 21. v. 28. sagt: Der unterthaͤnig ist/ wird vom Sieg reden. Er wird alle seine Feind/ die ihn von diesem geraden Weeg abhalten wollen/ uͤberwinden und zu Boden werffen. 4. Noch ein ander herrlicher Nutzen deß Gehorsambs ist dieser; daß er nemblich in Erlangung deß jenigen/ so wir begehren/ allen andern Opffern deß alten Testaments weit vorgehe/ wie wir lesen im ersten Buch der Koͤ- c. 15. v. 23. nigen: Gehorsamb ist besser/ als Schlacht-Opffer. Und derhalben ist der Gehorsamb zu Erhaltung der Gnaden und Wolthaten GOttes kraͤfftiger und besser; weilen durch selbigen der Mensch sich gantz und zumahlen zum allerfeististen und GOtt-gefaͤlligsten Brand-Opffer darreichet. Er ist ein Opffer deß Lobs und der Dancksagung/ wie der H. Augustinus meldet: Wilstu/ sagt er/ GOtt immer und allzeit In Psalm. 148. loben? Wolan/ so thue alles wohl; und in dem lobestu GOtt Von dem Gehorsamb. GOtt zu allen Zeiten: das Wohlthun kanst du aber besser nicht verrichten/ als durch einen vollkommenen Gehor- samb: welcher auch ist ein Gnaden-Thron der Suͤnder/ weilenselbiger das allerkraͤfftigste Mittel ist die Nachlassung der Suͤnden zu erhalten: er ist ein Fried-Opffer; dann er ein wunder- und sonderbahre Macht hat aller- hand Gaaben GOttes zu erwerben: und schließlich ist er auch ein heiliges Meß-Opffer; zumahlen er das bluͤtige Schlacht-Opffer/ in dem sich Chri- stus seinem himmlischen Vatter hat auffgeopfferet/ und biß zum Todt deß Creutzes gehorsamb gewesen/ zur Gedaͤchtnuß bringet: daß also billig der Heyland durch seinen Propheten von sich selbsten gesprochen: Schlacht- Ps. 39. 7. Opffer und Speiß-Opffer hast du nicht begehret: aber du hast mir meine Ohren zubereitet: Brand-Opffer und Opf- fer fůr die Sůnde hast du nicht gefordert: da sprach ich/ sie- he/ ich komme: im Anfang deß Buchs ist von mir geschrie- ben/ daß ich deinen Willen verrichten soll/ O Gott. 5. Derhalben/ mein Christliche Seel/ seye nicht bekuͤmmert/ wann du vielleicht zu schwaͤren und harten Bußwercken nicht bequem bist; seye nur Gehorsamb/ so wirst du denen gleich/ oder auch groͤsser werden in den Augen GOttes/ welche mit ungemeiner Schaͤrffe ihren Leib casteyen; und damit du dieses versichert seyest/ als stelle ich dir vor Augen den H. Dositheum, der Rodriq. p. 3. tr. 5. c. 1. wegen allzugrosser Zartigkeit und Schwachheit seines Leibs der schwaͤren Bußwercken sich enthalten muͤssen/ und hat dannoch vermittelst eines voll- kommenen Gehorsambs dieselbige Cron der Seeligkeit sich erworben/ so dem H. Antonio durch sein hartes Leben ist zu theil worden; Auch hat GOTT einsmahls durch seine goͤttliche Stimm selbst bezeuget/ daß ein sichere Closter Historia. Jungfraw/ welche auß Gehorsamb die H. Communion zu empfangen un- terlassen/ und in der Kuͤchen gearbeitet/ groͤssern Lohn verdienet habe/ als wann sie nach ihrem Verlangen deß H. Nachtmahls waͤre theilhafftig wor- den. Der fromme Rogerius redet auch in seinem Sterbstuͤndlein den H. Abt Arsenium mit diesen Worten an/ und sagt: ey lieber Vatter/ ich bitte dich/ befehle mir doch daß ich sterbe/ auff daß ich also auß Gchorsamb moͤge hin- scheiden/ und auch sterbend mich bey GOtt verdienstlich mache; dann ich hab vonsechzig Jahren her diese Gnad von Gott begchrt/ daß er mich nicht ohne Befehl meines geistlichen Vatters sterben lasse. Wohlan/ sagt Arsenius, so sterbe dann/ mein lieber Bruder: hierauff stirbt alsbald der gemeldte Ro- gerius, und verkuͤndiget in selbiger Nacht seinem Vatter Arsenio, daß sein solches Hinscheiden hoͤher von CHristo seye geschaͤtzet worden/ als eineintzi- J i ges Die Ein und zwantzigste Geistliche Lection ges Werck seines gantzen Lebens. Diesem Rogerio hat unser sehr geistreicht Josephus à S. P. Augustino in der wahren Vollkommenheit deß Gchor- sambs nicht weichen wollen; indem er den Tag seines Tods vorgewisset/ und an selbigem von dem chrwuͤrdigen Priori P. Marco Erlaubnuͤß zu sterben/ und den vaͤtterlichen Seegen begehret/ und auch erlanget; worauff er dan also bald verschieden/ und der die Zeit seines Lebens deß Gchorsambs sich eyffe- rig befleissen/ hat auch auß Gehorsamb zu sterben verdienet: dieser gottselige Muͤnch ist vielmahl nach seinem Todt in glorwuͤrdiger Gestalt geschen/ und unter seinen singenden und Gott lobenden Mit-Bruͤdern gehoͤret worden: dem nun ein solches End/ und so gluͤckliches H inscheiden gefallet; der lasse sich vor allem die herrliche Tugend deß Gehorsambs angelegen seyn/ zuma- len selbige mehr als andere einen geistlichen Zierat/ und so wohl den Men- schen/ als Gott gefaͤllig machet. Der Andere Theil. 6. N Un mercke/ mein Christliche Seel/ was da zu einem vollkommenen Gehorsamb fuͤrnemblich erfordert werde. Erstlich muß der Gehor- samb blind seyn; zum andern muß er willig und hurtig seyn; und zum dritten muß er starck seyn. So viel die erste Eigenschafft desselben belanget; muß ein Gehorsamer nicht mit einer unbesonnenen und vermessenen Blindheit auch das jenige vollzichen/ so unehrbar und unzulaͤssig ist; sondern er muß die Ursachen/ warumb ihm dieses oder jenes von der Obrigkeit befohlen wer- de/ nicht erforschen; und muß ihm gnug seyn zu wissen/ daß das jenige/ so ihm aufferlegt wird/ ohne Suͤnd geschehen koͤnne: dahero sagt der Heil. Kir- In lib. 1. Reg. l. 2. c. 4. chen-Lehrer Gregorius: Ein wahre Gehorsamb ůberlegt die Intention oder Meinung der Vorstehern mit nichten; er macht auch unter den Gebotten derselben keinen Vnter- scheid: weilen der jenige/ welcher alle Vernuufft seines Le- bens der Obrigkeit unterworffen/ darinnen allein seine Frewd hat/ daß er verrichte/ was ihm ist befohlen worden: dann alle diese koͤnnen nicht urtheilen/ welche den Gehor- samb zu leisten vollkommentlich erlehrnet haben; Deren ich dir einen auß vielen/ nemblich den Heil. Emsidler Paulum, der genennet wird der Einfaͤltige/ allhier anziche: selbiger hat in seinem sechtzig jaͤhrigen Alter bey dem Heil. Antonio angehalten/ daß er der Zahl seiner Juͤnger moͤchte beygesetzt werden; diesen hat der jetzt gemeldte Heil. Vatter drey Tag lang Ohne Von dem Gehorsamb. ohne Essen und Trincken auff die Antwort seines gethanen Versuchs war- ten lassen: und/ da er nunmehr die grosse Bestaͤndigkeit deß gefasten Vor- habens gesehen/ hat er ihm mit diesen Worten geantwortet: du kanst seelig werden/ wann du den Gehorsamb hast/ und das verrichtest/ was du von mir hoͤren wirst: ich will/ sagt der Alte/ alles thuen/ was dir gefaͤllig ist: Anto- nius fangt derhalben an die schwaͤrste Bußwerck/ so er in seiner Jugend ge- uͤbet/ zu erneweren: diesem allen aber ist mit allem Eyffer vollkommentlich nachkommen der einfaͤltige Paulus: da er nun erfahren/ daß der alte Juͤnger durch so strenge Weiß zu leben von seinem Vorsatz zu weichen nicht gesin- net waͤre; hat er ihnen mit dem Gehorsamb versuchen wollen/ und hat ihm solche Ding zu thuen befohlen/ welche der Vernunfft und gemeiner Ubung zu wider seynd: Er hat gantze Tage auß dem Brunnen Wasser schoͤpffen/ und selbiges alsbald wiederumb auff die Erd giessen muͤssen: die wohl ge- flechtete Koͤrbe hat er muͤssen gaͤntzlich aufflosen/ und hernach wiederumb zu- sammen flechten: die Kleider hat er muͤssen von einander schneiden/ wieder- umb zusammen naͤhen/ und abermahl zertheilen: einen Eymer voller Hoͤnig muste er zerschlagen/ und den Hoͤnig verschuͤtten/ denselben aber alsbald mit einer Muschel dergestalt auffnehmen/ daß nichts unsauberes mit auffgeklau- bet wurde: dieses und alles uͤbrige/ was dem Paulo von seiner Obrigkeit auch gegen die Natur zu thuen/ ist befohlen worden/ hat er ohne das geringste Wi- dersprechen oder Unwillen in aller Demut verrichtet; und dardurch so grosse Gnad von Gott erhalten/ daß er an Gewalt die Teuffelen außzutreiben/ sei- nem Lehrmeister dem Antonio ist vorgangen: es ist aber nit zu zweiffeln/ daß derselbige viel groͤssern Lohn werde empfangen haben im Himmel/ der also von Gott ist geehret worden auff Erden. 7. Auch ist dieser nach Meinung deß H. Basilii, ein blinder Gehorsamb Inst. mon. se c. 2. zu nennen/ wann ein Geistlicher nach dem Winck seiner Obrigkeit nicht al- lein flichet/ was suͤndhafft ist; sondern/ wann er auch das jenige unterlasset/ was loͤblich ist: dann/ ob zwar die Maͤssigkeit und Abtoͤdtung nuͤtzlich seynd; so koͤnnen sie doch/ wann sie auß eigenem Willen geschehen/ dem allerhoͤchsten GOtt nicht so angenehm seyn/ als eben der Gehorsamb: und dies e s zeigt uns der gottselige Blosius. indem er die Offenbahrung der H. Brigittaͤ mit diesen Worten beschreibet: die H. Brigitta/ sagt er/ hat er auch auß dem Mund deß Appen. 4. Inst. sp. n. 6. Herrn dieses gehoͤret: der lieber wolte fasten/ als essen und trincken/ und gleich- wol auß Gehorsam isset und trincket; der wird denselbigen Lohn bekom̃en/ wel- chen der jenige empfahet/ so da rechtmaͤssig fastet: gleichen Lohn hat zu gewar- ten/ der kranck ist/ und isset/ und wolte doch lieber mir zu chren fasten: derhalben J i 2 setzt Die Ein und zwantzigste Geistliche Lection Blos. in brevi. Tyro sp. §. 2. n. 3,. setzt der obgemeldte Blosius hinzu/ und redet also die Novi tzen an: es ist besser mit Nuͤchterkeit und Enthaltung zur. Ehren Gottes den Gehorsamb essen/ als das schwaͤre Fasten der alten Vaͤtter auß eigenem Willen nachfolgen. Was auß lauterm Gehorsamb geschicht/ es seye so gering und verwuͤrfflich/ als es immer wolle/ das wird von GOtt hoch geachter und reichlich belohnet. Lasse deinen Willen fahren/ sagt er an einem andern Orth/ und gehorche in aller Demuth und Hurtigkeit umb GOttes Willen: besser ists/ auß einfaͤl- tigem Gehorsamb die Nesselen und anderes. Unkraut außrupffen/ als nach ei- genem Sinn die Beschawung der goͤttlichen Dinge beobachten: weilen Gott das groͤste Wohlgefallen hat an der Verlaͤugnung deß eigenen Willens: dieses hat recht und wohl verstanden unser ehrwuͤrdige Joannes à St. G i il el- In vita ejus. mo, welcher zwarn in Strengigkeit deß Lebens den Heil. Guilielmum und Nicolaum Tolentinum uͤbertroffen; da er aber zu unserm Ordenkommen/ hat er nach dem Winck den Oberen von allen seinen Abtoͤdtungen und scharf- fen Bußwercken/ als da seynd/ Cilicia, Harnisch/ disciplinir en/ und andern un- gewoͤhnlichen. Casteyungen alsbald abgelassen/ und sich mit den gewoͤhnli- chen Bußwercken der barfuͤssigen Augustiner befridigen lassen: daß aber so- thaner Gehorsamb dem lieben GOtt sehr angenehm gewesen seye/ solches hat ihm die glorwuͤrdige Himmels-Koͤnigin einsmahls bedeutet/ da er auß einem Eyffer angetrieben/ ohne Vorwissen der Obrigkeit der vorigen Strenge sich gebrauchen wollen/ und gesagt. lieber Joannes, du thuest nicht wenig/ wann du thuest was deine Bruͤder thuen/ und dir deine Obrigkeit zu thuen befeh- let: da nun dieser gottseelige Diener vor den Fuͤssen seiner Koͤnigin niederge- fallen/ hat ihm selbige den Siegen ertheilet; er aber hatsich von selbiger Zeit an nicht unterstanden/ das geringste ohne Vorwissen der Obrigkeit zu thuen. 8. Weiter hoͤre/ mein Christliche Seel/ wie nicht allein die jenige Buß- werck/ so ohne Erlaubnuͤß der Oberen ver richtet werden/ nicht belohnet/ son- Bouer. Annal. Capuc. 1547. dern auch noch darzu gestraffet werden Andreas Assisinas ein Capuciner/ und ein Mann grosser Heyligkeit und sehr strengen Lebens/ ist am siebenden Tag nach seinem Todt dem Stechen-Meister erschienen/ und hat sich be- klagt/ daß er wegen der jenigen Bußwerck/ die er ohne Erlaubnuͤß der O- brigkeit auß eigenem Willen geuͤbet/ so lang von der himmlischen Glori seye auffgehalten worden. Einander auß der S. ciet aͤt Jos ist dem ehrwuͤrdigen Annuæ Ann In- golst. 1618. P. Jacobo Rhem in einem beßlichen Kleid und abschewlicher Gestalt er- schienen/ und gesagt/ daß erweger der Casteyung semes Leibs/ die e r ie hne Vorwissen seines Vorstehers veruͤbet/ den Straffen deß Feeg- Fewers; seye verdammet worden. 9. Jn Von dem Gehorsamb. 9. Jn allem unserm Handel und Wandel solten wir billig von hinden und vorn mit Augen versehen seyn: in dem Gehorsamb aber allein wird ei- ne Blindheit erfordert. Ach wie viele falsche Bruͤder und Schwester seynd/ welche ihre Augen nicht auff den Befelch/ sondern auff den Befehlenden schlagen/ wann ihnen dieses oder jenes geschaffet wird! und wann derselbi- ge seine menschliche Fehler und Unvollkommenheiten an sich hat/ sagt man: H o c autem quid? Was soll der? Nun hoͤre du was dir Christus Joan. 21. sagt: Qnidadte? tu me sequere: Was gehet das dich an? fol- ge du mir nach. Andere murren bey sich selbsten/ und beklagen sich gleichsamb/ daß ihnen die Obrigkeit allzuschweren Last aufflege/ den sie doch selbst nicht mit einem Finger anruͤhret. Denen sagt ehenfals der Goͤttliche Heyland: Auff dem Stuhl Moysi sitzen die Schrifft-Ge- Matt. 23. v. 2. lehrten und Pharisaͤer: derwegen haltet und thuet alles/ was sie euch sagen: aber nach ihren Wercken sollet ihr nicht thuen. Was hat uns Christus durch diese Warnung anders be- deuten wollen/ als das wir nicht allein den guten/ sondern auch den bosen Obern gehorchen sollen? Wer aber dieses vernachlaͤssiget/ der kan seinem GOtt keines Weegs gefallen; dieweil er nicht so sehr seine Obrigkeit/ als GOtt selbsten verachtet. Wie schlimmer und unbescheidener der Vor- steher oder Vorsteherin ist; wie geduͤltiger und gehorsamer der Unterthan seyn muß. Wie unerfahrner und ungesehickter ist der Bart-Scherer/ wie stiller und unbeweglicher sich einer auch zu verhalten hat/ wann er mit dem Schermesser nicht will verletzet werden. Wie weniger die Obrigkeit mit Vernunfft versehen ist; wie mehr der Untergebene der Ruhe und Gehorsambs sich befleissen muß/ damit er desselben Ehr nicht schmaͤlere: wie der H. Pe- trus mit diesen Worten uns lehret: Jhr Knecht/ seyd den 1. Pet. 2. v. 18. Herren mit aller Forcht unterthan; nicht allein den gu- ten und bescheidenen/ sondern auch den Vngeschlachten. Wann man den guten allein zu gehorchen haͤtte/ so waͤre die Gewalt oder Gerechtigkeit der Kirchen ein ungewisse Sach; indem wir nicht wissen/ wer gut oder boͤß seye; und also wuͤsten wir nicht/ wem wir gehorsamen solten/ oder wer der rechte Vorsteher oder V orstcherin seye: dar auß dan sicher ein Babylonische V erwirrung entstehen doͤrffte. Wann man einem Boͤsen zu gehorchen nicht schuldig waͤre; so wuͤrde die Gerechtigkeit der Kirchen keinen Bestand haben; dann der anjetzo gut ist/ kan uͤber eine Stund boß seyn. Kan nicht ein abscheulicher Mahler ein sehr schoͤne Bildnuß entwerffen/ so wegen deß Mahlers Abscheuligkeit an ihrem J i 3 Werth Die Ein und Zwantzigste Geistliche Lection Werth nichts verlieret? Gleicher massen kan ein boͤse Obrigkeit gute Be- felcher außtheilen; sintemahlen dieselbe an Statt GOttes ist/ von dem alle Rom. 13. Gewalt gegeben wird; Der aber der Gewalt widerstrebet/ der widersetzet sich der Goͤttlichen Satzung. Wohl und abermahl wohl thuen die jenige/ welche auch den ungeschlachten Obern in allem pariren/ und die scharffe Befelcher mit Freuden vollbringen; dann also werden sie von den Maculen ihrer Seelen am besten gesaubert/ und von Gott am meisten geliebet. 10. Schaue zu/ mein Christliche Seel/ wie dein himmlischer Lehrmeister dir in diesem Gehorsamb/ auch mit der That selbsten ist vorgangen; welcher nit allein den hohen Priestern und ungerechten Richtern/ sondern auch so gar seinen Creutzigeren den Gehorsamb hat leisten wollen; zumahlen er/ da ihm Serm. 3. de Epiph. die Kleyder außzuziehen befohlen worden (wie der H Vincentius Ferrerius vermerckt) alsbald gehorchet. Christus/ sagt der Apostel: ist dem Vatter gehorsamb worden biß zum Todt/ und zwarn zum Todt deß Creutzes. Was aber hat Jhn darzu genoͤthiget? der Apostel Petrus antwort/ und sagt: Christus hat fůr uns ge- 1. 2. 21. litten/ und hat euch ein Exempel gelassen/ daß ihr sei- nen Fußstapffen sollet nachfolgen: das ist/ sagt der H. Ber- nardus/ daß ihr sollet gehorsamb seyn/ wie er gewesen ist. So haben wir De Grad. Hum. dann auß deme/ was er gelitten hat/ zu lernen/ wie viel wir/ die wir nur Menschen seynd/ umb deß Gehorsambs Willen zu leyden haben; fuͤr wel- che der jenige/ so GOtt ware/ gern gestorben ist. Auff daß uns aber diese zu uͤben/ alle Beschwaͤrligkeit benommen werde/ muͤssen wir unsere Obrigkeit nicht fuͤr schwache und unvollkommene Menschen/ sondern fuͤr ware Statthalter GOttes halten/ wie uns der obgemeldte H. Bernardus erinnert und sagt: Der Gehorsamb/ welcher den Obern ge- L 1. de Disp. \& Præl. leistet wird/ wird GOtt geleistet; dann Er selbst gesagt hat; der euch hoͤret/ der hoͤret mich. Dahero der gewisse Schluß gemacht wird/ daß man all das jenige/ so von der menschlichen Obrig- keit an Statt GOttes befohlen wird/ nicht anders muͤsse annehmen/ als wans GOtt selbst befehlete: zumahln eins ist/ ob er uns durch sich selbst/ o- der durch seine Diener/ sie seyen dann Menschen oder Engel/ seinen Willen kundbar mache. 11. Gegen den blinden Gehorsamb nicht allein/ sondern auch gegen das Verbott Christi ( nolite udicare. Richtet nicht ) suͤndigen die jenige/ so vermeinen/ daß hier und da die Obrigkeit uͤbel befehle; derhalben machen sich selbige offtmahlen den gefaͤhrlichen Zweiffel/ ob sie den Willen GOttes recht erkennen koͤnnen. Nun geschichts aber taͤglich/ daß ein Vorsteher oder Vor- Von dem Gehorsamb. Vorsteherin auß gewissen Ursachen dieses oder jenes/ diesem und nicht je- nem schaffe/ und der Unterthan immittels seine Obrigkeit einer Unvollkom- menheit bey sich selbsten bestraffe. Wann aber einem solchen wohl bewust ist/ daß auch die offenbahre Fehler (die zweiffelhafftige zu geschweigen) von uns nicht sollen geurtheilet werden; so muß er ja vernuͤnfftiglich schliessen/ daß der Will GOttes in dem Willen der Obrigkeit bestehe/ und er nicht suͤndigen koͤnne/ indem die Obrigkeit ihre verborgene Ursachen zu offenbah- ren nicht allzeit schuldig ist. Und wann schon der Obere mit diesem oder jenem Befelch scheinbarlich suͤndigen solte; so ist doch der Unterthan ver- bunden/ demselben zu gehorsamen/ wann nur die Sach/ so befohlen wird/ der Ehrbarkeit gemaͤß ist: und auff solche Weiß gebraucht sich GOtt der- jenigen Obrigkeit als eines Jnstruments oder Werck- Zeugs/ seinen Wil- len zu offenbahren/ wie die Goͤttliche Weißheit offtmahlen zu thun pfleget. Dieserthalben hat die Allerseeligste Jungfrau Maria dem Gebott deß heyd- nischen Kaysers Augusti ohne einige Entschuldung gehorchen wollen/ und ist unangesehen der schwaͤhren und kalten Winters-Zeit der eusseresten Ge- fahr ihrer Leibs-Gesundheit/ und der herannahenden Niederkunfft nach Bethlehem gereiset. Und ob sie schon wuste/ daß diese Welt- Beschreibung von der Hoffart und Ehrgeitz deß obgemeldten Kaysers entstunde/ so hat sie dannoch demselben/ der zwarn ein gerechte Sach/ aber ungerechter Weiß be- fohlen/ gehorchen wollen; dieweiln ihr bekandt ware/ daß Gott sich der Hoffart deß Augusti als eines Jnstruments gebrauchete/ Krafft dessen sein von Ewig- keit her gemachter Beschluß uͤber solche Beschreibung erfuͤllet/ und sein Eini- ger Sohn in Bethlehem gebohren wuͤrde. Dahero hat diese Glorwuͤrdige Jungfrau ihre Augen nit auff den Befehlenden/ sondern auff die befohlene Sach geschlagen/ und allen Christglaubigen fuͤrnemblich aber den Geistlichen ein herrliches Exempel hinterlassen. 12. Nicht wenig kan dich auch/ mein Christliche Seel/ zum blinden Gehor- samb antreiben/ wann du nemblich ungezweiffelt darfuͤr haltest/ daß dir deine Obrigkeit/ ob sie schon ihre Maͤngel und Fehler hat/ von GOtt also vorgese- hen seye: dann dieses hat GOtt seiner außerwaͤhlten Braut/ der H. Gertrudi gnugsam zu verstehen gegeben/ da sie bey selbigem uͤber die Strengheit ihrer Vorsteherin sich beklaget/ und zur Antwort bekommen/ daß sie von solchen Klag-Reden ablassen/ und sich versicheren solte/ daß er dieses alles zu ihrer und der Vorsteherin Heyl gedeyen werde. Ein andersmahl hat die gemeldte Heil. Jungfrau fuͤr die Maͤngel einer sichern Person gebetten; Gott aber ist ihr erschienen und hat ihr gesagt: Auß dem Uberfluß meiner Guͤte/ meiner Suͤssigkeit und Goͤttlichen Liebe/ vermoͤg deren ich die- se Versamblung erwaͤhlet hab/ lasse ich auch den jenigen/ so andern vor- Die Ein und Zwantzigste Geistliche Lection vorstehen/ einige Maͤngel ankleben/ umb den Verdienst der Versamb- lung dardurch zu vermehren zumahlen es viel tugenthaffter und Ruhm- wuͤrdiger ist/ einem solchen sich unterwerffen/ dessen Fehler kundbar seynd; als einem anderen gehorsamen/ dessen Werck von allen fuͤr gut gehalten werden. Jch lasse die Obrigkeit ihre Maͤngel haben/ und lasse sie von der Vielheit der Sorgen zu Zeiten sich besudlen/ damit sie desto demuͤthiger werden. Der Verdienst der Unterthanen wird so wohl auß den Maͤnge- len/ als auch auß den Tugenden deren/ die verwalten/ gemehret: und im- gleichen wachset der Verdienst deren/ die da vorstehen/ so wohl auß den Tu- genden/ als auch auß den Fehlern der Unterthanen. Was vor grosse Freud und Ruhe deines Hertzens du auß sothanem blinden Gehorsamb schoͤpffen werdest/ kanstu/ mein Christliche Seel/ nicht besser erfahren/ als durch im- merwehrende und standhafftige Ubung desselben. Wird die Obrigkeit tugentsamb und gut seyn; so wirstu dich erfreuen uͤber aller gluͤcklichen Fort- gang: wird sie aber unbescheiden und boͤß seyn; so wirstu dich nicht betruͤben; sondern der troͤstlichen Zuversicht leben/ daß dir von GOtt durch selbigt mehrere Gnaden mitgetheilet/ und unerfolglich ein groͤsser Lohn im Hlmmel bereitet werde. Der dritte Theil. 1. N Un folgt die zweyte Eigenschafft deß Gehorsambs/ daß sie nemblich soll seyn willig und hurtig; das Gebott nit verweile/ sich nit lang beden- cke/ noch entschuldige/ und nit mit einer Langsamkeit uñ Traͤgheit das Werck ergreiffe: sondern ein wahrer Gehorsamer soll/ wie der H. Bernardus leh- ret/ die Ohren bereiten zum Gehoͤr/ die Zung zum Reden/ die Haͤnde zur Arbeit/ die Fuͤß zum gehen/ und sich also in sich selbst versamblen/ auff daß er dem Befelch seiner Obrigkeit nachkommen moͤge/ nach dem Exem- Pelag. li- bel. 14. n. 5. Historia. pel deß frommen Geistlichen Marei/ welcher vor andern von seinem Abt Silvano geliebet wurde; dieweilen aber sich andere daruͤber beklaget/ hat der jetzt- gemeldte Abt selbige mit sich zu aller geistlichen Bruͤder Cellen genom- men/ und hat alle Jnwohner derselben zur allgemeinen Arbeit beruffen/ die- se aber seynd nicht alsbald/ sondern ein wenig hernach erschienen. Der eintzige Marcus/ so bald er von seiner Obrigkeit ist beruffen worden/ hat er selbigem Augenblick sein vorhabendes Werck fahren lassen/ und ist alsbald mit grosser Hurtigkeit gefolget. Dahero hat sich der mehr-gemeldte Sil- vanus zu den Anwesenden gewendet/ und gesagt: Siehet ihr wohl den Unter- scheid deß Gehorsambs? wie seynd die vorige so langsamb/ und dieser so augen- Von dem Gehorsamb. augenblicklich erschienen? nach diesem seynd sie in die Zell deß frommen Mar- ci hineingangen/ und haben gefunden/ daß er den Buchstaben P. zu schreiben angefangen/ und nicht vollbracht habe: derhalben sagte wiederumb der offt gemeldte Abt zu den anwesenden: nun seyet ihr selbst die Zeugnuͤß eines hur- tigsten Gehorsamb; indem dieser Marcus nach gehoͤrter meiner Stimm auch die angefangene Litter nicht hat vollenden wollen: da dieses die alte Mit- Bruͤder erfahren/ haben sie unter sich beschlossen/ daß dieser Marcus warhafftig verdiene/ von seinem Vorsteher fuͤr andern geliebet zu werden. Vit. S. Columb. c. 16. Vit. S.O- don. l. 3. c. 10. Der Keller deß H. Abten Columbani wird von selbigem geruffen/ und lasset zum Zeichen deß hurtigen Gehorsambs den Kranen ohne Schaden offen ste- hen. Der H eil. Odo ist in kurtzer Beschreibung deß Lebens deß H eil. Mar- tini begriffen; und da man das gewoͤhnliche Zeichen zur Vesper en gibt/ lasset er das Buch offen/ und eilet alsbald zum Lob GOttes: da aber immittelst der Reegen sein gantze Kammer verwuͤstet/ bleibt allein dieses Buch wegen solcher Gott gefaͤlligen H urtigkeit unverletzet. 14. Den wunderlichen Geist/ und ungemeine Weiß zu leben deß Heil. In ejus- vita. Simeonis haben die selbiger Zeit lebende geistliche Vaͤtter durch die Hurtig- keit deß Gehorsambs probic en wollen/ ob sothane Strenge GOtt angenehm seye oder nicht/ und weilen er deren Befelch/ von der Saͤulen hinab zu steigen/ ohne einige Verweilung und Widersprechen gehorchet; als ist dessen Inten- tion oder Meinung von ihnen fuͤr gut erkennet/ und er auff seiner Saͤulen gelassen worden. Der Heil. Bernardus hat auch den seeligen Joannem de Vit. P. Jo- annis l. 4. Monte mirabili versuchen wollen/ ob dessen hartes und ungewoͤhnliches Le- ben/ daß er mit Bohnen/ Kraͤutern und sehr schwartzem Brod erhielte/ nur von einigem Sinn und Willen gefuͤhrt werde; derowegen hat er ihm einen gekochten Fisch geschickt/ und in Krafft deß Gehorsambs selbigen zu essen be- fohlen: welchen dieser fromme und gehorsame Joannes mit Graͤth und Bein genossen/ daß man auch dieserthalben in Forcht seines Lebens gestanden; er aber hat mit Verwunderung aller nicht den geringsten Schmertzen empfun- den: So lieb ist GOtt gewesen die Ubungdeß vollkommenen Gehorsambs/ daß auch auß dessen Grab ein Safft gleich einer Milch zum Heyl der Kran- cken geflossen: diesem seeligen Joanni ist unser ehrwuͤrdige P. Joannes à St. Guilielmo in dem Gehorsamb nachgefolget: und wiewohl er immer sehr In ejus vita. viel fastete/ so hat er doch zur gewoͤhnlichen Fasten- und einigen andern Zeiten gar nicht essen wollen: wann ihm aber einer vermoͤg deß Gehor- sambs (wie oͤffters geschehen ist) diese oder jene Speiß zu essen befohlen/ hat er alsbald demselben gleich der Obrigkeit gehorsamet: daß nun solches Essen K k dem Die Ein und zwantzigste Geistliche Lection dem Leben sehr angenehm seye/ lehret uns Christus/ da er zu der H. Brigittaͤ L. 6. Re- vel. e. 111. also spricht: Was foͤrchtest du dich? wann du schon zehenmal im Tag essest auß Gehorsamb/ so wird dir solches doch nicht zur Suͤnde gerechnet werden: dann die Jungfrawschafft verdienet ihre Cron; der Wittwe-Stand naͤheret sich zu Gott; aber der Gehorsamb leitet alle zum ewigen Leben. In ejus vita. 15. Dem H. Joanni Damasceno wird von seinem Lehr - Meister befoh- len/ er solle zu Damasco einige Koͤrblein verkauffen: ihm wird aber so hoher Preiß derselben eingesetzt/ daß sie nicht allein niemand kauffen wolte; sondern auch fuͤr einen Narren außgelacht/ und mit Pruͤgeln hergenommen wurde: er obwohl nun dieser heiliger Juͤnger gnugsamb erachten koͤnnen/ daß ihm der Preiß von seinem geistlichen Vatter gar zu hoch gesetzet wurde; hat er sich jedoch im geringsten nicht beklagen wollen/ sondern ist mit aller Hurtigkeit zum Marck hingangen/ und nach vielem außlachen und Schlaͤgen (wie vor- hin gemeldet) hat sichs zugetragen/ daß unter diesen einer/ der vorhin deß Jo- annis, als Richtern daselbst/ Diener gewesen/ seinen Herrn gekennet/ ihme alle Koͤrblein umb den begehrten Preiß abgekauffet/ und seinen gewesenen Herrn also von der Ungestuͤmmigkeit der Leuten errettet. Joannes aber ist nach vollbrachtem Befelch seines geistlichen Vatters/ in aller Demut wie- derumb zum Closter gekehret. Daß nun unter so vielen hundert tausend Geist- lichen so wenig gefunden werden/ welche die Vollkommenheit und Heylig- keit deß gemeldten Joannis Damasceni erreichen/ muͤssen sie billig ihrer Langsambkeit im gehorchen zuschreiben; sintemahlen der fliegende Gehor- sambkeit dieses frommen Dieners dem allmaͤchtigen GOTT also gefal- len/ daß er ihn mit seinen goͤttlichen Gnaden unbeschreiblicher massen uͤber- haͤuffet hat. 16. Wann nun einem/ der seiner Obrigkeit so willigen Gehorsamb lei- stet/ mit himmlischen Gaben dergestalt begnaͤdiget wird; was hat dann nicht zu hoffen der jenige/ so da nicht allein dem Obern/ und auch nicht allein seines In vit. ejus. gleichen/ sondern auch einem geringern sich unterwerffet? Thomas von Aquin ein Welt beruͤhmbt- gelehrter und heiliger Mann gehet einsmahls in seinem Closter zu Bonon ien spatzieren/ da trifft ihn an ein anderer Geist- licher desselben Ordens/ so gastweiß daselbst sich auffhaltet/ und vielleicht den Thomam nicht kennet/ befilcht ihm/ er solle zur Stund mit jhme in die Statt gehen; und setzet hinzu/ daß ihm von dem Vorsteher erlaubt seye/ den jenigen mit sich zu nehmen/ welcher am wenigsten beschaͤfftiget seye: Thomas entschuldiget sich im geringsten nicht/ sondern ergreifft alsbald den Bettel-Sack/ legt selbigen auff seine Achseln/ und gehet mit seinem Gesellen hinauß: Von dem Gehorsamb. hinauß: da aber der heilige Mann wegen eines mangelhafften Fuß seinem eilenden Gefaͤhrten nicht folgen kan/ wird er von selbigem auff oͤffentlicher Gassen mit Worten uͤbel hergenommen: dieses hoͤren die vorbey gehende Weltliche/ und ermahnen den Geistlichen/ daß er mit so vorneh- men und heiligen Mann dergestalt nicht verfahren muͤsse: dieser vermerckt seinen Fehler/ und zugleich deß heiligen Thomæ Unterthaͤnigkeit; fallet ihm derhalben zu Fuͤssen/ und bittet umb Verzeyhung: Thomas gibt ihm mit la- chendem Mund zur Antwort/ und sagt; ich weiß nicht/ warumb du umb Vergebung bittest; ich bin ja von dir nicht beleidiget worden; ich hab mich jazur geistlichen Armut verbunden/ wie auch du/ ich trage willig und gern den Bettel-Sack: und an dem geistlichen Gehorsamb hab ich ein Wohl- gefallen/ krafft dessen ein Mensch dem andern sich unterwerffet umb Gottes willen. 17. Gleich wie der langsame und genoͤtigte Gehorsamb kein wahrer Ge- horsamb genennet zu werden verdienet; also hat die Goͤttliche Majestaͤt her- gegen die willige und hurtige Gehorchung auch vielmahlen mit Wunder- Wercken geehret: deren wir das erste lesen im Leben deß seeligen Jacobi, Ley- Brudern deß Heil. Prediger-Ordens: dieser ware sonderbar erfahren der je- In ejus vita. nigen Maͤhlerey/ so auff Glaß geschicht/ und nachmals in einen gluͤenden Ofen hinein gebrennet wird: nun hat sich zugetragen/ daß er einsmahls ein sehr schoͤnes Gemaͤhl in die Gluet gelegt/ und seine Gegenwart dabey hoch- noͤthig ware; da hat der Vorsteher den Gehorsamb seines Bruders auff die Prob zu stellen/ demselben wider alle Zuversicht von dieser Arbeit abzulassen/ und zum Betteln außzugehen befohlen: der fromme Jacob gehet hin ohne ei- gene Entschuldigung oder Vorwand seiner hochnoͤtigen Gegenwart bey dem brennenden Ofen/ und bettelet/ wie ihm ware aufferlegt worden: er bringt uͤber viele Stunden die gesamblete Allmussen nach Hauß/ und fin- det seine Bildnuͤß dermassen sauber und wunder-schoͤn und zu gewuͤnschter Vollkommenheit außgearbeitet/ daß nicht der geringste Mangel daran zu finden gewesen: also ist er zwar ein Vorspiel deß vollkommnesten Gehor- sambs gewesen; und der liebe GOTT/ als ein Liebhaber deß Gehorsambs/ hat all das jenige/ so ander Bildnuß noch erfordert worden/ durch ein Wun- der-Zeichen dergestalt ersetzet/ daß der offtgemeldte Bruder die Tage seines Lebens dergleichen Gemaͤhl nicht hat nachmachen koͤnnen. Unserm Historia. sehr geistreichen Alipio à St. Francisco wird einsmahls von seinem Magister befohlen/ die Kertzen anzuzuͤnden; und da vielleicht deren keine vorhanden ist/ schafft er ihm/ er solle dann einen K k 2 Finger Die Ein und zwantzigste Geistliche Lection Finger anzuͤnden: Alippus gehorchet alsbald/ und stecket den Finger ins Fewer: O Wunder! dieser fanget an zu brennen/ und allen anwesenden zu leuchten gleich einer Kertzen. dieser Gehorsamb hat dem frommen Alippio zu wegen gebracht/ daß ihm die Voͤgelder Lufft und Fische deß Wassers/ mit aller Menschen hoͤchster Verwunderung/ gehorchet haben. 18. Ferners lasse dich unterrichten/ mein Christliche Seel/ daß auch die allerloͤblichste und heiligste Werck den Gehorsamb zu erfuͤllen/ vielmahl koͤn- Ioan. Na- dasi in anno Hebd. cæl. fer. 4. Hebd. 5. Historia. nen und muͤssen unterlassen werden: davon dir erstlich sattsamen Bericht ge- ben sollen/ erstlich die jenige zwey Geistliche/ welche am Tag deß grossen A- bendmahls/ zur Zeit der Heil. Communion, die Allmussen zu samblen auß- geschickt waren; und nachdem sie wieder nach Hauß kommen/ haben sich in der Capellen/ allwodas H. Nachtmahl auffbehalten wurde/ ihrer von Entra- thung dieser goͤttlichen Speise entstehenden Ungluͤckseeligkeit beklaget: denen dann zum unaußsprechlichen Trost ein uͤberauß schoͤner Juͤngling auß dem Tabernacul hervor kommen/ und gesagt/ daß er JESUS seye/ und beyden das Heil. Nachtmahl gereichet: Jn sothaner trostreichen Begebenheit ist wahr worden/ was der Heil. Philippus Nerius zu sagen pflegte: daß nemblich der jenige/ so umb deß Gehorsambs willen das Gebett/ oder andere geistliche Werck/ die er zu verrichten schuͤldig ist/ unterlasset/ GOttumb Gottes wil- len verlasse: und der gottseelige Blosius auß der gegebenen Lehr deß hoch er- fahrnen Thauleri sprieht also: solte einer durch die Gnad GOttes auff so hohe Staffel der Heiligkeit gestiegen seyn/ daß er GOtt in der That selbst sichtbarlich immer und allzeit bey sich wohnen haͤtte; und wuͤrde zu einem Werck deß Gehorsambs geruffen werden; so muͤste er in solchem Fall bey sei- nem goͤttlichen Herrn sich auff folgende Weiß beurlauben: Ey mein suͤssester GOtt/ lasse mich doch dir zulieb/ meiner Obrigkeit diesen Gehorsamb lei- sten: glaubet mir/ daß solche demuͤthige Verlaͤugnung deß eigenen Willens an diesem Menschen dem lieben Gott viel angenehmer seyn wuͤrde/ als wann derselbige damahlen mit allen seeligen Geistern zum Himmel gefahren waͤre; wie auß jetzt folgender Geschicht zu sehen ist: Ein sichere Closter-Jungfraw brennete vor Lieb gegen GOtt/ und bettete ihren Heyland mit sehr inbruͤn- stigem H ertzen/ daß er sich ihr nur auff ein eintziges Augenblick zeigen moͤch- te; und siehe/ alsbald ist derselbige in Gestalt eines holdseligen Knaͤbleins zu- gegen/ die Jungfraw aber wird von einer ihrer Schwestern zu Verrichtung einer Arbeit auß Gehorsamb eylends beruffen: und da sie den Befehl der O- brigkeit durch sothane Beruffung wahr genommen/ hat sie das goͤttliche Kindlein mit liebreichen Worten gebttten/ er wolle ihm doch gefallen lassen/ biß Von dem Gehorsamb. biß auff ihre Widerkunfft zu warten. Sie aber verrichtet inzwischen ihr aufferlegtes Werck mit freuden/ und eilet nach dessen Vollendung wiederum zur Cellen; in deren Eroͤffnung ihren Augen ein so frembdes und hell-schei- nendes Licht vorkommet/ daß sie selbiges kaum ertragen koͤnnen; und sehet das verlassene Knaͤblein nunmehr in die Gestalt eines uͤberauß schoͤnen/ und ungefehr vier und zwantzig- jaͤhrigen Juͤnglings veraͤndert; derhalben sie mit grosser Verwunderung denselben anredet und fragt/ wie und warumb er in so weniger Zeit auß einem kleinen Kindlein zu solcher Groͤsse gelangt seye? er aber gibt zur Antwort/ und sagt: liebe Tochter/ die nidrige De- mut deines geschwinden und unverdrossenen Gehorsambs hat mich in so kurtzer Zeit so groß gemacht; derhalben solstu auß Liebe meiner allzeit gern ge- horchen/ wann du mit mir ohne Mittel immer verlangest vereiniget zu seyn. Das nun der Goͤttlichen Majestaͤtein solcher Gehorsamb sehr gefalle/ kanstu dir/ mein Christliche Seel/ leichtlich einbilden/ wann du dich erin- nerest/ daß Gott erstlich den guten Willen zum Werck gleich dem Werck selbsten belohne/ und zum andern die Verleugnung deß eigenen Wil- lens an einem Geistlichen uͤber alles liebe; daß er also/ nach der jeni- gen Versicherung/ so die glorwuͤrdige Himmels- Koͤnigin der Heil. Revel. L. 4. c. 26. Brigittaͤ gegeben/ den Verdienst deß Wercks nicht allein nicht verliere; sondern noch darzu einen andern Lohn deß Gehorsambs gewinne. Weiters mustu wissen/ daß diese die vortreffliche Ubung deß Ge- horsambs seye/ wann du nemblich dem Gebott/ so von der Obrigkeit noch nicht wuͤrcklich gegeben worden; sondern wissest/ daß die Verrich- tung desselben deinen Obern lieb seye/ durch deine Hurtigkeit vorkommest: dann gleich wie der jenige/ so vor der bestimbten Zeit die Bezahlung leistet/ ein Werck der vollkommenen Gerechtigkeit uͤbet; also verrichtet der Geist- liche einen warhafften und vollkommenen Gehorsamb/ welcher den Befelch seiner Obrigkeit vorkombt. Wann du nun die obgesetzte Lehr unstraͤfflich gehalten hast/ so lese die dritte Eigenschafft deß Gehorsambs. Der Vierdte Theil. 19. D Ritte Eigenschafft bestehet darinn/ daß der Gehor- samb starck und bestaͤndig seye/ und wegen immer vorfallen- den Beschwaͤrlichkeit zumahlen nicht geschwaͤchet werde/ nach dem Exempel unsers Erloͤsers/ der da gehorsamb worden ist biß zum Todt/ und zwarn biß zum Tod deß Creutzes; und der/ damit ich mich der Wor- ten deß H. Bernardi gebrauche/ umb Erhaltung deß Gehorsambs/ das K k 3 Leben Die Ein und Zwantzigste Geistliche Lection Leben verlohren hat. Dann es geziembt sich/ sagt der H. Basilius/ daß der jenige/ so sich dem geistlichen Stand ergeben hat/ eine veste/ starcke und unbewegliche Bestaͤndigkeit deß Willens/ und eine solche Vernunfft habe/ daß er von den boͤsen Geistern nicht koͤnne erschuͤttet noch vertrieben werden. Er muß auch/ sagt der H. Mann einer solchen Steiffigkeit deß Gemuͤts seyn/ daß an ihm biß zum Todt die Standhafftigkeit der Martyren zu sehen seye/ Krafft deren er die Goͤttliche Gebott unstraͤfflich halte/ und seinen Vorstehern den vollkommenen Gehorsamb leiste. Und dieses ist deß geistlichen Lebens vornehmstes Haubt-Stuck. An einem andern Orth sagt der gemeldte H. Lehrer. Ein wahrer Liebhaber Christi weigeret In Regul. Brevior. sich nicht allein zu tragen/ was schwaͤr ist/ sondern verlanget vielmehr auch zu erdulden/ was noch schwaͤrer ist. Der H. Bischoff Lambertus wird von seinen Feinden ins Elend vertrieben/ fliehet ins Kloster zu Stablo/ wird Sur. in Vit. von dem Praͤlaten und uͤbrigen Geistlichen als ein heiliger Mann auff- und angnommen. Jnsothaner seiner Auffenthalt/ begibt es sich/ daß der Heil. Bischoff/ so mit den Muͤnchen deß Klosters auff dem gemeinen Dormito- rio zu ruhen pflegte/ etwan fruͤher vor der Metten auffstehet/ umb sein Gebett zu verrichten; und da ihm auß Ungehorsambkeit im Ankleiden einer seiner Schuhe entfallet/ werden die Geistliche sambt ihrem Vorsteher von dem Getuͤmmel vom Schlaff erwecket. Derhalben der Praͤlat befohlen daß der jenige Muͤnch/ so diese Unhoͤfflichkeit begangen/ sich alsbald nach Gewonheit zum Creutz verfuͤgen/ und durch den Gehorsamb buͤssen solte/ was er durch seine Nachlaͤssigkeit gesuͤndiget. Es ware selbige Nacht sehr kalt und hart gefrohren/ dannoch wilt der heilige Bischoff dem Be- felch deß Praͤlaten gehorchen/ und gehet in seinem haͤrenin Kleyd ohne andere Uber-Kleyder zu dem gemeldten Creutz hin/ und verharret daselbst so lang/ biß sich die Geistliche zum Dienst GOttes bereitet haben. Da nun der Abt den heiligen Lambertum unter der Zahl seiner Geistlichen wider alle Gewonheit nicht gegenwaͤrtig sehet; und hoͤret/ daß er der jenige seye/ den er zum Creutz verwiesen habe/ laufft er alsbald hinzu/ findt den heiligen Mann von der kaͤlte gantz erstarret/ in seinem Cilicio mit hell- glantzendem Angesicht vor dem Creutz kniend/ fallet mit seinen andern Geist- lichen demselben zu Fuͤssen/ und bitten umb Vergebung. Hergegen pro- testiret der heilige Bischoff/ das er ab solcher Vergebungs-Bitt zumahlen schamroth werde/ und sagt/ daß er vielmehr schuldig waͤre umb Ver- zeihung anzuhalten/ diemeil er der geistlichen Ruhe verstoͤret habe; Jst diß nicht ein hertzhaffter und heroischer Gehorsamb? 20. Wie Von dem Gehorsamb. 20. Wie viele seynd nicht gefunden worden/ so da vermoͤg deß star- cken Gehorsambs sich in die eusserste Gefahr ihres Lebens gesetzt haben : welche von GOTT in Ansehung dieser herrlichen Tugend wunder- barlicher Weiß erhalten worden? hat nicht der gehorsame Joannes ein Juͤnger deß Abten Pauli; wie im Leben der H. H. Vaͤttern zu lesen ist; In Vit. P. P. Historia. auß Gehorsamb einer wilden Loͤwin zugenahet/ selbige gebunden/ und wie ein Laͤmblein mit sich nach Hauß gefuͤhret/ die jedoch viele Menschen und Viehe vorhin beschaͤdiget hatte? hat nicht die Heil. Euphrasia auff den Befelch ihrer Vorsteherin so grosse und schwaͤre Steine/ daß de- ren einer von Zweyen Schwestern nicht hatte koͤnnen beweget werden/ von einem O rth zum andern ohne den geringsten Vorschub oder Ent- schuldigung gantz gern und willig getragen; und von diesem letzteren O rth wiederumb zum vorigen ohne einiges menschliches Zuthun auff ih- ren Achselen gebracht? Wer hat aber anders dieser Jungfrauen solche ungemeine Staͤrcke verliehen/ als der starcke und standhafftige Gehor- samb? Ein ander hat einen duͤrren und vertruckneten Stecken zwey gantzer Jahr lang auß Gehorsamb befeuchtiget in Hoffnung daß er gruͤnen solte/ und siche/ im dritten Jahr hat der standhafftige Gehorsamb dem ver- duͤrreten Stock die verlangte Gruͤne dermassen ertheilet/ daß er zu einem Baum erwachsen/ und von vielen Nachkoͤmmlingen ein sehr geraume Zeit mit Verwunderung gesehen worden. Unzahlbare andere Beyspiel deß standhafftigen Gehorsambs koͤnnten dir/ mein Christliche Seel/ beygebracht werden/ wann nicht dich und mich die verdrießliche Weit- lauffigkeit abschrecken wurde/ dieß muß ich dich bitten/ daß du nemblich mit dem Gott-seeligen Abten Nestorio dir offtmal von Hertzen zusprechest: Jch und der Esel/ wir seynd eins/ was man ihm auffle- get/ das tragt er ohne Verweilung. 21. Damit du aber den rechten Weeg deß Gehorsambs nicht verfeh- lest/ so mustu diese Stuck zu deinen mehrern Versicherung wohl be- hertzigen. Erstlich ists ins gemein darfuͤr zu halten/ daß ein Un- terthan seiner Obrigkeit zu gehorchen schuldig seye/ nicht allein/ wann er billige Sachen vorschreibet; sondern auch/ wann er solche Ding zu verrichten befehlet/ daran gezweifflet wird/ ob sie gut oder boͤß seyen; dieweilen man in solchem Zweiffel schliessen muß/ daß der Obere keine boͤse/ sondern vielmhr ein gute Sach seinem Un- tergebenem aufftrage; zumahlen die O brigkeit in der Possession oder Be- Die Ein und Zwantzigste Geistliche Lection Besitzung ist zu schalten und zu walten. Und obschon niemanden zugelas- sen wird in solchem uͤblichen Zweiffel ein Werck anzufangen/ so ist doch der Unterthan verbunden/ sothanen uͤblichen Zweiffel in der Materi deß Gehor- sams hindannen zu setzen. Also lehret der gelehrte Molina. Solt es aber gewiß seyn/ daß das jenige/ so die Obrigkeit befilcht/ ungerecht oder auch eine laͤßliche Suͤnd/ oder den Naͤchsten unverschulder Dingen schaͤdlich oder aͤrgerlich seye; in solchem Fall haben Platz die Wort der Apostolischen Geschichten am 5. Cap. Man muß GOtt mehr gehorsamb seyn/ dann den Menschen. Damit aber der Unterthan durch allzugrosses Vertrauen auff seinen Verstand/ nicht fehle/ thut er wohl/ wann er den Rath einiger Alteren vorhero einnehme. Wann Zweytens einem von der Obrigkeit ein solches Ambt aufferlegt werde/ dadurch er einen merckli- chen Schaden deß Leibs oder der Seelen leyde/ oder in die Gefahr seinen GOtt und HErrn zubeleidigen sich stuͤrtzen werde; so muß er seine Schwach- heit der Obrigkeit offenbahren/ und denselben demuͤtiglich ersuchen/ auff daß er in Aufferlegung dergleichen Aembtern seiner verschoͤne. Wird aber keine andere Verhindernuß/ als nur einige Ablassung von den gewoͤnlichen andaͤchtigen Ubungen zu foͤrchten seyn/ in solchem Fall ists besser/ daß man seiner Obrigkeit gehorche; zumahlen ein sehr andaͤchtiges und GOtt-ge- faͤlliges Werck ist es/ seiner Obrigkeit den Gehorsamb leisten. 20. Schließlich ist wohl zu mercken/ daß das Geluͤbt deß Gehorsambs zu selbiger Zeit allein verdienstlich seye/ wann der Unterthan den Auffgetra- genen Befelch nur zur eintzigen Ehren und Lob GOttes/ und nicht auß natuͤrlicher Neigung deß Fleisches verrichtet. Darauß dann augenschein- lich erfolget/ daß der jenige/ so sich deß Verdienst wilt theilhafftig machen/ vor GOtt sich erklaͤre und protestire/ das er angeschaffte Werck nicht auß einer sinlichen Neigung/ sonderen zu lauterem Lob GOttes und zu schuldi- gem gehorsamblichen Gnuͤgen seines Oberen auff sich nehme. Dahero sagt der H. Gregorius in Beschreybung der Natur deß Gehorsambs also: Der Gehorsamb muß in den widerwaͤrtigen Dingen auß dem L. 35. mor c. 13. Seinigen etwas haben (nemblich eine grosse freudige Hurtigkeit und Liebe zu gehorchen) und muß in den glůcklichen und wohlfaͤr- tigen Sachen auß dem Seinigen nichts haben; dieweilen selbige nicht wegen der eigenen Ergaͤtzligkeit/ sondern umb den Willen GOttes allein můssen geliebt und ange- nom- Von dem Gehorsamb. nommen werden: Zum Exempel: Es wird ein Geistlicher von sei- ner Obrigkeit zum Gastmahl der Weltlichen/ oder zu einer andern der- gleichen Erluͤstigung geschicket/ der ein Mensch seiner natuͤrlichen Neigung gemaͤß ist zugethan/ und dardurch oͤffters eine schaͤd- liche Laͤwigkeit deß Geistes der Seelen zustosset: in diesem und dergleichen Faͤllen kan der Unterthan ohne Verletzung deß vollkommenen Gehorsambs seine Obrigkeit demuͤtiglich und ehrbietsamblich ersuchen/ daß er ihn von sothaner Ergoͤtzlichkeit befreyen wolle: soll aber die Obrigkeit die- sem Begehren nicht einwilligen; sondern den Ersuchenden gleichwohl zu Be- felchen fortfahren; so muß solcher auß Gehorsamb geschickte Geistliche/ wan er deß Verdiensts deß Gehorsambs geniessen/ und die erworbene Hitze deß Geistes nicht verliehren will/ dieses fleissig beobachten; daß er nemblich/ wie oben gemeldet/ derhalben allein gehorche/ weil es ein befelch der Obrigkeit ist/ und zum andern/ in sothaner Ergoͤtzligkeit muß er behutsamb seyn/ auff daß so wohl seines als auch deß Nechsten Gewissens-Ruhe/ die gefaste Brunst der Andacht/ und die gebuͤhrende geistliche Eingezogenheit keinen Schaden leide/ und von ihme die Regel der Nuͤchterkeit unstraͤfflich gehalten werde. 21. Daß nun diesem also seye/ und dem Gehorsamb mit nichten widerstre- be/ wann der Untergebene zu dergleichen schmeichlenden Erfrischungen sich nicht eben willig und bereit finden lasse; lehret uns mit seinem Exempel der Heil. Nicolaus von Tolentin, welcher in einer sehr gefaͤhrlichen Kranckheit zum Fleisch-Essen gar ernstlich ermahnet worden; und da er sich aller massen entschuldiget/ ist ihm zu letzt auch von dem Generalen selbst befohlen worden/ daß er dem Rath der Artzen folgen solte; deme er sich dann im geringsten nicht widersetzet hat/ sondern ein Bißlein deß zugerichteten Fleisches gekostet/ und gesagt; sehet/ nun hab ich gethan was mir befohlen worde/ im uͤbrigen schaffet alsbald diese schmeichlende Fresserey hinweg: also hat dieser gottselige Nico- laus gleichwoͤhl den Gehorsamb/ und zwar so unbefleckt gehalten/ daß der H. Augustiner Orden von selbigem dieses Lob singe: Nicolaus ein wahrer Armer CHristi/ hat den Gehorsamb gehalten allezeit: daß aber dem lieben GOtt dieser Gehorsamb gefaͤllig gewesen/ kan man gnug- samb dar auß abnehmen/ weil nemblich dieser heilige Mann ohne einige Ar- tzeney bald hernach die vorige Gesundheit erlangt hat. Es kan auch ein Geist- licher/ wann er vielleicht foͤrchtet/ daß auff vorbesagte Weiß von andern fuͤr einen besondern Heiligen wuͤrde gehalten werden/ die vorgesetzte Manier fah- ren lassen/ und wegen der auß Gehorsamb genossenen Ergoͤtzlichkeit in an- L l dern Die Ein und zwantzigste Geistliche Lection dern unzulaͤssigen Dingen sich abtoͤdten/ sich einige mahl deß Wein-Trin- ckens/ oder andern geschmaͤckigen Speisen enthalten/ damit er gleichwohl deß Verdiensts deß Gehorsambs nicht beraubet werde/ nach dem Exempel In ejus vita. deß Macarii Alexandrini, so in Gesellschafft anderer Geistlichen von sel- bigem offt gebetten worden/ daß er mit ihnen Wein tr i ncken wolle; denen er endlich/ umb zu zeigen/ daß er auch gleich andern ein Mensch waͤre/ gefolget: nachmals aber so viel Tage durst gelitten/ und also deß Wassers sich enthal- ten/ als er Becherlein Wein getruncken hat: nachdem aber solches andere seine Mitbruͤder vernom̃en/ haben sie zu Verhuͤtung einer so grossen Marter/ den In ejus vita. frommen Mann zum trincken nicht mehr genoͤthiget. Unser ehrwuͤrdige Jo- annes à St. Gui ielmo hat/ so offt er bey den Weltlichen zur Taffel hat sitzen muͤssen/ nach der Wiederkunfft zum Closter seinen Leib mit so strenger Dis- ciplin hergenommen/ daß von allen Seiten das Blut haͤuffig herunter ge- flossen ist: dahero geschehen ist/ daß seine Mit-Bruͤder die Leute gebetten/ sie moͤchten selbigen doch hinfuͤhro nicht mehr einladen. 22. Wolte Gott/ daß alle Geistliche diese unsere Lehr gebuͤhrender massen behertzigten/ und derselben nachzuleben sich unter stuͤnden; sie wuͤrden sich sicherlich unter den Deck-Mantel deß Gehorsambs in so viele Laster nicht stuͤrtzen. O wie viele kenne ich/ und moͤchte wuͤnschen/ daß ich sie nicht ken- nete/ welche von ihrer Obrigkeit offt und vielmahl seynd auß gesand worden/ oder umb unterschiedliche Geschaͤfften in krafft deß Gehorsambs zu verrich- ten/ oder mit einigen bekendten Weltlichen zu speisen; und seynd nichts desto weniger durch solche Anschaffungen zu solcher Lawigkeit gerathen/ daß sie den Chor-Gang und andere geistliche Ubungen wie ein Gespaͤnst geflohen haben! woher aber ist dieser Widerwill entstanden? mich geduͤncket nicht/ daß er von dem Gehorsamb seinen Ursprung habe/ zumahlen selbiger nicht die Weigerung/ sondern vielmehr die Vermehrung der Gnaden GOttes ver- dienet: woher entstehet dann die Ursach dieser grossen Armseligkeit? ich sage/ und kan anders nicht sagen/ als daß selbige sich allein ihre Ungluͤckseligkeit zu- zumessen haben/ weilen sie das jenige/ so in diesen vierten Theil ist gesagt wor- den/ nicht gehalten haben; derhalben geschehen ist/ daß sie diese Befelche viel- mehr auß eigenem Nutzen/ als auß Krafft deß wahren Gehorsambs voll- bracht/ und an statt der Gnaden/ sothane Straff verdienet haben. Es gehoͤ- ren auch unter die Zahl derselbigen die jenige Geistliche/ welche zu den wider- waͤrtigen gebotten der Obrigkeit die Ohren gleichsamb verstopffen; in den beliebigen und anmuͤthigen aber sich die allerhurtigste und gehorsambste zei- gen unter allen: und derowegen suchen sie auff alle Weiß/ mit solchen Befel- chern Von dem Gehorsamb. chern belaͤstiget zu werden/ die ihnen nur gefallen; und vermeinen/ daß sie die- ser Gestalt den Lohn deß Gehorsambs davon tragen werden: daß ist aber weit gefaͤhlet; und lachet solche Geistliche billig auß der Heil. Bernardus/ da er also spricht: Wer sich immer oͤffentlich oder heimblich befleis- De trib. Ord. Eccl. set/ daß ihm sein geistlicher Vatter daß jenige aufferlege/ was er gern will/ der verfůhret sich/ wann er sich vielleicht ůber den Gehorsamb schmeichlet: dann in sothaner Sache ist er nicht seinem Vorsteher/ sondern vielmehr ist der Vor- steher ihme gehorsamb. Jm uͤbrigen/ so viel den Gehorsamb wegen Annehmung der Aembter der Versamblung betrifft/ kan sich ein jeder unter- richten auß der Lection von dem Ehrgeitz §. 18. 19. und mit dieser gegebenen Instruction fuͤr liebnehmen. Die Zwey und zwantzigste Geistliche LECTION Von dem Laster deß Vngehorsambs. Peribitis, si inobedientes fueritis voci Domini Dei Deut. 8. v. 20. vestri. Jhr werdet umbkommen/ wann ihr der Stimm deß Herrn ewetes GOttes ungehorsamb seyn werdet. Der Erste Theil. 1. D As der Ungehorsamb ein sehr grosses Laster seye/ kan auß den schwaͤren Straffen/ mit denen der allmaͤchtige Gott seine Rebellẽ zuͤchtiget/ gnugsamb erkennet werden: deren eine der jenige Prophet L l 2 erfahren/ Die Zwey und Zwantzigste Geistliche Lection erfahren/ so von dem falsehen Propheten verfuͤhr et worden/ und in dessen Hauß gegen das Gebott Gottes gespeiset; derhalben er/ unangesehen seiner L. 3 Reg. c. 13. trew geleisteten Diensten im Weissagen uͤber den Koͤnig Jeroboam von ei- nem Loͤwen zerrissen worden: hiemit hat Gott anzeigen wollen/ wie hoch er Jon. 1. den Ungehorsamb seiner Diener empfinde. Jonas hat dem Befelch deß Herrn zu gehorsamen sich geweigert; wie grosse Zerstoͤrung aber und eusserste Ge- fahr deß Schiffs und aller so wohl Guͤter als Mensehen hat dieser Ungehor- samb nicht verurfachet? Ein Ungehorsamer verstoͤret ein gantze Gemeinde/ Num 16. und der nicht gehorchet/ widerspricht allen. Die Erde hat die wider spennige Geschlechter Core, Dathan und Abiron nicht tragen wollen/ sondern hat sie mit ihren Tabernacul en/ Weib und Kindern/ so da in dem Ungehorsamb Gen. 3. eingewilliget/ lebendig verschlungen. Unsere erste Eltern haben durch den Ungehorsamb die Suͤnde und den Todt in die Welt gebracht; allen ihren Nachkoͤmlingen sehr schwaͤre Truͤbsalen auffgebuͤrdet/ und sich selbsten un- wuͤrdig gemacht deß irdischen Paradeiß/ und du ungehorsamer Mensch ge- trawest dir noch einzugehen in das Himmlische; der du ein Geistlicher zu seyn scheinest/ und nicht bist; gleich wie das ungehorfame/ und in eine Saltz-Saͤul Gen. 19. 1. Reg. 15. verkehrtes Weib Loth ein Mensch zu seyn scheinet/ und doch nicht ist: mehr bist du ein vermeinter/ als wa h rer. Geistl i cher. Wegen deß Ungehorsambs ist der von GOtt erwaͤhlte Koͤnig Saul seiner Regirung entsetzet worden; weil er nach dem Befelch Gottes die Amaliciter nicht alle vertilget hat. Das Js- raelitische Volck ist ob diesem Laster gefaͤnglich in Babylon gefuͤhret wor- den/ wie im Propheten Jeremia am 34ten Capitul zu sehen ist. 2. Wie viele andere Straffen deß Ungehorsambs meldet nicht die Heil. Schrifft/ krafft deren uns die goͤttliche Majestaͤt gnugsamb zu erkennen gibt/ wie grosses Abschewen dieselbe uͤber diese Suͤnd trage/ so da wegen ihrer uͤbermaͤssigen Boͤßheit vielmahlen eine Abgotterey genennet wird; und daß wir durch solche Exempel en heylsamblich unterrichtet/ unsern Vorstehern den schuͤldigen Gehorsamb zu leisten gleichsamb genoͤthiget werden: und wann uns sothane Beyspiel von der Grausambkeit dieser Untugend nicht abschrecken solten; so sollen doch die jenige Plagen/ mit denen GOTT den Ungehorsamb auch im newen Testament nach Zeugnuͤß vieler glaub- wuͤrdigen und heiligen Maͤnner gezuͤchtiget; unserer Schuldigkeit uns Diseip. Historia erinnern. Ein sicherer Geistlicher auß dem Heil. Prediger Orden erkuͤhnet sich/ ohne Erlaubnuß Fleisch zu essen/ und wird alsbald vom Teuffel jaͤm- merlich geplaget: und da dieser hoͤllische Feind vom Heil. Dominico seines solchen Verfahrens halber bestrafft wird/ gibt er ihme zur Antwort: dieser Muͤnch Von dem Vngehorsamb. Muͤnch hat gegẽ deine Satzung Fleisch gefressen. Der H. Vatter aber hat den armseeligen Geistlichen von seiner Suͤnd loßgesprochen/ und den laidigen Sathan vertrieben. Ein ander auß selbigem Orden hat ebenfals grossen Uberlast von diesem hoͤllischen Feind leyden muͤssen; und da selbigen seine Mit-Bruͤder zur Kirchen getragen/ seynd alsbald alle Ampelen der Kirchen erloͤschet. Der H. Dominicus aber hat diesen boͤsen Geist beschwohren/ und die Ursach solches hefftigen Plagens zu bekennen genoͤthiget: welcher dann außgesagt; daß der Muͤnch diese Straffdahero verdienet habe/ die- weil er ohne Erlaubnuß/ und ohne vorhergemachtes. Zeichen deß H. Creu- tzes Wein getruncken hat. Jndem man nun zur Metten geleutet/ hat er dengleich einem Todten auffin. Boden ligenden Bruder verlassen. Jm Kloster deß H. Amati hat eine geistliche Jungfrau ohne Erlaubnuß einen Apffel gessen/ und ist zur Stund wegen dieses Ungehorsambs vom Teuffel besessen/ und armseeliger Weiß tractiret worden. Besser hat sich vorge- seyen der jenige Geistliche/ so in einen unzeitigen Trauben verliebet/ densel- ben doch ohne Erlaubnuß seiner Obrigkeit nicht hat essen wollen: und da er selbigen abgebrochen/ an Statt deß Traubens eine Schlang in seiner Hand gefunden hat; die er dann augenblicklich von sich geworffen/ und sol- ches seinem Oberen bedeutet hat; welcher diese Schlang bey dem Schweiff gefasset/ und/ wohl merckend/ wer in derselben verborgen seye/ zur Kirchen geschlept: allwo der Teuffel auß dem Maul der Schlangen rundauß be- kennet hat; daß er den Muͤnchen das Kloster wuͤrde zu eng gemacht haben/ wann er den Trauben ohne Erlaubnuß wuͤrde genossen haben. 3. Behuͤte uns GOtt! wann zu heutigen Zeiten die GOtt-verlobte Personen dergleichen Ungehorsambs halber sothanen ungestuͤmmen Gast be- herbergen solten/ wie viele wuͤrde man nicht Besessene finden! Ob zwarn der gerechte Gott derselben anjetzo verschoͤnet/ so werden sie doch der jeni- gen grausamen Straffen/ so den Ungehorsamen bereitet seynd/ nicht ent- gehen; lang geborgt/ ist nicht quit geschlagen: GOtt weiß sich der gele- genen Zeit zu gebrauchen/ und straffet nachmahls/ wann nicht die Buß- fertigkeit die Mittlerin wird/ viel haͤrter. Zu bestaͤttigung aber der ange- zogenen Warheit erzehlet der gelehrte Scribent Zacharias Boverius/ daß Ann. Ca- puc. 559. Historia. ein Capuciner Ley-Bruder die gantze Woch durch im Garten gearbeitet/ am Sonntag aber wurde er von seiner O brigkeit mit denen Priestern desselben O rdens/ welche an andern O rten predigen musten/ außgeschickt. Uber solche Muͤhe-Waltung und immerwaͤhrende Anschaffung deß O bern L l 3 wurde Die Zwey und Zwantzigste Geistliche Lection wurde dieser Geistliche zu letzt ver drießlich/ und beschlosse bey sich/ lieber den Orden zu verlassen/ als diesem Befelch erwehnter Gestalt zugehorchen. Da nun am nechst-folgenden Festag an Statt seiner/ ein ander dem Prediger zugesellet wurde/ und er in Forcht stnnde/ daß solte außgeschickt werden/ unterliesse er nach dem Mittagmahl die fuͤnff Vatter unser und Englische Gruͤß nach Gewonheit mit den andern zu betten/ und macht sich mit diesem boͤsen Vorhaben heimlich darvon nach seiner Cellen. Siehe/ da wurde das Kloster eilends von einer sehr grossen Anzahl der heran- fligenden Raaben gleichsamb bestuͤrmet/ welche mit ihren Fluͤge- len und Schnaͤbelen sich eusserst bemuͤheten in die Celle deß gemeldten Bruders hineinzubrechen. Uber dieses ungewoͤhnliche Geschrey wurde je- derman verwundert/ und wuste keiner/ was er von selbigem urtheilen solte/ ausser dem ehrwuͤrdigen Pater Guardian/ welcher unfehlbar dar- fuͤr hielte/ daß diese keine Raaben/ sondern vielmehr lauter Teuffelen waͤren/ so da bevollmaͤchtiget/ einen auß der Gemeinde mit sich in den hoͤlli- schen Abgrund zu schleiffen. Derhalben ein jeder das heilige Sacra- ment der Buß zu ergreiffen sich befliesse/ ausserhalb diesem Bruder/ welcher mit Abwendung der Raaben gnug zu schaffen hatte/ diesen beruffete der Guardian zu sich/ und ermahnete denselben ernstlich/ daß er sein Gewis- sen erforschen/ und mit gebuͤhrenden Entdeckung der verborgenen Suͤnde dieser anstehender Gefahr zu entgehen sich unterstehen solte. Es fiele an- faͤnglich diesem Geistlichen schwaͤr der so vaͤtterlichen Ermahnung zu gehorchen; so bald er aber gebeichtet/ und von seinen Suͤnden loßge- sprochen worden; seynd die hoͤllische Raaben nicht ohne entsetzlichem Geschrey verschwunden. 4. Viele seynd/ welche den Befelch der Obrigkeit verrichten/ aber Serm. de Obed. nicht ohne murmelen. Ein wahrer gehorsamer/ sagt der Heil. Ephrem/ verschmaͤhet seinen Vatter nicht/ er straffet nichts an ihm/ und widerspricht demselbigen auch mit seinen Reg. S. Columb. 1. p. c. 3. Gedancken nicht. Und der H. Columbanus haltet darfuͤr/ daß/ wann einer murren werde; selbiger seiner gethanen Geluͤbden gemaͤß nit gehorche; und also ein ungehorsamer zu schaͤtzen seye: derhalben soll des- sen Werck so lang verworffen bleiben/ biß sein guter Will verspuͤhret werde. Andere seynd auch/ die ihren Ungehorsamb durch allerhand Ent- schuldigungen bemaͤntelen/ und gedencken nicht/ daß GOtt mit sich nicht Bouer. sup. 566. Historia. spotten lasse. Auß dieser Anzahl ist der jenige gewesen/ welcher alle ihm mißfaͤllige Gebott der Obrigkeit mit herrlich-scheinenden Farben der unrecht- fertigen Von dem Vngehorsamb. fertigen Außlegung anzustreichen wuste/ daß er gleichsamb mit gutem Fug dieselbige zu vernachlaͤssigen/ und seinen eigenen Willen zu vollbringen sich getrauete. Cs lasset aber/ wie gesagt ist/ der gerechte GOtt mit sich nit schaͤr- tzen/ derhalben dieser ungluͤckseelige Geistliche in seinem Todtsbett die heylsa- me Erinnerungen der Christlichen Bußfertigkeit und Vorbereitung ver- worffen/ und gesagt hat: Jch bedarff keiner Sacramenten/ dieweilen ich mei- ner Verdambnuß versichert bin: ich hab nichts gethan/ als was mir gefal- len hat/ derowegen GOtt gefallen hat/ mich ewiglich zu verdammen. Und obschon sich alle Umstehende eusserist bemuͤhet haben/ sothane Verzweiffelung durch die unendliche Barmhertzigkeit GOttes zu vermittlen/ so hat dan- noch der Krancke sein voriges Lied gesungen; ich bin ewiglich verdammet/ und in diesen Worten den Geist auffgegeben. Also verfolget GOtt den Ungehorsamb. Der wahre einfaͤltige Gehorsamb will auch mit der gering- sten Entschuldigung nichts zu schaffen haben; dahero der H. Columbanus In Reg. p. 2. c. 8. verordnet hat/ daß der jenige/ so auch mit einer Einfalt seine Entschuldi- gung vorbringet/ und dieserthalben seine Schuld nicht alsbald erkennet/ und umb Vergebung bittet/ mit fuͤnfftzig Streichen solle hergenommen werden. 5. Weiters/ mein Christliche Seel/ wollen wir in Erfahrung kommen/ das auch vielmahl die gute Werck/ so auß eigenem Willen/ und ohne den Gehorsamb geuͤbet werden/ dem allmaͤchtigen GOtt mißfallen. Was Exod. 16. ware doch suͤsser und geschmaͤckiger/ als eben das Himmel-Brod/ eine Speiß deß Jsraelitischen Volcks in der Wuͤsten? Allen lieblichen Ge- schmack hatte dieses Brod an sich; und dannoch verdurbe alles/ was von selbigem gegen den Befelch GOttes biß auff den andern Tag auffbehal- ten wurde; darauß wir dann gnugsamb abzun e hmen haben/ daß auch alle Geist-reiche und heilige Werck/ so dem Willen der Obrigkeit zu wider ge- schehen/ verderbet und zu Wasser werden; zumahlen ein jedes Verbrechen Bouer. Ann. Ca- puc. 157. Historia. sein Ubel nach sich fuͤhret. Dieses hat erfahren ein sicher Novitius, welcher von seinem Magister offt ermahnet wurde/ daß er ausser dem Gehorsamb auch so gar nicht betten solte. Dieweiln er aber dieser Ermahnung nicht ge- buͤrlich nachlebte/ sondern bey naͤchlicher Weil sein Gebet zu verrichten pfleg- te ; und uͤber solchem Gebett einsmahls ertappet/ mit Worten scharff herge- nommen/ und auß dem Chor zur Cellen hingewiesen wurde; gienge er zwar hin/ aber nicht ohne Murren/ daß ihm nicht zugelassen wurde/ dem H. Gebett abzuwarten; fienge derhalben in der Cellen wiederumb an zu betten wie vorhin. Er hat aber fuͤr solches Gebett einen unvermuthlichen Lohn bekommen/ in dem ihn der Hoͤllische Sathan mie solcher Ungestuͤmmigkeit angefallen/ daß er ihm ohne allen Zweiffel erwuͤrget haͤtte/ wann ihm nicht sein Geistlicher Vatter waͤre zu Huͤlff kommen/ und ihn mit grosser Muͤhe Die Zwey und Zwantzigste Geistliche Lection Muͤhe der Gewalt deß Teuffels entrissen haͤtte; waͤre also mit seinem Scha- den bald in Erfahrung gerathen/ daß auch die Verrichtung der guten Werck ohne den Gehorsamb der Obrigkeit/ der Goͤttlichen Majestaͤt zu wider seye Dieses bekraͤfftiget noch mehr ein ander Geistlicher Ley-Bruder desselbigen Idem Ibid. 1576 Ordens/ so das Ambt deß Pfoͤrtners verwaltet. Dieser uͤbete sich in ste- tem Fasten/ in Wasser und Brod und andern Buß-Wercken gar eifferig/ und verrichtete schier alles im Kloster mit blossen Fuͤssen und unverdrießli- cher Muͤhe und Arbeit gantz allein: man konnte unterdessen/ an dessen Leib keinen/ auch den geringsten Mangel/ keine Erbleichung oder Entsetzlig- keit deß Angesichts/ so von dem schwaͤhren Fasten und unertraͤglichen Ar- beit zu entstehen pfleget/ ersehen; sondern vielmehr muste man diesen Bru- der fuͤr den allergesundesten und staͤrckesten unter andern halten. Er ware immer also beschaͤfftiget/ das mit ihm der Guardian und andere ein grosses Mit-Leyden trugen/ und ihn oͤffters ermahneten/ das er seiner doch etwas verschoͤnen wolte; denen er dann immer antwortete; daß von der Ar- beit und Buß-Wercken im geringsten nicht beschwaͤret werde/ sondern ihm dieses alles gar leicht und ertraͤglich falle. Hieruͤber geschichts/ daß dem neu-angekommenen Generalen desselben Ordens/ Nahmens Thomaͤ andere Bruͤder diese verwunderliche und aufferbaͤuliche Weiß zu le- ben erzehlen: welcher denselben Bruder zu sich beruffete/ und gantz beschei- dentlich ermahnte/ von sothaner Schaͤrffe und fast unertraͤglichen Manier etwas nachzulassen. Dieser aber antwortete/ wie zuvorn/ daß ihm von allem/ was er thue/ nichts beschwerlich seye. Nun ware es der Brauch/ daß alle Bruͤder zu Anfangs deß Mittagmahls ihre Schuld vor dem Ge- neral deß Ordens bekenneten; in deren Zahl sich auch der offtgedachte Bru- der finden liesse/ dessen Hartnaͤckigkeit dem obgemeldten Vorsteher schon gnugsamb bewust ware: so dann nach gesprochener Schuld/ diesem Bru- der befohlen/ daß er all das jenige/ was er vorhin auß eigenem Willen verrich- tet/ fortahn auß Gehorsamb thuen solte. Kaum waren diese Wort auß- gesprochen/ siehe/ da fallet mein guter Bruder urploͤtzlich zur Erden; das Angesicht erbleichet/ die Wangen fallen ein/ die Zung erstummet/ alle Kraͤfften deß Leibs verschwinden angenblicklich/ und er wird halb todt zum Krancken-Hauß getragen. Da hat ein jeder alsbald vermercket/ daß die verlohrene Kraͤfften und gesunde Gestalt deß Leibs vom boͤsen Feind herkom- men seyen/ welcher in deß Bruders eigenen Willen posto gefasset hatte. Jst nachmahlen zur Gesundheit gelangt/ und allen ein Zeugnuß worden/ daß man auch die heilige Ubungen dem Gehorsamb nicht vorziehen muͤsse. 6. Wann Von dem Vngehorsamb. 6. Wann du Tag und Nacht fastest und bettest/ sagt der Heil. Vatter Augustinus/ wann du ein haͤrenes Kleid tragest/ deinen Leib casteyest/ und al- les unstraͤfflich haltest/ was in den Satzungen gebotten wird; und endlich vermeinest/ daß du alles weißlich verrichtet habest; gleichwohl deinem Vor- steher nicht gehorchest/ so hast du alle Tugenden verlohren: der eintzige Ge- horsamb gilt mehr als alle Tugenden. Glaubest du nun nicht dem Heil. Au- gustino/ mein Christliche Seel; glaubest du nicht den angezogenen warhaff- ten Exempel en; soll dir auch nicht schmecken die Geschicht der alten Heil. Schrifft vom Himmel-Brod/ und andere; so schlage zu letzt deine Augen ins newe Testament auff den armen fischenden Petrum/ und siche/ wie selbiger nach seinem Belieben fischend/ kein eintziges Spirling fange: da er aber auß Luc. 5. Gehorsamb sein Garn außwirfft/ mit einem Zug so haͤuffige und ansehnliche Fische mit dicken Koͤpffen erwische/ daß er auch mit selbigen zwey Schifflein erfuͤllenkoͤnne: dieses verursachet der Gehorsamb. Wilst du nun dein Netz mit Fischen/ ich will sagen/ mit goͤttlichen Gnaden angefuͤllet zu dir ziehen; so arbeite nicht auß deinem eigenen Willen und Wohlgefallen; sondern werffe dein Garn nach dem Befelch deiner Obrigkeit an den jenigen Orth/ den er dir zeigen wird. Die Drey und zwantzigste LECTION Von der Gedult der Geistlichen. Patientia vobis necessaria est, ut voluntatem Dei facien- Hebr. 10. v. 35. tes reportetis Promissionem. Gedult ist euch noͤthig/ auff daß ihr den Willen Got- tes thuet/ und die Verheissung erlanget. Der Erste Theil. 1. W Eilen alle Cloͤster der GOtt-verlobten Schulen seynd der Gedult/ in welchen ein Geistlicher vom Morgen biß zum A- bend nichts anders zu gewarten hat/ als Beschwaͤrligkeit und M m Plagen; Die Drey und zwantzigste Geistliche Lection Plagen; und dann diese Wider waͤrtigkeiten so wohl der menschlichen Natur zumahlen verdrießlich fallen/ als auch dem anfangenden Schuͤler den gefa- sten Muth zu benehmen bestand seynd: als wird erfordert/ daß sich derselbe al- so in dieser Schulen Christi/ zur dapffern Uber windung alles Widrigen son- derbar bereite; damit er anfaͤnglich dasselbe mit Gedult ertragen/ und nach- mahls hurtig/ gern und leichtlich; und endlich auch in Frewde und Froͤhlig- keit mit dem Heil. Apostel Andrea sein Creutzlein umbhaͤlsen lerne; und das- selbe mit den Worten dieses glorwuͤrdigen Juͤngers CHristi begruͤsse: O du gutes und lang verlangtes Creutz; wie hab ich dich so sorgfaͤltiglich geliebet/ wie hab ich dich ohne Vnterlaß ge- suchet Siehe/ nun bist du meinem begierigen Hertzen zu Theil worden; derhalben komm ich mit Frewd und Sicherheit zu dir; nehme mich hin von den Menschen/ und gebe mich wieder meinem himmlischen Lehr-Meister; da- mit durch dich der jenige mich wieder bekomme/ so mich nicht ohne dich erloͤset hat. Es wird aber die Gedult entworffen/ daß sie nemblich eine Tugend seye/ krafft deren wir die Widerwaͤrtigkeiten dieser Welt mit ruͤhigem Gemuͤt leiden/ und derenthalben weder innerlich verstoͤh- ret/ oder unmaͤssiglich betruͤbet werden; weder auch eusserlich etwas unzimb- liches oder unordentliches begehren. 2. Weiters wird diese Tugend in fuͤnff Geschlechter vertheilet; deren das erste ist die Gedult in dem Schaden der zeitlichen Wol- fahrt / das ist/ in Reichtumben/ Aecker/ Viehe und dergleichen Guͤtern: Jn diesem Schaden/ er entstehe her/ wo er immer wolle/ muß man sich der Worten deß gedultigen Jobs gebrauchen: Der Herr hats gegeben/ der Herr hats genommen/ wie es dem Herrn gefallen hat/ also ists geschehen: der Nahm deß Herrn sey gebenedeyet. Das andere ist die Gedult in den uͤbelen Zustaͤnden deß Leibs / so da seynd der Hunger/ Durst/ Kaͤlt und Hitze/ Kranckheiten und Schmertzen/ so da durch freywillige Zuͤchtigungen/ oder durch andere recht- oder unrechtmaͤßlich dem Menschen zustossen; welche alle gleichsamb von der goͤttlichen Vorsichtigkeit/ oder zur vaͤtterlichen Bestraffung/ oder zu einer liebkosenden Prob/ oder zur haͤuffigeren Belohnung zugefuͤget/ mit hoͤchster Urbietigkeit und Zufriedenheit muͤssen angenommen werden; auff daß wir im widrigenfall nicht zu hoͤren gezwungen werden/ was GOtt der seligen Ma- riæ Diaziæ so sich uͤber die grosse Kaͤlte beklagt/ verweißlich vorgeworffen/ und gesagt hat: ich bin die Ursach dieser Kaͤlte/ und du murrest noch dar uͤber? Daß Von der Gedult der Geistlichen. Das dritte ist die Gedult in dem Schaden der Ehren und guten Nahmens; deßgleichen einiger oder durch die Gedancken al- lein verursachet wird; als da seynd die Geringschaͤtzung/ die Verdaͤchtnuͤß/ die freventliche Urtheile/ Haß und Widerwille: oder durch die Rede al- lein; als da seynd die Bestraffungen/ Verachtungen/ V erleumbdungen/ Schand- und Schmaͤh-Wort/ Ohrenblasen/ Anklagungen und falsche Be- richte: oder durch das Werck selbst/ als nemblich durch Außlachung/ V erhoͤnung/ Casteyung/ Ernidrigung/ abschlaͤgige Antworte/ V orziehung anderer und V erfolgungen. Das vierte Geschlecht der Gedult/ seynd die Vbelen der Seelen: wann nemblich der Mensch deß ge- wohnlichen Trosts deß Geistes beraubet wird; wann ihm aller Geschmack zu den geist- und goͤttlichen Dingen entzogen; und hingegen mit allerhand Scrupel und Zweiffeln geaͤng stiget; mit Zerstrewung/ Dunckelheit/ V erza- gung/ Unvollkommenheit und V ersuchungen wird heimgesucht: wann er in Suͤnden fallet/ und vermerckt/ daß er in den geistlichen Sachen wenig zuneh- met/ und daß ihm die goͤttliche Huld zur Zeit benommen/ und von seinem Beichts- V atter und geistlichen Lehr-Meister offt versucht werde. Das fuͤnffte Geschlecht der Gedult/ seynd die Vbelen deß Nech- stens/ so da auß anderer boͤsen Sitten und Wercken entstehen/ und von uns weder gebessert/ weder koͤnnen vermerckt werden: oder auß widrigen Zufaͤllẽ/ als da seynd Ungluͤcke/ falsche Beruͤchtigunge/ Kranckheit/ Sterben/ und an- deren Widerwertigkeiten herkommen: in diesen allen ist uns (wie der H. A- postel Paulus lehret) die Gedult sehr noͤthig; auff daß wir den Willen Got- tes vollbringen/ und also der Verheissung theilhafftig werden. 3. Jm uͤbrigen seynd diese die Wirckungen der Gedult/ daß man nemblich das jenige/ welches zu leiden vorfallet/ erstlich seinen Sůnden zu- schreibe: dann also hat Christus die Heil. Brigittam gelehret: wann einer/ Lib. 6. Revel. c. 65. sagt er/ verachtet wird/ der soll sich daruͤber nicht betruͤben; sondern sich also anreden: es ist billig/ daß mir solches uͤberkomme/ weil ich so offt in dem An- gesicht Gottes gesuͤndiget/ und keine gnugsame Rew daruͤber getragen hab: ich hab freylich noch ein groͤsseres verdienet: derhalben bettet fuͤr mich/ damit ich in ertragung der zeitlichen Schmach/ entgehen moͤge der ewigen: dahero sagt recht der H. Laurentius Justinianus; ein Demuͤtiger vermeinet immer/ daß er ein mehreres zu leiden verdiene/ als er leidet: und dieserthalben traget er alles was schwaͤr ist geduͤltiglich/ und erzeiget sich seinem GOTT in den Anfechtungen sehr danckbarlich. Wie grossen Nutzen/ wie grossen Verdienst und Danck nun derselbige bey seinem GOTT gewinne; der da in seinem Sinn sich nicht erhebet/ den anfallenden Widerwaͤrtigkeiten M m 2 die Die Drey und Zwantzigste Geistliche Lection die Stirn bietet/ die angethane Schmach mit ruhigem Hertzen annimbt/ und alle widrige Zufaͤlle seinen eigenen Suͤnden auffmesset; kan in Warheit mit keiner Feder gnugsamb beschrieben werden. Zum andern kan die Wir- ckung der Gedule dar auß erkennet werden/ wan man von Weinen und uͤber- maͤssiger Trawrigkeit sich enthaltet/ wie unser Heyland und Seeligmacher Vit. c. 47. den gottseligen Susonem unterwiesen/ und uͤber das Weinen/ wegen der von andern ihm zu gefuͤgten Unbillen mit diesen Worten bestraffet hat. Schaͤme dich/ daß du gleich einem Weib also weinest: vermerckest du nicht/ daß du dir hierdurch bey allen himmlischen Einwohnern einen Schand-Flecken verur- sachest? Wische ab die Zaͤhren/ und nehme an ein froͤhliges Angesicht/ auff daß so wohl die Teuffel als die Menschen nicht sehen/ daß du wegen außge- standenen Truͤbsall geweinet habest. Drittens ist dieses ein wahres Zei- chen der Gedult/ wann man der jenigen Orthen und Personen sich nicht ent- schlaget/ an/ und von denen man leidet; und dieser ware vorzeiten der heylsa- L. 5. Li- bell. 7. m 32. me Rath der Altvaͤtter. Wann eine Versuchung uͤber dich kommen wird an- dem Orth/ allwo du wohnest; so fliehe denselben nicht in Zeit der Versu- chung: dann/ so du diesen wirst verlassen haben/ wirst du vor dir finden/ was du gemeidet hast/ du gehest hin/ wo du immer wollest: derhalben lebe in Ge- Vit. P. P. Historia. dult/ biß die Versuchung voruͤber ist: diese Warheit hat in der That erfah- ren ein sicher Geistlicher/ welcher in seinem Closter gegen die Gedult offt suͤn- digte/ und dahero zur Einoͤde sich verfuͤgte/ damit ihm also die Gelegenheit deß gaͤhen Zorns benommen/ und in mehrerer Zufriedenheit leben moͤchte. Nun truge sich zu/ daß er ein Geschirꝛ mit Wasser erfuͤllet neben ihm stehend unversehens verschuͤttete; und da er selbiges wieder umb angefuͤllet/ abermahl umbstiesse/ und endlich zerbrache: da vermerckte selbiger/ daß er vom Geist der Ungedult betrogen waͤre; derhalben redete er sich selbsten an/ und sagte: ich will wiederumb zum Closter gehen dann ich siche wohl/ daß die Gedult und Hilff GOttes uͤberall sehr noͤthig seye. 4. Viertens ist diese eine Wirckung der Gedult/ wann man mit der Heil. Catharina von Senis nicht begehret/ der Widerwaͤrtigkeit entlediget zu L. 21. vit. c. I 1. werden: diese so keusche und Englische Jungfraw ware beruͤchtiget worden/ daß an ihrer Jungfrawschafft Schaden gelitten haͤtte: dieses boͤse Geschrey hat sie CHristo ihrem Braͤutigam auffgeopffert/ und nicht begehret/ daß er ihre Unschuld verthaͤtigte; sondern daß nur vom leidigen Sathan nicht uͤber- wunden/ und vom Dienst Gottes verhindert wuͤrde: zu solchem End bringt der gelehrte Epicterus diese heylsame Lehr hervor mit folgenden Worten/ und L. 2. Ench c. 7. sagt: gleich wie ein Reisender von denen/ so ihm begegnen/ den Weeg erfra- get/ Von der Gedult der Geistlichen. get/ welchen er eingehen muͤsse/ und ihme eben gleich ist/ ob er zur Rechten oder zur Lincken gewesen werde/ man nur durch den besten und ger adesten Weeg zu seinem vorgenommenen Orth gelangen moge: also sollen wir zu unserm GOtt hinzugehen/ und auff dieser Reise nit nach unserm Wolgefal- len die rechte Hand der annehmlichen Troͤstungen mehr als die Lincke der Truͤbsahlen erwaͤhlen. Letzlich kan diese die allervortreffligste Wuͤrckung der Gedult benambset werden; wann man die Widerwaͤrtigkeiten ver- langet/ und mit dem frommen Job dieser Gestalt dieselbe zu begehren sich erkuͤhnet: Wer moͤgte geben/ daß mein Gebet komme/ und Job. c. 6. v. 8. 9. \& 10. das mir GOtt das jenig gebe/ darauff ich warte: und ders angefangen hat/ der reibe mich auff/ er entbinde seine Hand/ und haue mich ab: und sey diß mein Trost/ daß er mich mit Schmertzen plage/ und verschoͤne mei- ner nicht. Den herrlichen Nutzen dieses Verlangens zeigt uns der seelige Laurentius Justinianus mit diesen Worten: Wer wird den Gewinn De Disci- pl. Mon. c. 7. dieser Gottseligen Begierd der Gebůhr nach beschreiben koͤnnen : zumahlen selbige das Gemůth mit neuen Kraͤff- ten staͤrcket/ und machet das Creutz leichter; sie befoͤrderet die Verharrung/ verursachet die Heiligkeit/ machet ihren Besitzer den Maͤrtyren gleich/ und erwirbt ihm das himm- lische Vatterland. 5. Damit du nun/ mein Christliche Seel/ sothane Wuͤrckung der Ge- dult mit erwehnten Ersprießlichkeit uͤben moͤgest/ darzu wird dir die andaͤch- tige Betrachtung deß Leydens und Sterbens Christi vor allem ein sehr ge- treue Helfferin abgeben: sitemahlen wir billig zu grossem Leyden entzuͤndet werden/ wan wir sehen/ daß uns unser Haubt und Lehr-Meister mit so stattli- chem Exempel auß Liebe gegen uns ist vorgangen: Dahero bestraffet dieser Goͤttliche Braͤutigam die H. Brigittam wegen ihrer wenigen Ungedult und Wider willen/ mit diesen holdseeligen Worten: Jch/ sagt Er/ dein Erschoͤpffer Blos. mon. Sp. c. 4. und Braͤutigam hab fuͤr dich mit Gedult gelitten so viele und harte Schlaͤge; und dn bist so ungeduͤltig gewesen/ daß du auch nicht hast koͤnnen außstehen die blose Wort: Jch bin vor dem Gericht gestanden/ und hab zu meiner Verantwortung den Mund nicht eroͤffnet: du aber hast mit bitteren und verweißlichem Antwort dein Stimm zu viel hoͤren lassen. Du haͤttest al- les geduͤltiglich sollen tragen Meinentwegen/ der ich mit Naͤgelen gehefftet bin worden deinentwegen ; und haͤttest durch deine Starckmuͤtigkeit die jeni- ge/ so gefallen waren/ zum auffstehen sollen auffmuntern. Seye derhal- M m 3 ben Die Drey und Zwantzigste Geistliche Lection ben hinfuͤhro behutsamer/ und wann du von einem oder andern zum Zorn wirst angereitzet/ so rede nicht leichtlich/ biß der Eyffer von deinem Hertzen verschwunden ist. Nach dieser innerlichen Bewegung/ erforsche die Ursach derselben reifflich/ und alsdann rede mit Sanfftmuth. Sollestu aber mit dem Reden nichts außrichten/ und mit dem Schweigen nicht suͤndigen; so wuͤrdestu besser thuen/ und einen groͤsseren Verdienst erwerben/ wann du schwiegest. Dieser ist der Rath Christi/ den er seiner geliebten Braut gege- ben hat Du aber nehme denselben auch mit Danck an/ und hoͤre auß folgen- der Geschicht/ wie weit du noch von der wahren Christlichen Gedult entfer- Historia in o jus Vita. net seyest. Es hatte der H. Petrus auß dem Orden deß H. Dominici/ so nachmahls ein Blutzeug Christi worden/ durch grosse Heiligkeit sich derge- stalt bey dem lieben GOtt verdient gemacht/ daß er auch von selbigem und dessen Ausserwaͤhlten sichtbarlicher Weiß offt und vielmal besuchet worden. Da er nun einsmahls nach Gewonheit in seiner Cellen in einem sehr eiffri- gen Gebett begriffen gewesen/ siehe/ da seynd die H. H. Jungfrauen Agnes/ Chatarina und Caͤeilia zu ihm kommen/ und haben mit dem bettenden Pe- tro so vertreulich und mit so heller Stimm geredet/ daß ein vorbeygehender Geistliche desselben Ordens sothanes Gespraͤch gehoͤret/ und vermeint hat/ es seye auß der Stadt einig Frauen-Zimmer ins Kloster gelassen worden: derhalben er in diesem Eiffer den Petrum bey oͤffentlicher Versamblung verklaget/ und solche That bey andern gar empfindlich gemacht hat. Mein guter Petrus hat immittels seine himmlische Guͤnsten und Gnaden nicht wollen kundbar machen/ dahero hat er auß Demut sich nicht entschuldiget; sondern mit blosem Stillschweigen sich verthaͤtiget; und nachdem er sich zur Crden niedergeworffen/ dieß allein gesagt/ daß er ein Suͤnder/ und vielen Fehlern unterworffen seye. Hierauff hat der Vorsteher deß Klosters den Petrum in aller Geistlichen Anwesenheit scharff hergenom- men/ und ihm vorgeworffen/ daß er mit seinem boͤsen Exempel andere geaͤr- gert habe/ und hat ihn zu einem weit-abgelegenen Kloster geschickt/ und da- selbst als einen Gefangenen tractiren lassen. Ob nun dieser Gott-seeliger Mann diese Schand mit grosser Starckmuͤtigkeit zwarn außgestanden; so hat er gleichwohl nach erlittener einiger Monaten Gefaͤngnuß sein Elend zu empfinden angefangen; und da er einsmals zur Kirchen kommen/ ist er voller Traurigkeit vor dem Bildnuß deß gecreutzigsten Heylands niderge- fallen/ und hat sich mit aller Holdseeligkeit seines Wehestands beklaget/ und seinem JEsum zu fragen sich erkuͤhnet/ woher er so langwirige Schmach umb ihn verdienet habe; und warumb auß seinen himmlischen Freuden sich niemand zum Verthaͤtiger seiner Unschuld erbietete. Dieser muͤndlichen Sup- plica- Von der Gedult der Geistlichen. plication gibt Christus vom Creutz alsolche Antwort Was hab ich verschul- det/ mein Petre/ daß ich an dieses Creutz hab muͤssen gehefftet werden? Lerne du die Gedult auß meinem Exempel. Ein gar geringes ist/ was du leidest/ und kan solches mit meinen Peinen und Schmertzen nicht verglichen werden. Auß diesen Worten deß Herrn/ ist der gute Petrus theils getroͤstet/ theils scham- roth worden/ hat alsbald zu mehreren Widerwaͤrtigkeiten sich erbotten/ und mit brennendem Hertzen seinen Erloͤser gebetten und gesagt: Als besser dran/ als besser dran/ mein Heyland/ mehre du die Schand/ vermehre die Verachtung; du wirst auch vermehren die Belohnung. Lerne derhalben/ mein Christliche Seel/ lerne ergreiffen in der Schulen Christi/ und nach dem Exempel Christi/ in deinen widrigen Zu- faͤllen die Gedult der Heiligen/ und gedencke/ daß diese Wort deines Erloͤ- sers dir ebenfals gesagt seyen: und also wirstu auch mit dem H. Petro ruffen: Als besser dran/ als besser dran/ mein GOtt; vergroͤssere das Creutz/ vermehre die Verfolgung. Was du aber vor Gna- den zu gewarten habest/ daß hastu auß dem obangezogenen Laurentio Ju- stiniano vernommen. Der Andere Theil. 6. A Llen und jeden ist gnugsamb bekandt/ daß die Schmertzen dem ley- denden am schwaͤresten fallen/ wann er vermeint/ daß er allein leyde und ihme hergegen leichter ankommen/ wann er sehet/ daß auch an- dere den Truͤbseeligkeiten sich biegen muͤssen. Dahero hab ich fuͤr rathsamb befunden (damit in der Tugend der vorhin außgelegten fuͤnfffaͤltigen Ge- dult niemand wanckele) die jenige mit den Augen deß Hertzens zu beschauen/ welche uns in der gleichen Widerwaͤrtigkeiten seynd vorgangen/ und alle sehr herrliche Exemplen hinterlassen haben/ so da von jedem Christ-Glaubigen/ insonders aber von den Geistlichen billig solten nachgefolgt werden. Auff daß wir nun wegen Abgang der zeitlichen Dingen nicht unordentlich betruͤbet werden/ sondern solchen unsern Mangel mit einem Heldenmuth erdulden moͤ- gen/ lehret uns neben dem gedultigen Job/ erstlich der H. Remigius/ welcher In Vita. eine grosse Theurung vorgesehen hatte; derhalben hat er zu Erhaltung der Ar- men eine sehr ansehnliche menge Getraͤid versamblet; so aber von einigen Boͤß- wichten verbrennet werden. Nach eingenommener dieser traurigen Zeitung ist der H. Mann/ umb solches Wuͤten der Feinde zu stillen/ zu Pferd gesessen/ und hinzu geeilet. Nachdem er aber alles durch die Flammen er- griffen gesehen/ ist er abgestiegen; und hat sich wegen eingefallener Kaͤlte zum Feuer begeben/ und mit gantz ruhigem Gemuͤth und aller Christlichen Zufriedenheit gesagt; Das Feur ist allzeit gut. Dem hei- ligen Bernardo einem Clarevallensischen Abt werden zwyhundert Pfund Die Drey und Zwantzigste Geistliche Lection Pfund Silber/ so ihme zu Erbauung eines Klosters uͤberschickt waren/ von den Strassen-Raͤubern abgenommen; und sagt/ Deo gratias. Ge- benedeyet sey GOtt/ der uns eines solchen Lastes enthoben hat. 7. Allhier ist zu beobachten/ daß diese und dergleichen widrige Zufaͤlle den Dienern GOttes nicht ungefehr zustossen; sondern es ist zu glauben/ daß selbige von der Goͤttlichen Guͤtigkeit ihnen von Ewigkeit also verordnet seyen/ damit sie hierdurch der Gnad und Gaaben GOttes desto faͤhiger ge- macht/ und hernach desto reichlicher im Himmel belohnet werden/ nach dem Beyspiel deß jenigen frommen Geistlichen/ so nach Zeugnuß deß Caͤsa- rii in allen immer vorfallenden Widerwaͤrtigkeiten seinem GOtt allzeit Danck sagte: und dahero zu solcher Heiligkeit gelangt ist/ daß auch durchs blosse Anruͤhren seiner Kleydung die Krancke gesund worden. Die Heil. Jungfraͤuliche Mutter Theresia hat Zeit ihres Lebens einem sichern rei- chen Kauffmann (welcher sich dero Gebett empfohlen hatte) solchen Brieff Lyræus in A xiom. 3. S. Ign. zugeschrieben: Dieweilen ich verstanden hab/ daß der Herr meinen geistlichen Schwestern sehr befoͤrderlich seye/ und daß er hinwiederumb Krafft meines Gebetts geholffen zu werden verlange; als hab ich nach aller Moͤglichkeit dieses zu verrichten mich unterstanden. Derhalben be- deute demselben hiemit was massen ich von GOtt ver- sichert bin/ daß sein Nahm in das Buch deß Lebens ge- schrieben seye. Zum Zeichen aber/ daß ich die Warheit schreibe/ solle der Herr wissen/ daß ihm von Stund an in diesem zeitlichen Leben nichts werde glůcklich von stattẽ gehen. Also ists geschehen; dann ein wenigẽ Zeit hernach seynd ihme seine Schiff zu Grund gangen/ daß auch Banquerot zu machen gezwun- gen worden. Uber sothanen schmertzlichen Zufall deß Kauffhaͤndlers haben sich dessen gute Freund erbarmet/ und seynd demselben mit einer Summen Gelds in diesen Noͤthen beygesprungen/ auff daß er von neuem sein Gluͤck versuchen moͤgte. Demnach ihm aber zum andernmahl das Spiel uͤbel ge- lungen; hat er sein Rechnungs-Buͤcher zu sich genommen/ und ist mit selbi- gen gantz freywillig in den Kercker gangen. Die Schuldner aber haben in Ansehung der Unschuld deß frommen Kauffmans ihme nicht uͤberlaͤstig seyn wollen. Und er ist also mit dem Willen GOttes zu frieden/ arm und bloß gestorben. 8. Dieß eintzige erzehlte/ und in Warheit also geschehenes Exempel soll dir/ mein Christliche Seel/ so wohl/ als mir/ und allen Christglaubigen ein hilliger und gnugsamer Antrieb zum leyden seyn/ auß dem du reifflich abnehmen kanst/ daß GOTT die jenige/ fuͤr welche so eifferig gebettet wird/ in diesem Zeitlichen faͤhig mache/ die Cron der ewig Von der Gedult der Geistlichen. ewig und ewig waͤhrenden Seeligkeit zu verbesseren/ und sich derselben durch die gegenwaͤrtige Truͤbseligkeiten mehr und mehr zu versichern. O wie manchem waͤre besser/ daß er an Platz der Reichtumben/ die Christliche Ge- dult in Armut besitzete/ dessen Hertz in den zeitlichen Guͤtern also vertieffet ist/ daß sichs zu seinem Gott zu erheben/ sehier aller Gewalt beraubet werde: techt und wohl bettet man fuͤr solche/ daß ihnen die Ursach ihres ewigen Verderbens durch Widerwaͤrtigkeit entzogen werde. Nun hoͤre gleichwohl zu Ersaͤttigung deines geistlichen Vorwitz noch weiters das Exempel unse- res ehrwuͤrdigen Joannis à St. Guilielmo; welcher das Ambt deß Vorste- hers freywillig verlassen/ und/ damit er seinem lieben GOtt desto besser dienen moͤchte/ in der Einoͤde zu leben erwaͤhlet hat: demnach er sich nun von seinen guten Freunden beurlaubet/ und seine Schrifften auff einen Esel geladen/ ist er den geraden Weeg mit selbigem nach Etrur ien gereiset: diesem anfangen- den Einsidler seynd aber nach abgelegten einigen Meilen Weegs zwey Moͤr- der begegnet/ so den Esel zu ihrer Nothdurfft begehrt haben; denen er selbigen ohne einige Verstoͤhrung gern gelassen/ seine Buͤcher oder Schrifften auff den Puckel genommen/ und gesagt; es ist billig und recht/ daß ihr euch nun deß Esels gebrauchet; ich hab mich seiner schon gnugsamb bedienet: und ist also mit den Buͤchern beladen/ zum gewuͤnschten Orth gelanget: dergleichen Exempel en lesen wir viele in den Leben der H. H. Altvaͤtter und anderer from- men Diener GOttes/ so du/ mein Christliche Seel/ zu deinem Vergnuͤgen und grossen Nutzen daselbst finden wirst. 9. Zum andern muß man sich der Gedult befleissen in den Ubelen deß Leibs/ das ist/ in allem dem/ was den Leib plagen kan/ als da seynd Kranckhei- ten/ Hunger/ Durst/ Kaͤlte/ Hitze und dergleichen: so viel nun die Schwach- heiten deß Leibs mit gezimmender Starckmuͤtigkeit zu ertragen angehet/ leh- ret uns mit seinem herrlichen Vorzug der Heil. und Seraphi sche Franciscus: S. Bona- vent. in ejus vita. als dieser grosse Diener GOttes einsmahls grosse Schmertzen leidete; be- gehrte von ihm sein auffwartender einfaͤltiger Bruder/ er solte betten/ daß GOtt etwa gelinder mit ihm umbgehen moͤchte; weilen du/ sagte er/ von der Hand GOttes gar zu hart beschwaͤret wirst: da dieses der fuͤr Liebe GOttes brennende Franciscus hoͤrete/ rieffe er mit beweglichem Seufftzen uͤberlaut: wann mir deine grosse Einfalt nicht bewust waͤre/ so wolte ich dich alsbald von meiner Bruderschafft verwerffen; weilen du die Urtheilen Gottes uͤber mich tadlest: da ihm die Kranckheit hefftiger zusetzete/ stiesse er den schwachen Leib zur Erden/ die er dann mit Frewden kuͤssete/ und sagte: ich sag dir Danck uͤber Danck mein GOtt und Herr fuͤr alle Schmertzen/ und bitte dich/ du N n wollest Die Drey und Zwantzistge Geistliche Lection wollest selbige hundertfaͤltiglich vergroͤssern/ wans dir also gefaͤllig ist: dann dieses wird mir angenehm seyn/ wann du in denen mir zugefuͤgten Schmer- tzen/ meiner nicht verschoͤnest: zumahlen auß der Erfuͤllung deines goͤttlichen Willens mir eine unaußsprechliche Frewd erwachset Dieser und andere gott- selige Manner wusten wohl/ daß die eusserste Leibs-Schwachheiten und an- dere von dem Allerhoͤchsten uͤberschickte Beschwernuͤssen ein wahres Kenn- Zeichen der Liebe GOTTES seye; derhalben waren ihre groͤste Schmer- tzen ihre hoͤchste W ollusten. 10. Und wann sie nicht mit Creutz und Elend von GOtt unauffhoͤrlich heimgesucht worden/ vermeinten sie/ daß derselbe einen W iderwillen gegen sie In vita. geschoͤpffet haͤtte/ wie neben andern an unserm gottselichen Joanne à S. Guili- elmo zu sehen gewesen; welcher alle Jahr mit einer sehr schweren Kranckheit behafftet wurde; und wann er zu Zeiten ein Jahr ohne Leibs Schmertzen zugebracht hatte/ hielte er gaͤntzlich darfuͤr/ Gott habe ihn verlassen/ derhalben seufftzet und Weinete er so hefftig/ daß er von Niemand koͤnte getroͤstet werden: derhalben hat ihn Gott auff sein Begehren noch mahlen mit allerhand schwaͤ- ren Zustaͤnden und Kranckheiten/ mit gifftigen Fiebern/ mit Schwindel/ mit der rothen Ruhr/ mit Magen-Wehe/ und andern Schmertzen/ als seinen gu- Freund und treuen Diener beseeliget; in denen allen er seinem Herrn unauff- hoͤrlichen Danck sagte/ und annebenst eyfferig bettete/ daß er in solchem leiden Marulus L. 5. c. 4. lang verharren moͤchte. Servulus ein Bettler/ und die gantze Zeit seines Le- bens so gichtbruͤchtig/ daß er sich im geringsten nicht bewegen koͤnnen/ hat im- mer und allzeit fuͤr solche grosse Gnaden gedanckt; und so offt zu diesen zweyen Zustaͤnden noch andere zugestossen/ hat er das Lob Gottes verdoppelt; dahero er auch gewuͤrdiget worden/ in seinem Todt das hinunlische Gesang der En- gelen zu hoͤren; auß dessen Leib ein koͤstlicher Geruch entstanden. Die H. Lyd. vvina hat acht und dreissig Jahr nach einander so ungemeine und grosse Schmertzen gelitten/ daß sie weder vom Bett auffstehen/ weder mit einem Fuß die Erd beruͤhren koͤnnen: in solcher Zeit aber ist sie mit den hoͤchsten Gaben von Gott begnaͤdiget worden. Wie koͤnnen dann die leibliche Schwachheiten grosse Beschwernuͤssen genennet werden/ wann sie dergestalt von Gott belo- P. 3. Past. Admon. 3. net werden? recht sagt dahero der H. Gregorius: die Krancke soll man ermah- nen/ daß sie betrachten/ was ein grosse Gnad seye die Kranckheit deß Leibs/ krafft dero die begangene Suͤnden außgetilget/ und die jenige/ so der Krancke Ruff. in vit. Jois. haͤtte begehen koͤnnen/ gehemmet werden. Derhalben hat der H. Einsidler Jo- annes, da er ersucht worden/ daß einem sichern Menschen von dem drey taͤgi- gen Fieber befreyen moͤchte; geantwortet: du wilst eine Sach/ so dir noͤthig ist/ Von der Gedult der Geistlichen. ist/ von dir hinweg werffen. Gleich wie die Kleider durch die Seiffen gewa- schen werden/ also wird die Seel durch die Kranckheiten gereiniget. Die Kranckheit deß Leibs ist das Heylder Seelen. Die Tugend wachset niemah- len besser als in den Kranckheiten. 11. Zum Hunger/ Durst/ Kaͤlte und Hitze gedultiglich zu leiden/ geben uns schier alle Heilige Gottes grosse Anreitzung. Und damit wir der schaͤdlichen Ungedult nicht unterwerffen sollen/ wan eben die Speisen nach unserm Wil- len nicht zubereitet seynd; daß lehret mit einem sehr schoͤnen Exempel ein si- cher geistlicher Altvatter/ welcher in seiner langwirigen Kranckheit gar nichts essen koͤnnen: dessen Juͤnger aber hat ihm endlich ein gutes Muͤßlein kochen/ Pelag. l. 4. n. 59. \& Ruff. n. 51. in vit. P. P. und zum Essen noͤthigen wollen/ hat aber auß Unachtsambkeit an Platz deß Hoͤnigs das Muͤßlein mit Leinoͤl angemacht. Von diesem uͤbel geschmierten Muͤßlein hat der Alte gessen/ und nichts gesagt: da ihm nun der erwehnte Juͤnger zum drittenmahl weiters zu essen noͤthigen wollen/ hat er ein wenig gekostet/ und gesagt/ mein Sohn/ ich kan nicht essen. Der Juͤnger/ auff daß er den alten Vatter zum weitern Essen uͤberreden moͤchte/ hat selbst von dem Muͤßlein gessen/ und gleich zu Anfangs seinen begangenen Fehler vermerckt: daher ist er alsbald auff sein Angesicht gefallen/ und gesagt wehe mir/ O Vat- ter/ ich hab dich umbs Leben gebracht! diese Suͤnd hast du mir auffgebuͤrdet/ weilen du mir nichts gesagt hast: der Alte aber hat ihn getroͤstet und geantwor- tet: wann es Gott waͤre gefaͤllig gewesen/ daß ich ein bessere Speiß haͤtte ge- niessen sollen; so haͤttest du ohne Zweiffel an statt deß Leinoͤls Hoͤnig ins Mueß gethan. Auß diesem und andern Lehr-Stuͤcken versamble dir/ mein Christliche Seel/ die jenige Fruͤchten/ deren du dich in Zeit der Versuchung bedienen kanst. Der dritte Theil. 1. W Eilen es fast gemein ist/ daß die Goͤttliche Majestaͤt ihre Diener durch unterschiedliche Unbill versuche; als will sichs geziemen/ daß ein jeder Geistlicher/ alle Verzagung zu verhuͤten/ gegen die- ses grosse Ungewitter deß Unbills sich bester massen versehe. Vor allem aber muß er sich befleissen; daß er die jenige Schmach/ so ihm von seiner Obrig- keit/ oder auß einer Versuchung/ oder als eine verdiente Straff wird ange- than/ standhafftiglich außstehe/ und gedencke der guͤldenen Wort deß gottse- ligen Martini Dumiensis : Wann man dich ermahnet/ L. de virt. Capi. c. 3. daß soll dir lieb seyn: wann man dich straffet/ so sollst du gedůldig seyn: wann dich einer auß billigen N n 2 Vr- Die Drey und zwantzigste Geistliche Lection Vrsachen bestraffet hat/ so solst du wissen/ daß er dir nuͤtz- lich gewesen seye: und wann solches unverdienter Dingen geschehen ist; so muß du darfür halten/ daß er dir habe nu- tzen wollen: und an dem Spruch deß hocherleuchten Joan. Climaci: Grad. 4. Seelig ist/ der umb GOttes willen alle Tag mit Schand- und Schmaͤh-Worten gelaͤstert wird/ und sich Gewalt anthuet: dieser wird mit den Martyren sich erfrewen/ und wird mit den Engeln gleiche Vertraͤwligkeit und Herrlig- keit verdienen. Und wiederumb an eine andere Sententz desselben GOtt Idem ibid. gefaͤlligen Dieners: Trincke mit hoͤchster Froͤhligkeit die Bestraffungen und Verhoͤnungen nicht anders als das Wasser deß Lebens/ sie kommen/ wo- her sie immer wollen: weilen man dich mit einem gesunden Trunck zu laben suchet; durch den aller Muthwill und Geylheit vertrieben werde: durch sol- chen Trunck wird eine geheime Keuschheit auß der Tieffe deiner Seelen auffgehen/ und das allerschoͤnste Liecht Gottes wird in deinem Hertzen nicht erloͤschen. Erinnere dich auch offtmahl der folgenden Wort deß gemeldten Grad. 9. Heil. Vatters: Einige haben sich grosser Arbeit und Schmertzen ergeben/ die Nachlassung ihrer Suͤnden zu erlangen: denen aber wird der jenige leicht- lich vorkommen/ welcher die Unbill vergesset: dahero haben die H. H. Vaͤtter ihre Juͤnger mehrentheils oder durch Widerwaͤrtigkeit/ oder durch Schmaͤh- Wort und Bestraffungen/ oder durch Vorwerffung/ Verschaͤmung und Verspottungen zu versuchen/ zu saͤuberen/ und zur wahren Vollkommenheit Grad. 4. zu bequemen/ sich unterstanden: unter solche billig gezehlet wird der jenige grosse Vorsteher/ von dem der offt gedachte Climacus schreibet/ daß er eins- mahls die Gedult eines seiner Geistlichen Nahmes Mennæ habe probi ren wollen: dieser fromme Muͤnch ware nach verrichteten Geschaͤfften wieder- umb zum Closter kommen/ und nachdeme er zu den Fuͤssen seines Oberen nie- dergefallen/ und nach gewoͤhnlichem Gebrauch den Seegen begehret/ hat ihn der V orsteher vom Abend biß zur Morgen Zeit auff der Erden ligen lassen: demnach hat er ihm den Seegen ertheilet/ und als einen Gleißner und unge- dultigen unwuͤrdigen Geistlichen gescholten/ und also gehen lassen: Weilen dann dem gemeldten V orsteher die Gedult deß Mennæ gnugsamb bekendt ware; als hat er dieses Schaw-Spiel zur Aufferbawung der anwesenden zei- gen wollen: der gottselige und gedultige Mennas hat inzwischen das gantze Psalter gebetten. Unserer einem solte vielleicht wohl das Gedaͤrm im Leib auß Zorn zersprungen seyn. So ist dann kein Wunder/ daß auß den Fuͤssen dieses verstorbenen Mennæ zwey kostbahre Oel fliessende Bruͤnnlein nach- mahls entsprungen. 13. Die- Von der Gedult der Geistlichen. 13. Diesem Gott-seeligen Muͤnchen kan zugesellet werden der H. Ro- In ejus Vita. mualdus/ welcher im Novitiat unter dem Einsidler Marino seinem Ma- gistro das Psalter außwendig lernen muste; so offt er nun fehlete/ wurde er von dem Lehr-Meister mit einer Ruthen allemahl ans lincke Ohr geschla- gen. Dieses hat der Romualdus ein sehr geraume Zeit geduͤltiglich auß- gestanden; biß er endlich den Marinum angesehen/ und gesagt: Jch bit- te dich/ schlage mich doch/ wanns dir gefallet/ hinfuͤhro ans rechte Ohr; dieweilen mir das Gehoͤr deß lincken Ohrs zumahlen vergehet. Jn An- sehung dieser Gedult hat Marinus den Romualdum nicht mehr als einen Novitzen; sondern als einen getriebenen Alt-Vatter gehalten. Der from- In Vit. P. P. me Joannes/ ein Juͤnger deß Alt-Vatters Ammonis hat seinem geistlichen in die zwoͤlff Jahr Bett-laͤgerigen Vatter treulich auffgewartet; und hat in allen diesen Jahren niemahlen ein eintziges gutes oder friedliches Wort von selbigem erhalten; dieses aber ist zu seinem grossen Vortheil geschchen; zumahlen er solcher Gestalt viel groͤssern Lohn bey Gott erworben/ und da der Alte gestorben/ hat er seinen Juͤnger dem alten Geistlichen uͤberlibert/ und gesagt: dieser ist ein Engel GOttes; dann er hat in allen seinen Beschwer- lichkeiten von mir niemahlen ein troͤstliches Wort gehabt/ und hat mir dan- noch treulich gedienet. 14. Wie viele/ ja unzahlbare seynd nicht gewesen/ die allen Unbill und Schmach mit grossem Helden-Muth uͤberwunden haben. Auß deren Zahl der H. Dorotheus/ von einem seiner Bruͤder mit vielen Schand- und Schmaͤhe-Worten taͤglich verunehret worden/ und hat gleichwohl demselbi- gen niemalen mit einem eintzigen Wort zu wider geredet: so gar auch hat der fromme Dorotheus diesen seinen Schaͤnder/ da er von andern dieserthal- ben verklagt worden/ und nun solte gestraffet werden/ bey dem Vorsteher ent- schuldiget/ und durch Jesum Christum fuͤr ihn umb Vergebung gebetten/ und gesagt/ daß vielmehr er gesuͤndiget/ als sein Bruder; und derhalben die gesetzte Straff verdienet habe. Mit vielen andern schwaͤren Unbillen haben dessen Mit-Bruͤder demselben fast immer zur Ungedult angereitzet; er aber hat alles mit Freuden uͤberstanden/ und nicht allein nicht mit Wor- ten sich jemahln verthaͤtiget; sondern dieserthalben keinen immer sauer ange- sehen. Von diesem Gott-seeligen Dorotheo schlag ich meine Augen auff die H. Jungfrau Magdalena de Pazzis/ und sehe/ daß sich der leidige Sa- In Vit. than in die Gestalt dieser Jungfrauen verwandelt/ und also das Fleisch auß dem Camin der gemeinen Kuchen stehlet. Die Kuchen-Meisterin be- ruͤchtiget Magdalenam billiger massen/ und macht kundbar/ was sie gese- N n 3 hen Die Drey und Zwantzigste Geistliche Lection hen hatte. Magdalena wird fuͤr die Diebin gehalten/ verthaͤtiget sich aber im geringsten nicht/ sondern uͤberstehet alles mit Gedult; biß endlich eine von den Schwestern aͤidlich zu bedeuren sich erbietet/ daß sie zur selbigen Zeit Mag- dalenam in der Bett-Kammer gesehen habe. Also ist der Betrug deß hoͤl- lischen Feinds entdeckt worden. Dahero sagt recht der H. Kirchen-Lehrer L. 2. In- dict. 10. Ep. 23. Gregorius: Diese Eigenschafft hat an sich die Mißgunst der alten Schlangen/ daß sie der jenigen guten Nahmen mit falschen Erdichtungen zerrupffe/ welche sie in Wir- ckung der boͤsen Thaten nicht betriegen kan. Hom 35. 15. An einem andern Ort sagt der obgemeldte Kirchen-Lehrer also: Welcher stirbt durch die Verfolgung/ der ist ein oͤffentli- cher Martyr in der That/ deraber Schand und Schmach außstehet/ und seinen Feind liebet/ der ist ein heimlicher Martyr in deu Gedancken. Ein solcher ist in Warheit gewesen der vorhin offt gemeldte Joannes à S. Guilelmo; indem er von seinen Einsidlern mit allerhand Schmach und Unbill uͤbel gehalten worden/ und dannoch al- les mit grosser Gedult uͤbertragen; und wann er gescholten worden/ hat er sich nicht allein nicht verthaͤtiget/ sondern gesagt: ihr thut wohl daran/ daß ihr mich fuͤr einen solchen haltet/ und was ihr immer boͤses von mir sagen wer- det/ daran erkenne ich mich zumahlen schuldig: und da er weiters auch bey dem Provincialen faͤlschlich angeklagt worden; hat er sich gleichwohl niemah- len verantwortet; hernach annebens fuͤr seine Anklaͤger/ so wegen deß un- rechtfertigen Berichts zur Straff gefordert worden/ bey der Obrigkeit umb Nachlaß gebetten und erhalten. Sonsten ist er auch so gar von den jenigen/ welche er ihres Gottlosens Lebens halber ermahnet/ mit Pruͤgelen uͤbel be- lohnet worden; ist aber alsbald auff seine Knie niedergefallen/ und hat die Gottslaͤstrische Haͤnd gekuͤsset; die seinige aber gegen Himmel auffgehoben/ und fuͤr seine Feinde gebetten; derhalben kein wunder ist/ daß die jenige Haͤn- de/ die sich niemahlen haben rechnen wollen/ so viele Miraculen gewircket ha- ben/ wie in seinem Leben zu lesen ist. 16. Daß nun die vornehmste Diener GOttes von den Menschen am Vinc. Ju- stin. c. 15. in Vit. Bernardi uͤbelsten gehalten werden/ entstehet daher/ wie der H. Vineentius Krafft folgender Gleichnuß erklaͤret und sagt: Gleich wie ein Lilie einen scharffen Geruch von sich gibt/ welcher nicht allen gefallet/ sondern den schwachen Haͤupteren Schmertzen bringet: also gefallen die mittelmaͤssige fast allen Von der Gedult der Geistlichen. allen: die aber an Heiligkeit andere uͤbertreffen/ diese gefallen den en nicht/ so da nicht heilig/ sondern mittelmaͤssig gut seynd. Wer nun den schoͤ- nen Geruch der Tugenten im Angesicht GOttes gleich einer Lilien auß- zubreiten verlanget; der muß sich anders nicht einbilden/ als daß er in die Ungnad vieler gerathen werde. Ein wahrer Liebhaber GOttes aber muß solches nicht achten/ sondern der Worten Christi sich erinnern: Der Joan. 15. v. 20. Knecht ist nicht groͤsser/ dann sein Herr ist. Wann sie mich (wegen der guten Werck) verfolget haben/ so werden euch auch verfolgen. Dann gleich wie der Wein in seiner Guͤte am be- L. 1 . Re- uel. c. 36. sten erhalten wird/ wann er auff der Trusen oder Mutter ligen bleibet/ al- so (sagt Christus der H. Brigittaͤ) koͤnnen die Gute und Gerechte in den Tugenden nicht erhalten werden/ noch in denselbigen zunehmen; es sey dann daß sie durch Widerwaͤrtigkeit und Verfolgung der Boͤsen versuchet wer- den. Derselben H. Mutter Brigittaͤ gibt eben solches zu verstehen die Al- lerseeligste Jungfrau Maria mit dieseu Worten: Geichwie eine Rose auch weit von sich einen lieblichen Geruch außspreitet/ schoͤn ist anzusehen/ und sich sanfft fuͤhlen lasset: wachset aber nicht/ als unter den Doͤrnen/ so den Haͤnden hart/ den Augen ungestaltet/ und ohne Geruch vorkommen: also koͤnnen die gute und Gerechte/ ob sie schon wegen der Gedult milt seynd/ schoͤn an Sitten/ und wegen deß guten Exempels lieblich schmaͤcken; nicht probiret werden/ weder auch in den Tugenden fortschreiten/ als eben unter den Boͤsen. Derhalben schliesset der H. Gregorius hieruͤber; daß nemb- lich keiner vollkommen seye/ so da in Mitten der Gebrechen seiner Neben- Menschen nicht geduͤltig ist: dann der die frembde Maͤngel und Unvollkom- menheiten nicht Dult-muͤtig traget/ der gibt sich selbst durch seine Unge- dult Zeugnuß/ daß er noch weit seye von aller Vollkommenheit; zumahlen der jenige dem frommen Abel nicht will gleich seyn/ welcher durch die Boͤß- heit deß Cain getummelt zu werden foͤrchtet. 17. Schließlich kan auch die Betrachtung der Gedult der Heili- gen GOTTES/ deren sie sich auff dieser Welt beflissen haben/ zu Erduldung der Ehr-ruͤhrischen Beruchtigungen nicht wenig beytra- gen. Unter denen ist gewesen der heilige Joannes Chrysostomus/ Lanciz. Oposc. 9. n. 97. welcher von dem Theophilo/ Bischoffen zu Alexandria/ und sechs und dreyssig andern Bischoffen auff das Calcedonische Consilium wegen un- terschiedlicher falschen Anklagungen gefordert/ etliche Mahl verdammet/ ins Die Drey und Zwantzigste Geistliche Lection ins Elend vertrieben/ und endlich in selbigem gestorben ist; und dieses alles hat der unschuldige und fromme Hirt mit unbeschreiblicher Gedult erlitten. Der fuͤr die Geistligkeit mehr Sorg truge/ als fuͤr sich selbsten/ und lieber tausendmahl gestorben waͤre/ als einmahl zu liegen und seinen Naͤch- sten zu laͤsteren/ der muste hoͤren/ daß er gegen seine Geistliche ein Buch verfertiget habe voller Luͤgen-Werck und Schmaͤhungen. Ein Mann einer Cnglischen Keuschheit muste verschmertzen/ daß er Weiber auf- nehme/ mit denselben gantz allein umbgehe/ und ein unkeusches wollustiges Leben fuͤhre. Der auch das Seinige den Armen und Beduͤrfftigen reich- lich mittheilete/ dem wurde vorgeworffen daß er die Kirchen-Renten und Gefaͤllen uͤbel anwendete. Der umb Christi Willen seiner im geringsten nicht verschoͤnte/ und in allem die Ehr GOttes sehr eifferig suchete; dem wurde gesagt/ daß er unterschiedliche Gotts-Laͤsterungen gegen Christum veruͤbet hette: daß er das Volck verfuͤhret/ und wider die heilige Ver- samblung auffgewickelt: und dergleichen mehr andere grosse Suͤnden be- gangen habe/ ab deren der H. Cyrillus ihn dem Verraͤther Judaͤ vergli- chen/ und verbotten hatte/ daß man selbigen nach seinem Todt in die Zahl der Catholischen Bischoffen nicht solte zehlen. Jst aber nachmahls durch eine himmlische Offenbahrung weit anders unterriehtet worden. Der H. Idem ibid. Bischoff Basilius/ nachdem er zu dieser Wuͤrde gelangt/ ist von vielen fuͤr einen Ketzer gehalten worden; hat derhalben fast niemand trauen doͤrffen/ und alle foͤrchten muͤssen. Jst auch wegen dieser unrechtfertigen Verkla- gung bey dem H. Pabst Damaso in solche Ungnad gerathen/ daß ihn selbi- ger keiner Antwort auff seine Brieff gewuͤrdiget hat. Der H. Franciscus S. Anton. Spec. Lib 29. c. 97. ist von seinem eigenen General dem Bruder Elia fuͤr einen Zerstoͤrer deß Ordens gehalten/ und von selbigem uͤbel tractiret/ und auch so gar durch oͤffentliche Buͤcher geschmaͤhet worden/ daß er in seiner Jugend der Geyl- heit sehr zugethan/ sich mit vielen schwaͤren Suͤnden beflecket habe. Petr. Da- mian. c. 49. Vit. 18. Der H. Romualdus/ ein Stiffter seines Ordens/ ist von einem der Seinigen/ deme die Strenge deß Ordens zu schwaͤr gefallen/ verklagt worden/ daß er mit ihme ein grausames Laster begangen habe: ist derhal- ben von seinen Untergebenen in oͤffentlicher Versamblung als ein Feur- und Strick-wuͤrdiger Ubelthaͤter verdammet/ und ihme das Meeßlesen verbotten worden. Dieß alles aber hat er in seinem hundert-jaͤhrigen Alter Vit. L. 4. c. 17. mit hoͤchster Gedult ertragen. Die H. Mutter Theresia hat unbeschreibliche Laͤsterungen von allerhand Sorten der Menschen/ auch deren sehr andaͤch- ligen und geistlichen außgestanden. Viele hielten darfuͤr/ daß der boͤse Feind mit Von der Gedult der Geistlichen. mit ihr den Spott triebe; ihr Gebett und Offenbahrungen wurden außge- lachet; einige wolten sich auch unterstehen/ den Teuffel/ von dem sie als be- sessen außgeschreyet wurde/ durch Beschwaͤrungen außzutreiben: andere ver- klagten sie vor dem Gericht der Inquisition oder Untersuchung: dieses alles hat sie neben denen Widerwaͤrtigkeiten/ so von ihrer eigenen Obrigkeit in Stiff- tung der Cloͤster hat leiden muͤssen/ mit ungemeiner Standhafftigkeit getra- gen. Der ehrwuͤrdige P. Balthasar Alvarez auß der Societaͤt Jesv , ein Vit. c. 40. § 1. Mann grosser Tugenden und Gelehrtheit wurde in der Provinciali schen Versamblung uͤber ein grobes Verbrechen faͤlschlich angeklagt/ und in Gegenwart aller bestraffet; hat sich aber weder heimlich weder oͤffentlich ver- thaͤtiget; und ist wegen sothanes heroischen Stillschweigens mit vielen und grossen Gnaden von GOTT versehen worden: ein anders mahl ist dieser fromme Diener GOttes so wohl zu Rom/ als in Hispanien sehr uͤbel ver- schreyet worden; und da ihm solches zu Ohren kommen/ hat er sich daruͤber gelaͤchlet/ sich nicht wenig erfrewet/ und gesagt; nun sehe ich/ daß mir mein GOtt gewogen seye; weilen er mich durch den gewoͤhnlichen Weg seiner be- sten Freunde leitet/ der ich schon lang gefoͤrchtet hab/ Gott wuͤrde meiner ver- gessen seyn. 19. Also ists auch/ mein Christliche Seel; ein solche Beschaffen- heit hats mit dem Dienst GOTTES: Wie mehr er seine Diener lie- bet/ desto freygebiger theilt er demselben mit die Schmach seines Creutzes/ Rom. 8. v. 29. auff daß ihm selbige desto gleichfoͤrmiger werden moͤgen; dann die er (wie der Apostel sagt) zuvor versehen hat/ die hat er auch verordnet/ daß sie gleichfoͤr- mig werden sollen dem Ebenbild seines Sohns; auff daß derselbige der erst- gebohrne seye unter vielen Bruͤdern: das ist (wie der gelehrte Vasquez und Vasq. 1. p. 23. Cornelius à Lapide verdollmetschen) die GOTT zuvor versehen hat/ daß seine Freunde und Geliebte durch seine Gnad werden solten; selbige hat er darzu verordnet/ daß sie leiden solten; und seinem Sohn gleichfoͤrmig wuͤr- den in der Gedult/ der so viele Muͤhe und Armseligkeit fuͤr uns erlitten hat. Damit auch ein jeder uͤber die von andern ihm angethane Unbill nicht zuͤrnen Hom. 4. ad Pop. moͤge; so soll er den guͤldenen Spruch deß Heil. Chrysostomi in sein Hertz graben; in welcher er die ungerechte Verfolger gute Menschen und Acker- Leuth der Leidenden tauffet; zumahlen sie die Gerechte durch ihre Verfol- gung gleich wie mit einem Pflug außbawen und fruchtbar machen/ wie auß zumahliger angezogenen Lection gnugsamb zu verstehen ist. Jn diesem beste- het derhalben die vollkommene Gedult/ daß nemblich ein Geistlicher einer stummen Bildnuͤß aͤhnlich seye; und gleich wie selbige/ obschon mit allerhand erdencklichen Laͤsterungen geschaͤndet wird/ hieruͤber nicht zuͤrnet; also muß O o ein Die Drey und Zwantzistge Geistliche Lection ein Geistlicher das ihm zugebrachte Unbill nicht empfinden/ nach dem Exem- pel deß Altvatters Nub. wie im Leben der H. H. Vaͤtter im 3. Buch/ n. 88. zu lesen ist. 20. Sintemahlen nun gewiß ist/ daß die Gedult einem Geistlichen hochnoͤ- tig seye/ so koͤnte vielleicht einer fragen/ welche die beste Materi zu leiden seye? Lyræus lib. 1. Apoph. 3. diesem antwortet der H. Franciscus Salesius wie folgt: die jenige ist die beste Materi zu leiden/ welche gantz von Gott ist/ und von uns nichts an sich hat: dann der sich selbst durch freywillige Casteyungen zuͤchtiget/ der ist unter den Faͤhnlein Christi ein Fuß-Knecht: der aber das jenige/ so ihm Gott zuschicket/ mit geziemender Gedult leidet/ der ist ein Reuter. Diese Meinung deß obge- meldten Bischoffs wird durch das Gesicht/ so dem seligen Henrico Susoni gezeigt worden/ bekraͤfftiget. Diesem gottseligen Mann hat einsmahls ein von Gott gesendeter Juͤngling Stiffel und Sporen/ einen Schild und eine Lan- tzen gebracht/ mit diesem Vermelden: du sollst wissen/ daß du bißhero als ein Fuͤsser gedienet habest; nun aber wirst du zum Ritter-Stand beruffen: Vor- hin hast du dich gezuͤchtiget/ wie du selbst gewolt hast: nun aber wirst du mit der Ruthen der ungerechten Zungen hergenommen werden: bißhero bist du auß den Bruͤsten Christi gesaͤuget worden/ anjetzt wirst du mit Gall getraͤn- cket werden: biß herzu bist du den Leuten angenehm gewesen; nun wird dir ein jeder zu wider seyn. Da diese Weissagung der treue Diener Gottes deß an- dern Tags nach dem Ambt der H. Messen bey sich in der Stille uͤberlegt; sie- he/ da wird ihm durch eine Stimm befohlen/ er solle zum Fenster hinauß schawen: indem er nun gehorchet/ siehet er/ daß ein Hund auff dem Vorhoff deß Closters ein zerlumpten Schnitzling Tuchs mit schaͤumendem Maul auff alle Hunds- Manier fein tapffer herumb risse: er hoͤret auch annebenst dieselbige Stimm vom Himmel/ daß er hinfuͤhro gleich diesem uͤbel zugerich- teten Tuch-Schnitz durch die Zaͤhn der Menschen solle gezogen werden. Der fromme Suso ist mit diesem anerbottenen Tractament alsbald befriediget ge- wesen/ und hat den gemeldten Schnitz Tuchs/ als ein Zeichen seines Creutzes mit sich zur Zellen genommen/ und daselbst lang auffbehalten. Zum anfang deß Streits hats zwarn das Ansehen gehabt/ als wann er auß menschlicher Schwachheit fuͤr seinem Feind sich foͤrchtete: ist aber am Fest-Tag der Rei- nigung Mariæ durch das goͤttliche kleine Kindlein erinnert worden/ daß er nit allein das zugeschickte Creutz standhafftiglich tragen/ sondern auch andere und andere bald folgende erwarten muͤsse. Auff dieses Zusprechen deß Kindleins hat der gottselige Geistliche Fuß beym Mahl gehalten/ und ist fortan unter tausend Widerwaͤrtigkeiten geduͤltig und stanthaͤfftig verblieben. Nehme die- ses Von der Gedult der Geistlichen. ses fuͤr lieb/ mein Christliche Seel/ und mercke auff/ was vom Creutz und lei- den weiters folgen werde. Die Vier und zwantzigste LECTION Von der Vortrefflichkeit der Truͤbsalen und Widerwaͤrtigkeiten. Per multas tribulationes oportet nos intrare in Regnum Act. 14. v. 21. Dei. Durch viele Trůbsalen můssen wir zum Reich Gottes hinein gehen. Der Erste Theil. 1. V On vielen Jahren her ist annoch der Brauch bey den Universit aͤ- ten und Academi en/ daß die Studenten/ ehe und bevorn sie der gewoͤhnlichen Privilegi en und Freyheiten zu geniessen anfan- gen/ mit allerhand frembden Fragen/ mit Schimpff- und Schertz-Reden/ mit Stoͤß und Schlaͤgen/ gleich den new-geworbenen Soldaten getrillet/ geuͤbet/ und also aller Unrath und Rauigkeit der Baurischen Sitten von ihnen depo- ni rt werden: Nicht unebener Gestalt pflegts der guͤtige GOtt mit denen zu machen/ so in die himmlische Academie eingeschrieben/ und als Glieder mit dero Freyheiten begabet zu werden Verlangen tragen: keiner wird zu dieser Universit aͤt auffgenommen/ er seye dann vorhin mit allerhand Truͤbsalen ge- trillet worden/ und daß zwar fast auß selbigen Ursachen/ auß denen die vorgemeldte Academi en besagtes Deponi ren angestellet haben: Damit nemblich die ungeschliffene Studenten erstlich die alte Sit- ten ablegen; zum andern/ daß sie probi rt werden: zum dritten/ damit sie den Vollkommenen gleichfoͤrmig/ und der gewoͤhnlichen Privilegi en faͤ- hig gemacht werden; und zum vierten damit sie sich uͤber andere nicht erhe- O o 2 ben Die Vier und zwantzigste Geistliche Lection ben moͤgen: ists dann nicht billig/ daß man dieses zeitliche und gar kurtze de- poni ren gern außstehe; zumahlen wir versichert seynd/ daß durch selbiges in die Zahl der Juͤnger Christi/ und erfolglich der Außerwaͤhlten Gottes auff- genommen werden? Es kan aber in der Schulen CHristi keiner ein Lehr- Juͤnger seyn/ wann er nicht durch dergleichen Deposition, das ist/ durch ste- tes Creutz und Leiden geuͤbet/ und also darzu bequemet werde: Wer (sagt Luc. 14. v. 27. dieser himmlische Lehr-Meister selbst) sein Creutz nicht traget/ und mir nachfolget/ der kan mein Jůnger nicht seyn. Die Wercke aber der Juͤnger Christi seynd; das widrige mit Starckmuͤtigkeit uͤbertragen/ 2. Tim. 3. v. 2. In Ps. 55. nach Zeugnuͤß deß Apostels: Alle/ die gottseeliglich leben wollen in CHristo/ werden Verfolgung leiden: Wann du dann/ setzt der H. Vatter Augustinus hinzu/ umb Christi willen keine Widerwaͤrtigkeit lei- dest/ so kanst du dir die Rechnung machen/ daß du noch nicht gottseliglich in Christo zu leben angefangen habest: und an einem andern Orth sagt er also: unter den Dienern Christi ist keiner ohne Truͤbsall: wann du vermeinest/ daß du noch keine Verfolgung zu leiden habest/ so hast du noch nicht angefangen ein Christglaubiger Mensch zu seyn. 2. Dieserthalben haben so viel gottselige Maͤnner; deren eintziges Abse- hen gewesen/ unter die Juͤnger und Diener Christi gezehlet zu werden; in de- nen vorfallenden Trangsalen die hoͤchste Frewd deß Hertzens erzeiget. Hoͤre 2. Cor. c. 12. mein Christliche Seel den Paulum: Hierumb/ spricht er/ hab ich einen Wohlgefallen an meinen Schwachheiten/ an Schmach/ an Noͤthen/ an Verfolgungen/ und an Aengsten umb Chri- sti willen: dann wann ich schwach bin/ alsdann bin ich maͤchtig/ derowegen will ich mich gern růhmen in meiner Schwachheit/ damit die Krafft CHristi in mir wohne. Der H. Catharinæ Senensi wird von Christo eine guͤldene und auch eine doͤr- Surius in jus vita. nere Cron gereichet/ daß sie derselben eine erwaͤhlen solte: sie lasset fahren die guͤldene/ und ergreifft die doͤrnere/ von sothaner Zeit an hat sie in den Wider- waͤrtigkeiten ein solches Wohlgefallen empfunden; daß nichts auff Erden zu finden gewesen/ von dem sie so grossen Trost und Erquickung schoͤpffen koͤn- nen/ als eben vom zeitlichen Creutz und Leiden: ohne diese/ sagt sie/ wuͤrde mir das Leben schwer fallen: ihrenthalben aber will ich die Verkaͤugerung der ewigen Seeligkeit gern tragen: diese erfahrne Juͤngerin CHRJSTJ wuste wohl/ daß durch das Deponi ren/ durch Truͤbsall und Wi- derwaͤrtigkeit die Cron der himmlischen Glori nicht wenig ver- groͤssert werde: derhalben hat sie das jenige Weib/ so mit dem Krebs behafftet/ und eine grausame Verlaͤumderin der Catharinæ gewesen/ niemahlen Von der Vortreffligk. der Truͤbsal und Widerwaͤrtigkeit. niemahlen außm Hauß treiben wollen; unangesehen ihre Mutter sie darzu angetrieben; sondern hat ihr alle/ auch so maͤgdliche Diensten mit aller Hur- tigkeit geleistet. Die H. Maria Magdalena de Pazzis pflegte zu sagen: Lyræus: L. 4. Jch begehre lang zu leben/ dieweilen ich umb meines li e ben JESU Wil- len verlange viel zu leyden: nicht allein ein kurtzs Marter; sondern hauffige Kranckheiten/ Schmach/ Ungluͤck/ und was immer Widriges wider mich mag auffstehen. 3. O wie billig und abermahl billig werden dann diese zeitliche Plagen von den Außerwaͤhlten Kindern GOttes so eifferig verlanget; indem sie fuͤr ein wahres Zeichen der sonderbahren Lieb GOttes gegen den Menschen muͤssen gehalten werden: dann gleich wie der Ring (sagt Christus zur H. Ger- trudis) ist ein Zeichen der Vermaͤhlung; also ist die/ so wohl leib-als geistliche Widerwaͤrtigkeit ein gewisses Urkund der Goͤttlichen Erwaͤhlung/ und gleich- samb ein Heyrath der Seelen mit GOtt: so gar/ daß einjeder Leydcude war- lich und vertraͤulich sagen koͤnne: Mein Herr und GOtt hat mit seinem Ring verhafftet. Diese Warheit wird auß dem bekraͤfftiget/ was GOtt L. 2. Insin. c. 10. Tom. 2. chron. S. Franc. p. 4. L. 7. c. 24. neben vielen andern Heiligen/ auch dem frommen P. Baptistaͤ Veranaͤ mit folgenden Worten bedeutet hat: Gedenck/ mein Sohn/ daß ich dir ein groͤsseres Zeichen der Liebe erwiesen habe/ indem ich betruͤbet; als da ich dich in meinen allersuͤssesten Armben gehalten hab. Nicht weniger wird selbige Warheit bestaͤttiget auß folgender Trost-reichen Zusprach deß Gebenedey- ten Heylandts zu seiner lieben und uͤber alle Massen betruͤbten Gertruden. Was bekuͤmmerstu dich? sagt Christus/ laß ab von deinen Trauren: ich L. 3. Insin. c. 63. wohne gern bey dir/ und damit du bey mir verbleiben moͤgest/ derhalben mache ich dir auch so gar deine Freunde zu wider; auff daß du also in keiner Creaturen einige bestuͤndige Treue findest/ und dahero dein voͤllige Zuflucht zu mir zu nehmen gezwungen werdest. Weiters hat der Lieb-reiche JEsus durch die heilig-maͤssige Jungfrau Catharinam/ auß dem Heil. Carmeliter Orden/ der Ehr-wuͤrdigen und mit sehr grossen Schmertzen behaffteten ge- dultigen Annæ à S. Bartholomæo desselben Ordens schreiben lassen jetzt- folgende Wort: Wie lieber und angenehmer mir einer auß Pæd. Christi- an. Tom. 2. p. t. c. 5. Sect 7. den Meinigen jemahlen gewesen ist; desto mehr hab ich ihm auß sonderbahren Gunst/ den groͤssesten Theilmeines Creutzes zu tragen aufferleget. Dieß hat erfahren meine Mutter/ deren Seel ein so schmertzhafftes Schwerd durchtrungen hat; daß Sie billig eine Martyr der Mar- tyren/ und Koͤnigin derselben genennet wird: und dieses O o 3 ha- Die Vier und Zwantzigste Geistliche Lection haben auch erfahren meine Apostelen. Derhalben sagt GOtt Apoc. c. 3. v. 19. in der Offenbahrung Joannis: Jch straffe und zůchtige die jenige/ so ich liebe. Das ist/ ich sende ihnen Widerwaͤrtigkeiten uͤber den Hals. Warumb aber handelt der liebreiche GOtt also mit den Seinigen? damit er bey denselben immer verbleibe/ fuͤr dem schaͤdlichen Anfall der Feinden sie verthaͤtige; in den Tugenden unterweise/ und endlich dieselbige zum rechten Ps. 33. v. 19 Weeg der wahren Vollkommenheit bequeme: Zumahlen der HErr Nahe bey denen ist/ die betrangt von Hertzen seynd. Wer will dann umb GOttes Willen/ mit dem Heil. Bernardo nicht uͤberlaut In Ps. 90. schreyen: Der HErr ist mit uns in den Trůbsalen: und was sollich derhalben anders suchen/ als Trůbsaͤligkeit: 4. Weiters bestaͤttiget dieses unser offt-erwehnter Seligmacher; da er Vit. L. 4. c. 17. der H. Mutter Theresiaͤ also zuredet: Der ist meinem himmlischen Vatter am allerangenehmsten/ welcher durch viele und sehr grosse Truͤbsalen ge- tummelt wird. Sehe/ meine Tochter/ sehe und behertzige meine Wun- den/ und gestehe/ wie wenig oder nichts deine Schmertzen mit den meinigen koͤnnen verglichen werden. Von dieser Zeit an hat die obgedachte Jung- frau ein so grosse Begierd zu leyden empfangen; daß sie immer zu sagen pflegte: Jch will oder leyden/ oder sterben/ auch hat sie gern bekennet/ daß sie die Widerwaͤrtigkeiten mit allen Schaͤtzen der Welt Nadal. in Hebd. æ- tern. 45. nicht verwechselen wolte: dahero ist sie nach ihrem Todt jemanden erschie- nen und ihn versichert/ daß sie im Himmel fuͤr kein gutes Werck so grossen Lohn geniesse/ als eben fuͤr die außgestandene Truͤbsalen. So hat dann recht und wohl gesagt die seelige Angela de Fulgineo: Jch weiß/ mein Kinder/ Vit. c. 20. ich weiß/ daß der grosse Werth und Edelkeit/ welcher auß den zeitlichen Trangsalen entspringet/ uns bekennt seye: sonsten wuͤrde man sich umb diese Widerwaͤrtigkeiten rauffen/ und ein jeder wurde suchen auß eines anderen Truͤbsalen seinen Theil zu bekommen. Und das zwarn billig: sintemahlen die Truͤbseeligkeit nichts anders ist/ als ein Jubel-Jahr/ Krafft dessen wir sehr viele Gnaden erlangen. Und weiters; was ist die Truͤbseeligkeit anders/ als ein sehr fruchtbarer Herbst/ in dem von uns so unbeschreibliche Fruͤchten der geistlichen Guͤter koͤnnen versamblet werden? Wem koͤnnen die Wi- derwaͤrtigkeiten aͤhnlicher verglichen werden/ als eben der annehmlichen Arns-Zeit; zumahlen in selbiger die allerbeste Garben der himmlischen Gaa- To. 2. Ep. 20. ben geerndet werden; und nach Meynung deß hoch-erleuchten Avilæ, in Zeit der Truͤbsalen ein eintziges Deo gratias mehr wert ist/ und groͤssere Beloh- nung verdienet/ als sechs tausend derselben/ so da im Stand der Gluͤcksee- ligkeit Von der Vortrefflichk. der Truͤbsal und Widerwaͤrtigk. ligkeit gesprochen werden? Soll dir/ mein Christliche Seel/ auch in deinen hoͤchsten Bekuͤmmernuͤssen und eussersten Schmertzen dieser jetzt-gemeldte Spruch nicht uͤber die Massen liebreich und troͤstlich seyn/ indem du sehest/ wiereichlich du durch die oͤfftere Widerholung deß Deo gratias die himmli- sche Glory dir vergroͤssern koͤnnest! dahero schreyet der weise Mann zu un- serm Vorhaben mit diesen Worten: Gar schoͤn ist die Barmher- Eccl. c. 35. v. 26. tzigkeit GOttes in Zeit der Noth: sie ist/ als wann die Wolcken in Zeit der Doͤrre Kegen geben. Dann/ obschon ein wahrer Liebhaber GOttes gleich einem Wein-Stock die allersuͤsseste Trau- ben der guten Werck immer trage; so ist doch ausser allem Zweiffel/ daß er in Widerwaͤrtigkeit viel mehre und bessere hervorbringen werde. Derhal- ben sagt Christus: Ein jeglicher Reben an mir/ die Frucht Joan. 15. bringet/ wird er sauberen; auff daß sie mehr Frucht brin- ge. Was sich nun vorzeiten mit der Arcken Noe hat zugetragen/ das Gerson. p. 2. ser. de omn. SS. finden wir in Warheit an den Gerechten/ so da in Widerwaͤrtigkeit leben. Wie mehr die Waͤsser der Suͤndflut zugenommen/ je mehr ist die Arcke erhoͤhet worden. Wie groͤssere Waͤsser der Truͤbsalen ein gedultiges und sanfftmuͤtiges Hertz zu leyden hat; wie hoͤher dasselbige in Verdiensten bey GOtt auch steigen wird. Und dieses kan mit vielen Exempeln der heiligen Schrifft bewiesen werden. Jst nicht der fromme Joseph/ ein Sohn deß Gen. 41. Jacobs un Elend an allen so wohl Geist- als Leiblichen Guͤtern mehr gewach- sen/ als wann er zu Hauß geblieben waͤre? Seynd nicht die Kinder Jsrael Exod. 1. desto mehrer an der Zahl worden/ wie mehr sie der Koͤnig Pharao unter- druck et hat? Hat nicht der Prophet Ezechiel in Mitten der Gefangenen Ezech. 1. die wunderbarliche Gesichte gesehen/ auß deren unterschiedlichen er grosse Freuden geschoͤpffet hat Haben nicht die Knaben im feurigen Ofen deß Dan. 1. Englischen Trosts genossen/ unter denender Koͤnig Nabuchodonosor einen gesehen hat/ welcher dem Sohn GOttes glcich gewesen; damit wir uns versichern koͤnnen/ daß GOtt den beaͤngstigten beystehe? Viele andere zu- verschweigen: muß ich noch hinzusetzen; daß von der Zeit der Ankunfft deß Irenæus. L. 5. H. Geistes/ biß zur Zeit der Verfolgung/ so der H. Evangelist Joannes unter dem Kayser Domitian s erlitten/ seyen vorbeygangen ungefehr 50. Jahr. Jn allen diesen Jahren aber hat der gemeldter Apostel so viele und grosse Offenbahrungen nicht gehabt; und hat der Christ-Catholischen Kir- chen so viel nicht genutzet/ als eben in der jenigen Zeit/ da er im Elend gewe- sen ist. 5. Hier- Die Vier und Zwantzigste Geistliche Lection 5. Hierauß nun vernuͤnfftlich zu schliessen ist/ daß die untb GOttes Wil- len gelittene Widerwaͤrtigkeiten sehr reichlich/ so wohl zeitlich als ewiglich belohnet werden. Soll aber die Frucht/ so auß den Truͤbsaalen zu erwach- sen pfleget/ nicht alsbald hervorbrechen; so muß man derhalben doch nicht verzweiffeln/ sondern gedencken/ daß der jenige/ welcher da saͤct/ nicht Ps. 125. v. 5. 6. 7. alsbald nach außgeworffenem Saamen maͤhen koͤnne. Also werden die jenige/ nach Zeugnuß deß Koͤniglichen Propheten/ so mit Thraͤnensaͤen/ mit Frolocken erndten. Sie giengen hin/ giengen und weineten/ und wurffen ihren Saamen: a- der sie werden kommen/ ja gewißlich werden sie kommen mit Frolocken/ und ihre Garben tragen. Darum spricht unser H. Vatter Augustinus uͤber diesen Ort: Jsts nicht bißweilen kalt/ windig und uͤbel Wetter/ wann der Ackers-Mann seinen Saamen traget/ und zum Außwerffen sich ruͤstet: er schauet gen Himmel/ und schet einen unluͤstigen Tag mit betruͤbten Augen an; er wartet und gibt Achtung auff einen froͤhligen Tag/ damit die Zeit nicht vorbeygehe/ und er nichts finde zu maͤhen. Also saͤetihr auch im Winter/ saͤet gute Werck. Auff daß a- ber keiner verzage/ so muß er gleich einem Ackers-Mannden Arnd/ das ist das ewige und gluͤckseelige Leben/ als eine Frucht/ so da in den Truͤbsalen versamblet wird/ erwarten. Diese Frucht ist also gewiß und ansehnlich/ daß/ nach Zeugnuß deß Apostels: Das Leyden dieser Zeit nicht gleich Rom. 8. zu achten seye der kůnfftigen Herrligkeit/ welche in uns soll offenbahret werden. Uber diesen Text der H. Schrifft sagen die H. H. Chrysostomus und Augustinus: Wann wir alle Tage Tormenten/ und auch ein wenige Zeit die hoͤllische Peinen selbst haͤtten außzustehen/ damit wir Christum inseiner Herrlichkeit sehen/ und der Gesellschafft seiner Hei- ligen zugesellet werden moͤgten: so waͤre doch all das Leyden nicht gleich zu achten solcher unendlich grosser Freud und Crgetzligkeit. Wolan dann/ mein Christliche Seel/ hat dir der guͤtige GOtt einige Truͤbsaͤligkeiten zu- geschickt/ nehme selbige mit freudigem Hertzen an/ trage sie mit einem Hel- denmuth/ sie kommen woher sie immer wollen; dancke deinem GOtt/ daß du mit den Apostelen gewuͤrdiget werdest/ fuͤr den Nahmen JEsu Schmach L. Dial. c. 20. und Trangsaalen außzustehen; welcheder Gott-seelige Henricus Suso so hoch geschaͤtzet/ daß er gesagt hat: wann einer hundert Jahr GOtt Fuß- faͤllig bettete/ so koͤnnte er sich doch hierdurch nicht wuͤrdig machen/ ein eintzi- ges Creutz zu erlangen. Der Von der Vortreffligk. der Truͤbsal und Widerwaͤrtigkeit. Der Andere Theil. 6. N Eben diesem allem vorbesagten seynd noch andere Mittel/ so den Last deß Creutzes dergestalt erleichteren; daß er auch mit Frewden getra- gen werde: derselben wollen wir anjetzo einige kuͤrtzlich vortragen. Was der Heil. Apostel Paulus von sich selbsten gesagt hat/ daß muß ein jeder Christ- glaubiger vor sich sagen: Es sey weit von mir daß ich mich růh- Gal. 6. v. 14. me/ ohn in dem Crentz unsers Herrn Jesu Christi: Und daß bil- lig: weilen sich der Mensch durch selbiges mit mchrer Warheit die jenige Titulen zueignet/ deren man sich zum meisten ruͤhmet: und zwar erstlich laß ich einen hoch schaͤtzen seine Reichthumben/ ich frag aber/ wo immer groͤssere koͤnnen gefunden werden/ als die jenige/ welche sich im Creutz finden lassen; zumahlen diesen Reichtumben gemaͤß die Gluͤckseligkeit deß kuͤnfftigen Le- bens wird außgetheilet; deß also wohl und abermahl wohl der grosse Diener Moyses die Schmach Christi fuͤr groͤssere Reichthumben gehalten/ als die Hebr. 11. 26. Schaͤtze der Egypter: und der H. Ignatius Lojola hat die Kaͤrcker/ Schaͤn- dung und Verfolgungen so hoch geachtet; daß er oͤffentlich gesagt: wann diese jetzt gemeldte Ereutzer auff eine Seiten/ und was da immer von GOtt erschaffen ist/ auff die andere Seite der Waag gelegt wuͤrde/ so wuͤrde doch das erste fuͤr diesem letztern bey ihm den Vorzug haben. 7. Laß sich nun andere wegen ihres Ritterlichen Herkommens und grossen Wuͤrden erheben: wie kan aber der Mensch zu groͤsserem Adel und Ehre ge- langen/ als wann er fuͤr andern dem Sohn Gottes gleich wird/ und mit selbi- gem durch ruͤhmbliche Thaten einen Nahmen uͤber alle Nahmen erwerbe? Tragt ein ander uͤber seine Schoͤnheit ein grossen Muth/ wie viel muͤthiger wird dann nicht seyn koͤnnen der Gerechte/ und der umb Christi willen viel lei- det? Sintemahl die Schoͤnheit einer Gott gefaͤlligen Seel alle Gestalt der irrdischen Creaturen weit uͤbertreffet: und von solchem gerechten Menschen die Braut im hohen Lied Salomonis also singet: Mein Geliebter ist Cant. 5. 10. weiß und roͤthlicht: Weiß ist er wegen der Unschuld; und roͤthlicht wegen der unuͤberwindlichen Gedult. Was will doch ein ander stoltzieren uͤ- ber seine Staͤrcke; indeme ein jeder wahrer Christglaubiger Held wegen deren mit Gedult außgestandenen Widerwaͤrtigkeiten auch den staͤrcksten Teuff- len entsetzlich vorkommet. Billig muͤssen auch weichen alle/ so von den Wis- senschafften auffgeblasen seynd; weilen keine hoͤhere/ kein nuͤtzlichere noch wuͤr- digere Wissenschafft kan gelernet werden/ und keine dem Apostel Paulo besser P p gefallen Die Vier und zwantzigste Geistliche Lection gefallen hat/ als zu wissen Jesum Christum/ und zwar eben den/ der gecrcutzi- 1. Cor. 2. 2. Act. 14. 21. get ist. Weiters kan uns zu gedultiger Ubertragung der zeitlichen Truͤbsalen behuͤlfflich seyn: 1. Der Stand der Christglaͤubigen/ nach den Worten deß H. Lucæ: Weilen wir durch viele Trübsaln zum Reich Gottes hinein gehen müssen. 2. Der Stand deß Sün- ders: dann die Suͤnden scheiden Gott von uns: die Widerwaͤrtigkeiten a- ber versoͤhnen und machen uns denselben wiederumb gnaͤdig und bey uns L. 2. Insin c. 14. wohnen: dahero sagt Christus zu seiner außerwaͤhlten Gertrudis: Wie al- gemeiner und schwaͤrer das Leiden ist; je reinere Erklaͤrung selbiges der Seelen gibt. 3. Der geistliche Stand: zumahlen derselbige eine Schul der Abtoͤdtung ist/ und wir in selbiger die Wissen- schafft lernen/ Cruciftren zu machen. Diesen Stand nennet der H. Thomas ei- nen Stand der Buß; und der gottselige Climacus, ein immer waͤhrende Ge- Grad. 1. walthaͤtigkeit die Natur zu uͤberwinden. 8. Nicht weniger treiben uns auch an die Widerwaͤrtigkeiten den Weeg zum Himmel einzutretten/ und auff selbigem bestaͤndiglich zu verharren: der- In Mor. halben der H. Kirchen-Lehrer Gregorius also spricht: Der Herr macht seinen Außerwaͤhlten/ die zu ihm kommen/ den Weg dieser Welt gantz rauch; damit selbige in die Ruhe deß gegen- waͤrtigen Lebens nicht verliebet werden/ und also lieber lang wandern/ als bald zum Ziehl gelangen wollen: und auff daß sie wegen der vorfallenden Ergatzlichkeit auf dem Weeg nicht vergessen das jenige/ so sie vorhin zu befitzen ver- Ps. 15. v. 4. langten im Vatterland: ihre Schwachheit hat sich vielfaͤl- tig gemehret; sagt der Prophet/ darnach haben sie geeylet: Als wolt er sagen: sehr viele seynd/ so da im stand der Gluͤckseligkeit auff dem Weg der Gebotten Gottes nicht lauffen: wan sie aber mit Truͤbsalen heimgesucht werden/ so geben sie sich alsbald auff den Weg; und gehets mit denen her/ was der Bessæus sagt: Die musicali sche Instrument en muͤssen mit der Hand ge- schlagen werden/ wann sie sollen gehoͤret werden; und wie sie lebhaffter geruͤret werden/ wie froͤlichern und annehmlichern Klang sie auch von sich geben: da- hero hat jener die Beschaffenheit der Truͤbsalen mit dieser Figur bedeuten wollen: er hat viele musical sche Instrument en/ als Cytter/ Geyl/ Harffe/ Lauth und andere beysammen entworffen mit dieser sinreichen Uberschrifft: Wan sie nicht ruͤrt die Hand/ so hoͤrt man keinen Klang. Also gehets her mit vielen Christ glaubigen/ welche gar keine oder wenige Melodie deß goͤttlichen Lobs von sich geben/ wann sie nichts zu leiden haben: so bald sie aber ge;uͤchti- get werden/ lassen sie die allersuͤsseste und dem lieben GOTT annehmlichste- Stim- Von der Vortreffligk. der Truͤbsal und Widerwaͤrtigkeit. Stimmen hoͤren. Siehe/ sagt unser H. Vatter Augustinus ein traͤges Pferd Ser. 20. fn Append. wird durch die Peitsche ermuntert: die Kleider werden durchs Schlagen vom Staub gesaubert: wie mehr der Nußbaum geschlagen wird/ wie haͤuffi- ger Fruͤchten er gibt: also werden wir durch die Schlaͤg zu guten Kindern ge- macht. Von Streichen wird man witzig/ und indem sie bringen Schaden/ bringens auch/ vermittelst einer heylsamen Lehr/ sehr grossen Nutzen. So soll sich dann ein Christglaubiger Mensch erfrewen in den Widerwaͤrtigkeiten; weilen er versucht wird/ wann er gerecht ist: oder gebessert wird/ wann er ein Suͤnder ist. Der hat sich billig zu foͤrchten/ den Gott nicht will straffen auff der Welt; zumahlen ihn Gott den Straffen hat zugeeignet nach der Welt: Greg. in Mor. und gleich wie das Feuer; sagt der H. Gregorius; durch das Blasen geaͤng- stiget wird/ damit es groͤsser werde: und von dem jenigen seine Kraͤfften be- kommet/ welches gleichsamb eine Ursach seiner Erloͤschung zu seyn scheinete: also nehmen die Begirden der Außerwaͤhlten zu/ wann sie durch die Wider- waͤrtigkeiten angeblasen/ und gleichsamb verruͤcket werden: weiters sagt der heilige Vatter an einem andern Orth: die Ubelen/ so uns trucken auff dieser Welt; dieselbe treiben uns zu Gott. 9. Wilst du auch/ mein Christliche Seel/ ohne einiges/ doch gar kurtzes Feegfeuer der himmlischen Frewden geniessen; so leide geduͤltiglich/ was dir dein GOtt zu leiden schicket allhier zeitlich: sintemahlen der H. Gaudentius nicht gefehlet/ da er gesagt hat: der Herr zůchtiget auff dieser Welt In Præ- fat. ad su- as Tract. den jenigen mit der Ruthen der Trůbsalen und Kranckhei- ten/ so da in Zucht und Erbarkeit lebet; damit das tünffti- ge Feuer keinen Vnflat an ihm finde: sondern auff daß der- selbe krafft der geringen und gar kurtzen Widerwaͤrtigkei- ten von allen Maculn gereiniget/ desto sicherer zu der ewig waͤhrenden Ruhe zu gelangen gewürdiget werde: derhalben thut ein weiser Mensch wohl (wie der gottseelige Laurentius Justinianus sagt) daß er seine Schuld bezahle; dann er leget nichts in dieser Bezahlung L. de Pa- tien. c. 2. von dem seinigen auß; sondern er verursachet/ daß seine Feind fuͤr ihn bezah- len muͤssen: weilen er auß den Unbillen/ so ihm von selbigen zugefuͤgt werden/ uͤber alle massen bereichet wird: und also geschichts/ daß er fuͤr die angethane Schmach mehr die Gnad als den Zorn Gottes verdiene; indem in Ansehung derselben/ und in Gegenwart deß gerechten Richters/ ein groͤssere Straff ver- nichtiget wird; und durch die Gedult sehr grosse S chaͤtz in dem Gewissen ver- +samblet werden: dahero soll dir nit wunderlich vorkommen/ daß Christus dem Chron . Franc. Tom. 2. l. 7. c. 24. seeligen Baptistæ Veranæ gesagt: erkenne/ daß du mehr verbunden seyest dem jenigen der dir uͤbel/ als der dir guts gethan hat dann jene seynd/ welche deine P p 2 S eel Die Vier und Zwantzigste Geistliche Lection S eel saubern/ und vor meinem Angesicht lieblich/ schoͤn und annemb- lich machen: diese obangezogene Warheit wird mit folgendem Exempel be- In vit? Oper. præfixa. Historia. kraͤfftiget: Taulerus ein gottselig- und Gelehrter Doctor auß dem Orden deß H. Dominici wird mit einem Schlag-Fluß getroffen/ und gibt nach auß- gestandener zwantzig taͤgiger sehr schmertzlicher Schwacheit den Geist auff: nicht lang nach seinem Todt erscheinet er einem sichern frommen Mann/ wel- cher auß Befelch Gottes/ die Ursach seiner Heiligkeit gewesen ware/ und ihm auch in seinen letzten Noͤthen beygestanden hatte: da er nun von selbigem ge- fragt wird/ warumb er nach so langwiriger und schmertzhaffter Kranckheit sein Leben mit einem so erschroͤcklichen Ende beschlossen habe; daß auch viele von seiner Seeligkeit zu zweifflen angefangen: gibt er zur Antwort/ daß die- ses derhalben geschehen seye/ damit es von dem Feegfeuer unverletzt die himm- lische Wohnung habe beziehen moͤgen: im uͤbrigen sagt er./ bin ich von den Teufflen eben vor meinem Hinscheiden dergestalt geaͤngstiget worden/ daß ich bald in eine Verzweifflung gerathen waͤre: es hat mir aber der guͤtige Gott eben zur selben Zeit seine Engelen gesendet/ von denen ich in den Vorhoff deß Himmels getragen/ und mir daselbst 5. Tag lang zu verbleiben befohlen wor- den; hab aber keine andere Schmertzen erlitten./ als die jenige/ so da auß der Begierde Gott zu sehen/ verursachet werden. 10. Weiters werden durch Creutz und Leiden auch die Tugenden eingt- In Ps. 21. pflantzet und vermehret: dan nach Zeugnuß deß H. Aug seynd in dem Fewer keine veraͤnderliche Naturen/ und gleichwohl veraͤndert selbiges das Strohe in Aschen; dem Golt aber benimbt es nur seine Unreinigkeit. Die jenige in welchen Gott wohnet/ werden in den Widerwaͤrtigkeiten gebessert/ und gleich Jacob. 1. v. 2. wie das Golt probi rt: darumb sagt der H. Jacobus. Meine liebe Brů- der/ haltet es fůr lauter Freude/ wann ihr in mancherley Versuchungen fallet: und wisset/ daß die Bewehrung ewe- res Glaubẽns Gedult wircket: die Gedult aber hat ein voll- kommen Werck: auch werden wir vermittelst der Truͤbsalen unseres ewi- Instit. spirit. c. 8. gen Heyls versichert: zumahlen nach Aussag deß gottseligen Blosii, kein ge- wisseres Zeichen der Außerwaͤhlung gefunden wird/ als wan der Mensch die vorfallende Widerwaͤrtigkeiten umb Gottes willen demuͤtiglich und geduͤltig- lich traget; dan dieser ist der kostbahre Ring/ mit dem sich Gott die Seelen sei- H 21. mora . c. 4. ner Außerwaͤhlten vermaͤhlet: und gleich wie ein Kalb/ sagt gar schoͤn der H. Gregorius/ dessen man sich zum arbeiten zu gebrauchen gcdenckt / kurtz gehal- ten/ und zogbar gemacht: daß man aber schlachten will/ in den freyen Weiden feist gemacht wird: und gleich wie die fruchtbare Baͤum in der Versamblung der Fruͤchten geschuͤttelt/ zerrissen und beraubet/ und dannoch am laͤngsten beym Von der Vortreffligk der Truͤbsal und Widerwaͤrtigkeit. beym Leben erhalten werden: die unfruchtbare aber uͤnberuͤrt verbleiben/ und zeitlicher abgehauen/ und ins Feur geworffen werden. Und gleich wie den Krancken/ an deren Genesung man verzweifflet/ alle Speiß und Tranck wird zugelassen: denen aber/ so noch Hofnung haben/ sehr bittere Artzneyen ein- gegeben werden; also werden die von GOtt verworffene Menschen durch die Guͤter dieser Welt feist gemacht/ und bleiben von den Widerwaͤrtigkei- ten befreyet; oder werden zum wenigsten von denselben nicht starck gedrucket: die Ausserwaͤhlte aber werden mit Muͤhe und Arbeit belaͤstiget/ und durch Truͤbsalen geplaget. Auff diese drey artige Gleichnussen deß H. Gregorii gehoͤrt der fuͤglicher Schluß deß H. Papsten Leonis deß folgenden Jnhalts: Die Erwartung der kůnfftigen Seeligkeit ist sicher und gewiß bey denen/ welche durch ihr zeitliches Leyden sich theilhafftig machen deß bittern Leidens Christi. 11. Dieses bezeugt uns auch das Buch der Heil. Schrifft/ Leviticus ge- c. 16. v. 5. nanut; alwo dein Hohen Priester befohlen wurde/ zur Außtilgung der Suͤnden zwey Geys-Boͤck zu nehmen/ und uͤber beyde das Loß zu werffen; also/ daß der jenige/ so durch das Loß GOtt zugeeignet worden/ alsbald zu Erloͤ- sung der Suͤnden deß Volcks geschlachtet; der andere aber soll gantz frey gelassen/ und in die Wuͤsten geschicket werden. Durch den ersten werden die Außerwaͤhlte verstanden/ so da zum Brand-Opffer geschlachtet wer- den/ indem sie dem HErrn durchs Loß seynd heimgefallen. Der letztere a- ber bedeutet die Gottlosen/ welchen in der Wuͤsten dieser Welt uͤberal frey und franck herumb zu schweiffen zugelassen wird. Wie gefaͤhrlich und schaͤdlich aber diese Entrathung der Truͤbsalen seye; kanstu mercken/ mein Christliche Seel’auß folgender sehr glaub-wuͤrdigen Histori. Der Heil. Kirchen-Lehrer Ambrosius ist einsmahls auff seiner Reise nach Rom bey einem sehr reichen und dem eusserlichen Anschen nach gluͤckseeligen Wirth eingekchret: den er alsdann gefragt; wie ihm seine Handelschafft von statten gehe; wie seine Kinder sich verhalten/ und wie reich er seye: und hat zur Antwort bekommen/ daß seine Sachen mit allen seinen Zugehoͤren inge- wuͤnschtem Stand sich befinden; daß er durch keine/ auch die geringste Kranckheit jemahl seye belaͤstiget worden; daß er viele Kinder habe/ und so wohl fuͤr selbige/ als fuͤr sich mit Reichthumben uͤberfluͤssig versehen seye; und also nicht wisse/ was Widerwaͤrtigkeit seye: Jn Anhoͤrung dieser al- zufroͤhligen Erzehlung gedenckt der H. Mann der Worten deß H. Jobs: Job. 21. 13. Sie bringen ihre Tage im Wolleben zu/ und in einem Augenblick fahren sie hinunter in die Hoͤlle. Und macht sich mit den Seinigen von dannen hinweg; denen er auß innerlichem Antrieb P p 3 Gottes Die Vier und Zwantzigste Geistliche Lection GOttes also zuredet: Dieweilen der Zorn deß gerechten Richters sich bald uͤber dieses Hauß ergiessen wird; so lasset uns fliehen/ auff daß wir nicht mit selbigem zu leyden genoͤthiget werden. Da nun der H. Bischoff mit den Seinigen seine Reiß hurtig forsetzet/ und dannoch nicht gar weit von der gemeldten Herberg entfernet ist; siehe/ da thut sich die Erde grausamblicher Gestalt voneinander/ und verschlinget das H auß deß Wirthen mit allen dessen Einwohnern lebendig. Dieser Tragoͤdi mache ich den Schluß auß Hom. 29. in Ep. Hobr. dem H. Chrysostomo mit diesen Worten: Wann GOtt alle die jenige Kinder zuͤchtiget/ die er auffnimbt: so muß nothwendiglich folgen/ daß der je- nige/ so nicht gezuͤchtiget wird/ unter die Zahl der Kinder GOttes nicht koͤnne gezchlet werden: wie der Prophet Jsaias auß dem Mund deß Isa. 5. v. 6. H errn spricht: Jch will meinen Weinstock wůst ligen lassen; man soll ihn weder schneiden noch graben. Daß also nicht unbillig gesagt hat der H. Ambrosius: villeicht werden wir alsdann schon fuͤr verdambt gehalten/ wann wir keine Verfolgung leyden: 12. Auch ist dieser der herrliche Nutzen der Truͤbsalen; daß wir durch selbige unserm H eyland und Seeligmacher gantz aͤhnlich werden/ wie der seelige De Pa- ien. c. 2. Laurentius Justinianus mit diesen Worten bezeugt: Das aller-glor- wůrdigste ist/ daß ein Leydender Christo gleich werde: dan gleich wie einem Soldaten růhmlich ist/ daß er die Wapf- fen seines Koͤnigs trage; also gereichet einem Christ-Glau- bigen Menschen zu grosser Ehre/ daß er die Wund-Mah- len seines Erloͤsers trage. Wie groß ist nicht die Herrlich- keit der Braut/ daß sie ihrem Braͤutigamb gleich ist : diese schaͤtzet keine Ehr so hoch/ als die Wuͤrdigkeit zu tragen die Schmach Christi. Dahero sagt die seelige Angela de Fulgino, was Vit. c. 4. der himmlische Vatter geliebt und erwaͤhlet/ und seinem Eingebohrnen aller- liebsten Sohn gegeben hat; das liebt derselbige Sohn/ das schickt er und gibt seinen außerwaͤhlten Kindern. Der Goͤttliche Vatter aber hat fuͤr seinen Sohn außerkohren die Armut/ die Verschmaͤhung/ die Schmertzen/ die Verfolgungen/ Truͤbsalen/ aͤusser- und innerlichen Verdruß/ Forcht und Schrecken/ Angst/ Ubung zum Streit. Welche Widerwaͤrtigkeiten der Sohn GOttes alle in grosser Anzahl uͤberstanden hat. Jsts dan nicht billig/ mein Christliche Seel/ daß wir mit dem heil: Bonaventura sagen: O mein JEsu/ ich will nicht ohne Wunden seyn/ indem ich dich so sehr verwundet anschaue: es gebuͤhret sich zumahlen nicht/ daß ich gemeiner Soldat mit un- verletzter Haut den Sieg erhalte; und du vornehmster Kriegs-Held mit einer Wunde in die andere/ ein erbaͤrmliches Spectaeul vor meinen Augen han- gest und sterbest. 13. Schließ- Von der Vortreffligk. der Truͤbsal und Widerwaͤrtigkeit. 13. Schließlich ist wohl zu beobachten/ daß der Allerhoͤchste GOtt an un- seren Truͤbsalen ein grosses Gefallen habe: so will sichs ja gezimmen/ daß wir demselben (wofern wir ihn von Hertzen lieben) solche Freud und Wol- gefallen lieber/ als uns selbsten goͤnnen: dann also hat er die heilige Gertru- dis unterrichtet. Die jenige/ fuͤr welche du bettest/ ist mir ein Außerwaͤhl- L. 1. Insin. c. 4. te Lilien/ die ich in meinen Haͤnden zu tragen verlange: sintemahlen mir die hoͤchste Freud ist/ wann ich in einer so kenschen und reinen Seelen woh- ne. Sie ist/ sagt der Herr/ meine wohl- richende Rose; dieweilen die Gedult und Dancksagung derselben in den Widerwaͤrtigkeiten mir verursachen den allersuͤssesten Geruch. Ein andersmahl hat GOtt ebenfals der H. Gertru- di gesagt: Welcher ohne Creutz und Leyden ist/ und gleichwohl nach meinem L 3. c. 12. Willen zu leben bereit ist; der opfferet mir einen einfachigen guldenen Pfen- ning ohne einen Edelgestein. Wer aber in allen seinen Wercken mit Wi- derwaͤrtigkeiten gedruckt wird/ und dannoch seinen Willen mit dem meini- gen vereiniget/ der opffert mir einen guldenen Pfenning mit dem allerbe- wertesten Edelgestein. An dieser H. Jungfrauen Gertrudis bestaͤndiger Gedult/ und ungemeiner Froͤligkeit in den Truͤbsalen/ hat GOtt ein so gros- ses Gefallen gehabt/ daß er in Ansehung dieser seiner geliebten Braut den gefasten Zorn uͤber viele grosse Suͤnder offt und vielmahl hat fallen lassen/ und derselben verschoͤnet hat. 14. Und warumb sollen wir nicht gern unser Creutz tragen; da doch Christus unser Haupt/ und der wahre Sohn GOttes; deme die ewige Glory und Herr- lichkeit erblich zugehoͤrte/ durch die Thuͤr deß Creutzes in sein eigenes Reich hat wollen eingehen? ists dann nicht billig/ daß durch selbige Thuͤr auch die Glieder und angenommene Kinder hineingehen? Durch diese Thuͤr seynd eingangen die H H. Aposteln und Blut-Zeugen Christi: von denen der H. Paulus sagt: Andre haben Spott und Streich außgestanden/ Hebr. 11. v. 39. auch ůber das/ Baͤnde und Kercker: sie seynd gesteiniget worden/ seynd zerhauen/ seynd versucht; seynd durchs Schwerd erschlagen und getoͤdtet worden: sie seynd in Schaffs- und Geissen-Fellen herumb gangen/ důrfftig/ be- aͤngstiget und wohl geplaget; deren die Welt nicht werth war; und haben irrig herum geschwebet in den Wůsten auf den Bergen/ in den Hoͤlen und Klufften der Erden. Sagt dann nicht recht und wohl der Gottsel. Thomas à Kempis: Vermeinstu dem L. 2. c. 12. §. 6. Creutz zu entrinnen/ dem kein sterblicher Mensch je hat vor- kommen koͤnnen : welcher Heilige ist doch in der Welt ohn Creutz und Trůbsal gewesen? ja Christus Je sus unser HErr selbst Die Vier und zwantzigste Geistliche Lection selbst ist kein Stund ohne Schmertzen deß Leydens ge- wesen: warumb suchestu dann einen andern Weeg/ als diesen richtigen Weeg deß H. Creutzes : Und an einem andern L. 1. c. 18. §. 1. Ort sagt er also: Sehe an der H. H. Alt - Vaͤtter lebendige inbrůnstige Ebenbild/ in denen die wahre Vollkommen- heit und ein geistliches Leben erschienen ist: alsdann wirst du sehen und mercken/ wie klein daß ist/ ja gar nichts/ daß wir wircken. Ach was ist unser Leben/ wann es gegen der Heiligen Leben geschaͤtzt wird : Die Heili- ge und Freunde GOttes dienten dem HErrn in Hunger und Durst/ in Hitz und Kaͤlte/ in Bloͤsse und Armuth/ in Můhe und Arbeit/ in Wachen/ Fasten und Betten/ in Veraͤchtungen und viel Verfolgungen/ Schmach und Schelt-Worten. Dahero redet der obgemeldte Thomas dich und L. 3. c. 19. §. 1. mich/ mein Christliche Seel/ an einem andern Orth in der Person Christi also an: Hoͤre auff zu klagen und merck auff mein/ und aller Heiligen Leben; du hast noch nicht biß zum Blut-ver- giessen gestritten: es ist klein und schlecht das du leydest/ gegen denen zu schaͤtzen/ die so viel gelitten haben/ so ge- waltig angefochten/ so schwerlich betrůbt/ so manigfal- tig bewehret und probirt seynd worden: derowegen soltu die schwaͤre Marter der andern Menschen in deinem Her- tzen betrachten/ auff daß du dein Peyn desto leichter Vit. P. P. L. 3. n. 84. tragest. 15. Eben dieses hat der H. Alt-Vatter Joannes einige hundert Jahren vorhero seine Juͤnger gelehret/ und pflegte dieselben mit folgenden trost- reichen Worten oͤffters zu ermahnen: Diese ist die Pforte GOttes/ durch welche unsere Vorfahren/ nach außgestandenem vielen Unbillen und Truͤb- salen mit Freuden zum Himmel seynd eingangen. Zu diesem Ende er- zehlte der fromme Einsidler das Exempel deß jungen Welt-Weisen/ der sei- nen Lehr-Meister erzuͤrnet hatte/ und dieserthalben die erste drey Jahren mit andern in dem Berg-Werck das Ertz graben muste: die andere drey Jahren muste er die jenige/ so ihn unverschuldeter Dingen beleydigten/ mit Geld belohnen. Da diesem allem der gemeldte Juͤngling tapffer nachkommen/ hat ihn sein Lehr-Meister mit sich nach Athen genommen. Nachdem er nun zur Pforten der Stadt kommen ist/ hat ihn einer daselbst sitzender Al- te mit Schmaͤh-Worten gar uͤbel empfangen. Diese hat er mit lachendem Mund angenommen; und da er die Ursach solcher Froͤlichkeit von dem Al- ten Von der Vortreffligk. der Truͤbsal und Widerwaͤrtigkeit. ten gefragt worden; hat er geantwortet: Bißhero hab ich die Schelt- und Schmaͤh-Wort mit Geld bezahlen müssen; nun aber bekomme ich selbige von dir umbsonst; derhalben erfrewe ich mich: Da dieses der Alte gehoͤret/ hat er ihn gern hinein gelassen/ und gesagt: ey du lieber Bruder/ spatziere nun zur S tatt hinein; der du wuͤrdig biß/ daß unter die W eise gezehlet werdest. S ollen wir dann nicht billig/ mein Christliche S eel/ alle S chmach und Verfolgung mit lachendem Mund und froͤlichem Hertzen annehmen/ auff daß wir durch solche heroi sche That in die S tatt Gottes einzugehen/ und der Zahl der himmlischen W ei- sen beygesetzet zu werden/ ge wuͤrdiget werden? Wolte GOtt/ sagt der L. 2. c. 12. §. 13. geistreiche Thomas à Kempis, daß du umb deß Nahmens JEsu willen etwas zu leiden wůrdig waͤrest O wie grosse Herr- ligkeit wůtdest du davon haben! wie ein grosse Freud waͤ- re es allen Heiligen/ und wie grosse Besserung deß Nech- sten! Derhalben lasset uns mit allem moͤglichen Fleiß daran seyn/ damit wir dahin kommen/ daß uns Truͤbsall und Bekuͤmmernuß suͤß werden/ und uns umb Gottes willen wohl schmecken: alsdan koͤnnen wir darfuͤr halten/ daß es wohl umb uns stehe/ weilen wir das Paradeiß auff Erden gefunden haben. Die Fuͤnff und zwantzigste LECTION Von den Versuchungen. Fili, accedens ad servitutem Dei, sta in Justitia \& timore, Eccli 2. v. 1. \& præpara animam tuam ad tentationem. Mein Sohn/ wann du herzu trettest/ GOtt zu die- nen/ so stehe in Gerechtigkeit und in der Forcht/ und bereite deine Seele zur Anfechtung. Der Erste Theil. 1. W Eilen ein Geistlicher mehr als ein Weltlicher Mensch durch den Betrug deß leidigen Sathans immer angefochten wird; und dann derselbe denen Stricken zu entgehen/ sich nicht allein fuͤr Q q sich Die Fuͤnff und zwantzigste Geistliche Lection sich selbsten befleissen muß/ sondern auch andern zur Meidung derselben nach aller Moͤglichkeit behuͤlfflich zu seyn verbunden ist: als ist unter allen andern Materi en von dieser folgenden zu handlen am meisten nothwendig: zumah- len gleich wie sehr viele seynd deß Teuffels Erfindungen und Argliste; also auch nicht wenigere Mittel und Lehren gefunden werden/ durch welche man diesen Betruͤgen sich mit aller Vorsichtigkeit zu entschlagen hat: selbige wer- den aber alle auff drey Haubt-Mittel zusammen gezogen: nemblich/ daß man wohl wisse/ was vor der Versuchung/ was in derselben/ und was nach der Versuchung zu beobachten seye. Vor der V ersuchung ist zu mercken; daß einer gaͤntzlich darfuͤr halte/ daß er/ nachdem er seinem Gott zu dienen hat angefangen/ sein Gemuͤt zur Versuchung bereiten/ und sich versichern muͤs- se/ daß/ wie gluͤcklicher er in den Tugenden fortschreite/ je hefftiger werde ver- l. 29. mor. c. 12. sucht werden; dann gleich wie wir nach Zeugnuͤß deß Heil. Gregorii/ un- serm hoͤllischen Feind uns gewaltiger widersetzen/ je mehr er uns bestreitet; die jenige aber/ so dessen Gewalt untergeben seynd/ lasset er in Frieden leben: und gleich wie ein erfahrner und begieriger Fischer die kleine Fischlein nicht achtet/ sondern nach den grossen trachtet/ wann er vermerckt/ daß derselben vorhanden seynd; also stellet der Teuffel den Vollkommenen mit groͤsserer Serm. 36. Begierigkeit nach/ und suchet selbige zu fangen. Foͤrchtet nicht der Feind/ sagt der H. Chrysologus/ mehr einen Kriegs-Obristen/ als einen gemeinen Sol- daten? Er bestreitet nicht die Todten/ sondern krieget mit den Lebendigen: also sucht unser Feind nicht die Suͤnder/ sondern die Gerechte zu bestreiten: und gleich wie die See-Raͤuber/ spricht der Heil. Chrysostomus/ nicht die auß dem Hafen außfahrende leere; sondern die wiederkommende beladene Schiff anfallen: also/ wann der hoͤllische Rauber vermerekt/ daß wir viele Wahren; als da seynd Fasten/ Gebett/ Allmussen/ Keuschheit/ und mehr an- dere Tugenden versamblet haben; streichet er alsbald hervor/ und suchet un- ser Schifflein/ auch so gar in dem Gestaat selbsten/ in den Abgrund deß Meers zu versencken: Derselbe Kirchen-Lehrer sagt an einem andern Orth: Hom. ad Pop. An- tioch. Verwundert euch nicht/ daß wir/ die wir den geistlichen Dingen obligen/ viele Widerwaͤrtigkeiten leiden můssen: sondern gedencket; daß/ gleich wie die Dieb nicht dem Graß/ Hew/ oder Strohe/ sondern dem Golt und Silber nachgraben/ und immer wachen; also der verfluchte See- len-Dieb mit den Gerechten umbgehe. Der H. Cyprianus sagt: L. 3. Lp. 1. Der Teuffel sucht nicht die jenige zu Bodem zu werssen/ die ligen; sondern die stehen: Und wann ich mich hieruͤber bey dem Heil. l. 29. mor. Gregorio befrage/ so gibt er mir zur Antwort wann wir in einem besseren und Von den Versuchungen. und vollkommeneren Leben zunehmen; so machen wir uns die boͤse Geister/ welche unserm gutem Willen immer und allzeit mißguͤnstig seynd/ zu unsern groͤsten Feinden. 2. Auch sagt der Heil. Doctor, daß nicht allein ein boͤser Geist/ sondern derselben unzahlbare einem jeden Außerwaͤhlten zugeeignet werden: herge- gen lassen die H. H. Altvaͤtter einhelliglich herkommen/ daß ein eintziger Teuffel bestand gnug seye/ unzahlbare boͤse Menschen zu verderben. Sie melden/ daß einsmals ein Einsidler von seinem Engel zu unterschiedlichen Historia. Schaw-Wercken seye gefuͤhrt worden: das erste so er gesehen hat/ ist gewe- sen eine Versamblung der Closter - Geistlichen/ welchen eine unzahlbare Schaar der Teuffelen zugeflogen ware: hieruͤber hat sich der gute Einsidler entsetzet; ist aber hernach alsbald zur Statt geleitet worden/ allwo er nur ei- nen/ und zwarn muͤssigen Teuffel angetroffen; der gleich einem faulen Hund am Statt-Thor ruhete: da hat der fromme Geistliche mit V erwunderung zu fragen sich erkuͤhnet: warumb die GOtt verlobte von so vielen hoͤllischen Feinden bestritten wuͤrden; die gantze Statt aber nur ein eirtziger/ und daß jedoch ohne Muͤhe bekriegete? deme der Engel geantwortet; daß diese Staͤt- tische Menschen nach dem Gesaͤtz und Befelch deß Teuffels jhr Leben ein- richteten/ derhalben sie keine V ersucher von noͤthen haͤtten/ weilen sie auff dem Weeg deß V erderbens von sich selbsten hurtig lauffen: und koͤnnen selbi- ge in solchen ihren boͤsen Sitten nur ein eintziger Teuffel mit gar geringern Arbeit erhalten: die andere aber/ sagte der Engel/ seynd geschworne Feind deß Sathans/ deme sie mit allen Kraͤfften widerstehen: dahero fallet er selbige mit gantzen Schwadronen an; und bemuͤhet sich/ diese Diener GOTTES in sein hoͤllisches Netz zu ziehen. Daß ist nun/ mein Christliche Seel/ die jenige Klag/ so du ohne allen Zweiffel/ auch von from- men Geistlichen offt wirst gehoͤret haben; daß sie nemblich/ wie frommer und andaͤchtiger sie ihrem GOtt zu dienen/ sich befleissen/ desto mehrere und groͤssere Anfechtungen erleiden muͤssen. Diese aber ist ein gemeiner Art der neidischen Geister/ daß sie den jenigen/ welchen sie sehen/ daß sich dem Him- mel naͤheret (den sie so spoͤttlich verlohren haben) mit aller moͤglichen Ge- walt darvon abzutreiben sich unterstehen: diese Tartarische Larven wer- den nach Zeugnuͤß deß seeligen Laurentii Justiniani, wegen keiner Sach so sehr beschaͤmet/ als wann sie sehen/ daß ein schwacher Mensch in so vielen Ge- fahren der Welt seinem Erschoͤpffer den schuldigen Gehorsamb leistet/ wel- chen sie auch im Himmel selbst zu halten vernachlaͤssiget haben: dahero miß- goͤnnen selbige den Gerechten ihren Fortgang im Guten/ und erspahren Q q 2 keinen Die Fuͤnff und Zwantzigste Geistliche Lection keinen Fleiß/ dieselbe von den Staffelnzur ewigen Herrligkeit zu verhindern. 3. Und wann sie einen eintzigen Geistlichen zum Untergang stuͤrtzen koͤn- nen/ ist unter ihnen ein groͤsseres Frolocken/ als wann sie hundert und hundert Historia. andere betriegen; wie auß folgender Histori zu hoͤren ist. Jndem Leben der alten H. H. Vaͤttern wird erzehlet/ daß einsmahls ein Sohn eines Goͤtzen- Pfaffen seinem Vatter biß zum Goͤtzen-Tempel gefolgt/ und daselbst ent- schlaffen seye; allwo er mehr mit den Augen deß Hertzens/ als deß Leibs den Lucifer auff einem Thron sitzend gesehen/ und gehoͤret/ wie selbiger seinen Botten Befelcher gegeben/ und ihrem Anbringen Audientz ertheilet habe: da ware nun einer ankommen/ welcher sich ruͤhmete/ daß er einige Kriege/ Auff- ruhr und Rebellion in einer Provin tzen verursachet haͤtte: dieser hatte zwar hierdurch viel boͤses gestifftet; weilen er aber darzu dreissig Tag angewendet/ ist er mit. Pruͤgelen belohnet worden. Ein ander ware vorm Koͤniglichen Thron erschienen/ und hatte Zeitung mitgebracht/ daß er innerhalb zwantzig Tagen durch ein schwaͤres Ungewitter viele Schiffe in den Abgrund deß Meers versencket haͤtte: weilen aber der hoͤllische Koͤnig hieran ein geringes Vergnuͤgen gehabt; als ist dieser Bott ebenfalls mit Streichen bewillkom- met worden. Der dritte hatte sich auch herzu gemacht/ und auffgeschnitten/ daß er innerhalb zehen Tagen unter waͤhrenden verschiedenen Hochzeiten Uneinigkeit und Todtschlaͤg zu wegen gebracht haͤtte: ist aber mit gleicher Muͤntz/ wie die vorige/ bezahlet worden. Letztlich ist auch einer heran kom- men/ und hat seinen Koͤnig berichtet/ daß er nach angewendtem viertzig jaͤhrigen Fleiß endlich einen Geistlichen zum Fall gebracht habe: Nach an- gehoͤrter dieser froͤligen Zeitung ist der hoͤllische Tyrann von seinem Thron alsbald hinab gestiegen/ und hat den angenehmen Bottschaffter umbhaͤlset; auch hat er seiner Cron sich beraubet/ demselben auff/ und ihn an seine Sei- ten gesetzt/ und vor allen andern am meisten gepriesen: dieses alles hat der vorgedachte Sohn deß Goͤtzen - Pfaffen gehoͤrt und gesehen/ und darauß Ursach und Gelegenheit geschoͤpffet/ das Heydenthumb zu verlassen und sich dem wahren Gott im Cloͤsterlichen Leben zu widmen. 4. Hierauß koͤnnen wir nun schliessen/ wie grosse Muͤhe die hoͤllische Geister anwenden/ damit sie die Diener GOTTES von ihrem Herrn moͤgen abwendig machen: Auch schen wir/ wie sich selbige erfrewen/ wann sie die GOTT verlobte Persohnen mit ihren Stri- cken fangen koͤnnen. Und weiters ist auch nicht ohne/ daß/ wie der Mensch frommer und heiliger lebet/ je uͤberlaͤstiger ihm auch fallen die Ver- Von den Versuchungen. Versuchungen. Es muß aber derhalben ein Liebhaber GOttes nicht verza- gen; sondern muß gedencken/ daß/ gleich wie er als ein behertzter Soldat unter den ersten in der Schlacht zu erscheinen trachtet/ auch den feindlichen Wapffen der naͤchste seyn muͤsse. Jst nicht der H. Apostel Paulus selbst von dem laidigen Sathan mit Faͤusten geschlagen/ das ist/ durch die Sta- chel deß Fleisches angefochten worden? Jsts nicht zu verwundern/ daß ein Apostel/ und Lehrer der gantzen Welt noch leyden muß/ daß ihn der Tenffel durchs Fleisch versuche? Der ins Paradeyß gefuͤhret/ ja so gar biß in den hoͤchsten Himmel verzuckt gewesen/ muß noch außstehen den Anfall der Na- turen? Er aber hat nicht zu seiner Verschaͤhmung/ sondern zu seiner Glo- ry; nicht zur Verdamnuß/ sondern zur Belohnung/ und Abwendung der hoffaͤrtigen Gedancken diese Versuchung erlitten. Zumahlen die Versu- chungen den Menschen offt sehr nuͤtzlich seynd; wie der H. Thomas à Kem- L. 1. c. 13. §. 2. pis vermercket; ob sie schon dem Menschen zu wider und schwaͤr seynd; dann in denen wird der Mensch gereiniget/ gedemuͤthiget und unterwiesen. Und der Apostel sagt: Damit ich mich nicht ůberhebe wegen der 2. Cor. 12. v. 7. hohen offenbahrungen/ ist mir ein Stachel in mein Fleisch gegeben/ der Engel deß Sathans/ daß er mich mit Faͤusten schlage. Dahero seynd einige der Meynung/ daß derselbige Apostel GOttes ohne diese Versuchung nicht haͤtte koͤnnen seelig werden/ darum ist er auch so gar nach dreymahl widerholter Bitt/ vom HErrn nicht erhoͤrt worden. 5. Billig derhalben schreibet der H. Vatter Augustinus den Fortgang Sup. Ps. 60. in den Tugenden den Versuchungen zu; dieweilen/ sagt er/ unser Leben auff dieser Pilgerfahrt ohne Suͤnd nicht seyn kan: und es kan auch ohne Ver- suchung nicht seyn; dann unser Zunehmen muß durch die Versuchung be- foͤrdert werden; und keiner lernet sich selbsten kennen/ es sey dann daß er ver- sucht werde: es wird keiner auch gekroͤhnet/ der nicht seinen Feind uͤberwun- den hat; keiner kan aber den Sieg erhalten/ wann er nicht gestritten hat: und wer kan streiten/ wann er keinen Feind und keine Versuchungen hat? Dieses Clymac. c. 26. hat einsmahls betrachtet der H. Ephrem derhalben hat er/ da in der hoͤch- sten Ruhe und Zufriedenheit lebte/ von GOtt begehret/ daß er den Krieg der vorhin außgestandenen Versuchungen in ihm erneueren/ und ihm also groͤsseren Lohn zu verdienen Gelegenheit geben moͤgte. V on einem andern Geistlichen meldet der Geist- reiche Rodriquez, daß er zu seinem geistlichen V atter kommen seye/ und sich beklaget/ daß GOtt endllch seinen gehabten Streit in einen gewuͤnschten Frieden veraͤndert habe. Deme der V orsteher Q q 3 be- Die Fuͤnff und Zwantzigste Geistliche Lection befohlen/ er soll alsbald die V ersuchungen von GOtt widerfordern/ auff daß er nicht nachlaͤssig werde. Wie gesagt war/ so ist geschehen; und der from- me Geistliche hat seine vorige V ersuchungen abermahl von GOtt erhalten. Dann gleich wie der Senff oder Mostart/ und viel andere Speisen/ sagt Christus zu der H. Brigittaͤ/ nicht also zu Ernehrung deß Leibs/ als zu Hei- lung einiger Maͤngel/ oder Sauberung einiger Theilen deß Leibs gebraucht werden; also die boͤse und versuchende Gedancken; wielwohl selbige die Seel nit ersaͤttigen noch feist machen/ wie das Oehl der guten Gedancken thut; so seynd sie doch dienlich/ diesem oder jenem Schaden vorzukom- men/ oder zu heilen. V iele wuͤrden vermeinen/ sie waͤren Engelen/ und keine Menschen/ wann sie nicht bißweilen durch boͤse Gedancken versucht wuͤrden. Nicht umbsonst hat Christus seine Aposteln und deren Nachkoͤmlin- ge mit diesen Worten erinnert/ daß sie in den V ersuchungen tapffer streiten Matt. 10. v. 34. solten: Jhr sollet nicht vermeinen/ daß ich kommen bin/ Friede zu senden auff Erden: ich bin nicht kommen Friede zu senden/ sondern das Schwert. So wird dann von dem je- nigen erfordert/ so dem Dienst GOttes sich ergibt/ daß er das Schwerd/ nemblich die Staͤrcke ergreiffe/ durch welche er gegen die unfehlbar ankom- mende V ersuchungen sich verthaͤtige und beschuͤtze. 6. Das andere/ so ein geistlicher Neuling wissen soll/ ist; daß er sicher glaube; das GOtt den Seinigen sehr treu seye/ und nicht zulasse/ daß der- Serm. de Patient. selben einer uͤber sein Vermoͤgen versuchet werde. Dann sagt der heilige Ephrem/ wann die Menschen wissen/ wie viel und schwehren Last ein Thier fuͤr dem andern tragen kan: wann ein Haffner weiß/ wie lange Zeit die von ihm auß Leim gemachte Geschirr muͤssen gebrennen werden: wie viel mehr wird der allerweiseste GOtt wissen/ mit was oder wie viel Versuchun- gen seine Diener und dienerinnen muͤssen probiret werden. Dahero sagt der H. Bernardus: Dieses sage ich euch vor: daß keiner ohne Ver- Serm. 15. in Ps. 90. suchuug auff Erden leben werde: und wann einem vil- leicht ein Creutz wird abgenommen/ so soll er eines andern in Sicherheit gewaͤrtig seyn. Hieruͤber haben wir nun dem Mil- desten GOtt zu dancken/ daß er uns oͤffters einige Versuchungen zulasse/ damit wir nicht villeicht mit anderen gefaͤhrlicheren uͤberfallen werden: und daß er einige von denselben ehender befreye; auff daß sie in anderen/ so ihnen nuͤtzlicher seynd/ moͤgen geuͤbet werden. 7. Drit- Von den Versuchungen. 7. Drittens muß er wissen/ daß in den Versuchungen die Empfindung ihme keinen Schaden zufuge/ wann er sich nur nicht einlasset in die Bewil- ligung: dann gleich wie das Feuer unter der Aschen verborgen ist/ obschon dasselbige scheinet mit der Aschen gantz begraben zu seyn; also kan die Liebe im Hertzen seyn/ wiewohl man vermeinen soll/ als waͤre sie von den schwaͤren V ersuchungen gantz erloschen. Aldieweilen dann/ nach Meinung deß H. Gregorii/ die Schuͤsse/ so man vorsehet/ nicht so viel schaden/ als die jenige/ deren man sich nicht versehet: so bedencke du/ mein Christliche Seel/ dieses wohl vor der Versuchung; damit selbige dich nicht unversehens uͤberfalle und betruͤbe. Der Andere Theil. 8. S O viel aber die Sinnligkeit oder Empfindligkeit der Versuchungen belanget; sagt uns der H. Anselmus/ daß es ein Englische Sach S. An- selmus apud Drex. in Palæst. p. 2. c. 5. §. 3. seye/ wann man die Versuchungen nicht empfinde. Die Versuchungen aber empfinden/ und uͤberwinden/ sagt er/ seye ein Christliches Weeck. Das man aber in die Versuchungen einwillige/ und auß Boͤßheit suͤndige/ seye gantz und zu mahlen teuffelisch. Weilen nun die anfangende Geistliche o- der Neulinge/ so in der Schulen Christi noch wenig geuͤbet seynd/ wegen der gemeinen Widerspennigkeit deß Fleisches nicht geringe Sorg tragen/ daß sie durch die Versuchungen villeicht werden gesuͤndiget haben: so rathe ich denselbigen/ daß sie Christum ihren Braͤutigamb bey dem andaͤchtigen Blosio also redend anhoͤren/ und dessen Wort wohl behertzigen. Schrecket In Con- sol. Pu- sil. c. 40. §. 1. n. 4. dich villeicht/ daß du mit Suͤnden beladen/ auch das jenige/ so du vorhin freywillig begangen hast; nun gegen deinen Willen leyden muͤssest? Ver- folget dich dein Widersager/ und veruͤbet mit dir seine Abscheuligkeiten? Seye getroͤst/ mein Seel/ was du leydest in diesem Leben/ daß wird dich nit verdammen/ und wird dich meiner Gnade nicht berauben: dann die Suͤnd muß ist so freywillig seyn; daß/ wann sie nicht freywillig; auch keine Suͤnd seye. Zwinge derhalben deinen Willen/ und halte ihn ab von der Bewilli- gung; und lasse forthin den Teuffel und das Fleisch wuͤten. Wegen der Thraͤum hastu dich nicht zu foͤrchten: was du in selbigen thuen wirst/ was du immer schlaffend leyden wirst; wann solches dir vor/ und nach dem Schlaaff mißfaͤllig ist; so wird dir dieses fuͤr keine Die Fuͤnff und Zwantzigste Geistliche Lection keine Suͤnd gerechnet. Und/ wann du schon durch dein voriges unzuchtiges Leben dir Gelegenheit zusolchen Thraͤumen gegeben hast/ so wirstu doch a b jetzo an dem/ was du leidest/ nicht schuldig seyn: dieweilen du uͤber solches Leben wahre Reu und Leyd getragen hast/ und noch tragest; wann du nur in diese Teuffelische Crinnerungen nicht einwilligest. Wann auch der boͤse Feind dir bißweilen Gotts-Laͤsterungen und verfluchte Gedancken gegen mich und meine Ausserwaͤhlte eingibt; so werde du derhalben nicht kleinmuͤ- thig: dann so lang du in diese Gedancken nicht einwilligest/ so lang leydestu selbige mehr/ als du sie im Werck uͤbest. Wann dich auch diese Versu- chungen mehr betruͤben/ als beluͤstigen; so solstu keines Wegs daruͤber er- schrecket werden; und ist dir nicht nothwendig/ selbige dem Priester zu beich- ten. Jch aber lasse dich dieses schmecken/ und belaͤstige dich darmit/ nicht daß du dadurch besudlet/ sondern gereiniget werdest. Der laidige Sathan stifftet solche Ungewitter derhalben an; damit er/ indem du dich demselben widersetzest/ von dem Geschmack meiner Liebe dich verhindere und zuruͤck halte; dann er erfreuet sich/ wann er dich durch Scrupulen und unnoͤthige Unruhe beaͤnstigen/ und von mir abwenden kan. Du aber/ mein Seel/ foͤrchte dich nicht fuͤr dergleichen Eingebungen; habe keine Achtung auff solche Einbildungen; nicht antworte denselbigen; nicht stelle dich hefftig zur Gegenwehr: sondern lasse alles unvermerckt hingehen/ als wann du nichts empfunden haͤttest; fahre fort in deinen heiligen Ubungen/ und laß dich durch solche Versuchungen nicht verhindern; achte sie hoͤher nicht/ als das Bellen der Hund/ oder Pfeisen der Gaͤnse. Dann so du dich denselben widersetzen/ disputiren/ erforschen oder dich darob entsetzen wirst; so kans anders nicht geschehen/ als daß du selbige in deine Gedaͤchtnuß gleichsamb eintruckest/ und dich in eine grosse Unruhe verwickelest. So weit hat in die Person Christi geredet der vor gemeldte Gottseelige Blosius. In ejus Vita. 9. Dieses alles erhellet noch besser auß dem/ was der H. Catharinaͤ von Senis widerfahren ist. Dann ob schon diese H. Jungfrau mit Christo so grosse Gemeinschafft pflegete/ daß sie mit selbigem/ als ihrem Braͤuti- gam redete: nichts desto weniger hat er dieses keuscheste Maͤgdlein mit den unsauberen Geistern streiten lassen; damit sie die Tugend der Keuschheit desto besser uͤben moͤgte. Dahero ist diese Jungfrau durch so unreine Gesichter/ und heßliche asmodeische Einbildungen bestritten worden; daß sie von sel- bigen ein mehreres Abscheuen/ als vom Tod selbsten empfunden. Da nun der Teuffel diese Jungfrau unter andern mahlen auch einsmahls durch un- ter- Von den Versuchungen. terschiedliche/ so wohl Weib-als Maͤnnlichen Geschlechts abschewliche Ent- bloͤsung angefochten; und sie gegen diese Gewalt mit heroischem Gemuͤth obgesiget hatte; ist ihr Christus in sichtbarlicher Gestalt erschienen; den sie mit diesen klaͤglichen Worten angeredet und gesagt: O ich armselige! wo warest du/ mein Heyland/ da so entsetzliche und unkeusche Vorbildungen mein Hertz bestritten? der Braͤutigamb hat ihr geantwortet: ich ware in deinem Hertzen gegenwaͤrtig mein Catharina, und sahe dem Spiel zu: Als sie nun weiters mit Verwunderung gefragt/ wie es immer seyn moͤge/ daß der aller- reineste JESUS in einem/ mit so vielen unsaubern Gedancken gleichsamb erfuͤlltem Hertzen habe zugegen seyn koͤnnen? hat sie der Herr gefragt: hast du in die so unflaͤtige und sottige Einbildungen verwilliget? haben dich diese Venus- Schmeichlungen nicht erluͤstiget? mit nichten/ sagt die keusche Jung- fraw: daß seye weit von mir/ O Herr; zumahlen mir nichts mißfaͤlligers und beschwaͤrlichers jemahlen haͤtte vorkommen koͤnnen: so ist dann/ sagt Christus/ dieser der Lorber-Krantz deines erhaltenen Siegs; dieß ist die Cron deß Verdiensts; dieß ist der Ruhm und Glori deines S treits/ dem ich per- soͤhnlich hab beygewohnet. Keiner wird die Wunden der boͤsen Begirden empfinden/ so lang er nicht bewilliget. Wer in Vertreibung der heßlichen Gedancken arbeitet/ der macht sich der Hoͤllen meister. Nicht ohne grosses Abschewen und verdrießliche Langwirigkeit hat die gemeldte Catharina mit diesen unreinen Gedancken herumb schlagen muͤssen: so lang aber diese Ver- suchung gewaͤhret/ hat sie/ so viel ihr ist zugelassen gewesen/ in der Kirchen sich auffgehalten. 10. Auch lesen wir bey dem Palladio von dem Altvatter Pachomio, daß Rodriq. n. 2. tr. 3. c. 35. §. 4. dieser heilige Mann den gemeldten Palladium mit diesen Worten angeredet habe: siehe mein Palladi, ich bin ein siebentzig jaͤhriger Mann; und obwohl ich 40. Jahr lang meine Zelle sehr fleissig bewohnet; und nur GOtt zu die- nen/ und das Heyl meiner Seelen zu befoͤrdern mich beflissen/ und nunmehr zu solchem Alter gelangt bin/ wie du siehest/ nichts desto weniger werd ich biß auff heutigen Tag von den Versuchungen deß Fleisches angefochten: und wie Palladius bezeugt/ hat der vorgedachte Pachomius erzehlet/ daß er nach dem fuͤnfftzigstẽ Jahr seines Alters/ zwoͤlff Jahr lang nach einander/ alle Tag und Nacht denfeindlichen Anfall deß Fleisches erlitten habe: und nachdem er zu bezwingung dieses Feinds allen Versuch umbsonst gethan habe; seye er mit Trawrigkeit uͤberfallen worden: und da er diesen seinen elenden Stand mit vielen Zaͤhren dem lieben GOtt geklaget; habe er eine innerliche Stimm ge- hoͤret/ welche ihn folgender Gestalt angeredet hat: gehe hin/ mein Pachomi, R r und Die Fuͤnss und zwantzigste Geistliche Lection und streite ritterlich: dann ich hab derhalben diese Versuchungen uͤber dich verhenget; damit dein Geist sich nicht erh e ben solle/ als wann s e lbiger durch seine eigene Kraͤfften den einheimischen Feind uͤberwunden habe: und auff daß du deine Schwachheit erkennen/ und auff dein strenges Leben allein kein Vertrawen setzen; sondern deine Huͤlff und Staͤrcke von mir deinem GOtt erbitten moͤgest; durch diese trostreiche Stimm ist der fromme Pachomius gestaͤrcket worden; und hat nachmahlen keine dergleichen Beschwaͤrnuß em- pfunden. Was koͤnnen wir nun/ meine Christliche Seel/ hier auß anders ab- nehmen/ als daß der miltreiche GOTT seine Diener zu keinem andern Ziel versuchen lasse/ dann nur allein zu derselben Heyl und geistlichem Nu- tzen; und damit es kundbar werde/ ob sie ihn lieben oder nicht. 11. Weiters muß uns zu standhafftiger Ertragung der Versuchungen nicht wenig auffmuntern die Liebligkeit: zumahlen einem wackern Solda- ten nichts angenehmers widerfahren kan/ als wann ihm oͤffters erlaubet wird/ mit dem Feind zu schlagen/ und sich durch den erhaltenen Sieg einen grossen Nahmen zu erwerben: derhalben sagt GOTT in der Offenbahrung c. 2. v. 17. deß heiligen Joannis: Wer den Sieg erhaltet/ dem willich verborgen Himmel-Brod geben: ich will ihm auch geben einen weissen Stein; und auff demselbigen Stein einen neuen Nahmen geschrieben; den niemand kennet/ dann al- lein/ wer ihn bekombt. Wann es nun einem zu so grosser Ehren ge- reichet/ daß er seines gleichen/ einen leiblichen Feind und schwachen Men- schen uͤberwinde; wie viel groͤssern Ruhm wird dann nicht der jenige dar- von tragen/ welcher den unsichtbaren Feind/ den starcken Riesen/ und hoͤlli- schen Joliath erschlagen wird? Soll nicht ein jeder von uns mehr befuͤgt 1. Matth. 5. v. 57. Sup. ps. 51. mit dem Azaria und Joseph sagen: Wir wollen uns auch einen Nahmen machen/ und hinziehen wider die Heiden zu strei- ten/ welche umb uns herseynd: Und wann schon nach Meinung deß Cassiodori der Streit schwaͤr fallet/ weilen er heimlich/ und weilen er mit einem staͤrckern gehalten wird und weilen die Nachstellungen deß Feinds nicht gesehen werden: weilen auch derselbige durch keine Arbeit ermuͤdet wird; und wann er schon uͤberwunden wird/ dannoch nicht weichet: so ist 1. Cor. 10. v. 13. doch immer ein groͤssere Huͤlff GOTTES bereit; Der euch nicht wird versuchen lassen ůber ewer Vermoͤgen; sagt der heilige Paulus: Sondern wird auch mit der Versuchung ein Auß- kommen schaffen; daß ist/ er wird euch ein haͤuffige Gnad ertheilen/ da- mit ihrs ertragen koͤnnet. 12. Wann Von den Versuchungen. 12. Wann nun dieses also wahr ist/ wie oben gemeldet worden/ warumb werden dann so viele von den Versuchungen uͤberwunden? Wann der Teuf- fel ist angebunden/ fragt der Heil. Augustinus/ wie kan er dann noch so offt Serm. 197. den meister spielen? Diese Frag beantwortet er selbst/ und sagt: Es ist nicht ohn/ mein liebe Brůder/ daß er vielmahl obsiege: aber nur gegen die Lawe und Nachlaͤssige; und welche GOTT in der Warheit nichtfoͤrchten: dann er ist gebunden/ wie ein Hund an die Ketten geschlossen ist; und kan keinen beis- sen/ es seye dann/ daß er mit einer toͤdtlichen Sicherheit demselben zunahe. Siehet nun/ liebe Brůder/ wie naͤrrisch der jenige Mensch seye/ den der geschlossene Hund beisset. Wann du vermittelst der weltlichen Frewden und Wollu- sten ihm nicht zunahest; so wird er zu dir nicht kommen doͤrffen: er kan bellen; kan aber keinem schaden gegen sei- nen Willen; weilen er nicht mit Gewalt/ sondern mit ein- gebendem Rath dem Menschen schaͤdlich ist: erzwinget auch die Bewilligung auß uns nicht; sondern er begehrt sie nur allein: Dahero sagt recht der weise Mann: Wer den Herrn c. 33. v. 1. foͤrchtet/ dem wird nichts boͤses begegnen; sondern GOtt wird ihn in der Anfechtung erhalten/ und erloͤsen vom Boͤ- sen. Derhalben/ mein Christliche Seel/ pflantze die Lieb/ und zugleich die Forcht GOttes in dein Hertz; auff daß du von diesen/ als zweyen unuͤber- windlichen Mauren umbgeben/ von deinen Feinden keinen Schaden leidest/ welche uͤberall herumb gehen/ und suchen/ wen sie verschlingen moͤgen. Diese stellen sonderbar denen nach/ so da/ wie gesagt ist/ eines guten Willens seynd; wie wir auß dem Leben deß Heil. Dominici vermercken: dann/ da dieser hei- Historia. Theodo- ric. de Appol. in vita ejus l. 3. lige Mann einsmahls bey naͤchtlicher Weil bey seiner Heerde gewachet/ hat er den obgemeldten/ und uͤberall herumb schweiffenden Gesellen angetroffen/ und ihn gefragt/ was er suche? worauff er geantwortet: daß er seinem Ge- winn nachgehe: und als ihn der heilige Mann gefragt; was er dann auff der Gemeinen Schlaff - Cammer deß Closters gewinne: hat er zur Antwort gegeben; daß er den Geistlichen den noͤthigen Schlaff benehme/ und verursache/ daß sie mit Verdruß und Faulheit auffste- hen/ und sie antreibe/ daß sich von dem Dienst GOTTES absent machen: Auch sagt der hoͤllische Geist/ wans mir zugelassen wird/ erwecke ich bey den Schlaffenden die geyle Bewegungen/ und naͤchtliche Unsauber- keiten deß Leibs: Weiters hat ihn der gottseelige V atter gefragt; R r 2 was Die Funff und Zwantzigste Geistliche Lection was er dann vor Gewinn in der Kirchen/ an so heiligem Orth zu gewarten habe? deme er geantwortet; daß er sich bemuͤhe zu verschaffen/ daß die Geist- liche spaͤt zur Kirchen kommen/ geschwind auß selbiger hinweg eilen/ und ih- rerselbst vergessen. So viel das Refectorium oder gemeines Tafel - Zim- mer angehet; ist dieser Orth gantz mein: allhier lacht man/ allhier schwaͤtzt man, und werden viele eitele Zeitungen vorgebracht: da nun der lose Schalck von dem frommen Dominico zum Capitul-Hauß gefuͤhret worden; hat er sich darab entsetzet/ und gesagt: dieser Ort ist mir ein hoͤllischer Ort: was ich an andern Orten gewonnen hab/ das verliehre ich allhier: an diesem Ort werden die Bruͤder ermahnet; allhier beichten sie/ und werden allhier ange- klagt: allhier werden sie gestrafft/ und von ihren Suͤnden loß gesprochen: dahero fliehe ich und verfluche diesen Ort: Also hat dieser armselige Ver- fuͤhrer durch Krafft GOTTES/ und durch den Zwang deß H. Vatters Dominici den Betrug seiner Boͤßheit entdecken muͤssen; damit die Gerechte mehr erleuchtet werden/ diesen losen Vogel außlachen/ und fuͤr dessen Fall- Strick sich huͤten moͤgen. Wie du aber mein Christliche Seel in dem Streit selbsten dich verhalten sollest/ daß lerne auß dem Verfolg der gegenwaͤrtigen Lection. Der dritte Theil. 13. J M Anfang der Versuchung muß sich ein jeder vorsehen/ daß er nicht verzage: dann/ gleich wie ein Schiffman/ der einmahl vom Schrecken oder Forcht uͤberwunden/ das Schiff weiters zu regiren untaͤuglich ist: also stellet sich das Gemuͤth deß versuchten Menschen in die eusserste Gefahr den Sieg zu verlichren/ wann es sich durch die Forcht abschrecken lasset: derhalben hat der H. Antonius ein Vatter der Einsidler in seinem letzten Sterb-Stuͤndlein die Seinige so trewlich gewarnet und ge- S. Athan. in vit. c. 20. \& c. 58. sagt: ich ermahne euch/ meine Kinder/ und bitte euch/ ihr wollet doch die Ar- beit so geraumer Zeit nicht also geschwind verliehren: ihr kennet ja die viel- faͤltige Nachstellungen eweres hoͤllischen Feinds: ihr habt derselben grim- mige Anfaͤll; aber doch Weibische Kraͤfften erfahren. Seufftzet nach eu- rem Heyland/ und hefftet die Glaubwuͤrdigkeit dessen allerheiligsten Nah- men JESU an ewere Hertzen: als dann werden von diesem sichern Glau- ben alle Teuffel vertrieben werden. Und ein wenig hernach setzt er hinzu: die eintzige Weiß und Manier den leidigen Satan zu uͤberwinden/ ist die Geist- iche und innerliche Froͤligkeit; und stete Erinnerung einer Seelen/ welche immer Von den Versuchungen. immer an den Herrn gedencket. Dieß hat der H. Mann seinen Geistlichen zur Lehr hinterlassen; und hats auch vorhin im Werck geuͤbet. Dann da ihn eins- Sur. in Vit. mahls die hoͤllische Geister in Gestalten unterschiedlichen grausamen Thie- ren umbzingelten/ und ihm dermassen zusetzten; daß er augenblicklich von ihnen zerrissen zu werden in Forcht stunde; redete er selbige unerschrocken und gantz freudig an/ und sagte: Wann ihr Kraͤfften haͤttet/ so wuͤrde einer auß euch nicht allein genug/ sondern mir weit uͤberlegen seyn: was ist von- noͤthen eine so grosse Anzahl? Siehet hier bin ich/ zerreisset mich in Stu- cken/ wans euch erlaubt ist: wann aber nicht; so ist all euer Wuͤten umsonst. Es ist fast nicht außzusprechen/ wie sehr ein solches hertzhafftes Gemuͤth und innerliche Froͤligkeit den boͤsen Feind verdriesse/ und denselben schwaͤche/ da- hero sagt die H. Theresia: der Teuffel hat keine Macht an den tapfferen und S. Ther. in Itin. Perf. c. 23 heroischen Gemuͤtern; dieweilen er selbige zumahlen foͤrchtet/ und gnugsamb erfahren hat/ daß er bey denen grossen Schaden leyde: er weiß auch wohl/ daß alles/ was er ihnen zum Nachtheil richtet/ denselben und anderen zum Vortheil außschlage/ und er nur Schaden darvon trage. So ist dann zu Erhaltung deß Sieges wider die hoͤllische Boͤßwicht/ die Tapfferkeit und die geistliche Freud deß Gemuͤts den Menschen sehr noͤthig: sintemahlen wir diesen Feinden/ nach Zeugnuß deß Gottseeligen Climaci, das Angesicht Clim. Grad. 1 unserer Seelen nicht bergen koͤnnen: und wann sie vermercken/ daß selbiges erbleiche/ sich entsetze und veraͤndere; so fallẽ sie uns mit mehrer Bitterkeit an. Lasset uns derhalben mit einem Helden-Muth gegen diese neidige Hund die Waffen ergreiffen/ und uns versicheren/ daß die jenige/ so mit gezimmen- der Froͤhligkeit den offt-gemeldten Widersagern unter die Augen tretten/ nit koͤnnen uͤberwunden werden/ wie der H. Bernardus darfuͤr haltet und sagt: Serm. 5. In Quadr. Sehet/ meine Kinder/ sehet/ wie schwach unser Feind seye; keinen kan er zu Boden werffen/ der nicht wilt. Er vermag die Bewegung deß Ver- suchens zu erwecken; Es stehet aber bey euch/ ob ihr darin bewilligen wollet/ oder nicht. 14. Das andere Mittel ist; daß wir den Rath Christi folgen/ der also Matt. 26. v. 41. lautet: Wachet und bettet/ auff daß ihr nicht in Versuchung gerathet. Darumb pflegte der Geist-reiche Avila zu sagen: Die V er- suchung kehret sich zu dir; du aber wende dich zu GOtt. Lauffe mit den kleinen Kindern zum Schooß deiner Mutter/ und sage Deus in Adjuto- rium meum intende, \&c. GOtt/ hab acht auff meine Hůlff: Psal. 69. v. 2. HErr/ eile mir zu helffen. V on diesem Heylsamen V ers sagt R r 3 der Die Fuͤnff und Zwantzigste Geistliche Lection der fromme Alt-Vatter Joannes/ daß er wider alles Grimmen und Anfall deß Teuffels ein bewehrter Schild/ ein unuͤberwindliche Mauer und Brust- waͤhr seye. Dann/ gleich wie ein Mensch/ sagt der H. Vatter/ wann er unter einem Baum sitzet/ und sehet/ daß er den heran kommenden wilden Thieren nicht entgehen koͤnne; auff den Baum steiget/ und sich errettet; also muß ein Geistlicher/ wann er in seiner Cellen oder anderswo die boͤse Ge- dancken siehet herzu nahen/ durchs Gebett zu GOtt fliehen/ und sich be- schuͤtzen. Also hat sich geholffen der Kirchen-Lehrer Hieronymus/ welcher das grausame Ungewetter seiner Versuchungen; und denn darab erhalte- nen Sieg/ der GOtt-verlobten Jungfrauen Eustochium mit diesen Wor- ten schrifftlich erzehlet. O wie offt hab ich in der Wuͤsten/ und in der uͤber- auß grossen Einoͤde/ so da durch die ungemeine Sonnen-Hitze gantz auß- gedoͤrret/ und derhalben den Muͤnchen zu bewohnen sehr grausamblich vor- kommet/ wie offt sag ich/ hab ich vermeint/ ich waͤre mttten unter den Freu- den zu Rom: ich sasse allein/ dieweilen meine Seel mit Bitterkeit erfuͤllet ware: meine Glieder gaben auß dem abscheußlichẽ Sack ein scheuliches Anse- hen; die auß gemergelte Haut meines Leibs ware den Mohren gleich worden: in Seufftzen und Weinen brachte ich meine Zeit zu; und wann mich bißwei- len gegen meinen Willen der Schlaff uͤberfiele/ so wuͤrffe ich den magern und nur in Haut und Bein bestehenden Leib zur blosen Erde. Was soll ich von Speiß und Tranck melden/ indem auch die Krancke nur mit Wasser zu frieden seynd/ und fuͤr eine Geilheit gehalten wird/ wann man gekoch- te Speisen geniesset? Jn diesem meinem Kercker/ deme ich mich auß Forcht der Hoͤllen eingeschlossen hatte; und der ich kein andere Gesellschafft/ als der Schorpionen und wilden Thieren Nachbarschafft hatte; ware den Cho- ren der tantzenden und singenden Maͤgdlein in meinen Gedancken zugegen. Das Angesicht ware vom Fasten erbleichet/ und das Hertz brennete von Begierden in so kaltem Leib. Es siedete vor mir/ als einem fast verstorbe- nen Menschen die alleinige Brunst der Geilheit. Da ich nun also aller Huͤlff enteussert ware/ legte ich mich zu den Fuͤssen JEsu/ die ich mit mei- nen Zaͤhren benetzete/ und mit meinen Haaren trucknete; und liesse nicht ab/ das widerspennige Fleisch durch wochentliches Fasten zu bezwingen. Jch schehme mich meiner Treulosigkeit mit nichten; sondern beklage viel- mehr/ daß ich nicht bin/ was ich gewesen bin. Jch erinnere mich/ daß ich Tag und Nacht aneinander geruffen/ und nicht ehender hab auffgehoͤrt/ auff meine Brust zu schlagen/ biß auff den Befelch deß HErrn das Un- gewit- Von den Versuchungen. gewetter gestillet worden. Mich greisete auch fuͤr meiner Cellen/ als welche von meinen Gedancken gleichsamb Wissenschafft hatte. Jch gienge allein durch die Wuͤsten/ und wo ich nur hohle Thaͤler/ hohe Berg/ und zerbrochene Felsen antreffen konte/ da begab ich mich ins Gebett; daselbst ware der Auffenthalt deß armseeligen Fleisches: und/ wie mir der HERR kan Zeugnuß geben/ gedunckte mich offtmahlen nach vielen vergossenen Zaͤhren/ und stehtem Ansehen gen Himmel/ ich waͤre mitten unter den Schaaren der Engelen derhalben singete ich mit grosser Froͤligkeit: Wir lauffen hinter dir/ auff den Geruch Cant. 1. v. 3. deiner Salben. Gedenck nun/ mein Christliche Seel/ wann sdlches die jenige leyden/ so da in einem außgemergelten und abgematte- ten Leib/ mit den Gedancken allein versuchet werden; was werden dann nicht außstehen muͤssen/ welche in Wolluͤsten leben? Es hat dir nun der heilige Vatter sattsamb zu erkennen gegeben/ wie er mit seinem Fleisch habe streiten muͤssen/ wie er selbiges mit immerwaͤhrenden Strengigkeit hergenommen; und mit wie erfreulichem Trost er nach er- haltenem Sieg seye erquicket worden. 15. Wer dann immer mit dem heiligen Hieronymo die Versuchun- gen zu uͤberwinden verlanget/ der fliche zum Schild deß Gebets/ und be- gehre mit wahrem Glauben und kindlichem Vertrauen den Beystand deß allerhoͤchsten; so wird ihm geholffen werden. Es muß dannoch ein versuchter Mensch mit grosser Wachtsambkeit dem Anfang der Versu- chungen widerstehen; dann/ wie uns der Gott-seelige Thomas à Kern- pis errinneret/ der Feind wird alsdann zum leichtesten ůber- L. 1. c. 13. §. 5. wunden/ so er durch das Thůrlein deß Gemůths mit nichten eingelassen; sondern ihme/ alsbald er Anklopfft/ widerstanden wird. Dahero hat der Heil. Pachomius, nachdem er dem Teuffel verweißlich vorgeworffen/ daß er die Menschen/ von denen er doch nicht beleidiget/ ohne Unterlaß plage; von selbigem diese Ant- wort hoͤren muͤssen. Wir klopffen an der Thuͤren an/ ob ihr uns wollet hinein lassen/ oder nicht/ das stehet euch frey: machet ihr uns auff/ so stuͤrmen wir alsbald hinein/ und nehmen unsere Wohnung in der Ein- bildung; dahero koͤnnen wir gar leichtlich den blinden Willen/ und so fort den gantzen Menschen uns zu Theilmachen. Wann ihr euch aber widersetzet/ und gleich zum Anfang uns den Paß versperret/ so seynd wir geschlagen/ und ver- Die Fuͤnff und Zwantzigste Geistliche Lection verschwinden wie der Rauch. Hierauß lernen wir/ daß/ wie weniger man das boͤse Eingeben deß Feinds achte; je besser man selbigen uͤberwinden koͤn- ne. Wir werden von den V ersuchungen/ gleich wie die vorbey gehende von dem/ auß den Haͤusern herauß springenden Hunden angeblefftzet/ wer sich diesen widersetzet/ der hat mit ihnen zu schaffen; der aber seinen Weeg unver- merckt fortsetzet/ der kan sich ihrer mit leichter Muͤhe entschlagen. Wann wir gar zu genaue Achtung auff die V ersuchungen haben/ ihnen zu viel nachforschen/ und selbige foͤrchten/ so werden sie mehr und mehr gestaͤrcket/ und nehmen dergestalt uͤberhand/ daß wir offt dardurch in die Gefahr der Bewilligung gerathen; wie auß folgender Geschicht zu hoͤren ist. Der from- Rodriq. p. 2. Tr. 4. c. 9. me Alt-Vatter Smaragdus erzehlet/ daß ein Geistlicher einsmahls gese- hen habe/ wie zwey hoͤllische Geister miteinander in ein Gespraͤch ge- rathen! und der eine seinen Cameraden gefragt/ wie es ihm mit seinem Muͤnchen ergehe; habe er zur Antwort bekommen: gar wohl: dann/ sagt dieser/ was ich ihm einblase/ das nimbt er an/ und halts in seinen Gedan- cken; Und indem er nachmahlen den Ursprung/ die Gelegenheit/ den Ver- folg/ und die Zeit der angenommenen Gedancken erforschet/ so verrucke ich dem armseligen Tropffen das Gehirn/ und mache ihn schier zum Narren. Wie haussest du nun mit dem Deinigen? Jch/ antwortet der andere/ rich- te an meinem Muͤnchen nichts auß: dann so bald ich ihm mit einem boͤsen Gedancken auff die Haut tringe/ so nimbt er seine Zuflucht zu GOtt/ oder veraͤnderet seine Gedancken; dahero kan ich an ihm kein Vortheil haben. 16. Die dritte Artzeney wider die Versuchungen ist diese/ daß man nemb- lich selbige frommen und gelehrten Maͤnnern offenbare; zumahlen die sicht- barliche Wunden leichtlicher geheilet werden/ als die verborgene; wie an sich Cassian. coll. 11. selbst der fromme Einsidler Seraphion erfahren hat: dann da er die Suͤnd seines Diebstahls und Frasses seinem Vorsteher/ in Gegenwart anderer oͤffentlich gebeichtet; hat er den boͤsen Feind in Gestalt einer angezuͤndeten Ampel auß seinem Schoß sehen herauß kommen/ und ist forthin von der An- L. 1. in Vit. P. P. c. 11. fechtung befreyet geblieben. Astion ein frommer Juͤngling/ so lang er den Streit mit dem Sathan/ seinem Magistro den H. Epicteto verschwiegen/ hat er umbsonst gefochten: so bald er aber die Unsauberkeit seiner Seelen demselben endecket; ist der hoͤllische Feind gleichsamb durch eine eroͤffnete Pforten auß dem Schooß deß Juͤnglings/ in Gestalt eines schwartzen Kin- des mit einer feurigen Fackel heraußgebrochen/ und geschriehen: O du Astion! deine Beicht hat meine grosse Kraͤfften zumahlen geschwaͤchet; und euer ein- tziges Gebett hat mir meine Waffen benommen/ und mich trostloß gemacht. Hiervon Von den Versuchungen. H iervon lesen wir im Leben der H. H. Vaͤtter und anderer frommen Diener GOttes/ daß selbige durch die alleinige heylsame Offenbahrung ihrer An- fechtungen diesem ihrem H aubt-Feind grossen Schaden zugefuͤget/ und sei- ner H offnung entsetzt haben: derhalben befleisset er sich zu verhuͤten/ daß das versuchte H ertz deß Menschen sich nicht außgiesse/ und seinen Zustand ei- In Reg. de Dilcr. sp. § 13. nem anderen entdecke; gleich wie ein unkeuscher Liebhaber/ sagt der heilige Ig natius Lojola, der die Verfuͤhrung eines Maͤgdlein suchet; sich nichts so sehr lasset angelegen seyn; als daß dem Vatter desselben sein Vorhaben ver- borgen bleibe. 17. Viele haben auch das boͤse Eingeben der hoͤllischen Geister mit Ver- spott- und Verhoͤnung desselben vernichtiget; sie haben seinen Rath außge- lacht/ und mit jenem Wirth/ welcher auff seine H auß-Thuͤren geschrieben: Morgen verkauffich Wein umbsonst: Jhm geantwortet: Mor- gen will ich ewer Eingeben anhoͤren/ heut gibts mir darzu keine Gelegenheit: am folgenden Tag haben sie ihn ebener Gestalt abgefertiget/ und auffden morgigen Tag sich beziehen mit jenem Geistlichen/ welchem der Teuffel Lib. 9. gerathen/ er solle das Closter verlassen: Abends sagte er/ morgen will ich fort- gehen/ und wann der morgen heran kommen ware/ sagte er; ich will sehen/ ob ich noch diesen Tag umb meines Herrn willen verbleiben kan: dieß hat er neun Jahr lang geuͤbet/ und also mit seinem losen Raths - Geber nur den Schertz getrieben/ biß er von der Versuchung voͤlliglich ist befreyet worden. Einem andern gabe der Teuffel ein/ er solte/ so bald ihn zur Morgen-Stund hungerte/ sich ohne Schew entnuͤchteren: dieser Geistliche aber wider stunde der Versuchung/ und sagte bey sich selbsten/ ich will warten biß zur sechsten Stund: da nun selbige Stund heran kommen ware; sagte er seinen Gedan- cken: jetzt muß ich fasten biß zur neunten Stund: umb diese Zeit dunckte er das Brod ins Wasser/ und sagte: vor zwoͤlff Uhren will ich gar nichts essen: und zu selbiger Stund verrichtete er alles gewoͤhnliche Gebett und Psalter/ wie es die Regel erforderete/ und fieng hernach an zu essen: dieses hat er viele Tag nach einander also geuͤbet; biß er endlich einsmahls umb zwoͤlff Uhren/ unter waͤhrendem Mittagmahl gesehen/ daß ein dicker Rauch auß dem Brod- Korb empoͤr gestiegen/ und zum Fenster der Zellen hinauß gefahren: und von selbiger Zeit ist er von dieser Anfechtung erlediget worden/ daß nach- mahls auch biß auff den dritten Tag gefastet. S s Der Die Fuͤnff und zwantzigste Geistliche Lection Der Vierdte Theil. 18. W Jewohl du dir/ mein Christliche Seel/ auß der bißhero verzoge- nen Lection in deinen V ersuchungs-Streiten gnugsamb helf- fen koͤnnest; so will ich jedoch zu deinem weitern V ortheil noch etwas weniges hinzusetzen: nemblich/ daß der jenige/ so in V ersuchung ist/ sich huͤte/ daß er wegen der einfallenden Versuchungen von seinen gewoͤhn- lichen geistlichen Ubungen nichts unterlasse; sondern den heylsamen Rath der Heil. Catharinæ Senensis folge; die in einem Send-Schreiben also Blosius in Con sol. Pusil. c. 39. n. 3. spricht: Jch bitte euch/ ihr wollet ja nicht nachlassen in den angefangenen gu- ten Wercken fortzuschreiten; es mag euch der boͤse Feind mit seinen schwaͤren Versuchungen auch plagen/ wie er immer koͤnne: dieser Boͤßwicht erwecket verschiedene Kriege/ und befleisset sich sonderbahr der heimlichen Nachstel- lungen und Betriegungen/ krafft derer er ewere Seelen zum Verdruß/ und unordentliche Trawrigkeit; ja auch zur Verwirrung deß Gemuͤths/ und zum Verzweifflungs-Fall stuͤrtzen moͤge. Es ist gewiß/ daß wann schon ein Mensch mit allen Suͤnden der Welt beladen waͤre; so koͤnten diese hoͤllische Geister doch nicht verhinderen/ daß er die Frucht und Verdiensten deß Bluts CHristi theilhafftig werde; wofern bey solchem der wahre Glaub und Zu- versicht zu der unendlichen Barmhertzigkeit GOttes verbleibe: weilen die Suͤnd nur in einem boͤsen und verkehrten Willen bestehet; so muß der Mensch/ indem er siehet/ daß ihm Gott einen guten W illen verliehen habe; alle verwirrung deß Gemuͤts hindan setzen/ in den heiligen W ercken und U- bungen verharren/ und im Liecht der Gnaden wandern/ die er in sich verbor- gen findet/ als ein Gaab Gottes/ welcher den guten W illen in ihm zu erhal- ten bereit ist: er muß dem leidigen Sathan/ wann er zur Verwirrung oder Verzweifflung rathet/ antworten: wann ich mit der Gnade Gottes nicht versehen waͤre/ so haͤtte ich auch keinen guten W illen/ und wuͤrde deinem verfluchten Rath leichtlich folgen: nun aber vertrawe ich auff meinen guͤti- gen Heyland/ der mich allzeit beschuͤtzen/ und wegen seiner unbegreifflichen Barmhertzigkeit erretten wird. Von dieser heiligen Jungfrawen lernen wir/ daß die Miltigkeit GOTTES uͤber einen Menschen/ so eines guten W illens ist/ sehr groß seye: auch sehen wir/ was ein gros- se Gaab GOTTES seye der gute W ill. Der nun in Versuchung steckt/ soll mit allem Fleiß daran seyn/ daß er alle Traurigkeit deß Hertzen vertreibe; immer und allzeit eine andaͤchtige Neigung zu Gott bey sich erhalte/ Von den Versuchungen. erhalte/ und in den angefangenen guten Wercken mit Frewden fortfahre: solcher massen wird er ohne allen Zweiffel von den Versuchungen nicht allein keinen Schaden/ sondern vielmehr einen Nutzen und Außkommen schoͤpf- fen. 19. Nach Zeugnuͤß deß Heil. Chrysostomi erfordert daß Ambt einer hero- ischen und Gott liebenden Seel/ daß sie die Widerwaͤrtigkeiten gern trage: daß aber einer mit einem Helden-Muth die Versuchung außstehe/ und sei- nem GOTT noch dancke/ daß er selbige uͤber ihn verhange; solches kan anders nicht/ als auß einer sehr grossen Staͤrcke und Wachtsambkeit der Seelen herkommen; so da alle andere menschliche Neigungen uͤbertreffet: derhalben ist es ein viel groͤssere Vollkommenheit/ wann der Mensch in den Versuchungen nicht bittet/ daß ihn Gott darvon befreyen wolle; sondern daß er ihm noͤthige Kraͤfften ertheile/ mit dem Feind zu schlagen: dahero hatjene Vit. P. P. l. 6. gottseelige Abtissin/ so in die dreyzehen Jahr von dem Geist der Unkeuschheit bestritten worden/ niemahlen begehrt dieses Kampffs entlediget zu werden; sondern hat immer gebetten/ Gott moͤchte ihr nur Staͤrcke verleyhen. Von Doctrin. 13. einem andern Geistlichen sagt der H. Dorotheus, daß er von der V ersuchung deß unreinen Geistes viel habe leiden muͤssen: dessen sich dann sein geistlicher V atter endlich erbarmet/ und gefragt; ob er dieses Streits durch das Gebett der andern sich zu entschlagen verlange? deme er geantwortet: ich werd zwarn uͤbel geplagt/ und wie dir bewust ist/ durch die V ersuchung scharff hergenommen; ich spuͤre aber diesen Nutzen/ daß ich nemblich durchs Gebett und durch die Abtoͤdtungen mich zu meinem GOTT oͤffterer wende/ als ich sonsten thuen wuͤrde: so bette du vielmehr/ mein Vatter/ daß ich durch geziemende Gedult und Standhafftigkeit uͤber diese Anfechtungen den un- bluͤtigen Sieg erhalte: uͤber sothane Antwort hat sich der Alte hoͤchlich er- frewet/ und gesagt: nun siehe ich wohl/ mein Sohn/ daß du in den Tugen- den nicht wenig zugenommen habest: sintemahlen der jenige/ so einem heff- tigen und schaͤdlichen Laster dapffer entgegen gehet/ bleibt demuͤtig/ bleibt sorgfaͤltig/ und wachtsamb; und durch diesen Streit gelangt er allgemach zur vollkommenen Reinigkeit deß Hertzens: darumb fragt recht der weise Mann: Was weiß einer/ der nicht versucht ist: ein Mann/ Eccli. c. 34. v. 9. der grosse Erfahrnuß hat/ der wird viel Dings bedencken: Und gleich wie die H. Cunegundis dem Kayser Henrico ihrem Ehe-Herrn ihre Jungfrawschafft dadurch bewiesen/ daß sie uͤber die gluͤende Kohlen un- verletzt gegangen: also wird ein jede Seel/ wan sie uͤber das Feuer der Versu- chungen ohne schaden wandert/ gnugsam kundbar machen/ dz in keine irdische S s 2 Creatur Die Funff und Zwantzigste Geistliche Lection Creatur/ sondern in ihren himmlischen Braͤutigam CHRJSTUM JESUM immer seye verliebtgewesen: soll sich dann nicht ein versuch- ter Diener GOttes billig erfrewen/ zumahlen einem Liebhaber GOttes nichts annehmlicheres ist/ als daß er seine Lieb in der That erweisen koͤnne; Apud Rodriq. p. 2. \&. 4. c. 3. und auch/ nach Zeugnuͤß deß geistreichen Vatters Climaci, kein gewisseres Zeichen ist/ daß die hoͤllische Feind von uns uͤberwunden seynd/ als wann sie uns am hefftigsten bestreiten. 20. Zu solchem Streit muß uns auch sonderbahr auffmuntern die Cron der Belohnung/ so dem streitenden und Obsieger versprochen ist/ welche nach Maß und Zahlder Versuchung wachset und verdoppelt wird; indem so viele herrliche Sieg-Craͤntzlein sein werden/ als dapffere Scharmuͤtzel vorher gan- gen; wie in folgender Geschicht zu sehen ist. Ein sicher Soldat und Herr eines Schlosses hat seine Suͤnden einem Priester gebeichtet/ und nachdem ihm unterschiedliche Bußwerck zu verrichten seynd aufferlegt worden; hat er sich allemahl entschuldiget/ und gesagt; es seye ihm nicht moͤglich/ dieselbe zu vollbringen: endlich hat ihm der Priester befohlen/ daß er in der Kirchen eine gantze Nacht im Gebett verharren solle: diese Buß hat er angenommen; und nachdem er zur Kirchen kommen/ ist er vom boͤsen Feind angefochten worden; so da bald in Gestalt seiner ihm sehr angenehmen Schwester/ bald in der Figur seiner lieben Gemahlin/ bald in Gestalt deß Cuͤsters/ welcher vorgabe/ daß die Kirch mit Fewer unterlegt seye; bald in Persohn eines Prie- sters/ der seine Metten betten wolte/ und ihm derhalben als einem Excom. municir ten die Pforten weisete; und durch alle diese Larven nichts anders suchete/ als den buͤssenden Soldaten von der Verrichtung deß aufferlegten Gehorsambs zu verhindern: er aber ist bey seiner angefangenen Poͤnitentz standhafftig geblieben: und ist nachmahlen einigen H.H. Vaͤttern offen- bahret worden/ daß selbiger durch diesen vierfachigen Sieg/ auch vier ansehn- liche Cronen erworben habe. Nicht weniger wird in dem Leben der H. H. Altvaͤtter gemeldet/ daß einem Geistlichen/ so neun Jahr lang mit den Ver- suchungen deß unreinen Geists sich hat muͤssen herumb schlagen; durch eine Stimm vom Himmel so viele Cronen versprochen worden/ als er Anfechtungen erlitten hatte. Ein ander Geistlicher Juͤngling wurde bey seinem schlaffenden Lehr-Meister vom Geist der Gemaͤchlichkeit siebenmahl versucht/ daß er nemblich sich auch solte zur Ruhe begeben/ und ohne empfan- genen Seegen seines Vorstehers sich in der Stille beurlauben: weilen er aber die ankommende Traͤgheit alle siebenmahl uͤberwunden hat; so ist seinem gemeldten Magistro in einer V erzuͤckung ein sehr herlicher und Von den Versuchungen. und erfreulicher Ort gezeiget worden; woselbst er einen Sessel/ und auff dem Sessel sieben Krohnen gesehen/ und vernommen hat/ daß selbige seinem Lehr- Juͤnger zubereitet waͤren; und daß er den gedachten Ort und Sessel durch seinen auffrichtigen Lebens-Wandel; die sieben Krohnen aber in der naͤchst- verwichenen Nacht durch erhaltene siebenmahlige Victori gegen sei- nen Feind verdienet habe. 21. Hierauß lernen wir/ wie frey gebiglich der guͤtige GOtt auch die we- nige gute Gedancken vergelte. Es ist auch allhier wohl zu beobachten/ daß der hoͤllische Neid-Hund sich nicht allzeit unterstehe/ den Menschen durch boͤse Eingebungen zu betriegen; sondern vermittelst der guten Eingebungen uns heimblich uachstelle/ damit auß dem Guten boͤses erfolgen moͤge. Hier- uͤber lesen wir in den Historien der Societ aͤt JEsu von einem Magistro, welchem der boͤse Feind/ daer die Jugend die freye Kuͤnsten lehrete/ in der Gestalt deß H. Pauli erschienen/ und ihn ermahnet/ er solle diese eitele Wissenschafften fahren lassen/ und an statt deren seine Epistelen lesen. Solcher Ermahnung ist der gute Magister alsbald nachkommen/ und hat an Platz deß wohl- redenden Ciceronis/ die Send-Schreiben deß gemeldten Apostels er griffen: demnach er nun selbige ein lange Zeit/ ohne V orwissen seiner Obrigkeit gelesen/ ist er endlich in so grosse Ungluͤckseeligkeit gerathen/ daß er die Societaͤt/ mit seinem darauff gefolgten eussersten V erderben/ verlassen hat; damit nun der arglistige Feind sich bey den armen Menschen desto glimplicher einflicke/ und denselben betriege; folgt er die Manier der- jenigen Dieben nach/ so da/ umb allen Argwohn deß Diebstalls zu benehmen/ und den Leutenfuͤglicher beyzukommen/ in seiden- und sammeten Kleidern auffziehen; und streichet hervor mit aller erdichten Andacht und Holdseelig- keit. Also ist betrogen worden ein Juͤngling/ welcher in das sechste Jahr in der Wuͤsten froͤmlich gelebt hatte; indem selbigem der Teuffel in Persohn eines Einsidlers erschienen/ und ihn uͤberredet/ daß er mit ihm/ umb das Hoch-Heilige Sacrament deß Altars zu empfangen/ in die naͤchst-gekegene Kirchen gangen. Ware nicht dieser freylig ein heiliger Rath? nichts de- soweniger aber ist selbiger dem erwehnten Juͤngling zu seinem Verderben außgeschlagen; wie an einem andern Ort hernacher mit mehrern zu sehen ist. Wilstu dann/ mein Christliche Seel/ das sichere spielen/ so nehme deine Zuflucht in allen V ersuchungen bey einem verstaͤndigen und erfahr- ren Mann/ und folge dessen Rath; so wirstu dem schalckhafften Betrug deß boͤsen Feinds ohn Zweiffelentgehen; und mit obgemeldtem Magister/ und S s 3 jetzt Die Funff und Zwantzigste Geistliche Lection jetzt gedachtem Juͤngling/ der den Rath seines Alt-Vatters in den Wind geschlagen hat/ dich in die ewige Verdambnuͤß so jaͤmmerlich nicht stuͤrtzen. 22. Dieweilen wir bißhero gehandlet/ was vor und in der Versuchung zu beobachten seye; als ist nun uͤbrig/ in der kuͤrtze zu melden/ wie man sich nach derselben verhalten solle: und zwarn Erstlich/ daß man fuͤr den erhaltenen Sieg/ dem lieben GOtt mit dem Koͤniglichen Pro- Ps. 143. v. 1. pheten schuldigsten Danck sage: Gebenedeyet sey der HERR mein GOtt/ der meine Haͤnde zum Streit abrichtet/ und meine Finger zum Kriege. Zum andern/ daß man sich nicht einbilde/ der Feind seye auffs Haupt geschlagen/ wann der Streit einmahl gewonnen ist; sondern daran gedencke/ was der Ehr-wuͤrdige Vatter Beda sagt; daß nemblich der boͤse Geist/ nachdem er unsern Beda sup. Luc. Seelen den Streit der V ersuchungen hat zugebracht/ offt von diesem sei- nem Fecht-Platz biß auff eine andere Zeit offtmahl entweiche; nicht/ daß er der angebrachten Boßheit ein Ende mache: sondern damit er die Hertzen/ welche er vermittelst solcher Ruhe in Sicherheit gestelt hat/ nachmahln mit einem schnellen Uberfall beaͤngstige. Hierzu gehoͤret auch/ daß man nicht verzage oder sich betruͤbe/ wann man nach Erlegung der staͤrcke- sten Feinden vermercke/ daß noch von dem schwaͤchesten angefochten werde: sintemahlen dieses (wie der H. Gregorius gar weißlich darvon re- det) auß Goͤttlicher V orsehung also geschicht/ auff daß der von allen L. 4. Mor. Seiten mit Tugenden gezierte Mensch sich nicht erhebe; und/ in dem er eine geringe straff-maͤssige Sach an sich sehet/ und selbige doch nicht uͤberwinden kan/ nicht seinen Kraͤfften/ sondern GOtt den Sieg in dem jenigen zuschreibe/ so er starckmuͤtiglich bezwingen kan. Drittens und schließlich ist zu wissen/ daß/ wann einer befindet/ daß er in der Ver- suchung gefallen/ und den Kuͤrtzern gezogen habe/ dannoch nicht ver- zweiffle; sondern vielmehr die heylsame Lehr deß Gott- seeligen Thomæ à Kempis annehme/ und dessen Rath folge/ der in Persohn deß HErrn also L. 3. c. 6. spricht: Streite als ein guter Kriegs-Mann; und so du etwan auß Bloͤdigkeit fallest/ so empfahe wiederumb noch staͤrckere Kraͤfften/ weder die vorige gewesen seynd/ und hab gar gute Hoffnung zu meiner ůberflüssigen Gnad. Es lasset aber die Goͤttliche Weißheit bißweilen zu/ daß auch die Ausserwaͤhlte selbst in Suͤnden fallen/ damit sie auß ihren eigenen Feh- lern Von den Versuchungen. lern/ auff dem Weeg der Tugenden zu wandern lehrnen: dann/ gleich wie Apud Rodriq. p. 2. tr. 4. c. 7. nach den Worten deß Gregorii eine Mutter oder Saugamm/ wann sie das kleine Kind gehen lehret/ sich bißweilen in etwa von selbigem entfernet/ bald aber wiederum zu sich nimbt/ und nicht achtet/ wann es schon zu zeiten einmahl falle; dieweilen sie vermeinet/ es seye dieses besser/ als wann es nie- mahl das Gehen lerne; also pflegt GOtt/ als ein Aufferzieher Ephraim die auß Schwachheit begangene Fehler seiner Ausserwaͤhlten zu uͤbersehen; auff daß sie hinfuͤhro besser und sicherer auff dem Weeg der Vollkommen- heit lernen fortschreiten. Nehme derhalben/ mein Christliche Seel/ mit dieser Lection, so ich mir fuͤrnemblich zu meinem Besten verzeichnet/ fuͤr Lieb: ich zweiffle nicht/ daß dir selbige werde ersprießlich seyn/ wann du sie mit Auffmercksambkeit lesen/ und werckstellig machen wirst. Die Sechs und Zwantzigste Geistliche LECTION Von der Resignation oder Ergebung in den Willen GOTTES . Qui facit Voluntatem Patris mei, qui in Cœlis ist, Matt. 7. v. 21. ipse intrabit in Regnum Cœlorum. Wer den Willen meines Vatters thuet/ der in den Himmelen ist/ der wird eingehen in das Reich der Himmelen. Der Erste Theil. 1. D Jeweilen alle menschliche Zungen diese Tugend der Gebuͤhr nach auß- zustreichen nit bestand seynd; als waͤre uns alhier wohl eine Englische Zung vonnoͤthen: in deren Mangel wir uns dann der ersten Wohlredenheit gebrauchen Die Sechs und Zwantzigste Geistliche Lection gebrauchen/ und vorab den H. Bernardum also sprechend hoͤren sollen: Die Resignation oder Ergebung in den Willen GOttes ist eine Summ oder Vollziehung der Demuth. Ein ander fromme und gelehrte Mann Taul. in fin. Serm. de S. S. nennet sie/ nach Zeugnuͤß deß beruͤhmten Tauleri/ einen Außzug der Tu- genden/ und ein Brevier aller Gelehrtheit. Von dieser Resignation schreibt auch ein ander gelehrte Schribent mit folgenden Worten: Wann du dich alle Joannes Gailer de spir. Pereg. Prop. 7. Tage dem Willen Gottes/ gantz und zumahlen von Hertzen ergebest/ und auff alle dessen Wincke immer fertig und bereit stehest/ so erlangestu V erzeihung deiner Suͤnden/ und erwerbest so grosse Gnad; daß du nicht allein die Hoͤl- le/ sondern auch daß Feeg-Feuer nicht zu foͤrchten habtst. Diese deine auffrichtige Anerbietung/ allen Goͤttlichen Willen zu vollbringen/ die- net dir an statt der Buß und Ablaß. Der Gott-seelige Blosius sagt also: Marga- rit. spirit. §. 6. Der gute Will ist der Grund oder das Grundvest aller Tugenden: daß aber einer eines Willens mit GOtt ist; dieses hat vor allen Tugenden den Vorzug/ und darinn bestehet die Vollkommenheit. Dann der eines so guten Willens ist/ daß er sich selbst verlaͤugne/ und seinen eigenen Willen verlasse/ und sich gantz freywillig dem Willen GOttes ergebe; dessen gu- ter Will ist vollkommen; selbiger bringt seine Tage ohn Schroͤcken und Angst zu/ und empfindet an sich gleichsamb eine Sicherheit/ daß ewige Le- ben zu erlangen: er kan alle harte Wort/ all saur Gesicht/ alleunangeneh- me Werck/ und was ihm und den Seinigen fuͤr Schmach und Unbill wird zugefuͤgt/ mit aller geziemender Ruhe und Sanfftmuth uͤbertragen: er ley- det alles siettsamblich und gedultiglich/ was ihm von allen Orten/ es seye von GOtt/ oder von den Creaturen widerwaͤrtiglich zustosset: ihn kan nichts verstoͤhren/ weder der Verlust der zeitlichen Dingen/ der Freunden und Verwandten/ weder Kranckheit/ weder die Verletzung seines guten Nahmens/ weder Todt/ weder Leben/ weder Fegfeur/ weder Teuffel/ weder Hoͤll: Dann der auß wahrer Lieb dem Goͤttlichen Willen sich uͤber lassen und ergeben hat/ und sich keiner begangenen/ und und nicht gebeichten Todt- Suͤnden bewust ist; der kan alles leicht- lich uͤberstehen/ was GOtt uͤber ihn verhaͤnget/ so wohl zeitlich als ewig- lich. Also redet von dieser Tugend der obgemelte Blosius. 2. Seynd dieß nicht guldene Wort deß Ehrwuͤrdigen V atters? Seynd das nicht sehr grosse und herrliche Guͤter/ so da auß der Resignation ent- Apud. Blos- in Concl. ani. §. 4. springen? Hoͤre nun auch an mein Christliche Seel/ den frommen Suso- nem, der von dieser Ergebung also redet: das vollkommene Leben bestehet nicht meistens darinn/ daß du uͤberfluͤssige Troͤstungen habest; sondern/ daß Von der Ergebung in den Willen Gottes. daß du deinen Willen dem goͤttlichen uͤberlassest und ergebest/ so wohl in sau- ren und bitteren/ als in suͤssen und annehmlichen Dingen. Es ist keine voll- komnere und fuͤrtrefflichere Resignation, als wann du in deiner Verlassung resigni rt und zu frieden bist: du wirst auch nicht sehr beschwaͤrt und betruͤbt werden/ wann wenig geistlicher Suͤssigkeit empfindest; du wirst dir anderst nit einbilden/ als daß du derselben unwuͤrdig seyest. Ein wahre Ergebung sei- ner in den Willen Gottes/ in allen/ so wohl gewissen als ungewissen Sachen/ errettet den Menschen ohne Zweiffel auß allen Gefahren und Zufaͤllen/ und verursachet/ daß er in allem deß wahren Friedens sich erfrewe: diesem stim- met auch bey der geistreiche Thomas à Kempis, und sagt: Schaͤtz dich L. 3. c. 25. §. 2. nicht fůr groß/ noch in besonderer Liebe zu seyn/ so du in ei- ner grossen Andacht oder Sůssigkeit bist: dann in diesen Dingen allen wird kein wahrer Liebhaber der Tugend er- kandt; es stehet auch nicht darinn deß Menschen Zuneh- men und Vollkommenheit: Worinn stehet es dann? daß du dich auß gantzem deinem Hertzen dem goͤttlichen Wil- len opfferst/ und nicht suchest die Ding/ die dein seynd/ we- der in kleinen noch in grossen Dingen: weder in der Zeit/ noch in Ewigkeit: also/ daß du eines gleichen Gemůths zwischen Glůck und Vnglůck in Dancksagung bleibest/ und alle Ding in gleicher Maß erwegest: Dahero ist einer sichern Rus- broch. in fine op. Jungfrawen; so nicht wuste worinn die wahre Andacht bestehe/ und der- halben sehr traurig ware; ein uͤberauß schoͤnes Knaͤblein erschienen/ und ge- sagt/ daß die wahre Andacht deß Menschen in Verlaͤugnung und Verach- tung seiner selbst/ und in einer vollkommenen Resignation in die Hand GOttes bestehe. Dieß ist aber die vollkommene Ergebung/ daß nemblich der Mensch sei- nen Willen mit dem Willen GOttes in allem gleichfoͤrmig mache: wor- auß dann zu schliessen ist/ daß man sich forderist fuͤr die laͤßlichen und vorbe- dachten Suͤnden huͤte; weilen selbige dem goͤttlichen Willen außtruͤcklich zuwider seynd: derhalben muß ein Geistlicher/ so diese vollkommene Resig- nation zu erwerben trachtet/ sich befleissen/ daß er seine Regulen und Sa- tzungen so genau/ als moͤglich ist/ unstraͤfflich halte; zumahlen ohne dieses sich keiner einbilden wolle/ sothane Tugend zu erlangen. 3. Annebens muß er auch daran seyn/ daß er alle so wohl gluͤckseelig- als widerwaͤrtige Zufaͤll dem goͤttlichen Willen auffmesse/ nach dem Exempel deß frommen Josephs/ der seine zaghaffte Bruͤder mit diesen Worten troͤstet: T t Jch Die Sechs und Zwantzigste Geistliche Lection Gen. 45. v. 8. Jch bin hergesandt/ nicht durch eweren Rath/ sondern durch den Willen Gottes. Weiters ist noͤthig/ daß er in allem den Willen Gottes als eine gerechte Verhaͤngnuß erkenne/ und verehre mit dem David/ der in seinem hundert und viertzigsten Psalmen seinen GOtt also v. 17. L. 3. con- tra Jul. c 18. anredet: Der Herr ist gerecht in allen seinen Wegen/ und heilig in allen seinen Wercken: Dann Gott/ wie der Heil. Au- gustmus sagt/ kan einige ohne ihre gute Verdiensten erretten/ weilen er gut ist: er kan aber keinen ohne boͤse Verdiensten verdammen/ weilen er gerecht ist: Dahero muͤssen wir in allem/ was uns immer widerfahret/ unsere Augen mit dem Koͤniglichen Propheten Ps. 118. v. 137. zu der goͤttlichen Gerechtigkeit erheben/ und sagen: Herr du bist ge- recht/ und deine Gerichte seynd recht: Daß ist/ deine Gerichte seynd zu einem sehr guten Ziel verordnet/ nemblich/ daß du oder straffest/ oder versuchest/ oder belohnest. So soll dann ein jeder Geistliche/ welcher der Voll- kommenheit obliget/ wegen aller auch immer vorkommenden widrigen Zu- faͤllen und Ungluͤck ja nicht betruͤbet werden; sondern seinen Willen in allem mit dem Willen Gottes vereinigen/ und an selbigem ein Wohlgefallen tra- L. 2. de fid. c. 29. gen: und daß zwarn billig; sintemahlen/ nach den Worten deß H. Joannis Damasceni, alles was da geschicht auß GOttes Vorsichtigkeit/ muß noth- wendiglich uͤberauß stattlich und goͤttlich dergestalt geschehen/ daß es niema- len besser seyn koͤnne: diesem stimmet der H. Vatter Augustinus mit folgen- Tom. 1. l. de quant anim. e. 39. Sap. 8. v. 1. der Meinung bey/ und sagt: Es ist durch die Gerechtigkeit deß wahren und hoͤchsten GOttes geschehen/ daß nicht allein alles ist; sondern auch also ist/ daß es keines wegs besser seyn moͤge: Daß aber diesem also seye/ lehret uns die goͤttliche H. Schrifft mit folgenden Worten: Also strecket sich die Weißheit GOttes gewaltiglich von einem End biß zum andern/ und verord- net alle Ding lieblich: Und der fromme und weise Job sagt: Nichts geschicht auff Erden ohne Vrsach: sondern GOtt hat/ nach Sap. 11. v. 21. Zeugnuͤß deß weisesten Salomonis/ alle Ding in der Maß/ und in der Zahl/ und im Gewichte verordnet. Obwohl nun viel Boͤses in der Welt geschicht/ und viele Fehler begangen werden/ so bleibt doch dieses vorgemeldte alles in seinem W erth/ und ist in aller W arheit gegruͤndet: dann/ obschon Gott/ als ein absonderlicher Vorseher/ schuldig ist/ so viel er kan/ zu fliehen und zu verhindern die jenige Maͤngel und Ubel deren Dingen/ so dessen Herrschafft und Fuͤrsichtigkeit unterworffen werden; so hats doch mit selbigem/ als einem general oder allgemeinen Verseher/ ein andere Be- schaffenheit; Von der Ergebung in den Willen Gottes. schaffenheit; weilen dieser die Fehler und Gebreche einiger Persohnen zulas- sen muß zum besten der gantzen Gemeinde/ deren Erhaltung er vor allem su- chet: die jenige Ubel aber und Fehler/ so die goͤttliche Fuͤrsichtigkeit in den er- schaffenen Dingen zulasset; selbige muͤssen zur Vollkommenheit/ zum Staat und Schoͤnheit der gantzen Gemeinschafft das jhrige beytragen/ gleich wie einem Gemaͤhl die kunstreiche und liebliche V ermischung deß Liechts und Schattens/ und anderer so wohl angenehm/ als unangenehmen und dunckelen Farben/ die Schoͤnheit geben muß: und gleich wie in einer Music der vielfaͤl- tige Unterscheid der Stimmen/ den Gesang nicht verfaͤlschet/ sondern viel susser lautet; also muß das Boͤse mit dem Guten und die Tugend mit den Fehlern zum Zierath der zumahligen Gemeinschafft dienen. 4. W ie uͤbel/ ja naͤrrisch thun dan die jenige/ so gegen den Willen Gottes murren/ weilen sie sehen/ daß viel boͤses geschehe/ und vermeinen/ daß solches nicht von GOtt/ sondern vom Teuffel oder boͤsen Leuten herkomme: dahero Hom. 7. in Joan. sagt recht der Heil. Chrysostomus: Keiner muß sagen/ daß die Sonn den Augen schaͤdlich seye/ weilen einige bloͤde Ge- sichter haben: sondern/ daß sie den Augen sehr dienlich seye/ wie die jenige bezeugen můssen/ welche ein gutes Ge- sicht/ und der Sonnen noͤthig haben. Keiner soll auch ur- theilen/ daß der Hoͤnig bitter seye/ ob er schon einigen Krancken bitter schmaͤcket. Der nun auß Schwachheit oder Vnwissenheit darfůr halter/ daß GOTT oder nicht seye/ oder daß er hier und dort ůbel thue; daß er fůr das menschliche Wesen bißweilen Sorg trage/ bißweilen nicht; der kan billiger ein Narr/ als ein witziger Mensch genennet werden: So muß dann ein guter Geistliche mit nichten be- truͤbet werden/ wann er siehet/ daß andere geistliche Orden besser floriren und vermehret werden/ als eben der seinige; sondern er muß sich vielmehr in so weit erfrewen/ wann er sicht/ daß andere geistliche Staͤnd außgebreitet werden; als er sich erfrewen wuͤrde/ wann er ein gleiches an dem Sei- nigen erfahrete: der aber dessenthalben trauret/ der gibt von ihm selbsten Zeugnuͤß/ daß er von dem rechten W eeg der Tugend noch weit entfernet seye: zumahlen solcher in diesem Fall nicht suchete die allgemeine Ehr GOTTES; sondern mehr sein absonderliches Gut/ und nur die Ersprießlichkeit seines Ordens: auch scheinet/ daß ein solcher/ so viele an ihm ist/ dem allerweisesten GOTT fuͤrschreiben wolle/ daß er seinen T t 2 Orden Die Sechs und zwantzigste Geistliche Lection Orden fuͤr andern erhoͤhe: was ist aber unbilliger als eben ein solches Ver- langen? Jst daß nicht sich selbsten mehr suchen/ als GOTT? Darumb muß ein guter Geistlicher alles Ubel und Ungluͤck/ so seinem Orden zustosset/ mit resignirt en und froͤligem Gemuͤth annehmen/ und festiglich glauben/ daß solches alles zu hoͤchster Ehren GOttes gereiche; derhalben er schuldig ist/ seinem GOtt darfuͤr zu dancken/ und mit dem Heil. Ignatio dem Willen Ribad. l. 3. vit. c. 1. GOttes sich zu ergeben; mit deme dieser heilige Mann seinen Willen so vollkommentlich vereinbahret hatte; daß er hat sagen doͤrffen/ er wolle auch die Vernichtigung seiner gantzen Societaͤt/ welche er mit sehr grosser Muͤhe auffgerichtet/ geduͤltiglich und wohl gemuthet ertragen/ wann er nur daran kein Ursach seye. 5. Wie uͤbervollkommentlich auch die allerseeligste Jungfraw Maria dem Willen GOttes ergeben gewesen seye/ bezeuget der Heil. Antonius/ da er sie mit diesen Worten anredet O Herscherin/ du bist dem goͤttlichen Wil- len so gleichfoͤrmig gewesen/ daß ich sagen darff: wann keiner sich wuͤrde gefunden haben/ der deinen Sohn ans Creutz gehefftet haͤtte; so wuͤrdest du selbst/ auff daß der Will GOttes erfuͤllet wuͤrde/ denselben mit Naͤgeln ans Creutz geschlagen haben: Zumahlen wir glauben/ daß du mit der Tugend deß Gehorsambs/ nicht weniger/ als Abraham versehen gewesen seyest/ welcher seinen eigenen Sohn mit eigenen Haͤnden zu toͤdten und zu verbren- nen/ seinem Gott hat auffgeopffert. So will sichs dann geziemen/ daß ein jedes Marianisches Schutz-Kind sich befleisse/ dieser seiner allerheiligsten und gnaͤdigsten Frawen nach zufolgen; in allen/ so widrigen als ersprieß- lichen Begebenheiten/ den Willen Gottes mit Frewden annehme/ und den- selben lobe und preise. Wie grossen Nutzen derselbe nun in Erwerbung der Tugenden auß dieser Ubung schoͤpffen/ und wie mercklich er Gott gefallen Cæsarius lib. 10. Dial. c. 6. Historia. werde; ist auß folgender Histori zu vermercken. Jn dem Heil. Cistertzienser Orden hat einsmahls gelebt ein sicher Geistlicher/ durch dessen Fuͤrbitt/ und so gar auch auß blosem Anruͤhren seiner Kleider viele Krancke gesund wor- den: als nun diesen der Abt die Ursach solcher Wunder-Werck gefragt; hat er also geantwortet: Jch arbeite mehr nicht/ als andere Bruͤder/ ich faste nicht mehr/ und bette so viel/ als sie: dieß eintzige aber weiß ich; daß mich nemblich kein Ersprießligkeit erheben/ und kein Wider waͤrtigkeit betruͤben koͤnne: hierauff hat ihn der Abt gefragt: ob er nicht mit andern kurtz vorhero seye entruͤstet worden/ da deß Elosters Korn - Speicher ein Soldat in Brandt gestecket? Er aber hat geantwortet/ daß er daruͤber nicht seye verstoͤhret worden/ sondern habe alles dem lieben GOTT Von der Ergebung in den Willen GOttes. GOTT anbefohlen: das Wenige nehme er mit Danck an/ und fuͤr ein mehreres erstatte er auch seinem GOTT die schuldige Danck- sagung. Hierauß hat der Abt erfahren/ daß die Krafft so vieler und grosser Miraculen seye die vollkommene Ergebung deß eige- nen Willens in den Willen GOttes. Ob nun zwarn/ mein Christliche Seel/ dieser Geistlichen heutigen Tags/ leyder GOttes! wenige seines gleichen zehlet; so befleisse du dich doch demselben durch eine GOtt- gefaͤl- lige Resignation aͤhnlich zu werden; und glaube mir/ daß es dich sothaner gehabten Muͤhe niemahlen reuen wird. Der Andere Theil. 6. A Uff daß du nun diese gegebene Lection auch im Werck selbsten Historia. wohl uͤben moͤgest; so hoͤre die folgende Geschicht mit Gedult an: Ein einfaͤltiger Muͤnch in Æ gypten begehrte von GOtt/ er moͤgte ihm doch seine verborgene Urtheil offenbahren: dessen Begehren der guͤtige Vit. P. P. L. 5. n. 3. GOtt auch erhoͤrte/ und sendete ihm einen Engel in Gestalt eines Ehr- wuͤrdigen Alten/ welcher ihn freundlich ersuchte/ daß mit ihm die andere Einsidler besuchen/ und sich also derselben heylsamen Ermahnungen und Vaͤtterlichen Seegen theilhafftig machen wolle. Nach einem abgelegten guten Stuck- Weegs kommen sie zu einer Hoͤlen/ und nachdem sie sich angemeldet/ kombt ein Greiß-grauer und fromme Alte herauß/ von dem sie zur Herberg genoͤthiget werden: dieser waschet ihnen die Fuͤß/ machet den Tisch bereit/ setzet ihnen in seinen sehr sauberen Schuͤsselen die Speisen mit aller Hoͤffligkeit und Holdseligkeit daher/ und lasset/ so viel sein Vermoͤ- gen ist/ an der auffrichtigen und bruͤderlichen Liebe nichts ermanglen. Jndem sich nun die Gaͤst beurlauben/ nimbt der Engel eine Schuͤssel/ als den fuͤrnehmsten Theil deß Hauß-Raths/ heimblicher Weiß zu sich. Da dieß der einfaͤltige Muͤnch sehet/ wird er geaͤrgert/ daß dem guten Alten fuͤr seine erzeigte Lieb so schlechter Danck erstattet werde. Hier- uͤber kombt der Juͤnger deß alten Einsidlers/ und begehrt gantz demuͤ- tiglich die verlohrne Schuͤssel; welche ihm der Engel auch wieder zu ge- ben verspricht/ und befilcht zugleich/ er solle ihnen das Glaid geben Auff dem Weeg stuͤrtzet der Engel diesen Juͤnger deß alten Einsidlers von einem hohen Berg hinunter/ daß er alsbald alle Glieder deß Leibs zerbricht T t 3 und Die Sechs und Zwantzigste Geistliche Lection und stirbt. Der einfaͤltige Muͤnch uͤberlegt diesen Handel bey ihm selbst/ und verwundert sich/ daß GOTT solches Unbill zulasse/ und dan- noch gerecht genennet werde. Nach dreyen Tagen finden diese beyde einen gantz andern Alten in seiner Cellen/ welcher diese Ankomling nicht allein nit hat beherbergen wollen; sondern selbige/ als Land-Laͤuffer geschol- ten: und wiewohl diese beyde zum andernmahl umb die Nachts - Her- berg angehalten/ haben sie doch nichts erhalten; biß endlich der Alte sie auff ihr instaͤndiges Ersuchen/ zu einem Huͤttlein deß Stalls ver- wiesen; alwo sie ohne einige Gesellschafft/ ausser deß Eseleins/ ohne Stroh/ auff dem Boden haben muͤssen vor lieb nehmen. Nach ange- brochenem Tag gibt der Engel dem unbarmhertzigen Alten die gestoh- lene Schuͤssel: welche der undanckbare Einsidler annimbt/ und demnach ohne einige Vergeltung und gewoͤnliche Ertheilung deß Seegens/ sich in seine Cell verschliesset. Alhier kan sich der Mitt - Gesell deß mehr- gemeldten Engels laͤnger nicht enthalten; derhalben redet er den Engel/ so die Gestalt eines alten Cinsidlers immerzu behalten hatte/ also an: Warumb hastu dem frommen Alten die Schuͤssel abgestohlen/ und dar- zu dessen Juͤnger ermordet; diesem boͤsen und unhoͤfflichen Alten aber hastu dieselbe Schuͤssel geschencket? du muß oder nicht witzig/ oder ein boßhaffter Mensch seyn. Hierauff antwortet ihm der Engel in aller Sanfftmuth/ und sagt: Hastu nicht bey deinem GOTT sehr eyffe- rig angehalten/ daß Er dir seine Urtheil offenbahren wolle? Nun bin ich darzu verordnet/ daß ich dir selbige erklaͤhren solle. Die Schuͤssel ware mit unrecht dahin kommen; es geziemte sich aber nicht/ daß ein boͤse und ungerechte Sach bey einem so guten und frommen Mann laͤnger verbliebe: derhalben ist einem Boͤsen uͤbertragen worden/ damit selbiger einigen Lohn seiner geringen Werck empflenge. Den unschuldigen Juͤnger aber hab derowegen getoͤdtet/ dieweilen er in fol- gender Nacht seinen Alt - Vatter wuͤrde umbs Leben gebracht haben. So hab ich dann also mit einer That denen Beyden eine Wolthat er- wiesen. Da dieses der einfaͤltige Eremit hoͤret/ wirfft er sich zu den Fuͤssen deß Engels nieder/ bettet umb Vergebung und lernet hierauß/ daß er die verborgene Urtheil GOTTES mit mehrerer Behutsamb- keit richten/ und mit dem allerheiligsten Willen GOTTES allezeit solle zu frieden seyn. 7. Seynd Von den Ergebung in den Willen GOttes. 7. Seynd dann nicht wahr/ und abermahl wahr die obangezogene Wort der H. H. Kirchen- Lehrer Augustini, Chrysostomi und Damasce- ni; daß nemblich alles/ was da immer Geschicht/ nicht besser gesche- hen koͤnne? Und obschon solches den Augen unseres Hertzen gemeinig- lich verborgen ist/ so werden wir dannoch selbiges in der Ewigkeit oh- ne Zweiffel scheinbarlich sehen. Wer ist der auß der angefuͤhrten Hi- stori die wunderbarliche Lieb GOTTES nicht erkennet/ Krafft deren er alles zum Heyl seiner Diener verordnet? Wer solte unter uns die Thaten deß vermemten alten Einsidlers nicht uͤbel außgedeutet haben/ ehe er die Ursachen gehoͤrt haͤtte? und wer wird hergegen gefunden wer- den/ welcher in Ansehung derselben/ die glimpffliche Vorsichtigkeit deß Allerhoͤchsten nicht wuͤede gepriesen haben? So lasset uns dann in allen und jeden/ so wohl gemeinen als besondern Widerwaͤrtigkeiten den sicheren Schluß machen/ das selbige bevorab zum Lob GOTTES/ und dann zu unserm Nutzen geschehen oder zugelassen werden. Lasset uns mit dem Willen GOTTES zu frieden seyn/ und demselben uns zumahlen gleichfoͤrmig machen/ auff daß wir den wahren und rechten Frieden der Seelen erlangen moͤgen mit der heiligen Catharina von Se- In Dialo- go. nis, welche ihren Heyland ersucht hat/ er moͤgte ihr doch die rechte Mit- tel anzeigen/ den wahren Frieden deß Hertzen zu erhalten; und zur Antwort bekommen hat/ daß hierzu dieses ein gar leichtes Mittel seye: wann sie nemblich glaubete/ daß GOtt unendlich maͤchtig seye; und daß ohne Erlaubnuß desselbigen ihr nichts widerfahren koͤnne: auch/ daß er unendlich weiß seye/ und also wisse alles/ was da geschicht/ ins Gute zu verwenden: und schließlich/ daß Er unendlich gut seye/ und derhalben nichts zulasse/ es sey dann/ daß es dem Menschen sehr dienlich seye. 8. So kan dann der jenige/ so dem Willen GOttes sich in allem untergibt/ nicht uneben dem Berg Olympo verglichen werden/ von dem die Poeten sagen/ daß er auch mit seiner Hoͤhe die Wolcken uͤbersteige. Auff der Spitze dieses Bergs wird das geringste Blasen der Winden nit ver- mercket/ sondern wird immerzu eine gewuͤnschte Ruhe und Lieblichkeit gespuͤhret: Auff den Seiten aber wird er von einer grossen Ungestuͤm- migkeit der Winden/ und allerhand schnoͤden Wetter fast unauffhoͤr- lich angegriffen. Also ein andaͤchtige/ und dem Goͤttlichen Willen ergebene Seel/ ob sie schon alles Ubel der Welt/ die Ungewitter der Verfolgungen/ die Wind - Wirbel der Betruͤbnuͤssen/ und fort Die Sechs und Zwantzigste Geistliche Lection fort andere gefaͤhrliche Waͤllen der menschlichen Armseeligkeiten anschauet; wird dannoch nicht beunruhiget/ sondern stehet vest/ und wird dadurch noch mehr und mehr auf dem Weeg der geistlichen Vollkom̃enheit gestaͤrcket. Einsolcher Berg ist gewesen der H. Martinus/ welchen/ nach Zeugnuͤß deß Severi Sulpitii niemand die Tag seines Lebens jemahlen oder zoͤrnig/ oder betruͤbt/ oder verstoͤhret gesehenhat/ dieweilen er seinen Willen mit dem Goͤttlichen unablaͤßlich vereiniget hatte. Dahero vergleichet der heilige Hom. 11. in Ep. 2. ad Cor. Chrisostomus einen solchen resignir ten Mann dem Himmel: dann gleich wie der Himmel hoͤher ist/ als der Regen; und man zwarn/ wann er von den Wolcken uͤberzogen wird/ vermeinet daß der Himmel leyde; und jedoch nichts leydet: also leydet ein resignir ter Mensch nichts/ ob es schon das An- sehen hat/ als wann er leydete: das ist; es scheinet als wann er mit Trau- rigkeit gleich einer Wolcken uͤberzogen werde; wird aber nicht betruͤbet. Da- hero sagt wohl der Gottseelige Rodericius, daß ein solcher dem brennenden p. 1. tr. 8. c. 4. Busch/ welchen Moyses gesehen/ und vermeinet/ daß er verbrennete/ und doch nicht verbrannte/ gar aͤhnlich seye: wie wir auß dem Leben deß seeligen Jacoponi ersehen; der pflegte zu sagen/ daß er seyn Gewissen gefragt habe/ warumb es ihn nicht/ wie vorhin geschehen/ immerfort quaͤlet? und habe von selbigem zur Antwort bekommen: derhalben feyre ich nun/ weilen du dem Willen GOttes dich gaͤntzlich ergeben hast/ und mit dem jenigen/ so dieser Will verordnet/ ohne einigen V erzug dich befriedigen lassest. Lebe da- hero/ mein Christliche Seel/ der heylsamen Ermahnung deß Geist-reichen Thomæ à Kempis nach/ der dich und mich mit diesen Worten erinnert und sagt: Jch hab dir sehr offt gesagt/ und sag es nun wieder- umb; verlasse dich/ ergebe dich; so wirstu eines grossen Friedens geniessen auff Erden. 9. Und/ nicht allein immerwaͤhrender Fried/ sondern auch eine grosse und bestaͤndige Freud werden bey solchem ihre Wohnung machen: dann ein wahre Freud deß Menschen ist die lebhaffte Ruhe in dem Gut/ welches fuͤglich erworben ist: diese Ruhe bestehet zum meisten in der Vernunfft; und dadurch wird sie von der gewoͤhnlichen Freud und Ergoͤtzlichkeit/ welche sich in die eusserliche Glieder außbreitet; und von der Froͤligkeit/ die sich im L. 2. q. 33. ad 2. \& 4. Angesicht deß Menschen zeiget/ unterschieden/ wie der H. Thomas lehret. Was massen man aber solche Ruhe und Freud erlangen koͤnne/ zeiget uns gar schoͤn der weise Seneca und sagt; Jch will nicht/ daß du je- Epist. 23. ad Lucill. mahln ohne Freud seyest: ich will daß dir selbige zu Hauß gebohren werde: sie wird aber gebohren/ wann sie nur allein in dir selbsten ist. Die ůbrige Froͤligkeiten erfůl- len Von der Ergebung in den Willen Gottes. len das Hertz nicht; sondern seynd nur Stirn-Frewden/ die sich allein eusserlich zeigen: sie seynd leicht und gering: es seye dann/ daß du vielleicht vermeinest/ der jenige erfreue sich/ welcher lachet. Das Gemůth muß frisch/ froͤhlig und vertraͤwlich seyn/ und ůber dieses alles/ muß es auch auff- richtig seyn. Glaube du mir/ daß die wahre Frewd deß Menschen ein erustliche Sach seye. O guͤldene W ort! diese also entworffene Frewd wir am meisten erworben/ wann man sich in allem dem goͤttlichen W illen ergibt; zumahlen wir durch sothane Resignation alles bekommen/ was Gott wilt: dieses aber (wie oben gemeldet ist) kan anders nicht/ als gut seyn: daß also der Heil. Dorotheus nicht uneben gesprochen; Serm. de obed. daß der jenige/ welcher der goͤttlichen Fuͤrsichtigkeit sich in allem bequemet/ mit allen seinen Creutzern auff einem W agen gefahren werde: andere aber/ denen diese Manier zu reisen unbekandt ist/ zu Fuß nachfolgen/ ihre schwaͤre Creutzer langsam und verdrießlich schleiffen/ und muͤhesamlich tragen mustẽ: und gleich wie denen drey Knaben im Babylonischen Fewer-Ofen die hitzige Flammen anders nicht als ein kuͤhler Wind seynd vorkommen/ und derhalben Gott gelobet haben; also geduͤncket den jenigen alle W iderwaͤrtigkeiten gantz suͤß und annehmlich zu seyn/ und preisen darfuͤr die goͤttliche Guͤtigkeit/ wel- che ihren W illen mit dem W illen Gottes immer vereinigt halten. 10. Brocardus ein sehr glaubwuͤrdiger Schribent erzehlet/ daß man den Drexel. in Heli- otr. l. 3. c. 5. §. 2. Buͤhel/ auff welchem Christus dem Volck vor der Statt Jerusalem gepre- diget/ und das W eib gestanden/ so mitten in der Predig außgeschriehen: Seelig ist der Leib \&c. niemahlen mit Sand bedecket sehe; obschon der- selbige alldort wie Schnee von dem Wind herumb getrieben werde; und be- haltet dieser Orth Sommer und Winter seinen gruͤnen Wasen: diesem Buͤ- hel wird der jenige billig verglichen/ welcher nichts anders will/ als was Gott will: ein solcher wird von dem Sand der Truͤbsalen niemahlen uͤberschuͤttet: es kan einem solchen frommen Menschen niemalen so uͤbel gehen/ daß er nicht seinen Gott lobe/ und der goͤttlichen Fuͤrsichtigkeit sich zumahlen ergebe: ein solcher ware der Chariton, von welchem Metaphrastes meldet/ daß er auff Diexel. in Heli- otr. l 5. c. 8. §. 3. Historia. seiner Jerusalemischen Reise durch die Strassen-Raͤuber auffgefangen/ und in ihre Moͤrder-Gruben hinein gezogen/ und mit Ketten angebunden wor- den als sie nun nach solchem wider auffs Rauben hinauß gegangen/ hat Cha- riton nichts anders gethan/ als Gott loben und preisen/ hat die unverschene V erhaͤngnuß Gottes bey sich selbst erwogen; dem liebreichen himmlischen V atter hoͤchsten Danck gesagt/ und sich ihme inbruͤnstiglich befohlen: hat U u auch Die Sechs und Zwantzigste Geistliche Lection auch nichts anders verlanget/ als daß der Will GOttes an ihm selbst voll- bracht werde: da er nun in solchen Gedancken ist/ kriegt ein Schlangauß der Hoͤlen herfuͤr zu einem Weidling voll Milch/ darauß ihm der ungeladene Gast gnug trincket/ und bezahlet den Zech mit Gifft/ das sie an statt der Milch da ließ: so bald nun die Moͤrder wieder kamen/ lieffen sie duͤrstig zu dem vergifften Milch- W eidling/ und druncken darvon; seynd aber alle nachein- ander bald gestorben: war also Chariton allein Herr und Erb der Moͤrder- Gruben/ und befahl sich der goͤttlichen Fuͤrsehung noch inbruͤnstiger/ dann vorhin; und zwar nicht vergebens: dann die Baͤnd giengen durch die Huͤlff Gottes von ihnen selbst auff; allda er dan an Platz einer elenden Gefaͤngnuß/ ein reiche W ohnung gefunden: das geerbte Geld gab er theils den Armen/ theils brauchte ers zu Erbawung eines Closters: die Mordgrub veraͤnderte er in eine Kirch/ darinnen so wol Juden als Heyden zu Christen seynd worden. 11. Koͤnnen wir nicht auß jetzt gemeldter Geschicht handgreifflich abneh- men/ daß GOtt ein uͤberauß grosse Sorg uͤber die Seinige trage; und daß er denselben nichts/ als zu dero Wohlfart/ zum geistlichen Seelen-Nutzen/ und zu Außbreitung seiner Ehren/ widerfahren lasse? derhalben befehle dich/ mein Christliche Seel/ ohne einige Vorbehaltung in die Hand GOttes/ und folge dem jenigen andaͤchtigen Menschen nach/ welcher/ wie der gelehrte Salmeron Tom. 10. tr. 11. p. 103. bezeuget/ daß Alphabet oder A, B, C, nach einander pflegte auffzusagen/ und setzte am End desselben darzu: Herr/ fůge du nun diese Buchstaben zusammen/ und mache auß denselben/ was dir gefaͤllig und mir seelig ist: Auff solche Weiß wirst du nicht allein deß zeitlichen; son- dern auch deß ewigen Seegen faͤhig werden mit jenem Ackerman/ so vor an- dern allzeit mehrere und bessere Fruͤchten auß seinem Acker samblete; und da er die Ursach dieser Gluͤckseligkeit von seinen Nachbaren gefragt wurde/ gabe er zur Antwort/ daß er immer solches Wetter haben koͤnte/ wie ers verlangte; er begehrte aber kein anderes/ als wie es der liebe Gott schickte. Der dritte Theil. In Psalm. 12. A Uff sothane Frag/ wer der jenige seye/ so da auffrichtig von Hertzen kan genennet werden/ gibt der H. Vatter Augustinus zur Antwort/ und sagt; daß diese eines auffrichtigen Hertzen seyen/ welche in ge- genwaͤrtigem Leben den Willen Gottes folgen: der Will Gottes ist/ daß du bißweilen gesund/ bißweilen kranck seyest: bist du gesund/ so ist dir als dann der Will Gottes annehmlich und erfrewlich: und wann du kranck bist/ ist dir der Von der Ergebung in den Willen Gottes. der Will Gottes schwaͤr und bitter; so bist du nicht auffrichtig von Hertzen: warumb? weilen du deinen Willen nicht wilst richten nach dem Willen GOttes: sondern wilst den goͤttlichen Willen biegen zu dem deinigen. Der W ill Gottes ist gerad und auffrichtig; du aber bist krumb: deinen W illen must du nach diesem W illen besseren; und nicht muß derselbige W ill nach dem deinigen gebogen werden: wann du es also machest/ so hast du ein auff- richtiges Hertz: und wie kan dir groͤssere Ehr widerfahren/ als wann du bist ein Mensch nach dem Hertzen Gottes? Ein solcher ware die H. Gertrudis: dieser Jungfrawen ist Christus einsmahls erschienen/ und hat ihr in seiner Blos. l. 4. div. In- star. c. 23. rechten Hand die Gesundheit/ und in der lincken Hand gezeigt die Kranck- heit/ und selbiger befohlen/ sie solle auß diesen beyden erwaͤhlen/ welches sie wolle: die kluge Dienerin GOttes aber hat denen beyden H aͤnden ihres Braͤutigambs den Ruͤcken gekehret/ und gesagt: nicht meinen W illen/ O H err/ nicht sehe meinen W illen an: sondern vielmehr auß gantzem H ertzen verlange ich/ daß du deinen W illen in allem vollbringest: hierauff hat die gemeldte H eil. Jungfraw diese Wort auß dem goͤttlichen Mund zu hoͤren verdienet. Der haben will/ daß ich offt zu ihm komme; der ge- be mir den Schlůssel seines Willens/ und fordere denselben niemahl wiederumb: Nach empfangener solcher Lection, hat die fromme Gertrudis dieses folgende Gebettlein taͤglich dreyhundert und fuͤnff und sechstzigmahl widerholet: Nicht mein/ sondern dein Will geschehe/ mein allerliebster JESV: Und hat erfah- ren/ daß diese offt widerholte Resignation dem H errn sonderbar gefallen habe. 13. Auch hat der H. Macarius den Nutzen/ so unter diesen wenigen Wor- ten verborgen liget/ gnugsamb vermercket: dann/ da er einsmahls von zweyen Ruff. Aquil. n. 208. gefragt worden/ wie man betten soll/ hat er ihm geantwortet: daß man im Gebett vieler Wort sich zu gebrauchen nicht noͤthig habe; sondern man soll die H aͤnd offt zu Gott erheben und sagen: Herr/ wie du wilst/ und wie es dir gefaͤllig ist/ also geschehe: Dann GOtt weiß am be- sten/ was uns nuͤtzlich ist: dieses kurtze Gebett lobt uͤber die massen der ehr- wuͤrdige Vatter Drexelius, und sagt/ daß kein besseres/ noch schier kuͤrtzeres/ kein vollkommeres/ kein GOTT gefaͤlligeres/ und dem Menschen nuͤtzlicheres Gebett seye/ dann dieses eintzige: dein W ill geschehe: nicht mein/ sondern dein W ill geschehe: nicht/ wie ich/ sondern/ wie du wilst: dahero erfordert die goͤttliche Majestaͤt von uns vor allem/ was wir oder reden/ oder thuen koͤnnen; daß wir U u 2 auß Die Sechs und zwantzigste Geistliche Lection auß dem innersten unseres Hertzen sagen: Herr dein angenehmster Will ge- schehe: zumalen unter allem Gebett/ welches unser Heyland auff Erden ver- richtet hat/ ist dieses das hoͤchste und fuͤrtrefflichste gewesen: Vatter nicht mein sondern dein Will geschehe: Wohl hat derhalben der Koͤnig- Psal. 14 . v. o. c. 7. v. 21. liche Prophet von GOtt begehrt und gesagt: Lehre mich deinen Wil- len thun/ weilen du mein Gott bist: Dann Christus sagt bey dem H. Evangelisten Matt. Der den Willen meines Vatters thuet/ der in den Himmelen ist/ der wird eingehen ins Reich der Himmelen. 14. Kuͤrtzlich zu sagen; muß dieser dein endlicher Schluß seyn/ mein Christ- liche Seel/ daß du nemblich in allen deinen Widerwaͤrtigkeiten/ Verfolgun- gen/ Verachtungen/ und so wohl gemeinen/ als eigenen Truͤbseligkeiten als- bald bey deinem Gott in dem Hochh. Sacrament deß Altars deine Zuflucht nehmest/ demselben deine so wohl gegenwaͤrtige/ als kuͤnfftige Noth klagest/ und dich ohne einige Außnehmung in dessen allerheiligsten Willen resign rest/ und sagest: O mein suͤssester Heyland und Seligmacher JESU/ wann ich schon all dieses Ubel/ welches oder mir/ oder meinem Orden/ oder der Ehrist- Catholischen Kirchen bevor oder gegenwaͤrtiglich anstosset/ nach meinem Wohlgefallen/ ohne Suͤnd verhinderen koͤnte; so wolte ich solches ohne deinen Willen nicht thuen: und wann du dieses alles meinem freyen Willen anheim stellen wuͤrdest; so wolte ich doch in diesem Fall nichts erwaͤhlen; sondern dich mit meinem Gebett so lang plagen; biß daß nicht mein/ sondern dein allerhei- ligster Will so wohl hier zeitlich/ als dort ewiglich erfuͤllet wuͤrde: wann wir also mit unserm GOtt umbgehen/ so koͤnnen wir nicht allein sehr ruhig leben auff Erden; sondern auch in kurtzem zu grosser Vollkommenheit/ und nach- mahls zu grosser Herrligkeit gelangen im Himmel. 15. Nun wollen wir dieses alles zuletzt mit dem jenigen bekraͤfftigen/ was Historia. von ihm selbsten der gottselige Vatter Thaulerus erzehlet: dieser hatte acht gantzer Jahr lang Gott eifferig gebetten/ er moͤchte ihm doch einen Menschen zuweisen/ davon er doch den kuͤrtzerm Weg der Vollkom̃enheit und deß Him- mels erlernen koͤnte: da er nun einsmahls sehr hefftig verlangte mit solchem Menschen zu reden/ da geduͤnckt ihm/ er hoͤre eine himmlische Stimm/ krafft deren ihm befohlen wurde/ er solle sich zu der Kirchen-Thuͤr verfuͤgen/ daselbst wuͤrd er finden/ was er verlanget: Thaulerus gehet hin/ und findet einen Bet- ler/ dessen Fuͤsse mit einem boͤsen Geschwaͤr gantz uͤberzogen/ und mit zerrisse- nen Kleidern schier nackend/ und voller Stanck und Unrath ware: diesen gruͤsset er/ und wuͤnschet ihm einen guten und gluͤckseligen Tag worauffder Bettler antwortet ich erinnere mich nicht/ daß ich bißhero einen uͤbelen Tag gelebt Von der Ergebung in den Willen Gottes. gelebt habe. Taulerus sagt abermahl: GOtt wolle dich begluͤckseeligen. Der Bettler antwortet/ und sagt; er wisse nicht was Widerwaͤrtigkeit/ und was Armseeligkeit seye. Taulerus widerholet seinen vorigen Wunsch und spricht: ich sage; GOtt wolle dich begluͤckseeligen. Und ich antworte dir/ sagt der Bettler/ daß ich niemahlen ungluͤckseelig gewesen seye. Taulerus sagt weiters/ damit er den Bettler genau erforschen moͤgte; ich wuͤnsche/ daß dir alles widerfahre/ was du verlangest. Der Bettler antwortet; mir gehet alles nach meinem Wuͤnsch von statten. So bistu dan/ sagt Tau- lerus unter den Armseeligen allein gluͤckseelig; du bist villeicht von der Regul deß Jobs allein außgeschlossen; der da spricht: Der Mensch vom Weibe gebohren/ wird mit vielem Elend erfůllet. Also ists/ sagt der Bettler/ wie ich gesagt hab/ daß ich bißhero keinen ungluͤck- seeligen Tag gelebt habe/ und mit dem Stand/ in den mich GOtt gesetzt hat/ zu frieden seye. Jch brauch keine Gluͤckseeligkeit/ dieweil ich im- mer gluͤckseelig bin: dann ich hab allzeit/ was ich will: derhalben sag ich/ daß ich mich keines ungluͤckseeligen Tags erinnere. Wann mich der Hun- ger plaget/ so lobe ich GOtt als einen fuͤrsichtigen Vatter. Wann mich die Kaͤlte straͤnget/ die Hitze mich brennet/ und fort andere Ubeln mir zu- setzen/ so preyse ich ebenfals meinen GOtt. Wann mich schon einer ver- wirfft und verachtet; so lasse ich dennoch nicht ab den HErrn zu loben: dann ich versichert bin/ daß nicht das Gluͤck/ weder auch ein unvermuthlicher Zu- fall; sondern GOtt dieses alles ein Urheber seye/ und koͤnne das/ was GOtt thuet/ nicht anders als sehr gut seyn So komme dann uͤber mich was immer wolle; es ist mir alles sehr lieb und angenehm/ und ich nehme solches mit froͤligem Hertzen von der Hand GOttes/ als meines allerlieb- sten und weisesten Vatters an: was da immer GOtt will/ daß will ich auch; dahero gerathet mir alles/ wie ichs wuͤnsche. Der ist fuͤrwahr arm und ungluͤckseelig/ welcher vermeinet/ daß er der Fortuͤn unterworf- fen seye. Dieß ist die wahre Gluͤckseeligkeit deß gegenwaͤrtigen Lebens; daß man dem Willen GOttes unablaͤßlich anhange. Der allergerech- teste und guͤtigste Will GOttes kan niemahl verbessert/ niemahl verschlim- mert/ und niemahl boͤß werden. Diesem Willen folge ich mit allen moͤ- glichen Fleiß und Sorge; auff daß ich nemblich allzeit wolle/ was GOtt wilt: und indem ich solches will/ vermeine ich/ daß ich zumahlen gluͤckseelig seye. Hierauff hat der obgemeldte Taulerus diesen Menschen gefragt und gesagt: bekenne mir mein guter Freund/ woltestu auch also beschaffen U u 3 seyn/ Die Sechs und Zwantzigste Geistliche Lection schaffen seyn/ wann dich Gott in die Hoͤll stuͤrtzen wolte; Jch/ sagt der Bett- ler/ wann ich solte zur Hoͤllen verdambt werden/ wolte mit denen beyden uͤ- berauß starcken Armben meinen Gott unauffloͤßlich fassen; deren einer ist die allerniedrigste Demut/ Krafft der ich mich selbst auffopffere: der ander ist die auffrichtigste Lieb/ mit welcher ich Gott uͤber alles liebe. Mit diesen Arm- ben wolte ich meinen Gott so vestiglich und hertzhafft umbfassen; daß ich ihn/ er moͤgte mich werffen/ wohin er immer wolte/ mit mir dahin ziehete. Es ist einmahl gewiß/ daß ich lieber wolte mit meinem Gott ausser dem Himmel/ als ohne denselben im Himmel seyn. Auff diese Reden ist der fromme Taulerus erstummet/ und hat wargenommen/ daß dieser der kurtze Weeg zu GOtt seye/ den er zu lernen so lang verlangt hatte. Nun hat er gleichwohl weiters fragen/ und die in so veraͤchtlichem Huͤtlein ver- borgene Weißheit ans Licht bringen wollen: derhalben hat er begehrt zu wis- sen/ woher/ und von wem er dahin seye geschickt worden; und hat vom Bett- ler zur Antwort bekommen/ daß er von GOtt gesandt seye. Taulerus fragt: wo hastu GOtt gefunden? da ich/ sagt der Bettler/ alles Jrrdische verlassen/ da hab ich GOtt gefunden. Wo hastu dann/ fragt Taulerus, GOtt gelassen? Jn den Hertzen/ die rein/ und eines guten Willens seynd/ antwortet der Bettler. Taulerus bittet den Bettler/ er wolle ihm sagen/ was er vor ein Mensch seye. Der Bettler antwortet ich bin ein Koͤnig. Tau- lerus ersetzt hierauff/ und sagt: ich will glauben/ daß du ein Koͤnig seyest; wo ist aber dein Reich? Jn meiner Seelen/ sagt der Bettler: dann ich hab so grosse Wissenschafft/ meine eusserliche und innerliche Sinne zu beher- schen/ daß alle Sinnligkeiten und Kraͤfften meiner Seelen sich mir unter- werffen: und ich bin versichert/ daß dieses Reich/ nach aller verstaͤndigen Meinung/ andere Reiche diser Welt weit uͤbertreffe. Endlich macht Taulerus dieser Fragen ein End/ und verlangt zu wissen; von wem er diese Ding er- lernet habe? da spricht der Bettler: dieß lehret mich die Vereinigung mit dem Willen GOttes. Taulerus wuͤnschet dem Menschen gesundheit/ nimbt sein Abschied/ und erwehlet denselben/ oder vielmehr seine vielfaͤltig gegebene Antwort zum Unterweiser und Lehr-Meister deß kurtzen/ gewissen und sichern Weegs/ der den Menschen zu Gott leitet. Hastu nun warge- nommen/ mein Christliche Seel/ wie grosse und himmlische Gnaden die heroische Resignation oder Ergebung in den Willen GOTTES/ mit sich fuͤhre? Ey so lasse dir noch gefallen zu hoͤren das mehr als maͤnliche Exempel der H. Elisabeth Koͤnigin in Ungarn. Da selbiger hinterbracht wor- Von der Ergebung in den Willen Gottes. worden/ daß ihr Ehe-Gemahl Ludovicus in Bestreitung deß heiligen Lands mit todt erblichen; hat sie sich alsbald ins Gebett begeben/ und ihren lieben GOtt also angeredet du weist wohl/ mein Gott und Herr/ daß ich die Gegenwart meines Che-Herrn hoͤher schaͤtzte/ als alle Wolluͤsten der gantzen Welt: dieweilen es dir aber also gefallen hat; so bin ich dergestalt zu frieden; daß wann ich schon selbigen auch mit dem geringsten Haͤrlein/ oh- ne dein Goͤttliches Wohlgefallen wider haben koͤnnte/ ich doch solches nicht begehren wolte. Also/ also vereinige deinen Willen mit dem Willen GOTTES/ und versichere dich/ daß du deinem Herrn/ dem du dich zu dienen verpflichtet hast/ kein angenehmere Diensten auff Erden immer werdest leisten koͤnnen. Die Sieben und Zwantzigste Geistliche LECTION Von der Geistlichen Freud. Gaudete in Domino semper: iterum dico, gaudete. Phil. 4. 4. Erfreuet euch im HErrn allezeit: abermahl : sage ich/ erfreuet euch. 1. E Jnmahl gewiß ist/ daß die unordentliche Traurigkeit der mensch- lichen Gesundheit dem Leib nach sehr schaͤdlich seye: daß sie aber auch ein Wurtzel vieler Laster seye/ und dem Menschen grossen Scha- den zufuͤge der Seelen nach; dieß wird sich im Verfolg der angefangenen Lection mit mehrerem zeigen. Und zwarn erstlich wollen einige die- sem Ubel die folgende Wort deß Koͤniglichen Propheten zueignen: Du Die Sieben und Zwantzigste Geistliche Lection Ps. 103. v. 20. Du hast die Finsternuß gemacht/ daß es Nacht wird: in derselben gehen alle Thiere deß Walds hervor. Das ist; in einem Hertzen/ so mit Bitterkeit erfullet ist/ werden vielerley Suͤnden Rodr. p. 2. tr. 6. c. 1. herfuͤr gehen: dann die Traurigkeit/ sagt der H. Franciscus entweder stuͤr- tzet den Menschen in den Abgrund der Verzweifflung; oder bringt ihn durch die weltliche Wolluͤsten in eine sehr schaͤdliche Außgelassenheit: dieser Ursa- chen halben erfreuet sich der boͤse Feind nicht wenig/ wann er einen Diener GOttes traurig sehet. Derhalben ermahnet uns wohl der weise Mann/ und sagt: Traurigkeit hat viel Leuthe getoͤdtet/ und sie bringet keinen Nutzen. Sup. Matt. Und der H. Kirchen-Lehrer Hieronymus ist der Meynung/ daß keine Sach den Menschen also truncken mache/ als eben die Zerstoͤhrungs deß Ge- muͤts/ das ist/ die Traurigkeit; welche den Menschen/ sagt er/ zum todt fuͤhret/ und ist eine grausame Trunckenheit. Auch hat der obgemeldte Franciscus an sich selbst erfahren/ daß die innerliche Freud ein bewehrtes Schild wider den Geists der Unlusts seye; darumb hat er seinen geistli- chen Bruͤdern die geistliche Froͤhligkeit unauffhoͤrlich anbefohlen: und wann er einen traurig gesehen/ hat er ihn mit Worten bestraffet und gesagt: daß nicht die jenige/ welche GOTT; sondern die der Welt/ dem Fleisch und dem Teuffel dienen/ muͤssen traurig seyn: zumahlen in Traurigkeit sehr viele Fehler/ und ein grosse Bitterkeit verborgen ligen; dahero meinet der Gott-seelige Petrus Faber und der geistreiche Alvarez, daß es sicherer seye/ wann einer der Froͤhligkeit zu viel ergeben ist; als wann er zu viel traurig ist: dann gleich wie GOtt/ nach Zeugnuß deß H. Pauli/ einen froͤligen Ge- ber lieb hat; also muß demselbigen ein trauriger Geber sehr mißfallen. Da- Apopht. 6. L. 1. hero schreibt der geistreiche Nicolaus Liræus von einer GOtt-verlobten Jungfrauen/ welche der H. Magdalenæ de Pazzis, nach ihrem Todt er- schienen/ und gesagt/ daß sie fuͤnff Stund lang die Peinen deß Feg-Feurs habe außstehen muͤssen/ dieweilen sie einiger unmaͤssigen Traurigkeit sich der Gebuͤhr nach nicht entschlagen habe. 2. Was nun gesagt ist/ daß ist alles von der boͤsen Traurigkeit zu verste- hen/ und nicht von der guten und geistlichen/ in welcher sich der Mensch in GOtt und umb GOttes Willen uͤbet; und wie der Ehr-wuͤrdige Pa- ter Rodriquez vermeinet/ auß einer vier-faͤltigen Ursach herkommet. Erstlich auß den eigenen Suͤnden: von dero der Apostel den Corin- 2. Cor. 7. v. 9. thern also zuschreibet: Jch erfreue mich/ nicht darumb/ daß ihr seyd betrůbet worden; sondern daß ihr seyet zur Buß betrůbet worden: dann ihr seyd nach GOTT be- trůbet worden: dann die Traurigkeit/ die nach GOtt ist/ Von der geistlichen Frewd. ist/ wircket Buß zur bestaͤndiger Seeligkeit. Zum andern auß den frembden Sunden; wieder fromme David von sich selbsten beken- net: Mein E i ffer hat gemacht/ daß ich verschmachtet bin; Ps. 118. v. 139. darumb daß meine Feind deine Wort vergessen haben. Zum dritten auß dem Verlangen der Vollkommenheit/ nach den Worten Christi: Seelig seynd/ die da huͤngern und důrsten nach der Matt. 5. v. 6. Gerechtigkeit; dann sie werden ersaͤttiget werden. Zum vierten: auß verschiebung der ewigen Seeligkeit; in welcher Trawrigkeit der gemeldte David abermahl mit diesen Klag-Worten außschreyet: We- Ps. 119. v. 5. L. 9. Inst. c. 12. he mir/ daß meine Pilgerfahrt so lang sich verweilet hat! Derhalben sagt der gottseelige Cassianus: alle Trawrigkeit/ ausser der Trawrigkeit/ so da wegen der heylsamen Buß; oder zu Erlangung der Vollkommenheit; oder auß Begird der kuͤnfftigen Dingen geuͤbet wird/ muß gleich wie eine weltliche/ und dem menschlichen Leben sehr schaͤdliche Tran- rigkeit vertrieben/ und wie der Geist der Unkeuschheit/ deß Geitzes und Zorns auß unsern Hertzen verbannet werden: wider solche unordentliche Traw- rigkeit gibt der Apostel Paulus die obangezogene Artzney/ indem er uns zur geistlichen Frewde auffmuntert/ und sagt: Erfrewet euch im Herrn allzeit: ich sage abermahl/ erfrewet euch: Und daß zwarn billig; sintemahlen ein froͤhlig Hertz/ spricht der weise Salomon/ macht ein Prov. 15. v. 13. froͤhlig Angesicht: aber wann das Gemůth trawrig ist/ so wird der Geist niedergetrůcket werden. 3. So ist ausser aller Verwunderung/ daß die geistliche Vaͤtter diese Froͤ- ligkeit nicht allein nicht verachtet/ sondern ihren Kindern dieselbige mit allem Ernst anbefohlen haben. Auß deren Zahl der fromme Altvatter und Vor- Nicol. Lyr. steher Apollo, welcher seine fuͤnff hundert Juͤnger lehrete/ sie solten immer und allzeit so froͤlig und wohlgemuthet seyn; daß man der gleichen Froͤligkeit auff Erden nicht sehen koͤnte: und der geistreiche Apollonius redete seine Bruͤder mit diesen Worten an und sagte: lasset die Heiden/ Juden und ande- re Unglaubige traurig seyn: die Gerechte/ so da in der lebendigen Hoffnung die himmlische Guͤter erwarten/ sollen sich erfrewen und frolocken: dieß hat uns mit seinem Exempel gelehret der H. Einsidler Antonius; welchem der ehrwuͤrdige P. Joannes Berckman auß der Societ aͤt Jesu nachgefolget/ und immer also luͤstig und froͤlig außgesehen/ daß ihn einige schertzweiß den Heil. Hilarium, andere den H. Lætum genennet haben: dieser bekennete gern/ daß er nicht wuͤste/ was Melancholie oder melancho lisch seye; und bettete taͤg- lich umb Erhaltung der geistlichen Froͤligkeit: dieses froͤligen Joannis er- X x ster Die Sieben und Zwantzigste Geistliche Lection ster Vatter und Stiffter Ignatius erfrewete sich auch nicht wenig/ wann er die seinige froͤlig und frewdig sahe: und da auß dessen Geistlichen einer/ noch ein Newling/ Nahmens Franciscus Costerus dem Lachen zugethan ware; sagte der H. Vatter einsmahls zu ihm Francisce ich hoͤre/ daß du allzeit la- chest: indem nun selbiger mit bloͤdem Angesicht eine ernstliche Bestraffung Lyræus. erwartete; setzete der H eil. Ignatius an statt deren hinzu: Vnd ich sage dir/ mein Sohn/ lache und erfrewe dich im Herrn; dann ein Geistlicher hat keine Vrsach betrůbt; sondern viele froͤ- Engelg. Fer. 3. Bacch. lig zu seyn: Deßgleichen thaͤte die H. Maria Magdalena de Ursinis ein Novi tzen-Meisterin; so ihren lachenden Kindern zu sagen pflegte: lachet/ meine Toͤchter/ lachet nur; weilen ihr billige Ursach habt euch zu erfrewen/ daß ihr den gefaͤhrlichen W ellen der schnoͤden W elt entzogen/ in diesem sichern H afen deß geistlichen Stands lebet. 4. Die weitere Ursach aber/ warumb die von GOTT erleuchtete Maͤnner bey ihren Geistlichen die Frewd deß Geistes verlangen/ ist diese; weilen nemblich sothane Frewd unsere gute W erck vollkommen/ und GOtt angenehm machet/ welcher einen froͤligen Geber lieb hat: und weilen die- selbige Froͤligkeit auch die Versuchungen uͤberwinden helffet/ wie oben im dritten Theil der Lection von den Versuchungen mit mehreren zu sehen ist: Auch staͤrcket sie den Menschen in der Verharrung: dann gleich wie keine Sach lang dauret/ die gar zu streng und ungestuͤm ist; also verharret ein jeder gern darinnen/ so er mit Frewden anfanget: dar- neben ist auch/ nach Zeugnuͤß deß H eil. Bernardi, kein groͤsseres Zei- chen/ daß der H eil. Geist bey dem Menschen wohne/ als eben die geist- liche Frewd: und diese ist/ sagt weiters dieser heilige Mann/ die wahre und hoͤchste Frewd; daß man sich nicht uͤber die Creaturen/ sondern uͤber den Erschaͤffer derselben erfrewe: wirst du diese einmahl empfangen haben; so wird sie dir keiner abnehmen: in deren Vergleichung alle irdische Froͤ- ligkeit ein lauter Trawrigkeit/ alle Suͤssigkeit ein Bitterkeit/ all Liebligkeit ein Schmertzen/ alle Schoͤnheit eine H eßligkeit/ und al- les/ was da immer beluͤstigen kan/ dir schwaͤr und uͤberlaͤstig ist: und die- ses scheinen die W ort deß weisen Manns zu bekraͤfftigen/ da er also spricht: Eccli. 30. 16. Prov. 15. 15. L. 3. c. 10. §. 5. Es ist keine Lust groͤsser/ als die Frewde deß Hertzens: dann ein ruhig Gemůth ist ein staͤtig Wohlleben: Glaube derhalben/ mein Christliche Seel/ dem gottseeligen Thomæ à Kempis, der dich mit diesen holdseligen Worten also versichert/ und sagt: Sie werden die allersůsseste Troͤstung deß Heil. Geistes finden die umb Gottes Von der Geistlichen Frewd. Gottes willen allen fleischlichen Trost hinweg geworffen haben: Und gleich wie Wasser und Fewer sich nicht zusammen vertra- gen; also koͤnnen die geistliche und weltliche Frewden nicht zusammen stehen. 5. Auff daß du aber die irdische Ergoͤtzlichkeiten hassen/ und die geistliche lieben moͤgest/ so betrachte den Unterscheid zwischen diesen beyden Frewden. Dieser ist/ sagt der Heil. Gregorius/ der Unterscheid zwischen den Luͤsten Hom. 30. in Evang. deß Hertzens/ und zwischen den Luͤsten deß Leibs; daß die leibliche/ wann der Mensch selbige nicht hat/ eine grosse Begird in sich selbst entzuͤnden: wann aber selbiger diese begierig geniesset/ so verursachen sie ihm durch die Ersaͤt- tigung einen Verdruß und Widerwillen: hergegen aber die geistliche Wol- luͤsten bringen niemahlen den geringsten Unlust: hat man sie nicht/ soseynd sie nicht angenehm; wan man sie aber hat/ so verlangt man selbige. Jn jenen ist das Verlangen oder Appetit gefaͤllig/ die Erfahrnuͤß aber mißfaͤllig: in diesen geistlichen aber ist das Verlangen schlecht und gering/ die Erfahrnuͤß aber und der staͤte Gebrauch ist immerzu annehmlich. Jn jenen bringet das Verlangen oder Appetit die Ersaͤttigung/ die Ersaͤttigung aber endiget sich mit einem Widerwillen: in diesen aber bringt das Ver- langen auch die Ersaͤttigung; diese Ersaͤttigung aber hat immer bey sich das Verlangen; zumahlen die geistliche Frewden die Begird in der Seelen entzuͤnden/ indem sie ersaͤttigen; dann wie mehr man derselben Geschmack empfindet/ desto mehr wird er erkennet/ und nochmahlen geliebet: und derhalben kan man sie nicht lieben/ wann man sie nicht hat; weilen man von derselben Geschmack keine Erfahrnuͤß hat: also redet von der geistlichen Frewde der H. Kirchen-Lehrer Gregorius. 6. Diese geistliche Frewd aber kan nicht allein sehr wohl mit den Wider- waͤrtigkeiten/ Verfolgungen und andern Zufaͤllen zugleich stehen; sondern wird noch durch selbige vermehret; wie der H. Apostel Paulus von sich selb- sten sagt: Jch bin mit Trost erfůllet/ und hab ůberschweng- 2. Cor. 7. 4. liche Frewde in aller unser Trůbsall: Dann ein Diener Gottes/ indem er seinen Herrn so grausamlich umb seinet willen verwundet anschauet/ kan nicht anders/ als sich erfrewen/ daß er wuͤrdig geachtet werde/ fuͤr seinen Herrn zu leiden; weilen er demselben dadurch gleich gemacht wird. Daß nun In Ps. 137. der H. Augustinus von den Z aͤ hren deß bettenden sagt/ daß diese suͤsser seyen/ als die Frewden der Schaubuͤhnen; daß kan auch von einer jeden Widerwaͤr- tigkeit/ so der Mensch auß Liebe GOttes erduͤldet/ gesagt werden; daß sie nemblich eine groͤssere Ergoͤtzlichkeit nach sich fuͤhre/ dann alle Frew- den der Welt: hieruͤber wollen wir den glaubwuͤrdigen/ und in dieser X x 2 Sach Die Sieben und zwantzigste Geistliche Lection Sach erfahrnen H. Hieronymum von sich selbst also reden lassen: Der Herr ist mein Zeug; daß es mich manchmahl gedunckte nach vielen vergossenen Zaͤhren/ und da ich mit erhebten Augen den Himmel anschawete; ich waͤre unter den Cho- ren der Engelen; dahero sunge ich fůr Frewd und Froͤlig- keit. So ermahnet uns recht und wohl der andachtige Thomas à Kempis, L. 3. c. 30. §. 6. welcher im Nahmen Christi ein jede Christglaubige Seel also anredet: So du es recht verstehest/ und in der Warheit ansiehest; so solst du umb Widerwaͤrtigkeit willen nimmermehr so gar trau- rig und erschlagen seyn; sondern vielmehr Frewd haben/ und Danck sagen; ja eben daß fůr ein sondere Freud achten/ daß ich dich mit schmertzen peinige/ und dir nichts ůbersehe. 7. Daß nun die vollkommene Frewd nicht in den ersprießlichen und gluͤck- seligen/ sondern in den widerwaͤrtigen Dingen bestehe; lehret uns der seraphi- sche Franciscus auff seiner Reise zur Kirchen der. H. Mariæ von den Engelen: auff diesem Weeg und in der bitteresten Kaͤlte sagt der H. Vatter zu seinem Gesellen dem Bruder Leo: mein lieber Bruder Leo, wann die Minnen- Bruͤder uͤberall ein Exempel geben grosser Heyligkeit und Auffer bawung; so zeichne doch fleissig auff in deinem Taͤfflein/ daß darinn die vollkommene Frewd nit bestehe: uͤber ein wenig rufft er den. gemeldten Bruder/ so vorauß gangen ware/ zuruͤck/ und sagt: Bruder Leo, wan schon ein Minnen-Bruͤder die Blinde schend/ die Lahme gerad/ die Gichtbruͤchtige gehend/ die Taube hoͤrend/ und die Stumme redend machet; wann er schon die Teuffel außtrei- bet/ und/ was noch mehr ist/ einen viertaͤgigen Todten aufferwecket; so ist doch allhier nicht zu finden die vollkommene Frewd: bald darauff sagt er wieder- umb: Bruder Leo; wan ein Minnen-Bruͤder die Sprachen aller Nation en/ alle Wissenschafften und die H. Schrifft nach aller Vollkommenheit verstuͤn- de; und wan er nicht allein weissagen/ und die kuͤnfftige Ding vorsagen; son- dern auch die Hertzen und Gewissen der Menschen besehawen koͤnte: zeichne auff; daß allda noch keine vollkommene Frewd seye: indem nun diese beyde ihre Reiß als weiters fortsetzten; sagt abermahl der H. Vatter zu seinem Ge- faͤrten mit harter Stimm: O mein Bruder Leo: wann schon einer auß uns mit einer Englischen Zung redete/ verstuͤnde auch den Lauff der Sternen und die Kraͤfften der Kraͤuter; und wan ihm schon auch die Schaͤtz der Erden of- fenbahret wuͤrden; wan er auch die Tugenden und Eigenschafften der Voͤgel/ der Fisch/ der Thieren/ der Menschen/ der Wurtzeln/ der Steine/ der Baͤum und Waͤsser erkennete/ so schreibe gleichwol an/ daß darin nit bestehe die voll- kommene Von der Geistlichen Freud. kommene Freud: bald hernach redet er weiters seinen Mitgesellen an/ und sagt: Bruder Leo: wann schon unser einer so wohl predigen koͤnnte/ daß er alle Heyden und Unglaubigen zum wahren Glauben bekchrete; so schreibe an; daß darinn auch nicht seye die vollkommene Freud. Nachdem solche neue und frembde Weiß zu predigen ungefehr zwey Meil Weegs lang gedauret; hat der offtgemeldte Bruder Leo den H. Franciscum gefragt/ worinn dann die wahre und vollkommene Freud bestehe? deme der H. Vatter also geant- wortet: wann wir gantz naß/ und mit Eyß uͤber den gantzen Leib befrohren/ auch mit Koth zumahlen besudlet/ darzu mit Hunger und Durst geplaget/ zum Ort der H. Mariaͤ von den Engeln werden kommen seyn/ und der Pfoͤrtner mit zoͤrnigen und troͤtzigen Worten uns fragen wird: wer seyd ihr? wir aber antworten/ daß wir zwey seiner Bruͤder seyen: und er wird hergegen mit schmaͤhligen Worten uͤber uns außfahren und sagen: Jhr seyet meine Bruͤder nicht/ sondern seyet zwey Land-Streicher/ und stehlet den Armen ihre Allmosen ab: und wird uns nicht hinein/ sondern vor der Pforten im Schnee und Kaͤlte/ in Hunger und Durst stehen lassen: wann er also mit uns umbgehen wird/ und wir so viele Abschlagungen und vielfaͤltige Unbill ohne Murren und Verstoͤhrung deß Gemuͤts gedultig leyden/ und gedencken in aller Lieb und Demut/ daß dieser Pfoͤrtner uns recht nach unserm verdienten Lohn begruͤsset habe; und daß Gott in de- nen Scheld-Worten dessen Zung regieret habe: und wann wir darzu noch fuͤr so holdseelige Auffnehmung dem Herrn danck sagen: so schreibe/ schreibe/ mein Bruder Leo/ schreibe: was? verzeichne in dein Taͤfflein: Allhier ist die wahre und vollkommene Freud. Wann wir nun wei- ters umb Herberg anhalten; der Pfoͤrtner aber herauß kombt/ und uns als ungestuͤmme und freche Gesellen sehr scharff hernimbt und sagt: gehet fort ihr Schelmen/ und suchet ein Hospital oder einen anderen Ort/ ihr habt al- hier nichts zu gewarten. Ertragen wir dieses mit Freuden/ und nehmen alles mit hertzlicher Liebe an: Bruder Leo schreib: allhier ist die vollkom- mene Freud. Und wann wir in solchem elenden Stand bey einfallender Nacht weiters anklopffen/ ruffen und anhalten/ daß wir moͤgen eingelassen werden: er aber wird dadurch zu mehrerm Eyffer angereitzet/ und sagt: daß seynd mir wohl heillose und unverschaͤmbte Gesellen; ich muß hinauß gehen/ und sie befriedigen: kombt hierauff mit einem Knoͤpaͤchtigen Bruͤ- gel auff uns zu/ grifft uns bey der Zugel und reisset uns in den heßlichen Koth und kalten Schnee zu Boden/ und schlagt uns dermassen mit X x 3 dem Die Sieben und Zwantzigste Geistliche Lection dem gemeldten Bruͤgel/ daß unser Leib voller Wunden seye. Erdulden wir sothane Ubelen/ so viele Schlaͤg und Schmaͤh-Wort mit Freuden/ und achten selbige hoch; wuͤnschen und verlangen auch umb der Lieb Chri- sti willen mehr zu leyden; schreib/ schreib/ mein Bruder Leo/ schreib an/ daß in diesen Dingen sey die vollkommene Freud. Hoͤre nun den Schluß. Unter allen Gaben deß Heil. Geistes/ die unser Heyland seinen Dienern er- theilt hat/ und ertheilen wird/ ist die hoͤchste und fuͤrnehmbste/ daß man sich selbst uͤberwinde/ und umb GOttes Willen gern Schand- und Schmach- Reden/ Unbill und Plagen/ und andere dergleichen unannemblichkeiten leide. Dann uͤber alle oben gemeldte wunderseltsame Dinge koͤnnen wir uns nicht beruͤhmen/ dieweilen sie nicht unser seynd/ und von uns nicht her- kommen; sondern von GOtt: Was hastu/ sagt der Apostel/ daß du nicht bekommen hast: wann du es aber bekommen hast/ was růhmestu dich/ als wann du es nicht bekom- men hettest: Jm Creutz und Leyden aber koͤnnen wir uns ruͤhmen/ Gal. 6. v. 14. und sagen; das ist unser: dahero sagt der obgemeldte Apostel: Es seye weit von mir/ daß ich mich růhme/ ohn in dem Creutz unsers HErrn JEsu Christi; durch welchen mir die Welt gecreutziget ist/ und ich der Welt. Mit ei- nem Wort/ mein lieber Bruder Leo; diese ist unser Ehr und Ruhm; das ist unser Freud/ daß wir auß Liebe Christi viel leyden. Hier hastu nun/ mein Christliche Seel/ ein fuͤrtreffliches Beyspiel der geistlichen Freude; du hast ein Spiegel/ in dem du klaͤrlich sehen kanst/ wie weit du noch von der wahren Freud entfernet seyest. Derhalben befleisse diese kuͤrtzlich ent- worffene Freud fast zu halten; so wirstu ohne allen Zweiffel den Befelch deß Apostels erfuͤllen/ der da spricht: Erfreuet euch im HErrn allzeit: abermahl sag ich; erfruet euch. Die Von der guten Meinung. Die Acht und zwantzigste Geistliche LECTION Von der Guten Meinung. Sive manducatis, sive bibitis, sive aliud quid facitis, 1. Cor. 10. v. 1. omnia in Gloriam Dei facite. Jhr esset/ oder ihr trincket/ oder ihr thut etwas anders; so thuet alles zu der Ehren GOttes. Der Erste Theil. 1. E He und zu bevorn man sich einer Sach befleissen will; ist dienlich/ daß man derselben Eigenschafft erkenne: derhalben sagen wir/ daß die gute Intention oder Meinung seye ein Wirckung deß Willens/ krafft deren die Wercke deß Menschen zu ei- nem sicheren uͤbernatuͤrlichen Ziel/ und End gerichtet werden. Die- se ist der Anfang/ das Ziel/ und die Zierd aller Tugenden: von welcher Cant. 4. v. 9. die Braut also redet und sagt: Du hast mein Hertz verwun- det/ meine Schwester/ meine Braut: du hast mein Hertz verwundet mit einem deiner Augen: das ist/ wie der gelchrte Honorius sagt: in einer Meinung; wann die Seel nur eins vom HERRN begehret; daß sie nemblich moͤge wohnen im Hauß deß HERRN alle Tage ihres Lebens. Vnd mit ei- nem Haar deines Halses: Als wolt sie sagen/ in einem Gedan- Die Acht und Zwantzigste Geistliche Lection Gedancken deß Verstands/ durch welche sie in Erkaͤndtnuß kombt/ daß GOtt das hoͤchste Gut seye. Diese gute Meynung aber ist dreyfach. Die erste ist die jenige/ mit welcher der Mensch das gute wircket auß Forcht der Straff. Die andere ist die jenige/ mit welcher man guts thuet in Anschung der ewigen Belohnung. Die dritte Meynung ist/ Krafft dern der Mensch GOtt dienet/ wegen dessen unendlichen Guͤtigkeit/ und nur einfaͤltiglich die Ehr GOttes suchet. Von diesen spricht nun der H. Do- ro heus also: Drey unterschiedliche Staͤnd seynd/ nach dem Sinn deß H. Basilii; in denen wir GOtt dienen/ und demselben angenehm seyn koͤnnen. Wann wir die Straff foͤrchten/ so seynd wir im Stand der Knechten: hal- ten wir die Gebott GOttes umb unseres Nutzen willen; damit wir nemb- lich den versprochenen Lohn darvon tragen moͤgen; so leben wir im Stand der Tag-Loͤhner: wann wir aber deß Guten uns befleissen wegen deß Gu- ten; so haben wir unsere Stell in der Zahl der Kindern GOttes. Es wird aber ein jede vondiesen Meynungen getheilet/ in eine wuͤrckliche/ so da selbst das Werck zum End bringet; und in eine Kraffthabende/ welche in Krafft der vorhergehenden Wirckung das Werck zum End verordnet. 2. Diese Meynung ist zur Versamblung der Tugend so nothwendig/ daß ohne selbige auch kein eintzige kan erworben werden: dann gleich wie ein Gebaͤu/ sagt der H. Gregorius auff den Seulen/ die Seulen aber auff dem In Moral. Grundvest bestehen; also muß sich unser Leben auff die Tugenden/ die Tu- genden aber muͤssen sich auff die innereste Meynung laͤhnen. Dahero sagt Matth. 6. v. 22. Christus: Das Liecht deines Leibs ist dein Aug: Wann dein Aug einfaͤltig ist (das ist deine gute und auffrichtige Meynung) so wird dein gantzer Leib Licht seyn; das ist/ deine Werck wer- den Tugendsamb und Gott-gefaͤllig seyn. Wann aber dein Aug schalckhafftig ist (nemblich durch eine verkehrte Meynung) so wird dein gantzer Leib finster seyn: das ist/ ob schon deine Werck rechtfertig scheinen/ so werden sie doch suͤndhafft seyn. Hierauß ist ent- standen das gemeine Sprich-Wort: Quidquid agent homines, Intentio judicat omnes, Jn allem was die Leuth verrichten/ Thut deren Meynung selbe richten. Mangelt dir die Meynung; so seynd deine Werck/ nach Zeugnuß deß Geist- reichen Richardi/ todt/ was der Leib ist ohne Leben/ das ist das Werck ohne Von der guten Meinung. ohne die gute Meinung. Ermahnet uns dann nicht wohl der H. Apostel Pau- lus/ und sagt: Jhr esset/ oder ihr trincket/ oder ihr thut was anders/ alles solt ihr zur Ehren GOttes thun? Also hat Christus unser Heyland seine liebe Braut die andaͤchtige Gertraud unter- wiesen/ daß sie alle ihre Werck/ eins nach dem andern/ so gar auch biß zu den Buchstaben/ da sie schreiben oder hoͤren wuͤrde; biß auff die Bissen/ so sie in den Mund stecken, biß auff den Athem/ den sie so wohl schlaffend als wachend ziehen wuͤrde/ GOtt auffopffern solte. Der heiligen Mechtildi hat Christus diesen Rath gegeben/ und gesagt: Wann einer sich zum schlaffen begeben will/ so betrachte er vorhero etwas von mir/ oder rede mit mir: dann also wird er mit dem Hertzen zu mir wachen/ ob schon er dem Leib nach schlaffet: und wann einer/ der sich zum schlaffen bereitet/ verlanget/ daß ich allen seinen A- them/ so er dieselbe Nacht lassen wuͤrde/ zu meinem grossen Lob auffnehmen soll; so will ich/ der ich meinen frommen und andaͤchtigen Kindern nicht er- mangeln kan/ sein Begehren in der Warheit erfuͤllen. 3. So mache dann/ mein Christliche Seel/ vor allen deinen Worten/ Wercken und Gedancken immer eine gute Meinung: weilen du durch solche Ubung sehr grossen Nutzen zu schoͤpffen findest; wie auß folgender Offenbah- rung zu ersehen ist; in welcher Christus die Heil. Gertraud mit diesen Wor- ten versichert hat. So offt einer vor dem Essen und Trinckẽ mich bitten wird/ daß ich ihm meine Gnad verleyhe/ damit er die Speiß und Tranck zu Ehren meines Namens maͤssig nehme/ in Vereinigung der jenigen Lieb/ krafft deren ich fuͤr ihn bin Mensch worden/ und also der Speiß und Tranck/ gleich an- dern mich gebraucht hab: so offt er solches/ oder dergleichen/ vor oder zwischen der Erquickung wird geuͤbet haben; so offt will ich gestehen/ daß ich mit ihm De Dis- cipl. mor c. 24. co 3. gespeiset/ und eine mir sehr angenehme Labung von ihm empfangen habe. H ierauß kanst du schliessen/ daß ein Geistlicher/ so dieser Ubung embsig obli- get/ in einer W oehen mehr verdiene/ als eben ein Traͤger und Nachlaͤssiger in einem gantzen Jahr: dann gleich wie ein kleines stuͤck Golds/ sagt der see- lige Laurentius Justinianus, einen sehr grossen Theil eines andern sehr schlechten Metall uͤbertrifft; also werden wenige gute Werck/ so vermittelst der inbruͤnstigen und reinen Liebe geschehen/ in den Augen deß Erschoͤpffers viel angenehmer/ und glaͤntzen mehr/ als die Ubungen vieler geistlichen Ar- beit/ so da auß der Wurtzel der Nachlaͤssigkeit/ und auß dem Brunnen der ungebauten Meinung entspringen. 4. Erfordert dann nicht die Billigkeit/ daß wir vor allen unsern Wercken eine gute Meinung machen? Es wuͤrde ja sicherlich ein jeder allen Fleiß an- Y y wenden/ Die Acht und Zwantzigste Geistliche Lection wenden/ wann er einen Stecken haͤtte/ mit dem er die Steine in Go lt ver aͤn dern koͤnte/ denselben zu bewahren. Jndem nun die gute Meinung derglei- chen Wirckung an sich hat/ daß sie all unser Thun und Lassen in lauter Golt der Verdiensten verwandele/ soll man dann nicht mit allem Ernst daran seyn/ daß man selbige zu allen/ oder jedoch zu den fuͤrnehmsten Wercken hervor zie- he? hast du nit offt war genommen/ daß die jenige/ so nach dem Zeichen schies- sen/ nicht ehender loßbrennen/ biß sie mit einem Aug/ durch das Visi er das Zei- chen erreicht haben? Also solstu in allen Begebenheiten deine Meinung zu Gott/ als deinem eintzigen Ziel unablaͤßlich richten; weilen er dieses von dir erfordert: und gleich wie/ nach Zeugnuͤß deß H. Bernardi/ die Schoͤnheit deß S Bern. in Sent. Menschen im Angesicht bestehet: also kommet die Zierde aller Wirckungen der Seelen/ auß der In ention oder Meinung her. Dahero sagt der GOtt- liebende David: Alle Herrligkeit der Tochter deß Koͤnigs ist Psal. 44. v. 4. inwendig. Zu diesem unserm Vorhaben pflegte die H. Maria Magda- lena de Pazzis zu sagen. Wann ich wuͤste/ daß ich durch ein eintziges Wort/ welches ich zu einem andern End/ als meinem Gott zu lieb/ reden solte: wans schon nicht suͤndhafft waͤre: zu einem Seraph n koͤnte gemacht werden: so wolt ichs doch nim̃er reden. Dieses lerete sie auch ihren geistlichen Mitschwe- stern; und damit sie diese Lehr nicht vergessen moͤgen/ fragte sie ihre unterha- bende Kinder offtmahl und unvermuthlich/ warumb sie dieses oder jenes thaͤ- ten oder redeten? Wann sie vermercket/ daß ihre Geistliche ungefehr/ oder auß Gewonheit/ ohne uͤbernatuͤrliche Inten s ion ihre Werck verrichteten; redete sie ihnen mit diesen Worten zu: siehet ihr nicht/ daß ihr den Verdienst verliehret? Gott hat an solchen Diensten kein Gefallen. 5. Obwohl nun alle Geistliche und GOtt verlobte Persohnen vor andern sich diese heylsame Ubung solten angelegen seyn lassen; so werden doch/ leider GOttes! sehr viele gefunden/ so in derselben sehr nachlaͤssig seynd/ und kaum einmahl im Tag vor ihren Wercken ein gute Intention machen; sondern ih- re Arbeit/ oder auß eytelem Ehr-Geitz/ oder auß Gewonheit/ oder mit Unbe- dachtsamkeit/ und mit einem blinden und ungestuͤmmen Eyffer verrichten. diese koͤnnen nicht uneben verglichen werden den blinden Rossen/ so da in der Walckte oder Foll-Muͤhlen zwarn den gantzen Tag lauffen/ seynd aber am Abend noch auff selbigem Orth/ weilen sie nur herumb gelauffen seynd. Al- so seynd die jenige auch blind/ welche kein wahre Intention oder Meynung machen: sie schreiten auch in den Tugenden nicht fort; dann sie arbeiten alzeit an einem Orth/ daß ist/ sie wircken ohne gute Meinung. Diese werden in Warheit an jenem Tag deß Hinscheidens ihre Au- gen Von der guten Meynung. gen zu spaͤth auffthun/ und ihre Ungluͤckseligkeit und Blindheit umbsonst be- weinen und sagen: O wir armselige! wir haben zwar die gantze Nacht unseres Lebens gearbeitet; wir haben offt und viel geschwitzet; wir haben unzahlbare Truͤbsalen außgestanden; und was haben wir gefangen? ach leider! nichts. Wir haben zwar ein Creutz getragen/ aber nicht wie Chri- stus das seinige; sondern wie der Simon Cyrenæus, ein frembdes/ weilen wir mit einer guten und wahren Intention zu arbeiten versaumet haben: so seynd dann billig all unsere Werck in den Wind geflogen. Damit es dir/ mein Christliche Seel/ nicht also ergehe/ und du nichts fangest; so fahre du nach dem Befelch CHristi in die Hoͤhe; daß ist/ steige mit deiner Mei- nung zu GOTT/ so wirst du einen grossen Fisch-Fang der ewigen Beloh- nungs Reichthumben thun. Der Andere Theil. 6. W Eilen aber uns in allen Tugenden unterschiedliche Staffelen und Wirckungen durch die erfahrne Schul-Meister der Christ-Ca- tholischen Kirchen gezeigt werden/ als koͤnte auch einer allhier fragen: Welche die fuͤrtrefflichste Wirckung der guten Meinung seye? deme wir zur Antwort geben/ daß diese die fuͤrnehmste Wirckung seye/ wann wir eintzig und allein das Lob GOttes/ und dessen W illen zu vollbringen/ nicht aber unsern Nutzen suchen. Dahero der himmlische Lehr-Meister einsmals zu seiner Juͤngerin Gertrudis sagte: Jch wolte daß meine Außerwaͤhlte dar- Blos. in mon. spir. c. 3. fuͤr hielten/ daß ihre gute W erck und Ubungen mir zumahlen gefallen/ wann sie mir auff ihre Koͤsten dienen. Die jenige aber dienen auff ihre Koͤsten/ welche/ ob sie schon den Geschmack der Andacht nicht empfinden; dannoch ihr Gebett und andere mir gefaͤllige W erck so trewlich verrichten/ als sie koͤnnen; und haben das Vertrawen auff meine Guͤtigkeit/ daß ich sothane ihre Ubungen gern annehme. Derhalben ermahnet der gottselige Thomas à Kempis in der Persohn Christi einen jeden/ und sagt: Mein Sohn/ du must noch viel lernen/ daß du noch L. 3. c. 11. §. 1. nicht wohl gelernet hast: daß ist/ daß du dein Ver- langen gantz in mein Wohlgefallen setzest/ und nicht dich selbst lieb habest; sondern meines Willens ein hertz- licher Liebhaber und Nachfolger seyest. Du must in deinem Gebett und andern geistlichen Ubungen dein eigene Troͤstung nit suchen; sondern auff die Ehr und Lob GOTTES dein Absehen haben; damit nemblich der W ill Gottes geschehe zumahlen hieran die goͤttliche Majestaͤt ein uͤberauß grosses W olgefallen hat/ wie der glaubwuͤrdige und andaͤchtige Y y 2 Eusebius Die Acht und zwantzigste Geistliche Lection c. 20. vit. Divin. Historia. Eusebius Nierenbergius bezeuget/ daß ein sicher Diener Gottes mit vielen Offenbahrungen und Gesichtern vom Herrn geehret/ und mit oͤfftern Troͤ- stungen von selbigem seye erfrewet worden: endlich habe er sich solcher Gna- den unwuͤrdig geschaͤtzet/ und GOTT gebetten/ er moͤchte ihm selbige ab- nehmen. Was er begehrt hat/ daß ist geschehen; und seynd diese Gnaden fuͤnff Jahr lang außgeblieben/ daß er auch kaum den Athem fassen/ und sich in ge- ziemender Ruhe deß Hertzens erhalten koͤnnen. Bey so gestalten Sachen hat sich GOTT dessen erbarmet/ und ihme zwey Engelen zum Trost ge- sendet/ deren Troͤstung er aber anzunehmen sich geweigert/ und gesagt ha- be: Herr/ ich verlange keinen Trost; sondern es ist mir gnug/ daß du den Orth bewahrest/ allwo du in meiner Seelen wohnest/ auff daß ne- ben dir nichts anders hinein schleiche; und daß dein Will in mir allzeit ge- schehe: dieß ist mein eintziger Trost/ den ich begehre: dieser Affect habe Gott also gefallen/ daß er folgende Wort zu ihm gesprochen: du biß mein Sohn/ an dem ich ein Wohlgefallen hab. 7. Weiter ists nicht ohne/ daß der leidige Sathan vor unsern Wercken eine boͤse Intention uns einzugeben sich bemuͤhe: und wann er solches nicht kan zuwegen bringen; so befleisset er sich doch/ daß er auffs wenigst das W erck zerstoͤhre/ oder den wirckenden durch eine eit t le Ruhmsichtigkeit be- schmitze/ man kan aber den losen Feind alles guten nicht besser hemmen/ als Historia. wie der H. Bernardus gethan hat. Da dieser heilige Mann einsmahls vor ei- ner grossen Anzahl Volcks mit aller Zuhoͤreren genauester Auffmercksamb- keit/ mit sonderbahrem Gefallen und Verwunderung der Zuhoͤrer prediget/ wird er etwa von einer eitelen Ehr versuchet/ und geduͤncket ihm/ er hoͤre gleichsamb diese W ort: siehe/ Bernarde/ wie dieses haͤuffige Volck dir in so grosser Stille/ und mit einer ungemeinen Verwunderung und Lob zuhoͤre. Allhier haltet Bernardus ein wenig ein/ und beratschlaget sich mit ihm selb- sten/ ob er fortfahren/ oder zu predigen auffhoͤren solte: indem er nun ver- mercket/ daß es ein Einblasen der hoͤllischen Schlang seye; wendeter sich von seinen Zuhoͤrern gleichsamb zu derselben/ und sagt: deinetwegen hab ich meine Predig nicht angefangen/ und will auch umb deinetwillen jetzt nicht auff- hoͤren. Also hat er die angefangene Predig gewuͤnschter massen fortgesetzet. Solcher Gestalt muͤssen wir verhuͤten/ daß wir darumb keine gute W erck unterlassen/ weilen wir von andern vielleicht wuͤrden gelobt oder getadlet werden: sondern wir muͤssen zu unsern Gedancken sagen: weilen ich dieß W erck nicht umb Lob der Menschen zu sischen/ weder auch auß Forcht der Verachtung/ sondern zur Ehren GOttes hab angefaͤngen; so Von der guten Meinung. so will ichs auch zu desselben Ehren endigen. Dann es kan uns nicht scha- den/ daß wir von den Leuten geschen werden: zumahlen wir (wie der Tom. 9. Tr. 8. in Ep. Joan. heilige Vatter Augustinuß und Gregorius sagen) keine Nachfolger haben werden/ wann wir die Zuschauer foͤrchten: wir můssen gesehen werden; můssen aber derhalben nicht thu- en/ daß wir gesehen werden daß Werck muß offenbahr seyn/ und die Meinung verborgen. 8. Wir muͤssen aber allhier beobachten/ daß GOtt immer die Intention und den Effect deß wirckenden Menschen mehr ansehe/ als das Werck selb- sten. Dahero sagt der obengemeldte H. Gregorius: GOtt sicht das Hertz und nicht die Sachan: Er gedenckt auch nicht/ wie groß das Werck seye/ sondern auß wie grosser und auff- richtiger Meinung der Mensch dasselbige verrichte. Und ein ander Theologus sagt/ daß GOtt nicht ansehe/ was die Menschen thu- en/ sondern wie wohl sie thuen. Mit diesem stimmet der gelehrte Salvianus ein/ und sagt: an dem Werck deß jenigen/ was GOtt wird auffgeopfferet/ hat er keinen so grossen Gefallen/ als an dem auffrichtigen Hertzen deß je- nigen/ der das Opffer verrichtet. Dahero ist geschehen/ daß die Evangeli- sche Witwe/ nach Zeugnuß der ewigen Warheit/ mit ihren zweyen Hellern mehr gegeben hat/ als alle Priester und Phariseer; dieweilen sie solche auß einer solchen Meinung gegeben hat/ dergleichen bey den andern nicht ge- funden worden: sintemahlen GOtt/ wie der H. Vatter Augustinus bezeu- get/ den Willen Kroͤnet/ wann er das Werck nicht findet: und das zwarn billig; dieweilen GOtt/ wie die Theologi lehren/ die Begierd/ Exempel- Weiß/ zu Ehebrechen/ dessen Gerechtigkeit gemaͤß/ mit der ewigen Ver- damnuͤß straffet: so folgt klaͤrlich hierauß/ daß er auch die Begierd/ Gutes zu thuen/ belohne; wann selbiges in der That nicht kan geuͤbet werden; die- weilen er so wohl unendlich guͤtig/ als unendlich gerecht ist. Solcher mas- sen wird der jenige/ so gern fasten wolte/ und wegen Schwachheit deß Leibs darab verhindert wird/ den Lohn deß Fastenden empfangen. Und mit an- dern Begebenheiten hats eben selbige Beschaffenheit. 9. Zu Zeiten deß H. Coͤllnischen Bischoffs Severini, umb das Jahr Chri- Sur. tom. 5. die 23. Oct. Historia. sti 400. hat ein sicher Einsidler gelebt/ welcher von hohem Stammen ge- bohren/ in allen erdencklichen Wolluͤsten erzogen/ und endlich in der bloͤhen- den Jugend von seinen Eltern einer seines gleichen Tochter vermaͤhlet wor- den. Da nun alles nach gehaltener praͤchtigen Hoch-Zeit zum Beylager veranstaltet gewesen; siche/ da hat sich diesem jungen Fuͤrsten ein sehr schoͤ- Y y 3 ner Die Acht und Zwantzigste Geistliche Lection ner Juͤngling gezeiget/ der ihn mit diesen Worten angeredet: Wann ich dich einer hoͤhern Ehr/ und viel groͤsseren Freuden versicherte/ woltestu mir wohl folgen? Jch will dir folgen/ sagt der Braͤutigamb/ wann deinen Wor- ten zu glauben ist. Der Engel in Gestalt eines Juͤnglings antwortet/ und sagt: Jch verspreche und verpfaͤnde dir die himmlische Freuden/ und ewig- waͤhrende Herrligkeit/ wann du diesen irrdischen Wolluͤsten mit einem he- roischen Gemuͤth den Rucken kehren wilst. Der vermaͤhlte Fuͤrst ist so bald mit dem Werck als mit den Worten fertig/ folget dem Engel nach/ und ver- spricht ihm/ daß er von ihm nicht weichen wolle. Nimbt auch von allen seinen Schaͤtzen nichts/ als ein hoͤltzenes Trinck-Geschirr mit sich/ und folget dem vorgehenden vermeinten Juͤngling mit Freuden auff dem Fuß nach; von dem er in eine sehr wilde/ und von den Menschen weit abgelegene Wuͤsten ge- fuͤhrt/ und ihm befohlen worden/ daß er alda verbleiben/ dem Dienst GOttes/ und dem Heyl seiner Seeln obligen/ und im uͤbrigen fuͤr nichts sorgen solte. Nach empfangenem solchen Befelch/ und Verschwindung deß Engels/ sangt der neue Einsidler ein frommes/ und mehr Englisch/ als menschliches Leben an/ in dem er mit unauffhoͤrlichem Gebett/ mit stetem Fasten und an- dern sehr strengen Buß-Wercken sich der Goͤttlichen Majestaͤt zu einem außerwaͤhlten Diener/ und angenehmen Freund auffopffert. Jn diesem sei- nem Gottseeligen Wandel fallen ihm einsmahls die Gedancken ein; wer ihm doch an der Belohnung/ so er wegen seines strengen Lebens von Gott zu hoffen hatte/ moͤgte gleich geschaͤtzet werden? der Fuͤrwitz treibt ihn auch so weit/ daß er solches von GOtt zu vernehmen sich erkuͤhnet; und bekombt folgends von selbigem zur Antwort/ daß ihm der Bischoff zu Coͤlln in der Be- lohnung werde gleich gehalten werden. Dieses kombt meinem guten Eremi- ten seltzsamb vor/ daß er nicht groͤsseren Lohn/ als ein Bischoff/ der da in al- lem Uberfluß lebte/ empfangen solte: begehrt derhalben/ GOtt moͤgte ihm die- sen Bischoff zeigen: welches dann auch durch den obbemeldten Engel/ durch dem er vormahln in die Wuͤsten gefuͤhret/ werckstellig gemacht worden. Da nun der Einsidler in der Stadt Coͤlln auff einem Festag deß Bischoffs ge- haltenes hohes Ambt angehoͤret/ und nachgehends demselben in seine Hoff- Stadt gefolget; sicht er/ daß selbiger zum Mittag-Mahl einige vornehme der Stadt/ an einer/ mit allerhand kostbahren Speisen besetzten Taffel tractiret. Hieruͤber entsetzt sich mein guter Einsidler/ und gedenckt bey ihm selbst: soll ich dann bey meinem GOtt nicht besser stehen/ als dieser Bischoff/ der ich nichts hab/ als ein eintziges huͤltzernes veraͤchtliches Trinck - Geschirr? der ich mit einem Stuͤcklein harten Brods/ und mit ungesaltzenen und unge- schmackigen Kraͤutern zur Noth den Hunger stille? der ich in Fasten/ Bet- ten/ Von der guten Meinung. ten/ und andern harten Buß- W ercken mich Tag und Nacht uͤbe? der ich al- le weltliche Frewden so hurtig verlassen? Soll ich kein groͤssere Cron ver- dient haben/ als eben dieser Bischoff/ der da mitten in den Frewden und Wolluͤsten lebet/ und ist guter Dinge? Jn sothaner Vberlegung fangt an der Engel und sagt: Der jenige Bischoff/ den du da siehest zu Tisch sitzen/ hat in aller dieser Pracht und kostbaren Speisen so grosses Wollgefallen nicht/ als du hast in deinem verwuͤrfflichen Trinck-Geschirr. Da dieses der Einsidler hoͤret/ gehen selbigem die Augen auff/ und vermerckt/ daß der Al- lerweiseste GOtt auff die Meinung des Wirckenden groͤssere Achtung ha- be/ als auff daß W erck selbsten/ und nicht ansehe/ wie viel; sondern auß was vor einer Intention oder Meinung der Mensch wircke. 10. W eilen nun/ mein Christliche Seel/ dir gnug seyn soll/ daß du wissest in allem deinem Thun und Lassen eine gute Intention zu machen; und dann die vorgenom̃ene Kuͤrtze nicht leydet/ weitlauffiger zu seyn: als verweise ich dich zu denen Leben der H. H. Alt-Vaͤtter und anderen Dienern und Dienerinnen GOttes: und erinnere dich noch zum Schluß dises anderen Theils der gegenwaͤrtigen Lection, der W orten des GOttseeligen Vat- ters Blosn: W ann einer/ sagt er/ umb GOttes- W illen auch in den ge- In Inst. Sp. c. 1. ringsten Sachen/ seinem eigenen W illen widerstrebet: so leistet Er seinem GOtt ein angenehmeren Dienst/ als wann er viele todten zum Leben erwe- ckete. Vnd damit er diese W arheit klaͤrlich zeigen moͤge sagt er: Zwehn rei- sen miteinander/ und sehen auffm W eg ein sehr schoͤne und rare Blum; von diesen beyden einer nimbt ihm vor/ diese Blum abzubrechen; erholet sich aber vorhero/ und entschliesset bey ihm selbsten/ auß Liebe seines HErrn JEsu dieß Bluͤmlein nicht anzuruͤhren. Der ander aber bricht selbiges ohne einiges Vorbedencken ab. Dieser letztere hat damit nicht gesuͤndiget: der erste aber/ so das Bluͤmlein unberuͤhrt gelassen/ uͤbertrifft den andern am Verdienst in so weit/ als der Himmel die Erd uͤbersteiget in der Hoͤhe. Wann nun GOtt fuͤr so wenige Dinge/ so grosse Gnaden mittheilet/ was wird er nicht geben fuͤr die grosse und heroische Werck/ die der Mensch auß Liebe sei- ner verrichter; so befleissestu dich dann/ mein Christliche Seel/ daß du immer vor allen deinen Ubungen eine gute und reine Meinung machest/ und in selbi- ger nichts anders suchest/ als deinem GOtt und HErrn zugefallen. 11. Zum Schluß dieser Lection muß ich dir die Vortrefflichkeit deß guten Willens mit wenigen vor Augen stellen; von dem der H. Chrysostomus sagt: Ein guter Will ist bey GOtt so angenehm/ als ein wohl-richende Blum bey dem Menschen. Und der Heil. Bernardus vermeinet/ daß der gu- te Will in deß Menschen Hertz ein Ursprung alles Guten/ und eine Mut- ter aller Tugenden seye: der diesen bey sich hat; der hat alles/ was ihm zum Wol- Die Acht und zwantzigste Geistliche Lection wohl-Leben noͤtig ist. Der gute Will aber bestehet darin/ daß wir alle Suͤn- den zu fliehen/ uns embsig bemuͤhen: und wann wir zu zeiten fallen/ alsbald wiederumb auffstehen/ und uns festiglich fuͤrnehmen/ die begangene Fehler fortan mit mehrerem Eyffer zu bessern. Diese Ubung gefallet GOtt uͤber alle massen. Dahero meldet der Gottseelige Blosius von der H. Gertrudis/ daß C. p. mon Spir. selbige wegen einer geringen Unvollkom̃enheit uͤber sich selbsten sehr geeiffert/ und vom Herrn begehrt habe/ er wolle doch selbige Unvollkommenheit an ihr gaͤntzlich bessern und vernichtigen: der HErr aber habe seiner lieben Braut in aller Freundlichkeit geantwortet: wolstu dann/ daß ich einer grossen Eh- ren/ und du eines grossen Lohns beraubet wuͤrdest? du verdienst eine An- schnliche Belohnung/ so offt du diese/ und dergleichen Fehler erkennest/ und dir vornimbst/ dieselbe zu besseren: und so offt ein Mensche sich bemuͤhet/ mir zu lieb seine Maͤngel zu uͤberwinden; so erzeigt derselbige mir so grosse Ehr/ und leistet mir so grosse Treu/ als ein tapfferer Soldat seinem Obri- sten erweiset/ wann er sich im Kriegen seinem Feind mit grossem Muth wi- dersetzte/ und denselben uͤberwindete. 12. Es muß auch ein Mensch/ der gutes Willens ist/ nicht alsbald ver- zagen/ wann er schon bißweilen mehr auß Schwachheit/ als Boͤßheit auch in einige grobe Suͤnden fallet: sondern er muß alsbald hurtig wiederumb auffstehen/ sich eines bessern Wandels befleissen/ und immerzu den guten Willen/ nicht mehr zu suͤndigen behalten/ dann GOtt so guͤtig ist/ daß er gleichsamb gezwungen werde/ krafft seiner Guͤtigkeit/ sich uͤber die jenige zu erbarmen/ die eines guten Willen seynd; welches auß folgender Histori Drex. in Trib. L. 2. c. 8. §. 1. Historia. klaͤrlich bewiesen wird. Sanet Brigitta auß Schweden/ ein heilige Witt- we/ zog Pilgrambs-Weiß mit ihrem Sohn Carl ins heilige Land: der Sohn starb unterwegen zu Neapol: die Mutter kam gen Hierusalem/ alda sie durch embsiges Gebett/ in sonderbahre geheime Lieb und Freundschafft mit Christo dem HErrn kommen: und wie dann der guͤtigste GOtt sich von den Seinigen in Freygebigkeit nicht lasset uͤberwinden; also begabte er diese H. Wittib mit sonderlichen Gnaden: sintemahl sie in allen Dingen dieß allein suchte/ wie sie Christo am besten gefallen moͤgte. Weil aber diese Wit- tib gegen den den Heyland und dessen werthe Mutter hoͤchste Andacht truge; verlangte sie sonderlich zu wissen/ wie es doch umb ihren verstorbenen Sohn in jener Welt stuͤnde: darumb hatte sie wachend und bettend ein solche Er- scheinung. 13. Sie hoͤret eine Stimm/ die sprach zu ihr: Brigitta/ auß GOttes Gnaden ist dir jetzt erlaubt zu sehen und anzuhoͤren/ was uͤber deinen Sohn im Von der guten Meinung. im geheimen Gericht ist beschlossen worden: und/ wiewohl es in einem Au- genblick alles fuͤruͤber gewesen/ so wird doch ordentlich nach einander/ wie es zugegangen/ fuͤrgestellet werden/ damit du es desto leichter vernehmen koͤnnest: allda sahe Brigitta den Herrn Jesum im Richter-Stuhl sitzen/ von einer un- zahlbaren Schaar der Engelen umbgeben: an deß Richters Seiten stund die Mutter Gottes/ und wolte sehen/ wie das Gericht wuͤrde abgehen: vor dem Richter stunde deß verstorbenen Carls Seel voll Zitterns und Schroͤckens/ die wartet auff das Urtheil: auff der rechten Seiten der Seelen stund der Schuͤtz-Engel; auff der Lincken der Anklaͤger/ der Teuffel; doch ruͤhret we- der dieser/ noch jener die Seel an: der Anklaͤger fieng an und sagt: Aller ge- rechtester Richter/ ich klag ein Unbill: diese Seel waͤr mein gewesen/ und dar- umb soll sie von Mund auß in die Hoͤll gefahren seyn: aber dein Mutter hat mirs hingerissen/ und sie unter ihrem Schutz und Schirm fuͤr Gericht ge- stellt. Auff diese Klag antwortet deß Richters Mutter: gedenck an dein Her- kommen/ du boͤser Geist; Gott hat dich dieschoͤnste Creatur erschaffen: aber dein Boͤßheit und Schalckheit hat dich aller deiner Schoͤne und Zierligkeit beraubt: es stunde dir frey/ ob du dich wollest deinem Schoͤpffer unterwerf- fen; du hast aber lieber rebellisch und ungehorsamb seyn wollen/ darumb must du ewig verdambt/ und vom Himmel außgeschlossen seyn: was recht ist/ ver- stehest du wol/ bist aber desselben hoͤchster Feind: nun hat mir billiger gebuͤhrt/ als dir/ diese Seel vor den Richter zu stellen: dann dieser Mensch hat in sei- nen Leb-Zeiten mich/ als ein Sohn seine Mutter geliebt/ und offtermahl be- trachtet/ wie GOtt der Herr mich mit so hoher Glori und Herrligkeit begabt hat: dahero sein Hertz im Leib dermassen gegen mich gebrennet/ daß er bereit war/ lieber die hoͤllische Pein zu leiden/ als daß durch seine Schuld von meiner Ehr etwas solt entzogen werden: und mit diesem Hertzen hat er sein Leben ge- schlossen. Soll nun diß unrecht seyn/ daß ich ihn in meinen Schutz genom̃en hab? Hierauff sagt der Anklaͤger: ich vermeins nicht. Dieser Mensch hat sei- nes Richters Mutter mehr/ dann sich selbsten geliebt; man siehe aber andere seine Werck an/ so wird niemand widersprechen koͤnnen/ daß er mein seye. De- rowegen/ O Richter/ appelli re ich/ und beruffe mich auff deine Gerechtigkeit: siehe an dieses Menschen auffgezeichnete Werck; siche das lange Register seiner Suͤnden: wohl ein Hauffen boͤser Gedancken/ auß denen/ wann nur die unreine oder die hoffaͤrtige sollen gestrafft werden/ so wuͤrd er schon mein seyn: er hat das sechste Gebott wohl gewust/ hat es aber viel hundertmahl uͤbertret- ten: will anderer Suͤnden geschweigen: so kan er auch auß diesen daß wenigst nicht laͤugnen; er ist uͤberwiesen: sein eigenes Gewissen uͤberweist ihn tausent Z z mahl. Die Acht und zwantzigste Geistliche Lection mahl. Der Schuͤtz-Engel fieng an und sprach: So bald sein Mutter ver- merckt hat/ daß ihr Soͤhnlein leichtlich in Untugend und Laster zu verfuͤhren; hat sie ihm durch vielfaͤltiges Gebett und Zaͤhren/ wie auch durch mancherley Werck der Barmhertzigkeit/ von GOtt die Gnad erlangt/ daß er noch Kna- ben-weiß angefangen Gott zu foͤrchten: wann er gefallen ist/ hat er alsbald zur Buß geeilet/ geseufftzet/ Rew und Leid gehabt/ neben einem steiffen Fuͤrsatz sich zu bessern. Entgegen warff der boͤse Feind noch vielmehr fuͤr/ welches alles der gute Engel widerlegte/ und sagt: Er hat dieß und jenes gethan/ laͤugne es nicht/ hats aber abgebuͤsset: hat jederzeit einen guten Willen gehabt: und/ daß seinem Handel anjetzt viel nutzet und behuͤlfflich ist; so ist er letztlich so weit kommen/ daß er ihm dieß alleinig fuͤr ein Ursach zu Leben gesetzt hat/ Gottes Willen zu thun/ und sich dem goͤttlichen Willen freywillig allerdings gleich- foͤrmig zu machen. Nachdem die Partheyen angehoͤrt worden/ hieß der Rich- ter den Anflaͤger abtretten/ und faͤllet dieses Urtheil! Dieser mein Diener soll ewig leben. Als solches deß Caroli Mutter gesehen und gehoͤrt/ wird sie vol- ler Frewden und spricht: O ewige Warheit/ O Herr Jesu/ O gerechtester Richter! du giessest heilige Gedancken in die Hertzen ein/ du ver geltest unser Gebett und Zaͤhrẽ mit deiner Gnad und ewiger Belohnung! dir sey Lob/ Ehr und Herrligkeit/ dir sey Dancksagung von allen Creaturen. O du mein al- liebster Gott/ du bist mir viel lieber/ als ich mir selbst. Jch begehr von Grund meines Hertzen dir zu leben/ und dir zu sterben. Hierauff antwortet der Engel an statt deß Richters: Du solt wissen/ spricht er/ daß dir dieß gezeigt worden/ nicht nur dir allein zum Trost und Guten; sondern auch damit alle Freund Gottes wissen/ wie die Verharrung und Bestaͤndigkeit im guten Willen so grosse Krafft habe/ welche von Muͤhe und Arbeit/ von Rew und Leid/ von Betten und Allmussen geben biß zum letzten Athem nie außsetzt noch ablaͤst. Du solt auch wissen/ daß uͤber diesen Soldaten deinen eigenen Sohn/ so guͤ- tiges Urtheil nicht ergangen waͤre/ wann er nicht von Jugend auff/ so guten Willens jederzeit gewesen waͤre/ Gott und Gottes Freund zu lieben/ und sich zu bessern. Blos. Consol. Pusill. c. 39. 14. Sagt dann nicht billig ein sicher Scribent bey dem Blosio wie fol- get? wan dir Gott einen guten Willen wird gegeben haben/ also/ daß du nun- mehr alle Suͤnden verlassest/ besser zu leben dir fuͤrnehmest/ und deinem Herrn zugefallen verlangest und dich unterstehest: wann du als dann taͤglich auß menschlicher Schwachheit offt fallest/ und GOTT erzuͤrnest; so stehe auff so offt du gefallen bist/ und verzweiffle niemahlen an der Barmhertzigkeit GOTTES/ welche da unendlich lst. Es ist der liebe Von der guten Meinung. liebe Gott warlich hierin sehr zu loben/ daß er die buͤssende Suͤnder so miltig- lich auff- und annimbt: dieß stehet ihm zu/ weilen ihm sein eigen ist/ sich all- zeit uͤber den Menschen zu erbarmen/ und demselben zu verschoͤnen. Dahero Ser. 2. in Ps. qui hab. werden die Außerwaͤhlte (wie der H. Bernardus lehret) von den Gottlosen hierin unterschieden; daß die Gottlosen/ wann sie gefallen seynd/ nichts darzu thun/ daß sie wiederumb auffstehen: die Außerwaͤhlte aber sich bemuͤhen als- bald wiederumb auffzustehen/ und sich zu bessern. Derhalben sagt der gemel- Blos. ibid. te Author/ wann du vermerckest/ daß du gefallen bist in einem oder andern/ so wende dein Hertz zur Stund mit aller Demuth und Vertraͤwligkeit zu dei- nem allerguͤtigsten Gott und Herrn/ und kuͤsse dessen allersuͤsseste Hand/ und umbfahe dieselbige/ welche da immer bereit ist/ dich auffzun e hmen/ und seye gutes Muths. Siehe zu/ daß du ab deinen oͤfftern Fehlern nicht also ver- drießlich werdest/ daß du deine gute Werck und Ubungen verlassest. Schoͤpff newe Kraͤfften/ ernewere den Fuͤrsatz/ und rede deine Seel mit diesen Worten an: Ey meine Seel! laß uns nicht verzagen: laß uns nun abermahl solchen Fleiß anwenden zu den Tugenden und Heiligkeit/ als wan wir unsern Gott niemahl erzuͤrnet haͤtten: dann dieses ist unserm Herrn sehr angenehm. Die Laster/ welche noch in dir Leben/ und derenthalben dich geduͤncket/ daß du mehr ab-als zunehmest/ sollen dich nicht gar zu viel verstoͤren: du aber streite ritter- lich wider deine boͤse Neigungen. Obwohl du schon Boͤses in dir vermer- ckest; wann du dem boͤsen nicht beyfallest/ wann du der Suͤnde dich ernstlich widersetzest/ so hast darab keinen Schaden zu foͤrchten/ sondern noch grossen Nutzen zu verhoffen. Es werden einige gefunden/ welche mit so unordentli- cher Forcht sich selbst plagen/ daß sie vermeinen/ alles was sie thun/ seye Gott mißfaͤllig. Diese Gedancken aber muͤssen/ sonderbar bey den anfangenden ge- meidet und vertrieben werden. So weit erstrecken sich die Wortdeß H. Ber- nardi. Hieruͤber kanst du weitern Bericht haben/ mein Christliche Seel/ im vierten Theilder Lection von denen Versuchungen. Derhalben troͤsten bil- lig die Engel Gottes in der Geburt unseres Heylands alle die jenige/ so eines guten Willens seynd/ und singen mit Froͤligkeit: Ehr sey Gott in der Hoͤhe/ und Fried auff Erden den Menschen die da eines guten Willens seynd. Befleisse dich eines guten Willens/ und ernewere denselben offtmahlen/ so wirst du ohne allen Zweiffel Fried allhier auff Erden/ und Freud im Himmel geniessen. Z z 2 Die Die Neun und Zwantzigste Geistliche Lection Die Neun und Zwantzigste Geistliche LECTION Von der Gleißnerey und eytelen Ehr. Matt. 6. v. 1. Attendite, ne justitiam vestram faciatis coram homini- bus, ut videamini ab eis: alioquin mercedem non ha- bebitis apud Patrem vestrum, qui in Cælis est. Habt acht darauff/ daß ihrewere Gerechtigkeit nicht thuet fůr den Menschen/ damit ihr von ihnen gesehen wer- det: sonst werdet ihr keine Belohnung haben bey ewerem Vatter/ der im Himmel ist. Der Erste Theil. 1. D Je Gleißnerey und eytele Ehr seynd die schaͤdliche Hauß-Feinde/ durch welche unsere gemachte Intention und gute Meinung/ unvermerckter Weiß getoͤdtet wird. So viel die eytele Ehr/ von der wir in diesem ersten Theil handlen werden/ betrifft; ist zu wissen/ daß sel- biges den Vollkommenen am meisten nachstelle: derhalben sich ein jeder zu huͤten hat/ wann er vielleicht vermercken werde/ daß er anfange in den Tugen- den fortzuschreiten: auff daß die Wort deß Propheten Aggæi auff ihn nicht moͤgen gedeutet werden: Jhr habt viel gesaͤet/ und wenig einge- Agg. c. 1. v. 6. bracht: ihr habtgessen und seyd nicht satt worden: ihr habt getruncken/ und seyd doch nicht truncken worden: ihr habt euch bedecket/ und seyd doch nicht erwarmet: und wer Tag- Lohn gesamblet hat/ der hat ihn in einen loͤcherigen Beutel geworffen. Der durch seine gute Werck/ neben seinem GOTT auch den Menschen/ umb der Menschen willen zu gefallen verlan- get; der verliehret allen Verdienst seiner gehabten Muͤhe und Arbeit. Dahero lehret uns recht und wohl der heilige Gregorius/ und sagt: Wer Von der Gleißnerey und eytelen Ehr. Wer in den Tugenden/ die er ůbet/ die menschliche Gunst L. 8. Mor c. 28. sucht/ der tragt ein grosse und wichtige Sach umb einen geringen Preiß feil; mit dem er das Himmelreich haͤtte gewinnen koͤnnen; dasselbige verkaufft er umb ein sehr ge- ringes Geld deß eitelen Lobs. So ist dann die eitele Ehr ein wahre Salamander: dann gleich wie dieses Thierlein so viel Giffts mit sich tragt/ daß/ wann es biß zur voͤlligen Wurtzel deß Baums gelangen kan/ alle Fruͤch- ten deß Baums in der Wurtzel toͤdtet: also nimbt die Hoͤllische Schlang al- len Verdienst und Krafft von unsern guten Wercken/ wann sie nur ein gar wenigen Theil der eitelen. Ehr mit demselben vermischen kan: sintemahlen/ nach Zeugnuß deß H. Fulgentii der Teuffel ein solcher Urheber der Lastern Ep. 3. ad Prob. c. 15. ist/ daß/ was er nicht gewinnen mag mit seinen eigenen Lastern/ daß uͤber win- det er offt mit frembden Tugenden; durch die Waffen/ mit denen er geschlagen. wird/ stehet er wiederumb auff; und durch die Staͤrcke/ mit welcher er zu Boden geworffen wird/ wirfft er wiederumb nieder. Er lobt die Tugend/ durch welche er mercket/ daß er uͤberwunden werde; damit er also uͤberwun- den und gefangen/ koͤnne gefangen nehmen den Unschuldigen. Solcher Gestalt hat er die Gottselige Abtissin Sarra zu verfuͤhren getrachtet; in dem er sagte: Sarra/ du hast mich uͤberwunden. Sie aber antwortete ihm: mit aller Klugheit: Nicht ich/ sondern mein HErr JESUS hat dich uͤ- berwunden. Also hat auch diese Schlang den H. Antonium angegriffen/ wie in der 12. L e ction von der Hoffart/ am 123. Blat zu sehen ist; den Abra- hamb und andere; welche/ ob sie schon dem Feind die Spitz gebotten haben/ so seynd doch nicht wenig andere von diesem Natter-Gifft sehr schaͤdlich be- ruͤhret worden/ wie in der obgemeldten Lection von der Hoffart gemeldet ist/ deme ich allhier diesen traurigen Zufall beyfuͤge. 2. Justinus ein vornehmer Ambtman und Favorit deß Koͤnigs in Ungarn/ Luc. Wad. tom. 3. Ann. Ord. Min. ad Ann. 1445. n. 5. Historia. hat alle Reichthumben und zeitliche Ehren umb GOttes Willen verlassen/ und den Orden deß H. Francisci angenommen. Jn diesem ist er in Be- schauung der Goͤttlichen Dingen so weit kommen/ daß er oͤfftere Verzu- ckungen gehabt; und einsmahls unter waͤhrender Mahlzeit/ in Gegenwart seiner Mitt-Bruͤder/ uͤber derselben Haͤupter/ an einer auff der Wand ge- mahlten Mariaͤ-Bildnuß in die Lufft erhoben/ und also eine Zeitlang kniend gesehen worden. Wegen solcher und andern Geschichten/ hat diesen Justinum der Papst Eugenius der vierte zu sich beruffen/ und da selbiger deß Pab- stes Fuͤsse hat kuͤssen wollen/ hat ihn der Papst mit freundlicher Umbhal- Z z 3 sung Die Neun und zwantzigste Geistliche Lection sung und vaͤtterlichen Kuß empfangen/ und selbigen an seine Seiten ge- setzt; auch hat er ihm nach einem langen Gespraͤch einige Gaben und sehr haͤuffigen Ablaß mitgetheilet. Ab dieser ungemeinen Gunst ist Justinus also in seinen Gedancken erhoben worden/ daß er von Tag zu Tag uͤbermuͤ- thiger worden/ auch endlich/ weilen er einen seiner Bruͤder mit einem Mes- ser verletzt hatte/ in den Kercker geworffen worden. Nach dieser verrichte- ten Buß ist er in das Neapolitanische Koͤnigreich fluͤchtig worden/ indem er so grosse Laster begangen hat/ daß er derhalben in die Stadt gefaͤnglich eingezogen/ und in den Baͤnden armseeliglich gestorben ist. O entsetzlicher und erschroͤcklicher Zufall! O grausame Veraͤnderung! wer soll sich in Be- rachtung dieses boͤsen Außgangs/ fuͤr der Gunst der Menschen nicht billig foͤrchten? waͤre dieser anfangs heilige Muͤnch nicht also gelobt und geehret worden/ so wuͤrde er villeicht in so grosses Unheil nicht gerathen seyn. Dahe- ro behalten die obgemeldte Wort deß H. Fulgentii ihre Krafft/ daß nemblich der boͤse Feind den jenigen/ den er mit seinen Suͤndẽ nit uͤberwinden kan/ durch frembde Tugenden erlege. Und zwarn in diesem Fall macht ers/ wie der V ogel Erodius/ welcher auff die V oͤgel/ so sich ins Wasser ducken/ hinzu- fliehet/ und derselben Koͤpff so lang zerbeisset/ biß er sie uͤber winde/ und also gefaͤnglich hinweg nehme. Wann der hoͤllische Raub-Vogel sicht/ daß die Menschen grosse Garben der Verdiensten auff dem Acker der Tugenden zusammen binden/ fliehet er alsbald hinzu/ und sucht ihnen auff alle moͤg- liche Weiß den geistlichen Raub/ vermoͤg der eitelen Ehre zu benennen/ wie sichs mit obgedachtem Muͤnchen in der That erwiesen hat. 3. Auß den Geistlichen deß H Pachomii hat einer einsmahls zwey wei- dene Matten auff einen Tag geflochten/ da er doch mehr nicht/ als zu einer verbunden ware; diese hat er auß einen eytelen Ehr dem H. Pachomio und andern zum Beschauen außgestelt. Der kluge Pachomius vermerckt als- bald den bossen/ und sagt zu den Umbstehenden: Sehet ihr nicht/ wie dieser armseelige Mensch alle seine Arbeit deß gantzen Tags dem Teuffel geopffert habe/ und nichts gewonnen hat/ indem er dadurch mehr den Menschen/ als GOtt zu gefallen getrachtet hat? Nach diesem strafft der gemeldte heilige Vatter diesen Geistlichen erst mit Worten hart ab/ und befilcht ihm/ daß er die zwey Matten vor seinen Bruͤdern auff seinen Achselen tragen/ und von selbigen demuͤtiglich begehren solte/ sie moͤgten doch GOtt fuͤr ihn betten/ und ihm Verzeihung erlangen/ daß er die Matten hoͤher/ als das Him- melreich geschaͤtzet habe. Hernach hat er ihn in ein enges Cellulein so hart verschlossen/ daß er innerhalb fuͤnff Monaten nicht hat doͤrffen hervor- kom- Von der Gleißnerey und eytelen Ehr. kommen; auch hat er alle Tag zwey Matten flechten muͤssen/ und hat in- zwischen nichts mehr als Saltz und Brod zur Speiß bekommen. Dieses Exempel hat andere im Gebrauch in der eitelen Ehr heylsamblich unterwie- sen. 4. Als der heidnische Diogenes einsmahls in der hoͤchsten Kaͤlte schier Laert. l. 6. nack end in einem erfrorenen Wasser gestanden/ und das zuschauende Volck sich dessen erbarmet; ist auch der Plato darzu kommen/ und hat zu den Umb- stehenden gesagt: Wann ihr euch dieses Diogenis erbarmen/ und selbigem von sothanem Uberlast befreyen wollet/ so gehet nur hinweg. Als wolt er sagen: dieser Diogenes sucht dadurch nichts anders/ als eine eitele Ehr und Nahmen bey den Menschen. Ach/ wann es uns zugelassen waͤre/ daß in- nerliche Hertz der Menschen zu beschauen/ wie viel solten wir/ auch unter den/ Geistlichen solche Diogenes finden/ so viele schwaͤre und harte Werck verrichten/ so lang sie von andern gesehen und gelobet werden. Dergleichen Heuchler werden einsmahls auß dem Mund deß gerechten Richters hoͤren muͤssen: Jhr habt eueren Lohn schon empfangen/ nemblich den leeren und eitelen Lob der Menschen/ den ihr so embsig gesucht hat. Unsere Werck muͤssen gleich seyn den Altar-Steinen/ von denen die Goͤttliche Majestaͤt befohlen hat/ daß sie nicht allein polirt und außgearbeitet/ sondern rau und unbehauen seyn solten: also muͤssen unsere Werck/ dem eusserlichen Ansehen nach/ von uns nicht geschehen/ damit sie nemblich nur von den Leuten tuͤch- tig scheinen; sondern wir muͤssen dadurch allein suchen unserm GOtt zu ge- fallen/ und den Menschen umb GOttes-Willen. Fliehe derhalben/ mein Christliche Seel/ fliehe die eitele Ehr wie einen Basiliscken/ welcher/ wann er den Menschen zum ersten sehet/ denselben mit seinem Anschauen toͤdtet: wann er aber von dem Menschen vorhero geschen und erkent wird/ daß nemb- lich ein uͤber auß grosse Eitelkeit seye/ daß wir auß unsern Wercken die Ehr bey der Welt suchen; so wird er von dem Menschen vollkommentlich uͤber- wunden werden. Und warumb sollen wir uns in dieser Ubung nicht befleis- sen/ zumahlen die Boͤßheit dieses Lasters sehr grausamblich ist? Was ich doch unbilliger/ als wann der Mensch daß jenige sich zuschreibet/ was nicht seyn ist? So viel als ein Cristallenes Geschirr/ daß von den Strahlen der Sonnen seinen herrlichen Glantz empfanget/ sich dessen ruͤhmen kan: So viel mag sich auch ein Mensch die von GOTT ihm mitgetheilte Gaben zumessen/ und auß selbigen die eitele Ehr bey den Leuthen zu erwerben sich unterstchen. 5. Der Die Neun und Zwantzigste Geistliche Lection 5. Der Apostel Petrus sagte: Wann schon alle an dir geaͤrgert werden/ so will ich mich doch nicht aͤrgern. Er ist aber fuͤr andern am grobsten gefallen. David vertrauete auff sich selbsten/ und sagte/ da er alles in Uberfluß hatte: Nun mag ich in Ewigkeit nicht Psal. 29. beweget werden. Und weilen er sich selbsten beruͤhmet hat/ derhalben ibid. ist er gesallen; wie er selbst mit diesen Worten gestchet: Du hast dein Angesicht von mir gewendet/ da bin ich betrůbt worden. Dieß ist die Ursach warumb der H. Paulus einen jeden fragweiß anredet/ und 1. Cor. 4. v. 7. sagt: Was hastu/ daß du nicht empfangen hast: So du es aber empfangen hast/ was berůhmestu dich dann/ als wann du es nicht empfangen haͤttest : Lasset uns dahero be- hutsamb seyn/ und die Ehr/ so unserm GOtt gebuͤhret/ uns nicht/ sondern demselben zuschreiben nach dem Exempel deß jetzt-gemeldten Apostels; wel- cher nach Erzehlung der vielfaͤltigen außgestandenen Muͤheseeligkeiten und Verfolgungen/ also spricht: Nicht ich/ sondern die Gnad GOt- 1. Cor. 15. 10. tes mit mir. Billig aber schreibt er seine Kraͤfften der Gnad GOttes zu; dann Christus sagt mit außtruͤcklichen Worten: Ohne mich koͤn- Joan. 15. net ihr nichts thuen. Darumb widerholet der Koͤnigliche Prophet auch so vielmahl diese Wort in seinem Psalter: Mein Staͤrcke und Ps. 117. v. 14. Didac. Stella. p. 1. 2. 18. mein Lob ist der HErr/ und er ist mir zum Heyl worden. Dieses alles aber wird durch folgende Bewaͤrung probiret. Alle Bewe- gungen werden verursachet durch die Bewegung deß ersten Dings/ so da beweglich ist. Dieses muß auch gesagt werden von dem Beweger/ oder von dem/ welcher beweget: zumahlen zwischen den beweglichen Dingen und dem Beweger kein unendliches hin- und her lauffen muß gestelt werden; derhal- ben muß man kommen zum ersten Beweger. Auff solche Weiß muͤssen die gute Werck nothwendig herkommen auß dem Einfluß der ersten und hoͤch- sten Guͤtigkeit; dieweilen/ nach Zeugnuͤß deß Apostels/ alles Gute vom er- sten und hoͤchsten Gut herruͤhret. Wir seynd deß Vermoͤgens nicht/ 2. Cor. 3. 5. etwas von uns/ als von uns selbst zu gedencken: sonder un- ser Vermoͤgen ist auß GOtt. Wann wir nun ohne GOtt nichts vermoͤgen/ und er ist der guten Werck fuͤrnehmste Urheber/ wie seynd wir dann so unsinnig/ daß wir wegen unserer guten Wercken noch wollen gelobt seyn? 6. Der getreue Evangelische Knecht/ deme der HErr zehn Pfund gege- ben hatte/ mit denen er handlen solte/ sagt nicht in seiner Rechenschafft: Herr/ ich hab zehn Pfund gewonnen: sondern er sagt: HErr/ deine zehn Luc. .19 Pfund haben zehn andere Pfund gewonnen: Dieweilen der Von der Gleißnerey und eytelen Ehr. der Gerechte allen Gewinn der Gnaden GOttes zuschreibet/ nach den Wor- ten deß Apostels: Gott gibt das Gedeyen. Der Mensch pflantzet und benetzet; daß aber das Gepflantzte und Benetzte solle gewuͤnschte Fruͤch- ten bringen/ dieses entspriesset auß der Gnade GOttes. Nicht sagt die kluge Judith: Jch hab dem Holoferni das Haubt abgeschlagen: sondern sie sagt: Der Herr unser Gott hat ihn durch eines Weibs Hand er- Jud. 1 3. schlagen. Die vier und zwantzig Eltiste in der Offenbahrung Joannis zohen ihre Cronen ab/ und legten selbige zu den Fuͤssen deß Lambs. Also/ mein Christliche Seel/ lege du auch die Ehr deiner guten Werck zu den Fuͤssen deines Herrn/ und sage mit dem frommen David: Nicht uns/ O Herr/ nicht uns; sondern deinem Nah- Psal. 113. men gib die Ehyre. Du solst aber nicht vermeinen/ als ob ich tadlen wolle; daß einer dem andern auß Vertraͤwligkeit/ oder anderer billigen Ursach seine gute W erckoffenbahre: Mit nichten: sondern muß ich vielmehr loben den jenigen/ welcher zu Aufferbawung seines Nechsten/ demselben seine tugentsame Thaten erzehlet. Seye dannoch behutsamb/ und schawe fleissig zu/ daß nicht unter dem Schein der Ehren GOTTES/ der Betrug deß boͤsen Feinds verbor gen liege. Dieses lehret uns neben andern Heiligen/ der heilige Paulus/ welcher seine Ver- zuͤckung viele Jahr verschwiegen/ und nicht ehender offenbahren wollen/ biß er vermeinet/ daß durch dessen Entdeckung seinem Nechsten befuͤrderlich seyn koͤnte. Der Andere Theil. 7. D Je Gleißnerey ist nichts anders/ als wann einer sich vergestal- tet/ oder lasset angehen/ daß er gerecht seye; oder daß er gerech- ter seye/ als er ist. Diese Gleißnerey befl i cht uns zu vermei- den CHRJSTUS mit diesen W orten: Hůtet euch fůr dem Luc. 12 . v. l. Sauerteich der Phariseer/ welcher ist Heucheley. Und daß auß billigen Ursachen. Dann gleich wie den Schiffenden die verborgene Stein-Klippen leichter schaden/ dann die außstehende: Also seynd durch ihr verdecktes Laster andern mehr schaͤdlich die Gleißner/ als offenbahre Suͤnder: Dahero sagt der Herr; Attendite, huͤtet euch: weilen es ein sehr grosses Ubel/ und ein gar geheimes Laster ist. Auch gleich wie ein W ald- W asser oder Bach zur W inters-Zeit haͤuffig fliesset; im Som- A a a mer Die Neun und zwantzigste Geistliche Lection mer aber kaum erscheinet: Also machens die Gleißner/ so ihre falsche Tugenden in Zeit der Gluͤckseligkeit umb Ruhms willen zeigen; und in der Hitze der Widerwaͤrtigkeit außtrucknen/ und offenbahren also/ wer sie seyen/ recht nach dem Art der Papageyen/ welche/ so man ihnen fleissig auffwartet/ und nichts mangelen lasset/ die Rede der Menschen nachschwetzen/ und das Pfeiffen der Voͤgel gar artig lernen: Thut man ihnen aber boͤses/ und schlagt sie/ so setzen sie ihre Kunst-Sprachen auff die Seiten/ und heulen und weinbsen wie sie vorhin von der Natur gelehret worden. Ebener Weiß finden sich unter Menschen einige/ so da in ihrer Wohlfart das Leben der Heiligen nachfolgen; reden als wie Heilige/ gehen daher wie Heilige: Jn Summa; alle ihre Sitten und Gebaͤrden schmecken gantz und zumahlen nach der Heiligkeit: Werden sie aber ange- griffen/ tritt man ihnen auff die Fuͤß/ und widerfahret ihnen einiges Un- bill; so geben sie alsbald ihre Natur zu erkennen/ werden vielmehr/ und leichtlicher/ als andere erzuͤrnet/ und suchen sich/ aber gantz verdeckter Weiß/ zu rechnen. Nicol. Lyræ. Apoph. p. 259. 8. Diese saubere Schein - Heilige moͤgen wohl fuͤr ihre sonderbahre Pa- tron in verchren jenes naͤrrische Weib/ so sich in allen ihren Beichten/ als ein gottlose und sehr grosse Suͤnderin anzuklagen pflegte; damit sie nur vom Beichts-Vatter fuͤr demuͤthig und heilig gehalten wuͤrde. Auff/ daß nun selbiger in Erfahrung dieser Heiligkeit gerathen moͤchte; sagte er zu diesem seinem Beichts-Kind/ daß er von andern Leuten auch gehoͤrt haͤtte/ daß sie eine so grosse Suͤnderin waͤre; sie solte nun anfangen/ und sich dermahlen eins ernstlich besseren: Da dieses das heilige Weib hoͤret/ wird sie hier uͤber hefftig entruͤstet/ fangt an zu zuͤrnen und zu schmaͤhen uͤber die jenige/ so sich solten erkuͤhnet haben/ ihro solcher Gestalt uͤbel nachreden. Was hat aber dieses elende Weib hiemit anders an Tag/ und dem Beichts- Vatter zu erkennen gegeben/ als eben ihre falsche und angenommene Phariseische Heiligkeit. Huͤte dich/ mein Christliche Seel/ fuͤr dieses Laster mehr/ dann fuͤr andere; dieweilen solche Wund uͤbel zu curiren ist: Sintemalen die Gleißner weder ihre Schuld bekennen/ weder sich bessern lassen wollen: Dann sie seynd ehender bereit zu sterben/ sagt der Heil Gregorius/ als bestrafft zu werden. Was dieses Laster weiters fuͤr In mor. ein Grewel seye in den Augen GOttes/ daß koͤnnen wir auß dem Zeugnuͤß der ewigen Warheit gnugsamb abnehmen; zumahlen Christus kein ein- tziges Laster so offt/ und mit so scharffen Trew-Worten immer hergenom- men/ Von der Gleißnerey und eytelen Ehr. men/ als die Gleißnerey und Heuchlerey der Phariseer: Dem er dann neben vielen andern mahlen/ auch einsmahls mit diesen Worten trewet: Wehe Matt. 23. v. 27. euch/ ihr Schrifft-Gelehrten und Phariseer/ ihr Heuchler: Dann ihr seyd gleich den ůberweisseten Graͤbern/ welche von aussen fuͤr den Leuten fein scheinen; aber inwendig seynd sie voller Todten-Bein und aller Vnsauberkeit. 9. Fahret nicht billig unser goͤttliche Heyland so hefftig uͤber die Gleißner auß; zumahlen selbige/ wahre Verraͤther koͤnnen genennet werden; indem sie es mit dem Teuffel halten/ und lassen sich doch angehen/ als wann sie es mit Gott hielten: Und/ da sie sich als Freunde GOttes zu stellen wissen/ sie doch desselben Feinde seynd; und solcher Gestalt grossen Schaden verursachen? Dahero ist/ leider Gottes! geschehen/ daß die Ketzer durch die Heuchlerey und verschmitzte Heiligkeit viele einfaͤltige Menschen biß dato verfuͤhren und verkehren: und wird der Antichrist/ der Fuͤhrer aller Verfuͤhrer/ die arme Leuth meistens durch seine Gleißnerey verfuͤhren Weiters kan ich auch einen Gleißner am besten vergleichen dem Strauß-Vogel: Dieser/ ob er schon mit Federn versehen ist/ fliehet doch zumahlen nicht/ ja erhebet sich nicht einmahl von der Erden auff. Also ein Gleißner/ ob er schon einem Heiligen gleich scheinet; so kan er doch von der Erden nicht auffstehen/ und nach der Art der Heiligen sich zu Gott erheben; weilen er mit dem Last der Suͤnden beladen ist. Von dergleichen Art hat schon vor laͤngst der Prophet Isaias geweissaget: Dieses Volck ehret mich mit den Lefftzen/ ihr Hertz aber ist c. 29. weit von mir. Also machens in der Warheit die Gleißner: Sie verrich- ten viele gute Werck: Betten lang/ wachen viel/ toͤdten sich offtmahlen auch in den zulaͤssigen Dingen ab: Und hat es das Ansehen/ daß sie dadurch Gott loben: Es bestehet aber dieser Lob nur in den Lefftzen; oder in den eusserlichen Wercken: Sie seynd aber mit dem Hertzen/ daß ist mit der Intention oder Meinung ihrem Herrn zu gefallen/ von demselben weit entfernet. Ein solcher L. 4. Dial. c. 38. Historia. ware jener Muͤnch/ von welchem der Heil. Gregorius meldet/ daß er von sei- nen Bruͤdern fuͤr heilig gehalten worden; und da er nun eben von dieser Welt solte abscheiden/ seyn seine Bruͤder zu ihm kommen/ umb eine und andere heylsame Lehr zu empfangen; habe aber/ O leider! gesagt/ daß er wegen der Gleißnerey/ in der er viel gute W erck verrichtet/ und unter andern auch dem Ansehẽ nach/ sehr streng gefastt/ aber heimlicher und gestohlner weiß gegessen; dem hoͤllischen Drachen zum verschlingen uͤberlassen seye/ welcher nunmehr mit dem Schweiff seine Knie und Fuͤß gefesselt/ sein Haubt A a a 2 mit Die Neun und Zwantzigste Geistliche Lection mit dem Maul ergriffen/ und die Seel zum Hinscheiden noͤthige Nach solcher unverhofften Bekaͤndnuͤß seye er alsbald ohne Buß gestorben: Einen solchen Todt verdienet die angenommene Heylig- keit. 10. Auch haben die Gleißner an sich die Natur der Fal- cken/ so da nach ersehenem Reiger nicht gerad auff selbigen zu fliegen; sondern thuen dergleichen/ als wann sie von sel- bigem abweichen und ihn verlassen wollen: nachdem sie aber ver- mercken/ daß sie durch das neben Außfliehen hoͤher/ als der ge- mldte Vogel empor gestiegen/ lassen sie sich uͤber denselben herab/ stuͤrtzen ihn zu Bode m und toͤdten ihn. Eben solches thun viele auß den Gleißnern/ weiche im eusserlichen Schein die W uͤrden und Ehren der W elt fliehen/ damit sie desto hoͤher steigen/ und groͤssere Aembter ero- bern moͤgen; indem sie nichts also sehr verlangen/ als das jenige/ daß sit dem Ausehen nach verwerffen und verachten. W ie sehr sich aber solche selbst betriegen/ und den hoͤllischen Straffen unterwerffen/ lernen wir auß fol- Zach. Bour. 1612. Historia. gender Histori. Ein Geistlicher auß dem heiligen Capuciner Orden suchete sich bey den Seinigen/ und sonderbahr bey seinen Oberen durch eine angenommene Heiligkeit einen. Nahmen zu machen: Er bet- tete/ wann andere schlieffen/ und ware hierdurch gantz ermuͤdet/ gleich- wohl in der Metten mit andern gegenwaͤrtig. Dieserthalben ist er etlich mahl zu hohen Aembtern und W uͤrden gelanget/ zudenen er heimlichen W eiß ein grosses Verlangen truge. Aber/ aber/ was ist so verbor- gen/ daß zu seiner Zeit nicht offenbahret wird? Es truge sich zu/ daß dieser Geistliche mit einer schwaͤren Kranckheit behafftet wurde: Man ermahnte ihn zeitlich/ daß er sich mit allen Christlichen Rechten wolle versehen lassen; derhalben begehrte er einen deren Priestern/ mit dem er sonderbahre Gemeinschafft gepflogen hatte: Da dieser hinzu kom- men/ sagte der Krancke an statt der Beicht also: W eilen es umb mei- ne Seeligkeit verlohren ist/ so will ich nicht beichten; ich bitte dich aber/ du wollest meinen andern Bruͤdern sagen/ daß ich gebeicht habe. Der Beichts - Vatter aber gibt ihm zur Antwort/ und sagt: W as soll das seyn? foͤrthtest du dich dann/ mir dein Gewissen zu entdecken? Der Krancke widerholet seyn voriges Lied/ und sagt: W as ist es noͤthig/ daß ich beichte/ da doch meine Seeligkeit verspielet ist der Beichts-Vatter lasset Von der Gleißnerey und eytelen Eht. lasset nicht ab/ den verzweifflenden mit allem Ernst zu erinneren/ daß er seine Zuversicht zu dem guͤtigen und barmhertzigen GOtt nehmen/ und also von dessen Gnade nicht verzagen solle. Er aber als ein verstock- ter und tauber Mensch gibt zur Antwort: Es ist alles umbsonst/ ich bin dem gerechten Urtheil GOttes gemaͤß ewiglich verdambt/ dieweilen ich so viele Jahr lang den innerlichen Lastern bin ergeben gewesen/ und hab nur einen eitelen Schein der Frommigkeit außwendig gezeiget: und dieses alles hab ich niemahlen recht gebeichtet: derhalben hab ich mir den Zorn GOt- tes auff den Hals geladen/ daß ich anjetzt nicht beichten kan: und wann ich schon beichtete/ so wuͤrde doch dem gerechten GOtt meine Beicht nicht ge- fallen. Uber diesen Worten hat er seine Zung in stucken gebissen/ und grau- samblich geschriehen: O du verfluchte Zung/ dir ists allzeit schwer vor- kommen meine Suͤnden zu offenbahren! ich verbeisse dich nun in Stuͤcken/ auff daß du den gerechten Rach GOttes auch empfindest. Nach diesem hat er die Stuͤcklein der Zungen mit Blut vermischet außgespiehen/ und unter abscheulichem Ruffen den Geist auffgegeben. Also/ also ist diesem ungluͤckseeligen Geistlichen (der doch den Nahmen eines Geistlichen nicht verdienet) die wohl- verdiente Straff der Gleißnerey zu Theil worden. Huͤte du dich/ mein Christliche Seel/ fuͤr dem Sauerteich der Phariseer/ welcher ist die Gleißnerey/ und spiegle dich an diesem Geistlichen; auff daß du so viele geuͤbte gute und muͤseelige Werck am End deines Lebens nicht umbsonst verrichtet habest/ und an Stadt deß Lohns/ die ewige Straffen empfangest. A a a 3 Die Die Dreyssigste Geistliche Lection Die Dreyssigste Geistliche LECTION Von Verachtung der Welt. cap. 1. v. 2. \& 14. Vanitas vanitatum, \& omnia Vanitas. Vidi cuncta, quæ fiunt sub sole, \& ecce universa vanitas \& affli- tio spiritus Ecclesiastes. Eitelkeit aller Eitelkeit/ und alles ist Eitelkeit. Jch hab alles angesehen/ was unter der Sonnen geschicht/ und siehe es war alles Eitelkeit und Bekůmmernuß deß Geists. 1. W Jr haben etwas weniges von dem geistlichen Stand gesagt; wir wollen nun sehen/ was es fuͤr ein Werck sey/ dem ein Geistlicher soll obliegen/ und es wird uns bald entgegen kommen die Ver- achtung der Welt. Dieweil aber davon in denen vorhergehenden Ermah- nungen etwas schon gesagt worden/ und in denen folgenden auch etwas ge- funden wird/ deßdwegen wollen wir mit wenigen diese Ermahnung abhandeln. Es muß deßwegen ein Geistlicher die Welt sonderlich verachten/ und dem nackenden JEsum folgen/ welches er leicht thun wird/ wann er die Eitel- 1. Joh. 2. v. 17. keit und Falschheit der Welt auffmerckfamb erwegen wird/ Dann die Welt vergehet sambt ihren Lůsten. Dieses leget der Psalmist gar warhafftig auß/ in dem er sagt: Jch habe einen Gottlosen ge- Ps. 36. v. 35. 36. sehen/ daß er sehr erhoͤhet war/ und hoch auffgewachsen/ wie die Cedern-Baͤume am Libano/ darnach bin ich fůrů- ber gangen/ und siehe er war nicht vorhanden das ist/ wie es Bellarminus mercket: Jn dem ich vorbey gieng/ habe ich diesen Menschen erhoͤhet und eingewurtzelt gesehen wie die Cedern vom Libano/ und ich bin ihm kaum fuͤrbey gegangen/ und siche/ ich sehe hinter mich/ und er war verschwunden Von Verachtung der Welt. verschwunden; Jch habe gesuchet/ wo er gewesen ware/ und ob noch Fuß-Stapffen solcher Hoheit uberblieben/ und seine Statt war nit gefunden/ als wann er niemahls da gewesen waͤre. Dannenhero als der H. Gregorius diese kuͤrtze betrachtet/ vergleichet er die Ehre der Welt den Stoppeln/ dem Rauch/ dem Nebel/ dem Thau/ und dem Schaum; welche Dinge alle bald verschwinden/ und darumb fuͤr nichts gehalten werden. Da- hero Jsaias sagt: Alles Fleisch ist Heu/ und alle seine Ehr ist als Isa. 40. 6. eine Blum deß Felds. Deßwegen ermahnet uns wohl der H. Vatter Augustinus/ in dem er sagt: Bruder liebet die Welt nicht/ welche ihr mit Ge- schwindigkeit vergehen sehet: werffet den Ancker deß Hertzens nicht auff ih- Serm. 13. de die Iu- dicii. Jac. 4. 4. Tr. 2. in Joan. re Liebe/ welche ihr also zu Ende gehen sehet/ absonderlich weil der Apostel ruffet/ daß die Freundschafft dieser Welt GOttes Feind- schafft seye: Eben dieser H. Lehrer fuͤhret ferner diese Eytelkeit zu Ge- muͤth und sagt: die Freude der Welt/ ist Eitelkeit. Sie wird mit grossem Verlangen erwartet/ daß sie komme/ und sie kan nicht behalten werden/ wann sie kommen ist: der Tag/ der froͤhlich ist/ wird ja morgen nicht seyn; Es gehet alles vorbey/ alles entfliehet/ und verschwindet wie der Rauch. 2. Der andere Beweiß zur Verachtung der Welt ist dessen Falschheit und Bitterkeit. Alle diese Eigenschafften der Welt/ seynd warhafftig ein gesaltzenes Meer; darvon Innocen ius III. redet: Es ist Arbeit im erwer- ben/ Furcht im Besitzen/ Schmertzen im verlieren. Denen Liebhabern der betruͤglichen Welt ruffet S. Bernardinus also zu Siche/ Gott hat mit so viel Lib. 1. de contemp mundi art. 3. c. 1. Elend die Welt erfuͤllet/ Siche die Welt ist bitter/ und wird also geliebt; sie ist so baufaͤllig/ und sie wird bewohnet; was sollen wir thun/ wann sie fest und suͤß waͤre? O unreine Welt/ und voll von Finsternuͤssen! wann du also anhaͤltest/ in dem du vorbey gehest/ was soltestu thun/ wann du bleiben wuͤrdest; wann du so betriegest/ in dem du bitter bist/ wen soltestu nicht be- triegen/ wann dusuͤß waͤrest? Ferner koͤnnen wir der Welt Eitelkeit und ihre Betruͤglichkeit der Hure Dalila billig vergleichen: dann was Dalila dem Samson gethan/ das pflegt die Welt ihren Liebhabern zuthun. Dann als Samson von Dalila uͤberredet/ ihr offenbahret hat/ worinn seine Staͤrcke bestuͤnde/ hat sie dem Samson/ der sie fuͤr seine getreue Buhlerin gehalten/ die Haare abgeschnitten/ in dem er in ihrem Schoß schlaffete/ und hat ihn Judic. 16. seinen Feinden uͤbergeben/ welche ihm die Augen außgerissen/ und ihn gebunden in den Kereker geworffen/ da er hat mahlen muͤssen. Die- se Dalila ist die Welt/ der Samson aber ist dessen Liebhaber: Die Abschneidung der Haare bedeutet die Entzichung der Gnad und deß Lebens/ und also beraubet wird er in den hoͤllischen Kercker ge- stossen/ Die Dreyssigste Geistliche Lection stossen/ wo sie ihn zur Muͤhle stellen/ das ist: zu unterschiedlichen Straffen/ wo er im uͤbrigen niemahls ruhen wird. Deßwegen wird diese Welt inder H. Schrifft billig eine Heuchlerey genennet/ dieweil/ ob sie schon euserlich sehr scheinbahr/ ist sie doch inwendig voll von Verderbung/ Eitelkeit/ und List. Jn jenen sinnlichen Guͤtern scheinet sie gut zu seyn/ da sie doch war- hafftig voll Betrug und Luͤgen ist. Exem- pel 68. Historia. 3. Discipulus erzehlet: daß in Oesterreich ein Adelicher Mann gewesen/ der Eitelkeit der Welt sehr starck ergeben/ welcher/ als er in einer Nacht allein vor dem Schloß in einen lieblichen Garten gegangen/ umb sein Gemuͤth zu erluͤstigen/ ist ihm eine wohl gebutzte Frau erschienen/ umd hat befohlen/ daß er naͤher zu ihr kommen moͤgte; dann sie waͤre die jenige/ welche er so sehr liebet/ und sonderlich in Augen und Hertzen haͤtte. Er gehet hinzu/ be- siehet sie fleissig/ und betrachtete ihre Schoͤnheit. Als er seine Augen gnug an der schoͤnen Gestalt geweidet hatte/ vermahnet sie ihn/ daß er nun auch auff den Rucken beschauete/ welche er von fornen so begierig ange- sehen hatte. Da wendet sie den Rucken/ und er die Augen/ und befand sit gantz heßlich/ und voll von Verfaulung und Beinern. Als er daruͤber er- schrocken/ hat er gefraget wersie dann waͤre/ welche mit einem so lieblichen Angesicht die Augen zum anschauen anlockete/ auff dem Rucken aber so heß- lich/ daß sie einem Todten-Aaß vielaͤhnlicher als einer schoͤnen Frauen waͤ- re? darauff sie geantwortet: Jch bin die Ehre der Welt/ und diese seyn meine Fruͤchte/ damit sie alsbald in die Lufft verschwunden: der Edelmann daruͤber gantz erschrocken/ hat der Welt ab gesagt/ und sich GOtt gantz in ei- ner heiligen Gesellschafft ergeben. So hat dann diese erschienene Frau den Zustand der Welt auffs beste außgetruckt/ dessen vorderer Theil oder der Anfang schoͤn und lieblich/ wann wir aber den Rucken oder das Ende beschauen/ werden wirs voll von Graussen und Schmertzen befinden. Die- Eccl. 2. v. 10.11. ses bekennet Salomon deutlich von sich selbsten/ indem er gesagt: Alles/ was meine Augen begehret haben/ daß hab ich ihnen nicht geweigert: Auch hab ich meinem Hertzen nicht gewehret/ alle wollust zu brauchen/ und sich in dem zu erlůstigen/ was ich zubereitet hatte/ und habe das fůr meinen Theil gehal- ten/ wann ich meine Arbeit brauchete. Als ich mich nun zu allen Wercken kehrete/ die meine Haͤnde gemacht hatten/ und zu der Arbeit/ darinn ich mich vergeblich bemůhet hatte: da hab ich in allem Eitelkeit gesehen/ und Bekům- mernuß deß Gemůths; auch daß nichts blibe unter der Sonnen. 4. Als Von Verachtung der Welt. 4. Als Joab den Amasam freundlich gegruͤsset/ und mit der Rechten Hand 2. Reg. 20. sein Kien gefasset/ als wolte er ihn kuͤssen/ hat er mit der Lincken den Degen in seine Seiten gestochen und umbgebracht. Also pflegts auch die Welt zu thun denen/ die ihr dienen/ dann in dem sie kuͤsset/ liebkoset/ und Sůssig- keit anbietet/ so bringt sie zugleich umb. Dieses beweinet S. Chrysosto- Sup. Matth. mus sagend: O wie gar elend ist die Welt/ und elend diejenige die ihr fol- gen/ dann die Wercke der Welt haben die Menschen allzeit von dem Le- ben außgeschlossen. Mit diesem stimmet S Bernardus ein: Sage mir/ sagt er/ wo seynd die Liebhaber der Welt/ welche vor wenig Zeit mit uns waren? Es ist von ihnen nichts uͤber blieben als Staub und Aschen. Nehmets fleis- sig in acht/ was sie seyen/ und was sie gewesen. Sie seyen Menschen ge- wesen/ wie du/ sie haben gegessen/ getruncken/ gelacht/ und haben gute Tage gehabt/ und augenblicklich seyn sie in die Hoͤlle gefahren. Hier wird ihr Fleisch denen Wuͤrmen/ dorten ihre Seel dem Feuer zu theil. Einen sol- chen Außgang haben die Sclaven der Welt: dann diese weiß wohl den Wirthen nachzufolgen/ welche den einkehrenden Gast gar freundlich em- pfangen/ und das allerbeste versprechen/ aber im Weggehen eine theure Zech mit ernstlichem Gesicht genau fordern: also liebkoset zwar die Welt anfaͤng- lich ihren Liebhabern/ aber am Ende zwinget sie die genossene Suͤssigkeit mit den schweresten Straffen zu buͤssen. 5. Wann sich nun die Sach also verhaͤlt; wie naͤrrisch handeln dann die jenige/ welche GOtt verlassen und der Welt anhangen/ absonderlich die- weil/ nach deß H. Joannis Zeugnuß/ alles was in der Welt ist/ 1. Joh. 2. 16. entweder Begierde deß Fleisches/ oder Begierde der Au- gen/ oder Hoffart deß Lebens ist/ welche allzumahl den Men- schen in das hoͤllische Feuer stuͤrtzen? O Blindheit der sterblichen Menschen! O Thorheit der Menschen! Warhafftig/ der Narren ist ein unendliche Zahl. Der H. Bernardus ruffetrecht auß: die Welt schreyet/ ich nehme ab: der Teuf- fel schreyet/ ich betriege: Christus schreyet/ ich erquicke/ und doch will un- ser Hoffaͤrtiges Gemuͤth mehr der abnehmenden Welt als dem erquickenden Christum folgen. Jst das nicht die hoͤchste Thorheit? Aber last uns weiter der Welt Blindheit betrachten. Der Mensch nach der Gleichheit GOt- tes erschaffen/ kan nicht ruhen/ bist er seyn letztes Ziel erreichet/ dar zu er er- schaffen ist/ weil aber dieses GOtt selbst ist/ so folget gar wohl/ daß kein er- schaffenes Ding (wie es auß der taͤglichen Erfahrung genug bekandt ist) den Menschen voͤllig ersaͤttigen koͤnne. Dann alles was in der Welt ge- funden wird/ ist unter dem Menschen/ und wann sich der Mensch durch Zu- B b b neigung Die Dreissigste Geistliche Lection neigung mit ihnen vereiniget/ wird er nicht edler/ sondern schlechter und un- In Serm, Ecce nos reliq. Lib. 4. Conf. c. 12. reiner/ und solches desto mehr/ je mehr er ihnen anhaͤnget. Deßwegen nimbt der H. Bernardus kluglich in acht/ daß die vernuͤnfftige Seele nach dem E- benbild Gottes gemacht/ von andern Sachen eingenommen/ aber nicht erfuͤl- let werden koͤnne. Deßwegen ruffet der H. Augustinus denen Anhaͤngern der Welt also zu: O ihr Liebhaber der Welt! da ist keine Ruhe/ wo ihr dieselbe su- chet; suchet/ was ihr suchet; ihr suchet das gluͤckselige Leben im Lande deß Todts? Es ist nicht allda/ dann wie kan da ein gluͤckseliges Leben seyn/ wo kein Leben ist? 6. Ferner hat dieser Betrug der W elt mit seinen Gemuͤths Augen biß auffs innerste gesehen der Heyden-Lehrer S. Paulus, deßwegen sagt er zu den Philip. 3. 8. Philippensern: Jch achte alles fůr Koth/ damit ich Christum gewinne. Deßwegen soll man billig alle Guͤter der W elt verachten/ weil sie der Apostel fuͤr Koth haͤlt. O du hoͤchste Verkertheit/ und erschroͤckliche Blindheit der Adams-Kinder! was ist Gott/ den sie verlassen? ist er nicht der Brunn alles guten/ das Mittelpunct unserer Seelen/ die wahre Ruhe unsers Hertzens/ und die reinste W uͤrckung der Guͤtigkeit? was ist die W elt/ die sie lieben? ist sie nicht ein Kaͤrcker der Lebendigen/ ein Grab der Todten/ eine W erckstatt der Laster/ ein verachtung der Tugenden und ein Hencker der Vernunfft/ so zu Gott lencket. Hoͤret derohalben ihr Liebhaber der W elt S. 1. Joh. 2. 17. Joannem, welcher euch also zuruffet: Die Welt vergehet sambi ih- ren Lůsten. Jch bitte euch/ saget doch ob/ ihr wollet/ entweder das zeit- liche lieben/ und mit der Zeit voruͤber gehen/ oder Christum lieben/ und in E- wigkeit leben? vielleicht werdet ihr antworten/ daß ihr beydes liebet; aber/ ihr Matt. 6. 24. elende! ihr werdet betrogen. Dan Christus sagt: Niemand kan zweyeu Herren dienen/ dan er wird entweder den einen hassen/ und den andern lieb haben: oder er wird den einen důlden/ und den andern verachten. Jhr koͤnnet nicht GOtt dienen und dem Mammon oder der W elt. Derowegen ists dem/ der Christo dienen will/ nothwendig/ daß er alle Lieb der Creaturen auß dem innersten seines Her- tzens stosse/ dann so/ und nicht anders wird er seinen Feinden obsiegen. Dann gleich wie David mit deß Sauls W affen angethan/ nicht fortg e hen konte/ noch gegen den Goliath streiten; also auch einer/ der mit den W affen der W elt angethan/ das ist/ in die weltliche Geschaͤfften sich einstecket/ der kan fuͤr Gott gegen den Teuffel nicht streiten. 7. Derowegen/ lieber Bruder/ damit du nicht einmahl am Ende deines Lebens von der W elt betrogen/ und von derselben in den Abgrund der Hoͤllen gestuͤrtzet Von Verachtung der Welt. gestuͤrtzet werdest/ so entferne weit von dir derselben Liebe. Damit du aber dieß desto kraͤfftiger thun koͤnnest/ so bemuͤhe dich denen im Anfang bald zu wider- stehen/ und den ersten Zugang zu verschliessen/ welches du leichtlich verrichten kanst/ wann du die Gesellschafft der weltlichen Menschen gaͤntzlich fliehen wirst: Ja nicht allein der weltlichen/ sondern auch den Zugang der Freunde und Bluts-Verwandten vermeide/ so viel du kanst/ treibe deren Geschenck von dir hinweg/ dann diese und dergleichen haben sehr viel Geistliche verkehrt. Daher/ damit sich unser P. Adalbettus à S. Alexio sich nicht in die geringste Gefahr steckete/ meidete er aͤrger als eine Schlang die Gesellschafft der welt- lichen/ auch der Freunde/ und predigte diese Flucht den andern Novitiis (deren ich der geringste war) ein: W elche Lehr er hernach mit einem heroischen Exempel bek raͤfftiget hat/ in folgender Begebenheit. Er ist in dem general Capitul zum general Definitor erwaͤhlt worden/ deßwegen er gezwungen war nach Rom zu reisen. Als er nun nach Praag kommen/ hat also bald seine Fraw Mutter mit zweyen andern ihrer Soͤhnen begleitet/ umb ihren uͤber- auß geliebten Sohn Adalbertum, densie etliche Jahren nit gesehen/ zu besu- chen/ zum Closter geeylet/ und hat ihn nach sehr freundlicher Gruͤssung gebet- ten/ sich belieben zu lassen/ zu ihr zu kommen/ und je mehr sie anhielte/ je mehr ers abschluge: Daher haben auch seine leibliche Bruͤder nichts unterlassen von den Beredungen/ damit P. Adalbertus durch deren Krafft uͤberwunden/ in der Mutter Begehren einwilligte: Aber vergebens: Und als er die Ursach erforschete/ warumb sie dieses verlangeten? Vielleicht/ sagt er/ wollet ihr mir ein Gastmahl bereiten? aber zu was dienet es? dann mein Closter gibt mir gnugsame Nahrung: So es aber wegen einer andern Ursach ist/ siehe/ so bin ich bereit/ euch zu dienen/ so lang ich hier bleiben werde/ kommet/ zu welcher Zeit es euch gefaͤllet: Und also ist er noch durch der Mutter/ noch der Bruͤder Bitten bewogen allezeit im Closter geblieben/ biß er sei- ne Roͤmische Reiß fortgesetzet hat. Jst das nicht eine heroische That? 8. Ein anderer Muͤnch/ nachdem zu ihm nach 15. Jahren viele Brieff vom Vatter und Mutter/ und vielen Freunden auß der Landschafft Ponti gebracht worden/ hat den grossen Pack der Brief- fen genommen/ und lang bey sich erweget/ sagend: W as wird mir die Lesung derselben fuͤr eine Ursach seyn zu vielen B b b 2 Gedan- Die Ein und Dreissigste Geistliche Lection Gedancken/ welche mich entweder zu einer eytelen Frewde oder unfruch tbah- ren Trawrigkeit treiben werden? wie viel Tage wird die Erinnerung derer/ die geschrieben/ die Meinung meines Gemuͤths von der vorgesetzten Be- schawung abhalten? was wirds mir nutzen/ daß ich die Frewde mit dem Leib verlassen habe/ aber nicht mit dem Hertzen? als er dieses im Gemuͤth uͤberleget/ hat er beschlossen/ nit allein keinen Brieff zu eroͤffnen/ sondern auch den Pack nicht/ nemblich/ damit nicht die Meinung seines Geists auff hielte/ wann er der Schreibenden Nahmen erzehlete/ oder sich ihrer Gesichter erinnerte; der- wegen wie er den Pack zugebunden empfangen/ hat er ihn dem Feuer zu bren- nen gegeben/ sagende Gehet hin ihr Gedancken deß Vatterlands/ werdet auch verbrandt/ damit ihr mich nicht wieder dahin zu ziehen versuchet/ welches ich geflohen. Gleich wie auch Theodorus deß H. Pachomii Lehr-Juͤnger/ die Welt verachtet habe/ ist in dem Leben St Pachomii zulesen. Mehr andere Exempel von der Verachtung der Welt wirst du uͤberall in diesem Buch finden/ welche ich hier vorbey gehe/ damit ich eben dasselbe nicht widerhole. Folge derowegen diesen und jenen nach auff dem Weeg/ damit du mit allen Verachtern der Welt dich moͤgest frewem im Vatterland. Lebe wol! Die Ein und Dreissigste Geistliche LECTION Von der Geistlichen Vollkommenheit. 1. Cor. 12. 31. Æmulamini charismata meliora: \& adhuc excellentio- nem meam vobis monstro. Eifert aber nach den besten Gaben: So will ich euch noch einen fůrtrefflichern Weg zeigen. Der Erste Theil. 1. G Leich wie von demjenigen/ welcher die schwere Buͤrden/ Kleider und andere Hindernuͤssen weglegende sich entlasset/ nicht gesagt wird daß er auffgestiegen/ oder auff dem Gipffel deß Bergs seye/ sondern Von der geistlichen Vollkommenheit. sondern im Stand der gesagten Auffsteigung sich setzet/ und auffsteigend von Stund zu Stund dem Gipffel deß Bergs naͤhert: Also ist ein Geistlicher/ der die Welt auß seinem Hertzen gerissen/ nicht gleich vollkommen zu nennen/ sondern daß er auff dem Koͤniglichen Weeg zum Gipffel der Vollkommen- heit seye: dahero/ wann er den Berg der geistlichen Vollkommenheit auffzu- steigen verlanget/ so muß er auch von sich ablegen alle Faulheit und Beschwer- nuͤß/ welche gemeiniglich als Raͤuber auff die Auffsteigende zu fallen pflegen/ damit sie dieselbe also verhindern und zuruͤck treiben: Aber was ist zu thun/ daß wir diese Schwaͤrmer darnieder schlagen? Man muß darfuͤr streiten/ und sich bemuͤhen/ ohne Verzug die angetrettene Reise fortzusetzen. Dann gleich mie die Reisenden dem von Nachstellungen und Gefahren beschreiten Orth mit angereitzten Pferden vorb e y fliegen: also muͤssen die eyfferigen Geistlichen/ weil sie wissen/ daß der Tugend-Weg schwer/ und von den Feinden besessen ist/ mit grossem Eyffer lauffen. Hieher zielet der Apostel/ sagende: Seyd Rom. 12. 11. nicht traͤge in der Sorgfaͤltigkeit; seyd feurig im Geist: die- net dem Herrn. Derowegen ist zur geistlichen Vollkommenheit der Eyffer sonderlich noͤthig/ weil/ wie die Leben der Vaͤtter sagen/ gleich wie die Muͤcken zu einem brennenden Hafen sich nicht naͤhern/ wann er aber lau ist/ sitzen sie auff ihn und machen Wuͤrme: Also fliehen die Teuffel einen Muͤn- chen auch/ der mit dem Feuer deß goͤttlichen Geists entzuͤndet ist/ einen lauen aber spotten und verfolgen sie. 2. Was uns auch zu diesem Eyffer deß Geists bewegen solte/ ist die Kuͤr- tze deß Lebens. Dann welcher Arme/ wann ihm fuͤr einen Tag ein Koͤnig- licher Schatz geoͤffnet wuͤrde mit Freyheit/ davon/ so viel er wolt/ außzutragẽ/ solte im Außtragen und samblen deß Gelds den groͤsten Fleiß und Eyffer nit anwenden? wie viel mehr dan solte ein Geistlicher durch den gemuͤths Eiffer/ nicht ver gaͤngliche/ sondern himmlische Schaͤtze samblen? derohalben mah- net Salomon billig Thue alles instaͤndig/ was deine Hand ver- Eccles. 9. 10. mag zu thun; dann in der Hoͤlle/ dahin du (wegen deß Unfleisses und Lauigkeit) eilest/ wird weder Werck seyn noch Vernunfft/ noch Weißheit und Erkaͤntnuß. Uber das ist zu betrachten/ was die Weltlichen/ welche zeitliche/ irdische und vergaͤngliche Reichtumben suchen/ fuͤr einen Eyffer anwenden/ darvon S. Ignatius Lojola den Portugesischen In Epist. ad Lusi- tan. Bruͤdern also schreibet Leidets nicht/ daß die Menschen dieser Welt mehr ar- beiten und Beschwaͤrnuͤssen annehmen/ in Fleissiger zu wegbringung der Wolluͤsten und vergaͤnglichen Dingen: schaͤmet euch/ daß sie mit groͤsserer Muͤhe trachten die Gnade eines sterblichen Fuͤrsten zu erwerben/ als ihr ar- beitet zur Freundschafft mit dem ewigen Koͤnig zu kommen/ und deßwegen B b b 3 hat Die Ein und Dreyssigste Geistliche Lection hat der H Pambo ein Abt sich selbsten beweint. Welcher/ als er durch Anmah- nung deß Bischoffs S. Athanasii auß der Wuͤsten nach Alexandriam kom̃en war/ und alda ein gar schoͤn gebutztes Weibsbild gesehen/ vergiesete er viele uñ bittere Zaͤhren/ hat er denen Beystehenden/ so gefraget/ warumb er geweinet haͤtte/ geantwortet: zwey Dinge haben mich bewogen/ eines dieses Weibs Verdamnuß; daß andere/ daß ich solchen Fleiß nicht anwende/ daß ich Gott gefallen moͤge/ dergleichen sie thut/ damit sie den heßlichen Menschen gefalle. Eben dasselbe hat der H. Bischoff Nonnus beweinet/ wie unten im Leben der H. Pilagiaͤ weitlaͤufftiger wird erzehlet werden. 3. Und dieß ist erste Weeg zur geistlichen Vollkommenheit/ der geistlicht Eiffer. Der andere ist die Sorge fuͤr die gerinsten Sachen/ welche nichts anderst ist/ als ein fleisige und fuͤrsichtige Bemuͤhung der gerinsten Sachen unter andern zu meiden/ wann sie der Vollkommenheit schaͤdlich seynd; oder anzunehmen/ wann sie nutzen. Es wird aber gesagt/ daß diese Sorge zur Vollkommenheit am aller meisten gehoͤre/ dieweil die Sorge fuͤr die groͤsse- sten Suͤnden nicht so wohl zur Vollkommenheit/ als zur Seeligkeit noͤthig ist. Wie aber dise Sorge fuͤr die kleinesten Sachen Gott angenehm seye/ zeigt uns Cant. 4. 9 an der Goͤttliche Braͤutigam/ wann er seine Braut also anredet: Du hast mein Hertz verwundet/ meine Schwester/ meine Braut/ du hast mein Hertz verwundet mit einem deiner Augen/ und mit einem Haar deines Halses. Was kan anderst durchs Aug/ und was anderst durchs Haar verstanden werden/ als die kleineste Wercke eiffe- rig gethan/ welche das Hertz unsers Seeligmachers also verwunden/ daß/ nach Blosius c. 2. instit. spir. Zeugnuͤß deß Ehr-wuͤrdigen Blosii/ sie ihm eine mehr angenehmere Sache thun/ wann sie in den kleinesten Sachen GOtt zu gefallen dem eignen Wil- len widerstehet/ und sich abtoͤdtet/ als wann sie viele Todten aufferweckete. Und zwarn billig/ dann gleich wie nach der Lehr S. Paulini, ein Sanfftkorn/ Ep. 20. ad Aman- dum. ob es gleich das kleineste unter dem Saamen scheinet/ nichts desto weniger im Kraut das groͤste ist: Also die Sorge fuͤr die kleinesten Sachen/ ob sie gleich eine geringe Sach zu seyn scheinet/ dennoch wachset es in die Aehren der groͤs- sesten Tugenden/ und in die groͤsten Garben der himmlischen Gnaden. Da- hero auch S. Cyrillus uͤber die Wort Christi/ die Haare eures Haupts seyn al- le gezehlet/ sagt: Was bedeuten die Haaren deß Haupts anderst/ als die klei- nesten Wuͤrckungen/ welche GOtt genau in acht nimbt/ und belohnet? Da- mit aber niemand diese Warheit in Zweiffel ziehete/ hat dieses unser Heyland selbst bezeuget bey dem Matthaͤum/ sagend: Ey du frommer und ge- Matth. 25. 23. treuer Knecht/ dieweil du ůber weniges treu gewesen bist/ so Von der Geistlichen Vollkommenheit. so will ich dich ůber vieles setzen/ gehe hinein zu der Freu- de deines HErrn. Ferner/ damit uns GOtt mehr zu dieser Jnacht- nehmung der kleinsten anlockete/ hat er bißweilen mit herrlichen Wunder- Wercken offenbahren wollen/ wie angenehm ihm diese Sorge seye. Dann man leset in denen Leben der H. H. Alt-Vaͤtter/ daß/ als ein Geistlicher nach der Gewonheit die Brosamen auff dem Tisch zu sammlen vergessen/ und die- selbe erst nach dem Tisch gesammlet hat/ ist er alsbald zu dem Obern gangen fuͤr ihm niedergeworffen demuͤthig seine Schuld angezeiget: Und siehe/ eine wunderbahre Sache! dann in dem der Abt begehret/ daß er ihm die gesamm- lete Brosamen zeigete/ hat er sie alsbald in kostbare Perlen veraͤndert gefun- den/ daß sich jederman daruͤber verwundert hat: 4. Dann wo diese Sorge fuͤr die kleinesten Sachen in einem Kloster im Epist. 6. ad Mo- nach. schwang gehet/ daselbst wird die kloͤsterliche Zucht als ein Palmbaum bluͤhen. Es ist/ spricht der H. Anselmus/ auffs allergewisseste/ welches wir in vielen Kirchen auß Erfahrung gehoͤret/ daß in einem Kloster/ wo die kleinesten Sa- chen genau in acht genom̃en werden/ die Zucht der Muͤnchen/ der Fried unter dẽ Bruͤdern/ daselbst unverletzt bleibe/ und im Capitel hoͤren auf die Außschrei- ungẽ Dannenhero hat die H. Maria Magd. de Pazzis durch die Offenbahrung Vita p. 4. c. 14. GOttes gelehret/ daß man unter 5. Sachen/ welche man fuͤr einen jeden Or- den in seinem geistlichen Stand zu erhalten begehren soll/ auch diese allzeit begehren solte/ auff daß alle Geistliche vollkommentlich erkennen/ wie viel daran gelegen seye eine jede kleineste Sache der heiligen Regul in acht zu neh- men. Was nun zu Erhaltung eines Ordens nothwendig ist: wer solte laug- nen/ daß nicht auch solches erfordert werde zu Erhaltung einer Ordens- Persohn/ die im Weeg der Tugenden begriffen ist. Darumb hat sich P. Vita p. 2. c. 1. Aloysius/ wie der Author deß Lebens schreibet/ fest eingebildet/ daß ein wah- rer und vollkommener Geistlicher der jenige seye/ welcher auffs genaueste alle Regeln seines Ordens inacht nimbt/ und welcher allen Fleiß anwendet zur vollkommenen Ubung aller der jenigen Aembter und Wercke/ auch der kleinesten/ welche der Orden alle Tage allen vorschreibet. Und diese Lehr deß H. Aloisii ist der Koͤnigliche Weeg zur Vollkommenheit/ und die himmlische Reichthummen zu versamblen. Dann gleich wie nach Zeugnuß deß heili- gen Chrysostomi/ die Reichthumen deß Leibs versamblet werden/ wann die Liebhaber derselben nicht den allergeringsten Gewinn verachten: also werden die geistliche Reichthumen durch die fleissige Sorge fuͤr die klei- nesten Sachen vermehret. Oder wie S. Isidorus sagt: Wie der Mensch all- L. 2. sect. c. 36. n. 3. gemach von den kleinesten Lastern in die groͤsten fallet; also steiget er Staf- felweiß auff von den kleinen Tugenden zu den hoͤchsten. 5. Ein Die Ein und Dreyssigste Geistliche Lection Ruffinus l. 3. n. 91. 5. Ein Alter/ als er vonseinen Bruͤdern gefragt wurde/ wie er der Kinder/ so das Viehe weideten/ Stimm vertragen koͤnnte/ hat geantwortet: Jn der Warheit/ Bruder/ ich habe vicle Tage gedacht/ ihnen etwas zu wollen sa- gen/ aber ich habe mich selbst gestrafft/ indem ich bey mir betrachtete/ wan ich diß kleine nit vertrage/ wie werd ich ein groͤssere Versuchung/ wan sie komt/ vertragen/ und deßwegen sage ich ihnen nichts/ damit ich eine Gewonheit sie L. 3. e p. 5. zu vertragen uͤberkomme. Derowegen ist der H. Franeiseus Xaverius gar wohl gewohnet gewesen zu sagen: niemand betriege sich selbst/ es kan niemand in grossen Sachen hervorleuchten/ wers nicht zuvorn im geringsten thut. Dann welcher eine kleine Last nicht tragen kan/ der wird desto weniger eine grosse tragen. Deßwegen/ mein lieber Bruder/ bemuͤhe dich/ die kleine Dinge starckmuͤthig zu vertragen/ da- mit du groͤssere/ nach ereigneter Gelegenheit/ vertragen koͤnnest. Eifere/ wie der Apostel mahnet/ nach den besten Gaben/ in Haltung nemb- lich nicht allein der Gebott/ sondern auch der Raͤthe. Umbfasse das jenige/ welches nun kuͤrtzlich von der Sorge fuͤr die kleinesten Dinge gesagt ist/ dann also und nicht anderst wirstu den Berg der Vollkommenheit auffsteigen. Dann wie ein Vogel/ wann er beyde Fluͤgel hat/ sich leichtlich in die Lufft schwinget/ welcher doch/ wann er nur einen haͤtte/ sich schwerlich von der Er- den erhebete/ in dem einer eine Last ist/ beyde aber eine Erleuchterung: Also/ wer sich fuͤrnimbt/ die Gebott allein zu halten/ und das jenige/ welches unter einer Suͤnde verbindet/ der wird mit grosser Beschwernuͤß sich und sein Ge- muͤth zu dem Himmlischen erheben/ und wird in immerwehrender Gefahr zu fallen schweben. Ein anders aber ists mit dem/ welcher die Gebott und die Evangelische Raͤthe/ wie auch seines Ordens besondere Gesetze/ so zur P. 1. de Perf. tr. 1. c. 20. Suͤnde nicht verbinden/ zu halten beschlossen hat. Endlich der Alphonsus Rodriquez, als er von dieser Sach redet/ beschliesset also und sagt: wir sollen dieses/ was von dieser Sache geredet worden/ so hoch halten/ daß sie vor eine Haupt-Regul diene/ nemblich/ so lang jemand die kleine Sachen achten und hochschaͤtzen wird/ wird er recht einher gehen/ und Gott wird ihn mit sei- ner Gnad weiter bringen: hergegen/ so er sie verachtet/ wird er gefaͤhrlich elnhergehen/ weil nemblich durch diese Thuͤr alles Ubel in das geistliche Hauß deß Geistlichen einlauffen. Und daß es damit also seye/ wird auß dem folgenden Theil weitlaͤufftiger erhellen. Der Von der Geistlichen Vollkommenheit. Der Andere Theil. 6. E Jn jeglicher der gesunde V ernunfft hat/ wird bejahen/ daß auß den Geistlichen Cloͤstern viele zur Hoͤlle gestossen werden. Die Mei- De abdi- cand. re- bus. nung deß H. Basilii ist/ daß unter den Muͤnchen wenig seelig wer- den. Dieser Meinung unfelbarer Zeug ist P. Pacificus Capucin 9 welcher nach Zeugnuͤß Boverii, in einer Entzuͤckung/ nicht allein der weltlichen Menschen/ sondern auch der Geistlichen Seelen als Regen-Tropffen in die Hoͤlle fallen gesehen hat. Ja der Abt Silvanus hat gesehen die Seelen der Weltlichen selig/ der Geistlichen verdambt werden. O eine schroͤckliche und sehr zu foͤrchtende Sach! aber warunib das? warhafftig wegen keiner andern Ursach/ als daß sie die kleine Sachen in ihren Reguln enthalten/ verathten und gring schaͤtzen: dahero machen sie dann sich mehr und mehr der goͤttlichen Gnaden also un- wuͤrdig/ daß/ indem sie die leichten Sachen fuͤr gering schaͤtzen/ sie gemeinig- lich in groͤssere fallen nach dem Spruch der Weißheit: Wer ein gerin- Ecclesia- stici 19. 1. L. 20. moral. c. 9. Luc. 16. 10. In proœm. Relig. 5. c. 20. De vit. \& mor. instit. ges nicht achtet/ der wird allgemach dahin fallen. Derhalben sagt recht der H. Gregorius/ wann wir geringe Dinge zu achten versaumen/ werden wir unempfindlich verfuͤhrt auch groͤssere kuͤhnlich zu thun: welches auch die Warheit selbst bestaͤttiget bey S. Luca sagend: Wer im geringen ungerecht ist/ der ist auch unrecht im grossen. Dann gleich wie/ als S. B onaventura sagt; auß vielen kleinen Tropffen entstehen er- giessungen der Waͤsser/ welche auch bißweilen grosse Mauren umbwerffen: und gleich wie das Wasser durch eine kleine Ritzen verborgen in das Schiff einfliesset/ diß es untergetuncket wird: also geschicht es denen unbehutsamen Geistlichen/ welche kleine Ding nicht achten/ dan wie S. Bernardus wohl ver- merckt/ von kleinesten fangen an/ welche in die groͤsseste fallen/ dahero der aller- weiseste Spruch ist: Niemand wird geschwind der hoͤchste. 7. Weil nun das der geschworne Feind deß menschlichen Geschlechts wol weiß/ darumb wird er denen/ so indem Weeg der Tugenden wandlen/ selten im Anfang rathen/ daß sie grosse Suͤnde begehen/ dann er foͤrchtet Abschlag zu bekommen/ sondern er wird allein eingeben/ daß sie diese oder jene gute Wuͤrckung unterlassen/ oder diesen oder jenen Fehler oder leichte Suͤnde nit achten/ es waͤr ein kleine Sach/ es werde leicht von Gottverziehen/ ja mit ei- nem Weyhewasser koͤnne sie leicht außgeloͤscht werden: dan es ist dieser V er- fuͤhrer so arglistig und betrieglich/ daß er/ wie der H. Franciscus zu sagen pfleg- te/ nichts mehr von uns als das zarteste Haar verlangt/ dar auß er ein so groß und starckes Mund - Gebiß unsere Seelen zu binden und in seine Gewalt zu bringen/ zu machen pflegt: daher er/ wie P. Marcus der Einsidler wahrnimbt/ cap. de spit. §. 96. die kleine Suͤnden sehr groß und schwaͤr nicht macht; dan sonsten koͤnte er den C c c Men- Die Ein und Dreissigste Geistliche Lection Menschen nicht zu ein groͤsseres Ubel und Laster fuͤhren/ welches der H. Chry- Hom. 87. in Matt. sostomus mit dem Exempel deß Cains bestaͤttiget/ dem erstlich der Teuffel uͤberredet das schlimste zu opffern/ sagend/ daß dieses keine Suͤnde waͤre: her- nach hat er ihn mit dem Gifft deß Neids angezuͤndet/ ihn uͤberredend/ daß darauß nichts boͤses folgen werde: endlich ist er so auff ihn gefallen/ daß er ihn zum Todtschlag deß Bruders und zur Verlaͤugnung der Ubelthat angetrie- ben/ und ein wenig hernach setzt er das Exempel Judæ darbey/ sagend/ wann er nicht gemeint haͤtte/ es waͤre ein kleine Sache/ der Armen Geld zu entwen- den/ waͤre er in solche Unverschaͤmbtheit nicht gerathen. 8. Aber leider! wie viele werden nicht auch von denen Geistliehen mit Cain und Juda mit dem ewigen Feuer darumb brennen/ weil sie die kleine Sachen nicht achtend/ in groͤssere gefallen seynd/ welche sie doch nicht groß/ sondern Zach. Bouer. in Annal. P. P. Ca- pucin. Historia. klein zu seyn vermeineten. Zum Exempel seye uns ein Geistlicher/ Anno 1550. als die Pestilentzische Seuche in der Marca Anconitana grassir te/ hat es sich zugetragen/ daß auch ein Minnenbruͤder Convent angesteckt wurde: es seynd viele von den Geistliehen gestorben/ und so offt derselben einer sturbe/ hat die Wacht deß Schlosses gesehen/ daß sich ein gar heller Glantz vom Himmel herunter begeben/ und auff selbigem Closter geruhet/ durch welches Zeichen sie verstunden/ daß ein Bruder zum Himmel beruffen worden; dan (wie gottselig geglaubt wird) ein Engel gesellete sich zu derselben Seele/ welche nach Gott eylete. Vierzehen seynd auß diesem Leben abgeschieden/ durch solchen Glantz angezeigt. Es hat sich zugetragen/ daß auch ein Ley-Bruder gestorben/ als die Wacht dieses gewoͤhnliche Liecht nicht gesehen hatte/ hatte sie von den Bruͤ- dern begehrt und genau erforschet zu wissen/ was der verstorbene fuͤr ein Le- ben gefuͤhrt haͤtte? die Bruͤder/ welchen deß verstorbenen Leben allzeit loͤblich geschienen/ haben seine Gesellschafft sehr hoch geruͤhmet/ jedoch erwegeten sie stillschweigend dieses bey sich/ und fingen an von seiner Seeligkeit sehr zu zweiffeln: ein betagter und ehrwuͤrdiger unter ihnen/ welcher durch seine got- tesforcht sehr angesehen ware/ thaͤte Gedett fuͤr die Seele deß verstorbenen/ und batte Gott auffs dmuͤtigste mit vergossenen Zaͤhren/ er moͤchte doch nach seiner Guͤtigkeit deß verstorbenen Stand offenbahren: als er nun zu Nachts fuͤr dieselbe Seele bettet/ siehe da erscheinet eine grosse Flamme/ und in dersel- ben die verstorbene Seele mit eisernen und gluͤenden Ketten gebunden: der Alte konte dieß Gespenst ohne Schrecken deß Leibs und deß Gemuͤths nicht ansehen: doch fraget er/ wer bist du? der Geist antwortet/ ich bin die Seele deß juͤngst verstorbenen Leyen-Bruders: der Alte fragt weiter/ bist du an einem seeligen Ort? der verstorbene antwortet/ ach! verflucht sey der Tag/ der mich ans Liecht gebrachthat: ach! wolte GOtt/ daß ich niemahls waͤre gebohren worden/ Von der Geistlichen Vollkommenheit. worden/ so wuͤrde ich nun nicht von dem Urtheil der ewigen Verdamnuͤß ge- truͤckt/ dan ich bin in die ewige Peine der Hoͤllen gestossen: der alte Geistliche fahret fort: und warumb bist du in die Hoͤlle verdambt? darauff er geantwor- tet: fuͤnff Rosenkraͤntze haben mir das ewige Feuer zu wegen gebracht: ich habe sie von einem Freund gekaufft/ und gedachte sie meinem Bluts-Verwandten zu schencken: die Zulassung meines Obern hab ich zu begehren unterlassen/ und niemahls gebeichtet/ habs auch fuͤr keine grosse Suͤnde gehalten/ ob gleich mich offt das Gewissen plagte: als aber die Sach fuͤr den Richter-Stuhl Gottes gebracht worden/ ist sie nicht fuͤr ein geringes/ sondern fuͤr ein grosses Werck erkennt worden/ und habe das Urtheil der Verdamnuͤß als ein Eigen- thuͤmer empfangen: damit du aber wissen moͤgest/ wahr zu seyn/ was ich sage/ so siehe an den Fußschaͤmel meines Bettstuhls/ wo ich zu bettẽ pflegte/ so wirst du diese 5. Rosenkraͤntze finden/ von welchen ich rede/ den Werth meiner Ver- damnuͤß: als er dieses gesagt/ ist er verschwunden: daher dan klar erhellet/ wie grosser Gefahr sich die jenige unterwerffẽ/ welche ein weniges vor nichts haltẽ. 9. Keiner von den Geistlichen sage mir: ich halte meine Geluͤbde/ und al- les was ich in meiner offentlichen Profession Gott versprochen/ und deßwe- gen meine ich nicht/ daß ich in die goͤttliche Straffe fallen werde/ ob ich gleich die andere Reguln und Constitutiones meines Ordens nicht halte: dan dem jenigen/ der dergleichen Sachen schwaͤtzet/ antworte ich/ daß ein sehr gewoͤhn- licher und leichter Ubergang von der Ubertrettung der Reguln und Constitu- tion en seye zur Verletzung und Ubertrettung der Gebotten/ wie theils auß bißher gesagten offenbahr ist/ theils S. Thomas lehret: es seye schwaͤr/ daß der Quodl. 4. 2. 235. Mensch die Gebotten halte/ durch welche man ins Himmelreich gehet/ wo er nicht den Raͤthen folget: und wiederumb daß die Raͤthe den Weg bereiten umb die Gebotte zu halten: und der H. Hieronymus sagt: sie seyen nicht zu In Regul. m onach. verachten/ als wan sie klein seyn/ ohne welchen die grossen nicht bestehen koͤn- nen. Es scheinen wohl der gleichen inachtnehmungen Geschaͤffte von leichten und geringem Werth zu seyn/ dannoch ists wahr/ daß ohne diesen die groͤssere nicht bestehen koͤnnen: wird vielleicht ein Baum ohne Rinden dauren? oder wird ein Korn seine Vollkommenheit erlangen ohne Halm/ ohne Ahren? de- rowegen ist dieß die einige Ursach deß Untergangs vieler Geistlichen/ die kleine Sachen fuͤr gering halten. Darumb/ lieber Bruder/ damit du deine Seelig- keit nicht zweiffelhafftig machest/ so verachte ja nicht die kleineste Dinge: da- mit du dich aber mehr in dieser Sorge fuͤr die kleinesten Sachen gruͤnden moͤ- gest/ so erwege bedachtsam/ was folget. 10. Die andere Ursach/ warumb viel von den Geistlichen zu Grund gehen/ wird daher genommen/ daß alle Geistliche krafft ihrer Profession gehalten seynd nach der Vollkom̃enheit zu trachten/ und zwar unter einer Todtsuͤnde. C c c 2 Also Die Ein und Dreyssigste Geistliche Lection 2. 2. qu. 185. a. 5. ad 2. Also redet St Thomas allwo/ ob er gleich bejahet/ daß ein Geistlicher nit ge- halten seye/ vollkommen zu seyu/ so sagt er doch/ daß er gehalten seye/ nach der Vollkommenheit zu trachten/ und darzu werde er wegen seines Stands/ den er fuͤhret/ verbunden/ anderst waͤre er kein wahrer Geistlicher/ sondern ein Luͤg- ner und Heuchler/ der eusserlich die Profession der Volikommenheit auß sei- nem Stand zeiget/ da er doch dieselbige inwendig nicht habe/ dann die Luͤ- gen/ wie er sie da bringt/ bestehen nicht allein in falschen Worten/ sondern in In Ar- gum. 2. ex. Am- bros. verstellten Wercken: deßwegen in der Antwort auff diesen Beweißtumb/ be- schliesset er mit diesen Worten; daher begehet einer keine Suͤnde oder Heuch- ley darumb/ daß einer nicht vollkommen ist/ welcher den Stand der Vollkom- menheit annimb/ sondern darumb/ weil er sein Gemuͤt von der Vollkommen- heit abziehet. So viel der H. Lehrer. Welche Wort Cajetan u s außlegend mercket/ daß man auff zweyerley Weiß von der Vollkommenheit abweiche/ darzu man gehalten ist. Auff eine Weiß der Wercken nach/ weilen man nemblich die jenige Wercke der Vollkommenheit nicht werckstellig ma- chet/ welche man solle/ und von einem solchen sagt er/ daß er nicht ein Heuchler oder ein Luͤgner waͤre. Auff eine andere Weiß der Meinung nach weilen er die Meinung der Vollkommenheit nachzufolgen ablegt/ und von dieser andern Weiß sagt er/ scheinet der Heil. Doctor geredet zu haben/ daß der jenige/ welcher ein solche Meinung ablegt/ im Stand einer Todtsuͤnd seye/ als ein Luͤgner und Heuchler mit der That. 11. Daher solte der jenige Geistliche sehr uͤbel reden/ der also sagte: Diese Sachen verbinden mich zu keiner Schuld/ deßwegen bin ich nicht sorgfaͤltig sie in acht zunehmen: Dann dieser waͤre im Stand einer Todtsuͤnde/ weil er die V ollkommenheit verachtet: dann ein sol- che Art zu reden zeigt an/ daß ein solcher Geistlicher inwendig die Meinung dieselbe Sachen in acht zunehmen abgelegt habe/ und folglich auch die Mei- nungzuzunehmen/ und dardurch ist er nun einer Todtsuͤnde verbunden. Dan wie Cajetanus in acht nimbt: das Gemuͤth umb zuzun e hmen wird probirt/ wann einer gesinnt ist zu leben nach seinen Reguln und Constitutionen, dar- innen nicht allein die Gebotte und Geluͤbde enthalten werden/ sondern auch das uͤbrige/ so zur V ollkommenheit fuͤhret/ dar zu ein jeder so den Orden pro- fiti rt auß dem Stand/ so er freywillig angenommen/ verbunden wird: wer a- ber gesagt hat/ er achte nicht zu halten daß jenige/ welches unter einer Schuld nicht verbindet/ der wird uͤberzeugt/ daß er das Gemuͤth nach den Re- guln und Constution en zu leben/ abgelegt haͤtte/ darinn dieß vorgeschrie- ben wird: daher setzet gedachter Cajetanus daselbst zu diese außtruͤckliche Wort: Vnd daher moͤgen sich die Geistliche gar hůten/ daß sie Von der geistlichen Vollkommenheit. sie nicht das Gemůth umb zuzunehmen ablegen. Und in dem er außlegt/ wann sie dieß Gemuͤth umb zuzunehmen haͤtten/ setzte er darzu: welches sie alsdann haben/ wann sie gesinnet seynd nach ihren Regeln und Constitutionen zu leben/ ob sie gleich in vielen bißweilen fehlen. Daher im Gegentheil/ wann sie nicht gesinnet seyn nach denselben Sachen zu leben/ welche in der Regul und Constitutionen fuͤrgeschrichen werden/ haben sie das Gemuͤth nicht umb zuzunehmen. Welches in diesemerhellet/ welcher nur in seinem Hertzen saget: Jch acht es nicht. Daher geschlossen wird/ daß der jenige/ welcher deß Ordens Fasten/ Stillschweigen/ Chor- gang und dergleichen/ auff deren Ubertrettung ob gleich eine Straff gesetzet ist/ so wird doch keine Schuld gemacht/ so er/ sag ich/ die jenigen Sachen nichts achtete/ alsdann setzt er sich in Stand einer Todt-Suͤnden. Und die- ses ist der außtruͤckliche Spruch S. Bernard, S. Bonaventuræ und S. Tho- Citatio- nes vi- deri pos- sũt apud P. N. Ig- nat. in turri salutis fol. 177. n. 19. mæ, und anderer: Ferner/ damit die Warheit mehr erhelle/ bringe ich die Wort deß H. Thomaͤherbey/ welche also lauten: Aber durch die Exempel wird klarer werden/ was wir sagen: Wann nach dem Befehl eines Alten/ daß ich schweigen solle/ mir ein Worte/ vielleicht durchs Vergessen entfiele/ so bekenne ich mich schuldig eines ungehorsams/ aber nachlaͤßlich. Wan ich auß Verachtung wissend oder bedachtsam freywillig ein Wort herauß ge- brochen waͤre/ und wůrde das Gebot deß Stillschweigens brechen/ mach ich mich zu einem Vbertretter/ und dieß laͤ- sterlich. Wo das Wort laͤsterlich nicht eine jede Schuld/ sondern eine toͤdtliche anzeigt. Welches er mit mehrm außlegt/ wan er darzu setzet: Vnd wann ich Vnbußfertig verharren wůrde/ hab ich biß zum todt gesůndiget/ und verdamblich. Also sagt S. Thomas. 12. Es wird aber einer sagen/ wann die Verachtung/ wie nun auß S. Thoma erhellet/ eine Schuld toͤdtlich machet/ wann soll man meinen/ daß eine Verachtung geschehe? Es wird geantwortet/ alsdann/ wann ein Geistlicher sich den Regeln und Constitutionen nicht unterwerffen will/ und dieselbe auß dieser Ursach uͤberschreitet/ in dem er nach sei- nem Willen und Weiß/ nicht aber nach der Regel und Ordens-Vor- schrifft leben will. Er hoͤre den heiligen Thomam: Alsdann kombt ein foͤrmliche Verachtung dazu/ wann der Will sich der Verord- 22. q. 186. a. q. nung deß Gesetzes oder der Regel nicht unterwerffen will/ und davon kombt her/ daß er wider das Gesetz C c c 3 oder Die Zwey und Dreyssigste Geistliche Lection oder Regul handle. Und ein solche Verachtung ist toͤdtlich: dann es wird wider die Regul nicht auß Gebrechlichkeit oder Nachlaͤssigkeit/ sondern auß Boßheit und Verkehrung deß Willens gesuͤndiget. Dahero nicht un- billig der H. Bernardus ernstlich mahnet/ sagend: lehrnet/ daß GOtt der gerechte Richter nicht allein/ was da geschehe/ sondern wie es geschehe/ be- trachte: und huͤtet euch hinfuͤhro/ damit nicht jemand klein schaͤtze/ obs gleich klein ist/ wann er uͤberwiesen wird/ daß er wissentlich gefaͤhlet. Nie- mand sage in seinem Hertzen: daß seynd kleine Dinge/ ich achte sie nicht zu verbessern: es ist nichts grosses/ wann ich in diesen laͤßlichen und kleinesten Suͤnden verharre: dann dieses/ ihr geliebteste/ ist ein Unbußfertigkeit/ eine Gottslaͤsterung im H. Geist/ eine unvergebliche Gottslaͤsterung. So weil Bernardus. 13. Es kan aber nicht gelaͤugnet werden/ daß das bißher gesagte nicht gar zu wahr seye/ indem es von den heiligsten und zugleich gelehrtesten Maͤn- nern bekraͤfftiget ist/ daher soll es keinem Wunder nehmen/ daß viel von den Geistlichen ewig untergehen/ in dem wir sehen/ daß unter ihnen nicht wenig gefunden werden/ welche ihre Constitutionen auff das freyeste uͤbertretten/ und die jenigen Dinge/ darzu sie nicht unter einer Suͤnde verbunden werden/ gering schaͤtzend nicht achten/ vermeinend daß keine schwaͤre Suͤnde ver- borgen waͤre wann man dieselben auß straͤfflicher Unwissenheit uͤbertritt/ und indem sie also irren und verblindet seynd/ eilen sie elendiglich zu den Pforten der Hoͤllen. Ferner daß dieses nicht ein eitel Gedicht seye/ wer den wir mit folgender Histori gelehret. S. Dominicus, Stiffter deß Prediger Or- dens/ als er einen ungluͤckseeligen Ketzer von den Albigensern/ der mit dem Teuffel besessen war/ beschwohren hatte/ hat viele Dinge von demselben boͤsen Geist erforschet/ und unter andern/ wessen Stands und Conditiones Leute am meisten unter den Christen verdambt wuͤrden? Der Teuffel hat geantwortet: Fuͤrsten von beyden Geschlechten/ und Praͤlaten haben wir ohne Zahl/ der Bauren sehr wenig/ der Kauffleute und Burger viel genug/ auch viele Priester/ aber (welche Wort wohl zu mercken seyud) von den wahren Geistlichen keine/ aber gar wohl von denen/ welche ihres Ordens Statuta nicht achtend/ dieselbe auß Frevel uͤberschreiten. Warhafftig er- schroͤckliche Wort! Kein Geistlicher der Gut ist und seine Regul warhaff- tig haͤlt/ wird verdambt. Aber von dem Nachlaͤssigen und frechen/ welche entweder auß Verachtung/ oder auß einer lasterhafften Gewonheit ihre Sta- tuten uͤbertretten/ wird ein unendliche Zahl zum Grund der Hoͤllen ver- dambt. 14. Auß Von der Geistlichen Vollkommenheit. 14. Auß diesem ist nun klar abzunehmen/ wie nothwendig es einem Geist- lichen zur Erhaltung seiner Seelen Seeligkeit sey/ nach der Vollkommen- heit zu trachten/ das ist/ die kleinesten Statuten seines Ordens nicht zu ver- achten/ sondern nach seiner Bequemlichkeit und Kraͤfften dieselbe zu halten. Dahero ermahuet recht ein Geistlicher Mann mit den Worten deß singen- den Poeten: Principis obsta; serò medicina paratur; Cùm mala per longas invaluêre moras. Das ist: Dem Anfang widersteh: Artzney wird spaͤt bereitet/ Wann sich durch lang Verzug/ das Ubel außgebreitet. Befleissige dich derowegen/ mein Bruder/ dem Anfang bald zu widerste- hen/ nemblich nicht allein die schwehre/ sondern auch die leichten Suͤnden/ ja auch die Maͤngel selbst wegzutreiben. Dan also wirstu nach der Vollkom- menheit streben/ und folglich wirstu eine grosse Hoffnung haben/ das Klei- nod der ewigen Seeligkeit zu erlangen. Wann du aber bißweilen mehr auß menschlicher Gebrechlichkeit als auß Boͤßheit in Suͤnde fallest/ oder in Sa- chen/ so von der Regul und Constitutionen verbotten/ so huͤte dich/ daß du deßwegen in dem Weeg Gottes nit abnehmest/ sondern bemuͤhe dich dises mit den ersten durch die Buß außzuloͤschen/ so wirstu sicher seyn. So wisse dann: Gleich wie auch das jenige Hauß das reineste genennet wird/ welches/ so bald einer mit kothigen Fuͤssen hineingegangen ist/ alsbald außgewaschen und gereiniget wird: also kan der noch vollkommner genennet werden/ welcher bißweilen in kleine Suͤnde faͤllt/ wann er sie nur alsbald durch die Beicht oder Reu außloͤschet. Und wiederumb: Gleich wie ein Kriegs-Obrister/ wann er den Feind bestaͤndig bestreitet und verunruhiget/ den Nahmen eines wackeren Obristen hat/ ob er ihn gleich nicht uͤberwindet und außtilget/ ja bißweilen nicht gluͤcklich streitet: also kan auch der jenige ein vollkommener Soldat Christi genennet werden/ welcher bißweilen von einer Gemuͤths- Bewegung uͤberwunden wird/ wann er nur von dem Eiffer deß Streits nie nachlaͤst. Dusolst deßwegen den Muth nicht sincken lassen/ wann du be- sindest/ daß du im Fleiß der Vollkommenheit matt werdest oder garfaͤlst/ du solst vielmehr neue Kraͤfften und Eyffer annehmen/ und dich erinnern deß Spruchs/ welchen S. Hieronymus vorgebracht: dieses ist die einige Voll- kommenheit deß gegenwaͤrtigen Lebens/ daß du dich unvollkommen zu seyn erkennest. Deme auch S. Augustinus beystimbt sagend: Es soll dir allzeit mißfallen/ was du bist/ wann du dahin gelangen wilst/ was du nicht bist/ dann wo du dir gefallen hast/ da bist du ge- blieben Die Ein und Dreissigste Geistliche Lection blieben. Wann du aber sagen wirst/ es ist gnug/ so bistu verdorben. Da- her sagt er/ daß der Apostel seine Unvollkommenheit ers t lich bekennet hat/ und darnach sich vollkommen genennet habe/ dieweil dieses deß Menschen Vollkommenheit ist/ wann er gefunden/ daß er nicht vollkommen ist. 15. Jm uͤbrigen ist auch wohl zu mercken/ daß die Vollkommenheit nicht in Harthaltung deß Leibs oder andern der gleichen strengen Sachen und U- bungen bestehe/ wie bißweilen sich etliche falsch einbilden/ sondern daß diese In collat. P. P. coll. 5. nur Mittel zur Vollkommenheit seyn/ wie der Abt Moyses bey den Cassia- num recht warnimbt/ sagend: Das Fasten/ Wachen/ Betrachtung der Schrifften oder der Bibel/ die Entbloͤsung und Entziehung aller Guͤter seye nicht die Vollkommenheit/ sondern die Werckzeug zur Vollkommenheit/ dieweil in ihnen der Zweck der Zucht nicht bestehet/ sondern man durch dieselbe zum Zweck gelanget. Derowegen bestchet die Vollkommenheit in der vollkommenen Liebe/ wie der Apostel bezeuget/ mahnend: Vber dieß Colos. 3. 14. alles aber habet die Liebe/ die das Band der Vollkommen- heit ist. Aber es ist weiter zu mercken/ daß obwohl einer GOtt auß gan- tzem Hertzen liebte/ und alle seine Gebotten fleissig hielte/ also/ daß er sich keiner oder gewißlich nicht vieler Unvollkommenheiten oder Schulden sich bewust befuͤndet/ so muß er sich doch deßwegen nicht gleich vollkommen L. 4. Dial. achten: dann wie S. Gregorius weißlich gesagt hat: Gemeiniglich die jeni- ge/ welche die Leuthe fuͤr vollkommen halten/ haben in den Augen deß hoͤch- sten Erschoͤpffers etwas unvollkommenes. Also besehen wir unerfahrne Menschen/ offt die noch unvollkommen gegrabene Siegel und loben sieals sch on vollkommen/ welche doch der Kuͤnstler noch uͤbersiehet und ver- bessert: er hoͤrt sie loben/ und doch laͤst er nicht nach dieselben zu besseren. Da- hero spricht S. Bernardus gar recht: Es ist keiner so vollkommen/ der nicht S. Bern. in Epis. vollkommener zu seyn trachtet/ und ein jeder zeiget sich desto vollkomme- ner zu seyn/ nach je groͤsserer V ollkommenheit er strebet. Und wiederumb: Ein unermuͤdeter Fleiß umb zuzunehmen/ und eine stete Bemuͤhung zur V ollkommenheit wird fuͤr eine Vollkommenheit gehalten. Deme ein H. Cornel. in c. 4. Genes. Lehrer Beyfall gibt/ sagend: was du auß gantzem Hertzen/ gantzer Mey- nung/ und gantzem Verlangen wilst/ daß bistu gewißlich. Und nach Zeug- nuß deß H. V atters Augustini: das gantze Leben eines guten Christen/ ist das Verlangen umb zuzunehmen Dieß ist unsere Schooß/ diß ist ein Sack/ und weil er eng ist/ machstu ihn durchs Außdaͤhnen weiter. Ferner/ ob gleich diß von der Vollkommenheit gesagte gnug ist/ nichts desto weniger umbfahe fuͤr das letzte auch dieses Mittel/ und betrachte die Leben und Exempel der Heiligen/ und halte sie fuͤr deine Augen: dann wie S. Gregorius Nyssenus sagt: Von der Geistlichen Vollkommenheit. sagt: muß man glauben/ daß die Leben der vortrefflichsten Leute deßwegen auffs genaueste beschrieben seynd/ damit unser Leben durch die Nachfolgung zur Tugend und Gutem desto gerader gefuͤhret werde. Dahero gleich wie die Mahler/ wann sie ein Bild auß dem Bild mahlen/ zugleich auff das Muster oder Fuͤrbild sehend/ pflegen das fuͤrgebildete in ihr Werck zu uͤbersetzen: also muß der jenige/ welcher sich befleissiget in allen theilen der Tugenden sich voll- kommen zu machen/ die Leben der Heiligen als lebendige und kraͤfftige Bild- nuͤssen ansehen/ und ihre gute Wercke durch die Nachfolgung sein machen. Thue das/ so wirst du leben. Lebe wohl. Die Zwey und Dreyssigste Geistliche LECTION Vom Guten Exempel. Sicluceat lux vestra coram hominibus, ut videant opera Matt. 5. 16. vestra bona, \& glorificent Patrem vestrum, qui in Cæ- lis est. Also lasset ewer Liecht leuchten fůr den Menschen/ daß sie ewere gute Werck sehen/ und preisen euren Vatter/ der im Himmel ist. 1. W Jr haben bißhero von der Vollkommenheit geredet/ nun muͤssen wir sehen/ welcher den andern in dieser Ubung uͤbertreffe. Dieß 5. Ethic. aber eroͤffnet uns der weltweise Fuͤrst Aristoteles, indem er sa- get: der jenige ist der beste/ der seine Guͤtigkeit nicht allein gegen sich/ sondern auch gegen andere gebraucht. Dahero ist nach diesem gelegten Grund der je- nige der beste Geistliche/ welcher mehr mit der That als mit den Worten andere den Weg der Tugenden lehret. Welches der Gregorius Magaus mit diesen Worten lehret: ich weiß keinen Rath besser zu seyn/ als wann du L. 10. mo- ral. dich befleissest mit deinem Exempel deinen Bruder zu lehren/ was geschehen D d d solle/ Die Zwey und Dreyssigste Geistliche Lection solle/ indem du ihn zu bessern Dingen anlockest/ und ihm rahtest noch mit Worten noch mit der Zunge/ sondern mit dem Werck und Warheit diesem stimmet bey der Pabst Leo, sagend: die Exempeln seyen kraͤfftiger als die Wort/ und wir werden voͤlliger mit dem Werck als mit der Stimm gelchret. Dieß hat auch S Pambo gemeinet/ als er Theophilum den Bischoff mehr mit seinem Stillschweigen/ als netten Reden auffzuerbawen/ sich beflissen hat. Man kan uͤber das betrachten/ durch was fuͤr Vortheil S. Abrahamus der Einsidler so viele gar wilde Heyden zahm gemacht/ und CHristo unterworffen hat/ und so werden wir sehen/ daß er dieses mehr mit dem Exempel seiner Gedult/ als mit Anmahnungen der Worten verrichtet habe/ wie es in seinem Leben weitlaͤufftiger wird gesagt werden. Dahero hat Consol. ad Hel- viam c. 16. Seneca nicht uͤbel gesagt: ein Vatter oder Unterweiser wird seinem Sohn viel geben/ ob er ihn gleich nichts als das Exempel geben wird. 2. Gott der Herr hat vor diesem dem Noe gebotten: du solt dir eine Arche von leichtem Holtz machen: er hat gleich gefolget/ und sich ans Werck ge- Gen. 6. 14. macht. Es kommen alle darinn uͤberein/ daß Noe ein Ankuͤndiger deß goͤttli- chen Worts gewesen/ dann er hat den bevorstehenden Untergang der gantzen Erden allen angesagt/ wo sie sich nicht besserten/ und den beleidigten GOtt durch die Wuͤrckung der Buß versoͤhneten. Aber lasset uns die H. Schrifft auffschlagen/ so werden wir finden/ daß er niemahls dem Volck geprediget habe: wie wird er dann ein Prediger der Suͤndfluth und der Buß genennet? Es wird geantwortet/ daß er auffs beste mit dem Werck und mit Auffer- bawung der Archen geprediget habe/ er hat wohl beredet gnug geprediget mit seinem heiligen Leben/ genauer Haltung deß natuͤrlichen Gesetzes/ mit Thraͤnen/ Seufftzen; ob er gleich mit der Zungen gesehwiegen/ und Serm. 69. de temp. nicht ein Woͤrtlein hervor gebracht. Dahero unser Heil. Vatter Augu- stinus sagt: Noe/ ob er wohl mit der Stimm schwiege/ redete doch mit dem Werck/ er war still mit der Zung/ aber mit dem Bawen rieffe er: und daher wird er billig ein Verkuͤndiger deß goͤttlichen Worts genennet: dann dieser ist fuͤr ein besseren Prediger zu halten/ welcher mehr mit den Wer- cken/ als mit den Worten prediget. Dahero sagt unser Heyland: Also lasset ewer Liecht leuchten fůr den Menschen/ daß sie eu- re gute Werck sehen: Er sagt nicht/ daß sie eure Woͤrter hoͤren/ sondern daß sie die Wercke sehen/ als welche die gottlosen zu bekchren kraͤffti- ger/ als eine zierliche Rede seynd. Tom. 3. op. S. 3. Es hat ferner diese Warheit wohl gewust der Seraphi sche Vatter S Fran- Vom gutem Exempel. S. Franciscus, der den seinigen diese Lehr mit folgenden Worten vorgeschrie- Franc. coll. 2. ben: Bruͤder! betrachtet unsern Beruff/ mit welchem uns der barmher- tzige GOTT nicht allein fuͤr unsern/ sondern auch fuͤr vieler Seeligkeit beruffen hat/ damit wir durch die Welt gehen/ alle mehr mit dem Exempel als mit Worten zu ermahnen. Lyranus schreibt/ daß derselbe Patriarch die Lyran. in c. 2. Ruth. 1. Reg. 2. 5. jenige Wort deß Gesangs S. Annæ also außzulegen seye gewohnet gewe- sen: Die unfruchtbare hat viel Kinder gebohren/ und die je- nige so viel Soͤhne hat/ ist schwach worden. Er nennete einen einfaͤltigen Bruder unfruchtbar/ der das Ambt zu predigen nicht hat/ durch welches Soͤhne gezeugt werden/ das ist die Kirche Gottes/ nach deß Apostels Zeugnuͤß: Jch habe euch durch das Evangelium in CHristo 1. Cor. 4. 15. Jesu gezeuget. Und ein solcher einfaͤltiger Bruder nutzet mit seinem ex emplari schen Leben mehr ihm und andern/ als ein wortreicher Prediger. Fer- ner damit dieses seraphi schen Manns Lehr von seinen Wercken nicht unter- schieden waͤre/ hat er dieß Exempel beygesetzt. Er hatte einsmahls seinen Ge- sellen geruffen/ und gesagt: komme/ wir wollen gehen und predigen: sie gien- gen durch alle Strassen der Statt/ mit geneigtem Haubt/ mit zur Erden nie- dergeschlagenen Augen/ mit einem Leib gantz und gar nach der Bescheiden- heit gerichtet/ mit einem demuͤtigen und andaͤchtigen Gang/ also/ daß alle die jenige/ welche sie so einher gehen sahen/ zur Rew/ zur Vermaledeyung der Suͤnden und zur Verlassung der Welt bewegt/ und zum Gehorsamb Gottes angezuͤndet wurden Als dieses geschehen/ ist er also bald wieder ins Convent gegangen/ zu dem sein Gesell gesagt: so werden wir dann/ H. V atter nicht predigen? dem der H. V atter geantwortet/ wir haben nun in der That unsere Predig verrichtet: der Gesell fragte/ welcher Gestalt/ ich hab ja nicht ein einig Wort von dir vorgebracht gehoͤret? ach Bruder/ antwortete der H. Patri- arch: es ist eine Predig/ und zwar die allerbeste und nuͤtzlichste gehalten wor- den: weist du/ welche sie gewesen? ein gutes Exempel, welches wir gezeiget: und warhafftig/ der Außgang hats bewiesen/ daß diese wunderliche Weiß zu predigen kraͤfftig gewesen/ dann ein wenig darnach viele gekommen/ welche mit dem geistlichen Kleid angethan zu werden verlanget haben. 4. Dann ein gut Exempel laͤsset sich schon den Himmeln vergleichen: dann gleich wie die Himmelen/ sagt Chrysostomus/ ob sie wohl schweigen/ mit Hom. 3. in Gen. ihrem Anschauen allein die Menschen zum Lob Gottes einladen/ absonderlich wann zu Nachts die hellscheinende Sterne erscheinen: also machen auch die V ollkommene/ und mit den Sternen der Tugenden grziehrte Leute/ daß GOTT/ ob sie gleich stillschweigen/ gelobt werde/ welches D d d 2 man Die Zwey und Dreyssigste Geistliche Lection Specul. Exempl. dist. 9 ex- empl. 46. Historia. man mit dieser Histori beweisen kan. Ein Abt so den Nahmen eines Heiligen hatte/ als er offt gehoͤret/ daß an einem Orth viele Todtschlaͤge begangen wuͤrden/ und daß kein Reisender dar sicher durch kommen koͤnte/ ja auch daß allda der allergrausambste Haubt und Fuͤhrer der Moͤrder wohnete/ deßwegen hat der Abt kostbahre Kleider angelegt/ ist auff ein herrliches Pferd gesessen/ und hat zu dem Orth/ in welchem so viel Mordthaten geschehen/ geeilet: der geistliche Mann ist kaum zu dem Ort kom̃en/ die Raͤuber waren also bald da/ welche den gefangenẽ Gast zu ihrem Haubt fuͤhren: als der Abt fuͤr dessen Ge- sicht kommen/ hat er gefragt/ was er wolte/ und warumb sie an ihn die Haͤnde gelegt haͤttẽ? dem der Moͤrder geantwortet/ er wolte sein Pferd und seine Klei- der haben/ und wo er ihm diese nicht geschwind geben wuͤrde/ wolte er mit den- selben ihm auch das Leben abnehmen: der Abt/ wie er eines luͤstigen und Leut- seeligen Gemuͤts war/ sagt; du begehrst von mir eine billige Sache/ weil diese Ding nicht allein Gott zugehoͤren/ sondern auch in der That gemein seynd/ deßwegen/ weil ich sie nun viele Jahre gebraucht habe/ achte ichs fuͤr das bil- ligste/ daß du sie jetzund auch gebrauchest: dann so werden sie warhafftig ge- mein/ wann mans Wechsel weiß gebrauchet: Jm uͤbrigen moͤchte ich dieß gar gern wissen/ auff welche Weiß du das Kleid gebrauchen wollest/ weilen es sich gantz nicht schicket/ daß du ein solch Kleid tragest: uͤber diese einfaͤltige Antwort hat der Moͤrder gelachet; und gesagt/ man kan verkauffen/ was man nicht tragen kan: also ernehre ich mich und mein Geschlecht. Daruͤber hat der Abt geseufftzet und gesagt: Mein Sohn/ was thuest du? warumb/ bitte ich dich/ suchest du mit solcher grossen Arbeit anderst nichts als Speiß und Tranck/ und wenig Tuͤcher/ mit welchen du gekleidet wirst: wann es nur umb die Kost und Kleidung zu thun ist/ siehe ich lade dich ein/ ich will dich in mein Hauß fuͤhren/ und alles dieses umbsonst geben: der Moͤrder aber hat gesagt/ daß er sich bedancke/ dann sein Magen waͤre zu den Bohnen nicht gewohnet: der Abt sprach wieder zu ihm: komme mit mir/ ich verspreche dirstheuer/ daß ich dir die außerlesenste Speisen von Fleisch und Fisch vorsetzen wolle/ auch ein delica tes Brod/ und koͤstliche Weine geben/ es solle auch ein weiches Feder-Bett nicht mangeln. Dardurch ist der Moͤr- der von dem Abt uͤberwunden worden/ und ist ihm als ein Wolff einem Schaaff gefolget: daher hat der Abt den Moͤrder in ein groß Gemach gefuͤh- ret/ hat ihme einen gewissen auß seinen Geistlichen verordnet/ welcher als ein leibeigener Knecht ihm auffs fleissigste dienete: dan er machte ihm das Bett/ kehrte die Kammer auß/ und brachte ihm zu gewissen Zeiten Wein und treff- lich zugerichtete Speisen. Jm Vom gutem Exempel. Jm uͤbrigen/ als der Moͤrder sich luͤstig saͤttigte/ satzte sich auff der Erden der Geistliche auß Befehl deß Abts darbey/ und nahme seine Speiß in Gegenwart deß Gasts zu sich/ welches alles nichts als ein wenig Brod und Wasser war. Als nun der Moͤrder diese W eiß hart zu sitzen und sparsam zu essen gesehen/ hat er nicht unterlassen zu fragen/ was dann die Ursach waͤ- re/ daß er sich so abtoͤdete/ villeicht hastu einmahl einen Menschen um- gebracht/ villeicht hastn nun deinen Luͤsten gefolget/ oder hast dich mit Ehe- bruͤchen ergetzet/ und andere Ehe-Bette und Ehe besudelt/ daß du nun mit elenden W eitzen taͤglich dich erhalten muß? deme der Geistliche bescheident- lich geantwortet: GOtt verhuͤte es/ daß mir ein solches Laster bewust seyn solte/ aber in dieser Buß und Casteyung deß Leibs uͤbe ich mich deßwegen/ damit ich im Todt einen gnaͤdigen GOtt haben moͤge. Mit diesem Wort ist der Moͤrder so durchstochen worden/ daß er ist in sich gangen/ und hat mit tieffen Seuffzen gesagt: ich aber der aller gottloseste Mensch/ welcher so viel Diebstahl/ so viel Raub/ so viel Ehebruͤche und Todtschlaͤge begangen/ daß sie nicht zu zehlen seynd/ hab mich niemahls von Speisen enthalten/ und weiß auch nicht/ was Hunger leyden oder sich mit Hunger abtoͤdten sey; ich hab mich allezeit mit kostbahren Speisen gesaͤttiget/ wie will ich dann den mit so vielen schwaͤhren Suͤnden beleidigten GOtt gnaͤdig haben? W ehe mir allerelendesten! Als er dieses gesagt/ ist er zum Abt gelauffen/ und hat sich fuͤr seinen Fuͤssen niedergeworffen/ und mit vielen Thraͤnen benetzet gebetten/ daß er hinfuͤhro nicht anders als die andere Muͤnchen moͤgte tra- ctiret werden/ ja wenig darnach hat er seinen Leib so abgetoͤdtet/ daß er die andern alle mit dem Fasten uͤbertraffe/ und der durchs Exempel ist gebessert worden/ ist ein Exempel worden deren/ die gebessert werden solten. 5. Hierauß dann leicht zu schliessen ist/ was fuͤr Kraͤfften ein gutes Ex- Surius in Vita. empel habe. Damit aber diese Warheit befestiget werde/ wil ich ein anders darbey setzen. Als einsmals der H. Bischoff Narcissus bey Afra/ eine Hur/ ungefehr eingekehret/ hat sie also bald/ weil sie gemeinet er waͤre Schand- Thaten halber gekommen/ ein gutes Abendmahl zurichten lassen/ mit hurischem Geschmuͤck sich gezieret/ und zu schaͤndlichen Wercken bereitet. Als der H. Bischoff ferner Speise zu nehmen gegangen war/ und erstlich sich mit dem gantzen Leib/ Gesicht und Augen zum Gebett bereitete/ ist die Hur durch dieses Exempel also bewegt worden/ daß sie sich alsobald zu seinen Fuͤssen niedergeworffen/ und die Suͤnd ihrer Unverschambheit gebeichtet hat/ und nachdem sie hernach heilig gelebt/ ist sie mit dem Mar- ters-Kraͤntzlein sambt dreyen Maͤgdlein gekroͤhnet worden. Es ist dero- D d d 3 wegen Die Zwey und Dreissigste Geistliche Lection wegen gewiß/ daß sonsten viele vergehen/ wann sie nichtdurch der Guten Exempel bewegt zu einem bessern Leben schreiteten. Daher sagt S Grego- rius: Es solten die Suͤnder nimmer zum Bord der Buß wiederkehren/ wann keine gute Exempeln waͤren/ welche ihre Gemuͤther zuruͤck zieheten. Jm uͤbrigen/ wie gluͤckseelig diese einmahl seyn werden/ welche ihrem Naͤchsten mit einem guten Exempel fuͤrleuchten/ koͤnnen wir auß dem entgegen gesetz- ten Beweiß schliessen/ wo der HErr Christus einem Aergernuß geben- den Menschen das ewige Wehe verdoppelt/ derhalben weil der Seeligma- Matth. 18 cher nicht weniger gut ist in Belohnung Geben/ als gerecht in Suͤnden straffen/ so folget wohl/ daß/ wie er die Aergernuß gebenden mit dem ewigen Wehe straffet/ also die Exemplarischen mit dem ewigen Leben wohl vergelten werde. Dahero ruffet S. Chrysostomus auß: deß jenigen Seele ist gluͤckseelig und gebenedeyet/ dessen Demut eines andern Hoffart zu schan- den macht/ dessen Gedult deß Nechsten Neid außloͤschet. Diesem gibt unser Serm. 163. H. Vatter Augustinus Beyfall/ sagend: So viel einer mit dem Exempel eines Heiligen Lebens wird aufferbauet haben/ mit so vielen/ und fuͤr so vielen wird er den Lohn der Vergeltung deß ewigen Lebens empfangen: und so vie- len er ein Exempel einer boͤsen Wandlung gegeben/ ob ihm gleich andert nicht folgen/ vor so viele Boͤsen wird er Rechenschafft geben muͤssen. Aber/ damit ich desto eher zu andern Sachen schreiten/ befehle ich dir/ lieber Bruder/ diese kurtze Ermahnung/ und eile zu denen geistlichen gewoͤhnten Abtoͤdtungen. Lebe wohl. Die Von der Abtoͤdtung. Die Drey und Dreissigste Geistliche LECTION Von der Abtoͤdtung. Qui Christi sunt, carnem suam crucifixerunt cum Gal. 5. 24 vitiis \& concupiscentiis suis. Welche Christi seynd/ die haben ihr Fleisch sambt den Lastern und boͤsen Lůsten gecreutziget. Der Erste Theil. 1. G Leich wie die Speiß zur Erhaltung deß Leben deß Leibs nothwen- dig ist/ also ist die Taͤgliche Abtoͤdtung nothwendig das Leben der Seelen zu erhalten. Es ist aber die Abtoͤdtung nichts anders als eine Unterdruckung der boͤsen Anmuthungen/ welche auß dem Laster der verderbten Natur oder auß Eingebung deß Teuffels im Menschen zu ent- springen pflegen. Die Ursach aber/ warumb ein stets waͤhrende Abtoͤd- tung in einem Christlichen Menschen erfordert werde/ ist/ dieweil er der Natur nach/ von der Wiegen an zur Boßheit geneigt ist/ deßwegen hat er noͤthig alle Tag zu arbeiten/ damit er das rebellirende Fleisch durch die Abtoͤd- tungen dem Geist unterwerffe. Ohne welcher Bemuͤhung einer das Ambt Rod riq. p. 2. tr. 1 . c. 18. weder eines Menschen/ weder eines Christen/ weder eines Geist- lichen wohl verrichten kan/ sondern es begibt sich/ was wir in ei- nem Garten den Bildern/ die auß Myrthen oder anderer Art der Kraͤuter gemacht/ zu geschehen sehen/ daß sie nemblich deß Men- schen oder eines andern Dings Figur verlieren/ wann nicht die Geil- Sup. Cant. 552. wachsende Blaͤtter stets beschnitten werden. Daher hat S. Bernardus recht ge- sagt: Es ist wenig/ einmal beschniten zu haben/ man muß offt beschneiden/ ja/ so es geschehen kan/ allezeit: dieweil du allezeit finden wirst/ welches muß be- schnitten werden/ wan du es nit verhaͤlest z dan das Beschnittene waͤchset wie- der/ Die drey und Dreyssigste Geistliche Lection Serm. 5. in Cant. der/ und daß vertriebene kombt wieder/ daß außgeloͤschte wird wieder ange- zuͤndet/ das eingeschlaͤfferte wird wieder auffgeweckt/ deßwegen ist diese Be- schneidung nothwendig. Nothwendig/ sage ich/ umb der Tugenden Fruͤchten herfuͤr spriessend zu machen: dann gleich wie die Erden allein nichts als Distel/ Doͤrnern und Stacheln herfuͤr bringet: also kan auch von der Erden unserer Seelen nichts anders gehoffet werden/ wann sie mit dem Pflug der Ab- toͤdtung nicht gebauet werde. Ferner/ wo einer entweder durch einen staͤtigen Fleiß der Abtoͤtung oder durch sonderliche Gnade GOttes seine unordentliche Begierden also wird uͤberwunden oder gemaͤssiget haben/ daß er sich spuͤhre/ daß er nit sonderlich von ihnen angefochtẽ wird/ so muß er deßwe- ge alsbald nit von der Ubung der Abtoͤdtung abhalten/ sondern verstaͤndiglich acht haben/ damit der einheimische Feind nit etwann im verborgen liege/ und ihn anfalle/ wann ers am wenigsten vermeinet. Daher ermahnt S. Bernardus : so viel du dan in diesem Leben wirst zunehmẽ/ so irrestu doch/ wan du die Laster todt zu seyn vermeinest/ und nicht viel mehr untergedruckt: du wilst oder wilst nicht/ in deinen Graͤntzen wohnet der Jebusæus, dann er kan zwar unters Joch gebracht/ aber nicht außgestossen werden/ deßwegen soll man in diesem Leben nimmer von der Ubung der Abtoͤdtung auffhoͤren/ ob gleich die Laster gegen uns offenbahr wuͤten/ oder allein heimbliche W urtzel setzen Darzu uns P. 2. tr. 1. c. 4. auch Rodriquez mit dieser Gleichnuß ermahnet: wie das allerzahmeste Pferd niemahls leichtlich ohne Zaum von dem Reuter gelassen wird: also ist auch unser Gemuͤt von den Menschen nicht ohne Zaum der Abtoͤdtung zulassen/ so viel es auch in der Ubung der Tugenden zugenommen. S. Atha- nas. in Vi- ta. 2. Dieses hat der grosse Vatter der Einsidler S. Antonius wohl verrich- tet/ welcher/ als er in der Jugend grosse Bussen gethan hatte/ und viele Jah- ren unglaubliche Kaͤmpffen mit den Teuffeln außgestanden/ nachdem er zum eussersten Alter/ in welchem er der Ruhe etwas zugeben solte/ gekommen/ hat er angefangen alle vorige Ubungen der Buß zu erneueren/ damit er uns leh- rete/ daß man niemals von den Abtoͤdtungen nachlassen solte; Und dieses thaͤte auch der Seraphische Vatter Franciscus. Zu welchem Zweck zielet der Apostel/ sagend; Wir tragen allezeit die Toͤdtung JEsu an 2. Cor. 4. 10. unserm Leib hernmb/ damit auch das Leben JEsu in unsern Leibern offenbahret werde. Daher sagt er anderwerts: 1. Cor. 9. 26. 27. Nun lauffe ich also/ nicht auffs ungewisse; ich streite also/ nicht als einer/ der Lufft-Streiche thut/ sondern ich ca- steye meinen Leib/ und bringe ihn unter die Dienstbarkeit; damit ich villeicht nicht/ wann ich andern: geprediget ha- be/ Von der Abtoͤdtung. be/ selbst zu verwerffen sey. Wie aber unser Leib abzutoͤdten seye/ Epist. ad Fr. de Mont. Dei. gibt S. Bernardus an die Hand/ sagend: man muß den Menschen lehren/ sei- nen Leib/ wie einen Krancken zu halten/ dem viel unnuͤtze Dinge/ so er will/ abzuschlagen/ nuͤtzliche Dinge aber/ so er nicht will/ zugeben seynd. Ferner la- det uns zu dieser Abtoͤdtung ein die Billigkeit: dann was ist billiger/ als daß man eine Magd nicht herschen lasse? was ist billiger/ als daß wir den Feind/ so unserm/ und zwar ewigem Leben nachstellet/ allezeit verfolge? was ist bil- liger/ als daß der jenige/ welcher Gottes Sohn so offt getoͤdtet hat/ zum geist- lichen Todt zum wenigsten verdambt werde? daß aber dieses keine Grausam- keit seye (wie es die weltlichen Menschen faͤlschlich meinen) lehret Rodri- quez mit diesen Worten: gleich wie man darfuͤr haͤlt/ daß ein Krancker/ ob er gleich zulaͤst/ daß sein Arm wegen Nutzen deß gantzen Leibs gebrennet wer- de/ ihn doch nicht hasset/ sondern liebet: also soll man auch nicht sagen/ daß der seine Seele hasse/ ob er gleich zulasset/ daß sie mit dem Eisen der Abtoͤd- tung wegen deß gantzen Menschens Nutzen gebrennet werde. 3. S. Eucherius gibt eine verborgene Ursach/ warumb Gott verbotten ha- be/ daß ihm Hoͤnig in den alten Opffern gebracht wurde: Auch nichts Levit. 2. 11. vom Hoͤnig soll man ein Opffer deß Herrn anzůnden. Dan die den Schmeichlungen der Ergotzlichkeiten oder der Suͤssigkeit der Wol- luͤsten anhangen/ koͤnnen der Geheimnuͤssen Gottes nicht theilhafftig wer- den: daher sehen wir/ daß das Manna in der Wuͤsten den Jsraelitern nicht eher seye gegeben worden/ als nachdem das Egyptische Brod gemangelt/ umb zu bedeuten/ daß ein Mensch mit himmlischen Troͤstungen nicht eher erquickt werde/ als wann er durch Abtoͤdtung die irrdische Troͤstungen ver- worffen hat. Daher sagte Christus zu der Heil. Catharina von Siena: je mehr In Dia- logo. du in dir sterben wirst/ je mehr wirst du in mir leben: und je reiner du außwerf- fen wirst/ was dein ist; je reichlicher will ich darein legen/ was mein ist. Und zu S. Francisco sagte er: verlangst du mich/ so sollen dir die bittere Sachen L. 3. c. 43. §. 1. suͤß/ und die suͤsse Sachen bitter seyn. Derowegen mahnet billig ein from- mer Geistlicher/ befleissige dich der abtoͤdtung der Laster/ weilen dir dieses mehr nutzen wird/ als die Wissenschafft vieler schweren Fragen: dann es kan in der Seele nichts kostbahrers gefunden werden/ als wann sie unver- drossen zu GOTT seufftzet/ dieses aber geschicht durch die Ab- toͤdtung der Laster/ welches unser Heil. Vatter Augustinus mit diesen Worten lehret: der Hirsch toͤdtet die Schlangen/ und nach in Ps. 141. der Schlangen Toͤdtung/ bekombt er groͤssern Durst/ und wann die Schlangen umbgebracht seynd/ laufft er staͤrcker nach den Brunnen. E e e Die Die Drey und Dreissigste Geistliche Lection Die Schlangen seynd deine Laster: zernichte die Schlangen der Boͤßheit/ so wirst du mehr nach dem Brunnen der Warheit verlangen. Und wiederumb Serm. 3. de Ascens. sagt er: lasset uns nach ihm auffsteigen durch die Laster und unsere Gemuͤths- Bewegungen. Wir machen ein Leiter auß unsern Lastern/ wann wir die La- ster (durch die Abtoͤdtung) tretten/ dann sie werden uns in die Hoͤhe auff he- ben/ wann sie unter uns seyn werden. In Vit. Patr. 4. Als einer auß den alten Vaͤttern keine Maß seinen Leib zu toͤdten hiel- te/ und deßwegen von andern ermahnet wurde/ diese Strengigkeit zu maͤssi- gen/ hat er geantwortet: glaubet mir/ Kinder! wann der Orth und Stand und Beschaffenheit der seeligen im Himmel einen Schmertzen zuliesse/ und eines Mißfallens faͤhig waͤre/ solte ihnen warhafftig dieß einige am meisten leid seyn/ daß sie nicht mehrer und schwaͤrere Gelegenheiten sich abzutoͤdten gesucht haͤtten. Dieses ist den heiligen Maͤnnern nicht unbewust gewesen/ welche von dem Geist GOttes angeblasen sich solchen Bußwercken und Ab- toͤdtungen unterworffen/ daß es geschienen hat/ daß sie die menschliche Kraͤff- ten weit uͤbertreffeten. Simeon Stylites ist auff unterschiedlichen Seulen uͤ- ber 50. Jahr allezeit gestanden/ und ein gantzes Jahr nur auff einen Fuß ste- hend. S. Moyses der Mohr ist 6. Jahr deß Nachts gestanden/ damit er seinen Schlaff brechete. Sisinius hat 3. Jahr im Grab zugebracht/ Tag und Nacht niemahls sitzend/ oder sich anlehnend oder liegend oder herauß gehend. S. Elpi- dius hat alle Nacht stehend und psallirend zugebracht mit solcher Bestaͤn- Creg. Turon. l. 8. Histor. Franc. c. 15. Maurus Epis. in digkeit/ daß ihn auch kein Scorpion hat bewegen koͤnnen. S. Welphus hat von sich sagen koͤnnen: Jch habe eine Seule gesetzet/ auff welcher ich mit grosser Peinigung ohne Fuß-Decke stunde: als die Winters-Zeit angekommen/ wurde ich von der harten Kaͤlt also gebrennet/ daß die Strenge der Kaͤltemir oͤffters die Naͤgel auß den Fuͤssen stossete/ und in meinem Bart das Wasser durch die Kaͤlte zusammen gefroren als Liecht-Kertzen herunter hienge. S o Zoërardus hat so lang eine kupfferne Ketten auff dem blosen Leib getragen/ biß sie nach dem verfaulten Fleisch mit der Haut uͤberzogen war/ und solte die- se Marter verborgen geblieben seyn/ wo nicht nach dem Todt bey dem Nabel die Knotten deß bindender. Metalls erschienen waͤren/ welches/ indem es auß deß todten Leib gezogen worden/ ist ein Gethoͤn der außgestossenen Rippen gehoͤret worden. Deß jetzt gedachten H. Simeon Stylitæ Fuß mit einer eiser- ne Ketten gebunden/ ist also verfaulet/ daß Wuͤrm darauß wuchsen/ welche/ wann sie ungefehr außfielen/ legte er wieder in die Geschwaͤre/ sagend: esset/ Greg. Tuton. sup. c. 7. was euch der Herr gegeben. 5. S. Lupi e inus hatte in seiner Zellen einen grossen Stein/ welchen wohl nicht zwey Menschen solten auffgehoben haben/ diesen hat er auff seinen Na- cken Von der Abtoͤdtung. cken gelegt/ und den gantzen Tag getragen in seiner Zellen unter dem Psalmen singen/ dadurch es geschehen/ daß die Lungen durch die staͤts waͤhrende Nie- dertruͤckung verderbt worden/ und er das Blut haͤuffig außspeyete: deß Nachts aber/ als wann der Stein zur Abtoͤdtung nicht gnug waͤre/ hat er sei- nen Stecken/ den er in der Hand zutragen pflegete/ oben mit zweyen Zaun- Stecken gestuͤtzet/ unter das Kinn gesetzet/ damit er seinen Leib niemahls mit dem Schlaff erquicken koͤnte/ dahero haben viele/ die deß Nachts zu seiner Osber- nus Mo- nac in vita. Zellen gegangen/ die Music der Engelen gehoͤret. B. Elphegus, der auß einem Muͤnch ein Bischoff worden/ ist gewohnet gewesen/ im Frost und Eyß deß Winters/ wann alle zu Nacht schlaffeten/ mit blosen Fuͤssen/ mit einem eini- gen Rock bekleidet vom Laͤger auffzustehen/ außzugehen/ und biß zur Mor- genroͤthe dem Gebett abzuwarten. S. Radulphus ein Muͤnch/ psallirte deß Nachts/ obs gleich der strengste Winter war/ in blosen Fuͤssen und Schen- ckeln biß es Tag worden. S. Dominicus Loricatus ließ die Kleider nicht uͤber die Schienbein herab/ damit die Kaͤlte die blosen Fuͤsse verbrennete: was er uͤ- ber das fuͤr Abtoͤdtungen gebraucht/ kan man unter in seinem Leben sehen. S. Vine. Bellov. l. 19. c. 11. Hieron. Rubeus in vita. Lib. 4. vit P. P. Christianus ein Einsidler stunde im winter im kalten Wasser biß zum Halß eingetuncket/ darnach schluge er sich biß die Ruthen zerrissen. S. Petrus Dami- anus ist gegen die Hitze der Geylheit deß Nachts vom Bett auffgestandẽ/ und sich ins Wasser getuncket/ alß er gantz kalt worden und herauß gegangen/ hat er sich nicht ins Bett/ sondern ins Gebett begeben. S. Orientius ein Einsidler hat alle Tage im katten Wasser biß zum Nabel stehend deß Davids Psalmen außgebettet/ welcher Abdoͤdtung hat sich nicht auch S. Edmundus, Bi- schoff zu Cantuarien unterworffen? dieser gebrauchte nicht allein haͤrine Ovid. Surius in ejus vita. Guͤrtel/ sondern auch haͤrine Hosen: er war mit Brod allein und mit einer schlechten Speiß zu frieden/ er aß noch Fisch noch Fleich: den Durst leidete er so weit/ daß die Lefftzen zersprungen: umb naͤchtliche Ruhe zu nehmen ge- brauchte er noch Leinlacher/ noch Decken/ noch Haubt-Kuͤssen/ sonder er sasse mit seinen eigenen Kleidern bedecket/ und dieß setzte er fort 30. Jahr/ als er auch zur Wuͤrde deß Ertz-Bischtumbs erhoben gewesen. Ferner alle Arten der Abtoͤdtungen fuͤrzubringen/ was solte dieß fuͤr ein Last seyn? 6. Nichts desto weniger/ damit nicht einer meine/ daß dergleichen bey je- tziger Zeit nicht koͤnne gethan werden/ will ich einen Mann fuͤrstellen/ welcher in diesen Zeiten so streng gelebt/ daß er schiene die Strengigkeit In ejus vita quæ habetur in Ere. mo Aug. der alten Vaͤtter uͤbertroffen zu haben/ und ist solcher unser Johan- nes von S. Guillelmo, dieser in den hitzigsten Laͤndern wohnende gieng im Sommer mit entbloͤsetem Haubt in der Sonnen; im Winter E e e 2 aber Die Drey und Dreissigste Geistliche Lection aber gieng er in aller Fruͤhe mit blosen Fuͤssen uͤber das gefrorne Erdreich/ und zur Regen-Zeit uͤber die Doͤrnen/ und mahnete die seinigen gar artlich und lustig an/ dergleichen zu thun/ sagend: wer die Musqueten-Kugel foͤrch- tet/ der gehe nicht in den Krieg: wer das Leiden foͤrchtet/ der suche den Him- mel nicht/ und wann man durch viele Truͤbsall in Himmel gehen muß/ so mag alles Ubel der Welt uͤber mich kommen: deß Nachts hatte er zum oͤfftern das Fenster seiner Zellen offen/ damit er von der boͤsen Lufft moͤchte beschwaͤ- ret werden/ und die einkommende Muͤcken und Fiegen ihn auffs haͤrteste plageten. Weiters gieng er allezeit mit blosen Fuͤssen/ deren Fuͤß-Sohlen mit Eyß/ Steinen und Doͤrnern in die kleineste Theil zerschnitten bißweilen ein haͤuffiges Blut liessen: auch zur Winters-Zeit gieng er nicht zum Feuer: zur Nachfolg S. Guillelmi gebrauchte er einen Brustharnisch fuͤr ein Hembd/ damit er aber nicht roͤstig wuͤrde/ nahme er ei- nen neuen/ dann er hatte drey/ deren er einen nach dem andern gebrauchte/ de- ren etliche hat er gar verbrauchet: als er seinen Habit außgezogen/ haben et- liche durch die Ritzen seiner Zellen gesehen/ daß die Ringe deß Brust-Harnisch also in das Fleisch getrungen/ daß man kaum unterscheiden konte/ ob er einen Brust - Harnisch hatte. Es mangelten ihm auch nicht zum Zierath seines Leibs Guͤrtel und Arm-Baͤnder/ dann er gebrauchte eine grosse eiserne Ket- ten/ welche von der rechten Schulter zu der lincken Seiten/ und von der lin- cken Schulter zu der rechten Seiten in Form eines Creutzes uͤber die Brust gegangen/ mit einer andern hat er sich geguͤrtelt/ welche er so zusammen ge- zogen getragen/ daß im Jahr 1605. als er in eine gefaͤhrliche Kranckheit ge- fallen/ sein Gesell der Bruder Laurentius, als er ihn ins Bett getragen/ die gedachte Ketten so zusammen gezogen/ und am Leib hangen gesehen/ daß sie das schon faule Fleisch durchgetrungen/ deßwegen er sie nicht ohne den groͤsten Schmertzen deß P. Joannis mit dem an vielen Orthen anhangenden Fleisch herauß gezogen: bißweilen gebrauchte er auch an statt der Ketten einen eiser- nen Ring/ der etliche Stachel hatte/ welches alles zu Populoni en mit grosser Ve ehrung auffbehalten wird: und alle diese Peinigungs- Instrument en wa- ren dem P. Joanni, daß er seinen Leib casteyete/ nicht gnug/ dann er hat ein neues und sonderliches Exempel einer gantz unerhoͤrten Buß zeigen wollen: dahero hat er etliche eiserne Kaͤmme/ die zum Wollen kratzen bequem seynd/ erdacht/ auß dessen auffgerichten Stacheln hat er sich ein Wammes biß zu den Huͤfften reichend gemacht/ mit welchem er allezeit gekleidet war/ und noch heutiges Tags in unserm Battiniensischen Con- vent/ nicht allein bluͤtig/ sondern von Blut gleichsamb gantz ro- stig und auff der Seiten deß Ruͤckens und der Brust verzehrt/ von allen gesehen Von der Abtoͤdtung. gesehen wird. Und dieweil er alle Freytag mit groͤster Auffmerckung das Leyden Christi lase/ wann er zu einem Spruch der heiligen Schrifft von Schmertzen gekommen/ hat er sich alsobald auff der Erden geweltzet/ damit die Stacheln deß vorgedachten Wannes tieffer in das Fleisch giengen/ und also wurd er gesehen als ein anderer Benedietinus unter den Doͤrnern/ und Blasius unter den eisernen Kaͤmmen der grausambsten Tyrannen. Diese haben ihre Peynigung nur einmahl außgestanden/ jener aber alle Wochen: er hat sich auch auffs harteste und grausambste viermahl in der Wochen/ und bißweilen zweymahl deß Tags eine gantze Stund lang/ bald mit eisernen Ketten/ bald mit Stricken/ darzwischen eisernen Stacheln gewesen/ und mit andern grausamen Jnstrumenten gegeißlet/ mit welchen er nicht ohne grosse Blut- Vergiessung seinen Leib abtoͤdtete. Wegen solcher und der- gleichen andern Sachen/ welche ich kuͤrtze halben außlasse/ haben billig und recht etliche vortreffliche Praͤlaten gesagt/ daß von vielen Zeiten her in der Kirche GOttes seines gleichen nicht gefunden worden. 7. Dieses/ lieber Bruder/ erzehle ich nicht/ daß du es nachthun solst/ dann die heilige Maͤnnern mit dem H. Geist erfuͤllet/ haben viel gethan/ woruͤ- ber wir uns verwundern/ welches wir aber nicht nachthun koͤnnen/ dann einer hat eine staͤrckere Natur als der ander. Die Bescheidenheit als eine Koͤni- gin der Tugenden/ und der Rath der Aelteren muͤssen uns in den leiblichen Abtoͤdtungen regieren/ darumb ist dieses allein deßwegen erzehlet worden/ theils daß wir uns befleissigen moͤgen nur die kleine Ubungen der Abtoͤdtun- gen anzunehmen/ vertrauend auff die Goͤttliche Gnade/ welche uns darzu gewißlich nicht ermangeln wird/ wann wir nur keine Hin- dernuß setzen: theils/ damit wir nicht uͤber etliche verrichtete Abtoͤdtungen hoffaͤrtig werden/ und dieselbe nicht allzu hoch halten/ und be- trachten/ daß sie gar nichts seynd/ wann sie mit der H. H. Vaͤtter Stren- gigkeiten verglichen werden. Derowegen/ damit wir zu andern Abtoͤdtun- gen/ welche in gewisser Weiß sich mehr auff uns schicken/ schreiten/ wird es vonnoͤthen seyn/ dieselben kuͤrtzlich in folgenden herzu zu setzen. Der Andere Theil. 8. E S ist deßwegen die beste Abtoͤdtung/ sich selbst uͤberwinden nach dem jenigen Spruch: Fortior est qui se, quàm qui fortissima vincit Mœnia: das ist: Der jenig ist staͤrcker/ der sich als die staͤrckesten Mauren uͤberwindet. Dieser Sieg aber bestehet in der Verlaͤugnung deß eigenen Willens/ das ist: wann wir nicht zulassen/ E e e 3 was Die Drey und Dreyssigste Geistliche Lection was die Begierd verlanget/ und annehmen/ was sie schenet. Ei- Pelagius in ejus Vita. ner auß den alten Muͤnchen hat sich fuͤrtrefflich in diesem Streit gehalten/ welcher/ als er einem Alten gedienet/ hat es sich zuge- tragen/ daß dem Alten ein Geschwaͤr am Leib hervor kommen/ darauß vieles Eyter mit grossem Gestanck fliessete; es sagten aber zum Bruder seine Gedancken: gehe von hier weg/ dieweil du den Gestanck dieser Feuchtigkeit nicht vertragen kanst/ damit er aber diese Gedancken zuruck triebe/ hat er ein Gefaͤß gehohlet/ und deß Alten Geschwoͤr gewasch- sen/ und so offt ihm durstete/ hat er davon getruncken. Es hat ihn aber wie- derumb seine Gedancken anzureitzen angefangen/ zu ihm sagend: wiltu nit fliehen/ so trincke doch diesen Gestanck nicht; aber er leydete es gedultig und tranck die Abwaschung der Wunden seines Vatters. Und als er dem Al- ten also dienete/ hat GOtt die Liebe seiner Arbeit angeschen/ und hat die- selbe Abwaschung deß Geschwaͤrs in das reineste Wasser veraͤndert/ und den Alten mit einer unsichtbahren Artzney gesund gemacht. Diesem hat S. In ejus Vita. Franciscus Xaverius nachgefolget. Dieser/ damit er sich selbst und den Eckel/ welchen er auß dem Dienst deß mit dem Geschwaͤr behafften Kran- cken empfunden/ uͤberwindete/ hatdas Eyter auß seinen Geschwaͤren gesau- get. Es seynd auch mehr andere/ welche diese Art sich zu uͤberwinden/ ange- nommen/ darunter absonderlich die H. Catharina von Sena gezehlet wird/ welche/ als sie einsmahls einer kranck-liegenden Frau (von welcher die H. Jungfrau zuvor mit gar heßlichẽ Laͤsterungen beschweret/ und als ein unehr- liche Hur außgeruffen worden) dienete/ und auß einẽ unertraͤglichen Gestanck einen Eckel empfunden/ welchen sie von dem hoͤllischen alten Schalck bewegt worden zu seyn muthmassete/ damit er sie von dem heiligen Vorhaben ab- ziehete/ ist sie uͤber sich selbsten boͤß worden/ und gesagt: Was? Bistu so gehaͤssig einer Schwester/ mit Christi Blut erkaufft? Bistu nicht selbst einer gleicher und mehr heßlicheren Kranckheit unterworffen? Ja/ hat sie ge- sagt/ und an den Krebs deß Weibes die Nasen gesetzt/ und mit aufgespertem Mund den Wust getruncken/ biß sie deß widerspaͤntztigen Fleisches An- muthung zaͤhmete. Ein andersmahl hat sie auch eine hertzhafftere That begangen/ damahls sie fuͤr das faule Eyter derselben krancken Frauen ein Abscheuen gehabt/ und mit Wasser den Krebs außgewaschen/ hat sie dassel- be in eine Schuͤssel auffgefangen/ und mit begierigem Mund außgetruncken. Deßwegen hat sie die Versuchung uͤberwunden/ und ihrem Beicht-Vat- ter bekennet/ daß sie in ihrem Leben niemahls etwas annehmlichers gekostet. Dieses heroische Werck hat dem HErrn Christo also gefallen/ daß er ihr die Von der Abtoͤdtung. die nachfolgende Nacht erschienen/ und zu einem solchen glorwuͤrdigen Sieg Heyl wuͤnschend/ die offene Wunde seiner Seiten dargereicht/ darauß die H. Jungfrau so grosse himmlische Suͤssigkeit gesogen/ daß derselben Krafft sich auch in ihrem Leib ergossen hat. Wann solche rare Gnaden in dieser Welt darumb gegeben werden/ was werden sie nicht fuͤr Lohn und Ehr im kuͤnffti- gen Leben empfangen/ wo der eigne Orth der Vergeltung ist. 9. Wann aber diese Art zu uͤberwinden/ als welche nur allein denen Hei- ligen eigen ist/ einem gar zu hart scheinet/ so mangelen andere nicht/ mit wel- chen der Mensch sich selbst abtoͤdten/ und das rebellische Fleisch dem Geist unterwerffen kan/ nemblich durch die Abtoͤdtungen der Sinnen: dann diese seynd sehr heilsam. Dann gleich wie die meisten Laster durch die Sinne in die Seele eingehen/ also werden auch durch die Abtoͤdtungen der Sinnen die meisten Laster verhuͤtet. Deßwegen acht ich fuͤr gut von den Abtoͤdtungen det Sinnen kuͤrtzlich zu handeln/ vom Gesicht/ Gehoͤr/ Geruch und Em- pfindung in dieser Lection/ vom Geschmack aber wil ich absonderlich in fol- gender Lection reden. Das Gehoͤr kan also abgetoͤdtet werden. Erstlich die Gelegenheit meiden eigene Lob anzuhoͤren/ oder wann etwas in dessen Lob von einem vorgebracht wird/ die Red alsobald abwenden. Zweitens nicht nach neuen Zeitungen fragen/ und wann deren Meldung geschicht/ das Gespraͤch auff etwas nutzlichers lencken Dieses hat der H. Bischoff Hugo Pet. Dor- lan. in Chron. Carthus. l. 3. \& Sur. in vit. S. Hugonis gelehret/ welcher als er nach gemachtem Fried zwischen den Koͤnigen von Franckreich und Engelland in ein Cartheuser Kloster eingekehret/ als er von der Weiß deß geschlossenen Friedens gefraget wurde/ hat er von Traurigkeit eingenommen und auß vollem Eyffer deß heiligen Ordens geantwortet: obs gleich einem Bischoff zugelassen ist/ die Geruͤchte zu hoͤren und vorzubringen/ so ists doch den Muͤnchen nit zugelassen. Deßwegen haben dieselben Cartheu- ser mit recht von den Conversen geschlossen/ welche oͤffter als die Muͤnchẽ auß- gehen/ die weltliche Geruͤchte dahin fahren zu lassen/ wo sie sie hoͤren. Also hat auch die H. Clara vom Berg Falconis den Dieneriñen deß Klosters verbottẽ/ welche wegen deß Haußhalten außgiengen/ nichts den Heil. Jungfern vor- zubringen/ was sie außwendig entweder gehoͤret oder geschen haben/ damit es ihnen keine Unruhe braͤchte. Die dritte weiß ist/ die Ohren bißweilen von einem lieblichen Gesang oder Musie/ welche den Ohren gar angenehm ist/ abwenden. Also hat gethan der heilige Seraphische Franciseus/ wel- cher einsmahls mit groͤssesten Schmertzen der Kranckheit behafftet/ seinen Mitt-Bruder gebetten hat/ daß er ihn zur Erleichterung der Schmertzen auff der Geigen spielete/ in dem er aber sich bald bedacht/ hat ers wieder ver- botten/ Die Drey und Dreyssigste Geistliche Lection botten/ damit es nicht scheinte/ einen irdischen fuͤr den geistlichen Trost zu suchen. GOtt aber/ welcher diese Wuͤrckung der Abtoͤdtung vergolten/ hat ihm einen Engel gesandt/ der nur ein eintziges mahl den Bogen uͤber die Seiten der Geigen gezogen/ und einen solchen Trost dem seeligen Mann gebracht/ daß es ihm nicht allein alle Schmertzen gelindert/ sondern auch in- wendig mit unsaͤglicher Freud erfuͤllet. Die vierdte Weiß ist/ die unan- genehmen ungestuͤmmigkeiten und Geschrey geduͤltig hoͤren/ und sich nicht erzoͤrnen/ wann ein Hund in der Naͤhe unverschaͤmbt bellet/ oder eine brum- mende Mucken oder Wespe lang in der Cell herumb flieget/ oder die unge- stuͤmmen Handwercks-Leute/ als da seynd die Vaß-Binder/ die Schmied/ die Blech-Schlaͤger und dergleichen/ zur Studierens oder Schlaffens-Zeit in der Nachtbarschafft arbeiten. 10. Der Geruch kan darmit abgetoͤdtet werden. Erstlich der Nasen allen annehmlichen Geruch versagen/ und ihn im Hertzen also verachten/ daß ob sichs gleich bißweilen solte zutragen an einem Ort oder Menschen/ der einen solchen Geruch von sich gibt/ zukommen/ man darauß keine Ergoͤtzung schoͤpffe/ sondern vielmehr vom Hertzen verachte/ als eitele Ergoͤtzungen/ welche der Sinnligkeit dienen/ aber dem Geist zu wider seynd. Zwey- tens in den wohl-gebauten Gaͤrten/ wo man eine Menge von wohl-richer- den Blumen hat/ nichts abbrechen/ umb die Ergoͤtzung der Nasen zu un- terhalten/ sondern sich alles dieses auß Lieb zu JEsu berauben/ welcher ist die Blum der Blumen/ und weydet in den Lilien. NB. Was eine derglei- chen Abtoͤdtung der Sinnen fuͤr einen Verdienst habe/ wirstu verstehen auß dem/ was wir fol. 359. §. 10. vorgebracht. Drittens die stinckenden und hart riechenden Sachen (so viel es ohne Schaden der Gesundheit seyn kan) gedultig ertragen/ zur Nachfolg S. Arsenii, von welchem Ruffinus A- quil. erzehlet/ daß/ als er Koͤrbe machte/ er das Wasser in dem Becken aufbehalten habe/ umb die Palmen-Blaͤtter zu erweichen; welches/ als es stinckend worden/ hat er niemals zugelassen/ daß es veraͤndert wuͤrde/ son- dern er goß anderes darzu/ damit der Gestanck nicht auff hoͤrete. O Vat- ter! sagten die Muͤnchen/ warumb veraͤnderst du das Wasser nicht/ mer- ckestu nicht/ daß deine Cellen angesteckt wird? denen Arsenius geantwor- tet: fuͤr die wohl-riechende Sachen und Salben/ so ich in der Welt ge- braucht habe/ muß ich nun diesen Gestanck vertragen/ damit mich am Ta- ge deß Gerichts von jenem unaußsprechlichen Gestanck der Hoͤllen der HErr erloͤse. 11. Wie Von der Abtoͤdtung. 11. Wie das Gefuͤhl abzutoͤdten sey/ haben wir schon fol. 40. num. 9 biß zur num. 10. gesagt/ welchem dieses kan beygesetzet werden/ daß nemblich zur Abtoͤdtung deß Gefuͤhls gehoͤre/ geduͤltig und mit Zufriedenheit die Hitze/ die Kaͤlte/ den Wind und andere Ungemache der Lufft/ so dem Leib zu wider seynd/ vertragen/ noch gegen diese ein Mittel suchen/ so lang das Gesetz der Bescheidenheit dieß will zulassen. Also auch die Mucken/ Floͤhe/ und an- dere dergleichen besehwaͤrliche Thiere mit billigem Gemuͤth erduͤlden/ wann sie auch am meisten einem zusetzen. Und wiederumb/ den Leib mit freywilli- ger Strengigkeit abtoͤdten/ als mit haͤrenen Kleidern/ Geißlungen/ mit gro- ben Kleidern/ hartem Bette/ unbequemen Sitzen/ und andere dergleichen schmertzbringenden Sachen: wie auch in der Zelle stehen oder knien biß zur Schwaͤchung der Kraͤfften/ oder mit auß gespannten Armen eine Zeitlang betten/ oder auff der Erde schlaffen/ oder eine andere dergleichen Gewalt dem Leib mit Bescheidenheit anthun. 12. Wie von dem Gefuͤhl/ also ist auch von dem Gesicht gesagt worden/ fol. 191. num. 10. biß zur num. 17. Ob wir aber gleich am gedachten Orth zimblich weitlaͤufftig vom Gesicht geredet/ haben wir doch viel außgelassen/ welches wir mit Fleiß in dieser Lection außzulegen auffbehalten. Dahero daß man die W eiber nicht ansehen solle (wie es erinnert worden) werden wir auch dahero gelehret/ was dem H. Ephrem widerfahren/ dann als der H. Mann in der Einoͤde der W aͤlder und Bergen woͤhnete/ hat ihm GOtt eingegeben/ daß er auch mit dem Nechsten umbgienge/ und dieser Einsamkeit absagete/ damit er vieler Nutzen abwarten koͤnte: und also hat er sich mit Fleiß nach Edissa begeben/ und den Herrn gebetten/ daß er unter dem Eingang in die Statt einen heiligen Mann antreffen moͤchte/ deme er seines Hertzens Heimligkeiten offenbahrete/ und von welchem er geholffen/ und in allen zum geistlichen Leben gehoͤrenden Sachen regiret wuͤrde: aber Gott hat dem in die Statt Edessam kommenden S. Ephrem eine Hur entgegen kommen las- sen/ welches den H. Mann sehr bekuͤmmert/ weil er meinete er waͤre von Goͤtt nicht erhoͤret worden: deßwegen hat er traurig und mit schamhaffter Roͤthe eingenommen/ die Augen zur Erden niedergeschlagen: die unverschaͤmbte Hur aber hat ihn mit unverwandeten Augen angesehen: deßwegen hat sich der H. Mann geschaͤmet/ und sie gescholten/ sagend: schaͤmbst du dich nicht/ Weib; daß du mich mit so unverruͤckten Augen anschauest? deme sie geant- wortet: ich schaͤme mich nicht/ dann ich meine/ daß es mir zugelassen seye dich anzuschauen/ weilen ich von dir und deiner Seiten genommen bin: dir aber gebuͤhret es nicht die Weiber/ sondern die Erde deine Mutter/ darauß du ge- F f f nommen Die Drey und Dreyssigste Geistliche Lection nommen bist/ anzuschawen/ weilen du auch wieder in dieselbe wirst verkehret werden: als Ephrem mit diesen Worten erinnert worden/ hat er GOTT billigen Danck gesagt/ daß er von einer unehrlichen Hure gelernet/ daß er sei- nen Ursprung auß der Erden habe/ und sie deßwegen mit unverwendten Au- gen ansehen solle. Drexel. in Amus- si l. 1. c. 8. §. 2. 13. Aber es wird mir vielleicht jemand vorwerffen/ welches Drexelius ge- dencket vom Englischen Doctor, Thomas Aquinas, dann als er einsmahls bey einem Gastmahl war/ hat er mit unverwendten Anblicken ein sonderlich schoͤnes Weib betrachtet: welches/ als sein Gesell wahrgenommen/ hat er nicht einen leichten Argwohn geschoͤpffet/ als er aber nach der Ursach forsche- te/ hat ihm der Heil. Mann geantwortet: Jch kan mich uͤber den Schoͤpffer der Welt nicht gnugsamb verwundern/ welcher/ wann er seine Geschoͤpffe mit solcher Schoͤnheit begabet/ von was fuͤr unendlich groͤsserer Schoͤnheit wird nicht GOtt derselben Schoͤpffer glantzen? wann die armseelige Men- schen jetzt in diesem Thal deß Elends so schoͤn scheinen/ wie werden sie nicht nach der allgemeinen Auff erstehung im Himmel seyn? darumb/ ob gleich der Heil. Mann durch diese That sehr zu loben ist/ so muß mans ihm doch nicht uͤberall nachthun/ weilen in ihm kein Gefahr war: dann ihme war von Gott eine sonderliche Keuschheit mitgetheilet/ welche Gnade nicht einer auß hun- dert tausend Menschen haben wird. Deßwegen muß sich auch keiner frevent- lich in die Gefahr begeben/ in welcher noch die fleischliche Lust lebet. Uber daß muß man auch wissen/ daß der glorwuͤrdige Doctor nicht im Gebrauch ge- habt habe die Weiber anzuschawen/ sonsten solle Sorius nicht bezeugen/ daß Surius in vita. er bißweilen das Anschawen der schoͤnen Gesichter gemeidet/ wie andere die Nattern und Scorpionen zu meiden pflegen. Was aber im vorgesagten Fall geschehen ist/ hat sich auß sonderbahrem Willen GOTTES zugetragen. Deßwegen hat auch der vor diesem grosse Mag ster der In ejus vita c. 4. geistlicher Lehr P. Balthasar Alvarez (von welchem der Heil. Theresiæ ist offenbahret worden/ daß zu der Zeit/ da er lebte/ kein vollkommener in der Kirch waͤre) das Anschawen der Weiber also gemeidet/ daß/ als er zu Valli- solet bey einer oͤffentlichen Inquisitions- Handlung ware/ er sieben Stunde die Augen auff ein Bild der seeligen Jungfrawen/ welches er bey sich truge/ fest gehalten/ allein darumb/ damit er nicht gezwungen wurde/ die Weiber an- zusehen/ ohne welcher Anschawung er seine Augen nicht auff den Schaw- Platz werffen konte. 14. Ein andere Art das Geficht abzutoͤdten ist/ die Augen vom fuͤr witzi- gen Anschen der weltlichen Pracht/ oder der kuͤnstlichen Sachen/ oder der zu- Von der Abtoͤdtung. zufaͤlligen Begebenheiten/ welche bißweilen an den Fenstern oder im vor- bey gehen sich zu ereigenen pflegen/ abhalten. Also hat gethan S. Carolus Bor- romæus, welcher/ als er in seinem Gemach bey dem Fenster pflegte Audientz zu geben/ hat er niemahls hinauß gesehen/ was auch fuͤr ein Tumult oder Ge- schrey auff der Strassen entstunde. Also muß man auch die Augen bißweilen abkehren vom Anschauen der jenigẽ Sachen/ welche das Gesicht sehr ergoͤtzen/ als da seynd/ angenehme Gaͤrten/ kuͤnstliche Wasserwerck/ rare Blumen/ die Schaͤtze der Fuͤrsten/ und mehr dergleichen. Gleich wie vor diesem der erstge- dachte H. Bischoff Carolus Borromæus gethan/ welcher als er von einem Praͤlaten eingeladen war/ daß er/ umb frischen Lufft zu schoͤpffen/ sich belieben lassen wolte/ in den Garten zu begeben 2. Meil von Mayland gelegen/ und zur selben Zeit fuͤr allen Gaͤrten der gantzen Lombardey den beruͤhmsten; ist er zwar dahin gegangen/ als er aber in diesen Garten gefuͤhret worden/ hat er ihn nur einmahl/ und zwar obenhin als ein unempfindliches Bild durchgan- gen/ also daß er dieselbe kuͤnstlichste Brunnen/ die schoͤnste Feld-Better/ die rareste Blumen/ und andere dergleichen außerlesene Ergoͤtzungen der Gaͤr- ten/ welche anderer Gemuͤther in die groͤsseste Verwunderung zu ziehen pfle- geten/ kaum mit einem Aug anschawete. S. Franciscus Borgia, als er noch weltlich eine sonderliche Lust auß der Falcken-Jagt empfunde/ damit er sich auch abtoͤdtete/ thaͤte die Augen zu eben zu der Zeit/ als der Falck den Hero- dium verfolgete und umbbringen wolle. Auch P. Joannes Berckman auß In vita. p. 2. fol. 74. \& 77. der Societ aͤt Jesu bezaͤhmte also die Augen/ daß er sie nimmer von der Erden erhebete/ wo er nicht von der Vernunfft oder Nothwendigkeit gezwungen wurde: dieser/ als er einmahl gezwungen war in einem Schaw-Spiel zu seyn/ hat die Augen niemahls auffgehebt/ also daß ein Edelman/ der sol- ches in acht genommen/ seinem Gesellen ins Ohr sagte: dieser Pater ist warhafftig heilig: er konte auch niemahls darzu gebracht werden/ die Gaͤrten/ Weinberge/ und jaͤhrliche Cavalcada zu Rom anzuschen. Sara Drexel. in Nicet, l. 1. § 6. eine Vorsteherin der heiligen Jungfrawen in dem Scythioti schen Closter/ hat 60. Jahr bey einem hellen Wasser gewohnet/ und das niemahls angese- hen. Welches auch ein Novitius in der Societ aͤt Jesu gethan/ welcher zu Nadas. in Ann. Angel. hebd. Neapoli sterbend bekennet hat/ daß er/ weilen er seine Augen vor dem an- nehmlichen Anschawen deß nechstgelegenen Meers verwahret/ dieses zum Lohn habe/ daß er im Todt mit dem Anschawen der Engelen erfrewet wor- den. 15. Darbeneben muß man das Gesicht abtoͤdten/ indem man deß jenigen Angesicht nicht ansiehe/ der mit einem redet/ er mag gleich von derselben oder F f f 2 einem Die Drey und Dreyssigste Geistliche Lection einem andern Geschlecht seyn/ als gethan hat die seelige Clara vom Berg Falcone auß unserm heiligen Orden: diese/ so offt sie mit einem andern/ wer es waͤre/ redete/ bedeckte allezeit die Augen/ damit sie dessen Gesicht nit sehete/ sie konte auch niemahls darzu gebracht werden/ daß sie nur mit ihrem leibli- chen Bruder/ der auch geistlich gewesen/ mit entdecktem Gesicht/ und von der Erden erhobenen Augen redete/ und pflegte zu sagen; sie gebrauchte die Au- gen nicht zum Reden/ sondern die Zunge allein. Eben dieses vermahnet auch der Hoͤnig suͤsse Bernardus/ sagend: du solst niemahls eines andern Gesicht staͤts anschawen. Es ist endlich der vollkommenste Grad in dieser Abtod- tung/ die Augen nicht von der Erden erheben/ ohne heilige Sachen anzuschen/ oder allein das jenige/ welches man auß gewisser Noth ansehen muß: und weilen dieser Grad vollkommener ist/ als andere/ deßwegen ist er auch schwe- rer: doch nutzet er von vielen Heiligen ins Werck gesetzet: denen unser See- ligmacher mit Exempel vorgeleuchtet: dann als er das Brod segnen wolte/ hube er seine Augen auff/ welches nach deß ehrwuͤrdigen Bedæ Zeugnuͤß der Evangelist deßwegen so absonderlich gedacht hat/ damit er anzeigete/ daß er nicht gewohnt gewesen/ die Augen hin und wieder zu wenden/ S. Bernardus hat vor allen dem Seeligmacher als ein Lehr - Juͤnger dem Meister ge- folget/ welcher der Abtoͤdtung der Augen also ist ergeben gewesen/ daß/ ob er wohl auffs fleissigste in der Kirchen und seiner Zell war/ er doch nach eines gantzen Jahrs Verlauffung nicht wuste/ ob diese Zelle gewoͤlbt waͤre/ oder obs nur ein eingebogenes Holtz haͤtte? und ob in der Kirch nur ein Fenster allein/ oder aber mehr waͤren? Als er auch einsmahls fast einen gantzen Teg neben einem Fluß reisete/ und deß Abends seine Gefehrten von diesem Was- ser reden hoͤrete/ hat er sich uͤber die zusammen redende sehr verwundert/ und gelaͤugnet/ daß er die See gesehen haͤtte/ und nicht wissete/ wessen Sees sie gedachten. Diesem war nicht ungleich der Abt Palladius, welcher zwantzig gantzer Jahr in seiner Zellen die Augen niemahls empor gehebt/ also daß er den obersten theil der Zellen angesehen/ ob er gewoͤlbt oder mit ei- nem gebogenen Holtz geschlossen. Diesem kan der ehrwuͤrdige P. Thomas Sanchez, ein gar gelehrter und dabey ein heiliger Mann/ zugesetzet werden/ welcher allezeit mit auff die Erden nieder geschlagenen Augen einher gegangen/ oder am Tisch gesessen/ also daß er weder den Bey- sitzenden/ noch den Dienenden erkennet: als er einsmahls von den Pre- diger - Patern durchs Closter gefuͤhrt worden/ lobte er zwar alles/ damit sie es nicht mercketen/ er hatte aber allezeit die Augen zuge- schlossen. 16. So Von der Abtoͤdtung. 16. So hastu dann/ lieber Bruder/ gnugsame Exempeln/ welchen du nachfolgen kanst/ in Hoffnung daß du durch solche Abtoͤdtungen eine Saat grosser Tugenden einernden werdest/ dessen du im Himmel geniessen wirst. Damit dich aber deine unordentliche Gemuͤts-Bewegung von dieser Ubung der Abtoͤdtung nicht abfuͤhren moͤge/ so solstu gedencken/ daß ihrer viele gar elend verderben/ darumb/ weil sie ihre Sinnen nicht gebuͤhrlich verwahren; dann der Todt pfleget in die Seel durch das Fenster zu steigen/ das ist/ durch die Sinnen/ nach dem gemeinen Spruch: Es ist nichts im Verstand/ es seye dann zuvor im Sinne gewesen. Wie thoͤrricht handeln dann die jeni- ge Menschen/ welche die Augen uͤber all zu den Eitelkeiten der Welt wen- den/ dieweil sie mit einem solchen Ansehen in der Seele die Begierde (welche nach deß Teuffels Zeugnuͤß ein Ursach alles Boͤsen ist) erwecken. Dann wer solte laͤugnen/ daß dieser nicht ein Narr waͤre/ daß er vom Anschauen eines Dings in ein Fieber oder andere grosse Kranckheit fallen solte/ und doch nichts destoweniger sich nicht enthielte/ ein solches Ding anzuschauen? Al- so warhafftig/ dieweil die Menschen offt wegen das Anschauen der erschaffe- nen Sachen in das Fieber der Begierde fallen/ und eine Beschwernuͤß nach dem Himmlischen zu trachten/ fuͤhlen/ wird der jenige thorrecht zu seyn er- wiesen/ welcher sich daran nicht muͤssiget. Daher sagt S. Gregorius: die L. 21. mor. c. 2. Augen muͤssen nieder gedruckt werden/ alß die Verfuͤhrer. Dann welcher durch diese Fenster deß Leibs unbehutsamb herauß siehet/ der faͤlt gern ewig- lich auch unwillig in eine Erlustigung der Suͤnde/ und mit dem Verlan- gen gebunden/ faͤngt er an zu willen/ was er nicht gewolt hat. Diese War- heit hat der Koͤnigliche Psalmist erkeñet/ deßwegen hat er sich zu Gott kehrend gesagt: wende meine Augen ab/ damit sie die Eitelkeit nicht sehen moͤgen/ du siehest also wieviel es daran gelegen/ das Gesicht zu verwahren. Deßwe- gen vermahne ich mit dem H. Dorotheo/ welcher sagt: gewoͤhne dich die Augen nicht auff frembde und eitele Dinge zu wenden/ dan dieses zernichtiget alle Kloͤsterliche Arbeit. Mercke diß/ und lebe wohl. F f f 3 Die Die Vier und Dreissigste Geistliche Lection Die Vier und Dreissigste Geistliche LECTION Vom Fasten und Enthaltung. Judith. 4. 12. Scitote, quoniam exaudier Dominus preces vestras, si manentes permanseritis in jejuniis \& orationibus in conspectu Domini. Wisset/ daß der HErr euer Gebett erhoͤren wird/ wofern ihr im Fasten/ und im Gebett fuͤr dem Angesicht deß HErrn bestaͤndiglich verharren werdet. Der Erste Theil. 1. D Jeweil das gemeine Spruͤchwort sagt: nach dem unbekandten hat man kein Verlangen: deßwegen/ damit man leichter und annehm- licher das Fasten uͤben moͤge/ wird es nicht wenig helffen/ dessen In Brevi- ar. Dom. 3. Nov. Natur und Vortrefflichkeit zu betrachten. Nach dem Zeugnuͤß deß heili- gen Athanasii heilet das Fasten die Kranckheiten/ drucknet die Fluͤsse deß Leibs auß/ vertreibet die Teuffel/ stosset die boͤse Gedancken zuruck/ machet das Gemuͤth klaͤrer/ reiniget das Hertz/ heiliget den Leib/ und stellet endlich In Brevi- ar. Dom. 3. Adv. den Menschen fuͤr den Thron GOttes. Und S. Leo der Papst sagt: von der Enthaltung kommen keusche Gedancken hervor/ vernuͤnfftige Wille und heilsame Raͤthe; und durch die freywillige Abtoͤdtungen stirbt das Fleisch denen Begierden/ und der Geist wird mit Tugenden erneuert. S. Basilius Ibid. Dom. 4. Quadr. aber sagt also: das Fasten treibet die Versuchungen weg/ waffnet zur GOt- tesforcht/ bringet Staͤrcke im Krieg/ Ruhe im Frieden/ heiliget einen Nazareer, macht den Priester vollkommen. Ein mehrers kan an angezo- genen Oertern gesehen werden. Dergleichen hat auch unser Heil. Vatter In serm. de jejun. Augustinus/ welcher sagt: das Fasten reiniget das Gemuͤt/ erhebt den Sinn Vom Fasten und Enthaltung. Sinn/ unterwirff das Fleisch dem Geist/ macht ein zerknirscht und demuͤ- thiges Hertz/ vertreibet die Nebeln der Begierde/ loͤschet die Hitze der Geyl- heit auß/ zuͤndet aber das Licht der Keuschheit an Endlich nennet der H. Hieronymus das Fasten nicht allein eine vollkommene Tugend/ sondern den Grund der uͤbrigen Tugenden. Zweitens durch das Fasten mit dem Gebett be- wegen wir GOtt/ daß er unser Gebett erhoͤre/ deßwegen wird gesagt: Das Tob. 12. 8. Judit. 4. 12. Gebett ist gut/ mit Fasten und Allmosen. Und wiederumb: Wisset/ daß der HErr euer Gebett erhoͤren wird/ wofern ihr im Fasten und im Gebett fůr dem Angesicht deß Herrn bestaͤndiglich verharren werdet. Also hat Esther/ als Esther. 4. sie vom Assuero Gnad fuͤr ihr Volck begehren wolte/ mit ihren Maͤgden und Mardochaͤo gefastet/ daher ist ihr alles auffs beste gelungen. Der 2. Reg. 21 HErr hat dem Achab eine Straffe getrohet/ aber wegen deß Fasten/ damit er sich gedemuͤthiget/ hat er sie gelindert. Der Niniviten Stadt hat in 40. Jonæ. 3. Tagen zu Grund gehen sollen/ aber wegen der Fasten/ darmit sich die Nini- viter alle vom kleinsten biß zum groͤssesten gepeiniget haben/ hat GOtt ihrer verschoͤnet/ und die Straffe nachgelassen. Das Fasten verleihet Sieg wi- der die Feinde so wohl deß Leibs als der Seelen. Also hat Christus/ als er mit Matth 4. dem Teuffel streiten wolte/ 40. Tage gefastet/ und hat ihn in dreyen Versu- chungen/ welche er ihm fuͤrgeworffen/ uͤberwunden. Josaphat der Koͤnig 2. Paral. 20. Judith 8. \& 13. Juda hat selbst gefastet/ und hat andern das Fasten angesagt/ und also hat er den Sieg uͤber die Feinde erhalten. Nachdem Judith zuvor ein langes Fasten und Gebett gehalten/ hat sie einen herrlichen Sieg uͤber den Holofer- nem davon getragen. Die zweymahl uͤberwundene Kinder Jsrael seynd Judic. 20. 1. Reg. 4. \& 7. hernach zum Fasten geflohen/ und haben uͤber die Kinder Benjamin trium- phiret. Die Kinder Jsrael werden wider von den Philisteern geschla- gen/ aber nachdem sie geweinet und gefastet/ haben sie den Sieg erhalten. Daher erhellet es/ was fuͤr Krafft die Fasten habe. Deßwegen wer seine Feinde/ absonderlich den einheimischen zu uͤberwindẽ verlangt/ dẽ ist warhaff- tig noͤthig/ zum Fasten zu fliehen. Dann gleich wie ein Koͤnig/ der eine Stadt Vitæ PP. l. 5. libell. 4. n. 19. einnehmen will/ sich fuͤr allen Dingen/ wann er kan/ die Entzichung der Nah- rung und deß Wassers angelegen seyn laͤst: also welcher den Leib dem Geist un- terwerffen/ und seine uͤbrige Feinde uͤber winden will/ der kan daß nit eher als durch das Fasten und die Enthaltung erlangen: es ist auch bekandt/ daß unser Fleisch einem ungezaͤumten Pferd gar schoͤn verglichen werde: wie wir dan den Pferden Zaͤume anlegen/ damit sie uns anderst nicht an gehstuͤtzende Oer- ter fuͤhren: also muͤssen wir desto mehr unsern Leib mit Fasten und Enthal- tung zaͤhmen/ damit unsere Seele nicht in den Abgrund der Hoͤllen falle. 3. Uber Die Vier und Dreyssigste Geistliche Lection 3. Uber das so nutzet das Faͤsten und die Enthaltung sehr viel/ die Kranck- heiten deß Leibs zu vertreiben/ und das Leben zu verlaͤngern. Drexelius haͤlt uns in seiner Aloe ein Exempel fuͤr an einem Mann in Welschland/ welcher von der Fuß- und Hand-Gicht elendig geplaget/ und vom uͤbrigen Gebrauch seiner Glieder beraubet worden. Dieser/ als er vom Feind ge- fangen und in einen Thurn geschlossen und taͤglich nur mit schwartzem Brod/ und ein wenig Wasser tractirt worden/ und 4. Jahr in diesem Ge- faͤngnuͤß zugebracht hatte/ ist endlich nach veraͤnderten Sachen frisch und Gesund mit einer guten Farb im Gesicht/ auß dem Gefaͤngnuß gelassen worden. Daher singt die Salernitanische Schul wohl: Von einem starcken Abendmahl/ wird der Magen beschwehret. Damit zu Nachts du seyest leicht/ so halt eine kleine Mahlzeit. Zaͤhm deinen Mund/ damit du laͤnger lebest/ Wilst seyn gesund: so seye deine Hand sparsam. Auß dem Florilegio. p. 1. Viele Speisen versamblen viel Kranckheiten/ Wenige Speisen pflegen wenig Peyn zumachen. Deßwegen/ wie das gemeine Sprichwort sagt: Wer viel essen will/ der esse wenig/ dann wann er wenig essen wird/ wird er lang essen/ und folgends viel. Ferner solte es zu lang seyn/ dieses mit Exempeln zu bekraͤfftigen. Dann was hat den ersten Einsidler S. Paulum, was S. Romualdum, Antonium, Arsenium, Hilarionem und unzehlich viel andere zu ein solches langes Le- ben gebracht? hat es nicht die Fasten und die Wenigkeit der Speisen ge- macht? Was hingegen ziehet taͤglich so viele zum Todt/ welche noch viele Jahr sotten gelebt haben/ thut es nicht der Uberfluß im essen und trincken? Daher mahnet die Salernitanische Schul: Damit du nicht kranck werdest/ so hůte daß nicht ausser Mahlzeit trinckest. und Matheus Tympius: Wann dir die Aertzte mangeln/ so sollen diese drey/ Ein frisch Gemůth/ eine maͤssige Ruhe und die Diaͤt/ die Aertzte seyn. S. Vinc. Subb. ante Re- minisc. 4. Die Kraniche/ ehe sie in die entfernete Laͤnder fliegen/ essen nichts als Sand/ damit sie nicht faul und im Fliegel auffgehalten werden. Dero- wegen werden wir von den V oͤgeln selbst gelehret die Enthaltung zu uͤben/ dahero/ welcher nach dem Himmel/ als in das entferneste Land reisen Vom Fasten und Enthaltung. reisen will/ dem ist nothwendig/ daß er sich durch die Enthaltung zum Weeg vorbereite. Und gleich wie die leichten Schiffe leichter das Meer durchlauffen/ und die allzuviel beladene leichter untergehen: also macht die Enthaltung den Menschen hurtig/ daß er leicht den Weeg der Seeligkeit und der Gebotten GOttes lauffe; aber die Trunckenheit stuͤr- tzet in die Hoͤlle. Damit wir uns aber mit groͤsserem Eyffer dieser Tugend Grad. 9. befleissigen/ muß man wissen/ daß wir niemahls in der Vollkommenheit ei- nen grossen Fortgang schaffen werden/ wann wir uns nicht zuvor bemuͤhen/ in der Enthaltung vorzuleuchten/ wie es S. Climacus recht in acht genom- men/ in dem er gesagt hat: du wirst niemahls von dem Pharao erlediget werden/ du wirst auch nicht das hoͤchste Pascha feyren/ wo du nicht die Bit- terkeit wirst gegessen haben; die Bitterkeit seynd die Gewalt und Peyni- gung deß Fastens; das ungesaͤurte Brod aber ein Sinn/ der nicht hoffaͤr- tig ist. Das andere ist/ daß wir uns gleicher Weiß uͤberreden/ daß es nicht so leicht seye/ zu der vollkommenheit dieser Tugend zu gelangen/ wie es im ersten Anblick scheinet/ dann gleich wie S. Gregorius mercket/ sich die Wol- L. 30. Moral. lust unter der Nothwendigkeit also bemaͤntelt/ daß sie ein Vollkommener kaum unterscheide. Dann in dem die Nothwendigkeit ihr Gebuͤhr begehrt/ so rathet die Wollust das Verlangen zu erfuͤllen/ und desto sicherer stuͤrtzet sich der Fraß/ je mehr er sich mit den ehrlichem Nahmen der Nothwen- digkeit gnug zu thun/ bedecket. Eben dieses hat unser H. Vatter Augusti- In Con- fess. nus bekennet/ sagend: Und wer ists/ HErr/ der nicht etwan die Schrancken der Nothwendigkeit uͤbertrette? Er mag seyn wer es wolle/ er ist warhafftig groß/ er mache deinen Nahmen groß: ich aber bins nicht/ dieweil ich ein suͤndiger Mensch bin. 8. Jm uͤbrigen was von den H. H. Maͤnnern hin und wieder in ihren Leben gelesen wird/ ist vielmehr zu verwundern als nachzuthun. Deßwe- gen muͤssen wir diese zwey Ding wissen: daß wir die Kunst der Enthaltung also uͤben/ daß wir nicht das Fleisch/ sondern die Luͤste deß Fleisches toͤdten. Daher hat S. Hieronimus gesagt: eine sparsame Speiß/ und ein allezeit hungriger Magen wird denen dreytaͤgigen Fasten vorgezogen/ und es ist viel besser taͤglich wenig/ als selten zu essen. Ja auch Christus selbst hat zu der H. Gertrud gesagt: es mir zwar darumb ein Myrrhen Wein mit Gall vermischet gegeben worden/ auff daß ich eher stuͤrbe/ aber das Verlangen/ viel fuͤr den Menschen zu leyden/ hat mich zuruck gehalten/ daß ich nicht trun- cke/ du aber hingegen nehme in derselben Liebe alles nothwendige und dien- liche/ damit du desto laͤnger in meinem Dienst erhalten werdest. Zweitens G g g sollen Die Vier und Dreyssigste Geistliche Lection sollen wir wissen/ daß dieses die allgemeine Weiß der Enthaltung seye/ daß ein jedweder nach der Maaß der Kraͤfften/ oder deß Leibs/ oder deß Alters so viel Speisen zu sich nehme/ so viel das Verlangen der Ersaͤttigung erfordert. Damit aber diese Maß erkennet werde/ so rathet S. Dorotheus, daß ein jed- weder auß der Erfahrnuß eine Lehrmeisterin warnehme/ was fuͤr eine Uberfluß der Speise den Magen zu beschweren pflege/ und hernach ent- ziehe er allgemach etwas von derselben Uberfluß/ biß er keine Beschwernuͤß mehr in der Dawung empfinde. H ingegen soll er auch mercken/ was fuͤr ei- ne Wenigkeit und Sparsamkeit der Speiß ihn schwaͤcher mache/ daß er sei- nem Ambt/ so er hat/ kaum gnug thun kan/ nach Warnehmung dessen ver- mehre er die Speise biß dahin/ daß er die gantze Kraͤfften empfinde/ umb sei- Opusc. 2. n. 60. nem Ambt wohl vorzustehen. P. Nicolaus Lancicius schreibt/ daß von sei- nem Novitz-Meister diese Regul der Maͤssigkeit und Nuͤchterkeit seye vor- geschrieben worden/ daß einer so viel esse/ damit er nach vollendter Mahlzeit Pallad. in Lausiac. Hist. c. 38. Ap. Lan- cic. l. cit. n. 31. sich zum betten bequem befinde: und dieses ist/ welches ein Engel auch dem H. Bachomio in den dictirt en Reguln gebotten hat: laß einem jedweden zu/ daß er esse und trincke zur Staͤrcke/ und verbiete weder zu fasten weder zu essen: und dieß billig/ dann nach Zeugnuͤß Clementis Alexandrini: die eusserste Dinge seyn gefaͤhrlich/ die mittlere aber seynd gut: daß ist aber das Mittel/ welches nothwendiger Sachen nicht bedarff. 6. W eil aber nach unsers H. Vatters Augustini und deß H. Gregorii Meinung nichts schwerer ist/ als den Leib ohn Anlockung deß sich diebischer W eiß einschleichenden Frasses zu erquicken/ derowegen wird der Muͤhe wohl werth seyn/ fleissig anzumercken/ was dienlich zu seyn scheinet/ umb den Fraß abzuhalten; darzu folgendes wird dienen koͤnnen. 1. Deßwegen betrach- te vor der Mahlzeit/ wie unwuͤrdig du bist wegen so vielen Suͤnden/ Unvoll- kommenheiten/ und deiner Undanckbarkeiten/ daß du von GOTT so reich- lich und barmhertzig erhalten wirst. 2. W ie viel Arme und Unschuͤldige/ welche besser und GOTT angenehmer seynd als du/ mit H unger und Durst gedruͤcket werden/ welche die gemeinen Speisen/ vor welchen dir biß- weilen eckelt/ fuͤr liebliche Bissen halten solten. 3. W ie gottselig und spar- sam du wuͤnschen wollest/ die nothwendige Mittel umb das Leben zu erhal- ten gebraucht zu haben/ als eine Artzeney und keine Ergoͤtzung/ zu dem er- neuere eine reine Meinung mit der Bekraͤfftigung/ daß du in geniessung der Nahrung nicht der W ollust nachhengen/ sondern der Nohtdurfft nach dem goͤttlichen W ohlgefallen dienen wollest/ und daß alle Anlockung der Sinn- ligkeit/ so die lieblichen Speise verlanget/ fuͤr den gemeinen aber einen Eckel h a t/ wider deinen Willen seynd/ und allezeit seyn werden/ und daß du uͤber das wuͤn- Vom Fasten und Enthaltung. wuͤnschest/ wann es GOtt gefalle/ aller Speisen Annehmlichkeit zu entbeh- ren/ oder mit schlechtem Gericht oder mit gemeinem Brod den H unger zu stillen: wan dieses geschehen/ so begehre darnach die Gnade/ die Kraͤfften deß Leibs also zu ersetzen/ daß die Gesundheit deß Verstands/ und die Englische Reinigkeit keinen Schaden leide. 7. Unter der Mahlzeit selbst befleissige dich die gefaste Meinung fortzu- setzen/ und 5. Stricke deß Frasses/ welche S. Gregorius angemercket/ zu mei- den: nemblich 1. vor der gewoͤhnlichen Essens-Stund nicht speisen/ und nicht alsbald auff die vorgesetzte Speisen fallen/ sondern ein wenig zu Gott seufftzẽ umb die Gaab der Enthaltung und Keuschheit zu erhaltẽ. 2. Die schleckerhaff- tigen und kostbahren Speisen nicht verlangen. 3. Noch auch die gemeine/ so besser zugericht seynd/ zu begehren. 4. Nicht mehr Speiß nehmen/ als die Noth erfordert. 5. Die unordentliche Begierigkeit in alle/ auch der geringsten Speiß zu zaͤhmen/ dann diese mehr den Bestien als den Menschen zustehet: welches du alles halten wirst/ wann du in waͤhrender Ergoͤtzung etliche Wuͤrckungen der Abtoͤdtung einmischen wirst/ als da seyn. 1. Allezeit oder gemeiniglich von den vorgesetzten Speisen/ absonderlich von diesen/ auff welche der Appetit unbescheidener fallet/ etwas/ obgleich weniges/ zu entziehen/ je heimlicher/ je besser. 2. Alle Sinnen gar genau bewahren/ absonderlich die Augen von aller unordentlichen Außschweiffung; die Zunge auch von einem jeden muͤssigen Wort/ das Gesicht von allem unordentlichen Gelaͤchter und Bewegung ab- halten: endlich mit solcher Erbarkeit essen und trincken/ welche alle erbawet/ und niemand beleidiget. Die Mahlzeit beschliesse mit einer gottseligen Danck- sagung und Seufftzer. 8. Ferner/ damit du die leibliche Erquickung dir noch fruchtbahrer machen moͤgest/ setze dem vorgesagten noch dieses zu/ nemblich/ sage dieses Gebett/ ehe du die Speiß nimbst: Herr Jesu gib/ daß ich heilig und eingezogen die Speiß und den Tranck nehme zur Ehr deines Nahmens/ in Vereinigung der jeni- gen Liebe/ mit welcher du mein Gott/ als du fuͤr mich bist Mensch worden/ die Speiß und den Tranck auff Erden genommen hast/ zur Ehr deß Vatters und zum Heyl deß gantzen menschlichen Geschlechts. Aber unter dem Essen befleissige dich diese Wort gottselig zu betrachten: die Krafft deiner goͤttlichen Liebe/ allerliebster Jesu! vereinleibe mich dir gantz: und unter dem Trincken diese: giesse auß und erhalte in mir/ allersuͤssester Jesu! die Wuͤrckung deiner goͤttlichen Liebe/ welche in deinem innersten sehr starck gewesen/ also daß sie mein gantzes Wesen durchtringe/ und allezeit abtroͤpffle durch alle Gaͤnge/ Kraͤfften und Sinne deß Leibs und meiner Seele/ zu deinem ewigen Lob: oder kuͤrtzer: die Suͤssigkeit der goͤttlichen Liebe al- G g g 2 lerliebster Die Vier und Dreyssigste Geistliche Lection lerliebster JEsu/ fliesse in mein innerstes/ und durchtringe mein gantzes We- sen zu deinem ewigen Lob: aber damit du nicht von dieser Ubung nachlassest/ will ich/ daß du wissest/ daß Christus zu der Heil. Gertrud/ welche diese An- muthungen betrachtete/ gesagt: so offt einer unter dem Essen und Trincken dergleichen betrachten wird/ so offt will ich bekennen/ daß ich mit ihm gegessen und getruncken/ und eine gar angenehme Erquickung von ihm empfangen habe. Derohalben/ siehe/ lieber Bruder/ du weiß/ mit welcher wir GOTT durch eine maͤssige Erquickung eben so wohl gefallen koͤnnen/ als die heilige Maͤnner/ durch die strenge Enthaltung. Behalte sie dann/ so wirst du ohne Zweiffel die Frucht deß Fastens/ welchen die H. H. Vaͤtter oben ange- deutet haben/ darvon tragen. Der Andere Theil. 9. V Ber dieses/ welches nun gedacht worden/ seynd noch etliche andere Weeg uͤbrig/ den Geschmack abzutoͤdten/ welche ich nun herbey setzen will/ damit wir darauß auch etliche Seelen-Fruͤchten abbre- chen moͤgen. Derowegen/ wer sich der Vollkommenheit befleissiget/ wann er nicht nach Wunsch auß Schwachheit der Kraͤfften fasten kan/ der trach- te nur sich in diesem zu maͤssigen/ welches er ohne Schaden seiner Gesundheit leisten kan: dergleichen seynd/ sich enthalten von den Nachspeisen/ Fruͤchten und dergleichen Eßwahren/ welche mehr der Sinnligkeit/ als der Natur Not- wendigkeit dienen. Gleich wie unser Nicolaus Tolentinus gethan hat/ welcher 30. gantzer Jahr sich gar enthaltẽ von allen Fruͤchten/ Milchspeisen und Nach- Speisen/ ja auch vom Fleisch und Fischen; also hat sich auch unser ehrwuͤr- diger Joannes von S. Guillielmo unter andern Ubungen den Geschmack ab- zutoͤdten von Fruͤchten enthalten. Wie sehr aber ein solche Enthaltung Gott Vita P. P. Historia. angenehm seye/ wird auß dieser Histori abgenommen. Ein Einsidler von grosser Heiligkeit/ welcher gern verborgen zu seyn verlangete/ als er in die Einoͤde der Bergen geflohen/ und auff dem Weg von dem Hunger beschwe- ret: die schoͤnste Aepffel gesehen/ stritte in sich/ ob er davon essen solte? und nachdeme er erkennet/ daß er vielleicht weiters von der Speiß solt angelocket werden/ hat er dieselbe zu versuchen verachtet: wegen welcher Wuͤrckung ist er von dem Engel GOttes erquickt/ und an ein Orth gefuͤhrt worden/ wo er eine Wurtzel von wunderbahrer Suͤssigkeit/ und einen Brunn von sonder- licher Annehmligkeit genosse. Wann also nur ein einige Wuͤrckung der Ab- toͤdtung belohnet wird/ was fuͤr ein Lohn soll der nicht hoffen/ welcher sich dem Genuß der Fruͤchten gaͤntzlich beraubet. 10. Die Vom Fasten oder Enthaltung. 10. Die andere Weiß den Geschmack abzutoͤdten ist/ ausser der Mittag und Abend-Mahlzeit gantz nichts essen und trincken. Also hat es Cassia. Lib. 5. In- stit. c 20. rus gerathen/ mit diesen Worten: ein Muͤnch der lege sich diese Behutsam- keit auff/ daß er nicht von einiger Ergoͤtzung deß Truneks noch deß Essens uͤberwunden/ vor der rechtmaͤssigen Zeit und die gemeine Stund der Erqui- ckung ausser der Mahlzeit etwas zu geniessen/ ihm selbst gaͤntzlich zulasse. Warlich S. Philippus Nerius pflegte zu sagen/ keiner wuͤrde ein geistlicher Lanuz. opusc. 2. n. 47. Surius in vita. Mann seyn/ welcher ausser der Mahlzeit etwas essen wuͤrde. Dahero als S. Sabbas noch jung im Garten gearbeitet hatte/ hat er einmahl von einer heffti- gen Lust verstricket/ einen abhangenden Apffel vom Baum abgebrochen; als er aber sich bedacht/ hat er sich selbst scharff außgescholten/ den Apffel auff die Erden geworffen/ und mit Fuͤssen getretten/ und darnach beschlos- son/ zur Straff dieser kleiner Sinnligkeit sich auch immer von allen Aepffel Vita. c. 5. zu enthalten/ welches er auch gethan. Die seelige Maria Magdalena von Pazzis nahm auch in der Kindheit kein Fruͤhstuͤck/ noch auch in der groͤssesten Hitze gebrauchte sie einer Labung/ welches GOTT so sehr gefaͤllen/ daß er ihr nach vier und zwantzig Jahren offen- bahret/ daß ihr wegen dieser Abtoͤdtung deß Geschmacks in dem Him- mel eine Tafel voll von den kostbarsten Speisen bereitet seye. 11. Was die Enthaltung deß Truncks anbelangt/ das lehren mit ihrem Exempel die meisten Heiligen/ unter welche Zahl zuvoren der H. Koͤnig 1. Paral. 11. 17. David zurechnen/ welcher/ als er nun auß der Cistern Betlehem Wasser heff- tig verlanget hatte/ nachdem ihm solches gebracht worden/ hat ers nit trincken wollen/ sondern dem Herrn auffgeopffert. Der Heil. Carolus Borromæus, ob er gleich vom Durst erhitzet war/ so hat er doch niemahls ausser der Zeit getruncken/ und als er sein Bischtumb besuchete/ ob gleich die Sonn die oͤff- tere Strahlen der Hitze auff die Erden schiessete/ so konte er doch von den seinigen nicht bewegt werden/ daß er die hitzige Zung mit einem einigen Tropffen Wassers erquickete. S. Lambertus der Bischoff/ als er an einem Historia. Char - Freytag sich mit einem langen Gebett und Betrachtung von dem lei- denden CHristo abgemattet/ hat er von einem harten Durst hitzig zu werden angefangen/ welchen damit er zaͤhmen moͤchte/ hat er beschlossen/ nichts biß zur Abends Collation zu trincken/ zu welcher Zeit er befohlen hat/ ihme nach seiner Gewonheit Wasser zu geben/ welches/ als er kosten wolte/ hat er erkennet/ daß es Wein ware/ welches als es das ander- mahl geschehen/ hat er seinem Diener nicht mehr getrauet/ son- dern hat das zum drittenmahl von ihm begehrte und vom Diener ge- G g g 3 brachte Die Vier und Dreissigste Geistliche Lection brachte Wasser selbst in den gewoͤnlichen Becher gethan/ und sie- he/ als er in der Gegenwart aller seiner Clerisey getruncken hatte/ hat er zum drittenmahl gefunden/ daß das Wasser in Wein auff Goͤttliche Weiß veraͤndert worden. Daher ist der H. Mann uͤber dieses Miracul erschro- cken/ und hat nicht genug die Goͤttliche Guͤte preisen koͤnnen/ und hat sich fuͤrgenommen hinfuͤhro dem Durst noch großmuͤthiger zu widerstehen/ und ausser der gewoͤnlichen Erquickungs- Stund nichts zu trincken. Ferner ladet uns zu dieser Abtoͤdtung weiter ein das Exempel Christi/ welcher am Holtz deß Creutzes hangend einen solchen Durst ertragen/ daß nach dem Zeug- nuß deß H. Cyrilli/ dieses eine von den schweresten Peynen gewesen seye/ die er in seinem Leyden erduldet/ deßwegen er gezwungen worden außzuruffen: Mich důrstet. Wann dieses der Herr auß Lieb zum Knecht gelitten hat/ ist es nicht die allerbilligste Sache/ daß auch der Knecht mit einer gegen Liebe zu seinem Herrn nur eine Zeitlang den Durst mit einer starcken Gedult ertrage? Wer das nicht kan/ von dem weiß ich nicht/ ob er seinen H eyland liebe. Uber das ist zu wissen/ daß eine solche Enthaltung die Kraͤfften deß Leibs nicht schwaͤche/ ja dieselbe vielmehr erhalte/ dieweilen der Magen die zugenommene Speiß und Tranck zu Mittag oder Abends leichter verdauet/ und also folgends den Menschen gesunder macht. 12. Die dritte Weiß ist/ ihm bißweilen das jenige abzuschlagen/ worzu der sinnliche Lust in seinem Leben am meisten geneigt ist. Also hat S. Macarius Alexandrinus gethan/ dem einer ungefehr einen Weintrauben angebotten/ der frisch und ausserlesen war/ zu welchem er einen sonderlichen Lust gehabt/ damit er doch diesen zaͤhmete/ hat er sich darvon enthalten/ und den Fraß ge- zwungen/ den Trauben aber hat er einem andern Muͤnch zugeschickt/ welcher ihn empfangen und wieder einem andern/ und dieser wieder einẽ andern fort- geschicket! Und als also der W eintraube durch alle Cellen/ welche weit durch die Wuͤsten außgebreitet waren/ herumb getragen worden/ als sie nicht ge- wust hatten/ welcher dieselbe zu erst gesandt hatte/ ist er endlich dem H. Ma- cario gantz unversehrt und unberuͤhrt zugebracht wordẽ/ welches/ als S. Ma- catius in acht genommen/ hat er sich selbst gluͤck gewuͤnschet/ daß er eine sol- che Enthaltung unter den Bruͤdern sahe; hatte Gott gelobt/ und selbst von der zum andernmahl angebottenen W eintrauben nichts gekostet. Man leset auch in dem Leben deß H. Thomæ von Aquin, daß als er einmahl kranck war/ also/ daß er kaum einige Erquickung geniessen konte/ doch bald darauff/ als er die Kraͤfften ein wenig gesamblet/ hat er einen Lust zu den H eringen be- kommen/ deren in Franckreich ein grosse Menge/ aber in W elschland keine kundschafft war. Der Artzt/ welcher den H. Mann in die Cur genommen/ hat sich auff den Marck begeben/ mehr daß er den Krancken ein Gnuͤgen lei- stete/ Vom Fasten und Enthaltung. stete/ ob solche Art der Fische moͤgte gefunden werden. Diesem ist erstlich ein Fischer begegnet/ welcher in einem Korb ein weit andern Art von Fischen/ als S. Thomas verlanget/ gebracht; als er den Korb eroͤffnet/ hat er alle dieselbe Fische in Hering verwandelt gefunden. Als S. Thomas das Miracul von Gott gethan erfahren/ und die ihm gewuͤnschte Fische gebracht geschen/ hat er Gott grossen Danck gesagt/ doch damit er seinen Lust zaͤhmete/ hat er sich gantz von den Luͤsten der Heringen enthalten. 13. Es erscheinet auch hier der Urheber der Portuensischen Congregation/ Joan. Navar. in Chron. 1. 7. c. 11. \& 12. Historia. Petrus Ravenas Canonicus Regularis S. Augustini. Dieser/ als er A. 1119. den 2. April/ schon alt/ sterben wolte/ hat er begehrt einen Fisch zu haben/ wel- cher auf Jtaliaͤnisch Lampreda genennet wird/ welchen der Minister dem Patri alßbald hat kochen und geben lassen/ und ihn ermahnet/ daß er ihn essen solte; als aber der Herr Jesus Christus gekommen/ um die Seele seines Knechts im Himmel zunehmen/ hat er ihn noch im letzten zu unserm Exempel versuchet. Dann als ihm der Fisch gereichet wurde/ umd zu essen/ so wird alsbald eine Glocke bey der Thuͤr deß Klosters geleutet/ mit oͤffterm anschellen; welches/ als der H. Vatter hoͤrete/ sagt er zum Minister: lauffe geschwind und sehe/ was es seye; als er zur Thuͤr gelauffen/ hat er einen armen alten und krancken Mann gefunden/ zu welchem er gesagt: warum leute stu so unverschaͤmbt an? darauff er geantwortet: Vatter/ erbarme dich uͤber mich alten und krancken Armen. Der Minister sagte: habe Gedult/ dir soll ein Allmosen von Brod und Wein gereichet werden. Brod und Wein verlange ich nicht/ sagt der Arme/ aber ich bitte daß mir die Lampreda gegeben werde/ anderst werde ich sterben. Welches/ als der Minister hoͤrete/ ist er zornig wider zum pater gegangen/ der ihn gefragt: Was ist das mein Sohn/ zeige mirs an? Aber er laͤchelte und sagte: esse Pater/ darnach will ichs sagen. Nein/ sagt der H. Mann/ sondern zeige mir vielmehr die Sache an; dem der Minister geantwortet: ich habe ei- nen Alten und Krancken an der Thuͤr gefunden/ welcher gesagt/ er verlangte keine Allmosen von Brod und Wein/ sondern die Lampreda/ welches/ als es der Pater gehoͤret/ hat er gesagt: Siehe da/ Sohn/ der Herr Jesus ists/ wel- cher mich zum letzten deß Lebens versuchen will. Bringe dem armen den Fisch. Und als der Minister gegangẽ/ daß er den Fisch uͤberbrachte/ hat er den Armẽ nit gefunden. Als er aber wieder zu demselben Pater gekom̃en/ hat er ihn todt gefunden/ und es ist kein Zweiffel/ daß er mit Christo/ welcher die Gestalt deß Armen angenommen/ in den H immel gefahren sey. Dieses hat der gantzen Versamblung zugleich eine Verwunderung und Freude verursachet. Daher erhellet es/ wie sehr Gott die extraordinari Abtoͤdtung deß Frases gefalle. Petr. Da- mian. in Vita. 14. Es ist ein ander Weiß in dieser Abtoͤdtung/ welche der H. Romual- dus gebraucht/ welcher mit einem edlen Betrug den Fraß betrogen/ und ge- Die Vier und Dreyssigste Geistliche Lection gebrochẽ dã wan ihn die Lust zu einer schleckerhafftigẽ Speisen antribe/ hat er befohlen/ daß sie gar wol zubereitet werde/ und nachdem er sie zum Mund und zur Nasen gehalten/ und allein den Geruch zugelassen/ hat er gesagt: O Ge- schmack! O Geschmack! wie solte dir diese Speiß nun so suͤß und annehmblich schmecken! Aber/ wehe dir! du wirst mi m̃er davon kosten; und hat sie also unau- geruͤhret wieder zum Keller geschickt. Die selige Ozanna aber/ auß deß H. Do- miniei Orden/ hat in ihrem hefftigsten Durst/ mit welchem sie sich selbst alle- zeit plagete/ den Becher mit kaltem Wasser genommen/ und also darvon das Maul erfuͤllend/ geredt sich selbst an und gesagt: Ozanna was soltestu dir fuͤr eine Ergoͤtzung erwecken/ wann du diesen Becher mit Wasser außtrin- cketest/ oder nur das/ was du im Mund hast/ verschlucketest! darnach hat sie das genommene Wasser wieder auff die Erden außgeworffen. Diesem ist nicht ungleich was man im Leben der H. H. Vaͤtter leset von einem Muͤnch/ welcher im groͤsten Durst fuͤr seine Augen einen Krug mit reinem Wasser 40. Tage hienge/ und nicht getruncken/ als er daruͤber gefragt wurde/ hat er ge- antwortet: deßwegen thue ich das/ damit ich von dem grossen Verlangen/ dem ich nicht genug thue/ eine groͤssere Kron empfange. 15. Uber das koͤnnen wir den Geschmack abtoͤdten/ wann wir unter dem Essen mit einem langen und langsamen Keuen den Kiefen muͤd machen/ dann dadurch/ ausser dem daß die Wollust deß Schlunds etwas gehemmet wird/ dienen wir deß Leibs und der Seelen Gesundheit. Oder wann wir kein Gewuͤrtz mehr darzu thun/ uͤber das/ welches der Koch darzu gethan/ ob gleich durch dessen Unachtsamkeit der Speise Saltz/ Oehl/ Essig oder Pfef- fer zu mangeln scheinet. Wie S. Thomas Sanchez gethan/ welcher nie- mals seinen Speisen dergleichen zugethan/ ob sie gleich ungeschmack gewe- sen. Es ist endlich eine andere Art der Abtoͤdtung/ denen besten Speisen bißweilen Wermuth oder dergleichen beymischen/ dardurch der gute Ge- schmack benommen wird. Also hat es unser H. Joannes à Guillelmo ge- than/ welcher allezeit bey sich ein Buͤchslein mit Wermuth/ Rauten/ S. Maria- Kraut/ Mutter-Kraut/ und anderer bittern Kraͤuter-Pulver gefuͤllet getragen/ damit er den Brey und andere zugerichtete Speisen im Refectorio oder ausser dem Kloster bestreuete. Dieses aber muß man also nachfolgen/ damit die Gesundheit keinen Abbruch leyde; dann die Bescheidenheit ist der Tugenden Mutter. Es koͤnten hier mehr andere Wuͤrckungen der Abtoͤd- tungen beygesetzt werden/ welche zur gegenwaͤrtigen Materi dieneten/ die- weil doch auß diesen/ was bißhero gesagt worden/ andere Dinge leichtlich zu Vom Fasten und Enthaltung. zuschliessen/ und eines jeden eigene Zuneigung/ von dem goͤttlichen Geist ent- zuͤndet/ durch freywilligen Fleiß mehr zu erfinden pflegt/ deßwegen soll es unterdessen gnug seyn diese als die allgemeineste Lehren gesagt zu haben. Le- be wohl. Die Fuͤnff und Dreissigste Geistliche LECTION Von dem Geistlichen Stand. O quàm bonum \& jucundum est habitare Fratres in Ps. 192. v. 1. unum. O wie gut und lieblich ists/ daß Brůder in Eintragt beyeinander wohnen. Der Erste Theil. 1. E S schreibt der seelige Laurentius Justinianus; daß in den mensch- De Mon. Perf. c. 6. lichen Geschaͤfften/ und auff dieser Pilgerfahrt nichts mit sol- chem Nachtruck dem himmlischen Vatterland so aͤhnlich seye/ als eben die Conversation der Ordens-Geistlichen/ und Gesellschafft deren/ so sich dem Dienst GOttes ergeben haben. Dann gleich wie im Himmel keine Begierligkeit der Reichtumben/ der fleischlichen Wolluͤsten/ und deß eigenen Willens gefunden wird; also muß auch im geistlichen Stand dieß alles keinen Platz haben. Gleich wie die himmlische Einwohner im Himmel nichts anders thun/ als GOTT loben; also seynd die Geistliche in ihrem Stand nur in dem Lob GOTTES beschaͤfftiget/ indem sie durch alles/ was sie thun/ reden und gedencken; nur die Ehr GOTTES suchen. Dan also sagt der Heil Augustinus: Du lobest GOTT/ wann du es- In Ps. 146. sest und trinckest: du lobest GOTT wann du ruhest: du lo- best GOTT wann du schlaffest: Und gleich wie im Himmel ist die hoͤchste Ruhe und wahre Gluͤckseligkeit; weilen die Außerwaͤhlte in einem/ H h h und Die Fuͤnff und Dreyssigste Geistliche Lection und zwar dem allerhoͤchsten Gut sich erfrewen: also ist auch die Gluͤckseelig- keit deren/ die sich dem Willen GOTTES gaͤntzlich ergeben haben/ und in dem goͤttlichen Wohlgefallen saͤnfftiglich ruhen/ uͤberauß/ ja unbeschreib- lich groß. Dahero weissaget recht und wohl von diesen der Koͤnigliche Pro- Ps. 82. v. 5. phet mit folgenden Worten: Seelig seynd/ O Herr/ die in deinem Hauß wohnen/ sie werden dich in alle Ewigkeit loben. So hat dann Gott sehr vernuͤnfftlich gehandelt/ sagt der obgemeldte Laurentius, daß er die Gnad deß geistlichen Stands dem Menschen verborgen hat; da- mit nicht dieselbige in Erkaͤntnuß dieser Gluͤckseeligkeit/ alle zu den Cloͤstern Engelgr. de Com. Confess. lauffen moͤchten: dieser Meinung stimmet auch bey die H. Scholastica, wel- che zu sagen pflegte; daß/ wann die annehmliche Suͤssigkeit/ so GOtt seinen Dienern verbirgt/ den Weltlichen kundbahr waͤre/ die Cloͤster allen denen/ so Gott dienen wolten/ viel zu eng seyn wuͤrden. 2. Dieses bekraͤfftiget uns nicht wenig der fromme Kayser Carl der fuͤnff- te/ so da gern gestanden/ daß er in seiner eintzigen geistlichen Ubung im Closter deß Heil. Hieronymi in einem Tag mehr hertzlicher Vergnuͤgung/ und auffrichtiger Frewde genossen/ als er auß allen Hoff-Wolluͤsten/ und allen Id. ibid. Siegen und Triumphen jemahl geschoͤpffet habe. Suatocopius ein Koͤnig in Boͤhmen und Maͤhren ist vom Kayser Arnulpho in einer Schlacht uͤber- wunden worden; und nachdem er sich kaum mit der Flucht salvi rt hat; ist er in die Wuͤsten gangen/ und hat daselbst unter den Einsidlern die uͤbrige Zeit seines Lebens zugebracht: da er nun zum Sterben kommen/ hat er den umb- stehenden bekennet/ wer er seye/ und mit vielen Zaͤhren betauret/ daß alle Gluͤckseeligkeiten der irrdischen Koͤnigreichen der annehmlichen Ruhe und Frewde der Einsambkeit billig weichen muͤsten: er habe in der Wuͤsten ein wahres und lebwuͤrdiges/ in den Wuͤrden aber ein wuͤstes und todtes Leben gefuͤhret. Der Heil. Romualdus spricht also bey seinen zum End gefuͤhrten Id ibid. Leb-Zeiten: Jch hab hundert Jahr im geistlichen Stand ge- lebt/ und zwar in der groͤsten Strenge: zwantzig Jahr hab ich in der Welt gelebt: aber/ ach wie lang und armselig ist mir diese Zeit gefallen; und hergegen/ wie kurtz und an- nehmlich ist mir die Zeit meines geistlichen Wandels vor- In lib. de Obed. c. 18. kommen! So sagt dann recht und abermahl recht der seelige Laurentius Justinianus, niemand kan der Gebuͤhr nach beschreiben/ in was Frieden lebe/ mit was vor geistlichen Wolluͤsten erquicket; und mit wie herrlichem und goͤttlichem Glantz der jenige taͤglich erleuchtet werde/ welcher mit vorher ge- pflogener Von dem Geistlichen Stand. pflogener Bedachtsambkeit/ und auff Einsprechung deß Heil. Geistes/ wil- liglich auff die Welt verzeihet/ zum Closter eingehet/ und unter der Blut- Fahnen CHristi Dienst nehmet; kein irrdische Ding mehr liebet; nichts zeit- liches besitzet; und/ in Summa/ gar nichts behaltet/ daß sich auch die gering- ste Zusprach zu dessen Liebe machen koͤnne: und von der Conversation der Closter-Geistlichen redet eben jetzt gemeldter Laurentius also: Ein geist- c. 18. liches Closter ist ein geschlossener Garten; ein Paradeiß der Lůsten; ein hochzeitliche Schlaff-Kammer; ein unbe- flecktes Laͤger/ ein Schul der Tugenden; ein Tabernacul/ oder Gezelte deß Bunds; ein Lehnstat deß Braͤutigambs; ein Laͤger der kriegenden; ein Hauß der Heiligkeit; ein Be- wahrung der Keuschheit; ein Bestaͤttigung der Scham- hafftigkeit, ein Meisterschafft deß GOTTES-Diensts/ und ein sonderbahrer Spiegel deß heiligen Gehorsambs. Dieses alles hat schon einige tausend Jahr vorhero erkennet der fromme Da- vid; derhalben sagt er mit wenig Worten: Ein Tag in deinen Vor- Psal. 83. v. 11. hoͤfen ist besser/ dann tausend. Jch hab erwaͤhlet/ daß ich un Hause meines GOTTES viel lieber verworffen seyn will/ dann in den Hůtten der Sůnder wohnen: Und daß zwar billig: sintemahlen ein guter Geistlicher in seinem engen Zellulein/ auch in ei- nem Tag mehr Frewden geniesset/ als ein Hoͤffling/ der viele Jahren im Pal- last eines Koͤnigs wohnet; und das derhalben; weilen die Geistliche Frewd deß Hertzens/ so da mit keiner Bitterkeit vermischet ist/ uͤbertrifft gar weit alle weltliche Frewden/ welche eitel seynd/ und viel Gallen mit sich fuͤhren. 3. Dahero bricht der Koͤnigliche Prophet/ indem er seine innerliche Augen auff die Closter-Geistliche wendet/ mit diesen Worten loß: Siehe/ Ps. 132. v. 1. wie gut und lieblich ists/ daß Brůder in Eintracht beyein- ander wohnen! Dieser suͤsse Klang/ sagt der Heil. Augustinus/ diese liebliche Melodie hat die Cloͤster gebohren: dann das geistliche Leben ist warhafftig ein Hoͤnig im Mund/ ein annehmlicher Thon in den Ohren/ und ein Frewd im Hertzen. Dieses Leben nennet der Heil. Barlaam ein himmlisches; und der Heil. Ephrem ein Englisches Leben. Wann wir nun fleissig nachsehen/ warumb es gut seye/ daß Bruͤder beyeinander wohnen; so werden wir finden/ daß solches nuͤtzlich und ersprießlich seye auß unter- schiedlichen Ursachen: und zwarn erstlich hat schon vorlaͤngst der weise H h h 2 Mann Die Fuͤnff und Dreyssigste Geistliche Lection l. 4. 9. Mann hieruͤber seine Urtheil gefaͤhlet/ mit diesen Worten: Es ist besser/ daß zweene beyeinander seynd/ dann allein: dann sie haben Vortheil von ihrer Gesellschafft: wann einer fallet/ so wird er vom andern auffgerichtet: Durch diese Wort wird der erste Nutzen angedeutet; daß sie nemblich einander theils mit dem Gebett/ theils mit Ermahnungen/ theils mit einem guten Exempel auffmuntern/ und in einen guten Stand bringen. Dahero setzt der obgemeldte weise Mann alsbald hinzu. Wehe dem/ der allein ist; dann wann er fallet/ so hat er niemand/ der ihm auffhelffe. Der andere Nutzen wird auß diesen Worten abgenommen: Vnd wann zween bey einander schlaffen/ so wird einer von dem andern warm gemacht; wer allein ist/ wie soll der warm werden: Nemblich wie ein Kohlen von ihm selbsten entzuͤndet werde/ wann man ihn zu andern gluͤenden Kohlen leget: also wird ein lawer Geistliche in der Liebe und Dienst Gottes brennend gemacht/ wann er den brennenden zugesellet wird. Den dritten Nutzen deuten uns die folgende Wort deß weisen Manns: Vnd wann jemand einem zu starck; so werden ihm zween Widerstand thun: Dann im geistlichen Stand/ sagt der Heil. Bernardus/ seynd so viele/ die Huͤlff leisten/ als viele soͤlche Gesellen; die mit dem Apostel Cor. 2. sagen koͤnnen: Die Gedancken deß Sathans seynd uns nicht unbewust: Zumahlen gewiß ist/ daß die Gesellschafft der Guten/ so viel ihre Staͤrcke angehet/ dem Teuffel so erschroͤcklich vorkommet/ wie ein wohl geordnetes Heer-Laͤger. 4. Was nun den geistlichen Stand weiters erhebet/ ist dieses: daß er nemb- lich von den H. H. Vaͤttern nicht allein eine Marter genennet werde; sondern Hom. 35. in Evang. auch ein solche in der Warheit seye: sintemahlen der H. Gregorius der Mei- nung ist/ daß zweyerley Geschlecht der Marter seyen: eines der Seelen nach/ und das andere dem Leib und zugleich der Seelen nach. So koͤnnen wir dann Marter seyn/ wan wir schon dem Leib nach nicht getoͤdtet werden. Der durch das Schwerd deß Verfolgers zu sterben genoͤthiget wird/ ist ein Marter im offenbahren Werck: der Schmach-Reden und Gedult traget/ und liebet/ die ihn hassen/ ist ein Marter in den verborgenen Gedancken: und der gelehrte Cle- L. 29. c. 11. mens Alexandrinus schreibt also von der Sachen: wan dem Menschen das Leben benommen/ und also ein End desselben gemacht wird/ daß heissen wir ein Martyrium, oder eine Marter; nicht derhalben/ daß dardurch deß Menschen Leben geendiget werde; sondern daß er nunmehro voll- zogen habe daß Werck der Liebe. Wann dann nun die Be- kaͤndnuß deß Glaubens ein Marter ist; so muß auch/ aller Vom dem Geistlichen Stand. aller Warheit gemaͤß/ ein jede Seel/ welche ihr Leben in der Bekaͤndnuß GOttes/ demselben allein zu Ehren einrichtet/ und den Goͤttlichen Gebot- ten den schuldigen Gehorsamb leistet/ billig ein Marter genennet werden. Dahero ist nicht zu verwundern/ was der Gottseelige Vincentius Bellova- censis bezeuget: daß/ als die Geistliche deß Klosters einsmahls bey naͤchtlicher Weil nach der Metten im Capitel-Hauß gesessen/ und gelesen hatten: ha- be der Heil. Christianus anderswo im Kloster gebetten; und unter waͤh- rendem Gebett diese Stimm vom Himmel gehoͤret: Diese gute Leuth/ die du im Capitel-Hauß sehest/ seynd Marter oder Blut-Zeugen GOttes. 5. Noch mehr kan diese Warheit probirt werden auß dreyen Haubt- Stucken. Und zwarn erstlch auß der Form und Vrsach der Marter; so darin bestehet; daß/ gleich wie in der Marter deß Fleisches oder deß Leibs/ der Verfolger mit dem Glauben auch zugleich Christum zu vertilgen trachtet: also der boͤse Feind/ in der Marter der Seelen oder deß Gemuͤths/ nach den geraubten Tugenden/ ebenfals Christum in dem Menschen zu vertilgen suche. Dahero ermahnet uns der H. Vatter Au- Serm. 250 de Temp. gustinus/ und sagt: Lasset uns gegen die toͤdtliche Schmeich- lungen ringen/ dieweilen wir versichert seynd/ daß dar- innen auch die taͤgliche Martere den Christglaubigen nicht ermanglen koͤnnen. Und der H. Gertrudis ist in ihren Leb-Zeiten of- fenbahret worden/ daß die Geistliche/ so unter einer Regul deß Gehorsambs GOtt dienen; unter die Zahl der Marter gezehlet wuͤrden; dieweilen sie ihrem eigenen Willen widerstehen; die Sinnligkeiten durch eine gewaltsa- me Abtoͤdtung von denen Dingen/ zu welchen die Natur geneigt ist/ abhalten/ und sich also ihrem lieben GOTT zu einem suͤssen Geruch auffopffern. Zweytens auß der Natur deß Todts. Dann gleich wie der Todt deß Leibs den Menschen von den Reichthumen/ von den Freunden und allen irdischen Guͤtern scheidet/ und demselben/ in dem die Theil deß Leibs von einander gesuͤndert werden/ durch die schwehre Tormenten grosse Schmer- tzen zufuͤget: also scheidet der geistliche Stand den Menschen durch die drey Geluͤbten von allen erschaffenen Dingen ; und bringt desto groͤssern Schmer- tzen/ wie mehr dergleichen Guͤter dem Menschen durch die Affection oder Neigung ankleben. Drittens/ auß der Langwirigkeit der Zeit: von welcher der H. Bernardus also spricht: das ist ein Art der Marter/ daß Serm. 30. in Cant. man die Werck deß Fleisches durch den Geist toͤdte; nemblich durch den Geist deß wahren Eyffers/ Krafft dessen die Glieder deß Leibs zerhauen werden: H h h 3 und Die Fuͤnff und Dreissigste Geistliche Lection und ob schon diese Zerfetzung deß Leibs an den Blut-Zeugen Christi grausa- mer ist/ als die Marter der Geistlichen; so dauret doch diese laͤnger/ als die In Ps. 18. erstere; und fallet dahero manchem auch zu ertragen beschwaͤrlicher. Da- hero/ sagt der Geistreiche Richardus Victorinus, hat der auch in den Au- gen GOttes groͤssern Verdienst/ welcher offt stirbt/ als der nur einmahl stirbt. Dieweilen nun die immerwaͤhrende Abtoͤdtungen bey den Geistli- chen gemeiniglich viele Jahren dauren; so ist auch billig/ daß sie mit den Blut- Zeugen Christi gleichen Lohn empfangen. Derhalben hat die Heil. Maria Magdalena de Pazzis von dem H. Aloysio uͤberlaut geschrichen/ und gesagt: O wie grosse Herrligkeit hat der Aloysius, ein Sohn deß Ignatii! Jch haͤtte das niemahlen geglaubet/ wann mir solches nicht ge- zeigt haͤtte mein JEsus. Jch wolte/ daß ich die gantze Welt koͤnnte durch- reisen und verkuͤndigen/ daß Aloysius ein grosser Heiliger seye; und wuͤnschte/ daß ich einem jeden desselben Glory zeigen koͤnnte/ auff daß mein GOtt da- durch geehret wuͤrde. Diese grosse Herrligkeit ist ihm daher zu Theil worden/ weilen er innerlich gewircket hat. Wer wird doch jemahlen den Werth und die Krafft der innerlichen Wercke gnugsamb entwerffen koͤnnen? Die eus- serliche Werck moͤgen mit den innerlichen nicht verglichen werden. Aloi- sius ist ein unbekaͤnnter Marter gewesen. 6. Jm uͤbrigen beschreibt der H. Bernardus den herrlichen und viel- faͤltigen Nutzen/ so auß dem geistlichen Stand entspriesset/ mit diesen Wor- ten so zierlich als wahrlich: Jm geistlichen Stand lebt man sauberer/ man fallet seltener/ hurtiger stehet man auff/ man ist in seinem Handel und Wandel behutsamer/ man wird oͤffter mit der Gnad GOttes befeuchtiget/ man ru- het sicherer; man stirbt auch vertraͤulicher; der Mensch wird im geistlichen Stand geschwinder gereiniget/ und wird endlich auch besser und haͤuffiger belohnet. Reiner und sauberer lebt man/ theils/ weilen der Mensch/ vermoͤg der Pro- fession, als deß andern Tauffs von den begangenen Suͤnden gereiniget; und theils/ weilen er durch oͤfftere Niessung der H. H. Sacramenten/ und durch Lesung der geistlichen Buͤcher auff dem Weeg der Tugenden voll- kommentlicher bestaͤttiget werde. Er faͤlt seltener; dieweilen er nicht so vielen Gelegenheiten und Verfuͤhrungen zur Suͤnden unterworffen ist; und dann die Abscheuligkeit und Grobheit derselben durch oͤfftere Betrachtung und Erforschungen besser erkennet: weilen er/ wann er unter vielen den rech- ten Weeg verfehlet/ auff denselben gar leicht wiederumb kan gewiesen wer- den. Der Mensch stehet hurtiger auff: theils weilen er vermittels der Vom Geistlichen Stand. der guten Exempeln der Frommen/ mit denen er taͤglich umbgehet; und durch die heylsame Curen der geistlichen Artzten/ als da seynd die Obern/ wiederumb auffgerichtet wird; und theils wegen der haͤuffigen Gnaden/ die er im Geist- lichen Stand findet/ Krafft deren er sehr leichtlich auffstchen kan. Er lebt behutsamer: zumahlen er auß dem vielfaͤltigen Straucheln im weltlichen Stand gewarnet wird/ daß man in allem Handel und Wandel behutsam seyn muͤsse: dan in dem er durch die taͤgliche Betrachtungen/ der begangenen Fehler und Suͤnden grosse Gefahr und Abscheuligkeit reifflicher zu Gemuͤt fuͤhret (welches die weltliche Menschen kaum einmahl ernstlich veruͤben) wird er in diesen guten Gedancken verwicklet/ und in selbigen so heylsamblich auffgehal- ten/ daß er den Stricken deß Teuffels leichtlich entgehen koͤnne. Er wird oͤffter befeuchtiget. Dan der Will eines Geistlichen trachtet nur allein/ das Gesetz deß Herrn zu erfuͤllen; und ist also nach Zeugnuͤß deß Koͤniglichen Propheten gleich einem Baum/ der an den Wasser-Baͤchen gepflantzet ist. Er ruhet sicherer. Sintemahlen der geistliche Standt von den H. H. Vaͤttern der Arcken Noe verglichen wird. Wer zu diesem Stand seine Zu- flucht nimbt/ der machts der Tauben nach/ so von dem Noe hinauß gelassen worden; und da selbige nicht funde/ da ihr Fuß ruhen konte/ wiederumb zur Ar- cken gekehret ist. Zu dieser Arcken deß geistlichen Stands sollen alle die jenige fliehen/ so da durch das wuͤtende Ungewitter der schnoͤden Welt herumb getrie- ben werden. Er stirbtvertreulicher. Dann der geistliche Stand hat dieses/ sagt der H. Chrysostomus/ daß er die jenige/ welche denselben einge- tretten seynd/ in diesem Leben erfilich mit vielen Guͤtern bereiche; und nach- mahlen freudig und gleichsamb spielend zum Richter-Stuhl GOttes fuͤhre. Auch ruffet der heilige Bernardus in Betrachtung dieses Gluͤckseeligen Stands/ mit folgender Stimm/ und sagt: O Leben ohne Sorg und Gefahr/ allwo der Todt ohne Schrecken erwartet wird/ ja auch so gar mit Sůssigkeit gewůnschet/ und mit Andacht empfangen wird. Und wiederumb sagt er an einem andern Ort: wan der Geist eines Geistlichen vom Leib scheidet/ so findet er zwischen der Cellen und dem Him̃el keinen langen noch beschwerlichen Weg/ dan der in diesem Stand stirbt/ der steigt niemahlen oder selten in die Hoͤll hinab: dieweilen kaum jema- len einer in der Cellen biß zum End verharret/ der nit zum Him̃el verordnet ist. Er wird geschwinder gereiniget. Das ist/ er wird ehender auß dem Fegfeur erloͤset: dieweilen der Art deß geistlichen Lebens gleichsamb ein Buß- fertigkeit und Gnugthuung ist/ nach Meinung deß gottseeligen Thomæ à Kempis dieses folgenden Jnhalts: der hat ein grosses und heylsames Fegfeur/ welcher sich selbst offt Gewalt anthuet/ und das Fleisch dem Geist gaͤntzlich zu unterwerffen/ sich unterstehet. Auch wird ein Geistlicher auff diese Weiß nach Die Fuͤnff und Dreyssigste Geistliche Lection nach seinem Todt geschwinder gereiniget; dieweilen selbigem mit oͤff- term und kraͤfftigem Gebett und guten Wercken seiner Bruͤder/ und dann auch durch den Ablaß/ so den geistlichen Ordens-Leuthen verlie- hen worden/ sehr bald geholffen wird. Dahero ist dom frommen Muͤnchen Gerardo in einer Verzuckung gesagt worden: keiner wird auß deinem Or- den zu Grund gehen/ wann alle den Orden werden lieben; sie werden alle/ oder im Todt/ oder bald nachdemselben gesauberet werden. Endlich wird er auch Haͤuffiger belohnet: zumahlen die GOtt- verlobte/ nach Zeugnuß deß H. Augustini/ im Essen/ Trincken/ Wachen/ Schlaffen und allen ihren Ubungen immer Gott loben: dahero muͤssen sie auch nohtwen- diglich von allen diesen Wercken belohnet werden/ in dem sie alles auß Ge- horsamb verrichten. Sehestu/ mein Christliche Seel/ wie heyl- bringenden Nutzen der geistliche Stand den Seinigen schaffe? Derhalben erfreue dich von Hertzen/ und dancke GOtt daß er dich fuͤr so viel tausenden zu selbigem Ps. 147. heruffen habe: Deßgleichen hat erkeinem Volck gethan. Der Andere Theil. 7. D Er H. Anselmus hat einsmals in einer Verzuckung einen sehr grossen und gaͤhen Fluß gesehen; in welchem aller Unflat der Welt zusammen geflossen/ und von welchem/ beydes Ge- schlechts/ Maͤnner und Weiber immer zu verschlungen worden. Nach die- sem hat er ein grosses und weitlauffiges Kloster gesehen/ dessen Mauren mit Gold bekleidet/ und in selbigem ein sehr annehmlicher Garten/ ein uͤberauß liebliche Lufft/ und sonst alles mit solcher Froͤlig- und Suͤssigkeit erfuͤllet ge- wesen/ daß man nichts weiters haͤtte verlangen koͤnnen. Der H. Anselmus aber ist vergewisset worden/ daß durch das Kloster/ der geistliche Stand/ und durch den Fluß/ die Welt verstanden wuͤrde. Gleich wie nun nicht alle von dem Außerwaͤhlten Jsraelitischen Volck die wunderbahre Suͤssigkeit deß Himmel-Brods empfunden haben/ sondern die Fromme und Gerechte allein; also muß man sich nicht verwundern/ daß nicht alle Geistliche/ son- dern die jenige der Freuden dieses Englischen Stands theilhafftig werden/ die sich der GOtt- gefaͤlligen geistlichen Vollkommenheit mit allem Ernst befleissen. 8. Zu diesem unserm Vorhaben hat einsmahls ein Bruder deß Cistercien- ser Orden im Kloster Lucka, da er nach der Metten unter dem blauen Himmel gebettet/ unsern Heyland/ mit fuͤnffzehen Geistlichen seines Or- dens/ theils Priester/ theils Ley-Bruͤder am Creutz hangend gesehen: und da er gefragt/ was dieses bedeute/ ist ihm geantwortet; daß diese allein auß dem Orden wahre Geistliche seyen/ mit Christo ihrem Erloͤser gecreutziget/ und Vom dem Geistlichen Stand. und seinem Leiden gleichfoͤrmig lebten. So ist dann wahr und abermaͤhl wahr die Meinung deß gottseeligen Vatters Thomæ à Kempis, dieses Jnhalts: Die geistliche Kleider/ und so beschoren seynd/ thun oder L. 1. c. 57 . §. 2. nutzen wenig: sondern die Verwandlung der Sitten/ und ein gantz vollkommene Ertoͤdtung gebrechlicher Neigung/ die machen einen wahren geistlichen Menschen. Der nun ein wahrer/ und dem gecreutzigstẽ Jesu gleicher Geistlicher seyn will/ der muß drey Dinge verachten: erstlich muß er verachten die Welt; zum andern muß er ver- achten niemand; und zum dritten muß er verachten/ daß er verachtet werde; daß ist/ er muß verachten sich selbsten: auch muß er haben einen Esels-Ruͤcken/ auff dem er alles trage: er muß haben ein Schweinen-Maul/ mit dem er al- les esse/ was ihm wird vorgelegt: er muß haben ein Tauben-Hertz/ daß keine Gall hat: und schließlich muß er haben den Magen eines Straussen/ der al- les verzehren kan. Damiter nun dieses alles mit leichter Muͤhe werckstellig machen koͤnne/ so ist vonnoͤthen daß er sich einbilde/ und also lebe/ als wann alle Tage der erste seye/ an dem er den geistlichen Stand hat angefangen. Al- so haben gelebt die H. H. Altvaͤtter; also hat seine Juͤnger unterwiesen der gott- selige Vatter Agathon: solcher Gestalt hat von seinen geistlichen Kindern sei- nẽ letzten Abscheid genom̃en der H. Antonius/ und ihnen gantz vaͤtterlich gera- then/ daß sie alle Tag gedencken solten/ sie haͤtten heut den geistlichen Stand angefangen: und also hats gemacht der H. Bernardus/ welcher nach Zeug- nuͤß deß chrwuͤrdigen Vatters Surii, sich selbsten immer allezeit gleich einem Novi tzen hielte. Ja so gar ist das bey allen Heiligen der gemeine Brauch/ Eccli. 18. v. 6. daß wann sie am End seynd/ alß dann erstlich anfangen. 9. Auch macht dieses einen guten Geistlichen/ wann derselbe von sich selbst offt Rechenschafft fordere/ und sich frage; warumb er den geistlichen Stand seye eingetretten. Also lehret alda der H. Arsenius, der sich mit diesen Worten unauffhoͤrlich anzureden pflegte: Arseni, warumb hast du den geistlichen Ha- bit angelegt? zu was End hast du die Welt verlassen? hast du dieses nicht ge- than/ auff daß du deinem Gott gefallen moͤchtest? so thue dann das jenige/ daß du zu thuen kommen bist. Diesem H. Einsidler ist der H. Bernardus hierin dapffer nachgefolgt; der sich dan auch immer selbst zugesprochen/ und gesagt: Bernarde, warzu bist du kommen? ja so gar Christus selbst hat sich gleichsam dieses Mittels gebraucht/ da er den Verraͤther Judam gefragt hat und gesagt: freund/ warzu bist du kommen? Als wolte er sagen. Gedenck/ O Matt. 26. Judas/ wie grosse Wolthat ich dir geleistet hab/ indem ich dich zur Zahl mei- ner Aposteln beruffen hab; so wirst du alsbald von deinem schaͤndlichen Vor- haben ablassen/ und deinem Meister vielmehr getrew verbleiben/ als denselben J i i ver- Die Fuͤnff und Dreyssigste Geistliche Lection verrathen. Dahero spricht der Gottseelige Thomas à Kempis einem jeden L. 1. c. 25. §. 1. Geistlichen also zu/ und sagt: Jm Oottes-Dienst solstu wachen und fleissig seyn/ und offt gedencken/ warzu du kommen seyest/ und warumb du dich der Welt enttzogen habest. Nemblich darumb/ auff daß du Gott liebtest/ und ein geist- licher Mensch wůrdest. Derwegen hab inbrůnstigen Ernst zu deiner Besserung und geistlicher Zunehmnng ; dann du wirst den Lohn deiner Arbeit bald empfahen. Auch kombt mit seiner treuhertzigen Ermahnung der H. Gregorius Nazianzenus hervor und sagt: im Eingang und in der Profession deines geistlichen Lebens geden- cke/ was du dir hast vorgenommen: Reich zu werden? Ohne Bekuͤmmernuß zu seyn? Jn zeitlicher Froͤligkeit und gewuͤnschter Ruhe zu leben? oder herge- gen/ durch Widerwaͤrtigkeit getruckt zu werden? Geplagt und verirt zu wer- den? mit allem zu frie den zu seyn? alles auß Hoffnung der kuͤnfftigen Gluͤck- seeligkeit gedultiglich zu tragen? Diese letztere/ und nicht die vorangemeldte Dinge hastu zu gewarten: hastu nun darin eingewilliget/ und dich darzu ver- bunden/ so breche den Bund nicht. Der H. Basilius wilt auch/ daß wir im- mer sollen unserer Geluͤbden eingedenck seyn/ die wir vor GOtt/ dessen H. H. Engeln/ und den Menschen gethan haben: und daß zwarn billig: zumahlen der H. Ephrem darfuͤr haltet/ daß die him̃lische Bottschaffter in diesem Augẽblick unsre Wort/ Verbindnuͤß und Ubergebungen aufzeichnen/ und biß zum Tag deß Gerichts im Himmel auffbehalten. Sollen wir dann nicht foͤrchten; sollen wir uns dann nicht entsetzen: daß wir alsdan werden hoͤren muͤssen: Auß eu- rem Mund richte ich euch? Derhalben ermahnet uns der Apostel/ und Ephes. 4. v. 1. sagt: Jch bitte euch/ ich Gefangener im Herrn/ daß ihr wůr- diglich wandelt/ wie sichs dem Beruff gebůhret/ dadurch ihr beruffen seyd/ mit aller Demut und Sanfftmůtigkeit/ auch mit Gedult/ einer ůbertuage den andern in der Liebe. Und der Weise Mann sagt: Wann du Gott etwas gelobet hast/ Eccl. c. 5. v. 3. so verzeugs nicht zu bezahlen; dann er hat ein Mißfallen an einer untreuen und naͤrrischen Verheissung. Und von diesem sagte der Koͤnigliche Prophet: Opffere GOtt ein Lob-Opffer; und Ps. 49. 14. bezahle dem Allerhoͤchsten dein Gelůbde. 10. Wer nun diesem also wird nachleben/ der wird sicherlich erfahren/ daß das Joch deß geistlichen Stands suͤß/ und die Buͤrde desselben leicht seye. Und wann schon die Kleydung verworffen ist; der Laͤger hart ist/ der Schlaff kurtz/ und die Wohnung eng ist/ wann schon die Leibs-Nahrung schlecht ist/ und die Abtoͤdtungen taͤglich vorfallen: so ist dennoch gewiß/ und ausser allen Zweiffel zustellen/ daß ein guter Geistlicher in diesen widrigen Dingen viel groͤs- Vom Geistlichen Stand. groͤssere Freud und Vergnuͤgen seines Hertzens empfinde/ als die Welt-Kin- der in allen ihren Wolluͤsten und Ergetzlichkeiten. Dahero sagt der H. Ber- Serm. de de De- dic. Temp. nardus/ die weltliche Leut sehen unsere Creutzer; sie sehen aber unsere Salbun- gen und unsern Trost nicht. Sie sehen die Schaͤrffe deß eusserlichen Habits/ die blosse Fuͤß/ die bleiche Gesichter: sie sehen aber nit die innerliche Salbung. Da man hingegen an ihnen sehet die Salbung/ die eusserliche Freuden/ die delicate und schleckerhaffte Speisen/ die weiche und gemaͤchliche Better/ die kostbare und zarte Kleydungen: man siehet aber an ihnen nicht allzeit die in- nerliche Stich deß Hertzens/ die grosse Forcht der Rechenschafft/ so dem hoͤch- sten Richter muß gegeben werden; die immerwaͤhrende Sorgen/ die grosse Angst der Seelen/ den Greuel deß Tods und andere dergleichen. Jhr habt nun erfahren/ sagt er zu seinen Geistlichen; und wisset/ daß unser Creutz war- lich gesalbet/ und daß durch die Gnad deß helffenden Geists/ unsere Buß suͤß und annemblich/ und also zu sagen/ unsere allersuͤsseste Bitterkeit seye. 11. Daß aber dieses in aller Warheit also beschaffen seye/ bezeugt uns die Hieron. Plat. de stat. Rel. L. 3. c. 16. Historia. folgende Histori. Rabaudus ein Fuͤrst in Franckreich ist durch ein herrlichs Miracul zum H. Cistertzienser Orden beruffen worden: da selbigem nun die Schaͤrffe deß geistlichen Lebens schwaͤr gefallen/ dieweilen er in der Welt de- licater erzogen worden/ hat ihm der Praͤlat einige bessere Speisen absonderlich reichen lassen. Es hat sich aber einsmals zugetragen/ da er mit seinen Mit- Bruͤdern zu Tisch gesessen/ und selbige nur mit trocknem Brod und Bonnen gespeiset worden. Jn waͤhrender dieser Mahlzeit hat er gesehen/ daß zwey alte Maͤnner/ deren einer mit glantzendem und kahlen Haupt/ zwey Schluͤsse- len am Hals: der ander in geistlichem Habit/ eine Crystallene Buͤchs in der Hand getragen/ in dem Refectorio herumb gangen/ und einem jeden geist- lichen eine Speiß auß der Buͤchsen vorgelegt haben; ihn aber/ nemblich den Rabaudum seynd sie vorbey gangen/ und haben selbigen nur allein ernstlich und zoͤrnig angesehen. Rabaudus aber hat sich erkuͤhnet/ auß seines bey sich sitzenden geistlichen Bruders Schuͤßlein diese vorgelegte Speiß zu versu- chen; und hat erfahren/ daß er die Tagseines Lebens so angenehme Speiß niemahlen gessen habe. Da ihm nun solches widerfahren/ hat er dem Praͤlaten den Verlauff dieses Gesichts erzehlet; und darauff von selbigem verstanden/ daß dieser bey der Alten einer der H. Petrus/ als ein Patron; der ander aber der H. Honoratus, als ein Stiffter deß Gottes-Hausses gewesen. Es hat auch der Praͤlat hinzugesetzt/ daß ihme/ dem Rabaudo derhalben die Speiß von denen Alten nicht seye vorgelegt worden/ dieweilen er in der allgemeinen Strenge mit den andern zu leben sich weigere. Nachdem dieses Rabaudus gehoͤret/ hat er sich vestiglich vorgenommen/ aller Schaͤrffe deß Ordens sich mit andern zu unterwerffen; und hat in der That befunden/ daß die vorhin vermeinte J i i 2 uner- Die Fuͤnff und Dreyssigste Geistliche Lection unertraͤgliche Strenge viel leichter und suͤsser seye/ als er sich jemahlen einge- bildet hatte: er hat auch nicht lang hernach erfahren/ daß in Mittheilung die- ser annehmlichen Speise von den vorbesagten Maͤnnern/ mit andern ist gleich gehalten worden; und ist vermoͤg dieser Speise zu aller vorfallendẽ Arbeit und Ordens-Laͤsten unglaublicher Weiß auffgemuntert und gestaͤrcket worden. 12. Schließlich ist zu beobachten/ daß/ weilen unter den Geistlichen zu Zei- ten sich einig Murmelen/ oder wegen der uͤbel zugerichteten Speisen/ oder we- gen derselben Wenigkeit ereiget/ sich ein jeder fuͤrsehe/ und auß folgenden Hi- stori en abnehme/ wie sothanes Murmelen der goͤttlichen Majestaͤt mißfalle. Jm Leben der H. H. Altvaͤtter lesen wir/ daß em sehr frommer Geistliche mit andern zu Tisch sitzend im Geist gesehen habe/ daß einige Hoͤnig/ andere Brod und einige auch Koot gessen haben: hieruͤber hat er seinẽ Gott gebetten/ er moͤch- te ihm doch offenbahren/ warumb die einfachige Speiß/ so allen vorgesetzt wor- den; sich zwischen dem Essen der gestalt im Mund der Geistlichen veraͤnder- te: hierauff ist er durch eine Stimm vergewisset worden/ daß diese/ so da Hoͤ- nig essen/ die jenige seyen/ welche mit Forcht und Zittern/ und mit schuldiger Dancksagung zu Tisch sitzen/ und unauffhoͤrlich bettẽ Diese aber/ so da Brod essen/ seyen die jenige/ welche mit Danck annehmen/ was ihnen vorgesetzt wird/ und seynd damit zu frieden: die aber so Koot oder Dreck essen/ seynd die Historia. Nibred. in antiq. Monast. Ep. 90. jenige/ welche murmelen und uͤber die Speise klagen. Wiederumb hat eins- mals ein Cartheuser gemurmelet/ daß er nicht seye ersaͤttiget worden/ und daß die Speisen weder den Augen/ weder dem Appetit gefallen moͤchten: auch hat er hinzu gesetzt/ daß er lieber Krotten/ als dergleichen Fischlein essen wolte: kaum hat er diese Wort gesprochen/ siehe/ da hat ihm Gott so viele Krotten zu- geschickt/ daß sie das Pflaster oder Gebuͤn seiner Zellen bespreitet haben; diese seynd ihm daselbst uͤberall nachgefolgt: und seynd ihm am Tisch auch in die Schuͤssel gesprungen: wan er von selbigen eine ins Feuer geworffen/ so ist sie: unverletzt wiederumb herauß gesprungen; und wann er einige getoͤdtet/ seynd alsbald an derselben Platz wiederumb andere gewachsen; daß also die Zahlsich von Tag zu Tag gemehret hat: dieses Elend hat einen Monat in der Zellen/ im Garten aber drey Monat lang getauret. Er hat in waͤhrender Zeit eins- mahls dieser Gaͤsten einen mit der Feuer-Zangen ins Feuer gehalten/ und al- so braten wollen; hat aber wegen uͤber auß grossen Gestancks/ sein Vorhaben unterlassen muͤssen: also hat dieser seine Schluͤcherey grbuͤsset. Huͤte du dich/ mein Christliche Seel/ vor allem dem/ daran Gott ein Mißgefallen hat; und halte das unstraͤfflich/ daß du zu halten schuldig bist: damit du nicht unter die Zahl der boͤsen/ sondern der guten Geistlichen gezehlet/ und mit diesen letztern ewig belohnet werdest. Die Vom Laster deß Fraases und der Trunckenheit. Die Sechs und Dreissigste Geistliche LECTION Vom Laster deß Fraaßes und der Trunckenheit. Væ vobis, qui saturati estis, quia esurietis. Luc. 6. 25. Wehe euch/ die ihr gesaͤttiget seyd/ dann ihr wer- det Hunger leyden. Der Erste Theil. 1. W As ein grausame Suͤnd seye das Laster deß Fraaß/ kan man gnug abnehmen auß den. Straffen/ mit welchen die jenige von GOtt gestrafft seynd worden/ so diesem Laster ergeben gewesen. Unsere erste Eltern haben sich und uns alle durch den Fraß in unzahlbare Gen. 3. Armseeligkeiten gestuͤrtzet. Zu Zeiten deß Noe assen und truncken die Men- schen biß zu dem Tag/ an welchem Noe in die Arck ist hinein gangen; es ist a- ber die Suͤndflut kommen/ und hat alle Menschen verdorben. Die Kin- der Jsrael hatten ein Abscheuen vor dem Himmel-Brod; und begehrten Fleisch zu essen; und siehe da sie das Fleisch noch zwi- schen den Zaͤhnen hatten/ ist der HERR uͤber sie ergrimmet worden/ und hat sie sehr scharff hergenommen. Dem reichen Brassart/ von dem der H. Evangelist Lucas meldet/ daß er sich alle Tag herrlich tractiren lassen/ ist in seinem eussersten Hunger und Durst auch ein eintziges troͤpfflein Wassers geweigert worden. Das nun ebenfals zu diesen unsern zeiten sehr viele wegen deß Fraaßes sich ins Verderben stuͤrtzen/ ist allzu sicher und auß- gemacht. Jtzt will ich nur einige wenige hervor ziehen/ welche uns mit ih- rem Exempel von diesem Laster billig abschroͤcken sollen. Der Ehrwuͤrdi- Bou. Ann. 1577 ge Pater Illiricus deß H. Capuciner-Ordens Prediger pflegte viel zu Fasten; dessen Mit-Gesell bringt ihm einsmals/ da sie in einem Kloster unweit Nea- pel beherbergt seynd (dessen Nahm wir allhier verschweigen) etwas Nuͤsse J i i 3 zur Die Sechs und Dreyssigste Geistliche Lection zur Abends Collation; wird aber von dem Kuͤster desselben Klosters-Kirchen/ als einem Fraaß und Schlemmer außgelagt/ und genoͤthiget/ er solle die Fasten brechen: redet ihn derhalben mit ungefehr diesen Worten an: Sie- he/ mein guter Freund/ siehe dieses gesottene Huhn/ daß seynd meine Nůsse/ die ich zum Trunck esse. Dieser armseeli- ge Mensch erfuͤllet sich nachmahlen auff ein andere Zeit in seiner Cellen mit dergleichen schleckerhafften Speisen/ unter waͤhrendem Brassen lasset sich ein erschroͤckliches Getuͤmmel hoͤren/ darab dann die andere Geistliche bestuͤrtzet herumb lauffen/ endlich zu dessen Kuͤsters Cell kommen/ und finden/ daß ihr lieber Mit-Bruder durch die Hand-Zwehel/ deren er sich gebrauchte/ bey seinen guten Bißlein vom boͤsen Feind erwuͤrgt ware. Also hat GOtt/ der mit sich nicht spotten lasset/ diesen fraͤssigen Muͤnchen gestraffet. 2. Nachdem der H. Elphegus auß einem Muͤnchen nachmahln ein Bi- schoff/ seinen Kloͤsterlichen ein Gesetz der Nuͤchterkeit vorgeschrieben/ der meiste Theil derselben aber sich daruͤber nicht verstehen wollen; derhalben sie gestohlene Speisen heimlicher Weiß gefressen/ und biß in die Mitternacht miteinander gesoffen: hat der gerechte Zorn GOttes den Fuͤhrer und Urhe- ber dieser Uberschreitung durch ein grausames und schnelles Urtheil augẽblick- lich ergriffẽ und erlegt. Jn der Nacht nach dessẽ Begraͤbnuͤß/ da der gemeldte Elphegus in der Kirchen ist/ hoͤrt er im Creutz-Gang deß Klosters einige harte Stimmen/ daher er hinzu eilet/ und sehet/ daß der letzt begrabene Muͤnch gantz erbarmlich auff der Erden liget/ und daß uͤber selbigen einige erschroͤck- lich gestalte Menschen stehen/ und ihn mit Ochsen-Riemen und feurigen Schlangen sehr erbaͤrmlich zerschlagen. Nach diesem kan der gute Elphegus selbige Nacht nicht allein nicht mehr schlaffen/ sondern bringt die Zeit mit weinen zu. Bey anbrechendem Tag rufft er seine Geistliche zusammen/ und erzehlet ihnen/ was er gesehen habe/ befilcht auch annebens/ sie solten hingehen und zuschauen/ ob der Leichnamb deß verstorbenen sich noch im Grab befinde: sie gehorchen alsbalde/ suchen und finden nichts. Hierauff geben sich die Mit-Schwaͤrmer deß abgelebt- und abgestrafften Anreitzers bloß/ bekennen ihren Fehler; und/ auff daß sie nicht mit den ewigen Tormen- ten hernach moͤgten gezuͤchtiget werden/ bitten umb zeitliche Straff/ und gestehen zugleich/ daß der Ort/ an welchem der ungluͤckseelige Fuͤhrer ge- schlagen worden/ die Platz ihrer unzulaͤssigen Zusammenkunfft gewesen seye. 3. Noch Vom Laster deß Fraases und der Trunckenheit. 3. Noch ein grausamberes erzehlt der obgemeldte Schribent; daß nemb- lich einer/ Nahmens Franciscus auß Burgundien/ nachdem er den H. Orden der P. P. Capucinern angenommen/ sich dem Ehr-Geitz und Fraaß zumah- len ergeben habe: und damit seinem Verlangen desto fuͤglicher moͤgte gnug geschehen; habe er seinen Handel und Wandel mit einer angenommenen Heiligkeit fein meisterlich gezieret/ daß er auch in der Stadt Mauria in Sa- voyen zum Guardian erwaͤhlet worden/ und also den Anfang gemacht habe/ seiner lang verborgenen Begierden dermahlen eins (wie er vermeinte) zu geniessen. GOTT aber hat die grosse Unmaͤssigkeit dieses falschen Geistlichen bald mit einem Geschwuͤls am Halß gestraffet; dadurch er biß zum Todt erkraͤncket: und ob er schon dem P. Tiburtio seine Suͤnden gebeichtet/ so hat er dannoch das H. Nacht-Mahl wegen Enge deß auffge- schwollenen Halß nicht geniessen koͤnnen; sondern vor seinem Heyland sich zur Erden niedergeworffen/ und gesagt: HErr sey mir Sůnder gnaͤdig. Er hat auch die drey Geluͤbden oͤffentlich erneuert/ und ist endlich auch mit dem H. Sacrament der Oehlung versehen worden; daß man also nichts anders/ als ein froͤhliches H inscheiden hat erwarten koͤnnen. Nach- dem er aber ein wenige Zeit gantz still und ruͤhig gewesen/ hat er gar tieff ge- seuffzet/ und mit gaͤutzlicher Veraͤnderung deß Angesichts und der Stim- men also erbaͤrmlich geruffen: O Bruͤder! O Bruͤder! warhafftig nicht alle/ die sagen H err/ H err/ werden in den H immel eingehen! O mein lie- be Bruͤder/ O Bruͤder mein/ ich hab keinen Theil an der Erbschafft der See- ligen: der Fraaß und der Ehr-Geitz haben mich gantz eingenommen/ derhal- ben bin ich auß gerechtem Urtheil GOttes in alle Ewigkeit verdambt. H ier- uͤber erschroͤcken alle Umbstehende/ und erinnern den Armseeligen/ daß er an sein geistliches Leben gedencken solle. Er aber gibt zur Antwort/ und sagt: Was ermahnet ihr mich meiner Wercken/ welche mich vielmehr anklagen/ als entschuldigen. Der Beichs-Vatter redet ihm zu und sagt: so lang du noch Athem hast/ mustu nicht verzagen; so lang ist noch H offnung/ so lang kanstu noch Barmhertzigkeit erlangen. Der Krancke antwortet und sagt: die Zeit zu buͤssen ist schon verstrichen/ GOttes Barmhertzigkeit/ und alle H offnung deß H eyls seynd mir verschlossen. Ach ihr schleckerhaffte Biß- lein! Ach/ ach du bittere Speiß der Ehren/ wie hart fallet ihr meinem Ma- gen zu verdaͤuen! Es bringt aber der Beicht-Vatter die Bildnuß deß geer eutzigten JEsu hervor/ zeigt dem verzweifflenden Menschen die H. H. Wunden/ das Blut/ den Todt und die Lieb Christi gegen alle Suͤnder: aber umbsonst. Was erzehlest du mir dieses alles sagt er/ ich bin schon ver- Die Sechs und Dreyssigste Geistliche Lection verdambt/ nichts kan mir helffen; diweilen ich/ wie ein ander Judas/ unter dem verlognen Titul der geistlichen Beruffung Christum gleichsamb mit einem Kuß verrathen hab: Jch hab kein wahre Lieb zu GOtt gehabt; der Fraß und Ehrgeitz haben alle meine Werck verdorben. Der Beichts-Vatter laͤst nicht nach; sondern bemuͤhet sich/ ihn zu uͤberreden/ daß er auffs wenigst den Nah- men JEsu und Mariaͤ außspreche. Er aber antwortet: Jch kan nicht/ und wan ich schon koͤnte/ so wolt ich doch nit. Bald hernach hat er den Guͤrtel/ das Agnus Dei sambt dem Rosenkrantz auß den Ermeln herauß geworffen/ und zu jedẽ Mahl geruffen: ich bin verdambt/ ich bin verdambt. Was Raths suchen allhier die gute Geistliche in so elendem Standt ihres Guardianen? sie eilen zur Kirchen/ werffen sieh vor dem hochheiligen Sacrament deß Altars. nie- der/ seufftzen/ weinen und halten allerinstaͤndigst an umb Barmhertzigkeit. Dieweiln der Krancke aber fortfaͤhret zu ruffen: ich bin verdambt/ ich bin ver- dambt; ich bin ein ander Judas gewesen; so hat der Beichtvatter den allerheilig- sten Leib Christi ergriffen/ und ist in Begleitung aller anwesenden Geistlichen mit gewoͤnlichem Pracht zu dem verzweifflenden Menschen gangen/ und hat ihn ermahnet/ er solte zum wenigsten die Goͤttliche Majestaͤt anbetten und verehren. Er aber hat das Angesicht von dem Heyland der Welt abgewen- det und geruffen; Jch bin verdambt/ ich bin verdambt; ich bin der ander Judas gewesen. Nach diesem hat er noch viel grausamblicher zu heulen und zu ruffen angefangen; und gesagt: in ewigkeit/ in Ewigkeit! und endlich hat er noch einmahl uͤberlaut geruffen/ O in Ewigkeit! und hat also seyn vermeintes geistliche Leben geendiget. Dieses ungluͤckseeligen Menschen Angesicht ist nachmahls so schwartz und grausamblich worden/ daß es allen anschauenden einen Schroͤcken verursachet hat: die Augen und Mund hat man keines Weegs schliessen koͤnnen/ sondern seynd gantz ungestalter Weiß allen zusehenden zu einem erschroͤcklichen Spectacul eroͤffnet geblieben. Sol- chen Außgang verdient daß abscheuliche Laster deß Fraaß. 4. Soll dann nicht ein jeder mit dem gern zu frieden seyn/ was ihm wird vorgelegt; da wir in Erfahrung kommen/ daß die Schlaucherey sonderbahr bey den Geistlichen ein solches Greuel in den Augen GOttes seye? O wie viele werden nicht unter den weltlichen Leuten gefunden/ die nicht wissen was Hunger seye? die sich immer und dergestalt ersaͤttigt halten/ daß es sie schier niemahlen huͤngert; denen es unmoͤglich scheinet/ anders/ als mit vollem Bauch zu schlaffen; und sollen jedoch nicht vermeinen/ daß sie unter die Zahl der jenigen gehoͤren/ denen Christus mit diesen Worten gedreuet hat: Wehe Vom Laster deß Fraaßes und der Trunckenheit. Wehe euch/ die ihr ersaͤttiget seyed/ dann es wird euch hün- Luc 6. . 25. gern. Sie vermeinen nicht daß sie das angehe/ sondern/ daß es den Roͤmern allein gesagt seye/ was der H. Apostel Paulus in seinem Send-Schreiben meldet: Nicht in Fressen und Sauffen \&c. sondern ziehet den Rom. 12. v. 13. Herrn JEsum Christum an/ und thuet daß nicht/ darnach das Fleisch trachtet in seinen Lůsten. Sie gedencken auch nicht daran/ was der weise Mann sagt: Wan man zuviel Speise nimbt/ Eccli 37. v. 33. darauß entste het Schwachheit; Schwachheit so wohl der Seelen/ als deß Leibs/ wie sichs in den oberwehnten beydẽ traurigen Geschichten gnug- samb erwiesen hat. Am Leib wird verursachet das Podagra an den Fuͤssen/ das Chiragra an den Haͤnden/ die Cholick im Bauch/ der Stein in den Nieren/ die Wassersucht und das Fieber am gantzen Leib \&c. Dahero sagt recht und wohl der H. Chrysostomus: Daß die jenige Speisen/ so nicht auß Hom. 21. Nothwendigkeit genommen werden/ keine Nahrung/ son- dern eine Pest deß Leibs/ und die Ersaͤttigung ein Vrsprung aller Kranckheiten seyen. Und der H. Ambrosius stimmet auch bey mit diesen Worten/ und sagt: Sehr viele hat der Fraß getoͤdtet/ Ser. de Cain \& Abel. keinen aber die Maͤssigkeit: unzahlbaren hat der Wein ge- schadet/ keinem aber der Abbruch deß Weins. So viel die Seel betrifft/ verursachet der Fraß die Hoffart; indem sich die schleckerige Fresser uͤber die Arme erheben/ und selbige verachten. Er mehret den Geitz; weilen die Fressige Schlemmer mehr und mehr nach Rei chtumben trachten/ damit sie ihrem Bauch desto besser moͤgen gnug thuen. Der Fraß und Trun- ckenheit vermehren den Zorn/ gestalt man leider taͤglich erfahret/ daß durch uͤbermaͤssiges Essen und Trincken die Gemuͤther der Menschen entzuͤndet werden/ und fast keiner dem andern weichet. Er bringt auch die Miß- gunst; indem die Schlemmer andern mißgoͤnnen/ was sie offtmahl selbst entrathen muͤssen. Er gebaͤhret auch die Geylheit/ zumahlen gewiß ist/ daß/ wie der H. Hieronimus sagt/ die Ersaͤttigung die Geylheit immer nach sich fuͤhre. Und der geistreiche Climacus haltet darfuͤr/ daß der jenige/ welcher sei- Grad. 14. nem Bauch dienet/ und dannoch den Geist der Unkeuschheit zu vertilgen trach- tet, eben so viel außrichte/ als der jenige/ so das Feuer mit Oel zu loͤschen sich unterstehet. Endlich verursachet der Fraß auch das abscheuliche Laster der Faulheit/ nach dem Spricht-Wort: kein voller Bauch/ zur Arbeit tauch. Und gleich wie zum Arbeiten und Studi ren die fraͤssige Menschen unbequem seynd; also fallet auch denselben das Betten sehr schwaͤr: daß also der H. Kir- chen-Lehrer Gregorius recht und wol sagt: Auß dem eintzigen Laster K k k deß Die Sechs und Dreissigste Geistliche Lection deß Fraases werden unzahlbare Schaaren der La- ster/ die Seel deß Menschen zu bestreiten/ ins Feld gestellet. 5. So viel dann nun einen jeden Christ- und Tugend-liebenden Men- schen angehet/ soll er alle Gelegenheiten deß Fraases/ und die gar zu oͤfftere Gastereyen bestmoͤgligst fliehen; zumahlen bey selbigen die Goͤttliche Maje- staͤt/ durch uͤbel Nachreden/ durch Scheld- und Schmaͤh-Wort/ und durch andere ungereimbte sottige Venus-Reden ins gemein sehr hoch beleidiget wird/ wann die Zung durch die Krafft deß Weins und schleckerhafften Spei- sen geloͤset wird. Bey den Gastmahlen/ davon die H. Schrifft meldet/ ist Gen. 40. allzeit das menschliche Blut geopffert worden. Der Koͤnig Pharao hat in einem ansehnlichen Gastmahl einen seiner Diener zum Strick verdammet. Ammon ein Koͤnigs Sohn hat auff der Mahlzeit seines Bruders Absolonis 2. Reg. 13. Judit. 13. Hester. 7. sein Leben und Holophernes ebenfals den Kopff im Stich gelassen. Der ansehnliche Aman wird von der Taffel deß Assueri zum Galgen gefuͤhret. Herodes befilcht am Tisch in Gegenwart vieler Fuͤrstlichen Personen/ man Matth. 14. Exod. 3. solle dem unschuldigen Joanni das Haupt im Kaͤrcker abschlagen. Das Jsraelitische Volck/ nachdem selbiges wohl gezecht hat/ stehet auff zum Goͤtzen-Dienst/ und bettet das Kalb an. Diese und dergleichen grosse Ubeln haben sich vorzeiten taͤglich zugetragen; derhalben pflegte der Vatter Job fuͤr seine banquetirende Kinder den Allmaͤchtigen GOtt taͤglich ein Opffer zu schlachten/ und denselben also zu versoͤhnen/ dieweilen er versichert ware/ daß die Mahlzeiten selten ohne Suͤnden koͤnnen gehalten werden. So ists dann besser/ mein Christliche Seel/ nach Meinung deß Weisen Manns: Daß du gehest in ein Hauß/ da man traurig ist/ Eccl. 7. v. 3. als in ein Hauß da man Gastmahl haltet; dann in jenem wird man deß Ends aller Menschen erinnert/ und der Lebendige gedenckt daran/ was er hernach seyn werde. Jn den Freuden aber der Gastmahlen verliert der arme die jenige heylsame Forcht/ die er zu seinẽ vortheil vorhin erworben hatte. Und was noch mehr ist/ In cap. 5. Job. sagt auch der H. Gregorius rund auß: Es werden keine Gastmahl gehalten/ allwo nicht Todt-Sůnden begangen werden. Von diesem H. Vatter und Kirchen-L e hrer setz ich einen Sprung zuruck ins Heydenthumb/ und hoͤre den blinden Diogenem einem Juͤngling/ der zum Gastmahl geladen ware/ treulich rathen/ er solle nicht dahin gehen. Warumb Vom Laster deß Fraaßes und der Trunckenheit. Warumb nicht/ mein Diogenes? Quia dererior redibis, sagt er: wei- len du schlimmer wirst zurůck kommen. Dahero pflegte der heilige Vatter Ambrosius zu sagen/ daß drey Ding seyen/ zu denen er keinem Menschen rathen wolle: nemblich der Ehestand/ der Krieg und die Gastmahlen. 6. Hoͤre nun/ mein Christliche Seel/ zu Bestaͤttigung der Warheit/ was sich neben unzalbaren andern merckwuͤrdigen Geschichten/ auch einsmals auff einem Gastmahl in Welschland mit einem sichern Graffen/ dessen Nahm Leontius/ hat zugetragen. Dieser Graff ware einer Meinung mit Historia. dem viehischen Epicuro/ und hielte darfuͤr/ daß es allhier auff dieser Welt muͤsse gefressen/ gesoffen und geschwermbt seyn/ dieweilen die Seel mit dem Leib dahin stuͤrbe. Da nun selbiger einsmals dem Adel deß Lands ein herr- liches Gast-Mahl zubereiten lassen/ und vorhin bey einem Kirch-Hoff vor- bey spatziret/ hat er einen Todten-Kopff villeicht ungefehr auff der Erden ligend/ gefunden/ welchen er mit einem Fuß gestossen/ und schertz-weiß also angeredet hat: Hoͤr an/ du außgeduͤrretes Bain/ was ich dir sage/ und antworte mir auff meine Frag. Jst das wahr/ was die Leuth glauben; daß die Seel deß Menschen unsterblich seye? Wann zu deinen Leb-Zeiten auch solcher Gast bey dir gewohnet hat/ wo ist er nach deinem Todt verblieben; ist er zumahlen vergangen/ oder ist noch was darvon uͤbrig? ist ihm wohl/ oder uͤbel? sag mir/ wird die andere Welt ewig dauren/ oder ists ein Fabul/ was die Pfaffen von Auffenthaltung der Todten schwaͤtzen? nachdem der viehische Leontius seine Fragen geendiget/ ladet er den Todten-Kopff auff sein Gastmahl/ so da bereitet wurde; und befilcht ihm/ dennoch schertz-weiß/ er solle mit andern Gaͤsten erscheinen/ und die fuͤrgestelte Fragen beantworten. Jn dem nun bald hernach auff besagter Gastereyen alles luͤstig und froͤh- lich ist/ die Gesundheit fein tapffer herumb getruncken/ und die allerkoͤstlich- ste Speisen inzwischen in grosser Anzahl auffgetragen werden/ die lieblichste Musie sich auch hoͤren lasset/ alle guter Ding seynd; siehe/ da kombt einer der Dienern voller Schroͤcken zum Gast-Zimmer hinein/ und verkuͤndiget seinem Herrn/ daß ein Frembdling/ oder mehr ein lebendiges Ebenbild deß Todts/ so nur in lauter Bainen bestuͤnde/ sich anmelde/ und dem Gast-Mahl beyzuwohnen verlange. Da nun hieruͤber alle anwensende Gaͤst sich hefftig entsetzten/ befilcht der Graff/ man solle das Ungeheur fragen/ was seyn Anbringen seye. Dieses aber gibt alsbald zur Antwort/ er seye einer von den geladenen Gaͤsten/ und zwarn an selbigem Tag von dem K k k 2 Gra- Die Sechs und Dreissigste Geistliche Lection Graffen/ da er den Kirch-Hoff vorbey gangen/ zur Tafel beruffen wor- den: und ob er schon nicht habe zugesagt; so waͤre er doch umb die vorgestellte Fragen zu beantworten erschienen. Le o ntius hoͤrt an das Begeh- ren/ und erinnert sich/ nichtohne Grausen deß Todten-Kopffs/ mit dem er nicht lang vorhin geschertzet hatte: befilcht dar auff denen behertzigsten seiner Knechten/ sie sollen den beinernen Gast zum Galgen weisen; andern aber schafft er die Thuͤren uͤberallzu verriegeln/ im Fall das Ungeheuer Gewalt brauchen wuͤrde. Der todte Coͤrper aber hat alle Rigeln zerbrochen/ und ist dem zu Tisch sitzenden Graffen zugeeilet/ sich an dessen seite begeben/ und den Gaͤsten gesagt/ sie solten die angefangene Tisch-Freuden in aller Froͤligkeit fortsetzen; und ob er schon in langer Zeit weder Speiß noch Tranck genom- men habe/ so seye er jedoch nun kommen/ umb sie zum Trincken anzufrischen. Jch bin aber der Meinung/ es werden auff dieses frembden Gastes entsetzli- ches zusprechen wenig Glaͤser mehr herumb geflogen seyn; indem der grosse Schrecken allen den Appetit und Lust zum Zechen ohne Zweiffel wird be- nommen haben: Es hat sich einer nach dem andern darvon gemacht/ daß also der Graff mit seinem geladenen Knochen-Gast allein an der Tafel verblie- ben/ deme er den Weeg zum Außreissen versperret/ und mit diesen Worten angeredet hat: kennest du mich nicht? Jch bin der jenige/ dessen Kopff du zu- vorn mit Fuͤssen von dir gestossen/ und zu deinem Gastmahl/ umb die gethane Fragen zu beantworten/ citi rt hast. Die erste Frag ist: ob die Verstorbene hernach ewig leben werden? Die andere ist/ ob die begangene Suͤnden von einem Gewalt haaͤenden Richter gestrafft/ und hergegen die Tugenden be- lohnt werden? Nun bin ich auß Befelch desselbigen goͤttlichen Richters/ dessen Fuͤrsichtigkeit du unverschaͤmbter Gesell hast außgelacht/ allhier zugegen/ auff daß ich dir zeige/ daß mit dem Todt deß Menschen nicht alles sterbe; sondern daß die Seel ihr Leben in die andere Welt mit sich nehme/ und daselbst oder ewig gluͤckseelig in Frewden/ oder ewig armselig in brennenden Flammen verharren werde. Du solst nun daran nicht zweiffeln/ zumahlen ich dich nicht betriegen mag/ der ich dein Groß-Vat- ter/ und du mein Vetter bist: wir seynd aber/ leider! beyde ungluͤck- seelig: ich hab durch mein suͤndhafftes Leben verdienet/ daß ich biß hier- zu/ und in alle Ewigkeit brenne/ und doch niemahl (das ich doch wuͤnschen moͤchte) verbrennen werde: das Fewer ist bey mir unsterblich/ und das Leben kombt zu keinem Abgang: was ich leide/ daß hab ich auß gerechtem Urtheil GOTTES verdienet; und du/ Vom Laster deß Fraaßes und der Trunckenheit. du/ mein Vetter/ der du alle Forcht deß wahren GOttes von dir verworffen und nunmehr eine geraume Zeit in Saͤnden gelebt hast/ du must mit mir von hinnen/ und mit mir ewig brennen; mach dich zur reisen fertig/ mein Bluts-Verwandter; wir muͤssen einen andern Tantzthuen/ die herrliche Ta- fiel mit allen deinen Reichthumen mustu andern zu theil lassen/ diese Welt muß mit einer andern unbekenten Welt verwechßlet/ und das Zeitliche mit dem Ewigen vertauschet werden. Uber diesem hat der verdambte Geist den Leontium ergriffen/ und mit solcher Gewalt an die Waͤnde deß Zimmers geschmettert/ daß mit dem Gehirn und Blut die Mauren bekleidet worden: und weilen man von uͤbrigem Leib nichts mehr gefunden hat/ so stehet zu glauben/ daß dieser Groß-Vatter seinen Vetter mie Leib und Seel zu sich in die ewige Verdambnuß hinweg geschlept habe. Dieß ist der Außgang eines Gast-Mahls. 7. Was nun bißhero von dem Fraß gemeldet worden/ daß kan ebenfals von der Trunckenheit gesagt werden; und gleich wie diese beyde Laster sich immer pflegen zu vergesellschafften; also findet man/ daß von einem so wohl/ als vom andern sehr merckliche Ubel entstanden seynd. Der fromme Loth Gen. 19. hat durch die boͤse Exempel seiner Nachbarn/ der Sodomiter und Gomor- reyer nicht koͤnnen zum Fall gebracht werden; vom Wein aber ist er uͤber- wunden worden/ und hat sich in der Trunckenheit mit einer doppelten Blut- Schand beflecket. Der starcke Samson/ da er vom Wein berauschet ist/ Jud. 16. wird er durch eine Buhlerin seinen Feinden in die Haͤnde gelieffert. Da- hero ermahnet uns der Apostel/ und sagt: Sauffet euch nicht voll c. 5. 18. im Wein/ darin ein unzůchtig wesen ist. Und der H. Hierony- In Reg. Mon. mus haltet darfuͤr/ daß alle/ so der Trunckenheit zugethan seynd (so da nemb- lich ohne Rausch nicht schlaffen koͤnnen) recht und wohl Kinder Belial/ das ist Kinder deß Teuffels moͤgen genennet werden; dieweilen der Bauch/ so vom Wein siedet/ gar leicht zur Geilheit uͤberlauffet. Mit einer andern gar schoͤnen Gleichnuß trettet ebenfals herfuͤr der H. Chrysostomus/ und spricht: Gleich wie ein Schiff/ so mit dem Wasser erfůllet Hom. 9. in Gen. wird/ in den Grund sincket/ wanns nicht kan erschoͤfft werden; also gehet der Mensch zu Grund/ wann er sich dem gefaͤhrlichen Meer der fůllerey und Trunckenheit vertrauet: er verlieret alle seine Vernunfft/ und wird in den Abgruund der Hoͤllen gestůrtzet. Solstu nun/ mein Christliche Seel/ uͤber diese Meinung der H. H. Vaͤtter ein bedencken haben; als K k k 3 wann Die Sechs und Dreyssigste Geistliche Lection wann selbige mit einem so gemeinen Verbrechen gar zu scharff verfahren thaͤten; so hoͤre deinen H eyland uͤber dieses Laster an/ der dich und mich mit Luc. 21. 34. diesen wohl-meinenden Worten avisiret: Hůtet euch/ daß euere Hertzen nicht etwan beschwaͤret werden mit dem Fraaß. Auß dessen Goͤttlichem Mund rufft uns auch der H. Paulus zu/ und sagt: 1. Cor. 6. 9. Jrret nicht; weder die Trunckenbolten/ weder die Laͤsterer werden das Keich GOttes besitzen. 8. Was ist aber die Trunckenheit anders/ als ein Mutter deß Zancks/ ein Zeugerin deß Zorns und Grimmen/ ein Verspoͤtte- rin der Tugenden und guten Werck/ und eine Lehr-Meisterin deß Hom. 28 in Matt. Willmuhts. Derhalben rufft der heilige Chrysostomus/ und sagt: O wann du eine menschliche Seel/ so da mit Sůnden/ und sonderbahr mit den Sůnden deß Fraaßes und der Trunckenheit behafftet ist/ mit den Augen deß Hertzens beschauen moͤgtest/ ich zweiffle nicht/ du wůrdest darfür halten/ daß ein lebendiger Leib viel besser in einem schwartzen Grab; als eine Seel im lebendigen Leib/ durch den Wein begraben lige. Ach/ ach/ wie viele hats ihrer Anschlaͤg gereuet/ die sie in der Trun- ckenheit haben vorgenommen! wie viele haben im Rausch sich selbst verra- L. 2. aphd. Historia. then/ wer sie seyen/ die vorhin von jederman fuͤr gut gehalten worden! von dergleichen unbesonnenen Saͤuffern erzehlet Thomas Cantipratanus, daß derselbe drey einsmals in einem Wirts-Hauß/ nachdem sie durch den Wein erhitzet/ von den Geheimnuͤssen der andern Welt/ von der unsterblichkeit der Seelen/ und von den hoͤllischen Peynen/ unter dem Zechen zu reden angefan- gen: deren dann einer auß uͤbermaͤssiger Frechheit hat sagen doͤrffen: wir lassen uns von den Pfaffen betriegen/ indem wir deren Wort glauben/ daß nemblich die Seel nach dem Todt deß Menschen noch lebe. Da nun hier- uͤber bey den Anwesenden ein Gelaͤchter entstehet/ gesellet sich denselben ein langer und starcker Mensch zu/ fordert auch einen Trunck/ und fragt/ wessen sie so hertzlich lacheten. Deme antwortet der gemeldte Unglau- bige und volle Bolt/ und sagt: Wir erzehlen allhier die Traͤumb der Pfaffen: und setzt hinzu: daß/ wann einer seiner Seelen begierich waͤre/ er ihm selbige umb einen geringen Preyß verkauffen/ und das Geld zum Besten geben wolte. Hierzu lachen abermahl die uͤbrige Sauff - Bruͤder; der zu letzt angekommene aber erbie- Von dem Laster deß Fraaßes und der Trunckenheit. erbietet sich auch mit halb lachendem Mund/ die Seel zu kauffen. Der Han- del gehet an; sie werden deß Kauffs einig; der Kauffer zahlet mit bahrem Geld/ und die Seel wird ihm versprochen; man sauffet allerseits fein wacker drauff: bey spaͤter Nacht sagt der Kauffman: ich mercke wohl/ der Wein erlegt uns; und wir werden vom Schlaff uͤberwaͤltiget; es ist Zeit/ daß ein jeder nach Hauß gehe. Jhr aber/ sagt er/ meine Gesellen/ sprechet das Vrtheil/ ob dem jenigen/ so da ein Pferd kauffet/ auch der Zuͤgel/ daran das Pferd gebunden gewesen/ zu- gleich gebuͤhre? Die versoffene Richter fehlen die Sententz und sagen/ das dem Kaͤuffer deß Pferds auch der Zuͤgel zugleich verkaufft werde. Kaum ware das Vrtheil gesprochen; siehe/ da greifft der vermeinte Kauffman seine Waar mit grosser ungestuͤmmigkeit an/ und fuͤhret den Gotts-laͤsterischen Boͤßwicht mit Leib und Seel in die Hoͤhe zur Gast-Stuben hinauß/ und/ wie billig zu vermuthen ist/ in den Abgrund der Hoͤllen hinab. 9. Ein schier gleiches Schaw-Spiel ist zu sehen gewesen im Jahr Christi Historia. 1595. den 14. Martii. An dem ein erschroͤckliche und ungeheure Mißgeburt zur Welt gebracht worden; welche am vorderen und oberen Theil deß Leibs/ einem Menschen; am hinderen und unter Theil aber ist einer Schlangen gleich gewesen; hat auch einen drey Elen-langen Schweiff gehabt; und hat diese menschliche Schlang nicht laͤnger gelebt/ biß sie das jenige verrichtet hat/ darumb sie kommen ware. Es ware aber der Vatter derselben ein solcher Schlemmer und Boͤßwicht/ daß er weder Gott/ weder die Menschen foͤrch- tete. Dieser gehet am Sontag in der Fastnacht Qinquagesima genand/ zum Wirtzhauß/ umb daselbst dem Sauffen und W uͤrffel-Spiel nach Gewon- heit abzuwarten/ und sonst allerhand Boͤßheit zu veruͤben: ihm folgt aber sein schwangeres Weib auff dem Fuß nach/ und bittet ihn er wolle doch das Boͤse meiden/ und widerumb nach Hauß kehren: er aber schlagt nicht allein die Reden seines Weibs in den Wind/ sonderen auch das arme Weib er- baͤrmlich mit Faͤusten/ und befilcht ihr/ sie solle mit dem Teuffel/ ihrem Mann/ den sie im Leib trage/ nach Hauß gehe/ und lassen ihr denselben in ihren Kinds-Noͤthen beystehen: wofern sie aber nach alsbald gehorchen wuͤrde/ so wolle er denselben den Degen biß ans Gefaͤß ins Leib stossen Hier- auff antwortet das Weib/ und sagt: vermeinstu dann/ daß ich einen lebendigen Teuffel bey mir habe? Wolan so sey es dann. Weiters redet daß W eib kein Wort mehr/ sonderen lasset den Mann bey seinen losen Gesellen/ gehet nach Hauß/ und gebaͤhret zur Stund diese grau- Die Sechs und Dreyssigste Geistliche Lection grausame unerhoͤrte mißgestalt/ welche allen Zuschauern ein grosses Schre- cken verursachet. Der versoffene Mann kombt auch endlich nach H auß/ und gehet hinein/ alwo die Kind-Betterin und das neu-gebohrne Ungeheur ligen: und/ siehe/ alßbald wirfft selbiges seine Augen auff diesen Vatter/ spitzet das Maul gleich einem Falcken/ schlagt ihm seinen langen Schweiff umb den Leib/ und verletzet denselben mit seinen gifftigen Stichen dergestalt/ daß er erstlich am gantzen Leib mit vielen Geschwuͤltzen außgefahnẽ/ gleich dar- auff aber dm Teuffel in den Rachen gefahren ist. Nach dem Todt deß Mans ist auch bald das Weib gestorben/ und nach dieser das Ungeheur. Ob nun zwarn Gott dergleichen grausame Straffen gegen die Saͤuffer und Schlem- mer nicht allzeit veruͤbet; so koͤnte ich dennoch deren sehr viele erzehlen/ wann ich der Kuͤrtze mich nicht befleissete. Es solle billig und allen Christ-lie- benden Menschen gnug seyn/ was der Prophet Joel uns zuruffet und sagt: Joël. 1. v. 5. Wachet auff die ihr truncken seyet/ weinet und henlet alle/ die ihr den süssen Wein mit Lust trincket; dann er ist von euerem Maul hinweg genommen. Was fuͤr unbeschreibliche Ubeln so Leibs als der Seelen von der Trunck enheit taͤglich entstehen/ lassen wir einen jeden selbst urtheilen: derhalben man in andern Landen dieses La- ster/ als ein Ursach aller Lastern/ fuͤr andern am meisten flichet/ und straffet. Wolte GOtt/ daß auch in unserm lieben Teutschland diese Untugend/ so wohl an Geist- als Weltlichen mit mehrerm Ernst und Nachtruck gezuͤch- tiget wuͤrde! Es straffet zu Zeiten eine Obrigkeit ihre untergebene wegen deß uͤbermaͤssigen und unmaͤssigen trincken/ haltet aber darin selbst keine Maaß; dahero entstehet/ daß sie die Bestraffung oder nicht doͤrffen vor- nemmen/ oder jedoch gantz Macht- und Krafftloß veruͤbet werden. Die Von dem Gebett. Die Sieben und Dreissigste Geistliche LECTION Von dem Gebett. Amen, Amen dico vobis, si quid petieritis Patrem in Joan. 16. v. 23. nomine meo, dabit vobis. Warlig/ warlig sag ich euch/ so ihr den Vatter et- was bitten werdet in meinen Nahmen/ so wird ers euch geben. Der Erste Theil. 1. D As Gebett/ sagt der H. Joannes Damascenus/ ist eine Erhebung L. 3. de Fid. In Ps. 85. deß Geistes zu Gott. Und der H. Vatter Augustinus tauffet das- selbige also/ und sagt: Das Gebett ist eine Kede zu Gott: dann/ so du lesest/ redet Gott mit dir; wan du bettest/ so re- destu mit Gott. Weitlaͤuffiger entwirfft das Gebett der geistreiche P. Alvarez/ und sagt: Betten/ ist seinen Geist zu Gott erheben/ und densel- ben alle seine Sachen in geheimb und mit grosser Ehrbietsamkeit vertrawen/ gleich wie ein Freund dem anderen/ dem er trawet/ zu thuen pfleget. Was nun das Gebett fur Wirckung habe/ zeigen uns gar schoͤn die H. H. Vaͤtter; und zwarn erstlich der H. Dionysius Areopagita, als der aͤlteste entwirfft L. de Di- vin. nom. das Gebett durch ein guͤldenes Kettlein/ so von dem Himmel herab gelassen wird/ und uns zu unserm Gott in den Himmel hinauff ziehet. Nach die- sem lehret uns der H. Chrysostomus und sagt; daß/ gleich wie deß Menschen L 3. de orand. Deum. Leib ohne Sen-Aderen sich nicht bewegen kan/ also koͤnne die Seel nichts richten ohne das gebett; und geschehe zu Zeiten/ daß die Seel vom Gebett verlassen/ einem Gicht-Bruͤchtigen nicht unaͤhnlich seye. Gleich wie der Leib/ sagt er/ durch die Aderen zusammen gehalten wird/ lauffet/ stehet/ sprin- get/ und lebt: also/ daß/ wann du die Aderen durchschneidest/ die gantze Zu- L l l sam- Die Sechs und Dreyssigste Geistliche Lection sammenstimmung deß Leibs auffloͤsest: also werden die Seelen durch das H. Gebett zusammen gehalten/ und koͤnnen den Gottgefaͤlligen Weeg ihrer vor- genommenen Andacht gar leichtlich lauffen. Was ein Fisch ist ohne Wasser/ das ist ein Christliche Seel ohne Gebett/ sagt der mehrgemelte Chrysostomus. Diesem lasset nichts nach der H. Bernardus/ und vergleichet Serm. 49. in Cant. das Gebett einem Wein-Keller/ zu welchem der Brautigam seine Braut/ das ist/ die geliebte Seel einfuͤhret; damit sie daselbst an dem Wein der wah- ren Andacht truncken werde/ welcher/ auß dem Bach der Wollust getrun- cken wird/ und das H ertz erfreuet. Serm. 126 de Temp. 2. Der hocherleuchte Vatter Augustinus benamset das Gebett einen Schluͤssel deß H immels: dann selbiges/ sagt er/ steiget hinauff/ und die Barmhertzigkeit Gottes steiget herunter: und obschon H immel und Erd weit von einander gesondert seynd; so erhoͤret doch unser Gott die S timm deß Menschen/ der ein reines Gewissen hat. Und an einem anderen Ort bricht er unter anderen Lob- S pruͤchen von dem Gebett/ also loß: Was ist doch fuͤrtrefflicher/ als das Gebett? Das Gebett ist der Gottliebenden S eel ein S chutz/ dem guten Engel ein Trost/ dem Teuffel ein Zuͤchtigung/ dem Allgewaltigem Gott ein angenehmer Dienst/ ein S eul der heiligen Tu- genten/ ein Leider der S eelen/ ein Grund-Vest deß Glaubens/ ein Lob deß Gottes-Dinst/ ein vollkommene H errlichkeit/ ein sichere H offnung/ und ein unverwesene Gesundheit. O heiliges Gebett! S eelig ist/ der dich lie- bet/ seeliger aber ist/ der dich stets uͤbet. Dieß seynd alle Lob- S pruͤch deß obgedachten glorwuͤrdigen Kirchen-Lehrers Augustini. Was die natuͤr- liche Hitze/ sagt weiters der H. Thomas à Villa nova, im Magen wircket/ das verursachet das Gebett bey den Menschen/ in dem selbiges das Leben der Seelen erhaltet/ die Speise verkochet/ die Glieder staͤrcket und den gantzen Apud. Rodr. p. 1. tr. 5. c. 14 Menschen in gewuͤnschter Gesundheit erhaltet. Ohne das Gebett/ ist ein Geistlicher gleich einem Soldaten ohne Gewaͤhr/ der da unstreitbar und so gar/ wie der Heil. Thomas von Aquin meldet/ gantz nackent und bloß ist. Gleich wie nun ein Soldat ohne Gewaͤhr/ seinem Feind nur ein Spott ist/ demselben zumalen nicht schaden kan/ und ohne sonderbare Muͤhe uͤberwun- den wird: also mag sich ein Mensch ohne das Gebett/ wider den Anlauff der hoͤllischen Feinden nichts schuͤtzen/ sonderen wird von selbigen gar leicht zu Chry- sost. l. 1. de orand. Deum. Bodem geworffen. Wann uns aber unsere Feinde mit den Waffen deß Gebetts umb guͤrtet finden/ ziehen sie sich zuruck/ und flehen mit Schanden darvon. Hoͤre weiters/ mein Christlige Seel/ die grosse und heylsame Er- sprießligkeit deß Gebetts. Dieweilen die Tugenten und das Gebett mit- ein- Von dem Gebett. tinander sehr hart verbunden seynd (wie der fromme und erfahrene Alt-Vat- ter Isaac bey dem Cassiano meldet) so kan man darauß schliessen/ daß das Cassian. Coll. 9. c. 1. Gebett zu Erwerbung der noͤthigen Christlichen Tugenten ein Grosses bey- trage: dann gleich wie das Gebaͤu aller Tugenten zur Vollkommenheit deß Gebetts zielet; also muß selbiges auch durch die Krafft und Wirckung deß Gebetts in Esse gehalten werden. Derhalben titulirt der Gottselige Climacus das Gebett ein Mutter und Koͤnigin/ eine Speiß und Brunquell Grad. 28. der Tugenten/ eine Beytraͤgerin der Gnaden/ und schließlich/ einen unsicht- barlichen Fortgang. Wie wohl und recht aber dieser erfahrene geistliche Schuͤtz gezielet habe/ kanstu auß den Worten deines Heylands abnehmen/ mit denen er die H. Catharinam von Senis unterrichtet und sagt: Du Dial. c. 66. solst wissen/ mein geliebte Tochter/ daß ein Seel durch das demůtige/ beharliche und treuliche Gebett die Voll- kommenheit und alle Tugenten erreiche. 3. Zur Ubung dieses Gebetts ladet uns Christus abermal mit diesen hold- seligen Worten: Warlig/ warlig sag ich euch/ so ihr den Vat- Joan. 16. ter etwas bitten werdet in meinen Nahmen/ so wird ers euch geben. So ist dann nicht zu zweiflen/ daß wir durchs Gebett alles von GOtt erhalten moͤgen. Der nun aber das Widerspiel an sich erfahret/ der muß sich selbst die Schuld auffmessen/ dieweil er demselben seyn Begeh- ren/ oder durchs Gebett gar nicht/ oder doch nicht gebuͤhrend hat vor- getragen; zumalen GOTT nichts gibt/ dann auff vorhergehen- des Gebett/ wie Christus voͤlliglich mit außtruͤcklichen Worten sagt: Bittet/ so werdet ihr empfangen. Daß nun gleichwol viele durch Joan. 16. v. 24. oͤffteres Gebett nit erhort werden/ ist erstlich die Vrsach/ daß sie durch die Wolcken der Suͤnden/ dem Gebett den Zugang zum Himmel verhinde- ren/ in dem sie ihre mit dem Blut Christi beschmitzte Haͤnde zu GOtt erheben: Thren. 3. v. 440. und weilen ein solcher unangenehme Fuͤrsprcher zum Herrn gesand wird/ so wird/ wie der H. Gregorius sagt/ das Gemuͤth deß erzuͤrneten Gottes zu noch groͤsserem Zorn angereitzet: zumalen nichts unbilligers ungereimbters kan erdacht werden/ als eben daß wir von GOtt wollen erhoͤrt werden/ und wir hergegen nicht wollen hoͤren und folgen/ was GOtt uns befehlet. Dieses bekraͤfftiget der H. Vatter Augustinus und sagt: Besser gefaͤlt GOtt das Bellen der Hunde/ das Brůllen der Ochsen/ und Grun- tzen der Schwein/ als das Gesang der mutwilligen Geist- lichen. Und der Weyse Salomon lasset sich auch hoͤren mit dieser Stimm: Wer seine Ohren abwendet/ damit er das Gesetz nicht Prov. 23 v. 9. L l l 2 hoͤre Die Sieben und Dreyssigste Geistliche Lection hoͤre/ dessen Gebett wird ein Greuel seyn. Dieses alles be- 1547. Historia. kraͤfftiget die folgende Geschicht/ welche der glaubwuͤrdige Boverius erzeh- let/ daß nemblich der fromme Justinus, seeligen Andenckens/ ein Capueiner einsmals in einer Verzuckung zu einiger geistliehen GOttes-Haͤuser ge- langt seye/ denen der Capueiner Orden mißfielte. Jn dem selbiger Gott- seelige Vatter nun vermeinet/ er wuͤrde daselbst ein Englische Music zu hoͤren gewuͤrdiget werden; so ist ihm doch nichts anders/ als ein grausambes Bel- len der Hunden/ ein Ruͤchlen der Schwein/ ein Brullen der Ochsen/ und lau- ter Gott-laͤsterische Wort zu Ohren kommen. Uber solche ungeheure Metten hat sich der Geistreiche Mann entsetzt/ und zugleich von GOtt Fuß- faͤllig zu wissen begehrt/ was doch dieses bedeute. Deme danu zur Antwort gegeben worden; daß das Gebett der Geistlichen/ so da ein liederliches Leben fuͤhren/ ihre Reguln zu halten vernachlaͤssigen/ und andere im Guten ver- hindern/ nichts anders seye/ als nur Gotts-Laͤsterungen/ und Stimmen der wilden Thieren. Vermerckestu nun/ mein Christliche Seel/ die Ur- sach/ warumb der meiste Theil der Menschen von GOtt nicht erhoͤret wer- 9. v. 31. de? So sagt dann recht der H. Apostel und Evangelist Joannes: Wir wissen/ das GOtt die Sůnder nicht erhoͤret; sondern/ so jemand GOtt dienen und seinen Willen thut/ denselbigen 15. v. 9. erhoͤret er. Und an einem andern Ort sagt Christus: So ihr in mir bleibet und meine Wort bleiben in euch; so werdet ihr bitten/ was ihr wollet/ und es wird euch widerfahren. Wilstu nun von GOtt erhoͤrt werden/ so halte seine Gebott unstraͤfflich/ und meide die Suͤnd. 4. Die andere Vrsach/ daß viele nicht gehoͤrt werden/ ist diese; daß sie nemblich betten mit einem festen Vertrauen zu GOtt/ wie Christus sie Marc. 11. v. 24. gelehret hat: Alles was ihr bittet in eurem Gebett/ glaubet nur/ daß ihrs erlangen werdet/ so wirds euch widerfahren. Dahero entstehet die einhellige Lehr der Schrifft-Gelehrten/ daß die Erlan- gung der jenigen Sachen/ so der Mensch von Gott begehret/ nach dem Glau- ben desselben gemessen werde; wie der Koͤnigliche Prophet auch bettet/ Psal. 32. und sagt: HErr/ deine Barmhertzigkeit sey ůber uns/ wie wir unser Vertrauen auff dich gesetzt haben. Die dritte Vrsach ist; daß sie nicht verharrlich bitten; sonderen/ wann sie nicht alsbald Hom. 1. in Evang erhoͤret werden/ zu bitten auffhoͤren. Denen sagt der H. Gregorius; Gott will gebetten und genoͤthiget/ ja so gar wilt er durch Vn- gestůmmigkeit ůberwunden/ und zum Erhoͤren gezwun- gen Von dem Gebett. gen werden: derhalben wird dir gesagt: das Himmel-Reich Matth. 11 leidet Gewalt/ und die Gewalt ůben/ reissens zu sich. So seye dann im Gebett bestaͤndig/ seye ungestůmm/ und hůte dich/ daß du zu betten nicht ablassest. Wann der jenige/ den du bettest/ sich lasset angehen/ als wann er nicht hoͤre- te/ so seye du ein Raͤuber/ auff daß du das Himmel-Reich erwischest: brauche Gewalt/ daß du auch dem Himmel Ge- walt anthuest. Dieses ist ein gute Gewalt-That/ durch welche du GOtt nicht beley digest/ sondern versoͤhnest; dein Naͤchster wird dadurch nicht verletzet/ sondern ihm wird geholffen; die Sůnd wird nicht gemehret/ sondern gemin- dert. Jch sage abermahl/ daß diese ein gute Gewalt-Thaͤti- gung seye/ krafft deren der Mensch einen solchen Gewin nit suchet/ der da geschwind verderbet/ sondern die jenige Glůckseeligkeit/ so da waͤret in alle Ewigkeit. Diese guͤlde- ne Lehr hat obgemeldte H. Gregorius ohne allen Zweiffel auß den Wor- ten Christi geschoͤpfft/ da er sagt: Wann alsdann jener anhalten Luc. 11. 8. wůrde mit Anklopffen; so sag ich euch/ ob er wohl nicht auffstehen wird/ und ihm geben/ darumb/ daß er sein Freund ist; so wird er doch umb seiner Vngestůmmigkeit Willen auffstehen/ und geben ihm so viel/ als er vonnoͤ- then hat. So pflegt dann denen/ die im Gebett verharren/ zu wider- fahren/ was sich mit den jenigen zutraͤgt/ welche in ein finsteres Zimmer wollen hinein gehen: diese/ ob sie wohl zu Anfangs nichts sehen; so koͤnnen sie dannoch alles beschauen was darinnen ist/ wann sie in selbigem verhar- ren. Ebenselbiges mag hoffen der jenige/ so da im Gebett anfaͤnglich we- nig sehet/ und gleichwohl in selbigem verharret. Dahero sagt unser Hey- land zum andernmahl: Bittet/ so wird euch gegeben werden; Luc. 11. suchet so werdet ihr finden: klopffet an/ so wird euch auffgemacht werden. Dadiese Verheissung der gelehrte Cornelius Jansenius betrachtet/ sagt er/ daß durch diese drey Woͤrilein: Begehret/ Suchet/ und/ Klopffet an zumahlen eins bedeutet werde; und nur allein die Zusammen-Hauffung der Spruͤchen/ ein vertrauendes/ instaͤndi- ges und eiffriges Gebett erfordere: sintemahlen das Wort/ Begehren/ ein Vertrauen: das Suchen/ aber einen Fleiß; und das Anklopffen/ einen Eiffer und Bestaͤndigkeit im Gebett erfordert. L l l 5 5. Wie- Die Sieben und Dreyssigste Geistliche Lection 5. Wiewohl nun diese Verheissungen der ewigen Warheit sicher und ge- wiß seynd; so werden nichts desto weniger viele gefunden/ so hieruͤber einen Zweiffel schoͤpffen/ dieweilen sie oͤffters angeklopfft haben/ und doch nicht seynd erhoͤret worden: sie haben instaͤndiglich gebetten/ eifferig begehret/ und fleissig gesuchet/ und haben doch nichts gefunden/ und nichts bekommen. Da- hero geschichts/ daß das gefaste Vertrauen zu GOtt/ in derselben Hertzen allgemach nachgelasset/ und der Eiffer zu betten erkaͤltet. Solche aber Tom. 8. in Ps. 140. sollen hoͤren/ was der H. Vatter Augustinus sagt: Wann GOtt nicht gibt/ was der Mensch von ihm begehret/ so thut er daß derhalben/ damit ihm nicht hinderlich seye was er gibt. Dieses scheinet zwar ein seltzamber Spruch/ und verdunckelte Red zu seyn; ist aber nach der Richt-Schnur der unbetrieglichen Warheit gemessen. Offtmahl traͤgt sichs zu/ daß/ wie weniger wir von GOtt erhoͤret werden/ desto mehr erhoͤret werden: welches durch folgende Geschicht erklaͤret wird. 6. Ein Buͤrger und Kauff-Mann der Stadt Alexandria/ Nahmens Philochristus/ pflegte seine Schiff biß in Africam hinein zu schicken/ umb die/ der Orts erfindliche Waaren zu erkauffen/ und in Europam zubringen. Da selbiger nun einsmahls seinen eigenen Sohn und leiblichen Bruder zu obgedachtem End abgefertiget hatte; gehet er zu dem H. Joannes Eleemo- synarius, oder/ Außspender der Allmussen/ gibt demselben sieben und ein halb Pfundt Golds/ unter die Arme außzutheilen/ und begehret demuͤtiglich der heilige Mann wolle seinen Sohn und Bruder sambt allen anderen mit-schif- fenden durch seyn Gebett dem lieben GOtt befehlen. Der GOttseelige Joannes ermanglet seines Orts mit nichten sondern/ bettet fleissig; wird aber nicht erhoͤret. Der Sohn stirbt am Fieber/ das Schiff gehet mit allen Waaren zu Grund/ und werden nur die Menschen salviret. Der Kauffman wird entruͤstet/ betauret vor allen seinen eigenen Sohn/ und geduͤnckt ihm/ daß er das spendirte Gold gleichsamb umb- sonst habe angewendet: gebraucht sich aber der Fuͤrsichtigkeit/ daß er sich weder uͤber GOtt/ weder uͤber den H. Joannem beklage. Dieser H. Mann unterstehet sich den bteruͤbten Kauffman zu troͤsten/ aber umbsonst. Jn Ermanglung der menschlichen Huͤlff/ thut sich herfuͤr der Goͤttliche Trost; indem die folgende Nacht der hertzlich betruͤbte Kauff-Mann sihet/ daß ihm der H. Joannes zunahet/ und ihn mit diesen Worten anredet: Was bekuͤmmerestu du dich/ mein Bruder/ und warumb bistu so hertzlich betruͤbet? Hastu nicht von mir begehrt/ daß ich GOtt bitten solte/ damit dein Sohn beym Leben moͤgte erhalten werden Nun ist dein Sohn auß aller Gefahr errettet/ Von dem Gebett errettet/ und lebt in der Zahl der Ausserwaͤhlten GOttes in alle Ewigkeit. Glaube du mir sicherlich/ daß/ wann er laͤnger gelebt haͤtte/ seinem GOtt/ dir/ und sich selbsten waͤre ewiglich verlohren gangen. So viel dein Schiff angehet/ solstu wissen/ daß/ wann du mit so freygebiger All- mossen/ den gerechten GOtt nicht versoͤhnet haͤttest/ so wuͤrde selbiges mit allen dar in befindlichen Menschen und deinem Bruder in den Abgrund deß Meers versuncken seyen. Nun hastu noch deinen Bruder erhalten. Derhalben stehe auff/ und dancke dem lieben GOtt fuͤr die grosse Gluͤcksee- ligkeit deines Sohns/ und wunderbarliche Errettung deines Bruders. Da der obgemelte Philochristus nach diesem Gesicht erwachet/ eilet er als- bald zum H. Joannes/ fallet demselben zu Fuͤssen/ und erzehlet ihm/ was er gesehenund gehoͤrt habe. Auß dieser warhafftigen Histori lehrnen wir/ daß die Barmhertzigkeit GOttes sehr groß seye; in dem selbiger unser Gebett offt nicht erhoͤrt zum Vergnuͤgen; aber wohl zu unserm Heyl/ wie der H. Jsido- rus meldet; da er auch in folgendem Zeilen seine Meinung weiters erklaͤret und sagt: Viele bettende werden nicht erhoͤrt/ dieweilen GOtt ihnen ein besseres fuͤr selbige vorbehaltet/ als sie begehren; wie wir an den kleinen Kin- deren sehen/ die da G Ott betten/ auff daß sie in der Schulen nicht gezuͤchti- get werden. Solches G ebett aber wird nicht erhoͤrt/ dieweilen durch sotha- ne Erhoͤrung/ der noͤthige Fortgang im Guten/ verhindert wird. 7. Weiters glaube/ mein Christliche Seel/ dem H. Vatter Augustino/ welcher dich versicheren will/ daß/ wann du recht gebetten hast/ und dannoch langsamb erhoͤret werdest; dein G ebett dem lieben G Ott gefaͤllig seye/ und er dir dein Begehren nicht abschlagen werde: und wird dir nachmalen die er- haltene Sach desto lieber und angenehmer seyn/ wie laͤnger du im Verlangen derselben verharret bist: dann was man leiehtlich erlanget/ wird gemeinnig- lich nicht hoch geschaͤtzet. Bitte/ suche/ halte an; mit bitten und gelten wirstu dich deines Verlangens faͤhig machen. G Ott behaltet dir auff/ und will dir nicht zu geschwind geben/ auff das du lehrnest/ grosse Ding mit meh- rerem Eiffer zu begehren. Kein Baum kombt eben gleich nach seiner Pflantzung zur gewuͤnschter Vollkommenheit/ und tragt Fruͤchten in selbi- gem Augenblick; also ist kein Gebett vergeblich/ dieweilen es nicht alsbald fruchtbar ist. Dieß hat dir GOtt vor einigen tausend Jahren durch die Taub/ so auß der Arcken Noë gelassen worden/ schon vorbedeutet; in dem selbige den ersten Tag leer/ den achten aber mit einem Oelzweig im Mund ist widerkom̃en: G leicher massen/ wan schon das Gebett auß deinem Herrtzen ist Auß- Die Sieben und Dreissigste Geistliche Lection außgelassen worden/ und du zum ersten und andernmahl nicht erhoͤret wer- dest; so wird doch dein Gebett zu seiner Zeit gewuͤnschte Fruͤchten/ und dir den Oel-Zweig der Goͤttlichen Barmhertzigkeit mit sich bringen. So schaffe dann hinweg die Wolcken der Suͤnden/ und verharremit einer kind- lichen Zuversicht im Gebett/ wann du von deinem GOtt wilst erhoͤret werden. Der Andere Theil. 8. N Eben andern Nothwendigkeiten wird auch erfordert/ daß dein Gebett nicht williglich verstreuet seye: dann gleich wie die/ so bey grossen Herrn Audientz haben/ ihre Diener draussen lassen; also mussen die jenige/ welche vermittelst deß Gebetts ihrem GOTT sich naͤhern/ die Creaturen und irrdischen Geschoͤpffen (so dem Menschen zum Dienst gegeben seynd) ausser dem Zimmer oder Tempel deß Hertzens lassen. Der aber diesem Rath nicht nachlebet/ der wird sich ehender den Haaß als die Gunst deß himmlischen Koͤnigs auff den Halß laden/ nach Zeugnuß deß Heil. Chrysostomi/ der also spricht: Wann dir ein bittender zu deinen Knien niederfallete/ und selbige mit seinen unflaͤtigen Haͤnden/ die er eben vorhero im Koth herumb geschlagen/ angriffe; den wuͤrdest du nicht allein nicht erhoͤren; sondern auch darzu mit Fuͤssen von dir stossen. Al- so erhoͤret GOtt das Gebett nicht/ welches mit unsauberem Hertzen ver- gossen wird. Dahero ist dem H. Bernardo widerfahren/ daß er bey den ordinarien Nachts-Gezeiten einsmals gesehen/ wie die Engelen GOttes das Gebett eines jeden von seinen Geistlichen auffgezeichnet haben. Deren Gebett/ so da mit einem Christlichen Eyffer gebettet haben/ ist mit guͤldenen Buchstaben: deren/ die nicht also inbruͤnstig gebettet haben/ als die vorige; ist mit silbernen: deren/ so gutes Willens/ und dennoch im Gebett verstreu- et gewesen; ist mit Dinten; der jenigen Gebett aber/ welche oder mit einer Todt-Suͤnd beschmitzet/ oder williglich in selbigem verstreuet gewesen/ ist nicht verzeichnet worden. 9. Jch muß aber gestehen/ daß ein langwiriges Gebett ohne einige Zersprei- tung deß Gemuͤts zu verrichten/ ein rares und sehr muͤhsames Werck seye: derhalben hat der Gottseelige Alt-Vatter Agathon/ da er gefragt wurde/ zu welcher Tugend die meiste Arbeit erfordert werde/ recht und wohl geant- wortet/ daß keine Muͤhe mit der jenigen koͤnne verglichen werden/ die man im Gebett anwendet: sintemahlen in den Ubungen aller Tugenden/ sagt er/ noch Von dem Gebett noch bißweilen einige Ruhe gefunden wird; im Betten aber niemahlen: wir muͤssen biß zum letzten Athem betten; dieweilen durch selbiges unsere aͤrgste Feind muͤssen erlegt werden; derhalben suchen sie mit so grossem Ernst un- ser Gebett zu verstoͤren/ und alle unsere Auffmercksambkeit und Andacht in selbigem zu verhindern. Aber/ O GOtt! wer ist der/ dessen Gemuͤth zu Zeiten im Gebett nicht verstreuet wird? Der H. Vatter Franciscus straffe- te an sich die Verspreitungen der Gedancken im Gebett/ als ein grobe Suͤnd/ und pflegte selbige alsbald zu beichten. Da er nun einsmals die Tertz bette- te/ faͤlt ihm das Faͤßlein/ so er eben vorhin gemacht haͤtte/ in die Gedancken: dieses ergreifft er nach verrichtetem Gebett/ wirffs ins Feuer/ und sagt: siehe ich opffere dich dem jenigen auff/ dessen Opffer du verhindert hast Der H. Stephanus ein Cistertzienser Abt pflegte seinen Gedancken im Eingang zur Kirchen zu sagen: ihr meine Gedancken/ bleibt allhier biß ich wiederumb zuruͤck komme/ alsdann meldet euch wiederumb an/ wanns noͤthig ist. So ist dann dieses eine Kunst der Kuͤnsten/ daß der Mensch sei- ne gute Gedancken im Gebett also zu GOtt hefften koͤnne/ daß sie nicht biß- weilen gestohlener Weiß auß dem Gemuͤth deß Bettenden sich entziehen. Jn dieser unser Unbestaͤndigkeit und Armseeligkeit troͤstet uns der Geistreiche Climaeus mit diesen Worten: Wann du bettest/ und alsdann Grad. 4. der Feind gar glimpfflich hinein wischet/ und dir die Jn- tention deines Gemůts heimlich wie ein Dieb entfrembdet/ so verzage doch nicht/ wofern du dich immer befleissest/ die schlifferige Gedancken wiederumb zum Stand zu bringen: dann dieses ist den Engeln GOttes allein gegeben/ daß sie von dergleichen Dieben befreyet seynd. 10. Dieweilen nun diesem also: als haben die H. H. Alt-Vaͤtter fuͤr rathsamb befunden/ daß man furtze/ aber oͤfftere Gebett verrichte; wie der H. Vatter Augustinus bezeugt und sagt: Unsere Bruͤder in Æ gypten haben zwarn oͤfftere/ aber sehr kurtze/ und/ wie man sie nennet/ Schuß-Gebett; da- mit die Jntention oder Meinung/ so da mit schuldiger Wachtsambkeit ist angefangen worden/ und dem bettenden hochnoͤthig ist/ in dem langwirigen Gebett nicht verschwinde und gehemmet werde. Diese Manier zu betten Pallad. kombt von Unterrichtung deß Engels her/ welcher dem H. Pachomio zwoͤlff mahl im Tag zu betten gerathet hat: und in dem sich der H. Mann uͤber die all- zugeringe Zahl deß Gebetts beklagt; hat ihm der Engel geantwortet/ daß er di- serthalbẽ so weniges Gebett verordnet habe/ damit die anfangende desto besser und leichter in vollziehung ihrer Reguln sich uͤbẽ moͤgtẽ; zumalẽ die Vollfm̃ne M m m keiner Die Sieben und Dreissigste Geistliche Lection keiner Vorschreibung noͤtig haͤtten/ in dem sie durch Betrachtungen in den Cellen ihr gantzes Leben zubringen koͤnten. Auch befilcht der H. Vatter Benedietus in seinen Regulen/ daß das Gebett der Bruͤder kurtz und rein seye; dieweilen nach Zeugnuß deß heiligen Romualdi, eineintziger Psalm/ so von Hertzen gesprochen wird/ besser ist/ als hundert/ welche mit V er- streuung deß Gemuͤts gebetten werden. Mann soll sich/ sagt der heilige Macarius/ im Betten nicht vieler Wort gebrauchen/ sondern die Haͤnd oͤffters zu GOtt erheben und sagen: HErr/ wie du wilst/ so geschehe es. Der heilige Seraphische Franciscus verrichtete Tag und Nacht nur dieses S. Bona v. in Vit. kurtze Gebettlein. Mein GOtt uns alles: und wurde in kurtzem hier- auß also in der liebe GOttes entzuͤndet/ daß er vielmahlen von der Erden er- hebt/ und mit einem hellscheinenden Woͤlcklein umbgeben/ ist gesehen worden. 11. Jm uͤbrigen/ weilen unserm hoͤllischen. Widersager die Fuͤrtrefflich- keit deß andaͤchtigen und aufmercksamen Gebetts wohl bewust ist; so bemuͤhet er sich auß allen Kraͤfften/ dasselbige nicht allein verstreuet/ sondern auch traͤg und schlaͤffrich zu machen/ oder auffs wenigst zu verstoͤren daheropfleg- ten wir Schertz-Weiß zu sagen von dem wir uͤbel wollen: er ist mir so lieb/ Historia. Specul. Exemp. wie dem Teuffel das Gebett: und fuͤrwahr/ wie sehr er selbiges hasse/ hat er damahls gnugsamb zu erkennen gegeben/ da er einem sicheren Soldaten in menschlicher Gestalt lang gedienet/ und zur Belohnung seiner treu ge- leisteten Diensten nichts anders begehrt hat/ als daß selbiger in eine gewisse Kirch eine Glock verschafften solte/ damit die Leuthfortan nicht mehr vor der bestimbten Zeit zur Kirchen kommen/ und also mehr betten moͤgten. Wie haben diese Heuchlen und verschmitzte Gesellen sich nicht bemuͤhet/ den heili- gen Hilarionem im Gebett zu verhindern? Sie giengen in Gegenwart deß bettenden Einsidlers mit dem Degen in der Faust auffeinander loß; daß al- so einer von ihnen gleichsamb erstochen/ vor den Fuͤssen deß H. Manns zu Boden fiele/ und denselben umb seinen todten Leib zu begraben ersuchete. Da der heilige Pachomius einsmals bettete/ kamen der Teuffelen viele in Menschen Gestalt vor selbigem beysammen; und damit sie durch ihre laͤcher- liche Anschlaͤge den frommen; Diener GOttes im Gebett beunruͤhigten/ und zumlachen bewegeten; namen sie ein Blat vom Baum/ bunden selbiges mit starcken Seylern/ theileten sich in zwey Ordnungen/ zogen dem Ansehen nach/ mit so grosser Gewalt/ und trieben sich einander mit solchem Ruffen und Schreyen an/ daß man solte vermeinet haben/ sie haͤtten einen gantzen Berg von dannen zu ziehen. Und dieses geschahe alles/ umb den frommen Pachomium im Gebett zu verhindern; so liebet der Teuffel das Gebett. Bru- Von dem Gebett. Bruder Vitus Hyrmiensis ein vollkommener Mann/ der Capueiner Ley- Pouer. An. 1282. Historia. Bruder/ da er im Agriciensischen Kloster mit den Novitzen in der Kirchen bettet/ siehet er den Teuffel mit Baͤncklein und Kuͤssen beladen/ durch die Kirchen gehen; und da er selbigen fragt/ wo er hin wolle/ bekombt er diese Antwort: Jch hab/ sagt der Satahn/ ein Mitleyden mit den Novitzen/ indem ich sehe/ daß sie gantz ermuͤdet zum Gebett kommen/ und suchen Stuͤhl zum sitzen/ und Kuͤßlein umb die Armben darauff zu lehnen; derhalben hab ich diese Nothdurfft herbeygeschafft/ damit sie desto gemaͤchlicher betten koͤn- nen. Es war ihm aber nicht zu thun/ umb das Gebett zu befoͤrdern; sondern umb selbiges an dem Gottseeligen Bruder Vito zu verstreuen und zu verhin- dern. 12. Damit nun auch/ mein Christliche Seel/ in Erfahrung kommest/ wie die boͤse Geister uͤber unsere Traͤgheit im Gebett/ sich erfreuen und fro- locken; so hoͤre was folget. Es ware/ sagt Bovetius, bey den Capucinern An. 1539. Historia. der Brauch/ daß sie nach der Metten im Winter zwey Stund lang in heili- gen Betrachtungen zubrachten. Nun hat sichs im Kloster zu Bergomi zugetragen/ daß zu selbiger Zeit einsmahls auß Beschwaͤrnuß deß langwiri- gen Gebetts alle/ einen außgenommen/ in Schlaff gefallen: und weilen das Licht erloschen gewesen/ ist ein jeder auß ihnen desto fuͤglicher und ruͤhiger in sothaner Nachlaͤssigkeit verharret: der jenige aber/ so gewachet/ hat in dieser Finsternuß gesehen/ daß ein abscheulicher Mohr mit Hurtigkeit und Freude zur Kirchen hineingesprungen/ daselbsten getantzet/ die Trummen gantz still geschlagen/ und andere seine hinzu kommende Mit-Gesellen mit grossem Gautzen und Frolocken zum Tantz gefuͤhret; auch hat er wargenommen/ wie daß sie sich allgemach zu den Schlaffenden genahet/ dieselbe gar sanfft- lich gestrichen/ villeicht darumb/ daß sie desto faster und laͤnger schlaffen sol- ten. Uber diese seltzame Bossen hat sich der wachende Geistliche verwun- dert; derhalben er sein Feuer-Zeug hervor gezogen/ Licht geschlagen/ und gesehen/ daß alle geschlaffen haben; die er dann erwecket/ und durch Erzeh- lung deß froͤligen Jubiliren der hoͤllischen Feinde zum Wachen und Betten erwahnet hat. 13. Diese arglistige Voͤgel haben viele artige und verborgene Kuͤnsten/ die Geistliche zu betriegen: bald wissen sie einen vom Dienst GOttes auff diese/ bald auff ein andere Weiß abzuhalten: bald finden sie diese/ bald jene Mittel/ auch die eifferigste Geistliche unter waͤrendem Gebett schlaͤfferich zu machen: und/ mit wenig Worten zu sagen: Es seynd zum Betrug deß armen Menschen/ sehr verschlagene Gesellen: deren einer kombt zu sicherer M m m 2 Zeit Die Sieben und Dreyssigste Geistliche Lection Rufl. L. 1. v. P. P. c. 29. Historia. Zeit zum heiligen Macarius in Gestalt eines Geistlichen und sagt: stehe auff Macari/ laß uns zum Nachts-Gebett hingehen. Diesem antwor- tet der heilige Mann/ und sagt: O du Luͤgner und Haupt-Feind aller War- heit/ was hastu mit dem Gebett und mit der Versamblung der Heiligen zu schaffen? Der Teuffel aber/ da er vermerckt/ daß er verrathen seye/ sagte zum H. Einsidler: weistu dann nicht/ daß ohne uns kein Gebett verrichtet werde? komme zur Kirchen/ so wirstu es sehen. Der fromme Macarius ant- wortet abermahl und spricht: Der HErr gebiete dir. Hernach be- gibt er sich ins Gebett/ und begehret von GOtt/ er moͤgt ihm doch die War- heit zu erkennen geben. Da er nun zur Kirchen kombt/ sicht er die Teuffel in Gestalt vieler kleinen Mohren durch die Kirch hin- und her fliegen. Die- weilen nun/ nach dem Gebrauch deren Geistlichen einer unter ihnen den Psalm leset/ die andere aber sitzend zuhoͤren oder auch antworten: seynd die- se schwartze Maͤnnlein mit grosser Sorgfalt beschaͤfftigt/ wie sie einen und andern zur Nachlaͤssigkeit bringen moͤgen: spielen derhalben vor ihnen her/ erkuͤhnen sich auch einige mit ihren Fingerlein auff die Augen zu trucken; und diese schlieffen alsbald ein: wann sie einem dieselbe ins Maul steckten fin- ge er an zu geynen oder zu gapffen. Da sich nun die Geistliche nach angehoͤrten Psalmen auff die Erden zum betten niedergeworffen; seynd sie gleichwohl uͤber alle her gelauffen/ und haben bald diesem die Gestalt eines Weibs-Bild; bald jenem einige/ so mit unterschiedlichen Geschaͤfften und Arbeiten sich bemuͤheten/ vorgestelt. Was aber diese Teuffel damahlen vor eusserliche Gestalten gezeigt haben/ daß ist den Bettenden alles unterm Gebett in ihre Gedancken kommen/ wie sie nachmahlen saͤmbtlich bekennet haben. Von einigen seynd diese Schwartz-Kuͤnstler gleich zum Anfang ihrer Heuchlerey dermassen vertrieben worden/ daß sie vor selbigem auch nicht stehen/ weder bey ihnen vorbey gehen koͤnnen. Andern schwachen Bruͤ- dern haben sie so gar auffm Puckel gedantzet/ dieweiln sie im Gebett zu mah- len verstreuet gewesen. 14. Neben diesem ist auch gewiß/ daß der Haubt-Feind deß Gebetts sich auch erfreuet/ wann die Geistliche in ihren heiligen Aembtern in der Kirchen nicht gern lang stand halten/ sondern vor dem Beschluß deß GOttes-Dienst sich absent machen: hierzu hilfft er meisterlich/ dieweilen er weiß/ daß wahr ist/ was der H. Basilius sagt: niemahlen soll ein Geistlieher vor dem End deß Gebetts oder GOttes-Dienst abweichen/ sondern soll gedencken/ daß ihm ein solcher Abtritt ohne billige Ursach/ viel schade: dann gleich wie keiner leichtlich vom Tisch auffstehet/ ehe er das Fleisch gesaͤtti- get hat/ also soll auch ein jeder die Nahrung der Seelen biß zum Von dem Gebett. zum End vollkommentlich zu sich nehmen. Es widerfahret aber leyder GOttes manchem/ was sich mit jenem Carteuser zu Londen hat zugetragen/ daß ihnen nemblich der saͤmbtliche GOttes-Dienst zu schwaͤhr fallet/ und die Gezeiten zu langsamb gesungen werden; derhalben sich offt- mahlen deß Chors entziehen/ und bald unter diesem/ bald unter jenem Prætext gar zu viel halten auff Lob-Gesang/ Te Lucis ante Terminum. Wann nun solche mit obgedachtem Carteuser/ Nahmens Georgio alle von GOtt gleichmaͤssig solten gezuchtiget werden; so wuͤrde man den meisten Theil der Cloͤster mit nicht wenig verzweifflenden Narren erfuͤllet sehen. Dieser gute Georgius pflechte auß einem Verdruß deß langwirigen GOttes- Historia. Dienst/ auß dẽ Chor hinauß/ ins Capitul Hauß/ oder anderwerts hin zu gehen: nun tragt sichs endlich zu/ daß/ indem er vorm Schluß der Vesper nach ge- woͤhnlichem Brauch auß dẽ Chor zum Capitel-Hauß eintrettet/ die Bildnus deß am Creutz/ und zum Eingang deß Capitels hangenden Jesu dem verdrieß- lichen Muͤnchen das Angesicht ab/ und an stat dessen den Ruͤcken wendet; in selbigem Augenblick wird er gantz naͤrrisch/ fallet auch zu gleich in eine Verzweiflung/ in welcher er ein gantzes Jahrlang verbleibet/ biß er durch das Gebett seiner Mit-Bruͤder vonsothaner doppelten Straff befreyet/ und den Anfang seines solchen ellenden Stands zu erzehlen bestand wird. Die- weilen aber auff solche Warnungen nicht allein keine Besserung folget; sonderen die Boͤßheit bey diesem G eistlichen die oberhand nimbt; als wird er endlich durch das algemeine Capitul deß Ordens verwiesen/ und dezeuget mit seinem Exempel/ welcher Straff sich die Geistliche unterwerffen/ so da auß einem Verdruß dem GOttes-Dienst sich zu entziehen/ G ewonheit machen. Gleich wie nun der jenige fuͤr einen unverschaͤmbten Menschen zu halten ist/ welcher das angefaugene Gespraͤch mit seinem GOtt und Herren frevent- lich zertrennet; also kan selbiger die Persohn deß Verraͤthers Judæ, so da vom Nachtmahl deß Herren zeitlicher ist auffgestanden und darvon gangen/ am besten vertretten. 15. Wohl und abermahl wohl hat dan der H. Pachomius in seiner Regul verordnet/ daß keiner ohne Erlaubnuß auß dem Chor gehe. Dieweilen aber die Oberen von diesem Gesetz befreyet seynd/ in dem sie von keinem Crlaubnuß begehren moͤgen; geschichts wohl/ daß selbige nach ihrem belie- ben zum GOttes-Dienst ab und zugehen: deren Urtheil bey der Goͤtt- lichen Rechnungs-Cammer sich dermahlen eins finden wird; wie auß folgen- der Histori zu sehen ist. Cosmas à S. Martino ist gewesen ein Novitzen- Bouet. 1592. Meister bey den Capucineren; nachdem er gestorben/ ist er dem P. Vincentio M m m 3 An- Die Sieben und Dreyssigste Geistliche Lection Andriensi erscheinen/ und da er von selbigem uͤber seinen damaligen Zustand befragt worden/ hat er geantwortet: Wegen einiger laͤßlichen Suͤnden werd ich un Feg-Fewer auffgehalten; deren die groͤste von GOtt geurtheilt worden/ daß ich nemoͤlich bißweilen in waͤrenden Gezeiten auß dem Chor bin gangen/ damit ich die Werck der arbeiten Novitzen beschawen moͤgte. Sokan dich dann/ mein Christliche Seel/ auch einer dem Anschen nach/ guter Præ t ext, nicht entschuͤldigen/ daß du dich dem gemeinen GOttes- Dienst entzichest. Gleich wie nun GOtt an denen ein Mißfallen hat/ welche das Ende seines Lobs nicht erwarten wollen: also hat die Goͤttliche Majestet ein sonderbares Vergnuͤgen an den jenigen/ so da bist zum Be- schluß der H. H. Aembter immer fleissig verharren; wie der H. Dorotheus S. Do- roth. Doct. 11. von dem H. Dioratico bezeugt/ daß er nemblich durch sonderbare Gnad GOttes bey naͤchtlicher Weylgesehen habe/ daß zum Anfang der Psalmen/ ein uͤberauß statlich gekleideter Engel auß der Sacristey herauß kommen/ und habe alle gegenwaͤrtige Geistliche/ wie auch nicht weniger die leere Stuͤhl deren/ so auß billigen Ursachen abwesend waren/ un Vorbeygehen gesegnet; der jenigen Stuͤhl aber/ die auß Faulheit nicht zugegen waren/ hat er nicht gesegnet. Wie aber dem/ den der Herr nit segnet. Wann nun der H. Bischoff Sur. in Vit. Anno von GOtt ist gezuͤchtiget worden/ daß er einen Diacon/ so mit ihm ein gantzes Jahr die Gezeiten gelesen/ und auß Gewohnheit/ in dem Gloria Patri \& Filio \& Spiritui Sancto, das Woͤrtlein ( \& Filio ) allzeit außgelassen/ hieuͤber nit ermahnet habe; wie sehr werden sich dann der Zuͤchtigung GOttes nicht zu foͤrchten haben die jenige/ welche den boͤsen und schaͤdlichen Geist der der Traͤg- und Nachlaͤssigkeit auß dem Hertzen deren ihnen Anbefohlenen zu verdreiben sich nicht eusserst bemuͤhen? und wann der H. Bischoff/ so da den Fehler deß gemelten Diaconi nicht vermerckt/ gleichwol dieserthalben der Ruhten GOttes sich hat biegen muͤssen; was vermeinstu/ mein Christliche Seel/ daß dem stammelenden Diacono widerfahren seye/ in dem GOtt durch den Propheten Jeremiam die jenige verfluchet/ die seyn Werck mit 48. 10. Betrug verrichten? Seye derhalben im Dienst deines Herren eifferich; trachte vor allen der erste zu seyn; rede mit der Goͤttlichen Majestaͤt/ du ver- wuͤrffliche Creatur/ mit keinen gebrochenen/ eilenden und unbedachtsamen Worten; und thue dich auch durch keine vorfallende Nothwendigkeit von dem Lob GOttes entziehen. 16. Ein solche Beschaffenheit hats mit dem allgemeinen Dienst Gottes/ und muͤndlichem Gebett. Dieweilen nun auch daß innerliche Gebett/ nach Zeugnuß der H. Mutter Theresiaͤ/ alle Tugenten/ so der Mensch oder wuͤrck- lich Von dem Gebett. lich erworben hat/ oder zu erwerben trachtet/ ein Anfang ist: und in selbigem In Itin. Perf. c . 28 das Leben aller Christ Glaubigen bestehet und dessen Ubung so kraͤfftig ist/ daß nach Meinung deß H. Jgnatii Lojola/ auch em̃ eintziges Viertel-Stund/ so in derselben recht und wohl wird angewendet/ den Menschen in kurtzer Zeit zur hoͤchsten Staffel der Vollkommenheit zu erheben bestand seye; der- halben hat der sehr gelehrte und Geistreiche Vatter Franciscus Suarez die- se Ubung deß innerlichen Gebetts so hoch geachtet; daß er gern bekennet; er wolle lieber alle seine Wissenschafft auff einmahl verlichren/ als ein eintziges Stuͤndlera der gewoͤnlichen Betrachtung/ oder innerlichen Gebetts unter- lassen: zumahlen durch keine Sach das menschliche Hertz besser in der Liebe Gottes mag entzuͤndet werden/ als durch ein auffmercksame Betrachtung; wie der Koͤnigliche Prophet selbst eefahren/ und derhalben also spricht: Ps. 38. v. 4 Mein Hertz ist entbrandt in mir/ und in meiner Betrach- tung ist ein Feuer angangen. Dann gleich wie auß einem Feuer- Stein/ wann er auff Stahel geschlagen wird/ die Funcken haͤuffig her- vorspringen: also/ sagt der H. Cyrillus/ wird das Feuer der Liebe Gottes/ und die Begierd der Vollkommenheit in uns entzuͤndet; wann nemblich das Hertz krafft deß innerlichen Gebetts und Betrachtung geruͤhret wird. Auch beschreibt der H. Bernardus die herrliche Wirckungen der Betrach- tung mit diesen Worten: Diese Betrachtung reiniget das L. 1. de Consid. c. 7. Hertz/ in welchem sie entstehet/ sie beherschet die Nei- gungen/ regieret die Wirckungen/ bessert die Fehler/ richtet ein die Sitten/ macht den Handel und Wandel deß Menschen ehrbarlich; sie verordnet das jenige/ was ins kůnfftig zu thuen und zu lassen ist; und endlich ůberlegt und idriget sie die begangene Thaten/ damit im Hertzen nichts verbleibe/ daß nicht gebessert ist/ oder die Besserung vonnoͤthen habe. Diese ist die jenige/ so da im Stand der Glůckseeligkeit die kůnfftige Widerwaͤrtig- keit von weitem anschauet/ und zu selbiger sich be- reitet: hergegen aber im Stand der Widerwaͤrtikeit/ gleichsamb unempfindlich und unbeweglich ist. Mit dieser Meinung stimmen ein die Wort deß S. Laurenti Justiniani: un- de Casto connub. c. 22. ter allen Mitteln seine Seel im Zaum zu halten/ und GOtt zugefallen/ ist daß beste und bequemlichste/ ein auffmercksame Betrachtung im innerlichen Ge- bett: dieweilen durch selbige das Hertz von den eusserlichen Dingen abge- wendet/ und zu ihm wider zukehren gezwungen wird. Dise Betrachtung ist ein Zucht Die Sieben und Dreyssigste Geistliche Lection Zucht der Seelen/ ein geistlicher Lehr-Meister/ ein Richt-Schnur deß Gebetts/ ein unterrichtung der Anfangenden/ und eine fuͤrsichtige Beher- scherin der innerlichen Jntention oder Meinung. Auß steter Ubung dersel- ben wird das Hertz deß Menschen befestiget/ die Gedancken werden gereini- get/ die Einsambkeit gibt einen guten Geschmack/ und der Mensch empfin- det ein sonderbahres Wolgefallen an seinem GOtt/ der Verstand wird ge- schaͤrffet/ die Sinnen werden gesaubert und keusch gemacht/ die Vernunfft wird erleuchtet/ das nichtswertige Geschwaͤtz wird eingestelt/ und das Ge- muͤth haͤncket sich nur an Goͤttliche Dinge. Diese Betrachtung ist ein geistli- che Thuͤr deß Gebetts/ krafft derẽ das Wort von den eingehenden erkeñet/ und mit reinen Haͤnden geehret wird. So lang du/ sagt der obgem. Laurentius weiters das innerliche Gebett in Warheit besitzest/ must du mit selbigem wie mit deinem Aug-Apffel behutsamb umbgehen/ und gleich einem anvertrauten geistlichen Schatz bewahren. So noͤthig/ so nuͤtzlich und fruchtbarlich ist die Ubung deß innerlichen Gebetts/ ohne welches allein sich keiner einbilde/ daß er ein guter Geistlicher werden koͤnne; dahero befehlen die Regulen deß Heil. Augustiner Ordens und anderer Geistlichen/ daß sich ein jeder taͤglich auffs wenigst zweymahl eine Stund lang deß innerlichen Gebetts gebrauche. We- he aber denen/ so diese Englische Ubung auß Traͤgheit unterlassen. Befleisse du dich/ mein Christliche Seel/ dieses Gebetts; und wann dich GOtt durch oͤfftere Enziehung der gewoͤnlichen Suͤssigkeit in selbigem Gebett schon un- freundlich ansicht; so unterlasse du solches doch nicht; sondern gedencke/ daß es GOtt zu Zeiten mache mit seinen Dienern/ wie es der fromme Patriarch Joseph gemacht hat mit seinen Bruͤdern: welche selbiger zwarn scharff an- geredet; unterdessen aber ihre Sãcke mit Getraid und Geld anfuͤllen lassen. Damit du dir nur in dieser Ubungselbst helffen koͤnnest/ so will ich dir eine kurtze Weiß und Manier zu betrachten/ nach meiner Einfalt so deutlich als moͤglich ist/ anbeyfuͤgen/ deren fleissiger Ubung dich niemahlen reuen wird/ sondern wirst mit der Gnade GOttes/ in aller zufriedenheit erfahren/ wie suͤß und annehmlich es seye/ Gott von Hertzen dienen; und in grosser Freude Ps. 30. 20. und Frolocken mit dem frommen David uͤberlaut ruffen: Wie groß und vielfaͤltig ist deine Sůssigkeit/ O Herr/ welche du verborgen hast den jenigen/ die dich foͤrchten. Ein Von Vbung deß innerlichen Gebetts. Ein sehr nuͤtzlicher Vnterricht umb daß innerli- liche Gebett ordentlich und wohl zu uͤben. D As innerliche Gebett ist zweyfachig; das eine Beweglich/ das andere Verstaͤndlich. Das Bewegliche bestehet darinn/ daß der Bettende/ nach vorhergehender Begreiffung der Goͤttli- then Dinge/ seine gute Neigungen erwecke. Das verstaͤndliche Ge- bett ist eine Erhebung deß Gemuͤts zu Gott/ so da vermittelst der vernuͤnfft- lichen Wirckungen vorgenommen wird. Dieses verstaͤndliche Ge- bett wird vertheilt in das Gedencken/ in die Betrachtung/ und in die Beschauung. Das Gedencken ist eine unvorsichtliche Erwe- gung GOttes/ oder deren Dingen/ so demselben angehoͤrig seynd. Die Betrachtung ist ein auffmercksame Erwegung/ welche nicht eilfertig/ sondern allgemach die Natur/ die Eigenschafften und W uͤrckungen eines jeden Dings nuͤtzlich erforschet/ auff daß sie Gott ihre/ den Affect oder gute Neigung bewege/ reine und inbruͤnstige Gebett/ sambt Besserung deß Le- bens hervorbringe. Die Beschauung ist eine auffrichtige Einsehung GOttes und der Goͤttlichen Dingen/ welche sprachloß ist/ und die Liebe GOttes ins Hertz der Menschen einfuͤhret. Die Materi/ oder Sach/ woruͤber man seine Betrachtung halten will/ ist ebenfals dreyfachig den dreyen Wegen oder Staͤnden deß Menschen gemaͤß außgetheilet: als da ist der erste der Stand der Keinigung oder Saͤuberung; der andere der Erleuchtung; und der dritte der Vereinigung; So lang nun der Mensch noch wanderet auff dem Weeg der Saͤuberung oder Keinigung/ soll er immer seine Betrach- tungen anstellen von den Suͤnden/ von der Versuchung/ von der mensch- lichen Armseeligkeit/ von den vier letzten/ und andern dergleichen Dingen/ dadurch er zur wahren Reu und Leyd beweget werde. Jst er nun durch die Gnad GOttes von diesem Weeg zum Weeg der Erleuchtung ge- schritten/ so soll die Materi seiner Betrachtung seyn/ das Leben Christi o- der dessen Heiligen; die Regul deß Ordens/ wie nicht wenig die Mitteln/ krafft deren er in seinem guten Vorhaben zunehmen moͤge/ und andere. Endlich auffm Weeg oder im Stand der Vereinigung/ soll seyn die Sach oder Materi/ daruͤber die Betrachtung gehalten wird; die Goͤttliche N n n Eigen- Vonder nuͤtzlichen Vbung Eigenschafften; die Wohlthaten/ so dem Menschen von GOtt gegeben und versprochen worden; und das glorwuͤrdige Leben unsers Heylands und See- ligmachers. Uber dieses alles wird nun erfordert/ was oben gemeldet wor- den; daß nemblich die Betrachtung in grosser Auffmercksamkeit/ und wah- rem auffrichtigem Eiffer/ die Vollkommenheit zu erlangen/ muͤsse gehal- ten werden. Bon dem fernen und nahen Bereiten zur Betrachtung. Die ferne Bereitung bestehet sonderlich in dreyen Stuͤcken. Erst- lich/ daß man das jenige/ was einer fruchtbaren Betrachtung hin- derlich seyn kan/ auß dem Weeg schaffe/ nemblich diese vier Theil/ nach dem Rath deß heiligen Bernardi: Ein nagendes Gewissen/ die stechende Sorgen/ frembde Geschaͤfften/ und ver- In Cant. Serm. 23. streute Gedancken. Das nagende Gewissen muß gesaͤubert werden durch oͤfftere Erforschung/ durch widerholte Reu und Leyd/ durch eine rechtschaffene Beicht/ und steiffen Fuͤrsatz/ alle Gele- genheiten zur Suͤnde zu meiden. Die stechende Sorgen/ so da auß uͤbermaͤssigem Zweiffel oder Angst uͤber die begangene Werck/ oder vorfal- lende Geschaͤfften sich ereignen/ muͤssen verhuͤtet werden/ und soll man sich mit einem kindlichen Vertrauen der Goͤttlichen Fuͤrsichtigkeit empfehlen/ den menschlichen Respeet verachten/ und umb frembder und unzuge- hoͤriger Geschaͤfften sich zu enteussern/ nur suchen GOtt zu gefallen/ und seinem Neben-Menschen umb GOttes Willen. Schließlich muͤssen die verstreuete Gedancken vermittelst einer immerwaͤhrenden Ab- toͤdtung/ und grossem Ernst zur Vollkommenheit/ auch gehemmet/ und/ so viel moͤglich ist/ vernichtiget werden. Zweytens bestehet die offtgemeldte Bereitung darin/ daß nemblich die Kraͤfften der Seelen mit noͤthigem Schutz versehen werden; welches theils durch Lesung geistlicher Buͤcher geschehen kan; und theils auch/ wann der Mensch die heylsame Mittel zur vollkommenen Fortschreitung im Gu- ten/ fleissig uͤberleget; und annebens eine gewisse und sichere Art und Weise zu betrachten/ sich erwerbet. Drittens wird erfordert eine gute und gesunde Disposition deß Leibs; und muß man sich in der Abtoͤdtung so bescheidentlich verhalten/ damit selbi- ge nicht geschwaͤchet werde. Die nahe Bereitung geschicht folgender Gestalt. Einige wenige Zeit vor- Deß innerlichen Gebetts. vorhero/ ehe du betrachten wilst/ lese du dir die Betrachtung vor/ nach dem Rath deß H. Jgnatii: diese uͤberlesene Betrachtung vertheile dir in drey kurtz zusammen gezogene Puncten/ lerne selbige außwendiglich; und verges- se nicht/ die Gnad und Huͤlff deß H. Geistes anzuruffen/ auff daß dir deine Betrachtung immer besser und besser gedeyhen moͤge. Damit du aber in der obangezogener Vertheilung der Puncten richtig verfahren moͤgest; so kanstu dich folgender Art gebrauchen. Zum Exempel/ in der Betrachtung Von einem Heiligen. Erstlich kanstu bey dir erwegen/ welcher Gestalt GOtt diesen N. sei- nen Diener erwehlet habe; wie er selbigen beruffen/ gerechtfertiget/ und zu grosser Heiligkeit habe gereichen lassen. Zweytens wie dieser außerwaͤhl- te GOttes sich dessen Gnade gebraucht und mitgewirckt habe; durch welche Mittel/ und durch welche Tugenden zum meisten. Drittens wie der liebreiche GOtt denselben belohnet und geehret habe in diesem Zeitlichen durch grosse Gaaben und Wunderwerck: im todt mit sonderbahrem Trost und Zufriedenheit: und im andern ewigen Leben mit der Kron der Glory/ und erfreuligen Gesellschafft aller Außerwaͤhlten. Jn der Betrachtung Von einer Tugend oder Laster. Erstlich uͤberlege die Natur/ die Eigenschafften und Wuͤrckungen der Tugend oder Laster: und was du fuͤr Huͤlff von der Gnad GOttes zu hof- fen habest: was fuͤr ein Licht/ was fuͤr Antriebe und Gelegenheiten/ diese Tu- gend zu uͤben/ oder dieses Laster zu fliehen und zu bessern/ dir an die Hand ge- gegeben werden. Zweytens was massen Christus/ die Allerseeligste Jungfrau Maria/ oder andere Heilige/ diese oder jene Tugend geuͤbet: oder wie selbige die Wuͤrckungen dieses oder jenen Fehlers gemeidet haben; und welcher Gestalt sie muͤssen gemeidet werden. Drittens betrachte die Antreibungen/ wie sie beschaffen seyen: Exempel Weiß: deren grossen Nutzen/ so auß Ubung der Tugend: und den Schaden/ der auß dem Laster entstehen wird/ so wohl im Leben/ als im Todt/ und nach diesen beyden/ in der Ewigkeit. Jn der Betrachtung Von der Regul oder einem andern gemeinen Werck. Erstlich Schaue zu/ zu was End die Regul gemacht; was sie bedeute/ und wie sie zu verstehen seye: auff welche Manier du dieses Werck vollkom- N n n 2 ment- Von der nuͤtzlichen Vbung mentlich verrichten koͤnnest: wie grosse Huͤlff der Gnaden du darzu haben; und auff welche Weiß du zu dapfferer Vollfuͤhrung gelangen moͤgest. Zweytens wie vollkommentlich die Heilige GOttes dieses Werck geuͤ- bet haben/ und wie nachlaͤssig und traͤg du in selbigem dich befindest: und dergleichen. Bon der Betrachtung selbst. Nachdem du dieses obige alles ins Werck gerichtet hast; so stelle dich mit einem lebhafften Glauben vor das Angesicht GOttes/ der gebenedeyten Mutter Mariaͤ/ und aller Engeln; und bitte in derselben Gegenwart mit aller Demut und Ehrbietsambkeit umb Beystand die fuͤrgenommene Be- trachtung zu halten. Von der Weiß die waͤhrende Betrachtung fortzusetzen. Auff daß du leichter und besser in allen Puncten dich nuͤtzlich auffhalten moͤgest/ sonderlich in dem Leben und Historien der H. H. so betrachte/ Wer der jeniger seye/ den du dir vorgenommen hast: Was er seye: was dar- auß fůr Nutzen geschoͤpffet worden: Warumb: Welcher Gestalt: Wo/ und Wann. Dieses alles kan ich dir auch solcher Weiß vorhalten/ und sagen; du sollest erwegen die Persohn/ die Wort und Wercke/ die Wirckungen oder Fruͤchten/ die Ursachen/ die Weiß oder Manier/ die Krafft und Cigenschafften GOttes/ oder der Heiligen/ das Ort/ und die Zeit. Gesetz-Weiß: Jn Betrachtung deß bitteren Leydens Christi; wer gelitten habe? Der allerunschuͤldigste Jesus. Was er ge- litten? Erschroͤckliche und unerhoͤrte Tormenten. Mit was fur Nutzen? Damit Cr die veraͤchtliche Erd-Wuͤrmlein von der verdienten Schuld und Straff befreyen/ und mit aller Gnad und Herrlichkeit bereichen moͤge. Wie/ oder welcher Gestalt? Geduͤltiglich und auß lauter Liebe gegen uns. Was fuͤr Tormenten? Wo? Wann? Jm Winter im Stall gebohren/ zu den Osteren gelitten \&c. Ob wohl nun diese Weiß zu betrachten gemeinlich zur Betrachtung einer Histori oder Geschicht gebraucht wird; so kan sie doch auch zu anderen Ma- terien bequemet werden/ wann du nemblich in einer jeden Betrachtung die drey oben gemelte Puneten erwegest: und ersilich zwarn/ in dem Punct einer Tugend oder eines guten Wercks: oder eines besonderen Lasters: was fuͤr eine Tugend/ oder Untugend die jenige sey/ so du dir vornehmest: wo die Un- Deß innerlichen Gebetts. Untugend oder Laster herruͤhre: was fuͤr Wirckung selbige Tugend nach sich fuͤhre: auff welche Weiß diese Tugend muͤsse erworben/ und das Laster ge- bessert werden: Wo und Wann solches am fuͤgligsten geschehen koͤnne \&c. Jm Zweyten Punet/ wann du erwegest die Weiß und Manier/ durch wel- the die Heilige GOttes/ da sie auff Erden lebten/ sich bemuͤhet hatten/ die- se Tugend zu pflantzen/ oder diese Uutngend außzurotten. Jm dritten Punet solstu erwegen die Antriebe/ krafft deren du diese Tugend leichtlicher erhalten moͤgest. Diese Puneten koͤnnen nach Gelegenheit der Zeit ver- laͤngert werden durch folgende Diseuͤrsen deß Gottseligen Vatters Jacobi Alvarez. Erstlich kanstu die Augen deines Hertzens auff dich selbsten schlagen/ und reden deine Seel also an: O meine Seel/ siehe doch/ was fuͤr dich undanckbare Creatur dein Heyland leide; was grausambe Sachen/ und daß zwarn auß pur lauter Liebe? Wie schuldig bistu/ mit ihm ein Mitleiden zu haben/ ihn wider zu lieben/ und ihm zu folgen. Zum anderen kanstu dich zu deinem gegenwertigen GOtt wenden folgender Gestalt: O guͤtigster JE- su/ der du bist ein Koͤnig der Glory/ der du meiner Lieb/ meines Lobs und aller meiner Wesenheit im geringsten nicht bedarffs; stehestu fuͤr deinen allerunwuͤrdigsten Diener so grosse Widerwaͤrtigkeit auß? und daß zwarn auß Liebe allein? Was bin ich elender Schlave nicht schuͤldig? \&c. Zum Dritten/ kanstu deinen GOtt dir also zusprechend anhoͤren: siehe/ mein Mensch/ ich dein Erschoͤffer und Erloͤser leide fuͤr dich/ der du mir so un- danckbar bist/ und daß zwarn/ auff daß ich dich von den Suͤnden und Pey- nen der Hoͤllen befreye; mir nach zufolgen/ dich einlade; und endlich/ der allzeit waͤhrender Seeligkeit dich theilhafftig mache. Solstu dann nicht billig mich wieder lieben/ und mir zu lieb auch etwas beschwerliches leyden? Von der Neigung und Wirckung. Durch diese vorhergegangene Wirckungen/ oder vielmehr Discursen muß der Betrachtende sich untersichen/ gute und andaͤchtige Affecten und Be- wegungen deß Hertzens zu erwecken; deren einige/ ob wohl sie zum Stand der Reinigung gehoͤren (als da ist die Bewegung der Rew und Leid) einige zum Stand der Erleuchtung (als da ist die Nachfolgung) und andere zum Stand der Vereinigung (wie da ist die Liebe) so werden doch diese zehn Be- wegungen und Affecten deß Hertzens in aller vorfallenden Materi zum meisten gebraucht; denen alle andere leichtlich koͤnnen zugesellet werden. Nemblich/ die Bewegung oder Ubung deß Glaubens/ der Hoffnung/ der Liebe/ der Forcht/ der Verwunderung/ der Danckbarkeit/ der Freude/ der N n n 3 Zer- Von der nuͤtzlichen Vbung Zerknirschung/ deß Mittleiden/ der Nathfolgung: welche alle in den folgen- den Versen begriffen werden: Glaub deinem GOtt/ und hoff auff Jhn/ Foͤrcht deinen GOtt/ und liebe Jhn/ Sey danckbar Gott/ und ůber Jhn Verwundere dich/ hab Freud an Jhm/ Wein ůber dich/ und seuffts zu Jhm/ Folg nach/ was dir gefaͤlt an Jhm. Dieser Ubungen oder Bewegungen solstu dich in allen Betrachtungen gebrauchen/ dieweiln selbige sehr verdienstlich und leicht seynd/ wann du nur die Discursen zwischen der Betrachtung wohl einrichtest. Von der Weiß/ die vorgeschriebene Affecten auß dem Hertzen hervor zu zwingen. Der Glaub wird herauß gezogen durch die Erwegung der unbetrieg- lichen Warheit; der unendlichen Weißheit/ Macht/ und Guͤtigkeit Gottes: wie nicht weniger durch Uberlegung der Wunder-Werck; der Einhelligkeit der H. H. Vaͤtteren/ der Standhaͤfftigkeit der Blut-Zeugen Christi \&c. Du kanst diesen Glauben aber erstlich uͤben/ in dem du allein deme gern bey- fallest/ was von Gott offenbahret worden/ und fuͤr die Warheit desselben auch zu sterben verlangest. Zweitens/ in dem du wuͤnschest/ daß du densel ben Glauben also immer recht geuͤbet haͤttest/ und dir deine Unwissenheit und Unerfahrnuß in den Glaubens-Sachen leyd seye. Drittens/ in dem du dir fuͤrnimbst/ denselben hinfuͤhro unerschrocken zu unterhalten/ zu bekennen/ die unwissende zu lehren/ und die Wirckungen desselben den Tag durch offt- mahlen zu erneueren. Viertens/ in dem du die Gnad Gottes/ umb dieses alles zu verrichten/ demuͤtiglich begehrest. Auff daß du nun dieses noch leichter werckstellig machen koͤnnest/ so setze ich dir hierzu einen Affect oder Wirckung deß Glaubens. Zum Exempel. Jch glaube/ mein Gott/ ich glaube. Komme du/ O Herr/ meiner Unglaubigkeit zu Huͤlff. Was mir die Welt rathet/ der boͤse Feind eingibt/ und das Fleisch mich weiß- machet/ daß glaub ich nicht. Dein Wort/ O Gott/ bleibt in alle Ewigkeit. Dieserthalben fordere von mir Leib und Seel/ Gut und Blut: siehe/ mein Hertz ist bereit/ O Gott/ mein Hertz ist bereit. Tausendmal bin ich willig zu sterben/ Fewr/ Schwerd und alle Tormenten außzustehen/ damit deine War- Deß innerlichen Gebetts. Warheit unverletzt verbleibe. Oder also. Wer wird mich scheiden von dieser Warheit? Jch bin versichert/ daß weder Creutz noch Leyden/ weder Fewr noch Pfeile/ weder auch die Pein der Verdambten mich werden koͤn- nen von selbiger absoͤnderen. Deine Warheit/ O Herr/ kan niemand betrie- gen/ und deine Weißheit kan nicht betrogen werden. Du hasts gesagt; dar- umb ists mir sicherer/ als alle Vernunfft; und bin ich auch solches mit mei- nem Blut zu unterschreiben/ so willig als schuldig. Die Hoffnung wird ermuntert auß Erwegung der unendlichen Barmhertzigkeit und Liebe Gottes/ auff folgende Weiß: Warumb bistu trawrig/ meine Seel/ und warumb betruͤbestu mich? Du hast ja die Guͤte und Barmhertzigkeit Gottes bey Handen/ so dir helffen will: du hast die All- macht bereit/ so dir helffen kan: du hast das Blut und die Verdiensten Christi/ so bey dem Himlischen Vatter fuͤr dich anhalten. So werffe dich dann/ meine Seel/ in die Armben der Barmhertzigkeit und Allmacht Gottes. Gleich wie du auß dir selbsten nichts vermagst/ also vermagstu Alles in dem/ der dich staͤrcket. Oder also. Auff dich/ OHerr/ hab ich gehoffet/ und wer wird mir schaden koͤnnen? Noch Welt/ noch Teuffel/ noch Fleisch wird gegen mich obsiegen. Jch werd in Ewigkeit nicht schamroth werden. Die- weilen ich/ mein. Gott und Herr auff dirh hoffe/ so getrawe ich mir durch deine Gnad alle meine Maͤngel zu besseren/ alle Lasteren zu vertilgen; und alle Tugenten zu erwerben. Alle meine Gebain/ alle Glieder sollen sagen/ und was in mir ist/ soll ruffen: Du bist meine Hoffnung/ mein Gott und Herr in alle Ewigkeit. Die Liebe wird meistens erweckt durch die Erwegung der Eigenschafften Gottes/ als da ist/ die Guͤtigkeit/ die Liebe \&c. Auch auß der Gedaͤchtnuß der Wohlthaten Gottes/ und aller Wort/ welche Christus unserthalben geredet/ und was Er außgestanden hat/ auff folgende Ma- nier. Herr/ du weist/ daß ich dich liebe: dieweilen du allein gut bist/ allein heilig/ und allein wuͤrdig bist/ daß du von allen Craturen geliebet werdest. O ihr brennende Cherubim/ und du Koͤnigin der Cherubim/ ersetzet doch durch ewere Lieb alles/ was meiner allerschuͤldigsten Lieb ermanglet! O mein liebster Gott! leben will ich/ und sterben will ich dir zu Lieb: lieber will ich sterben/ als dich nicht lieben/ O mein Gott! Oder also. O Herr/ was hab ich im H immel/ und was hab ich auff Erden begehrt ausser dir? Du bist allein der Gott meines H ertzens/ und mein Theil/ O Gott/ in Ewig- keit. Jch will dich lieben/ mein G ott/ nicht darumb/ daß du mir G uts thuest; sonderen weilen du in dir selbsten bist die Allerhoͤchste und unendliche G uͤtig- Von der nuͤtzlichen Vbung G uͤtigkeit/ einig und allein uͤber alles lieblich. Oder also. Du wilst/ mein H err und Gott/ daß ich dir mein H ertz gebe: Nimbs hin/ ich schencke dir nicht allein daß eintzige/ sonderen wann ech deren hundert tausent haͤtte/ ich wolte sie alle mit deiner Liebe erfuͤllen/ und auß allen und jeden dich hertzlich lieben. Wilstu erfahren/ wie sehr ich dch liebe; so verkleinere mich vor allen Menschen/ verstosse mich auch von dir/ zertrenne/ vernichtige/ und stuͤrtze mich in den Abgrund der Hoͤllen/ daselbst will ich dich doch nicht ent- lassen: wie du immner mit mir wirst umbgehen/ so will ich dich doch allzeit lieben/ mein Gott/ mein Herr und alles. Die Forcht wird hervorgezogen durch eine tieffe Er- wegung der unbegreifflichen Goͤttlichen Eigenschafften/ der Weiß- heit/ Gerechtigkeit/ Barmhertzigkeit/ und auß behutsammer Uberle- gung der Geheimnussen deß Glaubens/ der Wuͤrdigkeit einer vernuͤnfftlichen Seel/ der Grobheit der Suͤnde/ der Blindheit der Welt \&c. Und wird geuͤbet/ wie folgt. O meine grosse Blindheit! O unverschaͤmbtes Hertz! O unertraͤgliche Kuͤnheit! Wie ists doch moͤglich gewesen/ daß ich boͤser und schalckhaffter Knecht/ so guͤtigen und milten Herren dermassen unwuͤrdiglich hab tractiren koͤnnen! O wie groß ist deine Barmhertzigkeit/ mein Gott! wie lang wirstu mit mir durch die Finger sehen? O unendliche Guͤtigkeit! ist dir dann nicht gnug/ daß du mich Boͤßwicht in so grausamben und vielen Suͤn- den noch beym Leben erhaltest? Warumb hoͤrestu nicht auff/ einer so un- danckbaren Ereatur Gut zu thun? Die Danckbarkeit wird erwecket durch Betrachtung deren so wunderbarlichen Wohlthaten/ in Ansehung deß Wohlthaͤters/ und deß Empfaͤngers: und daß ungefehr auff folgende Weiß. Was soll ich dir/ O Herr/ wiedergeben fuͤr alles/ was du mir gegeben hast? O unerhoͤrte Guͤ- tigkeit meines Erschoͤpffers und Erloͤsers! Wer kan dich/ mein GOtt/ der Gebuͤhr nach loben? du hast/ umb mich armen Tropffen zu erloͤsen/ vom hohen Himmel kommen wollen; und hast derhalben so unvergleichlichen und erschroͤcklichen Todt außstehen wollen; auff daß ich armseeliger Erd- Wurmb nicht zu schanden wuͤrde. Was soll ich dir nun wiedergeben? wie soll ich diese Wolthat vergelten? Ach/ mein GOtt und HErr/ ich hab nichts. Kombt derhalben alle/ die ihr GOtt foͤrchtet/ kombt alle und hoͤret; und ich will euch erzehlen/ wie grosse Wohlthaten GOtt mei- ner Seelen erzeigt hat. So machet dann groß den HErrn mit mir/ singt ihm ein Danck- und Lobgesang/ \&c. Die Deß innerlichen Gebetts. Die Freud wird erweckt auß erwegung der Goͤttlichen Majestaͤt und Herrligkeit/ welche ihrem GOtt und HErrn alle Creaturen zu geben schuldig seynd: und das zwarn auff folgende/ oder dergleichen andere Weiß. O mein Gott! du bist/ der du bist: und dieses gefallet mir sonderlich/ und bin daruͤber hoͤchstens erfreuet; daß du bist/ wer du bist/ unendlich/ vollkom- men in der Weißheit/ in der Macht und Guͤtte. Dieß kan ich am besten außsprechen durch die Wort deß Liebenden: wann du/ mein GOtt/ waͤrest Augustinus; und ich Augustinus waͤre GOtt: so wolte ich GOtt/ daß du Augustinuß waͤrest GOtt: so wohl gefallet mir/ daß du bist du. Dahero frohlocket mein Hertz und mein Fleisch in dir meinem lebendigen GOTT. Jch springe fuͤr Freuden auß mir hinauß/ mein GOtt und HErr/ damit ich komme zu dir. Die Zerknirschung wird hervor gebracht auß Betrachtung der Grob- und Boͤßheit einer jeden Suͤnde; auß Erwegung der verdienten Straffen/ der verlohrnen Guͤter; der vielfaͤltigen Schmertzen/ welche Christus zur Außtilgung derselben erlitten; der letzten von GOtt empfangenen Gna- den/ \&c. Auff folgende Weiß: Mein GOtt/ der du bist die allerhoͤch- ste Guͤtigkeit/ und verdienest nicht allein von allen Creaturen; sondern auch von dir selbst allein geliebet zu werden: mir ist von Hertzen Leyd/ daß ich dich so unverschaͤmbter Weiß erzuͤrnet hab. Es ist mir leyd/ nicht darumb/ daß ich foͤrchte/ sonderen weil ich liebe. Wann ich durch Vergiessung meines Bluts kan machen/ daß du nicht beleidiget bist; siehe/ hier bin ich/ zer- reisse mich: mein Hertz ist bereit/ mein Gott und Herr. Kan auch meine Suͤnd durch die hoͤllische Peinen vernichtiget werden; siehe/ da hastu mich: kein Peyn in der Hoͤllen ist/ die ich nicht verdienet hab. Sollestu anjetzo sehen/ mein Gott/ der du alles sehest/ daß ich dich auch nach vielen Jahren er- zuͤrnen werde; so nehme mich lieber in diesem Augenblick/ auch durch den erschroͤckligsten Todt hinweg/ als daß du zulassest/ daß ich biß zu solcher un- gluͤckseligen Zeit lebe. Das Mit-Leiden wird erweckt auß der Gedaͤchtnuß der bitteren Schmertzen Christi/ auß der Blindheit/ Gefahr und der Straffen der zu Grund eilenden Seelen/ welche durch das Blut Christi erloͤset seynd \&c. Dieses Mit-Leiden muß geuͤbet werden/ erstlich/ daß du mit deinem so un- schuͤldigen Herren/ der umb deinetwillen so schmaͤlich und bitterlich herge- nommen wird/ ein hertzliches Mit-Leiden tragest/ und dir die jenige Ursachen deß so grausamben Leidens/ als da seynd deine und anderer Suͤnden/ leid seyen: zum anderen/ daß dich der Untergang so vieler Seelen betruͤbe: und O o o drittens Von der nuͤtzlichen Vbung drittens daß du dir fuͤrnehmest/ nach deinem Vermoͤgen denen nemblich durch das Gebett bey zuspringen. Jm uͤbrigen kanstu dich alhier deren ob- gesetzten Affecten gebrauchen. So viel den Seelen-Eiffer anbelangt/ kanstu auff folgende Manier denselben in dir erwecken: O allerliebreichester Jesu/ du bist unserentwegen und umb unseres Heyls willen vom Himmel herabgestiegen: wie viel H itz und kaͤlte und wie grosse Ungelegenheiten hastu nicht außgestanden? wie viele Reisen hastu nicht auff dich genommen? wie viele Muͤhe und Arbeit? wie viele Schmertzen und Ubel nachreden? Du hast dich allen dargeben/ so wohl Arm als Reichen/ Groß und Kleinen/ Jung und Alten/ in Staͤdt und Flecken/ auffm Feld und in den W uͤsten/ Tag und Nacht. So hoch hastu unsere Seelen geschaͤtzet: wie hoch ist aber dein Blut zu achten? zweiffels ohn unendlich hoͤher/ die weilen du selbiges fuͤr sie gegeben hast/ was bin ich derhalben nicht schuͤldig zu leiden? W ie soll ich nicht arbeiten und schwitzen/ damit ich auch ein eintzige Seel gewinnen moͤ- ge! O ihr/ durch das Blut Christi erloͤsete Seelen! Ach koͤnte ich doch ein eintzige auß euch erretten! ach koͤnte ich euch allen/ auch mit meinẽm Blut/ mit Peinen und Schmertzen/ und mit dem bittersten Todt helffen! Die Nachfolgung wird erweckt auß Betrachtung der allervollkomm- nesten Tugenten Christi/ Mariaͤ und anderer Heiligen/ solcher Massen. Da du in Gestalt GOttes warest/ O JESU/ du eintzige Lieb meines Hertzen/ da hastu alle Reichthumben/ Ehren und Weißheit/ \&c. von dir geworffen/ und bist umb meinentwillen arm/ veraͤchtlich und verspottet worden: derhalben/ wann ich schon reich und angesehen seyn koͤnte/ so wol- te ichs doch nicht seyn/ dieweilen du arm und veraͤchtlich fuͤr mich worden bist. Du hast dieses alles erwaͤhlet; und darumb erwaͤhle ichs auch; deine Erwaͤhlung ist eine Regul der meinigen: und also erwaͤhle ich allein/ umb dir zu folgen. Diese und dergleichen Affecten muͤssen in der Betrachtung nicht alle zugleich geuͤbet werden; sondern bald dieser/ bald jener/ nachdem der Antrieb deß H. Geistes sich zeigen wird. Man muß auch mit grossem Fleiß in sothanen Affecten verharren/ und nicht alsbald von einem Affect zum andern springen. Wie man die Gespraͤch in den Betrachtungen wohl einrichten solle. Die Gespraͤch/ so mit hertzlichen Begierden und innerlichen Seuffzen vermischt seynd/ koͤnnen unterschiedlicher massen gerichtet werden. Erst- lich zur H. H. Dreyfaltigkeit/ oder zu einer jeden Person in der Gottheit/ in Deß innerlichen Gebetts. in dem du dich uͤber die Goͤttliche Majestaͤt billig verwunderst; derselben Guͤte/ Gerechtigkeit/ Macht/ Weißheit/ Liebe/ \&c. preisest. Zwei- tens/ zur allerseeligsten Jungfrau Maria/ oder zu den heiligen Gottes; in dem du dich mit ihnen erfreuest wegen ihrer unbeschreiblichen Gluͤckseeligkeit: deinen GOtt fuͤr sie/ und in ihren Nahmen danckest: dich beklagest und be- weinest/ daß du selbigen an guten Wercken so ungleich seyest; und sie bettest umb Huͤlff. Drittens/ zu den Gottlosen und Feinden Christi; in dem du derselben Boͤßheit/ Blindheit und Hartnaͤckigkeit verfluchest: und bey dir selbsten erwegest/ daß du mehr/ als sie/ verdienet habest/ daß dich Gott verlasse/ nach demmahlen du fuͤr ihnen viel groͤssere Gnaden empfan- gen hast. Viertens/ zu dir selbst/ in dem du deine grosse Blindheit/ Un- danckbarkeit und Traͤgheit an dir selbsten straffest. Fůnfftens / auch zu den unvernuͤnfftigen Thieren/ indem du erkennest/ daß selbige Danckbarer seyen denen/ so ihnen Guts thuen/ \&c. Die Vrsach und Mittel der Berstreuungen. Die Ursachen der Verstreuungen seyn fuͤrnemblich dreyfachig. Die Schwachheit der Natur: unsere eigene Schuld und Nachlaͤssigkeit/ und der Arglist deß Teuffels. Wider diese Ursachen seyen auch drey Mittel/ als nemblich eins/ so von ferne/ das ander/ so nahe bey/ und das dritte/ so in der Betrachtung muß gebraucht werden. Die Mittel von ferne seynd dreyfachig. Das erste bestehet darin/ daß du von Gott die Gnad recht zu betrachten/ und dich dessen Willen gantz und zumahlen zuergeben/ offe und inbruͤnstiglich begehrest. Das zweyte Mittel ist/ daß du dich ernstlich befleissest/ alle eigene Lieb/ und alle Affection zu den Creaturen zu vertilgen/ und in der Liebe Gottes und der Goͤttlichen Dingen zu wachssen: dann die Seel ist vielmehr an dem Ort/ da sie liebet/ als da sie lebet. Das Dritte bestehet in der steten Ubung/ wie du deinen Willen dem Goͤttlichen moͤgest glechfoͤrmig machen/ und dich gantz und gar der Goͤttlichen Dispo- sition uͤberlassen: Hierhin gehoͤret/ das man nicht gar zu eifferich den zeit- lichen Geschaͤfften oblige \&c. Die Naͤchste Mittel/ so eben vor der Betrachtung muͤssen vorher gehen/ seynd auch dreyfachig. Erstlich/ solstu deß Morgens/ so bald du auffstehest/ dich der Materi/ von welcher du betrachten wilst/ errinneren/ und die Gedaͤchtnuß deß Lieb-reichesten JESU in dein Hertz graben. Zweytens/ solstu dir festiglich fuͤrnehmen/ daß du keine Verstreuungen williglich annehmen wollest; und sollest deine Jntention oder Meynung er- O o o 2 neueren/ Von der nuͤtzlichen Vbung neueren/ und nach dem Rath deß heiligen Bernardi/ abermahl deinen Gott umb Huͤlff ersuchen/ und wann du zur Kirchen oder zu deiner Bett- Kammer eingehest/ so lege einen Finger auff den Mund/ und sage: wartet ihr bose Gedancken allhier/ ihr boͤse Neigungen und schaͤdliche Begierlich- keiten: Du aber meine Seel/ gehe ein in die Freud deines Herren/ und be- suche dessen heiligen Wohn-Platz. Drittens/ stelle dich zu Anfangs der Betrachtung in das Angesicht GOttes/ nach dem Spruch deß Koͤnig- Ps. 18. 15. lichen Propheten: Die Betrachtung meines Hertzen ist im- merdar in deinem Angesicht. Die Mittel in der Betrachtung die Verstreuungen zu vertreiben/ seynd diese ins gemein; Erstlich/ daß du ordentlich uͤber alle Puneten der Betrachtung mit dir selbsten redest. Zum andern/ daß du die Ge- dancken/ die sich in waͤhrender Betrachtung anmelden/ nicht anhoͤrest. Zum dritten/ daß du in Mangel der Materi/ dein Gemuͤth zu diesen oder der- gleichen Dingen erhebest. Exempel-Weiß: zu den Goͤttlichen Eigenschaff- ten: zu denen uns von Gott geleisteten Wohlthaten: zu den Verdiensten Christi: zu deiner Undanckbarkeit und Armseeligkeit/ \&c. Wie die allersee- ligste Jungfrau Maria und andere Heilige gelebt haben/ und endlich solstu dich selbsten anreden und fragen/ was du von dieser vorgenommenen Mate- teri erzehlen koͤntest/ wann daruͤber von andern gefraget wuͤrdest. Einige Vrsachen werden erklaͤhret/ warumb die Betrachtungen offtmahl so geringe/ oder gar keine gute Wirckung haben. Zu Verhinderung und Schmaͤhlerung der Betrachtungen last sich gebrau- chen der Geist deß Fleichsses/ der W elt/ und der boͤse Geist. Ein jeder be- muͤhet sich seiner Seiten gnugsambe Mittelen zur Verhinderung bey zu schaffen. Der erste Betrug/ so viel die Materi der Betrachtung anlangt/ be- stehet darin/ daß du keine außerlesene Materi zur Betrachtung habest; son- deren mehr nach deinem blinden Eiffer und eigenen Sinnen; oder auff un- vermercktes Antreiben deß boͤsen Geistes solche Sachen zu betrachten fuͤr- nehmest/ die dir nicht dienen: als zum Exempel; wann du mit boͤsen Nei- gungen und Gewonheiten zu suͤndigen/ und ungezaͤumten Passionen er- fuͤllet/ suchest dir die hoͤchste und subtilste Materien auß/ von den goͤttlichen Eigenschafften. Oder wann du zaghafft und serupuloß bist/ und wollest als- Deß innerlichen Gebetts. alsdan von der unendlichen Gerechtigkeit Gottes; von den Suͤnden deß vergangenen Lebens/ von den Straffen/ durch welche die Suͤnder gezuͤchti- get worden/ \&c: immer und allzeit betrachten. Der andere Betrug/ so viel die Weiß zu betrachten belanget/ ist dieser; wann du den ordinari Ge- brauch zu betrachten verwerffest/ und ohne einige der obgemelten Vorberei- tungen/ zur Betrachtung/ gleich wie ein Schneider auff die Taffel springest. Der dritte Betrug bestehet darin/ wann du nemblich deinen eigenen Kraͤfften zu viel trawest. \&c. Der Vierte Betrug entstehet daher; wann du das wahre Ziel und End der Betrachtung verfehlest: welches dann geschehen kan/ erstlich/ wann du durch die arglistige Griff deß boͤsen Feinds bezaubert/ zu keinen wahren und Gottgefaͤlligen Tugenten zu er- langen/ dich auffmunterest; sonderen nur scheinbare/ oder unter dem Schein der Tugendt/ gute Tugenten zu erhalten trachtest. Zum Exempel: du vernachlaͤssigest die Abtoͤdtungen unterm Schein der Diseretion oder Be- scheidenheit: oder du lassest fahren die eusserliche Tugenten/ damit bey den Leuten nicht angesehen werdest: oder du unterhaltest geheimbe/ sinnliche und gefaͤhrliche freundschafften unterm Schein der bruͤderlichen Liebe. Oder wan du nachlaͤssig bist im Steigen zur Vollkommenheit/ unterm Schein/ daß du die Ehr Gottes fuͤglicher und nuͤtzlicher befoͤrderen koͤnnest an anderen. Oder wan du ein hohes Ambt verlangest/ unterm Schein/ daß du in solchem groͤsseren Nutzen bey anderen schaffen moͤgest. O der wann du in denen Dingen allein den schuͤldigen Gchorsamb leistest/ welche dir zu vollbringen angenehmb/ und der menschlichen Vernunfft gemaͤß seynd/ unterm Schein einer Weißheit/ Bescheidenheit und Eiffer der Tugenten. Zum ande- ren verfehlestu das wahre Ziel und End der Betrachtung/ wann du durch den List deß boͤsen Feindts verfuͤhret/ unterm Schein eines groͤsseren und besseren Guts/ andere/ wiewohl sehr verdienstliche Affecten in dir erweckest/ so da in dem Stand deines Beruffs nicht koͤnnen ins Werck gerichtet wer- den/ als nur mit schaͤdlicher Unruhe deines Hertzen/ und augenscheinlicher Gefahr der Verderbnuß. Zum Exempel; du hast ein einsames Leben erwehlet; und wilst nun unterm Prætext eines Seelen-Eiffers/ in Gefahr daß du deine eigene Beruffung verlassen werdest/ von deiner Einsamkeit zur Welt oder villeicht zur Hoͤllen dich wenden. Diese und dergleichen Gedancken und Neigungen mustu gaͤntzlich fahren lassen/ wann du in den Betrachtungen nicht wilst betrogen werden. Von den Mittelen wider den Betrug. Gegen die erste Art deß Betrugs/ so viel die Materi der O o o 3 Be- Von der nuͤtzlichen Vbung Betrachtungen antrifft/ ist ein bewaͤhrtes Mittel/ daß du nicht nach deinem eigenen W illen/ sonderen nach dem Rath deines Geistllchen Vatters/ die jenige Materien vornemmest/ so da mehr deine geistliche Beduͤrfftigkeit/ als den Fuͤrwitz erfuͤllen. Gegen die Andere/ so viel die Weiß belan- get/ ist dieses das beste/ daß du es immer bey der einmal angefangenen/ und gewoͤhulichen Manier haltest. Gegen die Dritte ist ein sicheres Mittel/ wann du mit tieffester Demut erkennest/ daß du der Goͤttlichen Gnaden beduͤrffest; dieselbe instaͤndiglich erbittest; und dir gaͤntzlich einbil- dest/ daß du zumalen nichts zur guten Betrachtung beytragen koͤnnest und doch gleichwol mit selbiger Demut dich moͤgligst unterstehest/ alle Notwen- digkeiten deß Betrachtens wohl zu beobachten. Gegen die vierte Art deß Betrugs koͤnnen drey Mittel fuͤrnemb- lich dienen. Erstlich mustu sicher darfuͤr halten/ daß dieß der wahre und fuͤrnembste Nutzen der Betrachtung seye/ daß du zu solchem End betrachtest/ auff daß du eine vollkommene Besserung aller deiner Maͤngel/ eine Be- zwingung der boͤsen Begierden/ den Sieg uͤber die Versuchungen/ ein rei- nes Gewissen/ eine vollkommene Verrichtung deiner taͤglichen Schuldig- keiten/ und veste Tugenten dir erwerbest. Wann du hieruͤber und jetzt ge- dachter Ursachen halber die obgemelte Ubungen ernstlich anstellest/ und dannoch alsbald den innerlichen Trost nicht vermerckest/ so mustu derhalben doch nicht verzweiflen/ sonderen der Fuͤr- sichtigkeit Gottes alles anheimb stellen; welcher da/ wie der heiliger. Bernardus sagt; gleich wie ein Liebster Vatter uns das Brod reichet/ zu unser Nahrung/ und nicht das Messer/ das ist/ die Troͤstungen/ deren wir mißbrauchen/ und also uns toͤdten sollen. Zum andern mustu kennen die Wesenheit und Beschaffenheit der fuͤrnehmsten Tugenden/ wie nicht we- niger auch die W uͤrckungen der jenigen Lafier und Maͤngel/ so denen Tu- genten zu wider seynd (welches du alles in gegenwaͤrtiger Tugend-Schul uͤberfluͤssig lernen kanst) du muß der Vollkommenheit selbiger Tugenten dich ernstlich befleissen; die so eusser- als innerliche Wuͤrckungen derselben gebrauchen mit aller moͤglichen Auffmercksambkeit/ mit einer andaͤchtigen Neigung und Begierd eines hurtigen Willens auß einer unverfaͤlschten Jn- tention; und daß zwarn von Tag zu Tag mit einẽ groͤssern und groͤssern Eif- fer zur Vollkommenheit zu gelangen/ und auch die geringste Maͤngel zu ver- nichtigen. Zum dritten muß du deinen Beruff/ deinen Orden und dessen Manier zu leben/ als ein kraͤfftiges Mittel deiner Außerwaͤhlung/ so da von Gott Deß innerlichen Gebetts. Gott uͤber dich geschehen/ sonderlich lieben/ mit danckbarem Gemuͤth umb- fahen/ und dich so grosser Wohlthat unwuͤrdig schaͤtzen. Wie du dich nach der Betrachtung verhal- ten sollest. Auff daß die Betrachtung gebuͤhrend/ recht und nuͤtzlich gehalten wer- de/ so geziembt sichs/ daß du auch zum End derselben verrichtest/ was ich dir hierunten verzeichnet hab. Nach gehaltener Betrachtung mustu genau erforschen/ wie dir die Betrachtung gelungen seye. Jst sie uͤbel abgelauffen/ so mustu die Ursach dessen untersuchen; und nachdem du selbige gefunden hast/ solstu uͤber sothane ungluͤckliche Betrachtung Leyd tragen/ und dir vestig- lich fuͤrnehmen/ hinfuͤhro mit mehrerem Eiffer und Andacht zu betrachten. Die Zeichen aber einer wohl-gehaltenen Betrachtung seynd diese. Erstlich wann du ein Stund lang nach der Betrachtung/ dich noch begierig und be- reitbefindest abermahl zu betrachten/ wanns die Obrigkeit und Gelegenheit zuliesse. Wann du nicht williglich in allerhand verstrueten Gedancken dich auffhaltest. Drittens/ wann du die gewoͤhnliche Weiß wohl zu be- trachten haltest. Viertens/ wann du das jenige/ so dir in der Betrachtung zu bessern hast fuͤrgenommen/ im Werck auch vollbringest: und wann du solches an dir vollziehest/ daß du alsdann vermerckest/ daß dir selbiges leicht falle/ und daß du eine ungewoͤnliche Staͤrcke und Lust zum Guten/ nicht al- lein in Zeit der Troͤstung/ sondern auch der Versuchungen empsindest. Die Zeichen einer uͤbelgehaltenen Betrachtung seynd diese: Erstlich/ wann du mit einem Verdruß derselben abwartest/ und zu der gesetzten Stund ver- langest. Zweitens/ wann du in Abwendung der frembden Gedancken bist nach laͤssig gewesen. Drittens/ wan du die Weiß und Ordnung nicht gehalten hast. Viertens/ wann du dir keine wuͤrekliche Fuͤrnehmen mit einem Nachdruck gemacht hast; oder die gemachte nicht vollzogen hast. Fuͤnfftens/ wann du einen geringen Eiffer zur Vollkommenheit zu gelangen/ in dir empfindest. Weiters solstu nach der Betrachtung dir ernstlich fuͤrnehmen/ den ge- fasten Willen im Guten jederzeit/ und auffs wenigst denselben Tag/ ins Werck zu stellen: auch an selbigem Tag/ so offt du deiner gehaltenen Be- trachtung gedenckest/ kanstu den gemachten Fuͤrsatz gar kuͤrtzlich widerho- len/ \&c. Allhier koͤnte ich dir/ mein Christliche Seel/ die uͤbliche Fuͤrsetz der dreyen Weegen oder Staͤnden der Vollkommenheit vor Augen stellen; dieweilen aber Von der nuͤtzlichen Vbung aber diese Tugend-Schule nur allein auff die Anfangende zu lehren/ und die Vollkommene ihres Ambts zu erinneren zielet; und dann du durch gar zu verdrießliche Weitlaͤufftigkeit mehr von den Betrachtungen oder inner- lichen Gebett abgeschroͤcket/ als zu demselben befoͤrderet wuͤrdest: als will ich dir die uͤbliche Fuͤrsaͤtz folgender Gestalt entwerffen. Erstlich alle und jede laͤßliche Suͤnden/ in welche du am meisten und leichtesten zu fallen pflegest/ mustu du dich unterstehen zu meiden durch diese oder andere Mittel. Exem- pel-Weiß: durch die Erinnerung der Gegenwart GOttes an allen Orten; der letzten Dingen; der Wohlthaten GOttes/ \&c. Zweytens mustu flie- hen die Gelegenheiten der Versuchungen/ in dem du dem gefaͤhrlichen Auß- und Eingang deinen Sinnen verbietest; die Gnad Gottes demuͤtig- lich begehrest/ und dich selbsten gering schaͤtzest. Drittens mustu diese oder je- ne boͤse Neigungen/ als schaͤdliche Wurtzelen der Suͤnden/ auff diese oder ein andere Manier toͤdten. Viertens mustu mit mehrer Andacht/ als vor- hin/ und auch oͤffter zur Beicht gehen; und eine wahre Ren- und Leyd uͤ- ber alle von dir jemahlen begangene Suͤnden zu erwecken/ und immer zu be- halten dich unterstehen mit einem steiffen Fuͤrsatz alles zu bessern. Fuͤnfftens am End der Wochen mustu deine Betrachtungen gar kuͤrtzlich widerholen/ und sehen/ ob/ und wie viel du an Tugenden zu- und an Lastern abgenom- men habest. Sechstens mustu dir sichere Buß-Werck und Abtoͤdtuugen zur Reinigung der begangenen Suͤnden und zu Besserung deß Lebens; und das zwarn zu Lieb deß am Creutz leydenden Jesu aufflegen. Siebentens mustu dich enthalten vom Lachen/ Schaͤtzen/ muͤssigen Worten/ Ungedult/ von allem Verletzungs-Schein der bruͤderlichen Liebe/ \&c. Achtens mustu alle Tag gleichsam erstlich anfangen/ Gott zu dienen in einer wahren Reinig- keit deß Hertzen; und must dir einbilden/ als wann ein jeder Tag der letzte deines Lebens seye; so wirstu dich ohn allen Zweiffel eines sauberen Gewis- sen eifferigst und ernstlichst bemuͤhen/ und dir so zeitliche als ewige Wohl- fahrt fuͤr den angewendeten Fleiß erwerben. Die Von der Betrachtung deß Leyden Christi. Die Acht und Dreissigste Geistliche LECTION Von der Fuͤrtrefflichkeit der Betrachtung deß Leyden CHRJSTJ. O vos omnes, qui transitis per viam, attendite \& vi- Thren. 1. v. 12. dete, si est dolor sicut dolor meus. O Jhr alle zusammen/ die Jhr auff dem Weeg fůrůber gehet/ mercket doch und sehet ob ein Schmertzen seye/ der meinem Schmertzen gleich seye. Der Erste Theil. 1. W Je die H. H. Vaͤtter darfuͤr halten/ und sichs im Verlauff dieser Lection zeigen wird; hat unter allen geistlichen Ubungen die Betrachtung von dem bittern Leyden und Sterben Christi den Vorzug. dessen heylsamen Nutzen der Geistreiche Blosius mit folgenden Worten erklaͤret/ und sagt: Seelig und abermahl seelig ist die jenige Seel/ welche das liebreiche Leben und Leyden ihres geliebten JEsu/ als eine kostbare Perl/ in der Schatz-Cammer ihrer Gedaͤchtnuß immer auffbe- haltet/ und an allen Orten bey sich traget. Es kan nicht außgesprochen werden/ wie grossen Nutzen bringe die oͤfftere und andaͤchtige Betrachtung oder Lesung deß Leydens Christi. Auß dieser entstehet die Nachlaß der Suͤnden/ die Außtilgung der boͤsen Neigungen/ eine Reinigkeit deß Her- tzen/ und Erleuchtung deß Gemuͤts: diese bringt Fried und Ruhe dem Ge- wissen/ und heiliges Vertrauen zu GOtt: sie verursachet eine uͤberwind- liche Bestaͤndigkeit in den Truͤbsalen/ und eine heilsame Foreht im Wohl- stand: sie erwecket einen innerlichen Trost und Freud im H. Geist: auß P p p dieser Die Acht und Dreyssigste Geistliche Lection dieser Betrachtung kombt die wahre Demut/ die wahre Lieb/ und andere Tugenten in grosser Anzahl: auß selbiger wird auch endlich die gewisse und unbetriegliche Erwartung deß ewigen Lebens gebohren. Also redet der ob- gemeldte Vatter in der Vorrede der geistlichen Perle. Welches dann der H. Papst Leo mit diesen Worten bekraͤfftiget: Hoͤret/ und nemmet war das allerhoͤchste Geheimnuß der Goͤttlichen Barm- hertzigkeit: dieweilen alda eine gewisse und sichere Er- wartung der versprochenen Seeligkeit vorhanden ist/ al- wo die Gemeinschafft deß Leydens Christi gefunden wird. Wann wir nun dieses Leyden durch eine auffmercksame Betrachtung uns selbsten mittheilen; so koͤnnen wir uns versichern/ daß wir krafft dessen/ ungezweifflet zu den himmlischen Freuden uns naͤheren. Es ist gewiß/ sagt der gelehrte Origenes/ das keine Sůnd bey den Menschen Apud. Fabr. Conc. 6. in Dom. Pass. herrschen koͤnne/ wann er den Todt Christi in seinem Her- tzen herumb tragt: dann eine so grosse Gewalt hat das Creutz/ daß/ wann selbiges vor die Augen gesetzt/ und im Hertzen trenlich behalten wird; also/ daß der Mensch den Todt seines HErrn mit geistlichem Fůrwitz beschaue; keine boͤse Begierd/ keine Geilheit/ keine Vngedult/ keine Mißgunst koͤnne ůberhand nehmen/ sondern werde in dessen Gegenwart das gantze Kriegs-Heer der Sůnden und deß Fleisches in die Flucht geschlagen. 2. Weiters hoͤre/ mein Christliche Seel/ den H. Bonaventuram/ der dir also zuredet: wilstu/ O Mensch/ von Tugend zu Tugend/ von einer Gnad zur anderen/ und vom Guten zum Besseren schreiten/ so betrachte taͤglich das Leyden Christi mit moͤglicher Andacht: dann diese veraͤndert das Hertz/ und macht selbiges nicht allein Englisch; sonderen auch Goͤttlich: zumalen nichts also in der Seelen verursachet eine allgemeine Heiligung/ wie die Betrachtung deß Leydens Christi. Neben diesem ist der H. Albertus Tract. de Sacr. Mist. Magnus der Meinung/ daß auch die einfaͤltige Gedaͤchtnuß oder Betrach- tung dieses bitteren Leyden bey Gott hoͤher geschaͤtzt werde/ als wann einer ein gantzes Jahr lang in Wasser und Brod fastete/ und sich alle Freytag bist 4. P. In- trod. ad Med. zum Blut disciplinirte/ oder taͤglich den Psalter bettete. Dessen Ursach der Gottselige Ludovicus de Ponte gibt mit folgenden Worten: dieweilen die vorgemelte Werck/ ob sie schon sehr gut und nuͤtzlich seynd; so haben sie doch keine solche Krafft/ das Hertz von seinen Lasteren zu sauberen/ mit Warheiten und Von der Betrachtung deß Leyden Christi. und Tugenten zu erleuchten/ und durch die entzuͤndete Bewegungen der Goͤttlichen Liebe zur Vollkommenheit zu befuͤrderen; wie die auffmerck- sambe und andaͤchtige Betrachtung deß Leydens Christi. Derhalben hat recht der Geistreiche P. Alvarez alle Anfangende zur betrachtung dieses Leydens/ als zu einem geistlichen Brunnen ihres zunehmens angetrieben/ und in seinen gewoͤhnlichen Ermahnungen dieses mehrmal widerholet; daß wir nemblich nichts auß unsern Wercken machen sollen/ biß wir so weit kom- men seynd/ daß wir den gecreutzigsten Jesum allzeit in unserm Hertzen tragen. Dieser Gottselige Alvarez wuste wohl/ daß der Liebreiche Jesus seiner ausserwaͤhlten Braut der H. Gertrudis offenbahret hatte/ und gesagt: Gleich wie es unmoͤglich ist/ daß einer mit Maͤhl umbgehe/ und von selbigem L. 3. Insin c. 41. nit bestaubet werde: also kan nicht geschehen/ daß einer/ so auch mit weniger Andacht das Leyden Christi bedencke; und darauß keinen Nutzen schoͤpffe. Widerumb ein andersmal sagt Christus derselben Gertrud: Cs mag einer L. 4. Insin div. Piet. so grosser Suͤnder seyn/ als er immer wolle; wann er nur Hoffnung der Ver- gebung wird schoͤpffen koͤnnen/ und meinem Vatter mein allerunschuldig- stes Leyden und Todt auffopfferen: so vertrawe solcher/ daß er die heylsame Frucht der Nachlaß erhalten werde: dieweilen auff Erden kein so kraͤfftiges Mittel gegen die Suͤnd kan gefunden werden/ als eben die Gedaͤchtnuß meines Leydens/ mit einer wahren Bußfertigkeit/ und auffrichtigem Ver- trauen. Drittens/ dann/ so das Blut der Boͤck und Ochsen/ sagt Hebr. 9. v. 13. der Apostel/ und die Asche der jungen Kůhe/ wann sie ge- sprenget wird/ die Befleckte reiniget zu Reinigung deß Fleisches: wie viel mehr wird dann das Blut Christi/ der sich selbst unbeflecket/ durch den H. Geist GOtt auff- geopffert hat/ unser Gewissen reinigen/ und von den Todten erwecken/ dem lebendigen GOTT zu dienen: Diese Reinigung erhalten wir durch die Betrachtung deß Leyden Christi. Thut aber dieses nur die blose Betrachtung; wie naͤrrisch seynd dann die je- nige/ so diese auß Traͤgheit unterlassen! da doch alle Creaturen/ wie dich und mich der H. Hieronymus erinnert/ mit dem sterbenden JEsu ein Mit-Ley- Sup. Matth. den haben: die Sonn wird verdunckelt/ die Erd wird beweget/ die Felsen werden zerspaltet/ der Fuͤrhang deß Tempels wird zerrissen/ die Graͤber der Todten werden eroͤffnet; und der armseelige Mensch allein hat kein Mit-Leyden/ fuͤr welchen doch Christus leydet. Uber solche hat der Heil. Vatter Augustinus ein erschroͤckliches Urtheil gefaͤlet mit diesen Worten: P p p 2 der Die Acht und Dreissigste Geistliche Lection der dir nicht dienet/ mein GOtt und HErr/ dieweilen er erschaffen ist/ der hat die Hoͤll verdienet: der dir aben nicht dienet/ dieweilen er erloͤset ist/ der verdienet/ das fuͤr ihn ein neue Hoͤll erschaffen werde. Wie kan man aber urtheilen/ daß ein solcher seinem Heyland diene/ so da niemahlen oder selten dessen bittern Leyden betrachtet? Dahero lasset uns/ zu Verhuͤtung der gedreueten Straff/ anjetzo Christum hoͤren und erhoͤren/ der uns durch sei- nen Propheten mit denen obangezogenen. Worten zur Betrachtung seines Leydens einladet: O ihr alle zusammen/ \&c. Zu dieser Ubung treibt uns L. de Virg. an der gemeldte. Vatter Augustinus und sagt: Siehe an die Wunden deß am Creutz hangenden/ das Blut deß: Sterbendenden/ den Werth deß Er- loͤsenden/ die Wund-Mahlen deß Aufferstehenden. Er hat das geneigte Haupt zum Kuß/ das eroͤffnete: Hertz zum Lieben/ die außgespannete Ar- men dich zu umbhaͤlsen/ und den gantzen Leib zum erloͤsen. Gedenck/ mein Seel/ was dieses seye/ lege du das alles auffdie Waag deines Hertzen/ auff daß dir zumahlen genaͤgelt werde ins Hertz/ der fuͤr dich gehefftet ist worden ans Creutz. 4. Nun erwege auch den grossen: und unbeschreiblichen Nutzen sothanet Betrachtung. Bey dem Propheten: Ezechiel wird befohlen/ daß alle sollen getoͤdtet werden/ so mit diesem Zeichen †. an der Stirn nicht behaff- tet seyen: und muͤssen wir hierauß lehrnen/ daß die jenige vermutlich verloh- ren gehen/ welche die Gedaͤchtnuß deß Leyden Christi vor den Augen ihres Hertzen nicht herumb tragen. Hergegen aber die jenige ewig leben werden/ so der bitteren Schmertzen und Todts deß Herren sich offt mit An- dacht erinneren nach Zeuchnuß der ewigen Warheit selbsten bey der S. Jungfrawen Anna à S. Bartholomæo, welche unter anderen hohen Ge- heimnuͤssen auch dieses von ihrem himlischen Braͤutigam gelehret worden; daß/ wann ein Mensch nur einmal im Tag der schwaͤren Peinen seines ley- denden Heylands mit einem hertzlichen Mitleiden gedencke/ nicht werde zu Grund gehen. Diese Lehr hat auch von Christo empfangen den H. Bi- schoff Edmundus, da er in seiner Jugend einsmals allein spatzieren gangen/ und ihm Christus in Gestalt eines schoͤnen Juͤnglings entgegen kommen und gesagt/ daß wann er fuͤr den Nachstellungen deß Teuffels sicher leben/ alle verlangte Tugenten und Gnaden erhalten/ und sich zu einem seeligen Todt wuͤrdiglich bequemen wolte; taͤglich ein Geheimnuß deß bitteren Leydens betrachten solte. Auch hat selbiges von der allerseligsten Mutter Maria er- Engelgr. in Dom. Quinq. §. 3. lernet der H. Joannes: dann da dieser H. Evangelist in seinem hohen Alter ein soͤnderbahres Verlangen getragen diese allerheiligste Jungfraw zu sehen/ ist ihm selbige erschienen/ und hat mit ihm uͤber das Leyden ihres geliebten Sohns Von der Betrachtung deß Leyden Christi. Sohns ein langes Gespraͤch gehalten/ und unter anderen auch gesagt/ das Christus dem jenigen/ welcher seyn Leyden offt betrachte/ drey besondere Gnaden verleyhen werde. Erstens/ daß er vor seinem Todt eine vollkom- mene Rew und Leid uͤber seine Suͤnden werde erwecken koͤnnen. Zwey- tens/ daß sie ihn in seinem Sterb-Stuͤndlein sonderbar beschuͤtzen wolle. Drittens/ daß ein solcher durch ihre Fuͤrbitt. alles zu erhalten vermoͤge. Seynd daß nicht stattliche Verheissungen? Damit du aber den Nutzen die- ser Ubung noch bessererkennen moͤgest/ so lese und bedencke was solgt. 5. Es erzehlet der Gottselige Thaulerus, daß Christus einem seiner Die- Thaul. in Explic. Pass. ner einsmals gantz verwundet erscheinen seye/ und gesagt habe: Du solst wissen/ daß mir die Menschen keinen so angenehmen Dinst erweisen koͤnnen/ als wann sie mein allerbitter stes Leyden und meine grausambe Wunden in ihren Hertzen tragen. Nach dem nun der gedachte Diener Gottes gefragt/ was fuͤr einen Nutzen man auß der Betrachtung seines allerheiligsten Ley- den schoͤpffen koͤnne: hat er Antwort bekommen/ daß dem Betrachtenden auß sothaner seiner Ubung/ neun sonderbare Guͤnsten oder Gnaden erspriessen werden. Erstlich wird er/ sagt Christus/ von allen Suͤnden gereiniget/ und was er vernachlaͤssiget hat/ daß wird auß meinen Verdiensten wider- umb ersetzet. Zum anderen/ wird er im Streit wider seine Feinde also gestaͤrcket werden/ daß sie an ihm nichts haben moͤgen: Dann ob er schon auß Schwachheit zu Zeiten fallet/ so unterstuͤtze ich demselbigen meine huͤlffliche Hand/ daß er nicht koͤnne zu schanden werden: Zum Dritten/ geb ich ihme Kraͤfften/ damit er alle Tugenten und gute Wercken zu meinem Ver- gnuͤgen uͤben koͤnne. Zum Vierten/ ob er schon mein: Leyden kuͤrtzlich betrachte/ so wird doch dessen Seel immer in meiner Gnad erneweret. Zum fůnfften/ bin ich gern bey dem jenigen/ und mache meine Woh- nung bey-selbigem/ welcher mein Leyden andaͤchtiglich bedencket. Zum Sechsten/ pflege ich einem solchen die Geheimnuß/ so von meinem Vatter mir offenbahret worden/ gleicher Gestalt gern mitzutheilen. Zum Sie- benten/ werd ich ihn vor seinem Todt zur Vollkommenheit gelangen lassen/ ihn mir gefaͤllig machen/ und nach seinem Todt mit meinen Freunden belohnen. Zum Achten/ werd ich ihmenichts weigeren/ was er nur ver- nuͤnfftiglich von mir begehren wird. Zum Neunten/ werd ich ihm in seiner Todt-Angst trewlich beystehen/ und werd ihnen seiner Seeligkeit ver- sicheren. Solstu nun wol/ meine Christliche Seel/ so unbesonnenen und nach- laͤssig sein koͤnnen/ daß du nach angehoͤrten so herrlichen Gnaden und Guͤnsten deines Heylands/ desselben bitteres Leyden nicht nach allen Kraͤff- P p p 3 ten Die Acht und Dreyssigste Geistliche Lection ten zu betrachten dich unterstehen werdest? Derhalben lese/ betrachte/ schrei- be/ und hoͤre gern reden von dem Leyden deines Herren/ in dem du versichert bist/ daß dir die wenige Arbeit so reichlich vergolten werde. Der Andere Theil. Ludolp. de Saxon. in vit. Chri. 6. D A einsmals ein sicher Einsidler zu wissen verlanget/ mit wel- chen Ubungen er sich bey der Goͤttlichen Majestet am besten verdienstlich machen koͤnte; hat sich demselben Christus nackend/ am gantzen Leib verwundet/ und mit einem schwaͤren Creutz beladen gezeiget/ und gesagt; daß ihm nichts liebers und angenehmers von seinen Dieneren widerfahren koͤnne/ als wann sie ihm in Tragung deß Creutzes behuͤlfflich seyen: dieses aber wuͤrden sie thuen/ wann sie durch die Gedaͤchtnuß seiner Schmertzen ihm folgten/ und einen Theil derselben in die Emfindligkeit Chron. Min. L. 1. c. 105. ihres Hertzen gleichsamb einschliessen wuͤrden. Nachdem der H. Franciscus ebenfals zu wissen begierich gewesen/ welche Diensten seinem Gott am liebsten seyn moͤgten/ hat er das Messen- Buch dreymal auffgeschlagen/ und jedes- mahl das Leyden Christi gefunden. Da die H. Maria Magdalena in Sylvest. in Ros. aur. 1. a. der Wuͤsten Gott eifferich gebetten/ er moͤgte ihr doch zeigen/ worinnen sie sich am fuͤrnehmsten beschaͤfftigen solte; hat ihr der Ertz-Engel Michael ein sehr schoͤnes Creutz zum Eingang der Hoͤhlen dergestalt gepflantzet/ da- mit sie selbiges immer vor Augen sehe/ und sich also deren am selbigem voll- brachten Geheimnuß erinnern solle. Auß dem allen dann gnugsamb er- hellet/ daß die Betrachtung vom Leyden Christi alle andere Ubungen weit uͤ- bertreffe: dahero geschehen ist/ daß sie die Heiligen GOttes vor allem in B e- schauung deß Leydenden JEsu geuͤbet haben: denen die allerseeligste Jung- frau Maria mit ihrem Exempel ist vorgangen/ welche mehrmahlen von sich selbsten gesagt hat: Jm Grab meines Sohns waren meine Gedancken und mein Hertz allzeit. Die Fuß-Stapffen dieser Jungfraͤulichen Mutter ist die Clara de Monte Falco deß H. A ugustiner Ordens beharrlich einge- tretten/ indem sie so schlaffend als wachend mit dem gecreutzigsten JESU zu schaffen gehabt. Unter andern mahlen/ da sie an sothaner ihrer Ubung groͤblich durchstochen worden/ ist ihr ein Juͤngling mit einem Creutz erschie- nen/ und gesagt: mein tochter Clara/ ich hab ein vestes Ort gesucht/ dahin ich dieses Creutz pflantzen moͤgte/ und/ siche/ ich hab darzu dein Hertz gefun- den: daselbst will ich es hefften; du solst derhalben an diesem Creutz sterben/ wofern du meine Tochter und Erb seyn wilst. Von dieser Zeit an ist das Ge- Von der Betrachtung deß Leyden Christi. Geheimnuß deß Leydens in derselben Hertz dergestalt eingedruckt verblieben/ das Speiß und Tranck in Gedaͤchtnuß dieses Leydens ihr bitter vorkommen; und was sie gesehen/ verstanden und geredet/ mit der Gall deß Creutzes Christi besprengt zu seyn geglaubet worden. Dahero hat man nach ihrem Todt alle Jnfirumenten deß Leydens/ sambt dem geereutzigten Christo in derselben Hertz getruckt befunden. 7. Der H. Bernardus gabe Zeugnuͤß von sich selbsten; daß er von An- Bern. Sup. Cant. fang seiner Conversation an statt der Verdiensten/ deren er sich entbloͤset be- funden/ ein Buͤschlein auß allen Schmertzen/ Aengsten und Bitterkeiten seines Herren zusammen gebunden habe. Erstlich/ sagt er/ hab ich ver- sammlet die Gebrechen und Notthdurfften deß unmuͤndigen Kindleins: nachmahlen die Muͤhe und Arbeit im Predigen; die Ermuͤdungen im hin- und her reisen; das Wachen im Gebett; die Versuchungen im Fasten/ die Zaͤhren im Mit-Leyden: die Nachstellungen der Phariseer im Fragen: und endlich die Gefahren in falschen Bruͤdern: die Schelt und Schmaͤh- Wort/ das Verspeyhen/ V erhoͤnen/ die Backen-Streich/ die V erweiß- thumben/ die Naͤgel und dergleichen. Solche Ubung vermeinet der Heili- ge V atter/ daß einem jeden Christ-liebenden Menschen nachzufolgen/ wohl anstehe. Tygranes ein Koͤnig wird mit seiner Gemahlin von dem Cyro Koͤnig in Persien gefangen/ und von selbigem gefragt/ was er zu Errettung seines Weibs geben wolle; gib aber zur Antwort/ daß er sein Leben fuͤr selbi- ge zu verlieren bereit waͤre. Diese resolute Antwort hat dem Cyro dermas- sen gefallen; daß er den gefangenen Koͤnig sambt der Koͤnigin alsbald auff freyen Fuß gestellet. Nun traͤgt sichs zu/ daß Tygranes in der Ruck-Reiß seine Gemahlin fraget/ wie ihr der Cyrus gefallen habe: darauff selbige ant- wortet/ daß sie solches nicht wisse; zumahlen sie von dem Augenblick/ in dem er Tygranes sein Leben fuͤr seine Gemahlin dargebotten/ auff keinen andern ihre Augen geschlagen habe/ als eben auff den jenigen/ dessen Lieb sie mit hertzlichein Vergnuͤgen erfahren. Wie viel hoͤher seynd wir dann nicht ver- bunden/ unsere Augen stets auff den jenigen zu wenden; der nicht mit dem Willen; sondern auch mit der That selbsten sein Leben auff so grausame Weiß fuͤr uns verlieren wollen? Der uns auch nicht auß der Gewalt eines irrdi- schen Koͤnigs/ sondern auß der Selaverey deß hoͤllischen Tyrannen erret- tet/ und in die guldene Freyheit der Kinder GOttes gesetzt hat? Dahin scheinet der H. Petrus gezielet zu haben mit diesen Worten: Dieweil 1. Pet. 4. v. 1. Christus im Fleisch gelitten hatt/ so waffnet ihr euch auch mit denselbigen Gedancken. 8. Jm Die Acht und Dreyssigste Geistliche Lection 8. Jm uͤbrigen/ so viel die Weiß und Manier dieses Leyden zu betrach- Tom. 8. medit. Pass. Christi in Præ- fat. ten anlanget/ lehret uns selbige der Ehrw. V atter Beda/ wie folget: Es ist nothwendig/ daß du in deiner Betrachtung dir dieses bittere Leyden also einbildest/ als wann du zu selbiger Zeit gegenwaͤrtig gewesen waͤrest/ da dein Heyland gelitten yat: und dich im Mit-Leyden also verhaltest/ als ob du deinen leydenden HErrn vor deinen Augen haͤttest. Wann du also betrachten wirst/ kanstu bald auß einem unwissen- den Menschen/ in einen gelehrten Mann veraͤndert wer- P. 2. c. 58. den. Dieses bekraͤfftiget der Geist-reiche Ludolphus Cartusianus/ und sagt: die oͤfftere Betrachtung deß Leydens Christi macht einen Ungelehrten sehr gelchrt/ auß den Unerfahrnen macht sie erfahrne Lehr-Meister; ich sage/ Lehr-Meister/ nicht der Wissenschafft/ die da auffblaset; sondern der Liebt/ welche aufferbauet. Diese ist gleichsamb ein Buch deß Lebens/ in dem al- les/ was zum Heyl gehoͤret/ zu finden ist: Seelig ist der jenige/ welcher sich dieser Ubung mit allem Ernst ergibt; dann er wird in V erachtung der W elt/ und in der Liebe GOttes zunehmen/ und wird in allen Tugenten und Gnaden wachssen. Dieses Buch hat der H. Apostel Paulus mit grossem Fleiß durchblaͤttert; dahero sagt er: Jch hab mir vorgenommen/ 1. Cor. 2. 2. unter euch nichts anders zu wissen/ ohn allein JEsum Christum/ und zwarn den/ der gecreutziget ist. Eben In ejus Vita. auß selbigem Buch hat der H. V atter Bonaventura alle seine Gelehrt- und Heyligkeit geschoͤpffet. Dann/ so der H. Thomas von Aquin diesen heili- gen Mann einsmahls besucht/ und begehrt hat/ man moͤgte ihm doch die Biblioteck zeigen/ darauß er so ansehnliche Gelehrheit erworben; hat ihm der H. V atter die Bildnuß deß gecreutzigsten Heylands gezeigt/ und gesagt/ daß er auß selbigem Brunnen alles schoͤpffe/ was er immer lese und schreibe. 9. Weiters kan nichts kraͤfftigers zu V ersuͤssung und V ersaͤnfftung unserer taͤglich vorfallenden Widerwaͤrtigkeiten gefunden werden/ als eben In Ma- nual. c. 22 die Betrachtung deß Leydenden Christi. Jch hab in allen meinen Trůbsalen/ sagt der H. V atter Augustinus: kein so herrliches Mittel gefunden/ als die Wunden Christi: in diesen Schlaff ich sicher/ und ruhe ohne Forcht. Dieses ist bereits vorzeiten in Exod. 15. alten Testament vor gebildet worden; da das Jsraelitische V olck sich uͤber den Mangel deß suͤssen Wassers beklagt hat; und derselben Haupt- Fuͤhrer Moyses/ auß Goͤttlichem Befelch ein sicheres H oltz ins Wasser zur V ersuͤs- sung Von der Betrachtung deß Leyden Christi. sung desselbens geworffen. Durch solches suͤßmachende H oltz wird nichts anders als die Krafft deß Creutzes verstanden/ wie neben andern der H eil. Antonius meldet mit diesen Worten: Das Wasser seynd die Trůb- P. 2. Tr. 3. c. 7. §. 4. saalen/ welche uns armen Menschen in der Wůsten dieser Welt vielfaͤltig vorkommen/ und in sich bitter seynd: sie werden aber versůsset/ wann das Holtz deß Treutzes hin- ein geworffen wird/ das ist/ wann der Mensch das Ley- den Christi offt andaͤchtiglich betrachtet. Derhalben lesen wir Spec. Exemp. distinct. 9. Exemp 101. von einem geistlichen Juͤngling/ daß/ weilen er von seinem Orden hat wol- len abtrinnig werden/ ihme Christus erschienen seye/ seine Seiten eroͤffnet/ das heraußfliessende Blut gezeigt/ und ihm befohlen habe/ er sollte zum Klo- ster widerkehren/ und alle Strengigkeiten seines Ordens in diese Seiten ein- duncken/ so wuͤrden selbige in lauter Suͤssigkeit veraͤndert werden. Die- sem Befelch ist der Juͤngling nachkommen/ und hat nachmahlen ein heiliges Leben gefuͤhret. Ein ander/ so da im Anfang seiner Bekehrung eine Zeit- Ludolph de Saxon p. 2. c. 58. lang durch grosse Verzweifflung angefochten worden/ und derhalben immer in seiner Cellen gesessen/ ist gewuͤrdiget worden zu hoͤren diese Stimm: Stehe auff/ betragte mein Leyden andaͤchtiglich; so wirstu in meiner Bit- terkeit dein Leyd uͤberwinden Wie gesagt war/ so ist geschehen. Laß dir/ mein Christliche Seel/ diese Wort gesagt seyn/ und nehme deine Zuflucht in allen deinen Widerwaͤrtigkeiten zum geereutzigten Heyland: befleisse dich aber vorhero/ so viel dir moͤglig ist/ desselben bitteres Leiden gebuͤhrend zu betrachten/ auff daß du in Zeit der Truͤbsaalen/ mit leichter Muͤhe das ge- benedeyte Holtz in dein alsolches Wasser werffen/ und selbiges versuͤssen moͤgest. 10. Neben andern Vortheilen kan sich auch ein Liebhaber deß Leydens Christi eine sonderbahre zuversicht die ewige Seeligkeit zu erlangen/ erwer- ben; wie auß denen Worten/ mit welchen Christus seine geliebte Braut/ die S. Angelam de Fulginio einsmals angeredet hat: O ihr Menschen seyet Bolland. 4. Jan. fol. 202. gluͤckseelig/ ihr seyd gebenedeyet! wann ich am Creutz fuͤr meine Feinde/ mit Vergiessung der Zaͤhren/ meinen Vatter gebetten/ selbige entschuldiget und gesagt hab: Vatter/ verzeyhe ihnen/ dann sie wissen nicht/ was sie thuen: was soll ich dann nicht fuͤr euch thuen/ die ihr ein hertzli- ches Mit-Leyden mit mir getragen und mir zu Gesellschafft gelitten habt? was werd ich zu befoͤrderung eueres Heyls sagen/ wann ich nicht am Creutz/ soudern in grosser Herrligkeit die Welt richten werd? Unmoͤglich wird der Q q q himm- Die Acht und Dreyssigste Geistliche Lection himmlische Richter einen solchen verwerffen koͤnnen/ so dessen Leyden mit andaͤchtigem und mitleydigem Hertzen wird betrachtet haben. 11. Jm Buch der Parabolen redet Gott also: Seelig ist der Prov. 8. v. 34. Mensch/ der taͤglich wachet an meiner Thůr/ und wartet auff mich an den Poͤsten meiner Thůr. Was kan nun anders durch diese Thuͤr verstanden werden/ als eben die allerheiligste Wunden Christi? Derhalben wohl zu mercken ist/ daß der H. Joannes nicht ohne Geheimnuß in seinem Evangelio also geschrieben habe: Einer von den Joan. 19. v. 34. Kriegs-Knechten eroͤffnete seine Seiten mit dem Speer. Er sagt nicht/ verwundete; sonderen/ eroͤffnete: Damit er andeuten moͤgte/ daß uns durch sothane Eroͤffnung der Eingang zur ewigen See- ligkeit bereitet waͤre. So ist dann seelig der jenige/ so taͤglich an dieser Thuͤr vermittels einer andaͤchtigen Betrachtung der Wunden Christi wachet. Diese Warheit hat erfahren ein gewisser Ley-Bruder deß Regu- Spec. Exempl. dist. 6. c. 10. lierer Ordens; welcher nach dem Todt seinem Oberen erschienen/ und gesagt/ daß er den geraden Weeg gen Himmel gefahren seye; dieweilen er in seinem Leb-Zeiten den gecreuͤtzigsten Herren in sehr grosser Verehrung gehalten; und daß er im vorbeygehen der gecreuͤtzigsten Bildnuß Christum allzeit ge- betten habe/ daß er sich umb der am Creuͤtz erlittenen bitteren Schmertzen In Prato Flor. L. 1. c. 22. Ex- emp. 6. willen in seinem Hinscheiden erbarmen wolle. Auch wird von einem Juͤngling gelesen/ daß selbiger ewiglich waͤre verdambt worden/ wann er sich nicht so offtmal dem gecreuͤtzigsten Jesu befohlen haͤtte. Dieser pflegte/ so offt er zum schlaffen niederligen oder auffstehen wolte/ sich mit dem Zeichen deß H. Creutzes zu versehen/ und diese Wort zu sprechen: Jesu von Na- zareht/ erbarm dich meiner/ im Nahmen deß Vatters/ und deß Sohns/ und deß H. Geistes: Und bittete dẽ gecreutzigsten Jesum zugleich; daß er ihn doch ohne Beicht nit wolle sterbẽ lassen. Nun hat sich aber zugetragen/ daß er durch einen gaͤhlingen Todt von dieser Welt geschieden; da sich dann die boͤse Geister alsbald einfinden lassen/ umb dessen Seel mit Historia. sich zur Hoͤllen hinweg zu schlepffen: hieruͤber hat sich ein herrlicher Juͤng- ling sehen lassen/ und die feindliche Schaaren vertrieben; die Seel aber hat er an ein finsteres Ort gefuͤhret/ und daselbst gelassen. Ein wenig hernach ist derselbe Juͤngling abermalerschienen/ und der Seelen bedeutet; daß/ ob sie schon die hoͤllische Peinen verdient habe/ dannoch von dem Richter/ wegen ge- uͤbter Andacht zu seinem Leyden und der Uberschrifft deß Creutzes dergestalt begnaͤdiget seye; daß sie widerumb zum Leib kehren/ und die begangene Suͤnden durch eine sacramentalische Beicht außtilgen koͤnne. Nach sotha- ner Von der Betrachtung deß Leyden Christi. ner abgelegten Beicht/ ist der Juͤngling dem Leib nach zum andermal gestor- ben. Er waͤre aber auch der Seelen nach ewiglich gestorben/ wann er nicht durch obgemelte Gottgefaͤllige Ubung/ bey seinem Richter sich verdienstlich gemacht haͤtte. 12. Nun hoͤre zum Schluß/ mein Christliche Seel/ den Gottseeligen Henricum Susonem, welcher Christum unseren Heyland mit einem seiner Diener/ von seinem bitteren Leyden also redend darstellet: Mir ist/ sagt Christus/ das Hertz deß Menschen viel angenehmer/ wann es von aller irr- dischen Lieb leer/ und das herrliche Exempel meines Lebens zu folgen immer beflissen ist; als wann selbiges mit unauffhoͤrlichem Seufftzen und Weinen mich ehret/ und so viel Zaͤhren vergiesset/ als jemalen Troͤfflein Regen vom Himmel gefallen: Sintemalen ich durch Uberstehung meines so bitteren Todts dieses zum meinsten gesucht hab/ das mir die Menschen nachfolgeten: wiewohl mir die andaͤchtige Zaͤhren auch sonderbar lieb und angenehm seynd. Wann du mein Leyden mit weinenden Augen nicht betrachten kanst; so thue es nichts destoweniger mit froͤligem Hertzen/ wegen der unermeßlichen Guͤ- ter/ so dir dar auß erwachssen. Solstu auch weder in Zaͤhren/ weder in Froͤ- ligkeit desselben gedencken moͤgen; so uͤberlauff dieses Leyden zu meiner Ehren auch mit unempfindlichem Hertzen: dann also wirstu mir nicht weni- geren Dienst leisten/ als wann du fuͤr Zaͤhren und Suͤssigkeit zergiengest: zumahlen du auff solche Weiß verrichtest das Werck auß Liebe meiner/ in dem du dich selbsten im geringsten nicht suchest. Auff daß dir aber mein Leyden mehr zu Hertzen gehe/ und zur Betrachtung desselben mehrere Lust bekommest/ so hoͤre/ was ich dir sagen werde. Eine Seel/ welche mit vielen Suͤnden beladen ist/ wird sich deß Schatz meines Leydens also theilhafftig machen/ daß/ ob sie schon auch ein Tausend jaͤhriges Feg-Fewr haͤtte auß- zustehen/ dannoch in kurtzer Zeit die Schuld und Straff außtilgen/ so gar auch/ daß sie ohue einiges Feg-Fewer zur ewigen Seeligkeit gelangen wer- de. Solches muß aber geschehen auff diese Weiß. Erstlich muß er mit zerknirschtem Hertzen offt und wohl die Grob- und Vielheit seiner Suͤn- den/ mit denen er die Goͤttliche Majestet beleidiget hat/ zu Gemuͤth fuͤhren. Zum anderen muß er die Werck der eigenen Gnugthuung nit zwarn unter- lassen/ sonderen wenig achten/ als welche nit hoͤher gegen die begangene Suͤn- den zu schaͤtzen seyen/ dann ein Troͤpfflein Wasser gegen das gantze Meer. Zum Dritten muß er die Unermeßligkeit meiner Gnugthuung sonderbar hoch achten/ und gedencken/ daß auch ein eintziges Troͤpfflein meines ver- gossenen Bluts alle Suͤnden/ nicht allein der eintzigen/ sonderen auch Tau- Q q q 2 send Die Neun und Dreissigste Geistliche Lection send Welten haͤtte außloͤschen koͤnnen. Es wird sich aber ein jeder diese meine Gnugthuung in so weit zu nutzen machen/ so viel er mir durch sein Mitleiden gleichfoͤrmig wird/ und die Wenigkeit seiner Verdiensten in die Unendligkeit meiner Außtilgung in aller gezimmender Demut versencke. Diese seynd die Wort deß obgedachten Susonis in der Person Christi/ wie In Concl. Animæ. In Vita ejus c. 44. der geistreiche Blosius bezeugt. So offt ein Mensch/ sagt die Heil. Maria Magdalena de Pazzis/ das allerwerteste Blut Christi mit seinen guten Wer- cken dem himmlischen V atter auffopfferet/ so opffert er demselben eine so hoch verdienstliche Gaab; daß Gott keinen Lohn/ solches Opffer gebuͤh- rend zu vergelten/ gleichsamb finden koͤnne. Dieweilen nun der jenige/ so das Leyden Christi betrachtet/ dieses gemeinlich verrichtet; so kanstu/ mein Christliche Seel leichtlich abnehmen/ wie hoch du dir hierdurch die Gunst deß himlischen Vatters verbindest. Foͤrchte dich derhalben nit fuͤr dẽ Biß der giff- tigen Schlangen/ wan du die auff dem Berg Calvariaͤ auff gerichtete Goͤttli- che Schlange/ also zu reden/ offtmahl anzuschauen und zu betrachten dich gewoͤhnest: keine Anfechtung/ keine Truͤbsaal noch Widerwaͤrtigkeit wird dich zu Boden werffen/ wann du die Augen deines Hertzen auff deinen ge- ereutzigten JEsum schlagest/ und dessen heilige Wunden und grosse Schmer- tzen mit moͤglicher Andacht und Mit-Leyden offt betrachtest. Die Neun und Dreissigste Geistliche LECTION Von der Danckbarkeit. Ps. 102. v. 2. Benedic, anima mea, Domino, \& noli oblivisci om- nes retributiones ejus. Lobe den HErrn/ meine Seel/ und vergiß nicht aller seiner Wolthaten. 1. S Jntemahlen viele Sachen oder Materien seynd/ deren man sich zur andaͤchtigen Betrachtung gebrauchen kan; und dann deren ei- nige an Vortreff ligkeit fuͤr andern den Vorzug haben; fuͤr allen aber die jetzt-gemeldte Betrachtung von dem Leyden Christi: als wollen wir nun Von der Danckbarkeit. nun die Lection von der Danckbarkeit vornehmen/ die wir unserm lieben GOtt und HErrn am meisten schuldig seynd. Gleich wie dann die Un- danckbarkeit ein so grausames und verfluchtes Laster ist; daß/ wie der Wei- se Seneca bezeugt/ alle Gesetz insgesambt keine so grosse Straff haben fin- den koͤnnen/ mit welcher sie die Undanckbarkeit der Gebuͤhr nach zuͤchtigen moͤgen: also ist die Danckbarkeit hergegen/ GOtt und den Menschen eine so angenehme Tugend; daß/ der von einem guten Werck zum andern gluͤck- lich zu schreiten/ in seinem Gebett von GOtt erhoͤrt/ und mit Gnaden er- fuͤllet zu werden/ auch endlich GOtt und den Menschen zu gefallen verlan- get; durch diese Tugend daß alles leiehtlich erlangen koͤnne. Ey/ so lobe/ so preise/ und dancke deinem GOtt/ mein Christliche Seel/ fuͤr alle Wohl- thaten/ mit den drey Knaben im Babylonischen Feuer-Ofen; lade ein alle/ so himmlisch als irrdische Creaturen zum Lob-Gesang deines H Errn/ und unterlasse nicht/ auch fuͤr die allergeringste Wolthaten den schuldigen Danck nach deiner Wenig- und Moͤgligkeit gebuͤhrend abzustatten; auff daß du dich dadurch mehrere und groͤssere Wohlthaten zu empfangen faͤhig machest/ wie der gelehrte Cassiodorus neben anden H. H. Vaͤttern darfuͤr haltet und sagt: Wer mit Danckbarkeit annimbt das Wenige/ der Epist. 4 . wird zu groͤssern Wohlthaten eingeladen: und wer die empfangene Gutthaten erkennet/ der kan sich Hoffnung machen neue Gnaden zu empfangen. 2. Dahero ermahnet uns der gottseelige Thomas Kempensis/ und sagt: Seye danckbar fuͤr das wenigste/ so wirstu wuͤrdig seyn/ ein groͤsseres zu bekommen. Und der heilige Damascenuß sagt: daß/ gleich wie ein gerin- In Vita Barlaam. ge Artzney den Menschen offt von grossen Kranckheiten heylet; also bringen uns die Dancksagungen/ so wir unserm Herren auch fuͤr die allerge- ringste Wohlthaten gethan haben/ offt sehr grosse Guͤter zu wegen. Dahe- ro sagt der H. Bernardus: Gluͤckselig ist der Mensch/ wann er zu allen Ga- ben der Gnaden sich zu dem jenigen wendet/ in welchem ist die Fuͤlle aller Gnaden: wann wir selbigem fuͤr die empfangene Dinge uns nicht un- danckbar erzeigen; so machen wir in uns der Gnaden-Platz/ auff daß wir groͤs- sere Sachen zubekommen gewuͤrdiget werden. Wollen wir denmit den Wohl- thaten Gottes uͤberheuffet werden; so lasset uns durch die immerwehrende Dancksagung/ der empfangenen Gnaden eingedenck seyn: dieweilen/ nach Meinung deß H. Chrysostomi/ die Gedaͤchtnuß und stete Be- In Tract de Symb. Idem in Ps. 49. kentnuß der Gnaden und Wohlthaten die beste Hüterin derselben ist. Und widerumb sagt dieser H Vatter. Nichts macht Q q q 3 den Die Neun und Dreissigste Geistliche Lection den Menschen in der Tugend also wachssen/ als eben mit Gott vertraͤwlich umbgehen/ mit demselben Gespraͤch halten/ ihn loben und immer Dancksagen. Jn H andel ware sonderbar erfahren die H immels Koͤnigin Maria: derhalben hat sie/ wie der H. Bonaventura meldet/ allzeit diese zwey Wort im Mund gehabt; und schier nichts anders pfiegen zu antworten/ als/ Deo Gratias. Auch redet der Koͤnigliche Prophet/ damit er der Wolthaten Gottes nicht vergesse/ sei- Ps. 102. ne Seel mit diesen Worten an: Lobe den Herren/ meine Seele/ und alles was in mir ist/ seinen H. Nahmen. 3. Bey dem Propheten Ezechiel befilcht Gott/ das/ wer durch das Thor deß Tempels gegen Mittnacht herein kombt/ durch den Weeg deß Thors/ daß gegen Mittag ist/ widerumb hinauß gehe; daß also niemand durch den Weeg deß Thors widerumb außgehe/ da durch er hinein kommen ist/ sondern soll gegen uͤber hinauß gehen: damit er nicht dem Gnaden-Thron den Rucken kehre/ wann er zum Tempel hinauß gehet. Wodurch wirsehr glimpfflich unterrichtet werden; daß wir nach empfangenen Wolthaten von Gott dem- selben durch die Vergessenheit den Rucken nicht wenden sollen. Ob nun zwarn sehr viele Wohlthaten seyen/ fuͤr welche dem lieben Gott wir unsterb- lichen Danck zu sagen/ hoͤchstens verbunden seyen; so wollen wir dannoch die jenige alhier anfuͤhren/ deren man sich mit grossem Nutzen in denen Be- trachtungen gebrauchen kan. Gewiß ist nun zum ersten/ daß die Er- schaffung eines jeden Menschen zum Ebenbild Gottes/ eine grosse Wohlthat seye; zumalen hierauß die hoͤchste Lieb deß Allerhoͤchsten gegen einen jeden be- sonderen Menschen erhoͤllet; dieweilen derselbige mehr liebet einen solchen/ dan alle Creaturen/ so da koͤnten erschaffen werden/ wie die Thomisten lehren. dann das Lieben bestehet darin/ daß man einem anderen was Gutes zufuͤgen wolle: Gott aber will einem jeden Menschen Gutes; nemblich/ daß er seye/ was er ist: und weilen er dieses denen Creaturen/ so da noch seyn koͤnnen/ und nicht seynd/ bist dato weigeret; so folgt klaͤrlich/ daß von Gott ein Mensch/ so da erschaffen ist/ mehr geliebet werde/ als alle andere Creaturen/ welche noch nit erschaffen seynd. Sollen wir dan und ein jeder fuͤr sich selbstẽ/ dem Allmaͤchtigen Gott fuͤr alsolche Wolthat der Erschaffung nicht hoͤch- sten Danck erstatten? Lasset uns/ sagt Gott/ einen Menschen zu un- Con. 4. serm Ebenbild machen: und wir wollen sagen/ lasset uns unserm Erschoͤpffer fuͤr alsolche grosse Gnad dancken/ daß er uns zu seinem Ebenbild gemacht hat: lasset uns sagen mit dem H. Anselmo: ich bekenne/ mein Gott/ und dancke dir/ daß du mich zu deinem Ebenbild erschaffen hast/ damit ich an dich gedencke/ dich liebe/ dich lerne kennen/ und lobe. 4. Es Von der Danckbarkeit. 4. Es fordert auch die Goͤttliche Majestet ein danckbares Hertz von dem Menschen/ wegen der Herrschafft/ so ihme uͤber alle erschaffene Dinge ist mitgetheilt worden. Herrschet/ sagt GO tt/ ůber die Fische deß Ps. 8. 8. Meers/ ůber die Voͤgel der Lufft/ und ůber alles was auff Erden lebt: Siehet/ ich hab euch alle Kraͤuter und alle Baͤum/ \&c. Auch weilen alles/ was da erschaffen ist/ dem Menschen dienet: nicht allein die irrdische Creaturen/ als da seynd die Fruͤchten/ der Lufft/ das Wasser/ die Fisch/ und uͤbrige Thiere/ nach Zeugnuͤß deß Koͤ- niglichen Propheten/ da er spricht: Alle Dinge hastu unter seine Fůsse geworffen/ die Schaafe und Ochsen allzusammen/ darzu auch das Viehe auff dem Felde/ die Voͤgel deß Him- mels und die Fische deß Meers. Nicht allein/ sag ich/ diese Din- ge dienen dem Menschen; sondern auch die himmlische Creaturen/ als da seynd die Engeln GOttes/ stehen zum Dienst desselben bereit und willig/ Ps. 90. 11. 12. wie der obgemeldte David mit diesen Worten bekennet: Er hat leinen Engeln von dir befohlen/ daß sie dich behůten auff allen deinen Weegen: sie werden dich auff den Haͤnden tragen/ damit du deinen Fueß villeicht nicht an einen Stein stos- sest. Jst nicht diese/ mein Christliche Seel/ ein grosse Wuͤrde/ mit der dich dein GOtt geehret hat? Wann du solche Wohlthaten nicht sehest/ so bistu/ wie der H. Vatter Augustinus sagt/ blind; du lobest GO tt nicht/ sondern bist undanckbar; und wann du dein GOtt hieruͤber zu preisen dich auch im gerinsten weigerest/ so bistu zumalen naͤrrisch. Hoͤre derhalben die Rechenschafft/ welche von dem undanckbaren Menschen einmals wird ge- Sup. Matth. fordert werden/ auß den Worten deß H. Chrysostomi: An jenem Tag/ sagt er/ werden wir nichts finden/ dadurch wir uns verant- worten koͤnnen/ wann nemblich Himmel und Erd/ Was- ser/ Sonn/ und Mond/ Tag und Nacht sambt der gantzen Welt wider uns zum Zeuchnus unserer Sůnden werden auffstehoͤn. 5. Weiters muß uns zur hoͤchsten Danckbarkeit antreiben/ daß GOTT (welches uͤber alle massen zu verwundern ist) zu Erloͤsung deß erschaffenen Menschen seinen Sohn habe dargeben. Also hat GOtt die Welt Joan. 3. geliebet/ rufft der heilige Joannes/ daß er seinen eingebohrnen Sohn gegeben hat. Der Mensch hat nicht weniger gesuͤndiget/ als die Widerspennige und Abtrinnige Engeln; derhalben hatte er auch nach aller Gerechtigkeit mit denselben sollen ewig verdambt werden: nichts desto- weni- Die Neun und Dreyssigste Geistliche Lection weniger hat der Sohn GOttes sothane Engeln/ obschon edlere Creaturen/ als die Menschen; in ihrem Verderben wollen stecken lassen/ und auff die Welt kommen/ auff daß er den armen Menschen von den verdienten grau- samen Straffen befreyen/ und zum Erben deß himmlischen Vatterlands ein- setzen moͤgte: und weilen er solches zu mehrer Befoͤrderung unseres Heyls/ durch einen so schmaͤhligen und bittern Todt verrichten wollen; was ver- meinstu nicht/ daß er vor Dancksagung zu Vergeltung dieser grossen Lieb von uns rechtmaͤssiglich begehren koͤnne; der als ein wahrer und treu-hertzi- ger Buͤrg/ sein eigenes Blut zu Bezahlung der Schuld gegeben hat? Nichts anders will dieser Goͤttliche Buͤrg/ als was der Weise Mann erfordert/ da Eccl. 29. 18. er spricht: Vergiß der Wohlthat eines Bůrgen nicht; dann er hat seine Seel fůr dich gegeben. Dieser Eingebohrne Sohn GOttes/ ein Koͤnig aller Koͤnigen/ ein Herr aller Herrschenden/ hat seine Seel (in welcher alle Schaͤtz der Weißheit und Wissenschafft GOttes seynd) fuͤr uns verwuͤrffliche Erd-Wuͤrmb/ und Schlaven deß grossen Hoͤllischen Feinds zur Buͤrgschafft gestellet/ und daß zwarn auff die Weiß/ Esaia 53. wieder Prophet im Geist hatte vor gesehen/ und gesagt: Er hat weder Gestalt noch Schoͤne/ und wir haben ihn beschauet/ und es war kein Ansehen da: Er war verachtet/ und der allergeringste unter den Maͤnnern. Er hat fuͤrwahr alle Kranckheiten auff sich geladen/ und unsere Schmer- tzen hat er selbst getragen/ und wir haben ihn gleich ei- nem Außsaͤtzigen gehalten/ als einen der von GOtt ge- schlagen und gedemüthiget ware/ \&c. Warumb aber dieß al- les? Dieweilen er sich seinem Vatter fuͤr einen Buͤrgen erbotten hat: da- hero ist erfolgt: Daß er verwundet ist worden umb unser Missethat willen/ wir seynd durch seine Striemen ge- heilet worden/ und der HErr hat unser aller Missethat auff ihn gelegt. Jn dem solche hoͤchst-verwunderliche grosse Lieb deß himmlischen Buͤrgen der H. Bernardus bey sich erweget; rufft er uͤberlaut Serm. 41. in Ap- pend. und sagt: O du/ biß über die Ohren in Schulden vertieffte/ und deß Teuffels eigenthümbliche Sünder! Nehme doch auß deß Loͤsungs-Gelds deine Gefangenschafft ab: auß der Gnugthuung deß Bürgen erkenne den Last deiner Sünden. Siehe doch zu/ rufft dir der H. Vatter Augustinus: Siehe zu/ O Mensch/ wie hoch du geschaͤtzet werdest/ und was du schuldig seyest/ und nachdem du so grosse Wür- Von der Danckbarkeit. Wůrde deiner Erloͤsung wirst erkennet haben; so schaͤme dich fortan mehr zu sundigen. Und/ wann ich/ sagt abermahl der H. Bernardus mich selhsten gantz schuldig bin/ dieweilen ich erschaffen bin; was soll ich dann hinzu setzen/ daß ich/ der ich verdorben ware/ wiederumb zu recht gebracht bin? und daß zwarn auff solche Weiß und Manier? Dann ich bin nicht so leichtlich wiederumb zurecht gebracht worden/ als ich bin gemacht worden: im ersten Werck/ nemblich in der Erschaffung/ hat GOtt mich mir gegeben: die- weilen ich nun mir gegeben bin/ und darzu wiederumb zurecht gebracht worden/ da ich zumahlen verdorben und vernichtiget ware; so bin ich mich für mich schůldig/ und zweymahl schuldig/ einmahl daß ich erschaffen bin/ und einmahl/ da ich verlohren ware/ wiederumb auffs neue gleichsamb gemacht bin. Was soll ich dann meinem GOtt erstatten für ihn selbsten: dann/ so ich mich schon tausendmahl ihm geben würde/ was bin ich gegen GOtt zu achten: 6. Diese fuͤsse und holdseelige Wort hoͤren wir an/ wir lesen und wissen sie; und dannoch ist unsere Boͤßheit und Undanckbarkeit so groß/ daß wir dieses nicht allein offtmahls bey uns zu erwegen vernachlaͤssigen; sondern auch so grosse Lieb nur mit Haaß/ und solche stattliche Freyheit nur mit Boͤßheit vergelten. Und dieses ist/ das dem liebreichen Heyland am Creutz die Zaͤhren auß den Augen getrieben hat/ wie der Apostel bezeuget/ und sagt: Welcher mit einem starcken Geschrey und mit Thraͤnen Hebr. 5 7. Apud S. Bonav. 6. in Pa- rasc. auffgeopffert hat; nemblich sich selbsten. Christus hat am Creutz geweinet/ sagt der heilige Bernardus/ dieweilen dessen Leyden/ welches für alle Menschen seelig zu machen gnugsamb be- standt ware/ gleichwohl an so vielen verlohren gienge. Die innerliche Schmertzen Christi/ wegen der menschli- chen Vndanckbarkeit/ seynd viel groͤsser gewesen/ als die aͤusserliche Peynen deß Leibs. Derhalben sagt er bey dem Koͤ- niglichen Propheten: Sie haben über den Schmertzen mei- Psal. 68. ner Wunden mehr hinzu gethan. Und der Geistreiche Vatter Hugo de S. Victore redet in der Persohn deß am Creutz hangenden Hey- lands also: R r r Sehe Die Neun und Dreyssigste Geistliche Lection Sche/ O Mensch/ was ich hier leyd fuͤr dich; Die Schmertzen/ so mich plagen: Sche die Naͤgel/ so durchtrungen mich/ Durch grausamb hartes schlagen. Wiewohl die Peyn sehr groß ist eusserlich/ Groͤsser/ dann dir kundbahr ist; So schmertzt mich doch mehr innerlich/ Daß du mir so undanckbar bist. Was ist dan anders uͤbrig/ mein Christliche Seel/ als daß wir die Apostoli- 2. Con 5- 15. sche Ermahnung gar tieff in unsere Hertzen eintrucken/ die also lautet: Chri- stus ist fůr alle gestorben; auf daß die jenige/ so da leben/ hin- fuhro auch nicht ihnen selbst leben/ sondern dem/ der fůr sie gestorben ist. Als wolte der Apostel sagen: Sie sollen nicht leben ihrer Ei- telkeit/ nicht ihrem eigenen Willen und Wollust; sonderen dem/ der sein Le- ben fuͤr sie hat auffgesetzt; dem/ der fuͤr sie hat gnug gethan; dem/ der fuͤr sie alle Schuld bezahlet; und endlich dem/ der sie auß der schwaͤren Dinstbarkeit deß boͤsen Feinds mit seinem Blut erloͤset hat. Lasset uns derhalben mit demselbigen Paulo sagen: Jch lebe/ nunmehr nicht ich/ sonderen C alat. 2. v. 20. Christus leber in mir. 7. Neben diesen allgemeinen Wolthaten werden noch andere gefunden/ so da nicht allen/ sonderen nur einigen seynd mitgetheilt worden; als da ist die Gnad der Beruffung zum wahren Glauben und zum geistlichen Stand: fuͤr welche die Goͤttliche Majestet von allen Christ-Glaubigen/ und sonder- bar denen Geistlichen/ einen sonderbahren Affect der Danckbarkeit erfordert: sintemahlen/ wie der danckbare Koͤnig David sagt: Er hat deßgleichen keinem Volck gethan/ und hat ih- nen seine Gerichte nicht offenbaret. Dieweilen dann ley- der! so wenig Christ-Glaubige moͤgen gezehlet werden/ die ihre so grosse und sonderbare Gnad der Beruffung zum Glauben betrachten und erken- nen/ und also alle schuͤldige Dancksagung ins Vergeß stellen: so ist fuͤrwahr kein wunder/ dat Gottselbige mit den Augen seiner Barmhertzigkeit anzu- schawen sich nicht wuͤrdige; daß er ihnen die weitere Gnad entziehe/ und daß er so undanckbare Christen/ so wohlam Leib/ als an der Seelen/ mit aller- hand Straffen (wie die taͤgliche Erfahrnuß lehret) mehr/ dan andere Un- glaubige/ zuͤchtiget. Daher entstehet das Verderben so vieler Geistlichen/ deren nicht wenige gefunden werden/ welche den Beruffzum Closter-Leben fuͤr Von der Danckbarkeit. fur keine Wolthaten achten/ und mit ihren ungeschlaͤchten Sitten gnugsamb an Tag geben/ was fuͤr danckbares Gemuͤt sie ihrem Allerhoͤchsten Wolthaͤter fuͤr so grosse Gnaden zutragen. Kan auch wohl ein groͤssere Undanckbar- keit erdacht werden/ als wann der Mensch die allerbequemlichste Gelegen- heit Gott zu dienen/ und das Heyl der Seelen zu wircken/ erlangt hat; und dannoch solches nicht erkennet? Billig derhalben/ und abermal billg lassestu zu/ O gerechter Gott! daß sothane Geistliche (so doch den Nahmen eines Christen nicht verdienen) von einer Suͤnd zur anderen/ und endlich zur ewi- Serm. gen Verdambnuß gestuͤrtzet werden: Zumalen/ nach Zeugnuß deß H. Pe- tri Chrysologi/ nichts den Zorn GOttes so leicht entzůndet/ als die Vndanckbarkeit; welche da ist eine Außforderung alles Boͤsen/ eine Vernichtigung der Wohltaten/ und Vertreibung der Verdiensten. Von dieser sagt wiederumb der H. Bernardus: Die Vndanckbarkeit ist eine Feindin der See- Serm. 52. len/ eine außtilgung der Verdiensten/ eine Verstrenerin der Tugenten/ eine Verliererin der Wohlthaten/ ein scharffer Wind/ so den Brunen der Andacht/ den Thau der Barm- hertzigkeit/ und den Fluß der Gnaden außtrucknet. Un- danckbarkeit zu verhuͤten/ spricht der H. Vatter Augustinis also zum Herrn: Jch will/ O HErr/ aller deiner Gůter mich erinnern/ die In Solil. c. 1 8 . du mir von meiner Jugend an/ biß auff gegenwaͤrtiges Augenblick erwiesen hat: dann ich weiß/ daß dir sehr mißfalle die Vndanckbarkeit/ welche ist eine Wurtzel alles geistlichen Vbels; ein hitziger und schneidender Wind/ der alles Gute verbrennet und verdrucknet/ und den Brun- nen deiner Barmhertzigkeit ůber uns verstopffet; diewei- len die Vbeln/ so bereits todt waren/ hervor kommen/ und die Wercke/ so da eben lebendig worden/ wiederumb ster- ben. 8. Weiters koͤnnen wir den grossen Mißfallen Gottes uͤber die Undanck- barkeit auch auß dem Evangelio erkennen/ alwo Christus zehn aussetzige Maͤnner geheilet/ deren nur ein eintziger mit danckbarem Hertzen und Mund zuruͤckommen: die Undanckbakeit aber der uͤbrigen neun geheilten hat der Heyland uͤbel empfunden/ derhalben sagt er: Seynd ihrer nicht zehn gereiniget worden: wo seynd dann die neun: keiner ist ge- funden/ der widerkehrete/ und GOTT die Ehr gaͤbe. Diesen Verweiß werden einsmals viele Geistliche hoͤren muͤssen: hab ich euch R r r 2 nicht Die Neun und Dreyssigste Geistliche Lection nicht fuͤr anderen geliebt/ und zum Geistlichen Stand beruffen/ auff daß ihr mir zu dienen Gelegenheit haben moͤgtet? Wo ist nun mein Lob/ wo ist die Dancksagung fuͤr so grosse Wolthat? Wie haͤtt ich euch doch groͤssere Wolthat erzeigen koͤnnen? Nun hab ich fuͤr meine sonderbare Gnaden von euch nichts empfangen als Undanck: derhalben wird ewer Urtheil erschroͤcklich seyn/ weilen die empfangene Wolthaten bey euch fuͤr anderen groß gewesen seynd. Damit du/ mein Christliche Seel/ diesem schwaͤren Gericht ent- gehen moͤgest/ so errinnere dich der allgemeinen und sonderbaren Goͤttlichen W olthaten offtmalen/ betrachte selbige/ und sage deinem lieben Gott darfuͤr unauffhoͤrlichen Danck/ in dem du deinen Regulen und Satzungen in allem unstraͤfflich nachzuleben dich befleissest: dan der also lebt/ sagt der H. Vatter Augustinus/ der lobt Gott/ und erzeigt sich demselben auch ohne allen Zweiffel immer und allzeit danckbar; zumalen der Mensch seinem Gott kein angenehmere Diensten leisten kan/ als wann er dessen Gebott und die ihme zu seiner Ehren anbefohlene Satzungen fleissig haltet. Der meine Gebott hat/ sagt der Herr/ und haltet selbige/ der ist der mich liebet: der lobt mich/ der ehret und preiset mich. 9. Nun ists/ leider! mit dem armen Menschen so weit kommen/ daß man selbigen/ zu den unvernuͤnfftigen Thieren/ gleich wie der Weise Mann den faulen zur Ameisen zu verweisen noͤtig haͤtte/ damit er von selbigen die schuͤl- dige Danckbarkeit erlernete. Jst nicht ein Hund fuͤr das Fuder/ so er von seinem Herren zu seinem Unterhalt bekombt/ mit seiner Trewe demselben danckbar; Hat nicht dem H. Macario von Alexandria die Loͤwin/ deren Junges Loͤwlein er sehend gemacht/ demselben zur Dancksagung ein grosse Schaaffs-Haut gebracht Hat nit der Storck/ dem die Wittwe deß Heracli- dis das B ein verbunden/ derselben zum Zeichen der Danckbarkeit ein sehr kostbares Edel-Gestein mit dem Schnabel fuͤr die Fuͤß geworffen? Hat nicht jener Loͤw/ dem ein Mensch den Dorn außm Fuß gezogen/ seinem Wolthaͤ- ter nachmalen das Leben erhalten? Hat man nicht dergleichen Danckbarkeit der unvernuͤnfftigen Thieren gar viele/ so da ohne zweiffel durch Gottes Ver- haͤngnuß/ zu deiner und meiner Beschaͤmung sich vor und nach zugetragen haben? Lasset uns derhalben nicht unvernuͤnfftiger/ dan die unvernuͤufftige Thier seyn; sonderen in unserer Eben-Bildnus ehren den wahren und le- bendigen Gott/ lasset uns ihm dancken mit Leib/ mit Seel/ und mit Gedan- cken/ von dem wir haben daß wir seynd/ von dem wir haben/ was wir seynd/ und haben koͤnnen/ was wir zu werden verlangen. Die Von der Sacramentalischen Beicht. Die Vierzigste Geistliche LECTION Von der Sacramentalischen Beicht. Iniquitatem meam annuntiabo, \& cogitabo pro pec- Psal. 37. v. 19. cato meo. Jch will meine Vngerechtigkeit anzeigen/ und Sorge tragen für meine Sünde. 1. O Bwohln viel von der Sacramentalischen Beicht koͤnte gehandlet werden; so habe ich mir doch vorgenommen/ dieses alles vorbey zu gehen/ und durch Anzeigung der fuͤglichen Beyspielen zu zeigen/ was fuͤr ein grosses Gut die Sacramentalische Beicht seye/ wann sie wohl verrichtet wird/ und wie schaͤdlich dieselbe auch seye/ wan sie uͤbel gesprochen wird. Nun ist aber die Beicht ein Sacrament/ in welchem dem jenigen/ Trid. S. 14. c. 1. der von seinen Suͤnden ein Abscheuen hat/ und selbige rechtmaͤssig beichtet/ eine wahre Loßsprechung und Nachlaß vom Priester ertheilet wird. Zu die- ser Beicht werden fuͤrnemblich drey Theil erfordert: Erstlich die Zerknir- schung/ oder Reu und Leyd deß Hertzen/ wie auch eine Verfluchung der begangenen Suͤnden/ sambt einem Vornehmen/ hinfuͤhro nicht mehr zu suͤndigen. Der zweyte Theil ist die Erzehlung der Suͤnden. Der dritte/ und zwar der beschließliche Theil allein (dann ohne die zwey erste Theil kan das Sacrament nicht bestehen) ist die Gnugthuung. Diese Beicht prei- set der H. Vatter Augustinus uͤber alle massen/ und sagt: Die Beicht in Lib. de Pœnit. ist ein Heyl der Seelen/ ein Zerstreuerin der Lastern/ ein streitbare Heldin wider die boͤse Feinde. Was mehr? Diese Beicht verstopffet den Schlund der Hoͤllen/ und eroͤffnet die Pforten deß Para- Die Viertzigste Geistliche Lection Luc. 1. c. 2. Paradeiß. Die Beicht/ sagt der H. Jsidorus/ Heylet/ die Beicht rechtfertiget/ die Beicht gibt den Sünden Nachlaß. Alle Hoffnung bestehet in der Beicht: die Beicht ist ein Ort der Barmhertzigkeit. Kein so schwaͤre Schuld ist welche durch die Beicht nicht vergeben wird. Das diesem nun also seye/ kanstu/ mein Christliche Seel/ auß den folgenden Zielen abnehmen. Grad. 4. Historia 2. Der gottseelige Climacus erzehlet; daß zu der Zeit/ da er sich in einem frembden Kloster auffgehalten/ von dem Vorsteher ein Moͤrder zu selbigem seye angenommen worden; deme er dann erlaubet/ daß er vorhero dersel- ben Geistlichen Weiß und Manier zu leben/ in seinen weltlichen Kleidern beschauen/ und also bey sich schliessen koͤnte/ ob er zu solchem Stand beruffen seye/ oder mit. Nachdem der vor gemeldte Moͤrder diesem nachgelebt/ und eine heldenmuͤtige Resolution gefasset/ sein Lebẽ zu bessern/ und dasselbe denẽ andern buͤssendẽ Geistlichen gleichfoͤrmig zu machen; hat er in Gegenwart deß Vor- stehers alles gern bekent/ was er imer Boͤses und Suͤndhafftes begangen habe. Warum ihme befohlen worden/ daß er diese saͤmbtliche Missethaten vor der gantzen Gemeinde (so sich in die 220 Geistliche Personen erstrecket) erzehlen solte. Zu dem er sich dan nit allein gantz willig und froͤlig erzeigt; sonderen hat sich auch anerbotten/ sein uͤberauß boͤßhafftes Leben/ zu seiner mehreren Con- fusion/ in Mitten der Stadt A lexandria zu entdecken. Zu dieser oͤffentlichen Beicht ist der Missethaͤter mit auff dem Rucken gebundenen Haͤnden/ mit einem sehr harten Cilicio bekleidet; auch mit Aschrn bestrewet/ zu aller Men- schen grosse Verwunderung und Mitleyden/ von einigen Geistlichen unter beharrlichem Strichelen/ zur Kirchen gezogen worden. Ehe er aber zur Kirchen hinein kommen/ hat ihnen der Vorsteher mit so erschrockend er Stimm angeredet/ und ihm befohlen/ er solle still stehen/ weilen er nicht wuͤrdig waͤre zur Kirchen hineinzugehen/ daß er alsbald zu Boden gefallen und mit seinen Zaͤhrendie Erd benetzet hat. Nach dem er auffgestanden/ hat er angefangen/ alle seine Suͤnden/ so sehr viele an der Zahl und uͤber auß groß und erschroͤcklich gewesen/ zu erzehlen. Nachdem dieses geschehen/ ist er von dem Vorsteher auffgenommen worden; und hat sich zugetragen/ daß einer deren Geistlichen in waͤrender dieser Beicht gesehen/ daß ein grosser und grausamber Mann einen geschriebenen Brieff und Feder in der Hand gehalten/ und was der vorgemeldte Moͤrder gebeichtet/ habe er vor und nach außgetilget. Apud Disc. Historia. 3. Caͤsarius erzehlet/ daß ein sicher Priester ein Weib eines Soldaten geschaͤndet habe/ welcher auß sicheren Zeichen hieruͤber Argwohn geschoͤpfft hatte Von der Sacramentalischen Beicht. hatte; damit er aber der Sachen Beschaffenheit erfahren moͤgte/ hat er ihn in aller Freundligkeit zu sich geladen/ da sie nun miteinander zu einem Dorff ge- kommen/ allwo ein Besessener ware/ welcher den Leuten die Suͤnden/ so sie nicht gebeichtet/ fuͤrgeworffen/ und nun der Priester den Soldaten verdacht hatte/ als wan er ihn derhalben an dieses Ort gefuͤhrt haͤtte/ alwo die Warheit solte loßbrechen/ und er Priester sich auch uͤbel bewust ware; hat er sich angenommen/ als wuͤrde er genoͤthiget/ einen Abtritt zu thun; und damit er von dem Besessenen nicht verrathen werde/ ist er zum Stall dieses Doͤrffleins oder Meyerhoffs hineingangen/ fuͤr den Fuͤssen deß Stall-Knechts nieder gefallen/ und hat selbigen umb Got- tes willen gebetten/ er wolle doch seine Beicht anhoͤren. Nach dem er nun gebeichtet/ und eine Buß begehret/ hat ihm der Stall-Knecht geantwortet/ ersolle daß jenige zur Buß verrichten/ was er als ein Priester in solchem Fall einem anderen aufferlegen wuͤrde. Und also ist er mit dem obgemelten Soldaten mit mehrerer Sicherheit zur Kirchen gangen/ alwo der Besessene sich auffhielte/ welchen der Soldat mit diesen Worten gefragt: Weistu etwas von mir? dem der Besessene zur Antwort gegeben und gesagt Jch weiß nicht/ was ich antworten soll. Alsbald fragt der Soldat abermal und sagt: was geduͤnckt dich dan von diesem Menschen? der Besessene antwortet/ er wisse nichts von selbigem: und nachdem er dieses in teutscher Sprach gesagt hatte/ setzt er in lateinischer Sprach hinzu: Er ist im Stall gerechtfertiget worden/ dieweilen kein Beichts-Vatter vor handen ware. Hierauß kan man gnug- samb abnemmen/ wie grosse Krafft habe eine demuͤtige Anklagung deß Suͤn- ders uͤber seine begangene Missethaten. Dan so dieser Priester derhalben von seinem veruͤbten Ehe-Bruch ist loßgesprochen worden/ weilen er seine Suͤnd dem Stall-Knecht bekennet/ mit dem Vorsatz selbige einem recht- maͤssigen Priester zu beichten/ wann solcher gegenwaͤrtig gewesen waͤre; wie kan man dan zweiffelen/ daß der jenige gerechtfertiget werde/ so da einem Ge- walt-habenden Priester seine Suͤnden rechtmaͤssig beichtet? Wann wir unsere Sünden bekennen/ sagt der H. Joannes/ so ist Gott ge- Joan. 1. v. 9. trew und gerecht/ daß er uns unsere Sünden vergebe/ und reinige uns von aller Vngerechtigkeit. Dieß hat erfahren der gefallene David, so da wegen der Suͤnd deß Ehe-Bruchs und begangenen Todtschlags von dem Pro pheten Nathan gestraffet wurde/ und sagte: Pec- cavi: Jch hab gesündiget: und siehe/ kaum hat er das Woͤrtlein Peccavi, ich hab gesündiget/ mit zerknischtem Hertzen außgesprochen/ da hat er zu horen verdienet: Der HErr hat deine Sůnd hinweg ge- 2. Reg. 12 nom- Die Viertzigste Geistliche Lection Sup. Bea- ti Imma- cul. nommen. Dahero sagt recht der H. Ambrosius: Der sich ankla- get/ und ob wohl ein Sůnder ist/ so fangt er doch an ge- recht zu seyn/ dieweilen er seiner nicht verschoͤnet/ und die Gerechtigkeiten GOttes bekennet: zumahlen die Goͤttli- che Rach auffhoͤret/ wann die menschliche Beicht vorher- Ps. 37. v. 9. gehet. Und der Koͤnigliche Prophet sagt: Jch will meine Vnge- rechtigkeit anzeigen/ und Sorg tragen für meine Suͤn- de: Dann er wuste wohl/ daß kein besseres Mittel wider die Suͤnden koͤnte gefunden werden/ als eben die Beicht derselben; welches alles durch folgende Histori bestaͤttiget wird. Cæsar. Dial. apud Disc. Historia. 4. Da einsmahls ein Priester zur Fasten-Zeit in der Kirchen seiner Schaaf- fen Beicht anhoͤrete; stunde auch einer/ dem aͤusserlichen Ansehen nach/ starcker Juͤngling/ und wartete der Ordnung zum Beichten ab. Demnach alle gebeichtet hatten/ fienge er auch an/ und beichtete so grausame Suͤnden/ daß der Priester fuͤr Greuel und Abscheuen sagte: wann du Tausend Jahr alt waͤrest/ so waͤren doch dieser Suͤnden viel zu viel. Worauff der Teuf- fel antwortet: Jch bin mehr als tausend Jahr alt: der Priester aber entsetze- te sich/ und sprach: wer bistu dann? Jch bin einer von denen/ gab er zur Antwort/ so mit dem Lucifer gefallen seynd; ich hab dir meine Suͤnden noch lang nit alle gebeichtet; wan du meine uͤbrige Suͤnden wilst anhoͤren/ siehe/ ich bereit/ dieselbige zu beichten. Weilen nun der Priester wohl wuste/ daß die Suͤnd deß Teuffels nicht zu heylen waͤre/ fragte er ihn/ und sagte: was hastu mit der Beicht zu schaffen? der Teuffel aber antwortete und sprach: ich stunde gegen dir uͤber/ und sahe/ daß die Suͤnder zu dir sich naheten/ und gerechtfertiget von dir wiederkehreten; derhalben bin ich auch kommen in Hoffuung solche Gnad zu erlangen. Da antwortete ihm der Priester/ und sagte/ du kanst auch dergleichen Ablaß erhalten; wann du die von mir dir aufferlegte Buß mit zerknirschtem Hertzen wirst verrichtet haben. Der Teuf- fel antwortet: wann du mir eine ertraͤgliche Buß wirst geben/ so will ich dir gehorchen. Jch will dir/ sagt der Priester/ eine sehr geringe Gnugthuung aufflegen/ nemblich diese: Gehe hin/ und werffe dich dreymal im Tag zur Erden nieder/ und spreche: Mein HErr und GOtt/ und mein Erschoͤpf- fer/ ich bin ein Suͤnder/ und hab dir gesuͤndiget/ verzeyhe mir. Da sich nun der Teuffel hieruͤber beklagte mit dem Vorwand/ daß diese Buß zu schwaͤr fiele/ fragte der Priester/ und sagte: warumb beschwerstu dich uͤber so gar geringe Buß? Der Teuffel gabe zur Antwort; er koͤnte sich ihm in so weit Von der Sacramentalischen Beicht. weit nicht verdemuͤtigen/ und erbotte sich an/ alle andere Buß-Werck der Ge- buͤhr nach zu volloͤringen. Der Priester aber zoͤrnete hieruͤber und sprach: O du hoffaͤrtiger Geistlist dann deine Hoffart so groß/ daß du in so wenigem dich nicht koͤnnest/ noch wollest deinem Erschoͤpffer demuͤtigen/ so troll dich alsbald hinweg/ und versichere dich/ daß du weder in dieser/ weder in jener Welt Barmhertzigkeit erlangen werdest. Auff diese Wort ist der Teuffel verschwunden. 5. So hat dan die Beicht ein solche Krafft/ daß sie die Menschen/ so da mit allerhand Wust erfuͤllet seynd/ reinige/ und weisser mache als der Schuee; dahero wird sie vom boͤsen Feind billig also gefoͤrchtet/ wie er un- ter andern mahlen auch eins selbst bekennen muͤssen: dann als der Magi- Spec. er Verb. Confess. exempl. 15. ster Thomas Theologus zum Sterben kommen/ hat er den Teuffel gese- hen in einem Winckel deß Zimmers stehen/ und hat ihn mit den Worten/ deren sich der H. Martinus zu gebrauchen pflegte/ angeredet/ und gesagt: was magstu hier/ du Blut-gieriges Thier? Sag mir/ was euch am meisten schade. Dieweiln nun der Teuffel zu Anfangs nichts geantwortet; hat er selbi- gen durch den Gott/ derdie Lebendige und die Todte richten wird/ beschwoh- ren/ und also zur folgenden Antwort genoͤtiget Nichts ist/ sagt der Teuffel/ in der Kirchen/ daß uns also schade/ und unsere Muͤhe und Anschlaͤg krafftloß machet/ als eben die oͤfftere Beicht; zumalen durch selbige die Baͤnde der Todt-Suͤnden/ mit denen wir die Seelen gefesselt haben/ zerbrechen. Der H. Martyr Astion noch ein Juͤngling hat mit dem boͤsen Feind einen har- L. 1. v. PP. in vit. c. 11 ten Streit gehabt/ und demselben nichts abwinnen koͤnnen/ dieweilen er den Streit seinem Magistro dem Episteto nicht offenbaret hat: so bald er aber die Anfechtung entdecket hat/ ist er von den unreinen Gedancken befreiet wor- den; und hat der Sathan in Gestalt eines kleinen schwartzen Kindleins mit einer brennender Fackel von ihme die Flucht genommen und gesagt: deine Beicht/ du Astion, hat mich und meine grosse Macht krafftloß gemacht. Was kanstu/ mein Christliche Seel/ hierauß anders schliessen/ als daß du dich deß Sacrament der Beicht mit einem demuͤtigen und zerknirschten Hertzen offt gebrauchest: dan gleich wie eine Spinn die jenige Zimmer meidet/ so daofft gesaubert werden; also fliehet der boͤse Feind die jenige Menschen/ welche offt zur Beicht gehen. 6. Ob wohl nun die Beicht sehr viel gutes wircket/ wann sie rechtmaͤssig geschicht/ so thut sie doch das Widerspiel/ wann sie uͤbel verrichtet wird: dan der auffsetzlich eine Todt-Suͤnd in der Beicht verschweiget/ der nimbt an S s s statt Die Viertzigste Geistliche Lection Disc. statt der Artzeney nur lauter Gifft zu sich/ und haͤuffet eine Suͤnd uͤber die an- dere/ wie folgende Geschicht erklaͤhret. Eine gewisse adliche Matron hatt viele Jahren einen begangenen Ehe-Bruch auß Schamhafftigkeit in der Historia. Beicht verschwiegen. Zum Schloß dieser Damen kehrten einsmals zwey Geistliche auß dem Orden deß H. Dominici ein/ und lasen daselbsten Meeß; deren einer deß Pabsten Beichts-Vatter ware: bey so gewuͤnschter Gele- genheit erfrewete sich das Weib/ daß sie dermalen eins ihre vorgemelte Suͤnd denen Fremblingen ohne Schew beichten moͤgte. Da sie nun den Last ihrer Suͤnden durch eine auffrichtige Beicht vor und nach von sich warffe/ kame zu jeder Suͤnd ein abschewliche Krott auß dero Mund hervor/ und huͤpffte durch die Kirchen hin und wider. Da sie nun endlich auch ein sehr grausambes Laster neben denen vorhin abgelegten Suͤnden beichten wolte/ kame ein erschroͤcklicher Drach auß derselben Mund mit dem Kopff anfaͤng- lich hervor/ welcher aber sich nicht gaͤntzlich herauß lassen wolte/ in dem diese Dame von der S chamhafftigkeit uͤberwunden/ die Bekaͤndnuß alsolcher Suͤnde zuruck hielte. Dahero kamen alle vorhin außgetriebene Krotten zu dem beichtenden Weib/ und sprungen widerumb derselben zum Mund hinein. Nach gethaner Beicht setzten die Geistliche alsbald ihre Reise weiters fort; auff welcher der eine alles was er im Geist gesehen hatte/ dem Beichts-Vat- ter erzehlete: alsbald kehrten sie zuruck/ in Meinung das Weib zur vollkoͤm- lichen Beicht zu ermahnen; funden aber/ daß sie deß gaͤhen Todts gestorben ware: wuͤrden derhalben zumalen entroͤstet/ und nahmen sich vor durch ein dreytaͤgiges Fasten und unauffhoͤrliches Betten/ den barmhertzigen GOtt zu bewegen/ daß er sich entweder dieser Seelen erbarmen/ oder ihnen dersel- ben Zustand bedeuten wolle. Nach dreyen Tagen erschiene die verstorbe- ne Dame auff einem erschroͤcklichen Drachen reitend/ und mit zwey giffti- gen Schlangen umbhaͤlset/ so mit ihren Zaͤhnen derselben Bruͤst zernage- ten; die Augen waren mit zweyen Krotten besessen/ und auß dem Maul flosse ein brennender Schwefel/ der einen unertraͤglichen Gestanck verur- sachete: die Haͤnde wurden von zweyen rasenden Hunden zerrissen/ die Oh- ren wurden mit feurigen Pfeilen erfuͤllet/ und der Kopff wurde von den allervergifftigsten Heydechsen zerfressen. Uber sothanes trauriges Spec- tacul fielen die beyde Geistliche vor Schrecken zur Crden: wurden aber von dem also mißstalten Weib mit diesen Worten angeredet: Jhr Freund deß Allerhoͤchsten/ foͤrchtet euch nicht; dann ich bin das ungluͤckseelige Weib/ welches euch vor wenig Tagen zwar viele S uͤnden/ aber nicht alle gebeichtet/ indem ich eine mit meinen Bluts-Verwandten veruͤbte S uͤnd auß Von der Sacramentalischen Beicht. auß Schamhafftigkeit verholen/ derhalben ich anjetzt in alle Ewigkeit ver- dambt bin. Da der Beichts- Vatter fragte/ was alle die sonderliche Schmertzen bedeuten/ gab sie zur Antwort und sagte: die Heydechsen straf- fen an mir den uͤberfluͤssigen zierrath meines Haupts: die Krotten plagen mich wegen deß unziemblichen Anschauens: von den Pfeilen werd ich wegen deß lasterhafftigen Anhoͤrens der Ohren gezuͤchtiget: und durch das Schwe- fel-Feuer wird mein Mund wegen der Gotts-Laͤsterungen/ Ehrabschnei- dungen/ eiteler und unzuͤchtiger Lieder/ unzulaͤssiger Kuͤsse/ und unreine Wort gestraffet. Fuͤr mein unzulaͤssiges und unkeusches Anruͤhren und Anschauen/ saugen ebenfals die Schlangen meine Bruͤst/ zerbeissen und umbfangen meinen Hals: meine Haͤnd werden derhalben von den Hunden zerrissen/ weilen ich selbige zu Ernehrung der Hunde außgestreckt/ und die- selbe mit Ringen und Edel-Gesteinen gezieret hab. Auf diesem erschroͤcklichen Drachen reite ich wegen deß unziemlichen und geilen Beyschlaffs/ wird der Untertheil meines Leibs von diesem grausamen Thier unertraͤglicher Weiß verbrennet. Weiters rieffe die verdambte Seel uͤberlaut und sagte: O ihr unachtsame Weiber! wieviel werden auß euch verdammet/ und daß zwar auß viererley Ursachen. Die erste ist euere Geylheit der Sinnligkeit/ mit der ihr euch erlustiget. Die Zweyte ist der uͤberfluͤssige Zierrath/ mit dem ihr euch schmucket. Die dritte ist die Weissagung/ krafft deren ihr euere Seelen dem Teuffel opfferet. Die vierte Ursach ist die falsche Beicht/ in welcher ihr einige Suͤnden wegen allzugrosser Schamhafftigkeit naͤrrischer Weiß verschweiget. Kaum hat sie dieses geredet/ da hat sich die Erde er- oͤffnet/ und den Drachen mit dem Reuter ohne allen Zweiffel zu den ewigen hoͤllischen Peynen verschlungen. 7. Nichts hilfft das Betten/ nichts nutzet das Fasten/ nichts gelten andere Wercke der Bußfertigkeit; alles ist umbsonst/ wann nur ein eintzige Todt- Suͤnd wissentlich in der Beicht verschwiegen wird. Hugobertus Koͤnig in Engelland hatte eine so schoͤne und verstaͤndige Tochter/ daß sie von jeder- Historia. man fuͤr ein Wunder der Welt gehalten wurde: dahero wurde sie von vielen Monarchen zur Ehe begehrt/ und von ihrem Vatter darzu ermahnet. dem sie aber antwortete/ daß sie nunmehr Jesum zu ihrem Braͤutigam sich außerwaͤhlet/ und selbigem ihre Junfrawschafft geschworen habe. Auff diese Zeitung sendet der Vatter alsbald einen Gesandten zum Roͤmischen Pabst/ umb die Endbindung deß gethanen Gelubts zu erhalten/ so auch ge- S s s 2 schehen. Die Viertzigste Geistliche Lection schehen. S ie aber ist in ihrem Vorhaben bestaͤndig verblieben/ und den Vatter gebetten/ er wolle sie doch mit dem Ehestandt nicht plagen/ dan sie seye gaͤntzlich entschlossen/ die Tag ihres Lebens eine Jungfraw zu verharren. Hierauff hat sie der Vatter gefragt/ ob sie dan einen geistlichen S tand ein- tretten wolle? Deme sie geantwortet/ daß sie verlangete in dieser oder jener Stadt mit einigẽ adlichen Jungfrauen abgesoͤndert zu werden/ damit sie also fuͤr sich selbsten leben moͤgte. Der Vatter/ damit er dem Begehren seiner Tochter ein Gnuͤgen thete/ hat ihr ein sichere Wohnung sambt allen uͤber- fluͤssigen Mittelen/ und einem außerwaͤhlten Frawen-Zimmer nach ihrem Wuͤnsch zugeeignet/ auff daß sie also den Lauff ihres Lebens unter denen Adlichen und Tugentsamben. Jungfrawen endigenmoͤgte. Da nun die Koͤnigliche Princessin dieses alles erhalten/ hat sie sich keine Sach so hoch angelegen seyn lassen/ als wie sie die verfallene Kirchen ergaͤntzen/ newe er- bawen/ und Kloͤster und Hospitaͤhler stifften moͤgte: deren letzteren sie nahe bey ihrer Wohnung eins auffgerichtet/ alwo sie den Armeu und Krancken diene- te. Dieser Koͤniglichen Tochter Leben ware mit Tugenten also gezieret/ daß auch kein eintzige an selbigem zu ermanglen scheinete. Sie fastete daß gantze Jahr-durch/ die Sontag außgenommen; truge ein haͤrenes Kleid; wachete und bettete viele Stund lang nacheinander; mattete den schwachen und zarten Leib mit allerhand Buß-Wercken ab/ und nahme in allen Tugen- ten dergestalt zu/ daß/ gleich wie sie vorhin gewesen ware ein Wunder der Natur; also nunmehr auch als ein Miracul der Goͤttlichen Gnaden von jederman verehret wurde. Jn diesen ihren heiligen Ubungen und bluͤhene- dem Alter ist sie gestorben. Nun ware ein Adliche Matron so diese Toch- ter von Kindheit erzogen hatte/ sehr begierig zu wissen/ derselben Zustand/ und bettete GOtt/ er moͤgte ihr doch selbigen offenbahren. Die edle Ma- tron/ wird erhoͤret/ und siehe/ dasie einsmahls bettete/ wurde das Thor deß Zimmers mit Ungestuͤmmigkeit eroͤffnet/ und kam eine hoͤllische Gespaͤnst hinein/ so da in der Mitten eine Seel in Gestalt eines Weibs- Bild mit sich fuͤhre/ und ware uͤberall mit feurigen Ketten und lebendigen Schorpio- nen bekleidet/ deren einer der groͤste und grausambste das Hertz derselben also aͤngstigte/ daß sie erbaͤrmlich heulete. Da dieses die andaͤchtige Frau sahe/ wurde sie dergestalterschrecket/ daß sie augenblicklich zu Boden fiele/ und fuͤr Grausen nicht reden konte; biß sie von der Seelen mit ihrem Nahmen angeredet wurde/ sie solte sich nicht foͤrchten/ und wissen/ daß sie seye die Tochter deß Koͤnigs Hugoberti/ ihre gewesene Freundin. Nach diesem traurigen Bericht wurde mein gute Dame noch mehr erschlagen; der halben wen- Von der Sacramentalischen Beicht. wendete sie sich zu GOtt/ und sagte: O mein GOtt und HErr! Wo ist dein gerechtes Urtheil? Wo ist deine unendliche Barmhertzigkeit? Wie kan das moͤglich seyn/ mein guͤtigster GOtt/ daß ein so ehrbares Leben derge- stalt gestrafft/ und so tugendsame Seel ewig verlohren gehe? Ach/ ach/ Herr! wer wird dann koͤnnen seelig werden? Uber solches Lamentiren hat die ver- ftorbene angefangen/ und gesagt: Nicht Gott/ sondern ich bin die eintzige Ursach meiner Verdamnuß: mir ist zu meiner selbst eigenen Verschaͤhmung/ zur Warnung aber anderer befohlen worden/ den Verlauff meines Ver- brechens folgender Massen zu erzehlen. Du weiß wohl/ sagte sie/ zu der Matron/ daß ich von Jugend auff den geistlichen Buͤchern bin zugethan gewesen: da ich nun einsmals vom Lesen ermuͤdet ware/ liesse ich mir durch einer meiner Edel-Knaben/ den ich fuͤr andern liebte/ vorlesen. Da dieser nun einsmals zu lesen auffhoͤrte/ ersuchte er mich freundlich/ ich moͤgte ihm doch meine Hand zu kuͤssen reichen/ so ich auch thaͤte. Jndem selbiger dieses nachmahlen oͤffters begehrte/ hab ich drey oder viermahl darein ver- williget/ daer dann mit einer sonderbahren Affection und Liebe meine Hand kuͤssete/ und dieselbe laͤnger hielte und truckete; und da er sahe/ daß ich solches gernzuliesse/ wurde er kuͤhner/ und ersuchte mich auch umb ein mehreres: daß ich also mit ihm gefallen bin/ und meine Jungfrauschafft verlohren hab. Die begangene Suͤnd hab ich solcher Gestalt gebeichtet; Ehrwuͤrdiger. Pa- ter/ ich klage mich an/ daß ich/ weiß nicht was fuͤr einen Willmuth mit einem Edel-Knaben veruͤbet habe: daruͤber ist selbiger uͤber mich hefftig und un- verstaͤndiglich außgefahren und gesagt: Was ist das? soll eine Koͤnigliche Princessin dergleichen thuen? also bin beschaͤmbt worden/ und hab gesagt/ daß ich esnun in den Gedancken gehabt habe. Darauff hat er mir noch un- verstaͤndiger geantwortet und gesagt; daß ein solche Persohn der gleichen Dinge auch in den Gedancken nicht zulassen muͤsse. Hieruͤber ist mir der Muth entfallen/ und hab mir vorgenommen/ die begangene Suͤnd zu ver- schweigen/ und hab gesagt/ ich haͤtte das nur getraumet; und also hab ich die Absolution vom Beicht- Vatter bekommen/ bin aber von meinen Suͤn- den nicht allein nicht loßgesprochen worden/ sondern hab mich wegen der unguͤltigen Beicht noch mit groͤssern Lastern besudlet. Nachmalen hab ich angefangen/ den Armen reichliche Allmosen mitzutheilen/ und meinen Leib mit grosser Strenge zu zuͤchtigen/ damit mir GOTT die heimliche Suͤnd moͤgte nachlassen: welcher alle meine gute Wercke durch heylsame Einsprechungen und innerliche Antrieb vergolien hat/ auff daß dermahlen eins meine Suͤnd recht beichten koͤnnte. Endlich bin ich in eine schwaͤre S s s 3 Kran- Die Viertzigste Geistliche Lection Kranckheit gefallen/ in welcher der guͤtige GOtt mir ins Hertz geredet/ und mich ermahnet/ daß diese mein letzte Kranckheit seyn wuͤrde/ ich solte eine rechtmaͤssige Beicht thuen; dann er waͤre bereit/ mir meine Suͤnden barm- hertziglich nachzulassen: ja so gar hab ich diese Wort vom Himmel gehoͤret: Beichte/ es ist zwarn spaͤt/ aber noch Zeit: derhalben hab ich den Beichs- Vatter ruffen lassen/ und also zu beichten angefangen: Ach! was ein grosse Suͤnderin bin ich: darauff mir der Beichts- Vatter alsbald geantwortet/ dieß seynd nur teufflische Versuchungen/ und hat mich weiters ermahnet/ ich solte selbige nicht achten. Ein wenig hernach bin ich gestorben/ und in dem Augenblick/ da meine Seel vom Leib geschieden ist/ bin ich auß gerechtem Urtheil GOttes den hoͤllischen Gespenstern zu theil worden/ die mich in den Abgrund der allererschroͤcklichsten Tormenten gestuͤrtzet haben; alwo ich nun leyde ohne End. Nach dieser gegebenen Advis ist die ungluͤckseelige Seel mit einem so grausamen Knall verschwunden/ daß man vermeinet/ die gantze Welt wuͤrde zerschlagen werden: das Zimmer ist annebens mit einem unertraͤglichen Gestanck erfuͤllet worden/ welcher zum Zeugnuß dieser ver- fluchten Seele viele Tage gedauret hat. 8. Solstu nun wohl/ mein Christliche Seel/ dieses lesen oder hoͤren/ und am gantzen Leib nicht erzitteren/ erbleichen und erschroͤcken; in dem du sehest/ wie alle vorgemelte gute Werck dieses Weibs-Bilds seynd zu nichts worden? Ach haͤtte diese Gott-verlobte Person ihre Suͤnd gleich zu Anfangs gebeich- tet/ und hernach also gelebt/ wie sie vorhin wohl angefangen hatte! so haͤtte sie sicherlich in die Zahl der fuͤrnembsten Dienerinnen Gottes muͤssen gesetzet worden. Nun aber/ weilen sie auß S chamhafftigkeit ihre S uͤnd verho- len/ hat sie nicht allein alles verloren; sonderen Gott hat noch zur ewigen de- ro Beschaͤhmung die verborgene Missethat offenbahret/ damit andere durch deren Exempel gewarnet/ und behutsamber werden moͤgten. Recht sagt da- hero der H. Vatter Augustinus: Jch hab meine Sünden nicht Sup. Ps. bedecket/ sonderen entdecket/ auff daß du selbige bedeckest; derhalben hab ich sie nicht verborgen/ damit du sie verber- gest: dann so der Mensch entdecket/ so verdecket Gott; wan der Mensch verbirgt/ so offenbahret Gott: Wann der Mensch seine Sünd erkennet/ so verzeyhet Gott. Wir werden auch auß erwehnter Tragœdi unterrichtet/ wie viel daran gelegen seye/ daß man einen verstaͤndlgen und erfahrnen Beichts-Vatter habe; in dessen Ermanglung diese S eel so erbaͤrmlich zu Grund gangen. Naͤrrisch und abermal naͤrrisch thun derhalben die jenige/ welche sich nur ungelehrte und Von der Sacramentalischen Beicht. und einfaͤltige Beichts-Vaͤtter und S eelen-Artzen zu erwehlen pflegen; und hergegen/ wann der Leib erkraͤncket/ die aller beste und erfahrenste Medi- cos gebrauchen. Hoͤre nun hiervon die erschroͤckliche Geschicht/ so sich in Welschland zugetragen/ und von P. Philippo D’outreman erzehlet wird. Ein sicher Edelman in Jtalien ware dem ungerechten Wucher zugethan/ daß er auch dieserthalben bey jederman beruchtiget/ und uͤbel gelitten wurde: In Pæ- dag. t. 1. p. 2. c. 14. Historia. da selbiger bey seinem Pfarrer so wohl/ als bey den Patribus der S ocietet Je- su und anderen Geistlichen die absolution lang umbsonst begehret; hat er endlich einen Kloster-Geistlichen gefunden der in sein Begehren gewilliget/ und ihnen von seinen Suͤnden so offt er gebeichtet/ loßgesprochen/ in Mei- nung/ daß die andere Priester/ so ihme die Absolution geweigert/ gar zu schrupuloß seyen. Dieser Gewissens-Richter ware dem Wuͤcher sehr an- genehm/ und wurde dahero von selbigem oͤffters sehr wohl und freygebig tractiret. Hieruͤber traͤg sichs zu/ daß/ nach dem diese beyde miteinander ein gutes Abendmal eingenommen/ der Adliche Wuͤcher zu Nachts deß gaͤ- hen Todts erbleichet. Zu selbiger Zeit melden sich zwey Teuffelen in Gestalt zweyen Diener beym Closter an/ und begehren/ der Beichts-Vatter/ wolle doch alsbald zu ihrem sterbenden Herren kommen: dieser folget mit seinem Gesellen gar hurtig. Da sie zum Marck kommen/ sehen sie den obgemel- ten und kranck vermeinten Edelman in seinem Nachts-Rock daselbst spatzie- ren; und in dem der Geistliche den vermeinten Dieneren vorwerffen wolte/ daß sie ihnen betrogen haͤtten; siehe da tritt das trawrige Gespaͤnß hinzu und sagt: Jch bin gestorben/ und werd anjetzt in der Hoͤllen mit dem ewigen Fewr gestraffet/ dieweilen ich in meinem garstigen Leben dem abschewlichen Wucher zugethan/ die H. H. Sacramenten so offt zu entheiligen mich er- kuͤhnet hab. Und du Gottloser Priester/ sagt der Geist mit grausamber Stim/ hast mit mir durch die Finger gesehen/ der du mich deiner Schuͤldigkeit ge- maͤß haͤttest straffen sollen: derhalben/ der du meiner Lasteren bist gewesen ein Gutheischer/ solst auch nun meiner Tormenten werden ein Mitgespan. Nach vollendeter dieser Reden ergreiffen die Teufflische Diener beyde/ einer den Geistlichen/ der ander den Wucher/ und fahren mit selbigen zur Hoͤllen zu. Der Gesell deß Priesters wird vor Schroͤcken schier bist zum Todt entruͤstet/ und da er widerumb zu kraͤfften kommet/ kehret er widerumb zum Closter und erzehlet/ was sich mit seinem Gesellen/ nemblich dem Beichts-Vatter und seinem Beichts-Kind zugetragen habe. 9. Solche Beichts-Vaͤtter werden gar recht von diesen Worten Christi getroffen: Lasset sie fahren/ sie seynd blind/ und führer der Matt. 15. 14. Blin- Die Viertzigste Geistliche Lection Blinden: wan aber ein Blinder den anderen fůhret/ so fallen sie beyde in die Gruben. Was sich bey dieser Histori hat zugetra- gen/ ist zu foͤrchten/ daß vielen widerfahren werde : dan ein Fehler kombt auß dem anderen; und wann der Hirt (wie ein Beichts-Vatter seyn solte) boͤse und gefaͤhrliche Weeg eingehet/ so muß er auch die Schaaff notwendiglich in Gefahr stellen. Hieruͤber sagt der H. Gregorius/ daß ein guter Seelen- Luc. 10. à Gloss. cit. Artz dem Evangelischen Samaritan nachfolge/ welcher dem verletzten Wandersman auffm Weeg seine Wunden verbunden/ und mit Oehl und Wein versehen hat. Der heilige Vatter Augustinus sagt: Er hat seine Wundenverbunden/ das ist/ er hat mit der Bestraffung die Sůnden geheminet. Wie aber hat er sie verbunden: Jndem er Oel und Wein hinzugegossen/ also die Schaͤrffe mit der Sanfftmütigkeit vergesellschafftet. Derhalben un- terrichtet der H Gregorius die Priester also und sagt: Durch den Wein sollen die Wunden gebissen/ und durch das Oel gesenfftet werden: die Lindigkeit muß mit der Strenge vermischet werden: der Ernst muß gebraucht werden/ soll aber nicht herb seyn: imgleichen ist gut der Eiffer/ er muß aber mit zu wüten: die Gůte muß auch da gebraucht werden/ wo sie dienlich ist. Dahero fehlendie Beichs- Vaͤtter zum ersten/ wann sie mit Streichen und Schmieren einen gefaͤhrlig erkraͤnckten Menschen zu heilen sich unterstehen/ da doch in solchem Fall schaͤrffere Mittel vonnoͤthen seynd/ und das Ubel mit Schneiden und Brennen muß vertrieben werden. Wehe den Beichs-Vaͤttern/ so diese Lehr vernachlaͤssigen: dann/ wie der Prophet Ezechiel spricht: wann solche nicht reden/ daß sie sich von ihren gottlosen Weegen und leben abwenden/ so werden sie mit den Gottlosen gleicher Weiß gestrafft werden/ der Artzt wird mit den Krancken zu Grund gehen/ dessen Blut von seiner Hand wird gefordert werden. Recht und wohl vermercke der H. Albertus Magnus/ daß/ da Christus den Sohn der Luc. 7. Wittwe zum Leben erwecken wolle/ gesagthabe/ Jch sage dir/ Jüng- ling stehe auff: Damit der Beichs-Vatter/ ehe er sage/ stehe auff/ nemblich/ absolvo te, ich spreche dich loß; nach dem Exempel deß Heylands erstlich die Todten-Baar anruͤhre/ und heisse stehen die jenige/ so den Leichnam tragen. Ruͤhre an/ sagt der H. Vatter/ die Baar/ das L. de Dogn. Eccl. c. 54 ist das Gewissen/ durch die Bestraffung: laß die Traͤger/ nemblich die Ge- legenheiten zu suͤndigen still stehen: zumahlen/ nach Zeugnuͤß deß Heil. Augustini/ die Gnugthuung der Buß bestehet darin/ daß man die Ursach der Von der Sacramentalischen Beicht. der Suͤnden abschneide: es ist eine Vermessenheit/ und keine Bußfertig- keit/ daß man auff einem schlepfferigen Weeg wolle sicher stehen/ da so viele andere gefallen seynd. Hinge gen sollen die Beicht- Vaͤtter auch zusehen/ daß sie den Beichtenden keine unertraͤgliche Buͤrden auffbinden: dann was nutzet der Artzt/ so die Wunden nicht heilet/ sondern veraͤrgert/ und dem/ der seine Wunden offenbahret/ noch mehrere hinzusetzet? Wer dann mit den Buͤssenden vaͤtterlich wilt umbgehen/ der suche an selbigem zu erwe- cken die Zerknirschung/ und nicht die Verbitterung: dann obschon einige mit dem Hammer wollen zerknirschet werden; so seynd doch andere/ so durch scharffe ermahnungen gaͤntzlich zerspringen: derhalben muß man zu denen sich mehr deß sanfften Oels/ dann deß scharffen Weins gebrauchen. 10. Dieses soll von den Beichts-Vaͤtteren gnug gesagt seyn; von dem wir zu unser vorigen Materi widerkehren/ und uns errinneren/ daß die ver- dambliche Schamhafftigkeit und hoͤchst-schaͤdliches Stillschweigen nicht allein bey den Weltlichen/ sonderen auch bey denen gefunden werde/ die sich durch oͤffentliche Geluͤbtẽ Gott verbunden habẽ/ wie auß nachfolgender Histo- ri zu sehen ist. Den H. Antonium last herkommen/ so erzehlet daß ein Witwe Historia. gewesen seye/ welche von dem Band der Ehe entloͤset/ und mit vielen Reich- thumben begabet/ im Anfang ihres Widwe-Standts sich loͤblich verhalten/ habe gleichwol allgemach von diesem guten Anfang nachgelassen. Hier- uͤber hat sich zugetragen/ daß ein adlicher Juͤngling das Hauß derselben vor- beygangen/ und sie gantz freundlig begruͤsset; und ob sie schon darab ein Wißfallen anfaͤnglich gezeigt; so ist doch derselben Hertz durch dergleichen oͤfftere Begruͤssungen und V erheissungen vor und nach also erweichet worden; daß sie den unverschaͤmbten Juͤngling ins Hauß gelassen/ und nachgehends mit selbigem gesuͤndiget hat. Nach begangener Suͤnd ist die Lust zum Fasten/ Allmussen zu geben/ zu Beich- ten und zu communiciren verschwunden: dann die Geylheit ist eine Zer- stoͤrerin der Tugenten/ und die/ wie der fromme Job sagt: Alles mit 31. 12. der Wurtzel außreutet. Der listige Sathan hat ihr in zwischen die Zucht/ so er derselben vorhin zu ihrem Schaden benommen; nun zu dero Verderben widergegeben; daß sie also auß Schamhafftigkeit das begangene Laster in allen ihren Beichten verschwiegen. Auff daß sie aber den immer nagenden Wurm deß Gewissen vertreiben moͤgte/ hat sie bey sich entschlos- sen/ die heimliche Missethat durch viele Buß-Werck zu vertilgen: dahero hat sie widerumb zu fasten/ und sich in allerhand strengem Leben zu uͤben an- gefangen; und damit sie ihrem Gottrecht wohl dienen moͤgte/ hat sie ihren T t t Stand Die Viertzigste Geistliche Lection Stand mit dem Closter-Leben verwechßlet/ und ist mit grossem Frolocken der Geistlichen Jungfrawen zur Clausuͤr auff- und angenommen worden. Jn diesem Stand hat sie alle ihre Mit-Schwesteren an Tugenten nicht allein weit uͤbertroffen/ sondern alle Stund in Ausehung der herrlichen Werck gleichsamb erstaunet. Jm Ehor war sie allzeit die erste/ in dem Gehorsamb die huͤrtigste/ in den Buß-Wercken die eifferigste: und nichts destoweniger hat sie sich selbst nicht uͤberwinden koͤnnen/ daß sie die Suͤnd ihrem Beichts- Vatter offenbarete. Nach verflossenen einigen Jahren wird sie auff daß Absterben der Vorsteherin durch einhellige Stimmen der saͤmblichen Schwesteren in dero Platz erwehlet. Auch in dieser Wuͤrde hat sie ihre Missethat zu bekennen sich geschewet/ auff daß ihr guter Nahm und Rueff der Heiligkeiten bey den Beichts-Vaͤtter keinen Schaden leyden moͤgte. Der barmhertzige Gott hat sie inzwischen durch eine Kranckheit/ an der sie nachmals gestorben/ ihrer Schuͤldigkeit gnugsam errinnert. Da nun alle Artzen ihr verlohren gegeben/ hat sie sich mit den H. H. S actamen- ten der Kirchen versehen lassen. Wie aber die vorhergegangene Beichten alle besehaffen gewesen/ also ist auch die letztere durch die gerechte Verhaͤng- nuß Gottes ebenfals unguͤltig und Gottslaͤsterisch geschehen/ in dem das un- gluͤckselige Weibs-Bild ihre veruͤbte Missethat auß verborgener. H offart verschwiegen hat. Nach dem sie nun gedachter massen die H. H. Saeramenten unwuͤrdiglich empfangen/ ist sie von einer ihrer Schwesteren ersucht worden/ daß sie ihr nach dem Todt erscheinen/ und/ wanns Gott zulassen wuͤrde/ ihren Zustand im andren Leben bedeuten wolle; welches sie auch zu thun verspro- chen/ und ist bald darnach mit grossem Trawren und Weinen der Geistlichen Jungfrawen/ welche uͤber den Verlust ihrer heiligen Mutter sich beklagten/ und/ wie der H. Antonius meldet/ sich einbildeten/ der troͤstlichen Zuver- sicht zu leben/ daß sie von derselben nach ihrem Todt mit Wunderwerck wuͤr- den erfrewet werden. Aber/ aber wie fehlet der arme Mensch in seinen Urtheilen! Wie weit seynd die Urtheilen Gottes von unseren Urtheilen entfer- net! Sintemahlen die obgemeldte Schwester/ da sie in folgender Nacht im Chor gebettet/ einen gewaltigen Knall gehoͤret hat/ und da sie umbgeschauet/ hat sie ein erbaͤrmlich heulendes Gespaͤnst gesehen/ und ob sie zwarn gantz er- staunet/ hat dannoch durch die Huͤlff GOttes einen Muth gefasset/ und ge- fragt/ wer sich anmelde? Jch bin hier/ antwortet der Geist/ die Seel der juͤngst verstorbenen Vorsteherin dieses Closters/ und verkuͤndige dir/ daß ich ewiglich verdambt seye. Unsere heilige Mutter! schreyet die Schwester/ unsere gottseelige Vorsteherin/ die ein so strenges leben gefuͤhrt/ und mit allen Von der Sacramentalischen Beicht. allen Tugenten geleuchtet hat/ soll diese verdambt seyn? Es ist also/ antwor- tet die Seel/ dann ich hab in meinem Witwe-Stand mit einem Juͤngling gesuͤndiget/ und dieses Laster auß Forcht der Verkleinerung/ und auß Hoffart in der Beicht allzeit verschwiegen. Verkuͤndige solches deinen Schwestern/ und lasset ab fuͤr mich zu betten/ weilen alles fuͤr mich umbsonst geschicht. Und also ist der Geist mit grossem Getuͤmmel verschwunden. 11. Dieser erbaͤrmlichen Action ist nicht ungleich die folgende: Jn einem Dorff hat ein Bauer gewohnet/ welcher mit seinem Ehe-Weib froͤmblich gelebt/ und einen Sohn erzogen hat/ den sie Pelagium genennet/ und in der Forcht GOttes und allem Guten angefuͤhret haben. Dieser Sohn ist mit den Jahren auch gewathsen in den Tugenten/ und ist ihm die Schaaff- Huͤtung anbefohlen/ wie auch annebens ermahnet worden/ daß er sich offt zu dem nechst wohnenden Einsidler verfuͤgen/ und dessen H. Meeß-Opffer anhoͤren solte. Diese und mehr andere Lehr-Stuck seynd selbigem gegebẽ wor- den: welchen Pelagius allen so eifferig und willig nachkommen/ daß er von jederman fuͤr heilig gehalten worden. Nach einigen Jahren seynd die El- tern gestorben/ deren Hinterlassenschafft er verkaufft/ und damit er seinem GOtt in der Einsamkeit dienen moͤgte/ hat er sich eine Capell sambt einem Altar auffgerichtet/ und GOtt also treulich gedienet/ daß der Ruff seiner Heiligkeit durch die gantze Welt erschallen. Der boͤse Feind hat sich alhier bald hinzugemacht/ und durch allerhand unreine Gedancken und Anmutun- gen den diener Gottes zu stuͤrtzen getrachtet: deme Pelagius durch Huͤlff deß Gebetts sich tapffer widersetzet: der unkeusche Geist aber hat nicht nachgelassen; ist aber allemahl von dem frommen Einsidler uͤberwunden worden. Dieser Streit ist von dem leidigen Sathan so offt und vielmahl erneueret worden/ daß Pelagius endlich allgemach zu weichen angefangen/ und durch continuirliches Kaͤmpffen ermuͤdet/ denen leichtfertigen Gedan- cken Platz gegeben/ und den so offt zuruck geschlagenen Feind das Sieg- Craͤntzlein zu lassen gezwungen worden. Da hieß es nun/ ach/ worzu bin ich kommen! Pelagi/ was hastu gethan? hastu dich so bald verfuͤhren lassen? du warest zuvor ein Kind GOttes/ jetzt bistu ein Schlave deß Teu- fels. Wilstu du das Joch deß Satans abwerffen/ und wiederumb ein Sohn GOttes werden/ so mustu beichten/ so mustu buͤssen. Beichten? Wie werd ich meine gottlose und unkeusche Bewilligung offenbahren koͤnnen? Auff solche Weiß werd ich meinen guten Nahmen verlieren. Da dieses und der gleichen der entruͤstete Pelagius bey sich betrachtet/ sicht er einen Frembdling vorbey gehen/ welcher ihn alsbald anredet/ und sagt: Pelagi T t t 2 war- Die Viertzigste Geistliche Lection warumb lassestu die Traurigkeit so gar bey dir uͤberhand nehmen? das ge- ziembt sich nicht/ daß/ der so guͤtigen HErrn hat/ wie du hast/ sich derge- stalt betruͤbe. Hastu villeicht deinen GOtt beleidiget? so thue Buß/ beich- te deine Suͤnd/ der allerguͤtigste und barmhertzigste GOtt wird dir selbige gern vergeben. Pelagius verwundert sich/ fragt und sagt zu diesem Frembd- ling: guter Freund woher kennestu mich? Soll ich dich nicht kennen/ antwor- tet er/ du bist ja Pelagius/ und wirst in der gantzen Provintz fuͤr einen heili- gen Mann gehalten und verehret? wann du von deinem Schwaͤrmuth wilst befreyet werden/ so offenbahre dein Gewissen dem Beichts-Vatter/ damit deine/ durch die Suͤnd vertriebene innerliche Hertzens-Freud wider kom- men/ und Posto fassen moͤge. Pelagius verwundert sich uͤber solche Re- den/ und da er sich besser umbsicht/ findet er weiters keinen Frembdling. Hierauß hat er wargenommen/ daß ihn GOtt ermahnet habe; derhalben hat er alsbald bey sich beschlossen/ in dem nechst gelegenen Kloster alle moͤgliche Buß fuͤr seine Suͤnd zu wircken: zu welchem er mit Freuden ist auffgenommen/ und mit dem gewoͤhnlichen Ordens- Habit bekleidet wor- den. Jn den uͤblichen Buß-Wercken dieser Geistlichen gienge Pelagius allen andern weit vor: keiner war so demuͤtig/ keiner war so gehorsamb/ als Pelagius/ keiner gebrauchte sich so scharffer Disciplinen/ keiner fastete und bettete so lang/ als Pelagius. Nach einigen Jahren wird Pelagius Bett- Laͤgerig und zwarn gefaͤhrlich/ merckt wohl/ daß ihn GOtt seiner Schul- digkeit erinnere: dannoch obschon die verborgene Suͤnd sich immer im Ge- wissen hervor liesse/ konte er gleichwohl/ oder vielmehr wolte er seine ver- fluchte Schamhafftigkeit und Hoffart nicht daͤmpffen/ und seine Suͤnd be- kennen. Seine letzte Beicht uͤber alle andere Suͤnden/ hat er mit Vergies- sung vieler Zaͤhren verrichtet/ das H. Sacrament mit grosser Andacht em- pfangen; uno ist also gestorben. Nun waren die Muͤnchen der Meynung/ sie haͤtten einen kostbahren Schatz an deß Pelagii Leichnamb/ derhalben ha- ben sie selbigen mit sonderbahrer Festivitaͤt und grossen Koͤsten begraben/ zu dessen Begraͤbnuͤß die Leut von allen umbligenden Orten haͤuffig herzu ge- lauffen/ umb den verstorbenen Pelagium zu verehren/ und sich demselben zu befehlen. Die folgende Nacht/ da der Kuͤster zur Metten das Zeichen geben wollen/ sicht er im vorbeygehen/ daß der Leib deß begrabenen Pelagii ausser der Erden liget/ und bildet sich ein/ der Leichnamb seye villeicht nicht wohl mit Erden zugeworffen worden; legt ihn derhalben wiederumb ins Grab/ und scharret die Erde wiederumb hinuͤber/ thut aber hier von keine Meldung. Jndem nun sich eben selbiges die Folgende Nacht also zugetragen/ vermerckt Von der Sacramentalischen Beicht. vermercket der Kuͤster/ daß die Erd den Leichnamb von sich geworffen hatte; welches er dann alsbald dem Abten deß Klosters kedeutet hat. Dieser rufft alle Geistliche zusammen/ und befilcht ihnen/ sie sollen mit ihm die Goͤttli- che Miltigkeit anruffen und bitten/ sie wolle doch anzeigen/ wie man sich mit deß Pelagii Leichnamb verhalten solle. Nach verrichtetem Gebett wendet sich der Abt zum Verstorbenen und sagt: Pelagi/ dieweilen wir dich im- mer als einen gehorsamen Geistlichen gekennet haben/ so befehle ich dir auch anjetzo/ daß du uns dein Verlangen andeutest: ob dich villeicht GOtt an einem andern Ort will ligen haben/ daß offenbahre du uns/ damit wir dem Goͤttlichen Willen nachleben moͤgen. Hierauff seufftzet der Ver- storbene auß dem innersten seines Hertzen/ und sagt: Ach/ ich armseelige Creatur! wegen einer eintzigen in der Beicht verschwiegenen Suͤnde bin ich in alle Ewigkeit verlohren: komm zu mir/ und siehe meinen Leichnamb: der Abt tritt hinzu/ und sicht/ daß der Leib einem gluͤenden Eysen gleich seye: und da er wiederumb zuruͤck schreitet/ sagt ihm der Verstorbene: gehe nicht hinweg/ sondern nehme mit dir/ was du in meinem Mund finden wirst. Der Abt nahet mehr hinzu/ und findet die H. Hostie/ so dem Armseeligen vor seinem Todt/ zum Reiß-Pfenning ware gegeben worden: nimbt selbige noch unverwesen auß dem Mund herauß/ und hat sie zum Gedenck-Zeichen dieser grausamen Tragoͤdi an einem heiligen Ort absonderlich auffbehalten. Der Verstorbene hat auch außgesagt/ daß GOtt seinen faulen und stincken- den Leib nicht wolle in der geheiligten Erd/ sondern in der Mist-Gruben li- gen haben: dahero hat der Abt denselbigen an ein ungeweihetes und verwuͤrff- liches Ort begraben lassen. O wie leichtlich haͤtte dieser armseelige Mensch seine Suͤnd beichten/ und also dem unwiderruͤfflichem Urtheil der ewigen Verdamnuß entgehen koͤnnen! Dieweilen er aber solches vernachlaͤssiget/ so hat er keinem andern/ als sich selbsten die S chuld seines Verderbens auff- zumessen. 12. Wann nun schon auch einer alle seine Suͤnden in der Beicht offen- bahret/ und hat kein vestes Vorhaben/ dieselbe ernstlich zu besseren/ so wird die Beicht nichtig/ und so gar auch Gottes-laͤsterisch. Durch Erman- glung dieses noͤtigen Fuͤrsatzes eilen leyder! sehr viele Christglaubige zur Hoͤllen/ wie der folgende Discurs dich lehret. Die Theologi oder Schrifft- gelehrten fragen einander/ ob der meiste Theil der Catholischen seelig oder verdambt werden Hieruͤber gibts zwarn unterscheidliche Meinungen ab: es halten aber die meiste darfuͤr/ daß von den Glaubigen mehr verdambt als seelig werden: dergestalt/ daß unter zwantzig der obgemelten Gelehrten/ nur T t t 3 fuͤnff Die Viertzigste Geistliche Lection fuͤnff lehren/ daß der mehriste Theil seelig werde: die uͤbrige fuͤnsszehn lehren das Widerspiel: unter welche auch der H. Thomas von Aquin gezchlet wird/ in dem er diese Wort Christi außleget: Viele seynd beruffen/ aber wenig außerwaͤhlet. Auß allen heiligen Lehrern ist gleich- samb keiner/ der nicht vermeinet/ daß mehr Glaubige verdambt/ als seelig werden: daruͤber ein jeder billig grausen solte. Der eintzige H. Joannes Damascenus sagt in einer der beyden Predigen von den Verstorbenen; daß nicht der meiste Theil verloren gehe: der gelehrte Canus, Sotus und Bellar- minus vermeinen doch/ daß diese Lehr nicht eigentlich von dem H. Joanne Damasceno herkomme. Hierauß entstchet dieser Zweiffel. Der meiste Theil der Catholischen stirbt mit vorhergegangener Niessung der H H. Sa- cramenten. Gesetzt nun/ daß auß dreissigen sterben neun und Zwantzig nach abgelegter Beicht/ und empfangener H. Communion und letzten Oe- lung: also hat es nun das voͤllige Ansehen/ daß nicht so viele verdambt wer- den. Wird einer sagen/ daß viele auß Schamhafftigkeit ihre Suͤnden in der Beicht verschweigen; so wird er doch nit leichtlich zu geben/ daß der meiste Theil der Christglaubigen das thue. Was ist dan die Ursach/ daß so viele verdambt werden? Die jenige/ so da mit sonderbarem Fleiß diese Frag durch- suchen/ finden folgende Ursach: daß nemblich die beichtende sich nicht auß gantzem. Hertzen zu Gott wenden; sonderen bleiben auß einer Gewonheit auch zu den gebeichten Suͤnden geneigt/ dieweilen sie nicht haben einen steiffen Vorsatz ihr Leben zu besseren: dan die taͤgliche Erfahrnuß zeigts ley- der! gnug/ daß viele nach gethaner Beicht eben so uͤbel leben/ als sie vorhin gelebt haben; und daß/ wan sie auß der Kirchen und Beicht-Stuhl nach Hauß kommen seyen/ gleich einem Hund der widerumb frisset/ was er außgespiegen hat/ zu ihren Suͤnden widerkehren: welches dan kein geringes Zeichen ist/ daß bey selbigen der kraͤfftige Will die Suͤnden zu meiden ermanglet habe: Zumalender H. Thomas lehret/ daß der kraͤfftige Will ebenfals kraͤfftige Mittell anwende/ und sich befleisse das vorgenommene Werck zu vollziehen: dieses aber thut die blose und kalte W illung/ oder unkraͤfftiger W ill nicht. Jndem nun viele keine Mittel zur folgenden Besserung anwenden/ und die Gelegenheiten zu suͤndigen auch nicht fliehen/ so haben sie keinen kraͤfftigen W illen sich zu besseren/ und ist erfolglich die Beicht nichtig und gotteslaͤste- risch. Dieweilen dan nicht wenige/ mehr auß einer Gewonheit/ als auß einem Eiffer sich zu besseren/ zu beichten pflegen: derhalbenlasset Gott auß seinem verborgenen Urtheil zu/ daß solche kalte Christglaubige zur Straff der Suͤnden/ auch kein bessere Beicht ablegen im Todt; dan wie das Leben ist/ Von der Sacramentalischen Beicht. ist/ so ist auch das Sterben: also/ wie die Beicht im Leben ist vorhergangen/ so muß dieselbe im Todt auch folgen. Also sterben wir und verderben/ die wir mit so leichter Muͤhe den Himmel koͤnten erben; wie auß folgender Ge- schicht erhellet. 13. Bernardinus de Bussi erzehlet/ daß zu Pariß ein Student in seiner Historia. bluͤhender Jugend gestorben seye/ dessen Magister gewesen ware der be- ruͤhmbte Doctor Silo, von welchem dieser Juͤngling wegen seines sonderbah- ren Verstands vor anderen geliebt und geehret worden/ und hat derhalben selbigem sein Magister auch biß in den Todt trewlich beygestanden: hat aber nach gethaner Beicht das H. Nacht-Mahl/ nicht ohne Vergiessung der Zaͤhren/ auff die Reiß empfangen; daß man sich also grosse Hoffnung zur Seeligkeit fuͤr den Sterbenden machen koͤnnen; dahero hat der gemelte Silo fuͤr dessen Seel/ umb schnelle Erledigung auß dem Feg-Fewer/ Gott eiff- rich gebetten/ und zugleich auch zu wissen verlanget/ zu was grossen Herrlig- keit dieselbige im Himmel gelangt seye. Es hatte aber die Sach mit dem Studenten ein weit andere Beschaffenheit. Da der Doctor Silo in seinem Zimmer allein sitzet/ kombt der verstorbene Juͤngling mit einer fewrigen Kuggel bekleidet mit wehemuͤtigem und klaͤglichem Seufftzen hinein. Der Doctor wird zwarn anfaͤnglich entruͤstet/ greifft dannoch ein Hertz/ und fragt/ wer er seye? Jch bin antwortet der Todte/ dein ungluͤckseeliger Schuͤller. Was ist dir widerfahren/ fragt der Doctor? Warumb fragstu mich/ sagt der Todte/ was mir Ubels widerfahren seye? V erflucht seye ich/ verflucht seye der Tag/ an dem ich gebohren bin/ an dem ich getaufft bin/ und an dem ich zum ersten gesehen hab: V erflucht seye Gott/ der mich also gestraffet/ ver- flucht seyen alle Engel/ die Jhm dienen/ verflucht seyen die Heilige die Jhn ehren/ und verflucht seyen alle Craturen/ so Gott loben im Himmel und auff Erden. Hierauff fragt der Doctor; hastu nicht gebeichtet/ und deine Suͤn- den mit heissen Zaͤhren beweinet? Jch hab gebeichtet/ antwort der Todte/ aber ohne Rew und ohne Fuͤrsatz/ die Suͤnden zu verlassen: dan ich hab nicht meine Suͤnden beweinet/ sonderen meinen so zeitlichen und unverhofften Todt/ und daß ich meine Guͤter und Hoffnung derselben zu geniessen verlassen muͤssen. Seye du versichert/ daß schier alle die jenige uͤbel beichten/ welche ihre Buß biß zum End ihres Lebens verschieben. Ach wie grosse Schmertzen leyde ich unter dieser fewrigen Kuggel! diese beschwaͤret mich mehr/ als mich der allerhoͤchste Thurn in Pariß trucken koͤnte. O Doctor Silo, glaube mir/ wann die Leut wisten/ wie es in der Hoͤllen so grausamblich hergehe/ sie wuͤrden ja nicht suͤndigen: derhalben versichere ich dich/ daß wann schon Die Viertzigste Geistliche Lection schon alle Schmertzen und Peinen/ alle Widerwertigkeiten und Armseelig- keiten/ alle Marter/ so von Anfang der Welt bist auff heutige Stundt gewe- sen seyen/ zusammen gefuͤgt wuͤrden/ so haͤtte doch dieses alles keine Gleichnuß/ ja so gar waͤre alles ertraͤglich in Ansehung deren Schmertzen/ die ich auch in einer Stund leyde. Damit du aber die Bitterkeit meiner Pei- nen noch besser erkeñen moͤgest/ so reiche deine flache H and her/ und empfange auch das allergeringste Troͤpfflein meines Schweiß. Silo streckt seine H and auß/ und der Todte streichet ein Troͤpfflein S chweiß von der S tirn ab in die H and seines Magistri; welches in selbigem Augenblick so weit durchgedrungen/ daß man ein H assel-Nuß ins Loch haͤtte verbergen koͤnnen: der Doctor aber fallet fuͤr S chmertzen halb Todt daher/ und der Geist ver- schwindet mit grausamben Geschrey. Nach diesem findet man den Doctor Silo ohne S prach und Kraͤfften; mit durchlocherter H and auffm Bodem ligen/ man tragt ihn zum Bett und heilet denselben. Da er nun zur vorigen Gesundheit gelanget/ gehet er widerumb zur S chulen/ und erzehlet seinen S chuͤleren alles ordentlich/ was sich zugetragen habe/ und zur Bekraͤffti- gung seiner Wort/ zeigt er ihnen das Wund-Mahl seiner H and: rahtet al- len/ daß sie die Welt verlassen/ alle eitele Wollusten derselben verachten/ und im geistlichen Closter-Leben das Heyl ihrer Seelen suchen solten. Und damit er anderen mit seinem Exempel heylsamblich vorleuchten moͤgte; ist er nach alsolchem ertheilten Raht zur Schulen hinauß gangen/ und seine Resu- lution denen Schuleren ungefehr mit diesen Worten bedeutet. Jch laß die Froͤsche quachssen/ Den Kaben laß ihr Raben-Cras: Jch werff nun von den Achslen/ Was eitel ist; der Welt ichs laß. Jch gehe zu der Schulen hin/ Die Wissenschafft ich suche; Jn der ich nicht befoͤrchtet bin/ Das ich den todt verfluche. Also hat er der Welt Adien gesagt/ und ist ein Munch worden/ deme von seinen S chuͤleren auch viele gefolgt seynd: auß denen/ so in der Welt ver- blieben/ ist kaum ein eintziger eines guten Todts gestorben. 14. Uberlege nun/ mein Christliche S eel/ bey dir die Zaͤhren/ so der offt erwehnte S tudent in seinem Todts-Bett vergessen hat/ so wirstu finden/ daß selbi- Von der Sacramentalischen Beicht. selbige lauter Crocudilen Zaͤhren gewesen seyen: von welchem Thier die Naturalisten schreiben/ daß es sehr begierich seye Menschen-Fleisch zu essen; dahero verschoͤnt es keines Menschen/ sonderen toͤdtet denselben/ wann er ihm begegnet/ und frisset ihnen: nachmahlen nimbt es die Hirn- S thal zwischen die Klawen/ und beweinet selbige mit vielen Zaͤhren; nicht derhalben/ daß es mit dem Todten Menschen ein Mitleiden habe; sonderen weil es ketn Fleiß mehr an der H irn- S chal sindet. S olche Zaͤhren vergiessen viele S ter- bende; nachdem sie sich mit vielen lasteren ersaͤttiget haben/ ergreiffen sie den Geereutzigten H erren in die H and/ kuͤssen denselben/ seufftzen und wei- nen bitterlich. Von alsolchen sagt man hernach: O was ein seeliges End hat der gehabt! Ach moͤgt ich doch auch also sterben! Wie hat der seine S uͤn- den so schon beweinet! Es stehet aber bey vielen zu foͤrchten/ daß dergleichen Zaͤhren nur Crocudilen-Zaͤhren gewesen seyen: zumalen viele/ nicht ihre S uͤnden/ sonderen allein beweinen/ daß sie von ihren Wollusten/ von ihren weltlichen Ehren und Reichtumben scheiden muͤssen: und das lehret die taͤgliche Erfahrnuß uns gnugsamb an denen/ so da von einer schwaͤren Kranckheit genesen/ und sich alsbald zu ihrem Gottlosen Leben und verfluch- ten Gewonheiten wenden: darauß man in Warheit nicht unbillig schliessen kan/ daß derselben Bußfertigkeit und besserungs Fuͤrsatz nicht kraͤfftig gnug gewesen seye/ die ewige Seeligkeit zu erlangen. Welches alles durch fol- gende Histori bestaͤttiget wird. 15. Caͤsarius schreibt/ daß zu seinen Zeiten in der vorgemelten Stadt Pa- Historia. riß gewesen seye ein ficher Canonicus/ welcher eine feiste Praͤbend gehabt/ und in allerhand Gemaͤchlig- und Ergoͤtzligkeiten gleichsamb geschwummen: bey den Gastmalen hat er sich fleissig finden lassen; mit zeitlichen Ehren und Aembteren ist er auch haͤuffig versehen worden; und/ mit wenig Worten zu sagen/ was dem Fleisch nur geschmãcket/ dessen hat er sich bedienet. Dieser ist endlich in eine toͤdtliche Kranckheit gefallen: der Beichts-Vatter ist zur Stund beruffen worden/ deme der Krancke mit vielen Zaͤhren gebeichtet hat; die ihm die Schmertzen deß Todts auß den Augen getrieben. Da er nun gesehen/ daß es mit seinem weiteren Leben geschehen seye; hat er dem Beichts- Vatter versprochen sich zu besseren: warauff er die H. H. Sacramenten/ nemblich deß Altars und der Oelung empfangen/ und gestorben. Dieser Canonicus ist kostbarlich begraben worden und haben die Fuͤrnembste deß Adels den Leichenamb zum Grab begleitet bey so schoͤnem und annemlichen Wetter/ daß man haͤtte vermeinen sollen/ der Himmel habe diesen Canonicum/ als einen neu angekommenẽ Jnwohner mit seiner Schoͤnheit ehren wollen/ in- U u u dem Die Viertzigste Geistliche Lection dem sich selbiger bey der Begraͤbnuß wider alles vermuten gantz hell und klar erzeiget: daß er also von allen gluͤckselig geschaͤtzt worden/ dieweilen er mit grossen Einkoͤmbsten und Reichtumben/ mit adlichem Herkommen/ mit schoͤner Gestalt deß Leibs/ und allem Gluͤck in seinem Leben versehen: nach demselben auch mit so herrlicher Begraͤbnuß und von dem Himmel selbst ge- ehret worden; der auch in seinem Todts-Bett nach empfangenen H. H. Sa- cramenten/ mit Vergiessung der Zaͤhren seine Seel dem lieben Gott so an- daͤchtiglich befohlen hat. O wie seelig/ sagte jederman/ muß dieser fromme Canonicus gestorben seyu/ den die Goͤttliche Gnaden im Leben im Todt/ und nach demselben dergestalt ersuͤllet haben! Aber/ aber/ anders richtet Gott/ und anders die Menschen. Nach wenig Tagen ist dieser Canonicus einem seiner getrewen Freunden erschienen/ und hat ihm bedeutet/ daß er ewig verdambt seye: und ob er zwarn gebeichtet/ und mit den H. H. Sacramenten versehen worden/ hat er doch kein wahre Berewung und Fuͤrsatz der Besse- rung gehabt. Und obschon ich sagt der Todte/ mir vorgenommen von den Suͤnden abzulassen: so hab ich dannoch in meinem H ertzen eine Neigung empfunden/ welche mich/ wann ich waͤre wider umb gesund worden/ zum vo- rigen boͤsen Leben mehr/ als zur Besserung gebracht haͤtte: dan ich bildete mir ein/ daß ich ohne die gewoͤhnliche Begierligkeiten und ohne Vergnuͤ- gung in den Ehren und Wolluͤsten nicht leben koͤnte. Jn diesen Gedancken bin ich gestorben/ und ewig verdambt worden. 16. Wolte GOtt! Wolte GOtt! daß der letzter wegen Mangel der gnugsamen Bereuung schon verdambt seye/ und nicht mehrere Menschen dieserthalben zur Hoͤllen gestuͤrtzet wuͤrden. Ob wohl einige Suͤnder am End ihres Lebens eine wahre Reu und Leyd haben/ so koͤnnen sie doch selbi- ge/ wegen der eingewurtzelten boͤsen Gewonheiten/ leichtlich verlieren/ dar- zu der boͤse Feind meisterlich zu helffen pfleget. Also hat dieser listige Vo- geleinen Sterbenden betrogen/ welcher seine Suͤnden rechtmaͤssiglich ge- Historia. Franc. Pa zzoli- us. beicht hatte. Dieser Sterbende hatte vorhin eine Beyschlafferin unzulaͤs- siger Weiß bey sich gehabt/ die er in seiner Kranckheit abgeschafft/ damit er sich mit allem Ernst zu GOtt wenden moͤgte. Der Teuffel gibt ihm ein/ er thue uͤbel/ daß er seiner Freundin also leicht vergesse: diesem Cingeben gibt der Krancke bey sich selbsten zur Antwort: wolte GOtt ich haͤtte sie nie- mal gekennet! Nicht also: sagt der Teuffel. Sie liebt dich von Hertzen/ und du haltest von selbiger so wenig? Was hab ich nun anders/ gibt sich der Krancke zur Antwort/ daß ich die lose Fidel so unkeuscher Weiß getiebt hab/ als daß ich und sie billig solten verdambt werden. Zum drittenmahl gibt sich der Von der Sacramentalischen Beicht. der boͤse Feind abermal an/ und gibt ihm ein: es sey kein Wunder daß er so nahe beym Todt also rede: wan du wiederum soltest von der Kranckheit auffstchen/ und noch viele Jahr leben/ woltestu nicht die alte Freundschafft wiederumb erneueren und unterhalten? Wan daß geschehen wuͤrde/ sage in sich der Kran- cke/ so solte ich meine alte Lieb ohne Zweiffel erneucren muͤssen. Jn selbi- gem Augenblick/ da er also vom Teuffel betrogen wird/ stirbt er und wird ewig verdambt. Diese ist nun die Ursach/ daß so viele verlohren gehen; die- weilen in der letzten Beicht/ oder der kraͤfftige Fuͤrsatz nicht mehr zu suͤndigen ermanglet; oder/ wann selbiger schon zu gegen ist; von dem boͤsen Feind gar leichtlich kan vernichtiget werden/ wie wir in dem Verlauff dieser traurigen Geschicht vermerckt haben. Jch hab/ mein Christliche Seel/ dieser Lection die Segel weiters außgespannen/ als ich mir vorgenommen hatte; die ich anjetzt wiederumb einziehe/ und dir die Betrachtung der obgesetzten Trauer- Spielen deiner ewigen Wohlfahrt anheim stelle. Die Ein und Viertzigste Geistliche LECTION Von dem Allerheiligsten Sacrament deß Altars. Omnes sitientes venite ad aquas, venite, emite Isa. 55. v. 1 absque Argento, \& ulla Commutatione Vinum \& Lac. Kommet zum Wasser/ alle die ihr durstig seynd: kommet her und kauffet ohne Gelt/ und ohne einigen Werth/ Wein und Milch. 1. W Ann ein Koͤniglicher Schatz eroͤffnet/ und einem jeden Gewalt er- theilet wuͤrde/ von selbigem nach seinem Belieben zu nemmen; wer solte seiner wohl vergessen/ und verabsaumen/ so viel zu be- U u u 2 kom- Die Ein und Viertzigste Geistliche Lection kommen/ als er vonnoͤthen habe? Jch bin der Meinung/ wir wuͤrden alle suchen die Erste zu seyn/ damit wir in Zeiten das Unsrige davon tragen moͤgten. Nun stehet uns allen offen/ nicht ein irrdischer und zergaͤnglicher/ sondern ein himmlisch- und ewiger unendlicher Schatz im Hochh. Sacra- ment deß Altars; sollen wir nicht mit aller Hurtigkeit demselben zulauffen/ und mit selbigem bereichet zu werden trachten? Darzu uns der himmlische Koͤnig und grosse Monarch durch seinen Propheten einladet und sagt: Kom- met alle/ \&c. Der nun mit den him̃lischen Guͤtern erfuͤllet zu werden ver- langet; das ist/ der mit Tugenten (welche die beste Schaͤtz der Seelen seynd) will gezieret werden; eile zum Brunnen derselben/ nemblich zu Christo/ der da unter den Gestalten deß Nacht-Mahls im Hochh S acrament gegen- waͤrtig ist. Wer dann seine Laster und Maͤngel zum Heyl seiner Seelen zu vertilgen gesinnet ist; der kan sein Vorhaben mit besserem und ersprießli- cherem Effect und Nachtruck nicht erreichen/ als wann er offt zu diesem Goͤttlichen Brod hinzunahe/ krafft dessen er uͤber die Massen gestaͤrckt wird/ alle Suͤnden und suͤndhaffte Neigungen zu vertreiben. Dann so Elias mit einem in der Asch gebackenen Brod also ist gestaͤrckt worden/ daß er in Krafft dieser Speiß/ viertzig Tag und so viel Nachten biß zum Berg ist ge- wandert; wie viel hurtiger wird nicht auff dem Weeg der Tugenten fort- schreiten koͤnnen/ welcher mit dem Brod der Engeln sich offtmahl staͤrcket? § . 4. c. 4. L 2. zumahlen Dieses Sacrament/ wie der gottseelige Thomas à Kem- pis sagt; das Heyl der Seelen ist und deß Leibs; eine Artzney aller geistlichen Sucht und Kranckheit/ in wel- chem geheilet werden die Wunden unserer Laster/ die in- wendige Bekůmmernüß und Leyden gemiltert und ge- zaͤhmt: die Anfechtungen ůberwunden und gemindert/ groͤssere Gnad eingegossen/ die angefangene Tugend ge- mehrt/ der Glaub und Hoffnung gestaͤrcket/ und die Lieb erhitziget und außgebreitet wird. Dieses bekraͤfftiget der Heil. Ser. de Cœ a Domini. Bernardus mit folgenden Worten: Zwey ding/ sagt er/ wircket in uns dieses Sacrament: daß es das Gefühl mindere in den geringsten/ und die Bewilligung gaͤntzlich hinweg- nehme in den groͤssern Sünden. Wann ihr nunmehr nicht so oͤfftere und so hitzige Bewegungen deß Zorns/ der Mißgunst/ der Geylheit und anderer dergleichen Laster an euch empfindet; so saget dem Fleisch und Blut deß Herrn Von dem Allerheiligsten Sacrament deß Altars: Herrn Danck/ dann die Krafft deß Sacraments wircket in euch. 2. Hoͤre auch/ mein Christliche Seel/ den H. Cyrillum. Das Lib. 4. in Joan. 17. Hochh. Sacrament deß Altars/ spricht er/ vertreibt nicht allein den Todt/ sondern auch alle Kranckheiten: dann es stillet/ wann Christus bey uns bleibt/ das wůtende Gesetz unserer Natur/ es starcket die Andacht/ erloͤschet die Verstoͤhrungen deß Gemüts/ macht gesund die Kran- cke/ und heylet die da verwund seynd. Weiters mercke auff die Wort/ die der H. Ainbrosius zu seiner Schwester Macellina schreibt. Christus ist alles in uns: wilstu eine Wund heylen/ so ist L. 3. de Virg. to. 4. dir Christus das Pflaster: bistu vom Fieber verhitzt/ so ist er der Brun: wirstu mit Vnrechtfertigkeit beschwehret/ so ist er die Rechtfertigkeit/ oder die Gerechtfertigung: hastu Hülff vonnoͤthen/ so ist er deine Krafft: Foͤrch- testu den Todt/ so ist er das Leben. Wilstu gen Himmel auffsteigen/ ihn hastu zum Weeg: fliehestu die Finster- nuß/ siehe er ist das Licht: Suchestu Speiß; Er ist die Nahrung. So weit lasset sich auß uͤber das Hochh. Sacrament deß Altars der H. Kirchen-Lehrer Ambrosius. Diesem folgt nach der H. Thomas à Villa Nova, und sagt: denen so hinzukommen/ werden Conc. 3. de S. S. Sacr. haͤuffige Fruͤchten ertheilet: der Verstand wird erleuchtet/ das Hertz wird entzuͤndet/ der Affect oder Neigung wird feist gemacht/ der Geschmack wird erwecket/ das Gefuͤhl wird lebendig/ der Geist wird gereiniget/ die Tugen- ten und Gnaden werden vermehret/ und endlich besitzestu durch die Nies- sung dieses Hochh. Sacraments die Fuͤlle aller geistlichen Guͤter. Daß nun die Niessung dieser Allerheiligsten Speise alle von den H H. Vaͤttern erwehnte Wirckungen verrichte; daran ist nicht zu zweifflen: daß aber sehr viele derselben nicht theilhafftig werden/ daran seynd sie selbst die Ursach/ dieweilen sie die Bequemung zum Empfang der Gnaden nicht mit sich brin- gen; dahero ist kein Wunder/ daß solche durch die H. Communnion fast schlimmer als besser werden: welches der H. Chrysostomus mit einer schoͤnen Gleichnuß erklaͤret und sagt: Gleich wie die Speiß deß Leibs/ Hom. 5. sup. Mat wann sie den Menschen mit boͤsen Humoren oder Feuch- tigkeiten erfüllet findet/ schaͤdlich ist/ und keine Hülff leistet: also diese geistliche Speiß/ wann sie einen mit Sůnden angefüllet antrifft/ wird sie demselben noch mehr V u u 3 ver- Die Ein und Viertzigste Geistliche Lection verderben/ nicht auß der Natur der Speiß; sondern we- gen der Boͤßheit dessen/ der sie geniesset. Dahero singt die Kirch also: Gut und Boͤß empfahe ihn beyde/ Doch mit grossem Vnterscheid/ Die Frucht ihrer Niessung ist: Weil den Guten wird das Leben/ Vnd der Todt den boͤsen geben/ O merck dieß/ mein frommer Christ. Granat. in Sylv. v. Euch. fol. 696. Einige glaubwuͤrdige Schribenten setzen dises unter die Wunderwerck der Welt; daß nemblich ein Brunnen seye/ in welchen/ so man mit sittigen Augen einschawet/ und immer in selbigen starret/ man rein und klar Wasser finden wird; wann man aber anderswohin sehet/ oder mit einem anderen redet/ so wird sich das Wasser truͤb zeigen. Ein solcher Brun ist das H ochh. Sa- erament deß Altars/ welcher zu selbigem mit demuͤtigen und niederge- lassenen Augen deß Leibs/ und mit starrenden Augen deß H ertzen auff die Goͤttliche Majestaͤt/ und mit geziemender Reinigkeit hinzugehet/ der wird finden ein reines und sauberes Wasser der Goͤttlichen Gnaden: der aber wird thun das Widerspiel/ wird an statt deß Segen/ Verfluchung finden. C. 9 . v. 20. Dahero lesen wir im Buch Levitici: Ein unreine Seel/ welche von dem Fleisch deß Fried-Opffers essen wird/ daß dem Herren auffgeopffert ist/ soll von ihrem Volck untergehen. Wieviel mehr wird dan nicht der jenige zu Grund gehen/ der das Fleisch deß Herren un- wuͤrdiglich niessen wird? derhalben sagt der A postel von dieser Speiß: Wer 1. Cor. 11. unwůrdiglich esset und trincket/ der esset und trincket ihm selbst das Gericht. Wann du nun/ mein Christliche Seel/ vermer- cken sollest/ daß du durch oͤfftere H. Communion nicht zunemmest; keinen/ oder geringen Geschmack zu den Tugenten empfindest: daß du den Ge- brechen der boͤsen Natur hartneckiglich anklebest: daß nicht keuscher in den Gebaͤrden/ nicht eiffriger im Gebett und Lob Gottes werdest: daß du nicht eingezogener und sanfftmuͤtiger vom Tisch deß H erren kommest: so gedencke/ daß du einer von denen seyest/ von welchen der Apostel sagt: Darumb 1. Cor. seyen unter euch viel Schwachen und Krancken/ und viele schlaffen. Die Ursach dessen hat er vorhingesetzt: nemblich/ wann ihr unwürdiglich esset und trincket. Durch die Schwachen und Krancken wollen die Dollmetscher die jenige verstehen/ so von der Faul- heit Von dem Allerheiligsten Sacrament deß Altars. heit und Traͤgheit gleichsamb einer Schlaff - Sucht uͤberfallen/ zur Besse- rung deß Lebens nicht auffstehen/ zur Ubung der Tugenten sich nicht bewe- gen/ und zur Vollkommenheit geringe Lust zeigen: dahero verbleiben sie un- bequem/ den Anfechtungen deß boͤsen Feind/ der Welt/ und deß Fleisches sich zuwidersetzen. 3. Wie die H. Schrifft meldet Deut. am 4. Cap. Jst Gott ein verzaͤrẽ- des Fewr: Wie kans aber moͤglich seyn/ daß die Hertzen/ so Gott im H. Sacrament empfahen; und wann sie schon harter als ein Stein/ und kaͤlter als Eys seynd/ bey diesem Fewr nicht erweichen und erwarmbt werden? Daß Hochh Sacrament deß Altars ist ein brennender Spiegel; wie wenig seynd aber/ die von dessen Strahlen gebrand werden? Es ist ein Brod/ daran alle- Sap. 6. Ergetzligkeit zu finden ist/ und wie wenig empfinden den herrlichen Ge- schmack dieser Speise! Es ist ein Brunn aller Gnaden/ und wie wenige be- muͤhen sich darauß zu schoͤpffen! Es ist ein Lamb ohne Flecken/ und wie we- nig werden durch Niessung dieses Lambs gereiniget! Es ein Artzeney der Unsterbligkeit/ aber wer ist damit gezeichnet? Es ist ein Band der Liebe; wie wenig aber werden mit diesem Band an das allerhoͤchste Gut gebunden! Es ist ein Pfand der zukunfftigen Herrligkeit; und dannoch/ wie der Apostel Paulus sagt: schlaffen viele: daß ist/ die Schlaͤfferige/ so da mit der Schlaff-Sucht der Lasteren uͤberfallen/ in ihre Begierden vertiefft/ gleich den Mold-Wuͤrmben in der Erden graben; die irrdische Ding suchen/ zu den Himlischen keine Lust haben/ der veralteten Gewonheit zu suͤndigen/ gleich einem kotigen Leim ankleben/ und in selbigem wie ein Schwein im Mist-Lach/ sich weltzen. Solche bestialische Menschen/ wie oͤffter sie zu diesem Englischen Tisch hinzugehen/ je mehr besudlet und schlimmer sie wer- den. Jst daß nicht/ Perlen den Saͤwen strewen/ und die Speiß deß Goͤtt- lichen Himmel-Brods in die Mist-Gruben werffen? solcher Gestalt solstu zum Tisch deß Herren gehen/ wie der H. Thomas von Aquin die seinige mit diesen wenig Worten unterrichtet und sagt: meine Bruͤder/ esset das himmlische Brod geistlicher Weiß/ und traget die Unschuld mit euch zum Altar: der esset ihm selbst das Gericht/ welcher unsauber zu dem allersau- bersten Sacrament hinzugehet. Nach unwuͤrdig empfangener Commu- nion/ hat der Haubt-verraͤther Judas dem boͤsen Feind in seinem Hertzen Platz gemacht/ von dem er dan von Stund an zu Vollziehung deß vorhaben- den Verraths getrieben worden. Recht sagt von selbigen der fromme Job: Sein Brod wird sich inwendig in seinem Leib in c. 10. 14. Nattern-Gallen veraͤndern. Wolte GOtt! daß nicht heutiges Tags Die Ein und Viertzigste Geistliche Lection Tags sehr viele/ nach dem Exempel Judaͤ/ von der Allerheiligsten Taffel schlimmer zuruͤck kehreten/ als sie seynd hinzu gangen. Auch waͤre zu wuͤn- In Cant. 7. schen/ daß der heutigen Welt nicht widerfahre/ dessen sich der Philo Car- phatius beklagt; und also spricht: Man sicht/ leyder! daß einige von die- sem allerheiligsten Gastmahl taͤglich Gottloser werden: und (welche ich oh- ne grosse Schmertzen nicht melden kan) daß die armselige Menschen die- serthalben allein zur Hoͤllen gestuͤrtzet werden. Also ist zur Verdamnuß gestuͤrtzt worden der Verraͤther Judas: also werden gestuͤrtzt viele and ere so wohl Geist- als Weltliche/ so da mit vielen Suͤnden behafftet/ sich nicht foͤrchten zu diesem Aller heiligsten Sacrament zu tretten. 4. Damit nun auff uns so ungluͤckseeliges Loß nicht falle/ lasset uns die Ermahnung deß heiligen Vatters Augustini behertzigen: welche in fol- Serm. 1. de Temp. genden Worten bestehet: So viel wir koͤnnen/ lasset uns mit der Hülff GOttes uns befleissen/ daß wir mit auffrichtigem und lauterem Gewissen/ mit reinem Hertzen und keuschem Leib zum Altar deß HErrn moͤgen hinzugehen/ und des- sen Leib und Blut nicht zum Gericht/ sondern zum Mit- tel unserer Seelen zu empfangen gewürdiget werden. Dann der das Leben nicht aͤndert/ der wird das Leben empfangen zum Gericht; und wird auß diesem Leben mehr verletzt als geheilet werden: er wird mehrgetoͤdtet/ als zum Leben erweckt werden. Der heilige Chrisostomus will auch in diesem Fall der letzte nicht seyn: derhalben rufft er allen mit diesen Worten zu und sagt: Niemand soll mit einem Widerwillen/ Hom. 83. in Matt. weder auch mit einer Lawigkeit hinzugehen: alle sollen eifferich/ alle sollen enttzündet seyn: wir sollen alle vor Lieb brennen. Jn seiner 61. Predig/ so er zum Volck gehalten/ sagt et also: Wir sollen derhalben/ gleich den Loͤwen/ mit Feuer-spielendrn Augen deß Hertzen von diesem Tisch hinweg gehen/ und also dem boͤsen Feind ein Grausen seyn. 5. Jm uͤbrigen mustu wissen/ mein Christliche Seel/ daß deinem Gott mehr gefalle/ wann du demuͤtiglich und wohl bereitet zu dem Goͤttlichen Tisch gehest; als wann du dich desselben unwuͤrdig achtest/ und denselben derentwegen meidest; wie du auß folgender Geschicht zu sehen hast. Der H. Bonaventura hat einsmals die Goͤttliche Majestaͤt im Hochh. Sacra- ment deß Altars betrachtet/ und hergegen seine Armseeligkeit und grosse Un- wuͤrdig- Von dem Allerheiligsten Sacrament deß Altars. wuͤrdigkeit beschauet: derhalben hat er in Forcht/ daß villeicht mit gezim- mender Ehrbietsambkeit nicht wuͤrde seinen HErrn empfangen koͤnnen/ sich viele Tag dteser Goͤttlichen Speiß enthalten. Jndem nun dieser H. Mann einem Priester zur Messen gedienet/ und in selbiger die heilige Hostia dem Gebrauch gemaͤß vom Priester gebrochen worden/ ist ein Theil derselben Hostien nicht ohne Verhaͤnguuß GOttes/ dem frommen Bonaventuraͤ in den Mund hinein gesprungen. Hierauß hat selbiger vernuͤnfftlich geur- theilet/ daß die jenige GOtt angenehmer seyen/ welche von der Lieb zum Tisch deß HErrn gefuͤhrt werden/ als die jenige/ so da auß Forcht demsel- ben sich entziehen. So viel die Vorbereitung der heiligen Communion anlanget/ ist zu wissen/ daß selbige zweyfachig seye/ deren eine ist ein loͤbli- cher/ Christlicher und auffrichtiger Handel und Wandel vor GOtt und den Menschen. Die andere bestehet darin/ daß sich der Mensch vor der heiligen Communion oder Meß-Opffer mit moͤglichem Fleiß bereite durch eine rechtmaͤssige Beicht/ durch Erweckung der Reu und Leyd uͤber die be- gangene Suͤnden/ und der Liebe gegen GOtt und seinen Nechsten/ und durch einen starcken Fuͤrsatz/ in Ewigkeit nicht mehr zu suͤndigen; und daß er bey sich entschliesse/ alle/ auch die geringste Gelegenheiten zu suͤndigen abzu- schneiden/ so viel es immer moͤglich ist: auch soll eine Betrachtung/ wans die Zeit leydet/ vorhergehen: die allerseeligste Jungfrau Mariam/ seinen Schutz-Engel und H. H. Patronen soll ein jeder nach seiner Devotion zu diesem grossen Gastmahl einladen/ und selbige ersuchen/ daß sie mit ihren Tugenten das hochzeitliche Kleid zieren wollen/ \&c. 6. Ein solche Vorbereitung kan dem lieben GOtt nicht mißfallen/ der mehr auff unsere Einfalt und guten Willen/ als auff das Werck selbsten Achtung hat; wie wir auß der H. Mechtilde lernen. Diese Jungfrau Blos. in in Monil. Sp. c. 6. hat Christus also unterrichtet: Wann du die heilige Communion zu empfangen hast/ so verlange und wuͤnsche zum Lob und Ehr meines Nah- men/ daß du haͤttest alle die Begierden/ und alle Lieb/ mit welcher jemah- len ein Hertz gegen mich gebrennet hat; und also komme zu mir: dann ich werde diese Lieb in dir ansehen und auffnehmen/ nicht wie sie in dir ist; son- dern wie du woltest/ daß sie in dir waͤre. Eben selbiges hat auch gelehret die heilige Gertrudis/ welche da sie einsmahls sehr eifferich zu communici- Id. ibid. ren verlangte/ vermeinte aber/ daß sie darzu nicht gnugsamb bereit waͤre/ wendete sie ihr betruͤbtes Angesicht zu der heiligen Mutter GOttes und ih- re H. H. Patronen/ und ersuchete selbige sie moͤgten doch alle ihre Guͤnsten und Gnaden/ die sie vorhin bey GOtt erworben hatten/ ihr schencken/ und X x x fuͤr Die Ein und Viertzigste Geistliche Lection fuͤr sie ihrem himmlischen Braͤutigam auffopfferen. Hierdurch hat sie sich so grosses Ansehen und Wuͤrdigkeit bey der Goͤttlichen Majestaͤt erwor- ben/ als sie immer haͤtte wuͤnschen und verlangen koͤnnen. Allhier ist auch zu L. 4. c. 12. mercken/ was der gottseelige Thomas à Kempis sagt: Du must dich nicht allein vor der H. Communion dieses Hochw. Sa- craments zu der Andacht bereiten/ sondern auch nach Empfahung dieses Sacraments mit allem Fleiß dar in erhalten und üben. Vnd wird nicht weniger die Behut- sambkeit darnach/ als ein andaͤchtige Bereitung darvor erfordert: dann die nachfolgende Behutsambkeit ist einem frommen andaͤchtigen hoch nützlich und zwar gut/ daß es ein neue Vorbereitung ist/ groͤssere Gnad zu erlangen. 7. Zur andaͤchtigen Verehrung dieses Hochh. Sacraments leiten uns Historia. L. 2. mit ihrem Exempel die Ymben/ wie Thomas Cantipratanus erzehlet; daß nemblich die Dieb einsmahls das Ciborium auß der Kirchen gestohlen/ und die H. Hostien unter einen Ymben-Korb geworffen haben. Nach einigen Tagen vermerckt der Ymben-Herr/ daß selbige sechsmahl im Tag zu sichern Stunden ihre gewoͤnliche Arbeit verlassen/ und seyen gantz eifferig in ei- nem Hoͤnig-suͤssen Gesang beschaͤfftiget. Da er nun bey Mitternacht auffstehet/ sicht er uͤber dem Ymben-Korb ein grosses Licht/ und hoͤrt/ daß sich die Ymben im Singen uͤben. Woruͤber selbiger sich sehr verwundert/ und auß Goͤttlichem Antrieb dem Bischoff solches zu erzehlen/ gleichsamb gezwungen wird: der Bischoff mit vielen andern kombt hinzu/ eroͤffnet den Ymben-Korb/ und findet ein Geschier/ welches von Schnee-weissem Wachs gar kuͤnstig gewircket ware; und in selbigem findet er die H. Hostien/ und das die Ymben herumb fliegen/ Chor-Weiß singen und Wacht halten. Dieß Hochh. Sacrament nimbt der Bischoff und tragt selbiges mit hoͤchster Ehrbietsamkeit zur Kirchen/ allwo viele von unzahlbaren Kranck- heiten genesen seyen. Dergleichen erzehlt auch Caͤsarius von einem Weib/ so da Ymben hatte; weilen selbige nicht zunehmen wolten/ und sie sich die- serthalben bey andern beklagte; wurde ihr gerathen/ sie solte das heilige Nachtmahl zwischen selbige setzen; welchem Rath sie folgte/ und/ nachdem sie die heilige Hosti/ so ihr der Priester in der Communion gereichet/ mit sich nach Hauß genommen/ legte sie selbige in eine der Ymben-Koͤrbe. Und siehe/ O Wunder! die unvernuͤnfftige Thierlein erkenneten ihren Herrn/ und machten selbigem ein uͤberauß schoͤnes Kirchlein oder Capellelein von wunderlicher und kunstreicher Arbeit; in welchem sie einen Altar auff- rich- Von dem Allerheiligsten Sacrament deß Altars. richteten von selbiger Materi/ und das H. Sacrament darauff setzeten/ dahe- ro hat der guͤtige GOtt ihr Werck auch gesegnet. Eine zeitlang hernach/ da dieses Weib das Geschirr auffgethan und die Capell sambt dem Altar ge- sehen/ ist sie erschroͤckt worden/ und ist eilend zum Priester gelauffen/ hat selbi- gem alles erzehlet/ und sich ihrer Unerbietsambkeit halber in der Beicht an- geklagt. Der Priester hat einige seiner Pfarr-Kinder mit sich genommen/ ist zu den Ymben-Koͤrben hinzukommen/ und hat die herumb fliegende Thier- lein/ so da zum Lob ihres Herren mit ihren Stimmlein sich hoͤren lassen/ hinweg getrieben/ und hat mit hoͤchster Verwunderung seiner und aller an- wesenden gesehen/ wie die Waͤnd deß Capelluleins/ die Fensteren/ das Tach/ der Klocken-Thurn/ die Thuͤr und Altar in aller Vollkommenheit seye ge- macht gewesen. Nachmalen ist daß H. Sarrament mit grossem Lob Got- tes/ mit unauff hoͤrlichem Singen und Betten widerumb zur Kirchen getra- gen worden. Wann nun die unvernuͤnfftige Thierlein ihren Erschoͤpffer erkennen/ dergestalt verehren/ und selbigem so saubere Wohnung zu bereiten; was solstu du dan nicht thun/ mein Christliche Seel/ dem GOtt Vernunfft gegeben hat/ seinen H erren zuerkennen? Wie solstu dich nicht befleissen/ daß Hauß deines Hertzens zu sauberen/ daß es mehr einem Schnee-weissen Wachs/ als einem kotigen Vieh-Stallgleich seye. 8. Dieß ist das allerverwunderligste an dieser Englischen Speise/ daß sie nicht allein nutze/ wann man selbige genossen hat; sonderen daß auch der Hun- ger und das Verlangen/ dieselbe zu nehmen den Menschen sehr nuͤtzlich und heylsamb seye: und solcher massen wird erfuͤllet/ was GOtt durch den Koͤnig- lithen Prophet gesagt hat: Thue deinen Mund weit auff/ so will Psalm. 80 ich ihn erfüllen. Dahero ist bey vielen andaͤchtigen Menschen sehr zu loben/ daß sie offtmal im Tag/ als nemblich in der H. Meeß/ und in Be- such- und Anbettung deß Hochh. Sacraments/ und anderen Gelegenheiten sich unter stehen mit einer inbruͤnstigen Begierd geistlicher Weiß zu commu- niciren: sintemalen einige seynd gefunden worden/ welche bekennet haben/ daß sie so grossen Nutzen auß der Begierd zu communiciren geschoͤpfft haben/ als auß der wuͤrcklichen Communion selbst. Unter selbige wird gezehlet die S. Ioanna à Cruce, welche mit geistlicher Freuden zu sagen flegte/ daß sie eben derselbigen Gnaden und Gaaben GOttes in der geistlichen/ als auch in der wuͤrcklichen Communion geniessen: derhalben seufftzete sie offt mit danck- barem Hertzen zu GOtt/ und sagte: O wie fuͤrtreffliche Weiß zu commu- niciren hastu mich gelehret! Siche/ mein allerliebster Herr/ ich kan zu dir so offt kommen/ als ich will; ich kan deiner so vielmal geniessen/ als ich verlange; X x x 2 dan Die Ein und Viertzigste Geistliche Lection dan ich bedarff zu der geistlichen Niessung keine Erlaubnuß weder deß Beichts-Vatters/ weder der Obrigkeit; deine Erlaubnuß brauch ich allein/ Omein guͤtigster GOtt und Herr! Wie sehr dem lieben GOtt diese Manier gefallen/ hat er mit vielen Wunderwerck gnugsamb zu erkennen gegeben. Historia. Ein Ley- Bruder hat gesehen/ daß andere offt zum Tisch deß Herren gin- gen/ und ihm aber wurde nicht erlaubt offters zu communiciren; derhalben hat er mit betruͤbtem Hertzen einsmals den Altar angeschawet/ und inbruͤnstig verlanget/ seinen Herren zu empfangen: und siehe/ der miltreiche Herr kombt ohne menschliches oder priestliches Zuthun in den Mund deß bettenden Geist- lichen/ welcher alsbald den Mund eroͤffnet/ die heilige H ostigezeigt/ und die Ursach sothaner Gnad erzehlet hat: man hat auch vermerckt/ daß selbige H osti auff dem Altar zu wenig ist gefunden worden. Deß gleichen hat sich zugetragen mit der heiliger Catharina von Senis, und mehr anderen. Dar- auß wir dan vernuͤnfftiglich schliessen koͤnnen/ wie grosse Krafft die andaͤchti- ge Neigungen zu GOtt haben. 8. Derhalben/ mein Christliche Seel/ rathe ich dir/ daß du diese herrliche Ubung nicht leichtlich unterlassest; sonderen/ so viel dir erlaubt ist/ deinen aller- suͤssesten Brautigamb im H ochh. Sacrament offt heimsuchest/ demselben durch die geistliche Communion vereinigest. Auff daß du aber selbiges desto fuͤglicher und lieblicher bewerckstelligest/ so kanstu dich der folgenden Weiß bedienen. Die Weiß/ Christum im Hochh. Sacrament deß Altars/ oder uͤberall/ oͤffters zu gruͤssen und zu verehren. Seye gegruͤsset du miltreichester JEsu/ du bist mein GOtt/ und bist mein HErr/ ich bette dich/ segne doch deinen armseeligen und beduͤrffti- gen Fremdling/ nehme mich doch auff in deine allersuͤsseste Armben der Liebe. Jch bette dich an/ mein JEsu/ ich glaub an dich/ und setz all mein Vertrauen auff dich: und gleich wie du mich von Ewigkeit her gelicht hast; also begehre ich dich hinwiederumb zu lieben und zu loben/ Omein Gott/ meine Hoffnung/ meine Lieb und alles. O ihr meine Außerwaͤhlte Patron- und Patroninnen/ und alle Heiligen GOttes/ machet doch groß den HErrn mit mir/ und last uns dessen Nahmen erhoͤhen in eintracht. Nach Von dem Allerheiligsten Saerament deß Altars. Nach diesem kanstu diese Wirckungen deß Glau- bens und der Lieb erwecken. Mein liebster HErr JEsu/ ich glaube vestiglich und bin versichert/ daß allhier in solcher Macht und Herrligkeit zu gegen seyest/ wie du auch im Himmel bist. Daruͤber erfreue ich mich so hertzlich/ daß ich mein Leben/ und wann ich noch tausend/ ja hundert tausend Leben haͤtte/ gern wolte dargeben zu Verthaͤtigung dieser Warheit/ und das eintzig und allein dir zu lieb/ mein guͤtigster JEsu. Weilen ich aber dieses alles nicht vermag zu thun/ so bitte ich dich/ nehme doch diese Begierd und guten Willen deines demuͤthigen Dieners/ oder Dienerin zu deiner Ehren und Wohlgefal- len an. Diesem nach kanstu Geistlicher - Weiß commu- niciren auff diese oder dergleichen Art. O mein liebster JEsu/ ich sage dir unendlichen Danck/ und wuͤnsche von Hertzen/ daß dir alle deine Außerwaͤhlte/ neben andern ihren Lob- Spruͤchen/ auch absonderlichen unendlichen Danck sagten fuͤr deine so gros- se Wohlthat/ daß du dich wuͤrdigest verborgen zu seyn im Allerheiligsten Sa- erament/ und daß du so grosser und maͤchtiger GOtt uns armseelige Men- schen zu dir einladest/ und so gar auch noͤthigest/ daß wir Dich als das eintzige Heyl unserer Seelen in unser Hertz auffnehmen. Jch gestehe gern/ mein Heyland/ daß ich sehr groͤblich gesuͤndiget hab; es ist mir aber von Grund meiner Seelen leyd/ und das derhalben allein/ weilen du/ mein Gott und Herr/ dadurch beleydiget bist: Ach haͤtte ich doch niemahl ge- suͤndiget! ich verspreche dir aber/ mein JCsu/ so viel mir deine Gnad zu Huͤlff wird kommen/ daß ich alle Suͤnden bessern will. O wie gern wolte ich dich/ mein Erloͤser und eintziges hoͤchstes und liebstes Gut anjetzo unter mein Dach nehmen! wie gern wolte ich dich heut diesen Tag beher- bergen; ich weiß aber/ daß hierzu eine Englische Reinigkeit gehoͤre: ich wuͤnschte mir selbige wohl/ wann wuͤnschen Platz hat; wolte auch wohl gern haben ein so reines und Jungfraͤuliches Hertz/ wie deine gebenedeyte Mut- ter gehabt/ und aller Heiligen Verdiensten und gute Werck zu deiner hoͤch- ster Ehren/ und meiner bessern Disposition. Nun aber hab ich von diesem allem nichts; und derhalben darff ich zu dir nicht kommen. Nimm an/ X x x 3 mein Die Ein und Viertzigste Geistliche Lection mein JESU/ meinen guten Willen fuͤr das gute Werck/ und ver- leyhe mir ein seeliges End/ auff das ich dich loben koͤnne in alle Ewigkeit. Wann du von dem Hochwuͤrdigen zuruͤck gehest. Was begehrstu von mir/ mein JEsu/ daß ich dir lasse? Du sagst: Mein Sohn/ schenck mir dein Hertz. Siehe mein Gott und Herr/ mein Hertz hab ich schon laͤngst deiner Mutter uͤberlassen: und weilen du Allmaͤchtiger Himmels-Herrscher ein so geringe und verwuͤrff- liche Gaab dich nicht schaͤmest zu begehren/ so bitte ich dich/ du wollest sel- bige auch nicht verschmaͤhen. Nimm derhalben an mein Hertz/ daß ich dir schencke/ und ist mir nichts so leyd/ als daß selbiges ich dir nicht so rein/ so keusch und unschuldig liefern kan/ wie du es verdienest/ und ich verlange: ertheile mir deinen Seegen O Herr. Du aber/ mein heiliger Schutz- Engel/ wollest alle himmlische Geister ersuchen/ daß/ wann ich von hin- nen geschieden bin/ sie fuͤr mich den Herrn loben wollen in Ewigkeit. Der Andere Theil. Von Dem Opffer der H. Meß. 9. N Un fahren wir in der angefangenen Materi fort/ und sagen von dem Opffer der heiligen Meß/ daß selbiges ein Opffer uͤber al- le Opffer seye/ dieweilen in selbigem alle Opffer deß Alten Te- staments begriffen werden; so da seynd gewesen vierfaͤltig. Eins ist gewesen das Opffer der schuldigen Ehrbietsamkeit: das andere ein Danck- Opffer; das dritte ein Bitt- Opffer; und das vierte ein Erlangungs- Opffer. Diese vier O epffer begreifft in sich das O pffer der heiligen Meß: dann erstlich ist selbiges ein O pffer der schuldigen Ehrbietsambkeit; die- weilen es GOTT ein unendliche Ehr und Preiß gibt wegen dessen unendlicher Fuͤrtrefflichkeit. Es ist ein Danck- O pffer/ dieweilen es GO TT dancket fuͤr die empfangene Wolthaten. Es ist ein Bitt- Opffer/ dieweilen es kraͤfftig ist zu Vergebung der Suͤnden/ und Nachlassung der Straff. Es ist ein Erlangendes Opffer/ dieweilen nichts so maͤchtig ist/ allerhand geist- und zeitliche Wolthaten zu erlangen. Wer will Von dem Allerheiligsten Sacrament deß Altars: will sich aber unterstehen doͤrffen/ die Vortreffligkeit dieses Opffers der Ge- buͤhr nach zu entwerffen/ indem selbiges eines unendlichen W erts ist? So viel die geopfferte Sach/ und den fuͤrnembsten Priester oder Opfferer der- selben Sach betrifft/ ist dieses Opffer eins mit dem Opffer deß Creutzes auff dẽ Berg Calvariaͤ/ was aber die Weiß und Manier zu opffern belangt/ ist zwi- schen diesen beyden ein Unterscheid; wie das H. Concilium Triden. Sess. 22. C. 1. lehret. Weilen dan das Opffer deß Creutzes eines unendlichen Werts ist/ so viel an ihm ist; dan es kan in uns so viel Verdiensten und Gnugthu- ungen nicht verursachen/ daß es sich zu mehreren und unendlichen nicht er- straͤcke: Weilen dan/ sag ich/ das Opffer deß Crentzes eines unendlichen In Missa- li novo An 1634. recogni- to. Mol na in In- struct. Sacerd. Werts ist/ so viel an ihm ist; so ist dan auch das heilige Meeß-Opffer eines unendlichen Werts. Dahero hat GOtt ein groͤsseres Wohlgefallen an einem eintzigen solchen Opffer/ als er haben koͤnte an einem Menschen/ welcher alle moͤgliche Wirckungen der Tugenten erweckete/ und alle er- denckliche Tormenten seinethalben außstuͤnde. Dahero hat ein gewisser vornehmer Schribent nicht unbillig gesagt/ daß/ wann alle außerw oͤhlte Gottes/ sambt der Mutter deß Herren/ eine Sach von Gott begehren/ und zu Erlangung derselben alle ihre gute Werck und Verdiensten/ alle Schmertzen und Tormenten Gott wuͤrden auffopfferen: und kaͤme auch ein einfaͤltiger armer Priester/ und hielte durch ein eintziges Meeß-Opffer an/ dieselbe Sach zu erlangen: so wuͤrde der Priester krafft deß heiligen Meeß- Opffers die begehrte Gnad geschwinder erhalten/ dan alle heilige durch ihre Verdiensten. 10. Dahero sagt Vibanus der Achte: Wann etwas ist unter uns Menschen/ so da mehr Goͤttlich/ als Menschlich ist; welches uns die Heilige und Engelen Gottes mißguͤnnen koͤnten (die doch von aller Mißgunst frey seynd) so ist es ohne allen Zweiffel das heilige Meeß - Opffer: krafft dessen geschicht/ daß wir Menschen den H immel besitzen auff Erden; indem wir vor unseren Augen haben den Erschoͤpffer selbst H immels und der Erden/ und ihn mit unseren H aͤnden angreiffen. Von diesem großmaͤchtigen O pffer redet der S. Laurentius Justinianus also: Kein Mensch kan außspre- L. 1. de Obed. chen/ wie reiche Früchten/ und ansehnliche geistliche Gaa- ben auß der Opfferung und Niessung dieses Sacraments entstehen: dann der Sůnder wird mit seinem GOTT versoͤhnet; der Gerechte aber wird noch mehr gerecht- fertiget/ die Engeln Gottes werden erfrenet/ die Ver- dien- Die Ein und Viertzigste Geistliche Lection diensten werden gehauffet/ die Missethaten werden ver- geben/ die Tugenten werden gemehret/ die Laster wer- den vertrieben/ die Anschlaͤg deß Teuffels werden ůber- wunden/ die Krancke werden gesund gemacht/ die Ge- fallene werden auffgericht/ die Schwache werden gela- bet/ die Hungerige werden ersaͤttiget/ und die abgestor- bene Christ- Glaubige werden krafft dieses heiligen Sa- craments von ihren Peynen erloͤset. Seynd daß nicht grosse Fruͤchten/ so da auß dem heiligen Meß- Opffer dem armen Menschen zum besten erwachssen? Soll man sich dann nicht befleissen/ diesem Hochheil. Opffer/ so viel moͤglich ist/ mit aller gezimmenden Andacht beyzuwohuen? Wir muͤssen derhalben wissen/ daß nicht allein der Priester fuͤr sich/ oder fuͤr den jenigen/ dem er verbunden ist/ dieses O pffer dem ewigen Gott schlach- ten koͤnne; sondern daß auch die umbstehende/ wann sie wollen/ dieses Meß- O pffer sich selbst/ und andern zueignen/ und dem himmlischen Vat- ter fuͤr ihr Anliegen auffopffern koͤnnen: welches darauß zu mercken ist/ daß nemblich der Priester sagt: Bettet Brüder/ auff das mein und euer Opffer bey dem allmaͤchtigen Vatter annemblich werde. Er sagt nicht allein/ auff daß mein/ sondern setzt hinzu/ und euere Opffer/ \&c. Auch nach dem Memento, wird eben sel- biges bedeutet durch dieses Gebet: Vnd aller Vmbstehenden/ de- ren Glaub und Andacht dir bekand ist: für welche wir opffern/ oder auch welche dir opffern dieses Opffer deß Lobs/ fůr sich selbst/ und alle die ihrige/ \&c. Durch diese Wort deutet die Christ-Catholische Kirch/ unsere heilige Mutter gnug- samb an/ welcher Gestalt ein jeder/ so die Meeß hoͤret/ dieselbe gleich als sein O pffer fuͤr sich/ und die seinige/ so lebendige/ als abgestorbene dem Allmaͤchtigen Gott auffopffern koͤnne. Dieß kan dir/ mein Christliche Seel/ zum hoͤchsten Trost und Freud deines Hertzen gereichen/ in dem du alle Tag ein so krãfftiges Mittel bey der Hand habest/ nicht allein die Suͤnden außzutilgen/ sondern auch darzu noch unzahlbare Gaaben und Wohlthaten von Gott zu erlangen. 11. Der nun der Gnaden deß heiligen Meß- O pffers sich will theil- hafftig machen/ muß nicht allein bloß demselbigen beywohnen; sondern er muß selbiges dem himmlischen Vatter auffopffern/ welches viele/ leyder Gottes! sehr nachlaͤssig beobachten. Jn diesem Werck kan ein jeder nit ohne ansehnliche Erwerbung der Goͤttlichen Guͤter und Gnaden/ die folgen- de Weiß beobachten. Vor Von dem Allerheiligsten Sacrament deß Altars. Vor dem Ambt der H. Meeßkanstu sagen. Mein HErr JEsu/ ich bitte dich/ gib mir deine Gnad/ und verleyhe mir/ daß ich bloß allein zum ewigen Lob deines heiligen Nahmen dieser hei- ligen Meß moͤge beywohnen/ zur Gedaͤchtnuß alles dessen/ was du fuͤr unser allgemeines H eylgethan und gelitten hast. Auch zur Dancksagung fuͤr alle deine Gaaben und Wohlthaten/ so du mir unwuͤrdigen und suͤndi- gen Menschen/ und deiner gantzen Kirchen verliehen hast: zur Außtilgung meiner unzahlbaren Suͤnden: fuͤr mein und meiner Naͤchsten H eyl; son- derbahr dessen und dessen N. N. zum Trost der Abgestorbenen/ deren und deren N. N. Zum Eingang der Messen demuͤtige dich mit dem Priester/ und sage: O unendliche Guͤtigkeit und Majestaͤt! ich bekenne dir meine Suͤn- den/ so mir alle von H ertzen leyd seynd auß Liebe deiner/ mein Gott und Herr: ich erkenne meine Nichtswaͤrtigkeit/ und daß ich nicht wuͤrdig bin/ diesem H ochh. Ambt beyzuwohnen/ in welchem ein solche Fuͤlle der himmlischen Guͤter zu finden ist/ als der Werth ist deß Lebens und Leydens meines H Errn JEsu Christi. Zum Offertorium oder Auffopfferung gedencke/ daß sich dein H eyland dem himmlischen Vatter auff dem Altar deß Creutzes auffgeopffert habe/ ein unbeflechtes Lamb/ und daß er annoch taͤglich durch die H aͤnd deß Prie- sters wolle auffgeopffert werden. So sage dann: Allermildester Vatter/ ich opffere dir diese kostbare und unbefleckte H o- sti/ als ein ehrbietsames Schlacht- O pffer zur Erkandtnuß deiner allerhoch- sten H errschafft und deiner unendlichen Fuͤrtrefflichkeit/ zu diesen Jntentio- nen oder Meinungen/ die dir gefallen/ und mir am allernothwendigsten seynd/ und sonderlich fuͤr N. N. \&c. Allhier soll dir beyfallen die Jntention deß monatlichen Zettels. Zu dem Sanctus sage: Allerguͤtigster Vatter/ ich opffere dir abermahl diese H osti zu einem Danck- O pffer fuͤr alle deine Wohlthaten/ Gaaben/ und Gnaden so du mir unwuͤrdigsten/ samt deiner gantzẽ Kirchen mitgetheilt hast/ und annoch mittheilen wirst: sonderbahr aber fuͤr die Gnaden und Privi- legien/ so du der Jungfraͤulichen Mutter/ meinem Schutz-Engel/ und dem Heiligen N. oder den heiligen N. N. meinem Patronen verliehen hast. Zur Consecration/ oder Wandlung gedencke/ daß der Him- mel eroͤffnet werde/ und der Koͤnig deß Himmels unter den Schaaren der Engelen herab steige. Und zur Erhebung der heiligen Hosti/ Y y y spreche: Die Ein und Viertzigste Geistliche Lection spreche: Seye gegrüsset/ du wahres Leib/ so von der Jung- frauen Maria gebohren bist/ warhafftig gelitten hast/ und fuͤr den Menschen am Creutz geschlachtet bist/ \&c. wie in den Bett-Buͤ- chern zu finden ist/ und dir der H. Geist eingibt. Zu Erhebung deß H. Kelchs. Jch gruͤsse dich/ du theures Blut meines Heylands JEsu Christi/ welches fuͤr mich am Stam̃en deß H. Creutzes bist vergossen worden. Wasche ab meine Suͤnden/ so werd ich gereiniget und weisser als Schnee werden. Zum Agnus Dei. Allerguͤtigster Vatter/ ich opffere dir diese Ehr- wuͤrdige H osti zum drittenmahl auff zu einem Versoͤhn-Opffer/ oder Verzeyhung meiner Suͤnden/ fuͤr mich unwuͤrdigsten/ und fuͤr Lebendig- und Todte: Schaue an/ allerliebster Vatter das Angesicht deines Gesalb- ten/ und erbarme dich unser. Zum Domine non sum dignus, oder/ HErr/ ich bin nicht würdig. Widerhole dieses dreymahl/ und bequeme dich zur geistlichen Communion/ und spreche: Jch verlange tausendmahl nach dir/ mein JEsu/ wann wirstu kommen? komme/ komme du Verlangen der alten Berge/ komm du Freud der En- geln/ komm du eintziges Heyl meiner Seelen: wuͤrdige dich meiner armen Seelen zu vereinigen/ und die Verdiensten deines bittern Leydens/ wie auch die Gnad deß heiligen Sacraments zu Heylung meiner Wunden mir zu sch neken. Und in dem der Priester die heilige Communion empfaͤngt/ so thue du auch zugleich dein Hertz auff/ und wann du deinen JEsum geistlicher Weiß empfangen hast/ so spreche: Allermiltester Vatter/ ich opffere dir nun zu letzt diese unbefleckte Hosti zum Erlangnus- O pffer aller Gaaben/ welche ich von dir Fuß-faͤllig zu begehren pflege. Anjetzt setz ich zwischen meine Bitten deinen geliebten Sohn/ dem du nichts weigerest. Erhoͤre mich/ O Herr/ nach den unendlichen Ver- diensten desselben/ und gebe den Abgestorbenen die ewige Ruhe/ den Lebendigen deine Gnad/ den Christlichen Fuͤrsten Fried \&c. Dieses alles kan nach der Andacht deß Bettenden kurtzer und weitlaͤuffi- ger geschehen: im uͤbrigen kanstu auch zugleich die Chron der Mutter Got- tes/ oder was anders betten; wie auch kanstu eine kurtze Betrachtung vom Leyden Von dem Allerheiligsten Sacrament deß Altars. Leyden Christi vornemmen: auff solche Weiß wirstu auß Anhoͤrung der H. Meeß sehr grossen Nutzen schoͤpffen koͤnnen. 12. Damit du noch mehr zum Meeßhoͤren angetrieben werdest/ so muß ich dir einige grosse und fuͤrnehme Wirckungen dieses allerheiligsten O pffers erzehlen. Jm Leben der H. Elisabeht Koͤnigin in Portugall leset man/ daß diese Koͤnigin habe gehabt einen Edelknaben/ welcher mit allen Tugenten/ und sonderbar der Trew gezieret gewesen; durch selbige pflegte sie die All- mussen zu spendiren. Auch hat sie hergegen gehabt einen anderen/ der im Hertzen ein Boͤßwicht ware. Dieser hat dem ersten die Gunst seiner Koͤnigin mißguͤnnet/ und derhalben die Koͤnigin bey ihrem Herren verklagt/ daß sie/ wie man sagt/ ein Aug auff selbigen geworffen habe: derhalben hat der Koͤnig sich alsbald vorgenommen den Edelknaben durch den Todt außm Weeg zu raumen: dahero hat er einem seiner Kalck-Brenner befohlen/ daß er den Edel-Knaben/ welchen er an einem sicheren Tag und Stund zu ihm senden werde; umb ihn zu fragen/ ob er dem Koͤniglichen Befelch seye nachkommen/ alsbald mitten in dem brennenden Kalck- O fen werffen solte/ und sich versicheren/ daß er ihm daran einen sehr angenehmen Dienst leisten werde. Dieser gehaltener Abred gemaͤß/ schickt der Koͤnig den verdaͤchtigen Edelknaben/ umb die abgeredete Stund zum Kalck-Brenner; dieweilen nun selbiger Edelknab die gute Gewonheit gehabt/ daß/ wann er im voruͤber ge- hen in den Kirchen das Zeichen zur Elevation gehoͤret/ pflegte hinein zuge- hen/ und biß zum End der Meeß daselbst zu verharren; so hat sich zugetra- gen/ daß er auff diesem Weeg das obgemelte Zeichen gehoͤrt/ und besagter massen sich verhalten/ ja auch noch zwey andere Messen andaͤchtiglich gehoͤrt hat. Der Koͤnig verlangt inzwischen zu vernemmen/ ob selbiger Edelknab schon vom Kalck verzehret seye; schickt derhalben den anderen/ von dem der erste faͤlschlich ware angeklagt worden/ und bef i lcht ihm/ er solle den Kalck- Brenner fragen/ ob er dem Koͤniglichen Befelch seye nachkommen. Der Kalck-Brenner in Meinung/ er habe den Rechten/ wirfft selbigen in den brennenden Ofen/ so dan in aller geschwindigkeit zu Aschen verbrand ist. Also/ also hat der himlische Richter den Proceß fuͤr den unschuͤldigen geschlichtet/ indem er den Schuldigen gestrafft; daß er also in die Strick/ die er einem anderen gelegt hatte/ selbst gefallen ist/ welches bey dem Goͤttlichen Gericht nichts neues ist. Nach diesem kombt der erst gesendete Edelknab zū Kalck Bren- ner/ und fragt/ ob er dem Befehl seines Koͤnigs seye nachkommen; und bekombt zur Antwort/ es seye schon geschehen/ was der Koͤnig befohlen habe. Mit dieser Antwort kombt er zum Koͤnig zuruck/ der sich dan hoͤchlich verwun- Y y y 2 dert Die Ein und Viertzigste Geistliche Lection dert/ daß seinem Befehl alles dermassen zu wider geschehen seye: nachdem er aber uͤber die Beschaffenheit der Sachen sich erkuͤndiget/ hat er seine Mei- nung geaͤndert/ und den ersten loßgesprochen/ den anderen aber verdammet/ und hat fortan die Heyligkeit seiner Gemahlin hoch geschaͤtzet. 13. Auß diesem Spiel erhellet gnugsamb/ wie Gott die andaͤchtige Gewon- heit taͤglig Meeß zu hoͤren gefallen. Und lehret auch die Erfahrnuß/ daß der gute Fortgang aller Geschaͤfften an solchem Anfang lige. Der Edelknab ist durch diese Andacht einẽ so erschroͤcklichem Todt entgangen/ und sein Leben er- halten/ indem er dem lebendigen O pffer hat beygewohnet. Wie viele an- dere haben mit ihrem grossen Nutzen deß Leibs und der Seelen erfahren/ daß Gott an dieser lobwuͤrdigster Gewonheit ein grosses Gefallen habe. Durch das O pffer der H. Meeß/ und Anhoͤrung derselben geschicht/ sagt das Con- In 2. P. Chron. tit. 9. c. 10 §. 2. Historia. cilium Trident. daß wir Barmhertzigkeit erlangen/ und Gnad finden in der bequemlichen H uͤlff. Und der heilige Ertz-Bischoff Antonius erzeh- let zu diesem unserm Vorhabẽ folgende Histori. Es waren einsmals/ sagt er/ zwey gute Freund/ die sich unter einander liebten/ waren aber in der An- dacht und Gottes- Dienst nicht eins gesinnet: der eine hoͤrte taͤglig Meeß/ der andere nicht. Diese beyde waren einsmals miteinander außgangen zum Voͤgel-fangen; der andaͤchtige hatte vorhero Meß gehoͤrt/ der ander nicht: da sie nun auff freyem Feld waren/ entstehet gaͤhling ein ungestuͤmmes Un- gewitter/ der grausame Wind/ Donner/ Blitz und H agel spielen dapffer durcheinander/ unter denen last sich eine Stimm hoͤren: Schlag zu/ schlag zu: da wird der jenige/ so die Meeß zu hoͤren verabsaumet hatte in einem Augenblick vom Blitz zerschlagen: hieruͤber wird der ander erschreckt/ laufft hin- und wieder/ und hoͤrt wiederumb dieselbige Stimm: Schlag zu/ schlag zu. Wie nun selbigem zu Muth gewesen seye/ kan ein jeder leichtlich erachten. Nach dieser Stimm aber ist eine andere gefolgt und gesagt: Jch kan nicht/ dann er heut angehoͤrt: daß Wort ist Fleisch worden. Nemblich daher/ daß er das Ambt der heiligen Meß gehoͤrt hatte/ dessen letzte Wort seyen das Wort \&c. Und also ist er diesem erschroͤcklichen todt entgangen. Koͤnten wir die himmlische Wohlthaten GOttes immer beschauen/ wie offt wuͤrden wir finden/ daß uns ein Donner- Wetter treuete/ und wir vermittelst unserer wenigen Andacht gegen das heilige Meß- Opffer/ jedoch schadloß darvon kommen. 14. Damit nun die Warheit unserer obgesetzten Meinung besser an den Tag komme/ wollen wir diese Geschicht anbey suͤgen. Jn Steyrmarck ria. geriethe einsmals ein Edelman in eine Verzweifflung/ daß er bey ihm ent- schlos- Von dem Allerheiligsten Sacrament deß Altars: schlossen/ sich selbsten das Leben zu nehmen: die Geistliche haben ihm gegen diese boͤse Anfechtung kein andern Rath gegeben/ als daß er in seiner H auß- Capell taͤglich sollte Meeß lesen lassen/ und selbige anhoͤren. Nun ist geschehen/ daß dessen ordinari Priester dem nechstgelegenen Pfarrer im Got- tes- Dienst beyzustehen/ ersucht worden; derhalben hat er zeitlicher Meeß gelesen. Der Edelman ware/ weiß nicht/ durch was Geschaͤfften verhin- dert worden/ daß er etwas spaͤter zur Kirchen gangen. Auff dem Weeg begegnet ihm ein Bauer/ den fragt er/ ob er noch Hoffnung habe/ daß er Meeß hoͤren koͤnte: mit nichten sagt der Baur/ dann ich hab die letzte Meeß gehoͤrt. Hieruͤber wird der Juncker zumahlen entruͤstet/ und da die- ses der Baur vermerckt; erbietet er sich/ demselben den geschoͤpfften Nutzen auß dem H. Meeß- Opffer gegen seinen Uberrock; so auß gutem Tuch ge- macht ware/ zu tauschen. Dem Edelman gefallen die anerbottene Dien- sten/ der Kauff gehet an/ der Uber - Rock wird mit der Frucht der heiligen Meß außgewechßlet; ein jeder gehet seiner wegen; und da der Baur einige Schritt gewandert ist/ empfindet er/ daß er mit dem Rock deß Junckern auch den uͤbeln Zustand desselben habe angelegt; wird derhalben gantz klein- muͤtig/ und auß Verzweifflung wirfft er sich ein Stropff umb den Hals/ und erhenckt sich mit seinem erworbenen Uber-Rock an einen Baum/ nach dem Beyspiel deß Verraͤthers Judaͤ/ welcher nach empfangener Muͤntz seinẽ Herrn verrathen und nachmahlen sich selbst den Hals gebroehen hat. Nachdẽ nun der Edelman seine Andacht in der Kirchen verrichtet hatte/ kombt er bey diesem erhenckten Bauren vorbey/ und schliesset bey sich selbsten alsbald/ daß sambt dem Rock/ auch seine vorgehabte Kleinmuͤtigkeit diesem Bauren seye zu theil worden. Hat demnach seinem lieben GOtt gedanckt/ daß er ihn auß der Gefahr sothaner Verzweifflung miltvaͤtterlig errettet habe. Dar- auß ein jeder abnehmen kan/ wie sich GOtt unsere Andacht zur heiligen Meeß- Opffer gefallen lasse. 15. Der heilige Gregorius erzehlt auch/ daß einer einsmals von seinen Hom. 34. in Evang Historia. Feinden seye gefangen/ und weit entfuͤhret worden. Da nun selbigen sein Ehe-Weib auß dieser Gesaͤngnuͤß in langer Zeit nicht wider bekommen; hat sie fuͤr ihren Ehe-Mann/ als einen Abgestorbenen/ wochentlich einige Messen lesen lassen. Dahero hat sichs zugetragen; daß/ so offt das heilige Ambt fuͤr selbigen ist auffgeopffert worden/ auch jedesmahl die Ketten in der Gefaͤngnuß seynd geloͤset wordẽ. Nicht lang hernach ist er wieder nach Hauß kommen/ und hat mit grosser Verwunderung seinem Weib erzehlet/ daß auff sichere Tage in der Wochen seine Baͤnde sich auffgeloͤset haͤtten. Da Y y y 3 man Die Ein und Viertzigste Geistliche Lection man nun dieser Sachen nachgeforschet/ ist befunden worden/ daß diese Auff- loͤsung allemahl an denen Tagen geschehen seye/ an welchen das heilige Ambt fuͤr ihn ware geopffert worden. So grosse Macht hat das allerheiligste Opffer/ daß es auch die eyserne Ketten zerbreche: zumahlen Christus am Altar deß Creutzes ein sehr freygebiger Außspender der Goͤttlichen Gnaden ist/ welcher einem jeden so viel mittheilt/ als er verlangt/ und nachdem er sich darzu faͤhig machet und bequemet. Lasset uns auch nehmen von Isai. 10. von diesem Uberfluß; und lasset uns/ wie der Prophet sagt/ mit Freuden Wasser schoͤpffen auß dem Brunnen deß Hey- lands. Wer seynd diese Brunnen anders/ mein Christliche Seel/ als die kostbare Wunden deines und meines Herren JESU Christi/ so da in dem Goͤttlichen Ambt/ als lebendige Canalen/ die himmltsche Gaaben in allem Uberfluß hervor treiben/ und derselben haͤuffige Verdiensten uns ar- men Menschen gantz freygebig zustossen? daß also unser gebenedeytester Heyland die jenige Einladung/ krafft deren er das Juͤdische Volck vor zei- Joan. 7. ten beruffen/ in allen H. H. Messen gleichsamb widerholet und sagt: Wer Durst hat/ der komme zu mir und trincke. Als will er sa- gen: Wer meine Gunst verlangt/ wer Trost suchet in seinen Armseelig- keiten/ wer Huͤlff begehrt in seinen Versuchungen und Schwachheiten/ der komme/ ich bin auff dem Altar zu gegen; bittet begehret und: kommet alle/ die ihr mit Muͤhe und Arbeit beladen seyd/ und meinem Brunnen/ deß Creutzes will ich euch erquicken. 16. Wie grossen Verdienst sich auch erwerben die jenige/ welche andaͤch- tiglich zur Messen dienen/ lehret uns die heilige Mechtildis/ welche die Seel eines Convers-Bruders in grosser himmlischen Klarheit gesehen hat/ die- weilen selbiger sich immer beflissen/ so viel ihm moͤglich gewesen/ mit sonder- Cæsar. L. 8. mirac. c. 13. bahrer Andacht und loͤblichem Eiffer zur H. Meß zu dienen. Ein ander noch junger Geistlicher Nahmens Petrus/ da er seinem Praͤlaten zur Meß gedienet/ und wie braͤuchlich ist/ das Confiteor gesprochen/ und die Absolution mit sonderlicher Demut begehrt hat/ ist ihm durch eine Stimm vom Him- mel zugeruffen worden: Deine Sünden seynd dir vergeben. Auff ein andere Zeit/ da selbiger dem Cuͤster zur Messen dienen wollen/ und die Lamp erloͤschet gewesen; hat er/ weilen anderwertshin so bald kein Licht zu bekommen gewesen/ dieselbe mit seinem Athem wiederumb entzuͤndet. Josephus Pamph. Auch wird in der Cronick der Augustiner Eremiten von dem Joanne Rhea- tino einem sehr tugentsamen Juͤngling erzehlet/ daß er allen und jeden Prie- stern/ wie sie immer gewesen/ mit hoͤchster Freude und sonderlichem Eiffer zur Von dem Allerheiligsten Saerament deß Altars. zur heiligen Meß zu dienen im Brauch gehabt. Einige Tag uͤber vor des- sen Todt ist eine Nachtigal zu selbigem taͤglich kommen/ und hat am Fen- ster mit ihren lieblichen Stimmlein sich dapffer hoͤren lassen. Da er nun gefragt worden/ was dieses bedeute/ hat er schertzweiß geantwortet/ daß diese seine Braut seye/ welche ihn zum himmlischen Paradeißeinlade. Selbi- ger hat auch einsmahls/ da er zur Messen gedienet/ ein Goͤttliches Licht auff dem Altar gesehen/ und selbigen Tags ist er Bett- laͤgerich worden/ und ist sehr andaͤchtiglich dem Herrn entschlaffen. A uß diesen und anderen/ so ich allhier vorbey gehe/ sehen wir gnugsamb/ wie viel daran gelegen seye/ daß man dem heiligen Meß- Opffer mit A ndacht beywohnen: auch sehen wir/ und hats noch besser gesehen der heilige Thomas von Aquin, wie gros- sen Nutzen auß dem Meß- Dienen entstehe; derhalben pflegte er alle Tag/ nach seinem geendigten heiligen A mbt/ eine andere heilige Meß zu hoͤren oder zu dienen. Nehme derhalben vor lieb/ mein Christliche Seel/ diese treuher- tzige Erinnerung/ und nehme wohl in obacht/ daß diese und andere Exem- plen uns nicht seyen hinterlassen worden/ unsern Vorwitz darmit zu ersaͤtti- gen/ und uns zu verwunderen; sondern daß wir selbigen nachfolgen sollen; sintemahlen sie derhalben Exempeln genennet werden. Folge du nach dem heiligen Thomam und andern; seye nicht zu frieden/ daß du eine Meß ge- hoͤrt oder gelesen habest; sondern befleisse dich mehr andere zu hoͤren. Dei- nen herrlichen Nutzen/ so du hier auß schoͤpffen wirst/ soll dich die taͤgliche Erfahrnuß selbst lehren. Die Zwey und Viertzigste Geistliche LECTION Von Anhoͤrung und Lesung der geistlichen Dingen. Bcati, qui audiunt Verbum Dei, \& custodiunt illud. Luc. 11. 28. Seelig seynd/ die GOttes Wort hoͤren/ und dassel- bige bewahren. 1. A Uff daß der Mensch sich selbsten sehe/ hat er drey Ding vonnoͤthen; als nemblich die Augen/ einen Spiegel und das Licht. Wann er einen Spiegel hat/ und ist blind/ so kan er sich selbst nicht sehen: hat er einen Spie- Die Zwey und Viertzigste Geistliche Lection Spiegel und Augen darzu/ ist aber Nacht; so kan er sich auch nicht sehen. So seynd dan noͤthig/ auff daß der Mensch sich selbsten sehe/ das Licht/ der Spiegel und die Augen. Was ist aber eine Bekehrung der Seelen an- ders/ als daß ein Mensch in sich selbsten gehe/ und sich beschawe? zu dieser Be- schawung werden die Augen/ das Licht und der Spiegel erfordert: der Predi- ger bringt herzu den Spiegel/ das ist die Lehr. Gott bringt das Licht/ das ist die Gnad. Der Mensch schafft hinzu die Augen; das ist/ sich selbsten ken- nen. Jn diesen dreyen Theilen bestehet die Bekehrung der Seelen/ derge- stalt/ daß/ wann deren eins ermanglet; der Mensch immer in der Finsternuß wanderen musse. Wie du nun/ mein Christliche Seel/ die Gnad Gottes das ist das Licht dir erwerben moͤgest/ hastu in unser Tugend-Schul vielfaͤl- tiglich gehoͤret. Wie du in dich selbsten gehen/ und dich beschawen sollest/ hat dich die Lection von der Demut/ und andern Tugenten gnugsam gelehret. Wie nuͤtzlich nun und hochnoͤtig seye der Spiegel/ das ist/ das Wort Gottes/ und wie du dich dessen gebrauchen sollest/ daß hastu in folgender Lection zu vernehmen. 2. Jch zweiffle nicht/ daß ein jeder Mensch gern wissen solte/ ob er zur ewi- gen Seeligkeit von Gott erwehlet seye/ oder nicht; nun sagen aber viele H. H. Vaͤtter/ daß es ein Zeichen der erwehlung seye/ wann der Mensch das Wort Gottes gern anhoͤret/ und von Geistlichen und himlischen Dingen gern re- det/ und reden hoͤret; gleich wie hergegen ein gewisses Zeichen der Verdamb- nuß ist/ wann der Mensch das Wort Gottes/ und alle/ so von Goͤttlichen Dingen reden/ fliehet/ wie der H. Joannes auß dem Mund der ewigen l. 47. Warheit sagt: Wer auß Gott ist/ der hoͤret das Wort Gottes. Derhalben hoͤret ihr es nicht/ weilen ihr nicht auß Gott seyet. Und der H. Chrisostomus redet also von der Sach: dieß ist mir ein Zeichen eweres Fortgangs in den Goͤttlichen Dingen/ daß ihr taͤglich so gern beysammen kommet/ und von der geistlichen Lehr nicht gnugsamb koͤnnet er- saͤttiget werdtn: dan gleich wie der Appetit der leiblichen Speiß ein Anzeiger ist der gutẽ Gesundheit; also ist die Begird der geistlichen Lehr ein offenbahres Ken-Zeichen einer Gottgefaͤlligen Seele. Zum anderen ist es das beste Jnstrument oder Werckzeug/ krafft dessen der Mensch einen grossen Fort- gang in der Vollkommenheit und Heiligkeit thuen kan: dan gleich wie ein Baͤumlein; sagt der H. Chrisostomus durch stetes Begiessen zu einer an- sehentlichen hoͤhe wachsset in kurtzer Zeit: also glangt der jenige zum Giffel der Vollkommenheit gar leichtlich; welcher mit der Lehr deß Goͤttlichen Worts immerzu befeuchtet wird. Also hat die eintzige Lection deß Evangelii/ so der H. Si- Von Anhoͤrung und Lesung der geistlichen Dingen. H. Simeon Stylites sich selbsten vorgelesen: seelig seyen die Armen im Geist/ dan ihnen ist das Reich der Himmelen \&c. verursachet/ daß er achtzig Jahr lang auff einer Seulen gestanden/ allzeit gebettet/ schier ohne Speiß und Tranck gelebt/ und mehr fuͤr einen Engel/ als Menschen ist angesehen wor- den. Jmgleichen/ da der H. Vatter Augustinus uͤber die Aenderung seines Stands und Lebens im zweiffel gestanden/ und diese Stimm gehoͤrt hat: schlag auff/ und lese: hat er die Bibel auffgeschlagen/ und da er diese Wort: Nicht in Fressen und Sauffen \&c. gelesen/ ist solches Licht und gros- se Klarheit in dessen Hertzen auffgangen/ daß aller zweiffel und wanckelmuch zur Stund seye fluͤchtig worden/ und er zu einem vollkommnesten Heili- gen/ und wahren groͤsten Licht der Catholischen Kirchen ist worden. Was hat den H. Jgnatium Lojolam zu einer solchen vollkommenen Heiligkeit an- ders erholen/ als das Lesen der Nachfolgung Christi/ und der Leben der Hei- ligen? Jch bin der Meinung/ daß/ wann wir mit halb so grossem Eiffer das Wort GOTTES wuͤrden anhoͤren/ als wir newe Zeitungen/ kurtzweilige Reden/ Verleumbdungen und Narren-Bossen gern er- zehlen hoͤren/ dannoch unseren Seelen mercklichen Nutzen schaffen koͤnten: nun aber wohnen wir demselben bey/ oder auß Noth/ die- weilen wir darzu gezwungen werden/ oder auß Gewonheit/ oder auß menschlichem Respect: und gedencken nicht/ daß/ gleich wie der Leib durch Speiß muß erhalten werden; also die Seel ohne das Wort Gottes gantz schwach und krafftloß werde/ und endlich auß Mangel der noͤtigen Nahrung jaͤmmerlich dahin sterbe. Dahero hat der H. Ephrem vor seiner vollkom- mentlichen Bekehrung im Gebett diese Wort gehoͤrt: Ephrem esse: und da er fragte/ was er essen solle; hat er zur Antwort bekommen: gehe hin zum Basilius/ der wird dich unterrichten/ und wird dir das ewige Brod reichen. Da stunde Ephrem alsobald auff/ suchte den Basilium/ und funde selbigen in der Kirchen auff der Cantzel stehen und predigen. H ierauß hat mein gu- ter Ephrem nun vernunfftlich abgenommen/ daß das Wort Gottes die jeni- ge Speiß seye/ die ihm zu essen befohlen worden: sonderbar weil er sahe/ daß selbigem der heiliger Geist in Gestalt einer Tauben alles/ was er vorbringen solte/ in die Ohren bliese. Jn dem der Koͤnigliche Prophet diese Geistliche Speiß genossen/ ist er in deren Suͤssigkeit dergestalt verliebt worden; daß er uͤberlaut geruffen: Wie sůß seynd deine Wort meinem Kachen; Ps. 118. 103. sie seynd meinem Mund susser dann hoͤnig. 3. Auch ist das Wort Gottes eine Leucht/ welche uns den Weeg zum ewigen Leben zeiget: dan so du/ mein Christen- M ensch/ das Wort Gottes Die Zwey und Viertzigste Geistliche Lection in Predigen oder Buͤcheren begirig anhoͤrest/ wirstu unterwiesen und ge- lehret/ wie du dich in diesem und jenem verhalten sollest. Dir wird gesagt/ welcher Gestalt du die Tugenten samblen/ und die Laster vertreiben koͤnnest: du wirst unterrichtet/ wie du deinem GOtt angenehme Diensten leisten/ und den Teufflischen Anfechtungen und Arglisten widerstehen moͤgest: Dann gleich wie die Tauben/ sagt der H Gregorius/ au den Wasser-Baͤ- chen zu sitzen pflegen/ damit sie den Schatten der Raub-Voͤgel im Was- ser sehen moͤgen: also sehen auch die gute Geistliche in ihren Goͤttlichen Le- ctionen den Betrug deß boͤsen Feinds/ derhalben seynd sie immer und allzeit in Lesung geistlicher Buͤcher beschaͤfftiget. Also hat sich beschaͤfftiget der Ps. 118. fromme Koͤnig David/ da er sagte: Dein Wort/ O Herr/ ist mei- nen Fůssen ein Leuchter/ und ein Licht meiner Fuß-Stei- gen. Wehe dann dem jenigen/ welcher diese geistliche Seelen- Speiß zu geniessen verachtet/ dann ihn wird ewiglich huͤngern. Wehe dem/ der diese Leucht von sich wirfft/ dann er wird in der Finsteruuß der Suͤnden so lang wandern/ biß er in den Abgrund der Hoͤllen falle; wie mit seinem un- widersetzlichen Schaden erfahren hat jener Mann/ nach Zeugnuß deß Car- dinalen Jacobi à Vitriaco: welcher auß einem Widerwillen deß Goͤttlichen Worts/ oder auß Nachlaͤssigkeit die Predigen fort und fort geflohen; den Todt koͤnte er fliehen/ aber nicht entfliehen; ist also gestorben/ und Ca- tholischem Brauch nach zur Kirchen getragen worden. Als nun ihm der Priester die Leich-Begaͤngnuß hielte/ das Ambt anfieng/ ist ein erschroͤck- lich Wunderzeichen an einem Crucifix - Bild gesehen worden: dann die Bildnuß deß gecreutzigsten Christi hat sich gleich einem lebendigen Menschen bewegt/ seinen A rmb auß dem Creutz loßgemacht/ die Haͤnd an die Ohren geschlagen/ und mit den Fingern dieselbe zugehalten/ eben als wann es uͤberlaut sagte: weil ich nicht bin gehoͤret worden/ hoͤre ich auch nicht: das heist/ mit Zeichen und mit Haͤnden geredet. Und dieses haben zugesehen/ so viel ihrer waren/ und seynd auß Verwunderung daruͤber bestuͤrtzt gewe- sen. Der im Ambt begriffene Priester hat sich zum Volck gewendet und gesagt: liebe zuhoͤrer/ euch ist wohl bekandt/ daß dieser Mann ein Ver- aͤchter deß Goͤttlichen Worts gewesen/ und hat niemahl dahin koͤnnen bere- det werden/ daß er die Predigen besucht haͤtte: siehet nun ein deutliches Zeichen deß Goͤttlichen Zorns: GOtt verstopfft seine Ohren/ damit er nicht hoͤre unser Gebett. Lasset uns derhalben ablassen/ ihme vergeblich ein Seel - Ambt zu halten; ein Feind GOttes ist er/ und soll an den Orth begraben werden/ dessen er wuͤrdig ist; so hat man ihn hinauß getragen/ und Von Anhoͤrung und Lesung der geistlichen Dingen. und in ein ungeweites Orth verscharret. Hierauß lernen wir/ daß man die Predigen/ geistliche Reden und Buͤcher zu lesen/ nicht fliehen solle. 4. Es ist aber nicht gnug/ daß du die Lehr bloß allein anhoͤrest oder lesest; sondern du must auch die gehoͤrte und gelesene Sachen bey dir betrachten und widerholen: Dann gleich wie deine Ampel erloͤschet/ sagt der H. Hom. 52. in c. 24. Matt. Chrisost wan du kein Oel dar zu giessest: also gehet das Wort unseres Glaubens/ daß wir durch den Glauben empfangen haben/ auß/ gleich einer Ampel/ und ist zu Erleuchtung der Seelen krafftloß. Und gleich wie der Weirauch/ spricht der H. Vatter Augustinus keinen Geruch von sich gibt/ es sey dann/ daß er ins Feuer geworffen werde; und der Senff oder Mostart seine krafft nicht spuͤhren lasset/ wann er nicht zerrieben wird; also kan kein eintziger Spruch der H. Schrifft oder sonst anderes geistlichen Buchs seine Kraͤfften zeigen/ wann sie nicht im Hertzen gekochet werden. Auch sagt Rupertus: Wann wir die Speisen mit den Zaͤhnen nicht zermahlen/ so empfinden wir dersel- ben Geschmack nicht: also/ wann wir das Wort/ daß wir hoͤren/ nicht zermahlen/ und bey uns betrachten; so koͤnnen wir die Krafft deß Worts nit begreiffen. Hieruͤber hat uns ein herrliches Exempel hinterlassen die A ller- seeligste Jungfrau Maria/ so da alle Wort/ welche ihr geliebter Sohn zu ihr gesprochen/ in ihrem Hertzen behalten hat. Jm uͤbrigen wird kein bessere Weiß und Manier/ geistliche Sachen zu lesen/ gefunden werden/ als die jenige/ welche der H. Vincencius Ferrerius beobachtet/ und uns seinen Nachkoͤmlingen in diesen Worten schrifftlich hinterlassen hat. Niemand soll etwas unterlassen/ daß zur Andacht gehoͤret/ wann er schon ein gutes und spitzfindiges Verstand hat: ja so gar/ er soll nichts lesen noch lernen/ in dem er sich nicht auff seinen Heyland beziehe. Wann einer ein Buch leset/ soll er seine Augen oͤffters auff selbiges schlagen: und nachmahlen die Augen zuthun/ und alsdann in dessen H. H. Wunden legen/ was er gelesen hat/ und also zu lesen fortfahren. Wann einer zu lesen auffhoͤrt/ so knie er nie- der/ und spreche ein kuͤrtzers Gebettlein/ nach seiner Einfalt und Andacht gegen seinen Herrn JEsum/ seuffze von Hertzen nach den Goͤttlichen Gna- den/ und bringe alsdann vor seinem Herrn und GOtt/ was er begehre. So bald der erste Eiffer deß Geistes/ welcher gemeiniglich nit lang bestaͤndig ist/ nachlasset; soll man alles/ was vorhin gelesen worden/ wiederumb zur Ge- daͤchtnuß bringen/ und GOtt bitten/ daß er seine Gnad verleyhe/ alles zu verstehen. Nach diesem soll das Studiren folgen/ und darauff das Gebett/ daß also eins das andere abwechsele: dann durch solche ordentliche Abloͤsung Z z z 2 wird Die Zwey und Viertzigste Geistliche Lection wird man sehr grosse Andacht und Suͤssigkeit im Gebet/ und sehr aunehm- liche Leichterung und Liebe zum Studiren empfinden. Historia. ex S. An- tonino Archi- Ep. 5. Auff daß wir nun unsere angefangene Lection mit gewuͤnschtem Nu- tzen moͤgen fortsetzen; so wollen wir eine noch nit sehr gemeine Histori allhier lassen an Tag kommen. Zu Patavia ware auß dem Orden deß H. Fran- eisei ein sehr gelehrter und Gottseeliger Mann/ dessen Ambt erforderte/ daß er zu der Fasten-Zeit dem Volck zu predigen pflegte. Es hat sich aber einmals zugetragen/ daß er am vorigen Tag der folgenden Predig sehr un- paͤßlich/ und zum Predigen unbequem worden. Hieruͤber kombt ungefchr ein Frembdling/ aber desselbigen Ordens Geistlicher zum Kloster an/ und sagt/ daß er Vorhabens seye nach Laureto zu reisen/ und die fuͤrnembste Staͤdte in Jtalien zu besehen. Dieser aber ware groß und auffrecht von Leib/ mit einer erstarreten Stirn/ mit glintzenden A ugen/ sonsten mit sehr weissem Mund/ und nicht unebenem schwartzen Bard versehen/ daß also die Geistliche deß GOttes - Haußes darfuͤr gehalten/ selbiger wurde die Stell deß erkraͤnckten Predigers zu vertretten bequem seyn/ derhalben haben sie ihn ersucht/ er moͤgte doch im GOttes - Hauß deß H. Antonii/ dem hauffig zulauffenden Volck am morgigen Tag predigen. Dieser Frembdling hat sich anfaͤnglich entschuldiget/ daß er nichts zum Predigen/ sondern was er auffm Weeg noͤthig haben wuͤrde/ mit sich genommen; daß er auch in zweyen Jahren/ wegen eingefallener Kranckheit nit geprediget habe und andere solche Entschuldigungen hat dieser vermeinte Frembdling vor gebracht/ daß man auß allem dessen grosse Gelehrheit gnugsamb ermessen koͤnnen: dahero hat man ihm weiters zugesetzt/ und endlich die Resolution zum Predigen erhal- ten. Was geschicht? Dieser auschnliche Mann steigt zur ge k oͤnlichen Stund auff die Cantzel/ und prediget daselbst/ mit ungemeiner Auffmerck- sambkeit und grosser Verwunderung aller Zuhoͤrer/ zwey gantze Stund lang dermassen fruchtbarlich von den erschroͤcklichen Peinen der Verdambten/ daß alle anwesende insgesambt der haͤuffig fliessenden Zaͤhren sich unmoͤg- lich haben enthalten koͤnnen/ ja auch viele dergestalt klaͤglich geseuffzet/ daß man haͤtte vermeinen sollen/ diese Scuffzer wuͤrden die Wolcken durchtrin- gen. Keiner ware/ der nach geendigter Predig nicht mit hauffigen Zaͤhren/ und mit Forcht der Hoͤllen/ gleich wie einem Pfeil durchschossen nach Hauß gienge: dahero ist der neue Prediger auch von jederman in grossen Ehren gehalten worden. Da selbiger aber sein angefangene Reiß hat fortsetzen wollen: Von Anhoͤrung und Lesung der geistlichen Dingen. wollen; hat ihn der Pfoͤrtner deß Klosters etwan mit fuͤrwitzigeren Au- gen beschauet/ und vermerckt/ daß er Hoͤrner auffin Kopff/ und an den Haͤnden und Fuͤssen Klauen getragen: derhalben hat er ihn/ durch den wahren GOTT und den heiligen Antonium/ dessen habit er faͤlsch- lich truge/ beschwohren/ er solte ihm sagen/ warumb er als ein Ertz- Feind alles Gutes/ die Menschen gleichwohl so eifferich zum Guten er- mahnet habe. Als hieruͤber die Geistliche und andere benachbarte vor und nach hinzu genahet/ hat der boͤse Geist das Beschwoͤren nicht laͤnger ge- dulden wollen; sondern hat die menschliche Gestalt von sich geworffen/ und mit einem Grausen der Umbstehenden den lebendigen Teuffel praͤsen- tiret: da hat er bekennet; daß er sein Predigen nicht GOTT/ son- dern der Hoͤllen und hoͤllischen Geistern zu lieb verrichtet habe; nicht da- mit er dem Menschen den Himmel dadurch verschaffen wollen; sondern damit er selbige nachmahlen in der Hoͤllen desto grausamer plagen moͤgte: dieß allein habe er gesucht/ daß die Seuffzer und das Weinen der Zuhoͤ- rer/ denselben einsmahls zu groͤsserer Verdamnuß außschlagen doͤrfften. Dieß war recht ein teuffelischer Arglist: zumahlen sichs also befunden hat; daß/ so bald die Leuth vor die Kirchen hinauß kommen/ das Weinen und Heulen sich geendigt habe/ und nunmehr nichts anders/ als nur eitele Lob-Spruͤch von dem tapffern Prediger zu hoͤren gewesen. Die- ser hoͤllische Prediger hat sonderbahr gefrolocket und gesagt/ daß ihm die Muͤhe seiner gehaltenen Predig gar reichlich werde belohnet werden; wann er vor dem erschroͤcklichen Richter-Stuhl Christi einem jeden allein/ und alle ins gesambt wegen ihrer grossen Boͤßheit und Hartnaͤckigkeit zu verkla- gen und zu uͤberzeugen Ursach haben werde/ daß sie sich auch durch die Donnerschlaͤg/ so da auß der Hoͤllen selbst kommen waren/ von ihrem suͤndhafften Leben nicht haben wollen abschroͤcken lassen. Nach diesen Wor- ten hat sich der Teuffel gleich einem Sturm - Wind auß aller umbste- henden Gegenwart hinweg gemacht. 6. Auß dieser wunderbarlichen und grausamben Geschicht er- hellet/ daß es nicht gnug seye/ geistliche Ding gern hoͤren und gern lesen; und dasselbige auch keinen Nutzen bringen: ja so gar die tieffe Seufftzer/ wie auch die brennende Begierden/ und gute Vor- saͤtz/ welche unter dem Lesen und Predig hoͤren gemacht werden/ nichts zu achten seyen/ wann selbige nachmahlen nicht be- Z z z 3 werck- Die Zwey und Viertzigste Geistliche Lection R om . 2. werckstelliget werden. Dahero sagt der H. A postel Paulus: Bey Gott seynd nicht gerecht/ die das Gesetz hoͤren/ sondern/ die das Gesetz thun/ werden gerechtfertiget. Was thun aber solche/ so das Gesetz hoͤren und demselbigen nicht nachleben/ anders/ als eben daß sie ihre verdiente Straffen vermehren und vergroͤssern? Hoͤre/ mein Christli- Matt. 7. v 26. che Seel/ was deinem Heyland von dergleichen Menschen geduncke: Ein jeglicher/ sagt er/ der diese meine Wort hoͤret/ und thut sie nicht/ der wird mit einem thorischen Mann verglichen werden/ der sein Hauß auff den Sand gebauet hat/ da fiel ein Platz-Reegen herab/ und kamen Wasser-Floͤte/ auch bliesen die Winde/ und stiessen auff dasselbige Hauß/ und es fiel nieder/ und sein Fall war sehr groß. A lso wird De Be- ned. Esau \& Jacob. der Fall der jenigen sehr groß seyn/ welche nur hoͤren und nicht thun. Vnd gleich wie der HErr/ sagt der H. Vatter A ugustinus/ seinen Regen schickt über die Früchten im Felde/ und über Distel und Doͤrnen; über das Getraid zwarn zur Scheuren; über die Distel und Doͤrnen aber zum Feuer; und ist doch der- selbige Reegen: Also fallet der Regen deß Worts GOttes ůber alle; ein jeder sehe nun zu/ was er fůr eine Wurtzel habe: wo er den Regen hinziehe: wann er denselben zie- het/ auff daß er Doͤrnen herfürbringe; soll er alsdann dem Kegen GOttes die Schnld auffmessen/ ehe sie zur Wurtzel kommet: Süß und annehmlich ist der Regen; sůß ist das Wort GOttes/ biß es zu einem boͤsen Hertzen kombt. 7. Der nun auß dem Wort keinen Nutzen schoͤpfft/ der sich der Strick sei- ner Laster und boͤsen Gewonheiten nicht entbindet/ und in den Tugenten nicht zunimbt; der klage nicht uͤber den Regen/ nemblich das Wort GOttes; sondern schreibe sich selbst die Ursach zu/ indem er auß eigener Boͤßheit das Wort GOttes/ welches als ein guter Saam in dessen Hertz geworffen worden/ nicht wachssen lasset. A uff wie vielerley Weiß aber solches ge- Luc. 8. v. . schehe/ daß zeigt uns unser Heyland durch folgende Gleichnuß: Ein See- man/ sagt er/ gieng auß/ seinen Saamen zu seen: und in- dem er seet/ fiel etlichs an den Weeg/ und ward zertret- ten. An dem Weeg: Das ist eine jede Seel/ welche bey sich selbsten nicht in Ruhe verbleibet; sondern zu den irrdischen Creaturen sich außgiesset/ und allen vorfallenden weltlichen Gedancken/ gleich den Wanders-Leuthen/ von wel- Von Anhoͤrung und Lesung der Goͤttlichen Dingen. welchen die gute Eingebungen zertrettet werden/ offen stehet; dahero bringt sie keine Fruͤchten. Vnd etliches fiel auff den Felsen; und da es auffgieng/ verdoͤrret es/ dieweil es keine Feuchtigkeit hatte. Der felsichte Grund ist eine in boͤsen Gewonheiten verhartete Seel/ die sich gewoͤhnet hat zu leben nach ihren Sinnligkeiten; welche derhalben keinen oder doch geringen Safft der Andacht hat/ und setzen auch tausend Vorsaͤtz und erkennte Warheit nicht ein eintziges Wuͤrtzlein; sondern werden durch die unziemliche A ffecten oder Neigungen der Lieb/ der Forcht/ deß men- schlichen Respects/ \&c. außgedoͤrret: solche Menschen fangen immer an/ und bleiben allzeit im A nfang. Vnd etliches fiel unter die Doͤrnen/ und die Doͤrnen giengen mit auff und ersticktens. Der doͤrnachtige Grund ist die Seel/ so da in die weltliche Haͤndel und Geschãff- ten vertiefft ist/ und mit eitelen Sorgen uͤberfallen wird; welche fuͤr sich selbst/ fuͤr die Ehr GOttes/ und das Heyl deß Naͤchsten die wenigste Sorg traget welche die uͤber natuͤrliche Warheiten erkennet; aber anderer Geschaͤff- ten halber/ als da ist das Studiren/ die weltliche A embter und dergleichen/ keine Zeit anwendet/ dieselbe Warheiten reifflich zu betrachten. Dahero schepffet sie auß dem Wort GOttes und geistlichen Buͤchern kein Nutzen. Vnd etliches fiel auff ein gut Land/ und es gieng auff/ und trug hundertfaͤltige Frucht. Dieß ist die gute und beste Seel/ und den drey vorigen gantz zu wider: dieweilen sie das Wort GOttes an- hoͤret mit Lust: dieweil sie selbiges verstehet/ und sich weiß zu nutz zu machen: bringt Frucht in Gedult/ oder Standhafftigkeit/ in dem sie die Beschwaͤrnuͤssen/ so da in der Ubung der tugendsamen Werck vorfallen/ uͤberwindet. 8. Wilt einer/ mein Christliche Seel/ auß dem Wort GOttes Nu- tzen haben/ der muß das jenige/ so er gehõrt und gelesen hat/ in der That selbst vollbringen: wie der H. A postel Jacobus sagt: Seyet Thaͤter c. 1. v. 2 deß Worts/ und nicht zuhoͤrer allein/ damit ihr euch nicht selbst betrieget: dann so jemand ein Hoͤrer deß Worts ist/ nicht ein Thaͤter/ denselben wird man einem Mann gleich achten/ der sein natůrlich Angesicht im Spiegel beschauet: dann nachdem er sich beschauet hat/ gehet er hinweg/ und vergisset alsbald/ wie er gestalt war. Uber diesen Ort glossirt der H. Thomas/ wie im A nfang dieser Lection gemeldet worden/ und sagt: das Wort GOttes wird einem Spiegel verglichen: dann gleich wie es dem Menschen nichts nutzet/ daß er den Flecken seines A ngesichts im Spiegel gese- Die Zwey und Viertzigste Geistliche Lection gesehen hat/ wann er selbigen nicht abwischet: also kan dem Menschen nichts nutzen/ daß er das Wort der heiligen Schrifft oder deß Predi- gers anhoͤret/ es sey dann/ daß er das jenige/ so er mit den Ohren hoͤret/ mit dem Werck vollbringe. Soll nun einem frembd vorkom- men/ daß der heilige Jacobus von einem Mann melde/ der sich im Spiegel beschauet; da doch den Weibern gemein ist/ daß sie sich Stun- den lang im Spiegel besichtigen: der hoͤre die Ursach/ daß nemblich anders ein Mann/ und anders ein Weib sich im Spiegel betrachte. Ein Mann schauet sich im Spiegel nur obenhin ohne Sorgfalt/ und achtet wenig/ ob etwas im Angesicht oder Kleidern zu bessern seye/ und gehet gemeiniglich vom Spiegel wie er darzu kommen ist. Gantz an- ders machts das Frauen-Zimmer; diese besehen gar genau alle Fleck- lein/ kampeln und streichen alle Haaren/ \&c. auff das ja nichts an der schoͤnen Gestalt ermangle. Dieses Weiber-Geschmeiß soll in diesem Fall nachfolgen ein jeder Anhoͤrer deß Worts GOTTES/ und auff alle Weiß zu bessern trachten/ was der Prediger immer suͤndhafft und Gebrechlich gleich wie in einem Spiegel zeiget. So wird dann der Zu- hoͤrer deß Worts GOTTES/ welcher nur ein Zuhoͤrer ist/ und kein Thaͤter desselben/ ein Beschauer/ und nicht ein Außbesserer/ selbi- ger/ sag ich/ wird von dem Apostel einem Mann verglichen. Dieweilen wir nun zum End verlangen/ als hab ichs/ mein Christliche Seel/ bey diesem wenigen wollen beruhen lassen/ und dir das uͤbrige zu betrachten anheim stellen. Die Von der Hand-Arbeit. Die Drey und Viertzigste Geistliche LECTION Von Der Hand-Arbeit. Videte oculis vestris, quia modicum laboravi, \& inveni Eccl. 51. v. 35. mihi multam requiem. Sehet an mit eueren Augen/ daß ich geringe Mü- he gehabt/ und grosse Ruhe für mich gefunden habe. Der Erste Theil. 1. A Uff daß die Nutzbarkeit und Nothwendigkeit der Hand-Arbeit desto besser an Tag komme; derhalben hab ich den grossen Schaden/ der uns Menschen auß dem Muͤssiggang entstehet/ voran senden wollen. Dieser Muͤssiggang dann ist/ wie die H. H. Vaͤtter sagen/ eine Speiß der Geylheit/ und aͤrgster Feind der Keuschheit. Dahero spricht der heilige Bernardus: der Teuffel gebraucht sich deß Muͤssiggangs zu einer Thuͤren/ dadurch er die unziemliche Anreitzungen der Gedancken/ auch in die allerkeuscheste Seelen einfuͤhre. Und daß diesem also seye/ lehret uns mit seinem Schaden der fromme Koͤnig David; welcher in der Zeit/ da er sich im Kriegen geuͤbet/ von der Geylheit nicht uͤberwunden worden: nach- dem er aber zu H auß muͤssig gesessen/ ist er in den Ehe-Bruch gefallen/ und hat einen Todtschlag begangen/ wie der heilige Augustinus meldet. Was hat den staͤrckesten Samson anders zum Verderben gebracht/ als der Muͤs- siggang? Dann so lang er mit den Philistern in den Haaren gehangen/ so lang hat er nicht koͤnnen uͤberwunden werden: demnach er aber im Schoß der Dalilaͤ geruhet/ und bey selbiger die Zeit muͤssig hat zugebracht; ist er A a a a alsbald Die Drey und Viertzigste Geistliche Lection alsbald gefangen/ und seiner Augen beraubt worden. Hat nicht den aller- weisesten Salomon verkehret der Muͤssiggang? So lang dieser kluge Mo- narch in Erbauung deß gewaltigen Tempels beschaͤfftiget gewesen/ hat er keine Geylheit empfunden: so bald er aber von diesem Werck zu feyren hat angefangen/ da hat sich nicht allein der Muthwill angemeldet; sondern denselben dergestalt zu Boden geworffen/ daß er durch Anhalten der Wei- ber an statt GOttes ein guͤldenes Kalb angebetten. Auff diesen Hafen setzt der heilige Vatter Augustinus solchen Deckel/ und sagt: Wachet der- halben/ meine Bruͤder/ und haltet euch frisch; dann ich sehe euch nicht darfuͤr an/ daß ihr heiliger seyet als David/ staͤrcker als Samson/ und kluger als Salomon. Recht und wohl singt auch der tieff finnige Poet Ovidius also: Cupidinis-Bogen halst im Zwang/ Wann du fliehst den Můssiggang: Der Geylheit Brunst auch mindert sich/ Wann der Mensch beschaͤfftiget sich. 2. Mehr andere Ublen deß Muͤssigangs entwirfft der heilige Vatter Augustinus mit diesen Worten: durch den Muͤssiggang werden wir viel- mahl entzuͤndet zur Geylheit: durch diesen Muͤssiggang werden wir ange- frischt zur Hoffart: durch diesen Gang fuͤhrt uns die Welt zu ihrer Eytel- keit: dieser Muͤssiggang meldet sich bey uns an/ wann wir wohl gessen und getruncken haben: der Muͤssiggang bringt uns ins Verderben/ wann wir stattlich gekleidet seynd: durch diesen Muͤssigang werden wir zum uͤberfluͤs- sigen Schlaffen genoͤthiget: dieser leitet uns zu den weltlichen und eitelen Reden. Niemahlen wird einer ein Buͤrger der himmlischen Stadt Jeru- salem werden/ wofern er den Muͤssiggang lieben wird. Von selbigem La- ster tragt auch seine Meinung hinzu der hoͤnig-fliessende Bernardus/ und sagt: der Muͤssiggang ist ein Unflat aller boͤsen Gedancken/ die hoͤchste Boͤß- heit deß Hertzen/ ein Versammlung alles Boͤsen/ und ein Todt der See- len: dann ein muͤssiger Mensch ist gleich einem stehenden Wasser/ so da fau- let/ dieweilen es nicht bewegt wird/ und derhalben mit schaͤdlichen Wuͤrmen/ das ist Lastern/ erfuͤllet wird. Ein muͤssiger Mensch ist gleich einem ver- saumten Acker/ welcher voller Doͤrnen und Nesseln ist/ wie der weise Sa- lomon bezeugt/ da er spricht: Jch bin ůber den Acker eines müssi- gen Menschen gangen; und siehe/ es war alles mit Nesseln erfült. Auch wird ueben andern Gleichnuͤssen der muͤssige Mensch ei- nem Von der Hand-Arbeit. nem Gichtbruͤchtigen verglichen/ der weder Haͤnd noch Fuͤß bewegen kan: von diesen weissaget der Koͤnigliche Prophet und sagt: Sie haben Haͤnd Psal. 13. und werden nicht tasten; Sie haben Füß und werden nicht gehen. 3 Es ist nicht ohne/ daß der boͤse Feind mit den Muͤssigen gern zu schaf- fen habe; dann neben andern Exempeln/ lesen wir auch im Leben der Alt- Vaͤtter/ daß ein alter Einsidler einsmais gesehen/ wie der boͤse Geist zu ei- nes Geistlichen Cell bald hinein gangen/ bald wiederumb herauß kommen seye: da er nun denselben Geistlichen gefragt/ was er in der Cellen mache/ ist er in Erfahrung kommen/ daß der Teuffel alsdann seye hinein gangen/ wann der Geistliche muͤssig gewesen/ und wann er sich mit ehrlicher und nuͤtzlicher Arbeit beschaͤfftiget hat/ wiederumb hinauß gangen seye. So hat dann der boͤse Feind einen Zugang zu den Muͤssigen/ dieweilen der Muͤs- sigang ein Haupt- Kuͤssen deß Teuffels ist. Dahero seynd die Alt- Vaͤt- ter in Æ gypten der Meinung gewesen/ daß ein arbeitender Muͤnch von ei- Cass. L. 10. Inst. mon. c. 23. nem/ ein Muͤssiger aber von unzahlbaren boͤsen Geistern angefochten wer- de. Wann dann die Muͤssige von so vielen Teuffeln angezepfft werden/ so ists ja kein Wunder/ daß sie durch den Betrug und Arglist so leicht ge- stuͤrtzet werden. Folge du/ mein Christliche Seel/ dem Rath deß Wei- sen Manns/ der da spricht: Thue alles instendig/ was deine Eccl. c. 9. 10. Hand vermag zu thun: Dann/ wie der heilige Hieronymus sagt/ das gegenwaͤrtige Leben ist die Zeit deß Samblens/ wann dieses vorbey ist/ so wird das Arbeiten eingestelt. Muste nicht Christus unser Heyland selbst arbeiten? Dahero spricht er von sich also: Jch muß die Werck des Joan. 9. v. 4. jenigen wircken/ der mich gesandt hat/ so lang es tag ist; es kombt die Zeit heran/ wan niemand kan wircken. Alwo durch den Tag die gegenwaͤrtige Zeit/ duech die Nacht aber der Todt/ oder der Stand nach dem Todt verstanden wird; in welchem niemand mit Nu- tzen wircken kan. Derhalben samble jetzt/ so viel dir moͤglich ist/ folge dem wohlmeinenden Salomon/ und laß dich nicht verdriessen/ daß er dich zu der Ameisen/ einem so verwuͤrfflichen Thierlein verweise mit diesen Worten: Gehe hin zu der Ameisen/ O du Fauler/ und habe acht Prov. 6. v. 6. auff ihre Weege/ und lerne ihre Weißheit: Ob sie wohl weder Führer/ noch Meister/ noch Herrn hat/ so bereitet sie doch im Sommer Speise für sich/ und sammlet in der Ernde/ daß sie zu essen babe. Der nun in seiner Jugend/ wilt er sagen/ in gegenwaͤrtigem Leben/ nicht samblet/ wie wird der in seinem ho- A a a a 2 hen Die Drey und Viertzigste Geistliche Lection hen Alter/ das ist/ im andern Leben/ was finden koͤnnen? zumahlen der Herbst keine Baum-Fruͤchten sehen wird/ dessen Blumen der Froͤhling nicht gesehen hat. 4. Keiner aber soll sich selbst betriegen/ und vermeinen/ daß es zu Erhal- tung der ewigen Seeligkeit gnug seye/ daß er nichts Ubels thue. Dann/ nichts Ubels thuen/ ist nach Zeugnuß deß H. Chrysostomi nichts anders/ als etwas Ubels thuen. Welches der jetzt- gemeld t e Kirchen-Lehrer also beweiset. Zum Exempel/ du hast einen Knecht/ der nicht diebisch/ unge- horsamb/ und kein Sauffer ist; sondern Treu/ gehorsamb/ und allzeit nuͤchtern/ und zumahlen nicht lasterhafft: selbiger aber/ wann er gantze Tag zu Hauß muͤssig sitzet/ und das jenige verabsaumet/ daß ihm anbefohlen ist; soll er nicht die Bruͤgel - Suppen verdienet haben? Er hat gleichwohl nichts Ubels gethan. Das aber ist Ubels gnug/ daß er sein Ambt vernach- laͤssiget hat. Derhalben hat auch jener Mann sein Weib gepriegelt/ weilen sie nichts gethan hatte/ und an Platz/ daß sie haͤtte spinnen sollen/ ihrem un- nuͤtzen Plaudern hatte abgewartet. Da solches der Mann deß Abends nach Hauß kommend vermerckt hat/ und dem Weib fuͤr die gethane Arbeit den billigen Lohn mit Streichen erstatten wollen/ rieff das Weib unter weh- rendem Schlagen: du Schelm/ warumb schlagstu mich/ ich hab doch nichts gethan? eben darumb schlag ich dich/ antwortet der Mann/ weilen du nichts gethan hast. Wann deine Hand/ sagt abermahl der heilige Chry- sostomus/ also beschaffen ist/ daß dir die Zung nicht abschneide/ die Augen nicht außkratze/ und kein anderes Ubel zufuͤge; sondern muͤssig ist/ und dem uͤbrigen Leib nicht dienen will; solstu uͤber diese/ als eine unnuͤtzliche und gichtbruͤchtige Hand nicht billiger Massen zuͤrnen? Sagt nicht unser Matth. 7. Heyland: Ein jeglicher/ der nicht gute Früchten bringt/ soll abgehauen/ und ins Feur geworffen werden: Er sagt nicht/ der boͤse Früchten bringt/ sondern/ der nicht gute Frůchten bringt: Dahero lesen wir/ daß demselbigen Heyland einmahls gehuͤngert/ und da er einen Feigen-Baum gesehen/ zu selbigem hinzu gangen seye/ und weilen er nur Blaͤtter gefunden/ uͤber denselben geiffert habe und gesagt: Niemahlen soll auß dir Frůchten hervor kommen in E- wigkeit. Wann nun Christus verfluchet hat einen Baum/ daß er kein Fruͤchten gehabt/ da es doch kein Zeit der Fruͤchten ware; was wird dann widerfahren den jenigen/ welcher da solte haben die Fruͤchten der guten Werck/ und Von der Hand-Arbeit. und hat gleichwohl keine/ wann der Heyland selbige will abbrechen? Ein solcher hat sich in Warheit derselben Verfluchung zu befoͤrchten: Nie- Matt. 25. mahlen sollen auß dir Früchten hervor kommen in Ewig- keit. O erschroͤckliche Verfluchung/ daß man keine Frucht soll tragen in Ewigkeit! Weiters hat nicht der HERR dem traͤgen Gesellen/ welcher das ihm anvertraute Geld ins Schnupff - Tuch gebunden/ und biß zu seiner Widerkunfft auffbehalten/ in die eusserste Finsternuͤß werffen lassen? nicht darumb/ daß er ungehorsamb/ nicht weilen er sich sonsten uͤbel verhal- ten hatte: sondern weilen er muͤssig/ und folgends unnuͤtzlich gewesen ware: Diesen unnützlichen Knecht/ sagt er/ werffet in die eusserste Finsternuß/ \&c. Wiederumb/ wann auch Christus die muͤssige straffet/ so da von niemand waren bedungen worden; und sagt; was stehet ihr allhier den gantzen Tag muͤssig? Wie wird er dann nicht die jenige straffen/ die er schon wuͤrcklich bedungen/ daß sie in seinem Wein-Gar- ten arbeiten sollen/ als nemblich wir Christglaubige und Geistliche? So ists dann/ und bleibt aber und abermahl wahr/ daß es nicht gnug seye/ das Boͤse meiden und fliehen/ sondern wir muͤssen auch zugleich das Gute wir- cken: wie der heilige A postel Jacobus sagt: Der weiß Guts zu c. 4. v. ult. thuen/ und thuts nicht/ dem ists Sůnde. Und beschliesset auch unser Vorhaben der heilige Papst Leo mit diesen Worten: Nicht De Ap- par. an die Schlaffende glangt das Reich der Himmeln; und denen für Müssiggang und Traͤgheit unfrůchtigen Men- schen wird die ewige Seeligkeit versprochen. 5. Jm uͤbrigen ist allhier wohl zu beobachten/ daß nicht alle und jede Ubun- gen den Muͤssiggang vertreiben/ sondern allein die gute und nuͤtzliche. So ist dann der Muͤssiggang zweifachig; ein wuͤrcklicher/ und der ander ein ver- meinter Muͤssiggang. Der wuͤrckliche bestehet darinn/ daß/ nachdem der Mensch seiner Nothdurfft gemaͤß geruhet hat; von allen; so leib-als Geist- lichen Geschaͤfften sich enthaltet/ nach dem Bey- Spiel deren/ welche der Hauß-Vatter hat angeredet und gesagt: Was stehet ihr allhier den gantzen Tag müssig: Der unvermeinte Muͤssiggang ist ein solcher/ wann der Mensch zwarn mit unter schiedlichen Dingen beschaͤffti- get ist/ so jedoch alle unnuͤtzlich und schaͤdlich seynd: welches der gelehrte Stapletonus mit dieser bequemen Gleichnuß erlauteret und sagt: Gleich wie die Kinder vermeinen/ sie seyen am allermeisten beschaͤfftiget/ wan sie von Leim und Erdẽ Huͤtten bauen/ oder auf Stecken reiten; da sie doch/ wie wir sehẽ/ nur A a a a 3 allein Die Drey und Viertzigste Geistliche Lection allein Bossen und nichtswertige Sachen betrieben. also kommen alle unse- re Beschaͤfftigungen/ GOtt/ den Engeln/ und einem jeden Weisen und klugen Mann/ als Kinder-Bossen und lehrer Muͤssiggang vor/ in welchen wir dir Ehr GOttes/ oder unseres Neben- Menschen/ und unser eigenes Heyl nicht suchen. Nun laß ich dir/ mein Christliche Seel/ diese beyde Muͤssiggaͤng zu fliehen anbefohlen seyn/ auff daß du nicht mit den fuͤnff thorichten Jungfrauen vom Reich der Himmeln außgeschlossen; sondern mit den fuͤnff Witzigen in die versprochene ewige Glory und Herrligkeit einsmahls mit Freuden einzugehen gewuͤrdiget werdest. Der Andere Theil. 6. A Uß dem/ so bißhero gesagt ist/ kan gnugsamb geschlossen werden was fuͤr ein gifftige Kranckheit seye der Muͤssiggang und Traͤgheit deß Gemuͤts. Damit aber ein Geistlicher die Suchten vertrei- be/ soll er zu Zeiten einige H and-Arbeit/ die ihm oder auß Gehorsamb wird aufferlegt/ oder zu dero er eine vernuͤnfftliche Neigung tragt/ verrichten: zumahlen nicht rathsamb zu seyn scheinet/ daß der Mensch allzeit bette/ lese/ oder schreibe/ damit nicht die Gesundheit verletzt werde; sondern wird fuͤr Gut befunden/ daß selbiger sothanes Gebett und andere geistliche Ubungen mit einem leiblichen Arbeiten vermische. Wann du aber vermeinen soltest/ mein Christliche Seel/ daß diese eusserliche Hand- Arbeiten von deinem GOtt fuͤr nichts oder wenig geschaͤtzt werden; so hoͤre an deinen Heyland/ L. de In- sin. c. 69. wie er mit der heiligen Gertrudis uͤber diese Sach discurrire. Gleich wie ein maͤchtiger Kayser/ sagt er/ sich nicht allein erfreuet/ daß er in seinem Pal- last zarte und wohl geschmuckte Maͤgdlein oder Fraͤulein hat; sondern auch Fuͤrsten/ Kriegs-Helden/ Soldaten und andere Bediente zu unterschiedli- chen Wercken verordnet/ so da zu Verrichtung der vorfallenden Geschaͤfften muͤssen bereit stehen: Also hab ich nicht allein mein Wohlgefallen an den geistlichen Wolluͤsten der jenigen/ welche sich von mir zur Ruhe der Goͤtt- lichen Betrachtungen ziehen lassen; sondern ich laß mich auch auffhalten bey denen Menschen- Kindern/ welche meinethalben allerhand veraͤchtliche Hand-Arbeit gern verrichten. Weiters wird auch der Werth der aͤusserli- Ex Histo. Cisterc. Historia. chen Arbeit auß folgender Histori erkennet. Reinaldus ein heiliger Mann sicht einsmahls/ daß nahe bey seinen geistlichen Mit- Bruͤdern/ so in der Hand-Arbeit beschaͤfftiget waren/ ein Chor der Jungfrauen vom nechst-ge- legenen Berglein denen Bruͤdern heruntrr steiget. Diese Jungfrauen wa- ren Von der Hand-Arbeit. ren alle weiß gekleidet/ und hatte unter selbigen den Vorzug; welche mit ihrer ansehnlichen Groͤsse und Schoͤnheit alle andere weit uͤbertraffe. Da nun selbige zu den arbeitenden Geistlichen kommen/ hat sie einen jeden gar lieblich und holdseelig umbhaͤlset und gekuͤsset/ auch alsbald mit denen Lei- nen Tuͤchlein/ welche ihre Gesellinnen bey sich trugen/ ihnen den Schweiß und Staub abzuwischen angefangen. Jndem aber der H. Mann bey sich erwogen/ wer diese seyn muͤsten; ist ihm offenbahret worden/ daß diese/ so er fuͤr die Vornehmbste ansehe/ die Mutter deß Heylands seye/ die andere aber heilige Jungfrauen. Dieses Gesicht hat den obgemeldten Reinaldum zum arbeiten sehr angefrischet: die uͤbrige/ denen sothane Gnad widerfahren ware/ und dannoch mit den Augen deß Leibs nichts gesehen; haben dieser Offenbahrung den gebuͤrlichen Glauben leichtlich zustellen koͤnnen; in dem sie empfunden/ daß ihre Kraͤfften deß Leibs gestaͤrcket/ die Gedult gemehret/ und sie mit einem sonderbahren Geschmack der Suͤssigkeit er goͤtzet worden. Auch hat die allerseeligste Jungfrau einen Koch desselben Klosters getroͤstet/ und ihm zur Ruhe einzuligen befohlen/ welcher/ nach lang wiriger verrichteten Arbeit/ deß Abends noch betten wollen. Wann dann GOtt/ und die Seinige an den arbeitenden Geistlichen ein solches Wohlgefallen an- noch zeigen auff Erden/ daß sie auch dieselbe besuchen/ troͤsten/ und so gar derselben Schritt zehlen (wie wir in dem Leben der heiligen Alt- Vaͤtter le- sen) was grossen Lohn wird dann nicht wegen seiner vernuͤnfftlichen Arbeit ein Geistlicher empfangen im Himmel? Obschon Christus die betrachten- de Magdalenam gelobet/ so hat er dannoch die Arbeit der sorgfaͤltigen Mar- thaͤ nicht verachtet. Eins ist gut beym andern. Recht und wohl kan an- jetzo die himmlische Koͤchin sagen mit dem Weisen Mann: Siehet zu mit eueren Augen/ dann ich hab ein wenig fuͤr den HErrn mit Zuruͤsten und Auffwarten mich bemuͤhet/ und hab mir ein grosse Ruhe gefunden. 7. Merck nun auff/ mein Christliche Seel/ was ich dir sage. Wer fleissig/ vernuͤnfftig und wohl arbeitet/ derselbe erwirbt sich eine dreyfache Ruhe. Eine vor den Todt: dann er verursachet seinem Leib eine Ruhe/ in- dem er macht/ daß er ruhiger und sanffter schlaffe/ nach diesen Worten deß Eccl. 5. 11. Weisen Manns: Wer arbeitet dem ist der Schlaaff sůß. Und der Seelen; indem er durch die Arbeit den Muͤssiggang/ und mit selbigem die boͤse Laster vertreibet; und sich also ein ruhiges und sicheres Gewissen/ welches alle Freuden der Welt uͤbertrifft/ zu wegen bringt. Die andere Ruhe erwirbt er sich in dem Tod; zumahlen er weiß/ daß er die Tag seines Lebens nicht muͤssig zugebracht habe/ sondern fleissig gearbeitet; und dahe- ro Die Drey und Viertzigste Geistliche Lection ro erwartet ein solcher den Todt mit Freuden. Die dritte Ruhe bekombt er nach dem Todt; dieweilen er lebt der troͤstlichen Zuversicht/ daß/ als an ihm erfuͤllet werde; was dem heiligen Joanni in seiner Offenbahrung zu Apoc. 14. 13. verzeichnen befohlen worden: Seelig seynd die Todten/ die da in dem HERRN entschlaffen. Von nun an/ spricht der Geist/ daß sie von ihrer Arbeit ruhen/ dann ihre Wercke folgen ihnen nach: wie der Koͤnigliche Prophet Ps. 127. sagt: Weilen du wirst von deiner Arbeit essen; bistu seelig/ und wird dir wohl seyn. Ob du zwarn die Fruͤchten der Arbeit nicht alsobald empfindest/ so mustu derhalben dieselbe nicht flie- hen/ dann gleich wie ein Rooß unter den Doͤrnen auffwaͤchst/ also wirstu von der muͤgseeligsten Arbeit die erfreuligste Fruͤchten geniessen. Folge nach L. 3. c. 9. deiner und meiner gebenedeytesten Mutter Mariam/ welche/ wie Ma- rulus schreibt/ da er sich noch beym Tempel auffgehalten/ vom fruͤhen Mor- gen/ biß zur dritten Stund die Zeit in selbigem mit Betten zugebracht/ und nachmahlen sich mit der Hand - A rbeit biß in die neunte Stund beschaͤfftiget hat. A lso hat sie den Muͤssiggang zumahlen gemeidet/ indem Act. 20. sie mit solcher Abwechselung den Tag hat zugebracht. Der heilige Paulus bekennet von sich selbsten/ daß er keines Menschen Gold oder Silber begehrt habe; sondern daß ihm seine Haͤnde durchs A rbeiten zu allem dem verholffen/ was er vonnoͤthen gehabt. Der heilige Humbertus/ wie Bernardus bezeugt/ hat in seinem hohen A lterthumb biß auff den dritten Tag vor seinem Todt gearbeitet. Der heilige Einsidler Stephanus hat in den groͤsten Schmer- tzen seines schwaͤhren Bruchs nicht abgelassen/ alle Tag umb die bestimbte Zeit sein Schnuͤr zu flechten; deme der Muͤssiggang die allerschmertzhaffte- Pallad. c. 10. ste Kranckheit gewesen. Der heilige A lt- Vatter Pambo hat in seinem Todts-Bett den Umbstehenden gesagt/ daß er/ so lang er in der Wuͤsten ge- wohnet/ keinen eintzigen Tag ohne Hand- A rbeit habe hinstreichen lassen. Der heilige Franciscus pflegte sehr fleissig zu arbeiten/ und da er einen seiner Ordens- Leuthen muͤssig gesehen/ hat er ihn laͤnger in seiner Gesellschafft nicht gedulden wollen. Der gewaltige Abt Paulus thut sich allein mit den Palm-Fruͤchten und seinem Gaͤrtlein ernehren/ dieweilen er keine Ge- legenheit hatte/ seine gemachte A rbeit zu verkauffen. Gleichwohl gieng dieser gute Alt-Vatter nicht einen Augenblick muͤssig/ sondern klaubte die Palmen-Blaͤtter zusammen/ und flechtete Koͤrb darauß/ welche er/ wann das Jahr umb war/ alle auffeinander legte und verbrannte/ und fieng als- dann wiederumb an neue Koͤrb zu machen. Damit gab er gnugsamb zu ver- Von der Hand-Arbeit. verstehen/ daß ein Muͤnch ohne die Hand-Arbeit nicht bestehen moͤge. 8. So sehr haben die H. H. Alt-Vaͤtter die Hand-Arbeit geliebt/ daß sie auch die gemachte Arbeit zerbrochen/ und wiederumb gemacht; diewei- len sie in den Send-Schreiben deß heiligen Apostels Pauli gelesen hatten: Der nicht arbeitet/ der soll nicht essen. O wann dieser Befelch deß Apostels gehalten wuͤrde/ solte man wenig muͤssige Menschen finden! Anjetzo aber finden sich sehr viele/ welche entweder auß Faulheit einen Widerwillen schoͤpffen zu der Arbeit; oder seynd eigensinnige Koͤpff/ die sich einbilden/ sie wollen nur durch stetes Speculiren und Betrachten zu grossen Heiligen wer- den/ und seynd doch vielmahlen so geschickt darzu/ als ein Esel zu der Music. Mit dergleichen muͤssigen Leuthen soll man umbgehen/ wie der erfahrne Vatter Sylvanus mit einem solcher Art Menschen gehauset hat. Die- Historia. ser als ein Frembdling auff dem Berg Sina/ siehet daß die Bruͤder arbeite- ten: derhalben redet er sie an und sagt: Warumb wircket ihr die Joan. 6. Speiß/ so da verdirbt: Maria hat den besten Theil er- waͤhlet; mit dieser halt ichs/ \&c. Da dieses der kluge Sylvanus hoͤrt/ Luc. 10. befilcht er seinem Juͤnger Zachariaͤ/ er soll ihm ein Buch geben/ auff daß er zu lesen habe/ und fuͤhren ihn in eine leere Cell/ so auch geschehen ist. Zur Essen-Zeit sicht sich der Frembdling umbher/ und verwundert sich/ daß ihn niemand zum essen ruffe. Nach gehaltener Mahlzeit kombt selbiger zum heiligen Sylvano und sagt: Vatter/ haben die Bruͤder nicht gessen? Frey- lich/ antwortet Sylvanus: warumb bin ich/ sagt er/ dann nicht zum essen geruffen worden? Weilen du/ sagt der Alt-Vatter/ ein geistlicher Mensch bist/ und bedarffs dieser Speiß/ darumb hat dich niemand geruffen; wir a- ber als fleischliche Menschen muͤssen/ und derhalben arbeiten wir: du hast den besten Theil erwaͤhlet; du lesest den gantzen Tag/ und wilst kein fleischliche Speiß annehmen. Hieruͤber ist der Frembdling anders gesinnet worden/ und hat umb Vergebung gebetten. So hat dann/ sagt Sylvanus/ Ma- ria ihrer Schwester Marthaͤ Huͤlff vonnoͤthen: dann umb M artha Wil- len wird M aria gelobet. 9. So hoch haben die Alt-Vaͤtter die Hand-Arbeit geschaͤtzet; daß/ wie der heilige Hieronymus bezeugt/ keiner ohne selbige weder angenommen/ weder geduldet wurde. Keinem wurde der Muͤssiggang gestattet; sondern mit der Hand-Arbeit musten sie sich ernehren/ und nicht allein thaͤten sie von dem jenigen/ was sie mit ihrer Arbeit gewunnen/ den Frembdlingen/ den an- kommenden Bruͤdern und Gaͤsten das Stuͤck Brod mittheilen; sondern sie B b b b schickten Die Drey und Viertzigste Geistliche Lection schickten noch einen grossen Vorrath von Lebens- Mitteln/ in die Gegend Libiaͤ/ allwo jederzeit ein grosse Theurung ist/ und in die Staͤdt hin- und wieder/ und machten also dem lieben GOtt von der Frucht ihrer Haͤnden ein vernuͤnfftliches und annehmliches Opffer. Nun verlassen wir diese Alt-Vaͤt- ter und begeben uns zu einem neuen Vatter/ dem H. Ertz-Bischoff Antonino. Diser geistliche Vatter und Ertz-Bischoff kombt einsmals an einem Fastag bey einer Gassen vorbey/ und sicht die Engeln auff dem Dach eines kleinen verwuͤrfflichen Haͤußleins mit Verwunderung an/ gehet ins Haͤußlein/ und findet eine arme Witwe mit dreyen Toͤchtern/ so alle Barfuß und uͤbel ge- kleidet waren/ und am Spinn-Radt sassen. Nachdem er sich nun uͤber der- selben Noth erkuͤndiget/ hat er ihnen eine reiche Allmuß mitgetheilt. Nicht lang hernach kombt der heilige Mann abermahl bey diesem Haͤußlein vor- bey/ und sicht/ daß an Platz der guten Engeln/ nun die boͤse Engeln das Dach eingenommen. Uber diese schnelle Abwechselung wird der fromme Ertz- Bischoff entsetzt/ fragt der Sachen Beschaffenheit nach/ und hoͤret/ daß diese Mutter mit ihren Toͤchtern die empfangene Allm osen nur zu ihrer Ge- maͤchlichkeit und guter Zier anwendeten/ und die gewoͤnliche Hand- A rbeit verliessen. Dahero hat der heilige Vatter sie freundlich ermahnet/ daß sie ihrer vorhin geuͤbten Hand-Arbeit wiederumb solten obligen/ damit an statt der Boͤsen/ die gute Engel abermahl ihre Behuͤter werden moͤgten. 10. Wie viele dergleichen und andere Exempel koͤnnte ich dir/ mein Christ- liche Seel/ anhero bringen! Dieweilen ich aber der Hoffnung lebe/ daß dich diese wenige vom Muͤssiggang abschroͤcken werden; derhalben will ich dich anjetzo nur der Worten deß heiligen Thomæ à Kempis erinnern/ die L. 3. c. 3. §. 3. er uͤber die faule Menschen außgiesset/ und sagt: Schaͤme dich/ du fauler und klagender Knecht/ daß die Welt- Kinder zur Verdambnuß bereiter seynd/ dann du zum ewigen Leben: sie erfreuen sich mehr der Vppigkeit/ dann du der War- heit. Vmb das unwandelbare Gut/ umb den unschaͤtzli- chen ewigen Lohn/ umb die hoͤchste Ehr und immerwaͤh- rende Glory und Herrligkeit ist man saumig und verdros- sen/ ja man will nicht daß allerwenigste darumb můth werden. Dahero sagt auch der heilige Papst Leo: Alle Liebhaber dieser Welt seynd in den irrdischen Dingen starck/ und in den himmlischen schwach: dann fuͤr die zeitliche Ehren sollen sie biß zum Todt schwitzen; fuͤr Von der Hand-Arbeit. fuͤr die ewige Hoffnung aber werden sie bald muͤth zuarbeiten: fuͤr den zeitli- chen Gewin ertragen sie all vorfallendes Unbill; umb den ewigen Lohn aber wollen sie nicht ein eintziges Schmaͤh- Woͤrtlein vertragen: Vor einem weltlichen Richter moͤgen sie einen gantzen Tag lang stehen; wann sie aber ein Stuͤndlein vor dem Herrn im Gebett stehen sollen; so werden sie zumah- len ermuͤdet: sie leiden offt Hunger und Kaͤlte umb der Ehren und Reich- thumen willen; und plagen sich mit der Hoffnung der jenigen Dingen durch das Entrathen derselbigen/ umb welche zu erwerben sie trachten: Derhal- ben seynd sie so nachlaͤssig zu suchen das Ewige/ dieweilen sie vermeinen/ daß selbiges spaͤt gegeben werde. Keine Arbeit soll hart/ und keine Zeit soll uns langwirig scheinen/ durch welche wir die himmlische Glory zu erwerben suchen/ sagt der heilige Hieronymus. 11. Schließlich mercke nun/ daß/ wann du wilst/ daß deine Arbeit GOTT angenehm und verdienstlich seyn soll/ du eine gute Jntention oder Meinung voran schickest. Noch besser wirds seyn/ wann du unter waͤrender Arbeit oͤfftere Schuß- Gebettlein deinem GOTT zuschickest. Dann also erinnert uns der heilige Bernardus und sagt: Wann du zur Arbeit kommest/ so soltu dein vorhabendes Werck also maͤssigen/ daß die Sorg deß Wercks/ die Meinung deines Hertzen/ von dem/ was GOtt zugehoͤret/ nicht abwendig mache. Daß nun solches leichtlich geschehen/ koͤnne/ lehrt derselbe heilige Vatter durch diese Gleichnuß: Gleich wie man derhalben die Augen nicht zuthuet/ und die Ohren vom hoͤren nicht feyren/ daß die Haͤnd arbeiten: also/ und so gar/ noch vielmehr soll ebenfals die Seel auff ihr Werck bedacht seyn/ wann der Leib arbeitet. Diese guldene Lehr hat der H. Vatter mit seinem selbst eigenen Exempel bekraͤfftiget: zumah- Vit. L. c. 7. len er zur Zeit der aͤusserlichen Arbeit/ innerlich zu betten oder zu betrachten pflegte ohne einige Hindernuß der aͤusserlichen A rbeit. Solcher massen pflegten auch vorzeiten die Muͤnchen in Æ gypten zu ar- Cass. L. 3. Inst. c. 2. beiten/ daß sie unter der A rbeit die Psalmen zu betten/ oder zu betrachten nicht unterliessen. Folge du demselben nach/ mein Christliche Seel/ so viel dir moͤglich ist; fliehe den Muͤssiggang/ meide die eitele und muͤssige Reden/ krafft deren die wahre A ndacht erloͤschet/ und in dem Hertzen der Geistlichen die schaͤdliche Lauigkeit gar leichtlich Platz findet: Befleisse dich/ in deiner Cellen zu bleiben/ und mit geistlichen Ubungen dergestalt A a a a 2 zu Die Vier und Viertzigste Geistliche Lection zu beschaͤfftigen/ daß du durch eine nuͤtzliche A bwechselung derselbeu/ und der Hand- Arbeit/ allen guten Geschmack zur wahren Andacht im- mer behalten moͤgest. Die Vier und Viertzigste Geistliche LECTION Von Der Grobheit der Suͤnden. Eccl. 21. v. 2. Tanquam à conspectu Serpentis fuge peccatum: nam si accesserit, mordebit te. Fliehe für den Sünden/ gleich wie fůr dem Ange- sicht einer Schlangen; dann komstu nahe hinzu/ so wer- den sie dich auffnehmen. 1. D Jeweilen wir uns der Kuͤrtze befleissen/ so wollen wir nur die Ursachen/ warumb man die Suͤnd/ gleich wie das Angesicht der Schlangen meiden solle/ auff die Bahn bringen: sintemah- len also derselben Boͤß- und Grobheit gnugsamb erhellen wird. So muß dann die Todt- Suͤnd geflohen werden. Erstens weilen sie ist eine Erzuͤrnung GOTTES; wie man auß dreyen Haupt- Stuͤcken schliessen kan. Erstlich auß dem/ daß sie die schuldige Verehrung GOttes schmaͤhlere und vernichtige; und an statt derselben/ die Verehrung der Goͤtzen- Bilder hervor bringe/ von welcher der Prophet Jsaias sagt: Isai. 2. v. 8 Das Land ist ist mit Abgoͤttern erfuͤllet/ sie haben das Werck ihrer Haͤnde angebetten/ daß ihre Finger gemacht haben. Dann es ist laͤcherlich/ sagt der heilige Hieronymus/ daß einer fůr einen Verehrer der falschen Goͤtter gehalten wer- de/ welcher zwey Koͤrniein Weirauchs der Creatur opffert/ die er GOtt haͤtte auffopffern sollen: und daß der Von der Grobheit der Suͤnde. der nicht fůr einen solchen Verehrer gehalten werde/ wel- cher da den gantzen Dienst seines Lebens/ den er GOtt zu opffern schuldig gewesen/ der Creatur schencket. Ja/ der heilige Bernardus sagt: Ein solcher ergrimmet wider den Serm. 3. de Re- surr. Vrheber selbst/ und/ so viel an ihm ist/ toͤdtet er GOtt: dann er wolte gaͤntzlich/ daß GOtt oder seine Sünden nicht koͤnnte/ oder nicht wolte/ oder nicht wüste zu rechnen: so will er dann/ daß er nicht GOtt seye; dieweilen/ so viel an ihm ligt/ will er daß er seye oder unmaͤchtig/ oder ungerecht/ oder thoricht. Vnd was ist daß für eine Boͤß- heit: Zweytens daß die Suͤnd die allergroͤbste Erzuͤrnung GOttes seye/ kan man klaͤrlich abnehmen auß dem/ was GOtt zum Rach der Suͤnden gethan hat: zumahlen/ nach Zeugnuß deß H. Bonaventuraͤ kein so grosses Ubel koͤnnte er dacht werden/ daß GOtt umb der Suͤnden willen nicht ge- wirckt hat: dann er hat wegen der Suͤnd einmahl schier alle seine Werck zer- stoͤret/ nemblich die gantze Welt durch den Suͤnd - Flut. Andere Koͤnig und Monarchen verhergen die Laͤnder ihrer Feinden/ auß Haß und Unwillen gegen selbige: GOtt aber hat sein eigen Land verdorben/ weilen die Suͤnd in sein Land kommen ware. Die Menschen werffen die goͤldene oder sil- berne Geschirr wegen deß verdorbenen Weins nicht ins Wasser; sondern behalten die Geschirr/ und verschuͤtten den Wein. GOtt aber wirfft nicht allein die Suͤnd in den Abgrund deß hoͤllischen Meers/ sondern auch die Ge- schirr der Suͤnden/ das ist/ die vernuͤnfftige Creaturen/ so da zu dessen ebenbild gemacht/ und mit seinem theuren Blut erkaufft seynd. Was hat Gen. 3. annebens unsere erste Eltern auß dem Paradeiß getrieben? Was hat sie der Erb- Gnaden beraubt? Und was hat saͤmbtliche derselben Nachkoͤmmlin- gen in sothanes Verderben anders gestuͤrtzet/ als eben die Suͤnd/ durch wel- che der Todt in diese Welt geschliechen. Was hat verursachet/ daß der je- Rom. 5. nige GOtt/ der sonsten fuͤr einen Vatter der Barmhertzigkeit gehalten wird/ Feuer und Schweffel uͤber S odomam und Gomorrham geregnet/ und die- Gen. 19. se S taͤdt sambt allen umbliegenden Landen/ Einwohnern/ und allem was Gruͤn war auff Erden/ so grausamblich verherget hat? Fuͤrwahr nichts anders als die S uͤnd. 2. Die Suͤnd hat die Engel in Teuffel veraͤndert/ und vom hohen Himmel in den A bgrund der Hoͤllen geworffen. Die S uͤnd hat den Koͤnig B b b b 3 Pha- Die Vier und Viertzigste Geistliche Lection Reg. 6. Pharaonem und dessen gantzes Kriegs-Heer ins Meer begraben Die Suͤnd war ein Ursach der grossen Hungers- Noth/ in der Stadt Samaria; alwo die M uͤtter ihre Kinder geschlachtet und gessen haben. A ber was halt ich mich in Erzehlung der Suͤnden/ und deren Straffen auff ins besonder? Mit einem Wort kan ich mit dem heiligen Chrysostomo und allen andern H. H. Vaͤttern sagen: die Suͤnd ist ein Ursprung alles Ubels. Auß der Suͤnd kombt die Traurigkeit; auß der Suͤnd entstehet die Auffruhr; und von der Suͤnd kombt der Krieg her; die Suͤnd fuͤhrt die Kranckheitẽ und boͤse Seuchtẽ mit sich; und alles/ was dem Menschen uͤberlaͤstig und schwer fallet/ hat sei- nen Anfang von der Suͤnde. Dahero ermahnet uns billig der Gottselige L. 3. c. 4. §. 3. Thomas à Kempis und sagt: Nichts fliehe so hart/ als deine ei- gene Sůnd und Laster; die sollen dir mehr mißfallen/ dann aller Ding Schaden. Und daß zwarn auß rechtmaͤssigen Ur- sachen: dieweilen nemblich aller Schad der zeitlichen Guͤter/ alle Kranck- heit und schwaͤre Zufaͤlle/ aller Krieg und alle Widerwaͤrtigkeit seynd keine Ubeln mehr/ wann sie mit der Suͤnd verglichen werden. Dahero sagt der Coll. 6. c. 3. fromme Alt- Vatter Theodorus bey dem Cassiano: Jn den menschli- chen Dingen ist nicht für ein zu schaͤtzen/ als die Sund allein: dann so diese uns von dem guten GOTT scheidet/ macht sie uns dem boͤsen Feind gleich. Mit diesem heiligen M ann haltet es der erfahrne Chrysostomus und sagt: Nur ein eintzige Sach haben wir zu foͤrchten/ nemblich die Suͤnd: das uͤbrige ist alles bey mir nichts anders/ als ein lautere Fabel und Kinder-Spiel. Die dritte Ur- sach/ warumb die Suͤnd die allerhoͤchste Erzuͤrnung GOTTES seye/ kan darauß abgenommen werden; dieweilen GOTT nemblich verordnet hat/ daß die Buß der buͤssenden Suͤnder bey ihme allzeit gelten solle. Zu- De vera \& sal. Pœn c. 5. mahlen kündig ist/ sagt der heilige Vatter Augustinus: Daß ihm die Sůnden sehr mißfallen/ der immer bereit/ selbige durch die Buß zu vernichtigen. Dann wann er sie nicht hassete/ so wůrde er sie nicht also suchen zu vertilgen. Sondern er vernichtiget allzeit die Sůnden/ die er findet/ auff daß unverletzt verbleibe/ was er erschaffen hat/ und nicht ver- derbe/ was er geliebt hat. 3. Daß andere/ so uns zur Meidung der Suͤnden soll antreiben/ ist dieses; daß die Suͤnd auch die hoͤchste Erzuͤrnung Christi unseres Hey- lands ist/ wie der heilige Bernardus uns mit diesen Worten zeiget: Jch/ sagt er/ nehme ab die groͤsse meiner Gefahr auß dem grossen Wort der Artze- ney/ Von der Grobheit der Suͤnde. ney/ durch welche mir ist geholffen worden. Jch wuste es nicht/ und siehe/ da wird geschickt der Sohn einer Jungfrauen/ der Sohn deß aller- hoͤchsten GOttes; der wird getoͤdtet/ auff daß er mit der kostbahren Salb seines Bluts/ meine Wunden heyle. Erkenne/ O Mensch/ wie groß die Wunden seynd/ umb derentwillen der eingebohrne Sohn GOttes/ nach der Ordnung der Goͤttlichen Weißheit muß verwundet werden. Wann diese dir nicht den Todt/ und zwarn den ewigen Todt verursacheten; so wuͤrde der Sohn GOttes fuͤr die Artzeney derselben niemahl sterben. So ist dann die Suͤnd eiue Ursach deß Todts deß Sohns GOttes selbsten. Nun sehe/ mein Christliche Seel/ was ein grosse Boͤßheit seye/ ein Tod- Suͤnd begehen: sintemahlen der jenige so da suͤndiget/ seinen Heyland abermahl creutziget. O wie grosses Unbill/ ist dieses! Jn Warheit/ eine mehr als hoͤllische Undanckbarkeit. Dann der so groͤblich erzoͤrnet seinen Heyland/ der im Himmel ist; sagt der heilige A ugustinus/ der begehet so grosse Sünde/ als die jenige begangen haben/ die selbigen gecreutziget haben/ da er auff Erden war. Die- Sur. in Vita. ses hat Christus selbst der heilige Brigittaͤ zu verstehen gegeben/ da sie in ih- rer Betrachtung denselben am gantzen Leib verwundet und voller Blut be- sprengt/ in derselben Gestalt/ wie er auff dem Berg Ealvariaͤ am Creutz ge- hangen/ zu sehen gewuͤrdiget worden; indem er befohlen/ sie solle seine wunden anschauen. Da aber diese Gottselige M atron so trauriges Spectacul mit weinenden Augen angesehen/ hat sie dem HErrn zugesprochen und gefragt: A ch! mein liebster JESU/ woher hastu anjetzt so grausame Wunden empfangen? Dar auff selbiger geantwortet und gesagt: A lso verwunden mich noch biß hier zu die Veraͤchter meiner Liebe. Und das ist/ was der A postel mit hertzlichem Seufftzer meldet: So da wiederumb Hebr. c. 6. v. 6. in Sůnde gefallen seynd/ dieweil sie ihnen selbst den Sohn GOttes wiederumb creutzigen/ und ihn zum Spott ma- chen. Dahero sagt der H. Bonaventura: Der HEKR wird Par. 1. stim. c. 1. mit seinen Wunden erscheinen/ und wird ruffen/ Sehet ihr/ wie grosses ich von euch/ in euch/ und für euch gelitten hab: Vnd dannoch habt ihr/ als undanckbare Creaturen alles verachtet/ und für nichts geschaͤtzet: gehet hin ihr ver- fluchte ins ewige Feuer. 4. Die Suͤnd muß man auch derhalben meiden/ weilen sie die Seel in die/ abscheuligsten Dienstbarkeit fuͤhret/ dann der Suͤndiget/ sagt der heil. A mbrosius/ ist ein Selave der Suͤnde/ und/ was noch schlimmer ist/ ein Schlav Die Vier und Viertzigste Geistliche Lection L. 2. de Jacob. 3. Schlav vieler Missethaten. Der den Lastern unterworffen ist/ der hat vieler Herren Dienst angenommen; daß er auch kaum mag herauß kom- men. Chrysostomus sagt: O du barbarische Suͤnd/ wie gehest du so ty- Hom. 9. in 2. Ep. ad Cor. rannisch umb mit der Seelen/ die du einmahl gefangen hast/ zum Verder- ben der jenigen: so dich auffnehmen! und nicht allein das; sondern dem Teuffel selbst muß sich unterwerffen der suͤndige Mensch/ wie der heilige In Exp. Ep. ad Rom. Augustinus sagt: Durch die Suͤnd verkaufft ein jeder seine Seel dem Teuffel/ und bekombt keine andere Bezahlung/ als die eitele Suͤssigkeit der zergaͤnglichen Wollust. Wann wir nun den Esau fuͤr einen Narren hal- ten/ daß er seine Erst-Geburt umb ein schlechtes Linsen- Essen verkaufft/ wie viel naͤrrischer soll uns dann nicht vorkommen ein solcher Mensch/ der fuͤr eine augenblickliche Wollust nicht allein sein Recht; sondern auch sich Plutarch in Apo- pht: Reg selbst verkauffet? Lysimachus Koͤnig in Thracinen ist wegen uͤberauß gros- sen Dursts genoͤthiget worden/ sich und sein Reich seinen Feinden zu uͤberlas- sen: und nachdem er getruncken/ hat er uͤberlaut geschriehen: O unsterbli- cher GOtt! wie bin ich so ungluͤckseelig/ daß ich mich und mein gantzes Koͤ- nigreich fuͤr so geringe Ergoͤtzung verkaufft habe. Dieses kan noch besser und wahrer sagen der arme Suͤnder/ welcher ein viel besseres Koͤnigreich und sich selbst einem viel grausamern Feind verkauffet. 5. A uch muß die Suͤnd gemeidet werden/ weilen sie die Seel deß Men- schen abscheulicher Weiß besudlet/ an welcher sich die Flecken oder Maalen desto vollkoͤmmlicher zeigen/ wie die Seel kostbarlicher und sauberer. Nichts ist kostbarer/ als eine Seel/ und nichts abscheulicher/ als Plutarch in Vit. Demet. die Suͤnd. Dieses hat erkennet der Democles, welcher ein schoͤner Juͤngling war; und da er sich einsmals deß Bads gebrauchen wollen/ ist ihm der Koͤ- nig Demetrius gefolgt/ umb sein boͤsen Begierden gnug zu thuen: Da aber der keusche Juͤngling vermerckt/ daß aller Weeg zum fliehen versper- ret ware/ ist er in einen grossen Kessel heissen Wassers gesprungen/ und hat In ejus Vite. also lieber wollen sterben/ als seine Seel mit solcher Suͤnd beschmitzen. Die S. Catharina von Genua pflegte zu sagen: Wann uns moͤglich waͤre/ daß wir einen Menschen/ so von der Gnad GOttes verlassen/ und mit Suͤn- den behafftet ist/ koͤnnten sehen; so wuͤrden wir zum ersten Anblick fuͤr Greul sterben: dann keine Krott so abscheulich ist/ kein Schlang so gifftig/ kein A est so voll Wuͤrm und A eyter/ kein Sencke so kotig und stinckend/ und/ mit einem Wort/ nichts ist in der Welt so abscheulich/ als auch die geringste Todt- Suͤnd. Ja so gar/ wann alle Abscheuligkeit der gantzen Welt an einem Orth zusammen lege; so wuͤrde doch die Suͤnd mit Von der Grobheit der Suͤnden. mit ihrer grausamen Heßlichkeit/ allen diesen Unflat uͤbertreffen. Dahero Stani- hurst. in Hist Chr. Pat. ent. c. 1. §. 11. ro sagt ein gewisser Schribent also: Wann einer die Grobheit auch der geringsten Suͤnde/ und hergegen die Majestaͤt deß erzuͤrneten GOTTes recht erkennen koͤnnte; er wuͤrde kein Ader am Leib haben/ die vor grossem Leyd nicht zerspruͤnge; er wuͤrde am gantzen Leib Blut schwitzen/ alle Haar wuͤrden ihm fuͤr Grausen zu Berg stehen/ er wuͤrde in Ohnmacht fallen/ das Hertz wuͤrde sich zerspalten/ die Brust zerbarsten/ und die Ribben am Leib zerbrechen: endlich wuͤrde er all dieses Leydwesen fuͤr Ungedult nicht er- tragen koͤnnen/ und fallen also urploͤtzlich dahin und sterben. 6. Ein sol- ches Greuel ist die Suͤnd: derhalben hat Christus/ ob er schon alles Unbill/ Schmach und Gottslaͤsterungen gedultiglich uͤberstanden: gleichwohl den Joan. 8. 46. Tom. 3. in Evang L. 18. Argwohn der Suͤnde uͤber sich nicht leyden wollen; sondern sagte: Wer ist unter euch/ der mich einer Sünde halben kan beschul- digen: Dieweilen ein gerechter Mann/ sagt Boetius/ nicht so hoch empfindet/ wann man ihm vorwirfft/ daß er den Teuffel bey sich habe; als wann man sagt/ er seye mit Sůnden behafftet: Zumahlen deren eintzige viel schroͤcklicher ist/ als alle Teuffel der Hoͤllen. Dahero Sur/ in Vita. foͤrchtete der heilige Chrysostomus nichts/ als die Suͤnd allein: daß also ein Hoͤffling desselben/ der Kayserin Eudoxiaͤ/ welche dem Heil. Ertz- Bischoff ungerechtfertiger weiß heimlich nachstellete/ gerathen/ sie solte keine Muͤhe anwenden selbigen zu verfolgen; dann Chrysostomus/ sagt er/ foͤrch- tet sich nur fuͤr der Suͤnd allein. Auch wolte der tapffere Eleazarus ein 2. Mac. 6. neuntzig jaͤhriger Mann und der fuͤrnehmste der Schrifft- Gelehrten lieber in die Hoͤll selbsten gestuͤrtzet werden/ als in eineintzige Ubertrettung deß Ge- setz verwilligen. Dieser Meinung ist auch gewesen der heilige Bischoff Anselmus/ daß er pflegte zu sagen: Wann ich an einer Seiten den Greul Sur. in Vita. der Suͤnde/ und an der andern die Schmertzen der Hoͤllen/ mit einem leib- lichen Aug sehen koͤnnte; und eines von beyden erwaͤhlen muͤste; so wolt ich ehender die Hoͤll/ als die Suͤnd erwaͤhlen: Jch wolte lieber rein von Suͤnden zur Hoͤllen gehen/ als mit Suͤnden besudlet/ den Himmel besitzen. Nicht weniger hat auch die Boͤßheit der Suͤnden erkennet der heilige Jgna- tius Lojola: dahera als ihm einsmahls vorgeworffen wurde/ daß er die Ar- beit umb das leichtsertige Frauen - Zimmer zu bekehren/ umbsonst anwendete; dieweilen sie gar leicht zu ihrem vorigen Leben pflegen widerkehren: gabe der heilige Mann zur Antwort: Jch wende diese meine Muͤhe nicht umbsonst an: sondern/ wann ich mit aller C c c c mei- Die Vier und Viertzigste Geistliche Lection meiner Arbeit und S orge meines gantzen Lebens nur dieses außrichten kan; das deren eine auch nur ein eintzige Nacht sich von S uͤnden enthalte/ so will ich alle meine Kraͤfften anwenden/ daß auch in so geringer Zeit GOtt nicht beleidiget werde. 4. Wann nun dieses alles zu Vermeidung der S uͤnden noch nicht heff- ten will; so sollen uns doch die grausame T ormenten der Hoͤllen/ als die ge- buhrliche und unaußbleibliche S traff derselben/ davon abhalten. Wer solte wohl so naͤrrisch seyn/ daß er sich auch umb ein gantzes Koͤnigreich ei- nen T ag lang in einem feurigen Ofen braten liesse? und wir seynd so vee- blente Haubt- Narren/ daß wir lieber wollen die grimmigste und unertrtraͤg- ligste Peynen der ewigen Verdamnuß uns auff den Hals laden/ als die Ge- fahr und Gelegenheit der S uͤnden/ eine nichtswertige/ augenblickliche/ stinckende und abgeschmackte Wollust; einen/ mtt recht und unrecht zusam- men gescharreten Geld- S chatz/ und dergleichen klebende Freuden verlas- sen. Werff von dir/ mein Christliche S eel/ so weit du kanst/ alles was suͤndhafft ist/ damit dir nicht widerfahre/ was von den gottlosen Ba- c. 18. bylonitern der heilige Joannes in seiner Offenbahrung gesehen. Ein starcker Engel/ sagt er/ hub einen Stein auff/ als einen grossen Mühl-Stein/ und warff ihn ins Meer (ins hoͤl- lische Meer) und sprach: mit solchem Sturm wird die gros- se Stadt Babylon (der Suͤnder) hinweg geworffen wer- den/ und man wird sie hinforder nicht mehr finden als in der Hoͤllen. Der Muͤhlstein ist die Todt- Suͤnd/ der Engel ist der Vollbringer der Goͤttlichen Gerechtigkeit/ das Meer ist die Hoͤll/ Ba- bylon ist die Seel/ so da mit ihren Suͤnden/ gleich einem Muͤhl-Stein beschwaͤhret/ in dem Abgrund deß Verderbens gestuͤrtzet wird: allwo sie ohne End/ wie ein Feuer-Brand/ der immer brennet/ und memahlen ver- brennet/ in der ewigen Brunst/ und stetem Rauch allzeit wird brennen/ und doch niemahl verbrennen. Dieses ist von der Todt- Suͤnd geredet: nun- mehr glangen wir auch zur laͤßlichen Suͤnde. 8. Wisse dann/ mein Christliche Seel/ daß die laͤßliche Suͤnd das hoͤchste Ubel seye nach der Todt-Suͤnd; und daß selbige der Seelen groͤs- seren Schaden zufuͤgen/ dann alle Kranckheiten dem Leib immer thuen koͤnnen. Darumb sagte die heilige Theresia: Wolte GOtt! 25. das wir foͤrchteten/ was wir fuͤrchten solten/ und koͤnnten erkennen/ daß ein Von der Grobheit der Suͤnden. ein groͤsseres Ubel von einer laͤßlichen Suͤnden entstehe/ als von der gantzen Hoͤllen sich erreignen moͤge: da doch dieses die warhaffte Warheit selbsten ist. Weiters wird die Grobheit der laͤßlichen Suͤnde mit diesen Farben ent- worffen: Es war umb den Menschen geschehen/ er ware deß Todts schul- Stani- hurst. Loc. cit. c. 3. §. 1. dig/ ein Kind der Hoͤllen/ wann schon alle Macht der Welt waͤre zusam- men geschmiedet gewesen: wann schon alle Menschen all ihr Blut vergossen haͤtten: wann schon alle Thier der Erden dem Allmaͤch- tigen GOtt zum Opffer waͤren geschlachtet worden: wann schon alle En- gel waͤren Menschen worden/ und ein jeder waͤre tausendmahl gestorben fuͤr die Gnug- Thnung oder Außtilgung einer eintzigen laͤßlichen Suͤnd: wann schon ein jeder auß ihnen mehr Gnaden und H eyligkeit gehabt haͤtte/ als alle Ausserwaͤhlte zugleich/ so da gewesen seynd/ und werden seyn; so haͤt- ten sie jedoch (die Verdiensten Christi außgenommen) den/ durch ein ein- tzige laͤßliche Suͤnd erzuͤrneten GOtt nicht versoͤhnen koͤnnen/ weder hetten uns auch ein eintziges Troͤfflein Wasser (daß der Reiche Brassart vom Lazaro begehret) verdienen moͤgen. Die heilige Mutter Theresia ist eins- mahls gewuͤrdiget worden/ den HErren JEsum als einen Richter/ so mit einem hellscheinenden Licht umbgeben gewesen/ und derselben einige laͤßliche Suͤnden gezeiget hat/ mit ihren leiblichen Augen zu sehen; ist aber ob diesem Gesicht dermassen beschaͤmbt worden/ daß sie sich alsbald vor den Goͤttlichen Augen verbergen muͤssen; und hat vermeinet/ die Peynen der Hoͤllen wuͤrden einem leichter zu tragen fallen/ als eine solche Beschaͤhmung laͤnger zu ge- dulden. Worauß dann fuͤglich zu ermessen ist/ daß eine laͤßliche Suͤnd das groͤste Ubel seye nach der Todt- Suͤnd/ und daß man billig lieber tausend- mahl sterben solle/ auch Himmel und Erd ehender lassen vernichtiget wer- den/ als eine solche Suͤnd begehen: Dahero sagen die H. H. Vaͤtter/ daß die allerseeligste Jungfrau M aria ihren liebsten Sohn lieber mit ihren eigenen Haͤnden wuͤrde getoͤdtet haben/ als einmahl laͤßlich suͤndigen Sehen wir nun an die Straff der laͤßlichen Suͤnde; daß selbige nemblich eine groͤs- sere Straff verdiene/ und auch mit harteren Straff gezuͤchtiget werde/ als die gantze Welt immer erdencken koͤnnte/ so sollen wir uns ja nicht verwun- dern/ daß dieses Verbrechen von GOtt sehr hoch empfunden werde: dann so du sehen wuͤrdest/ daß dieses oder jenes Koͤnigs oder Fuͤrsten werteste Gemahlin von selbigem in einen feurigen Ofen gewoffen wuͤrde/ du soltest dir in warheit anders nicht einbilden/ als daß selbige ein sehr gro- bes Laster muͤsse begangen haben. Wann die laͤßliche Suͤnd kein so gro- C c c c 2 ses Die Vier und Viertzigste Geistliche Lection ses Ubel in den Augen GOttes waͤre/ so wuͤrde der milde und barmhertzige GOtt sein Schwerd uͤber selbige nicht so grausamblich zucken; wie du in der Lection von dem Feg- Feuer mit mehrerem zu sehen hast. Daß aber sel- bige in dieser Welt/ auch an den liebsten und frommesten Diener GOttes scharff hergenommen werden/ kanstu auß dem Moyse und Aaron abnehmen; welche mit dem Goͤttlichen Himmels- Herrscher in solche Freund- und Ge- Num. 12. meinschafft geraten waren/ daß er von dem er sten sagte: Mein Knecht Moyses/ der in meinem gantzen Hauß der allergetreuste ist; ich rede mit ihm von Mund zu Mund/ \&c. Den andern hatte GOtt als einen Fuͤrsten uͤber die Priester/ einen Dollmetscher oder Außleger deß Gesetz/ und Werck- Zeug aller seiner Wunder - Werck ver- ordnet: nichts desto weniger ist GOtt wegen eines gar geringen Verbrechen dergestalt uͤber selbige entruͤstet worden/ daß er sie deß so lang gelobten und kostbaren Lands nicht hat wollen theilhafftig machen. Die Suͤnd aber war diese: Das Volck litte Mangel an Wasser in der Wuͤsten/ und ware auch kein Mittel/ den Durst zu loͤschen vorhanden: Dahero hat sich GOtt er- Num. 12. barmet/ und also mit Moyse geredet: Nimb die Ruthe/ und ver- sammle das Volck/ du und Aaron dein Bruder: und re- det zu den Felsen vor ihren Augen/ so wird er Wasser ge- ben: und wann du Wasser auß dem Felsen gezogen hast/ so soll die gantze Menge sambt ihrem Viehe trincken. Also ist geschehen: Moyses hat die Ruthe genommen/ und zu der vor dem Felsen stehenden Schaar deß Volcks gesagt: Hoͤrt ihr Widerspennige und Klein- Glaubige: sollen wir euch wohl auß diesem Felsen Wasser ziehen koͤnnen? Da nun Moyses die Hand erhoben/ und den Felsen zweymahl mit der Ruthen geschlagen/ ist sehr viel Wasser kommen/ also hat daß Volck getrun- cken/ \&c. Da hat sich nun GOtt zu dem Moyses und Aaron gewendet/ selbige dieser Gestalt bestrafft und gesagt: Dieweil ihr mir nicht ge- Num. 20. glaubt habt/ daß ihr mich geheiliget haͤttet vor den Kindern Jsrael; sollet ihr auch das Volck in das Land nicht fuͤhren/ daß ich ihnen geben will. Wann nun der Richter selbst von keiner Schuld außtruͤcklich meldet/ wer wolte sie dann sonst haben finden moͤgen? Ob wohl wir aber anjetzo einigen Fehler er- kennen/ so koͤnnen wir denselben doch kanm mercken. Viele und ver- schiedene Urtheil seynd hieruͤber ergangen; und weilen dieses Verbrechen sehr gering ist; so braucht man zu Untersuchung desselben ein sehr scharf- fes Von der Grobheit der Suͤnde. fes Gesicht. Die Fuͤrnembste vermeinen das einige Schwachheit im Glauben bey denen zweyen Bruͤdern gewesen seye; nicht daß sie an der Macht GOTTes Zweiffel haͤtten; sondern/ daß sie in Ansehung der Hartnaͤckigkeit deß Volcks/ zwischen Forcht und Hoffnung gestanden/ es moͤgte villeicht GOTT ein solche Wohlthat zu erzeigen/ sich wei- gern. Derhalben hat er die Kinder Jsrael in diesem seinem Zweiffel al- so angeredet: Hoͤrt/ Jhr Rebellen und Klein-Glaubi- ge: sollen wir euch wohl auß diesem Felsen Wasser zie- hen koͤnnen: Dieser Meinung ist das grosse Kirchen - Licht der S. P. Aug. in q. vet. Testam. heilige A ugustinus und mit selbigem der heilige Jsidorus/ wie auch die Glossa Ordinaria und andere. Wegen dieser kleinen laͤßlichen Suͤnd hat GOtt dermassen uͤber seine Diener gezuͤrnet; das Moyses mit allem seinem Gebett/ krafft dessen er dem Volck so oͤfftere Nach- laß bey seinem GOTT erhalten hatte/ denselben gleichwohl fuͤr sich zur A bwendung der gedreueten Straff nicht bewegen koͤnnen: dann da er das gluͤckseelige und fruchtbare Land von weitem betrachtet/ hat er GOTT Fuß-faͤllig gebetten/ Er moͤgte ihn doch erlauben/ daß er alle Laͤnder/ so jenseit deß Jordans gelegen waren/ mit seinen Au- gen Beschauen moͤgte. Der HERR aber ist uͤber ihn erzuͤrnet ge- wesen/ und hat ihn nicht erhoͤret; sondern hat gesagt: Laß dirs Deut. 3 . v. 26. gnug seyn/ und sage mir von der Sachen hinforder nicht mehr. Dieses eintzige Bey - Spiel beweiset gnug/ wie hoͤchlich der All- maͤchtige GOTT durch ein eintzige laͤßliche Suͤnd beleidiget wer- de. Dieserthalben ist auch der gute David durch Erlegung sieben- zig tausend Menschen von GOTT gezuͤchtiget worden/ daß er sein Volck hat zehlen lassen; und also (wie die meiste Gelehrte vermei- nen) nur laͤßlich gesuͤndiget. Wann dann GOTT so scharff ver- fahret mit seinen geheimbsten Freunden/ wer will dann doͤrffen sagen/ daß die laͤßliche Suͤnd wenig zu achten seye? Alphonsus Rodriquez ein Ley-Bruder auß der Societet JESU und heiliger Mann wurde einsmahls von Christo und dem heiligen Francisco gefragt; warumb er weine? Gab aber zur Antwort und sagte: Solte ich nicht weinen/ da ich die Grobheit meiner Suͤnden erkenne/ und versichert bin/ daß auch eine eintzige von meinen laͤßlichen Suͤnden C c c c 3 ver- Die Vier und Viertzigste Geistliche Lection verdiene daß sie alle ihr Lebtag beweinet werde. Jm uͤbrigen/ ob schon die laͤßliche Suͤnden die Seel deß Menschen von GOTT nicht abwendig machen/ wie die Todt- S uͤnden; so ist doch ausser allem Zw eiffel/ daß selbige mit unser grossen Gefahr/ zur Todt- De Decẽ chordis. S ind uns bequemen/ wann wir sie mit allem Fleiß zu verhuͤten nicht trachten; wie uns der heilige Augustinus krafft diesen Worten er- mahnet: Achtet nicht gering die laͤßliche S uͤnden/ dieweilen si klein seynd: sondern foͤrchtet sie/ weilen derselben viel seynd: Dann auch kleine Thierlein/ wann deren viel seynd/ koͤnnen ein grosses toͤdten. S eynd nicht die S and-Koͤrnlein sehr klein? Mit diesen Koͤrnlein aber kan auch ein grosses Schiff zu Grund gesencket werden/ wann derselben viel seynd. Fuͤllen nicht die kleine Regen-Troͤpfflein Fluͤß und Baͤche an/ und werffen also auch grosse Haͤuser zu Boden? So soll man dann foͤrchten die Vielheit/ wann schon wenig schaden kan die Groͤsse. Nun hastu/ mein Christliche Seel/ zum theil gehoͤ- ret/ was grosses Unbill deinem GOTT und HERRN durch die todt- und laͤßliche Suͤnde widerfahre: Derhalbe verlaͤngere nicht/ denselben umb Vergebung zu ersuchen/ und mache dir einen starcken Vorsatz/ lieber tausendmahl zu sterben/ als auch die ge- ringste laͤßliche Suͤnd wissentlich und auffsetzlich zu begehen. Die Von der Forcht GOttes. Die Fuͤnff und Viertzigste Geistliche LECTION Von Der Forcht GOTTES. Si non in Timore Domini tenueris te instanter, citò Eccl. 27. v. 4. subvertetur Domus tua. Wirstu dich nicht instaͤndig halten in der Forcht deß HERRN/ so wird dein Hauß bald umbge- kehret werden. 1. D Je Forcht deß HErrn wird also entworffen/ daß sie nemblich seye das jenige/ krafft dessen der Mensch foͤrchtet/ er solte GOtt erzuͤrnen. Die Natur und Eigenschafft derselben be- schreibt der fromme Tobias/ da er seinem Sohn unter andern auch dieses heylsame Lehr-Stuck hinterlasset/ und sagt: Habe GOTT in dei- Tob. 4. v. 6. nem Hertzen alle die Tage deines Lebens/ und hůte dich/ daß du nimmer in die Süude verwilligest/ und unterlassest die Gebott deß HErrn unseres GOTTes. Nun wird die Forcht zertheilet in eine knechtliche Forcht/ in eine mindlings Forcht/ und in eine kindliche Forcht. Die knechtliche Forcht ist/ wann der Mensch foͤrchtet GOtt zu erzuͤrnen/ wegen der Straff/ mit welcher er die Suͤnd zuͤchtiget: von dero in seinem hundert und Achtzehnten Psalmen der David meldet/ in dem er also bettet: Durchstich mein Fleisch mit v. 120. mit deiner Forcht; dann ich hab mich gefoͤrchtet für dei- nen Rechten. Die mindlings Forcht ist/ wann der Mensch auß Hoffnung deß von GOtt versprochenen Lohns/ sich von Suͤnden enthal- tet: krafft dieser Forcht bekennet der obgemeldte David/ daß er seye beweget worden/ die Gebott GOttes zu halten: Mein Hertz/ sagt er/ hab ich geneiget/ deine Satzungen ewiglich zu halten umb der Die Fuͤnff und Viertzigste Geistliche Lection Coll. 11. c. 13. der Belohnung willen. Die kindliche Forcht ist/ sagt Cassianus/ welche nicht durch den Schroͤcken der Straff/ weder durch die Begierd der Belohnung; sondern durch ein wahre auffrichtige Liebe verursachet wird: das ist/ wann oder ein Sohn seinen guͤtigen Vatter/ oder ein Bruder sei- nen Bruder/ oder ein Freund den andern mit sorgfaͤltiger Affection ehr- bietsamblig foͤrchtet. Obwohlen aber die zwey erste Forchten nicht voll- kommen seynd; so muͤssen sie dannoch als unnuͤtzliche Forchten nicht ver- nachlaͤssiget werden; dieweilen sie ein gutes Absehen haben/ nemblich den Nutzen deß foͤrchtenden Menschen; und auch sehr gute Fruchten bringen/ in dem sie den Menschen von der Suͤnd abhalten/ und demselben den Weeg zur Gerechtigkeit und Liebe bereiten; wie neben andern der obgedachte Cas- Coll. 11. c. 8. sianus mit diesen außtruͤcklichen Worten gelehret: Dieß ist ein Staffel ei- niger Vollkommenheit/ daß/ so wir/ oder oder auß Forcht der Straff/ oder auß Hoffnung deß Lohns die Suͤnden zu meiden anfangen/ nachmahlen zum hoͤchsten Grad der Liebe bequemlich schreiten moͤgen. Wir thun aber wohl daran/ daß wir mit dieser Forcht nicht zufrieden seynd; sondern uns bemuͤhen/ so viel moͤglich ist/ die kindliche Liebe zu erwerben. 2. Weilen nun diesem also ist; so wollen wir die Nutzbarkeit der kindlichen Forcht sonderbahr erklaͤren/ auff daß ein jeder diese Tugend zu Befoͤrde- rung seines geistlichen Fortgangs reifflich behertzigen moͤge. So viel erst- lich die Versuchungen angehet/ ist gewiß/ daß selbige Vermoͤg dieser Forcht gar leicht koͤnnen vernichtiget werden: und solstu schon mitten im Feuer ste- hen/ so wirstu doch unverletzt darvon kommen: dieß spricht und verspricht dir Eccl. 33. v. 1. der Weyse Mann mit diesen Worten: Wer den HErrn foͤrchtet/ dem wird nicht boͤses begegnen/ sondern GOtt wird ihn in der Anfechtung erhalten/ und erloͤsen vom Boͤsen. Dann gleich wie ein wohl-eingewurtzelter Eichbaum allen Sturm-Winden zu wi- der stehen bestand ist; also wird auch der allergrausambste Wirbel-Wind der Versuchungen die Seel nicht zu Boden werffen/ so da in der Forcht GOt- tes gegruͤndet ist. Eben dieses sagt der H. Chrysostomus/ und gibt dessen L. 1. Mor. c. 13. Reden der H. Gregorius solche Antwort: Dann/ sagt er/ ein anders ist die Forcht auff dem Weeg GOttes/ und ein anders die Forcht auff dem Weeg der Welt: dann die Forcht auff dem Weeg der Welt ver- ursachet eine Schwachheit/ die Forcht aber auff dem Weeg GOttes bringt eine Staͤrcke. Hergegen auff dem Weeg der Welt verursachet die Kuͤn- heit eine Staͤrcke: auff dem Weeg GOttes aber bringt die Kuͤnheit Serm. 44. sup. Cant. eine Schwachheit. Diese Forcht befilcht uns an der heilige Bernardus/ und sagt: Jch habs in der Warheit erfahren/ daß nichts so kraͤff- Von der Forcht GOttes. kraͤfftig seye/ die Gnad zu erwerben/ zu behalten/ und zu erobern; als wann du jederzeit vor GOtt ein sol- cher gefunden werdest/ der sich in seinem Sinn nicht er- hebt/ sondern foͤrchtet. Auch sagt der heilige Chrysostomus: Wann Tom. 5. Bibl. S. S. P P. c. 17. wir die Forcht GOtres haben/ so haben wir weiter nichts vonnoͤthen: haben wir aber dieselbe nicht/ so seynd wir die allerarmbste/ wann wir schon das Reich selbsten be- sitzen. Und dieses lehret uns die heilige S chrifft mit außtruͤcklichen Worten: dann S alomon sagt: Seelig ist der Mensch/ der all- c. 28. v. 14 zeit forchtsamb ist. Wann dann ein solcher seelig ist/ so hat er nichts noͤthig: zumahlen die Seeligkeit den Uberfluß aller Guͤter mit sich bringt. Ein solcher aber muß gluͤckselig geschaͤtzet werden; dieweiln er fuͤr andern die Barmhertzigk. verdienet/ nach Zeugnuß deß Koͤnigl. Prophetẽ/ der da spricht: Wie sich ein Vatter erbarmet über seine Kinder/ also er- Ps. 102. v. 13. barmet sich der HErr über die/ die ihn foͤrchten. Diewei- len sie in allen ihren Bitten leichtlich werden erhoͤrt werden: Wie er weiters bezeugt mit diesen Worten: Der HErr wird denen ihren Wil- Psal. 144. v. 19. len thun/ die ihn foͤrchten/ und wird ihr Flehen erhoͤren: sintemahlen selbige einen gluͤckseeligen Todt zu gewarten haben; wie der Weyse Mann sagt: Wer den HErrn foͤrchtet dem wirds Eccl. 1. v. 13. wohl gehen am letzten. 3. Daß wir aber ohne Forcht nichts seyen/ haben wir auß demselben Weysen Mann oben gehoͤret/ da er sprach: Wirstu dich nicht in- Ecci. 27. staͤndig halten in der Forcht deß HErrn/ so wird dein Hauß bald umbgekehrt werden. Das ist/ ohne die Forcht wirstu in allerhand Suͤnde fallen/ und in der Gnade nicht lang stehen koͤnnen: Da- hero sagt recht der heilige Bernardus: Das gantze Gebaͤu der Tu- genten fangt an zufallen/ wann du die Vnterstůtzung der Forcht GOttes hinweg nimbst. Und der H. Gregorius ist der Meinung/ daß daselbst kein Heyl seye/ alwo keine Forcht zu finden ist. So bleibst dann vestgestellt/ daß der jenige der armbste Mensch seye/ dem die Forcht GOttes manglet/ dieweiln selbiger kein Gnad hat/ und folgends kein Heyl zu gewarten hat; Was aber der Mensch ohne dieses immer besitzen mag/ ist alles ein lauteres Nichts/ und wann er schon die gantze Welt haͤtte. Dann was nutzet es einem Menschen/ sagt Christus/ wann er die gantze Welt gewůnne/ aber Schaden litte an seiner Seelen: Wer sonsten GOtt liebet/ sagt der H. Gregorius/ der D d d d ver- Die Fuͤnff und Viertzigste Geistliche Lection verabsaumet nichts: die Forcht GOttes bestehet darin/ daß der Mensch von dem Guten/ daß er zu uͤben schuldig ist/ nichts unterlasse. 4. Nun werden wir durch so vielerley S poren zu dieser heylsamen Forcht angetrieben/ daß es Fuͤrwahr billig zu verwundern ist/ daß nicht allein so viele Weltliche/ sondern auch ein so grosse Anzahl der Geistlichen und Ordens- Leuthen gefunden werden/ so da ohne einige Forcht/ nicht anders dahin leben/ als wann sie fast ihrer S eeligkeit versichert waͤren. S o- thane Blindheit aber entstehet daher/ daß sie die Ursachen/ warumb sie billig foͤrchten solten/ gar selten bedencken; und also gehen sie ohne Forcht mit Freuden zur Hoͤllen zu. Damit dich aber/ mein Christliche S eel/ der guͤtige GOtt fuͤr solcher Reise behuͤte; so uͤberlege mit mir die Beweg- nussen/ welche einem jeden Christ-liebenden Menschen die heylsame Forcht zu erwerben bequem seynd: und zwar erstlich sehe an die grosse Schwachheit und Bloͤdigkeit der armen Menschen; die unzahlbare Gefahren/ die Ge- faͤhrliche Strick/ und immerwehrende Nachstellungen/ mit denen unser menschliches Leben zumahlen erfuͤllet ist/ und dergestalt erfuͤllet/ daß wenige denen von unsern Feinden gelegten Fall-Stricken entgehen moͤgen. War nicht der beruͤhmte Koͤnig David ein heiliger und GOtt-gefaͤlliger Mann? Hatte dessen Sohn der Salomon an Weiß- und Klugheit seines Gleichen? War nicht der maͤchtige Samson ein Richter uͤber die Kinder Jsrael/ und muste nicht demselben ein jeder an Saͤrcke weichen? Diese seynd aber alle sehr schaͤndlich gefallen. O wie viele haben in den Wuͤsten und Einsamb- keiten viele Jahr lang ein mehr Englisch als menschliches Leben gefuͤhret/ und seynd dannoch durch die Strick ihrer Feinden gefaͤsselt worden/ und ewig zu Grund gangen/ dieweilen sie den offt widerholten Spruch deß Weysen Manns nicht beobachtet haben! Wirstu dich nicht bestaͤndig hal- ten in der Forcht deß HErrn/ so wird dein Hauß bald um- gekehret werden. Sie haben nicht mit Forcht und Zittern/ wie der A postel Paulus ihnen gerathen/ ihr Heyl gewircket/ sondern sich auff ihre eigene Kraͤfften zu viel verlassen/ derhalben seynd sie erbaͤrmlich gefallen. Wann einer seinen Willen dem Goͤttlichen auch also gleichfoͤrmig machen wuͤrde/ daß ihn GOtt/ wie einen andern David lobete/ und sagte; Die- ser ist ein Mann nach meinem Hertzen: Wann einer in solcher Gedult und Einfalt lebte/ daß er mit dem frommen Job zu hoͤren verdiente: Job. 1. Es war ein auffrichtiger und einfaͤltiger Mann/ der der foͤrchtete GOTT und enthielte sich von allem Boͤsen/ und seines gleichen ist nicht auff Erden. Wann einer so gros- sen Von der Forcht GOttes. sen Glauben haͤtte/ daß er mit dem Evangelischen Hauptman von Christo M atth. 8 gelobt/ und zu hoͤren gewuͤrdiget wuͤrde: Jch hab so grossen Glau- ben nicht gefunden in Jsrael. Wann einer so unstraͤffliches Le- ben fuͤhrete/ daß ihn der Heyland mit dem Lob verehrete/ daß er den Nata- nael gegeben und gesagt hat: Siehe der ist warhafftig ein Jsraeliter/ in welchem kein Betrug ist. Endlich/ wann einer fuͤr die Ehr GOttes und A ußbreitung deß Glaubens so eifferig waͤre/ so gearbeitet haͤtte/ und ein ausserwaͤltes Gefaͤß von GOtt selbst genennet wuͤr- de/ wie Paulus. Und/ mit einem Wort/ wann er so vollkommen und gerecht waͤre/ wie der heilige Joannes der Taͤuffer/ daß er alle/ so von den Weibern gebohren/ an Heiligkeit uͤbertreffe; so kan er doch von der Forcht nicht außgeschlossen werden; dann ob er schon allen den gemeldten Lob ver- dienet haͤtte/ so hat er dannoch Ursach sich zu foͤrchten; zumahlen der jeni- ge/ so da vermeint/ er stehe/ nach Meynung deß Apostels/ solle zusehen/ daß er nicht falle. Dahero sagt der fromme und erfahrne Job: Siehe/ die 4. v. 18. ihm dienen/ seynd nicht bestaͤndig/ und in seinen Engeln hat er Boͤßheit gefunden: wie viel mehr die jenige/ wel- che in Leymen Haͤussern wohnen. 5. Haben nun diese sich zu foͤrchten/ welche auch alle die vorbenente Eh- ren Titulen verdienet haͤtten; wie viel wichterige Ursach haben dann nicht in Forcht zu leben die jenige/ so da mit den Stricken allerhand Suͤnden umb- geben seynd/ und immer in grosser Gefahr ihres Heyls schweben? O Blindheit! Wir wissen/ daß viele beruffen seynd/ aber wenig werden auß- erwaͤhlet werden; wir wissen daß die ewige Warheit nicht liegen kan; und daß nicht alle/ die da HErr/ HErr/ sagen/ werden zum Himmel eingelas- sen werden; und gleichwohl leben wir in so gar geringer Forcht daher/ als wann sothane Warheiten uns zum wenigsten gesagt waͤren. Dieß ist das erste Bedencken. Zum andern bedencke/ mein Christliche Seel/ daß der Mensch auffs wenigst ohne laͤßliche Suͤnd kaum leben koͤnne. Wie groß und schwaͤr aber ein eintzige der gleichen Suͤnde seye/ das hastu in voriger Lection vernommen. Es sagt der Heil. Geist durch den Mund deß aller- weisesten Salomon: Sey nicht ohne Forcht der vergebenen Eccl. 5. 5. Sünde halben; und du foͤrchtest dich nicht fuͤr den Suͤnden/ fuͤr welche du oder geringe/ oder gar keine Buß gethan hast? Sollen uns nicht in Forcht setzen die Suͤnden so wir taͤglich und immerfort begehen durch Gedancken/ durch Unwissenheit/ durch Vergessenheit/ durch Noth/ durch den Willen/ Serm. 4. de jejun. durch einschleichen/ durch die Traͤum/ \&c. Nicht leichtlich/ sagt der heilige Papst Leo/ kombt ein Soldat in einem D d d d 2 hitzi- Die Fuͤnff und Viertzigste Geistliche Lection hitzigeu Treffen ohne Wunden darvon/ wann er schon eben nicht allzeit das Leben lasset. Ob wohl wir nun ohne die- se Suͤnden insgesambt krafft der gewoͤhnlichen Gnad nicht leben koͤnnen; so seynd wir derhalben doch nicht ohne Schuld : dieweilen wir mit der Gna- de GOttes koͤnnen meiden alle und jede Suͤnden ins besonder/ wie die Ge- lehrte lehren. Wann nun also fallen die Heilige/ was Raths dann mit de- nen/ welche weder Geschmack/ weder einigen Geruch der Heiligkeit oder Vollkommenheit empfunden haben? Soll man dann nicht billig foͤrchten? Wer ist unter uns/ sagt der H. Gregorius/ der an Vollkommenheit unse- ren geistlichen Vorfahren vorgehe/ oder auffs wenigst denselben gleich lebe? Ps. 142. v. 2. 1. Cor. 4. 4. und dannoch sagt der fromme David: HERR/ gehe mit deinem Knecht nicht zu Gericht. Paulus sagte zwarn: Jch bin mir nichts Vbel bewust; Er setzte aber alsbald hinzu. Jch bin aber derhalben nicht gerechtfertiget. Der Apostel Jacobus sagt: c. 3. v. 2. I. 1. 8. Wir alle stossen an in vielen Dingen. Joannes sagt: So wir sagen/ daß wir keine Sůnde haben/ so verführen wir uns selbst/ und die Warheit ist nicht in uns. Wann nun/ mein Christliche Seel/ diese Saͤulen der Kirchen GOtts also in Forcht erzittert seynd; wie wollen wir arme Bletter von diesem Wind uns nicht entsetzen koͤnnen? Wir sollen billig mit selbigen umbwechselen/ und immer in Forcht leben; sie aber in sicherheit sich erfrenen lassen; Nun leben wir in Sicher- heit/ und seynd guter Ding; sie aber lebten in Sorgen und und Forcht fuͤr ihre und unsere ewige Seeligkeit. 6. Schlage nun deine Augen deß Hertzens auff die allerseeligste Jung- frau Mariam/ und siehe zum dritten/ wie dich dieses Außer waͤhlte Maͤgd- lein zur heylsamen Forcht GOttes unterwiese/ indem selbiges im Tempel Serm. Angeli. c 14. zu Hierusalem (wie der Engel der Heil Brigittaͤ erzehlet hat) nicht allein GOtt zu lieben/ sondern auch klaͤglich zu foͤrchten angefangen/ derhalben/ sagt der Engel/ war die Forcht ihr erstes Creutz: in dieser Forcht ware sie immer besorget/ wie sie nicht allein die Suͤnden fliehen/ sondern auch ihre Werck nach dem Wohlgesallen GOttes einrichten moͤgte: und ob sie schon alle ihre Sorgen/ Gedancken/ Wort und Wercke zum Lob GOttes rich- tete; so ware sie doch allzeit befoͤrchtet/ es moͤgte auch in diesen villeicht eine Unvollkommenheit verborgen seyn. Dahero solten die armseelige Suͤnder gedencken/ sagt der Engel/ wie grosse Straff sie sich wegen vieler ohne Forcht begangenen Suͤnden auff den Hals laden; indem sie sehen/ daß auch Von der Forcht GOttes. auch diese allerheiligste Jungfrau/ so da ohne Suͤnd ware/ alle ihre Gott- gefaͤlligste Wercke in grosser Forcht verrichtet habe. Recht antwortet der Vit. P. P. Part. 2 §. 151. fromme Alt - Vatter Agathon/ da er in seinem Todts- Bett gefragt wird/ ob er sich foͤrchte vor GOtt zu erscheinen; recht sagt er: Jch hab zwarn die Gebott GOttes zu halten mich auß allen moͤglichen Kraͤfften unterstanden/ dieweil ich aber ein Mensch bin/ so foͤrchte ich doch/ und weiß nit/ ob meine Wercke GOtt gefallen haben: derhalben verlaß ich mich nicht auff selbige/ biß ich zu meinem Richter komme. Wohl geredt. A rsenius weinet im- mer in seiner Sterb- Stund; derhalben wird er gefragt/ ob er mit so vielen Zaͤhren sich nicht getraue sicher vor GOtt zu erscheinen? Gibt aber zur Antwort und sagt: Mein liebe Bruͤder/ ich foͤrchte mich/ und von der Zeit/ daß ich mich meinem GOtt in dieser Wuͤsten geheiliget hab/ bin ich nicht ein Augenblick ohne Forcht gewesen. A uß diesen wenigen Zeilen/ mein Christliche Seel/ kanstu die Natur der Forcht gnugsamb erkennen; wie be- stand sie nemblich seye/ alle Anfechtungen zu uͤwerwinden/ wie heylsamb/ die Christliche Tugenten zu versamblen/ und wie nothwendig dieselbe zu Erlangung der ewigen Seeligkeit seye. Pflantze derhalben diese Forcht in die Mitte deines Hertzen/ wann du nicht wilst zu schanden werden: und nach dem du sie also hast eingesetzt/ so unterlasse nit/ selbige offt zu benetzen/ auff daß sie auß Mangel der Feuchtigkeit nicht wiederumb verdoͤrre. Die beste Begiessung aber wird seyn die stete Betrachtung der letzten Dingen/ von dennen wir in folgenden Lectionen weitlaͤffiger handlen werden. D d d d 3 Die Die Sechs und Viertzigste Geistliche Lection Die Sechs und Viertzigste Geistliche LECTION Von dem Todt. Eccl. 7. v. 40. Memorare Novissima tua, \& in æternùm non pec- cabis. Gedenck an deine eusserste Dinge/ so wirstu in E- wigkeit nicht sündigen. 1. W Ann die Blindheit auß keinem andern Zufall koͤnnte erkennet wer- den/ so moͤgte selbige doch auß diesem gnugsamb abgenommen werden; daß sie nemblich sehen/ hoͤren/ wissen und glauben/ daß sie sterben muͤssen/ und nichts desto weniger ihr ewiges Heyl nit Eccl. 8. suchen noch befuͤrderen; ja so gar/ wie Salomon redet/ sie thun Boͤ- ses ohne einige Forcht/ ja sie erfreuen sich/ wann sie boͤ- ses getahan haben/ und frolocken in den allerschaͤndligsten Dingen. Mit solchem Fehler und Gefahr der Menschen hat GOTT Deut. 32. v. 29. gleichsamb ein Mittleyden/ und sagt: Es waͤr gut daß sie weiß waͤren und verstündenß/ und fürhin sehen/ was zum letzten seyn wird: Das ist/ daß sie glaubten/ sie wuͤrden bald sterben. Und was ist unser Leben/ umb GOttes Willen anders/ als ein sehr ge- schwinder Lauff zum Todt? Dahero solte billig ein jeder Christ- liebender Mensch die gantze Zeit seines gegenwaͤrtigen Lebens mehr nicht/ als ein eintziges Staͤndlein schaͤtzen/ und sich mit allem Fleiß und Ernst zu ei- nem seeligen Todt bereiten/ und also der zeitlichen Guͤter gebrauchen/ nicht geniessen/ als wann er sie sehr bald verlassen muͤste. Zu diesem ermahnet 1. Cor. 7. uns der Apostel und sagt: Die Zeit ist kurtz/ derhalben ist übrig das Von dem Todt. daß die jenige/ so sich dieser Welt gebrauen/ also seyn/ als wann sie selbiger nicht gebrauchten/ dann die Gestalt die- ser Welt gehet fürůber. Auß dieser Betrachtung ist der fromme Job ohne z we iffel zu betten bewegt worden: Schone meiner/ O Job. 7. HErr/ dann meine Tage seynd nichts. Und wiedrumb: Die wenigkeit meiner Tage wird bald ein End nehmen: dar- umb laß mir zu/ daß ich meinen Schmertzen ein wenig beschreyen moͤge/ ehe dann ich hingehe/ und nicht wider- komme/ zum Finstern Lande/ alwo seyn wird (wie Christus sagt) Weinen und Zaͤhn- Klappern/ und Finsternuß. 2. Derhalben aber scheinet unser Leben bißweilen lang zu seyn/ sagt der heilige Vatter Augustinus/ dieweilen es noch dauret/ treibt und getrieben wird: wanns aber wird geendiget seyn/ da wird sichs zeigen/ wie kurtz es gewesen seye. Dahero sagt der erleuchte Dionisius Cartusianus: wann einer von Anfang der Welt biß auff heutige Stund gelebt haͤtte/ und solte jetzt sterben/ so wuͤrd jhm diese gantze Zeit nicht anders/ als ein eintziges Au- genblick vorkommen/ insonderheit/ wann er die Ewigkeit mit den Augen seines Hertzen genau beschauete/ so muͤssen wir dann ohne Verschiebung/ die Wercke der Buß mit allem Ernst ergreiffen/ da doch in Warheit nichts naͤrrischer ist/ als die Zeit/ in der wir alle Stund so viel Guts thun/ und unsere ewige Seeligkeit erwerben koͤnnen/ nicht allein muͤssig/ sondern auch lasterhafftig verschwenden. O wie ein grosser Narr und nachlaͤssiger Mensch waͤre der nicht/ welcher da alle Stund hundert Guͤlden gewinnen koͤnte/ und solches gleichwohl verabsaͤumete! Fliehe derhalben/ mein Christliche Seel/ all das jenige/ so dich von der Vorbereitung zu einem seeligen Todt verhindern kan/ und hergegen nehme alles mit Freuden an/ was dir nur immer zu einem sichern Ende deines Lebens befoͤrderlich seyn mag: als da ist die Betrachtung deß Todts; wie nemblich ein sterbender Mensch in diesem seinem Hinscheiden wuͤnsche/ daß er die kostbare und kurtze Zeit besser haͤtte angewendet; daß er oͤffters an den Todt gedacht haͤtte/ und zu selbigem sich vorhin besser bereit haͤtte. Alsdann siehet man viele ja schier alle mehr die Rechenschafft/ als eben den Todt foͤrchten; und weilen ein sterbender Mensch jeden seins letzten Ends erinnert; derhalben solstu die Ge- legenheit/ denselben oͤffters beyzuseyn/ nicht vernachlaͤssigen/ auff daß du mit deinem grossen Nutzen sehest/ wie zur Schei- Die Sechs und Viertzigste Geistliche Lection Scheidungs-Zeit der beyden guten Freunde/ der Seelen nemblich/ und deß Leibs/ das Angesicht erbleiche/ die Fuͤß erkaͤlten/ die schwache Haͤnde haͤßlich außsehen/ die Augen zum Kopff hineinfallen. Da sehestu/ wie die Haaren zu hangen anfangen/ die Stirn verhartet/ alle Glieder ihre Kraͤff- ten verlieren/ wie die Wangen beyfallen/ die Lippen kalt werden/ wie der Pulß seinen Schlag veraͤnderet/ und der Athem so kurtz wird/ und wie bald dararff die Stiche deß Tods heran kommen/ und das Hertz beaͤngsti- gen: alsdann bricht der kalte Schweiß deß Todts hervor/ und zeigt an/ daß die Natur nunmehr uͤberwunden seye/ so da grosser Schmertzen halben ver- nichtiget/ und also die Seel auß ihrer Wohnung vertriben wird. Wann du diesen Zustand deß sterbenden Menschen offt bey dir erwegest/ und ge- denckest/ daß dir deß gleichen ebenfals villeicht bald widerfahren werde; so wirstu eine so heylsame Forcht hierauß schoͤpffen/ daß du alle Eitelkeit fuͤr Eitelkeit/ Welt- Bossen fuͤr Welt- Bossen ansehest/ und mehr in Ubun- gen der Tugenten/ als in Niessung derselben dich zu beschaͤfftigen/ Lust Eccl. 2. v. a . haben/ und mit dem Weysen Mann sagen werdest: Das Lachen hielt ich für Jrrthumb/ und zu der Freud sprach ich/ warumb lassestu dich vergeblich verführen: 3. Es ist nicht ohne/ daß der Todt dem eusserlichen Ansehen nach/ sehr schroͤcklich seye/ und/ wie der Philosophus sagt/ daß allergrausambste unter allen Dingen. Wann wir aber das innerliche Leyd-Wesen dessel- ben betrachten/ und gedencken/ daß der H. Joannes auß seiner Offenbah- Apoc. 12 v. 12. rung diese Zeitung lasset herkommen: Der Tenffel kombt zu euch hinab/ und hat einen grossen Zorn/ weilen er weiß/ daß er wenig Zeit hat: so muͤssen wir vielmehr entsetzt werden. Die arg- listige und geschworne Feind unserer Seelen/ wissen/ daß der Todt ein End deß Verdienens mache/ und daß die Seelen also werden gerichtet werden/ wie sie vom Leib scheiden/ derhalben bestreiten sie den armen Menschen in dieser letzten Stund am allerhefftigsten. Die jenige/ so nachlaͤssig und sonst uͤbel gelebt haben/ suchen sie in Verzweifflung zu stuͤrtzen: andere bemuͤhen sie sich/ durch ein unziemliches Wolgefallen uͤber ihr tugendsamlich gefuͤhrtes Leben/ und allzugrosse Sicherheit und Vermessenheit der erwor- benen Verdiensten zu betriegen; und dieser Gestalt pflegen sie einige Geist- liche und tugentsame Weltliche in dem letzten Augenblick mit grosser Unge- stuͤmmigkeit zu versuchen: Und/ mit einem Wort zu sagen/ sie spahren keine Muͤhe/ die Christ-Glaubige Seelen/ wann nicht durch Verzweiff- lung Von dem Todt lung oder Hoffart/ dannoch auff viel hunderterley Betrug von GOtt zu verkehren/ und zur ewigen Verdamnuß zu bringen. 4. Von dem Cunone/ einem Herrn deß Schlosses Malburg wird ge- Spec. Ex- emp. ex Tit. Mens. Ex 18. Historia. lesen/ daß er drey Jahr vor seinem Todt den geistlichen Habit angelegt/ und dermassen in den Tugenden zugenommen habe/ daß ihn GOtt der himmli- schen Belohnung wuͤrdig geachtet habe. Da nun selbiger deß Todts/ den er drey Tag vorhero geweissaget/ verblichen/ da hat zu eben dieser Zeit der Teuffel ein besessenes Weib verlassen/ und er wiederumb in sein voriges Quartier ist eingekehrt/ und gefragt worden/ wo er gewesen seye; hat er geantwortet/ daß er mit fuͤnffzehn tausend anderer Teuffel den Cunonem zu bestrriten seye hinzugelauffen/ haben aber alle wegen der umbstchenden und bettenden Muͤnchen nichts richten koͤnnen. Viele tausend andern auß zu verschweigen/ hat der heilige Eusebius ein werther Juͤnger deß heiligen Hie- ibid. Ex. 19. Historia. ronymi zwey Stund vor seinem Todt so grausame Thaten geuͤbet/ daß die umbstehende fuͤr lauter Forcht und Schroͤcken zu Boden gefallen: dann er hat biß weilen mit verwendeten Augen/ mit zusammen geschlagenen Haͤn- den/ und mit grausamer Stimm und Angesicht geruffen: Jch wils nichts thuen. Bald hat er gesagt: Helfft mir/ meine Brůder/ damit ich nicht zu Grund gehe. Da er nun um die Ursachen dieses Ruffen gefragt worden; hat er geantwortet/ daß die Teuffel in erschroͤckli- chen Gestalten zu gegen seyn/ und ihn zum GOtts- Lstern versucheten. Nachmahlen hat er abermahl wie vorhin zu ruffen angefangen/ und ist end- lich von dem hinzukommenden heiligen Hieronymo befreyet worden. Jn dem er nun bey selbigem sich beklagt/ daß er ihn verlassen habe/ hat selbi- ger heiliger Vatter mit heller Stimm geantwortet: Foͤrchte nicht/ mein Sohn/ ich werd dich nicht verlassen/ den ich so sehr liebe. Hieruͤber ist der Todt-Krancke Eusebius erfreuet worden/ und ein wenig hernach gestorben/ dessen Leichnamb ein Blinder hat angeruͤhret/ und ist sehend worden. 5. Also/ mein Christliche Seel/ also gehets her mit den Heiligen: was wird andern nicht widerfahren? Was nun endlich den Todt auch sehr er- schroͤcklich machet/ ist dieses; daß nemblich/ wie der Geist-reiche Dionysius De 4. Noviss. a. 3. Cartusianus vermeinet/ einem jeden Sterbenden (die Allerseeligste Jung- frau Maria außgenommen) der boͤse Feind in der abscheuligsten Gestalt sich zeige. Wie grosse Qual aber dieses den Sterbenden seye/ kanstu auß folgender Histori abnehmen. Ein gewisser Geistlicher kombt zu sterben/ und rufft mit gransamer Stimm: Verflucht sey die Stund/ an welcher ich den geistlichen Habit hab angelegt: Und hat E e e e wei- Die Sieben und Viertzigste Geistliche Lection weiters nichts geredet/ biß uͤder ein gar geringe Zeit: da er dann mit froͤlichem Angesicht und lachendem Mund gesagt: Nicht also; son- dern gebenedeyet sey die Stund/ an welcher ich zum heiligen Orden kommen bin/ und gebenedeyet sey die glor- würdige Mutter CHristi MARJA/ die ich allzeit geliebt hab. Nach diesen Worten hat er abermahl geschwiegen/ und nachmalen bekennet/ daß ihm erschroͤckliche Teuffel erschienen seyen/ umb seine Seel mit sich hinweg zu fuͤhren; D ahero seye er fuͤr Schroͤ- cken und Grausen genoͤthiget worden/ die Stund seines Tags zu ver- fluchen. Und ich sage euch/ setzet er hinzu/ wann allhier ein von Ertz und Schweffel vermischtes Feuer waͤre/ so sich von diesem Orth biß zum End der Welt erstreckte; und mir wuͤrd die Wahl gegeben/ oder mitten durch solches Feuer zu gehen/ oder die Teuffel wiederumb in sel- biger Gestalt anzusehen/ so wolte ich vielmehr erwaͤhlen/ durchs Feuer zu gehen. Hieruͤber ist die Koͤnigin deß Himmels/ die Mutter der Barmhertzigkeit mir zu Huͤlff kommen/ und hat die abscheuligste Geister vertrieben: indem ich selbige gesehen/ hab ich ein Hertz gefasset/ und hab fuͤr Freude gelachet; auch die Stund/ an der ich ein Muͤnch bin wor- den/ und meine Helfferin hab ich gepriesen. Auff diese Erzehlung ist er alsbald seelig im HErrn entschlaffen. 6. Ach! gedaͤchten wir doch offt daran/ was nemblich mit unser Seel in der Stund deß Todts passiren werde; wie grausamblich die hoͤllischt Neid- Hund selbige werden anfallen und aͤngstigen/ und mit was vor be- trieglichem Arglist sie mit ihr werden umbgehen: gedaͤchten wir dieses/ und erwegetens offtmalen bey uns selbst/ wir wuͤrden gewißlich so leicht nicht suͤndigen: zumalen nach Zeugnuß deß heiligen Augustini nichts ist/ daß den Menschen dergestalt von Suͤnden abhaltet/ als eben die oͤfftere Gedaͤchtnuß/ deß Todts: und stimmet selbigem auch der heilige Hierony- mus hierin zu/ und sagt; Gedenck an deinen Todt/ so wirstu nicht suͤn- digen. Wer alle Tag gedenckt/ daß er sterben muͤsse/ und alle Tag sterben koͤnne/ der achtet wenig das Zeitliche/ und eilet zu den ewigen Dingen: und daß bekraͤfftiget der heilige Vatter Augustinus/ da er von sich L. Conf selbst also redet: Nichts zoge mich also auß dem tieffen Wirbel der fleischlichen Wollüsten herauß/ als eben die Forcht deß Todts/ und deß kůnfftigen Gerichts. Was ist aber wun- der/ daß diese Warheit seye erkennet worden/ von den H. H. Kirchen-Lehrern; darvon selbige auch einige Wissenschafft gehabt die heydnische Welt-Wei- se? Von dem Todt. se? Von dem edlen und spitzfindigen Platone meldet der Heil. Vatter Au- Apud. Dion. Cart. de 4. No- viss. gustinus und Hieronymus/ daß er die schoͤne und lustbare Stadt Athaͤn verlassen/ und sich mit einigen seiner Lehr-Juͤnger in einen alten verfal- lenen/ und denen Ungewittern und Erd-Beben unterworffenen/ und da- hero uͤbel zugeruͤsteteten Meyerhoff begeben/ und daselbst auffgehalten habe/ damit sie also durch die Forcht der Gefahren und deß Todts/ in ihnen moͤgten toͤdten die Laster deß Fleisches. Haben das die Heyden gethan/ wie sollen wir Christglaubige uns dann nicht unterstehen auff alle moͤgliche Weiß die boͤse und schaͤdliche Begierden zu vernichtigen? 7. Was die Gedaͤchtnuß deß Todts weiterts Guts wircke/ lehren wir auß folgender Geschicht. Ein sicher Juͤngling ware in die Wolluͤsten deß Fleisches zumahlen vertiefft/ und kam selbigem alles/ was der Beichs-Vat- ter immer von der Buß meldete/ so grausamb vor/ daß er alle Bussen/ so ih- me derselbe vorgeschlagen/ verworffen/ und gesagt/ es sey ihm nicht moͤglich eine von denselben zu verrichten. Was Rathts schafft allhier der Beichts- V atter? was soll er mit so unwilligem Beichs-Kind anfangen? Er befilcht ihm/ er solle nur ein viertel Stund lang diese Gedancken bey sich behalten/ als wan er auffm Bett todt lege/ mit Creutz-Weiß uͤberschlagenen Haͤnden/ und stuͤnde eine brennende Wachs-Kertzen zu seinem Haupt/ und das Cruciftix- Bild zu seinen Fuͤssen. Diesen Accord nimbt an der Juͤngling/ und die Gnad GOttes wirckt dergestalt in ihme/ daß er alsbald erleuchtet wird/ und fangt an zuͤ sehen die Grobheit und Abscheuligkeit seiner Suͤnden/ bewei- net selbige mit haͤuffigen Z aͤhren/ beichtete sie/ und bessert sein uͤbelgefuͤhr- tes Leben mit aller Verwunderung. Dergleichen Gnade hat auch erfahren jenes adliche Maͤgdlein/ so mit dem Beichs- Vatter der aufferlegten Buß- halben nicht konte einig werden. Endlich hat sie darin verwilliget/ daß sie zu allem und jeden Haͤnd- Waschen bey sich selbsten solle sagen: Diese Haͤnd můssen werden ein Speiß der Würmen. Nachdem sie diese Buß ein und anderes mahl verrichtet hat/ ist sie dergestalt gebessert worden/ daß/ gleich wie sie vorhin durch ihr uͤbeles Verhalten allen ein boͤses Exempel geben hatte/ nunmehr durch ein gutes und frommes Leben jederman aufferbauet hat. Erfreu dich nun/ mein Christliche Seel/ und gedencke/ daß/ wann diese geringe Gedaͤchtnuß deß Tods zur Besserung deß Lebens so kraͤff- tig ist; du dir alsdann durch oͤfftere Betrachtung eine wahre Heiligkeit erwerben koͤnnest. D ann gleich wie keiner leichtlich so naͤrrisch seyn wird/ Drex. in Prov. c. 1 §. 3. daß er mitten im Schiff-Bruch kurtzweil treibe; oder an einem Steig/ daran er moͤgt den Hals zerbrechen/ noch ein Buben-Stuck im Sinn habe; oder mitten unter den bewehrten Feinden luͤstig seye: also soll auch E e e e 2 keiner Die Sechs und Viertzigste Geistliche Lection keiner gefunden werden/ welcher in steter Todts-Forcht/ da alle S tund/ alle Augenblick ungewiß seynd/ so keck ist/ und wagen darff/ was ihm einen unseeligen Todt in Ewigkeit verursachet. Zu dieser Todts-Gedaͤchtnuß ermahnet der Gottselige Climacus mit diesen Worten:Gleich wie das Brod dem Menschen noͤthig ist fuͤr andern S peisen; also ist demselben die reiffli- che Betrachtung deß Todts fuͤr andern guten Wercken und Ubungen am meisten dienlich und nothwendig. Historia. 8. Dieser Gottseelige Vatter erzehlet von einem Einsidler/ welcher lan- ge Zeit ein nachlaͤssiges Leben gefuͤhret/ und geringe S org fuͤr das Heyl seiner S eelen getragen; endlich durch eine Kranckheit zur eussersten Ge- fahr seines Lebens gerathen seye. Demnach er nun/ allem A nschen nach/ deß Todts verblichen gewesen/ seye er ein S tund hernach wiederumb zu sich kommen/ und haben alle Anwesende gebetten/ sie moͤgten doch alle hinweg gehen. Da dieses begehrter massen geschehen; habe er den Ein- gang seiner Cellen mit S teinen verschlossen/ und seye in selbiger zwoͤlff Jahr lang verblieben/ habe mit niemand geredet/ und nur mit Wasser und Brod vor lieb genommen: er habe nichts anders betrachtet/ als was er in der Verzuckung gesehen hatte/ und in selbigem seye er auch immer also ver- tiefft gewesen/ daß er nunmehr allzeit mit den Augen gestarret/ und unter haͤuffig fliessenden Zaͤhren verstarrt/ biß zum todt verblieben seye. Nach- dem er aber zu sterben kommen/ haben wir/ sagt Climacus/ den Eingang er- oͤffnet/ und zum Krancken gangen: und da wir von selbigem ein oder andere Lehr begehrt haben; hat er uns nur dieses geantwortet: Vergebet mir: keiner wird jemahlen suͤndigen koͤnnen/ welcher die Ge- daͤchtnůß deß Tods in Warheit wird erkennet haben. Der- halben hat der H. Cardinal und Bischoff Guarinus mit unzahlbaren andern/ den Todt taͤglich vor Augen gehalten und betrachtet: und daß zwarn billig: dann er wuste wohl/ daß diese Betrachtung/ nach der Lehr deß heiligen Au- gustini/ eine wahre Vernichtigung aller Laster seye: zumahlen daselbst ein außgelassenes und ungeschlachtes Leben ist/ alwo kein Forcht deß Todts ist: da lassen sich finden die Suͤnden in Uberfluß/ und das Verderben der S eele: dann die Forcht deß Todts bessert das Leben/ nimbt hinweg die unmaͤssige und schaͤdliche S icherheit/ bringt S org/ wirfft nieder die Hos- fart/ ernaͤhrt die Demut/ vermehret die Lieb/ und machet groͤsser die Zahl der Tugenten. 9. Es ware vor diesem zu Constantinopel der Brauch/ das wann ein Kayser geeroͤnet wurde/ demselben die Graͤb-Feuer vier oder fuͤnff S tuͤck- lein Von dem Todt. ein Marmor unterschiedlicher Farben brachten/ und fragten auß welcher Art er sein Grab wolte gehauen haben: also wurde selbiger seiner Sterblig- keit erinnert/ und glimpfflich ermahnet/ daß er vernuͤnfftlich regieren solle. Der heilige Joannes Eleemosynarius/ damit er die Gedaͤchtnuß deß Todts wohl fassen/ und immer gegenwaͤrtig haben moͤgte/ hat seyn Grab bey Leb- Zeiten machen/ aber nicht zur Vollkommenheit bringen lassen und hat den Werckmeistern desselben befohlen/ daß sie an allen hohen Festagen vor den anwesenden Gaͤsten ihn solten erinnern/ und sagen: dein Grab ist noch nicht fertig; schaff derhalben/ daß daran zu arbeiten fortgefahren werde/ dann es ist ungewiß zu was Stund der Diebische Todt kommen werde. W ann sich also heyslamblich foͤrchten fuͤr den Todt die Bischoͤff/ so da mit immer- waͤhrenden Sorgen und Geschaͤfften umbgeben seynd: was soll dann nicht thun ein Muͤnch/ dessen Ambt erfordert/ daß er traure/ und mit F orcht die Ankunfft deß HErrn erwarte? 10. Diesen herrlichen Nutzen hastu auch auß der steten Betrachtung deß Todts zu gewarten/ daß du denselben/ nicht als einen grausamen F eind/ gleich andern; sondern als einen der besten F reunden empfangen werdest/ zumahlen der Todt eine Thuͤr zu den himmlischen F reuden ist; deren sich der jenige schier versichern kan/ welcher denselben offt betrachtet; wie der Sap. 4. v. 7. Heil. Geist spricht durch den Mund deß W eysen Manns: Wann der Gerechte von dem Todtůbereilet wird/ so wird er doch in der Erkühlung seyn: So verursachet dann der vorbedach- te Todt den Sterbenden keine Traurigkeit/ sondern werden noch mit F reud und Trost erfuͤllet/ wie der heilige Cyprianus mit diesen W orten bezeuget: Der ist nicht wuͤrdig/ daß er im todt getroͤstet werde/ der wenig daran ge- dacht hat/ daß er muͤsse sterben. So kan dann diesen Trost keiner besser hoffen/ als der die Gedaͤchtnuß deß Todts offtmahlen erneueret hat. So ver- wundere dich dann nicht/ daß ein wahrer tugendsamer Mensch fuͤr den Todt sich nicht fuͤrchte/ dieweilen selbiger der gegenwaͤrtigen A rmseeligkeiten ein End/ und der himmlischen F reuden einen Anfang machet. Soll der nicht gern sterben/ der auffdieser W elt nichts/ als GOtt/ und seinen Naͤch- sten umb GOttes Willen liebet? Dessen Hertz keiner Creaturen ankle- bet/ und nichts so sehr gesuchet und geeiffert hat/ als die Ehr GOttes/ und das Heyl seines Neben Menschen? Solche Sterbende verlangen nichts so sehr/ als daß sie den jenigen/ welchen sie uͤber alles geliebt haben und lieben/ dermahlen eins anschauen moͤgen. Gleich wie ein Hirsch zum Wasser et- let/ also verlangen diese Seelen zu ihrem GOtt. Vermoͤg solches hertzlichen E e e e 3 Ver- Die Sieben und Viertzigste Geistliche Lection Rom. 7. v. 24. Verlangen sagte Paulus: Jch unseeliger Mensch/ wer wird mich doch erloͤsen von dem Leib dieses todts: Das ist/ von dem sterblichen und armseeligen Leib. Und an einem andern sagt er auß ei- nem Verdruß der laͤngern Enthaltung: Jch begehre auffgeloͤset zu werden/ und zu seyn bey Christo. Also pflegen zu verlangen und zu seufftzen die Geistliche und Gott - foͤrchtende Seelen/ wann der Todt heran kombt; dann sie wissen/ daß selbiger/ wie der heilige Bernardus sagt/ dem Gerechten gut seye wegen der Ruhe/ besser wegen der Veraͤnde- rung/ und am allerbesten wegen der Versicherung. Nun mercke doch/ mein Christliche Seel/ daß/ obschon nicht allen frommen und tugent- samen/ wie auch heiligen Menschen der heran schleichende Todt angenehm und freudig vorkomme; so ist doch ein solcher Todt fuͤr so gluͤckseelig zu schaͤ- tzen/ als wann er gantz froͤlig waͤre dieweilen diese Seelen durch solchen Todt von ihren Unvollkommenheiten mehr und mehr gereiniget werden/ damit sie desto geschwinder ihr Ziel erteichen moͤgen/ wie mit vielen Exempel koͤnnte bewiesen werden/ die wir alhier vorbey gehen/ und fangen an Die Sieben und Viertzigste Geistliche LECTION Von Dem besondern Gericht. 2. Cor. 5. v. 10. Omnes nos manifestari oportet ante Tribunal Christi, ut referat unusquisque, pro ut gessit. Wir můssen alle offenbahret werden vor dem Rich- Stuhl Christi; auff daß ein jedweder empfahe/ nach- dem er gehandlet hat. 1. N Ach dem Todt folgt das Gericht. Dieses Gericht aber ist viel erschroͤcklicher als der leibliche oder zeitliche Todt/ ja so gar auch als die Peynen der Hoͤllen/ wann sie nur eine Zeitlang dauren wuͤr- Von dem besondern Gericht. wuͤrden/ wie der fromme Job mit diesem Seufftzer meldet: Wer glbt Job 14. v. 13. mir/ daß du mich in der Hoͤlle beschirmest und verber- gest mich/ biß dein Grimm vorüber gehe: Nun erzehlet ein Geistlicher auß dem Orden deß heiligen Francisei/ Nahmens Raphael de Columba/ daß Philippus der Zweyte dieses Nahmens Koͤnig in Hispanien einsmahls unter waͤhrendem Ambt der heiligen! Meeß vermerckt habe/ daß zween seiner fuͤrnembsten Edel - Leuthen etwan vertraͤulich miteinander ge- schwaͤtzet/ habe aber so lang durch die Finger gesehen/ biß er in sein Zimmer kommen; allwo er diese beyde ernstlich angeredet und gesagt: Jhr sollet un- ter mein Angesicht nit mehr kommen. Von diesen Worten seynd selbige der- massen erschlagen worden/ daß einer auß Traurigkeit bald hernach gestor- ben; der andere aber gantz naͤrrisch worden ist. Wann daß die Stimm eines blossen Menschen kan außwircken/ was wird dann nicht thun die Stimm GOttes/ deß erschroͤcklichen Richters/ sonderbar bey denen/ so da in Forcht stehen/ daß einem jeden auß ihnen gesagt werde: Gehe hin du Verfluchter und komm mir nicht wiederum unter mein Angesicht/ gehe hin in das ewige Feuer. Auch lesen wir in den Leben der H. H. Vaͤtter/ daß einer einsmahls Apud Dion. Cart. de 4. No- viss. a. 30. Historia. bey sich entschlossen habe geistlich zu werden/ welcher da seine Mutter ihn ab- gehalten wollen/ derselben geantwortet habe: Mutter/ ich gedencke meine Seel von dem ewigen Verderben zu erretten: und habe also den geistlichen Stand angefangen; in dem er nachmahlen nicht wohl gelebt hat. Da er nun nach dem Todt seiner Mutter/ einsmahls in eine schwaͤhre Kranckheit gefallen/ ist er in einer Verzuckung zum Gericht GOttes gefordert wor- den/ und hat seine Mutter unter der Zahl der jenigen gefunden/ so da ge- richtet wuͤrden; welche/ nachdem sie ihren Sohn gesehen hat/ sich daruͤber entsetzt und gesagt: Was ist das/ mein Sohn/ daß auch du zu diesem Gericht geforderet werdest? Wo seynd deine Wort/ so du zu mir gesprochen hast: Jch will meine Seel von der Verdamnuß erretten? Uber diese Wort sei- ner Mutter ist der Geistliche zumahlen beschaͤmbt und naͤrrisch wor- den; Dieweilen er seiner Mutter nicht antworten koͤnnen. Nach- dem er nun durch die Barmhertzigkeit GOTTES/ von sei- ner Kranckheit genesen ist/ hat er vermerckt/ daß ihm GOTT dieses Gesicht zur Besserung seines boͤsen und gottlosen Lebens ge- zeiget habe; derhalben hat er sich eingeschlossen/ und das Heyl seiner Seelen mit desto groͤsserer und mehrer Sorgfalt gewircket. Die- Die Sieben und Viertzigste Geistliche Lection Dieser hat hernachmalen mit solchem Ernst und hertzlichem Leyd- Wesen uͤber sein uͤbel gefuͤhrtes Leben/ seinen Leib casteyet/ daß er von andern gebet- ten worden/ er moͤgte doch von so ungemeiner Strenge und unauffhoͤrlichem Weinen etwas inhalten/ damit er seine Gesundheit nicht allein schwaͤche/ sondern auch das Leben gaͤntzlich verkuͤrtzete. Er aber hat immer geantwor- tet: Wann ich den Verweiß meiner Mutter nicht hab außstehen koͤnnen/ wie werd ich an jenem Tag die Verschaͤhmung meines himmlischen Rich- ters/ und der H. H. Engeln außstehen koͤnnen. 2. Also wird der suͤndige Mensch in solcher Beschaͤhmung stehen vor sei- nem Richter/ welche mit keiner Zungen kan außgesprochen werden; zuma- len daselbst nicht allein die grobe/ sondern auch die allergeringste Suͤnd wird gerichtet werden. Wie wird uns dieses nicht schamroth machen/ daß alle unsere Ubelthaten an das Licht kommen/ die wir offtmal in der Finsternuß ge- than und vermeinet haben/ wir wuͤrden von niemand gesehen? Dahero sagt Serm de Primord. med. der H. Bernardus: Foͤrchte dich/ O Mensch/ daß du an dem erschroͤcklichen Gericht dem jenigen werdest vorgestellet werden/ in dessen Haͤnd fallen/ ein grausame Sach ist: und daß du von dem muͤssest erforschet werden/ welchem nichts Gen. 45. kan verborgen werden. Da Joseph zu seinen Bruͤdern sprach: Jch bin Joseph euer Bruder/ den ihr in Æ gypten verkaufft hat; Da konten ihm selbige vor Schroͤcken nicht antworten: was werden dann die Suͤnder sagen/ wann sie vorm Gericht von Christo hoͤren werden: Jch bin euer Bruder den ihr gecreutziget/ und umb so geringen Werth so viel- mahl verkaufft hat? Da werden alle dermassen zerschlagen werden/ daß sie lieber in der Hoͤllen seyn/ als vor dem Angesicht deß himmlischen Richters stehen wollen. Soll man das kuͤnfftige Gericht dann nicht foͤrchten/ und das suͤndige Leben bessern? 3. Die weitere Ursach/ warumb dieses Gericht sehr zu foͤrchten sey/ ist diese: daß nemblich der Mensch nicht wisse/ ob er Lieb- oder Haß-wuͤrdig/ zum Gericht beruffen werde. Ein so heylsame Forcht kan dir/ mein Christ- liche Seel/ die folgende erschroͤckliche Geschicht leichtlich eintreiben. Unter den Doctoren der Parisischen Universitet ware zu Zeiten deß Coͤllnischen Brunonis einer/ so durch sein tugendsames Leben und grosse Gelehrheit sich einen grossen Nahmen bey jederman erworben/ und dem gemeldten Brunoni sonderbahr lieb ware. Dieser ist in sothanem Ruff der Heiligkeit gestorben: und da man selbigem/ nach Christlichem Brauch die Leich-Begaͤngnuß in der Kirchen gehalten/ und diese Wort gesungen worden: Gib mir Ant- wort/ Von dem besondern Gericht. wort/ was hab ich fůr grosse Missethaten und Sünden: Siehe/ da hat der todte Mensch sich mit dem Haupt von der Bahren auffge- richtet/ und mit harter Stimm geruffen: Auß gerechtem Vrtheil GOttes bin ich angeklagt worden. Und hat also das Haupt nie- der gelegt. Von dieser ungewohnlichen Stimm seynd alle Umbstehende billig zerschlagen worden; und hat man beschlossen/ mit der angefangenen Begaͤngnuß einzuhalten/ und selbige den folgenden Tag abermahl zu halten/ damit sich also deß erhebten Traur Spiels weiterer Außgang zeigen moͤgte. Diese seltzsame Zeitung wird inzwischen bey der gantzen Stadt kundbar; und da zu der zweyten Begaͤngnuͤß ein jeder zugelauffen/ und es nunmehr wie- derumb zu den oberwehnten Worten kommen: Gib mir antwort/ \&c. Da hat sich der Todte abermahl erhoben und gesagt: Auß gerechtem Vrtheil Gottes bin ich gerichtet worden: und also ist er widerum nieder gelegen. Jndem nun hieruͤber alle sich mehr als vorhin bestuͤrtzet/ als ist fuͤr rathtsamb befunden worden/ die Begaͤngnuß biß auff fol- genden Tag zu verschieben. An welchem/ und zu offt gemeldten Worten: Gib mir antwort/ \&c. der todte Mensch sich/ wie zuvorn/ erhebt/ und mit grausamer Stimm geruffen: Auß gerechtem Vrtheil GOttes bin ich verdambt worden. Da seynd alle/ gleich wie vom Donner zerschlagen worden/ und hat einer den andern mit grosser Verwunderung angesehen und gesagt: wer wird dann koͤnnen seelig werden/ wann ein so frommer und gelehrter Mann verdambt wird? Da hat ein jeder den Todt/ und das schwaͤre Urtheil GOttes zu betrachten ange- fangen: da hats geheissen; ich will mein Leben bessern/ ich will fuͤr meine S uͤnden Buß thun; und dergleichen. Der Leichnamb ist unterdessen auff ein ungeweyhetes Ort begraben worden. 4. Wanns nun bey dem Gericht GOttes so scharff hergehet/ daß auch der gerechte kaum bestehen kan; wer solte dann nicht mit dem obgemeldten Brunone die Gelegenheiten der S uͤnden zu fliehen trachten? Dieser ge- lehrte Mann hat das zugeschauete Trauer-Spiel dermassen behertziget; daß er seine Schuͤhler und gute Freund beysammen geruffen und gesagt: Liebe Bruͤder und Mit-Gegesellen/ was sollen wir anfangen? ihr habt den ellenden und unverhofften Zustand unseres frommen und gelehrten Docto- ris gehoͤrt; wer wird sich dann jetzt nicht zu foͤrchten haben/ wanns bey dem Goͤttlichen Richterstuhl also hergehet? Gedenckt/ mein lieber Kin- F f f f der Die Sieben und Viertzigste Geistliche Lection der wie schwaͤrlich man koͤnne seelig/ und wie leichtlich verdambt werden: Lasset uns derhalben durch eines andern Schaden witzig werden; lasset uns zur Creutz-Fahnen fliehen/ und die wenige Zeit/ so wir zu leben uͤbrig ha- ben/ in wahrer Bußfertigkeit zubringen; auff daß wir uns einige troͤstliche Zuversicht und Hoffnung zur ewigen Seeligkeit erwerben moͤgen. Z u un- serm Heyl hat GOtt sein gefaͤlltes Urtheil uͤber unsern Verstorbenen kund- bahr machen wollen: so lasset uns der Stimm deß ruffenden HErrn folgen/ und alles Jrrdische verlassen. Also hat dieser Bruno/ mit sechs seiner gu- ten Freunde/ der Welt und aller weltlichen Ehren und Reichthumen adjeu gesagt/ und an einem weit abgelegenen wuͤsten/ kalten und rauen Orth/ des- sen Nahm Carthusia genennet ware/ sich niedergeschlagen/ und ein hartes/ strenges und heiliges Leben gefuͤhret/ und daselst den Cartheuser-Orden ge- stifftet. 5. Was damahlen der heilige Bruno seinen Mit- Gesellen gesagt hat/ das sage nun ein jeder sich selbsten/ und gedencke/ wie grausamb es seye/ zu fallen in die Haͤnd deß lebendigen GOttes: dessen Gerichte/ ob schon nicht ungerecht seyn koͤnnen; so seynd sie doch unbegreifflich/ wunderbarlich/ und so scharff und verborgen; daß auch viele Dinge/ so den Menschen gut und gerecht zu seyn scheinen/ von selbigem verworffen und verdambt werden/ wie in dem angezogenen Doctoren zu sehen ist. Dahero sagt er durch den Psal. 74. v. 3. Koͤniglichen Prophen: Wann ich die Zeit bekommen werde/ so will ich gerechte Vrtheil geben: das ist/ ich will nachsuchen/ 3. Reg. 13. ob sie wahre Gerechtigkeiten seyn. Freylich vermeinte jener Prophet (dem von GOtt ware befohlen worden/ daß er an einem benennten Orth nicht essen noch trincken solte) er tuhe wohl/ daß er den Worten deß andern Propheten gehorche/ und gegen das erste Gebott esse und trincke: zumahlen er darfuͤr halten konte/ daß durch das Zweyte/ nemblich deß andern Pro- pheten/ das erste gleichsamb widerruffen und vernichtiget werde. Da nun GOtt/ wie oben gemeldet/ die Zeit bekommen/ ein gerechtes Urtheil zu geben/ da hat sichs gezeigt/ daß/ ob schon der erste Prophet von dem andern seye betrogen worden/ er dannoch gefehlet und gesuͤndiget habe; und ist derhalben von einem Loͤwen getoͤdtet worden. Hierauß er- hellet/ daß wir vielmahl glauben/ wir koͤnnen gar wohl vor GOtt entschul- diget werden/ und fehlen gleichwohl. Dahero sagt der Heil. Bernardus: Set. 54. in Cant. Wie wird der mit den ungerechten Vrtheilen umbgehen/ der die Gerechtigkeit selbst richten wird: Es stehet zu be- foͤrchten/ daß in einem so genanen Nachsuchen viele Din- ge Von dem besondern Gericht. ge für Sünden werden gerechnet werden/ die wir für Gerechtigkeiten angesehen haben. Jch/ sagt er/ hab mir der- Ser. de inter. Dom. halben vestiglich vorgenommen/ niemahl zu lachen/ biß ich außm Mund GOttes diese Wort hoͤren werde: Kombt ihr Gebeneydete mei- nes Vatters/ und besitzet das Reich/ \&c. Und werd zu- weinen nicht auffhoͤren/ biß ich von dieser Sententz: Gehet hin ihr Verfluchte ins ewige Feuer; werd befreyet seyn. 6. Gleich wie wir taͤglich sehen/ daß die unerfahrene/ einfaͤltige und unvollkommene Leuth viele Ding fuͤr Gut und gerecht ansehen/ die doch von den erfahrnen Gelehrten und Erleuchteten veracht und verworffen wer- den: also wird GOtt vermoͤg seiner unendlichen Weißheit/ viele von unsern Worten und Wercken/ die wir gerecht zu seyn vermeinet haben; fuͤr laute- re Fehler und Ungerechtigkeiten urtheilen. Wie nun dieser himmlische Richter unsere Verbrechen/ derselben Umbstaͤnde und Urspruͤnge/ wie auch die Zahl unserer Suͤnden besser erkennet/ je mehr muͤssen wir dessen Gericht foͤrchten/ der auch keinen eintzigen unziemlichen Gedancken/ keine derglei- chen Neigung/ keine Red/ noch Wirckung; ja auch keine Unterlassung/ Versaumnuß/ und Traͤgheit unerforschet/ ungerichtet und ungestrafft vorbeygehen wird. Dahero widerholet er vielmahl bey dem Propheten solche Dreu-Wort: Jch weiß euere Laster/ und ich will in allen Ungerech- tigkeiten Nachsuchung thun/ und will auch alle euere Werck biß zum End nicht vergessen. Wiederumb: Jch richte nicht nach dem Ansehen deß Menschen: der Mensch sehet/ was außwendig ist; der HErr aber beschauet das Hertz. Und wiederumb: Es ist ein Weeg/ der dem Menschen ge- dunckt recht zu seyn; das End desselben aber fuͤhret ihn zum Todt. Mit die- sen und vielen andern dergleichen heylsamen Erinnerungen hat der barmher- tzige GOtt immer gesucht/ dem Menschen seine Weißheit/ Gerechtigkeit/ und andere Eigenschafften vor Augen zu stellen/ damit er in Ansehung der- selben/ und Betrachtung der genauen Rechnung/ die Suͤnde bester Mas- sen fliehen moͤgte. 7. Der H. Petrus Damianus hatte einsmals ein Briefflein geschrie- Historia. ben an einem Welt - Geistlichen zu Meyland/ Nahmens Landulphum/ dieses auffrichtigen Jnhalts: Arduinus von vornehmen herkom- men/ einer ruchtbaren Klugheit/ und wohl bemittelt/ hatte mir auß gewisser Andacht versprochen/ daß er auffs wenigst F f f f 2 uͤber Die Sieben und Viertzigste Geistliche Lection uͤber zehn Jahr/ wann er sonst fruͤher nicht koͤnnte/ die uͤbrige Zeit seines Lebens im Kloster deß Heil. Vincentii im Dienst GOttes zubringen wol- te. Nach verlauffenen zehn Jahren hab ich ihm angelegen/ sagt der Cardinal/ er moͤgte doch seinem Versprechen nachkommen: worauff er zwarn mit dem Mund guldene Berg versprochen/ hat aber in der That seine Wort nicht gehalten/ sondern mit allerhand Entschuldigungen seine Bekchrung ver- schoben. Hierzu kombt auch/ daß der Vorsteher desselben Klosters/ deme er viele Wohlthaten erwiesen hatte/ die Verlaͤngerung zum geistlichen Stand gerathen/ dieweilen selbiger gern gesehen/ daß ein so grosser Wol- thaͤter nicht auff einmahl seiner Guͤter sich entbloͤsete/ sondern vor und nach und dahero desto laͤnger den armen Geistlichen Guts thaͤte. Arduinus wird unterdessen mit einer so schwaͤhren Kranckheit uͤberfallen/ daß auch die Artzten alsbald zu verzweiflen anfangen. Auff daß aber die Seel nicht verlohren gien- ge/ lasset der Krancke den Beichts- Vatter beruffen/ beichtet demselben/ und nach gethaner Beicht und empfangener Absolution theilt er der Kirchen und Armen seine Guͤter freygebig mit/ und bereitet sich dergestalt zu einem se i l gen Todt/ daß er in grosser Zufriedenheit/ seine Freund und Verwandten umb GOttes Willen ersuchet/ sie sollen doch umb Verlaͤngerung seines zeitligen und vergaͤnglichen Lebens nicht betten/ sondern umb ein seeliges End bey GOtt anhalten. Er stirbt mit voͤlliger Resignation seines Willens/ gantz wohl und andaͤchtiglich dahin/ daß auch ein jeder anders nicht urtheilen koͤn- nen/ als daß dieser fromme HErr zur Rechenschafft zu geben/ sich uͤber die Massen wohl bereitet habe. Aber/ aber/ anders urtheilet GOtt/ und an- ders urtheilen die Menschen! Nach einigen wenig Tagen erscheinet er in der Nacht dem obgemeldten Vorsteher deß Klosters S. Vincentii. Die- sem geduncke/ er stehet auff einer weiten Ebene/ und sehe daselbst stehen ei- nen Kayser mit den Fuͤrnehmsten seines Reichs/ sambt einem gewaltigen Kriegs-Heer. Der Abt sicht umb sich/ und bald auff diese/ bald auffjene Seiten; und da er alles beschauet/ schet er/ daß der Arduinus von einigen Trabanten gezogen wird. Da fragt selbiger den gleichsamb vorbey gehen- den Arduinum und sagt: A ch mein lieber Arduine halte doch still/ und sagt mir/ wie es mit dir stehe: erfreuestu dich/ oder leidestu; bistu seelig/ oder bistu verdambt? Arduinus gantz aͤngstig/ gibt mit weinender Stimm zur Antwort: Warumb fragstu mich/ ob ich seelig seye/ der ich immer- wehrende Schmertzen leyde/ und nicht ein augenblickliche Ruhe hab? Ach/ ich armseeliger brenne/ und daß zwarn ewiglich/ dieweil ich mein Ver- sprechen Von dem besondern Gericht. sprechen nicht gehalten/ krafft dessen ich mich verbunden hab/ den geist- lichen Stand einzutretten. 8. Heisset das nicht/ anders richtet GOTT/ und anders richten die Menschen? Es soll nun aber auch ein jeder Geistlicher hierauß lernen/ daß GOtt einsmahls eine sehr scharffe Forderung uͤber daß in der Profession gethane Versprechen denselben vorlegen werde. Wehe/ we- he dem/ der sothane Schuld von einem Tag zum andern zu bezahlen verlaͤngert. Wann du GOTT etwas gelobest/ so ver- Eccl. 5. v. 3. 4. zeugs nicht zu bezahlen: dann es ist viel besser/ nicht geloben/ als geloben/ und darnach nicht bezahlen/ was verheissen ist; sagt der Weyse Mann. Elias ein Alt-Vatter/ Ruffin. c. 12. der Einsidler/ hat siebentzig gantzer Jahr in einer erschroͤcklichen Wildnuß gewohnet/ deren Ungeheure mit keiner Feder gnugsamb kan beschrieben werden: er hat taͤglich drey Untzen Brod mit sehr wenigen Oliven gessen: und ob er schon sehr alt und schwach worden/ so hat er doch noch taͤglich Wunder und Zeichen gewuͤrcket/ und ist hundert und zehn Jahr alt wor- den Selbiger pflegte denen/ so ihn besuchten/ zu sagen/ daß er drey Ding foͤrchte/ nemblich das letzte Hinscheiden/ die unvermeidliche Noth/ vor dem Goͤttlichen Gericht zu erscheinen/ und das Urtheil/ welches Gott uͤber ihn fellen werde. Nicht umbsonst hat sich der fromme Elias also gefoͤrch- tet: dann wann einer heilig lebte/ als Joannes der Taͤuffer/ und taͤglich die todte erweckete/ so weiß er doch nicht wie ihn der Goͤttliehe Richter urtheilen werde: zumahlen GOtt anders richtet/ als die Menschen. 9. Wann nun auch ein heiliger Mensch das Urtheil noch zu foͤrchten hat/ wie viel groͤssere Ursach haben wir arme Troͤpff dann nicht/ immer in Forcht und Zittern zu leben/ die wir ohne Unterlaß mit eitelen Gedan- cken/ nichtswertigen Einbildungen/ unziemblichen Neigungen/ muͤssi- gen und unnuͤtzlichen Worten/ und boͤsen Wercken zu schaffen haben? O wie viele Zerstreuungen haben wir nicht taͤglich in unserm Ge- bett! O wie viel Gutes unterlassen wir zu allen Stunden! wie uͤbel wenden wir die Zeit an! wie hauen wir taͤglich mit dem Essen und Trincken uͤber die Schnur/ und wie unvollkommen und gebrechlich seynd unsere Werck nicht! und uͤber dieses alles werden wir zur scharf- fen Rechenschafft gefordert werden. Was werden wir sagen? Wie F f f f 3 wer- Die Sieben und Viertzigste Geistliche Lection werden wir uns entschuldigen? was werden wir anfangen? wohin wer- den wir fliehen? was sollen wir antworten/ wann uns alle unsere Mengel groß und klein vor die A ugen gelegt werden? Wir werden warhafftig nicht eins koͤnnen antworten fuͤr tausendt; es sey dann/ daß wir wuͤrdige Frucht der Buß werden gewircket/ und in immerwehrender Forcht und Wacht uͤber uns selbst werden gestanden haben. Dahero sagt der heilige Bernardus: Was ist also zu foͤrchten/ als daß wir werden stehen muͤssen vor dem Richter Stuhl eines so scharffen Richters/ so da keine Zeugen bedarff/ und die Mei- nungen deß Hertzen durchgruͤndet/ dessen Nachforschung biß zum innersten der Seelen gelanget? Recht sagt derhalben der heilige Jsidorus: Bey Erforschung deß genauen Richters/ ist auch die Gerechtigkeit deß Gerech- ten nicht sicher. Ja/ wie der fromme Alt- Vatter Agathan sagt: Wann uns GOTT die Verstreuungen deß Gemuͤths/ und die Nachlaͤssigktit/ so wir im Gebett und Dienst GOTTES begehen/ will auffmessen/ so koͤnnen wir nicht seelig werden. Lasset uns derhalben/ mein Christliche Seel/ allzeit gedencken und reifflich uͤberlegen/ was der heilige Apostel Petrus in seinem ersten Send-Schreiben meldet: Wann der Gerechte kaum wird seelig wetden/ sagt er/ wo wird dann der Sůnder und Gottlose bleiben: 10. Ludovicus Granatensis erzehlet/ daß ein sehr ansehnlicher und tu- gendsamer Mann einem seiner guten Freunden in schlechter Kleydung und traurigem Angesicht erschienen seye/ und da er uͤber seinen Zustand ge- fragt worden; habe er geantwortet: Niemand glaubt es/ niemand glaubt es/ niemand glaubt es/ wie scharff GOtt richte/ und wie ernstlich Er straffe. Nach diesen Worten sey er verschwunden. Dergleichen Histo- ri gedencket Zacharias Bouerius in dem Jahr - Calender der P. P. Capucinern/ und sagt/ daß zu dem Bruder Joseph de Lonissa ein Bru- der desselben Ordens seye hinein kommen! welchen er alsbald gefragt/ ob er nicht der jenige seye/ so neulich gestorben/ und was seyn Begeh- ren seye/ und wie es mit ihm in jener Welt hergehe? Deme der Ver- storbene zur Antwort gegeben und gesagt: O Joseph/ wann du wuͤstes/ wie GOTT so genaue Rechenschafft fordere von allem/ was die Menschen thun! Nachmahlen hat er tieffer geseufftzet/ und gesagt: O Joseph/ Joseph/ wann du wuͤstes/ wie der Eingang zum Himmel so schwaͤr falle! dabey hat ers gelassen/ und ist verschwunden. Diese Goͤttliche Urtheil seynd dem Menschen unmoͤglich zu ergruͤnden/ in sel- bigen Von dem besondern Gericht. bigen bleibt all unser Verstandt sitzen/ und wandern wir daselbst gleich wie in der schwartzen Finsternuß. Dieß eintzige wissen wir/ daß die Urtheil GOTTES/ ob sie schon verborgen/ dannoch gerecht seynd: und daß selbige im allertieffesten Abgrund seyen: Dahero geschichts/ daß die frommeste Menschen/ wie mehr sie dem Richter- Stuhl zunahen/ je mehr sie anfangen zu foͤrchten. 11. Wie strenges Leben hat nicht gefuͤhret der heilige Hilarion? und dannoch/ da es zum Sterben kommen/ hat er sich also entsetzet/ daß er seine Seel mit diesen Worten angeredet: Fahre hinauß/ was foͤrchtestu dich? Fahre hin/ meine Seel/ warumb zweifflestu? Du hast schier Siebenzig Jahr Christo gedienet/ und foͤrchtest den Todt noch? Jn diesen Worten hat er den Geist auffgeben. Der heilige Arsenius ist nicht ohne viele Zaͤhren und Forcht gestorben. Der heilige Hieronymus/ ein wahres lebhafftes Exempel der Buß/ fuͤrchtet sich fuͤr dem Gericht GOttes/ und sagt: Jch bin mit allerhand Unflat der Suͤnden besud- let/ und hab Tag und Nacht dein Ruhe fuͤr Forcht und Zittern/ daß ich alles biß zum letzten Heller werde bezahlen muͤssen. Und an einem andern Orth beschreibt dieser heilige Mann solche seine Forcht noch besser und sagt: So offt ich den Tag deß Gerichts betrachte/ erzittere ich am gan- tzen Leib: dann so ich wache oder schlaffe/ oder was anders thue/ erschal- let immer die Stimm der Gerichts-Posaunen in meinen Ohren: Stehet auff ihr Todte/ und kombt zum Gericht. Was raths/ mein Christliche Seel/ was raths mit uns? Wann solche keusche Engel der Einsambkeit die Gerichts- Stimm also foͤrchten; was wird sich einsmahls mit uns zutragen/ wann die Zeit deß Gerichts herzu nahen wird/ wie werden wir zittern/ wie werden wir mit Forcht uͤberfallen werden/ die wir uns mitten unter den Welt- Haͤndlen in Suͤnden weltzen? Von dem gottseli- gen Alt - Vatter Agathon erzehlet Ruffinus/ daß er vor seinem Todt/ da er nun bald sterben solte; und allgemach gleich einer Wachs- Kertzen anfinge außzugehen/ drey gantzer Tag lang die Augen eroͤffnet ge- halten/ und nicht bewegt habe. Da ihn aber die Umbstehende angeruͤh- ret und gefragt haben: Vatter/ wo bistu jetzt? habe er mit diesen Wor- ten geantwortet. Jch siehe im Angesicht deß Gerichts GOttes. Nachdem selbige weiters gefragt und gesagt: Foͤrchtestu dich auch? habe er zur Antwort geben: So viel ich gekoͤnt/ hab ich/ dem Willen GOttes zu gehorsamen/ und dessen Gesetz zu haltẽ/ mich beflissen: ich bin aber ein Mensch/ und woher weiß ich/ Die Seieben und Viertzigste Geistliche Lection ich/ ob meine Wercke GOtt gefallen haben? Und da sie endlich gefragt haben/ ob er nicht vertraucte/ daß er bey seinem Richter in Guaden seye? habe er geantwortet: Jch lebe keiner Zuversicht/ bis ich zu meinem GOtt komme/ und hoͤre mein Urtheil: dann anders richtet GOtt/ und anders richten die Menschen. 12. Das ist wahr/ und abermahl wahr; dann weit ein anders Urtheil fellet GOtt/ als wir Menschen: Dahero seufftzet der heilige Vatter L. Med. c. 39. med. Augustinus/ und sagt: Wehe mir armseeligen/ wann der Tag deß Gerichts kommen wird/ und die Bůcher der Gewil- sen werden eroͤffnet werden/ wann von mir wird gesagt werden: Siehe den Menschen sambt seinen Wercken. Da werd ich nichts antworten koͤnnen/ sondern werd vor dir mit geneigtem Haupt/ in Verschaͤmung und Zittern ste- Job. 9. hen. Ach! was werd ich armer Tropff sagen: Eben selbiges hat der fromme Job vermerckt/ darumb sagt er: Wie groß bin ich dann/ daß ich Jhm antworten soll: Wann ich schon etwas Rechts haben würde/ so will ich doch nicht antworten/ sondern meinen Richter flehentlich bitten. Siehestn wohl/ mein Christliche Seel/ wie auch die fuͤrnehmste Freund GOttes/ ob sie schon zu ihrem Richter ein grosses Verlangen tragen/ dannoch diese Reiß nicht ohne Forcht und Schweiß verrichten? Dann GOtt richtet anders/ als die Menschen. Der heilige Bernardus/ ein Ser. 16. in Cant. heller Spiegel der Heiligkeit/ bekennet von sich selbsten und sagt: Jch foͤrchte die Hoͤll/ ich foͤrchte das Angesicht deß Richters/ welches auch foͤrchten die Englische Herrschafften. Jch erzittere vor dem Zorn deß Maͤchtigen/ vom Angesicht seines Grimmen/ von dem Knall der fallenden Welt/ von der grausamen Verbrennung der Elementen/ von dem starcken Vngewitter/ von der Stimm deß Ertz- Engels/ und von dem harten Wort. Jch erzittere von den Zaͤhnen deß hoͤllischen Vnthiers/ vom Bauch der Hoͤllen/ von den Brüllenden/ so da zum Futer bereit stehen. Jch hasse den nagenden Wurmb/ und das bren- nende Feuer/ den Rauch und Dampff/ den Schweffel- und Sturm-Wind deß Vngewitters: mich grauset für den eussersten Finsternůssen. Wer wird meinem Haupt Wasser geben/ und meinen Augen ein Brunnen der Zaͤh- ren Von dem besondern Gericht. ren/ auff daß ich mit meinem Weinen dem Weinen vor- komme: Siehe/ mein Christliche Seel/ thut daß der fromme und un- straͤffliche Bernardus? Entsetzt sich dieser also von allem dem/ was sich an jenem Tag wird zutragen/ wie grosse Ursach zu erstarren hat dann nicht ein traͤger Geistlicher/ der seine Regulen bey weitem nicht haltet/ wie Ber- nardus gethan hat? Was ein Grausen und Schroͤcken wird nicht uͤber- fallen einen in Suͤnden vertiefften Menschen/ wann der fromme David bettet: HERR/ gehe nicht zu Gericht mit deinem Knecht/ P al. 142. Luc. 23. v. 3. dann vor deinem Angesicht wird kein Lebendiger gerecht- fertiget werden. Sollen wir uns nicht allhier der Worten unsers Heylands gebrauchen und sagen: Thun sie das am grünen Holtz/ was wird dann am Doͤrren geschehen: Wann in solchen aͤng- sten seynd die Freund GOttes/ was wird dann nicht widerfahren den Feinden? 13. Zu Pariß in Franckreich/ in einem Franciscaner Kloster/ ist ein Geistlicher Neuling zu sterben kommen/ und hat in seiner letzten Stund er- schroͤcklicher Weiß zu ruffen angehebt/ und gesagt: O ich armseeliger Mensch/ waͤre ich doch niemahl gebohren! Ein wenig hernach sagt er: Jch bitte dich/ gehe doch mit der Waage treulich umb. Und gleich darauff sagt er: Lege etwas von den Schmertzen JEsu darzu. Dieses scheinete den Anwesenden nur ein Traum odet Krancken Fabul zu seyn. Nicht lang hernach rufft er: Jetzt ists recht. Da er nun wiederumb zu sich kommen/ hat er erzeh- let/ daß er gesehen habe/ wie scharffe Rechenschafft der gerechte GOtt for- dere/ auch von den heimblichen Gedancken/ von den muͤssigen Worten/ und von den allergeringsten Fehlern. Es wird/ sagt er/ durch die Waa- ge alles genau erforschet/ dahero hab ich mich fuͤr ungluͤckseelig außge- schriehen/ und den Waag-Meister umb Huͤlff ersucht. Und da ich sa- he/ daß meine Verdiensten gegen meine Suͤnden zu leicht waͤren/ da fieng ich an zu betten/ es moͤgte von den Verdiensten deß leydenden Heylandes meinen Verdiensten etwas zugelegt werden: so auch geschehen. Allhier hab ich einen Muth geschoͤpfft und gesagt: daß nun alles recht seye. Nach diesen Worten ist der Junge Muͤnch verschieden. 14. Jch bilde mir anders nicht ein/ als die Leut muͤssen nicht glauben/ daß GOtt von unserm Thun und Lassen so scharffe Rechenschafft fordere/ sonsten waͤre es schier unmoͤglich/ sie wuͤrden so uͤbel nicht leben. Wir hoͤren so viele erschroͤckliche Wunder/ so handgreiffliche Zeichen deß ge- nauen Gerichts GOttes/ unter welchen ich dieses/ ob zwarn sehr beken- G g g g tes/ Die Sieben und Viertzigste Geistliche Lection tes/ dannoch nuͤtzliches Exempel kuͤrtzlich anbey fuͤge. Der Gottseelige Grad. 7. Vatter Climacus erzehlet/ daß auff dem Berg Sina ein sehr frommer Einsidler gewohnet habe/ Nahmens Stephanus/ welcher in immerwaͤh- renden strengen Ubungen/ im Fasten/ Betten und Weinen uͤber die be- gangene Suͤnden sein Leben zugebracht; biß er endlich kranck worden. Den letzten Tag vor seinem Todt ist er in eine Erstarrung deß Gemuͤts gefallen/ und hat mit offenen Augen bald auff die rechte/ bald auff die lincke Seiten deß Betts geschauet; und hat mit Zuhoͤrung aller anwesenden/ als wann Rechnung von ihm gefordert wuͤrde/ geantwortet: Das ist wahr; ich hab aber darfür so viele Jahren gefastet. Biß- weilen hat er gesagt: Gewiß nicht: ihr lieget das/ das hab ich nicht gethan. Und wiederumb: Es ist in Warheit also/ ich kans nicht laͤugnen: ich hab aber dieses beweinet/ ich hab darfůr Buß gethan. Abermahl. Es ist wahr/ ihr klaget mich recht an. Bißweilen antwortet er und sagt: Das ist gewiß/ und ich kan darauff nicht antworten: aber ich hoffe Barmhertzigkeit zu erlangen. Dieses ware/ sagt Cli- macus/ so dieser Action bey gewohnet/ ein grausames Spectacul/ ein un- sichtbares dannoch scharffes Gericht/ bey dem auch (was noch erschroͤck- licher ist) solche Suͤnden vorgebracht wuͤrden/ so doch von dem heil. Mann nicht begangen waren. Wann nun dieser fromme Diener GOttes/ der auch lange Zeit in der Wuͤsten einen Leopard gespeiset/ so scharff examini- ret worden; und man biß auff den heutigen Tag nicht weiß/ was er fuͤr ein Urtheil bekommen habe; Was Forcht und Zittern wird uns nicht an- kommen in jener Stund/ wann wir nicht koͤnnen sagen/ daß wir fuͤr ein ein- tzige so vieler unserer Suͤnden Buß gethan haben? GOTT lasset dergleichen heylsame Zeichen geschehen/ auff daß wir in Forcht deß Gerichts/ und seiner deß Richters leben/ und also die Suͤnden verhuͤ- ten sollen. 15. Lasset uns derhalben Guts thun/ so viel wir koͤnnen: und wann wir alles gethan haben/ was uns befohlen ist worden/ so lasset uns sagen/ daß wir unnuͤtze Knecht seyn/ dieweilen wir gethan haben/ was unsere Schul- digkeit erfordert hat: Ja fuͤr die empfangene Goͤttliche Wohlthaten/ er- statten wir keine wuͤrdige Vergeltung; und alle Ehr und Anbettung/ mit den wir unsern GOtt verehren/ seynd unendlich geringer/ als die Ehr/ deren Von dem besondern Gericht. deren er wuͤrdig ist: alles ist ihm viel zu gering: Dann gleich wie die Herrligkeit GOttes/ Krafft und Wuͤrde nach aller Vollkommenheit un- endlich seynd/ also ist er einer unermessenen Ehr wuͤrdig. Dahero koͤn- nen uns alle unsere Werck/ so da gut und vollkommen zu seyn scheinen/ ver- daͤchtig seyn; zumahlen selbige gemeiniglich mit dieser oder jener Unsauber- keit besudlet werden/ und also den allerreinesten GOtt zu gering seynd. Solche Betrachtung koͤnnen uns wohl bey der Crden/ und in Forcht hal- ten/ wann wir uns derselben oͤffters gebrauchen/ und annebens die Rech- nung vor der Zeit machen/ damit wir zur Zeit deß Gerichts bestehen moͤgen. Das beste Mittel aber eine gute Rechnung zu machen/ ist dieses/ mein Christliche Seel/ daß du nemblich die Suͤnden mit allem Ernst fliehest/ und deinen GOtt taͤglich bittest/ daß er dir seine huͤlffliche Hand nicht entzie- he: Dann der heilige Thomas mit allen Gelehrten sagt also: Auff 1. 2 9. 109. art. 10. daß der Mensch/ so da in der Gnade GOTTES ist/ biß zum End seines Lebens verharre; hat er eine sonderbahre Hülff GOTTES vonnoͤthen/ krafft deren er fůr dem Anlauff der Versuchungen beschützet werde: Zumahlen die Gnad vielen ge- geben wird/ denen doch nicht allen gegeben wird/ in derselben zu verharren. Diese sonderliche Gnad kan uns GOTT unangesehen aller unser Verdiensten recht maͤssig weigern/ und sagen: Jch bin dir nichts schuldig. Sin- temahlen eine Gnad keine Schuld ist/ sondern eine gantz freywillige Gaab/ die wir mit stetem Gebett von unserm GOtt begehren muͤssen. Zum Ex- empel: Ein Fuͤrst schenckt einem Edelman ein Schloß mit dem Geding/ wann er ihm treue Diensten leisten werde: Selbiger aber versuͤndiget sich groͤblich gegen seinen Fuͤrsten/ und stellet sich also in Gefahr/ nicht allein das Schloß/ sondern auch das Leben zu verliehren. Also gehets her mit denen/ welche ihren GOTT groͤblich beleidigen: sie waren in Gnaden/ der Himmel war ihnen versprochen: Die- weilen sie aber den Versprecher erzuͤrnet haben/ so haben sie die Gnad und den Himmel zugleich verlohren. Solte nun der Fuͤrst dem Edelman solche Gnad thun/ vermoͤg deren er niemahlen auß der Gnad kommen moͤgte; Diese Gnad waͤre sicherlich die aller- fuͤrtrefflichste Gnad unter allen Gnaden/ und solte kaum einem unter tausenden widerfahren. S olcher massen hat GOTT G g g g 2 sehr Die Sieben und Viertzigste Geistliche Lection sehr wenigen die hoͤchste Gnad deß Verharrens mitgetheilet: Er will/ daß die uͤbrige zwischen Hoffnung und Forcht ihr Heyl wircken/ und also zum Gericht hinzugehen. Dahero wird keiner gefunden/ der nicht mit dem Job zu sagen genoͤthiget werde: Wann ich schon etwas Reches haben werd/ so will ich doch nicht antworten/ sondern meinen Richter bitten. 16. Dieweilen nun GOtt diese hoͤchste Verharrung keinem verspricht/ und wir selbige durch keine tugendsame Werck jemahlen verdienen koͤnnen; so will sichs fuͤrwahr geziemen/ daß wir selbige Gnad zu aller Stund mit demuͤtigstem Bitten begehren/ und alle die jenige zu Huͤlff ruffen/ welche zu Erlangung derselben uns koͤnnen befoͤrderlich seyn: Alsdann wird un- Prov. 3. ser also bewaffnetes Gebett nicht krafftloß seyn. Derhalben bereitet den Weeg deß HErrn/ machet seine Stege richtig. Der Luc. 23. 14. HErr ist nahe bey/ der Richter stehet vor der Thuͤr. Seelig ist der Mensch der allzeit forchtsamb ist/ der aber hart von Ge- muͤth ist/ der wird in Vnglück fallen. Keiner sagt mit dem fau- len Haußhalter: Graben kan ich nicht/ zu betteln schaͤm ich mich: sondern sagte: Graben kan ich/ zu betteln schaͤm ich mich nicht. Verfuͤge dich zu deinem Gewissen/ mein Christliche Seel/ und grabe daselbst: gehe vor die Thuͤr deß Himmels/ und Bettle da. Suche dir zu gewinnen die Mutter deß Richters: mach dir die Engeln GOttes zu Freund/ und ruffe zu Huͤlff alle Außerwoͤhlte deß HErrn. Und was foͤrchte- stu dich? Gehe hin zum Richter selbst/ und uͤberlege mit selbigem deine Sach in aller Vertraͤuligkeit: Jetzt bitte/ jetzt falle ihm zu Fuͤssen/ da es noch Zeit ist/ die Gnaden-Thuͤr stehet noch offen. Vor allem aber uͤbe dich in den Wercken der Liebe/ und sehe zu/ daß dein Leydender Jesus niemahlen auß dei- ner Gedaͤchtnuß lange Zeit auß geschlossen bleibe; dann du hast auß vorher- gehender Lection gnugsamb erlernet/ wie sehr sich der himmlische Richter das Mitt-Leyden uͤber seine erlittene Schmertzen gefallen lasse. Zur Lin- derung dieses strengen Gerichts kan auch ein grosses beytragen die bestaͤn- ge Verchrung der GOttes- Gebaͤhrerin/ und der Heiligen/ wie sichs her- nach zeigen wird. Nehme fuͤr lieb/ mein Christliche Seel/ diese kurtze Lection von dem besondern Gericht/ und wann du selbige wohl betrachtet hast/ so wende dich zu dem dritten der vier letzten Dingen/ welches ist die Peyn der Hoͤllen. Die Von den Peynen der Hoͤllen. Die Acht und Viertzigste Geistliche LECTION Von Den Peynen der Hoͤllen. Quis ex vobis poterit habitare cum igne devorante? Isa. 33. v. 14. aut quis habitabit ex vobis cum ardoribus sempi- ternis? Wer ist unter euch/ der bey einem zehrenden Feuer wohnen kan: oder welcher unter euch wird bey der ewi- gen Glut bleiben koͤnnen. 1. G Leich wie der Allermilteste GOtt den Suͤndern in diesem Leben ei- ne unbegreiffliche Guͤte erweiset; in dem er von Tag zu Tag/ von Monath zu Monath von Jahr zu Jahr/ dersel- ben Laster uͤber sehet/ auff daß sie moͤgen Buß thuen; und sie annebens auffmunteret und ermahnet/ auch durch seine so wohl unsichtbarliche Die- ner/ als da seynd die Engel GOttes/ als auch die sichtbarliche/ nemblich die fromme Menschen/ einladet und bittet/ sie wollen sich doch zu ihm wenden/ und ihr Leben bessern: und was noch mehr ist/ sie auch durch ein verborge- nes eingeben ihrer Schuldigkeit erinnert/ und viele andere Wohlthaten den- selben erzeiget: A lso veruͤbet derselbige GOtt nach diesem zeitlichen Leben eine unbeschreibliche Strenge der Gerechtigkeit uͤber die boͤse und undanck- bare Menschen/ und straffet selbige mit so unzahlbaren und grausamen Tor- menten; daß der heilige A mbrosius sagt: Wann alle Menschen/ so von unserm ersten Vatter A dam/ biß auff gegenwaͤrtigen Tag gebohren seynd/ noch wuͤrcklich beym leben/ und alle miteinander gute Prediger waͤren/ und auch ins gesambt von der allergeringsten Peyn der Hoͤllen G g g g 3 pre- Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection predigen wuͤrden; so koͤnten doch selbige die allerwenigste Peyn der Hoͤllen der Gebuͤhr nach nicht vortragen. Dann das hoͤllische Feur hat ein wun- derselsame Hitze/ und durchtringet und schmertzet dermassen/ daß/ gleich wie/ nach Zeugnuß deß heil. Vatters A ugustini/ das irrdische Feuer an Hitze uͤbertrifft ein gemahltes Feuer; also das hoͤllische Feuer uͤbertreffe das Jrrdische. Und gleichwohl/ gedencke einer/ wie scharff brennet nicht auch unser Feuer? Zu dessen Bestaͤttigung erzehle ich das Exempel von einem Historia. Spec. Ex- emp. Dist. 3. Abten. Dieser hat in seiner letzten Kranckheit/ mit Zustimmung seiner Geistlichen/ seinen Vatter zu seinen Successorn auß einer unordentlichen Affection ernennet; ist darauff gestorben und verdambt worden: welches auff folgende Weiß ist kundbar worden. Der neuerwaͤhlte Abt gehet im Kloster an einem luͤstigen Ort spatziren/ alwo ein kleines Waͤsserlein vor- bey flosse: und hoͤret ein sehr klaͤgliche Stimm mit diesen Worten: Ach/ ach/ ich armseeliger! Da er nun fragt wer er seye; bekombt zur Antwort: Jch bin dein Bluts- Verwandter/ der ich vor dir Abt allhier gewesen/ anjetzt aber ein armseeliger Geist bin/ dieweilen ich dich auß fleischlicher Neigung und Liebe/ als meinen Vetter zu dieser deiner Wuͤrden befoͤr- dert hab. Meine Geistliche haben mich damahlen ersucht/ daß ich einen tauglichen Mann zum Heyl ihrer Seelen/ an meinen Platz stellen moͤgte/ und haben mir zu diesem End ihre Stimmen uͤbertragen: ich aber bin durch die zeitliche Verwandschafft verblendet worden/ und hab nicht nach dem Willen GOTTes/ sondern nach meines eigenen Willens grosse Thorheit/ denselben gerathen/ daß sie dich zu ihrem Abt erwaͤhlen solten. Dahero bin ich zu diesem Waͤsserlein durch das gerechte Urtheil GOttes dergestalt verdambt/ daß ich brenne/ und zerschmeltze; und wann ich also fchier vernichtiget bin/ so muß ich als wiederumb von neuen anfangen diese erschroͤckliche Tormenten zu leyden. Wann du erfahren wilst/ daß wahr seye/ was ich dir gesagt hab/ so lasse einen kupffernen Leuchter herbey bringen/ und duncke denselben allgemach ins Wasser. Da sol- ches besagter Massen geschehen/ ist der Leuchter viel hurtigrr/ als das Wachs im Feuer zerschmoltzen. Jst nun so grosse Hitze ge- wesen in diesem Waͤsserlein; wie grausames Feuer wird dann nicht in der Hoͤllen seyn! L. 12. c. 5. Historia. 2. Weiters schreibt auch Caͤsarius/ da einsmahls ein Edelman Nah- mens Waltherus zu Endenig unweit Bonn kranck lage/ sahe er den boͤsen Feind Von den Peynen der Hoͤllen. Feind mit Geissen - Hoͤrnern/ und einem Meer- Katzen Angesicht beym Bett stehen. Diesen fragte er/ wie groß die Hitze deß hoͤllischen Feuers waͤr? Der Teuffel fragt; ob er die Schloͤsser Wolckenberg und Drachen- fels in den nahebey ligenden sieben Bergen gesehen habe? Der Krancke antwortete/ diese Berg sambt den Schloͤssern seyn ihm wohl bekennt. Darauff antwortete der boͤse Geist und sagte; Wann schon diese Berg sambt den Schloͤssern in lauter hartem Eisen bestuͤnden/ so wuͤrden sie doch in einem eintzigen Augenblick zerschmeltzen/ wann sie wuͤrden in das hoͤllische Feuer geworffen werden. Jm Buch von den Wunderthaten deß heiligen Francisci wird gelesen/ daß ein Geistlicher desselben Ordens/ ein Mann grossen Eiffers und strengen Lebens/ einsmahls bey naͤchtli- cher Weyl nach der Metten seye im Geist verzuckt worden/ und habe ge- sehen und erfahren die Peinen deß Feeg- Feuers: D ieser ist/ ehe das Zeichen zur Prim geben worden/ wiederumb zu sich kommen/ und hat vermeint/ er seye hundert fuͤnfftzig Jahr in diesen Tormenten gewesen. So bitter seynd ihm die Schmertzen vorkommen/ die er gelitten hat. Nun mache dir das Facit/ mein Christliche Seel/ wie lang einem Verdambten werde vorkommen/ daß er ewig brennen muͤsse; und halte dich in dieser Rechnung nun ein halbes Stuͤndlein auff. Bey dem Propheten D a- niel lesen wir/ wie der Koͤnig Nabuchodonosor uͤber die drey Maͤnner/ Ananiam/ A zariam/ und Misael seye erzuͤrnet worden/ und habe den Feurigen Ofen noch siebenmahl hitziger anzuͤnden lassen/ als braͤuchlich gewesen/ daß auch die Flammen auß demselben herauß geschlagen/ und sich acht und viertzig Elen hoch außgebreitet; darauß gnugsamb zu schlies- sen ist/ daß die Hitze sehr groß gewesen seye. Wer solte nun wohl umb al- ler Welt Guͤter/ umb alle erdenckliche Freuden und Wolluͤsten/ umb alle Ehren und Wuͤrden der Welt/ einen eintzigen Tag/ in solchem Feuer sich brennen lassen? Man wuͤrde sicherlich einen solchen fuͤr den groͤsten Haupt-Narren deß gantzen Erd-Craiß ansehen? Fuͤrwahr/ ein viel groͤsser Narr ist der jenige/ welcher sich ob der augenblicklichen und nichtswertigen Ergoͤtzligkeiten dieser Welt/ denen ewig-waͤh- renden hoͤllischen Tormenten darbietet. D ahero fragt recht der Goͤttliche Prophet: Wer ist unter euch/ Wer ist unter euch/ der bey einem zaͤhrenden Feuer wohnen kan: Welcher unter euch wird bey der ewi- der ewinen Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection der ewigen Glut bleiben moͤgen: Dieses Feur wird einen jeden seinen Suͤnden gemaͤß brennen: und mit wie mehrerem Ciffer und Lustbar- keit die Suͤnd ist begangen worden/ je bitterer wird selbige gestrafft werden: wie der Herr in der Offenbahrung Joannis selbst bezeuget; und sagt: Wie c. 18. viel sie sich (nemblich die Seel) herrlich gemacht hat/ und in Lüsten gewesen ist/ so viel Qual und Leyd thut ihr an. Und weilen in den fleischlichen Lastern/ der Eyffer der Begierlichkeit/ der Ge- stanck und Ergoͤtzung der Unren igkeit am groͤsten seynd/ dahero werden selbige Suͤnden mit sonderbahr zehrendem hoͤllischen Brand/ fuͤr andern sehr hart gestrafft werden. Derhalben sagt der heilige Vatter Augustinus: So viel hat angeklebt die Lieb/ so viel werden züchtigen die Schmertzen. Wann dann ein eintzige Todt- Suͤnd mit so grau- samer Straff wird hergenommen; was werden nicht zu leyden haben die jeni- ge/ so sich auff dieser Welt gleichsamb in Suͤnden geweltzet/ und durch die boͤse Gewonheiten zu suͤndigen sich haben untertrucken lassen? 3. Die zweyte A rt der hoͤllischen Peinen ist die allergrausambste und schaͤrf- feste Kaͤlte: Dann gleich wie das hoͤllische Feuer alles Feur der gantzen Welt mit seiner Hitze weit uͤbertrifft; also ist die Kaͤlte der Hoͤllen mit ihrer Krafft und Schaͤrffe aller irrdischen Kaͤlt weit uͤberlegen. Gedenck nun/ mein Christliche Seel/ wie schwaͤhr dir fallen sollte/ wann du einen eintzigen Tag oder Nacht in der allerbitteresten Kaͤlte/ unter dem blauen Himmel/ gantz nackend stehen/ oder in einem zufrierenden Wasser fuͤr lieb nehmen muͤstest. Von dieser gemahlten Kaͤlte schlag deine Augen deß Hertzens zu der hoͤllischen Kaͤlte/ versichere dich/ daß selbige viel hundert tausendmahl groͤsser seye/ als welche du besagter massen leyden wuͤrdest: Dann ob schon die Peynen der hoͤllischen Hitz und Kaͤlte zu Zeiten gehemmet werden/ so werden sie doch niemahlen gaͤntzlich hinweg genommen: und ist die Hemmung oder Nachlassung keine Erleichterung oder Trost der armseeligen Verdambten; sondern gedeyhet denselbigen zu schmertzhaffteren und grausameren Peynen: Job. 24. zumahlen sie (wie die Schrifft meldet) vom Schnee-Wasser müs- sen hinůber gehen zur ůberschwenglicher Hitze. Diese Ab- wechselung vermehret die Schmertzen/ wie wir taͤglich selbst erfahren/ so wir nur unsere Eyß-kalte Haͤnd zu einem Hitzigen Feuer halten. Zu dieser Kaͤl- te werden sonderbahr verurtheilet die faule und nachlaͤssige Menschen so da auß Traͤgheit den Dienst GOttes verabsaumen/ und zu den Welt-Bossen ein mehrere Lust haben/ als zumschuldigen Dienst und Verehrung ihres Hertzen. 4. Die Von den Peynen der Hoͤllen. 4. Die dritte Peyn der Hoͤllen ist das immerwaͤhrende Nagen und Beissen der grausamen und abscheulichen Wuͤrmb; wie der Prophet Jsaias sagt: Jhr Wurmb stirbt nicht. Und der Weyse Mann bezougts c. 66. also: Die Rache über das Fleisch deß Gottlosen ist Feuer c. 7. v. 19. und Würmbe. Wie mehr sich nun der Mensch im Leben/ mit schaͤnd- lichen/ unnatuͤrlichen/ und unmaͤssig grossen Lastern versuͤndiget hat; je mehr wird er in jener Welt/ von den wunderseltzamen/ grausamen und ent- setzlichen Wuͤrmen zerbissen werden. Die vierte Peyn/ ist der allerempfind- lichste Gestanck/ durch welchen der Geruch der Verdambten erbaͤrmlicher Weiß geplaget wird; und wird dieser Gestanck sonderbahr genennet/ der Schweffel-Gestanck; Dahero wird in der Offenbahrung Joannis also gemeldet: Den Gottlosen wird ihr Theil in den Pful fallen/ c. 21. der mit Feuer und Schweffel brennet. Gedenck derhalben/ mein Christliche Seel/ wie wuͤrde dir zu Muth seyn/ wann du zu faulen stinckenden Aestern in ein mit Feuer und Schweffel angefuͤltes Loch hinein gelassen wuͤrdest/ und daselbst viele tausend Jahr mit so unmenschlichem Ge- stanck fuͤr lieb nehmen muͤssest? Nun aber werden die verdambte Seelen nicht nur viele tausend Jahr/ sondern in alle Ewigkeit/ ohne eintziges End/ mit hundert tausentmahl groͤsserm Gestanck in dem verfluchten Loch der Teuf- feln geplaget: Zumahlen der H. Bonaventura darfuͤr haltet/ daß eines ein- tzigen verdambten Coͤrpers greißlicher Gestanck die gantze Welt emfinden wuͤrde. Die fuͤnffte Peyn der Hoͤllen ist das uͤbergrausamen Ansehen der Teuffeln und aller Verdambten/ deren Seelen den boͤsen Feinden in der Abscheuligkeit gleich geschaͤtzt werden. Von diesem Anschauen der boͤsen Geister/ haben einige von Hertzen bekennet/ die selbiges zum Theil erfah- ren haben/ daß sie lieber in einen feurigen Ofen gehen wolten/ als ein eintzi- gen Teuffel zum andernmahl sehen. Wie peinlich wird dann nicht seyn/ daß ein verdambter Mensch diese alle/ und in alle Ewigkeit muͤsse anschauen? 5. Die sechste Peyn der Hoͤllen ist der erschroͤckliche und unbeschreibliche Hunger/ mit welchem die jenige ohne Zweiffel werden geplagt werden/ wel- che dem Fraaß und Fuͤllerey/ und schleckerhafften Speisen unmaͤssiglich seynd zugethan gewesen/ und die gebottene Fasten der Kirchen nicht gehalten haben: wie Christus mit außtruͤcklichen Worten sagt: Wehe euch/ Luc. 6. v. 25. Isa. 65. die ihr gesaͤttiget seyd/ dann ihr werdet hunger leiden. Auch redet GOtt durch seinen Propheten die Gottlose an und sagt: Siehe/ meine Knecht werden essen/ und ihr werdet hunger leyden. Siehe/ meine Knecht werden trincken/ und ihr werdet H h h h durst Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection Durst leyden/ Siehe/ meine Knecht werden froͤlig seyn/ und ihr werdet in Schanden stehen. Siehe/ meine Knecht werden für Hertzen Freude frolockn/ und ihr werdet schrey- en fůr Hertzen-Leyd/ und für Angst deß Geists heulen. Daher gibt dir der Weyse Mann diesen Rath und sagt: Wircke Gerechtig- Eccl. 14. 17. keit für deinem Todt/ dann in der Hoͤllen ist keine Speiß zu finden. Die siebente Peyn der Hoͤllen ist das scharff-schneidende Schwerd deß Dursts/ mit welchem der reiche Brassart gequaͤlet wurde/ der umb selbigen zu loͤschen ein eintziges Troͤpfflein Wasser begehrte. Mit dieser Peyn werden gecreutziget die Saͤuffer und versoffene Boltzen/ denen der Prophet auß Befehl deß HErrn sagt: Wehe euch/ die ihr mor- Is. 5. 11. gens frůhe auffstehet/ der Trunckenheit nachzugehen/ und zu sauffen biß auff den Abend. Der Salomon bleibt auch nicht zuruck; sondern kombt auch mit seiner wohlmeinenden Ermahnung hervor und sagt: Sey nicht bey den Gastmahlen der Sauffer/ noch Prov. c. 23. 20. bey den Schlem̃ereyen deren/ die Fleisch zu fressen mitbrin- gen: Dann die dem Sauffen außwarten/ und Brasserey anrichten/ werden außgezehret. Auch werden mit dem Hunger und Durst sonderlich gestrafft werden die Unbarmhertzige/ welchen die ar- me hungerige Menschen nach ihrem Vermoͤgen nicht speisen/ und die Duͤr- stige nicht traͤncken: Derhalben ist dem unbarmhertzigen reichen Brassart auch ein eintziges Troͤpfflein Wasser abgeschlagen worden. 6. Endlich/ alle andere unzahlbare Peynen der Hoͤllen zu verschweigen/ ist die groͤste Peyn/ der Verlust deß A llerhoͤchsten Guts: Dann gleich wie darin der Seelen vollkommneste und hoͤchste Wohlfart bestehet/ daß sie ihren GOtt und Erschoͤpffer von Angesicht zu Angesicht anschaue; Also ist diese die allermeiste Ungluͤckseeligkeit und groͤster Schad deß Menschen/ daß er der seeligen A nschauung seines GOttes beraubt werde. Dahero wird die Entbehrung der seeligmachenden und seeligen Anschauung GOttes ei- ne Peyn deß Verlusts bey den Verdambten genennet. Die Schmeryen aber deß Feurs/ der Kaͤlte und anderer hoͤllischen Tormenten werden genen- net werden Peynen deß Gefuͤhls. Obwohln aber die Verdambte GOTT nicht lieben/ sondern hoffen; und dieserthalben mit denselben nicht verlangen vereiniget zu werden/ weder auch dessen zu geniessen; so viel dieses zu Ehren und Lob GOttes gereichen wuͤrde: so wolten sie dannoch wohl gern im Him- mel seyn/ dieweilen ihnen selbiges nuͤtzlich waͤre/ und sie auch also von ihren Pey- Von den Peynen der Hoͤllen. Peynen erlediget wuͤrden/ welches sie ohne End/ aber umbsonst verlangen. Dahero sagt der heilige Gregorius: Es ist nicht zu zweiffeln/ daß die jeni- ge/ so in der Hoͤllen seynd/ das Loß der Seeligen verlangen: darumb ist ge- sadt worden/ daß am Tag deß allgemeinen Gerichts/ erstlich die Außerwaͤhl- te zum Himmel-Reich werden beruffen werden/ und im Angesicht der Ver- dambten mit Herrligkeit hinauff steigen zu der Fuͤlle der ewigen Freuden; auff daß die Gottlose sehen/ was sie verabsanmet und verlohren haben; und also daruͤber in Ewigkeit betruͤbet werden. Die Ursach aber/ daß die Ver- dambte so wohl mit den Peynen deß Gefuͤhls/ als eben mit der Peyn deß Ver- lusts gestrafft werden/ ist diese: Dieweilen in einer jeden Todt- Suͤnd zwey Ding muͤssen unterschieden werden. Eins ist die Abwendung deß Gemuͤts von dem Allerhoͤchsten und unveraͤnderlichen Gut: dieser Abwendung ge- buͤhret die Peyn deß Verlusts/ nemblich die Enthaltung der Goͤttlichen An- schauung. Daß ander ist die unordentliche Gemuͤts-Wendung zu dem erschaffenen/ zergaͤnglichen und eitelen Guth: und dieser unrechtfertigen Zuwendung gebuͤhret die Peyn deß Gefuͤhls. Die Peyn deß Verlusts aber ist nach aller Gelehrten und H. H. Vaͤtter Meinung viel schwaͤhrer und empfindlicher als die Peynen deß Gefuͤhls: dahero sagt der H. Chrysostomus: Es werden einige thorrechte Menschen gefunden/ welche vermeinen/ es sey ihnen genug/ wan sie von den empfindlichen Peynen der Hoͤllen befreyet bleiben. Jch bin aber der Meinung/ daß es die groͤste Peyn unter allen seye/ von dem Angesicht GOttes verworffen/ und dessen seeligste Geniessung beraubet zu werden. Und wiederumb sagt dieser heilige Lehrer: Daß ein Mensch von den ewigen Guͤttern außgeschlossen werde/ und von denen Din- gen/ welche GOtt den jenigen zubereitet hat/ die ihn lieben/ entfernet werde; dieses bringet so grossen Schmertzen/ daß/ wann schon kein aͤusserliche Peyn zu leyden waͤre/ selbiges doch allein alle andere Tormenten weit uͤbertreffe. So fliehe dan/ fliehe/ mein Christliche Seel/ fliehe vielmehr als den erschroͤck- lichen Todt selbsten/ diesen allerhoͤchsten Verlust/ fliche den allerbitteristen Schaden deiner Seelen: Siehe dich vor/ daß du durch die Todt- Suͤnde von diesem deinem Allerhoͤchsten Guth im Leben nicht ge- scheidet werdest. 7. Unglaublich sehr schmertzet auch die Verdambte/ daß ihre Peynen in alle Ewigkeit dauren werden: zumalen solches die heilige Schrifft an vie- len Orthen gnugsamb bedeutet/ sonderlich Jsaiaͤ am 66. alwo von G h h h 2 den Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection den Verdambten gesagt wird: Jhr Wurm wird nicht sterben/ und ihr Feuer nicht erloͤschen. Und in der Offenbahrung Joannis: c. 14. Sie werden mit Feuer und Schweffel gepeiniget werden in alle Ewigkeit. Zum Zeichen dieses schluge das Feuer neun und viertzig Elen hoch auß dem Babylonischen Ofen herauß; kam aber nie- mahlen biß zum fuͤnfftzigsten/ so da ware das Jubel-Jahr. Dadurch dann bedeutet worden/ daß das hoͤllische Feuer ewiglich brenne/ und die Ver- dambte niemahlen wuͤrden Nachlaß ihrer Suͤnden erlangen. Dahero 84. 15. sagt der Koͤnigliche Prophet von denselben also: Sie liegen in der Hoͤllen/ wie die Schaafe/ der Todt wird sie nagen: Dann sie werden/ sagt der H. Bernardus/ immer sterben zum Leben/ und werden allzeit leben zum Todt: dieweilen sie der Todt nicht auß wurtzeln wird/ und das Leben zumahlen hinweg nehmen; sondern er wird sie nagen oder abweiden; und die Wurtzel lassen/ auff daß selbige wiederum außschla- ge/ und also aber- und abermahl/ und in alle Ewigkeit koͤnne genaget werden. Die Ursach aber/ warumb GOtt ein eintzige Todt-Suͤnd/ so da in gar kur- tzen Zeit/ ja in einem Augenblick begangen wird/ mit den allzeit waͤhrenden Peynen zuͤchtige/ gibt der heilige Thomas und sagt: Dieweilen durch solche Missethat gegen den GOtt/ der unendlich ist/ gesuͤndiget wird: und weilen keine Peyn unendlich seyn kan/ so viel die Groͤsse derselben betrifft; dann kei- ne Creatur ist bequemlich einigen unendlichen Wesens oder Eigenschafft/ so wird erfordert/ daß die Peyn auffs wenigst unendlich seye durch die ewige Zeit oder Daurung. Die andere Ursach/ warumb GOtt ein eintzige Todt- Suͤnd so grausamb straffe/ ist diese: daß/ obwohlen die wuͤrckliche Begehung der Suͤnden geschwind und hurtig/ und auch manigmahl augenblicklich her- gehe; der Will zu suͤndigen doch einiges Weegs ewig zu nennen seye; So viel der jenige/ so da suͤndiget/ und/ zum Exempel/ die weltliche Wollust sei- nem GOtt vorziehet/ also beschaffen ist; daß/ wann er allzeit wuͤrde leben/ auch allzeit in der Suͤnd verharren/ und sothaner Wollust geniessen wolle. 4. Dia- log. c. 4. Dahero sagt der H. Gregorius: Der Sůnder wünschte ohne End zu leben/ damit er koͤnnte ohne End Sündigen. Und am 44. c. sagt er Es ist billig/ daß der jenige/ der in seinem Ewigen gesuͤndiget Quæst. art. 3. ad 1. hat gegen GOtt/ in dem ewigen GOttes gestraffet werde Diese Wort legt der H. Thomas auß/ und sagt: Von dem kan man sagen/ daß er in sei- nem Ewigen gesuͤndiget habe/ welcher nicht allein die beharrliche Wir- ckung/ durch das gantze Leben behaltet; Sondern auch seyn Ziel in der Suͤnd gesetzt hat/ und also den Willen hat/ allzeit/ und so gar in Ewigkeit zu suͤndigen. 8. Wehe/ Von den Peynen der Hoͤllen. 8. Wehe/ wehe dann den armseeligen Verdambten/ so da in ihren grausa- men Tormenten weder die geringste Leichterung/ weder auch einigen Trost der Endigung finden werden. Sondern/ wann sie vielmal hundert und tau- sent tausentmal tausent Jahr werden gebrennet haben/ als dann wird erstlich ein Anfang ihrer Peynen werden ohne End. Ach! mein Christliche Seel/ dich bitte ich/ sag mir doch/ ob du wohl ein eintziges Jahr/ ja einen eintzigen Tag/ umb aller Welt Guͤter und naͤrrischen Wolluͤsten/ in einem feurigen Ofen dich wollest braten lassen! Wann du nun dich resolviren werdest/ lieber alle weltliche Ergoͤtzlichkeit tausentmahl zu verwerffen/ als auch ein eintzige Stund lang solches brennende Feuer außzustehen: so frag ich dich/ wie du dann vermeinest/ daß dir wuͤrde zu Muth seyn/ wann der Sententz uͤber dich solte gesprochen werden; Gehe hin ins ewige Feuer/ \&c. Diese Ewigkeit koͤnnte ich dir durch allerhand Gleichnussen und Umb - Reden et- wan zu Gemuͤt fuͤhren; vermeine aber besser zu seyn/ daß du selbiges in oͤff- terer Betrachtung von der Ewigkeit dir vorstellest/ und nur allein diese Wort: Ewigkeit/ in alle Ewigkeit/ ohne End/ nimmer/ nimmer/ nimmer ein End/ \&c. gantz still und einsamb bey dir bedenckest; und also von allen Suͤnden ein billiges Greuel und Schroͤcken empfangest. Ge- dencke auch darneben/ und glaube den H. H. Vaͤttern/ daß die boͤse Christ- glaubige viel bittere und schwaͤrere Tormenten in der Hoͤllen leyden werden/ als die Unglaubige. Dahero hat der H. Einsidler Macarius/ da er in der Wuͤsten gewandert/ und einen Menschen-Kopff/ so auff der Erden gelegen/ gefragt/ wer er seye/ hat ihm das Haupt geantwortet/ und gesagt: Jch bin gewesen ein Priester der Heyden/ du aber bist der Abt Macarius/ ein Freund GOttes/ und hast den H. Geist: So weit als die Erd vom Himmel ent- fernet ist/ so weit ist das unter unsern Fuͤssen/ und uͤber unserem Haupt. Da dieses der fromme Alte gehoͤrt hat/ hat er mit weinenden Augen gesagt: We- he/ wehe dem Menschen/ welcher die Gebott GOttes uͤberschreitet: und da er weiters gefragt/ ob auch ein groͤssere Peyn in der Hoͤllen seye? hat er zur Antwort bekommen/ daß unter ihnen groͤssere Tormenten seyen; und daß die Heyden/ sagt das Haupt/ so von dem wahren GOtt nicht gewust haben/ etwas wenigs Barmhertzigkeit haben: Die aber/ welche GOtt erkennet/ und nach dessen Willen nicht gelebt haben/ werden unter uns schwaͤrer gepeini- get. Nach dieser eingeholten Zeitung/ hat der Alt- Vatter das Haupt be- graben. So bleibs dann wahr/ daß/ wie besser die Christglaubige die Ge- bott Gottes erkennen/ desto grober koͤnnen sie suͤndigen/ und werden auch mit groͤsserer Straff gezuͤchtiget. Und wiederumb; wie mehrere und groͤs- H h h h 3 sere Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection sere Wohlthaten sie von GOtt empfangen haben/ je verdamblicher ist die Uberschreitung und Undanckbarkeit: dann dem viel gegeben ist worden/ von dem wird auch viel gefordert werden. 9. Wie groß vermeinstu/ mein Christliche Seel/ daß seye der Unterschied der Straffen zwischen den Heyden und Christ-Glaubigen? Der heilige Bischoff Eyrillus meldet in einem Send-Schreiben/ so er dem heiligen A u- gustino zugeschickt/ in welchen er von den Miraculen deß heiligen H iero- nymi redet/ und erzehlet/ welcher Gestalt durch die Verdiensten desselben H eiligen drey Maͤnner vom Todt erwecket worden/ so da gleich nach ih- rer Aufferstaͤndnuß angesangen/ die Freuden der Seeligen/ die Peynen der H oͤllen und deß Feg-Feurs allen mit heller Stimm zu predigen. Der heilige H ieronymus hatte selbige mit sich ins Paradeyß gefuͤhret/ wie auch in die H oͤll und in das Feg-Feuer/ auff daß sie das jenige/ so sie gesehen/ allen koͤnnten andeuten. Auß diesen drey Erweckten hat einer dem heil. Cyrillo gesagt: daß in der H oͤllen ein solcher Unterscheid seye zwischen den Peynen der boͤsen Christen und H eyden/ daß die Peynen der H eyden in Ansehung der jenigen/ so die Gottlose und falsche Christen leyden/ gleichsamb nichts zu schaͤtzen seyen: ob schon die Peynen der H eyden auch zumahlen unaußsprech- lich groß seyn/ und von den lebendigen Menschen nicht koͤnnen erdacht wer- den. Und das billig: Sintemahlen die boͤse Christen die Gnad GOttes vergeblich bekommen/ und haben sich/ da sie gelebt/ von den Suͤnden nicht wollen bessern lassen/ und haben die Ermahnungen der H. Schrifft fuͤr nichts geachtet. 10. Weiters erzehlet der heilige Cyrillus in diesem seinem Send-Schrei- ben/ und sagt: Jch bin einsmahls zu einem dieser dreyen Maͤnner hingan- gen/ den ich aber sehr bitterlich weinend gefunden hab/ und gefragt/ warumb er also weine: hat sich aber durch meine Wort nicht wollen troͤsten lassen; Da ich ihn aber oͤffters gefragt/ und also mit neuen widerholten Fragen bin uͤber- lastig worden; hat er mir endlich geantwortet: Wann du wuͤstest/ was ich vorhin erfahren hab/ so wuͤrdestu auch weinen. Was fuͤr Peynen vermeinstu/ daß nicht allein den Verdambten/ sondern auch denen/ so im Feg-Feuer auff- gehalten werden/ bereitet seyn? Darauff hab ich ihm geantwortet/ daß ohne Zweiffel die Peynen deß Feg-Feuers groͤsser seyn wuͤrden/ als die Peynen dieser Welt. Er aber sagte: daß alle Peynen/ Tormenten/ und Bekuͤm- mernuͤssen der gantzen Welt/ auch mit den geringsten Straffen der andern Welt zu vergleichen/ keine Peynen/ sondern vielmehr Troͤstungen zu ach- ten seyn. Es wuͤrde/ sagt er/ ein jeder Mensch/ wann er dieselbe geschmaͤckt haͤt- Von den Peynen der Hoͤllen. haͤtte/ lieber wollen mit allen denen Schmertzen/ so von Anfang der Welt auff selbiger biß auff den heutigen Tag immer gewesen seynd/ auff einmahl biß zum allgemeinen Gerichts-Tag gepeiniget werden; als einen Tag in der Hoͤllen/ oder Feg-Feur/ die geringste Peyn derselben außstehen. So ist dann ein Ursach meines Weinens/ die Forcht der Peynen/ welche die Suͤn- der billiger massen verdienen: dann ich weiß/ setzt er hinzu/ daß ich wider GOtt gesuͤndiget habe/ der da ohne allen Zweiffel ein gerechter Richter ist. Verwundere dich derhalben nicht/ daß ich weine/ sondern verwundere dich/ daß die Menschen/ so da erkennen/ daß sie sterblich seyen/ allhier in solcher Sicherheit leben/ und sothane Straffen nicht foͤrchten/ auch keine Sorg tragen/ wie sie selbigen entgehen moͤgen. Weiters/ sagt er/ ist die Anschau- ung der Teuffeln ein so grausame Peyn/ daß man lieber wolle in brennenden Feuer-Flammen ligen/ als auch in einem Augenblick die Gestalt derselben anschauen; zumahlen nichts peinlicher und nichts grausamer kan erdacht werden/ als eben deren Anschauung. Meine Seel/ sagt er letzlich/ ist mit solcher Peinligkeit und Bitterkeit durch den Todt vom Leib geschieden/ daß es kein Mensch nimmer wird glauben koͤnnen/ er habe es dann vorhero ver- sucht/ wie ich gethan hab. 11. So sagt dann recht der heil. Vatter Augustinus/ wann alle Menschen/ so von Adam biß auff diesen Tag gebohren seynd/ und alle Graͤßlein/ so da immermehr hervor kommen/ lauter Menschen waͤren; und wann ein eintzige Straff/ so in der Hoͤllen ein verdambte Seel leydet fuͤr eine Todt-Suͤnd/ gleich getheilet/ also/ daß einem jeden Menschen darvon ein gleicher Theil gegeben wuͤrde; so waͤre ein jeder Particul der Straff deß Menschen groͤsser/ als alle Tormenten/ so alle H. H. Martyrer/ und alle Mißthaͤtiger jemahlen außgestanden haben. O GOtt! O GOtt! Was grosse Schmertzen muͤssen das seyn. Dahero waͤre es zu verwundern/ daß ein Mensch noch suͤndigen doͤrffe/ wann er schon wegen vieler und grosser Suͤnden/ nach die- sem Leben/ nicht laͤnger/ als einen eintzigen Tag diese Peyn der Hoͤllen zu leyden haͤtte. O wie groß ist die Blindheit und Thorheit der jenigen/ so da wegen der gar kurtzen Eitelkeit und Wollust dieser Welt/ sich stellen in die Gefahr der ewigen Peinen und Tormenten! Dahero fragt der heilige Chryso stomus und spricht: Sag mir/ wie viel Zeit der Wolluͤsten soll man dir setzen gegen die immerwaͤhrende Schmertzen der Hoͤllen? Was gedunckt dich/ wann dir hundert Jahr gesetzt wuͤrden ich setze noch hundert hinzu; ja ich geb dir noch zehnmahl hundert drauff: was werden alle die- se lustbahre Jahren fuͤr eine Vergleichnuß haben mit der Ewigkeit? Jst nicht die gantze Zeit dieses Lebens/ in welcher der Mensch der Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection der Freuden geniesset/ gleich einem Traum einer eintzigen Nacht in Ansehung der Ewigkeit? Gehn nit die Wolluͤsten dieser Welt wie ein Schatten daher? Fliehen sie nicht in aller Hurtigkeit gleich einem Woͤlcklein/ und hergegen bleiben die Straffen der Hoͤllen ewig? Obwohl nun den Freuden und Tor- menten ein gleiche Zeit gesetzt waͤre; wer wolte doch ein solcher Haupt-Narr seyn/ daß er umb einen Tag der Lustbarkeit wolle auß stehen so schwehre Peyn der hoͤllischen Dienstbarkeit; in dem die uͤbergrosse Schmertzen einer eintzi- gen Stunde/ alle vorhergegangene Wolluͤsten gantz und zumahlen ins Ver- geß stellen? 12. Gedenck derhalben/ mein Christ/ wie grosse Aengsten/ wie grosse Forcht und Schroͤcken deine Seel umbgeben werden/ da sie eben vom Leib geschie- den wird; die du doch allhier so weichlich und saͤnfftlig tractirst/ und mit den Fleischlichen und unsaubern Begierden/ so naͤrrischer Weiß maͤstest. Warumb hoͤrstu nicht/ was dein Heyland sagt: Wer seine Seel lieb Joan. 12. v. 25. hat/ der wird sie verlieren; und wer seine Seel hasset in dieser Welt/ der erhaltet sie zum ewigen Leben. Das ist/ der seine Seel fleischlich liebet/ der wird zu Grund gehen; Der aber seine Seel heylsamb- lich hasset/ in dem er selbige im Zaum haltet und zuͤchtiget/ der verdienet das ewige Leben. Gedenck/ wie deine Seel sich entsetzen werde/ in dem selbige den so lang bewohnten Leib/ alle Freund und Verwandten/ Bekandten und Haußgenossen verlassen hat/ und nunmehr in ein unbekandtes Land kommen wird/ alwo derselben alsbald begegnen werden die aller abscheuligste und grau- sambste Teuffel/ die Feuer und Schweffel speyende erschroͤckliche hoͤllische Geister/ so die Seel in allem Grimmen und Wuͤten anfallen/ anklagen und verspotten. Gedenck/ mein Kind/ wie dir als dann wird zu muth seyn? der- halben thue Guts/ so lang du lebst/ auff daß dirs wohl gehe/ wann du zwischen Himmel und Erden schwebest. Hoͤre zum Schluß unser Lection einige Ex- empel der jenigen/ so die oberwehnte Ding selbst erfahren haben. 13. Der H. Gregorius erzehlet von einem tugentsamen Einsidler/ Nah- mens Petro/ daß er nach einer außgestandenen schwaͤren Kranckheit/ gestor- ben/ und nachmahlen wiederumb lebendig worden seye: Dieser hat erzehlet/ daß er die Straffen der Hoͤllen/ neben unzahlbaren Oertern der Feuer-Flam- men gesehen habe: und da ihn einige zu denselbigen hinein stuͤrtzen wollen/ seye der Engel GOttes erschienen/ und habe solches verhindert/ und zu dem Ver- storbenen gesagt: gehe wiederumb zuruͤck/ und betrachte vernuͤnfftlich/ wie du hinfuͤhro leben sollest. Nachdem selbiger wiederumb zu seinem Leib gelanget/ hat er sich mit solchem Wachen/ mit so schwaͤhrem Fasten/ mit so unauffhoͤr- lichem Von den Peynen der Hoͤllen. lichem Weinen und Betten gezuͤchtiget; daß sein Leben gnugsames Zeugnuß gegeben/ daß er die hoͤllische Peynen gesehen habe/ wann schon die Zung ge- schwiegen haͤtte. Er hat auch gesagt/ daß er einige grosse Herren dieser Welt in den Tormenten gesehen habe. Auch erzehlet der Ehr-wuͤrdige Vatter Be- da von einem gestorbenen Soldaten/ welcher durch GOttes Guͤtigkeit zum Leben erweckt/ und durch die erschroͤckliche Tormenten dergestalt ist bewegt worden/ daß er alsbald in die Wuͤsten nicht gegangen/ sondern gelauffen/ und sich daselbst nahe bey einem Fluß ein Cellulein gebauet/ in welchem er sich mit den Kleydern offt getummelt/ und selbige ans Leib frieren lassen nachinals in ein sehr hitziges Bad gegangen/ damit er also durch die hurtige Abwechs- lung deren beyden Schmertzen/ desto groͤssere Peyn leyden moͤgte. Da er nun von andern dar uͤber bestraffet/ und gefragt worden/ warumb er solches thue? hat er ihnen also geantwortet: Wann ihr gesehen haͤttet/ was ich gesehen hab/ so wuͤrdet ihr villeicht noch groͤssere Ding thuen. Also ist selbiger in diesem strengen Leben biß zum End verharret. A uff daß du nun denen Straffen peinlichen Hals-Gerichts entgehen moͤgest; so betrachte dieselbe gar offt dann Hom. 3. in Ep. ad Thess. es kan schwerlich oder zumahlen nicht geschehen/ sagt der Heil. Chrisostomus daß eine Seel/ dero die Hoͤllen-Furcht stets anklebt/ leichtlich suͤndige. Kei- ner/ der die Hoͤll vor Augen hat/ wird in die Hoͤll kommen. Und keiner der die Hoͤll nicht achtet/ wird der Hoͤllen entkommen. Dann wie einer mehr foͤrchtet die Straff/ so er verdienet hat/ je mehr beweint er die Schuld/ die er begangen hat. Auch wird der Mensch auß der Betrachtung dieser hoͤllischen Tormen- ten/ in Ertragung der Widerwaͤrtigkeiten um Christi Willen/ uͤber die Mas- sen sehr gestaͤrcket: Dann/ gleich wie der H. Vattter sagt/ was der Ser. 109. Mensch immer schwaͤres leidet/ daß ist in Ansehung deß ewigen Feurs/ nicht allein ein gar geringes/ sondern auch ein lauteres Nichts. Und an einem andern Ort sagt er: Wer will Idem in Ps. 69. nicht gern trincken den Kelch der zeitlichen trůbsalen/ wan er zugleich foͤrchtet die Peyn der Hoͤllen: und wer wird nicht verdammen die Sůssigkeit deß zeitlichen/ dem da důr- stet nach der Lieblichkeit deß ewigen Lebens: Mit meh- rer Forcht verachtet man das Geringe/ und mit groͤsser Begierd der Ewigkeit/ hat man einen Verdruß an allem Zeitlichen. Dahero hat der A bt Olympius/ da er gefragt worden/ wie er ein so greißliche Hoͤhl bewohnen/ und so grosse Hitze/ sambt dem immerwaͤhrenden Beissen der Wand-Leusen uͤbertragen koͤnne? geant- J i i i wortet/ Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection wortet/ daß er dieses alles leichtlich gedulden koͤnnte/ die weilen er den un- sterblichen Wurm/ und das ewige Feuer allzeit im Sinn habe und foͤrchte. Nimb vor lieb/ mein Christliche Seel/ mit dieser Lection/ die ich zu deinem weitern Schroͤcken annoch ver groͤssern koͤnnte; Nun aber hiemit endige/ und der troͤstlichen Zuversicht lebe/ du werdest mit selbiger dich befriedigen/ und dir die folgende Vers von der Verdambten klaͤglichen Traurigkeit gefallen/ und angelegen seyn lassen. Klag-Lied. Vber die Peynen der Verdambten. Wo rufft mich hin/ O Ewigkeit/ Der Warheit rechte Wage: Du Lehrerin der Heiligkeit/ Was lehrstu mich/ dich frage: Ewig ist er/ und ewig ist Der Koͤnig/ so da dreuet: Es ist die Hoͤll/ die Hoͤll es ist Die Sach/ so er da dreuet. Was ist dann diese Ewigkeit: Ein stete Peyn deß Hertzen: Was ist dann diese Ewigkeit: Ein stets Gefůhl der Schmertzen; Ach! ach/ wie unbeschreiblich ist/ Die stete Peyn deß Hertzen; Ach! ach/ wie auch unendlich ist/ Daß stet Gefühl der Schmertzen! Weh/ weh euch schleckern Mittag-Mahln! Viel Peyn ist euch bereitet; Weh/ weh euch guten Abend-Mahln! Zur Hoͤllen man euch leitet. Weh/ Von den Peynen der Hoͤllen. Weh/ weh der Speisen Kostbarkeit/ Vnd liederligen Liedlein! Weh allerhand Vnsauberkeit/ Vnd euch unkeuschen Briefflein! Ach! ach/ mit lehrem Trost allein/ Die Welt ihr Kinder speiset: Sie schenckt ihn lauter Lügen ein; So boͤses Gifft mich greiset. O ihr boͤse Schweffel-Flüsse! O ihr sehr tieffe Thaͤler! O ihr glünde Feures-Güsse! O aller Narren Graͤber! Ach! ach/ du wahre Peynen-Statt/ Ein Kercker bist der Sünder! Hunger/ Durst und ewiges Radt/ Belohnung ist der Sůnder. Hier brennt der Reich/ das Purpur-Kleyd/ Hier brennet Seyd und Sammet: Dieß ist das Mahl/ nachdem man reit/ All Wust allhier sich samblet. Wie lang wirstu seyn in Peynen/ Sag/ Verdambter/ mir: Allzeit. Wie lang wirst dein Sůnd beweinen: Sag mir/ sag mir. Allzeit. Sag/ wie lang die Peyn wird bleiben/ Jn dem Feur der Hoͤllen: Eben So lang/ als bey uns beyden/ Zwey Seelen werden leben. Tag/ Monat/ und der Jahren Frist/ Laufft alles nacheinander: Noch Tag/ noch Jahr/ noch Monat ist/ Der uns scheid von einander. J i i i 2 Der Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection Der Zorn GOttes immer waͤhret/ So lang GOtt GOtt wird seyn; Kein Leichterungs-Hoffnung sich naͤhert/ Der Peyn wird kein Ende seyn. GOtt werden wir niemahl kennen/ Vnd lieben GOtt auch niemahl: Wir werden nur allzeit brennen; GOtt wird uns lieben niemahl. Jm Hunger man das Feur uns langt/ Daß müssen wir thun speisen: Jm Durst das Feur ist unser Tranck: Wen solt darab nicht greisen: Was wir sehen/ ist Feur allein/ Jst alles was wir schauen: Vnd aller Bett ist Feuer allein/ Der Kinder/ Mann/ und Frauen. Der Sand so viel nicht Koͤrnlein hat/ So viel nicht Sternen scheinen/ Das Meer so viel nicht Troͤpfflein hat/ Als in der Hoͤll seynd Peynen. O Ewigkeit/ O schwehre Last! Du bist ein Schmertz der Schmertzen; Dieweil kein End sich sinden last/ So grosser deren Schmertzen. Auß diesem Kaͤrcker hoͤre ich: Ach haͤtte ich noch ein Stunde! Mit GOtt/ mein Seel/ versoͤhne dich/ Wann kanst zu aller Stunde. Der Feind allzeit verletzet dich/ Thut dich doch niemahl toͤdten: Dieß Thier allzeit fresset dich/ Hilfft doch nicht auß den Noͤthen. Kein Von den Peynen der Hoͤllen. Kein Ruh allhier zu finden ist/ Der Teuffel immer dreschet: Ein ewigs Seelen schinden ist; Niemahl das Feur erloͤschet. Es spielt allzeit der Strahlen-Blitz/ Der sich nicht lasset daͤmpffen; Die Flüß behalten ihre Hitz/ Die kan man nicht erschoͤffen. Betracht/ mein Seel/ wie schwaͤr da ist/ Daß bleiben must von Hinnen: Betracht/ mein Seel/ wie saur da ist; Daß niemahl kanst entrinnen. Gedenck/ mein Seel/ behertzge dieß/ Laß dir vor Augen schweben; Was immer bist; was nimmer bist: Ohn GOtt in Schmertzen leben. Gedenck/ wie sey so schwaͤr und hart/ Der Freud nicht zu geniessen; Zu der dich GOtt erschaffen hat/ Derselben zugeniessen Gedenck/ wie dich betrüben würd/ Alzeit gebrent zu werden. Gedenck wie dich erfreuen würd/ Wann einmahl moͤgtest sterben. Ach! freylig ich gestehen muß/ Daß bist ein boͤses Jmmer: Ach! gern ich bekennen muß/ Daß bist ein loses Nimmer. Nach dieser Maaß gemessen ist/ So vieler Heiligen Clarheit: Kein Fabul dieß Vermessen ist; Seynd lauter Wort der Warheit. J i i i 3 Ach! Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection Ach! ach/ den Allerschoͤnsten GOtt/ Mit Augen sehen Niemahl; Jst dieser nicht ein grosser Spott/ Dich JESVM lieben Niemahl: Sag/ Verdambnuß waß bistu: Jch bin GOTT gefallen Niemahl: Ein ewige Verzweifflung ist/ Die Peynen fliehen Niemahl: Der Ziegel-Ofen nichts an mir Hat/ nichts die glaͤßnere Hütten: Der Hitz deß Kalcks man spottet hier/ Vnd auch der Eisernen Hůtten. Ady ihr schoͤne Traͤume mein/ Ady/ du Welt bist eitel: Wiewohl du hast so grossen Schein/ So bist und bleibst doch eitel. Du Welt/ du Welt bist ein Betrug/ Der kurtzeu Eitelkeite. Du Hoͤll/ du Hoͤll/ du bist ein Lug/ Der harten Ewigkeite. Wie lang/ O Mensch verbleibstu ach! Jn so viel tausend Gfahren: Der ein gehtvor/ der ander nach; Von hinnen wir all fahren. O GOtt! ich dich jetzt lieben will/ Nicht laͤnger will verweilen: Dir dienen will ich in der Still; Mit allem Eiffer eilen. Soll einem GOtt auß dieser Peyn/ Zu uns zu kommen gůnnen! Jch meyn/ er wůrd sich stellen ein/ Vnd büssen seine Sünden/ Wie Von den Peynen der Hoͤllen. Wie eiffrig solt nicht betten der/ Vnd würd sein Sünd beweinen: Der groͤsten Buß-Werck keins solt er Zu hart zu seyn vermeinen. Wann kaͤme ich auß der Hoͤllen-Saß/ Auchs Leben solt erwerben; Was sagen solt: wie leben: daß Nicht wieder moͤgt verderben. O wie sehr würd ich lieben dich/ Mein Heyland/ hier auff Erden; Damit ich nicht mehr ohne dich/ Zu seyn gezwungen werde! Vielmehr nun bin verbunden dir/ Daß mich nicht lassest fallen: Was wart ich nun/ und geb nicht dir Mein Hertz/ so dir gefallen: Du ruffest mich/ dir folge ich/ Jn groͤster Brunst der Liebe: Mit zarter Lieb wil lieben dich/ Der mich also geliebet. Es brennen jetzt im Hoͤllen Tich/ Ach! tausent/ tausent/ tausent: Warumb nun auch nicht brenne ich/ Wie diese tausent/ tausent: Wer hat gemacht/ daß ich nicht bin/ Der Sůnder Mit-Erb worden: Jns ewig Feur/ daß ich nicht bin/ Zur Straff geworffen worden? Dieß hat gemacht der grosse GOtt/ Dem muß ich ewig dancken/ Der guten Hertzen treuem GOtt/ Mit Wercken und Gedancken. Jn Die Acht und Viertzigste Geistliche Lection Jn dem nun solches ich betracht/ O GOtt! wie soll dich ehren: Nach keinem Ding ich so sehr tracht/ Als dich nur zu verehren. Wie Wunder seynd/ wie liblich seynd/ Die schoͤne GOttes Gunsten! O wie gar unbeschreiblich seynd/ Die hitzge Liebes Brunsten! Euch giest in meinem Hertzen auß/ Mein Seel ihr euch erwebet: Was euch euch mißfaͤlt/ daß werffet auß/ Vnd helfft mir GOtt erwerben. So fahr nun auß all Eitelkeit Der Welt und ihrer Kinder. Auß/ auß mit dir in Ewigkeit; Es ist nichts Guts darhinder. Jch will/ ich will nun stehen auff; Helff/ GOtt/ mir/ daß mehr wolle: Dein Gnad nicht laͤnger schiebe auff/ Daß thue/ was ich solle. Asdann bin ich erst recht gesund/ All Schmertz ist mir verschwunden/ Wann ich schon würde sehr verwund; Seynds doch nur Liebes-Wunden. Dich lieben will/ als vielich kan: Dann du geliebt must werden: Auff daß ich dich mehr lieben kan/ Allhier auff dieser Erden/ Drum bitte dich/ HERR JESV Christ/ Mit Seufftzen und mit Zaͤhren/ Dein Gnad verleyh mir armen Christ/ Dein Lieb in mir thue mehren. Kombt Von den Peynen der Hoͤllen. Kombt/ kombt ihr alle Himmels Gaͤst/ Mein Hertz ihr gantz umbringet; Mir Armen in so hartem Nest/ Jn der Noth mir doch beyspringet. Jns Hertz hinein euch tringen thut/ Helfft/ daß ich moͤge brennen; Das kalte Hertz mit eurer Glut Entzünd/ das Eyß thut hemmen. Das beste Feur/ O Koͤnigin! Von dir ich nun erwarte; Der schoͤnsten Lieb ein Lehrerin/ MARIA bist ex Arte. Laß wachsen mich/ mein GOtt und HErr/ Jn deiner Liebes Hitzen/ Auff daß ich lerne mehr und mehr/ Die wahre Lieb besitzen. Entzůnd/ O GOtt! im Hertzen mein/ Die Ewigkeit der Liebe; Damit der Hoͤllen Schmertz und Peyn/ Mich nimmermehr betrübe. AMEN . K k k k Die Die Neun und Viertzigste Geistliche Lection Die Neun und Viertzigste Geistliche LECTION Von Den Peynen deß Feg-Feurs. Deus in ultum abire Peccatum non patitur. Job. 24. v. 12. GOTT lasset die Sünd nicht ungerochen hin- gehen. 1. O Bwohlen es an sehr vielen Beweisthumben/ und Zeugnuͤssen der H. H. Vaͤtter uͤber die bittere Peynen deß Feg-Feuers nicht ermanglet; so gehen wir doch derhalben selbige allhier vorbey; dieweilen alles/ was von den Straffen der Hoͤllen bißhero gesagt worden/ auch von dem Feg-Feur kan verstanden werden: zumahlen die Peynen/ so da reinigen/ einer Arts seynd mit den hoͤllischen Tormenten: wie der heilige Cyrillus mit diesen Worten bedeutet: Vnter den In Epist. ad S. P. Aug. Peynen der Hoͤllen und den Peynen deß Feg-Feurs ist kein Vnterscheid/ dieweilen sie gleicher Grosse seynd. Jn diesem aber kan eine Vngleichheit seyn/ daß nemblich die hoͤllische immer anhalten; die Feg-Feurs Peynen a- ber ein End gewinnen. Dahero sagte die heilige Maria Mag- Vit. p. 2. c. 1. dalena de Pazzis recht in ihrer Verzuckung; daß alle Tormenten/ so die Blut - Zeugen Christi haben außgestanden/ in Ansehung der hoͤllischeu Peynen seyen gewesen ein lustiger Garten. Zu dessen Bekraͤfftigung die- P. 4. Summ. tit. 14. c. 10. §. 4. net die Histori/ so folgt. Ein sicher Mensch/ sagt der heilige Anto- nius/ nachdem er sehr uͤbel gelebt hat/ ist mit einer schwaͤhren und langw- nigen Kranckheit zum Heyl seiner Seelen/ von GOTT heimgesucht wor- Von den Peynen deß Feg-Feurs worden: ist aber uͤber die Langwierigkeit derselben endlich so verdruͤssig worden/ daß er GOtt offt gebetten/ er moͤgte ihm doch gefallen lassen/ mit dem Todt der Kranckheit ein End zu machen. Hieruͤber ist selbigem einsmahls der Engel GOttes erschienen/ und hat ihm die Wahl gegeben; oder zwey Jahr lang diese Kranckheit außzustehen/ und nachmahls der himmlischen Freuden zu geniessen; oder anjetzt zu sterben/ und mit einer drey taͤgigen Straff der Peynen deß Feg-Feuers/ seine Suͤnden abzubuͤs- sen. Nun hat selbiger das letztere dem ersteren vorgezogen/ ist seines Be- Begehrens gewaͤrtiget/ bald hernach gestorben/ und die Seel zum Feg-Feur verurtheilet worden. Eine Stund nach dessen Hinscheiden ist ihm derselbi- ge Engel erschienen/ und hat ihn gefragt/ ob er ihn kenne? Deme er geant- wortet/ er kenne ihn nicht. Jch bin der jenige/ hat der Engel zur Ant- wort gegeben/ der dir die vor weniger Zeit die Wahl hab vorgeschlagen. Darauff die Seel geantwortet: Du kanst kein Engel GOttes seyn/ die- weilen solcher nicht liegen kan: Der mir aber gesagt hat/ daß ich nur drey Tag allhier verbleiben solle/ der hat mich betrogen; dann ich hab in diesen Tormenten schon viele Jahr zugebracht. Worauff der Engel geant- wortet: Du bist allhier nicht laͤnger/ als eine Stund gewesen/ und must also die gantze restirende Zeit uͤber allhier verharren. Ach! bitte den Herrn fuͤr mich/ sagt die Seel/ er wolle meine/ in sothaner Waͤhlung veruͤbte Thorheit doch weiter nicht ansehen; sondern mich vielmehr zum vorigen Leben gnaͤdiglich widerruffen/ auff daß ich nicht allein zwey Jahr/ sondern so langs der Goͤttlichen Majestaͤt gefallen wird/ meine gehabte Kranckheit leiden moͤge. Dieses hat er auch erhalten/ und nachdem er zum Leben be- ruffen worden; hat er alle Schmertzen mit hoͤchster Gedult und Freude außgestanden. 2. Jm vorigen hunder sten Jahr haben in Holland zwey geistliche Jung- frauen in Einfalt und Christlicher Liebe ihrem GOtt miteinander gedienet; welche sich dergestalt unterredet/ daß die erst-sterbende nach dem Todt/ der hinterlassenen ihren Zustandt (wofern solches dem Willen GOTTES nicht zu wider waͤre) verkuͤndigen solte. Nun hat derselben beyden Jungfrauen erst abgelebte/ der vorigen Abred gemaͤß/ bey ihrer uͤber- bliebenen geistlichen Schwester sich angemeldet/ und selbiger zu erkennen gegeben/ daß sie wegen gar geringen laͤßlichen Suͤnden/ so von den Men- schen kaum geachtet werden/ grosse Schmertzen im Feg-Feur leyden muͤs- K k k k 2 se: Die Neun und Viertzigste Geistliche Lection se: Jch kan aber/ sagt sie/ von sothanen Peynen befreyet/ und der ewi- gen Seeligkeit theilhafftig werden/ wann du fuͤr mich eine vierzehn taͤgige leibliche Kranckheit außzustehen/ dich unternemmen wollest. Uber solchen Vorschlag/ hat die lebende Jungfrau sich mit ihrem Beichs-Vatter/ ei- nem Guardian auß dem heiligen Franciseaner Orden/ berathschlaget; und von selbigem zur Antwort bekommen/ daß er in diese Verwechselung weder verwilligen/ weder derselben zu wider seyn wolle/ sondern stelle sel- bige ihrem loͤblichen Eyffer der Christlichen Liebe anheimb. Nach eingeholtem sothanen Rath/ hat die Jungfrau sich entschlossen/ durch dergleichen vorgemeldte Kranckheit ihre Schwester von den Peynen deß Feg-Feurs zu erloͤsen. Und/ siehe/ alsbald ist sie von einer schwaͤren Kranckheit sehr hefftig angegriffen worden/ daß es sie in wenig Tagen Zeit deß Kauffs gereuet hat/ und in Ungedult gerathen ist. Da nun mit die- ser Kranckheit alle Glieder deß Leibs (ausserhalb der Zungen) uͤberauß schmertz- lich behafftet gewesen/ und kein Artzt die Natur deß Zustands erkennen moͤgen: hat die verstorbene Jungfrau bey der Krancken sich abermahl angemeldet/ selbige wegen ihrer Ungedult bestraffet/ und ihre drey stuͤn- dige Peynen deß Feg-Feurs an statt der vierzehn taͤgiger Kranckheit an- erbotten: zu welcher Abwechselung die Krancke ihren Beichts- Vatter zum andernmahl umb Rath ersucht hat; welcher auch die Frag vorbesag- ter Massen wiederumb beantwortet. Jn dem nun selbige die angetha- ne Erbietung sich gefallen lassen; ist sie augenblicklich dergestalt entzuͤn- det worden/ daß auß Mund/ Nase und Ohren das Feuer sichbarlicher Weiß hervor geschlagen/ dessen der offtgemeldte P. Guardian mit vielen andern ein Zeug gewesen ist/ und hat zu mehrerer Sicherheit/ seine Hand gegen den Mund der brennenden Jungfrauen halten wollen/ hat aber die- selbige nicht unverletzt zuruͤck gezogen. Nach verslossener bestimten Zeit hat die verstorbene Jungfrau ihrer Wohlthaͤterin fuͤr die erwiesene Lieb ge- danckt: so dann die uͤbrige Zeit ihres Lebens in immerwaͤhrender Leibs- Schwachheit zugebracht. Diese Geschicht hat offt erwehnter Beichts- Vatter/ als ein lebendiger und glaubwuͤrdiger Zeug/ zum heylsamen Schroͤcken seiner Zuhoͤrer und andern/ denselben von der oͤffentlichen Can- tzel erzehlet. Es ist ihm aber vom Ertz-Bischoff zu Utrecht befehlen wor- den/ von selbiger Histori fortan nichts mehr zu melden: zumahlen sel- biger darfuͤr gehalten/ daß in jenem Leben die suͤndhaffte Seelen mit keinem materialischen und sichtbarlichen Feur gezuͤchtiget wuͤrden. Nachdem aber Von den Peynen deß Feg-Feurs. aber neben dem P. Guardian/ so viele sehr glaubwuͤrdige lebendige Zeu- gen eydlich betheuret/ daß sie das Feuer gesehen/ und die erschroͤckliche Hitze empfunden haben; ist hoch- gemeldter Ertz- Bischoff von seiner Meinung abgestanden/ und hat einem jeden/ von dieser Geschicht die Warheit zu reden/ gern erlaubet. Dieses hat sich also zugetragen/ und ist von einem Coͤllnischen Thumb- Herrn/ Nahmens Joanne von Bruͤ- hesen/ so nachmahlen zum Ertz- Bischoff zu vorgedachtem Utrecht er- nenuet worden/ und in der Carthauß zu Coͤlln am Rhein sein Leben ge- endiget/ nicht allein erzehlet/ sondern auch schrifftlich hinderlassen worden. 3. Recht sagt dahero der Gottseelige Thomas à Kempis: Wann L. 1. c. 22. wir die kůnfftige Peynen der Hoͤllen oder deß Feg-Feurs wohl behertzigten; so glaub ich/ wůrden wir alle Ar- beit und Schmertzen gern außstehen/ und für keiner Strenge uns foͤrchten. Mit dieser unaußsprechlicher Peyn deß Feg- Feurs werden die Seelen nicht allein wegen der/ in diesem Leben be- gangenen groben Suͤnden/ welche der Schuld nach außgeloͤscht seynd/ gestrafft: sondern auch wegen der geringsten laͤßlichen Suͤnden und Un- vollkommenheiten. Also hat ein Geistlicher auß dem Orden deß H. Domi- Spec. Ex- em. Dist. 7. Ex. 57. niei eines gantzen Monats Frist im Feg- Feuer leyden muͤssen/ dieweilen er mit den weltlichen Leuthen zu grosse Gemeinschafft gepflogen/ und auß selbigen einigen Trost geschoͤpfft hat. Justinus/ ein Capuciner/ hat das Verbrechen seines Mit- Bruders mit einiger Bitterkeit deß Ge- Ann. Ca- puc. 1563. muͤths dem P. Guardian angebracht; und hat demselben nach seinem Todt bedeutet/ daß er dieserthalben in Gefahr seiner Seeligkeit gewe- sen/ und zu einem dreyssig-jaͤhrigen Feg- Feuer seye verdambt worden. Ludovicus der zweyte Kayser dieses Nahmens/ ist dreyssig Jahr nach Baron. Tom. 10. A. 874. seinem Todt/ seinem Sohn erschienen/ und hat selbigen durch JEsum Christum unsern Heyland beschwohren/ daß er ihn dermahlen eins auß den grossen Schmertzen deß Feg-Feurs erloͤsen solte. Dieser Kayser ist bey seinen Leb-Zeiten der Andacht also zugethan gewesen/ daß er von jederman Ludovicus Pius, das ist/ Ludovicus der Andaͤchtige/ genen- net worden. So ist dann wahr/ und bleibt abermahl wahr/ was der fromme Job gesagt hat: GOTT lasset die Sünd (auch die geringste) nicht ungerochen hingehen. So scharff zuͤchtiget K k k k 3 er Die Neun und Vertzigste Geistliche Lection er die Suͤnd/ daß er auch seinen treuesten und geheimbsten Freunden nicht verschone. 5 Sintemaln der Gottseel. Bischoff Udalricus dieserhalben allein das Feg- Feur hat schmaͤcken muͤssen/ daß er dem Adelberroni seinem Vetter das Bisthumb uͤbertragen; ob wohln selbige Uberlassung zu gebuͤhrender Zeit/ Sur. tom. 7. nemblich nach dem Todt deß Udalrici erstlich geschehen ist. Da ein Coͤllnischer Geistlicher einsmahls zu Pferd uͤber den Fluß gesetzt/ hat der heilige Severinus/ so eben vorhero gestorben/ und mit Wunder-Zei- chen geleuchtet/ den Zuͤgel deß Pferds ergriffen/ und den Reuther er- sucht/ er moͤgt ihm die Hand reichen/ welche er mit so grossem erfolg- ten Schmertzen ins Wasser geduncket hat/ daß selbige alsbald von allem Fleisch entbloͤsset worden/ und nur die Bein allein uͤberblieben seynd: die Ursach seiner Peinen/ hat der verstorbene Bischoff gesagt/ daß diese gewe- sen seye; dieweilen er seine Gezeiten zu gebuͤhrender Zeit nicht gelesen habe. Nachdem er nun dem gemeldten Geistlichen die Hand in vorigen Stand gesetzt/ hat er von selbigem begehrt/ er wolle ihn in der anderen geist- L. 4. Dial. c. 40. lichen Gebett empfehlen/ und ist also verschwunden. Paschasius der heiligen Roͤmischen Kirchen Diaconus ist ein so tugentsamer und heiliger Mann gewesen/ daß nach Zeugnuß deß heiligen Gregorii durch blosse A nruͤhrung desselben Chor-Cappen/ so auffder Leichen gelegen/ ein Be- sessener befreyet worden: und nichts desto weniger ist dessen Seel dem hei- ligen Germano/ Bischoffen zu Capua erschienen/ und gesagt/ daß sie in einem Bad ihre Suͤnd buͤssen muͤssen; hat auch annebens den heiligen Mann umb Huͤlff ersucht; durch dessen Gebett selbige von ihren Pei- nen erloͤset worden. Wann die so grosse Freund GOTTES der- gestalt biß zum letzten Heller alles bezahlen muͤssen/ und selbiger nicht verschonet wird/ wie vielmehr werden wir armseelige Troͤpff biß zum letzten Augenblick in den Peinen verbleiben muͤssen? Hugo Victorinus/ ein Regulier-Canonicus war ein so gelehrter und heiliger Mann/ daß er bey seinen Zeiten fuͤr den andern Augustinus gehalten wurde; dieweilen er nun einige Mahl die ordinari Disciplin unterlassen/ und sich Vermoͤg seiner Regul andern zu zuͤchtigen/ verabsaumet/ hat er sothane Nach- laͤssigkeit gar theur bezahlen muͤssen: Dann nach seinem Todt ist er einem sei- ner Mit-Bruͤder erschienen und hat gesagt/ daß er zwarn die ewige See- ligkeit erlangt; habe aber durchs Feg-Feuer passiren muͤssen; in welchem vorbeygehen ihn alle Teuffel angefallen/ und habe von jedem einen harten Streich Von den Peynen deß Feg-Feurs. Streich bekommen: diese Zuͤchtigung ist mir so schwehr gefallen/ daß ich vermeine/ alle Tormenten der gantzen Welt koͤnnen mit selbiger nicht ver- glichen werden. Dieß laß dir gesagt seyn/ du nachlaͤssiger Geistliche/ der du nicht allein dergleichen Diseiplinen/ sondern auch andere diene Regulen und Satzungen zu halten vernachlaͤssigest. 5. Auff daß du aber mit den Peinen deß Feg-Feuers zu deinem grossen Schaden/ den Spott nicht treiben moͤgest als hab ich dir annoch verzeich- nen wollen/ was folget. Jn Engelland ist ein Geistlicher vom heili- Dion. Cart. de 4 Noviss. art. 47. gen Donnerstag biß zum Abend deß Sambstags vor Ostern im Geist verzuckt gewesen: und da er wiederumb zu sich kommen ist/ hat er wun- derselsame und erschroͤckliche Ding erzehlet/ so er gesehen hat. Unter an- dern redet er also: Mein Fuͤhrer der heilige Nicolaus und ich giengen durch einen ebenen Weeg/ biß wir in eine grosse und weite Landschafft ka- men/ welche uͤber alle Massen erschroͤcklich anzusehen ware: daselbst funden wir eine unzahlbare Menge Volcks/ so da mit unglaublichen Grausamkeiten allerhand erdencklichen P einen gezuͤchtiget wurde: Die- se hatten Hoffnung/ daß sie von diesen Schmertzen dermal eins wuͤrden befreyet werden/ dann sie waren keine Verdambte: Sie seufftzeten/ weinete und heuleten alle jaͤmmerlich. Jch hab unter selbigen unzahlba- re Art der P lagen gesehen. Einige wurden in einer Brat- P fannen gebraten; andere im Feuer selbsten gebrennet: Einige wurden mit Klauen dergestalt zerrissen/ daß die Gelencke der Gelieder voneinander giengen. Andere wurden in P ech und S chweffel-fliessenden Baͤdern/ so auch mit zerlassenem Ertz/ Bley und anderm Metall erfuͤllet waren/ sambt einem grausamen Gestanck/ gestraffet. Einige wiederumb wur- den durch die gifftige Zaͤhn der abscheuligsten und seltzsambsten Thieren zernaget: und andere mit andern unbegreifflichen und entsetzlichen Arten der P einigungen armsecliglich hergenommen. GOTT sey mein Zeug/ daß/ wann ich sehen solte/ daß ein Mensch/ der mir und den Meini- gen alle S chmach und S chaden/ so einer auff dieser Welt außstehen koͤnnte/ ja den Todt selbsten haͤtte zugefuͤgt/ zu diesem grausamen Ellend solte verurtheilt werden/ daß ich tausendmahl/ sag ich/ fuͤr denselben ster- ben wolte/ damit er sothanen S traffen entgehen moͤgte: also thuen sel- bige alle Maaß und Manier der Aengsten/ S chmertzen/ Bitterkeit und und Armseeligkeiten uͤberschreiten. 6. Nach Die Neun und Viertzigste Geistliche Lection 6. Nach diesem seynd wir zum andern Orth der Todten kommen/ und haben gesehen einen gar tieffen Thal/ und in selbigem einen sehr tieffen Fluß/ welcher einen unaußsprechlich stinckenden Nebel von sich gab/ und in selbigem war ein Feur/ so biß zum Himmel zureichen scheine- te. Hergegen war auff der andern S eiten eine so grausame Kaͤlte/ daß ich/ so viel mich gedunckt/ nichts erschroͤcklichers jemahlen gesehen hab. Daselbst befunden sich unzahlbare S eelen/ so bald in den abscheulig- sten Fluß geworffen warden/ bald auß selbigem herauß brachen/ und im Feuer verwickelet wurden/ nachmahlen die allerbitterste Kaͤlte musten außstehen. Die P einen dieses Orts waren groͤsser als deß vorigen/ und waren dannoch nur Tormenten deß Feg - Feurs. Weiters seynd wir kommen zum dritten Orth der P einungen/ welche so uͤberauß grau- samb und entsetzlich waren/ daß auch die geringste derselben von keiner menschlichen Vernunfft begriffen/ weder mit der Z ungen koͤnnen auß- gesprochen werden. Dann ich sahe/ daß sie gar kurtzer Z eit durch mehr als hundert unterschiedlichen Torturen gleichsamb vernichtiget/ und als- bald wiederumb zum S tand gebracht wurden; bald aber wiederumb schier zu nichts gemacht/ und abermahl ergaͤntzet wurden. Jn dem erstge- meldten Orth hab ich den Vorsteher einer gewissen geistlichen Versamb- lung gesehen: Dieser war in den groͤsten P einen desselben Orts/ bald im Feuer/ bald in den mit fliessenden S chweffel und Pech vermischten al- lerhitzigsten Baͤdern: und da ich ihm die Ursach solcher Tormenten/ fragte/ gab er mir zur Antwort/ und sagte: Jch leide die Qualen mehr umb der Suͤnde meiner untergebenen/ als umb meiner eigenen Willen: die mei- nige hab ich durch oͤfftere B eicht/ durch Casteyung meines Leibs/ durch stetes Gebett/ und andere Buß-Werck außzuloͤschen mich beflissen: Die- weilen ich aber auß einer eitelen Forcht meine Geistliche in gebuͤhrender Zucht nicht gehalten hab; auff daß ich nemblich durch derselben Wider- stand meines Ambs nicht entsetzt werde; derhalben werden meine S chmer- tzen taͤglich groͤsser; zumahlen derselben Suͤnde/ die sie wegen meiner veruͤbten Nachlaͤssigkeit noch taͤglich begehen/ mir zugemessen werden/ daß ich also das End meiner P einen nicht wissen kan. Auch hab ich an diesem Ort gefunden einen mir in der Welt bekennten und beruͤhmten Doctoren/ so Z eit seines Lebens von jederman groß geehret worden: mit selbigem hatte ich ein grosses Mit-Leyden/ und fragte ihn/ ob er der Hoffnung lebte/ daß er einsmals von sothanen Tormenten wuͤrde be- freyet Von den Peynen deß Feg-Feurs. befreyet werden: hierauff sagte er mit klaͤglicher Stimm: Wehe/ wehe/ wehe; ich weiß/ daß ich vor dem letzten Gerichts-Tag keine Gnad erlangen werde: Ob ich aber alsdann noch erloͤset werde/ bin ich nicht versichert. Ach! ach/ wer solte geglaubt haben/ daß meine Ehr und grosses Ansehen/ welches ich bey allen auff der Welt gehabt; ein so grosse Verachtung und bitteres Ley- den haͤtte sollen veraͤndert werden? Jch hab alldort gesehen/ daß einige die gluͤhende Kohlen unablaͤßlich im Maul herumb geworffen/ und also uͤber- maͤssig grosse Peyn erlitten/ daß sie die Baum-Fruͤchten und andere Speisen mehr aus Wollust/ als Nothdurfft genossen hatten. 7. Jch hab auch daselbst einen Soldaten gesehen/ welcher viele und unter- schiedliche Plagen außstunde/ und unter andern auch einen Vogel/ gleich ei- ner Faust truge; dessen Hand wurde von dem Schnabel und Klauen deß Vogels erbaͤrmlich zerfressen/ dieweilen er im Beitzen der Raub-Voͤgel/ mit denen er andere zu fangen pflegte/ sich gar zu viel ergetzet hatte. Jch hab auch aldorten Bischoͤffe in sehr schwehren Peynen gesehen/ deren Straf- fen taͤglich vermehret wurden wegen der Suͤnden der Unterthanen/ die sie uͤbel beherrschet/ und nicht gebuͤhrlich gestraffet hatten. Priester hab ich auch gefunden/ so ihre Unkeuschheit zwarn gebeichtet/ die Gnug - Thuung aber nicht erfuͤllet hatten: diese wurden mit unzahlbaren und gleichsamb uner- maͤßlichen Peynen hergenommen. Jn dem ich nun verwundert ware/ daß so wenige Priester im Feg-Feur zu finden waren/ in Ansehung so vie- ler/ die fast an allen Orthen mit der Unkeuschheit sich besudlen: ist mir ge- sagt worden/ daß derhalben so wenige daselbst gefunden wuͤrden/ dieweilen auß selbigen kaum einer oder ander eine wahre Bereuung hat/ und dahero schier alle ewiglich verdambt werden. 8. Was soll ich weiters von den Straffen der groben Laster sagen/ in dem ich gesehen hab/ daß auch die gute Geistliche so bittere Tormenten haben auß- stehen muͤssen/ dieweilen sie nur uͤber die Sauberkeit und Schoͤnheit ihrer Haͤnde eitele Gedancken gehabt haben? Jch hab auch einen sehr maͤchtigen Koͤnig daselbst gesehen/ welcher unaußsprechlich grosse Tormenten erlitte. Annebens selbigem hab ich auch einen Bischoff gesehen/ so da nach dem inner- lichen Mensehen ein sehr guter Geistlicher und andaͤchtiger Mann gewesen ware/ und in seinen Leb-Zeiten den Leib mit einem sehr harten Cilicio/ mit Fasten/ Wachen und andern Buß-Wercken gezuͤchtiget hatte/ deme auch ein grosser Lohn im Himmel vorbehalten wurde/ und durch welchen GOtt nach dessen Absterben einige Miraculn gewirckt hatte; so dannoch diese Pey- nen hat leyden muͤssen/ dieweilen er in seinem Ambt durch einige Nachlaͤssig- L l l l keiten Die Neun und Viertzigste Geistliche Lection keiten erzuͤrnet hatte. Praͤlaten und Abtissinnen hab ich auch gesehen/ wel che ihren Freunden und Verwandten mit sinnlicher Lieb waren zugethan gewesen/ und derhalben gepeiniget wurden. Dieses Gesicht/ so GOTT dem Englischen Geistlichen hat zeigen wollen/ bedeutet uns gnugsamb/ wie groß die Peynen deß Feg-Feurs seyn/ und wie schwerlich man denselben L. 1. de Amiss. Grat. c. 13. entgehen moͤge. Dahero hat der Geistreiche Cardinal Bellarminus sa- gen doͤrffen/ daß auch kaum einige gerechte Menschen ohne Feg-Feur den geraden Weeg zum Himmel fuͤhren/ wann nicht GOtt denselben eine son- derbahre Gnad erweisete. Dieses bekraͤfftiget die H. Theresia mit diesen Vit. c. 33. Worten: Ob wohln der HErr sich gefallen lassen/ mir den Zustand vieler Seelen zu offenbahren/ so weiß ich doch nicht/ ob auß allen denen/ die ich gesehen hab/ ein eintzige Seel seye ohne Feg-Feur seelig worden/ ausserhaib deß Geistlichen/ von dem ich ein wenig vorhero gemeldet/ und deß H. P. F. Petri de Alcantara, wie auch deß jenigen Dominicaner/ dessen ich oben ge- dacht hab. 9. Es seye nun die Peyn deß Feg-Feurs so groß/ als sie immer beschrie- ben wird; so ist doch ausser allem Zweiffel/ daß die Peyn deß Verlusts/ so den Menschen der Anschauung GOttes beraubet/ viel groͤsser seye: zumah- len die Begierd der Seelen/ so von Leib gescheiden ist/ daß Allerhoͤchste Gut zu sehen so groß ist/ daß selbige so gar augenblicklich dergestalt durch Erinnerung dieses unvergleichlichen Schadens geplagt werde/ daß alle an- dere Tormenten mit selbigem nicht moͤgen vergleichen werden: insonderheit wann die Seel gedenckt/ daß sie ihrer Suͤnden halben/ der Goͤttlichen An- schauung beraubt werde/ und so leichtlich fuͤr selbige haͤtte koͤnnen Buß thum Jm uͤbrigen ob schon alle Seelen im Feeg-Feuer/ so da haben die Straff deß Gefuͤhls/ auch leyden die Peyn deß Verlusts; so ist doch diesem nicht also im Wieder-Spiel: dann viele Seelen werden allein gereiniget durch die Peyn deß Verlusts oder zeitlichen Beraubung/ wie auß vielen Exem- peln kan bewiesen werden; auß denen ich dieß eintzige vornehme. Da die L. 4. Re- vel. c. 127. H. Mutter Brigitta einsmahls bettet fuͤr einen alten Priester/ einen Claͤusner/ eines fuͤrtrefflichen Wandels und grosser Tugend/ ihren guten Freund/ der dazumahl auß diesem Leben geschieden/ und schon gelegt war auff die Todten- Bahr in der Kirehen/ daß er solt begraben werden/ erschien ihr daselbst die heilige Jungfrau Maria/ und sprach also: Merck Tochter/ und wisse/ daß die Seel dieses Clausners deines Freunds/ da sie auß seinem Leib gefahren/ von Stund an waͤre in den Himmel kommen/ wann nicht gewesen waͤre/ daß sie im Todt keine vollkommene Begierd gehabt hat zur Gegenwart Got- tes/ Von den Peynen deß Feg-Feurs tes/ und seiner Anschauung zu kommen/ und darumb wird sie jetzt auffgehal- ten in jenem Feg- F eur der Begierd/ da kein andere Peyn ist/ als allein die Begierd zu GOtt zu kommen: Doch solstu wissen/ daß ehe sein Leib wird unter die Erde kommen/ seine Seel wird eingefuͤhrt werden in die Herrligkeit. 10. Annebens ist auch zu mercken/ daß/ obschon die Seelen ihre Peynen so wol Blos. in str. Vit. Asc. c. 4. deß Gefuͤls als deß Verlusts nit lieben; sie selbige doch mit keinẽ Widerwillen leyden; zumahlen sie ihren Willen mit dem Willen GOttes vereinigen/ und mit dor Goͤttlichen Gerechtigkeit zu frieden seynd: so gar auch/ daß/ wann sie schon zum vorigen Leben (welches mit vielen Gefahren zu suͤndigen erfuͤl- let ist) wiederumb gelangen koͤnnten/ sie dannoch nicht wuͤrden zuruͤck kom- men/ dieweilen sie versichert seynd/ daß sie nach außgestandener Straff zur himmlischen Glory gelangen werden. Dieses weiß man von Petro à S. Stanislao, so vom todten ist aufferweckt worden. Selbiger hat lieber wollen mit den noch uͤbrigen Peynen die Versicherung deß ewigen Heyls annehmen/ als sich in vorige Gefahr der Verdambnuß stellen. Ja so gar/ wie der Geistreiche Vatter schreibt/ wann den Seelen der Eingang zum Himmel offen stuͤnde/ so wuͤrden sie sich doch mit einer danckbahren Ehrbietsambkeit weigern/ biß sie Vermoͤg einer voͤlligen Reinigung/ so grosser Gluͤckseelig- keit sich wuͤrdig gemacht haͤtten: in dem sie wissen/ daß nichts unsaubers mit der Allerhoͤchsten Reinigkeit muͤsse vereiniget werden. 11. Nach reifflicher Uberlegung der so schwehren Peynen deß F eg-Feurs/ und daß selbige so schwaͤrlich moͤgen gemeidet werden/ ist uͤbrig/ daß wir eine heylsame F orcht dieser Peynen schoͤpffen: darzu dann der Spruch deß H. Abten Guarici sonderlich dienet/ der also lautet: Wehe uns/ wann der Ser. 4. de Purif. Tag erfuͤllet wird/ und nicht die Sauberung; daß wir also hernach muͤssen gesaubert/ und durch das jenige Feur gereiniget werden/ daß da am allerpeyn- lichsten ist/ am allerschaͤrffsten und hefftigsten! Wer ist aber so vollkommen/ so heilig/ so da/ wann er von hinnen scheidet/ diesem Feur nichts schuldig ist? Der also sauber den Schaum der Suͤnden in sich außgekochet hat/ daß er sich ruͤhmen koͤnne/ er habe ein reines Hertz/ daß er koͤnne sagen/ mein Hertz ist rein/ ich bin von aller Suͤnd gesaubert? Krafft dieser F orcht unterwirfft sich die Seel ihrem GOtt in aller Vollkommenheit/ wie der H. Anselmus gar kluͤglich vermerckt/ und also spricht: Mann muß wissen/ daß dieses F eur viel schwaͤhrer seye/ als all das jenige/ so der Mensch in diesem Leben leyden kan: dann alle Tormenten/ die allhier zu finden/ seynd leichter/ und dannoch/ damit der Mensch selbigen entgehen moͤge/ thut er alles/ was ihm befohlen wird: wie viel besser ist dann nicht/ daß man tuhe/ was Gott L l l l 2 befilcht/ Die Neun und Viertzigste Geistliche Lection befilcht/ auff daß man nicht genoͤthiget werde/ so grausame Tormenten auß- zustehen? Betrachte derhalben zum Schluß mit mir/ mein Christliche Seel/ was ein Haubt-Thorheit diese seye; daß nemblich der Mensch den sinnlichen Bigierligkeiten den Zaum zu lassen; seinen GOtt gantz keck und vermessen zu erzuͤrnen/ und zur billigen Rach zu reitzen/ sich nicht foͤrchte; da er doch ver- sichert ist/ daß auch die allergeringste Schuld nicht unbezahlt verbleiben; son- dern mit gezimmender Straff werde belohnet werden. Zum andern geden- cke/ wie blind und unachtsamb die Menschen seyn/ in dem sie mit gar ge- ringen Peynen dieses Lebens vernichtigen koͤnnen viel groͤssere Qualen deß kuͤnfftigen/ dannoch die Wercke der Buß biß zur andern Welt verschieben/ alwo man gar genau rechnet/ und alles zum letzten Augenblick/ mit dem uner- traͤglichen hoͤllischen Feur so scharff gestraffet wird/ in dessen Vergleichnuß das unserige nur die Eigenschafften eines gemahlten Feurs gewinnet. Dieses uͤberlege vernuͤnfftlich/ und mache endlich diesen Schluß bey dir: daß/ wann du den grausamen Peynen deß Feg-Feurs entgehen wollest; sehr weit von der Todt-Suͤnd muͤssest entfernet/ und also beschaffen seyn/ daß du auch eine laͤßliche Suͤnd williglich und auffsetzlich zu begehen/ ein grosses Abscheu- en tragest: die uͤbrige aber/ so da auß Unwissenheit/ Unachtsambkeit/ Ein- schleichung/ \&c. begangen hast/ zu vertilgen trachtest durch die Ubungen der Tugenten; fuͤrnemblich aber durch eine vollkommene Resignation in den Willen GOttes/ und durch die taͤglich Betrachtung deß bittern Leydens JEsu Christi: deren Krafft zu Erloͤschung der verdienten Straffen du auß den vorhergehenden Lectionen an gebuͤhrenden Oertern ohne zweiffel wirst vernommen haben. Neben diesen seynd auch zu solchem Ziel zwey maͤchti- ge Helfferinnen: das kindliche Vertrauen zu GOtt; und die veruͤbte wuͤrckliche Barmhertzigkeit gegen die Seelen im Feg-Feur dahero folgt: Die Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgestorbene. Die Fuͤufftzigste Geistliche LECTION Von Der Barmhertzigkeit gegen die Abgestorbene. Sancta ergò \& salubris est cogitatio, pro Defunctis ora- 2. Mach. 12. v. 46. re, ut à peccatis solvantur. Derwegen ist ein heilig und heylsamb Bedencken/ daß man für die Todten bittet/ damit sie von den Sün- den auffgeloͤset werden. 1. W Ann die Schmertzen/ so der gedultige Job hat außgestanden/ gegen die Peynen deß Feg-Feurs gestelt wuͤrden; so solten wir bekennen muͤssen/ daß die Schmertzen deß Jobs vielmehr Lust- barkeiten/ als Bitterkeiten zu schaͤtzen seyen; wie vorhin gnugsamb erwie- sen ist. Wann diesem unerachtet/ der fromme Diener GOttes dergestalt mit Peynen ist uͤberwaͤltiget worden; daß er seine Bekennte sehr jaͤmmer- lich umb Huͤlff zu ersuchen/ und zu sagen gezwungen worden: Erbarmet euch ůber mich/ erbarmet euch ůber Job. 19. v. 21. mich/ zum geringsten ihr meine Freunde; dann die Hand deß HERRN hat mich angerühret. Wie viel biuiger wird dann nicht eine im Feg-Feur verhafftete/ und mit den unvergleichlichen Flammen/ Aengsten und unaußsprechlichen andern Tor- menten umb gebene Seel erbaͤrmlich ruffen koͤnnen: Erbarmbt euch mei- meiner/ erbarmbt euch meiner/ zum wenigsten ihr meine Freunde/ dann die Hand GOttes hat mich getroffen? Also/ daß wann uns zugelassen wuͤrde diesem entzuͤndeten Kercker uns zu naͤhern/ und das heulen der See- len añzuhoͤren/ wuͤrde vor allem diese klaͤgliche Bitt-Schrifft in unsern Ohren ohne Auffhoͤren erschallen: Erbarmet euch/ \&c. Lasset uns der- halben zuhoͤren und erhoͤren; und nach allen unsern Kraͤfften diesen ar- L l l l 3 men Die Fuͤnfftzigste Geistliche Lection men Kindern zu Huͤlff kommen: und gleich wie die Hand den andern Theilen deß Leibs beyspringet/ wann ein Fuͤncklein auff selbige fallet; also lasset uns von diesen unsern Mit-Gliedern der Christ- Catholischen Kirchen das Feur hinweg treiben; und daß zwarn umb so viel mehr; dieweilen die geistliche Glieder die leibliche an Wuͤrden weit uͤbertreffen. 2. Uber solche Barmhertzigkeit hat uns ein herrliches Bey - Spiel hin- terlassen die H. Christina/ welches da mehr zu verwundern als nachzufolgen ist. Als selbige Jungfrau in ihrer Kindheit gestorben ware/ und das Ambt der heiligen Meeß fuͤr selbige gelesen wurde/ hat sie sich gaͤhling von der Todten- Bahr auff gerichtet/ und hat die Stiegen der Kirchen in aller in aller Hurtigkeit gleich einem Vogel hinauff geeilet; und ist daselbst biß zum End der heiligen Messen verblieben. Nach vollendetem Ambt/ ist sie von Priester beschwohren worden herunter zu steigen; so auch gefchehen: darauff ist sie von ihren Freunden gefragt worden/ was ihr widerfahren seye: und hat denselben also geantwortet: So bald ich verschieden bin/ haben mich die H. H. Engel zu einem Fenster und und grausamen Ort gefuͤhret; wel- cher mit Menschen- Seelen erfuͤllet ware. Da ich nun der Meinung wa- re/ daß selbiges die Hoͤll seye/ so haben sie mir gesagt/ daß es fuͤr das Feg- Feur seye. Hernach haben sie mich zu den hoͤllischen Tormenten gefuͤhret/ alwo/ und am vorigen Ort ich viele auß meinen Bekennten gesehen hab. Diesem nach bin ich zum Paradeiß/ zum Thron der Goͤttlichen Maje- staͤt gefuͤhret worden: und da ich sahe/ daß der HERR sich uͤber meine Ankunfft erfreuete/ bin ich unaußsprechlicher Weiß getroͤstet worden/ diewei- len ich vermeinte/ daselbst in alle Ewigkeit zu verbleiben: und der HERR sprach zu mir: Mein liebste Tochter/ du solst in Warheit allzeit bey mir seyn. Nun gab ich dir aber die Wahl/ ob du anjetzo bey mir verbleiben/ oder zum Leib wiederub kehren/ und in selbigem vermittelst der bußferti- gen Wercke fuͤr alle die jenige Seelen/ so du im Feg-Feur gesehen hast/ gnug thun wollest/ und also mit haͤuffigen Verdiensten abermahl zu mir kommen. Hierauff gab ich zur Antwort/ daß ich dieserthalben zum Leib wiederzukehren gesinnet seye: und siehe/ alsbald zeigte der HErr hierab ein grosses vergnuͤgen/ und sendete mich wiederumb zum vorigen Leib. So bitte ich euch nun/ daß ihr euch uͤber die Wunderthaten/ so ihr an mir schen werdet/ nicht zu sehr entruͤsten wollet. Von sothaner Zeit hat sie die Ge- genwart der Menschen zu fliehen angefangen/ und hat sich in feurige O- fen geworffen/ in denen sie wegen Groͤsse der Schmertzen zwarn erschroͤck- lich geruffen: ist aber im bervorkommen gantz unbeschaͤdigt befunden worden. Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgestorbene. worden. Oeffters ist sie auch in grosse Kesselen/ so mit siedenden Wasser erfuͤllet waren/ biß an die Nieren/ oder Bruͤst gestanden; die uͤbrige Glie- der deß Leibs aber hat sie mit dem heissen Wasser uͤbergossen/ und in denen Peynen geruffen/ wie ein gebaͤhrendes Weib. Sie ist auch zu Zeiten sechs Tag lang unterm Eyß verblieben. Sie hat sich zwischen die gehenckte Moͤrder und Missethaͤter mit einem Strick selbst auffgehenckt/ und hat also zwey oder drey Tage gehangen. Wie vielmahl ist sie in die Graͤber der Todten hineingangen/ und hat aldorten die Suͤnden der Menschen be- weynet? und endlich/ wie viele dergleichen Buß-Werck hat sie mit hoͤchstem Schmertzen zwar verrichtet; und ist gleichwohl am Leib niemahl verletzet worden/ auff daß sie also mehr und mehr leyden moͤgte: dahero ist sie auch die wunderbarliche Christina genennet worden. 3. Dieweilen wir nun dieser Christinaͤ solche Wunder nachzuthun nicht bestandt seynd; so last uns/ mein Christliche Seel den jenigen nachfolgen so nach ihrem Vermoͤgen den armen Seelen im Feg- F eur behuͤlfflich ge- wesen. Unter welche sonderbahr zu zehlen ist der Ehrwuͤrdige und Geist- reiche Joannes à S. Guilelmo auß dem H. Augustiner Barfuͤsser Orden: welcher auch auffm Bett ligend sich also pflegte anzureden: Wie reymbt sich das Joannes? du ligst allhier so gemaͤchlich/ und die arme Seelen im Feg-Feur leyden inzwischen so erdaͤrmlich; und gedenckst derselben so wenig? Auff dann du fauler Joannes/ stehe auff/ und zuͤchtige den gemaͤchlichen Leib fuͤr die arme Kinder; hoͤr/ wie sie ruffen: Erbarmt euch/ er- barmbt euch unser/ \&c. Hoͤrstu Joannes; morgen fruͤhe solstu fuͤr selbige Meeß lesen/ und mit moͤgliehem Fleiß daran seyn/ daß dieses auch von andern geschehe. Also stunde er gar hurtig vom Bett auff/ und schluge so hefftig und lang auff seinen Leib/ biß selbiger mit seinem Blut zumahlen gefarbt ware. Auch pflegte er das Ambt der Abgestorbenen taͤglich zu betten: und das zwarn billig: dieweilen er von seinem allerheiligsten Vatter geler- net hatte/ daß das Betten fuͤr die Abgestorbene deren Bruͤder und Schwester Hom. 16. inter. 59. wir seynd/ daß Meß lesen fuͤr selbige/ und das Allmussen geben/ eins von den heiligsten Wercken und fuͤrnehmsten Andachten seye/ in denen der Mensch sich in diesem Leben uͤben kan. Lasset uns derhalben fuͤr unsere Mit-Glieder allen moͤglichen F leiß anwenden/ und uns annebens versichern/ daß uns sothaner F leiß und bruͤderliche Lieb nicht allein nachmahlen reichlich werde vergolten werden; sondern auch/ daß unsere Suͤnden außgetilget werden: wie der Goͤttliche Prophet Daniel in seinem wohlmeinenden. Rath dem Koͤnig Nabuchodonosor zu erkennen gegeben und gesagt: Loͤse deine 4. 14. Sůn- Die Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Sůnden ab mit Allmosen/ und deine Missethaten mit Barmhertzigkeit gegen den Armen. Unter allen Allmussen aber ist keine edler/ und unier den Barmhertzigkeiten keine groͤsser/ als die jenige/ so den Seelen im F eg. F eur erwiesen werden: welches auß denen Umbstaͤnden gnugsamb kan ermessen werden/ durch welche den Allmusen grosse Vor- trefflichkeit erkandt wird. 4. Dieser Umbstaͤnden erster ist die Beduͤrfftigkeit der Personen: dann wie mehrern Armseeligkeiten eine Person unterworffen ist/ und wie weni- ger selbige sich selbst helffen kan; desto fuͤrtrefflicher seynd die Allmusen/ so derselben gereichet werden. Gedencke nun/ mein Christliche Seel/ und erinnere dich der vorhergehenden Lection von den Peynen deß F eg- F euers; gedencke/ ob wol einer einem groͤssern Elend koͤnne unterworffen werden/ und sich einer weniger helffen koͤnne/ als ein solche arme und abermahl arme Seel? Der zweyte Umbstand ist die Heiligkeit deß beduͤrfftigen. Wie moͤgen nun aber unter den Bettleren heiligere Persohnen gefunden werden/ als eben die Seclen deß F eg- F eurs/ so da von allem Macul der Suͤnd gereiniget seynd? Der dritte Umbstand wird vergroͤssert durch die F uͤrtreffligkeit der Sachen/ so gegeben oder erworben wird. Was kan aber besser und herrlicher erdacht werden/ als die ewige Seeligkeit selbst/ die wir durch unsere Allmusen den armen Kindern zu wegen bringen koͤnnen? Der vierte Umbstand ist die Noth deß Wohlthaͤter selbst; wann nemblich selbiger nicht allein/ das jeni- ge gibt/ was er uͤbrig hat; sondern auch/ das jenige/ dessen er selbst beduͤrfftig ist. Wer thut aber dieses in mehrerer Vollkommenheit/ als der jenige/ welcher den gnugthuenden Nutzen seiner guten Werck/ der da allen Men- schen hochnoͤthig ist/ sich selbst entziehet/ und denen Seelen zum besten gibt? Der fuͤnffte Umbstand ist die gute Neigung und Affection deß Wohltaͤters: zumahlen auß selbiger die Guͤtigkeit deß Gebenden meistens ermessen wird/ wie der heilige Papst Lco unter andern bezeuget. Wo kan aber ein groͤs- sere Lieb und Affection gefunden werden/ als eben/ wann der Mensch/ in dem er einen andern vom F euer erloͤset/ sich selbsten zum Leyden darstel- let? Hierauß kuͤnnen wir vernuͤfftlich schliessen/ daß die geistliche Allmu- sen/ so den brennenden Seelen gereichet werden/ viel fuͤrtrefflicher seyen/ als die Leibliche/ so den Armen gegeben werden. Wann nun diese leibliche Allmuß/ nach Zeugnuͤß deß frommen Tobiaͤ/ den Menschen vom Todt befreyet/ und selbige die Suͤnden reiniget/ und erfindet die Barmhertzigkeit/ und das ewige Leben: Wie viel mehr wird selbiges nicht verrichten die gest- Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgestorbene. geistliche Allmuß/ so den verlassenen und Blut-armen Seelen gegeben wird? Dahero ermahnet uns recht der heilige Vatter Augustinus/ und sagt: Wilstu/ O Mensch/ daß sich GOtt deiner erbarme: Wol- Ad F. F. in Eremo an/ so sehe zu daß du dich auch erbarmest über deinen Naͤch- sten im Feg-Feur: dann eben so viel wird sich GOtt erbar- men deiner/ als viel du dich erbarmbt hast ůber deinen Naͤchsten. So bette dann fůr die Abgestorbene. 5. Weiters sagt auch der heilige Chrysostomus/ daß kaum ein kraͤfftige- res Mittel gefunden werde/ alles von GO tt zu erlangen; als eben die- se: dieweilen solche fuͤrtreffliche Barmhertzigkeit/ als ein wohlberedete Fuͤr- sprecher in leichtlich durchtringet; und die erloͤsete Seelen annebens die Groͤs- se der geleisteten Wohlthat erkennen; und derhalben fuͤr uns mit hoͤchstem Eyffer zu erlangen sich unterstehen/ was wir von GOtt begehren. Auch stimmet selbigem bey der Geistreiche Richardus à S. Victore und sagt: Die erloͤste Seelen/ wann sie der himmlischen Freude beywohnen/ lassen sie sich sonderlich angelegen seyn/ zu betten fuͤr die jenige/ von denen sie in ihren eussersten Schmertzen Huͤlff empfangen haben: dann GOtt weigert den- selben nichts: und ist sothanen Wohltaͤtern so danckbar/ als ein Koͤnig fuͤr die gethane Erloͤsung seines eintzigen und allerliebsten Sohns einem Menschen immer seyn koͤnne. Dahero sagt der heilige Bernardus: Wolt ihr wissen/ wie danckbar sich die erloͤste Seelen zeigen werden? Jch sag/ daß sie ein hundert-faͤltiges ersetzen werden. Diese Freygebigkeit hat er- fahren ein sicher Abt/ welcher sonst wegen der von dem boͤsen Feind ihm in sei- Baron. tom. 9. Ann. nem Sterbstuͤndlein vorgeworffenen Suͤnden in Verzweifflung geraten waͤr; wie ein erweckter Englischer Muͤnch Anno 716. bezeugt hat/ wann er nicht von acht tausent/ von ihm erloͤseten Seelen vorm Gericht GOttes waͤren secundiret worden. Hierauß kan man nicht uneben schliessen/ daß diese Barm- hertzigkeit unter die gewisseste Zeichen der Erwaͤhlung zur ewigen Seeligkeit koͤnne gezehlet werden: Dann so man von keinem leset/ welcher den armen Seelen nur gemeine Barmhertzigkeit gern erwiesen hat/ daß er jemahlen uͤ- bel gestorben seye; wie viel mehr koͤnnen wir dann solches nicht hoffen von den jenigen/ so sich in diesem fuͤrtreffligsten Werck der Barmhertzigkeit im- mer bestaͤndiglich geuͤbt haben. 6. Auch kan bewiesen werden/ daß diese Art der Barmhertzigkeit nicht allein zu Verhuͤtung der ewigen/ sondern auch der zeitlichen Straffen im Feg-Feur gar dienlich seye: und dieses kan auff dreyerley Weiß dargethan werden. Erstlich von wegen unsers Heylands und Seeligmachers JEsu M m m m Christi Die Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Christi/ welcher diese Wohlthaten nicht anders annimbt/ als wann sie ihm Instr. Vit. Asc. c. 4. selbst erwiesen waͤren; wie der Gottseelige Blosius mit diesen Worten be- deutet: Der guͤtige und suͤsse HErr liebet die Seelen seiner Außerwaͤhlten/ so da nach dem Todt deß Fleisches noch muͤssen gereiniget werden/ in so weit; und verlanget derselben Erloͤsung so eifferig; daß/ wann wir auß Christlicher Liebe fuͤr sie treulich betten; das Hochheilige Sacrament deß Altars/ die Verdiensten JEsu Christi/ die Psalmen oder andere heylsame Werck zu Errettung derselben auffopffern und verrichten; Jhme so lieb und angenehm seye/ als wann wir denselben unsern/ in einem Kercker verschlossenen Herrn zu troͤsten/ und zu erledigen uns befleisseten: zumahlen er selbst gesagt hat: Was ihr einem von meinen Geringsten gethan habt/ daß Matth. 25 habt ihr mir gethan. Also redet der gemelte Blosius: Sagt nicht auch die ewige Warheit: Mit der Masse ihr werdet gemes- Luc. 6. sen haben/ soll euch hinwiederumb gemeffen werden: Wann wir derhalben anjetzo Christum in seinen Seelen auß dem Feg-Freur zu erloͤsen uns bemuͤhen werden; so koͤnnen wir auch der troͤstlichen Zuversicht leben/ daß wir von selbigem ab diesem Kercker befreyet/ oder auffs wenigst auß selbigem sehr leichtlich werden errettet werden. Zum andern kan sol- ches dargethan werden auß den erloͤseten Seelen/ so da erkennen die grosse Wohlthat auß der Groͤsse der hinzugeeilten himmlischen Glory/ und auß der Bitterkeit der verkuͤrtzten Schmertzen; und werden also fuͤr ihren Wohlthaͤ- ter zu betten nicht auffhoͤren/ damit er nicht auch komme an diesen Orth der Qualen Zum dritten wird solches bewiesen auß der vernuͤnfftigen Bitter- keit: sintemahlen derselbige erfordert/ daß uns wiederumb gemessen werde/ wie wir andern gemessen haben. 7. Jm uͤbrigen/ mein Christliche Seel/ auff daß du sehest/ wie diese ar- me Seelen nicht allein umb Erlangung der geistlichen Gaaben/ sondern auch der Zeitlichen fuͤr ihre Erloͤser Sorg tragen: als hab ich dir die folgende Ge- schichten anbey fuͤgen wollen. Eusebius/ Hertzog iu Sardinien/ hatte ei- Spec. Exem. d. 9. Ex. 184. ner sicheren Stadt einige Renten oder Gefaͤllen zu Huͤlff und Trost der See- len im Feg-Feur angeschafft: diese Stadt hat Ostorgius Hertzog in Sici- lien uͤberwaͤltiget und eingenom̃en; selbigen aber hat bald darauff ein Kriegs- Heer von viertzig tausend weisser Reuter/ zur Uber- und Widergab der Stadt in Gegenwart deß vorgemelten Eusebii gezwungen. Ein Soldat wurde von seinen Verfolgern auff einem Kirch- Hoff erdapt und weilen er seine loͤbliche Gewonheit/ ein Vatter Vnser fuͤr die Abgestorbene zu betten/ auch Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgestorbene. auch dießmahl nicht unterlassen wollen; haben die Todten-Bein sich auff- gemacht und ihren Wohlthaͤter also auß den Haͤnden seiner Feinden erret- tet. Ein ander wurde auff seiner Reise von den Finsternuͤssen uͤberfallen; und weilen selbiger dem Gebett fuͤr die Abgestorbene sehr zugethan ware/ hat er unvermuthet zwey brennende Fackulen hinter ihm folgen gesehen/ und die- se Stimm gehoͤrt: Gehe hin im Frieden; wir seynd Seelen auß dem Feg- Feur/ und wollen dir fuͤr dein Gebett danckbar seyn: Wir haben aber dir nit allein geleuchtet; sondern auch dein Leben errettet: in dem wir den jenigen/ der dich hat toͤdten wollen/ durch unsere Gegenwart verhindert haben. Hierauß und andern unzahlbaren Exempeln kan man die sorgfaͤltige Danck- barkeit der Seelen gnugsamb ermessen. Dahero hat die heilige Brigitta einsmahls diese Stimm deren Seelen gehoͤrt: O HErr! gib denen L. 4. Rc- vel. c. 7. die Liebe/ so da haben eine geistliche Gewalt; auff daß wir deß Gebetts mehr theilhafftig werden: vergelte es de- nen/ die uns zu Hůlffkommen/ hundertfaͤltiglich in ihrem Leben. 8. Ob zwarn nun sehr viele Werck und Ubungen seynd/ krafft deren wir den verlassenen Seelen die huͤlffliche Hand reichen koͤnnen; als nemblich das Gebet/ die Gewinnung der Ablassen/ das Fasten/ und andere Abtoͤd- tungen deß Leibs: so hat doch unter selbigem dieses den Vorzug; wann nem- lich der Mensch den Nutzen oder Lohn seiner taͤglichen guten Werck/ durch welchen er GOtt fuͤr sich selbsten gnugthun koͤnte/ denselben uͤberlasset: zu- mahlen dieses ein Werck der allerhoͤchsten Liebe/ und folglich zu Errettung der Seelen sehr kraͤfftig ist. Dieweilen aber einige der Meynung seynd/ es seye rathsamber/ fuͤr die Bekehrung der S uͤnder zu betten/ und andere Werck der Andacht zu verrichten/ damit selbige den Gefahren deß ewigen Verderbens entzogen werden : derhalben hab ich dir/ mein Christliche Seel/ in diesem Fall mit folgendem Unterricht an die Hand gehen wollen. Der H. Ludovicus Bertrandus ist auch dieser obgesetzten Meinung gewesen; hat hat aber selbige bald geaͤndert/ nachdem er von einer solchen S eel/ die ihm erschienen/ uͤber seinen Fehler ist unterwiesen worden: S intemahlen dieses eintzige bestand gnug ist/ die obgedachte Meynung zu vernichtigen; daß nemblich der jenige/ welcher mit dieser Jntention die S eelen erloͤset/ auff daß selbige Nachmahlen im Himmel umb die Bekehrung der S uͤnder bey GOtt anhalten moͤgen; daß/ sag ich/ der jenige den suͤndigen Menschen ein weit kraͤfftigere Huͤlff leiste/ als wann er selbst fuͤr sie gebetten/ oder andere gute Werck verrichtet haͤtte. M m m m 2 9. Wei- Die Fuͤnfftzigste Geistliche Lection 9. Weiters sagen sie auch/ daß/ weilen die ordentliche Lieb deß Menschen von ihm selbsten soll anfangen; Dahero seye es billig/ daß wir erst unsere eigene S chuld/ und nachmahls frembde S chulden bezahlen. Dieses Argument hat den P. Rodericum Arriaga beweget/ daß er vermeint/ es handle einer zumahlen gegen die ordentliche Lieb seiner selbsten/ wann er alles gnugthuenden Nutzen und Ersprießlichkeit seiner Werck sich begebe/ und selbige den Armen S eelen im Feg-Feur schencke: Dieser Meinung seynd auch noch andere gewesen; deren Gutthaten in so weit nicht zu beobach- ten ist/ daß du von der ersten Meinung dich sollest abschroͤcken lassen; wie der gelehrte Jacobus Montfordius in seinem guͤldenen Buch von der Barm- hertzigkeit uͤber die arme Seelen weitlaͤuffig und klaͤrlich beweiset: alwo er erstlich mit grosser Vernunfft darthut/ daß der jenige/ welcher seine gute Werck fuͤr die S eelen GOtt auffopffert/ nicht allein nichts verliere/ son- dern mehr verdiene/ mehr erlange/ und mehr gnug thue; ja so gar konne ein solcher sich grosse Hoffnung machen/ daß er ohne Feg-Feur zum Him- mel gelassen werde: Nach diesem verfasset er endlich alle seine gesetzte Reden kuͤrtzlich zusammen und beweiset am 12. Capitel mit dreyfachigem Argument/ daß auff die offtbesagte Weiß/ seine Verdiensten den S eelen zu uͤberlassen/ gegen die ordentliche Lieb gar nicht gehandlet werde. Daß erste ist; Dieweilen tausent Feg- F eur nicht zu achten waͤren/ wann man durch selbige nur ein eintzige S taffel der hoͤhern Glory erhalten koͤnnte nun ist aber gewiß/ daß man Vermoͤg solcher Ubung und vollkommensten Liebe s e hr viele S taffeln der ewigen Seeligkeit erlangen koͤnne; so da ohne selbi- ge Lieb niemahlen moͤgten erhalten werden; S o folgt dann der unf e hlba- re Schluß/ daß der gegen seine eigene Lieb nicht handle/ welcher die jenige S taffeln der Glory vernachlaͤssigest/ deren er geniessen wuͤrde/ wann er wegen seiner ihm selbst zu Nutz gemachten Verdiensten/ ehender zur S ee- ligkeit gelangen wuͤrde/ damit er mehrere/ ja unendliche S taffeln der Glo- ry/ die er in alle Ewigkeit wegen der den Abgestorbenen erwicsenen Lieb ge- niessen wuͤrde/ sich erwerbe. Jm widrigen Fall haͤtten der heilige Basilius/ Jgnatius/ die wunderbarliche Christina/ Lydwina und andere Heilige Gottes uͤbel gethan/ daß sie lieber auff der Welt zu verbleiben/ und Seelen zum Him- mel zu bringen/ als gleich desselben theilhafftig zu werden/ erwaͤhlet haben. Dieweilen nun/ mein Christliche S eel/ die obgesetzte Wort deß Jacobi Montfordii durch ihre verdrießliche Verwirrung dir leichtlich eine Dunckel- heit und Widerwillen verursachen koͤnnte/ als will ich dir selbige allhier klaͤr- licher Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgestorbene. licher außdeuten. Dahero sag ich denselben Worten gemaͤß also. Der seine Verdiensten sich selbsten zumachet/ und also die gemachte Schuld bey seinem Gott außtilget/ der kan zeitlicher oder geschwinder zum Himmel kom- men: der aber selbige denen Abgestorbenen schencket/ wird einen viel groͤs- sern/ ja unendlich groͤssern Lohn im Himmel haben/ als der vorige. Dieses letztere haben die Fuͤrnehmbste Heiligen GOTTES erwaͤh- let:/ unter denen der heilige Basilius/ Jgnatius und unzahlbare andere gewesen seynd. 10. Daß zweyte Argument ist; daß der jenige/ so diese Barmhertzigkeit uͤbet/ viel sicherere Hoffnung/ daß er dem Feg- Feur entgehen werde/ oder auffs wenigst/ nicht lang werde darinn auffgehalten werden/ als wann er sich selbsten seine gute Werck vernutzet haͤtte/ wie der obangefuͤhrte Scribent am. 11. Cap. nachtrucklich behaubtet: So wird dann auch in diesem Fall gegen die eigene Lieb nicht gehandlet. Daß dritte Argument lautet also: Es kan ein solcher Liebhaber der Seelen diese Condition in U- berlassung seiner Verdiensten hinzusetzen; daß erwolle/ daß seine Meinung in so weit guͤltig und kraͤfftig seye/ als viel dieselbe zu groͤsser Ehren GOt- tes außschlage/ und der eignen Lieb nicht hinderlich seye: und daß GOtt an seiner Seite belohne den guten Willen/ wann er nicht findet das Gnuͤ- gen. Jn solchem Fall erhellet/ daß dergleichen Uberlassung nicht allein nit schade; sondern vielmehr zu Erweisung, deß Seelen-Liebhabers gute Nei- gung und Liebe gegen GOTT/ und auch gegen die Seelen gedeye; wie der meiste Theil deren im Geist GOttes erfahrenen Maͤnner lehret. Dieß alles wird nun bekraͤfftiget auß den Wercken der Heil. Gertrudis. Dann Casp. Tausch in Mat. Dol. p. 3. c. 7. so diese H. Jungfrau alle ihre gute Wercke den armen Seelen gantz freyge- big uͤberlassen hatte/ und derhalben in Forcht stunde/ daß villeicht auß Man- gel der eigenen Gnugthuung/ ein schwaͤres Feg - Feur wuͤrde außstehen muͤssen/ ist ihr Christus erschienen/ und gesagt: Meine Tochter/ damit du sehest/ wie deine grosse Lieb gegen die Abgestorbene mir gefalle; so schencke ich dir zur Vergeltung derselben/ alles was du mir schuldig bist: und weilen ich ein hundertfaͤltiges fuͤr ein einfaͤltiges versprochen hab/ so will ich meine Hand anjetzt erweitern/ und dich mit einer fuͤrtrefflicheren Herrligkeit be- lohnen. Auch will ich verschaffen/ daß die Seelen/ so du erloͤset hast/ deiner letzten Stund beywohnen sollen/ und dich mit grossem Sieg zum Himmel begleiten. M m m m 3 11. Wei- Die Fuͤnfftzigste Geistliche Lection 11. Weiters ist in dieser geistlichen Ubung zu mercken/ daß du wissest/ mein Christliche Seel/ die rechte Weiß/ dergleichen Uberlassung nuͤtzlich zu bewerckstelligen. Selbige aber stellet dir vor der oberwehnte Mont- fordius in folgenden Puncten. Erstlich mustu dich befleissen/ allzeit im Stand der Gnaden zu seyn. Zweytens mustu alle deine Wercke mit ei- nem Fleiß verrichten. Drittens mustu das jenige/ so dich zu dieser Barmhertzigkeit antreibt/ wohl betrachten. Viertens mustu die Wuͤr- ckungen einmahl erneueren/ mit denen du auß einer oder andern Beweg- nuß deine Werck uͤberlassen hast. Fuͤnfftens daß du deine Jntention oder Meynung taͤglich auff diese oder dergleichen Manier erwidrigest. Jch will die Seelen meiner Bruͤder oder andern auß ihren Peynen erloͤsen/ und ihnen zur Besitzung der ewigen Seeligkeit in moͤglicher Kuͤrtze ver- helffen/ damit ich also die Ehr und die Vermehrung deß Lobs GOt- tes zu wegen bringe; damit ich meinem allerfreygebigsten Wohlthaͤter den allerangenehmsten Art der Dancksagung erstatte: damit ich die Goͤtt- liche Ehr/ so ich durch meine unzahlbare Missethaten geschmaͤlert hab/ auffs beste/ so viel mir moͤglich ist/ wiederumb ergaͤntze: Da- mit ich auch endlich Christo selbst/ dessen werthen Mutter/ und allen Heilgen GOTTES einen allerangenehmsten Dienst leiste. Siehe/ mein GOtt und HErr/ der du ein eifferigster und zartester Liebhaber der Seelen bist/ ich opffere dir heut zu Erquickung deiner Seelen im Feg-Feur; son- derbar aber deren N. N. nit allein alle meine gute Wercke/ so ich heut verrichten werd/ oder auch von einem andern für mich verrichtet werden; sondern auch all das jenige/ so ich jemahlen Guts thun werde/ und was auch nach meinem Todt fůr mich würd auffgeopffert werden/ so viel selbiges zudeiner hoͤchsten Ehr/ und zum Wohlgefal- len deiner Goͤttlichen Majestaͤt von mir geschehen kan. Nimb derhalben/ mein liebster JESV/ dieß mein Opffer an/ so ich für meine liebste Leidende Seelen ver- richte/ und mit allermoͤglichen Lieb und gutem Willen zu verrichten verlange. Diese Weiß den armen Seelen in ih- ren eussersten Noͤthen beyzuspringen nehme zu hertzen/ mein Christliche Seel/ und glaube sicherlich/ daß diese ihnen erwiesene Christliche Lieb dich nicht arm/ sondern sehr reich machen werde. Gedenck/ daß Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgestorbene. daß du in solchem Fall gern wuͤrdest geholffen seyn; so thue dann andern/ was du wollest/ daß dir geschehe. Jm widrigen Fall/ hastu zu befoͤrchten/ daß dir widerfahre/ was sich mit einem Geistlichen auß dem heiligen Fran- ciscaner Orden hat zu getragen; welcher nach einiger von seinem Todt ver- flossener Zeit einem seiner Mit-Bruͤder erschienen ist/ und hat gesagt/ daß er dieserthalben sehr grosse Schmertzen im Feg-Feur außstehe/ daß er bey Leb-Zeiten fuͤr die Abgestorbene zu betten nachlaͤssig gewesen seye; und daß das Gebett und H. Meeß-Opffer/ so bißhero fuͤr ihn verrichtet worden/ ihme nicht zum Nutzen kommen seye; sondern GOTT habe selbiges zur Straff seiner Nachlaͤssigkeit/ andern Seelen geschencket. So sagt dann recht der gelehrte Cajetanus: Welcher in diesem Leben der Ab- gestorbenen vergessen/ denselben wird aller Genoß der guten Wercke und Gebetts im Feg-Feurentzogen werden; ob schon viel Guts für selbige allhier geschehe: dann also vergeltet die Goͤttliche Gerechtigkeit dergleichen Vnbarm- hertzigkeit und unbillige Haͤrtigkeit deß Gemüts. So ist dann wahr und abermahl wahr/ was die Heil. Schrifft meldet: Heilig und heilsamb ist das Gedencken/ für die Abge- storbene zu betten/ daß sie von ihren Sün- den auffgeloͤset werden. Die Die Ein und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Die Ein und Fuͤnfftzigste Geistliche LECTION Von Der ewigen Seeligkeit. 1. Cor. 2. v. 9. Oculus non vidit, nec Auris audivit, necin Cor Ho- minis ascendit, quæ præparavit Deus iis, qui dili- gunt eum. Kein Aug hats gesehen/ kein Ohr hats gehoͤret/ und ist in keines Menschen Hertz kommen/ was GOtt den jenigen bereitet hat/ die ihn lieben. 1. S Jmonides/ ein Welt-Weiser/ ist einsmahls von dem Hie- rone/ Koͤnig in Sicilien gefragt worden/ was GOtt seye/ und was fuͤr Eigenschafft er an sich habe? Diese Frag der Gebuͤhr nach zu beantworten/ hat S imonides einen Tag nach dem andern Auß- standt begehret; und da deren bereits viele verflossen waren/ hat er dannoch mit keiner Antwort auffziehen koͤnnen/ sondern gesagt: Wie laͤnger ich betrachte/ je dunckeler kombt mir die Sach vor. Eben selbiges widerfahret uns/ indem wir die himmlische Freuden zu begreiffen/ uns unterstehen wollen: wie besser wir dieselbe außzulegen trachten; je mehreres und mehreres begegnet uns; daß wir also mit dem Heydnischen Philosopho zu bekennen genoͤthiget werden: daß/ wie mehr und mehr wir die Herrligkeit der Außerwaͤhlten mit den Augen deß Hertzen beschauen wollen/ je weniger wir begreiffen moͤgen/ was sie seye; zumahlen selbige so groß ist/ daß sie/ nach Zeugnuß deß H. A postel Pauli/ von keinem menschlichen Aug gesehen/ weder von einem Ohren gehoͤrt worden/ noch in eines Men- schen Von der ewigen Seeligkeit. chen Hertz jemahlen gestiegen seye. Dahero sagt der H. Vatter Augu- l. 23. d C. D. stinus: Was GOtt denen zubereitet hat/ die ihn lieben/ daß kan vermittelst deß Glauben nicht verstanden/ durch die Hoffnung nicht berühret/ und Vermoͤg der Liebe nit begriffen werden: es übersteiget die Begierd und das Ver- langen deß Menschen; es kan erworben/ aber nicht ge- schaͤtzet werden. Und an einem andern Orth redet der jetzt-gemeldte Kirchen-Lehrer von selbiger also: Leichter koͤnnen wir vou dem L. 3. de Sum. ad Catech. c. 12. ewigen Leben sagen/ was in demselbigen nicht seye/ als wir koͤnnen sagen/ was daselbsten seye: Da ist kein Todt/ es ist kein Weinen noch klagen/ keine Ermüdung/ keine Kranckheit/ kein Hunger noch Durst/ kein Hitz noch Kaͤl- te/ keine Verderbung/ keine Bedürfftigkeit/ und keine Traurigkeit allda zu finden. 2. Die Freuden aber/ deren die Seelige in alle Ewigkeit geniessen/ ver- mag keine erfindliche Wohlredenheit der Gebuͤhr nach beschreiben: Sinte- mahlen nach Meinung deß gelehrten Discipuli und anderer/ die Freud etnes eintzigen/ auch deß allergeringsten Heiligen/ so groß ist/ daß selbige die gan- tze Welt nicht tragen koͤnne: Derhalben hat ein Besessener (wie der ge- Historia. meldte Scribent meldet) da er uͤber diese Freud gefragt worden/ geantwor- tet: daß/ wann der gantze Himmel lauter Pergament/ und das grosse Meer Dinten weren/ auch alle Sternen gelehrte Maͤnner auß der Stadt Pariß/ und alle Strohalmbe lauter Federn waͤren; so koͤnnten doch alle diese gelehr- te Scribenten mit ihren Haͤnden nicht beschreiben/ noch mit ihren Zun- gen außsprechen die allergeringste Freude/ so die Seelige im Himmel haben von dem Angesicht GOttes. Ein andersmahl ist ebenfals der boͤse Feind im Außtreiben einer besessenen Persohn gefragt worden/ wie groß die Freud im Himmel seye? Darauff er seinem Beschwehrer geantwortet/ und zu- gleich denselben mit diesen Worten gefragt hat: kanstu den Staub in den Strahlen der Sonnen zehlen? Da nun selbiger zur Antwort gegeben/ daß er dieses nicht thun koͤnne: hat der Teuffel gesagt: Also kanst weder du/ we- der ein ander Mensch die F reuden deß Himmels erzehlen Dieses bekraͤff- In festo omn. Sanct. tiget der heilige Bernardus in einer Predig mit diesen Worten/ und sagt: Wann aller Menschen Zungen allhier zu gegen waͤren/ und mir von der Glory und H errligkeit/ deren die Seelen im H immel geniessen werden/ reden wolten; so wuͤrden sie chender ab dieser Erzehlung krafftloß werden/ als auch den geringsten Theil der Freuden außzusprechen vermoͤgen. Da- N n n n hero Die Ein und Fuͤntzigste Geistliche Lection Gen. 15. v. 1. hero sagt Gott zum Abraham. Jch bin dein Beschirmer/ und dein ůber ůberauß grosser Lohn. Wie groß aber vermeinen wir/ daß dieser Lohn seye? Diese Frag beantwortet uns der H. Bernardus/ und L. de Cons. ad Euge. Pap. sagt: Der Lohn der Ausserwaͤhlten ist so groß/ daß er nit gemessen; so hauffig/ daß er nicht koͤnne geendiget; und so kostbar/ daß er nicht moͤge geschaͤtzet werden. 3. Zu diesem unserm Vorhaben meldet der Gottseelige Dionysius Car- tusianus von dem Glorwuͤrdigen Vatter Augustino/ daß selbiger ein Buch von der Glory der S eeligen zu schreiben/ sich vorgenommen/ habe aber vorhero das Gutachten deß heiligen H ieronymi hieruͤber vernehmen wollen/ was nemblich er von dieser Seeligkeit halte? Dieweilen aber der jetzt-ge- meldte H ieronymus immittels mit Todt ist abgangen; so ist er ihm nach selbigem erschienen/ und hat ihn also angeredet und gesagt: Augusti- ne/ Augustine/ was fragstu? Getrauestu dir wohl/ das gantze Meer in ei- nem kleinen Geschirr zu begreiffen? Vermeinstu/ daß du die gantze Welt in einer H and verschliessen koͤnnest? Oder solstu wohl das Gestirn deß H im- mels so vest machen koͤnnen/ daß es seine gewoͤhnliche Bewegnuͤssen nicht wircken moͤge? Was keines Menschen Aug hat sehen koͤnnen/ soll das das Deinige wohl sehen? Was kein Ohr durch den Schall geschoͤpffet hat/ soll daß dein Ohr wohl hoͤren koͤnnen? Was kein menschliches H ertz je- mahl im geringsten verstanden noch gedacht hat/ geduncket dich/ daß du solches verstehen werdest? Was wird auß einer unendlichen Sache fuͤr ein End zu gewarten seyn? Was unermeßlich ist/ mit welcher Maß wilstu selbiges messen? Viel leichter wuͤrde alles Meer- W asser in einem engen Geschirr/ und die gantze W elt in einer Hand koͤnnen verschlossen werden: viel ehender solte der H immel von seiner Bewegung einhalten/ als du einen geringen Theil der Freuden und Herrligkeit der S ecligen im H immel be- greiffen moͤgest. Dann es ist eine S ach von so grossem und unbeschreib- lichen/ W erth daß/ wann ichs nicht erfahren haͤtte/ niemahlen wuͤrde ge- glaubet haben; und ist so weit von dem/ daß ich mir in meinen Leb-Zeiten eingebildet hab/ als weit ein endliches Ding von einẽ unendlichẽ entfernet ist. Es sey dann/ daß du hieruͤber durch die eigene Erfahrnuß unterwiesen werdest; im widrigen fall wir stu dich umbsonst bemuͤhen. Vollende den Lauff dei- nes Lebens/ und wandere also/ damit du das jenige/ so du einiges Weegs allhier zu verstehen trachtest/ im Himmel voͤllig besitzen moͤgest. Also ist der heilige Vatter Augustinus von dem heil. Hieronymo uͤber die F reuden deß Himmels unterrichtet worden. 7. Die- Von der ewigen Seeligkeit. 4. Dieweilen dieses alles uns nun viel zu hoch und unbegreifflich ist/ so erzehle ich dir/ mein Christliche Seel/ eine und andere Geschicht/ auß denen du dir zum wenigsten von weitem etwas einbilden moͤgest/ so viel dein bloͤder Verstand begreiffen kan/ daß die ewige Seeligkeit ein herliche Sach seyn muͤsse. Ein sehr from̃er und andaͤcht. Geistlicher hat in seiner Einfalt mehr- Historia. malen von Gott instaͤndiglich begehrt/ daß er ihn doch einige wenige Suͤssig- keit der himmlischen Freuden allhier auff Erden zu schmecken wuͤrdigen wolle. Nun hat sich zugetragen/ da er mit seinen Mit-Bruͤdern diesen Vers auß dem neun und achttzigsten Psalmen Davids gesungen: Tausent Jahr seynd vor deinen Augen/ wie der Tag/ der gestern vorüber gangen ist: Daß er in Zweiffel gerathen/ ob diesem also seyn wuͤrde. Jndem nun dieser fromme Diener GOttes/ auch nach vollen- deter Metten/ denen Worten deß Koͤniglichen Propheten weiters nachge- dacht/ und zugleich gebetten/ der liebe GO tt wolle ihm doch das Geheimb- nuß dieses Spruchs entdecken; hat er die Stimm eines uͤberauß suͤssiglich singenden Voͤgeleins gehoͤrt; von welcher er dermassen erlustiget worden/ daß er in eine Verzuckung gerathen/ und also dem Voͤgelein/ so in den nechst- gelegenen Busch geflohen/ gefolgt ist; alwo er unter einem Baum gestan- den/ und den lieblichen Gesang so lang zugehoͤret/ biß das Voͤgelein sein Ge- sang geendiget/ und den Baum sambt seinem Zuhoͤrer verlassen hat. Da ist der Geistliche/ in Meinung/ daß er ein oder andere Stund lang daselbst verharret habe/ wiederumb zum Kloster gangen/ und hat befunden/ daß die Pfort desselben zugemauret/ und ein andere gebauet gewesen. Nachdem er nun in hoͤchster Verwunderung sich bey derselben neuen Pforten ange- meldet/ hat ihn der Pfoͤrtner gefragt/ wer er seye/ von wannen er komme/ und was seyn Begehren seye? Dieser gibt zur Antwort und sagt: Was ist das? vor wenig Stunden bin ich von hierauß gangen/ komm jetzt wieder/ und siehe/ der gantze Bau deß Klosters sambt den Muͤnchen ist zumahlen veraͤndert! Dieses neue Wunder hinterbringt der Pfoͤrtner seinem Praͤ- laten: Selbiger nimbt die Aelteste deß Klosters zu sich/ und fragt den Geist- lichen/ wie der Abt/ unter welchem er im Kloster gelebt/ geheissen habe. Da man nun den Nahmen desselben gehoͤrt/ hat man in der Chronick deß Klosters nachgesucht/ und befunden/ daß dieser Geistliche bereits dreyhundert und viertzig Jahr ausserhalb dem Kloster gewesen seye. Jst nun dieses nicht ein grosses und ungemeines Wunder/ daß selbiger eine so geraume Zeit/ fuͤr Lieblichkeit deß Gesangs solchen Voͤgeleins/ oder vielmehr Engels/ weder Hitz noch Kaͤlte/ weder Hunger noch Durst empfunden habe? Was grosse N n n n 2 Freud Die Ein und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Freud werden wir dann nicht einsmahls haben/ nachdem wir zum Himmel- Reich werden eingelassen/ und so vieler Engel allersuͤsseste Stimmen zu hoͤren/ gewuͤrdiget werden? Spec. Exem. v. Glor. Coel. Ex. 13. Historia. 5. Weiters wird von einem Soldaten gelesen/ daß selbiger von seinem verstorbenen Camerade zum Gast-Mahl genoͤthiget worden; Vnd da er zu solchem erschienen/ und nur zur letzten Auffrag erstlich kommen/ seye ihm bald hernach befohlen worden/ wiederumb zuruͤck zu kehren: Jn dem er nun diesem Befelch gehorchet/ habe er gefunden/ daß sein Hauß/ auß dem ware außgangin/ in ein Closter veraͤndert worden/ und er schon zwey- hundert Jahr außgeblieben seye. Gedenck allhier/ mein Christliche Seel/ wann ein so geringes Bißlein der Himmlischen Freuden den Menschen al- so besaͤliget in diesem Jammer-Thal/ daß er die zweyhundert jaͤhrige Zeit nicht laͤnger/ als eine Stund zu seyn vermeyne; Was grosses F rohlocken/ wie unaußsprechliche Ergaͤtzlichkeit wird dir dieses nicht seyn/ wann du an der grossen Taffel/ so da mit allerhand unbeschreiblichen Kostbarkeit der Himmlischen Speisen/ denen von Gott besetzt ist/ die ihn lieben/ dich erlu- stigen werdest? Jn Betrachtung derselben Taffel schreyet aus der Koͤnigli- Ps. 30. v. 28. che Prophet mit diesen Worten: Wie groß und vielfaͤltig ist deine Süssigkeit/ o Herr/ welche du verborgen hast vor die jenige/ so dich foͤrchten! Ob wir schon anj e tzo solche Freuden nicht begreiffen koͤnnen; so wird uns doch ausser allem Zweiffel einmahls wiederfahren/ wann wir in die Himmlische Freuden werden hineingelassen werden/ was sich mit der Koͤniginn Saba/ nachdeme sie die Herrlichkeit Salomonis gesehen/ hat zugetragen; Das wir nemblich fuͤr grosser Ver- wunderung gleichsamb erstummen/ und mit dieser Koͤniginn sagen wer- 3. Reg. 10. den: Die Rede ist warhafftig/ die ich in meinem Lande gehoͤret hab von deinen Reden und von deiner Weißheit: Vnd ich glaubete denen nicht/ die mirs erzehlet haben; biß ich selbst kommen bin/ und habe mit meinen Augen gesehen und erfahren/ daß mir die helffte nicht ist gesagt worden. ꝛc. Sintemahlen die Herrlichkeit und Suͤssigkeit der Himm- lischen Einwoͤhner so groß ist/ daß auch alle menschliche Reden/ selbige zu erklaͤhren nicht bestand seynd: also/ daß nach Zeugnuß deß heiligen Vat- Ser. 8. de Transfig ters Augustini auch ein eintziges Troͤpfflein derselben/ also zu sagen/ alle Bitterkeit der Hoͤllen versuͤssen moͤge. 6. Auch lehret der Gottseelige Vatter Dionisius Cartusianus/ daß alle weltliche Freuden zusammen/ mit der Freude nicht koͤnnen verglichen wer- Von der ewigen Seeligkeit. werden/ so da geniesset ein eintziger Ausserwaͤhlter GOttes im Himmel/ von der Gegenwart und Anschauung der Allerseeligsten Mutter Mariaͤ. Jst nun diesem also/ wie nicht zu zweiffeln ist; wie grosse Freud wird dann nit bringen die Betrachtung und Beschauung der Menschheit deß Sohns GO ttes? und dannoch gehoͤrt dieses alles nur zu der beyfaͤlligen Belohnung der Außerwaͤhlten; welche insgesambt unvergleichlich geringer ist/ als die F reud der wesentlichen und fuͤrnehmsten Belohnung/ nemblich der See- ligen Geniessung der Allervor treffligsten Dreyfaltigkeit/ und derselben ewi- gen und unbeweglichen Gottheit. Was grosse Freud/ und unermaͤßliche Gluͤckseeligkeit muß daß nicht seyn/ wann eine Seel daß so uͤber wunderbare und unver aͤnderliche Wesen GOttes/ und zugleich das unbegreiffliche und verborgene Geheimnuß der Allerheiligsten Dreyfaltigkeit zu sehen gewuͤrdi- get wird! wann er/ sag ich/ sehet den Vatter in dem Sohn/ den Sohn in dem Vatter/ und im Sohn und Vatter den Heiligen Geist! Wann er se- het ohne Schatten und Figur/ ohne einige Dunckelheit gantz klaͤrlich/ wie nemblich der Sohn von dem Vatter von Ewigkeit her gebohren ist: wel- cher Gestalt der Heilige Geist vom Vatter und Sohn/ gleich als wie von einem Anfang herkomme: Was massen unter denen dreyen Persohnen keine hoͤher oder niedriger/ und keine fuͤrtrefflicher seye als die andere: Wie der Vatter nicht ehender gewesen seye/ als der Sohn/ den er doch gebohren hat; sondern daß alle drey Persohnen sich in allem gleich seyn; alle drey von Ewigkeit/ und einer gleichen undendlichen F uͤrtreffligkeit und Wuͤrde. Allda wirstu sehen koͤnnen/ mein Christliche Seel/ die Weiß und Manier/ krafft deren sich die Goͤttliche Natur der Menschlichen in der Persohn Christi vereiniget hat/ und GOtt ist Mensch worden/ daß also in War- heit kan gesagt werden (so viel wir von der Menschheit Christi reden wollen) GO tt ist ein Mensch/ und ein Mensch ist GOtt. 7. Jn diesem Anschauen der Allerheiligsten Dreyfaltigkeit/ und in dem Geheimnuß deß Vermenschten und Ewigen Worts bestehet die fuͤr- nehmste Seeligkeit. Es sehen die Außerwaͤhlte nicht allein GOtt/ sondern sehen sich annebens auch selbsten in GOtt/ und in Selbigem alle Dinge: dan gleich/ wie der jenige/ sagt der H. Fulgentius/ welcher einen Spiegel vor sich hat/ den Spiegel sehet/ und sich selbsten im S piegel: also die Heilige/ so da den herrlichen Spiegel ohne Macul anschauen/ sehen GOtt/ und in GO tt sich selbsten/ sambt allem/ was ausser GOtt ist/ nach Maß deß Lichts/ daß ihnen von GOtt verliehen worden. Dann gleich wie auff dieser Welt/ alles was da erschaffen/ gleichsamb ein Spiegel ist/ ob zwarn N n n n 3 dun- Die Ein und Fuͤntzigste Geistliche Lection dunckel und unvollkommen/ durch welchen unser GO tt uns wird vorgestel- let; also ist GO tt im Himmel droben wie ein allerschonster und allerhelle- ster vollkommenster Spiegel/ so da in einem eintzigen Anblick den Außer- waͤhlten alle Fuͤrtreffligkeiten und Eigenschafften aller erschaffenen Dinge viel besser und vollkommener zeigt/ als sie in denselbigen von uns koͤnnen ge- funden werden. Weiters werden die tieffe und verborgene Geheimnuß GOttes/ so von den allerweisesten und klugesten Menschen alhier nicht ha- ben moͤgen durchforschet werden/ von den himmlischen Einwohnern klaͤr- lich gesehen werden/ daß also derselben grosse Begierden erfuͤllet werden. Dort wirstu sehen/ auff was fuͤr eine Weiß der Himmel mit so vielen und grossen Lichtern enttzuͤndet/ und wie alles so ordentlich eingerichtet seye/ und so wunderbarlich zusammen stimme. 8. Daselbst wirstu sehen die allerweiseste und wunderbarligste Unterschei- dung und Schoͤnheit der neun Choͤr der Engelen/ und wie selbige in drey him̃- lische Schaaren vertheilt seyn. Alda wir stu sehen/ wie alle natuͤrliche Gnaden also von dem ersten Ursprung und immerfliessenden Brunnen hergenommen werden/ und in die erschaffene Dinge fliessen/ daß sie von ihrem Brunnen nit abgesondert werden; Sondern wie ein Baͤchlein in seinem Fluß/ also in GO tt gantz und zumahlen bestehen/ und als in einem Licht/ daß sich andern mittheilt/ und denselben zum besten sich vertheilet/ und derohalben doch keinen Mangel noch Schaden leydet/ weder auch einiges Nutzen sich ruͤh- men kan. Du wirst erfahren/ wie alle Gaben GOttes immer frisch und neu seyen/ daß in selbigen gar kein Unterscheid der Zeit seye/ weder der ge- genwaͤrtigen/ weder der verflossenen noch kuͤnfftigen; sondern eine bestaͤn- dige Ewigkeit/ und eine gegenwaͤrtige Zeit ohne Zeit. Du wirst sehen/ daß Gott ein einfaͤltiges unveraͤnderliches und unzertheiliges hoͤchstes Gut seye/ dessen einige mehr/ einige aber weniger theilhafftig werden/ gleich der Son- nen/ so da bald mehr/ bald weniger ihr Liecht und Hitze nach Beschaffenheit der vorgestalten Sachen mittheilet. Dort wirst vermercken/ wie die Werck der Gerechtigkeit und Barmh vermischt seyen; Jn denen allen Gott seine Ehr und Lob suchet. Schließlich muß ich dir/ mein Christliche Seel bekennen/ daß auch alle der Rechen-Kunst erfahrne Liebhaber alles in eine S umm nicht ein- schliessen koͤnnen/ was die Außerwoͤhlte in Gott sehen: Kein wohlredender Prediger wird dir jemahl mit allen seinen zierlichsten und kraͤfftigsten Wor- ten dieselbe alle außlegen moͤgen; Kein Verstand wird diese Ding immer alle fassen koͤnnen/ so doch die Seligen im Himmel durch ein einfaͤltige und unaußsprechliche Anschauung begreiffen. Hierauß erwachset eine so in- Von der ewigen Seeligkeit. inbruͤnstige Lieb/ daß eine Außerwoͤhlte Seel eine pur lautere brennende Lieb zu seyn scheine; dieweilen selbige von dem Gottlichen Feuer dermas- sen durchtrungen wird/ daß sie in ein lauteres Feuer veraͤndert wird; Da- hero immer und allezeit brennet/ und niemahlen auffhoͤret. Von dieser Lieb entstehet die Niessung und eine unanßsprechliche F reud in der S eelen sebst/ vermittelst der Vereinigung ihrer Vernunfft mit dem unermaͤßlichen Meer der Weißheit/ und mit Verbindung deines Willens mit dem Allerhoͤch- sten Gut; deme sie so fast verbunden bleibt/ daß sie von selbigem nicht kan geschieden werden. 9. Wie erfreulich diese Niessung der Gegenwart Gottes seye/ kanstu einiges wegs/ doch gleichsamb in der Finsternuß auß folgender Histori er- sehen: Der Gelehrte Magister Iordanus auß dem H. Prediger Orden hat Discip. Historia. einmahls eine besessene P ersohn besucht/ und den boͤsen Feind also gefragt: Warumb plagstu dieses Weib? dieweil ich/ antwortet der Teuffel/ gezwun- gen werd/ von meinem Erschoͤpffer entfernet zu seyn/ und derohalben kan ich anders wo nicht seyn: Sag mir/ fahret fort der Geistliche/ wo wolle- stu am liebsten seyn/ wann dir die Wahl gegeben wuͤrde? der Teuffel ant- wortet im Himmel. Warumb im Himmel/ sagt Iordanus? auff daß ich/ sagt der Hoͤllische Geist/ daß helle Angesicht meines Erschoͤpffers anschauen moͤchte. Iordanus fragt weiters/ und sagt: Was wollestu wohl umb des Himmels willen außstehen? Jch getroͤstete mich/ sagt er/ alle Pey- nen/ so meine Mitgesellen ins gesambt von dem Tag ihrer Verdambung mit mir außgestanden/ und biß auff den juͤngsten Tag des Gerichts außstehen werden/ zu leyden/ damit ich die Clarheit GOTTE S nur in einem oder anderm Augenblick sehen moͤchte. H ieruͤber entsetzet sich der fromme Jordanus/ und sagt: O wir armseelige Menschen! wie uͤbel/ wie uͤbel/ und abermahl uͤbel handlen wir/ daß wir so grosses Gut/ so unaußsprechliche F reuden mit mehrerem Fleiß nicht suchen! Sehe gluͤcksee- lig koͤnnte sich schaͤtzen ein Mensch/ wann er fuͤr die eusserste und haͤrteste Buß-Werck seines gantzen Lebens/ nur ein eintziges Augenblick GOtt an- zuschauen/ wie er ist/ solte gewuͤrdiget werden. S chaͤtze nun/ wann du kanst/ mein Christliche S eel/ die Freud/ deren ein Außerwaͤhlter in An- schauung deß Goͤttlichen Angesichts/ nicht ein Augenblick/ nicht eine S tunde/ nicht einen auch nicht hundert/ noch tausent Tage/ nicht ein tausent/ noch hundertmahl hundert tausent Jahr; sondern/ in alle Ewigkeit/ in alle Ewigkeit/ ohne einiges End im Himmel droben geniessen wird. 10. Christus sagt bey dem heiligen Mattheo von dem guten und getreuen Knecht Die Ein und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Knecht; daß er solle eingehen in die Freud seines Herrn: warumb sagt er nicht; die Freud deß Herrn soll zu dir/ zu deinem Hertzen eingehen/ so da ist der rechte Ort der Freude? Die Frag beantwortet der H. Anselmus und sagt/ daß die Außerwaͤhlte von GOtt so grosse Freud haben/ daß selbige in dem Menschen nicht koͤnne verschlossen werden/ sondern der Mensch muͤsse in sothane Freud eingehen/ und also werde der Mensch von den Freu- den erfuͤllet und umbgeben/ daß nicht der Mensch die Freuden/ sondern die F reuden den Menschen gantz und zumahlen einnehmen. Diese uͤberauß grosse F reud entspringt auß einem dreyfluͤssigen Brunnen. Erstlich er- freuen sich die S eelige uͤber das Goͤttliche Allmaͤchtige Gut/ und unendli- chen Wohlstand GO ttes: Zumahlen ein wahre Freundschafft (wie da ist die Liebe) sich uͤber das Wohlergehen seines guten Freunds erfreuet. Zum andern erfreuen sie sich uͤber ihre selbst eigene Gluͤckseeligkeit/ indem sie ihres GOttes geniessen/ als ihres eigenen und hoͤchsten Guts. Zum drit- ten erfreuen sie sich uͤber die Ersprießligkeit anderer Außerwaͤhlten; bey denen/ wie die Wort deß heil. Gregorii lauten/ wegen der ungleichen Klarheit keine Mißgunst seyn wird/ dieweilen bey allen herschet die Einigkeit der Liebe: da- hero/ weilen einer den andern liebet als sich selbsten/ wird ein jeder so grosse Freud haben von dem Wohlstand eines jeden/ als von den Seinigen; zu- mahlen er das jenige Gut/ so er selbst nicht hat/ in den andern besitzet. So ist dann gewiß/ daß sie alle und jede so viel Freuden werden haben/ als sie Ge- sellen haben: und alle und jede Freuden seynd so viel bey jeden/ als ihre eige- ne Freud. Dieweilen nun ein jeder GOtt mehr liebet/ als sich selbsten/ und alle andere mit ihm/ so erfreuet er sich mehr uͤber den Wohlstand Got- tes/ als uͤber den Seinigen/ und aller andern mit ihm. Wann dann eines jeden Hertz kaum fasset seine eigene Freud/ wie kan selbiges dann fassen so viele und grosse Freuden? Derhalben stehet geschrieben: Gehe ein in die Freud deines HErrn/ und nicht: Die Freud deines HErrn gehe in dich: Dieweilen selbige nicht koͤnte gefasset werden. 11. So sagt dann recht der gemeldte heilige Kirchen-Lehrer an einem an- einem andern Orth: Wann wir betrachten/ wie herrliche Dinge uns ver- sprochen werden im Himmel/ so wird uns alles zu wider/ was wir haben auff Erden: zumahlen die irrdische Guͤter in Vergleichung der ewigen Gluͤckseeligkeit mehr ein schwaͤrer Last ist/ dann Ergetzligkeit: Wann man das zeitliche Leben gegen das Ewige stellet/ und beyde beschauet/ schei- net das erste/ in Ansehung deß andern mehr ein Todt/ als Leben zu seyn. Da- hero pflegte der heil. Jgnatius in Beschauung deß Himmels uͤber laut zu ruffen: Von der ewigen Seeligkeit. ruffen: O wie abscheulich kombt mir die Erde vor/ wann ich den Himmel anschaue! Jn dem nun die jenige Freuden unendlich seynd/ so Gott denen be- reitet hat/ die Jhn lieben; wie soll man sich nit bemuͤhen/ wie soll man nit schwi- tzen/ was soll uns immer zu schwehr fallen/ auff daß wir denen Himmels Ein- wohnern moͤgen beygezehlet werden? Dan so den Schiff-Leuten die grausame Wellen deß Meers/ den Soldaten die Wunden und eusserste Leibs-Gefah- ren leicht scheinen/ in Betrachtung der zeitlichen Vergeltung/ welche sie zu gewarten haben; wie viel mehr sollen wir alle vorfallende widerwaͤrtigkeit und Gefahren mit froͤhligem Gemuͤth zu uͤberstehen uns befleissen/ da uns der Himmel selbst zum Lohn erbotten wird? 12. Verlangstu derhalben/ mein Christliche Seel/ diesen Ort zu deiner ewigen Ruhe-Statt zu erwerben; so mustu diese zwey Dinge beobachten: Nemblich/ daß du erstlich alle unziemliche irrdische Freuden von dir entfer- nest/ und zum andern alles Widrige mie einem heroischen Gemuͤt ertragest. So viel daß erste betrifft/ mustu wissen/ daß/ gleich wie du mit einem Au- gen den Himmel/ und mit dem andern die Erde zugleich nicht koͤnnest an- schauen/ also moͤgestu auch der gegenwaͤrtiger Guͤter nicht geniessen/ und allhier den Bauch/ und dorten die Seel erfuͤllen/ und also von einer Freud zur andern schreiten. Wilstu herrschen mit Christo/ so ist noͤthig/ daß du lassest fahren das Jrrdische; und dein Hertz offt zu denen ewigen Guͤtern erhebest/ und den folgenden Spruch deß heil. Vatters Augustini betrachtest. Ein so grosse Schoͤnheit hat an sich die Gerechtigkeit/ sagt er/ und ein solche Lieblichkeit hat das ewige Licht/ das ist/ die veraͤnderliche W eißheit; daß/ wann dir schon daselbsten zu verbleiben nicht laͤnger/ als einen eintzigen Tag erlaubt waͤre/ so solstu doch derhalben auch unzahlbare Jahren/ so mit Freu- den und Uberfluß aller Guͤter erfuͤllet seynd/ billig verwerffen. So viel daß andere belanget/ mustu wissen/ daß der Spruch deß H. Pauli dich nit betriege/ in dem er sagt: Das Leyden dieser Zeit ist nicht gleich zu achten der künfftigen Herrligkeit/ welche in uns soll offenbahret werden. Dahero sagt der heil. Vatter Augustinus: wann wir taͤglich solten Tormenten leyden/ und auch so gar die Hoͤll eine Zeitlang außstehen/ auff daß wir Ehristum in seiner Glory und Herrligkeit und unter die Zahl seiner Außerwaͤhlten sehen moͤgten/ so soll uns doch alles fuͤr nichts vorkommen/ was wir immer allhier zu leyden haben/ damit wir sol- cher Freude moͤgten theilhafftig werden. Zu diesem unsern Vorhaben er- zehlet der Gelehrte Diseipulus/ daß der boͤse Feind einsmahls in einer Historia. besessenen Persohn von den Umbstehenden seye gefragt worden/ was er O o o o thuen Die Ein und Fuͤntzigste Geistliche Lection thun wolle/ daß er wiederumb zum Himmel kommen moͤgte? darauff habe er geantwortet/ und gesagt: Wann ein eiserne Saͤul von der Erden biß zum Himmel langte/ und waͤre mit spitzigen Naͤgel und Stacheln uͤberal wohl beschlagen; so wolte ich/ wann ich einen Leib haͤtte/ der leyden koͤnnte/ mich biß zum juͤngsten Tag dieselbe Saͤul immer auff und ab ziehen lassen/ damit ich nur zur Herrligkeit GOttes gelangen moͤgte/ so ich durch meine Hoffart hab verlassen muͤssen. Gedenck nun/ mein Christliche Seel/ wann daß der geschworne Feind GOttes zu leyden sich erbietet/ umb den Himmel zu erlangen; was sollen wir dan nit außstehen auß Liebe Gottes/ damit wir durch Truͤbsall und Gedult deß Ewigen und hoͤchsten Guts moͤgen theil- hafftig werden? Wilstu der immer waͤrenden und Allerseeligsten anschau- ung mit den Außerwaͤhlten GOttes geniessen/ so leyde allhier gedultiglich/ uͤbertrage mit Freuden und standhafftiglich/ was dir so wohl dem Leib als der Seelen nach beschwaͤrlich vorkombt; gedencke offtmahlen der Wort deß 2. Tim. 2. 5. H. Apestel Pauli: Keiner wird gekroͤnet werden/ es sey dann/ daß er ritterlich und rechtmaͤssig gestritten habe. Wann dir gefaͤlt der herrliche und stattliche Lohn/ so lasse dir auch nicht mißfallen die Arbeit. Also wirstu dir eine sehr vertraͤuliche Zuversicht zur himmlischen Glory machen koͤnnen/ nach dieser gethanen Verheissung deines Heylands: Matt. 5. Seelig seynd die/ so da Verfolgung leyden umb der Gerechtigkeit willen; daun ihnen ist Reich der Himmeln. Die Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten. Die Zwey und Fuͤnfftzigste Geistliche LECTION Von Der wenigen Zahl der Anßerwaͤhlten. Intrate per angustam Portam, quia lata Porta \& spa- Matt. 7. v. 13. tiosa via est, quæ ducit ad perditionem, \& multi sunt, qui intrant per eam. Gehet hinein durch die enge Pforte: dann die Pforte ist weit/ und der Weeg ist breit/ der zum Ver- derben fůhret/ und ihrer seynd viel/ welche dadurch eingehen. 1. B Jßhero hab ich dir/ mein Christliche Seel/ vorgestellet den Greul der hoͤllischen Peynen; wie dan auch die unaußsprechliche Freuden der Seeligen im Himmel: derhalben will sichs nun gebuͤhren/ daß ich dir auch die Zahl der jenigen verzeichne/ so da sichere Hoffnung ha- ben/ die ewige Freuden zu erlangen; und deren/ welche die immerwaͤhren- de Peynen der Hoͤllen unfehlbar schmecken werden: auff das du dir und deiner Seelen bey Zeiten Vorsehung thun moͤgest. Wie viel aber vermeinstu/ daß werden seelig werden auß denen Menschen/ so anjetzt in der Welt leben? Gedunckt dich wohl/ daß der halbe Theil werde zum Himmel eingehen? Soll wohl der dritte/ oder auch der vierte Theil seelig werden? Ach! ach! ich foͤrchte sehr/ daß nicht der zehnte/ ja nicht der zwantzigste Theil das ewige Leben besitzen werden. Dieses lehren alle H. H. Vaͤtter/ es lehret uns selbiges die heil. Schrifft/ und die Ewige W arheit selbst an unter- schiedlichen Orten. Bey dem Evangelisten Mattheo am 20. Cap. sagt Christus: Viele seynd beruffen/ aber wenig außerwaͤhlet. O o o o 2 Diese Die Zwey und Fuͤntzigste Geistliche Lection Diese Wort widerholet der jetzt-gemeldte Evangelist am 22. Cap. und sagt: Bindet ihm Haͤnd und Füß/ und werffet ihn in die eusser- ste Finsternüsse: dann viel seynd beruffen/ aber wenig außerwaͤhlet. Wann nun in der gantzen heiligen Schrifft kein anders Beweißthumb wuͤrde gefunden werden/ als diese zwey angezogene Spruͤ- che/ so haͤtte doch ein jeder gnugsame Ursach sich zu entsetzen: zumahlen Christus gar klaͤrlich bedeutet/ daß viele zum wahren Glauben beruffen seyn/ auß denen doch wenige zur ewigen Seeligkeit gelangen werden. Unter diese Beruffene zehlet Christus nicht die Heyden und Ketzer/ sondern die je- nige allein/ so den wahren Glauben haben: dann die Heyden und Ketzer seynd noch nicht beruffen/ sondern werden taͤglich beruffen/ auff daß sie ihre Blindheit verlassen/ und zum Licht deß wahren Glaubens kommen moͤgen. Derhalben/ das Christus sagt: Viele seynd beruffen/ aber wenig außerwaͤhlet: heisset eben so viel/ als wolte er sagen: Viele seynd/ so da haben den wahren Glauben; unter denen aber werden wenige gefunden/ welche seelig werden. 2. Noch erschroͤcklicher ist/ was er bey dem Evangelist Matt. am 7. Cap. mit diesen nachtruͤcklichen Worten sagt: Gehet hinein durch die enge Pforte/ dann die Pforte ist weit/ und der Weeg ist breit/ so zum Verderben führet/ und ihrer seynd viel wel- che dadurch eingehen. Dahero seufftzete der Heyland auß dem innersten seines Hertzen und sagt: O wie eng ist die Pforte/ und wie schmal ist der Weeg/ welcher zum Leben einführet/ und ihrer seynd wenig/ die ihn finden. Was kan doch grau- samer gesagt werden/ als eben dieses? und wie kan ein kraͤfftigeres zeugnuß gegeben werden/ daß nemblich viele werden verdambt/ und sehr wenig see- lig werden/ als mit diesen Worten? Wann solche einer auß den Kirchen- Lehrern/ oder ein ander Heiliger Mann gesprochen haͤtte/ so wuͤrden wir demselben keinen Glauben beymessen: weilen aber die unbetriegliche ewige W arheit sothanes Urtheil selbst gefaͤhlet hat/ so koͤnnen wir demselben im geringsten nicht widersprechen. Damit du auch besser erkennest/ wie we- nige außerwaͤhlet werden; so mercke auff/ daß Christus in den angezogenen W orten nicht gesagt habe/ daß wenig seyen/ so auff dem W eeg gen H immel wandern; sondern daß er gantz klaͤrlich gesagt habe; daß wenig gefun- den werden/ welche diesen engen W eeg finden: Der Weeg ist schmal/ sagt Er/ der zum Leben führet/ und wenig se y nd/ so denselben finden: als wolt er außtruͤcklich sagen: Der W eeg zum Him- Von der Zahl der wenigen Außerwaͤhlten. Himmel ist so eng und ungebahnt/ solcher massen bewachsen und verborgen; daß ihn viele tausent und tausent Menschen niemal finden werden. Und ob schon einige seynd/ die selbigen finden/ so irren sie dannoch leichtlich von die- sem Weeg/ dieweilen er sehr krum und zweiffelhafft ist. Einige seynd zwarn/ so den rechten Weeg eing e hen; weichen doch von selbigem wissentlich ab/ wegen der Beschwernuͤssen/ so auff diesem Weeg gefunden werden. Darneben seynd auch viele/ welche durch den Arglist und Versuchung deß boͤsen F einds/ von diesem Fuß-Patt abgebracht/ und also unvermerckt zur H oͤllen gestuͤrtzt werden. Hierauß kanstu vernuͤnfftlich schliessen/ daß wenige diesen Weeg finden/ und noch viel weniger seyen/ so da biß zum End auff selbigem bẽstaͤndiglich verharren. 3. Dieweilen dann unserm Heyland nicht unbewust ware/ daß diese seine klare Wort/ so wohl von den Glaubigen als Unglaubigen unrecht wuͤrden verstanden und außgelegt werden/ derhalben hat er seine Meinung bestaͤtti- gen/ und uns zur Zahl der Außerwaͤhlten mit noch hellern Worten offenbah- ren wollen: dann da einer ihn fragte/ ob wenig Menschen seelig wuͤrden; gab Er seufftzend zur Antwort: Bemůhet euch durch die enge Pforte Luc. 13. v. 23. einzugehen: Dann ich sag euch/ viel werden darnach trach- ten/ daß sie hinein gehen/ und sie werden nicht koͤnnen. Wer soll sich fuͤr diesen Worten nicht entsetzen? Christus sagt/ ein jeder soll sich Gewalt anthun/ er soll sich mit aller Macht unterstehen zu dem en- gen Pfoͤrtlein hineinzugehen/ Contendite; Bemůhet euch/ spahret keinen Fleiß. Ja/ was noch mehr/ und erschroͤcklicher ist: Er sagt/ daß viele mit grossem Eyffer und Arbeit sich befleissen werden hinein zu kommen/ und werden doch nicht hinein gehen. O mein GOtt und HErr! Wann diese/ so sich da mit grosser Muͤhe unterstehen in den Himmel zu kommen/ doch werden muͤssen draussen bleiben; wo werden dann die jenige hinkommen/ welche in grosser Nachlaͤssigkeit und Traͤgheit dahin leben; und weder die Ehr GOttes/ weder das Heyl ihres Naͤchsten/ weder ihr eigene ewige Wohlfart sonderbahr eifferen; vielmehr aber die irrdische Zeit in kostbahren Sachen/ in Kinder und Narren - Bossen/ ich sage nicht vertreiben/ sondern erbaͤrmli- cher Weiß verschwenden? Diese drey Zeugnuͤß der ewigen W arheit zeigen dir gnugsamb/ mein Christliche Seel/ in wie grosser Gefahr der Seeligkeit der arme Mensch immer schwebe/ und wie wenig auß uns ihr rechtmaͤssiges Ziel und End erreichen werden. Hoͤre nun weiters/ wie der sorgfaͤltlge JE- sus sich bemuͤhet/ sothane Besehwernuß zu deinem und meinem Heyl mit mchrerem zu erklaͤhren. Da dieser Heyland dem Evangelischen Juͤng- O o o o 3 ling Die Zwey’ und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection ling gerathen hatte/ er solte seine Reichthumben verlassen/ und ihm nachfol- gen; selbiger aber hieruͤber zumahlen betruͤbt hinweg gangen/ hat sich der Marc. 10. v. 22. \& seqq. himmlische Lehr-Meister zu seinen Juͤngern gewendet/ und gesagt: Wie schwerlich werdendie zum Reich GOttes hinein gehen/ die Geld haben! Die Jůnger aber entsetzten sich uber sei- ne Red. JESVS aber antwortet/ und sprach zu ih- nen: Meine Kinder/ wie schwerlich ists/ daß die jenige zum Reich GOttes hinein gehen/ welche ihr Vertrauen auff Geld setzen! Es ist leichter/ daß ein Camel durch ein Nadel-Ohr gehe/ dann daß ein Reicher zum Reich GOttes hinein gehe. Hieruͤber win den die Juͤnger deß HErrn noch mehr verwundert/ und sprachen untereinander: Wer kan dann seelig werden: JEsus aber sahe sie an/ und sprach: Bey den Menschen ists wohl unmoͤglich/ aber nicht bey GOTT. 4. S perre auff/ sperre auff deine Ohren/ mein Christliche S eel/ und hoͤre was Gott sagt: Er bekennet/ daß die Erlangung des ewigen H eyls ein so gefaͤhrliches Werck seye/ daß es auch die menschliche Kraͤfften uͤber- steige. Er sagt außtruͤcklich/ daß der Mensch nicht koͤnne seelig werden; Vnd wanns geschehen solte/ so waͤre solches doch ein uͤbernaturlich und goͤttliches Werck: Ja so gar muͤsse vor ein Wunderwerck gehalten werden/ daß der Mensch der H oͤllen soll entgehen/ und zum H immel gelangen; Gleich wie ein Miracul waͤre/ daß ein eintziger Mensch allein ein gantzes Kriegs- H eer in die Flucht schluͤge: S intemahlen ein gantze S chaar der Hoͤllischen Feinden einenjeden Menschen anfallet/ auff daß sie selbigen mit allerhand Betrug und Arglist betriegen/ zur Suͤnde reitzen/ und endlich zur ewigen Verdambnuß stuͤrtzen moͤgen. Die gantze Welt mit allen ihrem Anhang haben sich gleichsam miteinander verbundẽ/ durch ihre schmeichlende sedoch betriegliche Suͤssigkeit; Wir auch nit weniger Krafft ihrer Vefol- gung von dem rechten Weeg zu verhindern/ und zur gemeinen Bahn des Verderbens zu bringen. Vnser eigene Lieb/ unsere fuͤnff Sinn/ und unsere selbst eigene Natur haben sich verschworen/ uns Tag und Nacht so lang zu versuchen und zu bestreiten/ biß sie uns von dem harten und strengen Leben/ zu einem gemaͤchlichern und also von dem Fuß-Pfad der Christlichen Voll- kommenheit/ zu den fleischlichen Wollusten verleyten moͤgen. Ja/ was noch mehr ist/ unsere eigene Seel ist sich selbst zuwider/ und ist in zwey Theil zer- theilet/ nemblich in dem obern und untern Theil: Dieser streitet immer ge- gen Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten. gen den andern/ und ist selbig er Streit viel beschwaͤrlicher und gefaͤhrlicher/ als aller Teufllischen Boßwichten und gottloser Menschen Anfechtungen und Verfolgungen immer seyn koͤnnen. Wann dann nun ein tugendsamber Mensch/ bey so gestalten Sachen/ uͤber seine Feinde obsieget/ ist daß nicht ein rechtes Wunder-Werck? Vbersteiget nicht ein solcher Sieg alle mensch- liche Kraͤfften? Dahero muͤssen wir gestehen/ daß Gott einen solchen Men- schen sonderbahr beygestanden habe/ sonsten es unmoͤglich haͤtte geschehen koͤnnen/ daß selbiger so viele und so starcke Feindt haͤtte uͤberwaͤltigen koͤnnen. Merck auff mein Christliche Seel/ wieviel Muͤhe es koste/ den Himmel zu erwerben. Jch vermeyne/ du wirst nun baldin Erfahrung kommen/ was Christus durch diese Wort: Das Himmelreich leydet Gewalt/ Matt. 11. und die Gewaͤltigen reissens hinweg: Habe verstehen wollen. Einmal gewiß ists/ daß der Himmel durch Faulheit und Tragheit nicht gewonnen werde/ sondern durch grosse und stete Sorgfalt/ durch viele Ar- beit und Uberwindung seiner selbsten. 5. Obwohlen aber auch Christus nicht ein - sondern mehrmahl mit auß- trucklichen Worten bedeutet habe/ daß wenig Menschen seelig werden; und daß der Weg/ so zum Himmel leitet/ sehr eng und beschwaͤrlich seye; Nichts desto weniger werden viele gefunden/ welche sich nicht foͤrchten zu sa- gen; Der Weg des Heyls setze so gefaͤhrlich nicht/ wie einige zagthaffte Menschen darvor halten: Christus habe nicht umbsonst so grausame Tor- ment en außgestanden: Der Himmel seye ja nicht fuͤr die Gaͤnß gebauet: Wann uns Gott nicht haͤtte wollen seelig machen/ so wuͤrde Er uns auch nicht erschaffen haben. Also und dergleichen reden die Welt-Kinder: Da- hero leben sie wohlgemuthet daher/ lauffen ohne Forcht den gemeinen und weiten Welt-Weg/ halten ihren Leib wohl/ und was nur dem Fleisch ange- nehm und lustbahr ist/ daß lassen sie selbigem zu. Also streicht ein Tag nach dem andern/ ein Jahr nach dem andern ohne weitere Sorg dahin/ als wann sie von ihrer Seeligkeit schon wuͤreklich versichert waͤren. Daß aber allsol- che denrechten Weeg sehr weit verfehlen/ und die Bahn des Verderbens betretten; Dieß lehr et uns die Goͤttliche H. Schrifft/ nicht an einem/ son- dern an hundert und hundert Orten; Ja so gar das gantze H. Evangelium zeigt uns gerad das Widerspiel/ und dreuet den jenigen mit dem ewigen Todt/ welche dergestalt ohne Forcht leben/ und ihren boͤsen Begierden den Zaum lasse H oͤre/ hoͤre/ wer du ein solcher bist/ wil Christus die ewige War- heit dir sage/ und wie grausamblich Er dir zuruffe: Wehe/ wehe euch Reichen/ dann ihr habt eueren Trost hinweg: Wehe euch/ Die Zwey und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection euch/ die ihr gesaͤttiget seyd/ dann ihr werdet Hnnger ley- den; Wehe euch/ die ihr jetzt lachet/ dann ihr werdet trau- ren und weynen: Wehe euch/ wann euch die Menschen preisen; dann ihr werdet dorten verschaͤhmet werden. Wer soll diese Drew-Wort nicht foͤrchten? Jst nicht dieses ein recht greu- liches V rtheil? Daß du reich seyest/ daß du ersaͤttiget seyest/ daß du luͤstig und froͤlich seyest/ daß dich die Mensch loben; dieses bildestu dir nicht ein/ we- der auch ein ander Welt-Mensch/ daß suͤndhafft seye: und dannoch drewet Christns denselben den ewigen Todt/ durch so offt wiederholtes Wehe/ wehe. 6. Gedunckt dich derhalben wohl/ daß die unwiderbringliche kostbahre Zeit ohne Verlust des H immels mit Muͤssiggehen und stetes geynen zu den Welt-Luͤsten koͤnne zugebracht werden? H oͤre mein Christliche Seel den Apostel Paulum ein Augenblick an. Mein allerliebste/ sagt er/ Ad Phi- lip. 2. wircket euere Seeligkeit mit Forcht und Zittern. Solcher massen haben die H eylige Gottes ihr ewiges H eyl gesucht/ so da immer die gerechte Urtheil GOttes gefoͤrchtet haben. Die boͤse aber haben weder die strenge Urtheil Gottes/ weder dessen billigen Zorn gefoͤrchtet/ sondern mit dem heutigen Nachlaͤssigen gesagt: GOtt ist barmhertzig/ der wird uns so leichtlich nicht verdammen; wir muͤssen als sehr grob und viel gesuͤndiget haben/ wann wir die H oͤll verdienen/ und dergleichen: da doch der heylige Geist durch den Weisen Man einen jeden mit diesen deutlichen Worten den Eccl. c. 5. v. 6. Gegentheil lehret und saget: Spricht nicht/ die Erbarmung des Herrn ist groß/ Er wird die Vielheit meiner Sůnden auß Gnaden verzeyhen/ dann Barmhertzigkeit und Zorn wer- den geschwind vom ihm herankommen/ und sein Zorn se- het auff die Sůnder. Die heylige Catharina von Genua pflegte zu sagen: O ihr armselige Suͤnder/ trauet der Barmhertzigkeit Gottes nicht: sondern wisset/ daß ihr desto tieffer zur Hoͤllen werdet hineingeworffen wer- den/ wie mehr ihr einen so barmhertzigen HErrn zum Zorn anreitzet. Wir muͤssen zwarn auff die Barmhertzigkeit GOttes unser Vertrauen setzen; wie dieses aber geschehen solle/ lehret uns der heil. Gregorius mit diesen Wor- ten: Wer thut/ was er kan/ der mag auff Goͤttliche Barmhertzigkeit vestig- lich vertrauen: der aber nicht thut/ was er kan/ und wilt also auff die Guͤ- tigkeit deß HErrn hoffen; dessen Hoffnung ist keine Hoffnung/ son- dern eine Vermessenheit: dann unser Glaub lehret uns/ daß wir nicht allein auß der Barmhertzigkeit GOttes/ sondern auch auß unsern Wer- cken Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten. cken zugleich muͤssen seelig werden; wie der heil. Apostel Petrus uns ermah- net und sagt: Befleisset euch/ eueren Beruff und Außerwaͤh- lungen/ durch gute Werck gewiß zu machen. Auß diesem 2. Petr. 1. v. 10. allem kanstu dir das gewisse Faeit machen/ wie schwaͤrlich du moͤgest seelig/ und wie leichtlich verdambt werden; und wie viele zur Hoͤllen gehen/ oder vielmehr lauffen. Damit du aber diese Warheit noch besser und fuͤglicher erkennen moͤgest; als wil ich dir einige Gleichnuͤssen und Figuren vor Au- gen stellen/ Krafft deren die H. Schifft die angezogene Meinung noch mehr offenbahret und beweiset. 7. Jn der Arcken Noe waren nur acht Persohnen/ so der allgemeinen Suͤnd-Flut entkommen seynd; die uͤbrige/ deren viele hundert tausent ge- wesen/ seynd im Wasser ersoffen/ und also jaͤmmerlich umbkommen. Gleich wie nun diese acht Menschen/ in Ansehung deren/ die zu Grund gangen/ sehr wenig/ ja schier nichts an der Zahl seynd; also ist die Zahl der Außerwaͤhlten uͤber auß gering/ wann sie mit der Vielheit der Verdambten verglichen wird. Das erschroͤckliche Feur/ welches der Zorn GOttes uͤber Sodo- mam und Gomorram/ und das umbligende Land geschickt; hat nur vier Persohnen/ nemblich deß Loths/ dessen Weibs/ und zweyer Toͤchter ver- schoͤnet: die uͤbrige alle/ so da in fuͤnff Staͤdten/ und vielen angrentzenden Flecken und Doͤrffern bestunden/ seynd durchs himmlische Feur verzehret/ und in das hoͤllische geworffen worden. Also seynd auch viele Staͤdt und Doͤrffer/ auß denen zu Zeiten nur vier der ewigen Verdambnuß entgangen. Auß denen sechsmal hundert tausent streitbaren Maͤnnern/ so auß Egygten herauß kommen/ neben den Weibern/ den Alten/ und Kindern seynd nur zween/ nemblich Josue und Caleph zum Gelobten Land hineingangen: die uͤbrige seynd alle in der Wuͤsten armseeliglich gestorben. Also gelangen offt- mahl auß tausenten kaum zween zum versprochenen himmlischen Vatterland; die uͤbrige sterben in ihren Suͤnden/ und werden ewiglich verdambt. Unter Tob. 1. 5. den Kindern Jsrael ware der eintzige Tobias; welcher zum Tempel deß HErrn gen Jerusalem gienge/ und daselbst den H Errn anbettete: die ande- re alle auß den zehn Geschlechtern Jsrael betteten die guͤldene Kaͤlber an/ so der Koͤnig Jeroboam gemacht hatte. Auß allen Kindern deß Esau ware allein der Job gerecht/ und glaubte an den wahren GO tt: der uͤbrige Theil der gantzen Provintz ware H eydnisch/ und dienete dem Teuffel. Auß allen Chaldeyeren ware nur der Daniel mit dreyen Knaben außerwaͤhlet/ und widersetzten sich dem gottlosen Befelch deß Koͤnigs: die andere so wohl P p p p Juden/ Die Zwey und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Juden/ als H eyden betteten alle die auffgerichtete Bildnuß an/ auß Forcht/ daß sie solten in den brennenden Feuer- Ofen geworffen werden. 8. Weiters vergleichet der Prophet Jsaias die Zahl der Außerwaͤhlten den wenigen Aaaren/ so von den Schnittern auffin Acker gelassen werden; und ebenfals den wenigen Trauben - Koͤrnlein/ so da nach dem gemachten Herbst im Weingarten verbleiben. Wiederumb vergleichet sie der heilige Apostel und Evangelist Matthaͤus dem gereinigten Weitzen/ so da in An- sehung der Spreuer oder deß Kafe sehr wenig ist. Auß diesen und andern vor- bildungen der H. Schrifft beweisen die H. H. Vaͤtter die geringe Anzahl der Außerwaͤhlten/ und die grosse Menge der Verdambten: und schreiben hiervon so scharff/ daß einem billig alle Haar deß Haupts sollen zu Berg stehen. Hoͤre/ mein Christliche Seel/ den heiligen Vatter Augustinum/ welcher von dem wenigen Hauff der Seeligen also redet: Der guten und wahren Christ-Glaubigen/ sagt er/ deren in sich viele seynd/ seynd dannoch in Vergleichung der Boͤsen wenig: gleich wie wir viele Granen oder Koͤrn- lein/ mit denen grosse Scheuren erfuͤllet werden/ wenig zu seyn schaͤtzen/ ge- gen die Spreuer zu rechnen. Und der heilige Gregorius sagt: zum Glau- ben kommen viele/ aber wenig werden zum Himmel-Reich gefuͤhret Da- hero hat der heilige Abt Nilus/ wie Baronius schreibt/ unter dem geistlichen Gespraͤch sagen doͤrffen/ daß zu seinen damahligen Zeiten auß hundert tau- sent kaum ein eintziger zur Zahl der H. H. Engeln gelangen werde. O grau- sames Urtheil! Ob wohln nun villeicht die Meynung dieses heiligen Manns sich nicht allein zu den Catholischen; sondern zu allen so wohl Heyden als Ketzern wuͤrde erstreckt haben; so seynd doch diese Wort sehr zu foͤrchten; dieweilen ohne Zweiffel in derselben Zahl zum wenigsten fuͤnff hundert Christ-Glaubige seynd gefunden worden. Wann aber der fromme Vat- ter die Catholische allein hat rechnen wollen/ so wolle GOtt uns lauen und nachlaͤssigen Troͤpffen gnaͤdig seyn. Dieser Meynung fallet bey der heili- ge Chrysostomus/ welcher in der sehr Volck-reichen Stadt Antiochia in oͤffentlicher Predig sich nit gescheuet hat zu sagen: Wieviel vermeinet ihr Einwohner dieser Stadt/ daß auß euch werden koͤn- nen seelig werden: grausamblich ist zwarn/ was ich sa- gen werde; dannoch will ichs sagen. Es koͤnnen auß so viel tausenten in dieser so Volck-reichen Stadt/ hundert seelig werden; und von diesen hab ich noch einen grossen Zweifel. Dann/ was ein grosse Traͤgheit ist bey den Alten/ was ein übermaͤssige Außgelassenheit und Will- muth Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten. muth bey den Jungen! und wie allgemeine Vngerechtig- keit bey allem Volck! Seynd dieß nicht entsetzliche Wort/ mein Christliche Seel? Wann nicht ein so heiliger Mann dieselbe gesprochen haͤtte/ wer solts glauben koͤnnen? Und wann zu denen Zeiten/ umb das vier- hunderste Jahr nach der heylsamen Geburt deß Herrn/ da die Christ-Glau- bige noch in ihrem ersten Eiffer waren/ so wenige haben koͤnnen seelig werden; O mein GOtt! was Raths/ was Raths dann mit unsern Zeiten? was Raths mit unser Welt/ die so voll von Liegen und Betriegen ist/ in der man schier nichts hoͤret/ als Suͤnden und Laster? Deren Kinder die mehreste und beste Zeit ihres Lebens mehr den eytelen Ehren und augenblicklichen Freuden/ als ihrem GOTE/ ihrem Ersehoͤpffer/ Erloͤser und hoͤchsten Wohlthaͤter auffopffern. 9. Auff daß du nun uͤber die wenige Zahl der Außerwoͤhlten weiters versichert werdest; Als hab ich dir einige Merck- und glaubwuͤrdige Ge- schichten anbeyfuͤgen wollen; Auß denen du mit grosser Forcht und Zittern/ Spec. Exem. vid. Damnat. Exem. 2. Historia. die Warheit der eingerichteten Meynungen klaͤrlich ersehen kanst. Jm Leben deß H. Bernardileset man von einem Einsiedler/ welcher ein sehr strenges Leben gefuͤhret/ vorhin aber Dechant zu Lingonien gewesen war; daß er sei- ne feiste Praͤbend sambt allem Welt-Pracht auß Forcht Gottes verlassen/ und sich in die Wuͤsten retiriret habe. Nachdeme selbiger fuͤnff und zwantzig Jahr in mehr als gemeiner Heyligkeit hat zugebracht/ ist er nach seinem see- ligen Hinscheiden dem Bischoff zu Lingonien/ deme er bey seinen Lebzeiten bekennt gewesen/ erschienen/ und hat selbigen mit diesen erschroͤcklichen Wor- ten angeredet/ und gesagt: Thue Buß/ bessere dein Leben/ und saubere dein Gewissen; Verlasse die H offart sambt dem Geitz; Jm widrigen Fall wir- stu der ewigen Seeligkeit nicht theilhafftig werden: Ach/ ach! der arme Mensch kan so leicht nicht seelig werden/ wie man vermeynet. Da ich dem erschroͤcklichen Gericht-Gottes bin vorgestellt worden/ seynd mit mir auffm Gerichts-Platz erschienen dreissig tausend Seelen; auß welcher Zahl der fromme Diener GOttes Bernardus und ich seynd seelig worden: Drey seynd zum Feeg-Fewr/ und der uͤbrige Rest ist zur H oͤllen verdambt wor- den. Nach diesem ertheilten Bericht ist der Einsiedler verschwunden. H ier- uͤber laß ich dich mein Christliche Seel urtheilen/ wie es in jener Welt her- gehen werde: Jch aber lebe inzwischen in grosser Forcht/ und trachte mein Leben von Tag zu Tag/ von Stund zu Stund; und von einem Augen- blick zum andern zu bessern. P p p p 2 10. Noch Die Zwey und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection L. 1. de Bon. stat. Relig. c. 5. 10. Noch entsetzlicher ist/ was Hieronymus P latus last herkommen/ daß sich zu Straßburg hat zugetragen: dann da der heiligmaͤssige Bertol- dus auß dem Orden deß heiligen Francisci/ ein fuͤrtrefflicher Prediger/ einsmahls uͤber ein sicheres Laster sonderbahr geeiffert; ist ein Weib/ so mit selbigem behafftet gewesen/ fuͤr grosser Reu und Leyd in waͤhrender Predig urploͤtzlich nieder gesallen und gestorben. Nach dem nun der Gottseelige Mann/ sambt allen Zuhoͤrern fuͤr das Heyl deß verstorbenen Weibs in- bruͤnstig gebettet/ ist selbiges zum Leben erweckt worden; und hat die Ursach ihres so gaͤhlingen Todts bekennet/ und gesagt/ daß ihr waͤre befohlen wor- den/ zum Leib wiederzukehren/ umb Buß fuͤr ihre Suͤnden zu wircken. Sel- bige hat viele Dinge erzehlet/ die sie gesehen/ unter denen sie dieses erschroͤck- liche auch gemeldet. Da ich/ sagt sie/ zum Richter-Stuhl GOttes kommen bin/ seynd auch mit mir sechsig tausent Seelen zum Gericht er- schienen/ auß welchen allen nur drey zum Feg-Feur seynd verurtheilt wor- den: einer von den Franciseaner Bruͤdern hat zwarn auch durchs Feg-Feur gehen muͤssen; hat aber in diesem seinem Durch-Zug zwey andere Seelen/ so ihme sonderbahr befreund gewesen/ mit sich gen Himmel genommen: die uͤbrige seynd alle ewiglich verdambt worden. Ob nun diese alle Christglau- bige Seelen gewesen seyen/ will ich nicht sagen: Es ist aber der Ehr-wuͤr- c. 180. dige P. Martinus ein Capuciner im Leben Christi der wahr- scheinenden Meynung/ daß alle Christen gewesen seynd: welcher Mey- nung mir sehr hart zu seyn geduncket. Gesetzt aber/ daß selbige nicht alle Catholisch gewesen/ sondern daß viele unter ihnen Heyden und Ketzer ge- wesen seyn: so koͤnnen wir doch nicht laͤugnen/ daß auß diesen sechszig tausent gewesen seyn zwantzig tausent oder auffs wenigs zehn tausent wahrer Glaubigen. Und wann diesem also ist/ wie ich im geringsten nicht zweiffle; wer will dann fuͤr den verborgenen Urtheilen GOttes sich nicht foͤrchten/ und entsetzen/ da er hoͤret/ daß auß 20000. Catholischen nur vier das ewige Leben erhalten haben! 11. Jm Buch von dem Ursprung deß Carteuser Ordens leset man auch/ daß Jnnocentius der dritte/ da er noch Cardinal gewesen/ einsmahls einen Einsidler besucht/ und selbigen in einer Verzuckung gefunden habe. Nach- dem er nun wiederum zu sich kommen/ habe er gar tieff geseuffzet und geruf- fen; O GOtt/ O GOtt! was grausame Dinge hab ich gesehen! Jch bin zur Hoͤllen gefuͤhrt worden/ und hab gesehen/ daß die Seelen gleich dem haͤuffigen und dicken Schnee hinunter gefallen seynd: Zum Feg-Feur aber seynd sie gefallen/ wie der eintzlich und gar duͤnne Schnee. Zum Him- mel seynd nur drey gelanget: nemblich die Seel eines Bischoffs; eines Car- teu- Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten. teuser Prioren/ und einer Roͤmischen Wittwe. Diese Persohnen hat er alle mit ihren Nahmen genennet; und hat man im Nachforschen befunden/ daß selbige in eben der Stunde gestorben seynd. Gleicher Gestalt leset man von einem Parisiensischen Doctorn/ daß er den zweyten Tag nach seinem Todt Discip. Historia dem Bischoff erschienen/ und habe gesagt/ daß er ewiglich verdambt seye. Selbigen hat der Bischoff gefragt/ ob er seine vorige Wissenschafft noch habe: deme er also geantwortet: Jch weiß nichts/ als diese drey Dinge; daß ich ewiglich verdambt bin; daß ein unwiderruffliches Urtheil uͤber mich ergan- gen ist; und daß ich wegen der leiblichen Wollusten und weltlichen Ehren der Anschauung GOttes in alle Ewigkeit beraubt bin. Nach diesem hat er den Bischoff hinwiderumb gefragt/ ob die Welt noch wuͤrcklich stehe? und da ihn der Bischoff gefragt hat/ warumb er dieses zu wissen verlange; hat er geantwortet/ und gesagt: Es seynd von der Zeit meines Absterben so viele Seelen in die Hoͤll gefahren/ daß ich schwaͤrlich glauben koͤnne/ daß so viel Menschen in der Welt haͤtten seyn koͤnnen. Mit solcher antwort hat er auch einen grausamen Gestanck hinterlassen/ und ist verschwunden. Selbiger Schribent meldet auch von einem Cantzler zu Pariß/ welcher bey Historia. allen Menschen so beliebt/ und ein so wohlredender Mann gewesen ist; daß/ wann er von geistlichen Dingen geredet/ auch die Prediger/ Geistliche und andere gelehrte Maͤnner zu seinen Ermahnungen haͤuffig kommen seynd. Da er nun zum sterben gelangt ist/ hat ihn der Bischoff der Stadt in die- sen seinen letzten Noͤthen fleissig besucht/ und unter andern diese Wort ge- sagt: Wann ich dir zu befehlen hab/ so gebiete ich dir in Krafft deß Gehor- sambs/ daß du innerhalb dreyssig Tagen mir erscheinest/ und mich uͤber deinen Zustand berichtest. Der Cantzler ist bald hernach gestorben/ und dem gegebenen Befelch gemaͤß/ am dreyssigsten Tag dem Bischoff/ da er in seinem Zimmer allein gesessen/ erschienen; ist aber mit einer schwartzen Cappen gekleidet/ und mit einem grausamen Gestanck heran kommen/ und hat gesagt: Jch stelle mich dir allhier gegenwaͤrtig/ wie du mir befohlen hast. Hieruͤber hat sich der Bischoff anfaͤnglich entsetzet/ und nachmahlen gefragt; zu welchem Ort er verurtheilt seye. Jch bin armseelig/ hat der Geist ge- antwortet/ und ewiglich verdambt/ dieweilen ich meine gehabte Ehr und Wissenschafft/ nicht GOtt/ sondern mir selbst zugemessen hab/ und wann ich die Mutter GOttes mit herrlichen Lob-Spruͤchen erhebt; hab ich eitele Ehr gefischet: Neben diesem hab ich nach fleischlichen Wolluͤsten getrachtet/ derhalben bin ich auß gerechtem Urtheil GOttes in alle Ewigkeit verdambt. Nach erwehntem diesem seinem Zustand hat er gefragt; wie viel Jahren P p p p 2 von Die Zwey und Fuͤntzigste Geistliche Lection von Zeit seines todts schon verflossen seynd: und da ihm der Bischoff geant- wortet/ daß nur der dryssigste Tag von seinem Absterben erstlich seye heran kommen/ hat er jaͤmmerlich geseufftzet und gesagt: Wehe/ Wehe uns in der Hoͤllen! wir haben vermeint/ der letzte Gerichts-Tag seye schon ge- halten worden/ indem wir geschen/ daß die verdambte Seelen gleich dem haͤuffigen Schnee zur Hoͤllen gefallen seynd. Nach diesem hat er den Bischoff verflucht/ und ist verschwunden. Jst dieß nicht erschroͤcklich an- zuhoͤren/ aber noch viel erschroͤcklicher/ in der That wuͤrcklich zu erfahren? kan wohl einer anders bey sich beschliessen/ als daß er von Stund an seinem GOtt mit mehrerem Eiffer/ zum Heyl seiner Seelen dienen wolle/ in dem er siehet/ daß der Eingang zum Himmel so beschwerlich falle? 12. Nun bilde dir nicht ein/ mein Christliche S eel/ daß selbiges alles nur allein die Welt-Catholische betreffe; sondern versichere dich/ daß auch nicht wenig Geistliche/ so mit den oͤffentlichen Geloͤbten sich ihrem Gott verbunden haben/ zum Teuffel fahren: Zumahlen viele gefunden wer- den/ welche dem aͤusserlichen H abit nach/ Geistliche zu seyn scheinen; Wan man aber derselben Handel und Wandel genau besichtiget/ findet man/ daß sie fuͤglicher boͤse Weltliche als Geistliche moͤgen genennet werden. Dahero hat der H. Basilius sagen doͤrffen/ daß wenig Geistliche seelig werden. So- De Ab- dic. Re- rum. thaner scharffen Sentens ist der heylig-maͤssige Vatter Pacificus Capuci- ner ein lebendiger Zeug/ welcher in einer Verzuͤckung/ wie Boverius mel- det/ gesehen hat/ daß nicht allein die Seelen der Weltlichen/ sondern auch der Geistlichen Ordens-Leuth/ wie die Reegen-Tropffen zur Hoͤllen gefah- ren. Ja was noch entsetzlicher und schier unglaublich scheinet; Der Gott- seelige Vatter Sylvanus, wie Ruffinus bezeugt/ hat gesehen/ daß die See- len der Weltlichen seynd seelig/ der Geistlichen aber verdambt worden: Dann da selbiger in seiner Hoͤhlen auff dem Angesicht gelegen/ und ver- zuckt gewesen; ist er nachmahlen auff gestanden/ und hat sehr hefftig zu seuff- tzen und zu weynen angefangen: und da ihn sein Juͤnger die Ursach dieser ge- schwinden Enderung gefragt/ hat er nichts geantwortet/ sondern als immer geseufftzet und geweynet. Nach dem aber der Juͤnger seinen Geistlichen Vatter mit beharlichen Fragen belastiget/ hat er endlich loßgebrochen/ und gesagt: Ach! mein Sohn/ ich bin bey dem strengen Urtheil Gottes gegen- waͤrtig gewesen/ und hab gesehen/ daß viele von unserm Geistlichen Habit zur H oͤllen seynd gestuͤrtzet worden: Und hergegen hab ich gesehen/ daß viele Layen oder Weltliche vom Richter in Gnaden seind auffgenommen worden: Und da er dieses erzehlet/ hat er als weiters und weiters sehr bitter- lich Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten. lich zu weynen foͤrtgefahren. Dieses hat sich bey denen Zeiten zugetragen/ da der Muͤnchen- S tand gleich einem Palmbaum gegruͤnet hat: Wie wirds hergehen/ wan dieser Englische Stand wie ein Straͤuchlein verdorren wird? 13. Schließlich leset man in der Capuciner Chronick/ daß der Ehrwuͤr- dige P. Alphonsus Ill pus einsmahls unter der Metten seye verzuckt wor- den/ und nachdem er wiederumb zu sich kommen/ habe er auß dem innersten seines Hertzen geseufftzet/ und gantz klaͤglich geruffen: O mein Gott! wie ist das moͤglich/ daß so viele Menschen verdambt wer den! Jst das nicht zu betau- ren/ daß so wenige seelig werden! Jn diesen Seufftzern und immerwaͤhrenden Klag-Reden ist er eine geraume Zeitverblieben/ und hat keinem offenbahren wollen/ was er gesehen habe; vielleicht derhalbẽ/ daß er nit allein weltliche/ son- dern auch virle Geistliche gesehen zur Hoͤllen fahren: und seine Mitbruͤder nicht habe betruͤben wollen. Auß diesem allem erhellet augenscheinlich/ daß viele beruffen/ wenig aber/ leider Gottes! außerwaͤhlet seyn: daß die Pforte so zum Verderben fuͤhrete/ weit und breit seye; und viele denselben eingehen: daß hergegen auch die Thuͤr zum Himmel eng/ und der Weeg schmahl seye/ daß wenige denselben finden: und dieses ist alles so wahr/ daß nicht allein die Gottlose/ und mit allerhand Lastern behafftete Menschen; als da seynd die Ehebrecher/ Gottes-Laͤsterer/ Saͤuffer/ Schwaͤrmer/ und andere; sondern auch die Fromme und Tugendsame in grosser Gefahr ihres ewigen Lebens seynd: sintemahlen selbiges der H eyl. Petrus mit diesen Worten auß truͤck- lich bezeugt/ und sagt: So der Gerechte kaum seelig wird/ wo 1. Pet. 4. 18. wird dann der Gottlose und der Sůnder erscheinen? Siehe/ mein Christliche Seel/ daß sagt die H. Schrifft gar deutlich/ daß der Gerech- te/ daß ist/ welcher die Suͤnden fleissig meidet/ und suchet froͤmlich zu leben/ und seinem GOtt zu dienen/ kaum/ daß ist/ schwaͤrlich werde seelig werden: wo bleiben/ umb GOttes willen/ dann die Suͤnder/ die lawe und schlaͤfferige Geistliche/ die sich nicht schaͤmen/ ihre Reguln und Satzungen taͤglich zu uͤ- berschreiten/ und also eine Nachlaͤssigkeit uͤber die andere/ eine Suͤnd uͤber die andere zu werffen. Wie viel Gerechte sollen aber wohl unter den Christglau- bigen seyn? ach GOtt erbarm sichs! es seynd ihrer so wenig/ daß nicht gnug- samb zu beklagen ist. Es koͤnnen in Warheit bald gezehlet werden die jenige/ so da von Hertzen suchen die Gerechtigkeit; indem wir sehen/ daß sehr wenig seynd/ welche sich auß gantzer ihrer Seelen zu GOtt wenden/ fliehen alles/ was selbigem mißfallet/ und ein tugendsames Leben fuͤhren. Ein jeder lebt nunmehr schier nach seinem Gesaͤtz/ er kleidet sich so kostbarlich/ als er immer kan; er gehet mit seinem Fleisch so zaͤrtlich umb/ als ihm moͤglich ist: er suchet die Die Zwey und Fuͤntzigste Geistliche Lection die Freuden der Welt/ die Wollusten deß Fleisches/ Reichthumben und Eh- ren mit allem Ernst: und kurtz umb; es wandert nun jederman den weiten lu- stigen und breiten Weg/ der zum Verderben leitet/ und meidet den engen und doͤrneren Weg zum Himmel-Reich. Ja vielmehr pflegt der meiste Theil der Menschen also zu leben/ als wann kein Himmel noch Hoͤlle waͤre/ und sie all- hier auff dieser Welt ewiglich leben wuͤrden; dieweil sie hundertmahl mehr arbeiten/ und schwitzen umb das Weltliche/ als umb das ewige Gut: mehr fuͤr den faulen stinckenden Leib/ als fuͤr die edele Seel/ mehr fuͤr den Menschen als fur den allerhoͤchsten GOtt: pfuy der Schanden! und obwohln sie zu zei- ten was thuen zur Chren GOttes und zum Heyl ihrer Seelen/ so geschicht doch selbiges nur obenhin/ ohne wahre auffrichtige Andacht. Nun finden sich/ leyder Gottes! auch nicht wenige Geistliche/ die besagter massen dahin leben: in wie grosse und eusserste Gefahr aber selbige setzen ihre mit dem Blut Chri- sti erloͤsete Seelen/ kan ein jeder auß dem vorhergehenden Theil dieser Le- ction gnugsamb abnehmen. 14. Anjetzo wollen wir die Prædestination oder Verordnung/ umb de- nen zu helffen suchen/ welche vermeinen/ daß/ wann sie zur ewigen Seeligkeit von GOTT verordnet seynd; unmoͤglich koͤnnen verdambt werden: diese Verordnung entwirfft der heilige Vatter Augustinus mit diesen Farben/ und sagt: die Verordnung ist eine vorher gehende Wissenschafft und Vorbe- reitung der Wohlthaten GOttes/ krafft deren die jenige sicherlich befreyet werden/ so da immer moͤgen befreyet werden. Dieser Entwurff lehret uns/ daß die jenige/ so von GOtt zum Himmel seynd vorgesehen/ unf e hlbarlich werden seelig werden; dahero sagt der heilige Fulgentius: Halt es fůr ge- wiß/ und zweiffle ja nicht dran/ daß alle/ so GOTT auß seiner pur lautern Gůte/ Gefaͤß der Barmhertzigkeit ge- macht hat/ vor Erschaffung der Welt zur Annehmung der Kindern GOTTES/ von GOTT verordnet seyen: und daß keiner von denen zu Grund gehen koͤnne/ welche GOtt verordnet hat zum Keich der Himmeln: und daß hergegen auch keiner koͤnne immer seelig werden/ den Gott nicht zum ewigen Leben verordnet hat. Hieruͤber wirst du/ mein Christl. Seel/ diese Gedancken fassen. Wohlan dann/ bin ich zum Himmel verordnet/ so kan mir derselbe nicht entgehen/ ich lebe/ wie ich immer wolle. Bin ich her- gegen Von der Zahl der wenigen Außerwaͤhlten. gegen zur Hoͤllen verordnet/ so werd ich derselben nicht entlauffen koͤnnen/ ich plage meinen Leib/ wie ich immer moͤge. Nun spitze die Ohren/ und hoͤre/ wie betrieglich dieses Argument oder Beweiß seye/ welches schon laͤngst in der Schuhlen deß boͤsen Feinds erfunden und erdacht ist worden/ mit dem sich auch viele selbst betriegen. Der sich dann ein solches facit macht/ ist schlimmer/ als der Teuffel selbst. Jch frage dann/ ob der Teuffel nicht wisse/ daß diese Wort nach der Richt-Schnur aller Warheit gemessen seynd; daß nemblich alle/ so zum Leben verordnet seynd/ unfehlbarlich wer- den seelig werden: und daß hergegen alle/ so zur Verdamnuß verordnet seynd/ mit nichten werden koͤnnen seelig werden? Freylich weiß er dieses. Nun frag ich weiters: Wann er daß weiß/ warumb macht er sich nicht die- sen Schluß/ wann er uns versuchen will: Dieser Mensch ist oder verord- net/ oder verworffen und nicht verordnet zum Leben: ist er verordnet; was hab ich dann noͤthig/ daß ich ihn versuche/ in dem er endlich wird seelig wer- den/ und meinen Haͤnden entkommen? Jst er verworffen/ und zum Ver- derben verordnet/ so wende ich umbsonst an selbigem Muͤhe an/ dieweilen er endlich wird mein werden. Und nichts desto weniger verlasset sich der lose Sathan auff diese Argumenten nicht/ sondern feyret nicht/ und trach- tet Tag und Nacht zu verschlingen/ wann er immer kan. So lernen wir derhalben vom Teuffel selbsten/ der sonst ein Vatter der Luͤgen ist/ daß der ob- erwehnte Discurs gantz thorecht uad naͤrrisch seye. 15. Wie auß folgendem Argument weiters zu sehen ist. Wann einer durch eine Goͤttliche Offenbahrung versichert waͤre/ daß dieß Jahr ein uͤber- fluͤssiger H erbst seyn werde/ soll er wohl deßhalben seine Weinstoͤck zu schnei- den/ zu gewoͤhnlicher Zeit zu graben und zu misten vernachlaͤssigen? Jm geringsten nicht. Weiters: GOtt hat beschlossen/ daß beyde Kriegs- H eer/ der Glaubigen und der Tuͤrcken zusammen schlagen sollen; und daß der Glaubigen Armee gewinnen; und die Tuͤrcken in die Flucht solten ge- schlagen werden: und dieses ist was GOtt denen Glaubigen offenbahret hat; sollen sie darumb allen moͤglichen Fleiß und Arbeitspahren/ und der noͤ- thigen Gegenwaͤhr sich enthalten? Jm geringsten nicht. Nun sehe; wann die himmlische Freuden werden seyn die Fruͤchten der angewendeten Arbeit und eine Belohnungs- Kron deß gegenwaͤrtigen zeitlichen Kriegs und Schlacht; sollen wir dann nicht die Erde unseres Hertzens umbgraben/ und ritterlich fechten? Jch vermeine/ daß nichts billigers seye/ dann eben dieses: so durch folgende Geschichten weiters bekraͤfftiget wird. Der Prophet Q q q q Jere- Die Zwey und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection c. 25. Jeremias hatte geweissaget/ daß die Babylonische Gefaͤngnuß siebentzig Jahr lang anhalten wuͤrde/ und nicht laͤnger. Obwohl nun der Prophet Daniel/ wie der heil. Hieronymus bezeugt/ versichert ware/ daß die Goͤtt- c. 9. liche Verheissung sich weiter nicht erstrecken wuͤrde; so hat er dannoch mit stetem und eiffrigen Gebett fuͤr die Erloͤsung deß Jsraelitischen Volcks GO tt angelegen: dann er wuste daß GOtt verordnet hatte/ diese Gnad zu erweisen auff das Gebett deß Propheten Danielis: auff daß GOtt/ sagt der heilige H ieronymus durch dieses seines treuen Dieners Gebett erfuͤllen moͤgte/ was er krafft seiner Guͤtigkeit versprochen hat. Gen. 30. 16. Die heilige Schrifft meldet auch/ daß ein Engel von H immel kom- men seye/ und habe dem Jacob Laͤmber im Schlaff gezeigt/ so mit vielerley Farben gezeichnet gewesen; und ihm bedeutet/ daß seine Schaͤfflein solche Laͤmblein empfangen wuͤrden. Wiewohl nun der Jacob hieruͤber versichert gewesen; so hat er gleichwohl auch seinen Fleiß angewendet/ damit diese Offenbahrung den gewuͤnschten Effect gewinnen moͤgte; und hat allerhand gefarbte Ruthen ans Wasser gelegt/ auff daß/ wann die Schaaff in Anschau- ung der Ruthen empfangen wuͤrden/ sie nachmahlen solcher Gestalt gefleck- te Laͤmblein werffen moͤgten. Gleicher Massen muͤssen wir zu Erlangung der versprochenen ewigen Seeligkeit mit unserm GOtt und HErrn mit- wircken/ und von der Ubung der guten Wercke nicht ablassen; wie der heilige Coloss. 1. v. 24. Apostel Paulus uns lehret mit diesen Worten: Jch erfůlle das jeni- ge/ was noch mangelt am Leyden Christi/ in meinem Fleisch. Jst dann nicht das Leyden unseres Heylands uͤberfluͤssig/ und eines unendlichen Werths gewesen? Freylig/ so viel die Gnugsambkeit an- langet: so viel aber die Krafft deß Leydens betrifft/ mangelt demselben unsere Mit-Wirckung/ auff daß selbiges seyn Ziel und End gereiche: zumah- len der jenige/ sagt der heilige Vatter Augustinus: Der dich er- schaffen hat ohne dich/ wird dich nicht seelig machen ohne dich. Derhalben wann schon einer verordnet waͤre/ und uͤbete dannoch keine gute Wercke; wuͤrde er sicherlich nicht seelig werden: dann also wird das Heyl deß Menschen von GOtt verordnet; sagt der heilige Thomas von Aquin/ daß auch zur Verordnung gehoͤre/ was dem Menschen immer zur Seeligkeit behuͤlfflich ist; das ist/ oder sein eigenes Gebett und gute Werck/ oder anderer; und was dergleichen ist/ dadurch der Mensch die ewige See- ligkeit erlangen muß. Dahero muͤssen die Verorduete sich untersichen/ dem Gebett und guten Wercken obzuliegen; zumahlen durch dergleichen Ubungen die Wirckung der Verordnung in Sicherheit erfuͤllet wird. So klaͤrlich redet Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten. redet der heil. Thomas von der Verordnung/ mit der sich mancher auß boͤsem Eingeben mehr zu schaffen macht/ als er noͤthig hat. Neben selbigem sagt auch der heilige Gregorius; daß man nicht erlangen koͤnne/ was nicht ver- ordnet ist: was aber die Außerwaͤhlte auff Erden außrichten/ seye derge- staltverordnet/ daß sie selbiges durchs Gebett erhalten. 17. Laß uns derhalben Guts thun/ laß uns mein Christliche Seel Gott gefaͤllige Werck uͤben; Dan diese seind die beste und geradigste Weege/ das Ziel der Verordnung zu erreichen. Vnd dieses ist so gewiß; daß/ wie der In 2. Sent. Dist. 11. q. 1. a 4. ad 6. P. 1. Tit. 12. c. 1. §. 4. Historia. H. Thomas sagt/ wan schon einem Gottselbst offenbahret haͤtte/ daß er solte verdambt werden; so muͤsse er doch glauben und darfuͤr halten/ daß sothane Offenbahrung mehr eine Dreuung/ als ein fest gestelltes Urtheil seye/ wie folgende Geschicht beweiset. Der H. Ertz-Bischoff Antonius erzehlet/ daß einer auß den Alt-Vaͤttern einen sehr gehorchtsamben/ eingezogenen und an- daͤchtigen Juͤnger gehabt habe: Derhalben habe selbiger GOtt eyfferig ge- betten/ Er wolle ihm doch bedeuten; Ob sein Juͤnger werde seelig/ oder ver- dambt werden; Da nun die Goͤttliche Majestaͤt Jhro gefallen lassen/ den guten Alt- Vatter zuverstaͤndigen/ daß der offtgemeldte junger Einsiedler werde verdambt werden/ hat er von Stunden/ so offt er den Juͤnger angesehen/ alle- mahl bitterlich geweynet. Obwohl nun selbiger sich oͤffters geweigert/ die Ursach seines Weynens zu offenbahren/ so hat der Juͤnger doch endlich den Antrieb allsolcher Zaͤhren auß seinem Alt- Vatter durch offt wiederholtes Bitten erzwungen. Nach allsolcher erhaltenen Zeitung hat der gehorsambe Geistliche seinen V atter ersucht/ er moͤchte doch von sothanem Weynen ab- lassen; Und hat ihm annebenst mit folgenden Worten zugesprochen: Jch weiß/ daß GOtt ein gerechter GOtt seye; Und mich nicht verdammen wer- de/ es seye dann/ daß ich diese V erdambnuß verdienet habe: Und gleich wie ein Ubelthaͤter die Straff des Todts geduͤldiglich tragen muß/ die er verdie- net hat; Also bin ich bereit/ die V erdambnuß außzustehen/ wann ich selbige verdient hab: Dann das ist der Goͤttlichen Gerechtigkeit gemaͤß; deren ich mich in allem unterwerffe. So viel an mir ist/ will ich allen Fleiß anwenden/ Guts zu thuen: Der Allerhoͤchste Gott mach inzwischen mit seinen Creatu- ren umbgehen/ wie es Jhm beliebet. Diese hertzhaffte und heylige gefaste Resolution hat GOtt dermassen gefallen: Daß er die folgende Nacht dem offtgedachten Alt- V atter abermahlen offenbahret/ das Urtheil seye nunmehr geaͤndert/ und der Juͤnger solle seelig werden: Nicht derohalben das GOTT seine V erordnung wiederruffen habe/ welche nach sich selbsten unwiederruͤfflich ist: Sondern daß das Dreu -Urtheil/ so da ansehet die V erdiensten der Menschen/ verwechslet seye. V ielleicht hat dieser Juͤngling einen verborgenen Fehler an sich gehabt/ deßwegen er die Q q q q 2 ewige Die Zwey und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection ewige Verdamnuß verdienet: und hergegen hat er nach ernstlicher Besse- rung desselben/ der ewigen Seeligkeit sich faͤhig gemacht. 18. Jm uͤbrigen/ obs schon ein außgemachte und mehr als gewisse Sach ist/ daß niemand ohne die gute Werck koͤnne seelig werden; dann Matt. 19. Christus sagt: Wann du wilst zum Leben eingehen/ so halte die Gebott. Nichts desto weniger werden alle/ so da immer seelig werden/ krafft der Barmhertzigkeit GOttes allein seelig: dieweilen alle unsere gute Wercke/ auch die allervollkommenste/ verdienen nach ihnen selbsten das ewige Leben nicht/ als einen gebuͤhrlichen Lohn; zumahlen es/ Rom. 9. v. 16. wie der heilige Apostel sagt: nicht ligt an dem der da will/ weder an dem/ der da laufft; sondern an dem erbarmenden GOtt. Auff daß du nun/ mein Christliche Seel/ diesen unser Seits un- verdienten Willen GOttes noch besser verstehest/ so erinnere dich der laͤcher- lichen Fabul oder Gedicht der P oeten/ welche lassen herkommen/ daß ein jeder auß den Goͤttern sich einen sicheren unfruchtbaren Baum fuͤr sein Wa- pen erwehlet habe: Der Jupiter habe sich erkohren den Eichbaum: Die Goͤttin Venus den Myrten-Baum: Apollo den Laur-Baum: Neptunuß den Fichten- oder Buͤchen-Baum/ und Juno den Wacholder-Baum. Nach absolcher beschehenen Erwehlung seye die Minerva/ eine Goͤttin der Weißheit hinzu kommen/ welche auß Verwunderung zumahlen erstaunet/ den Ju- piter gefragt habe; warumb die Goͤtter sothane unfruchtbare Baͤum sich er- waͤhlet haben? Diese Frag habe der grosse Jupiter beantwortet/ und gesagt; daß selbiges mit sonderbahren Vernunfft und Weißheit/ auch auß erheb- lichen Ursachen geschehen seye; auff daß nemblich diese Baͤum wissen sol- len/ daß sie nicht wegen ihrer Verdiensten/ sondern auß lauter Gnad und Guͤte ihres GOttes außerkohren seyn Nicht anders hat sichs im Werck der Verordnung zugetragen. GOtt hat die Menschen als unfruchtbare Baͤume zur Herrligkeit erwaͤhlet; welche auß sich selbsten gaͤntzlich keine Fruͤchten der guten Wercke vorbringen wie der H. Apostel Paulus sagt: 2. Cor. 3. 5 Nicht/ daß wir deß Vermoͤgens seynd/ etwas von uns/ als von uns selbst zugedencken; sondern unsere Vermoͤgen- heit ist auß GOtt. So hat dann GOtt diesen unfruchtbaren Baum sich außgesucht/ und verpflantzet denselben auß dem Teich deß Verderbens/ in die fruchtbare Erde deß Paradeiß; alwo er selbigen benetzet mit dem Was- ser seiner himmlischen Gnaden; damit er sich nicht ruͤhmen solle/ daß auß seinen eigenen Kraͤfften und Verdiensten erwaͤhlet seye; sondern vermoͤg der Gnaden GOttes allein: und daß er erkenne wahr zu seyn/ was der A poste- Von der Zahl der wenigen Außerwaͤhlten. postel bezeuget: Er hat uns nicht auß den Wercken der Gerech- AdTit. c. 3. v. 5. Psalm. 55. tigkeit/ die wir gethan haben; sondern nach seiner Barm- hertzigkeit seelig gemacht. Und was der Prophet David sagt: Herr/ du wirst ihnen mit Nichten außhelffen. Diesen Orth der Heyl. Schrifft verstehet der H. Vatter Augustinus von der Verordnung/ und sagt: mit Nichten/ daß ist/ ohne ihre vorhergehende Verdiensten wirst du sie se- lig machen. 19. Wann du dieses alles/ mein Christliche Seel/ reifflich wirst betracht haben/ daß nemblich in dieser Erwaͤhlung zur ewigen Glori/ Vermoͤg der kraͤfftigen Gnade/ an Seiten deß Verordneten kein Verdienst gefunden werde; sondern daß die Seeligmachung nur ein pur lautere Gnad seye: und als dann wirst fragen; warumb GOtt einigen diese Gnad verliehen habe/ und einigen nicht? warumb Gott diese erwaͤhlet und verordnet habe/ und an- dere nicht? So geb ich dir auß dem Mund aller H. H. Vaͤttern zur Antwort/ daß hieruͤber keine andere Ursach jemahlen koͤnne hervor gebracht werden/ als eben der Will GOttes: und derhalben/ nachdem der Apostel gesagt hat auß dem Mund deß Herrn: Den Jacob hab ich geliebt/ den Esaua- Rom. 9. ber hab ich gehasset: Rufft er nochmahlen uͤberlaut/ und sagt: O eine Tieffe deß Reichthumbs/ der Weißheit und Erkaͤndnuß Rom. 11. GOttes! ꝛc. Und der H. Vatter Augustinus sagt recht und wohl zu un- serm Vorhaben: Warumb GOtt diesen zu sich ziehe/ und den In tract. 36. in Jo- ann. andern nicht/ daß unterstehe du dich nicht zu urtheilen/ wan du nicht wilst fehlen. Dieß aber ist allen Ehristglaubigen allein gnug zu wissen/ daß Gott denen/ so verdambt seynd/ und verdambt werden/ gnug- sambe Gnad und Huͤlff geleistet habe/ daß ewige Leben zu erhalten: dan Gott hat ihnen immer und allezeit die Hand der sonderbahren Einsprechungen ge- reichet: dahero haben selbige sich freywilliglich und hartnaͤckiglich selbst ver- dammet/ und ihr eigenes Heyl vernachlaͤssiget: und dieses ist so sicher und ge- wiß im wahren Catholischen Glauben/ daß kein vernuͤnfftiger Mensch daran zweiffle. 20. Dieses bestaͤttiget uns sonderbahr/ was sich mit dem V erraͤther Juda zugetragen; so da recht und wohl fuͤr ein V orbild und Figur aller Gottlosen zu halten ist. Jndem nun unser Heyland wuste/ sagt der H. Ambrosius/ daß L. 1. Off. c. 16. der Judas seinem Ambt so schalckhafft wuͤrde vorstehen; warumb hat er ihn dann diesem unerachtet/ zu einem Apostel gemacht/ und hat ihn der Zahl deren eilff frommen Juͤngern beygefuͤgt? Hierauff antwortet sich der obangezoge- ne Heil. V atter selbst/ und sagt: daß Christus dem Judaͤ zwey sonderbahre Q q q q 3 Gnaden Die Zwey und Fuͤntzigste Geistliche Lection Gnaden erwiesen habe: eine/ daß er ihn zum Apostel erwaͤhlet/ und die ande- re/ daß er ihn zum Schaffner und Außspender uͤber seine Apostolische Ver- samblung gesetzt habe: wordurch er gnugsamb hat zeigen wollen/ wie sehr er verlange/ diesen Menschen zu erretten: und weilen er vorgesehen/ daß ihn der Geld-Geitz zum Verrath seines himmlischen Lehr-Meisters nicht wenig an- treiben wuͤrde; derhalben hat er ihm das Geld anvertrauet/ und in seine Haͤnd gegeben; auff daß er eine so schaͤndliche That zu begehen/ ja nicht versuchen/ wir aber hier auß erlernen moͤchten/ daß selbiger Boͤßwicht seine Verdamnuß Christo mit Fug nicht auffmessen/ weder auch uͤber ihn sich beklagen koͤnte/ der ihm vielmehr den Rath zum guten gegeben/ und die Gelegenheit zu suͤndi- Hom 1. de jejun. gen dardurch entzogen hat. Dahero sagt der H. Chrysostomus/ der Herr haͤt- te ihm den Geld-Beutel vertrauet/ weil er wuste/ daß er zu stehlen geneigt war: indem er ihm aber diese Gewalt gegeben/ hat er dessen begierigen Menschen unzimblichen Geitz curiren wollen: zumahlen Gott so eifferig suchet den von ihm erschaffenen Menschen seelig zu machen; daß er auch/ so viel an ihm ist/ den jenigen gern helffen wolte/ so wir auß dem Glauben erkennen/ daß unfehl- bar wer den verdambt werden: unter welche der Antichrist samptseinen Nach- folgern gezehlet wird. Diese unbetriegliche Warheit ist in der Offenbahrung deß H. Joannis gnugsamb vorbedeutet worden/ danemblich derselbe zum Him- mel verzuͤckt gewesen/ und zwoͤlff Pforten gesehen hat; auff deren jeder ein Nahm auß den zwoͤlff Geschlechten der Kinder Jsrael gesehrieben gewesen: nach diesem erzehlet der H. Joannes alle Geschlechte nach der Ordnung/ und sagt also: auß dem Stammen Juda zwoͤlff tausend gezeichnet: auß dem Stammen Ruben zwoͤlff tausend gezeichnet ꝛc. und so von andern: er thut a- ber keine Meldung von dem Stammen Dan. So entstehet nun die Frag: weilen im Himmel zwoͤlff Pforten gefunden werden/ und auff einer jeden der Nahm eines Geschlechts oder Stammen geschrieben stunde/ und diese Pfor- ten eroͤffnet waren: warumb wird dann auch nicht gedacht deß Stammen Quæst. 22. in Jo- sua. Dan? diese Frag beantwortet der Heil. Augustinus/ und sagt; daß der heilige Apostel und Evangelist nicht ohne Ursach und Geheimnuß den Stammen Dan verschwiegen habe: sintemahlen auß selbigem der Antichrist seinen Ur- sprung hernehmet/ der nicht zum Himmel kommen wird: warumb ist ihme aber eine offene Pforten angewiesen worden? auff daß wir hierauß lernen sollen/ daß der guͤtige GOTT/ so viel an ihm ist/ auch dem Antichrist selbsten die Thuͤr deß Himmels nicht verschliesse/ sondern wolle vielmehr/ daß selbiger ins himmlisehe Jerusalem koͤnne hinein gelassen werden; und derhalben hat GOTT die Pforten offen gelassen; damit/ wann er nicht wolle hinein ge- hen/ Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten. hen/ allen seinen Verlust/ nicht GOTT/ sondern sich selbsten zuschreiben Hom. 20. sub. Lib. num. moͤge: daß also wahr und abermahl wahr bleibt/ was der gelehrte Origines schreibt; daß GOtt eine groͤssere Sorg trage fuͤr die Menschen/ daß sie see- lig werden/ als der boͤse Feind habe/ dieselbe zu sich in die H oͤlle zu schleppen. So muß dann ein jeder/ so verdambt wird/ sein Verderben sich selbsten zu- schreiben: dahero sagt Gott bey dem Propheten Osea: Dein Verderben c. 13. v. 9. ist auß dir/ O Jsrael. 21. Siehest du wohl/ mein Christliche Seel/ daß dein allerliebster H eyland an seiner Seiten nichts ermangeln lasse/ daß alle Menschen koͤnnen seelig werden; so wirst du dann dir selbsten die Schuld geben muͤssen/ wann du sol- test verlohren gehen (darfuͤr dich Gott gnaͤdiglich behuͤte) und nicht Christo: dann er hat alles gethan/ was an ihm gewesen ist/ wie er durch seinen Prophe- ten hat vorgesagt: gebet ein Vrtheil zwischen mir und meinem Isai. 5. v. 3. Weingarten: was hab ich meinem Weingarten mehr thun sollen/ daß ich nicht gethan hab? als wolt er sagen: urtheile/ meine Seel/ in deiner eigenen Sache/ zwischen dir und mir/ ob ich wohl etwas mehr haͤtte thun koͤnnen: Jch hab dich erschaffen/ ich erhalte und ernehre dich: daß du von Catholischen Eltern gebohren bist/ daß hast du mir zu dancken: Jch haͤtte dich in Mauritanien erschaffen koͤnnen/ allwo du mit den unglaubigen Tuͤrcken den falschen Propheten Mahomet verehret haͤttest: nun aber hab ich dir die Gnad des Tauffs verliehen: und nachdem du selbige durch deine Suͤnden verlohren hast/ hab ich sie dir vermittelst der H. H. Sacramenten auch noch darzu vermehret. Jch hab mit dem Werth meines Lebens/ und durch Vergiessung meines Bluts dich vom Todt erloset. Urtheile nun/ ob ich wohl ein mehrers haͤtte thun koͤnnen. So ist dann uͤbrig/ daß/ wann du der ewigen Seeligkeit dich wilst theilhafftig machen/ mit deinem Heyland mitwirckest/ und dessen Leben/ Handel und Wandel/ dein Leben und Sitten gleichfoͤrmig machest. Jndem aber dieses der meiste Theil der Ehristglaubi- gen/ ja auch der Geistlichen selbst vernachlaͤssiget; was ist dann wunder/ daß so unzahlbare Seelen gleich dem haͤuffig fallenden Schnee/ in den Abgrund deß hoͤllischen Feuers hinunter gestuͤrtzet/ und hergegen so wenige zu den ewig waͤhrenden Freuden hinein gelassen werden. Verlasse du/ mein Christliche Seel/ verlasse den weiten und breiten Weeg der lawen Geistlichen; und huͤte dich/ daß von derselben boͤsen Exempeln nicht geaͤrgert werdest/ und dir einbil- dest/ daß dir zugelassen seye zu thun/ was selbige vermeinen/ daß ihnen wohl an- stehe: sondern behertzige diese dir zu deinem besten verfaste Lection, und suche vielmehr mit wenigen seelig/ als mit vielen ewiglich verdambt zu werden. Folge dem heylsamen Rath deß heiligen Anselmi/ der da spricht: Wilst du versichert Die Drey und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection versichert seyn/ daß du gehoͤrest zu der Zahl der Außerwaͤhlten? wohlan/ so befleissige dich/ daß du in die Zahl der wenigen moͤgest eingeschrieben werden: wilst du aber gantz und zumalen versichert seyn/ so trachte/ daß du kommest in die Zahl der allerwenigsten: daß ist/ folge nicht den jenigen/ so den weiten und gemaͤchlichen/ sondern denen/ die den schmahlen und doͤrnern Weeg eingehen/ die alle weltliche und eitele Kinder-Bossen fahren lassen/ der wahren Bußfer- tigkeit/ und Gott gefaͤlligen Tugenden sich befleissen/ und den jenigen mit Hertz/ Mund und Wercken uͤber alles zu lieben/ sich angelegen seyn lassen/ der aller angewendeter Muͤhe und Arbeit reiche Belohnung seyn wird in alle E- wigkeit. Die Drey und Fuͤnfftzigste Geistliche LECTION Von Der Verehrung der H. Mutter Gottes Mariaͤ. Prov. 8. v. 35. Qui me invenerit, inveniet vitam, \& hauriet salutem à Domino. Wer mich findet/ der wird das Leben finden/ und Heyl schoͤpffen vom Herrn. 1. D U hast gehoͤrt/ mein Christliche Seel/ wie dem armen Menschen die Seeligkeit so schwaͤr und gefaͤhrlich falle: derhalben fuͤr rathsamb befunden wird/ sich in diesen Noͤthen einiger Huͤlff zu bewerben: und weilen wir durch langwirige Erfahrnuß zumahlen versichert seynd/ daß selbige bey der glorwuͤrdigsten Himmels-Koͤnigin am besten zu zu finden ist; als wollen wir zu dieser wahren Mutter der Barmhertzigkeit/ auß gantzem Hertzen uns wenden: sintemahlen die Verehrung derselben/ ein Zeichen der Erwaͤhlung/ ein Merck deß Heyls/ und Pfand der ewigen Glori ist. Von Verehrung der Allerseel. Mutter GOttes Mariaͤ. ist. Dahero sagt sie von sich selbsten: Wer mich findet/ der wird das Leben finden/ und Heyl schoͤpffen vom HErrn. Und der H. Martyr Jgnatius ist der Meynung/ daß keiner werde verlohren gehen/ welcher diese GOttes-Gebaͤhrerin verehren/ und derselben sich embsichlich wird befohlen haben: also ist auch zu muthmassen/ daß der jenige/ so diese allerseeligste Jungfrau/ als eine Mittlerin zwischen ihrem Sohn und dem Menschen/ zu lieben und zu ehren wird vernachlaͤssiget haben; kein gnaͤdigen Richter finden werde: Dann GOtt/ sagt der heilige Bernardus/ Ser. de Nat. Virg. nimbt von den Glaubigen nichts leichtlich an/ was durch die Haͤnd Mariaͤ Jhm nicht wird vorgestellet. Und an einem andern Ort sagt er: Lasset uns auß gantzem unserm Her- Ser. de Aquæ ductu. tzen/ und auß gantzer. Seelen diese Mariam verehren: zu- mahlen dieses der Will ist dessen/ der hat wollen haben/ daß wir alles haben sollen durch Mariam. Dahero verglei- chen die H. H. Vaͤtter diese Goͤttliche Mutter einem Hals/ und sagen/ daß gleich wie der Hals dem Haupt zum naͤchsten/ und das Mittel zwischen dem Haupt und den Gliederen deß Leibs ist; auch nichts vom Haupt den Gliedern außgetheilet werde; und hergegen von den Gliedern die Daͤmpffe zum Haupt nicht steigen/ als eben durch den Hals; also sendet Christus das Haupt/ in uns seine Glieder/ keine Einfluͤsse der Gnaden/ als durch die- sen Hals/ daß ist/ durch Mariam: und koͤnne auch unser Gebett/ als ein Rauch/ zu dem Goͤttlichen Haupt nicht auffsteigen/ dann durch diese ge- benedeyte Mutter Mariam. 2. Fliehe derhalben/ mein Christliche Seel/ in allen deinen Zufaͤllen mit einer kindlichen Neigung und hertzlichem Vertrauen zu dieser deiner Mittlerin/ und wann du das Deinige gethan hast/ so befehle selbiger dein Anligen/ nach dem Rath deß heiligen Bernardi: Was du immer Ser. de Nat. verlangest/ sagt er/ daß von dir abgenommen werde/ oder daß du erlangen wilst/ daß empfehle Mariaͤ der Mutter/ wann du wilst erhoͤret werden. Meine Kinder/ sagt er weiters/ Diese ist ein Leiter der Sünder/ diese ist mein hoͤchstes Vertrauen/ und eine voͤllige Vrsach meiner Hoffnung. Jch sage euch/ wann wir bey derselben anklopffen/ und sie andaͤchtiglich verehren werden; so wird sie mit uns ein Mittleyden haben/ und unsern Noͤthen nicht ermanglen: zumahlen selbige den Gewalt so wohl als den Willen uns zu helffen hat/ dieweilen sie eine Koͤnigin deß Himmels R r r r ist/ Die Drey und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection ist/ barmhertzig ist/ und eine Mutter der Barmhertzigkeit. Innoc. 3. Ser. 2. de Assump. Diese ist eine auffgehende Morgen-Roͤthe/ schoͤn wie der Mond/ außer- waͤhlt wie die Sonn/ und schroͤcklich wie ein wohlgeordnete s Feld - Laͤger. Sie leuchtet gleich dem Mond in der Nacht/ der Sonnen im Tag/ und gleich der Morgen-Roͤthe in dem Auglied. Diese Nacht/ ist unsere Schuld; das Auglied/ die Buß; und der Tag/ die Gnade GOttes. Wer nun ligt in der Nacht der Schuld; der schaue den Mond an/ bitte Mariam/ auff daß sie dessen Hertz durch ihren Sohn zur Reu und Leyd bewege. Wer aber zum Auglied der Buß sich auffrichtet/ der schlage seine Augen auff die Morgen- Roͤthe/ und bitte Mariam/ daß sie dessen Hertz durch ihren Sohn zur Gnugthuung erleuchte. Jndem aber deß Menschen Leben ein Streit ist auff Erden; so schaue an das wohlgeordnete Feld-Laͤger/ bitte Mariam/ sie wolle durch ihren Sohn dir Huͤlff schicken vom Heiligthum/ und beschuͤtzen dich auß Sion/ der du immer von deinen Feinden/ oder von der Welt/ oder von dem Fleisch/ oder vom Teuffel wirst angefochten. Wer ist/ der diese Huͤlfferin mit Andacht hat angeruffen/ und nicht ist erhoͤret worden? Diese ist eine Mutter der schoͤnen Liebe und der heiligen H offnung. Diese ist/ nach Zeugnuß deß heiligen Bernardi/ der fuͤrtreffliche und helleuch- tende Stern/ so uͤber dieß grosse und breite Meer nothwendiglich erhoben ist/ so da mit Verdiensten glantzet/ und durch die Expempeln den Menschen erleuchtet. O alle ihr/ die ihr in dem Fluß dieser schnoͤden Welt/ von den Waͤllen und Ungewittern mehr hin- und her getrieben werdet/ als ihr auff Erden wanderet! schlaget euere Augen nicht ab vom Glantz dieses Stern/ wann ihr nicht wollet uͤberfallen werden von den Waͤllen. 3. Diese Allerseeligste Jungfrau ist der allersicherste Schirm der Suͤn- der/ welche die Suͤnder so zu ihr sich wenden/ nicht verstosset; sondern erhal- tet und beschuͤtzet/ und denselben/ wann sie Buß thun/ Vergebung erlan- Blos. Mo- nil. sp. c. 1. get. Derhalben ist selbige der heiligen Gertrudis einsmahls mit einem sehr stattlichen Mantel umbgeben erschienen; zu der allerhand ungestalte Thier sich verfuͤget/ und unter diesen Mantel verborgen haben: Diese alle seynd von der Jungfrauen mit grosser Lieb empfangen/ und gar freundlich mit dem Mantel bedecket worden: auch hat die gebenedeyete Mutter denselben al- le Holdseeligkeit erwiesen. Da sich nun Gertrudis hieruͤber verwunde- ret/ ist ihr bedeutet worden; daß durch die mißstalte Thier die Suͤnder muͤssen verstanden werden/ so da alle von der Jungfrauen/ wann sie ihre Zu- flucht zu selbiger nehmen/ mit muͤtterlichem Hertzen empfangen werden. So hat dann der heil. Dominicus recht gesagt: Wann alle Heiligen GOttes uns zu wider waͤren/ und unset Gebett nicht aͤnhoͤren wolten/ so wuͤr de uns doch Mariaͤ Von Verehrung der Allerseel. Mutter GOttes Mariaͤ. Mariaͤ den Schoß der Barmhertzigkeit nicht verschliessen. Ja diese glor- wuͤrdige Mutter selbst hat den. H. Alanum versichert/ daß die Welt s ch lang zu Grund gangen waͤre/ wann sie den erzuͤrnten Gott mit ihrer Vorbit nicht versoͤhnet haͤtte. Derhalben ist selbige mit dem H. Ephrem billig eine Ser. de Laud. B. V. Hoffnung der Verzweifflenden/ ein Schutz der Sůnder/ ein Trost der Welt/ und eine Pforten deß Himmels zu nen- nen. Diese Marianische Barmhertzigkeit hat vormahls erfahren ein sicher Bouer. tom. 1. Ann. Capuc. Historia. Rechts-Gelehrter und Advocat einer Gemeinden. Selbiger hat zu Ve- nedig viele Reichthumben mit unrecht zusammen gescharret: Nun hat sichs Anno 1552. zugetragen/ daß selbiger den gottseelig und heilig-maͤssigen. P. Matthaͤum auß dem Orden deß H. Franeisei zu Gast genoͤthiget. Der ein- geladene Vatter (dessen H ertz und Gedancken immer trachteten/ die irrende Seelen wiederumb auff den rechten Weeg zu bringen) erscheinet zu bestimb- ter Stund. Ehe aber die Speisen auffgetragen werden/ redet der Advocat den P. Matthaͤum mit diesen Worten an/ und sagt: Pater/ ich hab eine wunder- seltzame Meer-Katz im Hauß/ welche meines erachtens mehr Witz hat/ als sie haben solte: dann selbige decket den Tisch/ kraͤusset die Hand-Zwehelen/ sau- bert die Glaͤser/ legt die Teller auff ihr gehoͤriges Ort: Wann ich vom Rath- Hauß komme/ macht sie mir die Thuͤr auff/ und leistet mir dergleichen mehr andere Diensten/ daruͤber sich jederman hoͤchlich verwundert. Nachdem sol- ches der fromme P. Matthaͤus alles angehoͤret/ hat er alsbald durch die Ein- sprechung Gottes erkennet/ was diese fuͤr eine Meer-Katz seye/ und was sie in selbigem Hauß durch ihr embsiges Auffwarten suche: gibt derhalben dem Ad- vocaten zur Antwort/ daß er die Thaten der Meer-Katzen mit Verwunderung gehoͤrt habe; er foͤrchte aber/ daß in dieser Meer Katzen/ etwas neben der Meer- Katzen verborgen seye: begehrt annebens/ man wolle ihm selbige vor die Augen bringen. Der Hauß-Vatter Besilcht/ man solle das Thier herzu fuͤhren; und nachdem selbiges lang umbsonst gesucht worden/ ists endlich gefunden worden/ daß sie sich unter einen Sessel verborgen hatte: und da mans zum herkommen noͤthiget/ fangs an/ wider alle Gewonheit/ sich zur Gegenwaͤhr zu stellen/ und die Zaͤhn auff die Diener zu wetzen. Auff dieses Wunder/ gehet Mattheus mit dem Advocaten hinzu/ und sagt: du hoͤllisches Thier/ ich befehle dir im Na- men deß Herrn Jesu Christi/ daß du alsbald hervorkommest. H ierauff stellet sich die Meee- Katz dahin; und der gottseelige Matthaͤus zwingt dieselbe weiters/ sie solle ohne einigen Umbschweiff bekennen/ wer sie seye/ und warumb sie dorthin kommen seye. Diesem Befelch gehor- chet daß vermeinte Thier/ und sagt mit menschlicher Stmm: Jch bin der Teuffel/ und bin keiner andern Ursachen halben hichin kommen/ als daß ich R r r r 2 dieses Die Drey und Fuͤntzigste Geistliche Lection dieses Rechts-Gelehrten Seel/ so mir schon laͤngst zugehoͤrig gewesen/ zur Hoͤllen schleppe. Warumb hastu dann/ sagt Matthaͤus/ deine alsolche Schuld einzuforderen biß dato verweilet? Dieß eintzige/ antwortet der Sathan/ ist mir im Weeg gestanden/ daß/ so offt er zu Bett gangen/ sich dem Schutz GOttes und Mariaͤ empfohlen/ und diese Mariam zu einer Beschuͤtzerin ersucht hat; wann er diese gewoͤnliche Andacht einmal unterlas- sen haͤtte/ so wuͤrde ich ihn sicherlich in der Nacht im Schlaff erwuͤrgt ha- ben. Auff diese Bekenntnuß wird die gantze Hauß- H altung zerschlagen; und der Advocat fallet schier fuͤr todt nieder/ und bittet den heil. Mattheum/ er wolle doch in dieser Nothsein Helffer seyn. Matthaͤus hergegen ermah- net ihn/ er solle seine Zuflucht zu der Mutter der Barmhertzigkeit nehmen/ welche ihm ohne allen Zweiffel wuͤrde beystehen/ wann er nur daß seinige thun wuͤrde. Hernach wendet sich der geistreiche Vatter zum boͤsen Feind/ und sagt: dieweilen dir von GOtt die Gewalt diesen Menschen zu verderben/ bißhero ist geweigert worden; so gebiethe ich dir ebenfals im Nahmen deß HErrn/ daß du selbigen unbeschaͤdiget lassen/ und dich alsbald zur Hoͤllen hinab trollen sollest. Nach solchem Befelch verschwindet die Meer-Katz/ und hinterlasset zum Zeichen/ daß sie das Hauß quitirt habe/ ein Loch in der Mauren. Nach also geendigter Action setzt man sich zu Tisch/ und da der Priester den abhangenden Theil deß Tisch-Tuchs mit den Haͤnden trucket und fringet/ siehe/ da fliesset auß selbigem haͤuffiges Blut hervor/ welches der Advocat in eine Schuͤssel empfangen/ und vom Pater erinnert worden/ daß dieses der purpurfarbige Safft seye/ den er so vielen armen Menschen durch seine ungerechte Aufflagen auß gepresset habe. Nun sehe dich vor/ sagt er weiters/ und gebe wider/ was du mit Unrecht besitzest; lebe nach der Regul der wahren Christglaubigen/ und thue Buß/ auff daß du nicht in je- ner Welt deine Suͤnden ewiglich zu buͤssen gezwungen werdest. 4. Auß dieser H istori lerne/ mein Christliche Seel/ wie nuͤtzlich es seye die Allerheiligste Mutter der Barmhertzigkeit taͤglich und bestaͤndiglich zu verehren. Dieses ist/ was der himmlische Vatter der H. Catharina von Senis einsmahls gesagt hat: Mariaͤ der glorwuͤrdigen Gebaͤrerin meines Eingebohrnen Sohns hab ich durch meine Guͤtigkeit/ wegen deß ver- menschten Worts grosser Wuͤrdigkeit/ verliehen/ daß/ der da im- mer/ auch in Suͤnden/ zu selbiger mit einer wahren andaͤchtigen Ver- chrung flichet/ keines Wegs solle vom hoͤllischen Feind hinge- rissen werden. Dann gleich wie der himmlische Koͤnig seine Sonn so wohl uͤber Boͤse als Guthe lasset auffgehen; also spielet Von Verehrung der Allerseel. Mutter Gottes Mariaͤ. spielet die Himmels- Koͤnigin mit den Strahlen ihrer Gnade/ auch in die Hertzen/ so mit den dicken und dunckeln Nebuln der Suͤnden verfenstert seynd: von welcher der H. Bonaventura sagt: wer ist/ den diese Sonn nicht bescheinet? wer ist/ uͤber den die Barmhertzigkeit Mariaͤ nicht leuchtet: dann gleich wie die Sonn ihre reineste Strahlen nicht allein uͤber die gruͤnende Fel- der/ sondern auch uͤber die heßliche Gruben und nichts nuͤtzige Doͤrnen werf- fet: also/ wann die guͤtigste Jungfrau durch einige wenige Verchrung ange- reitzet wird/ wirfft selbige auch in die allerunsauberste Hertzen das Feuer ihrer Liebe und muͤtterlichen Beschuͤtzung. 5. Zu dessen mehrerer Bekraͤfftigung erzehlet Petrus Antonius Spinellus In Thro- no Dei. c. 38. num. 22. Historia. folgende Histori/ so der vorigen nicht ungleich ist. Es war ein Soldat von adlichem und heroischem Gebluͤt/ wegen der Rauberey aber sehr uͤbel beruͤch- tiget/ welcher ein Schloß im Besitz hatte/ und vermeinte/ daß er keiner Herr- schafft unterworffen waͤre/ und was er immer rauben konte/ daß schlepte er al- les in sein Schloß hinein: dieser Soldat/ oder vielmehr Raͤuber hatte in solcher seiner Boͤßheit/ in dero er biß zum Halß versenckt ware/ dieses eintzige noch von der Christlichen Liebe oder Andacht/ daß er taͤglich ein Ave Maria bettete. Unterdessen geschichts/ daß ein Geistlicher bey selbigem vorbey reiset/ wel- chen die jenige/ so die Weege besetzet hatten/ fangen/ und zu ihrem Obristen mehr ziehen als fuͤhren: dieser fraget ihn/ wer er seye? was seine Profession, und welche die Ursach seiner Reisen seye/ und was er ausserhalb dem Closter suche? Auff alle diese Fragen antwortet der Geistliche so vernuͤnfftlich und bequemlich/ daß der Obrister Raͤuber bey sich selbsten schliesset/ der muͤsse wohl ein Mann grosser Tugend und Weißheit seyn; dahero verlangt er auch zu vernehmen die himmlische Sachen/ welche der Geistliche gesagt hatte/ daß er demselben vorzubringen habe: rufft demnach seine Haußgenossen beysam- men/ umb zu hoͤren/ was der Muͤnch zu sagen habe: da nun die Diener gegen- waͤrtig seynd/ siehet sich der gefangene Geistliche herumb/ und sagt/ daß noch einer mangele; und dieser ware deß Herrn Cammer-Diener: derhalben wird selbiger beruffen/ weigert sich aber zu erscheinen: der Herr lasset ihm abermahl/ und nicht ohne Drew-Worten befehlen/ er soll kommen; so bald er hinzu na- het/ und den geistlichen Gast anschauet/ fangt er zur Stund an/ gleich einem Besessenen die Augen im Kopff zu verwenden/ verdraͤhet den Halß hin und her/ schlagt mit Haͤnd und Fuͤssen von sich/ die Zung schaͤumet im Maul/ und knirschet mit den Zaͤhnen/ daß ein jeder vermeinet/ er seye zumahlen naͤrrisch worden: der Geistliche wuste aber wohl/ was vor ein Gaͤuchler unter diesem wunderlichen Antlitz verborgen seye: daher bemuͤht er sich/ selben durch den le- R r r r 3 bendigen Die Drey und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection bendigen Gott zu beschwaͤren/ daß er bekennen solle/ wer er seye: der sich uͤbel bewuste Cammer-Diener gestehet/ daß er ein Bott auß der hoͤllischen Can- tzeley seye/ und daß er vierzehen Jahr seinem Herrn in menschlicher Gestalt derhalben gedienet habe/ daß/ wann selbiger nur einen eintzigen Tag seine Ge- wonheit/ die Jungfrau zu begruͤssen/ unterlassen wuͤrde/ er ihn zu erwuͤrgen/ und mit sich zur Hoͤllen zu fuͤhren willens gewesen seye. Nach gethaner Be- kaͤndnuß/ befilcht ihm der Geistliche/ er solle in die eusserste Finsternuͤssen wie- derumb hinfahren; so auch mit Hinterlassung eines grossen Gestancks/ und aller anwesenden Verwunderung/ als bald geschehen: der Obrist fallet hier- auff dem Geistlichen zu Fuͤssen/ und sagt der Mutter der Barmhertzigkeit auß gantzem Hertzen Danck/ bekennet seine Suͤnden mit grossem Rew und Leid/ bittet umb Verzeihung/ legt eine general Beicht ab/ und bessert sein uͤbel ge- fuͤhrtes Leben mit allem Ernst. Diese Fußstapffen ihres Obristen seynd auch die andere eingetretten/ haben das Rauben fahren lassen/ und haben fortan alle Christlich gelebt. 6. Dieses kan bey der allerseligsten Himmels-Koͤnigin außwircken ein eintziger Engellische Gruß/ so derselben zu Ehren taͤglich gesprochen wird: wer soll dann nicht auß allen Kraͤfften zu dieser barmhertzigen Helfferin seine Zuflucht nehmen? O wie viele/ O wie viele/ ich sage besser/ wie unzahlbare/ waͤren ihrer Missethaten halben/ auß billigem Zorn Gottes deß ewigen Todts verblichen/ wann sie nicht der Marianischen Obhut sich untergeben haͤtten. Keiner ist so gottloß/ der nicht Vergebung seiner Suͤnden erlanget/ wann er mit einem geziemenden Vorsatz sein Leben zu bessern/ zu dieser Mutter fliehet/ welche von sich selbsten der H. Brigittaͤ einsmahls dieses Zeugnuß hinterlas- sen. Jch bin/ sagt sie/ ein Koͤnigin deß Himmels; ich bin ein Mutter der Barm- hertzigkeit; ich bin ein Freud der Gerechten/ und ein Zugang der Suͤnder zu GOtt. Keiner ist so verflucht/ dem ich nicht bereit bin/ so lang er lebt/ meine Barmhertzigkeit zu erweisen; dann meinet wegen wird der Mensch nicht so hefftig vom Teuffel versucht/ als sonsten geschehen wuͤrde. Keiner ist so ver- worffen von GOtt/ es sey dann/ daß er gantz und zumahlen verfluchtseye/ der nicht zu seinem Herrn widerkehre/ wann er meine Huͤlffbegehret. Jch werd von allen eine Mutter der Barmhertzigkeit genennet/ und in Warheit die Barmhertzigkeit Gottes hat mich barmhertzig gemacht: derhalben wirds dem armselig ergehen/ welcher zu meiner Barmhertzigkeit hat fliehen koͤnnen/ und selbiges vernachlaͤssiget hat. Hier auß kanst du mein Christliche Seel/ gnug- samb schliessen/ warumb diese allerheiligste Jungfrau von der Christ-Catho- lischen Kirchen in der lauretanischen Lytanie ein Zuflucht der Sůnder benambset werde: damit du aber die Barmhertzigkeit solcher guͤtigsten Fuͤr- sprecherin Von Verehrung der Allerseel. Mutter Gottes Mariaͤ. sprecherin noch besser erkennen moͤgest/ als will ich dir zu Gefallen/ zweyen er- zehlten Exempeln das dritte hinzu setzen. 7. Ein adeliche Dame/ welche der Mutter Gottes mit sonderbahrer Nei- Joan. Ægid. in Lib. Sca- la Cœli. Historia. gung zugethan ware/ hatte einen eintzigen Sohn und alleinigen Trost ihres Witwe-Stands: selbigen hat sie/ nachdem er von den Page-Diensten auß- gemustert worden/ zum Dienst eines sicheren Fuͤrsten befuͤrderet: Da nun selbiger von jhro seinen Abscheid genommen/ hat die fromme Mutter ihrem lieben Sohn unter andern auch diese Lehr gegeben; daß er die allerseligste Got- tes Gebaͤhrerin auffs wenigst einmahl im Tag durch ein Ave Maria, so lang er lebte/ verehren solte: mit diesem wohl gemeinten Lehr-Stuͤck hat sich der Juͤngling nach Hoff verfuͤget/ und da er eine wenige Zeit sich wohl und loͤb- lich gehalten/ so ist er dannoch bald anderer Strassen gewandert/ und hat den goͤttlichen Gebotten so wohl als muͤtterlichen Ermahnungen zu wider gelebt/ und ist endlich durch boͤse Gesellschafft so weit kommen/ daß alle Tugend und Ehrbarkeit bey selbigem in die eusserste Gefahr deß Untergang zu gerathen an- gefangen: er hatte seine Sach nunmehr so weit gebracht! daß er bestand ware/ andere zum boͤsen anzufuͤhren/ der im Anfang nur mit Forcht den Verfuͤhrern von weitem folgete: da er nun etlichmahl ermahnet worden/ und sein Leben nicht bessern wolte/ wurde er von Hoff vertrieben; und damit er das boͤse Ge- schrey/ so von ihme in aller Gegend erschallete/ meiden koͤnte/ hat er sich in die abgelegene Buͤschen und Waͤlder begeben/ den Raͤubern dieser Orthen sich beygesellet/ und viele Raubereyen und Mordthaten begangen/ ist aber endlich ertappt/ gefaͤnglich eingezogen/ und zum Todt verdambt worden: indeme der ungluͤckselige Juͤngling sein grosses Unheil einer Seits/ und ander Seits die fuͤr Augen stehende Straffdeß Todts/ bey ihm erweget/ sicht er einen grossen Mann vor sich stehen/ der ihm verspricht/ daß er ihn auß dem Kaͤrcker erret- ten wolle/ wann er ihm folgen/ und seinen Worten zu schwaͤren kein Beden- cken tragen werde: da selbiger nun den neu-angekommenen Frembdling fra- get/ wer er seye/ bekombt er zur Antwort/ daß er ein Geist der andern Welt/ und von seinem Fuͤrsten gesandt seye/ daß er ihm in seiner Verzweifflung Huͤlff leisten solle/ wann er CHristum und dessen Sacramenten verlaͤugnen wolle: was geschicht? der Juͤngling/ in Hoffnung/ daß er deß Kaͤrckers/ und auch zugleich deß Todts befreyet werde/ widersagt CHRJSTO und allen goͤttlichen Geheimnuͤssen/ und ergibt sich dem Teuffel: dieser begeh- ret weiters/ daß er auch die Verehrung Mariaͤ verlassen und verfluch en solle: Allhier fangt an der Gefangene an gantzem Leib zu erzitteren/ und erinnert sich dessen/ so er von seiner Mutter zur letzten Lehr empfangen/ und auch selbiger zu vollbringen versprochen hat: derhalben rufft Die Drey und fuͤnfftzigste Geistliche Lection rufft er uͤberlaut und sagt: Nimmermehr/ nimmermehr/ will ich meiner wer- thisten Patronin absagen: diese Mariam meine hoͤchste Wohlthaͤterin will ich in ewigkeit nicht verlassen: daß seye weit von mir/ ja so gar will von nun der- selben mich zumalen ergeben/ und ihr trewlich dienen: Auff diese unversehene schnelle Aenderung verschwindet der boͤse Feind/ als wann er vom Blitz waͤre hinweg genommen worden: der Juͤngling aber ergreifft ein frisches Hertz/ beklagt und beweinet seine so grosse Ubelthat/ daß er nemblich Christum seinen Heyland verlaͤugnet habe; bittet denselben und dessen allerliebste Mutter mit grossem H eulen und Weynen umb Vergebung/ und sagt: O meine Mutter der Barmhertzigkeit! O mein holdseligste Maria! erbarm dich doch uͤber mich verfluchten Suͤnder: O du H eyl der Verzweifflenden/ O Zuflucht der suͤndigen Menschen/ verwerff mich nicht von deinem Jungfraͤulichen Angesicht/ verstosse mich nicht von deiner Barmhertzigkeit: anjetzt verlange ich nicht/ dieser Baͤnden entloͤset zu werden: ich begehre nicht/ daß mir das Le- ben geschenckt werde: ich will/ ich will/ sagt er/ daß fuͤr meine grausame Suͤn- den verdienten Lohn empfange: daß eintzige bitt ich dich/ mein Maria/ dieß begehre ich von dir zum Abscheid/ seye doch meine Fuͤrsprecherin bey deinem und meinem JEsu: dann ich bin ja nicht wuͤrdig/ daß ich meine Augen gen H immel schlage: Ach! verlaß mich nicht mein allergnaͤdigste Koͤnigin/ ver- laß mich nicht in diesen meiren Aengsten und eussersten Noͤthen: da nun selbi- ger in sothanem Seufftzen und eifferigem bitten die gantze Nacht hat zuge- bracht/ hat er deß folgenden Tags seine Suͤnden alle mit uͤberauß grossem H ertzenleid gebeichtet/ und ist nachmahlen mit Freuden zum Gericht gan- gen/ auffm Weeg aber hat er angetroffen eine Capell der allerseligsten Jung- frawen/ worauff derselben Bildnuß gestanden; auff selbiges ist der Mißthaͤ- thiger in den H aͤnden der H enckers-Knechten hinzu gangen/ hat seine Au- gen so wohl deß Leibs/ als auch der Seelen auff seine gnaͤdige Fuͤrsprecherin geschlagen/ und den Englischen Gruß/ den er taͤglich zu betten pflegte/ mit grosser Andacht gesprochen/ und dieß Wort hinzu gesetzt: O Mutter! du Jungfraw/ ach! verlaß mich sterbenden nicht/ O Maria! und siehe/ O Wun- der! die Bildnuß neiget das H aubt dem jetzt sterbenden Supplicant en in Gegenwart vieler Menschen; dahero erlauben die H enckers-Knecht demsel- ben/ zum Altar zu tretten/ allwo er den letzten Abscheid von seiner barmhertzi- gen Mutter nehmen wollen; derhalben derselben Fuͤß zu kuͤssen sich erkuͤhnet hat: siehe ein neues Wunderwerck! die Bildnuß Mariæ hat die Armen als bald außgestreckt/ und den armseligen und zitterenden Suͤnder zum Schooß genommen/ und so vest gehalten/ daß ihn die H enckers-Knechte mit aller Ge- walt Von Verehrung der Allerseel. Mutter GOttes Mariaͤ. walt nicht loͤsen koͤnnen. Da dieses das Volck gesehen/ haben alle ein- helliglich geruffen: Barmhertzigkeit! Barmhertzigkeit! Gnad! Gnad! und ist also von den Richtern seiner Baͤnde entlassen worden/ den die Mutter deß allerhoͤchsten Richters loßgesprochen hatte. Nach diesem hat der adli- che Juͤngling den geistlichen Habit angelegt/ und seiner Erloͤserin mit ei- nem bußfertigen und gottseeligen Wandel sich alle Tag seines Lebens danck- bar erzeiget. 8. Wer sicht alhier nicht/ wie grosse Gewalt diese mildreiche Fuͤrspreche- rin habe gegen all boͤses Eingeben und Arglist deß leidigen Sathans? Wer muß nicht gestehen/ daß Maria ein wahre Mutter der Barmhertzigkeit de- nen Suͤndern immer seye/ so da ihre Suͤnden in Warheit beweinen; und wie selbige geneigt seye/ denen allen in ihren Noͤthen beyzuspringen/ welche zu ihr ihre Zuflucht nehmen? Diese ihre grosse Macht bezeugt sie selbst bey der H. Mutter Brigittaͤ/ und sagt: keiner ist in diesem Leben also von der L. 1. c. 9. Liebe GOttes entbloͤsset/ von welchem der boͤse Feind nicht alsbald weichen muͤsse/ wann er mit einem wahren Vorsatz sein leben zu bessern/ meinen Nahmen anruffet. Dahero redet der H. Germanus die Mutter deß HErrn also an/ und sagt: Du vertreibest durch die alleinige Anruffung deines Nah- mens allen Anfall der hoͤllischen Geister von deinen Dienern. Und der S. Alanuß auß dem Orden deß H. Dominici/ sagt unter andern Lob- Spruͤ- chen von unser Gebenedeyeten Mutter also: Wann der Englische Groß ge- sprochen wird/ siehe/ da erfreuet sich der Himmel/ der Teuffel fliehet/ und deß Menschen Hertz wird mit Trost erfuͤllet Selbigem fallet der H. Bernardus mit diesen Worten bey. Die H immeln/ spricht er/ lachen/ die Engel erfreuen sich/ die Welt frolocket/ die Hoͤll erzitteret/ die Teuffel machen sich auß dem Staub/ wann du andaͤchtiglich sprichst das Ave Maria. Auch ist erfreulich anzuhoͤren/ und voller Geheimnuß/ was der glaubwuͤrdige Vega auß der num. 1387. Soeietet JEsu/ in seiner Marianischen Theology erzehlet. Da eine junge Tochter viele Tag lang einen Spatzen gelehrt hatte sprechen: Ave Maria: und dieses Voͤgelein sothane Wort mit aller Menschen Verwunderung offt zu widerholen pflegte: hat sichs einmahl zugetragen/ daß selbiges ausser dem Koͤrblein von einem Raub- Vogel er griffen und in die Hoͤhe gefuͤhrt worden: da hat das arme Spaͤtzlein sich seiner gelehrten Wort erinnert und geruffen: Ave Maria. O Wunder! kaum hatte das Voͤgelein diese Wort gesprochen/ siehe/ da fallet der Raub-Vogel/ als wann er mit Kugeln durch- schossen waͤre/ zu todt herunter: das Voͤgelein wird auß den Klauen seines Feinds befreyet/ fliehet alsbald zu seiner Lehrmeisterin/ und schreyet mit S s s s Freuden: Die Drey und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Freuden: Ave Maria, Ave Maria. Was ware der gemeldte Juͤngling an- ders/ als ein Vogel/ dem der hoͤllische Habig nachstellete/ und so gar auch schon wuͤrcklich in den Klauen gefasst hatte; muste ihn aber fallen lassen/ in dem ihm die gewoͤhnliche Manier die Jungfrau zu gruͤssen/ die guldene Freyheit zu wegen gebracht? 9. Recht und wohl sagt derhalben zu unserm Vorhaben der gelehrte J- diota in der Betrachtung der Allerseligsten Jungfrauen. So groß ist die Barmhertzigkeit Mariaͤ; daß von selbiger niemand verstossen werde: Sie ist unsere Fuͤrsprecherin bey dem Sohn/ gleich wie der Sohn unser Fuͤrspre- cher ist beym Vatter: ja so gar sie nimbt sich unser an/ und macht unsere Sa- chen auß bey dem Vatter und Sohn zugleich: und werden offt viele durch die Barmhertzigkeit der Mutter errettet/ welche von der Gerechtigkeit deß Sohns wohl moͤgten verdambt werden, dieweilen sie der Schatz deß HErrn ist/ und die Sch a tz-Meisterin der Gnaden Gottes: dann gleich wie am Firmament deß Himmels/ zwischen dem Loͤwen und der Waag/ das Zeichen der Jungfrauen gesetzt wird; also thut die holdselige Jungfrau Maria zwi- schen dem Loͤwen auß dem Stammen Juda/ das ist/ zwischen Christo/ und zwischen der gerichtlichen Waag/ auff welcher alle Menschen Wercke sehr scharff gewogen werden/ die Haͤndel derselben krafft ihrer Fuͤrbitt versenfften/ und die Schaͤrffe deß erschroͤcklichen Waag-Meisters vermitteln. Wie wahr dieses seye/ zeigt dir zum Theil/ mein Christl. Seel/ die folgende Geschicht. Caͤsarius lasset herkommen von einem Juͤngling/ welcher all sein Hab und Gut verschwendet hatte/ und nachmahlen den boͤsen Feind auß der Hoͤllen geruffen/ und seinen GOtt verlaͤugnet: Mariam aber nicht hat verlaugnen wollen. Da nun selbigen das Gewissen truckte/ gehet er zur Kirchen/ wirfft sich vorm Altar nieder/ auff dem die Bildnuß deß Heylands in den Armben Mariaͤ zu sehen ware. Vor dieser Bildnuß vergiesset der arme Mensch viel bittere Zaͤhren/ wird vor seinem GOtt zumahlen schamroth/ und bittet die Mutter deß HErrn mit inbruͤnstigem Hertzen umb Barmhertzigkeit; sie wolle doch ihn/ als den allergrausambsten Suͤnder aller Suͤnder nicht ver- werffen/ sondern ihr Gnadenreiche Augen zu ihm wenden: Sehe/ sagt er/ an das Angesicht deines geliebten Sohns/ O Maria! und nicht umbsonst. Sin- temahlen/ da selbiger in beharrlichem Seufftzen und Weinen zu betten fort- fahret/ wird die Bildnuß Mariaͤ zur Stund lebendig/ und verrichtet das Ambt einer Fuͤrsprecherin bey dem Sohn: Dieser wendet sein Angesicht von dem Gottlosen und maͤyneidigen Boͤßwicht ab: die Mutter lasset inzwischen nicht nach/ stehet von ihrem Ort auff/ wirfft sich zur Erden nieder/ und bit- tet durch ihre Jungfraͤuliche Bruͤste/ mit denen sie ihnen Sohn gesaͤuget; und durch die Liebe/ so sie zu selbigem immer getragen/ er wolle doch diesem ver- lohr- Von Verehrung der Allerseel. Mutter GOttes Mariaͤ. lohrnen Menschen seine Suͤnden vergeben; dieweilen er/ sagte sie/ seine Lie- be gegen mich/ und die mir einmahl gegebene Treu nicht hat zertrennen wol- len. Sehe/ alsbald hebt der goͤttliche Sohn seine Mutter von der Erden auff/ und sagt: meine Mutter/ ich kan dir nichts versagen. Und wendet sich zum Suͤnder/ nimbt selbigen wiederumb in seine Gnad/ und verzeyhet ihm seine begangene Suͤnden. 10. Zu diesem unserm Vorhaben dienet gar bequemlich/ was der Dau- roultius von dem heiligen Francisco meldet. Dieser heil. Mann hat eins- c. 1. tit. 20 mahls viele Engel und Menschen auff einer Ebene versammlet gesehen: und annebens zwo Laitern/ eine rothe/ auff welcher Christus gesessen; und eine weisse/ auff welcher sich die Allerseligste Jungfrau gelehnet hatte. Da nun die Anwesende die rothe Laiter hinauff steigen wollen/ seynd sie bald von Chri- sto herunter geworffen/ und befelchet worden/ zur weissen Laiter sich zu ver- fuͤgen; allwo sie durch die Mutter GOttes den Zugang zum Himmel gar leicht erworben haben. Was hat uns durch dieses Gesicht GOtt anders bedeuten wollen/ als daß wir in unsern Noͤthen zu der heil. Maria fliehen sol- len/ durch dero Fuͤrbitt die Suͤnder am besten erhoͤret werden? Wir wissen/ sagten vormals die Juden/ das GOtt die Suͤnder nicht erhoͤre. Jch aber sage: Wir wissen/ das GOtt die Suͤnder auff die Fuͤrbitt der Himmels- Koͤnigin freylig erhoͤre: zumahlen diese Herrscherin so grosse Gewalt hat/ daß unmoͤglich zu Schanden werden koͤnne/ den selbige mit barmhertzigen Au- gen anschauet. Hieruͤber nehme ich/ neben den angefuͤhrten und andern unzahlbarn Exempeln auß den H. H. Vaͤttern zu Zeugen die treue Diener so- thanen Mutter/ viele andere zu verschweigen/ den heil. Bonaventuram und Anselmum: deren Wort seynd: Gleich wie der jenige/ den du/ O barmhertzigste Jungfrau verschmaͤhest/ und sich von dir entfrembdet/ nothwendiger Weiß verderben muß: also ist unmoͤglich/ daß verderben koͤnne/ den du mit Mütterlichen Augen ansiehest/ und zu dir sich wendet. O troͤstliche Wort! Was verlangest weiter/ O Suͤnder! wte thuestu so uͤbel/ wie bistu so naͤr- risch/ daß du in wahrer Bereuung deiner Missethaten zu diesem Schutz nit fliehest! Ach! ach wie manchen Christ Glaubigen reuets nicht in den hoͤlli- schen Peynen/ daß er die Verehrung Mariaͤ vernachlaͤssiget habe/ krafft de- ren er so leichtlich zum Himmel haͤtte kommen koͤnnen! 11. Auff daß du aber/ so grosser Suͤnder du immer bist/ hinfuͤhro ein groͤsseres Vertrauen zu dieser barmhertzigen Jungfrauen fassen/ und dich mit allem Ernst zu selbiger kehren moͤgest; so betrach- te/ was folget: Nicht vor gar vielen Jahren hat einer in S s s s 2 Hispa- Die Drey und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Historia. Euseb. Nirenb. in Troph. Mar. L. 4. c. 3. Hispanien ein so gottloses Leben gefuͤhret/ daß er in allen Lastern/ die Ketze- rey außgenommen/ gleich wie ein Schwein im Koht/ sich biß zum End seines hohen Alters geweltzet. Dieser ist endlich so weit kom̃en/ daß er mit allem Fleiß nur das jenige verrichtet/ was er wuste/ das GOtt am allermeisten mißfaͤllig waͤre: und in was fuͤr Suͤnden er sich immer gestuͤrtzet/ diese hat er nur auß pur lauterem Haß gegen GOtt begehen wollen. Da nun selbiger also Spoo- ren Streichs zur Hoͤllen geeilet/ hat ihn die Mutter der Barmhertzigkeit auff- gehalten/ dero er einige gar geringe Diensten erwiesen hat. Selbige hat sich dem unver gleichlich verstockten Suͤnder in der Nacht/ da er in seinem Bett gewachet/ sichbarlicher Weiß/ mit einer ungemeinen Eingezogenheit gezei- get/ und mit uͤber auß mitleidigen Augen angeschauet/ und ist alsbald wie- derum verschwunden. Jn selbigem Augenblick hat der gottlose Suͤnder sein gantzes Leben so klar und ordentlich zu erkennen bekommen/ daß er alsbald ein sehr grosse Reu empfunden: und/ obwohln er wegen so abscheulichem Le- ben/ unaußsprechlich sehr bey sich selbsten schamroth worden; so hat er dan- noch den Muth nicht fallen lassen; sondern hat bey anbrechendem Tag einen Priester auß dem Collegio der Societaͤt JEsu beruffen lassen/ dem er den Verlauff seines gantzen Leben so ordentlich und außfuͤhrlich gebeichtet/ daß kein Theologus nach vieljaͤhriger angewendeter Erforschung selbiges klaͤrli- cher und genauer haͤtte thun koͤnnen. Nachdem er nun drey Stund lang gebeichtet/ ist er vom Priester loßgesprochen worden; und hat die Zeit seines uͤbrigen Lebens in solcher Ubung aller Tugendten zugebracht/ daß sich alle Menschen daruͤber entsetzt haben. Jn dem er aber vom Beichts-Vatter gefragt worden/ ob er wohl die Mutter GOttes jemahlen in seinen Leb-Zei- ten verchret habe/ hat er geantwortet/ daß er sich keiner Verehrung erin- nere/ als daß er taͤglich ein Ave Maria derselben zu Ehren gesprochen habe. 12. Dieser ist in warheit ein herrlicher Lohn fuͤr ein eintziges taͤgliches Ave Maria. Sollen wir allhier nicht mit Freuden außschreyen: O grosse Mutter! O du unerschoͤpffliches Meer der Erbarmung! du bist warhafftig ein Zuflucht auch der allergroͤsten Suͤnder/ O Maria! Was ist das fuͤr ein Barmhertzigkeit? Wie unvergleichliche Gnad ist diese/ so du dem allerab- scheuligsten Suͤnder erwiesen hast? Was hastu Allerreineste Jungfrau mit alsolchen grausamben Wust der Laster zu schaffen? Was gehet dich/ O Mutter GOttes/ an/ ein so geschworner Feind GOttes? Wer kan sich allhier enthalten/ daß er nicht bey dem heiligen Bonaventura uͤberlaut ruf- In Psalt. B. V. Ps. 39 fe: O himmels Herrscherin! deine Gaaben seynd viel und wunderbar- lich: die Geschencke deiner Gnaden seynd unvergleichlich. Du hast erhoͤrt das Von Verehrung der Allerseel. Mutter Gottes Mariaͤ. das wenige Gebettlein deß grossen Suͤnders/ daß er mehr mit den Lefftzen allein/ als mit dem Hertzen gesprochen/ und hast ihn auß der Gruben der hoͤchsten Armseligkeit/ und auß dem Graben deß Feinds errettet. O was ein Graben/ wie tieffe Gruben/ in welche den Suͤnder seine Boͤßheit versencket! auß dieser Gruben/ auß dem Schlund der Hoͤllen/ auß der grausamen Oeff- nung der ungluͤckseligen Ewigkeit hast du/ O allerguͤtigste Mutter/ herauß- gezogen die Seel/ so dem Teuffel bereits gewidmet ware/ und hast selbige dem Himmel verwahret! wem soll ich dich O Jungfraͤuliche Mutter verglei- chen? soll ich nicht sagen/ daß du seyest eine andere Arcke Noe? zumahlen du von der Suͤnd-Flut deß ewigen Verderbens nicht allein erhaltest den Men- schen; daß ist/ die jenige/ so da wohl und froͤmlich leben/ wie sichs einem Men- schen geziemet; sondern nimbst auch an die unvernuͤnfftige Thier/ die grau- same Loͤwen/ die stinckende Boͤck; daß ist/ allerhand grosse Suͤnder/ diese ver- wirffst du nicht/ wann sie zu dir kommen/ sondern beschuͤtzest und labest selbige; daß also niemand laͤugnen kan/ du seyest eine Zuflucht aller Suͤnder: Dahero redet dich dein getreuer Diener Bernardus also recht an/ und sagt: Du/ O Maria/ hast kein Greuel auch fuͤr dem allerheßlichsten Suͤnder/ du verschmaͤ- hest ihn nicht/ wann er zu dir seufftzet/ und deine Fuͤrbitt mit andaͤchtigem Hertzen begehret: du ziehest ihn mit deiner milten Hand auß der Tieffe der Verzweiffelung; du heilest ihn mit der Artzney der Hoffnung/ und hast Ach- tung auff ihnso lang/ biß du den armseligen dem erschroͤcklichen Richter ver- soͤhnest. Seynd diese nicht uͤber Hoͤnig suͤsse/ und zwar von einem so vorn e h- men Kirchen-Lehrer gesprochene Wort? Wer will dann nicht eilen/ in seinen Noͤthen und Gefahren zu dieser holdseligen Mutter zu fliehen/ indem er ver- sichert ist/ daß selbige deren/ so ihre Zuflucht zu ihr nehmen/ sich nicht koͤnne nicht erbarmen; dieweilen ihre Erbarmungen uͤber alle ihre Werck seyrd. 13. Nachdeme nun/ mein Christliche Seel/ die unerschoͤpffte Barmher- tzigkeit Mariaͤ gehoͤret hast; koͤnte dir gar leicht in die Gedancken kommen/ ob dem also seye/ was in der nechst vorhergehenden Lection von der wenigkeit der Seeligen ist angezogen worden: dan so daß wahr ist/ was von der Barm- hertzigkeit und Fuͤrbitt dieser allerheiligsten Jungfrauen gemeldet worden; so wird fuͤrwahr keiner von den Glaubigen deß ewigen Todts leichtlich sterben. Und dieses ist der Lection von der Wenigkeit gerad zuwider: zumahlen keiner auß der Zahl derselbigen an seine Seeligkeit so wenig gedencket/ daß er nit ein eintziges Ave Maria zu Ehren dieser glorwuͤrdigen Mutter sprechen wuͤrde: So antworte ich dann/ und sage/ daß vielmahlen ein solches kurtze Gebettlein/ so mit einem auffrichtigen und andaͤchtigen Hertzen gesprochen wird/ die S s s s 3 Mutter Die Drey und fuͤnfftzigste Geistliche Lection Mutter der Barmhertzigkeit zu gewinnen/ kraͤfftiger seye; als hundert und tausend andere/ so mit unbedachtsamkeit/ und gleich den Wuͤrffeln dahin ge- worffen werden. Dieses hat erfahren ein Weib/ so mit Andacht/ wie sie ver- meinte/ der Mutter GOttes ergeben ware: selbige hat zu jedem Engellischen Gruß/ ein Steinlein in ein grosses Faß geworffen/ da sie nun selbiges besag- ter massen erfuͤllet/ ist der Schuͤtz-Engel zu ihr kommen/ mit Bericht/ daß auß allem diesem Hauffen der Steinlein/ nur ein eintziges den Werth eines weissen Steinleins verdienet habe. So viel ist daran gelegen/ daß die An- dacht zu der allerseligsten Jungfrauen mit einer wahren Kindlichen Nei- gung verrichtet werde: dahero erfahren wir/ daß zu zeiten die groͤste Suͤn- der durch einen eintzigen hertzlichen Seufftzer die Barmhertzigkeit GOttes sich erwerben; dann selbiger sicht nicht an wie viel wir guts thun/ sondern wie wohl wir dieses thun. Wir wissen/ wie kraͤfftig gewesen seye dieß kur- tze Gebett deß geeroͤnten Propheten: Peccavi: Jch hab gesündiget: Auch lehret uns die Heyl. Schrifft/ daß der gute Schaͤcher am Creutz mit diesen wenig Worten gedenck meiner: die ewige Seeligkeit erlangt ha- be. Weiters seynd wir auch in Erfahrung kommen/ daß der oͤffentliche Suͤn- der durch diese Wort: Herr seye mir Sünder gnaͤdig: gerechtfer- tiget nach Hauß gangen seye: und der verlohrne Sohn hat auch durch diese seine demuͤthige Bekaͤn t nuß: Vatter/ ich hab in den Himmel ge- sündiget/ und vor dir: bey seinem Vatter Pardon erhalten: sinte- mahlen durch solche inbruͤnstige Wort/ theils unsere Suͤnden alsbald vernich- tiget werden: theils auch die bequeme Zubereitung der Bußfertigkeit erlanget Rom. 5. wird/ zur Bestaͤttigung der Apostolischen Worten: Wo die Sündeů- berhand genommen hat/ da ist auch die Gnade ůber- schwenglich groͤsser worden. 14. Derhalben obwohl viele Christglaubige gefunden werden/ so sich in Verehrung der Mutter Gottes vielfaͤltiglich uͤben: grosse Gebett verrichten; den Pilgerfahrten beywohnen/ und ansehnliche Opffer thun: so seynd deren doch/ leider Gottes! offt sehr wenig/ welche die Gnad der allerseligsten Jung- frauen gewinnen: ich sage/ sehr wenig; weilen der meiste Theil mit kaltem Hertzen/ mehr auß Gewonheit/ Neuschirigkeit/ und ohne kindliches V er- trauen/ dergleichen Andachten begehet: dahero ist kein Wunder/ daß so sehr wenige der marianischen Huͤlff geniessen: Darneben werden auch viele gefun- den/ welche sich zwarn in vielen Abtoͤdtungen zu Ehren dieser Mutter uͤben; leisten aber selbiger dadurch sehr geringe Diensten: derowegen koͤnnen auch diese fuͤr keine wahre V erehrer der Jungfraͤulichen Mutter gehalten werden. Es seynd aber solche/ so da mit unreinem Hertzen diese Himmels-Herscherin dienen Von Verehrung der Allerseel. Mutter GOttes Mariaͤ. dienen: Diese sollen gedencken an jenen marianischen Liebheber/ welcher der Gottes Gebaͤhrerin zu Gefallen/ viele gute Werck/ und sehr ansehnliche Tu- genden zu uͤbenpflegte; den innerlichen Stand seiner Seelen aber wenig ach- tete: Wie aber diese Weiß zu leben der Mutter GOttes mißfallen habe; daß hat sich also in der That erwiesen. Da dieser Juͤngling mit einer unversehe- nen Kranckheit uͤberfallen worden/ ist die Mutter deß Herrn zu ihm kommen/ Historia. als wan sie den Krancken troͤsten wolte. Nach vollendetem einigen suͤssen Ge- spraͤch/ hat sie selbigem sehr schoͤne Fruͤchten/ aber in einer uͤber auß unsaubern Schuͤssel præsent irt: indeme sich nun der Krancke daruͤber verwundert/ und die Ursach solcher Ungleichheit gefragt: hat er zur Antwort bekommen/ daß sei- ne gute Wercke denen Fruͤchten; sein unreines Hertz aber der Schuͤssel gleich seye: derhalben/ sagt die allerseligste Mutter/ ist mir selbiges Hertz also zu wi- der/ wie dir die Schuͤssel ein grausen macht. So reinige vorhero deine Seel/ ehe du mir deine Werck opfferest/ wofern du wilst/ daß meinem Sohn und mir selbige gefallen sollen. Jst nicht dieses ein helles Zeugnuß/ krafft dessen wir unterrichtet werden/ wie wir uns in dem Dienst Mariaͤ zu verhalten ha- ben? was ist ein Gebett/ so da herkombt auß einem unsaubern Hertzen? was ist ein koͤstlicher Wein in einem unflaͤtigen und abscheulichen Geschirꝛ? was seynd auch die kostbahriste Speisen in einer ungewaschenen und koͤthigen Schuͤssel? Lob in deß Sůnders Mund/ sagt der weise Mann/ ist nicht fein. Die Meinung der allerseligsten Jungfrauen hat der H. Joan- Eccli. 15. v. 9. nes Damascenus mit diesen Worten meisterlich erklaͤret: Sie verflucht/ sagt er/ die Fraͤssigkeit/ sie fliehet die unreine Gedancken nicht anders/ als wir die gifftige Schlangen meiden; unkeusche In Ser. de Dor- mit. Virg. Reden und Zorn hasset sie; sie nimbt keine Mißgunst an/ und der Hoffart widersetzet sie sich mit feindlichem Gemůt: troll dich derhalben hinweg/ du schaͤdliche Sicherheit zu sündigen: mache ein End/ sagt der H. Gregorius/ im Willen zu sůndigen; so wirst du Mariam bereit finden dir zu helffen. L. 1. Ep. 47. Dieweilen aber sehr wenig Catholische die Gewonheit zu suͤndigen gaͤntzlich verlassen; so ist kein Wunder/ daß sie die Barmhertzigkeit dieser glorwuͤrdi- gen Mutter nicht finden/ indem sie ihnen selbsten durch ihr suͤndiges Leben im Weeg stehen. 15. Wie viel werden auch nicht gefunden/ sonderbahr unter den Geistlichẽ/ welche zum Anfang ihrer Bekehrung/ weiß nicht/ was/ und wie grosse Dinge zu Ehren dieser holdseligen Mutter zu verrichten sich vornehmen; nach Die Drey und Fuͤntzigste Geistliche Lection nach verflossenen wenig Jahren aber die gewoͤhnliche Ubungen verlassen. Wie koͤnnen solche uͤber die Fuͤrbitt Mariaͤ sich Hoffnung machen/ indem sie sich von selbiger zum ersten entfrembden? Maria verlangt keinen wancklenden und traͤgen/ sondern einen bestaͤndigen und eifferigen Liebhaber. Wie hoch wurde von selbiger nicht gehalten der H. Edmundus? und gleichwohl ist die- ser von seiner glorwuͤrdigen Koͤnigin einsmahls scharff hergenommen wor- den/ daß er sein gewoͤhnliches Gebett einen eintzigen Tag vernachlaͤssiget hat. Der gottselige Thomas à Kempis, da er ebenfalls sein taͤgliches Gebett zu der Mutter Gottes einmal unterlassen/ hat er gesehen/ daß selbige uͤber das Dor- mitorium gangen/ und einem jeden den Seegen ertheilet hat: da sie aber zu sei- nem Zimmer kommen/ hat er vermerckt/ daß sie ihn gar scharff angesehen/ und also seiner Nachlaͤssigkeit erinnern wollen: auß diesem Gesicht ist der from- me Diener dermassen bewegt worden/ daß er von selbigem Tag an/ biß zum End seines Lebens/ die gewoͤhnliche Gebett zu Ehren seiner Mutter zu spre- chen niemahl unterlassen hat. Ein anders ist dem seel. Josepho Hermanno Præmonstraten ser Ordens widerfahren: dann da selbigem von seiner Obrig- keit das Ambt deß Sacristanen zu verrichten anbefohlen worden/ und wegen vielfaͤltiger Geschaͤfften/ die gewoͤhnliche Ubungen zu der Mutter Gottes einige Tag unterlassen hat/ hoͤret er einsmahls zur Abends-Zeit ein sonderli- ches Getuͤmmel an der Kirch-Thuͤren/ und da er hinzu nahet/ findet er ein al- tes beruntzeltes und uͤbel gekleidetes Weib: indem nun selbiges zu reden an- fangt/ erkennet der gute Josephus die Stimm der allerseligsten Jungfrauen/ mit welcher er vorhin vielfaͤltige Gemeinschafft gepflogen: verwundert sich derhalben uͤber solche seltzame Neulichkeit/ und erkuͤhnet sich zu fragen/ was doch diese wunderbarliche Aenderung bedeute? da gibt ihm die Mutter Got- tes zur Antwort/ und sagt: Ein solche bin ich Josephe/ in deinem Hertzen/ wie du mich allhier eusserlich siehest: dann jetzt gelte ich nichts mehr bey dir/ wei- len du mich zu lieben und zu verehren hast nachgelassen/ nach diesen Worten ist sie verschwunden. 16. Wann nun mein Christliche Seel/ so geringe Nachlaͤssigkeit von der allerseligsten Jungfrau so hoch ist empfunden worden; wie wird dann ihre Treulosigkeit so uͤbel außgedeutet werden/ welche viel zu Ehren dieser goͤttli- chen Mutter zu thun versprochen haben/ und wenig halten! freylich konten je- ne Mitbruͤder der marianischen Bruderschafft ohne Suͤnde das gewoͤhnliche In so dal. Parthen. l. 3. c. 2. Bruderschaffts Gebett einmahl außgelassen: wie ists ihnen aber ergangen? da diese beyde auffm Fluß Pado lavir ten/ kommen sie zugleich in die eusserste Lebens Von Verehrung der Allerseel. Mutter GOttes Mariaͤ. Lebens-Gefahr; der aber sein gewoͤhnliches Bruderschaffs Gebet denselben Tag verrichtet hatte/ wird von der Mutter GOttes sichbarlicher Weiß errettet; der ander aber gehet zu Grund/ und must noch diesen Verweiß von der Mutter der Barmhertzigkeit hoͤren: Du warest nit verbunden/ mich zu verehren; nun bin ich auch nicht verbunden/ dir zu helffen. Also koͤnnen wir uns allhier der Wort deß H. Thomaͤ gebrauchen/ und sagen: Wie wir dich verehren/ also besuchestu uns. Billig und abermahl billig erhalten selbige in ihrer letzten Stund keine Gnad von der holdseeligen Mutter/ welche in ihren Leb-Zeiten die Gelegenheiten/ selbige zu verehren verabsaumet haben: und obwohlen diese gewaltige Koͤnigin ihre grosse Macht vielmal/ auch an den allergroͤsten Haupt Suͤndern erzeigt hat; so ist solches darumb zum meisten geschehen/ auff daß keiner/ so dieses gehoͤrt hat/ in den vorfallenden eussersten Gefahren der See- ligkeit verzweifflen solle: und damit du mit mir der Standhafftigkeit in der Verehrung Mariaͤ erinnert wuͤrdest. Dann dieses halte ich fuͤr gewiß/ daß der jenige/ so nur ein eintziges Ave Maria taͤglich zu betten versprochen hat/ mehr Gnaden bey dem Brunnen der Gnaden erwerbe/ wann er seinem Versprechen fleissig nachkomme; als der jenige/ welcher alle Tag einen Rosen-Krantz zu betten gelobet hat/ und selbigen offt unter- lasset: zumahlen sehr zu preisen ist die Bestaͤndigkeit/ auch im wenigem. 17. Dieses ist nun von der Bestaͤndigkeit im Dienst Mariaͤ gemeldet. So viel aber die Barmhertzigkeit derselben Jungfrauen belanget/ seynd ley- der! sehr viele/ welche sich selbige in lauter Gifft veraͤndern/ in dem sie ge- dencken/ und also bey sich selbsten schliessen: die Mutter GOttes ist barm- hertzig/ diese hilfft auch den groͤsten Suͤndern auß der Noth/ wann sie sel- bige nur in ihren Noͤthen anruffen; diese heilige Jungfrau wird mich auch nicht verlassen/ wann ich schon ein grosser Suͤnder bin/ und immer in Suͤn- den lebe; ich setz mein Vertrauen auff die Mutter GOttes/ eine Mutter der Barmhertzigkeit. Und also fahren sie fort in ihrem boͤsen Leben/ und suͤndigen groͤblich in die Barmhertzigkeit Mariaͤ. Solche Verehrer Ma- riaͤ verdienen keine Barmhertzigkeit: und ob wohl diese grosse Koͤnigin der- gleichen groͤste Suͤnder vermoͤg einer gar geringen Verehrung mit ihren barmhertzigen Augen hat angeschauet/ und denselben bey GOtt Gnad er- halten hat: so ist doch diese eine absonderliche Gnad/ und ungewoͤhnliche Barmhertzigkeit gewesen/ so auch dem hundersten/ ja tausendsten nicht ver- liehen wird/ nach dieser gemeinen Regul der Rechts-Gelehrten: Auß der Gnade/ so einem widerfahren ist/ muß man keinen Schluß machen/ daß selbige auch andern gebuͤhre: also muͤssen wir die Gnad/ so einem Suͤn- T t t t der Die Drey und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection der von der Mutter der Barmhertzigkeit erwiesen ist/ nicht auff andere Suͤnder außbreiten; sondern daß unsrige thun/ und alsdann noch in Forcht und Zittern diese gnaͤdige Helfferin umb Barmhertzigkeit ersuchen. Besser ists/ daß nur einigen gar wenigen diese sonderbahre Gnad widerfahre/ als vielen/ dieweilen also die Hoffnung der wahren buͤssenden Suͤnder mehr ge- staͤrcket/ und das Vertrauen der Kleinmuͤtigen zu der glorwuͤrdigen Mut- ter vermehret wird. Auch wird durch sothane grosse erwiesene Barmher- tzigkeit Mariaͤ die Andacht derselben Schutz-Kinder mehr enttzuͤndet/ und also bestaͤndiger erhalten/ in dem sie diesen Schluß machen: Wann das widerfahren ist den Feinden GOttes/ so werden die Freund desselben und be- staͤndige Verehrer Mariaͤ noch ein mehreres zu hoffen haben. 18. Wann du dieses wohl betrachtest/ so wirstu dannoch finden/ wahr zu seyn/ daß der meiste Theil der Christglaubigen verdambt werde; sinte- mahlen sehr viele durch ihr eigene Schuld verhindern/ daß sie der Mariani- schen Guͤnsten nicht theilhafftig werden. Die Naturalisten sagen/ daß bey der Froͤhlings-Zeit/ wann die Sonn scheinet/ ein himmlischer Tau sich uͤber das Meer außbreite/ und also die Muscheln eroͤffnet werden; welche die Troͤpfflein deß Thaus empfangen/ und selbige in Perlen verwandlen und verhaͤrten: die Huͤlsen aber so sich nicht eroͤffnen/ werden mit keinen Perlen besruchtet. Ein solche ist Maria/ welche den Thau ihrer muͤtterlichen Gnaden uͤber die gantze Welt außgiesset: der nun diesen himmlischen Thau nicht annimbt/ kan auch die kostbare Frucht der Tugenten nicht gebaͤhren. Dieser kan nicht der barmhertzigen Mutter; sondern muß sich selbsten die Schuld auffmessen/ daß er mit der Schlaffsueht seiner Suͤnden uͤberfallen/ die Laden seines Hertzen dieser Marianischen Sonn nicht eroͤffnet habe; damit die Finsternuß der Lastern vertrieben wuͤrden/ und also dem Tag der hellschei- nenden Gnade heran zu kommen erlaubet wurde. Dahero werden unzahl- bare Christglaubige/ wie oben gesagt ist/ dieses sehr/ aber zu spaͤt beklagen/ daß sie diese allerbequemste Gelegenheit zur Seeligkeit zu gelangen vernachlaͤssi- get haben. Auff daß dir aber eben selbiges nicht widerfahre/ so folge der Lehr deß H. Bernardi; deren Jnhalt dieser ist: damit du der Fuͤrbitt Mariaͤ zur Freud und Trost deines Hertzen geniessest/ so erwerbe dir/ so viel dir moͤglich ist/ die Tugenten dieser Allerheiligsten Jungfrauen/ wie du in den vorher- gehenden Lectionen bist gelehret worden. Du wirst dir aber diese glorwuͤr- dige Mutter hoͤchlich verbinden/ wann du folgenden meinen Rath wirst be- obacht und werckstellig gemacht haben. Mache dir ein Buͤchlein/ und nehme dir Von Verehrung der Allerseel. Mutter Gottes Mariaͤ. dir vestiglich fuͤr/ daß du alle die Tage deines Lebens ein sonderbahres tugent- sames Werck oder mit den Gedancken/ oder mit den Worten/ oder mit der That zu Ehren der Himmels-Koͤnigin uͤben wollest. Dieses Werck ver- zeichne in obgemeldtem Buͤchlein gar kuͤrtzlich; und opffere alle diese Werck der Tugenten deiner gebenedeytesten Mutter alle Jahr ein ihren fuͤrnehmsten Festaͤgen/ und erneuere alsdann wiederumb diese deine loͤbliche Andacht. Als- dann wirstu in der That erfahren/ daß du durch Huͤlff dieser Allerseeligsten Jungfrauen in aller vollkommenheit gluͤcklich fortschreiten werdest: dann was dir sonsten sehr schwaͤr vorkommet/ das fallet dir vermoͤg dieser Andacht zur Mutter GOttes gar leicht. Was ist/ zum Exempel/ schwaͤrer/ als denen/ die dich beleidigen/ und dir Unbill zufuͤgen/ von Hertzen verzeihen/ und fuͤr selbige betten? solches aber wird dir erfreulich vorkommen/ wann du also in deinem Buͤchlein auffzeichnest: Heut hab ich zu Ehren der Mut- ter GOttes/ diesem oder jenem nicht allein von Hertzen vergeben; son- dern ich hab noch darzu fuͤr selbige so und so viel gebettet. Auff solche weiß wirstu deine Maͤngel auß dem Feld deines Hertzen mit der Wurtzel außrauten/ und die Tugenten darfuͤr einpflantzen. Nimbt derhalben an/ mein Christliche Seel/ dieses wenige/ so ich dir von der Vereh- rung der holdseeligen Mutter ins gemein verzeichnet hab: dein eigener guter Will wird dir verhoffentlich zu einem mehrern antreiben. T t t t 2 Die Die Vier und Fuͤntzigste Geistliche Lection Die Vier und Fuͤnfftzigste Geistliche LECTION Von Verehrung der Heiligen. Luc. 6. v. 9 Facite Vobis Amicos. Machet euch Freunde. 1. W Arumb unser Heyland uns ermahne/ daß wir uns Freunde machen sollen/ koͤnnen wir leichtlich erachten. Dann weilen wir linck- und rechtwerts/ und von allen Seiten von unsern Feinden/ nem- lich der Welt/ dem Fleisch und dem Teuffel angefochten werden/ und unsere eigene Kraͤfften/ denselben zu widerstehen/ nicht bestand seynd; so ist noͤthig/ daß wir andere maͤchtigere Freunde zu Huͤlff ruffen. Diese aber seynd die gluͤckseeligste Einwohner deß himmlischen Vatterlands/ welche wir mit ste- tem Anruffen/ und andaͤchtiger Verehrung zu Freunden machen muͤssen/ wann wir den mit allerhand gefaͤhrlichen und toͤdtlichen Stricken belegten Weeg zur Seeligkeit ungehindet passiren wollen. Dieweilen nun selbige diese schlimme Strassen ebenfals vor uns gewandert seynd/ so wissen sie am besten/ in wie grosse Gefahren diese Pilgramb immer schweben: und in dem sie nichts so sehr/ alseben das Heyl deß annoch streitenden Menschen suchen; so seynd sie allzeit fertig und bereit denen die huͤffliche Hand zu biethen/ die eines guten Willens seynd/ und sich ihrer Vorbitt bey Gott erwerbẽ. Dahero lasset uns glaubẽ/ daß von allen Heiligen und Außerwaͤhltẽ Gottes gesagt seye/ was der heilige Bernardus von den H. H. Engelen gesagt hat. So offt dir eine sehr schwaͤre Anfechtung/ oder widerwaͤrtigkeit zu- In Psal. Qui hab. stosset/ so ruffe an deinen Schutz-Engel (deinen Patro- nen) deinen Fůhrer zu gelegener Zeit in der Trůbsall. Sie Von Verehrung der Heiligen. Sie seynd maͤchtig sagt er/ sie seynd treu und klug/ was ha- ben wir uns dann zu foͤrchten: lasset uns ihnen nur allein folgen/ lasset uns ihnen anhangen/ und im Schirm Gottes und deß Himmels bleiben. 2. Wie eifferig nun diese Heilige GOttes sich unser annehmen/ und fuͤr uns wachen/ wann wir selbige verehren/ kanst du/ mein Christliche Seel/ auß folgender Histori lernen. Ein sicher frommer Bischoff hat unter andern sei- Historia. nen Andachten auch eine sonderliche Affection zu dem H. Apostel Andreas: Nun geschichts/ daß der boͤse Feind den gottseligen Mann in eine Unzucht zu stuͤrtzen sich bemuͤhet/ derhalben nimb er die Gestalt eines schoͤnen Maͤgdleins an/ und kombt zu selbigem seine Suͤnden zu beichten/ und sagt gleich zu An- fang der Beicht/ sie seye von Koͤniglichem Stammen gebohren/ und habe Gott ihre Jungfrauschafft versprochen: und damit sie selbige erhalten/ und nicht von ihrem Vatter gegen ihren Willen verheiratet werden moͤge/ habe sie sich heimlich darvon gemacht/ und zu ihme seine Zuflucht genommen: Da dieses der fromme Bischoff gehoͤret/ hat er selbiger auß Christlichem Mitlei- den in seinem Hauß den noͤthigen Unterschleiff verschaffet/ auff daß sie GOtt daselbst ungehindert dienen koͤnte/ und hat sie auch zu seiner Tafel/ die er fuͤr solche Koͤnigliche Persohn besser zurichten lassen/ eingeladen: sie aber hat sich/ umb den Bischoff desto leichter zu gewinnen/ mit aller Eingezogenheit und Hoͤfflichkeit entschuldiget/ und gesagt/ sie seye befoͤrchtet/ daß vielleicht geken- net/ verrathen/ und zu ihrem Vatter wiederumb gefuͤhret werde: nachdem aber der Bischoff sie versichert/ daß in geheimb bey ihm verbleiben wuͤrde/ hat sie sich uͤberreden lassen/ und ist mit zu Tisch gesessen; und hat mit liebkosen- den Worten und holdseligem oͤfftern Anblick ein so grosses Feuer der unrei- nen Liebe im Hertzen deß Bischoffs erwecket/ daß er auch umb Gelegenheit zu suͤndigen sich umbgesehen: Jnzwischen hat ein Frembdling an dessen Hauß sich anmelden lassen/ uͤber welchen er sich entruͤstet/ da er ihn in solehem seinem Vorhaben gleichsamb verstoͤrete: der eingeladene Gast hat auch darzu gera- then/ daß er den ungestuͤmmen Frembdling abweisen solte: der Bischoff aber wurde innerlich ermahnet/ daß er einem Frembdling die ersuchte Herberg nit weigern muͤsse: indem er nun in diesem Zweiffel/ fragt er das Maͤgdlein/ was er thun solle: diese sagt alsbald: wann der Frembdling auff meine Fragen bequemlich antworten wird/ so wird er muͤssen herein gelassen wer- den: wann nicht; so soll geschwind hinweg gewiesen werden: lasset der- T t t t 3 halben Die Vier und Fuͤntzigste Geistliche Lection halben fragen: was am meisten zu verwundern seye/ daß GOTT in einer geringen Sache gewircket habe? der Fr a nbdling gibt zur Antwort/ daß dieses seye der Unterscheid der menschlichen Angesichter: Sintemah- len von Anfang der Welt kein zween seynd gefunden worden/ die sich in der Gestalt gantz und zumahlen gleich gewesen waͤren: Hierauff begehrt die Koͤnigliche Tochter/ er solle ihr auch diesen Knoden auffloͤsen: An welchem Orth die Erd hoͤher seye/ als der Himmel? der Frembdling gibt zur Antwort/ und sagt; daß dieses geschehe/ allwo die Seeligen ihren Sitz haben/ und die Menschheit CHRJSTJ zur Rechten deß Vatters sitzet: uͤber allsolche kluge Antworten verwundern sich alle Hauß- genossen mit dem Bischoff: Das Maͤgdlein stellet endlich die dritte Frag daher/ wie weit nemblich die Erd vom Himmel abgelegen seye? hier auff antwortet der Frembdling/ und sagt; gehe du zu dem/ der dich hierhin gesandt hat/ und fragt den selbiges: dann der weiß am besten diesen Be- griff/ den er gemessen hat/ da er vom Himmel in die Tieffe der Hoͤllen ist gestuͤrtzet worden: Dieses/ sagt der Frembdling/ ist kein Weibs- bild/ so diese Fragen vorschlaget; sondern ein hoͤllischer Boͤßwicht/ wel- cher zur Verfuͤhrung deß guten Bischoffs/ die Gestalt eines Maͤgdlein an sich genommen hat: da diese Unterrichtung der Diener zum Tisch ge- bracht; hat der Teuffel ungern gesehen/ daß sein Arglist entdecket wor- den/ derhalben ist er augenblicklich verschwunden: und der Frembdling hat sich auch weiters nicht sehen lassen: Nachmahlen hat GOTT auff vielfaͤltiges Anhalten deß Bischoffs/ demselben offenbahret/ daß allsol- cher Frembdling der H. Andreas gewesen seye/ so die eusserste Gefahr deß Verderbens von seinem Schutz-Kind abgewendet hat. 3. Hierauß kanst du schliessen/ mein Christliche Seel/ wie grosse Sorg die Buͤrger der himmlischen Statt Jerusalem fuͤr die jenige tragen/ von denen sie verehret und angeruffen werden. O wie manchmahl wuͤrden wir in sehr grosse Suͤnden fallen/ wann uns nicht selbige beschuͤtzen thaͤten! Es wird einsmahls die Zeit heran kommen/ daß wir klaͤrlich sehen wer- den (so vor unsern Augen anjetzt verborgen ist) was massen unsere H. H. Pa- tronen von hunderterley Gefahren der ewigẽ Verdamnuͤß uns errettet haben. Dann/ wer kan laͤugnen/ daß der vorgemeldte Bischoff zu Grund gan- gen waͤre/ wann nicht der H. Andreas in Gestalt eines Frembdlings/ die vermeinte Koͤnigliche Princessin vertrieben haͤtte? Die Heilige GOttes seynd nicht allein nicht undanckbahr fuͤr die Ehr/ so ihnen von uns erwie- sen Von Verehrung der Heiligen. sen wird; sondern lassen sich auch von keinen unsern Wolthaten uͤberwin- den. Gluͤckselig ist der jenige/ welcher sich so gewaltige Patronen allhier auff Erden zu Freund machet/ von denen er in allen so wohl Leibs als der Seelen Widerwaͤrtigkeiten/ sicherlich kan geholffen werden. Da zu Zei- ten deß seeligen Laurentii Justiniani Patriarchen zu Venedig/ die Maylaͤn- der mit den Venetianern einen sehr blutigen Krieg fuͤhreten/ hat einer die- ser letzten einen frommen und heiligmaͤssigen Einsidler/ so mit dem Geist der Weissagung begabet ware/ gefragt: welcher Theil von diesen beyden die Schlacht gewinnen werde: hat aber zur Antwort bekommen/ daß GOtt uͤber die Venetianer sehr erzuͤrnet seye/ dieweilen bey selbigen/ auff so vielfaͤltige geschehene Ermahnungen keine Besserung erfolge: und daß GOTT die Statt Venedig schon laͤngst verhergt haͤtte/ wie Sodomam und Gomorrham; wann nicht ein eintziger Mann/ nemblich derselben Patriarch/ den gefasten Zorn GOTTES durch sein Gebett abgewendet haͤtte. 4. Hat nun das Gebett eines eintzigen Menschen/ der noch auff Erden lebt/ und denen menschlichen Schwachheiten unterworffen ist/ so grosse Gewalt/ daß Vermoͤg dessen gantze Staͤtte koͤnnen erhalten werden: wie grosse Macht wird nicht haben die Fuͤrbitt der Heiligen/ die mit GOtt her- schen im Himmel? Drexelius erzehlet zu unserm Vorhaben in seinem geist- lichen Trismegist und sagt: Es war ein Thum-Herr von Trier mit Nah- men Heinrich von Heyden/ ein adelicher tugendsamer Juͤngling: dieser als er noch ein Knab/ ward ins Teutsche Collegium nach Rom geschickt/ allda er sieben Jahr studiret: nach solch verflossener Zeit ward er von seinen Freunden ernstlich abgefordert/ derowegen er sich dann auff die Reiß ins Vatterland ruͤstet: es wolt ihn aber GOtt zu sich in das wahre himmlische Vatterland nehmen/ wie ihn dann eben im Auffbruch ein Fieber ankommen/ daran er am achten Tag hernach gestorben: als er nun von dem Beichts- Vatter (vor dem er allbereits eine general-Beicht gethan) sich zum letzten Sterbstuͤndlein zu bereiten ermahnet worden/ hat er eine Kirch-Fahrt zu S. Andreaͤ gegen Malphis umb Erlangung der Gesundheit verlobt: auch hat er zu solchem End ein benendte Summa Gelds/ ein silbernes Creutz dar- von zu machen/ und solches in S. Apollinaris/ deß Teutschen Collegii Pa- trons-Kirchen zu setzen; wie auch in die Congregation B. Virginis, darinnen er Sodalis war/ ein Altar-Tuch verschafft: nach solcher Verordnung hat ihne in Beyseyn etlicher Persohnen/ ein suͤsser Schlaff eingenommen; und nachdem er uͤber ein kleines erwacht/ begehrte er an dem Beichts- Vatter/ Die Vier und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Vatter/ und sprach zu ihm: ach liebster Beichts-Vatter/ wie hab ich so schoͤ- ne liebliche Erscheinungen gehabt? der Priester begehret von ihme zu wissen/ was er dann gesehen? deme der Krancke antwortet: was kein Aug gesehen/ kein Ohr gehoͤret/ noch keines Menschen Hertz fassen kan: von welchen Wor- ten die umbstehende sehr begierig worden/ solches zu vernehmen; und ihnen de- rowegen gebetten/ er wolle es ihnen nicht verhalten: darauff der Krancke gleichsamb mit zittern/ doch darneben froͤlig/ also geredet: ich bin in grosser Gefahr gestanden; aber durch der seligsten Jungfrauen Mariaͤ/ deß H. Apo- stels Andreaͤ und Apollinaris Schutz und Schirm bin ich bey zeit errettet worden: der boͤse Feind hatte mich vor das Gericht Gottes gestellt/ allda mich ein grosser Hauff der Anklaͤger umbgeben/ unter denen ich allein gantz verlas- sen gestanden; diese klagten mich wegen vieler begangenen Suͤnden an/ und wolte mich der boͤse Feind allbereit dahin zur Verdamnuͤß fuͤhren; in solcher eussersten Noth und Gefahr erschien die Mutter der Barmhertzigkeit/ wende- te sich zu meinen Feinden/ und sprach: wohin wollt ihr diesen fuͤhren? was habt ihr mit meinem Diener/ der mir in meiner Bruderschafft so viel Jahr gedie- net/ jetzund zu schaffen? darauff auch alsbald der H. Andreas gefolgt/ der sich zoͤrniglich wider meine Feind gesetzt/ und wegen der verlobten Pilgerfahrt sich meiner treulich angenommen: Letztlich kam der Heil. Apollinaris sambt ande- ren H. H. Martyren/ deren Reliquien wir in unser Kirchen haben/ nahm den Feinden ihre Gewalt/ neben Erinnerung deß Creutz/ so ich zu machen anbe- fohlen: und also bin ich/ Gott seye ewiger Danck/ von der Gefahr erlediget/ und vom Schlaff erwachet: nachdem er nun solches alles mit Freuden erzeh- let/ hat er in der vierten Stund hernach GOTT seinen Geist auffgege- ben. 5. Auß welchem dann lauter und klar abzunehmen/ daß die Ehr/ so den Heiligen Gottes auß reinem Hertzen geschicht/ mit nichten unvergolten blei- be. Der ehrwuͤrdige P. Laurentius Surius ist in seiner letzten Stund/ alle Heiligen/ deren Leben er in seinen Buͤchern beschrieben/ zu sehen/ und von sel- bigen in sothanem Streit gestaͤrckt zu werden/ gewuͤrdiget worden. Seelig und abermahl seelig ist der jenige/ den so viele gewaltige Fuͤrsten der himmli- schen Hoffstatt/ gegen den grimmigen letztern Anfall der Teuffeln so ritter- lich secundiren. Nimb derhalben deine Zuflucht zu diesen unuͤberwindlichen Helden/ nicht einmahl/ noch zweymahl/ weder auch mehrmahlen; sondern im- mer und allezeit; dieweilen du staͤts in Gefahr deiner ewigen Seeligkeit wan- derest/ wie du auß den vorhergehenden Lection en vielfaͤltiglich erlernet hast: und damit dirs nichtauch ergehe/ wie es ein Geistlicher auß dem Orden deß H. Von Verehrung der Heiligen. H. Francisci mit seinem Schaden hat erfahren muͤssen. Dieser ware an- Historia. faͤnglich der heiiigen Barbaraͤ mit aller moͤglichen Andacht zugethan/ und zwarn billig: dann er ware von selbiger auß vielen Gefahren errettet wor- den. Da er nun endlich seine gewoͤhnliche Diensten vernachlaͤssiget; hat er im Schlaff von der heiligen Jungfrauen diesen Verweiß hoͤren muͤssen: Du hast in deinen schuldigen Verehrungen mich verlassen/ nun will ich meinen bißhero dir geleisteten Beystand auch entzichen. Und also ists geschehen: zu- mahlen selbiger Geistliche erstlich ist abtrinnig worden; nachmals ist er nach Nuͤrnberg gereiset/ und hats ihm daselbst sehr uͤbel ergangen: und ob wohln er von dem Chrwuͤrdigen P. Conrado seinem Ordens-Mittgesellen zur Widerkehr freundlich eingeladen worden; so hat er doch den anerbotte- nen geistlichen Habit abermahl verworffen/ und ist also in der Verzweiff- lung armseliglich gestorben. Halte derhalben/ mein Christliche Seel/ hal- te Fuß beym Mahl/ bleibe in der Verehrung der heiligen GOttes be- staͤndig: und wann du eine Weiß die Heilige recht und fruchtbar zu ehren/ verlangest; siehe/ da hastu selbige folgenden Jnhalts/ dessen ich mich und andere nicht mit geringem Nutzen gebraucht haben. Kuͤrtzlicher Vnterricht von der stuͤndlichen Ver- ehrung der Allerseligsten Jungfrauen/ und der H. H. Patron en. D Je Weysen und Manieren/ die Mutter GOttes und die H. H. Patronen zu verehren/ und uns zu verbinden/ seynd mancherley. Diese Manier aber scheinet die nuͤtzligste und verdienstligste zu seyn/ vermoͤg deren wir durch eine stuͤndliche Anruffung/ uns und alle un- sere Wercke der glorwuͤrdigsten Himmels- Koͤnigin/ und einem sicheren Heiligen zu befehlen pflegen: welches auff diese Weiß geschehen kan. Erstlich falle mit einer kindlichen Affection und hoͤchster Demut zu den Fuͤssen dieser heiligen Jungfrauen nieder/ und bitte/ sie wolle dich grossen Suͤnder und armseligen Menschen zum Schoß ihrer Barmhertzigkeit/ und in die Zahl ihrer Schutz- Kinder muͤtterlich auff und annehmen/ und wolle dir von ihrem geliebten Sohn eine ernstliche und bestaͤndige Lieb ihrer selbst erwerben/ auff daß du hinfuͤhro nach verworffenen allen zer- gaͤnglichen Dingen/ mit gantzem Hertzen und Neigung/ und auß allen Kraͤfften/ nichts anderst gedencken moͤgest/ als JEsum und Mariam; U u u u nichts/ Die Vier und Fuͤntzigste Geistliche Lection nichts/ als JEsum und Mariam verlangest/ und keinen andern/ als die- sen beyden Lieben gefallen wollest. Bitte auch/ daß selbige fortan/ als ein treue Mutter uͤber dich Sorg trage: dich im Leben und im Todt fuͤr den boͤ- fen Nachstellungen deß leidigen Sathans beschuͤtze; und daß du alle deine Wercke zu dero hoͤchster Ehren richten/ auch auff deinen GOtt und Mariam immer und allzeit bedacht/ denen Beyden verbunden leben und sterben moͤ- gest. Dieses alles obschon du mehr mit dem Hertzen/ als mit den Lefftzen vor- bringen sollest; so kanstu doch nach deinem Gutachten vor einem andaͤchtigen Bildnuß der Allerseligsten Jungfrauen auff deine Knie mederfallen/ und mit aller moͤglichen Affection und Eiffer dieses folgende Gebett sprechen: O glorwuͤrdigste Koͤnigin Himmels und der Erden/ Allerheiligste Jung- frau Maria/ ein Mutter aller trostlosen/ und nechst GOtt unsere eintzige Hoffnung! Jch grosser Suͤnder und verwuͤrffliche Creatur/ falle mit aller Demut zu deinen allerheiligsten Fuͤssen nieder/ beichte und bekenne mit seuff- tzenden und weinendem Hertzen/ daß ich biß auff gegenwaͤrtige Stund deinem gebenedeytesten Sohn und dir/ nicht so eifferig und fleissig gedienet habe/ wie sichs geziemet hat: sondern daß ich deine heilige Einsprechungen wenig ge- achtet/ dem Zeitlichen zu viel angeklebet habe/ und die Person eines ungluͤckseli- gen Welt- Dieners vertretten habe. Nun aber komm ich zu dir als ein ver- lohrner Sohn wiederumb; und erwaͤhle dich abermahl zu meiner gnaͤdigsten Herrscherin/ Patronin und Fůrsprecherin/ und nehme mir vestiglich vor/ dich niemahl zu verlassen/ und hinfuͤhro nichts zu reden und nichts zu thun/ was deinem allerheiligsten Willen im geringsten zu wider ist; sondern/ daß ich mich immer und allzeit befleissen wolle/ damit deines Ge- liebten Sohns und deine Ehr/ so wohl an mir als andern meisterlich befoͤr- dert werde. Eroͤffne mir dann/ O Maria/ den Schoß deiner Barmhertzig- keit/ den du allen Suͤndern/ so zu dir fliehen/ holdseliglich anerbietest: und ob ich schon nicht wuͤrdig bin/ unter die Zahl deiner Schutz - Kinder gezehlet zu werden; so nehme mich dannoch an zu denselbigen/ und verguͤnstige mir/ mein werteste Mutter/ daß ich naͤchst GOtt/ zumahlen dein/ und du mein seyest/ O meine Herrscherin/ meine Helfferin und Koͤnigin/ Amen. Also bette/ wann du die Allerseligste Jungfrau erstlich zu deiner Mutter und Patronin erwehlest. Wann du sonsten derselben dich und deine Werck empfehlen wilst/ so spreche wie folgt: O gnaͤdigste Frau/ und allerheiligste Mutter GOttes Maria, \&c. wie du nachmahlen in dem Morgen-Gebett am 727. Blat finden wirst. Auff solche oder dergleichen Weiß befehle dich und deinen Handel und Wandel deiner Himmels-Koͤnigin taͤglich; so du nicht Von Verehrung der Heiligen. nicht allein alle Stunden kuͤrtzlich/ sondern auch in allen deinen Noͤthen und Wercken erneueren sollest/ wie du gehoͤrt hast. Neben dieser Jungfrauen erwaͤhle dir noch vier und zwantzig andere Pa- tronen oder Patroninnen/ zu denen du fuͤr andern eine mehrere und sonder- bahre Andacht empfindest; oder die du vermeinest/ daß bey GOtt die groͤste Verdiensten haben/ oder mit denen Tugenten am meisten geleuchtet haben; die du weist/ daß du fuͤr andern noͤthig habest. Diese vertheile in vier und zwantzig Stunden/ daß also einer jeden Stund ein sicher Patron oder Pa- tronin zugeeignet werde. Geb aber Achtung/ daß du zu jeder Stund einen solchen Fuͤrsprecher setzest/ der sich zur Ubung derselben Stunde am besten schicket. Das ist/ daß du/ Exempel weiß/ der Stund deß Stillschwei- gens einen solchen zueignest/ welcher dieser Tugent halben sonderbahr gelobt wird. Der Stund der Mahlzeit einen andern/ so fuͤr andern dein Fasten ist ergeben gewesen. Der Stund zum Betten einen andern/ so zum mei- sten und eifferigsten Zeit seines Lebens gebettet hatt. Der S tund/ an wel- cher du/ fuͤr oder zur Mitternacht/ oder deß Morgens den S chlaff brechen must/ den jenigen/ so man wegen deß vielen Wachens lobet. Und so fort an. Du must aber derohalben die vornemsten Heiligen deines Ordens nit vor- beygehen/ oder auch die jenige/ deren Nahm du im Tauff oder Firmung/ oder im geistlichen S tand bekommen hast; oder deneu du anderwaͤrtiglich verbunden bist: zumahlen du auß denenselben solche finden wirst/ welche in Jnbrunst und Eyffer deß Geists/ in der Enthaltung/ im Wachen/ in der Liebe zu der Allerseligsten Jungfrauen/ und andern dir nothwendigen Tu- genten geleuchtet haben; und derhalben sollestu selbige zu deinen Patronen erwaͤhlen. Eben selbiges muß auch verstanden werden vom heiligen S chutz-Engel/ welchem als deinem von GOtt gestelten Behuͤter nach der Allerseligsten Jungfrauen/ unter deinen Patronen der erste Platz gebuͤhret. Wann du nun alsolche Erwaͤhlung und Außtheilung ge- macht hast/ so opffere demselben dich zu einem ewigen S chutz- Kind/ und bitte/ sie wollen uͤber dich bey GOTT treuliche S org tragen/ und dir in allen Noͤthen beystehen/ damit du auß den Gefahren dieses Lebens errettet werdest/ deinem GOTT besser und vollkommentlicher dienen/ deroselben heilige Fuß- S ta- pffen moͤglichst einzutretten/ und also zu den immerwaͤhrenden U u u u 2 himm- Die Vier und Fuͤntzigste Geistliche Lection himmlischen Freuden zu gelangen/ moͤgest gewuͤrdiget werden. Dieses alles kanstu durch folgendes Gebett verrichten. O ihr Seelige Einwohner deß himmlischen Vatterlands! Jhr getreue- ste Fuͤrsprecher unser armseligen Menschen bey GOtt! die ihr die Gefahren dieser Welt vormahlen geschmeckt habt/ und derhalben wohl wisset/ mit was vor betrieglichen Nachstellungen das Fleisch/ die Welt und der Teuf- fel von dem Weeg deß ewigen Heyls uns suchen abwendig zu machen: schla- get doch euere Augen auff mich grossen Suͤnder/ der ich in denselben Gefah- ren schwebe/ und dahero zu euch meine Zuflucht nehme. Wendet doch/ meine glorwuͤrdige Patronen und Patroninnen/ das Ubel von mir ab/ daß ihr bey euerem zeitlichen Leben von euch abzukehren gebettet habt; auff daß ihr euere angefangene Pilgerfart gluͤcklich fortsetzen moͤgtet. Erwerbet mir den jenigen Schutz/ welchen ihr ebenfals fuͤr euch von obenherab begehrt habt. Jch bin zwarn ein sehr veraͤchtlicher Staub der Erden/ und zumah- len unwuͤrdig/ daß ich euch/ als die allerseeligste Erben der himmlischen Glory fuͤr meine Beschirmer ersuche: ich weiß aber/ daß ihr auch unser Heyl mit uns so sehr verlanget/ daß ihr euch erfreuet uͤber einen Suͤnder/ der da Buß thut: derhalben opffere und verbinde ich mich mit aller moͤglig- sten hertzlichen Affection zu euerem ewigen Schutz- Kind. Habt ihr doch/ meine allerliebste Fuͤrsprecher/ meiner von nun an getreue Achtung; bringet euerem und meinem GOtt meine grosse Noͤthen und Armseligkeiten vor: richtet zu dessen Ehr alle meine Gedancktn/ Wort und Wercke: stehet mir im Leben und im Todt treulich bey; damit ich euere heilige Fuß-Stapffen bestaͤndiglich eintrette/ und also biß zum letzten Athem meines Lebens verblei- be ein getreuester Diener JEsu und Mariaͤ; und daß ich derselben Glory so wohl an mir/ als an andern mit hoͤchstem Fleiß befoͤrdern/ und schließlich mit ihnen und euch mich in alle Ewigkeit erfreuen moͤge/ Amen. Dieses Gebett solstu sprechen/ wann du deinen Patron zum ersten erwaͤh- lest/ oder auch in den fuͤrnehmsten Festaͤgen deß Jahrs/ an welchen du dei- ne Erwaͤhlung erneuerest. Sonsten kanstu dich denselben anbefehlen durch das Gebett. O meine H. H. Patronen/ die ich mir sonder- bar außerwaͤhlet hab/ \&c. So du am 734. Blat finden wirst. Also befehle dich deinen H. H. Patronen und Patroninnen taͤglich ins gemein: einen jeden aber absonderlich kanstu anruffen nach der stuͤndlichen Außthei- lung/ und auff die Manier wie folgt: Weiß Von Verehrung der Heiligen. Weiß und Manier die allerseligste Jungfrau und die H. H. Patronen zu allen Stunden anzuruffen. W Ann du nach der besagten Manier die Erwaͤhlung und Außtheilung der Patronen gemacht hast; so schreibe sie alle und jede auffs Pa- pier nach der stuͤndlichen Ordnung: und halte eine Abschrifft die- ses Zettuls in deiner Zellen immer vor Augen/ so lang/ biß du selbigen auß- wendig wissest: die andere Abschrifft aber trage allzeit bey dir/ wo du immer bist/ damit du so offt die Uhr schlagt/ schen koͤnnest/ was fuͤr ein Patron dersel- ben Stunde zugeeignet seye: du kanst auch zu Vermehrung der Andacht und deß Verdiensts/ in selbigen Zettul schreiben das Uhrwerck deß bittern Leydens Christi; daß ist/ die Geheimnuͤssen dieses allerheiligsten Leydens/ so folgen- der Gestalt/ in alle und jede Stunden vertheilet seynd. Das Vhr-Werck Deß bittern Leydens Christl. Deß Abends. Z Ur 6ten Stund waschet Jesus die Fuͤß seiner Juͤnger. Zur 7ten gibt er uns sich zu einer Speiß. Zur 8ten bettet er im Garten/ und schwitzet Blut. Zur 9ten wird er von den Juden ge- fangen. Zur 10. wird er zum Annas gefuͤhrt. Zur 11. wird er zum Caiphas gefuͤhrt. Zur Mitternacht. Zur 12ten Stund wird Jesus vor dem Hohen - Priester mit einem Ba- cken-Streich geschlagen. Zur 1. wird sein H. Angesicht bedeckt/ wird verspottet und geschlagen. Zur 2. wird er von Petro verlaͤugnet. Zur 3ten wird er faͤlschlich angeklagt. Zur 4ten wird er außgeruffen/ daß er deß Todts schuldig seye. Zur 5ten wird er gebunden zum Pilato gefuͤhrt. Zur 6ten wird er zum H erodes ge- schickt/ und verlachet. Zur 7ten wird ihm der Barrabas vor- gezogen. Zur 8. wird er mit Ruthen gestrichen. Zur 9. wird er mit Doͤrnen gecroͤnet. Zur 10ten wird er von Pilato dem Volck vorgestellt. Zur 11ten wird ihm das schwere Creutz auffgeladen. Zum Mittag. Zur 12ten Stund wird Jesus zwischẽ zweyen Moͤrdern gecreutziget. Zur 1ten redet er seine schmertzhaffte Mutter an. Zur 2ten wird er im Durst/ mit Gall und Cssig getraͤnckt. U u u u 3 Zur Die Vier und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Zur 3ten stirbt er am Creutz. Zur 4ten wird er vom Creutz in den Schoß seiner Mutter gelegt. Zur 5ten Stund wird er begraben. N Achdem nun dieses alles auffgezeichnet hast/ so richte ein deine stuͤnd- liche Andacht zur Mutter Gottes und deinen H. H. Patronen auff solche Weiß. So offt du hoͤrest die Uhr schlagen/ so nehme deinen Zettel/ und sehe zu/ was du fuͤr einen Patronen/ und was fuͤr ein Geheimnuͤß deß Leydens selbiger Stund zugeeignet habest: alsdan mache mit dem Dau- men ein Creutz uͤber dein Hertz/ und spreche andaͤchtiglich/ und wanns gesche- hen kan/ mit gebogenen Knien den Engellischen Gruß: und wann du kom- men bist zu denen Worten: Gebenedeyet seye die Frucht deines Leibs: so setze hinzu das Geheimnuͤß/ welches zu solcher Stund gesetzet ist: alsdann fahre wiederumb fort: und wann du kommen bist an diese Wort: Muttes Gottes bitt: setze hinzu: mit dem Heiligen N. und spre- che auß den Patronen derselben Stund: und beschliesse dieses Gebettlein mit den gewoͤhnlichen Worten: Gebe aber Achtung/ daß/ wann du diese Wort sprechest: Jetzt/ und in der Stund unseres Todts: Durch das Woͤrtlein: Jetzt: muͤssest verstehen alle deine Wercke und Noͤthen dersel- ben gantzen Stunde; nicht allein fuͤr selbigen Tag/ an dem du bettest; sondern fuͤr alle Tage deines Lebens/ an welchem selbige Stund widerkommet: als woltest du sagen: heilige Maria Mutter Gottes/ habe du mit dem Heil. N. mich diese Stund anbefohlen; auff daß/ so offt die Tage meines Lebens diese Stund wird wieder kommen; du dieses meines Gebetts wollest einge- denck seyn/ und mich als dann von aller Widerwaͤrtigkeit deß Leibs und der Seelen/ mit diesem Heiligen beschuͤtzen/ und deinem gebenedeyten Sohn empfehlen. S O must du dann in dieser Ubung darfuͤr halten/ daß/ wann du dir die Heilige zu Patronen erwaͤhlest/ und in Stunden vertheilest/ wie o- ben gemeldet: daß/ sag ich/ du als dann einem jeden von ihnen gleich- samb eine gewisse Stund anweisest: also/ daß der jenige/ den du setzest/ Exem- pelweiß/ umb 5. Uhren Vormittags/ darfuͤr angesehen werde/ daß er zu dem End erwaͤhlet seye/ daß er dich alle Tage/ umb dieselbige Stund beschuͤtze/ und sich deiner sonderlich annehme. Dahero must du dich huͤten/ daß du die Ordnung derselben nicht verkehrest/ also/ daß ein jeder eine sichere bestimbte Stund habe so lang du lebest. Auß diesem kanst du/ mein Christliche Seel zum theil schliessen/ wie nuͤtzlich und fruchtbar diese Ubung seye: zumahlen du auff solche Weiß immerwaͤhrende Fuͤrsprecher und Patronen bey GOTT Von Verehrung der Heiligen. GOTT hast/ welche dir das jenige unfehlbar erlangen werden/ was zu dei- ner Seelen Heyl dir ersprießlich ist: dergestalt/ daß/ ob du essest oder ar- beitest/ wachest oder schlaffest/ oder was du immer thuest/ allzeit einige auß der Zahl der Außerwaͤhlten habest/ so fuͤr dich wachen/ wann du schon nicht wachest: fuͤr dich betten/ wann du schon nicht bettest/ und dich bewahren/ und von denen Ubeln erretten/ darfuͤr du dich nicht huͤtest: dann sie seynd sehr treu/ und nehmen sich unserer Wohlfart mehr an/ als wir selbst: sie ken- nen unsere Schwachheit/ und derhalben seynd sie uns gern behuͤlfflich: sie wissen unsere Gefahren und heimliche Nachstellungen deß leidigen S atans; dahero bewahren sie uns mit aller S orgfalt: ihnen seynd kundbar die Mit- tel/ deren wir beduͤrfftig seynd zu Erhaltung deß ewigen Lebens; darumb unterstehen sie sich/ dieselbe uns von GOTT zu erlangen. G Edenck derhalben nun/ wie grosses Gut dir durch solche Vereh- zung zuwachsen koͤnne/ und wie billig es seye/ daß du umb die Gunst deiner Patronen zu erwerben/ einen jeden an seiner zugeeigneten S tunde durch ein Avc Maria auff die vorgeschriebene Weiß anruffest. Damtt du aber auch zugleich in Erfahrung kommest/ wie grosser Verdienst bey solchen Englischen Gruͤssen seye: so wisse du/ daß in selbigemdrey Ding begriffen werden: nemblich die Verehrung deß bittern Leydens CHRJSTJ; die Anruffung der Allerseeligsten Jungfrawen und die Anruffung der H. H. Patronen: Wie verdienstlich aber diese drey Ding seynd/ kanstu auß folgendem abnehmen. Die ehrwuͤrdige Jungfraw Anna à S. Bartholomæo Carmelit er Ordens/ welche von GOTT viele Geheimnuͤß erlernet hat/ pflegte vom Leyden CHRJSTJ zu sagen/ daß die Betrachtung desselben so kraͤfftig seye; daß/ wann einer nur einmahl im Tag mit Andacht der jenigen Schmertzen/ so CHristus fuͤr uns gelitten hat/ gedencken wolle/ er dardurch allein die ewige Seeligkeit und andere grosse Gnaden von GOTT erlangen koͤnne. Ein mehrers wirst du finden in der Lection von der Betrachtung deß bittern Leydens Christi fol. 481. Wann nun so grossen Nutzen bringt/ daß man nur taͤglich einmahl an das Leyden Christi mit Andacht gedencket/ was grosse Freuden hat man dann nicht zu hoffen/ wann man sothanes Geheimnuͤß andaͤchtiglich alle Stunden/ ja so gar das gantze Leyden taͤglich verehret? D Er andere Nutzen/ so auch sehr groß ist/ kombt dir auß der stuͤndli- chen Anruffung der Mutter Gottes durch den Engellischen Gruß. dann erstlich/ so viel die blose Anruffung selbst der Allerseeligsten Jungfrauen belangt/ ist selbige in sich so fruchtbar/ daß bißhero auß den wah- ren Schutz- Kindern Mariaͤ keiner gefunden worden/ welcher neben dem unvergleich- Die Vier und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection unvergleichlichen himmlischen Lohn/ nicht auch auff dieser Welt ei- nige extraordinari und zu Zeiten sehr wunderbahre und ungemeine Gnaden/ wegen der Kindlichen Verehrung erlanget habe/ ja so gar auß den allerboͤßhafftigsten Suͤndern seynd viele wegen einer gar geringen Ver- ehrung/ wunderbahrlicher Weiß bekchret worden/ und mit vielen Gnaden von GOtt/ vermittelst dieser allerheiligsten Jungfrauen bereichet worden/ wie du in der vorhergehender Lection gelesen hast. So viel aber die Weiß und Manier selbsten dieser stuͤndlichen Vereh- rung/ daß ist/ den Engellischen Gruß betrifft; hat selbige wiederumb einen unschaͤtzbahren neuen Verdienst zu den vorigen: sintemahlen der gebenedey- ten Mutter nichts angenehmers widerfahren kan/ als wann sie durch diesen Engellischen Gruß begruͤsset wird; wie auß den Offenbahrungen der L. 4. c. 12. heiligen Mechtildis zu sehen ist: Dieser Jungfrauen ist die Himmels-Koͤ- nigin einsmahls erschienen/ und hat den Engellischen Gruß mit guͤldenen Buchstaben auff der Brust geschrieben getragen/ und gesagt/ daß die Men- schen sich selbsten sehr betriegen/ welche diesen Gruß vernachlaͤssigen/ und an statt dessen sie mit andern Gebetten verehreten/ die sie selbsten machen/ und vermeinen/ selbige seyen besser/ als der Engellische Gruß: da ihr doch kein angenehmeres und nuͤtzlicheres Gebett von ihren Schutz-Kindern koͤnne geopffert werden/ als das Ave Maria, und dieses scheinet/ daß die allerseligste Jungfrau in der That hat zeigen wollen/ indem sie so ungemeine grosse Gna- den ihren Verehreren geleistet/ von denen sie mit diesem Gruß oͤffters und andaͤchtiglich ist begruͤsset worden. Dann/ viele andere zu verschweigen; da einer einsmahls mit zweyen Ge- fellen unter die Moͤrder gerathen ware/ und selbige schon ermordet waren/ begehrte dieser letztere/ sie moͤchten ihm doch erlauben/ daß er die Cron von der Mutter GOTTES noch einmahl vor seinem Todt betten moͤchte: da selbiges die Moͤrder/ jedoch ungern/ gestattet/ und der gute Wanders- Mann seine Cron mit grossem Eyffer zu betten angefangen/ siehe da kombt die glorwuͤrdige Jungfraw sambt der heiligen Catharina und Lucia/ als des- sen sonderbahren Patroninnen daher: und indem nach einem jeden Ave Maria auß desselben Mund eine weisse Rose/ nach jedem Vatter unser/ aber eine rothe Roß hervor kombt/ samblet die heilige Catharina diese alle/ und gibt sie der heiligen Luciaͤ/ umb eine Cron darauß zu machen/ welche die gebenedeyte Mutter endlich nach vollendetem Gebett diesem ihrem Schutz - Kind hat auffgesetzt/ und ist verschwunden: da dieses die Moͤr- der Von Verehrung der Heiligen der gesehen/ haben sie sich entsetzet/ den Wanders-Mann freygelassen/ und haben nicht allein ihr Leben gebessert/ sondern haben sich auch dem Schutz der Mutter GOttes untergeben. Einsmahls da die heilige Gertrudis zu Ehren der Geburt Mariaͤ hun- dert und fuͤnfftzigmahl das Ave Maria bettete/ mit dem Ersuchen/ daß ihr die Allerseeligste Junfrau im Todt beystehen wolle/ hoͤrt sie von sel- biger diese troͤstliche Antwort/ daß sie nemblich bey ihr im Sterben unfehl- bar seyn wolle/ und ihr zur Vergeltung dieser Andacht/ so viele Gnaden mitbringen/ als viele Wort sie in denen hundert und fuͤnfftzig Ave Maria außgesprochen habe. O grosse Gewalt! O grosse Krafft dieses so kurtzen Gebettlein/ fuͤr dessen alle Wort auch in diesem Leben ein sonderba- re Gnad ertheilet wird! Uberlege dieses wohl/ mein Christliche Seel/ und sehe/ was grossen Nutzen auch du zu hoffen habest/ wann du zu jeder Stun- de/ deinen Englischen Gruß/ auff vorgemeldte Weiß andaͤchtiglich spre- chen wirst. Nun will ich dir noch ein oder anderes Exempel hinzusetzen/ auff daß du die Fruͤchten dieses Grusses besser erkennen moͤgest. Ein Cistercienser Ley-Bruder hatte so schlechte Gedaͤchtnuß/ daß er nichts behalten konte/ als diese Wort auß dem Englischen Gruß: Ge- grůsset seyestu Maria/ voller Gnaden. Diese widerholte er fuͤnffhundertmal im Tag. Wie sehr aber dieses der Mutter deß Herrn gefallen habe/ hat man darauß mercken koͤnnen; daß nach dessen Todt ein lieblicher Baum auß seinem Grab erwachsen/ auff dessen Blaͤttern diese vorbenennte Wort mit guldenen Buchstaben zu sehen gewesen. Jmgleichen da die hei- lige Jungfrau Gertrudis einsmals fuͤr Schwachheit deß Leibs/ die gewoͤhn- liche Chron der Mutter GOttes nicht betten konte; sprach sie zu jedem Koͤrnlein nur diese zwey Wort: Ave Maria. Welches der Allerseligsten Jungfrauen dermassen gefallen hat/ daß sie in eigener Person bekennet; dieser/ obwohl geringe Dienst/ seye ihr sehr angenehm gewesen: urkund dessen/ hat sie selbiger eine sehr schoͤne Kron von Rosen geschenckt; krafft deren suͤssem und kostbahren Geruch sie ihre vorige Gesundheit wiederumb erlangen koͤnnte. Mach dir nun das Facit/ mein Christliche Seel; wann ein solches vermoͤgen zwey Wort; was werden dann nicht vermoͤgen so viele/ alle Stun- den/ auff so herrliche Weiß und Manier gesprochene Englische Gruͤsse? Ein GOTT verlobte Jungfrau ist wegen schwaͤrer Kranckheit viele Jahr lang Bett- laͤgerig gewesen; und hat so grosse Schmertzen ge- litten/ daß sich ein jeder uͤber selbige erbarmet hat: endlich ist sie den Schmertzen sambt dem Leben zugleich entgangen. Nach einigen wenig X x x x Ta- Die Vier und Fuͤntzigste Geistliche Lection Tagen ist sie gantz herrlich erschienen/ und hat gesagt/ daß sie von Mund auff gen Himmel gefahren seye in Ansehung der grossen Schmertzen/ die sie so viele Jahren mit Gedult außgestanden. Auch hat sie hinzu gesetzt/ daß sie im Himmel solche Freuden geniesse/ sonderbahr wegen Verehrung dẽr Mutter GOttes; daß/ wann GOtt ihr nur so vieẽl Zeit geben wolte/ daß sie ein eintziges Ave Maria sprechen koͤnte; sie bereit waͤre/ alle vorige Schmertzen auffs neu zu leiden: dieweilen/ sagt sie/ der Lohn fuͤr ein ein- tziges Andaͤchtiges Ave Maria im Himmel so groß ist/ daß man diese und alle andere Schmertzen umb denselben gern außstehen solte. Mach dir selbst nun die Rechnung; was du in dieser Kauffmanschafft gewinnen koͤnnest. Das dritte/ so in dieser Ubung begriffen wird/ ist die stuͤndliche Anruffung der H. H. Patronen. Vom vielfaͤltigen Nutzen dieser Ubung ist schon o- ben gemeldet worden: daß du nemblich vermoͤg derselben Anruffung/ alle Stunden habest einen treuen und sehr gewaltigen Fuͤrsprecher bey GOtt/ der das Heyl deiner Seelen beobachte; dich von den Gefahren und Ver- suchungen der Welt/ deß Teuffels und deß Fleisches errette: durch gute Einsprechungen zum Fortgang glimpfflich antreibe: zu Erlangung der Goͤttlichen Gnaden dir behuͤlfflich seye: zu einem seligen Todt dich gluͤcklich einrichte/ und endlich in dieser letzten Noth dir treulich beystehe; damit du dei- ner Feinden Stricke entgehen/ und also der himmlischen Freuden theilhafftig werdest. Jsts uns nicht allen umb ein gutes End zu thun? Was ist aber gluͤckseliger/ als eben dergestalt im Leben und Todt versehen zu werden? und zwarn von solchen/ denen alles moͤglich ist; welche allen guͤnstig seynd/ und alle Lieb allen gern erweisen? Es hat sich fuͤrwahr eine Seel unter so herr- lichem Schutz und Schirm nicht zu foͤrchten: dieweilen der Feind herzu zu- nahen sich nicht getrauet; oder wann er schon hinzu kombt/ doch nicht scha- den kan. Und wann endlich der unversehene Todt dich uͤberfallen/ und dich aller deiner Sinn berauben solte; daß du nach deinem Wunsch zu GOTT dich nicht wenden koͤntest; so wuͤrdestu doch andere haben/ so deine P latz in solchem Fall bey deinem GOtt vertretten wuͤrden: zumahlen alle deine Pa- tronen/ sonderbahr aber der jenige/ dem deine Sterb-Stund ist zugeeignet worden/ mit der Allerseeligsten Jungfrauen fuͤr dich bey dem Richter umb ein seliges End anhalten wuͤrden. Sehe derhalbẽ/ wie grosse Gnadẽ und Nutzen ein eintziger Englischer Gruß/ der auff die vorgeschriebene Weiß gesprochen wird/ dir bringen koͤnne. Ver- wundere dich anjetzo nicht/ daß so viele fromme Seelen gefunden werden/ so da in Anschung deß grossen Verdienst/ zum Schlag der Uhren allzeit mit ent- decktem Haupt/ ein Creutz uͤber das Hertz machen/ und ihr Ave Maria an- daͤchtig- Von Verehrung der Heiligen. daͤchtiglich sprechen/ nicht nur/ wann sie allein seynd/ sondern auch/ in Ge- genwart anderer/ welches dann sehr loͤblich und aufferbaulich ist. Und ob wohln wenige/ auß Mangel der Wissenschafft/ diese unser vor gesetzte Ma- nier im Brauch haben werden; so wuͤrden sie doch derselben sich embsiglich befleissen/ wann ihnen selbige wuͤrde kundbar werden. Du aber/ mein Christliche Seel/ die du weist die schoͤne Manier/ und herr- lichen Nutzen dieser Andacht/ aber nicht weist/ wie lange Zeit du noch zu leben habest; bringe deine Sachen in Sicherheit/ und begeb dich zu dieser Andacht/ so viel dir moͤglich ist; auff daß du mit deiner hoͤchsten Freude/ einsmals in der That geniessen moͤgest deß unbeschreiblichen Nutzen/ der auß dieser An- dacht erwachset. O wie gernsolte einer umb hundert Ducaten/ ein Ave Ma-. ria diese Stund/ auff besagte Weiß andaͤchtiglich betten! was seynd aber hundert/ und auch hundert tausent Ducaten in Ansehung deß uͤberreichen Ver- dienst/ den du auß sothaner Andacht alle Stunden erschoͤpffen kanst? Seye derhalben danckbar deinem GOtt/ der dich erschaffen; seye danckbar dem/ der dich mit seinem Blut erloͤset hat; seye danckbar deiner Mutter/ so dich zu ihrem Sohn hat auffgenommen; seye danckbar deinen Patronen/ deren Schutz du dich empfohlen hast: befleisse dich denselben zu ehren/ und deiner Seelen zum Besten/ diese stuͤndliche Ubung an dir zu bewerckstelligen/ und an andern zu befuͤrdern. Solte es dir nun moͤglich seyn zu allen und jeden Stunden diese GOtt- gefaͤllige Andacht zu beobachten/ so entdecke auffs wenigst das Haupt/ wann die Uhr schlagt; mache ein Creutz uͤber dein Hertz/ und erhebe/ so viel du kanst/ dein Hertz zu GOtt/ und deinen H. H. Patronen/ biß du das uͤbrige zu ver- richten/ besser Gelegenheit hast. Du kanst auch wohl der Uhren vorkommen/ wann du nemblich vorsehest/ daß du zu selbiger Stund werdest verhindert werden. Auch/ weilen du bey naͤchtlicher weil/ mit dem gottseligen Alphonso Rodriquez einem Ley-Bruder auß der Societet JEsu/ zu allen Stunden vil- leicht nit kanst erwachen; so thue stu wohl/ daß selbiges deß Abends verrichtest/ also/ daß du zu der letzten Uhr/ die du schlagen hoͤrest/ alle Geheimnuß deß Ley- den Christi in ein Ave Maria verfassest sambt allen Patronen/ welche in der Nacht vorfallen wuͤrden biß zu der Stunde/ an der du wiederumb auff stehest. Wann du doch unterdessen bey naͤchtlicher Weil die Uhr schlagen hoͤrest; kans du gleichwohl dein gewoͤhnliche Andacht halten. Jmgleichen auch/ wann du oder durch Nachlaͤssigkeit/ oder einige Ver- hinderung diesen Englischen Gruß verabsaumet hast/ so kanstu den Mangel an folgender Stund wiederumb ersetzen/ und dem folgenden Ave Maria nicht allein das Gegenwaͤrtige/ sondern auch das Auß- X x x x 2 gelas- Die Vier und Fuͤntzigste Geistliche Lection gelassene hinzusetzen. S elbiges ist auch von den Patronen zu verstehen. Zum S chluß dieses mercke/ daß einige eifferige S eelen zu mehrer Andacht/ vor einem jeden Ave Maria den ersten Theil deß andaͤchtigen Lob- S pruchs: Maria Mutter der Gnaden/ \&c. pflegen zu sprechen. Und nach dem Gruß pflegen selbige auch wohl ein kurtzes S choß-Gebettlein der Lie- be/ oder Danckbarkeit fuͤr die Menschwerdung Christi oder andere Wohl- thaten hinzu zu setzen: als zum Exempel: Tausent und tausent- mahl seye gelobt und gebenedeyt die Stund/ an welcher mein Heyland und Seligmacher im Jungfraͤulichen Leib seiner Mutter ist empfangen worden/ mich armseligen Menschen zu erloͤsen. Oder auch kanstu eine Reu und Leyd uͤber deine Suͤnden erwecken/ als nemblich: Mein hoͤchster GOtt und HErr/ mir ist von Hertzen leyd/ daß ich dich jemahlen beleidigt habe; und daß derhalben/ weilen du bist/ der du bist: weilen du Mein GOtt und HErr bist/ und einer unendlichen Lieb und Ehren würdig: Jch nehme mir nun vestiglich vor/ nicht mehr zu sündigen. Weiters kanstu in die- sem Fall thun/ was dir der H. Geist wird eingeben. Weiß und Manier die Allerseligste Jungfrau Und Die stuͤndliche Patronen zu verehren. B Jßhero hastu gehoͤrt/ mein Christliche Seel/ wann die glorwuͤrdige Mutter GOttes sambt den H. H. Patronen stuͤndlich sollen ange- ruffen werden: nun hoͤre auch wie selbige sollen verchret werden. Dieweilen dann auß dem/ so vorhergangen/ gnugsamb erhellet/ daß auß dem Fuͤrsprechen derselben ein herrlicher Nutzen erwachse; so ist recht und billig/ daß wir ihnen fuͤr so Heyl-bringende Sorgen die schuldige Ehr erweisen. Die Manieren aber/ selbigem gebuͤhrend nachzukommen/ seynd mancherley: auß denen allen ich dir nur diese eintzige hervor bringe/ so da mit der obbesagten stuͤndlichen Anruffung einige Gemeinschfft hat/ und zu der gewoͤhnlichen Ubung sich am besten schicket. Zum Von Verehrung der Heiligen. Zum ersten dann mache dir eine Lytanie deiner H H. Patronen solcher Gestalt. Erstlich setze dreymahl Kyrie eleison, mit dem/ Christe/ hoͤre uns/ und dem folgenden/ wie du in der lauretanischen Lytanie schen kanst; biß zu dem Versicul. H. Dreyfaltigkeit einiger GOtt einschließ- lich: und an statt der Antwort: Erbarm dich unser: spreche: Erbarm dich meiner: Darnach fange an von der allerseeligsten Mutter GOttes/ als deiner allersonderlichsten Fuͤrsprecherin/ der du nechst Gott zum hoͤchsten verbunden bist; ruffe sie an mit dreyfachigem Titul/ und spreche also: Heyl. Maria/ heilige Gottes Gebaͤhrerin/ heilige Jungfrau der Jungfranen: Und also uͤberall diese Antwort: Bitt für mich arm- seligen Sůnder. Nachmahlen komme zu deinen andern Patronen/ und richte selbige nach der Ordnung der Buchstaben/ oder das A. B. C. also/ daß du erstlich die Patronen/ und nachmahlen die Patroninnen setzest; und so offe einen von selbigen anruffest/ spreche also: Bitt für mich armseligen Sůnder. Nachdem du nun alle genennet hast/ so spreche letztlich: Alle ihr meine H. H. Patronen und Patroninnen/ bittet fůr mich armseligen Sünder. Diese Lytanie beschliesse endlich mit einem drey- fachen O du Lamb Gottes ꝛc. wie braͤuchlich ist/ und setze hinzu das Gebettlein: O ihr meine H. H. Patronen/ von mir sonderbahr erwaͤhlet ꝛc. Diese Lytante bette taͤglich/ wann nicht mit außgespannten Armen/ wie die eifferige Schutz-Kinder pflegen zu thun/ auffs wenigst doch mit moͤglicher Andacht: und wann zu zeiten andaͤchtiger sagen wilst/ so bette selbige derge- stalt/ daß du zur Außsprechung eines jeden Heiligen/ dich gar kuͤrtzlich erinne- rest/ was fuͤr eine sonderbahre Tugend dieser Heiliger/ oder Heilige an sich gehabt haben; und nach sothaner Erinnerung begehre von selbigẽ/ daß dir doch die jenige Tugend von GOtt erlangen wolle: Jmgleichen auch/ wann du ei- ne sonderliche Beschwaͤrnuß finden soltest in Außreutung eines Lasters/ oder boͤsen Gewonheit; oder auch wann du eine Tugend dir zu erwerben verlan- gest/ so du nach Brauch deß Ordens/ diesen Monat oder Wochen zu uͤben/ dir hast vorgenommen: so gedencke nur kuͤrtzlich/ wann diese deine H. H. Pa- tronen in Erwerbung dieser oder jener Tugend/ oder Außreutung dieses oder jenes Lasters sich verhalten haben: welches du auß derselben Leben leichtlich wissen kanst; und nachdem du also nachgedacht/ und gefunden hast/ wie sorg- faͤltig und faͤrsichtiglich sich selbige darinn verhalten haben/ so ruffe sie durch die obgemeldte Lytanie an/ und bitte einen jeden absonderlich/ er wolle dir von Gott einen solchen Eyffer zu Außreutung dessen oder diesen Lasters/ oder zur Erweckung dieser oder jener Tugend erlangen/ mit dem er zeit seines Lebens X x x x 3 ist Die Vier und fuͤnfftzigste Geistliche Lection ist begabt gewesen: und zweiffle nichtdaran/ daß du durch dergleichen offt widerholte Anruffung uͤber die massen zunehmen werdest. Es waͤre auch sehr loͤblich/ wann du zum Anfang eines grossen und harten Wercks dich dieser Lytanie gebrauchtest: zumahlen gewiß ist/ daß eine Sach leichter gelinge/ und besser von statten gehe/ wann man so gewaltige Fuͤrspre- cher zu Huͤlff ruffet. Also ist auch sehr verdienstlich/ daß man zu den fuͤrnemb- sten Wercken der Andacht/ selbige Patronen einlade; auff daß sie nicht allein als Zeugẽ und Richter solcher Andacht; sondern auch als Mithelffer und Be- fuͤrderer beywohnen wollen. Wann du nemblich deine Geluͤbten wilst erneue- ren; und wann du dein Hertz deinem Gott und der allerseligsten Jungfrauen Mariaͤ durch eine absonderliche H. Communion/ oder andere geistliche Wid- mung auffopffern; oder eine neue Tugend zu uͤben wilst anfangen/ oder wann du gesinnet bist/ deine vorhin gemachte Vorsaͤtz zu er widrigen/ oder eine ande- re fuͤrnehme Andacht/ sie seye wie sie wolle/ zu wircken; nehme allzeit deine Zu- flucht zu deinen H. H. Patronen/ und bitte selbige durch die obgedachte Lyta- nie/ daß sie dir in deinem guten Vorhaben bey Gott durch ihre Fuͤrsprechung also wollen behuͤlfflich seyn/ damit du mit gewuͤnschtem Nutzen deiner See- len sothane Andacht verrichten moͤgest. Zum andern befleisse dich/ deine mehreste Wercke/ sonderlich die jenige/ so am laͤngsten dauren/ zu Ehren deiner H. H. Patronen auffzuopffern: welches da sehr leichtlich und saͤnfftlich geschehen kan/ wann du einem jeden Patronen einen oder andern Theil desselben Wercks zueignest auff solche Weiß: zum Exempel: wann du zu lesen oder zu schreiben hast/ kanst du deine Intention oder Meinung also formiren; daß du dir vornehmest; die erste drey Linien zu Ehren der allerheiligsten Dreyfaltigkeit: die fuͤnff folgende zu Ehren deß glor- wuͤrdigsten Nahmen JEsu; fuͤnff andere wiederumb zu Ehren deß H. Nah- men Mariaͤ: nochmahlen zu deinen H. H. Patronen kommest/ und einem je- den zu Ehren eine oder andere Linie lesest oder schreibest/ nach Ordnung der Buchstaben/ wie in der Lytanie gesetzet ist: also auch/ wann du auß deinem Closter oder Cellen gehest/ oder anderwaͤrts hinwanderst/ kanst du alle Schritt dergestalt außtheilen/ daß du erstlich eine sichere Zahl derselben opfferest der al- lerseligsten Jungfrauen: nachmalen die andere nach der obgesetzten Ordnung/ deinen H. H. Patronen: Jmgleichen/ wann auß Gehorsamb diese oder jene Arbeit zu verrichten hast/ kanst du auch nach deiner Gelegenheit und gutem Willen dich dieser Ubung gebrauchen. Krafft solcher Ubung/ verspreche ich dir/ daß du neben einem s e hr grossen Verdienst/ im Himmel zu empfangen/ vieler absonderlichen Wolthaten zu geniessen/ dich faͤhig machen werdest: dann alle Arbeit/ die sonsten schwaͤr zu seyn Von Verehrung der Heiligen. seyn scheinet/ und auff solche Weiß leicht und angenehm; und also verg e het aller Verdruß/ und innerlicher Unwill/ welcher bey den traͤgen Geistlichen zu Zeiten in den harten Arbeiten einzuschleichen pfleget. Auch wird gemeidet die gewoͤnliche Verstreuung deß Gemuͤths/ das uberfluͤssige Geschwetz/ und liederliche Unachtsamkeit/ welche sich denen Arbeiten/ nicht ohne merckliche Hindernuͤß der Vollkommenheit gemeinlich zugesellen. Ebenfalls wird ge- mehret der Eyffer zum Dienst GOttes/ der Geschmack zu den geistlichen Dingen/ und innerlieher Trost deß Hertzen/ wie du im Werck selbsten erfah- ren wirst. Du kanst auch diese Ubung dir noch fruchtbahrer machen/ wann du einen jeden Theil der Arbeit/ GOTT/ der allerseligsten Jungfrauen/ und deinen H. H. Patronen opfferest/ mit einer gewissen Intention oder Meinung/ von ihnen zum Exempel: eine Gnad/ oder eine Tugend/ so dir am noͤthigsten ist/ zu erlangen. Wann nun diese Arbeit oͤffters vorfallet/ kanst du deine Mei- nung also veraͤnderen: daß du an einem Tag dieselbige zu Erhaltung dieser oder jenen Tugend oder Gnaden: am andern Tag/ fuͤr andere Gnaden oder Tugenden zu erwerben auffopfferest/ und also fortan mit folgenden Tagen; oder dukanst einen Tag Gnad begehren fuͤr dich/ den folgenden fuͤr einen an- dern; oder kanst auff einen Tag von jedem H. Patronen eine absonderliche Gnad begehren/ deren du oder andere/ zur selben Zeit noͤthig haben. Also wann du auß Gehorsamb das Unkraut im Garten offtmahl außreutest/ kanst du zum erstenmahl eine solche Meinung machen/ und sagen: diese fuͤnff Wurtzeln will ich außreuten zu Ehren deß allerheiligsten Nahmen Jesu/ damit von sel- bigem erhalten moͤge eine vollkommene Lieb gegen diesen allersuͤssesten Nah- men; und daß ich mein Leben moͤge endigen in andaͤchtiger Verehrung und Anruffung desselben. Die folgende fuͤnff Wurtzeln will ich außziehen zu Eh- ren deß H. Nahmen Mariaͤ/ zu eben selbigem Ende. Die drey folgende/ zu Ehren meines H. Schuͤtz-Engels/ daß er sich meiner mit treuer Sorg an- nehme. Die andere zwey zu Ehren deß H. N. daß er mich fuͤr allen Gefah- ren Leibs und der Seelen bewahre/ zu der Stund/ an welcher ich ihn zum Pa- tronen gesetzt hab: und so fort von den andern. Ein andersmahl kanst du deine Intention machen/ und sagen: diese fuͤnff Unkrauts- Wurtzeln will ich von dannen nehmen zu Ehren der fuͤnff Wun- den CHRJSTJ/ damit ich mich einiges Weegs danckbahr erzeige: die folgende sieben zu Ehren der sieben Schmertzen Mariaͤ/ auff daß ich zum wenigsten etwas gnug thue fuͤr die Schmertzen/ so ich meiner gebenedeyten Mutter durch meine Suͤnden verursachet hab. Die Vier und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection hab. Die folgende drey/ zu Ehren deß Heil. Schutz-Engels/ zur Dancksa- gung aller geleisteten Wolthaten: die folgende zwey zu Chren deß Heil. N. zur Dancksagung der vornembsten Gnaden/ die mir selbiger von GOtt biß- hero erhalten hat: und also fort von andern nach der Ordnung der Lytanien. W Jederumb ein andersmahl kanst du also sprechen: diese meine saͤmbt- liche Arbeit opffere ich GOTT fuͤr die Bekehrung der Suͤnder/ fuͤrnemblich aber deren/ welche der Christ-Catholischen Kirchen zum meisten schaden/ oder fuͤr Errettung der Seelen auß dem Feeg-Feuer; und zwar sonderlich fuͤr die jenige/ denen ich fuͤr andern verbunden bin: oder umb Erhaltung der jenigen/ welche sich auff dieser Welt sonderlich befleissen/ die Ehr Gottes und Mariaͤ zu vermehren: oder ich opffere sie fuͤr das gemei- ne Wesen deß Ordens; daß Gott alle Bruͤder/ und sonderlich die Obrigkeit/ im wahren Eyffer der geistlichen Vollkommenheit erhalten/ und die jenige Laster von selbigen hinweg nehmen wolle/ in welche sie oͤffters fallen: oder zu Erhaltung dieser oder jenen sonderbahren Tugend/ so mir am noͤtigsten ist/ ꝛc. und damit ich meiner Bitt leichtlich gewaͤrtig werde/ so will ich zu Ehren der Mutter Gottes/ dreissig Wurtzeln Unkrauts außrupffen: zu Ehren meines H. Schutz-Engels zwoͤlff; und eines jeden Patronen zehen ꝛc. und das zwarn zu der Meinung/ daß selbige fuͤr mich bey GOTT anhalten/ und durch ihre Verdiensten mir erlangen sollen/ was ich begehre. A Uß diesem allem kanst du leichtlich abnehmen/ wie du auch andere Ar- beiten mit grossem Nutzen/ und zu Ehren der H. H. Patronen einrich- ten koͤnnest: ja so gar/ wann du in dieser Ubung bestaͤndiglich wirst fortfahren; wird deine eigene Andacht dich sattsamb unterweisen/ wie du dich in allen Faͤllen verhalten sollest. Z Um dritten/ damit du dir deine H. H. Patronen noch mehr verbindest/ so unterstehe dich/ zu allen Stunden/ eine sichere heroische Wirckung der Tugend oder Abtoͤdtung/ zu Ehren deines Patronen zu erwecken: dann es billig ist/ daß du auffs wenigst eine eintzige solche Wirckung uͤbest zu Eh- ren dessen/ der fuͤr dich die gantze Stund so treulich bittet: hierzu wird dirs nicht bald an der Gelegenheit ermangeln: zumahlen kaum eine Stund vor- bey gehet/ an welcher du/ oder deine unordentliche Begirden/ oder deine her- vor kommende Sinnligkeiten/ oder dich selbsten in einem oder andern nicht abtoͤdten koͤnnest: jaso gar kanst du gnugsame Ursach und Gelegenheit haben/ dich alle Stund in einer heroischen Tugend zu uͤben/ oder abzutoͤdten/ wann du dich nur zu jeder Stund erinnerest/ warumb du diesen Heiligen eben zum Patronen dieser Stund erwaͤhlet habest. Soltest du nun eine grosse Be schwaͤrnuß Von Verehrung der Heiligen. schwaͤrnuß finden in der Ubung einer absonderlichen Tugent/ oder in Auß- raͤutung eines Lasters allein; so kanstu selbige zum Mittel deiner Abtoͤdtung einige Tag lang gebrauchen: und/ so offt die Uhr schlagt/ nach gesprochenem Ave Maria, dir vornehmen/ daß du selbige Stund/ zu Ehren deines vor- fallenden Patronen/ dich sonderbahr enthalten wolleft/ von dieser oder jener Unvollkommenheit absonderlich/ oder dich uͤben in der oder der vorgenom- menen Tugent. Die begangene Fehler oder Nachlaͤssigkeiten an den Stunden kanstu an folgenden Stunden ersetzen/ und also eine doppelte Wirckung der Tugent erwecken. Hiervon kanstu theils in Verfolg dieser Materi/ theils auß andern geistlichen Buͤchern ein mehrers vornehmen. Und wird dir deine Andacht zu vielen andern Ubungen den Weeg zeigen/ wann du diese Verehrung der H. H. P atronen mit gebuͤrlichem Eyffer erhalten wirst. Die Weiß und Manier einen Patronen zu er- wehlen fuͤr den gantzen Tag. W Ann du dich/ mein Christliche Seel/ dessen allen erinnerest/ was bißhero von der stuͤndlichen Verehrung der H. H. Patronen gesagt ist/ so soltestu wohl villeicht urtheilen/ daß diese gegenwaͤrtige An- dacht uͤberfluͤssig seye. Dann/ weilen einer jeder Stund/ den Tag durch/ ein gewisser Patron ist zugeeignet; so soll man sagen/ seye es nicht vonnoͤ- then/ daß ein ander erwaͤhlet werde fuͤr den gantzen Tag: zumahlen man an platz eines/ wohl zwoͤlff derselbigen zehlet/ und auch so viele fuͤr die Nacht/ welche fuͤr uns wachen und betten. Dem seye nun/ wie ihm wolle: so ist doch derhalben diese Andacht nicht uͤberfluͤssig oder unnuͤtzltch / durch welche dir gerathen wird/ daß du neben den stuͤndlichen Patronen/ auch einen er- waͤhlest fuͤr den gantzen Tag: in dem diese Andacht meistens dahin zielet/ daß du deine stuͤndliche H. H. Patronen fleissig ehrest/ und gebest auffs we- nigst einmahl im Monat/ jedem einen gantzen Tag fuͤr dessen sonderliche Verehrung/ \&c. So bald du nun deß Morgens deine Patronen ins gemein hast angeruf- fen durch das Gebett: O mein H. H. Patronen/ \&c. so erwaͤhle einen auß denselben fuͤr einen Patronen deß gantzen Tags. Und damit du hierin gute Ordnung haltest/ so beobachte die Manier/ die in deiner Lytanie stehet/ also/ daß am ersten Tag den jenigen fuͤr einen Patronen nennest/ welcher nach dem Alphabet/ oder A. B. C. der erste gesetzt ist in derselben Lytanie: Y y y y deß Die Vier und Fuͤtzigste Geistliche Lection deß andern Tags den jenigen/ der zum zweyten gesetzt ist/ und so weiters. Und nachdem du auff solche Weiß biß zum letzten kommen bist/ so sange den fol- genden Tag abermahl vom ersten Patronen an/ wie du vorhin gethan hast; und diese Manier behalte allzeit; es sey dann/ daß der Festag eines oder andern von den Patronen gehalten werde: alsdan kanstu die gewoͤhnliche Ordnung fah- ren lassen/ und demselben Patronen den gantzen Tag zueignen. Deß an- dern Tags aber fahrest du wiederumb fort in deiner Ubung/ und fangest an wo du letzlich hast auffgehoͤret. Denselben aber/ den du solcher weiß fuͤr ei- nen Patronen deß Tags erkohren hast/ ruffe deß Morgens an durch dieses Gebett: O mein heiliger und sehr werther Patron/ \&c. wie du finden wirst in den Morgens-Gebetten am 727. Blat. So viel die Verehrung deß heil. Patronen anlangt/ welcher zum Patronen deß gantzen Tags erwaͤhlt ist; ob du schon viel auß den geistlichen Buͤchlein zu diesem End nehmen koͤnnest: so unterstehe dich doch fleissig zu beobachten/ was folgt: Erstlich: Wanns geschehen kan/ so sehe zu/ daß du die Bild- nuͤssen aller deiner Patronen und Patroninnen bekommest/ und auß selbigen setze taͤglich die jenige vor dich/ durch welche der heilige Patron repraͤsentirt wird/ den du dir fuͤr solchen Tag zum Patronen erwaͤhlet hast: auff daß durch oͤffteres Anschauen desselben erinnert werdest/ nicht allein deiner Schuldigkeit gegen den Heiligen/ so da als einen Fuͤrsprecher fuͤr den gantzen Tag bey GOtt fuͤr dich bittet; sondern auch daß du mit mehrer Neigung und Liebe daß jenige verrichtest/ was du an selbigem Tag zu dessen Ehren zu thun/ dir hast vorgenommen: sintemahlen was nahe vor Augen schwebt/ ist nahe beym Hertzen. Zum andern: Wans dir die Zeit und Gelegenheit erlaubet/ so lese bedacht- samb das Leben dessen H. Patronen/ und gebe genau Achtung/ in welchen Tugenten er zum meisten andern seye vorgangen/ und welcher Gestalt selbi- ger zu solcher Vollkommenheit und Heiligkeit gelangt seye: und was du ver- merckest/ daß dir zur heylsamen Lehr/ und zum Nutzen deiner Seelen diene/ daß zeichne fleissig auff. Zum dritten: Sage Danck GOtt deinem HErrn; der Allerselligsten Jungfrauen/ und dem Schutz-Engel deß gedachten Heiligen/ daß sie selbigem zu solcher Heiligkeit so treulich gcholffen haben. Zu diesem Ende opffere sel- bigen zur Dancksagung/ daß Goͤttliche Ambt desselben Tags/ oder andere gute Wercke: und versichere dich/ daß du dadurch die Gunst deß H. Patro- nen zu dir mercklich vermehren werdest. Zum vierdten: Unterstehe dich/ den Heiligen an selbigen Tag/ in seinen Tugenten nachzufolgen; oder auffs wenigst/ in einer derselben/ die du am mei- sten noͤthig hast: uno erwecke alle Stunden zum wenigsten eine Wuͤrckung derselben Tugend. Zum Von Verehrung der Heiligen. Zum Fůnfften: Verschaffe dir ein sicheres Gebettlein welches du taͤg- lich zu Ehren deß Patronen/ so denselben Tag von dir erwaͤhlet ist/ sprechen koͤnnest. Erfreue dich in selbigem Gebetlein zu Anfangs uͤber die unermaͤß- liche Herrligkeit/ so dieser Heilige/ durch die Strenge seines Lebens/ und durch die Wercke der Buß verdienet hat: nach diesem bitte ihn/ daß er dir dergleichen Gnade bey GOtt außwircken/ und ein seliges End zu wegen bringen wolle. Auff folgende Weiß: Sey gegrüst von mir/ du grůnende Blum deß Paradeß: seye gegrůst/ du glorwůrdiger Einwohner deß him̃lischen Jerusalem/ O H N. Jch sage Danck meinem lieben GOtt/ und der Allerseligsten Jungfrau Mariaͤ/ fůr alle Wohltha- ten und Gnaden/ welche sie dir jemalen erwiesen haben. Jch lobe und preyse sie derhalben/ und erfreue mich hierüber mit dir von Hertzen: und wan ich deine Freuden dadurch ver- groͤssern koͤnte; wolte ich dir die wahre Schatz-Cammer al- ler him̃lischen Glückseligkeit/ nemblich das Hertz JEsu und Matiæ, so viel an mir ist/ schencken. O mein getreuster Patron bey OOtt/ bitt fůr mich armseligen Menschen und grossen Sünder: erhalte mir eine vollkommene Vergebung meiner Sünden: erlange mir einen guten Geist/ und heil. Gnad/ krafft deren ich meinem Gott zumalen versoͤhnet werde/ und ihm gefallen moͤge. Stehe mir anjetzt/ und in der Stund meines Todts bey/ damit ich ohne wahre Reu und Leyd/ und ohne die H. H. Sacramenten der Christ-Catholischen Kirchen nicht von hinnen scheide/ Amen. Zum Sechsten: Wann du den Rsen-Krantz bettest/ so nenne densel- ben heiligen Patronen also/ nach den Worten: Heil. Maria/ Mutter GOttes bitt: sambt dem H. N. fůr uns Sünder/ \&c. Zum Sibenten: Ehe du zu essen anfangest/ spreche gantz still bey dir selb- sten den Englischen Gruß auf jetzt-gedachte Weiß: und wan du kom̃en bist zu den Worten: Jetzt und in der Stund/ \&c. so richte deine Jntention also; daß du durch das Woͤrtlein: Jetzt: die Mutter/ und den heil. Patronen umb Gnad; daß nemblich die Speiß/ so du essen wirst/ nicht allein zum Nutzen deß Leibs/ sondern auch zum besten deiner Seelen dir gedeyen moͤge/ und daß du dadurch mit neuen kraͤfften versehen werdest/ deinen Gott/ und der Allerselig- sten Jungfr. mit mehrer Hurtigkeit fortan zu dienen. Wilstu auch deine Ver- diensten noch vergroͤssern; so lasse von jeder Speiß einen oder andern Mund- voll in der vergroͤssel zu Ehren Gottes/ Mariaͤ und deines Heil. Patronen: sonderbar von denen Speisen/ die du am liebsten essest. Nach jeder Y y y y 2 Speiß Die Vier und Fuͤnfftzigste geistliche Lection. Speiß spreche mit danckbarem Hertzen diese Wort: Gelobt sey der HERR JEsus Christus/ und dessen Jungfraͤuliche Mutter/ sambt dem heiligen N. dieß kanstu auch thun/ so offt du trinckest: und kanst dich dieser Ubung auch gebrauchen zum Anfang eines jeden Wercks den Tag durch. Allhier muß ich dich auch erinnern/ mein Christliche Seel/ wann du von Allmosen erhal- ten werdest; daß du vor jeden Mahlzeit/ fuͤr so wohl todten als lebendigen Wohlthaͤter deines Klosters/ so viel dir Zeit gegeben wird/ treulich bettest. Zum Achten: So offt du zum Schlag der Uhren/ dein Ave Maria nach Gewonheit sprechest/ und den stuͤndlichen Patronen darin genennet hast/ so setze auch den taͤglichen Patronen hinzu. Damit du auch den En- glischen Gruß mit mehrer Affection sprechen moͤgest; so bilde dir ein/ daß/ so offt du stuͤndlich deine H. H. Patronen durch den Englischen Gruß anruffest; die Allerheiligste Mutter GOttes mit ihrem gebenedeyten Sohn und dem erwaͤhlten Patronen in einer hellscheinenden Wolcken dir zu gegen seyen: und versichere dich/ daß diese deine Fuͤrsprecher fuͤr dich/ wann du guten Willens bist/ immer zu betten nicht ablassen; sondern in den vorfallenden Gefahren/ Noͤthen und menschlichen Armseligkeiten/ dir bey Tag und bey Nacht mehr dann bruͤderlich beystehen werden. Unter deinen H. H. Patronen seye am meisten eingedenck deines Heiligen Schutz-Engels/ den dir GOtt von deiner Geburt an/ dich zu bewahren verordnet hat: welcher auch viel groͤssere Sorg uͤber dich tragt/ als du selbst uͤber dich immer haben koͤntest/ und gleichsamb kein Augenblick vernachlaͤs- siget/ daß er dir nicht Wohlthaten erzeige; die du nicht alle mercken kanst. Endlich: neben andern andaͤchtigen Wercken/ so dir dein eigener guter Will an die Hand gibt/ ist auch sehr rathsamb/ daß du zu Ehren deß taͤgli- chen Patronen eine oder andere Abtoͤdtung uͤbest. Wie du solches aber be- werckstelligen sollest/ koͤntestu wohl auß dem/ was von der Mortification/ o- der Abtoͤdtung zu Ehren deß stuͤndlichen Patronen wie oben gemeldet wor- den/ abnehmen: Selbiges wird sich aber in folgenden Zeilen klaͤrlicher hervor- thun. Weiß und Manter wie man sich mortisiciren oder abtoͤdten koͤnne zur Ehren GOttes/ der Allerseligsten Jungfrauen/ und der H H Patron en. D Je Abtoͤdtungen seynd zweyfachig; einige Aeusserliche/ durch wel- che das Fleisch gestrie gelt und abgetoͤdtet wird; als da seynd die Geisseln/ das Von Verehrung der Heiligen. das Fasten und dergleichen. Einige aber seynd innerliche: Krafft deren die unordentliche Begirden deß Gemuͤts von denen Suͤnden abg e halten werden/ zu welchen der Mensch geneigt ist. Obwohl nun alle Abtodtungen/ die wahre Vollkomnenheit zu erlangen/ ein merckliches beytragen; so seynd doch die innerliche zu gemeldtem Ende mehr ersprießlich/ als die aͤusserliche: zumahlen die Seel groͤssern Nutzen schoͤpffet/ wann ihre Passion en und boͤse Anmuthungen im Zaum gehalten werden/ als wann das Fleisch allein ge- zuͤchtiget wird/ indem solche erstgemcldte Abtoͤdtung dem Menschen schwaͤr- licher fallet/ als die zweyte; und also auch groͤssern Verdienst bey Gott erwer- bet. Dahero fehlen die jenige groͤblich/ so da vermeinen/ daß die fuͤrn e hmste Abtoͤdtungen allein bestchen in den aͤusserlichen Casteyungen deß Leibs; als haͤrnen Kleidern/ Geisseln ꝛc. und suchen nur/ durch solche Buß-Werck den Leib zu schwaͤchen: die Seel aber lassen sie in der Tieffe der Lastern und schaͤd- lichen Anmuthungen stecken/ und geben keine Achtung auff diese Wort Chri- sti: Seyd doch keine überweisete Graͤber/ welche von aussen Matt. 23. vor den Leuten fein scheinen; aber in wendig seynd sie voller Todten-Bein/ und aller Vnsauberkeit. Derhalben erforsche vorhero dein Gewissen/ und wann du alsdann fin- dest/ daß einige unordentliche Maͤngel/ oder merckliche boͤse Neigungen in deinem Hertzen gewuͤrtzelt haben; so unterstehe dich/ selbige durch die inner- liche Abtoͤdtungen erstlich außzureuten/ und nachdem du solches mit gutem Effect zu wegen gebracht hast/ als dann fahre fort in deinen aͤusserlichen Ab- toͤdtungen Wann du aber vermerckest/ daß deine fuͤrnembste Laster auß einer boͤsen Neigung deß Leibs/ so da immer mit dem Geist zu streiten hat/ herkom- men; so gebrauche dich der aͤusserlichen Mortification en/ die du zu Untertru- ckung deß widerspaͤnnigen Fleisches/ taͤuglich zu seyn vermeinest: huͤte dich aber/ daß du deine Kraͤfften dadurch nicht gar zu viel schwaͤchest/ und also die Seel/ in dem krafftlosen Leib/ zu ihren gewoͤhnlichen und schuldigen Ubungen unbequem gemacht werde. Dieses Mittels gebraucht sich der boͤse Feind viel- mahlen/ damit er die neuliche und unbehutsame Geistliche dadurch von Fort- setzung der jenigen guten Wercken verhindere/ die er sonsten durch keinen andern Betrug von selbigen hat abbringen koͤnnen. So mercke nun zum ersten: weilen die Abtoͤdtung nichts anders ist/ als eine Untertruͤckung der boͤsen Anmuthungen/ so da/ oder auß boͤsen beschaf- fenheit der Natur/ oder auß boͤsem Eingeben deß hoͤllischen Sathans entste- hen; so gebe wohl Achtung/ zu welchen Maͤngeln du von Naturen am mei- sten geneigt seyest/ auff daß du also nach Erkaͤndnuß der Kranckheit/ dieselbe durch bequemliche Artzeney curiren moͤgest: weilen aber diese Boͤßheiten biß- Y y y y 3 weilen Die Vier und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection weilen auß einer unzimblichen Begierlichkeit deß Hertzen/ bißweilen auch auß der widerspaͤnnigkeit deß Fleisches entstehet; so must du einer jeden ihrer Be- schaffenheit gemaͤß vorkom̃en: als nemlich der eusserlichen Neigung durch die eusserliche Abtoͤdtung; und der innerlichè/ durch die innerliche Mortification. Zum andern: Wann du vermerckest/ daß du vielen boͤsen Neigungen unterworffen seyest: so sehe zu/ welcher du zum mehresten seyest zugethan; oder welche unter andern am gefaͤhrlichsten seye: selbige suche vor andern nicht auff einmahl/ sondern vor und nach zu daͤmpffen/ so lang/ biß du von selbiger boͤsen Neigung keinen Uberlast mehr leidest: Von dieser schreite zu der andern/ und also fortan/ biß du alles Unkraut außgerautet habest. Zum dritten: Muͤssen die alte Schaden oder Anmuthungen der See- len/ so sich ihrem Wirth/ nemblich dem Geist offt widersetzen/ durch solche Ubungen getoͤdtet werden/ die denselben gerad zu wider seynd: als zum Exem- pel/ der zum Zorn geneigt ist/ muß sich als dan zum meisten uͤben in der Sanfft- muth/ wann empflndet/ daß er zum Zorn am hefftigsten angereitzet wird. Der dem Fraaß ist zugethan/ muß sich als dann fuͤrm Uberfluß am mehristen huͤ- ten/ wann ihn der unordentliche Appetit am staͤrckesten anfechtet: und solche Beschaffenheit hat es mit den uͤbrigen. Andere boͤse Anmuthungen/ so den Menschen/ der sich zur Vollkommenheit zu bequemen suchet/ seltener anfech- ten/ oder die man vermeinet/ daß durch langwirige Ubung der Mortification gehemmet seyn/ muͤssen zur Vorsorg/ damit sie nicht widerumb lebendig wer- den/ verbannet werden durch Entziehung einiger/ auch zulaͤssiger Dingen: dann der sich vonden zulaͤssigen Sachen zu Zeiten enthaltet/ der wird sich in den unzulaͤssigen Dingen nicht leichtlich vergreiffen: als nemblich/ wann ei- ner seine Augen also im Zaum haltet/ daß/ ob er schon zulaͤssige Sachen koͤnne anschauen/ wolle aber seine Augen darzu nicht erheben auß Liebe Gottes/ oder der allerseligsten Jungfrauen: dieser wird nicht bald in die schaͤdliche Neu- schierigkeit der Augen fallen/ daß er verlange zu sehen/ was nicht zulaͤssig ist: eben selbiges kan auch von andern gesagt werden. Zum vierten: Beobachte/ daß/ wann du schwacher Naturen bist/ und empfindest mit dem H. Hietonymo, daß auch der schwache Leib dem Geist zu Zeiten widerspaͤnnig werde; so wirst du zwarn wohl thun/ daß du bißweilen einige eusserliche Abtoͤdtungen zu Untertruckung deß Fleisches gebrauchest: du must aber hierin dich grosser Bescheidenheit befleissen/ auff daß du den elen- den Leib nicht mehr schwaͤchest/ und gar krafftloß machest zu dem/ daß du dei- nem Stand gemaͤß zu verrichten schuldig bist: wie einigen unbehutsamen Geistlichen zu widerfahren pfleget/ welche zum Anfang ihrer Bekehrung/ oh- ne Von Verehrung der Heiligen. ne Erlaubnuͤß der Obrigkeit und Beichts-Vatters/ in den eusserlichen Ab- toͤdtungen sich uͤber ihre Kraͤfften uͤben/ und dannoch die gewuͤnschte Voll- kommenheit dardurch nicht erlangen; sondern uͤber einige wenig Jahr sich selbsten und andern nur uͤberlaͤstig seynd. Derhalben muß man mit derglei- chen A btoͤdtungen sich behutsamb halten/ sonderlich an einem schwachen Leib: und soll man solche Mortification en vornehmen/ die mehr die boͤse Neigun- gen/ als die Kraͤfften hinweg nehmen. Wer dann nicht starcker Complexion ist/ der soll mehr der innerlichen A btoͤdtung seiner boͤsen Begirden/ als der eusserlichen sich bemuͤhen: dannoch wird ihm dadurch mißrathen/ daß er biß- weilen eines haͤrenen Kleid/ oder anderer Bußwercken sich gebrauche. A uß diesem allem kanst du/ mein Christliche Seel/ abnehmen/ wie du dei- ne A btoͤdtungen zu Chren GOttes/ der allerseligsten Jungfrauen und deiner H. H. Patronen einrichten sollest/ damit du den versprochenen herrlichen Nutzen mit Freuden darvon tragest. Fragest du aber/ was fuͤr innerliche A b- toͤdtungen du am oͤfftesten sollest uͤben/ wann du merckest/ daß von den groͤsse- ren boͤsen Neigungen nicht angefochten werdest? so geb ich dir zur A nt- wort/ daß die A btoͤdtungen der Sinnen zur selben Zeit am allerheylsambsten seyn. Hiervon sehe/ was inder Lection von der Mortification oder A btoͤd- tung/ sol. 399. ist gemeldet worden. Jm uͤbrigen/ was du zu Ehren deiner H. H. Patronen weiters thun moͤ- gest/ neben dem/ was du jetzt gehoͤrt hast/ darinn wird dich deine selbst eigene Andacht unterrichten: unterdessen aber verwerffe diesen dir gegebenen Rath nicht/ und die folgende Ubungen versaume auch nicht; dan was fuͤr stattlichen Nutzen du darauß schoͤpffen wirst/ soll dich der gluͤckliche Außgang dermahlen eins mit deiner grossen Verwunderung sattsam lehren. Morgens - Vbung oder Morgens-Gebett eines Geistlichen. Durch welches er/ wann er deß Morgens auffstchet/ unter dem Ankleiden sein Hertz zu GOtt richten/ demselben fuͤr die empfangene Wolthaten Danck sagen/ und neue begehren: auch seinen Wercken eine gewisse Intention oder Meynung fuͤrsetzen: die allerseligste Jungfrau zu seiner Herscher- und Fuͤrsprecherin sich erwerben/ und alle Tag einen sicheren Patronen/ der obgesetzten Unterweifung gemaͤß/ erwaͤhlen kan. S O bald du das Zeichen zum auffstehen/ und das Lob Gottes im Chor zu singen/ hoͤrest/ so bilde dir anders nicht ein/ als daß dein Geliebter dich zu seinem Dienst beruffe; derohalben spreche alsbald mil Freu- den: Da ist die Stimm meines Geliebten/ der mich ruffet: ant. 5. Und Die Vier und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Und stehe geschwind/ aber auch mit aller Erbarkeit/ auff; richte deine Gedan- cken zu deinem GOTT/ und deiner himmlichen Mutter/ und gruͤsse selbige mit diesen oder dergleichen holdseligen Worten/ und spreche. O JEsu/ und Maria/ mein geliebte! die ihr mich euer unwůrdiges Schntz-Kind/ durch den Klang dieser Klocken zu euerem H. Dienst hat beruffen wollen: gebt mir doch Gnad/ daß ich all das jenige/ was euch gefal- let/ daß ich thun solle/ zu Ehren aller H. H. Nahmen/ und zum Heyl meiner Seelen mit moͤglichem Eyffer und An- dacht verrichten moͤge. Diesem nach bezeichne dich mit dem Zeichen deß H. Creutzes/ und kleide dich in aller geziemenden Erbar- und Hurtigkeit/ und spreche zu jedem Theil deiner Kleidung ein kurtzes Gebettlein auff folgende Weiß/ oder wie es dir am besten gefallet. Zum Habit: Mein suͤsser Jesu/ der du mich von den gefaͤhrlichen Welt- Haͤndlen zum geistlichen Ordens -Stand beruffen hast/ umb den alten Menschen mit seinem Wercken außzuziehen/ und dir in Gerechtigkeit und Heiligkeit zu dienen: gib mir Gnad/ auff daß/ gleich wie ich in meinem Leib dieses geistliche Kleid aͤufferlich anlege/ also meine Seel innerlich mit denen dir gefaͤlligen Tugen- den zieren moͤge: Zum Guͤrtel: Vmbguͤrte mich/ O Herr/ mit dem Guͤrtel der Reinig und Gerechtigkeit; damit ich von den Baͤnden meiner Suͤnden entloͤset/ unter selbige moͤge gezehlet werden/ so da mit bren- nenden Lichtern/ und umbguͤrteten Lenden/ dir ihrem himmlischen Braͤutigam einsmahls werden entgegen kommen/ und auff daß sie durch deine Anfuͤhrung zur Hochzeit deß Lambs geleitet werden. Zur Guggel: Bedecke mein Haubt/ O Herr/ und meine Sinn mit der Decke deß Heyls/ damit ich von aller Eitelkeit die- ser Welt ein Abscheuen immer tragen/ und in dich allein mein Hertz und Seel allzeit hefften moͤge. Zu den Schuhen: Richte/ O Gott/ mein Fuͤß zu den Weegen der Gerechtigkeit/ auff daß ich den Stricken dieser Welt entgehen/ und gluͤcklich zu dir kommen moͤge. Nach Von Verehrung der Heiligen. Nach diesem/ wans die Zeit leydet/ falle auff deine Knie nieder/ und dancke GOtt/ und der gebenedeytesten Mutter Mariaͤ/ von Grund deines Hertzen/ fuͤr die Wohlthaten/ so du von selbigen empfangen hast/ und opffere ihnen dich/ sambt allem Deinigen auff in aller Demuth; und er- waͤhle dir einen Patronen/ dessen treuer Obhut du dich den gantzen Tag befehlest. Bilde dir gaͤntzlich ein/ daß du deinen lieben JCsum; dessen Allerheiligste Mutter/ sambt allen himmlischen Einwohnern gegenwaͤr- tig habest/ und gruͤsse deinen Heyland auß allen Kraͤfften deiner Seelen auff folgende Weiß: Jn Nahmen deß Vatters und deß Sohns/ und deß heiligen Geistes/ Amen. O Mein Allerholdseeligster JEsu/ du Braͤutigam meiner Seelen/ zu dem ich seufftze Tag und Nacht/ siehe/ ich dein allergeringstes Schutz-Kind/ ich komme wider zu dir/ nachdem ich zu Ehren deines Allerheiligsten Nahmen diese Nacht geruhet hab; und gruͤsse dich auß dem Jnnersten meines Hertzen/ und bette dich an/ mit allen deinen H. H En- geln und Außerwaͤhlten/ ehre/ lobe/ und preise dich mein Gott und Herr auß allen meinen Kraͤfften Leibs und der Seelen/ sd lang ich lebe/ und nachmahls/ wie ich verhoffe/ in alle Ewigkeit/ Amen. Fuͤr die Wohlthaten sage Danck/ wie folgt: W As soll ich dir meinem GOtt und HErrn wiedergeben/ meinem Erschoͤpffer/ Erloͤser und Beschuͤtzer/ fuͤr al- les/ was du mir bißhero/ und in der vaͤtterlichen Er- haltung dieser Nacht/ auß dem Vberfluß deiner Guͤte/ so mil- tiglich gegeben hast? Nehme/ O mein allerliebster HErr und GOtt/ zur dancksagung an/ allen andaͤchtigen und eiffri- gen Dienst deiner H. Kirchen/ mit einhelligem Lob der gan- tzen himmlischen Hoff-Stadt; und wuͤnsche ich von Hertzen/ daß unter allen Voͤlckern/ in allen Landen/ und/ mit einem Z z z z Wort/ Die Vier und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Wort/ der gantzen Welt; sonderlich aber in unser H. Religion dein Glorwuͤrdigster und in alle Ewigkeit Gebenedeytester Nahm gebuͤhrend verehret und angebetten werde/ Amen. Dich aber und das Deinige opffere solcher Gestalt. V Nd ob wohlen/ mein GOtt/ dein ist (von dem alles Gute herkombt) alles/ was ich hab; so opffere ich dannoch aber- und abermahl/ dir und deiner Ge- benedeysten Mutter/ mein Hertz/ Leib und Seel/ und alles/ was darinnen ist; auch alle meine Gedancken/ Wort und Wercke dieses Tags/ und meines gantzen Le- bens/ zu aller demütigster Erkendnuß der jenigen Schuld/ krafft deren ich dir/ meinem allerhoͤchsten GOTT/ und dir/ O Maria/ meiner allerliebsten Herrscherin verbun- den bin. Nimb dieß alles zum Zeichen meiner schuldigen Dienstbarkeit; und das zwarn in Vereinigung deiner Wer- cken/ so du selbst auß einer vollkomnester Liebe/ zum Heyl unser Seelen verrichtet hast: Helffe mir/ mein sůssester Heyland/ daß auß dem Vberfluß deiner Verdiensten meine vielfaͤltige grobe Maͤngell gebessert werden. Wann du nachmahlen deine Wercke einrichten wilst/ so bette also: L Ehre mich/ O HErr/ heut/ dein Gesetz halten/ und in deinen Gebotten wandern: auff daß ich vermit- telst deiner Gnaden vollkoͤmlich halte die Gerichte deiner Gerechtigkeit : daß ich in Gedancken/ im Gebott/ Worten und Wercken mich verhalte/ wie es einem dir ge- faͤlligen Geistlichen zustehet; und diesen Tag zum Ver- gnügen deiner Goͤttlichen Majestaͤt zubringen moͤge. Alhier richte deine Wercke deß gantzen Tags ein/ und nach der Materi deines sonderbaren Examens/ nehme dir vor eine Tugent/ in der du dich denselben Tag fleissig uͤbest/ oder eine Untugend/ deren du gern woltest ohn seyn: mache dir einen vesten Fuͤrsatz/ alle und jede Gefahren und Gelegenheiten/ denen du am meisten unterworffen bist/ zu meiden; und erwecke zugleich eine Reu und Leyd uͤber alle begangene Suͤnden und Nachlaͤssigkeiten deines Lebens: welches alles mit diesem oder einem an- dern Gebett geschehen kan. Ach/ Von Verehrung der Heiligen. A Ch/ mein GOtt und HErr! moͤgte ich diesen Tag mein Hertz/ daß ich dir geschenckt hab/ so treulich be- wahren/ wie du verlangest. Jch nehme mir vestig- lich vor/ mit deiner Goͤttlichen Hülff/ alle Sůnden zu fliehen; auch alle gewoͤhnliche Gebraͤuchen/ und versel- ben Gelegenheiten/ sonderlich aber NB. Alhier nehme den Mangel/ den du zum meisten verhuͤten wilst) zu bessern/ und in die- ser Tugend NB. (Alhier spreche die Tugend auß/ in der du dich zum meisten wilst uͤben) so mir vor allen sehr noͤthig ist/ mich zu ů- ben. Vnd daß zwarn auß pur lauter Liebe gegen dich/ dem ich eintzig und allein zu gefallen/ zu dienen/ und mit Leib und Seel anhaͤngig zu verbleiben verlange. Vnd Vermoͤg dieser Liebe thuts mir von Hertzenleyd/ daß je- mahlen/ auch daß geringste Vbel gegen deine unendliche Gütigkeit begangen habe/ und in deinem H. Dienst bis dato so nachlaͤssig gewesen seye. Es reuet mich ůber die massen/ daß ich so ungeistlich gelebt habe: anjetzt ma- che ich mir einen starcken Vorsatz/ ein jede Sůnd hin- führo mehr/ als alles Vbel der gantzen Welt zu mei- den/ vollkommentlich und auffrichtiglich zu beichten/ und all daß jenige zu thun/ was dein allerheiligstes Gesetz von mir erfordert. Nach diesem begehre Gnad/ deinen gemachten Fuͤrsatz der Gebuͤhr nach zu vollbringen. A Ber/ mein GOtt und HErr/ was hilffs mich/ daß ich will/ wann du mir nicht Hilffst/ daß ich kan: Du kennest meine Schwachheit/ und dir seynd bekandt meine Weege; und auß dir allein hab ich mein Vergnůgen. Stehe derhalben auff/ mir armen Men- schen zu helffen; geb mir Kraͤfften/ daß ich den Fůrsatz meines guten Willens nachtrücklich vollbringe/ und allzeit lebe im Lob und Lieb deiner/ und der Gebenedeyten Jungfraw Maria/ alhier zeitlich/ und nachmahlen ewiglich/ Amen. Z z z z 2 End- Die Vier und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Endlich setze hinzu eine allgemeine Protestation/ wie folgt: S Oll es geschehen/ mein Heyland/ daß ich diesen Tag etwas gegen diesen meinen gemachten Vorsatz gedencken/ reden oder thuen würde/ daß deinem Goͤttlichen Willen zu wider ist; so prote- stire ich und bezeuge anjetzt vor dir und deiner himmlischen Hoff-Stadt/ daß solches gegen meinen Willen wider- fahren werde. Jm widrigen Fall/ erbarm dich meiner/ O GOtt/ und ruffe den irrenden alsbald wiederum zum rechten Weeg/ und hebe von der Erden auff den gefal- lenen. Die Freyheit meines Willens überlasse ich dir al- so/ daß ich wohl leyden mag/ daß du selbige zwingest/ und deinem Allerheiligsten Wohlgefallen gemaͤß bindest/ wanns noͤthig ist/ damit selbige sich gegen dich nicht auff- werffe/ und gegen deinen Willen im geringsten nicht suͤn- dige/ Amen. Nachdem du nun dich und das Deinige deinem GOtt bester massen anbe- fohlen hast/ so wende dich zu der Allerseeligsten Jungfrau Maria/ und bitte selbige/ durch folgendes Gebett/ daß sie deine Fuͤrsprecherin und Mutter seyn und verbleiben wolle. Ein andaͤchtiger Gruß und Gebett zu der Aller- seeligsten Jungfrau MARIA. So viel Wasser-Tropffen in dem Meer/ So viel Sand-Koͤrnlein hin und her; So manches Graͤßlein/ Blat und Frücht/ Man auff Erden und an Baͤumen sicht: So mancher Stern gibt seinen Schein/ Vnd so viel Engeln im Himmel seyn; S O viel tausentmahl seye gegrůsset/ O Allerglorwůr- digste/ Allerheiligste und gebenedeyteste Jungfraͤu- liche Mutter GOTTES MARIA. Jch grüsse dich aber in Vereinigung deß liebreichen Hertzen deines Allersüssesten Sohns JE SU/ und auß den Hertzen aller deren/ die dich lieben. Jch befehle mich dir/ O holdseeli- ge Mutter/ zu einem (wolte GOtt/ würdigen Schutz- Kind: nehme mich doch unter deinen Schutz-Mantel/ und Von Verehrung der Heiligen. und erlaube mir/ daß ich naͤchst GOtt/ dir/ als meiner Koͤnigin dienen moͤge; du bist meine Freud/ meine Helf- ferin/ mein Trost auff Erden/ und meine Allerheyligste Mutter O Maria. Amen. Von andern dergleichen Empfehlungen seynd schier alle Bett-Buͤcher er- fuͤllet/ deren du dich kanst gebrauchen. Deinem H. Schutz-Engel/ und H. Patronen/ sonderbahr den du denselben Tag erwaͤhlet hast/ kanstu dich folgender Gestalt empfehlen. Zum H. Schutz-Engel. M Ein H. Engel GOTTES/ du Bewahrer meiner Seelen und meines Leibs/ dich grůsse ich durch das Hertz meines Heylands JESV CHristi/ du bist mein geliebter/ und von GOTT mir außerwaͤhlter Engel: du bist mein/ und ich bin dein. Zu lieb dessen/ der dich und mich erschaffen hat/ und dir mich im Tauff anbe- fohlen hat/ nehme mich in deinen sorgfaͤltigen und getreuen Schutz/ damit ich durch deine Engellische Hülff/ ůber das schnoͤde Meer dieses Lebens glůcklich schiffen/ und zum Ha- fen der ewigen Seeligkeit dermahlen eins mit Freuden ge- langen moͤge. O Heyl. Engel/ als meinen Patronen lieb ich dich/ als meinen Beschůtzer ehre ich dich/ und deinem Befelch ergeb ich mich/ und bitte dich/ du wollest aller mei- ner bißhero verübten Vndanckbarkeit zumahlen vergessen; und wann ich werd gefehlet haben/ so bitte ich dich/ wollest mich derhalben nicht verlassen/ sondern mir den begange- nen Fehler helffen bessern/ mich unwissenden unterweisen/ mich betrübten troͤsten/ mich irrenden zum rechten Weeg leiten/ in den Gefahren mich erretten/ und endlich fuͤhren zur ewigen Seeligkeit! Amen. Ein anderes Gebett zum selbigen. J Ch bitte dich/ O Engelischer Hüter und treuer Be- schützer/ du wollest mich/ der ich in deiner Bewah- rung auß goͤttlichem Willen bin anbefohlen wor- den/ auff dem Weeg deß Friedens/ der Ersprießlichkeit/ und deß Heyls heut und allezeit regieren/ und gegen allen boͤsen Geist/ und in schwaͤrer Anfechtung verthaͤtigen. Z z z z 3 Ste- Die Vier und fuͤnfftzigste Geistliche Lection Stehe mir treulich bey/ auff daß ich in der That erfahren moͤge die kraͤfftige Hůlff GOTTES; und daß ich durch selbige immer moͤge behütet werden für Sünden und Ge- fahren Leibs und der Seelen; und in der Gnad Gottes und guten Wercken meinem Gott und Herrn biß zum End treu verbleiben moͤge/ Amen. Zu den H. H. Patronen. O Mein heilige und sehr werthe außerwaͤhlte Patro- nen! Jch erfreue mich von Hertzen über ewere gros- se glůckseligkeit: zu euch seufftzet meine verzagte Seel unter so vielen und starcken Feindẽ/ und in den immer- waͤhrenden grossen Gefahren. Seyet doch eueres unwür- digen Schutz-Rindes eingedenck/ und erwerbet demselben eine kraͤfftige und gewaltige Gnad/ daß er ewere Fußstapf- fen eintretten/ allen seinen Feinden die Spitz bieten/ und al- so seinem gebenedeyten Seligmacher/ und dessen lieben Mutter/ in bestaͤndiger Treu zugethan verbleiben moͤge in alle Ewigkeit. Amen. Zu dem H. Patronen so fuͤr den gantzen Tag erwaͤhlet wird. D V aber O H. N. mein H. und sehr werther Patron/ nehme mich heut auff zu deinem fußfaͤlligen Schutz Rind/ alle meine Gedancken/ Wort und Wercke/ alles wachen und betten/ alle meine Arbeit und Geschaͤff- ten/ alle Sinn meines Leibs/ alle Kraͤfften der Seelen/ alle meine Bewegungen und meinen Athem; auff daß also die- ses alles durch deine Auffopfferung/ den allerheiligsten Au- gen GOttes gefaͤlliger/ und mit mehrer Gnad und Seegen moͤge begnaͤdiget werden: daß mein geringer Verstand er- leuchtet/ mein Hertz mit brennender Liebe entzündet/ und ich durch die Krafft GOTTES dein Nachfolger werden moͤge; und daß ich diesen Tag/ durch deine Fürbitt/ die boͤse Neigung NB. (Allhier nehme die Neigung/ von der du diesen Tag sonder- Von Verchrung der Heiligen. sonderlich wilst befreyet seyn) und was immer sonsten meinem GOTT mißfaͤllig ist/ standhaͤfftiglich zu ůberwinden bestand werde: Diese Tugend aber NB. (Allhier spreche die Tugend auß/ in welcher du dich den Tag wilst uͤben) und was sonsten meinem lieben GOTT gefallen mach/ heut erlangen moͤge. Amen. Diesem nach/ mache eine allgemeine Intention und Auffopfferung deiner Wercke/ auff folgende Weiß. Weiß und Manier/ eine algemeine Jntention oder Meinung zu machen fuͤr jeden Tag in der Wochen. S Jntemahlen kein eintziges gutes Werck von der goͤttlichen Majestaͤt dem Menschen belohnet wird; es seye dann/ daß selbiges durch eine gute Meinung zu GOTT gerichtet werde: derhalben ist einem Geistlichen schier nichts so noͤthig/ als daß er vor allen seinen Wercken im- mer eine gute Intention zu machen sich befleisse; damit er deß Verdiensts so vieler Muͤheseligkeiten und Abtoͤdtungen/ welche in dem geistlichen Stand vorfallen/ sich nicht ber aube. So solst du dann/ mein Christliche Seel/ alle Tage/ deß Morgens/ ehe du ein Werck angreiffest/ dich unterstehen eine ge- neral Intention zu machen fuͤr den gantzen Tag; daß ist/ fuͤr alle Gedancken/ Wort/ und Wercke deß gantzen Tags. Auff daß du nun in diesem Punct nicht unstet und wanckelmuͤtig/ oder auch genoͤthiget werdest/ an jedem Tag uͤber eine dergleichen Intention von neuem bedacht zu seyn; so thuest du wohl/ daß du fuͤr jeden Tag in der Wochen deine gewisse Intention oder Mei- nung habest: als nemblich fuͤr den Montag diese N. Intention: fuͤr den Dien- stag eine andere/ und so fortan. E He und zubevorn du aber die Intention en also vertheilest/ so uͤberlege vorhin alle deine Schuldigkeiten/ krafft deren du absonderlich betten must: und nachdem du selbige versamblet hast; so theile selbige also auß/ daß du einer jeden Schuldigkeit einen solchen Tag zueignest/ der dir darzu am besten bequem zu seyn scheinet: Du muß aber dir nicht einbilden/ daß/ wann du deine Wercke fuͤr andere Die Vier und fuͤnfftzigste Geistliche Lection andere/ deinem GOtt auffo pfferest; dieselbe fuͤr dich selbsten zugleich auch nicht opfferen koͤnnest: sondern must wissen/ daß GOtt in Außtheilung der Gnaden so spaͤhrlich nicht seye; daß wan er umb Gnad ersucht wird fuͤr einen/ nicht wolle gebetten seyn auch fuͤr einen anderen: ja so gar/ wie mehr du von ihm begehrest/ wie lieber ihms ist; indem du nichts anders begehrest/ als was letztlich zu hoͤchster Chren Gottes gereichet. So kanst du dann deine Jnten- tion allezeit in drey Theil abtheilen; also daß die Wercke deß gantzen Tags Gott auffgeopffert werden Erstlich/ zur Dancksagung einer Wolthat/ die du schon empfangen hast. Zum andern/ zu Erlangung einer neuen Gnad fuͤr andere/ fuͤr welche du denselben Tag zu betten gedenckest. Unter selbige wer- den verstanden deine Eltern/ deine Freund und Verwandten/ deine Wohl- thaͤter/ die Abgestorbene Glaubige/ die Obrigkeiten deß Ordens/ die Christ- liche Potentaten/ die offenbahre gemeine Nothsachen/ die Nothsachen der Eatholischen Kirchen/ und der gleichen/ deren du also must ingedenck seyn; daß allen und jeden gleichsamb ein sicher Tag in der Wochen zugeeignet werde. So kan dann ein Geistlicher seine Jntentionen oder Meinungen un- gefehr also einrichten. Am Sontag. E Rstlich: Kanst du deinem GOtt an diesem Tag alles auffopffern zur Dancksagung aller Wolthaten/ so er dir/ deiner Religion/ und der gantzen Kirchen verliehen hat. Zum andern: Zu Erhaltung der Gnaden/ die du zum geziemenden Gebrauch der Wolthaten noͤthig hast; nicht allein zu deinem/ sondern auch zum Nutzen deines Naͤchsten: sonderbahr aber der jenigen/ so dir anbefohlen seynd/ oder welchen GOtt will/ daß durch deine Mitwuͤrckung solle geholffen werden. Drittens: Zu Erhoͤhung deines Ordens: auff daß alle merckliche Gebrechen demselben gebessert/ und alle Bruͤder und Schwester in den Christlichen Tugenden zunehmen moͤgen: und daß Gott sonderbahr den Obern beystehe/ daß sie mit einem wahren Eiffer ihre Untergebene zum Weeg der Vollkommenheit fuͤhren/ und sich selbst von diesem nicht außschliessen/ sondern in allem die Ehr Gottes/ und das Heyl der Seelen auffrichtig suchen moͤgen. Am Montag. E Rstlich: Zur Dancksagung fuͤr die sonderbahre grosse Wolthat der Beruffung zum geistlichen Stand. Zum andern: Zu Erhal- tung wahrer Rew und Leid uͤber die begangeue Suͤnden/ und Besse- rung Von Verehrung der Heiligen. rung deß Lebens: wie auch zur Vergebung der Schuld und Straffen. Drittens zur Erloͤsung aller Abgestorbenen Glaubigen: zum meisten a- ber fuͤr die jenige/ denen du am meisten verbunden bist. A uch fuͤr die Be- kehrung der Suͤnder/ sonderlich der jenigen/ die dir zum meisten anbefoh- len seynd. Am Dinstag. E Rstlich: Zur Dancksagung/ daß GOtt die Welt und alles was darinnen ist/ hat erschaffen wollen: sonderbahr aber sage Danck fuͤr deine Erschaffung. Zum andern: Zu Erlangung Goͤttlicher Gnaden/ krafft deren du alle Eytelkeiten in Warheit verachten/ unb den wahren GOtt allein uͤber alles lieben/ und allen Gefahren dieser Welt gluͤck- lich entgehen koͤnnest. Drittens: Fuͤr das H eyl aller deiner Freunden/ so wohl Lebendigen als Todten: auff daß GOtt den verstorbenen die ewige Ruhe; den lebendigen aber Gnad/ und was sonsten zum H eyl derselben er- sprießlich ist/ milt-vaͤtterlich verleyhen wolle. Am Mittwoch. E Rstlich: Zur Dancksagung/ daß Christus seiner Schmertzhafften Mutter/ und allen Liebhabern derselben/ so grosse Freuden und H err- ligkeit im Himmel verliehen habe/ und unsern heil. Orden durch der- selben schmertzhafften Jungfrauen wunderthaͤtige Erscheinung habe ein- setzen wollen. Zum andern: Zu Erhaltung eines guten Todts/ zu Erwerbung der Gunst Mariaͤ/ sonderlich in dem letzten Streit. Zum dritten: Fuͤr alle abgestorbene Bruͤder und Schwester/ und zum meisten fuͤr die jenige/ so mit dir gelebt haben/ oder denen du vor andern mehr verbun- den bist. Jtem fuͤr die jenige Seelen deß Feg-Feurs/ von welchen die Allerh. schmertzhaffte Mutter auff dieser Welt eifferig ist verehret worden. Am Donnerstag. E Rstlich: Zur Dancksagung fuͤr das eingesetzte H och-Wuͤrdigste Sacrament deß A ltars/ und fuͤr andere heylsame Goͤttliche Mittel/ die ewige Seligkeit zu erlangen. Zum andern: Zu Erhaltung einer sonderlichen Liebe und A ndacht zu diesem A llerhoͤchsten G UT: und daß du selbiges immer und allzeit mit gezimmender Reinigkeit deines H er- tzen/ und sonderlich in deinem letzten H inscheiden/ mit wahrer Reu und A a a a a Leyd Die Vier und Fuͤnfftzigste geistliche Lection Leyd uͤber alle deine begangene Suͤnden empfangen moͤgest. A uch daß du dein Leben also einrichtest/ daß du vor dem Goͤttlichen Gericht dermahlen eins wohl bestehest. Zum dritten: Fuͤr alle Wohlthaͤter so Lebendige als Todte/ so deinem Orden/ oder dir besonderes Guts thuen/ oder Guts ge- than haben/ so wohl in geist- als weltlichen Dingen. Jtem zu Erlangung der Gnaden fuͤr alle Bruͤder und Schwester deines Ordens: auff daß sie deren Guͤter/ so ihnen GOtt allhier zeitlich verliehen hat/ nicht zum Ver- derben/ sondern zu ihrem selbst eigenen H eyl sich gebrauchen moͤgen. Und schließlich zu Außbreitung der Verehrung deß Hochheiligen Sacraments bey allen Glaubigen. Am Freytag. E Rstlich: Zur Dancksagung/ und einiger moͤglichen Vergeltung aller Schmertzen und Bitterkeiten/ so dein Heyland und Seelig- macher in seinem Leyden/ fuͤr das gantze menschliche Geschlecht/ und sonderbahr fuͤr dich grossen Suͤnder hat außgestanden. Zum andern: Zu Erhaltung der Gnade/ krafft deren du die bittere Passion deines HErrn immer mit wahrem Mitleiden und Empfindligkeit betrachten/ und so viel dir moͤglich ist/ nachfolgen; auch andere zur Nachfolg mit ersprießlichem Nach- druck auffmuntern koͤnnest: und daß du dein Leben also einrichten moͤgest/ daß du der Fruͤchten deß Leydens Christi niemahls mit Freuden zu geniessen gewuͤrdiget wuͤrdest. Zum dritten: Fuͤr alle hohen Stands-Persohnen: als nemblich fuͤr den wahren Stadthalter Christi/ den Roͤmischen Pabst; fuͤr den Roͤmischen Kayser; fuͤr die Christliche Koͤnig und Fuͤrsten; fuͤr die Obrig- keiten der geistlichen Ordens-Leuthe; zum meisten aber fuͤr deines Ordens Obrigkeiten: fuͤr andere gemeine Noͤthen/ und fuͤr alle die jenige/ welche umb die Verehrung deß bittern Leydens Christi fortzupflantzen sich bemuͤhen; und auch fuͤr die jenige Abgestorbene/ die sich in ihren Leb Zeiten zu gemeldtem End bemuͤhet haben. Am Sambstag. E Rrstlich: Zur Dancksagung fuͤr alle Gnaden und Wohlthaten/ so GOtt seiner gebenedeyten Mutter/ und allen Marianischen Liebhabern vormahls auff Erden/ und anjetzo im Himmel droben mitgetheilt hat. Zum andern: Zu Erlangung der Gnade/ vermoͤg deren du unter die eifferigste Verehrer der Allerseligsten Jungfrauen gezeh- let/ Von Verehrung der Heiligen. let/ und derselben Ehr so wohl an dir/ als an andern/ die Tage deines Lebens vermehren; und dero Fuͤrbitt im Leben und im Todt erfahren moͤgest. Zum dritten: Fuͤr alle Liebhaber Mariaͤ/ und sonderlich fuͤr die jenige/ so sich die Verehrung derselben zum meisten lassen angelegen seyn/ und haben an- gelegen seyn lassen/ da sie gelebt haben. Jtem fuͤr alle Lebendige und Todte/ fuͤr welche du zu betten schuldig bist: damit GOtt selbige durch die Verdien- sten seiner Allerliebsten Mutter zu den ewigen Freuden auffnehmen wolle; auff daß sie in der That erfahren moͤgen/ daß diese Allerseligste Jungfrau in der Warheit von GOtt gestelt seye die Pfort deß Himmels. Diese allgemeine Jntention oder Meynungen kanstu allzeit halten nach dieser gemachten Außtheilung. Wann aber einige sonderliche Noth ein- fallet/ kanstu selbige denen obgemeldten Jntentionen einschliessen an dem Tag/ an welchem dirs am besten gefallet. Abends-Vbung. oder Sehr kraͤfftige und heylsame Gebett. Krafft deren/ ein eifferiger Diener GOttes und Mariaͤ/ und steter Ver- ehrer der H. H. Patronen/ nach moͤglicher Erforschung seines Gewissen/ Vergebung seiner Suͤnden begehret/ und nachmalen alle seine Wercke GOtt/ dessen gebenedeyter Mutter/ und seinen H. H. Patronen empfehlet: dem taͤglichen H. Beschuͤtzer fuͤr die Treu-geleistete Obhut dancket/ und fuͤr die anstehende Nacht und folgenden Tag einen neuen erwaͤhlet. Und nach diesem sich zur Ruhe begebet. So spreche dann nach gehaltener Erforschung deines Gewissen/ umb Ver- zeyhung deiner begangenen Suͤnden zu erhalten/ mit demuͤtigem und zer- knirschtem Hertzen das folgende Gebett: A Ch/ mein Barmhertzigster GOtt und H Err! Jch hab gesůndigt/ ich hab gesündigt/ und hab übel ge- lebt fůr deinen Augen: derhalben bitte ich dich nun durch JEsum Christum deinen Eingebohrnen Sohn/ erbarm dich meiner/ erbarm dich/ und nehme an die A a a a a 2 reiche Die Vier und Fuͤntzigste Geistliche Lection reiche Verdiensten desselben für meine so viele und grosse Sůnden/ und für die Straff derselben. Mir ist von Hertzen leyd/ daß ich dich mein hoͤchstes Gut erzürnet habe: jetzt nehme ich mir vestiglich vor/ daß ich hinfůh- ro die geringste Sünd/ so viel mir deine Gnad verlei- hen wird/ williglich und auffsetzlich nicht mehr bege- hen will. Du aber mein Heyland und Seeligmacher JESV/ du Sohn deß lebendigen GOttes; laß mir zu Theil werden selbige Barmhertzigkeit/ reinige mich durch dein kostbares heiliges Blut von meinen Sůnden und Missethaten; und geb mir wider das schoͤne Rleid der Vnschuld/ so du mir im Tauff verliehen hast. O Mutter der Barmhertzigkeit! O Zuflucht der Sünder/ Allerheiligste Maria! Jch bitte dich/ opffere deinen Al- lerliebsten Sohn deine Verdiensten zur Außtilgung al- ler meiner begangenen Sünden/ zu Ersetzung meiner Nachlaͤssigkeiten/ Vnterlassungen und Vnwissenheiten: auff daß dein Gebenedeyter Sohn in Ansehung dersel- ben von allem Wust der Sůnden mich reinige/ zu seiner Gnade wiederumb auff und annehme/ und in seiner Lie- be immer und alzeit erhalte. Vnd du/ mein H. Schutz- Engel sambt allen H. H. Patronen und Patroninnen/ durch euere Fürbitt nehmet von mir das schwaͤre Joch der Sünden/ zieret meine Seel mit den schoͤnen Blumen euerer Tugenten/ und schencket mich also nach die- sem sterblichen Leben euerem und meinem JESV und MARJA zu einem ewigen wohlgefaͤlligem Schlacht- Opffer/ Amen. Nach diesem Gebett/ verordne alle deine Wirckungen deines gan- tzen Lebens/ sonderlich aber die Wercke dieses verflossenen Tags/ und opffere selbige dem himmlischen Vatter auff folgende Weiß auff: Auffopfferung der Wercken. O Mein getreuester Engel/ und Hůter meiner Seele und meines Leibs: auch ihr meine H. H. Patronen und Von Verehrung der Heiligen. und Patroninnen/ erbarmbt euch ůber mich Vertrie- benen/ bettet fůr mich euer armseliges und unwürdiges Schutz-Rind/ empfehlet mich meiner barmhertzigen Mut- ter Mariaͤ: nehmet an von mir zu ewer Ehren alle Gedan- cken dieses verflossenen Tags/ ja meines gantzen Lebens; alle Wort und Wercke/ alle Begirden/ alles Gebett/ alle so geist- als leibliche Vbungen/ alles Wachen und Schlaffen/ all mein Fasten/ Essen und Trincken/ alle meine Schritt und Athem/ alle meine Widerwaͤrtigkeiten und Trůbsall/ alle Sorg und Arbeit/ sambt allen meinen Abtoͤdtungen/ und endlich alle meine heutige Bewegungen Leibs und der Seelen/ nehmet von mir zu euerer Ehren an/ vereiniget sel- bige mit euren Verdiensten/ und schencket dieß alles der allerseligsten Jungfrauen/ als meiner holdseligen Mut- ter/ und meinem Heyland JESV CHRJSTO. Du aber absonderlich/ H. N. (allhier setze den taͤglichen Patrnonen hinzu) mein geliebter Patron wollest all diese meine Wercke zugleich mit allen deinen geůbten guten Wercken und Tu- genden/ der goͤttlichen Majestaͤt auffopffern/ und mich dem allerholdseligsten Braͤutigamb unserer Seelen/ sambt der übergebenedeyten Mutter desselben treueyfferigst befehlen/ und mir diese Gnad erhalten/ daß ich selbigen in allem also gefallen moͤge/ gleich wie du ihnen in deinem Leben gefallen hast. Allhier wende dich mit demuͤtigstem Hertzen zu der allerheiligsten Mutter GOttes/ und bitte selbige/ daß sie deine Wercke mit den ihrigen vereini- gen/ und also ihr em lieben Sohn auffopffern wolle/ auff folgende oder an- dere Weiß. O Allergůtigste Jungfrau Maria! ich bitte dich durch das Hertz deines Sohns JEsu Christi/ du wollest alle meine obgedachte Wercke/ und allen meinen gu- ten Willen/ zu Ehren Gottes und zu deinem Mütterlichen Vergnůgen annehmen/ und dieses alles durch die Vereini- A a a a a 3 gung Die Vier und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection gung deiner allerheiligsten Wercke/ meinem Erschaͤffer und Erloͤsergefaͤllig machen/ und mich demselben also ver- soͤhnen/ daß ich ihme biß zum End meines Lebens/ und in alle Ewigkeit gefaͤllig bleiben moͤge/ Amen. Nachdem du dieses mehr mit dem Hertzen/ als mit dem Mund gesprochen hast/ so schlage deine innerliche Augen auff den Sohn GOttes/ und rede selbigen also an. V Nd du/ mein hertzliebster JESV/ wollest doch al- les/ was deine allerheiligste Mutter in meinem Nahmen dir auffopfferet/ sampt allen dero/ und meiner H. H. Patronen Verdiensten barmhertziglich an- nehmen/ und selbiges durch dein für mich vergosse- nes Blut reinigen/ und also in Vereinigung deines aller- heiligsten Lebens und Sterbens/ deinem himmli- schen Vatter auffopffern zu dieser Intention N. Allhier erneuere kuͤrtzlich deine Meinung/ die du deß Morgens gemacht hast/ und nenne deine eigene/ oder auch frembde Nothsachen/ und bitte deinen Heyland zugleich/ er wolle dich der Ablassen theilhafftig machen: auff fol- gende Weiß. W Eiters bitte ich dich/ mein liebster Heyland/ du wol- lest alle meine Wercke/ so ich durch deine Gnad am heutigen Tag verrichtet hab/ mit allem Ablaß/ er seye verliehen/ wohin er immer wolle/ auß dem Schatz der Kirchen versehen/ und dir mich gaͤntzlich vereinigen/ und von allen Sünden hinfůhro zumahlen behüten. Diesem nach kehre dich zu deinem taͤglichen H. Patronen/ und bitte selbigen ungefehr auff folgende Weiß: J Ch sage dir Danck/ mein wertester Patron und Fůr- sprecher/ daß du mir diese verwichene Nacht und Tag/ so getreulich beygestanden habest; und schen- cke dir zum Zeichen der Danckbarkeit die allerreineste Her- tzen JESV und Mariaͤ/ und ersuche dich durch die Liebe der- Von Verehrung der Heiligen. derselben demůtiglich/ du wollest dich meiner allezeit an- nehmen/ sonderlich aber in der Stund/ die ich dir hab zu- geeignet. Erlange mir Gnad/ daß ich zu selbiger Stund nichts thue/ nichts rede/ und nichts gedencke/ als was mei- nem JESV gefaͤllig ist/ und daß ich in allem den Willen GOTTES vollkommentlich vollbringen moͤge. Stehe bey mir sterbenden/ verthaͤtige mich fůr allem Anfall und Versuchung deß boͤsen Feinds/ und ziere meine Seel mit deinen Tugenden/ und begleite selbige also zum Richter- Stuhl GOttes: Anjetzt aber empfehle mich/ O Heyl. N. dem jenigen Patronen/ welcher dir in der Ordnung folget/ daß er über mich armseligen Menschen getreue Sorg tra- gen wolle/ Amen. Wann du allhier die Bildnuͤß deines Patronen vor dir hast/ darvon oben ist gedacht worden/ so lege selbige hinweg/ und nehme vor dich die Bildnuͤß deß folgenden Patronen/ den du folgender Gestalt anreden kanst. O Heiliger N. nehme mich in deinen Schutz/ und hilff mir/ daß ich diese Nacht und folgenden Tag mei- nem GOTT und Herrn wissentlich im geringsten nicht erzůrne; sondern demselben in allem vollkommentlich gefallen moͤge. Sey du mein Lehr-Meister und Beschir- mer/ und ich will seyn dein Lehr-Jůnger und Schutz- Kind. Nach diesem sage Danck deinem GOtt/ der allerseligsten Jungfrauen/ und deinen H. H. Patronen/ fuͤr alle empfangene Wolthaten/ und befehle dich diese Nacht uͤber/ in die Wunden Christi/ in den Schooß Mariaͤ/ und in den Schutz deiner H. H. Patronen/ und behalte dir vor/ daß du nicht auß Gemaͤchligkeit/ sondern zur blosen Nothdurfft ruhen wollest; dieses kanst du mit folgendem Gebett verrichten. Naͤcht- Die Vier und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Naͤchtliche Empfehlung an Christum/ die alleerseligste Jungfrau und die H. H. Patronen. H Err GOtt himmlischer Vatter/ ich sage dir unendli- chen Danck für die unzahlbare Wolthaten/ so dei- ne allerhoͤchste Majestaͤt mir armen Menschen von meiner Kindheit an/ biß auff gegenwaͤrtiges Augenblick erwiesen hat. Zum Zeichen der schuldigsten Danckbarkeit/ opffere ich dir alle Verdiensten meines Heylands Jesu/ und bitte dich fußfaͤlliglich/ durch denselben unsern Herrn JE- sum CHristum/ du wollest mir allzeit/ und sonderbahr in der Stund meines Todts/ wie auch allen meinen Freunden/ Verwandten/ Wolthaͤtern/ und für welche zu betten ich schuldig bin/ deine gewoͤhnliche Barmhertzigkeit erzeigen. Jmgleichen opffere ich dir/ O Jesu/ du Sohn deß lebendi- gen GOttes dieselbe Dancksagung für alle mir geleistete Wolthaten/ und verbinde selbige Dancksagung mit dem Hertzen deiner Jungfraͤulichen Mutter Mariaͤ/ und den Verdiensten meiner H. H. Patronen. Hergegen opffere ich dir/ O MAKJA/ in meiner Einfalt das Hertz deines eingebohrnen Sohns/ mit meinem/ obwohl unwůrdigsten Hertzen/ und allen Verdiensten deiner ge- treuen Diener und Liebhaber/ für alle mir erwiesene Gnaden und Wolthaten. Dirauch mein Heyl. Engel/ und euch meinen H. H. Patronen/ die ihr mich bißhero so treulich bewahret hat/ opffere ich das Hertz JEsu und Mariaͤ. A Ch! wie gern wolte ich/ mein GOtt und Herr/ diese gantze Nacht auß allen meinen Kraͤfften dich loben und preisen! nun aber muß nach der Schwachheit meiner Naturen/ obschon ungern/ mich richten/ und die noͤ- thige Ruhe meines Leibs annehmen. Jch stelle aber an mei- ne Von Verehrung der Heiligen. ne Platz das jenige Lob/ so dir meine H. H. Patronen/ auch bey naͤchtlicher Weil/ mit grossem Eiffer und bren- nenden Hertzen zeit ihres Lebens gegeben haben. Jn deine H. H. Wunden/ O JESV befehle ich mich/ in denselben will ich ruhen/ in denen will ich schlaffen/ wachen/ leben und sterben. Errette mich von allen Nachstellungen und Listen meiner Feinden: erhalte mei- nen Leib und Seel in der Keuschheit/ auff daß ich mit Freuden zu dir erwachen/ und dich von Hertzen loben moͤge/ Amen. O Allerheiligste Jungfrau Maria/ nehme deinen un- würdigen Diener diese Nacht unter deinen Schutz- Mantel/ damit demselben der Betrug deß losen Feinds nicht schaden koͤnne. Hilff mir/ O Maria/ daß/ gleich wie dein Hertz gewachet/ wann du geschlaffen hast/ also auch/ das Meinige wache/ wann ich schlaffe. Derhal- ben ist mein Will/ daß ich zu aller und jeder Erhohlung deß Athems/ und zu allen Schlaͤgen deß Hertzen/ sa- gen koͤnne; Seye gegrüsset du Mutter Christi: Sey gegrüsset O JEsu/ du Sohn Mariaͤ. Oder: Jch liebe JEsum und Mariam. Oder: Mein GOTT und Al- les. Qder: Gebenedeyt sey GOTT/ oder der- gleichen. Auch bitte ich dich/ O Keuscheste Jungfrau/ durch deine H. Jungfrauschafft/ und unbefleckte Empfaͤngnuß/ erhalte mein Leib und Seel diese Nacht in aller Reinig- keit. Jch wolte lieber sterben/ als in die geringste Vnsauberkeit verwilligen. Gleich wie ich nun dieselbe anjetzt verfluche/ also bitte ich/ du wollest mich/ aller- reineste Jungfrau für allem dem diese Nacht bewahren/ so den Goͤttlichen Augen/ und den Deinigen mißfaͤllig ist. O mein H. Schutz-Engel/ und ihr/ meine H. H. Pa- tronen/ euch bitte ich/ haltet fůr mich armen Menschen an/ daß ich diese Nacht von allen Anfchtungen deß Fleisches/ und von allem Arglist deß leidigen Sathans moͤge beschützet werden: umbgebet meine Ruh-Statt B b b b b mit Die Vier und Fuͤntzigste Geistliche Lection mit euerem Schirm/ und vertrettet meine Platz mit eue- rem Lob GOttes/ wann ich schlaffe. Erwecket mich zu gebührender Zeit auff/ und helfft mir alsdann meinen GOtt und HErrn mit Freuden loben/ ehren und preisen; munteret mich auff allhier zeitlich/ auff daß ich dermahlen eins meinen GOtt mit euch loben und preisen moͤge e- wiglich/ Amen. Alhier falle nie der zu der Bildnuß Mariaͤ in deiner Cellen/ und begehre von deiner Mutter den Segen und spreche: Mit deinem Sohn/ Maria mein/ Mich segne jetzt/ ich bleibe dein. Unter dem Außkleiden fuͤhre zu Gemuͤth/ oder die Entkleydung Christi in seinem Leyden; oder die Bloßheit deiner Seelen/ wegen Mangel der Tugenten/ und wegen deß verlohrenen Kleyds der Unschuld; oder die Stund deines todts/ an welcher du aller zergaͤnglichen Guͤter wirst entbloͤsset werden/ oder dergleichen. Huͤte dich auch unter dem Außklei- den/ daß du keinen entbloͤsten Theil deines Leibs fuͤrwitziglich anschau- est. Schließlich solstu mit dem Wey-Wasser an deiner Stirn machen den Nahmen JESU/ und uͤber das Hertz den Nahmen MARIÆ, und sprechen: JEsus seye in meinem Sinn/ Maria im Her- tzen/ JESUS MARIA JOSEPH, im Mund/ im Leben und im Todt. Nach diesem besprenge dein Bett mit Wey-Wasser/ und mache uͤber selbiges ein dreyfachiges Creutz und spreche: Jn Nahmen deß Batters/ und deß Sohns/ und deß Heiligen Geistes/ Amen. Jndem du zum Bett gehest/ so spreche: A Llersuͤssester JEsu/ in deine Haͤnd befehle ich meinen Geist/ nehme zum End meines Lebens meine Seel zu dir. Jch will im Frieden zugleich einschlaffen und ru- hen. Von Verehrung der Heiligen. hen. GOtt ✠ der Vatter/ der Alles auß Nichts erschaf- fen hat/ segne mich. GOtt ✠ der Sohn/ der den verlohr- nen Menschen mit seinem Blut erkaufft hat/ segne mich GOtt ✠ der Heilige Geist/ ein Troͤster der betruͤbten Hertzen/ seg- ne mich. JESUS von Nazareth, ein Koͤnig der Juden. Der Sieghaffte Ehren-Nahm/ behůte mich fůr allem Vbel. Heiliger GOtt/ starcker GOtt/ unsterblicher GOtt/ erbarm dich meiner. JESUS, MARIA, JOSEPH. W Ann du nun nicht alsbald schlaffen kanst/ so erinnere dich der Ma- teri/ deren du deß folgenden Tags dich zur Betrachtung gebrau- chen wilst. Oder gedencke an das bittere Leyden und Sterben Christi: oder was dergleichen. Unterstehe dich auch so erbarlich/ als dirs moͤglich ist/ im Bett zu ligen/ nemblich auff der rechten Seiten/ und uͤber all bedeckt/ auch in der groͤsten Hitze/ mit Creutz-Weiß uͤbereinan- der geschlagenen Haͤnden vor der Brust: und schließlich mit solcher Einge- zogenheit/ die einem Geistlichen/ so da einer Englischen Reinigkeit sich auff Erden befleissen solle/ gebuͤhrlich anstehet. Gewoͤhne dich auch nicht daran/ daß du dich offt von einer Seiten zur andern weltzest; sondern li- ge ruhig/ und gedencke an deinen Heyland/ welcher am Stammen deß heil. Creutzes/ nicht auff einem weichen Bett; sondern am harten Holtz sterbend entschlaffen ist. So offt du erwachest/ seufftze zu deinem GOtt: und versichere dich/ daß/ wann du dieses alles auß wahrer Meynung deinem GOtt zu gefallen wirst halten; so wirstu mit den Kindern GOttes ruhig schlaffen/ und auch durch alsolchen Schlaff dich noch darzu verdienstlich machen. B b b b b 2 Die Die Fuͤnff und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection Die Fuͤnff und Fuͤnfftzigste und letztere Geistliche LECTION Von Der Berharrung im Guten. Matth. 10. v. 22. Qui perseveraverit usque in finem, hic salvus erit. Wer verharren wird biß zum Ende/ der wird seelig werden. 1. O B zwarn noch viele Materien uͤbrig seynd/ von denen koͤnte und solte gehandlet werden; selbige aber/ theils einem Geistlichen zu wissen nicht noͤthig; theils auch in denen vorhergehenden Lectionen unvermerckt beruͤhret seynd: derhalben wollen wir allhier darvon keine weitere Meldung thun; sondern mit gegenwaͤrtiger Lection von der Verharrung das Studier-Jahr beschliessen/ und den Spiel-Mo- nat anfangen; damit von dir/ mein Christliche Seel/ nicht moͤge ge- sagt werden/ was der heilige Evangelist Lucas auß dem Munde deß Hey- landes meldet und sagt: Dieser Mensch hat angefangen zu c. 14. v. 30 bauen/ und hats nicht außfůhren koͤnnen. Dann/ was hilffts/ daß man eine Sach anfanget/ und nicht biß zum End bestaͤndiglich darinnen verharret? Dahero/ wann schon einer allem dem/ so in dieser Tugent-Schul gelehret worden/ zum genauesten nachleb- te/ und danoch darinnen biß zum Ende nicht Fueß beym Mahl hielte/ wuͤrde selbiger keinen Nutzen darvon tragen: zumahlen das ewige Leben den Anfangenden und denen/ so in dieser Schuhlen sich uͤben/ zwarn versprochen wird; kan aber keinem gegeben werden/ als denen/ die biß zum Von Verharrung im Guten. zum Ende deß zeitlichen Jahrs diesem Studieren fleissig obligen. dieses bedeutet dir GOTT durch den Propheten und sagt: Wann Ezech. 8 sich der Gerechte von seiner Gerechtigkeit abwendet/ und Boͤses thut/ soll er dann leben: Es wird an alle sei- ne Gerechtigkeiten/ so er gethan hat/ nicht gedacht wer- den. So sagt dann recht der heilige Hieronymus: Man sucht in Lib. 1. contra Jovinina den Christ-Glaubigen nicht den Anfang/ sondern das Ende. Paulus hat übel angefangen/ aber wohl geendi- get: Der Anfang deß Verraͤhters Judaͤ wird gelobt; der Außgang aber wird mit dem ewigen Verderben gestrafft. Einmahl gewiß ist/ was der heilige Vatter Augustinus sagt: Es ist kein grosse Sach/ daß man das Gute anfange; sondern daß ist allein vollkommentlich/ daß man selbiges zum End bringe. 2. Und da der Seraphische Lehrer Bonaventura dieser Worten deß 1. Cor. 9. Apostels sich erinnert. Es lauffen zwarn alle/ aber einer bekombt das Kleynod: spricht er also: Dieses kan von den In Psal. 67. Tugenten gesagt werden: dann selbige lauffen zum Reich Christi/ eine aber erhaltet das Kleinod: Es lauffet die Verachtung der Welt/ es lauffet die Armuth/ es lauffen die Allmusen/ das Wachen und Betten lauffet/ es Laufft die Enthaltung/ Keuschheit und Gedult; auch lauffet die Verharrung; und von allen wird diese etzte- re nur allein gecroͤnet: dann der verharret biß zum End/ der wird seelig werden. Weiters/ gleich wie kein Werck/ es scheine so vollkommen zu seyn/ als es immer wolle/ GOTT ge- fallen kan/ ohne die Lieb; wie der Apostel Paulus mit diesen Worten bezeugt: Wann ich mit Menschen und Engeln Zungen 1. Cor. 13. redete/ und haͤtte aber die Liebe nicht/ \&c. Also muß keine Tugent/ weder auch einiges gute Werck die Belohnung erwarten/ Matt. 9. wann sie nicht von der Verharrung vergesellschafftet werde. Das Evangelische Weib/ so mit dem Blut-Gang behafftet ware/ hat nirgend andersher die Gesundheit erlanget/ als daß sie den Saum deß Kleyds Christi hat angeruͤhret: die Saͤume aber an den Kleydern seynd das eusserste und letzte Theil derselben. Was wird nun anders B b b b b 3 dadurch Die Fuͤnff und Fuͤnfftzigste geistliche Lection dadurch bedeutet/ als eben/ daß die Verharruung/ so durch das Anruͤh- ren deß Saumbs verstanden wird/ hoͤchstnoͤthig seye zu Erhaltung der Ge- sundheit/ oder deß ewigen Seelen- Heyls? Der fromme Jacob hat GOtt In Epis. 10. ad Fur. gesehen/ aber wo? Auff der Spitzen der Leiter/ sagt der heilige Hieronymus und nicht unten am End derselben/ oder in der Mitten: auff daß wir lernen sollen/ daß es nicht genug seye/ wohl anzufangen/ sondern wohl zu endigen. Dann Epist. 253. was hilffs/ sagt der heilige Bernardus/ daß wir Christum nach- folgen/ wann wir ihn nicht erreichen: Derhalben sagte 1. Cor. 9. Paulus: Lauffet also/ daß ihrs ergreiffet. Alda solstu/ mein Christ-Glaubiger Mensch/ das Ziel deines Lauffs und Fortgans setzen/ wo Christus das Seinige gestelt hat. Er ist/ sagt der Apostel/ gehorsamb werden biß zum todt. Du magst dann lauffen/ so viel du kanst; wirstu nicht lauffen biß zum todt/ so wirstu keinen Lohn bekom- men. Also redet der heilige Bernardus von der Sachen. Wilstu nun seelig werden/ so folge deinem Heyland nach/ der von sich selbsten Joan. 17. sagt: Jch hab das Werck vollzogen/ mein Vatter/ daß du Joan. 19. mir zu thun gegeben hast. Und am Creutz gesprochen hat: Es ist vollbracht. Ob wohl die hartnaͤckige Juden geruffen haben: Matt. 27. Wann er ein Koͤnig auß Jsrael ist/ so steige er vom Creutz/ und wir wollen ihm glauben: Dannoch hat Christus seyn Creutz nicht verlassen wollen. Warumb aber das? dieweilen selbiger/ in dem er ein wahrer Koͤnig uͤber Jsrael ware/ den Titul oder Uberschrifft seines Reichs/ so auff das Creutz gehefftet ware/ nicht verlassen muste: Dann so der jenige/ der biß zum End nicht verharret/ nicht kan seelig werden/ wie viel weniger koͤnte seelig werden der Heyland selbst: sagt der heilige Bernardus/ und der heilige Thomas In Matt. c. 27. setzt hinzu und sagt; wann Christus vom Creutz hinab gestie- gen waͤre/ so haͤtte er uns in der Tugend der Verharrung biß zum End nicht vorgeleuchtet. Gen. 19. 3. Entsetzlich ist/ was wir im Buch Genesis lesen von dem Weib deß Loth/ so der Feuers-Brunst entkommen ware; und da sie zuruͤck schauete/ sehe/ da ward sie in eine Sals-Saͤule verwandlet. Warumb hat GOtt aber den Fuͤrwitz dieses Weibs in einem Augenblick so grausamblich straffen wollen/ in dem doch selbige villeicht nur auß lauter Mit-Leyden hat umb- schauen wollen? Damit uns der guͤtige GOtt sorgfaͤltiglich unterrichte/ wie viel daran gelegen seye/ daß der jenige/ so den Suͤnden einmahl den Ru- cken gewendet/ und nunmehr den Berg der Tugenten hinauff zu steigen an- gefan- Von Verehrung der Heiligen. gefangen hat/ nicht zuruͤck schreite. Dahero hat er sehr vorsichtiglich ver- ordnet/ daß das gemeldte Weib nicht in eine hoͤltzerne/ steinere/ oder Metalle- ne; sondern vielmehr in eine Sals- Saͤul veraͤndert worden. Dann also/ spricht der H. Vatter Augustinus: Hat uns GOtt eine vermengte Speiß zugerichtet/ die wir gleichsamb schmecken/ uns fůr alsolchem unglück fleissig hüten/ und mit diesen Gedancken/ gleich wie mit einem Saltz gewůrtzet/ unsern angefange- nen Weeg tapffer fortsetzen/ und die Angen nicht zurück schlagen sollen/ damit wir nicht anch dergleichen Straff zu erfahren genoͤthiget wůrden. 4. Nachdem der H Bernardinus weitlaͤuffig erzehlet/ wie der boͤse Feind die Verharrung deß Menschen zu verhinderen trachte/ bringt er diese folgen- de Histori hervor/ und sagt: Es waren zwey Fechter/ so sich mit einander schla- Tom. 2. ser 66. art. 2. c. 2. gen wolten: und da der eine sicht/ daß sein Feind auff ihn will loßgehen/ so rufft er alsbald und sagt: ich will mit zweyen nicht fechten; einer von euch bey- den weiche zuruͤck: derohalben sehet selbiger zuruͤck/ in Meynung/ daß einer hinten ihm stehe; wird aber in solchem zuruͤck schauen vom andern verletzt und getoͤdtet: Also wird der jenige vom Teuffel gar leicht betrogen/ welcher nicht verharret/ sondern zuruͤck sehet. So haben dann die Engel Gottes wohl Gen. 19. gesagt zum Loth: Errette deine Seel/ und sehe nicht umb; da aber dessen Weib zurück geschauet/ ist sie in eine Sals-Saͤu- le verwandlet worden. Derhalben sagt Christus: Keiner der Luc. 9. seine Hand an den Pflug legt/ und sehet zurück/ ist geschickt zum Reich GOttes. Hergegen befleisset sich der hoͤllische Sa- than die Verharrung im Guten auff alle moͤgliche Weiß zu hemmen/ wie der H. Laurentius Justinianus bezeugt: Der Teuffel/ sagt er/ pflegt der c. 2. de lig. rit. der Verharrung immer nachzustellen; dieweilen er weiß/ daß selbige unter den Tugenten allein gecroͤnet werde. Bey dem Propheten Ezechiel wird ein grosse Niederlag erzehlet/ welche Gott unter den Menschen/ in allerhand Stands/ Geschlechts und Alters Persohnen/ mit Ezech. 9. dieser Condition hat angestellet. Jhr sollet keinen toͤdten/ an welchem ihr das Zeichen/ Thau/ sehet. Warumb sollen aber diese mehr frey seyn/ als andere? Dieweilen/ sagt der gelehrte Cardi- nalis Hugo/ die Buchstaben T. in dem Hebraͤischen Alphabet die letzte Litter/ und der Figur deß Creutzes gleich ist/ und derhalben durch selbi- ge die Verharrung verstanden wird: auch ein jeder dahero erinnert werde/ daß/ wann er alle Gebott GOttes biß zum letzten nicht halte/ solle getoͤdtet werden. 5. Zu Die Fuͤnff und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection 5. Zu dessen mehrer Bekraͤfftigung dienet ein ander Ort der heiligen Schrifft. Jm alten Testament hatte GOtt befohlen/ daß ihm alle Erst- Geburt/ so wohl von Menschen als Viehe zum Opffer solte geschlach- Exod. 13. v. 13. tet werden: den Esel allein hat er auffm Altar nicht haben wollen. Die Erst-Geburt deß Esels/ sagt GOtt/ solstu mit einem Schaaff verwechßlen. Ob wohl nun die heilige Dolmetscher hieruͤber viellerhand Ursachen vorbringen/ so dienet doch diese zu unserm Vorhaben am besten; daß nemblich durch die Esel die jenige verstanden werden/ so da zwarn wohl anfangen/ in der Mitten deß Weegs aber ermuͤdet werden und erligen: zumahlen man im gemeinen Sprichwort sagt: Ein Esel laufft nicht lang. Diese verwirfft dann GOtt/ und hat von selbigen ein Abscheuen. Werffe derhalben/ mein Christliche Seel/ alle Faul- und Traͤgheit von dir hinweg/ verlasse die Eigenschafft deß Esels/ und nehme die Natur der Hirschen an; seye hurtig und un- verdrossen im Dienst GOttes/ wann du demselben zu einem angenehmen Opffer wilst geschlachtet werden. Dahero ermahnet dich billig der heilige Lib. 1. Sinon. in fine. Jsidorus und sagt: Stehe vest in der Gedult/ daß from- me Leben/ so du hast angefangen/ verlasse nicht; deinen gemachten guten Vorsatz/ und gethanes versprechen halte biß zum End: seelig bistu/ wann du im guten verbleiben wirst: selig bistu/ wann du bestaͤndiglich verharren wirst: Das Heyl wird versprochen den Anfangenden; der Lohn Ps. 105. v. 3 aber wird den verharrenden gegeben. Selig seynd/ die das Gerichte bewahren/ und thuen/ was recht ist zu al- ler. Zeit. Der ist nicht gluͤckselig/ der Guts gethan hat; sondern der Guts thut zu aller Zeit. 6. N e hme auch wohl in obacht die folgende Lehr deß H. Hieronimi: Wir in Cap. 27. Ezech. werden nicht/ sagt er/ über die vergangene/ sondern ůber die gegenwaͤrtige Dinge gerichtet werden. Behut- samb/ behutsamb/ und forchtsamb solstu seyn/ auff daß deine alte/ mit grosser Mühe erworbene Herr- ligkeit/ und veste Stetigkeit im Guten/ die Waͤl- len einer eintzigen Stunden nicht zu Boden werffen. O wie viele haben gehabt ansehnliche Eingaͤng/ und hergegen schaͤndliche Außgaͤng! Henricus der achte/ Koͤnig in Engelland/ hat mit seiner eigenen Hand Von Verharrung im Guten. Hand ein Buch von den sieben Sacramenten gegen Lutherum gesehrieben/ und ist bey dem Roͤmischen Pabst und allen Cardinaͤlen in solcher Æstim ge- wesen/ daß er mit dem Titul eines Verthaͤtigers der Kirchen von selbigen ist geehret worden. Wer solte damahls vermeinet haben/ daß dieser Koͤnig in sei- ner Boͤßheit auch einen Antichrist uͤberwinden/ und sein heiliges und Ertz- Catholisches Reich in den Abgrund der schaͤndlichen Ketzerey stuͤrtzen wuͤrde? und gleichwohl hat desselben Grausamkeit/ nicht ohne grossen und unwider- bringlichen Schaden und Aergernuß der Christ-Catholischen Kirchen/ sich so weit außgelassen/ wie gemeldet worden. Osius ein Bischoff/ deßgleichen die Catholische Kirch nicht offt gesehen hat/ den die Arianer selbst einen Fuͤr- sten der Versamblungen genennet/ und schier die gantze Welt als ein Wun- derwerck verehret; den der Kayser Constantinus fuͤr seinen geistlichen Vatter gehalten/ und dessen Rath gepflegt hat; dieser so ansehnlicher gelehrter und hochverstaͤndiger Mann hat den Glauben/ den er so lange Zeit verthaͤtiget/ erhoben/ und außgebreitet hatte/ im hundersten Jahr seines Alters verlaͤug- net/ und ist der schaͤndlichen Ketzerey deß Ursacii und Valentis zum ewigen Verderben seiner Seelen beygefallen. 7. Die Bildnuͤß deß Nabuchodonosoris steigete von einem guͤldenen Haubt zur silbernen Brust und Armen hinab: von Silber zum Ertz oder Kupffer; vom Kupffer zum Eysen/ und endlich zu der verwuͤrfflichen Ma- teri der Erden. Dieser Bildnuͤß seynd gleich alle die jenige/ so da mit einem grossen Eyffer anfangen/ nachmahlen aber allgemach zur Traͤgheit sich len- cken/ und also vom Weeg deß Heyls/ zum Weeg deß Verderbens sich nicht stuͤrtzen/ sondern vielmehr langsamb und gemaͤchlich hinunter lassen. Gleich wie nun die unvergleichliche grosse Bildnuͤß deß Nabuchodonosoris durch ein kleines Steinlein ist zu Bodem geworffen worden; also kan offtmahlen ein gar wenige Gelegenheit sehr schaͤdlichen und schaͤndlichen Fall verursa- chen. Dieses hat mit seinem hoͤchsten Schaden erfahren ein sicher Juͤngling/ von welchem Drexelius also meldet. Es war auff eine Zeit ein Juͤngling/ der hat ehrliche und reiche Eltern; diese ersuchete selbiger/ sie moͤchten ihm er- lauben/ die Welt zu verlassen/ und ein heiliges Leben anzufangen; welches ih- me der Vatter nicht gestatten wolte: als nun der Juͤngling mit vielfaͤltigem bitten und Begehren nichts richten konte/ nahm er seine Freund zu Fuͤrbitte- ren; die dann solches vom Vatter letztlich erbetten: darauff ist er alsbald in ein Closter gangen: darinnen er mit taͤglichem Casteyen und Abbruch der- massen zugenommen/ daß er allen andern zum Exempel gewesen ist: Jn sol- chem Wachsthumb der Tugenden ließ er sich geduͤncken/ er haͤtte nunmehr C c c c c (so Die Fuͤnff und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection (so doch nicht ware) eine bestaͤndige Vollkommenheit erreichet: begehrt der- halben von seinem Praͤlaten Erlaubnuͤß auß dem Closter sich in eine Wild- nuͤß zu begeben/ und daselbst wie ein Einsidler zu leben: der geistliche Vatter/ als der deß boͤsen Feinds List wohl vermerckte/ mahnet den jungen Ordens- Mann von solchem seinem Vorhaben ab; stellet ihm die Gefahr/ die feind- liche Nachstellungen/ und auß sothaner Absoͤnderung erfolgenden vielfaͤlti- gen Schaden vor Augen: der Geistliche aber wolte sich in dieses alles nicht verstehen/ als der sich von seinem eigenen Sinn und Meinung gar zu starck ziehen und uͤberreden liesse: wanns dann immer seyn muß/ sagt der Praͤlat/ so will ich dir die Geferten zugeben: also gieng er mit zweyen Geferten dahin/ die dem neuen Einsidler ein gelegenes Orth außsuchen solten: da nun selbige einige wenig Tage/ gantz ermuͤdet in der Wuͤsten herumb gangen/ setzten sie sich nieder zu ruhen/ und entschlieffen: hieruͤber flieget ein Adler herzu/ und er- wecket sie mit dem Getoͤß seiner Fluͤgel: da sagten die Gefehrten: sehe Bru- der/ GOtt schickt dir einen Engel/ dem du sollest nachfolgen: dessen erfreuet sich der Bruder/ ließ seine Gefehrten von sich/ und folget dem voran fliegen- den Adler nach. Uber ein kleines setzt sich der Adler nieder/ und verschwindet. An selbigem Ort findet der Einsidler ein lustige Hoͤhl zu einer Wohnung/ neben einem frischen Bruͤnlein/ und etlichen Palmbaͤumen: daß er also bil- lig darfuͤr halten koͤnnen/ GOtt habe diese Bleib - Statt durch den Adler angewiesen/ alwo er sein Leben im Dienst GOttes zubringen solte. Er brachte nun ein gantzes Jahr in grosser Einsambkeit und unschuld zu. Die- ses konte der boͤse Feind nicht leyden/ und fuͤrchtete/ dieser Einsidler moͤg- te in den Tugenten dermassen zunehmen/ daß er ihn nachmahlen von selbi- gen abwendig zu machen nicht bestand waͤre: derhalben fangt er an/ aller- hand Betrugs und Arglist sich zu gebrauchen: verkehrt sich in eines alten wilden Einsidlers Gestalt/ und erscheinet also dem jungen Bruder/ der dann (als welcher innerhalb sechs Jahren keinen Menschen gesehen) von dem frembden Gast erschroͤcket/ fangt an zu betten. Jmgleichen stellet sich auch der betriegliche Feind/ als ob er auch bettete; und da der Bruder auffstehet/ spricht ihm die hoͤllische Larven zu/ und ermahnet ihn/ nach- mahlen mit ihme zu betten. Nach selbigem fragt er den einfaͤltigen Bruder: wie lang er sich allda auffhalte/ und bekombt zur Antwort/ sechs Jahr. Wie soll daß seyn/ sagt der vermenschte Teuffel/ daß ich in so langer Zeit nichts umb dich gewust habe/ und wohnest so nahe bey mir? Es ist nun der vierdte Tag/ an dem ich erfahren/ daß du allhier wohnest; und hab mich Von Verharrung im Guten. mich alsbald auff den Weeg gemacht/ dich zu gruͤssen/ und mich von unser beyden Seelen Heyl und Wohlfahrt mit dir zubesprechen. Warumb halten wir uns in einem so oͤden unbewohnten Wald auff/ und werden der heiligen Communion deß Fronleichnambs Christi niemahlen theilhafftig? Jch foͤrchte sehr/ Christus werde uns auch seines Himmel-Reichs nicht theil- hafftig machen. Nicht fern von hier seynd zwey Kloͤster/ dahin wir an den Festaͤgen gehen/ und die H. Communion empfangen moͤgen. Solchen Rath hielte der einfaͤltige Bruder fuͤr heylsamb und nothwendig; gienge mit dem boͤsen Feind/ den er fuͤr einen heiligen Mann ansahe/ von seiner wilden Hoͤhl zu einem der gedachten Kloͤster: und als er in die Kirchen kam/ nieder- kniet und bettete/ und uͤber ein kleines nach seinem Gefaͤrten umbschauete/ fande er denselben nirgends: fragt derhalben bey dem Kloster/ ob niemand seinen Gefaͤrten/ einen alten Wald- Bruder gesehen habe. Die im Kloster sagten/ wir haben niemand gesehen/ dann dich allein/ ohne einigen Gesellen in die Kirchen eingehen. Auß welchem dann letzlich der gute Bruder deß Betriegers List wargenommen; und daß er also von dem boͤsen Feind auß seiner Wohnung und Wuͤsten herauß gelockt worden: welches ihn gleich- wohl nicht fast verdrossen; dieweilen er nach so langer Zeit der Einsambkeit/ Leut gesehen hatt. Kehret also wieder zu seiner vorigen Hoͤhl/ und fahret in dem angefangenen Gottseligen Leben fort/ wie zu vorn. Solches mogte der Teuffel abermahl nicht leyden/ derhalben erfunde er einen weit andern Betrug: stellet sich in Juͤnglings Gestalt/ als waͤre er ei- nes Buͤrgers Sohn/ auß deß Einsidlers Vatterland: damit er ihne/ den er einmahl betrogen/ noch ferner von der Wildnuß/ von der Andacht und Gottseligem Leben entfuͤhren/ und gar in die ewige Verdambnuß stuͤrtzen moͤgte. Kombt derowegen vor deß Brudern Hoͤhl/ redet zwar nichts; stel- let sich aber/ als seye er ihn zu suchen/ auß dem Vatterland ankommen/ be- schauet den Bruder allenthalben wohl/ damit er ihme Ursach zu fragen gebe/ was er dieser Orten machte? So dann auch geschahe: zumahlen der einfaͤl- tige Bruder anfieng/ und fragte: was machstu allhier; Warumb beschaue- stu mich allenthalben so fuͤrwitziglig? Der tausent Luͤgner antwortet und sagt: Ach! frommer Herr/ mich gedunckt/ du kennest mich nicht mehr/ dieweilen wir schon so lang nicht mehr ein ander gesehen haben. Jch bin deines Vatters Nachbahren Sohn: also hat dein Vat- der/ also hat deine Mutter/ und also deine Schwester geheissen. Deine C c c c c 2 Mut- Die Vier und Fuͤntzigste Geistliche Lection Mutter aber und deine Schwester seynd bereits vor drey Jahren/ dein Vat- ter ist aber erstlich dieß Jahr gestorben/ und hat dir allein alles Haab und Gut verlassen/ damit du solchen Schatz als ein frommer Gottseliger Sohn/ zu euer beyder Seelen-Heyl/ unter die Armen außtheilest: zu welchem Ende er dann unterschiedliche Botten/ dich zu suchen außgesandt/ so dich aber nirgend haben finden koͤnnen. Darumb ich mich dann billig hoch zu er- freuen hab/ daß mir das Gluͤck also guͤnstig gewesen/ und dich allhier ange- troffen habe. Der gute Einsidler antwortet Gottseliglich (wann er nur auch bestaͤndiglich bey solcher Antwort verblichen waͤre) Jch will/ spricht er/ umbs Gelds Willen dieß mein liebes Oertlein nicht verlassen. Darauff sagte der Feind hinwieder: was rath ich dir dann boͤses? Jch sag nicht/ daß du die Reichtumb/ Geld und Gut besitzen; sondern unter die Armen außtheilen/ und dich alsbald wiederumb zur Wuͤsten und Wildnuß begeben sollest. Wie wirstu das am juͤngsten Tag verantworten/ wann eine so an- sehnliche Summa Gelds verfressen/ und den Armen entzogen wird? wie wird deinem Vatter/ wie wird den Armen geholffen/ die du so grosser Barm- hertzigkeit beraubest? Jch fuͤr meine Persohn/ antwortet der Bruder/ hab mich biß dato nichts weltliches kuͤmmern lassen; sondern mich allein/ wie ich mein Gewissen rein halten/ und GOtt sambt seinen Heiligen an- daͤchtiglich verehren moͤge/ jeder Zeit nach moͤgligkeit beflissen. Ja eben dieses/ sagt der listige Luͤgner/ ist das Gewissen/ und GOttes Heiligen bedencken; wann man den Eltern in einer so gottseligen Meynung/ und den Armen bey so guter Gelegenheit zu Huͤlff und Trost kombt: Wem sol- ches nicht angelegen ist/ der versaumbt sein eigen Gewissen/ und verachtet GOtt sambt seinen Heiligen. Zu solchen Worten fragt der Einsidler: ist dann sonst niemand auß meinen Freunden vorhanden/ der solche Verlassen- schafft ohne mich unter die Armen außspendiren koͤnte? Kanstu nicht/ sagt der Betrieger/ so wird der naͤchste Geitzhals seines Gefallens darmit handlen: werden also die Armentraurig/ elend und unbegabt darvon muͤssen; an wel- chem allem du allein wirst schuldig seyn. Der unverstaͤndige junge Bru- der lasset sich durch solche Wort bewegen/ verlast seine Wohnung und Ein- noͤde/ sambt GOtt und dessen Heiligen: reiset fort/ kombt in das Vatter- Land: lernet unterwegens nicht wenig Laster und Buben-Stuͤcklein von seinem Gefaͤrten/ der ihn gleichsamb unwissend und unvermerckt/ trefflich in aller Weltligkeit und Boͤßheit abgerichtet. Nachdem er aber nach Hauß kommen; siehe/ da begegnet ihm sein V atter/ dender boͤse Feind fuͤr todt angesagt Von Verharrung im Guten. angesagt hatte: dieser verwundert sich ab dem neuen Gast/ kennet seinen Sohn nicht mehr; der Sohn aber kennet den Vatter/ fragt/ wer und von wannen er seye/ und was er wolle? der Sohn verwundert sich hergegen/ daß er solte seinen Vatter sehen/ den er doch fuͤr todt gehalten: fieng an/ eine Ehr- Luͤgen zu dichten (dann er auß der guten Kundschafft seines Weggefaͤhrten so viel schon erlernet) und sagt/ es haͤtte ihn das Verlangen/ seinen Vatter heimzusuchen/ und noch einmahl lebendig zu sehen/ daher getrieben: hierauff erkennet der Vatter seinen Sohn/ fuͤhret ihn mit sich froͤhlig nach Hauß/ und tractiret ihn vaͤtterlich: indem er sich aber also bey dem Vatter auff haltet/ er- lernet er bald der Welt Brauch und Leichtfertigkeit/ die er vielleicht noch nicht allerdings vergessen gewesen: und wird endlich so gottloß/ als gottseelig er zuvor gewesen/ und ware ihm gleichsam leid/ daß er sich der Suͤnden so lang enthalten; so wohl gefiel dem elenden Juͤngling das liederliche Leben: das Gewissen/ welches er sonsten taͤglich zu erforschen pflegte/ muste sich jetzt untertrucken lassen: die Heiligen GOttes/ so er vormahlen so embsig und an- daͤchtiglich verehret/ achtete er nichts mehr/ und fieng an im GOttes-Dienst verdrießlich zu werden; hingegen dem Leib/ welchen er so vielmahl casteyet und mortificiret hatte/ auffs allerzarteste auffzuwarten: ward also nach und nach/ von Tag zu Tag aͤrger/ und wunderte sich gleichsamb selbst/ wie er deß lieder- liehen Lebens so lang habe entraten koͤnnen: hat also gottloser Weiß seine Un- sehuld und Remigkeit verlohren/ und stch in die abscheuliche Suͤnden verwi- ckelt/ daß er also von seinem eigenen Vatter/ wegen seines boͤsen Lebens/ mit Streichen hergenommen worden. Es war nunmehr alle Ermahnung und Straff verlohren; darumb er dann letztlich in seinem unseligen Leben gantz unseliglich ist gestorben und verdorben. 8. Kanst du nicht/ mein Christliche Seel/ hierauß handgreifflich abneh- men/ daß es nicht gnug seye/ wohl anzufangen; sondern man muͤsse auch in dem guten von Anfang biß zum End verharren; was haben diesem ungluͤckseligen Juͤngling seine so viele Jahren geuͤbte gute Wercke genutzet? warhafftig nichts. O wie viele Geistliche findet man nicht auch heutigen Tags leider GOTTES! so da uͤberauß wohl anfangen/ aber trefflich uͤbel endigen! diese redet der Heyl. Apostel Paulus mit denen ernstlichen Worten an/ und sagt: Seyd ihr so unwitzig/ daß ihr/ nachdem Gal. 3. v. 3. ihr im Geist habt angefangen/ ietzt im Fleisch vollen- den wollet? und der Heyl. Geist drewet allsolchen durch den weisen Mann mit dem erschroͤcklichen und ewigen Wehe/ und spricht: Wehe denen/ welche die Gedult verlohren/ und Eccli. 2. v. 16. C c c c c 3 die Die Fuͤnff und Fuͤnfftzigste Geistliche Lection die rechte Weeg verlassen haben/ und seynd auff verkehrte Weege abgewichen. Dahero sagt Christus bey dem Evangelisten Matth eo : Wer biß zum End verharret/ der wird seelig werden/ und wann schon alle Tugenten/ sagt der H. Lauren- tius Justinianus/ ihren Besitzer zum Himmel ziehen; so er- kennen sie doch/ daß die eintzige Verharrung eine Vrsach deß erhaltenen Kleynodts seye. Auch haben die Arbeiter/ so umb die Eilffte Stund/ da die Sonn sich zu neigen anfieng/ vom Hauß-Vatter in dessen Weingarten geschickt worden/ gleichen Lohn mit den andern em- pfangen: ja seynd denselben in dem Empfang deß Lohns noch vorgezogen worden; dieweilen der Schaffner in der Bezahlung von den letztern den Anfang gemacht hat. Hierdurch hat unser getreue Heyland uns lehren wollen/ daß es einmal gewiß seye; GOtt sehe nicht an/ wie wir vorhin seynd beschaffen gewesen/ sondern habe nur Achtung auff das Ende. Eja/ mein Christliche Seel/ so laß uns dann in allem Guten standhafftiglich verbleiben/ laß uns lieber sterben/ als das einmahl gegebene Parole vernichtigen wollen: und weilen/ nach Zeugnuß deß heiligen Hieronymi viele zu steigen anfan- gen/ wenig aber die Spitze erreichen; so laß wir uns mit allem Ernst befleis- sen/ daß wir mit nichten unter die viele wohl Anfangende; wohl aber unter die wenige/ so da wohl endigen/ moͤgen gezehlet werden: und also dermahlen eins mit dem H. Apostel Paulo in aller Warheit und Freude unseres Hertzen sagen koͤnnen: Jch hab einen guten Kampff gehalten/ ich hab 1. Timot. 4. 7. meinen Lauff vollendet; was übrig ist/ da ist mir beygelegt die Kron der Gerechtigkeit. Welches dir und mir verleyhe der Barmhertzige liebe GOtt/ GOTT Vatter/ Sohn und Heiliger Geist/ AMEN . INDEX INDEX CONCIONATORIUS Succinctè concinnatus per omnes Anni Dominicas. Dominica I. Adventus. E Untes autem Discipuli fecerunt. si- cut præcepit illis JEsus. Matth. 21. De Obedientia. Der beste Saam ist der Gehorsamb. Currit castus, currit humilis, currit \& Christi pauper \&c. at omnibus præcur- rit obediens. Pag. 244 Dom II. Adventus. Non licer tibi habere uxorem fr atris tui. Marci 6. De Luxuria. Pfui Teuffel. Luxuriosus quisque propter unius mo- menti delectationem Libidinis Diabolo se vendit. 198 Dom III. Adventus. Ego vox clamantis in deserto. Mar1. 1. De Solitudine. Cinsamkeit und Heiligkeit seynd zwey Schwestern. Solitudo Paradisus est voluptatum, quem cœlestes gratiarum imbres fre- quentius irrigare solent. 235 Dom. IV. Adventus Baptizantur ab eo in Jo dane, confi- tentes peccata sua. Luc. 3. De Confessione. Bestehe es/ so bestehest wohl. Confessio est salus animarum, dissipa- trix vitiorum, oppugnatrix Dæmonum. 501 Dominica infra Octavam Nativitatis. Et hæc vidua usq́ue ad annos octagin- ta quatuor. Luc. 2. De Castitate. Wie wohl riechen die Lilien! obschon vielen darvon der Kopff wehe thut. Habitare cum fœmina, \& non cog- noscere fœminam, plus est, quàm mortuũ ad vitam suscitare. 183 Dominica infra Octavam Epiphaniæ Erat subditus illis. Luc. 2. De Inobedientia. Ein wilder Will/ der nicht will/ was andere wollen! Verus obediens mandatum non pro- crastinat, sed parat aures auditui, Lin- guam voci, manus operi, pedes itine r i \&c. 267 Dominica Index Concionatorius Dominica II. post Epipha- niam. Vinum non haben. Joan. 2. De Ebrietate. Fewer im Nassen. Plurimos gula sua occidit; nullum frugalitas: innumeris vina nocuerunt, nulli parsimonia. 437 Dominica III. post Epipha- niam. Ecce Leptosus veniens, adorabat eum. Matth. 8. De Peccato. Gott behuͤte uns alle. Nihil sic timeas, sic vituperes \& fu- gias, sicut vitia \& peccata. 564. Dominica IV. post Epipha- niam. Domine, salva nos, perimus. Matth. 8. De Oratione. Die irrdische Allmacht. Oratio justi, clavis est Cœli: ascendit precatio, \& descendit Dei miseratio. 449. Dominica V. post Epipha- niam. Cùm dormirent homines, venit Ini- micus. Matth. 13. De Tentationibus. Bursch ins Gewehr. Diabolus eos cupit dejicere, quos videt stare. 350 Dominica VI. post Epipha- niam. Simile est regnum cœlorum grano sy- napis, quod minimum est. Matth. 13. De Humilitate. Auß Niederland ist der nechste Weeg ins Engelland. Cogitas magnam fabricam construe- re celsitudinis, de fundamento priùs co- gita humilitatis. 111 Dominica Septuagesimæ. Quid statis totâ die otiosi? Matth. 20. De Labore manuali. Faul heist deß Teuffels Gaul. Operans monachus uno Dæmone pulsatur, otiosus verò innumeris spiriti- bus devastatur. 553 Dominica Sexagesimæ. Semen est Verbum DEI. Lue. 8. De Auditione \& Lectione Rerum Spiritualium. Ein guͤldener Ohren-Loͤffel. Sicut Arbor perpetuâ irrigatione cres- cit in magnam altitudinem, sic et divi- norum Eloquiorum doctrinâ assiduè ir- rigatus, ad virtutis fastigium pervenit. 543 Dominica Quinquagesi- mæ. Et qui præibant, increpabant eum, ut taceret. Luc. 18. De Silentio. Ein Blatt fuͤrs Maul. Ad formandam alicujus Domus aut ordinis Disciplinam nil aliud requiritur, quàm introducere silentium. 204 Dom. I. Quadragesimæ. Cùm jejunâsset quadraginta diebus. Matth. 3. De Iejunio. Spoͤr Per omnes Anni D ominicas. Spoͤr dem Eseldas Futter. Scitote, quoniam exaudiet Dominus preces vestras, si manentes permanseri- tis in jejuniis \& orationibus. 414 Dom. II. Quadragesimæ. Transfiguratus est ante eos. Matt. 17. De Gloria Cœlesti. Wir wollen uns gute Taͤg anthun. Tanta est gloria supernorum civium, ut omnia humana verba ad eam expli- candam minimè sufficiant. 648 Dom. III. Quadragesimæ. Erat Jesus ejiciens dæmonium, \& illud erat mutum. Luc. 11. v. 14. De Colloquio Spirituali. Der Englische Discurs Vanus Sermo vanæ conscientiæ est in- dex: mores hominis lingua pandit, qua- lis sermo ostenditur, talis animus appro- batur: quoniam ex abundantia cordis os loquitur. 224 Dom. IV. Quadragesimæ. JESUS ergò, cùm cognovisset, quia venturi essent, ut raperent eum, \& face- rent eum Regem, fugit in montem. Joan. 6. De Ambitione. Der nach Ehr tracht/ ist nicht ehrlich. Difficile est, stare in alta Dig nitate, \& carere cogitationibus elationis. 143 Dominica Passionis. Ego non quæro gloriam meam. Jo. 8. De vana Gloria. GOtt sey Lob/ nit mir. Qui pro virtute, quam agit, humanos favores desiderat, rem magni meriti vili pretio venalem portat. 364 Dominica Palmarum. Cùm appropinquâsset Jesus Jerosoly- mis in Montem Oliveti. Matth. 21. De Misericordia DEI. Wol auff! gut Hertz! Guraschi! Cuncta peccata ab origine mundi commissa, Divinæ misericordiæ compa- rata, sunt quasiuna gutta ad pelagus to- tius mundi. 2 3 Dominica Resurrectionis. Alleluja. De Gaudio Spirituali. Geistliches Allegro. Cor gaudens exhilarat faciem, in mœ- rore veròanimi dejicitur spiritus. 343 Dominica in Albis. Noli esse incredulus. Joan. 20. De Fide. Der Glaub macht seelig. Corde creditur ad justitiam, ore autem confessio fit ad salutem. 1 Dominica II. post Pascha. Ego sum Pastor bonus. Joan. 10. De bono Exemplo. Gehe du voran. Nullum ego consilium melius arbi- tror, quàm si exemplo tuo fratrem doce- re studeas, quæ oportoat fieri, provocans eum ad meliora, \& consulens ei, neque verbo neque linguâ, sed opere \& verita- te. 393 Dominica III. post Pascha. Modicum. Joan. 6. De Contemptu Mundi. Zeig ihm D’feigen. Mundus hypocrita, foris mirum in D d d d d modum Index Concionum. modum speciosus; intùs plenus corrup- tione, vanitate \& dolo. 374 Dominica IV. post Pascha. Arguet mundum de Judicio. Joan. 16. De Iuicia temerario. Gott wird richten die Lebendigen und die Todten/ nicht du. Heu mihi! illo hodie, \& ego cras. 82 Dominica V. post Pascha. Si quid petieritis Patrem in nomine meo. Joan. 16. De Oratione. Ein gutes Redhauß. Esto sedulus in oratione s esto in pre- cibus importunus; cave, ne ab oratione deficias. 449 Dominica VI. post Pascha. Quem ego mittam vobis Spiritum Ve- ritatis. Joan. 15. De Oratione mentali. Audienz bey unserm Herrn. Multi clau i o ore precantur, \& à Deo exaudiuntur; plurimi verò etiam in mag- nis clamoribus nihil impetrant. 465 Dominica seu Festum Pent. Si quis diligit me. Joan. 14 De Charitate. Wirff Hertz/ so gewinst das Spiell. Nihil sic probat Amicum, quàm one- ris Amici portatio. 54 Dominica SS. Trinitatis. Docentes eos servare omnia. Mat. 28. 20. De Perfectione religiosa. Ein perfect er Mensch. Sicut homo paulatim à minimis vitiis in maxima proruit; ita à modicis virtu- tibus gradatim adea, quæ sunt excelsa, contendi 0 . 380 Dom. II. post Pentecosten. Homo quidam. fecit Cœnam mag- nam. Luc. 14. D e Eucharistia. Nur mir kein Fastag. Eucharistia non mortem solùm, verùm etiam morbos omnes depellit. 523 Dom. III. post Pentecosten. Et mur murabant. Pharisæi. Luc. 25. De D etractione. Den Naͤchsten verkleinern/ ist keine kleine Suͤnd. Nunquid non Vipera lingua Detracto- ris? ferocissima planè: nimirùm quæ le- thaliter inficiat tres flatu uno. 82 Dom. IV. post Pentecosten. Relictis omnibus, secuti sunt eum. Luc. 5. D e Statu Religioso. Muͤnchen ist ein Vorstatt deß himm- lischen Jerusalems. Claustrum Paradisus est delici arum, thalamus nuptialis, cubile immaculatum, virtutum schola, sanctitatis Domus \&c. 425 Dom. V. post Pentecosten. Si ergo offers munus tuum ad Altare. Matth. 5. 23. D e D ilectione Inimici. GOtt verzeyh ihms/ ich auch. Ea res tibi pro martyrio computabi- tur; si insidias molientem inter bene me- ritos numeraveris. 64 Dom. VI. post Pentecosten. Cum turba multa esset cum Jesu Mar. 8. Hicremitto benevolum Lectorem ad Dominicam quartam Quadragesimæ, quia hoc Evangelium convenit cum illo. Dom. Per omnes Anni Dominicas. Dom. VII. post Pentecost. Non omnes, qui dicit mihi Domine, Domine. Matth. 7. De Paucitate Salvando- rum. Man macht den Teuffel nicht so schwartz. Væ vobis Divitibus, quia habetis con- solationem vestram: væ vobis, qui satu- rati estis, quia esurietis; væ vobis, qui vi- detis nunc \&c. 659 Dom. VIII.post Pentecost. Redde rationem villicationis tuæ. Luc. 16. De Iudicio particulari. Es ist nichts so klein gesponnen/ Es kombt an die Sonnen. De minimis non curat Prætor: ajunt Juristæ, sed vel maximè Deus, qui testi- bus SS. Patribus, \& ipsâ experientiâ nihil inscrutatum relinquet. 590 Dom. IX. post Pentecosten. Videns JESUS Civitatem, flevit super illam. Luc. 19. 41. De Gravitate Peccati. Die Suͤnd ist ein uͤbles Gesind. Qui peccat, denuò crucifigit Salvato- rem suum. O quanta malitia! 564 Dom. X. post Pentecosten. Non sum sicut cæteri hominum. Luc. 18. De Superbia. Hoffart und Stoltz/ Wachsen auff ein Holtz. Sola superbia contra cunctas animi virtutes se erigit \& quasi generalis \& pe- stifer morbusomnes corrumpit. 131. Dominica XI. post Pente- costen. Apprehendit eum de turba seorfum. Marc. 7. 33. De Solitudine. Maria Zell ein heiliges Orth. Cella continuata dulcescit, \& malè custodita, tædium generat \& vilescit. 235. Dominica XII. post Pente- costen. Diliges Dominum DEUM tuum, \& proximum tuum sicut te ipsum. Luc. 10. De Charitate Fraterna. Der Naͤthste der Beste. Hæc est proximi dilectio, ut bonum, quod tibiconferri vis, velis \& proximo: \& malum, quod tibi nolis accidere, nolis \& proximo. 54 Dominica XIII. post Pente- costen. Unus ex illis, ut vidit, quia mundatus est. Luc. 17. De Gratitudine. Denck und Danck. Optima beneficiorum custos est, ipsa Memoria beneficiorum, \& perpetua Confessio gratiarum. 492 Dom. XIV. post Pentecost. Aut enim unum odio habebit. Mart. 6. De Odio. Haß bringt Haß/benantlich die Hoͤll. Contentiones in principio quidem exi- les esse solent, \& facilè curantur: at pro- cedente tempore accitæ, insanabiles om- ninò evadunt. 74 D d d d d 2 Domi. Index Conc. in omnes Anni Domin. Dom. XV. post Pentecost. Ecce defunctus Filius efferebatur. Luc. 7. D e Morte. Wo? daß weiß ich nit; Wie? daß weiß ich nit; Wan? dz weiß ich nit; aber gewiß weiß ichs. Quidquid ad moriendum salubriter reddit nos imparatos, tanquam infernale venenũ abhorreamus ac devitemus. 582 Dom. XVI. post Pentecost. Ipse verò apprehensum sana vit eum, \& dimisit. Luc. 14. D e Bonitate D ei. GOtt guet/ guet GOtt. Tanta est Divina Bonitas, quod respe- ctu eius omnia hominum peccata sint quasi scintilla in medio maris. 23 Dom. XVII. post Pentecost. Diliges Dominum Deum tuum ex to- to corde tuo. Matth. 22. v. 37. D e Amore D ei. Roma umbkehrt/ heist Amor. Cur per multa vagaris homuncio, quærendo bona animæ tuæ \& corporis tui? ama bonum, in quo sunt omnia, \& satis est, desidera simplex bonum, \& suf- ficit. 42 Dom. XVIII. post Pent. Confide fili. Matth. 9. D e Spe. Recht hoffen/ ist recht getroffen. Cum timore spes magnum habet me- ritum. 11 Dom. XIX. post Pentecost. Et misit servos suos vocare in vitatos ad nuptias. Matth. 22. v. 3. D e bona Intentione. Redlich meynen. Dominica XXIV. post Pontecosten, Sicut decor corporis in facie, ita decor totius operationis animæ consistit in in- tentione. 351 Dom. XX. post Pentecost. Abiit ad eum, \& rogabat eum, ut des- cenderet, \& sanaret. Joan. 4. D e animabus in Purgatorio. Troͤst sie GOtt. Sifuturas Purgatorii pœnas cordiali- ter perpenderemus, libenter omnem do- lorem \& laborem sustineremus, \& nihil rigoris formidaremus. 626 Dom. XXI. post Pentecost. Patientiam habe in me. Matth. 18. D e Patientia Religiosa. Der gesunde Patient. Patientia vires animo subministrat, \& pœnam exhibet leviorem, perseverantiã præbet, sanctitatem adducit, coæquat martyribus, \& cœlesti Patriâ dignum ef- ficit suum Possessorem. 273 Dom. XXII post Pent. Quid me tentatis Hypocritæ. Mat. 27. De Hypocrisi. Verguͤldte Apotecker-Pillulen. Vitium Hypocrisis curatu difficilli- mum est: tum, quia hypocritæ fateri culpas suas nolunt: cum, quia corrigi re- cusant. 364 Dom. XXIII. post Pent. Ecce Mulier, quæ Sanguinis fluxum patiebatur. Matth. 9. De Cruce \& Afflictione. Creutzer ist die beste Muͤntz. Si non pateris pro Christo ullam tri- bulationem; vide, ne nondum cæperis in Christo piè vivere. 291 vide Dominicam I. Adventus. INDEX INDEX CONCIONATORIUS Succinctè concinnatus per omnia Festa Anni. In Festo circumcisionis Do- mini. V Ocatum est Nomen ejus JESUS. Lue. 2. v. 21. De formanda Intentione pro toto Anno. An GOttes Segen ist alles gelegen. Opus, quod intentione caret, non est meritorium. Pag. 351 In Festo SS. Trium Regum. Obtulerunt ei Munera, Aurum. Thus \& Myrrham. Matth. 2. 11. De Gratitudine. Drey Koͤnig ist gute Chart. Spem de futurisrecipit, qui transacta beneficia recognoscit. 492 In Festo Purificationis B. V. Mariæ. Postquam impleti sunt dies Purgatio- nis Mariæ \&c. Luc 2. 22. De Silentio. Schweigen ist ein schoͤne Kunst. Hic tacendi caller artem qui etiam pro honoris sui tutela non loquitur. 204 In Festo S. Matthiæ Apost. Et annumeratus est undecim Aposto- lis. Act 1. v. 26. De Perseverantia. Wan das End gut ist/ so ist alles gut. Sicut finis coronat opus, sic Coronam ornat Gemmarum integritas. Gemma Coronæ Apostolicæ desiderata restitui- tur per Matthiam. 751 In Festo S. Josephi. Joseph autem vir ejus, cum esset justus. Matth. c. 1. v. 19. De temerario Iudicio vit ando. Es ist besser stehlen/ als anzeigen. Sicut Cœli exaltantur à terra, ita longè sunt judicia Dei à judiciis hominum. 82 In Festo Annuntiationis B V. Mariæ. Ave gratia plena. Luc. 1. 28. De Cultu Mariano. Sie gruͤst dich wieder. Miri effectus hujus salutationis ex- penduntur. 680 D d d d d 3 Feria Index Conc. per omnia Festa Anni. Feria II. Paschatis. Nos autem sperabamus. Luc. ult. v. 21. D e Spe. Verzagte Hasen. Dicendum est cum Abrahamo. Deus providebit. 16 Feria III. Paschatis. Pax vobis. Luc. ult. 36. D e Charitate Fraterna. Koͤnigliche Liberey. Ecce, Rex tuus venit tibi pacificus. 54 In Festo S. S. Apostolorum Philippi \& Jacobi. Non credis, quia ego in Patre, \& Pater in me est? Joan. 14. 10 D e Fide. Sehe wohl zu/ wem du trawest. Qui credit in Christum, habet vitam æternam. 1 In Festo Inventionis S. Crucis. Mihi absit gloriari, nisi in Cruce Do- mini nostri Jesu Christi. Gal. 6. v. 14. D e Excellentia Crucis \& Afflictione Die Creutz-Schleiffer. Multi Crucem bajulant, sed non om- nes post Dominum. 291 In Festo Ascensionis Dom. Hic Jesus, qui assumptus est à vobis in Cœlum, sie veniet. Act. 1. v. 11. D e Iudicio particulari. Dir wird daß Lachen vergehen. Non flere desine, donec liber sis ab il- la terribili sententia: Ite maledicti \&. 590 Feria II. Pentecost. Sic Deus dilexit mundum, ut Filium suum Unigenitum daret. Joan. 3. 16. D e Amore D ei. Lieb du mich/ wie ich dich/ so bleibt die Lieb tiglich. Domus Dei Charitate perficitur. 42 Feria III. Pentecost. Qui intrat per ostium, Pastor est oviñ. Joan. 10. v. 2. D e Ambitione. Es seynd nicht alle gute Koͤch/ so lan- ge Messer tragen. Quotquot per viam Ambitionis ad Dignitates intrant, fures sunt \& latro- nes. 14 3 In Festo Venerabilis Sac. Hic est Panis, qui de Cœlo desccndit . Joan. 6. v. 33. D e Augustissima Euchari- stia. Himmel-Brod. Mors est malis, vita bonis, vide paris sumptionis, quàm sit dispar exitus. 523 In Festo S. Joannis Bapt. Et congratulabantur ei. Luc. 1 v. 58. D e gaudio Spirituali. Gluͤck zu. Gaudete in Domino lemper. 343 In Festo SS. Apostolorum Petri \& Pauli. Tibi dabo claves regni Cœlorum Matth. 16. 19. De Confessione Sacrament. Bruchloß. Annuntia iniquitatem tuam, \& cogita pro Peccato tuo. 501 In Festo S. Jacobi Apostoli. Dic, ut sedeant \&c. Matth. 20. 21. De Index Conc. per omnia Festa Anni. De Ambitione. Gern-Groß. Non prose, sed pro nobis declinavit JESUS honores. 143 In Festo S. Matris Annæ. Gusta vit \& vidit, quia bona est nego- t iatio eius. Prov. ult. v. 18. De Labore manuali. Der nicht arbeiter/ der soll nicht essen. Modicum laboravi, \& in veni mihi multam requiem. 553 In Festo S. Laurentii. Nisi granum frumenti cadens in ter- ram, mortuum \&c. Joan. 12. v. 24. De Mortificatione. Sich lebendig todt machen. Quid æquiũs, quàm, ut servus domi- nari non sinatur? 399 In Festo Assumptionis. Audiebat Verbum illius. Luc. 10. v. 9 9. De Auditione \& Lectione Rerum spiritualium. Gib den Ohren und Augen die Kost. Verbum Dei animam nutrit, pingue facit \& roborat. 543 In Festo S. Bartholomæi Apostoli. Hoc est Præceptum meum, ut diliga- tis in vicem, sicut dilexi vos Joan. 15. v. 12. De Dilectione Inimicorum. Du steckest in einer boͤsen Haut. Qui non diligit Fratrem suum, manet in morte. 64 In Festo Nativitatis B. V. Mariæ. Qui. me invenerit, in veniet vitam. Prov. 8. 35. De Cultu Mariano. Freundin in der Noth. Nihil Deus habere voluit, quod per Mariæ manus non transiret. 680 In Festo S. Matthiæ Apost. Euntes discite, quid sit; misericordiam volo, \& non Sacrificium. Matth. 9. v. 13. De Misericordia DEI. Verzag nicht. Desperætio de Misericordia DEI, omniũ omninò Peccatorum est gra vissimum. 23 In Festo S. Michaelis Arch. Væ illi, qui scandalizaverit unum de Pusillis istis. Matth. 18. De bono Exemplo. Kleine Kessel haben grosse Ohren. Nullus ex omni hominũ genere ita scan- dalis pater, sicut infirmus \& pusillus. 393 In Festo S. Ursulæ \& Soda- lium Virginum. Vigilate itaque, quia nescitis diem ne- que horam. Matth. 25. v. 13. De Memoria Mortis. Huͤt dich Baur ich komm. Memorare Novissima tua, \& in æter- nùm non peccabis. 582 In Festo SS. Apostolorum Simonis \& Judæ. Quos autem prædestinavit, hos \& vo- ca vit. Rom. 8. 30. De Paucitate Salvando- rum \& Prædestinatione. Der Himmel ist nicht fuͤr die Gaͤnß gebauet. Antwort: und auch nicht fuͤr boͤse Christen. Si damnaris, ô homo; non de Deo, sed de temetipso conqueri debes. 659 In Index Conc. per omnia Festa Anni. In Festo omnium Sancto- rum. Gaudete \& exultate, quoniam merces vestra copiosa est in Cœlis. Matt. 5. v. 12. De Beatitudine æterna. GOtt danckt dir der Arbeit. Quod Deus præparavit diligentibus se, facilè acquiri potest, æstimari non po- test. 648 In Festo Dedicationis Ec- clesiæ. Et ipse Deus cum eis erit eorum De- us. Apoc. 21. v. 3. De Cultu Sanctorum. Gute Gesellschafft. Sanctorum veneremur reliquias, co- rum sequamur vestigia, \& in Protectio- ne Cœli commoremur. 701 In Festo S. Andreæ Apostoli. At illi continuò relictis retibus sequu- ti sunt eum. Matth. 4. v. 20. De Contemptu Mundi. Die Welt ist Gottes Gaugel-Tasch. Das heisset. Ludit in humanis Divina potentia re- bus. 374 In Festo Immaculatæ Con- ceptionis B. V. Mariæ. Beati, qui custodiunt vias meas. Prov. 8. 32. De Humilitate. Thue mirs nach. Plus apud Deum valuit Humilitas, quàm Virginitas Mariæ. 111 In Festo S. Thomæ Apost. Beati, qui non viderunt, \& crediderunt. Joan. 20. 29. De Pœnis Inferni. Der Teuffel ist nicht so schwartz/ wie er gemahlet wird. Antwort/ viel schwartzer. Sicut ignis terrenus excedit in calore ignem depictum, ita Tartareus excedit nostrum. 605 In Festo Nativitatis Dom. Nolite timere. Gen. 50. v. 21. De Paupertate Religiosa. Was Newes? Natus est nobis hodie Salvator, qui est Christus Dominus in Civitate David. 165 In Festo S. Stephani Prothomart. Stephanus plenus gratiâ \& fortitudi- ne, faciebat signa magna in Populo. Act. 6. 8. De Resignatione in divi- nam voluntatem. Auff GOtt getrawt/ ist wohl gebaut. Sincera tui oblatio ad omnem Dei vo- luntatem implendam, Pœnitentiarum \& Indulgentiarum loco est. 327 In Festo S. Joannis Evang. Qui timet Deum, faciet bona. Ec. 15. 1. De Timore Dei. Artzney fuͤr den Schwindel. Solus est Timor Dei, qui mentes cor- rigit, morbos superbi capitis sanat, \& omnis boni tribuit facultatem. 575 INDEX INDEX oder REGJSTER Aller denckwuͤrdigen Sachen/ so in dieser Tu- gend- Schul begriffen seynd. Abtoͤdtung. B Eschreibung dieser Tugend p. 399 . n. 1. Warumb man sich dieser Tugend befleissen solle. p. 402 . n. 4. Wieviel uns ze- gelassen seye/ die Fueß-Stapffen der H. H. einzutretten. p. 405 . n. 7. Worinnen die beste Abtoͤdtung be- stehe. n. 8. Weiß und Manier sich in den fuͤnff Sinnen abzutoͤdten, p. 407 . n. 9. \& seqq. Noch ein an- der Art/ das Gesicht abzutoͤdten. n. 14. und 15. Ermahnung zur Abtoͤdtung, p. 413 . n. 16. Hand-Arbeit. Nutzbarkeit dieser Arbeit. p. 553 . n. 1. Was fuͤr Ubeln auß dem Muͤssiggang entstehen. p. 554 . n. 2 Der boͤse Feind hat mit den Muͤssigen gern zu schaffen. p. 555 . n. 3. Es ist nicht gnug/ daß man nichts Ubels thue. p. 556 . n. 4. Nicht alle Ubungen vertreiben den Muͤssiggang. p. 557 . n. 5. Daß ein Geistlicher der Hand- Arbeit sich befleissen solle. p. 558 . n. 6. Drey- fache Ruhe der Arbeitenden. p. 559 . n. 7. Bey den Alt-Vaͤttern wurde keiner ohne die Hand-Arbeit gedul- det. p. 561 . n 9. Wie man sich in dieser Arbeit verhalten solle. p. 563 . n. 11. Armut. W as die Armuth seye. p. 165 . n. 1. CHristus ein Spiegel der Armuth. p. 166 . n. 2. Den Armen gebuͤhret der Himmel. p. 167 . n. 3. Lob der Armut. p. 168 . n. 4. und 5. Wie die H. H. GOttes die Armut geliebt haben. p. 170 . n. 6. Wie man freywillig arm seyn solle. p. 171 . n. 7. Wie man den Ab- gang der Nothdurfft mit Gedult tragen solle p. 173 . n. 10. Was ein Geistlicher von den uͤberbliebenen E e e e e Speisen Register Speisen den Armen geben koͤnne. p. 177 . n 14. Wie man mit den beurlaubten Sachen gebuͤhrend umb- gehen solle. p. 177 . n. 15. Barmhertzigkeit. Was die Barmhertzigkeit seye. p. 24 . n. 1. W irckung der Barmhertzigkeit. p. 24 . n. 2. Daß man sich der Suͤnder er- barmen solle. p. 25 . n. 3. Daß man an der Barmhertzigkeit GOttes nit verzweifflen solle. p. 29 . n. 9. \& seqq. Wie groß die Barmhertzigkeit GOt- tes seye. p. 31 . n. 11. \& seqq. Barmhertzigkeit gegen die Ah- gestorbene. Das man denselben beyzu- springen verbunden seye. p. 637 . n. 1. Das Gebett fuͤr die Abgestorbene ist ein stattliches Allmuß. p. 640 . n. 3. 4. und 5. Die erloͤste Seelen seynd ihren W ol- thaͤtern danckbar. p. 642 . n. 7. U- berlassung der taͤglichen guten Werck fur die Abgestorbene. p. 643 . n. 8. und 9. Conditionen dieser Uberlassung p. 645 . n. 1. Rechte W eiß/ seine W ercke fuͤr die Abgestorbene nuͤtzlich zu verrichten. p. 646 . n. 11. Beicht. Was die Beicht seye. p. 501 . n. 1. Krafft der Beicht. p. 505 . n. 5. Falsche Beicht n 6. Daß man in der Beicht keine Suͤnd verschweigen muͤsse. p. 507 . n. 7. Was man fuͤr einen Beichts-Vatter erwaͤhlen solle. p. 511 . n. 9. Schamhaff- tigkeit in der Beicht ist hoͤchst schaͤd- lich. p. 513 . n. 10. Vorsatz der Besse- rung. p. 517 . n. 12. Besonderes Gericht/ sehe Ge- richt. Betrachtung deß Leyden Christi Nutzen dieser Betrachtung. p. 481 . n. 1. 2. 3. und 4. Wie sehr diese Betrach- tende von Christo geliebet werden. p. 435 . n. 5. Diese Betrachtung uͤbertrifft alle andere. p 486 . n. 6. Wie man in der Betrachtung den H. H. GOttes nachfolgen solle. p. 487 . n 7. Weiß und Manier/ das Leyden Christi zu be- trachten. p 488 . n. 8. Diese Betrach- tung versuͤffet die Wider waͤrtigkeiten. n. 9. V ortheil dieser Betrachtung. p. 489 . n. 10. Christus bezeuget seinen Wohlgefallen an den Betrachtenden. p 491 . n. 12. Von der B etrachtung se- he weiters in der Lection vom Gebett. p. 465 . Bueß. Worinnen die wahre B uß bestehe. p. 34 . n. 2. Schoͤne Gleichnuß. p. 36 . n. 4. Beyspiel der Bueß. p. 36 . n 4. und 5. Wie gern GOtt einen buͤs- senden Suͤnder auff und annehme. p. 37 . n.6. Daß man die B uß nicht ver- laͤngern solle. p. 39 . n. 8. Gefahr deren/ so die B uß verschieben p. 40 . 41 . n 10. Danckbarkeit Wie selbige GOtt und den Men- schen gefalle. p. 493 . n. 1. B emwegun- gen zur Danckbarkeit p. 494 . n. 3. 4. und 5. Andere Wohlihateu. p. 498 . n. 7. Erkaͤndnuß der Danckbarkeit. p. 499 . n. 8. De- Aller denckwuͤrdigen Sachen. Demuth. Ehren-Titulen dieser Tugend. p. 111 . n. 1. Worinnen selbige bestehe. n. 2. Wie die H. H. GOttes sich dieser Tugend gegen den boͤsen Feind gebraucht haben. p. 113 . n. 4. V on den Staffeln der Demut. p. 117 . n. 7. Ermahnung zur Demut. p. 120 . n. 10. \& seqq. Falsche Demut. n. 12. Wie man sich fuͤr den geringsten schaͤtzen solle. p. 123 . n. 13. Wie man die Ehren und Wuͤrden fliehen solle. p. 124. n. 14. Wie man solle verlangen/ veracht zu werden. p. 125 . n. 15. Ein Demuͤtiger muß niemahl schamroth werden. p. 127 . n. 17. Ehr-Abschneiden/ sehe Ver- laͤumdung. Ehrgeitz. Beschreibung deß Ehrgeitz. p. 143 . n. 1. Behutsambkeit in denen Ehren und Wuͤrden p. 147 . Daß ein Vor- steher schwaͤrlich koͤnne seelig werden. p. 148 . Daß auch die rechtmaͤssiglich erwaͤhlte Obrigkeiten in grosser Ge- fahr seyn. 155. n. 9. Daß die Wercke und Raͤth Christi von allen Christ- Glaubigen billig fuͤr lauter Gebott sollen gehalten werden. p. 156 . n. 11. Daß auch die heiligste V orsteher nit unstraffbar seyn. p. 161 . n. 16. Wem zulaͤssig sey/ das Ambt eines V or- stehers anzunehmen. p. 162 . n. 18. Wann ein Priester sich entschuldi- gen koͤnne vom Beicht-hoͤren. p. 163 . n. 19. Einsambkeit. Mittel/ diese Einsambkeit zu er- langen. p. 235 . n. 1. und 2. Was diese Einsambkeit fuͤr Nutzen bringe. p. 237 . n. 3. Warumb GOtt sein Außerwaͤhltes V olck durch die Wuͤ- sten habe fuͤhren wollen. p. 239 . n. 5. Eitele Ehr/ sehe Gleißnerey. Enthaltnng / sehe Fasten. Ergebung in den Willen GOttes. Lob-Spruͤch dieser Tugend. p. 326 . n. 1. und 2. Entwurff derselben. p. 329 . n. 2. und 3. Maria ein Exem- pel der vollkommenen Resignation. p 332 . n. 5. Ein Refignirter Mensch wird dem Berg Olympo und andern verglichen. p. 335 n. 8. Ruhe und Zufridenheit eines solchen Menschen. p. 336 . n. 9. \& seqq. Wer auffrichtig von Hertzen koͤnne genennee werden. p. 338 . n. 12. Ein nuͤtzliches und Gott- gefaͤlliges Gebett: HERR/ wie du wilst. p. 339 . n. 12. Fasten. Natur und Fuͤrtreffligkeit deß Fasten. p. 414 . n. 1. Nutzen deß Fasten. p. 416 . n. 3. Antreibung zum Fasten. n. 4. Wie man dem Fraß widerstehen solle. p. 418 . n. 6. 7. und 8. Weißund Manier/ den Ge- schmack abzutoͤdten. p. 420 . n. 9. Enthaltung vom Trincken. p. 421 . n. 11. und 12. Andere Weiß dieser Abtoͤdtung n. 14. 15. \&c. E e e e e 2 Feg- Register F eg- F eur. Die Peynen der Hoͤllen seynd in einigen Stucken gleich. p. 626 . n. 1. Einige kurtze Ex- empeln von den Seelen im Feg-Feur. p. 629 . n. 3. \& 4. Un- terscheid der hoͤllischen Peynen/ und dieser. p. 634 n. 9. Alles muß im Feg-Feur biß zum letzten Heller be- zahlt werden. p. 435 . n. 10. \&c. F orcht GOttes. Entwerffung dieser Tugend. p. 575 . n. 1. Nutzen der kindli- chen Forcht: Wo kein Forcht ist/ ist auch kein Heyl. p 577 . n. 1. 2. und 3. Warumb so viele ohne Forcht leben? p. 578 . n. 4. und 5. Beyspiel der Forcht GOttes. p. 580 . n. 6. F raß und Trunckenheit. Straff deß Frasses. p. 437 . n. 1. 2. und 3. Was grosse Ubeln der Fraß verursache. p. 440 . n 4. Die Gelegenheiten deß Fras- ses muß man meiden. p. 442 . n. 5 Ubel der Trunckenheit. p. 445 . n 7. Eigenschafft dieses Lasters. p. 446 . n. 8. Freventliches Vrtheil/ gem. Vrtheil. F rewd. Traurigkeit ist den Menschen sehr sehaͤdlich. p. 344 . n. 1. Unter scheid zwischen guten und bosen Traurigkeit. ibid . n. 2. Warumb man sich die Freud deß Geistes zu erlangen bemuͤhen solle p. 346 . n. 4. Unterscheid zwischen den welt- und geistlichen Freuden. p. 347 . n. 5. Gebett. Beschreibung deß Gebetts. p. 449 . n. 1. und 2. Ubung deß Gebetts. p. 451 . n. 3. Wa- rumb viele durchs Gebett nicht erhoͤrt werden. ibid . \& n. 4. Man- cher vermeint er werde nicht erhoͤrt/ und wird doch erhoͤrt. p. 454 . n. 5. Daß GOtt einem Bettenden nichts abschlage. p. 455 . n. 7 Was zum Gebett erfordert/ werde. 456. n. 8. Das Gebett soll kurtz seyn p. 457 . n. 10. Wie sich der Teuffel bemuͤ- he/ den Menschen im Gebett zu ver- stoͤhren. p. 458 . n. 11. Freud der boͤ- sen Geister uͤber die Traͤgheit im Gebett. p. 459 . n 12. 13. Freud deß boͤsen Feinds uͤber die jenige Geistli- che/ so sich vom Dienst GOttes oh- ne wichtige Ursach absentiren. p. 460 . n 14. Beschreibung deß innerlichen Gebetts. p. 462 . n. 16. Unterricht das Aller denckwuͤrdigen Sachen. das innerliche Gebett oͤrdentlich und nuͤtzlich zu uͤben p. 465 . n. 16. Vor- bereitung zur Betrachtung/ und wie man sich in derselben/ und darnach verhalten solle. Jtem Wirckung der Betrachtung. p. 466 . \& seqq. Weiß und Manier einige Affect en auß dem Hertzen hervor zu bringen. p. 470 . und seqq. Wie man die Gespraͤch in den Betrachtungen wohl einrichten solle. p. 474. Ur- sach und Mittel der V erstreuungen. p. 475 Warumb die Betrachtun- gen offt so geringe/ oder gar keine gu- te Wirckungen haben. p. 476 . Mit- telen wider den Betrug deß boͤsen Feinds. p. 477 . Wie man sich nach der Betrachtung verhalten sol- le. p. 479 . Gedult der Geistlichen. G edult ist ein Schul der Gott- verlobten. p. 273 . n. 1. Fuͤnf- ferley Art dieser Tugend. p. 274 . n 2. Wirckungen der Ge- dult. p. 275 . n. 3. \& 4. Wie man diese Wirckungen ersprießlich uͤben koͤnne. p. 277 . n. 5. Gnaden- Schatz dieser Tugend. p. 279 . n. 6. Warumb den eifferigsten Dienern GOttes vielmahl Widerwaͤrtigkei- ten/ mehr als andern zustossen p. 280 . n. 7. und p. 286 . n. 16. Gedult in den Zufaͤllen deß Leibs. p. 281 . n. 9. und 10. Wie man sich in den Wi- derwaͤrtigkeiten verhalten solle p. 283 . n. 12. Marter in den Gedancken. p. 286 . n. 15. Wie man das Ehr- abschneiden gedultiglich tragen solle. p. 287 . n. 17. GOtt ist freygebig in Außtheilung der Creutzer mit den Seinigen. p. 289 n. 19. Welche die beste Matery zu leyden seye. p. 290 . n. 20. Gehorsamb. Wirckung dieser Tugend. p. 245 . n 1. Beschreibung deß Gehorsambs. p. 246 . n. 2. Wie man durch den Gehor- samb zur V ollkommenheit ge- langen koͤnne. n. 3. Nutzen deß Gehorsambs. p. 248 . n. 4. Was zu einem vollkommenen Gehorsamb erfordert werde. p. 250 . n. 6. und 7. Daß die Buß-Werck/ so ohne Er- laubnuß der Obern verrichtet werden/ keine Belohnung verdienen. p. 252 . n. 8. Christus ein Spiegel deß Ge- horsambs. p. 254 . n. 10. Antrieb zum Gehorsamb. p. 255 . n. 12. Zweyte Eygenschafft deß Gehor- sambs. p. 256 . n. 13. Himmlische Gnaden wegen deß Gehorsambs. p. 257 . n. 14. und 15. Langsamber Gehorsamb ist kein Gehorsamb. p. 259 . n 17. Dritte Eygenschafft deß Gehorsambs. p. 261 . n. 19. Was auff dem Weeg dieser Tu- gend zu beobachten seye. p. 263 . n. 21. \& seqq. E e e e e 3 Geilheit Register Geilheit. Beschreibung dieses Lasters. p. 198 . n 1. Das Hertz eines geilen Menschen ist eine Her- berg deß Teuffels. p. 200 . n. 3. Daß grosse Unbill/ so der Gei- le seinem GOtt anthut. p. 202 . n. 5. Artzney fuͤr die Geilheit. n. 6. Geistliche Freud/ sehe Freud. Geistliches Gespraͤch/ sehe Geschwaͤtz. Gericht. Nach dem Todt folgt das besondere Gericht. p. 590 . n. 1. Warumb dieses Ge- richt sehr zu fuͤrchten seye. p. 592 . n. 203. Der Gerechte kan vor selbigem auch kaum bestehen. p. 593. n. 4. Alles wird daselbst gar genau erfor- schet. p. 595 . n. 6. Anders richtet GOtt/ und anders die Menschen. n. 7. Die heiligste Menschen ha- ben sich auch fuͤr diesem Gericht ge- foͤrchtet. p. 599 . n. 11. und 12. Daß uns GOtt nichts schuldig seye. p. 603 . n. 15. Geschwaͤtz. Was daß unnoͤthige Ge- schwaͤtz fuͤr Boͤses verursache. p. 215 . n. 1. und 2. Schul- digkeit dieses Laster zu fliehen. p. 217 . n 3. W ie die Geschwaͤtzige von einer Suͤnd in die andere fallen. p. 220 . n. 5. 6. und 7. Klag-Rede uͤber daß unnuͤtzlich gefuͤhrte Ge- schwaͤtz. ibid . Gespraͤch. Wie man dieses Gespraͤchs sich gebranchen solle. p. 224 . n. 1. Zeit zu reden/ und Zeit zu schweigen. p. 225 . n. 2. und 3. Wie die A uß- erwaͤhlte GOttes sich deß Geistli- chen Gespraͤchs immer beflissen. p. 227 . n. 4. Nutzen der geistlichen G espraͤch. p. 229 . n. 5. Wann die Gespraͤch gut seyn? p. 230 . n. 6. Fruͤchten der angezogenen Regul. p. 231 . n. 7. und 8. Welche von den Jsraeliteren sich uͤber das Him- mel-Brod beklagt haben? p. 233 . n. 9. Glaub. Was der Glaub seye? p. 1 . n. 1. Wirckung deß Glaubens. p. 3 n. 3. Warumb so viele/ unangesehen sie den rechten Glauben haben/ dannoch verdambt wer den. p. 6 . n. 4. Wie man sich deß Glaubens recht ge- brauchen solle. p. 8 . n. 7. Eusser- liche und innerliche Erweckungen deß Glaubens. p. 9 . n. 8. Wie man erkennen koͤnne/ ob die Begierd fuͤr den Aller denckwuͤrdigen Sachen. den Glauben zu sterben auffrichtig und Gott-gefaͤllig seye. p. 10 . n. 9. Gleyßnerey und eytele Ehr. Was die eitele Ehr seye? p. 365 . n. 1. Daß man die gute werck GOtt zuschreiben solle. p. 368 . n 6. was die Gleißnerey seye. n. 7. Pa- troninnen der Schein-Heiligen. p. 370 . n 8. Natur der Gleißner. p. 372 . n 10. Hand-Arbeil/ sehe Arbeit. Haß. Entwurff deß Hasses. p. 74 . n. 1. Der Groll unter den Bruͤdern ist der allergrimmigste. p. 80 . n. 8. wie man sich fuͤr dem Anfang deß un- ziemlichen Eiffers huͤten solle. p. 81 . n. 9. Hoffart. Besehreibung dieses Unthiers. p. 131 . n. 1. Vom hoch fliegen. p. 132 . und p. 133 . n. 2. Gleichnuß. 134. n. 4. Ursach/ warumb ein Mensch sich billig demuͤthigen solle. p. 137 . n. 6. Hoffnung. Eigenschafft der Hoffnung. p. 11 . n. 1. wem die Hoffnung am fuͤglig- sten koͤnne verglichen werden. p. 13 . n. 3. Gesellinnen der Hoffnung. p. 13 . n. 4. Beyspiel der Hoffnung. p. 14 . n. 5. Nutzen der Hoffnung. p. 14 . \& seqq. wann man sich in dieser Tu- gend zum meisten uͤben solle. p. 17 . n. 8. Daß man auff seine eigene Ver dien- sten nicht zu vest bauen solle. p. 19 . n. 10. Wie man in Truͤbsalen sich der Hoffnung gebrauchen solle. p. 20 n. 1. Hoͤll. Die Hoͤll ist haiß. p. 606 . n. 1. Jst auch kalt. p. 608 . n. 3. Der nagende Wurmb deß Gewissens. p. 609 . n. 4 Hunger und Durst der Hoͤllen/ \&c. n. 5. Der Verlust deß Allerhoͤchsten Guts ist die groͤste Peyn. p. 6 . 0 . n. 6. Daurhafftigkeit der hoͤllischen Pey- nen. p. 614 . n. 9. und 10. Grausamb- keit der hoͤllischen P eyn. p. 615 . n. 11. Klag-Lied uͤber die P eynen der V er- dambten. p. 618 . Jnnerliches Gebett/ sehe Gebett. Intention, sehe Meynung. Keuschheit. Wie diese Tugend von Christo und seinen Außerwaͤhlten seye geliebt und geuͤbet worden p. 183 . n. 1. Sechs Lilien-Blaͤtter der Keusehheit. p. 184 . n. 2. \& seqq. Die aͤusserliche Abtoͤd- tungen deß Leibs seynd nicht allein bestand/ die Keuschheit zu erhalten. p. 188 . n. 6. Maria eine bewehrte Helfferin in diesem Streit. p. 189 . n. 7. Glunpffliche Antwort eines V or- stehers in dieser Matery. n. 8. Daß man sich fuͤr dementbloͤsen/ und blo- sem Anruͤhren huͤten solle. p. 194 . n. 13. Das Gespraͤch mit ungleichen P ersohnen muß nach Moͤglichkeit verhuͤtet werden. p. 195 . n. 14. Liebe Register Liebe GOttes. W as die Lieb seye. p. 42 . n. 1. W irckung der Liebe. p. 43 . n. 1. 2. 3. und 4. W ie man die Lieb erhalten solle. p. 45 . n. 5. 6. 7. Wie die Lieb vor andern Tugenten den Himmel eroͤffne. p. 48 . n. 9. Belohnung der Liebe. p. 49 . n. 10. Schoͤne Vergleichung der Liebe. p. 50 . n. 11. und 12. Ermahnung zur Liebe. p. 52 . n. 13. 14. Liebe deß Naͤchsten. W as seye die Liebe deß Naͤchsten. p. 54 . n. 1. Unterscheid zwischen der wahren und falschen Liebe. p. 57 . n. 3. W ie man dem Naͤchsten sei- nen Last soll helffen tragen. n. 4. Nu- tzen der Liebe. p 59 . n. 5. 6. \& seqq. daß man in allen Staͤnden Gelegen- heit habe/ seinen Naͤchsten zu lieben. p. 63 . n. 10. Liebe der Feinden. W ie man koͤnne GOtt gleich werden. p. 65 . n. 1. und 2. Unterscheid zwischen der Liebe deß Naͤchsten/ und Liebe der Feind. p. 66 . n. 3. Liebe der Feind die beste Allmuß. p. 68 . n. 6. Belohnung dieser Liebe. p. 69 . n. 7. W or auß diese Liebe entspringen muͤsse. p. 70 . n. 9. Gleichnuß die- ser Tugend. p. 72 . n. 10. W ar- umb wir fuͤr unsere Feind zu betten schuldig seynd. n. 11. Ermahuung zur Liebe der Feind. p. 73 . n. 12. Gute Meynung/ oder Intention. Eigenschafft der guten Meynung p. 351 . n. 1. und 2. W ie selbige zu al- len Dingen erfordert werde. p. 353 . n 3. und 4. Daß hierinnen sich wenig uͤben. p. 354 . n. 5. W irckung der guten Meynung. p. 355 . n. 6. W ie der Teuffel selbige zu verhindern su- che. p. 357 . n. 8. Fuͤrtrefflichkeit deß guten W illens. p. 359 . n. 11. Der gutes W illens ist/ muß nicht bald verzagen. p. 360 . n. 12. Mortification/ gem. Abtoͤdtung Resignation/ gem. Ergebung in den Willen GOttes. Sacrament deß Altars. Daß man desselben osst geniessen solle. p. 523 . n. 1. W irckung die- ses Allerheiligsten Sacraments. p. 525 . n. 1. Eigenschafft desselben. Ibid . n. 3. Daß man sich desselben nicht gar zu leicht unwuͤrdig achten solle. p. 528 . n. 5. Vorbereitung zu demselben. p. 529 . n. 6. G eist- liche Communion. p. 531 . n. 8. Weiß und Manier/ Christum im Hochh. Sacrament deß Altars/ oder sonsten oͤffters zu verehren. p. 532 . n. 8. Er- weckung deß G laubens und der Lie- be ibid . Manier/ geistlicher Weiß zu com̃unieiren. p. 533 . W ann man vom Altar zuruͤck gehet. p. 534 . Vom Opffer der H. Meeß. ibid . n. 9. Aller denckwuͤrdigen Sachen. n. 9. W as man vor und unter der Messen betten solle. p. 537 . \& seqq. Verdienst deren/ so andaͤch- tiglich zur Messen dienen. p. 532 . n. 16. Seeligkeit. Beschreibung der himmlischen Freuden. p. 149 . n. 3. Alle Freuden der Welt zusammen/ koͤnnen mit der Freude eines eintzigen Außerwaͤhlten nicht verglichen werden. p. 652 . n. 6. Worinnen die fuͤrnembste Seeligkeit bestehe. p. 653 . n. 7. und 8. Wie erfreulich die Niessung der Gegenwart GOt- tes seye. p. 655 . n 9. Zwey Ding seynd zu Erhaltung der ewigen Seeligkeit noͤthig. p 657 . n. 12. Der Seeligen geringe Zahl. Wie viel auß denen Menschen/ so jetzt leben/ werden seelig werden. p. 659 . n. 1. Gehet hinein durch die enge Pfor- te. p. 660 . n. 2. und 3. Daß der Mensch seelig werde/ ist ein uͤbernatuͤrliches Werck. p. 662 . n. 4. Der Himmel ist nicht fuͤr die Gense gebauet. p. 663 . n. 5. Acht Persohnen in der Arcken Noe. p. 665 . n. 7. Die Wenigkeit der Außer- waͤhlten wird den Ahren/ so von den Schnittern auffm Acker gelassen/ verglichen. p. 666 . n. 8. Daß sich die Geistliche sehr zu foͤrchten haben. p. 670 . n. 12. Von der Prædestination oder Verordnung. p. 672 . n. 14. 15. 16 und 17. Krafft der Barmhertzigkeit GOttes allein werden die Menschen seelig. p. 676 . n. 18. Warumb GOtt diesen erwaͤhle/ und einen andern nit. p. 677 . n. 19. 20. und 21. Stand der Geistlichen. Vergleichung deß geistlichen Stands mit dem Himmel. p. 425 . n. 1. Zeugnuß der Heiligen GOttes uͤber diese Warheit. p. 426 . n. 2. Lob-Spruͤch dieses Stands. p. 427 . n. 3. 4. und 5. Nutzen deß geistlichen Stands p. 430 . n. 6. Warumb nicht alle Geist- liche der Freuden dieses Englischen Stands theilhafftig werden p.? 432 . n. 7. und 8. was einen guten Geistlichen mache. p. 433 . n. 9. Daß die Buß der Geistlichen suͤß und annehmlich seye. p. 434 . n. 10. und 11. Daß ein Geistli- cher uͤber die Speiß und Tranck nicht murren solle. p. 436 . n. 12. Stillschweigen. Was Stillschweigen sey/ und wie nuͤtzlich. p. 204 . n. 1. 2. 3. 4. und 5. war- umb unter den G eistlichen auch boͤse gefunden werden. 208. n. 7. Scham- hafftigkeit im Reden gefallet verstaͤn- digen Leuthen. p. 209 . n. 9. und 10. Be- lohnung der Schweigenden. n. 11. Nothwendigkeit deß Stillschweigens denen/ so sich der Vollkommenheit be- fleissen. p. 211 . n. 13. 14. und 15. Suͤnd. Wie man die Suͤnd fliehen solle. p. 564 . n. 1. wirckung der Suͤnd. p. 565 . n. 2. was uns zur Meidung der Suͤnd antreiben solle. p. 566 . n 3. 4. 5. \& seqq. Nach der Tod-Suͤnd ist die laͤßliche Suͤnd daß groͤste Vbel. p. 570 . n. 8. \& seqq. F f f f f Todt Register Todt. Die Erinnerung deß Todts ist ei- ne heylsambe Ermahnung zum bes- sern Leben. p. 582 . n 1. und 2. Daß inner- liche deß Todts ist viel erschroͤcklicher/ als das aͤusserliche Ansehen desselben. p. 584 . n. 3. was den Todt weiters erschroͤcklich mache. p. 585 . n. 5. 6. und 7. Der Todt verursachet einigen Ster- benden keine Traurigkeit p. 589 . n. 10. Trübsall/ sehe widerwaͤr- tigkeit. Trunckenheit/ sehe Fraß. Verachtung der Welt. Antrieb zur Verachtung der welt. p. 374 . n. 1. Beweisthumb von Ver- achtung der Welt. p. 375 . n. 2. wie naͤrrisch es seye/ der welt anhangen. p. 376 . n. 5. 6. und 7. Verehrung der Heil. Mutter GOttes Mariaͤ. Die andaͤchtige Verehrung der allerseeligsten Jungfrauen ist ein Zeichen der Erwaͤhlung zum ewigen Leben. p. 680 . n. 1. Huͤlff Mariaͤ. ibid . n. 2. Sicher Schirm der Suͤnder. p. 682 . Warumb diese Jungfrau ein Zuflucht der Sůnder genen- net werde. p. 686 . n. 6. Der Englische G ruß ist ein nuͤtzlicher Spruch. p. 689 . n. 9 Maria ein Laiter der Menschen p. 691 . n. 10. Unerschoͤpffliche Barmher- tzigkeit Mariaͤ p 692 . n. 12. Warumb vile Vereher Mariaͤ derselben Gna- den nit theilhafftig werden p. 794 . n. 14 Daß man in sothan er Verehrung be- staͤndiglich verharren muͤsse. p. 696 . n 15. Viele veraͤnderen sich die Barm- hertzigkeit Mariaͤ in lauter Gifft. p 697 . n. 17. wie man auß dieser Lection schliessen koͤnne/ daß der meiste Theil der Christ- G laubigen verdambt wer- de. p. 698 . n 18. Verehrung der Heiligen und Außerwaͤhlten GOttes. Unterricht von der stuͤndlichen Verehrung der H. H. Patronen 705. Weiß und Manier/ die Allerseeligste Jungfrau/ und die H. H. Patronen zu allen Stunden anzuruffen. p. 709 . Uhrwerck deß bittern Leydens Christi: ibid . wie verdienstlich diese Ubung seye p. 711 Sehe den Nutzen einer eintzigen Chron/ so zur Ehren Ma- riaͤ gebettet wird. p. 712 . Frucht deß Englischen Gruß. p. 713 . Ein ander weiß/ die A llerseeligste Jungfrau und die H. H. Patronen zu verehren. p. 716 . wie man zu allen wercken seine Jutention machen solle. p. 718 . weiß und Manier einen Patronen zu erwaͤhlen fuͤr den gantzen Tag p. 721 . wie man sich mortificiren oder A btoͤdten koͤnne zur Ehren G Ottes/ der A llerseeligsten Jungfrauen und der H. H. Patronen. p. 724 . Morgends und Abends-Gebett eines Geistlichen p. 727 . Ein andaͤchtiger G ruß und G ebett zu der allerseel. Jungfrauen Maria. p. 732 . Zum Schutz-Engel 733. Ein anders zu selbigem. ibid . Zu den H. H. Patronen 734. weiß und Manier/ eine allgemeine Jntention oder Aller denckwuͤrdigen Sachen. oder Meinung zu machen/ fuͤr jeden Tag in der wochen. p. 735 . A m Son- tag. p. 736 . A m Montag. ibid . A m Dinstag 737. A m Mittwoch und Donnerstag. ib i d . Freytag und Sambstag. p. 738 . A bends-Ubung p. 739 . A uffopfferung der werck. p. 740 . schoͤne Gebett. p. 741 . \& seqq. Naͤchtliche Empfehlung. p. 744 . U- dung im Bett vor dem Schlaff. p. 747 . Verharrung im Guten. Es gefallet GOtt kein werck/ so gut es immer seye/ ohne die Verhar- rung. 749. n. 2. warumb hat GOtt den Fuͤrwitz deß weibs Lots so au- genblicklig gestrafft? p. 750 . n. 3. wie der Teuffel die Verharrung zu hem- men suche. p. 75 0 . n. 4. Ein Esel laufft nicht lang. p. 752 . n. 5. Kurtze Exem- peln Einiger/ so nicht biß zum End verharret haben. p. 752 . n. 6. G Ott nur Achtung auff das End. Verlaͤumdung oder Ehrab- schneidung. Was die Verleumdung seye. p. 103 . n. 1. Glimpliche Bedeckung dieses La- sters. p. 104 . n. 1. Ein V erlaͤumder wird den Schweinen/ ꝛc. verglichen. p. 105 . n. 2. Lehr Christi. p. 106 . n. 4. wann es zugelassen seye/ von eines andern Suͤnd zu reden. p. 108 . n. 6. Versuchung. Vorsichtigkeit in den Versuchun- gen p. 305 . n. 1. und. 2. wie sich der boͤse Feind den Menschen zu versu- chen bemuͤhe. p 308 . n. 3. G Ott ver- lasset die Seinige nicht. p. 310 . n. 6. wie man sich in den Versuchungen verhalten solle. p. 311 . n. 8. 9. und 10. Die V ersuchungen muͤssen mit Ge- dult erlitten werden. p. 314 . n. 11. War- umb so viele von den Versuchungen uͤberwunden werden? p. 315 . n. 12. V er- zage nicht. p. 316 . n. 13. Mittel in den Versuchungen. ibid . und n 14. \& seqq. Behutsambkeit in den Versu- chungen p. 322 . n. 18. Belohnung die- ses Streits 324. n. 20. Der Teuffel versuchet auch durch gute Eingebun- gen. p. 325 n. 21. Vngehorsamb. Dieses Laster kan auß seinen Straffen erkennet werden p. 267 . n. 1. 2. Das Murren. p 270 . n. 4. Gute Werck auß eigenem Willen geuͤbet/ mißfallen GOtt. p. 272 . n. 5. Vollkommenheit der Geist- lichen. Wie ein Geistlicher der V oll- kommenheit sich befleissen solle. p. 380 . n. 1. und 2. Gleichnuß. p. 381 n. 2. Eiffer ist der erste Weeg zur Voll- kommenheit. p. 382 . n. 3. Beyspiel der Heiligen. ibid . n. 4. und 5. Wie viel Geistliche seelig werden. p. 385 n. 6. Niemand wird geschwind der Hoͤchste. ibid . n. 6. und 7. Warumb viele verdambt werden. p. 386 . n. 8. keiner sage: ich halte meine Geloͤbten/ \&c. p. 387 . n. 9. Zweyte Ursach/ war- umb Register aller denckwuͤrdigen Sachen. umb so viele Schiffbruch leyden. n. 10. und 11. Wann und wie die V er- achtung der kleinen Suͤnden geschehe. p. 389 n. 12. Wie nothwendig seye ei- nem Geistlichen/ nach der V ollkom- menheit zu streben. p. 390 . n. 13. Daß man in Anfang nicht verzagen muͤsse. p. 391 . n. 14. Worin die wahre V oll- kommenheit bestche. p. 392 . Vrtheil. Eigenschafft deß freventlichen V r- theils. p. 82 . n. 1. Mißgunst ist eine Geburt deß freventlichen Vrtheils. p 84 n. 2. Beschreibung der zweyten Art deß freventlichen Vrtheils. ibid . n 3. und 4. Wie man einen V rthei- len solle/ der oͤffentlich suͤndiget p. 88 . n. 7. 8. Beyspiel deß H. Joannis E- leemosynarii. Offtmal ist ein Mensch mit denselben Lastern verstrickt/ uͤber welche er von andern zu urtheilen sich erkuͤhnet. p. 91 . n 10. Betrachtung eigener Suͤnden. p. 93 . n. 12. \& seqq. Abschroͤckung vom freventlichen Ur- theil. p. 94 n. 14. A uß seines Naͤch- sten Fall Nutzen schoͤpffen. p 96 . n. 16. Ein heylsambe Lehr/ wie man sich in den V rtheilen uͤber seinen Naͤch- sten verhalcen solle. p. 101 . n. 20. Widerwaͤrtigkeit. Warumb die Studenten deponirt werden? p. 291 n. 1. Creutzer seynd Zeichen der Außerwaͤhlung. p. 293 . n. 3. und 4. werden auch reichlich be- lohnet. p. 296 . n. 5. Mittel/ den Last deß Creutzes zu verleichtern. p. 297 . n. 6. 7. Sie tilgen auß das Feg-Feur. p. 299 . n 9. Durch Creutz und Ley- den werden die Tugenten eingepflan- tzet und vermehret. p. 300 . n 10. Nu- tzen der Truͤbsall. p. 302 . n. 12. 13. 14. und 15. Wort GOttes. Von Anhoͤrung und Lesung der geistlichen Dingen. p 543 . n. 1. Wir- ckung deß Worts GOttes. p. 544 . n. 2. Eigenschafft desselben. p 545 . n. 3. Daß man die gehoͤrte und gelesene Sachen auch betrachten muͤsse. p. 547 . Daß man auch selbiges in der That vollbringen muͤsse. p. 551 . n. 8. Das Wort GOttes wird einem Spiegel verglichen. ibid . Ende deß Materien Registers. ERRA- Verzeichnuß einiger geistlichen Buͤcher. Alcker F. F. Minor. Recollect. Reformirter Daumen-Dreher in 12 Alt und jetziges uͤbereinstimmendes Pasthumb. 12 Capistran F. F. Minor. Recollect. Sonn- und Feyertags-Predigen 4 Cæsarii F. F. Minor. Recollect. Betrachtungen von der allerheiligsten Jungfrauen Maria/ und H. Joseph 8 Ejusdem B raut GOttes 8 Catholische B ibel verteutscht durch Casparum Ulenberg 8 Bonæ S. R. E. Cardin. Handleitung zum Himmel 3 8 Elffens Soc. Jesu Richtschnur deß Gewissens 12 Geistliches Psaͤlterlein PP. Soc. Jesu 24 Humperding Gebett/ Ablaß/ und Lob-Gesaͤng der Ertz- B ruderschafft S. Francisci 12 Kellens F. F. Minor. Recollect. Seraphischer Gebett-Garten 8 Ejusdem Andacht zu der H. Dreyfaltigkeit 3 2 Ejusdem teutscher Catechismus 3 2 Kisselii Soc. Jesu Passions-Predigen 4 Leben deß H. V atters Jgnatii von Loyola Stifftern der Soc. Jesu 4 Leben der H. Jungfrau Claræ Franciscæ von Antwerpen 8 Leuchtii Leben der Heyligen fol. Masenii Soc Jesu Religions-Streit 3 2 Mulman Soc. Jesu Glaubens-Spiegel 8 Officium oder Curs unser lieben Frauen/ sampt den kleinen Tag-Zeiten/ Lytaneyen und andern schoͤnen G ebcltern 1 8 ‒ ‒ oder Ambt der H. Jungfrau S. Claræ 3 8 Pavvlovvski Soc. Jesu GOttes Ansprach 12 Pon r e Soc. Jesu B etrachtungen in 5. Theil 4 Reussen F. F. Minor. Conven. B ruderschaffts-Buͤchlein von den H. H. Fuͤnff Wunden 1 2 Salesii Betrachtungen deß Apostolischen Glaubens 1 8 Unterricht vom H. Seelen- Ablaß/ zur Befoͤrderung dieser Andacht mit schoͤnen Gebettern versehen 1 8 ERRATA . Pag. 5. lin. penult. Worten lese Wercken. p. 10. l. antep. wagen lese tragen. p. 12. l. 7. vorzuhalten/ lese vorhalten. p. 13. l. 16. Marter lese Matery. p. 23. l. 3. dann lese da. p. 34. l. 5. thue auß dieses Nahmens der Achte. p. 35. l. 30. diese lese die sie. p. 37. l. 12. gottlose lese gottseelige. p. 38. l 3. setze hinzu gegen. p. 47. l. 7. nimmer lese immer. p. 48. l. 26. die von der andere entspringet lese von wel- cher sie herkommet oder entspringet. p. 52. l. ult. der lese deren. p. 62. l. 32. Schlauer lese Schlave. p. 63 l. 27. Beich-Kind lese Beichts-Kind. p. 71. l 9. der setze hinzu in Betrachtung dessen. item l. 11. dann lese da. p. 73. l. 5. zum Zeugen lese zum Vergnůgen deiner Seelen angehoͤret hast. p. 75. l. 6. als lese also. p. 81. l. 8 ewigen lese we- nigen. p. 94. l. 16. einmalen lese niemahlen. p. 95. l. 35. nach verordnet setze hinzu werden. p. 95 l 22. weilen man nicht setze hinzu weiß. p. 97. l. 36. gefasset lese gehasset. p. 102. l. 13. seynd das setze hinazu nicht. p. 104. l. 19. von denen man nicht setze hinzu sage. p. 192. l. 5. des lese das. p. 376. l. 16. angescheu lese angeschauet. p. 383. l. 31. Koͤnigliche lese gerade. p. 443. l. 28. leibligste lese liebligste. p. 452. l 26. nemblich betten lese nemblich nicht betten. p. 480. l. 10. dem gefaͤhrlichen lese den gefaͤhrlichen. ibid. l. 23. Schaͤtzen lese Schaͤrtzen. p. 499. l. 8. Christen lese Geistlichen. p. 507. l. 14. Beyschlaffs wird lese Beyschlaffs/ und wird. p. 520. l. ult. ver- gessen lese vergossen. p. 521. l. 6. Fleiß lese Fleisch. p. 618. l. 10 wo rufft lese wo ruffst mich. p. 619. l. 23. thue auß/ wirst. ibid. l. 24. all- zeit lese allezeit. p. 620. l. 31. dieß Thier allzeit lese dieß Thier nur. allezeit. p. 622. l. 5. was bistu lese was du bist. p. 623. l. 9. thue auß ich. p. 624 l. 10. erwebet lese erwerbet. p. 625. l. 4. Jn der Noth mir doch beyspringet lese Jn Noͤthen doch beyspringet. p. 715. l. 21. moͤglich lese unmoͤglich. p. 716. l. 5. Schoßgebettlein lese Schußgebettlein. p. 717. l. 12. oder das lese oder deß. ibid. l. 23. sagen lese seyn. ibid. l. 29. wann lese wie. p. 733. l. 32. der ich in deiner lese der ich deiner. p. 754 l. 22. ein gantzes Jahr lese sechs gantze Jahr.p. 756. l. 27. kanstu nicht lese komstu nicht. Ver-