Eylfertiges Bedencken über M. August Hermann Franckens/ Pastoris zu Glauche vor Halle/ Seine S chutz- P redigt/ Ob Er Durch dieselbe seinen Zweck/ den er auf dem Titul gedachter Predigt berühret hat/ erlanget oder nicht? Auf Begehren gestellet von einem Diener GOttes in Halle/ An einen Seiner Beicht-Kinder. Anno 1692 , d . 25 . Julii . Geneigter Leser. D Jeses Bedencken ist zwar nicht ge- stellet worden/ daß es in den Druck hat kommen sollen. Es hat auch der Herr Autor , da es zu dem Ende von ihm verlanget worden/ sich unterschiedlich mahl geweigert/ und unter an- dern damit sich entschuldiget/ weil M. Francke/ dem einige Abschrifft davon alsbald zu- gekommen/ ihn solches nicht zu public iren bitten lassen/wel- ches ches Er auch/ wo M. Francke das gegebene Aergerniß durch revocation oder Erleuterung seiner Predigt in öffentlichen Druck würde abschaffen/ zu unterlassen sich erboten. Nach- dem aber M. Francke durch Umwege ihn zu betriegen/ und seine ausgestreuete Anklage dadurch zu bestätigen nur ge- sucht/ allermaßen denn seine Predigt inzwischen schon et- liche mahl aufgeleget/ und überal ausgestreuet wird/ als hat man auch wider Willen und Wissen des Herrn Auto- ris solch Bedencken der Presse A2 zu zu vertrauen für nöthig erach- tet/ damit iedermänniglich M. Franckens Boßheit dar- aus erkennen lernen möchte; indem sie nicht nur mit gutem Grunde darinnen beschrieben/ sondern auch/ nach vornehmer Leute Urtheil/ allen seinen Auf- lagen sattsam geantwortet ist. Und lebet man darbey der gu- ten Zuversicht/ es werde sol- ches der Herr Autor ihme nicht mißfallen lassen/ denn Recht muß doch Recht bleiben/ und dem werden alle fromme Hertzen zufal- len. Groß- Großgünstiger Freund. E R verlanget von mir zu- wissen/ was von des Hn. M . Franckens/ Pastoris zu Glauche vor Halle/ seiner Predigt zuhalten sey/ und ob er damit der Auflagen sich exculpi ren könne. Nun wolte ich wünschen/ daß dergleichen Predigt nicht vonnöthen gewesen wäre/ wolte ihm auch gerne gönnen/ daß er sich durch diese Schutz-Predigt alles Ver- dachts hätte entledigen können (denn ja keinem redlichen Christen mit falscher Auflage eines Christen/ vielweniger eines Dieners Gottes/ etwas gedienet ist/ als der vielmehr wündschen wird/ A3 daß daß alles Ergernis möchte auffgeho- ben werden/ ja ich will hoffen/ daß er durch dieselbe sich einiger Auflagen dürffte entbinden/ iedoch so viel ich mercke/ wird er schwerlich durch diese Predigt des gantzen Verdachts sich entledigen/ daß er vielmehr in einigen Stücken viel tieffer hineingerathen ist. Jhm ist nicht unbewust/ daß bisher einige Trennung und Verwirrung unserer Kirche hat entstehen wollen/ indem es dahin gediehen/ daß wer sich hat belieben lassen Herrn M . Fran- cken oder seinen Anhängen zu favori- si ren/alsobald alle andere Diener Got- tes auch bey unserer Stadt zuverach- ten/daher es denn geschicht/ daß weder die Studiosi , die ihm anhängig seyn/ noch auch andere Leute mehr/ anderer Diener Gottes ihre Predigten besu- chen/sondern so gleich alles/ was bey denselben sich befindet/ vernichten und ver- verachten/ und das schimpflichste davon urtheilen. Nun hat man anfänglich dem Unverstande der Leute es können beymessen/ als die aus Neugierigkeit dem Herrn M . Francken (weil so viel spargi rens sonst von ihm gewesen/ und der Beruff fast ergangen/ daß er was neues lehrete) etwa gehöret/ und weil er ihren Ohren vielleicht gefallen ha- ben mag/ hierdurch demselben günstig worden/ und so gleich auff die Gedan- cken gerathen/ er müsse doch wohl nicht unrecht haben/ weil er sich gleichwol so fromm anstellte; dahero sie dann ver- meynet/ als wenn er was anders lehre- te/als wir/ und sich deswegen lieber zu ihm/ als zu andern/ halten wollen. Wie dann auch deswegen einige/ die solcher Verachtung gegen ihre vorgesetzten Lehrer sich haben vermercken lassen/ sind vermahnet worden/ sie möchten sich nicht einbilden/ als wenn Herr M . A4 Fran- Francke etwas anders lehrete/ als wir/ sondern er lehrete eben das/ und solte er ja anders reden/ als wir bisher geredet hätten (welches eben an ihm/ als ei- nem einzeln jungen Mann nicht zulo- ben wäre) so würde er sich doch endlich nach Zuspruch so erklären/ daß es uff eines hinauslieffe. Solten daher bey ihren vorgesetzten Lehren vielmehr verbleiben/ als andern nachlauffen/ da- durch sie irre gemachet würden/ indem sie dieselben nicht recht verstünden. Es hat aber die Sage ie mehr und mehr von seinen Günstigen wollen ausge- breitet werden/ daß andere nicht das lehreten/ was er lehrete/ haben auch wol des Verachtens gegen ihre Seelsor- ger keinen Scheu getragen/ daß man auff die Gedancken hat gerathen müs- sen/ ob vielleicht er selbst Schuld daran hätte/ daß so ein Haß volles Gemüthe wider andere treue Diener Gottes bey eini- einigen seinen Zuhörern so gleich ent- stünde/ und daß er solches/ wo nicht aus- drücklich intendi re/ doch materialiter verursachte; welche Gedancken denn unterhalten worden sind/ wenn man von einigen Studiosis , die ihm anhän- gig seyn/ hat erfahren müssen/ wie sie ein und anders unrichtigs Wesen ge- gen einfältige Leute sich unterfingen/ als daß sie dieselben haben bereden wol- len/ sie köndten bey keinem andern ab- solution ihrer Sünden haben/ als bey M . Francken/ es wäre niemand nicht bekehret/ als der erst fast gar hätte ver- zagen wollen; nachdem sie zu M . Fran- cken kommen/ wären sie erst bekehret worden; Man hat auch bey denensel- ben ein absonderliches Gebeth ange- mercket/ in welchem sie GOtt abson- derlich haben dancken müssen/ daß sie durch einen gewissen Mann wären erleuchtet und bekehret worden/ un- A5 er- erachtet man gewust/ daß es sonst from- me und Christliche Seelen gewest/ die aus der Gnade ihres Tauffbundes da- mals wol schwerlich gefallen gewesen/ als sie ihm zu favorisi ren begunnen; andere haben wiederum in Zittern und Zagen gelebet/ und sich verlauten las- sen/ wenn sie doch nur wissen möchten/ ob sie bekehret und erleuchtet wären; noch andere haben nicht leiden können/ wenn ein Lehrer seinen Zuhörern von den heutiges Tages vorgegebenen Of- fenbahrungen hat Unterricht gegeben/ ob es wol gantz bescheiden geschehen ist/ theticè \& antitheticè ohne Meldung/ woraus sie ihr Absehen gehabt/ oder wenn er etwa von dem tausendjähri- gen Reiche Christi geredet hat/ das al- les/ und noch ein mehrers/ ist solchen jungen Klüglingen ein Dorn in ihren Ohren gewesen. Gleichwol hat das Ansehen eines vornehmen hiesiges Orts Orts lebenden Theologi , der mit ihm in guten Vertrauen stehet/ dergleichen Gedancken zuweilen zurückgehalten/ daß man denselben nicht hat freyen Lauff lassen mögen/ unerwogen solcher/ wo er dergleichen etwas bey Herrn M . Francken solte anmercken/ zweiffels ohne/ unsern Gedancken nach/ würde gestrafft haben/ daß er sich hätte ändern müssen. Man hat aber von einigen Glaub- würdigen nicht ungelehrten frembden Personen vernehmen müssen/ daß er sich nicht entblödet ihnen ins Gesichte zusagen/ daß sie Unbekehrte/ und von dem Geist Gottes nicht regierte Leute wären/ würden auch dergleichen nicht ehe werden/ biß sie sich zu ihnen schlü- gen. Und als derselben einer/ sich theils auff sein/ theils auff des Hn. M . Fran- ckens eigen Gewissen beruffen/ daß er nie muthwilliger Sünden sich schuldig A6 wü- wüste/ sondern vor allen wissentlichen Sünden sich gehütet/ inzwischen gleich- wol seine tägliche Mängel busfertig erkant/ sich seines Heylandes CHristi/ und des mit ihm gemachten Tauff- Bundes getröstet/ und Gott busfer- tig abgebethen/ daß er aus der Gnade Gottes gefallen zuseyn nicht erachten könte/ ihn dannenhero gefragt/ was ihm denn noch fehlete/ daß er völlig bekehrt würde? so ist kein andere Antwort ge- fallen/ als diese; Er hörete wohl/ daß referente ein Weltgelehrter Mensch wäre/ aber er würde schon anders ge- sinnet werden/ wenn er sich zu ihnen schlüge. Dannenhero man erachtet/ daß weil er gegen Gelehrte dergleichen Reden zuführen sich erkühnet/ er viel- mehr gegen Einfältige solches thun möchte. Und kondte also leicht sehen/ woher der Haß/ denn seine Günstiger gegen andere Seelsorger tragen/ rüh- ren ren möchte. Jedoch war die Sache noch nicht so bekandt/ daß man es über- al/ auch vor Gerichte/ als ein erwiese- nes hätte passi ren lassen müssen. Nachdem aber HErr M. Francke sich hat bereden lassen/ daß er mit dieser seiner Schutz-Predigt/ wiewol intem- pestivè und wider das Ansehen der Obern/ an den Tag kommen ist/ ist die Sache vollend klar worden/ daß solche Trennung/ die bisher in unserer Stadt entstanden ist/ von ihm hergerühret hat/ welches der Jnhalt solcher Pre- digt gleich anzeiget/ muß von forne an- gefangen werden. Es scheinet zwar des Herrn M. Franckens Absehen bey dieser Predigt gewesen zu seyn/ der Auflagen/ die theils einige Zuhörer selbst/ wider ihn eingegeben/ sich zuent- schütten/ (wie er denn auch diesen Zweck im Titul ausdrückt) aber/ wer die gantze Predigt ansiehet/ muß fast A7 auf auff die Gedancken gerathen/ daß sol- che Ableinung nur der Neben-Zweck sey/ der Hauptzweck aber sey die Be- schuldigung und Verkleinerung so wol der gantzen Lutherischen Kirchen/ als insonderheit aller treuer Diener Gottes bey derselben/ die es nicht mit ihm halten. Bey den ersten ist er da- zu ziemlich unglücklich/ und verschwei- get ie zuweilen/ was er in seiner Ant- wort wohl berühren solte/ damit er recht aus allem Verdacht käme/ bey dem andern ist er geübter/ und fehlet ihm an Worten und an Beschuldigungen nicht/ aber wol am Erweise. Man sehe nur seiner Predigt Ein- gang an/ und bedencke die Worte/ mit welchen er denselben anfängt/ daß das gantze 59. Capitel Esaiæ sich eigentlich auf Christi und unsere Zeiten (ver- stehe/ von der Lutherischen Kirche zu reden) schickte/ insonderheit die Worte vom vom 14. vers . und so weiter. Wer un- ter den Einfältigen den Jnhalt dieses Capitels wissen will/ der kan des Osi- andri oder die Weymarische Bibel nachschlagen/ da wird er finden/ was vor schwere Beschuldigungen wider die öffentlichen Lehrer daselbst sind/ wie sie falsche gifftige Lehrer wären; man kan dabey zugleich ansehen/ was vor ein Zustand des Ministerii zu den Zeiten Ahas und also des Esaiæ gewesen 2. Chron . XX. so wird man darinnen bestätiget werden. Zu dergleichen macht er nun hiermit die Lutherischen Lehrer indefinitè , und vergleicht sie auch zugleich tacitè mit den Schrifft- gelehrten und Phariseern/ den falschen Lehrern zu Christi Zeiten/ wie er auch eben dieses tacitè intendi ret in dem Anfang seiner Predigt/ oder vielmehr durch die gantze Predigt/ so weit er von dem Fall und der Wiederauffrichtung der der Gerechtigkeit aus dem Evangelio redet/ daß er die Lutherischen Prediger abmahlen möchte/ dannenhero er schon im Eingang den Leuten die Gedan- cken gemacht/ daß zwischen Christi und unsern Zeiten einige Gleichheit wäre. Jnzwischen mischet er in seinem Discurs immer eins und das andere mit ein/ daß ich nicht weis/ wie er es entschuldigen will/ wenn es genau solte examini ret werden; Er müste sich denn behelffen mit der Distinction unter den äuserlichen und innerli- chen Menschen / deren dieser nur ver- stünde/ was er schriebe/ wie er sonst der- gleichen distinction sich soll bedienen/ doch weil es nicht Sachen von Wich- tigkeit seyn/ läst man es billich vorbey gehen. Man sehe überdiß den Anhang an/ da er die Frage tracti ret: Ob das Christenthum bey uns verfallen sey? sey? Und mercke/ wie er sein Ja be- hauptet/ insonderheit bey der Lehre/ so wird man finden/ was er vor Gedan- cken von Lutherischen Predigern/ in- definitè genommen/ nicht etwan nur von ein und andern mag haben/ ja was er vor Reden gegen Unverständige zu- führen sich getrauen mag/ nachdem er sich nicht scheuet/ ein solches öffentlich zu schreiben. Anfänglich redet er be- dencklich/ daß er schreibet: Wir wol- len das Ansehen haben/ daß wir durch die Reformation aus dem Pabstthum gegangen/ und von dem Joch der Menschen-Satzun- gen befreyet worden; Jch will nicht hoffen/ daß er uns beschuldigen wolle/ als wenn wir noch das Joch der Men- schen-Satzungen auff uns hätten/ weil wir einige Ceremonien/ die unschädlich seyn/ behalten haben/ oder als wenn wir dem Pabstthum nicht recht ent- gan- gangen wären/ denn sonst wäre das ei- ne grosse unerweißliche Beschuldi- gung. Hernach kan er es nicht erdul- den/ daß einige gesagt haben/ es sey itzo florentissimus Ecclesiæ status , ob es iemand/ und wer es gesagt habe/ weis ich nicht/ wenn sie es auch de doctrinâ \& vité totius Ecclesiæ Lutheranæ , an welchem Ort dieselbe wäre/ und darzu absolutè , nicht comparatè , ver- standen hätten/ möchte es wohl falsch seyn/ aber wenn es de Ecclesiâ aliqvâ particulari und comparatè wäre verstanden worden/ sehe ich nicht/ was so unrecht geredet wäre? Solte denn nicht in mancher Stadt/ oder in man- chem Lande solche gute Anstalt bey ei- niger Kirchen seyn/ oder gewesen seyn/ daß/ wenn sie den Zustand ihrer Kir- chen mit den vorigen Zeiten überlegt hätten/ sie hätten sagen können/ es sey ietzo florentissimus Ecclesiæ status , un- unerachtet etwa ein oder anders Glied- mas sich nicht recht verhalten? solte es aber nur de doctrinâ verstanden wor- den seyn/ so würde es viel weniger zu tadeln gewesen seyn/ doch wollen wir anderer ihre Worte nicht verthädigen/ darauff gestehet er zwar/ daß die theses Orthodoxæ bey uns vorgetragen würden / (welches er denn/ wenn er nicht eine Contradiction begehen will/ nur von einigen/ vielleicht seinen Gönstigen/ verstehen muß/) doch da- mit er den Verfall der Lehre erweise/ klaget er noch (1.) über vieler Un- wissenheit / berufft sich dabey auff seine und anderer Erfahrung; aber das ist kein Verfall der Lehre (daß ich das seltzame Wort mit ihm brauche/ denn wer saget der verbleib / der verschreib / der verharr / vor die Verbleibung/ Verschreibung/ Verharrung ꝛc.) son- dern eine üble Anstalt in der Unter- rich- richtung/ oder üble Ampts-Pflege des Seelsorgers/ wenn dergleichen wo ist. Und ist kaum zuglauben/ daß eine sol- che Unwissenheit deren/ die schon etli- che mahl zum Tisch des HErrn gan- gen wären/ vielfältig erfunden wor- den. Wenn er die Antwort gehöret hatte/ hätte er leicht gedencken können/ daß sie ihn nicht recht verstünden/ und de aliqvâ causâ impulsivâ die Frage angenommen hätten/ die er de usu \& fructu hätte verstehen wollen/ darum hätte er ferne fragen können/ was hast du aber vor Nutz davon/ wenn du zum Abendmahl gehest? Vielleicht hätten sie anderst geantwortet/ daß er nicht vielfältig dergleichen Antwort hätte müssen hören/ wenn es ia gesche- hen ist; hat es also vielmehr sich/ als an- dern zu imputi ren/ daß er vielfältig nicht nach seiner Frage Meynung Antwort erhalten. Man weiß die Ein- Einfalt der Leute/ und daß sie offt ein Ding verstehen/ welches sie doch nicht so gleich von sich geben können/ wo nicht die Frage nach ihrem Verstande ein- gerichtet wird; Darum soll er viel- mehr lernen sich nach der Einfalt rich- ten/ als daher Anlaß nehmen die Leh- re der Kirchen ungeschickter Weise zu beschuldigen. (2.) Daß die rechte Lehre Lu- theri nicht recht verstanden würde . Wenn solches bey dem einen oder an- dern nur ist/ ists auch kein Verfall der Lehre bey der Kirchen/ davon hier die Rede ist. Daß es bey vielen und zwar den meisten Gliedern der Kirche so schlecht bestalt wäre/ und das aus Mangel der Lehre/ solches muß erwie- sen werden. Es hätte auch der Herr M. Franck gedencken mögen/ daß der Glaube/ wie ihn Herr Lutherus be- schrieben hat/ gar recht zwar beschrie- ben ben ist/ (denn so muß er beschaffen seyn/ wenns ein rechter Glaube heissen will) iedoch machte derselbe nicht vor GOtt gerecht/ so ferne er nach allen Stücken ein solcher ist/ sondern nur/ so fern er Christum mit seinem Ver- dienst ergreiffet/ und auf ihn sein Vertrauen setzet. Weil er aber das nicht gethan hat/ so hat er selbst wider seine 4te Klage gehandelt/ und die Lehre zerstückt vorgetragen. (3.) Daß von gar vielen/ auch Gelehrten/ die Evangelische Lehre zwar einiger Maßen/ recht begrif- fen/ aber nach der unerleuchteten Vernunfft angesehen/ und beur- theilet wird. Erst wenns geschicht/ so ist das kein Verfall der Lehre bey der Kirchen/ (davon hier die Rede ist/) sondern des seligmachenden Glaubens im Hertzen; Darnach so ist die Ver- nunfft eines solchen nicht gantz und gar gar unerleuchtet zu nennen/ wenn nicht bloß von der seligmachenden Er- leuchtung / sondern von der Erleuch- tung in genere geredet wird/ wiewol sie salutariter unerleuchtet genennet werden muß/ sofern sie nun nicht mehr hat das principium assentiendi su- pernaturale , die Wirckung GOttes des Heiligen Geistes/ der den Verstand durchs Wort übernatürlich lenckt/ daß er mit Göttlicher Gewißheit vor wahr halten muß/ was er mit seinen Kräf- ften vor wahr zu seyn nicht ergründen kan/ sondern sie ist im ersten Grad (wie einige Theologi die gradus illumi- nationis setzen) erleuchtet/ und hat aus GOttes Wort die Lehre der Christ- lichen Kirche erlernet/ und wird deswegen derselben Lehre oder Erkäntniß nicht verlustig/ unerachtet der Mensch durch muthwillige Sünde der Gna- den-Wirckung des Heiligen Geistes sich sich beraubet. Denn sonst müste der Mensch/ so offt er sündigte/ gleich so verkehrt und verdüstert an seinem Verstande werden/ daß er nicht mehr wüste und verstünde/ was er zuvor in Göttlichen Dingen verstanden hät- te/ welches wider die Erfahrung läufft. Ob nun wol ein solcher saluta- riter unerleuchteter Verstand unrecht thut/ daß er heilige Sachen nicht mit der Art/ wie ers thun solte/ und durch die Gnade GOttes hätte thun können/ vornimmt und tr a ctiret/ so kan er doch aus GOttes Wort eben noch die Leh- re der Kirche/ wie zuvor/ verstehen und examin iren/ und wenn er sie aus GOTTES Wort examin iret/ so siehet sie zwar der unerleuchtete Ver- stand an/ auch mit der unerleuchte- ten Vernunfft/ aber nicht nach der unerleuchteten Vernunfft/ sondern nach GOttes Wort/ und so fern thut er er nicht unrecht. Daher spielt Herr M. Franck nur mit dem Wort Wis- sen und Erkäntniß/ wenn er hinzu setzt: Ja viel wissen nicht einmahl/ was die rechte heilsame und leben- dige Erkäntniß sey; Denn wenn er durch das Wissen notitiam practicam verstehet/ und durch die Erkäntniß il- luminationem salutarem , so ist es wahr/ aber wie wird er denn dadurch erweisen/ daß die Lehre der Kirchen ver- fallen ist? Daß der Glaube ( fides sub- jectiva ) derjenigen/ bey welchen sol- cher Mangel ist/ nicht tauge/ ist zwar daher zu erweisen/ aber nicht/ daß die Lehre der Kirchen verfallen. Und doch hat er entweder aus Unverstande/ o- der mit Fleiß solche Stücke confun- diret . (4) Daß öffters die Lehre nicht recht vorgetragen werde. Das er- B wei- weiset er mit zweyen Gründen: (α) Weil GOttes Wort offtmals mit Menschen-Wort/ als mit unnützen Historien/ Fabeln/ Erzehlung aller- hand abgeschmackten Meynung/ un- erbaulichen critisir en vermenget/ und dadurch die vornehmste Seelen-Weide entzogen würde. Dieses erweiset nicht/ daß die Lehre nicht recht/ das ist/ irrig und falsch vorgetragen werde/ (wel- ches er doch erweisen solte/ wenn er ei- nen Verfall unserer Kirche in der Leh- re will darthun) sondern nur/ wenn es ja was erweiset/ daß sie sparsamer vor- getragen werde; Denn die Zeit/ die man auf solche angeführte Stücke wen- dete/ könte man auf die Lehre wenden; es erweiset auch nicht/ daß sie nicht suf- ficienter vorgetragen werde/ sondern nur nicht überlfüßig; Es ist auch die Beschuldigung noch nicht erwiesen/ und und glaube ich kaum/ daß iemand ge- funden werde/ der dergleichen thut/ von denen/ welche Herr M. Francke in seinen Gedancken hat. Denn sich nur in seinem Gehirne solche Concepte machen/ und sie hernach in die Welt/ als geschehen/ hinein schreiben/ ist un- verantwortlich. (β) Weil eine an sich theure Warheit offt zerstücket wird. Wenn zerstücken heist/ nicht alles auf einmahl vortragen/ ists nicht unrecht/ sonderlich/ wenn man versichert ist/ daß das ausgelassene Stück nicht widrige Gedancken erwecken könne bey den Zu- hörern/ welches ein Prediger leicht da- her abnehmen kan/ wenn er die völlige Lehre öffters getrieben; Wenn aber zer- stücken heist dasjenige auslassen/ was nötig zu erinnern ist/ damit der Zuhörer nicht ungleiche Gedancken bekommen müsse/ so ist nicht erwiesen/ daß diß ein B2 ge- gemeiner Fehler Lutherischer Lehrer sey/ daß man so indefinitè hinreden sol- le/ und wenn er es auch wäre/ so wäre doch noch nicht erwiesen/ daß die Lehre nicht recht (wenns so viel heist als falsch) vorgetragen würde/ und also die Lu- therische Kirche beschuldiget werden könte/ daß sie in der Lehre verfallen wä- re; Von ihm dem Herrn M. Fran- cken solte mir nicht schwer fallen zu er- weisen/ daß er das Büchlein des Urba- ni Rhegii de formulis cautè loqven- di nicht gar wol gebrauchte/ massen von ihm bekand ist/ daß er in vielen Stü- cken sehr securè geredet hat/ man sehe nur ietzo zum Exempel/ was er drunten beym discurs von Weiber-Predigten sich vernehmen lassen/ und was er hier discurr iret vom Verfall der Lehre bey der Lutherischen Kirchen; Zudem ist mir wohl bekand/ daß er einsten zu Lei- Leipzig von einem Theologo wegen seiner ungeschickten Reden erinnert/ und ihm deswegen dieses Büchlein Urbani Rhegii (welches er vor nicht gesehen/ noch davon gehöret hatte) re- commend iret/ und zu lesen commu- nic iret worden. (5.) Daß die Zuhörer wegen der vorgfasten Meynungen die Lehre anderst verstunden. Und gesetzt/ daß das wahr wäre/ so ist doch die Lehre der Kirchen deswegen nicht im Verfall; so ist auch das Urtheil von der Kirche so ungütig/ daß die meisten oder doch ihrer viel/ solche üble Conce- pt e haben solten/ daß sie eine Lehre/ die ausdrücklich vorgetragen wird/ solten anders deuten. Vielleicht hat Herr M. Franck bey diesem Punct etwas im Sinn/ das er vor sündlich hält/ wel- ches an und vor sich keine Sünde ist/ B3 und und ist also eben des schuldig/ was er an- dere bezüchtigen will/ daß er wegen vorgefaster Meynung die Lehre reiner Theologorum anderst verstehet/ als er solte verstehen. (6.) Affirm iret er/ daß ein gottlos Leben nit wenig die heilsame Lehre verderbe; Woraus er denn schliessen wil/ dz weil bey Lutherischen ein gottlos Leben ist/ so müste auch die Lehre ver- dorben seyn. Er solte sich aber schä- men/ daß er so hochmüthig und ver- ächtlich von einer Kirche urtheilen will/ dessen Gliedmaß zu seyn er sich aus- gibt; Hernach ist der Satz auch falsch/ so lange GOTTES Wort noch be- halten/ und dem einbrechenden Un- heil gesteuert wird. Wiewol freylich GOTT durch ein gottlos Leben be- wogen wird/ daß er endlich auch die reine Lehre entzeucht/ der man nicht achtet/ achtet/ aber an und vor sich ists nicht unmüglich/ daß eine zeitlang eine reine Lehre und ein gottlos Leben bey einan- der stehe. Syrachs Ansehen erweiset nichts/ als welcher nicht ist scriptor . Kurß! Herr M. Francke will be- haupten/ Unsere Kirche stünde we- gen der Lehre im Verfall / welches ein ieder so annehmen wird/ als würde die reine Lehre bey uns nicht mehr ge- trieben/ ja man muß es auch so anneh- men/ wenn Lehr und Leben einander entgegen gesetzet wird; und wenn man nun siehet/ wie ers erweiset/ so weiset er nicht mehr/ als daß entweder einige Zuhörer oder Lehrer das ihre bey der Lehre nicht thun/ oder wegen Unge- schick nicht thun können/ (welches ja nicht einen Verfall der Lehre/ sondern des Lebens anzeiget/) und extend iret B4 sol- solches zugleich unverantwortlicher Weise auff viele/ wo nicht gar auff alle/ bringet dadurch unsere Kirche ins schwartze Register bey auswertigen/ und führet sich selbst als einen Ver- leumbder auff/ hemmet auch/ so viel an ihm ist/ die Arbeit treuer Diener Chri- sti/ und die Bekehrung der auswerti- gen zur Warheit/ welches ihm alles schwere Verantwortung bringen wird. Er will zwar sich entschuldigen/ daß er treue Diener Gottes nicht meyne; er distingv ire unter ihrem Ampt und ihrer Person und wiederum und ihrer Person und Lastern p. 57. aber der gute Herr redet indefinitè un ter præ- supponi ret fälschlicher Weise/ daß die meisten der Lutherischen Lehrer und Zuhörer lose Leute seyn/ nemlich weil er sich alleine für fromm hält/ daher wird wird ihm diese distinction nicht helf- fen. Die er ausnimmt sind wenige/ und vielleicht niemand als seines An- hangs/ welche er nur nennen möchte/ so wüste man/ wer sie wären/ denn pauperis est numerare pecus \&c . Aber wers noch nicht glauben will/ daß die Lehre bey der Lutherischen Kirchen im Verfall stehe/ der höre noch fernern Beweis Herrn M. Franckens: Wer aber noch einen Zweiffel dran hat/ spricht er/ oder dem diß zu hart ge- redet zu seyn düncket/ der thue seine Augen auff/ und sehe auch das Le- ben an . Es scheinet/ als wolle er ad oculum demonstri ren/ daß die Lehre auch bey der Lutherischen Kirchen im Verfall stehe; Er weiset aber nicht auff die Lehre/ oder auff etwas an der Leh- re/ sondern auff das Leben; ist mir das nicht ein schöner Beweis? Jst denn B5 das das Leben die Regel/ nach welcher man die Lehre probi ren soll? Jch entsinne mich/ daß als mir ehmal/ da ich noch / ein Studente war/ ein tentatus , sed eruditus vir , dieses dubium movir te: Wir müsten nicht den rechten Glauben haben/ weil wir so gottlos lebeten ; ich ihm geantwortet: daß der Glaube zweyerley wäre/ fides obje- ctiva und subjectiva , jener müste nach Gottes Wort geurtheilt werden/ die- ser könte aus den Wercken æstimi rt werden. Und wo böse Wercke wä- ren/ wäre freylich nicht vera fides sub- jectiva \&c . Als dieser discours gesche- hen war/ und dabey insonderheit gewie- sen/ daß auch bey andern Religionen Unkraut wäre/ bedanckete er sich vor den erbaulichen discours . Jch halte Herr M. Francke solte dergleichen auch wohl wissen/ aber er stellt sich hier gar gar frembde darzu an. Darauff hebt er eine grosse Klage von dem Leben der heutigen Christen an/ welches ich nicht in allen zuverthädigen gedencke/ so we- nig ich M. Franckens unnöthige Kla- ge über das Lutherische Predigampt gut heisse; iedoch solte er auch aus ei-- nem geistlichen Hochmuth der Sache nicht zuviel thun/ sunt mala mixta bonis , und gehet doch nicht an allen Orten das Unkraut über den Weißen/ obs gleich zu Mantua hiesse: infelix lolium \& steriles Dominantur ave- næ . Die Schulen stechen ihm auch in die Augen/ weil vielleicht daraus Leu- te kommen/ welche andern die Augen auffthun können/ daß sie die Verwir- rung sehen/ so Klüglinge anrichten wol- len. Daß bey jungen Leuten zuwei- len Muthwillige vorkommt/ auch wol ziemliche excesse , kan nicht geläugnet B6 wer- werden/ so lange aber solchen möglich- ster Massen gesteuert wird/ hat man nicht Ursach ohne Unterscheid der Schulen/ mit solcher Ungunst zuge- dencken/ massen auch allezeit bey dem wenigen Unkraut viel guter Weitzen gewachsen ist/ und so weit gehen die meisten und wichtigsten seiner Beschul- digungen wider die Lutherische Kir- che/ insonderheit die ietzigen Lehrer der- selben/ welche er ungescheut in den Tag hinein geschrieben hat. Was aber seine Entschuldigungen betrifft/ bekümmern wir uns nicht da- rum/ wie weit sie gelten mögen; doch se- hen wir/ daß er einige Dinge gar schlecht entschuldiget/ einige vorbey- schleichen lässet als recht geschehen/ ei- nige mit untüchtigen Gründen abzu- legen gedencket/ welches meinem Herrn hierbey berichte/ daß er siehet/ was was vor Mangel bey Herr M. Fran- ckens Entschuldigungen mit unter- lauffen/ und wo er nicht recht heraus will. Jn der Zuschrifft ist auff dem 7. Blat derselben (da er zuvor gelehret hatte/ daß der wahre Glaube nicht mit einem gottlosen Leben bestehen könnte/ sondern mit einem guten Vorsatz mü- ste begriffen seyn/ wie auch ein Wachs- thum darauff erfolgen müste) folgends enthalten: Damit könt ihr denen begegnen/ die meine Anführung verlästern möchten/ als fodere man entweder überflüßige oder unnö- thige und unmögliche Dinge . Jst aber das nicht ein schöner Beweis: Herr M. Franck fodert keine überflüs- sige/unnöthige und unmügliche Din- ge/ denn er lehret ja/ der Glaube könne nicht ohne gute Wercke seyn/ reime B7 dich dich. Er sage nur/ ob er nicht allen/ auch höflichen Schertz/ alles nur zur Ergetzligkeit angestelletes Spielen/ alle Lustbarkeiten/ zu gewissen Zeiten unter guten Freunden angestellte Musicken/ Zusammenkunfften/ etc. als sündlich verwirfft/ denn daß er sie als ein Göttlicher Lehrer soll recom- mendi ren/ wird nicht erfodert/ aber ohne Noth andern ein Gewissen dar- über zumachen/ wenn sie zu rechter Zeit und mäßig geschehen/ liegt ihm auch nicht ob. Was ist aber das anders/ als was er durch die angeführte untüch- tige ration hat wollen von sich ableh- nen? Auff den 65. Blat hebt er an sich zu- entschuldigen/ und den Auflagen zube- gegnen; Wobey ich nochmahln wünd- schen möchte/ daß er allen solchen mit sattsamen Gründen begegnen könte; denn denn mir ist mit seinen Auflagen we- nig gedienet/ aber weil er zuweilen die- selben so ablehnet/ daß es scheinet/ als wolle er sie nicht ablehnen/ muß ihm doch gewiesen werden/ worinnen er sich besser hätte verantworten sollen. Sei- nen Beruff legitimi ret er mit seinem andächtigen Gebet/ und nicht Bemü- hung um das Ampt/ er wird aber das Bemühen von Anfang der ausge- wirckten Vocation verstehen/ da sein Patron zu Berlin vor ihn gewacht wird haben/ denn sonst hat er sich hier in Halle/ wie man sagt/ genung bemühet/ massen/ da ihm vom Consistorio re- monstri ret worden/ daß sedes noch nicht vacans, und er sich so lange ge- dulden müsse/ bis die Sache ausge- machet wäre (wie denn auch sein An- tecessor hernach durch rechtlichen Ausspruch absolvi ret worden) so hat er er auff Churfürstl. Durchl. Befehl auch mit Bedrohung gedrungen/ auff seine Patronen sich verlassend/ da ihm als einem Theologo wohl angestan- den hätte/ wenn ja aus Versehen etwa wo was vorgenommen worden wäre/ entweder selbst zuberichten oder berich- ten zulassen/ wie die Sache stünde/ die sie zu Hofe noch nicht so genau gewust mögen haben/ und dann fernerer Ver- ordnung zuerwarten. Er hat dabey/ wie berichtet wird/ sich Anfangs gewei- gert eine Prob-Predigt zu thun/ wel- ches doch gebräuchlicher Weise vor der Vocation solle hergehen/ zumal er hier in loco war/ sondern hat Krafft des Befehls purè wollen eingesetzet seyn. Nun mache er erst die Frage aus: Ob ein Theologus , der durch seine Patronen einen Beruff aus- bringt/ bringt/ ehe noch die Stelle ver- ledigt/ ist/ und/ da er hernach er- fährt/ wie es um die Sache stehet (welches weder er noch seine Patronen anfänglich mögen gewust haben) auch gebethen wird sich zugedulden/ biß zu ferneren Bericht/ dennoch darauff tringt purè auch ohne Prob- Predigt eingesetzet zuseyn/ sol- ches auch in tantum erhält/ daß er eingesetzet wird/ ob der sich eines rechtmäßigen Be- ruffs in totum zu rühmen wis- se .Wenn er die Frag erst ausge- macht hat/ so kan er sich alsdenn auf die Allwissenheit des HErrn Christi be- ruffen/ und denn hat er diesen Einwurf genung abgelehnet/ nicht eher. Den Den heimlichen Gifft / dessen er beschuldiget worden/ wird er nicht eher von sich ablehnen/ bis er verschaffen wird/ daß keine Trennung mehr zwi- schen seinen Anhängern/ und andern reinen Lutherischen Theologis ist. Denn der heimliche Gifft gehet ent- weder auff Ketzerey/ oder sonst auff Spal- tung. Wiewol was die Spaltung betrifft/ sein Gifft nun nicht mehr heimlich/ sondern durch diese Schrifft öffentlich gemacht ist. Jch rede aber von einer eigentlich so genandten Trennung / da sich der eine Theil der anderen Seite Lehrer als Lügen-Pre- diger auszuruffen keinen Scheu hat/ nicht nur von einiger Gunst-Ge- wogenheit wegen der äuserlichen Ga- ben/ die sich wohl auch in einer Kirche/ doch ohne Trennung/ findet. Daß seine Lehre Melancholisch ma mache/ haben mehr als eine Person gestanden/ indem es mit etlichen ja so weit kommen/ daß sie gar verzagen wollen. Es köm̃t aber diß nicht da- her/ daß er die Lehre unserer Kirche von der wahren Busse recht treibet/ sondern daß er 1. zur Sünde macht/ was offt nicht Sünde ist. 2. Daß er alle und iede Christen als lapsos , keine als stantes , ansiehet/ und dahero von allen und ieden eine solche Reue erfo- dert/ wie David nach seinem Fall/ ge- than. 3. Daß er solchen Zweiffel und halbe Verzagung als ein gut Werck ansiehet/ da man viel dawider zufech- ten hat. Es ist eben bey David nicht als eine Tugend anzusehen gewesen/ daß/ als er von Nathan absolution seiner Sünden bekommen/ er hernach gleichwol offt Kleinlaut worden. Aber diese seine Schwachheit/ so ihm wider Wil- Willen zugestossen/ wider welche er auch gekämpffet hat/ hat ihm GOTT um Christi willen vergeben/ hat sie auch andern zur Nachricht und Trost auff- schreiben lassen/ daß/ wenn sie in der- gleichen Zustand der Sünde wegen kommen/ sie nicht meynen/ sie sinds al- lein/ die so geängstet werden. Darum ist dasselbe nicht ein Stück/ welches wir unsern Auditoribus zur Nach- folge recommendi ren sollen/ sondern dawider wir sie sollen auffrichten. 4. Daß er lehret/ man könne das Gesetz halten/ welches seine Zuhörer/ als die der reinen Lutherischen Lehre sonst ge- wohnt sind/ so auffnehmen/ daß sie nicht nur äuserlich das thun und lassen kön- nen/ was das Gesetz von ihnen erfodert/ sondern auch die innerliche Regung des Hertzens allemahl in den Schran- cken halten/ wie es das Gesetz erfodert/ denn denn sie sind benachrichtiget/ daß das Gesetz einen innerlichen und äuser- lichen Gehorsam erfodere/ und wis- sen darneben/ daß zu den Gesetz auch das 9. und 10. Geboth gehört/ welches gar allein auff den Grund des Her- ßens geht. Wenn er nun darauff gleichwol dringt/ und diejenigen vor keine Christen halten will/ welche das Gesetz nicht halten/ sie auch aus Mose verdammt und verflucht/ was kan dar- aus anders als Melancholische Ge- dancken folgen? denn das Gesetz rich- tet nur Zorn an. Solte es wahr seyn/ was noch gleichwol iemand in seinem Hause von ihm gehöret zu haben hat behaupten wollen/ und was die Ver- traulichkeit mit Herrn M. Sten- gern/ dem neulichen Lästerer hiesigen Ministerii , der dieses Jrthums we- gen aus Erffurt schon längst weg must gemust hat) fast bestätigen will/ daß er gelehret habe; Wenn der Mensch ein- oder etliche mahl? drey biß vier mahl) wider Gewissen sündigte/ habe er wei- ter keine Vergebung/ so kömmt 5. auch diese verzweiffelte Lehre darzu/ welche melancholisch machen kan. Er besinne sich nur/ wie ihm damahls Herr D. Breithaupt und der Herr Con- rector widersprochen haben. Weil er aber unten dieses leugnet/ so will ichs ihm nicht Schuld geben/ es kan seyn/ daß er sich geender that/ oder er muß anders zu Hause als in öffentlicher Predigt lehren/ welches einige auch bey ihm wollen angemercket haben/ so gar daß es ihm seine Cantorin ins Gesichte gesagt hat. Daß die Leute nicht solten in den Büchern lesen . Wenn man man es verstehet von solchen Büchern/ welche die Christliche Lehre von Stück zu Stück vortragen/ als etwa des seel. Herrn D . Johan . Olearii Handbuch oder dergleichen; wird er nicht in Ab- rede seyn können/ gerathen zuhaben/ als welchem alle Systemata Theolo- gica , wie sie heut zu Tage seyn/ ein Stachel in den Augen seyn. Er wird sich auch dieses Verdachts nicht ent- schütten/ bis er behauptet/ daß die Sy- stemata Theologica , Chemnizii , Gerhardi \&c . nicht zuverwerffen seyn. Vom Ehestand will ich nicht hoffen/ daß auch ihm etwas zu impu- tiren sey; Er hätte aber wohl gethan/ daß er die Worte Pauli: Nicht in der Lust-Seuche ; ein wenig erkläret hätte/ zumahl er weis/ daß seiner Disci- pul einer hier wegen einiger Puncten dis- disfalls in Anklag kommen ist. Wenn er die Systemata Theologica noch würdigt/ so sehe er/ ob er alles gut heis- set/ was unser Gerhard de Conjugio §. 441. geschrieben hat. Daß er den Bogen zu hoch span- ne / dürffte von dem erweislich seyn/ was zuvor bey der Materie von me- lancholischen Gedancken geschrieben worden/ drümb solte er sich hier erklä- ret haben/ was der durch ein fromm gottselig Leben verstünde/ ob den an- gefangenen Gehorsam oder den Voll- kommenen/ nach welchem das Gesetz vollkömmlich gehalten wird. Solte er das letzte verstehen/ so reichet frey- lich die in dieser Sterbligkeit uns ver- liehene Göttliche Krafft nicht so weit/ daß wir das Gesetz vollkömmlich hal- ten können. Denn GOtt hat nicht Gefallen/ uns dergleichen Kräffte all- hier hier zu verleihen/ damit wir in luctâ stehen/ und seine Gnade desto mehr er- kennen müssen. Es folget auch nicht: Er gibt Christo die Ehre/ daß er unser Hoherpriester und König/ auch unsere Gerechtigkeit und Hei- ligung sey / E . so spanne er den Bo- gen nicht zu hoch. Es ist auch seltsam genung geredt/ wenn er schreibet/ daß er seinen Zuhörern noch kein Wort gesagt/ so nicht müglich sey zu hal- ten .Hat er denn ihnen den Spruch nie gesaget aus Matth. 22. Du solt lieben GOTT deinen HERRN ꝛc. oder vermeynet er denn mit den Pa- pisten/ daß er denselben auch halten könne? Man spüret aber/ daß sich Herr M. Franck offt nicht besinnet/ was er redet/ und also fähig ist/ jungen Leuten auch wider Willen irrige Mey- nungen beyzubringen/ die er doch zum C guten guten solte anführen. Ob das seinem Ampt zukommen/ wird er selbst be- dencken. Daß er keinen Trost gebe schei- net er anfänglich zugestehen/ denn er saget ja/ daß die Tröster seine Zuhörer verführen/ beschreibet darauf dieselbe/ daß sie sind Trunckenbolde/ Hurer/ Rachgierige ꝛc. ist ein schlechter Ruhm/ den er seiner Gemeine gibt/ nemlich/ er siehet dieselbe aus Christlicher Liebe/ welche alles hoffet/ als eine solche Ge- meine an/ darinn kein Frommer ist/ oder doch wenige/ daß sie des Trostes also nicht bedürffen/ aber das Urtheil ist abermal zu ungütig. Das weiß ein iederman/ und auch seine Zuhörer/ oder wo sie es nicht wissen/ kan er ihnen solches beybringen/ daß der Trost vor ruchlose Sünder nicht gehöret/ son- dern vor Bußfertige. Wenn er denn nicht nicht in den Gedancken stünde/ daß sie alle unbußfertige Sünder wären/ so solte er billig des Trostes nicht ver- gessen. Denn wenn auch nur ein ein- ziger vorsetzlich versäumet wird/ ist es unrecht. Endlich aber kömt er doch/ daß er betrübte Gewissen nie sparsam getröstet; Das wird aber vielleicht pri- vatim geschehen seyn/ weil die andern es nicht wissen. Daß/ und wie er gelehret habe/ daß/ wenn ein Mensch nach der Tauffe sündige/ ihm die Gnaden- Thür zugeschlossen sey; ist droben bey den melancholischen Gedancken angeführet worden/ wir wollen aber gerne sehen/ wenn er sich geändert hat. Von welcher Lust geredet wer- de/ wenn er sie den Menschen ver- bietet/ ist droben gesaget worden/ wenn aus der Zuschrifft einige seine Worte C2 ha- haben müssen berühret werden. Und darauf mag er sich nur erklären/ wenn er diesen Punct sattsam beantworten will. Die Beschuldigung/ daß Wieder- gebohrne das Gesetz halten können/ läugnet er nach einiger Erklärung nicht. Nun weiß er aber/ was bey unserer Kirchen vor eine Redens-Art bräuchlich ist/ und wie dieselbe in Gottes Wort/ und in unsern Libris Symbo- licis gegründet ist/ und wie die seinige hergegen insgemein verstanden wird. Darumb stünde ihm besser an/ die ge- wöhnliche Rede zugebrauchen/ zumahl in neuer Chur-Fürstl. Brandenburg. Kirchen-Ordnung verboten/ einige Neurung sich gefallen zu lassen. Möch- te er doch seine limitationes darzu se tzen/ die er vor nöthig erachtete/ wenn er vermuthete/ so blos geredt möchte es schäd- schädlich seyn. Und ob gleich die Apo- logia so redet: Legem verè fieri non posse, nisi acceptô Spiritu Sanctô , so saget sie doch deswegen nicht/ daß man so absolutè reden können: Lex verè fit à renatis , denn das wäre/ in rigore genommen/ nicht fieri , sed fieri , wel- ches letztere falsch ist/ sondern sie erklä- ren es selbst also: Profitemur igi- tur , qvod necesse sit INCHOA- RI in nobis , \& subinde MA- GIS MAGISQVE FIERI legem , vid . pag 25. Gesetzt aber/ daß die Apologia so redete/ wie er sag- te/ solte der denn lieber eine Rede/ die zwar in einem Libro Symbolico stün- de/ doch nicht so gebräuchlich wäre/ als C3 eine eine andere (die auch in den libris Symbolicis enthalten wäre) darzu auch im ersten Anhören einen irrigen Verstand erwecken könte/ wenn sie nicht alsofort limiti ret würde/ dieselbe unge- bräuchliche der gebräuchlichen vorzie- hen u. Verwirrung verursachen? Weñ aber die Schrifft saget/ daß wir die Ge- both Christi halten müssen/ so ist ser- vare so viel als observare i.e. halten so viel als in acht nehmen/ und ist die Redens-Art secundum Ev- angelicam zuverstehen nicht in rigo- re legali . Daß Herr M. Francke lehre/ daß auch die Weiber predigen dürffen/ wenn es verstanden wird/ daß er solches nicht directè sondern indirectè \& pe r Conseqventiam lehrete/ ist keine un- gegründete Beschuldigung. Er wird sich zuentsinnen wissen/ was er ehemals in in des Herrn M. Rottens/ Ober- Dia- coni bey Sanct Ulrichs-Kirche in Hal- le/ seiner Behausung gegen gedachten Herrn M. Rothen geredet hat; als derselbe Erwehnung gethan hatte/ wie gleichwohl von einigen Studiosis un- gereimbte Dinge vorgebracht würden/ die ja ihren Ursprung woher haben müsten/ und ihn deswegen fragte: ob er denn etwa bisweilen zufrey redete/ daß es junge Leute anderst annähmen als ers verstünde? so hat er zwar gar bescheidentlich geantwortet/ daß er ein Mensch wäre/ und wohl glauben wol- te/ daß seine Wort nicht allemal so ein- gerichtet worden/ daß sie nicht anders hätten können angenommen werden; Und als ihm darauff erzehlet worden/ wie damahls nur vor dreyen Tagen sich zwey Studiosi über der Frage hät- ten schlagen wollen: Ob ein ieder zu C4 pre- predigen macht hätte/ deren der eine/ der ihnen anhängig wäre/ es hätte be- haupten wollen/ der ander aber es ver- neinet hätte/ und dabey der Herr M. Roth des Herrn M. Franckens Lehr in diesem Stück verlanget hatte; so hatte Herr M. Francke geantwortet/ daß er nie so gelehret hätte/ sondern so habe er wohl geredt: qvod tota Eccle- sia habeat jus prædicandi ; und noch hinzugefüget adeoqve \& singula membra . Als ihm aber dieser An- hang nicht hat wollen gestattet werden/ weil Paulus die Weiber ausschlösse/ die doch auch membra Ecclesiæ wä- ren/ so hat er darauff zur Antwort ge- geben: es müste de membris Ecclesiæ ad hoc munus idoneis verstanden werden/ ja er ist durch andere Instan- tias so weit getrieben worden/ daß er noch zwo limitationes hinzu hat setzen müs- müssen/ daß bey solcher auch do- ctrinæ , und dann vocatio erfodert würde. Worbey ihm dann so gleich gewiesen worden/ daß Studenten/ wenn sie seine erste assertion höreten/ nicht anders könten/ als einen irrigen Verstand fassen/ daher er auch gebe- then worden/ er möchte GOtt die Eh- re thun/ und so ja etwa anderswo solte etwas versehen worden seyn/ es ins künfftige bey uns verbessern/ daß wir nicht uns über ihn zubeschweren hät- ten. Welches er zwar versprochen/ aber/ wie der Ausgang gewiesen/ we- nig gehalten hat. Jnzwischen hat er bey dieser Beschuldigung wol gethan/ daß er das öffentliche Predigen der Weiber verworffen. Er wid aber ver- hoffentlich nicht alleine das Lehren in der Kirche öffentlich nennen/ sondern auch dasjenige/ welches in den so C5 ge- genandten Collegiis pietatis ge- schicht/ und also von diesem die Wei- ber auch ausschliessen. Er kan sich aber deswegen weiter erklären/ damit auch in diesem Punct kein Verdacht bleibe. Bey der Qväckerey/ Fantaste- rey und Enthusiasterey Beschul- digung ist dieses zumercken/ daß einer derselben Dinge könne beschuldiget werden/ der nicht allen Jrrthümen der Qväcker in Engelland beypflichtet/ welche das äuserliche Wort und die Sacramenta als Mittel der Seelig- keit verwerffen/ sondern der nur etwas mit ihnen gemein hat/ als daß der die noch ietzigen vorgegebene raptus und revelationes in dogmaticis nebst der Heil. Schrifft approbi ret. it. der die Chiliasterey/ das ist ein sichtbares Reich des HErrn Christi hier auff Erden/ welches er selbst sichtbarlich regieren wer- werde/ behaupten will; so ist auch zu- mercken/ daß ich andere auff GOttes beschriebene Wort weisen kan/ als auff das unicum principium fidei , oder als auff ein principium fidei zwar adæqvatum aber nicht unicum . Wenn er sich nun des Verdachts bey dieser Beschuldigung loßwircken will/ (darein ihn seine Discipul und andere favorit en gebracht haben/ welche nicht haben leiden können/ daß man solche revela- tiones hat verwerffen wollen) so mus er nicht nur sich darauff beruffen/ daß er seine Zuhörer auff GOttes Wort und die heiligen Sacramenta weiset/ daran er zwar gar löblich thut/ sondern er uns (1) alle neue revelationes in dogmatibus tales von Her- tze grund verwerffen. (2) Mus er sagen/ daß das Wort Gottes die einige Regel und Richtschnur unsers C6 Glau- Glaubens ist/ (3) wenn etwa Mägde oder dergleichen Personen in Ohnmacht sincken/ der sonst ein Zufall bekommen/ mus er nicht sagen/ daß der heilige Geist zu ihnen komme/ und daß dis Wirckungen des heiligen Geistes wären. Mus auch seinen Discipeln verbieten/ daß sie dergleichen Reden nicht aussprengen. Wenn er das thut/ so dürffte er dieses Puncts wegen freygesprochen werden können. Daß es in totum ein neuer Glaube sey/ wenn er ja dessen beschuldiget ist worden/ wird wohl die Meynung nicht gewesen seyn/ sondern nur IN TANTUM , weilen viel neues mit untergemischt wird; ehe man ihn nun von den Auflagen befreyen kan/ so mus er sich in allen oben erwehnten Stücken erklären/ sonst wird er schwerlich frey davon werden. Den Nahmen und und Beschreibung der Pietisten betreffend/ so hat er sie theils in dem Ebenbilde der Pietisterey/ theils in dem Maaß des unmaßgeblichen Bedenckens/ darinnen er sich nur umsehen kan/ was es vor Leute seyn/ so wird er sehen/ daß von ihm gar sehr geirret werde/ da er vermeynet/ das hiesse man Pietisten/ die vom Bösen weichen/ sondern wird vielmehr befinden/ daß diese solche Nahmen verdienen/ die Böses gut heissen/ und doch vor sonderliche Heiligen wollen angesehen seyn. Ob er sein Ampt recht führe oder nicht/ mag er mit seinem hochlöblichem Consistorio ausführen/ welches gleich wol den Leuten/ die er aus dem Beichtstuhl gewiesen/ anderswo zu beichten vergönnet hat/ das solches schwerlich würde gethan haben/ wenn es nicht hochwichtige Ursachen dessen gefunden hätte. C7 Mit Mit seinen Conventiculis wird er auch schwerlich sich behelffen können/ denn nicht eben dasselbe getadelt wird/ was er hier als geschehen anführet/ (wiewohl man nun auch erfähret/ daß er Stadt-Kinder durch seinen An- hang zu sich hinaus locket/ und dieselbe unterrichtet/ oder vielmehr verwirret) sondern daß er allerley/ auch von frem- den herkommende Leute zu sich nimmt/ ihnen in seinem Hause/ auch privatim in der Kirche das H. Abendmahl rei- chet/ gleich als wenn sie an ihrem Orte bey ihrem ordentlichen Seelsorger sol- ches nicht eben so wol/ als bey ihm er- langen könten/ und dadurch die auch an andern Orten schon angefangene Spaltung noch weiter heget/ und un- terhält. Jt. daß er zu ungewöhnli- cher Zeit vermasqvete Weibes-Per- sonen in sein Haus läßt; und wenn sie auch auch um was gutes zu ihm kämen/ so solte er doch nach Pauli Vermahnung bösen Schein meiden/ und thäte er nicht unrecht/ wenn er spräche/ es schi- cke sich nicht/ daß solche Leute/ zumahl verkappet/ zu ihm kämen/ ꝛc. Wenn er nun sich nach allen obigen Stücken erkläret hätte/ alsdenn könte man sehen/ ob er sich mit recht über dem/ was ihn bisher/ seinen Gedan- cken nach/ widriges begegnet/ zuer- freuen hätte/ und ob es Lügen wären/ was ihm Schuld gegeben worden. Ehe aber das geschicht/ mag er selbst dencken/ ob er gnung entschuldiget seyn wird/ und ob seine Predigt hierzu zulange. Aus diesem allen wird verhoffent- lich mein Großgünstiger Freund er- sehen/ daß Herr M. Francke sehr un- glücklich mit dieser seiner Geburth in den den Druck herausgewischet ist/ indem er sich tieffer in den Verdacht hinein- gestürtzet/ und in den meisten Stücken gar ungeschickt und unglücklich ent- schuldiget hat. Und will ich nicht hof- fen/ daß forthin so wol der hier anwesen- de Theologus als andere abwesen- de ihm hierinn favorisi ren werden/ sonst würden sie nicht nur gleiches Verdachts/ wie sie schon bißher zum theil seyn/ verbleiben müssen/ sondern man müste verspüren/ daß sie sich öf- fentlich r Trennung mit theihafftig machten. Jch schließe also von der Schrifft des Herrn M. Francken. Welche Schrifft des Herrn M. Franckens so bewand ist/ daß er darinne ohne Noth die gantze Lutherische Kirche/ insonderheit das Predig-Amt/ als das vor- nehm- nehmste Glied der Kirche/ nach welchen die Rein- oder Unrei- nigkeit der Kirchen pflegt ge æsti- mi ret zu werden/ auch ohne er- weisliche Ursach beschuldiget/ daß sie in Lehr und Leben von dem Worte GOttes abgewi- chen/ und dadurch die Feinde der Evangelischen Warheit nur zu- lästern macht/ die Jrrigen aber abschreckt sich zur Warheit zu- bekehren/ und darbey sich selbst so entschuldiget/ daß er das wich- tigste/ so da solte erwehnt wer- den/ verschweigt/ dieselbe Schrifft ist nicht geschickt/ ihn der Be- schuldigung zuentledigen/ daß sie ihn vielmehr tieffer in den Verdacht einiger Dinge hinein bringet/ in einigen aber gar öf- fentlich bezüchtiget/ daß er schul- dig sey. Nun Nun ist die Schutz-Predigt des Herrn M. Franckens so be- schaffen/ daß sie ohne Noth die gantze Lutherische Kirche beschul- diget/ ꝛc. E ist sie nicht geschickt ihn der Be- schuldigung zuentledigen. Der Major ist an- und vor sich klar; der Minor ist nach allen Membris aus vorhergehenden zusehen/ darum ist die Conclusion auch richtig. Und ge- stehe ich gerne/ daß ich von des Herrn M. Franckens erudition mir grösser Dinge eingebildet/ indem ich hörete/ daß er von einigen so groß gemacht ist worden/ als wenn er alle andere über- träffe/ als ich nun erfahre/ indem er ia in vielen asyllogist en sich gnung ver- tieffet. Da mögen doch nun diejenigen/ wel- welche so trefflich über dieser/ des Herrn M. Franckens seiner Schutz-Predigt sollen geweinet haben/ sehen/ ob sie so grosse Ursach zu weinen gehabt haben/ sie möchten denn über seine Thorheit und Boßheit geweinet haben; über die Thorheit/ daß er sich ungeschickt so wol in der Anklag als Entschuldigung bezeuget hat; aber über die Boßheit/ daß er die gantze Lutherische Kirche wider Recht so angegriffen; Und mö- gen denn zugleich bedencken/ wie schö- ne sie von seinen andern Predigten urtheilen müssen/ wenn sie von dieser so- lennen Predigt so trefflich im Urtheil verfehlet haben. Wenn ich mein Gutdüncken hierbey eröffnen solte/ wolte ich rathen/ daß/ weil Herr M. Francke ohne dem im Verdacht ist/ und sich nun so unge- scheut unterstehet der gantzen Lutheri- schen schen Kirche mit Frolocken der Papi- sten Hohn zusprechen/ und insonderheit das Lutherische Predig-Amt so vie- ler schweren Auflagen zubeschuldigen/ daß/ sag ich/ ihm aufferleget würde sol- che seine Beschuldigung zu verifici - ren/ und bey denen zu Halle/ die er son- der Zweiffel absonderlich verstehet/ den Anfang zu machen/ und darauff/ wo er solches nicht würde thun können (wie ers denn in Ewigkeit nicht wird thun können) nach seinem Verdien- ste lohnete. Was aber das Verdienst solcher Leute ist/ werden die Herrn Rechts-gelehrten wohl verstehen. Jch wolte auch rathen/ daß ihm anbefohlen werden möchte/ daß er sich besser ent- schuldigen/ und nach allen oben ange- führten Stücken erklären solte/ oder wo nicht/ ihn vor untüchtig zu halten im Lande ein solches Ampt zubedie- nen/ nen/ wie man in andern benachbarten Fürstenthümen aus hochwichtigen Ursachen gethan hat. Den Buchdruckern aber solte bil- lich bey Verlust ihres Druckens un- tersaget werden nichts Theologisches drucken zu lassen/ biß die Censur der Theologorum dazu kommen wäre von der Religion/ darinne etwas ge- druckt werden solte/ die denn davor ste- hen müsten/ wenn etwas verdächtiges vorkäme. Denn wenn es dahin kom- men solte/ daß man neugierigen fried- häßigen Leuten alles verstattete/ ande- re hergegen hemmete/ welche sich ihnen aus recht Christlichen Eyfer widerse- tzen/ was vor eine Unordnung würde werden? Jnzwischen wird mein Herr aus allen diesem ersehen/ daß der Herr. M. Francke mit solcher Schutz-Predigt wenig wenig wird ausrichten. Jch bitte aber zugleich höchlich/ daß er solcher Leute/ die Verwirrung anrichten/ihr Unter- fangen sich nicht wolle gefallen lassen/ sondern Gott bitten/ daß er uns und seine gantze Kirche vor allem Ubel be- wahre. Befehle denselben/ wie auch die gantze Christliche Kirche/ schlieslich Göttlichem Schutze/ und mich in be- harrliche Gewogenheit Des Herrn Gebets und Dienstwilligster in Halle N.N.